Weißenberger ⋅ IFRS für Controller
IFRS für Controller Einführung, Anwendung, Fallbeispiele
Barbara E. Weißenberger
Haufe Mediengruppe Freiburg · Berlin · München
Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 9783448068184
Best.Nr. 014370001
© 2007 Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG, Niederlassung Planegg/München Redaktionsanschrift: Haufe Mediengruppe Postanschrift: Postfach 1363, 82142 Planegg/München Hausanschrift: Fraunhoferstr. 5, 82152 Planegg/München Telefon (089) 8 95 170, Telefax (089) 8 95 17250 EMail:
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Geleitwort: Dr. Wolfgang BergerVogel, Vorsitzender des ICV Immer mehr Unternehmen entscheiden sich für eine Rechnungslegung nach IFRS. Diese Entwicklung betrifft ganz unmittelbar auch den Controllerbereich. Da nämlich ein wesentliches Merkmal der IFRS das Bestreben nach einer ökonomisch ausgerichteten Abbildung des Unternehmens darstellt, entstehen vielfältige Verbindungen zur Controllerarbeit. Dies wurde bereits von der Arbeitsgruppe „Controller und IFRS“ der International Group of Controlling in einem in 2006 erschienenen Weißbuch herausgearbeitet. So müssen bestehende Controllinginstrumente, die zur Steuerung des Unternehmens in den meisten Fällen auch weiterhin unerlässlich sind, auf ihre Kompatibilität mit dem IFRS-Reporting hin überprüft, gegebenenfalls angepasst und erweitert werden, und sie sind – wo nötig – mit den erforderlichen Brücken zur IFRS-Finanzberichterstattung zu ergänzen. Im Kern bedeuten die IFRS für den Controller einen wesentlichen Aufgabenzuwachs: Einmal durch den notwendigen Input für die externe Rechnungslegung nach IFRS, z. B. durch die zunehmende Bedeutung der Fair-Value-Bewertung, und andererseits durch seine Rolle als Gesprächspartner des Managements, der Investoren und Analysten für die Interpretation des IFRS-basierten Reportings zur Verfügung stehen muss. An der ureigenen Aufgabe der Controller, nämlich als betriebswirtschaftliche Berater des Managements zu agieren, ändert sich durch die neue Rolle als Informationsdienstleister für die IFRSBilanzierung und die Interpretation der IFRS-Zahlen jedoch grundsätzlich nichts. Der vorliegende Band „IFRS für Controller“ gibt Controllern den an dieser Stelle notwendigen und speziell auf ihren Bedarf hin konzipierten Zugang zu dem breiten Themenfeld der IFRS. Das relevante IFRSKnowhow bezüglich der einzelnen Standards wird spezifisch aus Controllerperspektive dargestellt. Zusätzlich werden vielfältige Leitlinien
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Geleitwort: Dr. Wolfgang BergerVogel, Vorsitzender des ICV
gegeben, um den Controllern auch unter dem erweiterten IFRSBlickwinkel eine ebenso effektive wie effiziente Gestaltung und Begleitung des Managementprozesses der Zielfindung, Planung und Steuerung zu ermöglichen. Insgesamt lohnt es sich deshalb für jeden Controller, der sich mit dem Themenfeld der IFRS auseinandersetzen möchte bzw. muss, dieses Praxishandbuch genau zu studieren, und ich wünsche dem vorliegenden Band deshalb eine gute Aufnahme im Kreis der Controller.
Dipl.-Kfm. Dr. Wolfgang Berger-Vogel Vorsitzender des Internationalen Controller Vereins sowie des Geschäftsführenden Ausschusses der International Group of Controlling
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Geleitwort: Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber, WHU Vallendar „Wieder und wieder bitte ich: Weniger Zahlen, aber gescheitere...“, dieser Stoßseufzer, der schon Lenin zugeschrieben wird, charakterisiert auch die Situation, in der sich viele Controller heute befinden. Der Trend zur Integration von externer und interner Rechnungslegung führt dazu, dass die immer komplexer werdenden Vorschriften der IFRS in das bestehende Controllinginstrumentarium integriert werden. Gleichzeitig muss sich das Controlling unter dem Schlagwort „Excellence in Finance“ als ebenso schlanker wie leistungsstarker Management-Dienstleister positionieren. Dies betrifft nicht nur Großunternehmen, sondern auch den Mittelstand, denn durch das geplante BilMoG wird sich auch das deutsche HGB zunehmend den IFRS annähern. Neben den inhaltlichen Herausforderungen müssen sich Controller zudem im Kontext des Finanz- und Rechnungswesens insgesamt neu einordnen. So zeigt die von mir gemeinsam mit dem Internationalen Controller Verein durchgeführte empirische Studie zu Stand und Per1 spektiven des Controllings in deutschen Unternehmen , dass die Bilanzierer mit den Controllern zunehmend in Wettbewerb um die Aufmerksamkeit des Managements treten. Wissen über die erfolgreiche Umsetzung der IFRS in der Controllerarbeit ist für ein modernes und zukunftsorientiertes Controlling damit unverzichtbar geworden. Das jetzt neu vorliegende Praxishandbuch „IFRS für Controller“ setzt als Informationsgrundlage und Nachschlagewerk gleichermaßen genau an dieser Stelle an. Das inzwischen selbst für Experten kaum noch beherrschbare IFRS-Knowhow wird hier speziell für Controllerbedarfe aufgearbeitet. Konzeptionelle Gestaltungsvorschläge für die Controllerarbeit unter IFRS werden vorgestellt und durch den gezielten Blick in die Controllingpraxis unter IFRS ergänzt.
1
Vgl. Weber, J. et al.: Controlling 2006 – Stand und Perspektiven, 2006.
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Geleitwort: Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber, WHU Vallendar
Ich kann die Lektüre dieses Praxishandbuchs jedem Controller sowohl in Großunternehmen als auch im Mittelstand nur ans Herz legen und wünsche diesem Werk eine breite Aufnahme in der Community.
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber Lehrstuhl für Controlling und Telekommunikation WHU Otto Beisheim School of Management, Vallendar
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Vorwort Spätestens mit der EU-Verordnung aus dem Jahr 2002 haben die IFRS ihren Siegeszug als europäischer Standard in der Finanzberichterstattung angetreten. In dem Maße, in dem immer mehr Unternehmen unter dem Druck des Kapitalmarkts oder aus eigenem Antrieb die Umstellung auf den neuen Bilanzierungsstandard vornehmen, ergeben sich umfangreiche Veränderungen auch für die Controllerarbeit. Vor dem Hintergrund des gleichzeitig zunehmenden Kostendrucks auf das interne Finanz- und Rechnungswesen stellen die IFRS den Controllerbereich vor immense Herausforderungen. Die bisherigen Erfahrungen der Controllingpraxis unter IFRS zeigen, dass Controller durch die geschickte Anpassung ihrer Instrumente und Systeme die Chance zu einer ebenso effizienten wie effektiven Controllerarbeit nutzen können. Zielsetzung des vorliegenden Praxishandbuchs ist es, Ihnen das hierfür erforderliche Knowhow zu präsentieren. Insbesondere wird gezeigt, • •
• • •
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was Controller über die IFRS wissen müssen (und was nicht), an welchen Stellen Controller konkrete Mitverantwortung für die Finanzberichterstattung übernehmen und was dies für Konsequenzen für die Controllingprozesse hat, ob und wann eine Integration von interner Managementerfolgsrechnung und externer Ergebnisrechnung sinnvoll ist, wie sich der Controller als Sparringspartner für die Geschäftsleitung neu positionieren kann, welche Konsequenzen für eine organisatorische Neugestaltung der gesamten Finanz- und Rechnungswesenfunktionen gezogen werden müssen, ob die IFRS auch für den Controller oder kaufmännischen Leiter im Mittelstand ein Thema sind, wann und wie weit sich Controller in der Phase der Umstellung auf IFRS engagieren müssen und wie das Controlling für den neuen Bilanzierungsstandard IFRS „fit“ gemacht werden kann.
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Vorwort
Eín IFRS-Guide, der die aktuell geltenden IFRS-Regelungen und ihre Controllingimplikationen in Steckbriefform zusammenfasst, ergänzt die Ausführungen zu den o. a. Themen. Die „IFRS-Steckbriefe“ stehen Ihnen nicht nur als Anhang zu diesem Buch, sondern auch über die beiliegende CD-ROM als Hilfsmittel in der täglichen Controllerarbeit zur Verfügung. Das vorliegende Praxishandbuch richtet sich damit an ein breites Spektrum von Adressaten – angefangen bei Fachkräften in Controlling und Rechnungswesen sowohl in Großunternehmen als auch im Mittelstand, aber auch an Inhaber kaufmännischer Leitungsfunktionen, die proaktiv statt reaktiv mit dem Thema „Controlling unter IFRS“ umgehen wollen. Die zielgruppenspezifische Ausrichtung dieses Praxishandbuchs verlangt trotz der Detailfülle des Themas Fokussierung und damit auch Verzicht. Eine tiefgehende theoretische Auseinandersetzung mit Fragen der Controllingtheorie werden Sie in diesem Buch ebenso wenig finden wie eine umfassende Synopse sämtlicher Unterschiede zwischen HGB und IFRS – zu diesen Themen gibt es bereits eine Vielzahl ausgezeichneter Lehrbücher und Kompendien. Vielmehr soll – neben dem controllingspezifischen Grundlagenwissen zu den inzwischen immerhin gut 2.500 Seiten umfassenden IFRS – Ihr Blick auf die zentralen Fragestellungen in der Neuausrichtung des Controllings unter IFRS gelenkt werden. Das vorliegende Praxishandbuch ist deshalb gleichermaßen als vertiefende Lektüre und als Nachschlagewerk konzipiert. Die einzelnen Kapitel setzen sich mit abgeschlossenen Fragestellungen auseinander und unterstützen so bei der Beantwortung der Sachfragen zum Thema „Controlling unter IFRS“, ohne dass Sie sich im „Nebel der Theorie“ oder in der „Flut der Detailfragen“ verlieren. Mein Dank gilt an dieser Stelle besonders Michael Bernhard vom Rudolf Haufe Verlag für das persönliche Engagement im Lektorat und das „Nicht-Locker-Lassen“, wenn es um den konsequenten Praxisbezug dieses Buchs ging. Daneben konnte ich auf die Unterstützung meiner Mitarbeiter und Doktoranden an der Professur für Industrielles Management und Controlling an der Justus-Liebig-Universität Gießen zählen: Hendrik Angelkort, Anneke Behrendt, Dr. Marcus Blome, Cornelia A.J. Haas,
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Vorwort
Michael Maier und Sebastian Wolf haben an diesem Buchprojekt engagiert und tatkräftig mitgearbeitet. Die Rechtschreibkorrektur lag in den bewährten Händen von Brigitte Richter; die Erstellung der Abbildungen wurde zuverlässig von Jens-Christian Kraft übernommen. Ausführliches inhaltliches wie fachliches Feedback aus der Perspektive der Bilanzierer und Wirtschaftsprüfer habe ich von meinem Mann, WP StB Werner Weißenberger, erhalten. Ihnen allen sei hierfür herzlich gedankt. Das vorliegende Praxishandbuch profitiert inhaltlich auch von der intensiven fachlichen Diskussion im Arbeitskreis „Controller und IFRS“ der International Group of Controlling (IGC). Den Mitgliedern dieses Arbeitskreises, Jörn Bartelheimer, Dr. Jörg Beißel, Dr. Ralf Eberenz, Mag. Werner Fleischer, Claus Heßling, Prof. Dr. Péter Horváth, Mag. Helmut Kerschbaumer, Dr. Michael Kieninger, Dr. Franz Krump, Dr. Rita Niedermayr-Kruse, Dr. Lukas Rieder, Dr. Walter Schmidt, Karl-Heinz Steinke und Andreas Wohlthat, sowie dem Vorsitzenden des Geschäftsführenden Ausschusses der IGC, Dr. Wolfgang Berger-Vogel, möchte ich an dieser Stelle ebenfalls danken. Mein persönlicher Dank gilt auch dem Österreichischen ControllerInstitut, das die empirische Studie „Controller Excellence unter IFRS in Österreich“, aus der wir in diesem Praxishandbuch berichten, finanziell gefördert hat. Schließlich sei auch den Interviewpartnern aus der Unternehmenspraxis, die mit ihren Erfahrungen zusätzliche Perspektiven für das Controlling unter IFRS aufzeigen, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön ausgesprochen. Widmen möchte ich dieses Buch meinen beiden Söhnen Laurent und Nicolas – verbunden mit dem Wunsch, dass, wenn sie in einigen Jahren alt genug sind, um es selbst zu lesen, die Herausforderung IFRS in der Controllerpraxis erfolgreich umgesetzt worden ist. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine „ertragreiche“ Lektüre. Ihre
Barbara E. Weißenberger Gießen, im Dezember 2006
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Inhaltsverzeichnis Geleitwort: Dr. Wolfgang BergerVogel, Vorsitzender des ICV
5
Geleitwort: Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber, WHU Vallendar
7
Vorwort
9
Abkürzungsverzeichnis
18
A IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
21
1 Einleitung
22
1.1 Neulich auf der Tagung „Controller Excellence“...
22
1.2 Neuausrichtung des Controllings unter IFRS?
25
2 Controller als ManagementDienstleister 2.1 IGCControllerLeitbild als Ausgangspunkt der Überlegungen
30
2.2 Bereitstellung von Steuerungsinformationen durch den Controller
31
2.3 Rollenverständnis und Aktionsfelder von Controllern: Das House of Controlling
35
3 Trends in Controlling und Finance Excellence
38
3.1 IFRS als MegaTrend im Finanzbereich
38
3.2 Controller im Spannungsfeld der unternehmensinternen Finanzfunktionen
41
3.3 Controlling unter IFRS: Lean Business Partnering
44
IFRS: Segen oder Fluch für die Controller? – Gespräch mit Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Péter Horváth
46
4 Fazit: ControllingPerspektiven unter IFRS
12
30
49
Inhaltsverzeichnis
B IFRSKnowhow für Controller
51
1 IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
53
1.1 Weltweite Durchsetzung der IFRS in der internationalen Rechnungslegung?
53
1.2 Betriebswirtschaftlich geprägte Perspektive der IFRS: Ansatzpunkt für das Controlling
55
1.3 Wichtige Unterschiede zwischen IFRS und HGBBilanz – ein Blick in die Zahlen
61
1.4 Bestandteile und Frequenz von IFRSAbschlüssen
68
1.5 Aktuell geltende IFRS: Übersicht
71
1.6 Aufbau der Standards
76
2 Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
80
2.1 Controllingimplikationen im Überblick: Die IFRS Themenlandkarte
80
2.2 Fair Values als Bewertungsansatz in der IFRSBilanz
87
2.3 Ergebnisausweis unter IFRS: IFRSGuV und other comprehensive income (OCI)
96
Erfolgsrechnung auf dem Prüfstand – Gespräch mit Guido Kerkhoff, Deutsche Telekom AG
1055
2.4 Segmentberichterstattung: Externe Kommunikation interner Reportingstrukturen und inhalte nach IAS 14 und IFRS 8
113
2.5 Umsatzrealisation nach IAS 11 und IAS 18
121
2.6 ImpairmentTest: Außerplanmäßige Wertminderungen nach IAS 36
130
2.7 Vorschriften zur Aktivierung von selbsterstellten immateriellen Vermögenswerten nach IAS 38 und IFRS 3
139
3 Standardsetter und Standardsetting
147
3.1 Historie der IFRS und des IASB: Ein kurzer Abriss
147
3.2 Relevanz der IFRS für europäische Unternehmen: EU Verordnung 1606/2002
153
13
Inhaltsverzeichnis
3.3 Das KomitologieVerfahren zur Übernahme der IFRS in europäisches Recht
156
3.4 Deutsche Rechnungslegungsinstitutionen im Kontext der IFRS
158
3.5 Entstehung neuer Standards: Der due process und aktuelle Projekte des IASB
161
3.6 Umgang mit Regelungslücken innerhalb der IFRS
164
C Controllerarbeit unter IFRS
167
1 Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
169
1.1 Management Approach der IFRS
169
Controller in der Mitverantwortung: Das Beispiel Goodwill ImpairmentTest – Gespräch mit Jörn Bartelheimer und Sebastian Wolf, CTcon GmbH
174
1.2 Controllingrelevante Standards im Rahmen des Management Approach
179
1.3 Konzeptionelle Würdigung des Management Approach
185
2 Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS 2.1 Grundlagen der integrierten Rechnungslegung
191
2.2 Integrierte Rechnungslegung auf IFRSBasis: Vor und Nachteile
196
2.3 Controllingrelevante IFRS im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung
206
2.4 Umstellung auf eine integrierte Rechnungslegung unter IFRS
216
Integrierte Rechnungslegung erfolgreich umsetzen – Gespräch mit Dr. Christian Hebeler, Henkel KGaA
221
3 Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS
14
191
227
3.1 Planung
227
3.2 Berichtswesen
228
3.3 PerformanceMessung
230
Inhaltsverzeichnis
3.4 Gestaltung der Vorsysteme
231
3.5 Organisation des Controllerbereichs
232
3.6 Fazit: Leistungssteigerung von Controlling und Finanzprozessen unter IFRS
235
Mehr Leistung im Controlling unter IFRS: Lessons Learned – Gespräch mit Dr. Bernd Gaiser, Horváth & Partners
235
4 Praxiserfahrungen: Controller Excellence unter IFRS Financial Leadership: Neue Herausforderungen für den CFO – Gespräch mit Christoph Greving, Deloitte Consulting
242 248
5 Ausblick: IFRS als Chance für die Controllerarbeit
254
D Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
257
1 Grundlagen der wertorientierten Führung
259
2 Ermittlung des EVA unter IFRS
261
2.1 Ermittlung des EVA – Transformation des Accounting Model in das Economic Model
261
2.2 Herleitung von NOPAT und Invested Capital aus der IFRS Rechnungslegung
263
2.3 Exkurs: EVAKonzept und FairValueBewertung
271
3 CVA als finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl unter IFRS
281
3.1 Warum finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahlen?
281
3.2 Ermittlung des CVA: Grundsätzliche Vorgehensweise
282
3.3 Herleitung von BruttoCashflow und BruttoInvestitionsbasis aus der IFRSRechnungslegung
286
4 EVA vs. CVAKonzept: Implementierungshinweise
292
5 Kapitalkostensatz in der wertorientierten Führung
294
5.1 WACCAnsatz als typisches Verfahren zur Kapitalkostensatzermittlung
294
15
Inhaltsverzeichnis
5.2 Ermittlung des Eigenkapitalkostensatzes
297
5.3 Ermittlung des Fremdkapitalkostensatzes
303
5.4 Besonderheiten bei der Ermittlung des Kapitalkostensatzes für nicht börsennotierte Unternehmen
304
5.5 Gesamtwürdigung des WACCAnsatzes
307
6 GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
308
6.1 IFRSBilanzierungsvorschriften für Goodwill
309
6.2 Aufgabenbereiche des GoodwillControllings
314
7 Fazit: IFRS als Unterstützung für das wertorientierte Controlling
330
E IFRS für Controller im Mittelstand
333
1 Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
335
1.1 Adressierung des Mittelstands durch das IASB
335
1.2 Motive für und gegen die IFRSUmstellung im Mittelstand
336
1.3 Fazit: Langfristperspektive für IFRS im Mittelstand
347
IFRSUmstellung in Familienunternehmen – Gespräch mit Frank Reuther, Freudenberg & Co. KG
349
2 IFRSKnowhow für Controller im Mittelstand: Das SME Projekt des IASB 2.1 Projekthistorie
355
2.2 Arbeitsvorlage für den SMEStandardentwurf
355
2.3 Erleichterungen für den Mittelstand
357
3 IFRSUmstellung im Mittelstand
359
3.1 Projektmanagement in der Umstellung von HGB auf IFRS
359
3.2 Gefahren bei der IFRSUmstellung im Mittelstand
364
3.3 Die IFRSEröffnungsbilanz gemäß IFRS 1
365
4 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz: Zukunft des deutschen HGB
16
355
368
Inhaltsverzeichnis
5 Fazit: IFRS im Mittelstand – ein Blick in die Controllingpraxis
373
Controlling nach IFRS: Was ist zu beachten? – Gespräch mit Siegfried Gänßlen, Hansgrohe AG
373
F Zusammenfassung: Lessons Learned zum Controlling unter IFRS
377
G Anhang: IFRSGuide für Controller
381
Vorwort zu den IFRS
383
Rahmenkonzept
385
IAS 1 41
389
IFRS 1 8
495
Links zum Thema „IFRS für Controller“
525
Literaturhinweise zum Thema „IFRS für Controller“
528
Stichwortverzeichnis
532
17
Abkürzungsverzeichnis AHK APB
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten Accounting Principles Board (Vorgängerorganisation des FASB; auch Bezeichnung der erlassenen Standards)
BilMoG BilReG
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Bilanzrechtsreformgesetz
CAPM CFO CFROI CVA
Capital Asset Pricing Model Chief Financial Officer Cashflow Return on Investment Cash Value Added
DB DCF DPR DRS DRSC DVFA
Deckungsbeitrag Discounted Cashflow Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung Deutscher Rechnungslegungs Standard Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung e. V.
EAT EBIT
Earnings After Taxes Earnings Before Interest and Taxes, auch Net Operating Profit Before Tax (NOPBT) Earnings Before Interest, Taxes, and Amortization Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, and Amortization Earnings Before Taxes Exposure Draft Earnings per Share Earnings Less Risk-free Interest Charge Economic Value Added
EBITA EBITDA EBT ED EPS ERIC EVA FASB
18
Financial Accounting Standards Board (USamerikanischer Standardsetter)
Abkürzungsverzeichnis
GAAP GoB GuV
Generally Accepted Accounting Principles Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung Gewinn- und Verlustrechnung
HB II
Handelsbilanz II/dem Konzernabschluss zu Grunde gelegter Einzelabschluss der Konzernunternehmen (deutsches) Handelsgesetzbuch
HGB IAS
IGC IOSCO
International Accounting Standard(s) (Bezeichnung bis 2000) International Accounting Standards Committee (bis 2000) International Accounting Standards Committee Foundation International Accounting Standards Board Internationaler Controller Verein International Financial Reporting Interpretations Committee/Bezeichnung für Interpretationen zu den IAS bzw. IFRS ab 2001. International Financial Reporting Standard(s) (Bezeichnung ab 2001) International Group of Controlling International Organization of Securities Commissions
KPI
Key Performance Indicator
MCPM MVA
Market Derived Capital Pricing Model Market Value Added
NOPAT NASDAQ NYSE
Net Operating Profit (EBIT) After Taxes National Association of Securities Dealers Automated Quotation System New York Stock Exchange
OCI ÖCI öHGB
Other Comprehensive Income Österreichisches Controller-Institut österreichisches Handelsgesetzbuch
IASC IASCF IASB ICV IFRIC
IFRS
19
Abkürzungsverzeichnis
REVA RIC ROCE ROI RONA
Refined Economic Value Added Rechnungslegungs Interpretations Committee Return on Capital Employed Return on Investment Return on Net Assets
SEC SFAC SFAS SG SHV SIC SME SOX
Securities and Exchange Commission Statement of Financial Accounting Concepts Statement of Financial Accounting Standards Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. Shareholder Value Added Standing Interpretations Committee/Bezeichnung für Interpretationen zu den IAS bzw. IFRS bis 2000 Small- and Medium-Sized Entities Sarbanes-Oxley-Act
TBR TUG
Total Business Return Transparenzrichtlinie-Umsetzungs-Gesetz
WACC
Weighted Average Cost of Capital
XBRL
Extensible Business Reporting Language
ZGE
Zahlungsmittelgenerierende Einheit (cash-generating unit) gemäß IAS 36
20
A
IFRSRechnungslegung – Her ausforderung für Controller
Immer mehr Unternehmen entscheiden sich – entweder freiwillig oder unter dem Druck der EU-Verordnung von 2002 – für die Bilanzierung nach International Financial Reporting Standards (IFRS). Dadurch entsteht eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten an typische Controllinginstrumente wie Planungs- und Berichtssysteme oder die Performance-Messung. Auch die operativen Transaktionssysteme sowie die Controllerorganisation selbst sind von diesen Veränderungen betroffen. Trends wie die Integration von externem und internem Rechnungswesen, die Prozessoptimierung sowie das Outsourcing einzelner Aktivitäten bzw. die Verlagerung in so genannte Shared Service Center überlagern diese Entwicklung. Der Controllerbereich steht vor der Herausforderung, sich einerseits im Kontext der betrieblichen Rechnungswesen- und Finanzfunktionen neu und schlank zu positionieren und andererseits trotz der hohen Komplexität der Rechnungslegung nach IFRS zusätzlich gewonnene Synergiepotenziale und Effizienzvorteile beizubehalten und auszubauen. In diesem Abschnitt • • •
stellen wir Ihnen das moderne „House of Controlling“ innerhalb der Rechnungswesen- und Finanzfunktionen im Unternehmen vor, geben wir Ihnen einen Überblick über die aktuellen Trends zum Thema „Controlling und Finance Excellence“, und zeigen wir Ihnen die erforderlichen Anknüpfungspunkte für eine erfolgreiche Neuausrichtung des Controllings unter IFRS.
21
Herausforde rung IFRS: Komplexität versus Syner gien
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
1 1.1
Einleitung Neulich auf der Tagung „Controller Excellence“...
„... und wenn Sie die Kaffeesorte ausgewählt haben, legen Sie nur noch das Pad hier oben ein. Dann drücken Sie den grünen Knopf rechts unten – und schon ist Ihr Kaffee fertig. Eigentlich sind unsere neuen Vollautomaten ganz einfach zu bedienen“, lächelt die Tagungssekretärin und reicht Steffen Wiedmann einen dampfenden Kaffeebecher. „Kenia Blend, Mountain Whisper... was es alles für Kaffeesorten gibt“, staunt der frischgebackene Leiter Controlling der Velo-Tec GmbH und wendet sich wieder dem Tagungsprogramm der diesjährigen „Controller Excellence“ zu. In der Hektik der letzten Wochen war Wiedmann nicht mehr dazu gekommen, sich auf den Besuch dieser Tagung auch nur im Mindesten vorzubereiten – immerhin musste auf der Geschäftsführersitzung vor zwei Tagen die Planung für das kommende Jahr endgültig verabschiedet werden, was Wiedmann nicht nur lange Abende, sondern auch einige schlaflose Nächte gekostet hatte. „Grüß dich, Steffen. Wie ich sehe, hast du es schon geschafft, dir einen Kaffee zu ziehen. Weißt du schon, welche Sitzungen du heute Nachmittag besuchen wirst?“ fragt Annette Herbst, eine Studienkollegin Wiedmanns aus Gießener Tagen und schon seit einigen Jahren im Zentralcontrolling der Chemie AG tätig. Annette Herbst kämpft – ebenso wie Wiedmann vor ihr – mit den Tücken des Kaffeeautomaten. „War das schön, als es noch die guten alten Thermoskannen gab“, beschwert sie sich. „Na, da konntest du aber auch nicht zwischen acht verschiedenen exotischen Kaffeesorten wählen. Schneller, höher, weiter, aber auch komplexer – das kennen wir doch als Controller bestens, oder?“, gibt Wiedmann grinsend zurück. „IFRS für Cont roller? Was soll denn das? ...“
Dann greift er zur Programmübersicht und runzelt die Stirn. „Ich weiß nicht so recht. Die haben hier gleich drei Vorträge zum Thema ‚Controlling unter IFRS’ im Programm – was soll das eigentlich? Die Bilanzierer sollen uns mit dem Thema in Ruhe lassen – wir haben im
22
Einleitung
A
Controlling schließlich schon genug mit der internen Steuerung zu tun. Ich hab’ doch keine Lust, deren Job zu übernehmen!“ Annette Herbst seufzt: „Täusche dich da mal nicht. Für uns als börsennotiertes Unternehmen ist das schon seit einigen Jahren ein echtes Thema. Es fing 2001 mit der Umstellung unseres Finanzreportings auf IFRS an. Da standen dann die Bilanzierer dauernd bei uns in der Tür und haben uns nach Planungsrechnungen, Kalkulationen, Reportingstrukturen und was weiß ich noch gefragt. Und unser Controllingleiter musste auf einmal mit auf die Analystenkonferenzen. Da stellte sich dann wiederum heraus, dass die Analysten mit unserem ROCE nicht wirklich etwas anfangen konnten, weil sich der nicht aus den IFRS-Zahlen herleiten ließ. Zum Beispiel haben wir unsere Forschungsprojekte immer kalkulatorisch verrechnet – glaubst du, das konnten wir denen erklären? Für die zählte immer nur das Net Income in unserem Geschäftsbericht.“
„... unser Cont rollingleiter muss auf einmal auf Analystenkon ferenzen ...“
Annette Herbst nimmt einen Schluck Kaffee und fährt fort: „Am Ende hat unser CFO beschlossen, das interne und externe Reporting zu integrieren – ein Riesenprojekt, das wir immer noch nicht vollständig abgeschlossen haben. Aber immerhin kannst du unsere internen Bereichs-ROCEs jetzt auch im Geschäftsbericht nachlesen. Und ob du’s glaubst oder nicht, aber die Kommunikation gerade mit den NichtKaufleuten bei uns im Top Management wird dadurch schon einfacher. Die hielten uns ja früher für ein bisschen verrückt: Ein externes und ein internes Ergebnis, die am besten noch unterschiedliche Vorzeichen hatten. Damit ist jetzt auf jeden Fall Schluss.“
„... unser inter ner ROCE steht jetzt im Ge schäftsbericht ...“
Wiedmann runzelt die Stirn. „Na ja, für euch als börsennotiertes Großunternehmen ist das vielleicht in der Tat ein Thema, aber für uns im Mittelstand? Außerdem: Wir haben doch für die interne Steuerung unsere Managementerfolgsrechnung. Wie wollt ihr denn auf IFRSBasis kalkulieren – mit den ganzen Fair Values? Und wo gibt es denn in den IFRS eine Kostenspaltung? Das sind doch solide betriebswirtschaftliche Grundlagen, die man nicht einfach so über Bord werfen kann.“
„... ist das im Mittelstand überhaupt ein Thema? ...“
„So ist das doch gar nicht gemeint“, mischt sich eine fremde Stimme ein. „Gestatten, Jan Staudt, Leiter Finanz- und Rechnungswesen bei der Technofix AG in Stuttgart. Das Stichwort hier ist vor allem Transparenz: Controlling und Bilanzierung verwenden zwar unterschiedliche Methoden, greifen aber auf die gleichen Daten zurück.“
„... unterschied liche Methoden, aber gleiche Datenbasis in Controlling und Bilanzierung ...“
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A „... Controller als Financial SuperHero? ...“
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
„Und was ist das Ende vom Lied?“, fragt Wiedmann. „Der Controller als Financial Super-Hero? Oder doch eher ein ‚unfriendly take-over’ des Controllings durch die Bilanzierer? Da kann ich mich ja gleich selbst wegrationalisieren. Fragt sich nur, wer dann noch steuert!“ „Na ja“, meint Staudt, „der Trend zur Vereinfachung ist inzwischen nun mal auch im Rechnungswesen angekommen. Schlankere, transparente und vor allem billigere Prozesse – dahin geht die Reise. Natürlich bleibt das Format der Managementerfolgsrechnung grundsätzlich bestehen – aber eben gefüllt mit den Aufwandsgrößen der externen Rechnungslegung.“
„... ihr Mittel ständler steckt von zwei Seiten in der Zange ...“
Annette Herbst nickt zustimmend. „Und ihr Mittelständler werdet von zwei Seiten in die Zange genommen. Zum einen werden die IFRS wichtig, sobald ihr größeren Kapitalbedarf habt – denn viele Investoren verlangen diesen Standard. Zum anderen wird derzeit ja das HGB modernisiert und nähert sich faktisch an die IFRS an.“ „Und was bedeutet das jetzt genau für mich als Controller?“, fragt Wiedmann, den die Diskussion jetzt trotz aller Vorbehalte neugierig gemacht hat. „Drei Dinge“, antwortet Staudt.
„... Controller brauchen maßgeschnei dertes IFRS Knowhow ...“
„Erstens – die IFRS sind in spätestens fünf Jahren für alle Unternehmen ein Thema. Als Controller brauchen wir IFRS-Knowhow, aber eben nicht das Spezialwissen der Bilanzierer, sondern Kenntnis über genau die Felder, die für unsere Steuerungsfragen relevant sind.“ „Zweitens werden wir unter IFRS verstärkt zum Informationslieferanten für die Bilanzierer, ob wir wollen oder nicht. Diese Rolle müssen wir ausfüllen – und mehr Budget bekommen wir dafür nicht.“
„... IFRS als Chance für das Controlling ...“
„Und drittens: Die IFRS bieten tatsächlich eine Chance für ein schlankes und transparentes Reporting – damit sind wir Controller nicht mehr schwerpunktmäßig mit der Datenaufbereitung beschäftigt, sondern können uns wieder als Sparringspartner für das Management platzieren...“ Jan Staudt ist kaum zu bremsen – offensichtlich geht es hier um sein Lieblingsthema.
„... von den Bilanzierern lasse ich mir doch nicht die Butter vom Brot nehmen!“
In diesem Moment ertönt die Glocke zum ersten Plenarvortrag. Steffen Wiedmann leert seinen Kaffee, der über die Fachsimpelei mit Annette Herbst und Jan Staudt schon kalt geworden ist. Während er seine Unterlagen zusammenpackt und Annette Herbst in den großen Sitzungssaal folgt, steht sein Entschluss fest: Er wird sich tatsächlich am Nachmittag die Vorträge zum Thema „Controller unter IFRS“ anhö-
24
Einleitung
A
ren, um in diesem Thema fit zu werden – von den Bilanzierern will er sich schließlich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.
1.2
Neuausrichtung des Controllings unter IFRS?
So wie dem – natürlich fiktiven – Controllingleiter Steffen Wiedmann auf dem Besuch der ebenso fiktiven Tagung „Controller Excellence“ geht es heute vielen Controllern: Die Umstellung der Finanzberichterstattung auf IFRS, die augenscheinlich zunächst nur ein Thema für die Bilanzierung war, betrifft plötzlich auch ganz massiv die eigene Tätigkeit.
IFRS: Nicht nur ein Thema für die Bilanzierung
Angefangen von dem umfangreichen Katalog interner Controllinginformationen, die für die Erfüllung der Rechnungslegungspflichten nach IFRS an die Bilanzierung weitergegeben werden müssen, bis hin zur Anpassung des eigenen Controllinginstrumentariums, beispielsweise im Rahmen einer Integration der Rechnungslegung: Controller kommen heute um eine Auseinandersetzung mit den IFRS nicht mehr umhin. Auch Unternehmen, die derzeit noch strikt eine externe Rechnungslegung auf HGB-Basis betreiben, sind von diesen Veränderungen betroffen: •
2
Zum einen wird das HGB im Zuge der europäischen Bestrebungen zur Harmonisierung der Rechnungslegung zunehmend an die IFRS angepasst. Bereits das inzwischen verabschiedete Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) zeigt dies in aller Deutlichkeit. So müssen beispielsweise schon heute Kapitalgesellschaften im Anhang der HGBBilanz die Fair Values (d. h. Zeitwerte) für derivative Finanzinstrumente wie Optionen oder Termingeschäfte und zum Teil auch für Finanzanlagen angeben (§ 285 Nr. 18 und 19 HGB). Auch der Entwurf zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG), der für 2007 erwartet wird, und der u. a. die EU-Modernisierungsricht2 linie für Deutschland umsetzt, wird das HGB weiter an die IFRS annähern. Die 4. und 7. EU-Richtlinie, auf denen auch das deutsche HGB in seiner heutigen Fassung aufbaut, wurden im Juni 2003 durch die so genannte EU-Modernisierungsrichtlinie in ihrer Ausrichtung fundamental geändert, um bestehende konzeptionelle Konflikte zwischen den EU-Rechnungslegungsrichtlinien und den IFRS, beispielsweise im Feld der Fair Value-Bewertung, zu beseitigen.
25
Auch Controller von HGB Bilanzierern sind betroffen
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
Achtung: Für das BilMoG liegt aktuell ein Vorschlag des DRSC vor. Eine detaillierte Über sicht erhalten Sie in Kapitel E 4.
Zum anderen können die Einsparungspotenziale, die im Zuge einer Integration bzw. Optimierung der Rechnungslegung entstehen, in vielen Fällen auch von HGB-Bilanzierern genutzt werden. Die Bündelung und ggf. Auslagerung von Transaktionssystemen in 3 Shared Service Center oder die Verschlankung von Planungs- und Reportingsystemen sind nämlich nicht an die IFRS-Rechnungslegung gebunden.
•
Leitfragen für das Controlling unter IFRS
Die IFRS-Rechnungslegung führt deshalb in Großunternehmen wie im Mittelstand dazu, dass Controllingsysteme im Unternehmen überdacht und neu ausgerichtet werden. Dabei sind die folgenden Leitfragen zu beantworten: 1. Inwieweit verändert sich das Selbstverständnis der Controller unter der Rechnungslegung nach IFRS? Welche neuen Akzente werden sowohl im Rollenverständnis als auch in den verschiedenen Aktionsfeldern der Controllerarbeit erforderlich? 2. Inwieweit und in welchem Umfang muss IFRS-Knowhow speziell im Controllerbereich aufgebaut werden? An welchen Stellen kann der Controller andererseits auf Expertenwissen z. B. der Bilanzierung zurückgreifen. 3. An welchen Stellen werden in der IFRS-Finanzberichterstattung auf Informationen verwendet, die primär für interne Steuerungszwecke generiert werden (Management Approach)? Was bedeutet die Mitverantwortung für die Finanzberichterstattung für die Anpassung der Controllingsysteme? 4. Wie sinnvoll ist es, für Zwecke der internen Kostenrechnung auf IFRS-Größen zurückzugreifen? Wie weit sollte eine Harmonisierung bzw. Integration von interner und externer Rechnungsle3
Unter Shared Service Centern versteht man so genannte „Buchhaltungsfabriken“, in denen Transaktionssysteme wie beispielsweise die Debitoren- oder Kreditorenbuchhaltung ausgelagert werden. Durch die Bündelung einer Vielzahl gleichartiger Transaktionen lassen sich erhebliche Effizienzgewinne schon allein durch „economies of scale“, aber auch durch Maßnahmen der Prozessorientierung realisieren. Vgl. Krüger/Danner, Bündelung von Controllingfunktionen in Shared Service Centern, in: ZfCM-Sonderheft 2/2004, S. 110-118.
26
Einleitung
gung gehen? Welche Anpassungen sind im Controllinginstrumentarium erforderlich, um eine integrierte Rechnungslegung erfolgreich umzusetzen? 5. Gibt es Praxiserfahrungen über erfolgreiche Controllerarbeit unter IFRS? Was können Controller aus diesen Beispielen lernen, um auch im eigenen Unternehmen das Thema Controlling und Finance Excellence voranzutreiben? 6. Wie unterstützt die IFRS-Rechnungslegung eine wertorientierte Unternehmensführung? Was ist bei der Ableitung wertorientierter Kennzahlen aus einer IFRS-Datenbasis zu beachten? Entstehen unter IFRS neue Controllingfelder? 7. Wie sind Controller bei der Einführung von IFRS in das Umstellungsprojekt einzubeziehen und was müssen sie hierzu wissen? Welche Besonderheiten sind dabei im Mittelstand zu beachten? Das vorliegende Praxishandbuch orientiert sich in seinem Aufbau an diesen Leitfragen (vgl. hierzu Abbildung 1). •
•
•
•
In Abschnitt A wird zunächst das Selbstverständnis von Controllerarbeit unter IFRS in Zusammenhang mit den aktuellen Trends in Controlling und Finance Excellence behandelt. Abschnitt B stellt das erforderliche Grundlagenwissen über die IFRS speziell aus Controllerperspektive zusammen Eine „IFRSLandkarte“ ordnet die Standards den Arbeitsgebieten bzw. Themenfeldern im Controlling zu und unterstützt Sie dabei, unternehmensindividuell Schwerpunkte für den Aufbau Ihres IFRSKnowhows zu setzen. Abschnitt C zeigt sowohl konzeptionell als auch mit praktischen Unternehmensbeispielen, welche Auswirkungen sich durch die IFRS auf die Controllerarbeit ergeben und wie die Controllingsysteme an die IFRS-Bilanzierung angepasst werden müssen, um die zunehmende Komplexität der Controllerarbeit durch das Ausschöpfen von Synergie- und Effizienzpotenzialen zu kompensieren. Abschnitt D behandelt Spezialfragen der wertorientierten Führung unter IFRS. Dabei wird detailliert aufgezeigt, welche Möglichkeiten und Probleme sich bei der Verwendung IFRS-basierter Übergewinngrößen wie dem EVA oder dem CVA ergeben können. Ergänzend werden Leitlinien für ein Goodwill-Controlling vorgestellt, das als neues Controllingfeld vor allem bei stark ex-
27
A
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
tern wachsenden Unternehmen unter IFRS eine bedeutende Rolle spielt. Abschnitt E greift in diesem Zusammenhang spezifische Fragen des Controllings unter IFRS im Mittelstand auf. Da insbesondere mittelständische Unternehmen vielfach vor der Entscheidung für oder gegen die IFRS stehen und damit eine Umstellung auf internationale Standards insgesamt noch vor sich haben, enthält Abschnitt E das IFRS-Knowhow, das Controller insbesondere in dieser Phase benötigen.
•
A Selbstverständnis der Controllerarbeit
Trends in Controlling und Finance Excellence
B IFRS-Knowhow für Controller Aufbau und Inhalt von IFRS-Abschlüssen
Historie und aktuelle Projekte des IASB
IFRS-Themenlandkarte für Controller
C Controllerarbeit unter IFRS Management Approach
D
Integration der Rechnungslegung
Controlling und Finance Excellence
E Controlling und wertorientierte Führung
IFRS für Controller im Mittelstand
F Zusammenfassung
G Anhang: IFRS-Guide für Controller
Abb. 1:
28
Aufbau des Praxishandbuchs „IFRS für Controller“
Einleitung
•
•
Abschnitt F fasst die wichtigsten Thesen der vorangegangenen Abschnitte A bis E noch einmal zusammen und leitet über zum letzten Abschnitt. Dieser Abschnitt G ist als „IFRS-Guide für Controller“ konzipiert. Er enthält für jeden Standard einen „Steckbrief“, der die für Controller relevanten Standardinhalte knapp und präzise zusammenfasst und detailliert die Implikationen des Standards für die Controllingsysteme zusammenfasst. Dieser IFRS-Guide kann entweder in der laufenden Lektüre als Nachschlagewerk genutzt werden oder aber als Ansatzpunkt für eine vertiefende Einarbeitung in einzelne Standards. Als Hilfsmittel für die tägliche Arbeit ist der IFRS-Guide auch auf der beiliegenden CD-ROM enthalten.
Als Controller erhalten Sie damit in allen IFRS-relevanten Fragen das Rüstzeug, um die erforderliche Neuausrichtung des Controllerbereichs unter IFRS erfolgreich zu bewältigen und die Controllerarbeit unter den bestehenden Herausforderungen auch zukünftig an den Informations- und Steuerungsbedarfen des Managements auszurichten.
29
A Aufbau des Praxishand buchs
Rüstzeug für die Controller arbeit unter IFRS
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
2 2.1
Controller als Management Dienstleister IGCControllerLeitbild als Ausgangspunkt der Überlegungen
Controlling hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als Führungsfunktion etabliert, die aus der Unternehmenspraxis nicht mehr wegzudenken ist. Dabei ist unter Controlling der „gesamte Prozess der Zielfestlegung, der Planung und der Steuerung im finanz- und im leis4 tungswirtschaftlichen Bereich“ zu verstehen. Controlling als Führungs aufgabe
Als Führungsaufgabe ist Controlling zunächst nicht institutionell zu verstehen, d. h. es ist nicht zwangsläufig an die Person von Controllern gebunden. Vielmehr ist das Controlling dadurch charakterisiert, dass die Führungsprozesse ziel- und planungsorientiert gestaltet sind oder dass Verantwortlichkeiten im Management dezentral organisiert werden. Plakativ formuliert bedeutet Controlling dabei: „Rechnen und 5 Planen und Mitarbeiter überzeugen, dass sie dabei mitmachen“ . Die Notwendigkeit eines Controllings ist damit nicht von der Unternehmensgröße abhängig, sondern findet sich in Kleinstunternehmen genauso wie im global agierenden Konzern.
Controllingge rechte Führung braucht ein institutionali siertes Control ling
Allerdings ist es für die Umsetzung einer controllinggerechten Führung erforderlich, dass mit wachsender Unternehmensgröße spezialisierte Controllerstellen eingerichtet werden. Während im Mittelstand dabei zusammen mit den Controlleraufgaben häufig noch weitere betriebswirtschaftliche Funktionen aus den Bereichen Steuern, Finanzund Rechnungswesen in einer Stelle bzw. Abteilung gebündelt werden, finden sich in Großunternehmen meist eigenständige Controllingabteilungen. Um das Aufgabenprofil zu beschreiben, das den Kern der Controllerarbeit ausmacht, wurde von der International Group of Controlling (IGC), einer internationalen berufsständischen Interessengemein-
4 5
IGC (Hrsg.), Controller-Wörterbuch, 2005, S. 56. Deyhle, Management-&Controlling-Brevier, Bd. 1, 1989, S. 35.
30
Controller als ManagementDienstleister 6
schaft , ein Controller-Leitbild entwickelt, das den Controller klar als Informationsdienstleister des Managements positioniert. ControllerLeitbild der IGC
7
Controller gestalten und begleiten den ManagementProzess der Zielfindung, Planung und Steuerung und tragen damit Mitverantwortung für die Zielerrei chung. Das heißt: • Controller sorgen für Strategie, Ergebnis, Finanz, Prozesstransparenz und tragen somit zu höherer Wirtschaftlichkeit bei. • Controller koordinieren Teilziele und Teilpläne ganzheitlich und organisieren unternehmensübergreifend das zukunftsorientierte Berichtswesen. • Controller moderieren und gestalten den ManagementProzess der Zielfin dung, der Planung und der Steuerung so, dass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handeln kann. • Controller leisten den dazu erforderlichen Service der betriebswirtschaftli chen Daten und Informationsversorgung. • Controller gestalten und pflegen die Controllingsysteme. Controller sind die internen betriebswirtschaftlichen Berater aller Entschei dungsträger und wirken als Navigator zur Zielerreichung. Die Verantwortung der Controller ergibt sich aus diesen Aufgaben.
Durch die Realisierung dieses Aufgabenspektrums in ihrer täglichen Arbeit tragen Controller zur Umsetzung einer controllinggerechten und zielführenden Unternehmenssteuerung bei.
2.2
Bereitstellung von Steuerungsinformationen durch den Controller
Die Aufgabenteilung zwischen Manager und Controller und die daraus resultierende Einordnung des Controllings in Abgrenzung zum 6
7
Mitglieder der IGC sind Institutionen und Unternehmen, die Controlling in der praktischen Anwendung und Weiterentwicklung fördern wollen. Zu den Mitgliedsinstitutionen gehört u. a. der Internationale Controller-Verein (ICV), dessen Vorsitzender Dr. Wolfgang Berger-Vogel, gleichzeitig auch den Vorsitz im geschäftsführenden Ausschuss der IGC innehat, der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller, das Österreichische Controller-Institut (ÖCI) oder das Controller-Zentrum Sankt Gallen (CSZG). Ausführliche Informationen zur IGC und ihren Mitgliedern finden Sie u. a. auf der Website www.igc-controlling.org. Vgl. http://www.igc-controlling.org/dt/index_dt.html.
31
A
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
Der Manager betreibt das Geschäft
Manager verantwortlich für das Ergebnis
Abb. 2:
Controlling
Controller als institutionaler Kategorie wird durch Abbildung 2 syste8 matisiert .
Der Controller hat die wirtschaftliche Aussagekraft
Controller verantwortlich für Ergebnistransparenz
Abgrenzung von Controller und Controlling
Während der Manager „das Geschäft betreibt“, d. h. durch inhaltliche Maßnahmen die gesetzten Unternehmensziele zu realisieren sucht, sind Controller die Sparringspartner, die die erforderlichen betriebswirtschaftlichen Steuerungsinformationen bereitstellen. Dazu gehören in der laufenden Steuerung beispielsweise die interne Kosten- und Erlösrechnung in Plan und Ist, die Ergebnisrechnung, die z. B. als wertorientierte Managementerfolgsrechnung ausgestaltet sein kann, aber auch die betriebswirtschaftliche Analysen und Kalkulationen für kurz- oder langfristige Zwecke. Controlling selbst geschieht dann in der zielorientierten Zusammenarbeit von Manager und Controller. Controller als Spezialist für betriebswirt schaftliches „Kennzahlen Knowhow“
Durch diese Aufgabenteilung wird der Manager entlastet, weil ihm die immer komplexer werdende Abbildung des Unternehmensgeschehens in die relevanten Steuerungsgrößen durch den Controller abgenommen wird. Der Manager kann sich so auf die inhaltliche Konkretisierung von Prozessen und Maßnahmen fokussieren. Der Controller entwickelt sich dabei zum Spezialisten für betriebswirtschaftliches „Kennzahlen-Knowhow“, d. h. für die Übersetzung von 8
Entnommen aus IGC (Hrsg.), Controller-Wörterbuch, 2005, S. 58.
32
Controller als ManagementDienstleister
Produkten, Prozessen und Bereichen in aussagekräftige Kennzahlen, die den Beitrag zum Unternehmensziel sinnvoll messen. Dies sind im Finanzcontrolling vor allem monetär definierte Kennzahlen, so z. B. Renditekennzahlen wie der ROI oder der ROCE, oder absolute Steuerungsgrößen wie EBIT, EVA oder CVA. Mit zunehmend operativer Ausrichtung des Controllings spielen vermehrt auch nichtmonetäre Leistungskennzahlen, z. B. als so genannte Key Performance Indicators (KPI), eine wichtige Rolle. Diese Überlegungen werden bereits im „Management-&ControllingBrevier“ von Albrecht Deyhle vorweggenommen: „Verantwortung des Managers ist, was geplant wird. Verantwortlichkeit des Controllers ist, 9 dass geplant wird“ . Beispiel Der Unternehmensbereich „Beauty“ der Konsum AG plant die Einführung einer neuen Hautcreme. Aufgabe des Bereichsmanagements ist dann zunächst die Entwicklung inhaltlicher Maßnahmen, z. B. die Festlegung der Elemente der neuen Produktlinie, das Marketingkonzept, die Feinabgrenzung der Zielgruppe oder die zeitliche und regionale Strukturierung der Produkteinführung. Aufgabe des Controllers ist parallel dazu die Übersetzung dieser Maßnahmen in betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Analysen. Dazu gehört im strategischen Controlling die Einordnung der Neuproduktlinie in das Gesamtportfolio des Be reichs („Ist die Hautcreme möglicherweise nur ein Poor Dog, oder doch als Question Mark bzw. Star einzuordnen?“) oder die investitionstheoretische Be wertung der Produkteinführung („Wird durch das neue Produkt Wert geschaf fen?“), aber auch die langfristige Beurteilung einzelner Handlungsparameter („Sind hohe Ausgaben für die Werbung in Printmedien gerechtfertigt?“). Das operative Controlling unterstützt bei der Beantwortung kurzfristiger Fragen, z. B. „Wie hoch ist der Deckungsbeitrag der neuen Hautcreme?“ oder „Warum liegen die Herstellkosten derzeit um 2,3 % über dem budgetierten Wert?“. Auch die Anpassung des Planungsrahmens bzw. die Unterstützung des Bereichsma nagements bei der Herleitung der notwendigen Plandaten und die Durchfüh rung von Abweichungsanalysen gehören zu den Aufgaben des Controllers. Controlling findet in diesem Beispiel statt, wenn Bereichsmanagement und Controller hinsichtlich der Entscheidungsfindung in der Produkteinführung so wie beim laufenden Produktmanagement zusammenarbeiten.
9
Deyhle, Management-& Controlling-Brevier, 1989, S. 20.
33
A
A Controlling als Schlüssel zum Unternehmens erfolg
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
Für die Bedeutung dieser Aufgabenspezialisierung und den Erfolgsbeitrag des Controllers im Rahmen der Unternehmensführung gibt es eine Vielzahl empirischer Belege. Besonders anschaulich ist hier die Untersuchung von Lingle/Schiemann, die belegt, dass „measurementmanaged organizations“, d. h. Unternehmen, in denen dem Management ein breites Cockpit an betriebswirtschaftlich relevanten Steuerungsinformationen zur Verfügung gestellt wird, signifikant erfolgreicher sind als „non-measurement-managed organizations“ (vgl. Abbil10 dung 3) . Anteil der Unternehmen in den jeweiligen Erfolgskategorien 100% 97% 80%
83% 74%
60% 52%
40%
54%
44%
20%
„Measurement-Managed Organizations“
„Non-Measurement-Managed Organizations“
Legende: n = 203 Unternehmen in USA/Kanada wahrgenommen als Branchenführer in den letzten 3 Jahren
Abb. 3:
10
im ersten Drittel der finanziell besten Unternehmen der Branche
letzter bedeutender kultureller bzw. operativer Wandel als erfolgreich eingestuft
Erfolgsbeitrag von Kennzahlensystemen – die Ergebnisse von Lingle/Schiemann (1996)
Vgl. Lingle/Schiemann, From Balanced Scorecard to Strategic Gauges: Is Measurement Worth It?, in: Management Review, 1996, S. 56-61.
34
Controller als ManagementDienstleister
2.3
A
Rollenverständnis und Aktionsfelder von Controllern: Das House of Controlling
Aus der grundsätzlichen Aufgabenstellung von Controllern, d. h. aus der Bereitstellung aussagekräftiger betriebswirtschaftlicher Kennzahlen für Zwecke der Unternehmenssteuerung, ergibt sich eine klare Abgrenzung des Rollenverständnisses und der Aktionsfelder von Controllern. Dies kann als House of Controlling charakterisiert werden 11 (Abbildung 4) .
IGC-Controller-Leitbild: Controller gestalten und begleiten den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung und tragen damit Mitverantwortung für die Zielerreichung Originäre Aktionsfelder der Controller
Planung
Rollenverständnis der Controller:
Abb. 4:
Berichtswesen
Derivative Aktionsfelder der Controller
PerformanceMessung
Gestaltung der Vorsysteme
Organisation des Controllerbereichs
Controller als betriebswirtschaftlicher Berater des Managements Controller als Methoden- und Systemdienstleister
Das House of Controlling
Fundament des House of Controlling ist zunächst das Rollenverständnis, das Controller im Rahmen einer controllinggerechten, d. h. zielbzw. ergebnisorientierten Unternehmensführung ausfüllen müssen: •
•
Controller sind zum einen betriebswirtschaftliche Berater und Sparringspartner des Managements und tragen als Navigator zur Zielerreichung bei. Controller sind aber auch Methoden- und Systemdienstleister, damit die für die Unternehmenssteuerung erforderlichen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen bereitgestellt werden.
Nur wenn Controller beide Rollen aktiv ausfüllen, ist sichergestellt, dass eine controllinggerechte Führung im Sinne des IGC-Controller-
11
Vgl. IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006, S. 21.
35
Rollenverständ nis der Control ler
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
Leitbilds, das bildlich das „Dach“ des House of Controlling darstellt, realisiert wird. Bindeglied zwischen Fundament und Dach des House of Controlling sind die Aktionsfelder der Controller, die quasi die Säulen einer controllinggerechten Führung ausmachen. Dazu gehören zunächst die originären oder Kern-Aktionsfelder, die die Bereiche Planung, Berichtswesen und Performance-Messung umfassen. Originäre Aktionsfelder von Controllern
•
•
•
Die Planung beinhaltet sämtliche Teilbereiche der laufenden operativen, taktischen und strategischen Unternehmensplanung, die fallweise erforderliche Projektplanung, z. B. in Forschung und Entwicklung, sowie die Bereitstellung von Prognose-(Forecast-)Größen. Zum Berichtswesen gehört die Informationsbereitstellung im Ist einschließlich der Analysen, die sich aus den Plan- bzw. Soll-IstAbweichungen und den Ausprägungen der Forecasts ergeben. Die Performance-Messung zeigt die Erfolgsbeiträge von Prozessen, Produkten und Bereichen und ist damit eine bedeutsame Voraussetzung für die dezentrale Unternehmenssteuerung. Das eigenständige Handeln auf den verschiedenen Managementebenen ist durch geeignete Kennzahlen abzubilden, um eine ebenso koordinierte wie zielführende Unternehmenssteuerung sicherzustellen.
Neben den originären Aktionsfeldern müssen Controller zwei weitere derivative oder abgeleitete Aktionsfelder ausfüllen: Derivative Aktionsfelder von Controllern
•
•
36
Dazu gehört zum einen die (Mit-)Gestaltung der Vorsysteme, auf denen Planung, Berichtswesen und Performance-Messung aufsetzen. Diese Vorsysteme umfassen zunächst buchhalterische Datenquellen, wie beispielsweise die Materialwirtschaft, die Debitorenund Kreditorenbuchhaltung, die Personalbuchhaltung oder die Anlagenbuchhaltung. Auch Datenbanken, aus denen die für Controllingzwecke erforderlichen Buchungs-, Bewertungs-, Markt- oder Stammdaten extrahiert werden, müssen durch die Controller mitgestaltet werden. Das zweite derivative Aktionsfeld der Controller ist eine bezogen auf die Kernfunktionen zielführende fachliche Organisation des eigenen Bereichs. Dazu gehört zum einen neben der ablauforganisatorischen Gestaltung von Controllingprozessen auch die Beantwortung von Fragen der Aufbauorganisation sowohl innerhalb des eigenen Controllerbereichs als auch in der Zusammenarbeit
Controller als ManagementDienstleister
mit anderen Finanzfunktionen, z. B. der Bilanzierung, der Revision oder dem Treasury. Darüber hinaus umfasst eine zielführende fachliche Organisation aber auch alle erforderlichen Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung im Controlling sowie die Formulierung von idealtypischen Karrierewegen.
37
A
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
3 3.1
Trends in Controlling und Finance Excellence IFRS als MegaTrend im Finanzbereich
Die Entscheidung der EU-Kommission, ab 2005 von allen in der Europäischen Union börsennotierten Konzernen die Rechnungslegung nach International Financial Reporting Standards (IFRS) zu verlangen, hat das Finanz- und Rechnungswesen vor große Herausforderungen gestellt. Dies gilt auch für eine Vielzahl nicht börsennotierter Unternehmen im gehobenen Mittelstand, die aus verschiedenen Gründen – z. B. zur Vorbereitung eines Börsengangs, zur zinsgünstigen Beschaffung von Fremdkapital oder zur besseren Steuerung internationaler Kooperationen und Beteiligungen – eine Umstellung der Finanzberichterstattung auf IFRS planen bzw. bereits durchgeführt haben. IFRS Einführung als Anstoß für Rationalisierung in Finanz und Rechnungswe sen
Die Einführung der IFRS wird von den meisten Unternehmen dabei auch als Anlass genutzt, überkommene Prozesse und Strukturen in Finanz- und Rechnungswesen sowie im Controlling zu überdenken und zu verschlanken. Die so erreichten verbesserten Kostenstrukturen sollen dazu beitragen, die zunehmend aufwändige und komplexere 12 externe Finanzberichterstattung auf IFRS-Basis zu kompensieren . Kapitalmarktanforderungen verstärken diese Tendenz. So müssen IFRS-Abschlüsse i. d. R. sehr viel schneller vorgelegt werden als HGBAbschlüsse; zudem müssen in vielen Börsensegmenten zusätzlich halboder vierteljährliche Zwischenberichte bereitgestellt werden. Die Beschleunigung des externen Reportings kann oft nur durch Fast-Close13 Projekte und die damit verbundenen Prozessmodifikationen erreicht werden. 12
13
Vgl. Fleischer, Rolle des Controllings im Spannungsfeld internes und externes Reporting, in: Horváth (Hrsg.), Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse wirkungsvoll steuern, 2005, S. 189-200, hier S. 192. Vgl. zum Thema „Fast Close“ statt vieler Dörr, Fast Close – Geschwindigkeit und Transparenz im Abschluss, in: Küting/Pfitzer/Weber (Hrsg.), Herausforderungen und Chancen durch weltweite Rechnungslegungsstandards, 2004, S. 403-428.
38
Trends in Controlling und Finance Excellence
Im Mittelpunkt der durch die IFRS-Einführung ausgelösten Veränderungen im Unternehmen steht in aller Regel die Verzahnung von externer und interner Sichtweise auf das Unternehmen. Die Informationen des internen Reportings sind nicht mehr nur noch an das Management bzw. ggf. an Aufsichts- oder Beiräte adressiert. Sie werden teilweise über die externe Finanzberichterstattung, teilweise aber auch durch andere Maßnahmen der Unternehmenskommunikation an außenstehende Adressaten weitergegeben. Dazu gehören insbesondere bei der IFRS-Finanzberichterstattung •
•
•
•
Integration der Rechnungsle gung als Konse quenz der IFRS Einführung
Aktionäre bzw. Analysten, die interne Informationen zur Optimierung von Portfolio-Entscheidungen nach Risiko-RenditeGesichtspunkten benötigen, Banken bzw. Rating-Agenturen, die mithilfe des internen Reportings die kurz- und langfristige Solvenz von Unternehmen abschätzen möchten, weitere Stakeholder wie Kunden, Mitarbeiter oder Lieferanten, die die Tragfähigkeit der Geschäftsbeziehung zum Unternehmen beurteilen möchten, sowie die Presse als Informationsintermediär der sonstigen interessierten Öffentlichkeit.
Durch diese Verzahnung steigt der Bedarf an einer intern wie extern einheitlichen Berichtssprache. Steuerungsimpulse aus der Kommunikation mit externen Adressaten müssen innerhalb des Controllings unmittelbar in interne Zielvorgaben und Analysen übersetzt werden können. Im Controlling verwendete Kennzahlen müssen sich eng an die Kennzahlen der externen Unternehmenskommunikation anlehnen, um gerade auf den oberen Managementebenen den Überleitungsund Erklärungsaufwand zu reduzieren. Damit werden nicht nur Kommunikations- und Steuerungsfehler vermieden, sondern auch die meist überflüssigen Diskussionen um Nuancierungen in Kennzahlendefinitionen, die gerade Nicht-Kaufleuten ohnehin kaum begreiflich gemacht werden können. Abbildung 5 veranschaulicht die durch IFRS ausgelösten Verbindungen der externen Kommunikation und Cont14 rollinginstrumentarium schematisch .
14
A
Ähnlich IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006, S. 29.
39
Bedarf an einer extern wie intern einheitli chen Finanz sprache
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
Management Approach: Kommunikation interner Controllinginformationen an externe Adressaten …
…
Berichte
P&L Statement
Planungsrechnungen
Balance Sheet Finanzberichterstattung nach IFRS
Controllinginstrumente
Integrierte Rechnungslegung: Vereinheitlichung von externer und interner Finanzsprache
Abb. 5:
Unverändertes Controller Leitbild unter IFRS
Verbindung zwischen IFRS und Controllinginstrumentarium
Die IFRS-Bilanzierung beeinflusst auch den Aufbau des House of Controlling (vgl. Abbildung 6).
IGC-Controller-Leitbild: Controller gestalten und begleiten den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung und tragen damit Mitverantwortung für die Zielerreichung Originäre Aktionsfelder der Controller Planung
Berichtswesen
Derivative Aktionsfelder der Controller PerformanceMessung
Gestaltung der Vorsysteme
Organisation des Controllerbereichs
Erweiterungs-/Anpassungsbedarfe in den Aktionsfeldern der Controller unter IFRS
Rollenverständnis der Controller:
Controller als betriebswirtschaftlicher Berater des Managements Controller als Methoden- und Systemdienstleister Controller als Informationsdienstleister für die Bilanzierung
Finanzberichterstattung auf Basis der International Financial Reporting Standards (IFRS)
Abb. 6:
Das House of Controlling unter IFRS
Zwar bleiben auch weiterhin die grundsätzliche Struktur und die Ausrichtung am Controller-Leitbild der IGC weiterhin bestehen. Dennoch ergeben sich Änderungen:
40
Trends in Controlling und Finance Excellence •
•
Zum einen erweitert sich das Rollenverständnis der Controller, die im Kontext der IFRS-Rechnungslegung verstärkt zum Informationsdienstleister für die Bilanzierung werden und so Mitverantwortung für das externe Reporting übernehmen. Zum anderen verändern sich die Aktionsfelder im House of Controlling in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung. Dies ist erforderlich, damit die Controller sowohl die Rolle des Informationsdienstleisters ausfüllen als auch die IFRS im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung für interne Controllingzwecke ebenso effektiv wie effizient nutzen können.
3.2
A Zwei Verände rungen zeich nen die Cont rollerarbeit unter IFRS aus
Controller im Spannungsfeld der unternehmensinternen Finanzfunktionen
Die Veränderungen, die durch die IFRS im Finanz- und Rechnungswesen angestoßen werden, beeinflussen die Positionierung der Controller im Spannungsfeld der unternehmensinternen Finanzfunktionen: Die mit zunehmender Unternehmensgröße früher übliche strikte institutionelle Trennung zwischen Controllern und Bilanzierern wird aufgeweicht. So zeigt eine jüngst bei den Mitgliedern des Internationalen Controller Vereins durchgeführte Untersuchung, dass das externe Rechnungswesen nach der Konkurrenz durch Unternehmensberatung als zweitstärkster Wettbewerber um die Aufmerksamkeit des Managements 15 wahrgenommen wird (vgl. Abbildung 7) . Unternehmensberatungen
31,5 %
Externes Rechnungswesen
21,6 %
Strategieabteilung
16,8 %
Innenrevision
11,8 %
Externe Dienstleister (Rechnungswesenanbieter)
10,6 %
Investor Relations
5,8 % 0
Abb. 7: 15
10
20
30
40 % Antworten
Aktuelle Konkurrenten des Controllerbereichs
Vgl. Weber et al., Controlling 2006 – Stand und Perspektiven, 2006, S. 48.
41
Bilanzierer als Wettbewerber der Controller
A Werden Cont roller überflüs sig?
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
Der Grund für diesen organisationalen Wettbewerbsdruck ist weniger in einer Konkurrenz im methodischen Bereich der Planung oder der Wirtschaftlichkeits- bzw. Schwachstellenanalyse zu sehen, in denen Kernkompetenzen der Controller liegen. Vielmehr wird durch die im vorangegangenen Abschnitt beschriebene Verzahnung von internem und externem Reporting dem Controlling zunehmend die kalkulatorische Datenbasis entzogen. Damit wird allerdings im Management vielfach die Vorstellung verbunden, dass die Bilanzierungsabteilungen auch mit der Wahrnehmung von Controllingaufgaben betraut werden könnten. Diese grundlegende Fehleinschätzung wird häufig dann verstärkt, wenn die Controller auf eigenständigen internen Kennzahlensystemen bestehen, deren Beziehung zum externen Reporting aus Sicht des Managements intransparent ist.
Organisatori sche Verände rungen in Finanz und Rechnungswe sen
Um die Zusammenarbeit von Controllern und Bilanzierern im Sinne einer controllinggerechten Führung positiv zu beeinflussen, verändern viele Unternehmen im Kontext einer IFRS-Umstellung die Organisationsstruktur der internen Finanz- und Rechnungswesenfunktionen. Häufig werden Controllerbereich, Bilanzierung und andere nahe stehende Abteilungen, wie z. B. Unternehmensbewertung, Investor Relations oder Treasury, organisatorisch zusammengefasst. Dies zeigt sich an der in Abbildung 8 dargestellten Organisationsstruktur des Controllerbereichs der Österreichischen Elektrizitätswirt16 schafts-AG (Verbundgesellschaft, Sitz in Wien, Umsatz 3 Mrd. Euro) . Diese Funktionseinheiten sind mit folgenden, im Kontext der IFRSRechnungslegung wesentlichen Aufgaben betraut: Planung und Reporting: Mittelfristplanung, Budgetierung, Quartals- und Monatsreporting, Konsolidierung: Erstellung des Konzern-Ist-Abschlusses (Monat, Quartal, Jahr), Strategische Controllingaufgaben: Unternehmensbewertung, Ermittlung von Zeitwerten für die Impairment-Tests nach IAS 36 und IFRS 3 für Sachanlagen und Goodwill,
• Das Beispiel Verbundgesell schaft
• •
16
Vgl. Fleischer, Rolle des Controllings im Spannungsfeld internes und externes Reporting, in: Horváth (Hrsg.), Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse wirkungsvoll steuern, 2005, S. 189-200, hier S. 193f.
42
Trends in Controlling und Finance Excellence • •
A
Operatives Controlling: Unterstützung in der Steuerung der operativen Gesellschaften, Buchhaltung (als Shared Service Center organisiert): Führung der Buchhaltung nach öHGB und IFRS (bis HB II) für alle Konzerngesellschaften. Konzerncontrolling
Operatives Controlling
Planung und Reporting
Buchhaltung
Strategisches Controlling
Konsolidierung
Disziplinäre und fachliche Unterstellung Fachliche Unterstellung
Abb. 8:
Controllingorganisation der Österreichischen Elektrizitätswerke AG
Ähnliche Veränderungen finden sich beispielsweise im Deutsche PostKonzern: Hier sind seit 2004 die Bereichscontroller disziplinarisch unmittelbar dem Konzern-CFO unterstellt und nicht mehr dem ent17 sprechenden Bereichsleiter . Diese organisatorischen Veränderungen entspricht dem Chand18 ler’schen Postulat „structure follows strategy“ , d. h. aus der strategischen Neuausrichtung der internen Finanz- und Rechnungswesenfunktionen, nämlich der Verzahnung von internem und externem Reporting über Management Approach und integrierter Rechnungslegung, erwächst auch die institutionelle Verbindung der entsprechenden Funktionsträger – wenn auch eine inhaltliche Aufgabendifferenzierung auch weiterhin sinnvoll und notwendig ist.
17
18
Vgl. Edgar/Vater, Anforderungen an die Finanzorganisation multinationaler Unternehmen, in: Wagenhofer (Hrsg.), Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006, S. 225-242, hier S. 236f. Chandler, Strategy and Structure, 1962, S. 314.
43
„Structure follows strate gy“ auch im Controllerbe reich
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
3.3
Controlling unter IFRS: Lean Business Partnering
Der funktionale Entwicklungspfad im Controlling unter IFRS, der durch diese Veränderungen ausgelöst wird, lässt sich zusammenfassend durch das Schlagwort des „Lean Business Partnering“ charakterisieren. Effektivitäts und Effizienz steigerungen im Controlling erforderlich
Für die Zukunft des Controllings bedeutet dies, dass sich Controller sehr viel stärker als bisher in der Entscheidungsunterstützung des Managements platzieren. Noch heute verwenden Controller im Durchschnitt zwei Drittel ihres Zeitbudgets für Fragen der Datenaufbereitung. Hier lassen sich durch eine Integration von interner und externer Rechnungslegung, verbunden mit einer stärkeren Automatisierung und Standardisierung von Prozessabläufen, erhebliche Ressourcen in der Kapazität der Controller heben. Controller erhalten dadurch Freiräume für eine effektivere Umsetzung der Controllerarbeit als Mana19 gement-Dienstleister . Gleichzeitig stehen Controller genauso wie die Unternehmen insgesamt unter dem Druck, realisierte Effizienzpotenziale auch in Form von Kosteneinsparungen umzusetzen – „Lean Controlling“ hat als Forderung den Controllerbereich längst erreicht. Das CFO-Panel der Unternehmensberatung Horváth & Partners hat erhoben, dass „teure“ Finanz- und Controllingeinheiten mehr als 3 % des Umsatzes an Kosten verschlingen. In schlankeren Controllingbereichen liegt der Anteil bei etwa 0,6 % des Umsatzes. Abbildung 9 zeigt anschaulich, wie sich der Trend zum „Lean Business Partnering“ auf die Controllerbereiche 20 auswirken wird .
19
20
Vgl. hierzu und im Folgenden Gaiser, Die CFO-Agenda, in: Horváth (Hrsg.), Controlling und Finance Excellence, 2006, S. 47-60, hier S. 48. Vgl. PricewaterhouseCoopers, CFO – Architect of Corporation’s Future, 1997, S. 3.
44
Trends in Controlling und Finance Excellence
Traditionelles Aufgabenspektrum
10% Entsch.unterst.
Business Partnering
Zukünftiges Aufgabenspektrum
Neudefinition der Rolle des Controllings
Planung 30% Prozessoptimierung Berichtswesen 20%
A
Zusätzliche Services
50% Entscheidungsunterstützung Planung 10% Berichtswesen 20%
Operative Tätigkeiten 40%
Integrierte Systeme
Operative Tätigkeiten 20%
Cost Reduction
Abb. 9:
„Lean Business Partnering“ – Zukunftsvision des Controllings
Ein Weg für die erfolgreiche Umsetzung des „Lean Business Partnering“ ist – und hier schließt sich der Kreis zu unserem Ausgangsthema – die aktive Nutzung der IFRS-Bilanzierung im Controlling. Die IFRS ermöglichen es, eine extern wie intern einheitliche und durchgängige Finanzsprache im Unternehmen zu etablieren und damit die Kommunikation zwischen Controller und Manager ganz erheblich zu fördern, und bieten gleichzeitig die Chance, über die Optimierung interner Transaktions- und Berichtssysteme wesentliche Einsparungen zu erzielen. Eine geschickte Übernahme der IFRS in das Controlling zeichnet sich zudem dadurch aus, dass die Komplexitätstreiber innerhalb der IFRS – wie z. B. die Fair Value-Bewertung – durch die adäquate Gestaltung der Controllingsysteme aufgefangen werden, sodass die Chance der IFRS zum Aufbau von Controller Excellence realisiert werden kann. Dies ist auch das Fazit, das Péter Horváth in dem folgenden Gespräch zum Thema „IFRS: Segen oder Fluch für die Controller?“ zieht – Controller sollen die Chancen, die die IFRS bieten, gezielt für ihre Arbeit nutzen.
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IFRS als Chance für das Control ling
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
IFRS: Segen oder Fluch für die Controller? – Gespräch mit Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Péter Horváth Péter Horváth vertrat als erster Hochschullehrer dieses Fachgebiet im deutschsprachigen Raum. Er lehrte von 1975 bis 2005 Controlling an den Universitäten Darmstadt und Stuttgart; sein 1979 erstmals erschienenes Standard-Lehrbuch „Controlling“ liegt inzwischen in der 10. Auflage vor. In 2006 wurde Péter Horváth für seine akademischen Verdienste mit zwei Ehrendoktortiteln ausgezeichnet. Seit seiner Emeritierung ist Péter Horváth noch als Aufsichtsratsvorsitzender der Horváth AG und als Geschäftsführer des International Performance Research Institute GmbH (IPRI) tätig. Herr Professor Horváth, die IFRS werden oft als Allheilmittel verkauft oder als Teufelszeug verdammt. Wie stehen Sie generell zu den IFRS? Weder das Eine noch das Andere, ich würde meine Einstellung als realistisch bezeichnen: Einerseits sehe ich die Vorteile, die IFRS im Hinblick auf die internationale Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen für den Investor bringt, und ich sehe IFRS als einen wichtigen Anstoß und Ausgangspunkt, internes und externes Rechnungswesen enger zusammenzuführen. Andererseits zeigt unsere Erfahrung, dass der „richtige“ Harmonisierungsgrad für ein Unternehmen und die Sicherstellung einer effizienten und effektiven internen Steuerung von Unternehmen bei Zusammenführung der Rechnungswesensysteme hohe Anforderungen an die Weiterentwicklung der Controllingsysteme stellt. Wie beurteilen Sie die Rolle der Controller in Bezug auf die IFRS? Die in diesem Zusammenhang angestrebte Harmonisierung von internem und externem Rechnungswesen provoziert die Frage, ob wir überhaupt noch Controller brauchen oder ob diese Arbeit gleich von der Bilanzabteilung mit erledigt wird? Controllingziele bleiben, Prozes se und Metho den ändern sich
Controller müssen eine wichtige Brückenfunktion bei der Harmonisierung von externem und internem Rechnungswesen ausüben. Ihre Rolle wird m. E. gerade in gegenwärtiger Zeit der Umorientierung besonders bedeutsam. Controller müssen die Transparenz und Steu-
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Trends in Controlling und Finance Excellence
A
erbarkeit der Unternehmen sicherstellen. An den Zielen ändert sich durch IFRS nichts, nur Methoden und Prozesse ändern sich. Die Arbeit der Controller kann auf keinen Fall durch eine Bilanzabteilung mit erledigt werden. Vereinfacht gesagt: Bilanzabteilungen dokumentieren die Vergangenheit, Controller unterstützen die Zukunftsgestaltung. Welchen Nutzen sehen Sie bei Einführung der IFRS für die Steuerung eines Unternehmens? Ich sehe Nutzen und Probleme gleichzeitig. Der Nutzen besteht insgesamt sicherlich darin, dass eine Harmonisierung des Rechnungswesens stattfindet und hierbei Marktaspekte stärker als bisher Basis für interne Steuerungsgrößen bilden. Wesentliche Vorteile liegen in der Chance, konzernweit einheitliche Informationen und Prozesse zu schaffen und damit die Qualität der Controllingaussagen zu erhöhen. Allerdings ist der individuelle Nutzen davon abhängig, wie weit das Unternehmen auf diesem Weg unabhängig von IFRS bereits vorangeschritten ist. Andererseits kann die Volatilität von marktbezogenen Steuerungsgrößen beträchtlich sein. Hier ist sicherlich eine Glättung erforderlich. Wenn die Entscheidung für IFRS im Unternehmen gefallen ist, empfehlen Sie dann eine gleichzeitige Einführung der IFRS für das externe Rechnungswesen wie für die interne Steuerung? Oder sehen Sie eher das stufenweise Vorgehen als sinnvoll an? Theoretisch wäre eine gleichzeitige umfassende Einführung sicherlich die Ideallösung. Praktisch jedoch ist ein stufenweises Vorgehen in vielen Fällen der einzig realistische Weg. Erst muss das externe Rechnungswesen in der IFRS-Welt stabilisiert werden, dann kann das interne Reporting und die Steuerung angepasst werden. Aus unserer Erfahrung ist aber entscheidend, dass zu Beginn der Umstellung auf IFRS ein gemeinsames Rahmenkonzept für Bilanzierung und Controlling entwickelt wird. Die stärker controlling-orientierten Themen können dann im Rahmen des Gesamtprojekts mit einem zeitlichen Versatz angegangen werden. Was sind die kritischen Faktoren für eine erfolgreiche Einführung der IFRS im Controlling?
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Gemeinsames Rahmenkonzept von Bilanzie rung und Controlling schon bei IFRS Umstellung erforderlich
A
IT als kritischer Faktor in der Harmonisierung
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
Ich sehe zwei, drei kritische Faktoren, die aber bei jedem großen Projekt wirksam sind: Erstens ist ein detaillierter Projektplan mit klar definierten Meilensteinen für die IFRS-Umstellung zu erarbeiten. Zweitens ist die lernende Kommunikation der neuen „Spielregeln“ umfassend sicherzustellen. Bei IFRS-Umstellungen wird dieser Punkt häufig unterschätzt. Es erfordert im Zweifel einen erheblichen Trainings- und Schulungsaufwand, das Expertenwissen der Projektgruppe auf die Mitarbeiter des Rechnungswesens im Sinne der Abschlusssicherheit zu übertragen. Ein dritter kritischer Faktor ist die IT, da IFRSUmstellungen gerade bei einer angestrebten Harmonisierung meist größere Auswirkungen auf die IT-Systeme haben. Wo konkret werden die Controller neue Werkzeuge einsetzen, wo brauchen Sie mehr Knowhow? Oder ist mit den bestehenden „Bordmitteln“ das Abenteuer IFRS für die Controller zu überstehen?
IFRS als Anstoß für den Ausbau der Controlling instrumente
Controller müssen sich in allererster Linie in Grundlagen der neuen Bilanzierung und Bilanzanalyse einarbeiten. Sie müssen dann mit den Instrumenten der wertorientierten Steuerung vertraut werden. In Abhängigkeit der Charakteristika ihres Unternehmens müssen sie sowohl verstehen, welche Auswirkungen die IFRS-Vorschriften auf ihre Steuerungssysteme haben, aber auch, welche Anforderungen die Bilanzierung nun an das Controlling stellt. Ein Beispiel dazu ist IAS 11 mit den Vorschriften zur Bewertung langfristiger Fertigungsaufträge. Die Vorschriften hinsichtlich der Gewinnrealisierung erfordern ggf. einen deutlichen Ausbau des bestehenden Projektcontrollings, um die IFRSVorgaben überhaupt erfüllen zu können. Die bestehenden „Bordmittel“, die in den meisten Fällen auf die Kosten- und Erlösrechnung aufbauen, reichen da nicht aus. Welche Themen sollte der IASB aus Ihrer Sicht stärker berücksichtigen? Thematisch sehe hier vor allem die klarere Behandlung von immateriellen Vermögenswerten als erforderlich an. Aus der Praxis sehe ich ein weiteres Thema, das aus meiner Sicht die Zielsetzungen einer Harmonisierung und Effizienzsteigerung derzeit gefährdet. Das ist der Umfang der Änderungen und Erweiterungen der IFRS-Vorschriften, die die Unternehmen zu verkraften haben. Meines Erachtens muss IASB hier einen Weg finden, notwendige Weiterentwicklungen mit einer gewissen Konstanz zu verbinden.
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A Sie wissen viel über Controlling und über die Controller. Welche Stimmungen spüren Sie in der Community? Geht es nach der Devise: Na ja, wir werden auch diese Strömung überstehen, erstmal wegducken? Oder ist die Haltung offensiver, werden die Veränderungen durch IFRS als Chance gesehen und als Herausforderung angenommen? Controller sind realistisch. Das heißt, sie wissen, dass IFRS Realität ist bzw. sein wird. Nur klagen nutzt nichts. Daher ist ihre Haltung offensiv: IFRS wird als Herausforderung angesehen. Die „Champions“ sehen, dass sie IFRS als Chance für einen Umbau des Controllings nutzen müssen, um es noch stärker auf die künftigen Unternehmensanforderungen auszurichten. Was möchten Sie den Controllern mit auf den Weg geben? Welche Themen sind für Controller in den nächsten drei Jahren entscheidend? Am Wichtigsten halte ich, dass man sich mit den Chancen und Risiken der Harmonisierung des Rechnungswesens auseinandersetzt. In den meisten Unternehmen wird die Neugestaltung des internen Reportings im Sinne der Kompatibilität mit IFRS im Mittelpunkt stehen müssen. Das gilt aber natürlich genauso für die übrigen Prozesse wie Planung, Kalkulation oder Investitionsrechnungen. Entscheidend aus meiner Sicht ist, dass die Controller die Chancen in dem anstehenden Wandel sehen und diesen aktiv vorantreiben. Herr Professor Horváth, wir danken Ihnen für das Gespräch. (Interview erschienen in Accounting, Heft 12/2005)
4
Fazit: ControllingPerspektiven unter IFRS
Controller sind Management-Dienstleister, die sowohl als betriebswirtschaftlicher Berater als auch als Methoden- und Systemdienstleister für das Management Steuerungsinformationen bereitstellen. Unter IFRS erweitert sich dieses Rollenverständnis: Controller werden Informationsdienstleister für die Bilanzierung und übernehmen Mitverantwortung für die externe Finanzberichterstattung. Gleichzeitig wandeln sich – auch im Zuge einer Integration von externer und in-
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Controller müssen Wandel aktiv vorantrei ben
A
IFRSRechnungslegung – Herausforderung für Controller
terner Rechnungslegung – die Aktionsfelder von Controllern: Planung, Berichterstattung und Performance-Messung, aber auch die Gestaltung der Vorsysteme und die Organisation des Controllerbereichs selbst verändern sich. Trotz ihrer hohen Komplexität und den damit verbundenen Anforderungen an den Aufbau von zusätzlichem Knowhow stellen die IFRS letztlich aber eine Chance für den Controllerbereich dar, sich unter dem Schlagwort „Lean Business Partnering“ als ebenso leistungsstarker wie schlanker Management-Dienstleister weiterzuentwickeln. Kernaussagen in Abschnitt A • Immer mehr Unternehmen stellen ihre Finanzberichterstattung auf den auf wändigen und komplexen Bilanzierungsstandard IFRS um. • Die steigenden Kosten müssen durch Synergien und Effizienzsteigerungen im Finanz und Rechnungswesen aufgefangen werden. • Dies betrifft auch den Controllerbereich, der unter IFRS eine neue Rolle als Informationsdienstleister für die Bilanzierung erhält. • Gleichzeitig können die IFRSDaten als Basis für das Controllinginstrumen tarium verwendet werden. Eine solche integrierte Rechnungslegung führt zu einer einheitlichen und transparenten Finanzkommunikation im Unterneh men. • Controller müssen deshalb spezifisches IFRSKnowhow aufbauen, um den Anforderungen aus der IFRSUmstellung gerecht zu werden und auch wei terhin ihre Aufgaben als ManagementDienstleister zu erfüllen.
50
B
IFRSKnowhow für Controller
Die Rechnungslegungsvorschriften innerhalb der IFRS werden zunehmend komplexer. Einzelne Standards, wie beispielsweise IAS 39 zur Bilanzierung und Bewertung von Finanzinstrumenten, umfassen fast 400 Textseiten an Regelungen und Anwendungsbeispielen: Eine selbst für IFRS-Spezialisten kaum noch beherrschbare Normenflut. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die IFRS in einem steten und teilweise fundamentalen Veränderungsprozess befinden. So arbeitet das IASB als Standardsetter derzeit u. a. in Gemeinschaftsprojekten mit dem US-amerikanischen FASB an neuen Regelungen zur Umsatzrealisation und zur Darstellung der Erfolgsrechnung, die in den nächsten Jahren voraussichtlich zu umfangreichen Änderungen in Gewinnermittlung und Ergebnisausweis führen werden. Für Controller ist es weder sinnvoll noch zielführend, sich in der ganzen Detailtiefe mit den IFRS auseinander zu setzen. Neben dem damit verbundenen „information overload“ ist der Schwerpunkt der Controllerarbeit – wie im vorangegangenen Kapitel ausführlich begründet – unverändert die Versorgung des Managements mit aussagekräftigen Steuerungskennzahlen. Der vorliegende Abschnitt B übernimmt bei der Darstellung der IFRS deshalb die aus Controllerperspektive erforderliche Filterfunktion: •
•
Controllerspezifisches IFRS-Knowhow: Sie erhalten einen umfassenden Überblick über das IFRS-Knowhow, das spezifisch für Controller relevant ist. Zusammen mit den IFRS-Steckbriefen, die im Anhang (Abschnitt G) als Nachschlagewerk zusammengefasst sind, präsentieren wir Ihnen die ausgewählten Aspekte, die Sie als Controller über die derzeit geltenden IFRS incl. des IFRS-Rahmenkonzepts und des Vorworts zu den IFRS kennen müssen. IFRS-Landkarte: Über eine „IFRS-Landkarte“ werden die Standards den Arbeitsgebieten von Controllern zugeordnet. Dies erlaubt Ihnen, für bestimmte Projektbereiche bzw. Arbeitsfelder individuelle Schwerpunkte im Aufbau von IFRS-Knowhow zu setzen.
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Filterfunktion aus Controller perspektive
B
IFRSKnowhow für Controller •
Absehbare Entwicklung: Zusätzlich werden Sie über die controllingrelevanten Aspekte im Standardsetting und der zukünftigen Weiterentwicklung der IFRS informiert. So können Sie zumindest die heute absehbaren Veränderungen der IFRS und die damit verbundenen Auswirkungen für die Controllerarbeit antizipieren.
Was dieser Abschnitt bewusst nicht leisten will, ist eine detaillierte Kommentierung der IFRS-Vorschriften, wie sie von Bilanzierern und Wirtschaftsprüfern benötigt wird. Wenn Sie einzelne Standards vertiefen möchten, steht Ihnen – neben dem in Anhang G bzw. auf der beiliegenden CD-ROM enthaltenen „IFRS-Guide für Controller“ – inzwischen eine umfangreiche Sammlung von Lehrbüchern, Kompendien und Websites zur Verfügung. Eine von uns kommentierte Auswahl dieser Informationsquellen ist für Sie am Ende dieses Buches zusammengestellt.
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IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
1 1.1
B
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard Weltweite Durchsetzung der IFRS in der internationalen Rechnungslegung?
Die IFRS sind ein Konglomerat supranationaler Rechnungslegungsvorschriften, die von einem privatrechtlichen Standardsetter, dem International Accounting Standards Board (IASB) in London erlassen werden. Zielsetzung des IASB ist die Durchsetzung eines weltweit einheitlichen und investororientierten Bilanzierungsstandards, der insbesondere die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts unterstützt.
IFRS: Suprana tionale privat rechtliche Standards
Anders als beim HGB, das als nationales Gesetz automatisch für alle in Deutschland ansässigen Kaufleute im Rechtssinne (§§ 1-7 HGB) gilt, besteht allerdings per se zunächst keine Anwendungspflicht der IFRS. Außerdem hat das IASB – anders als der deutsche Gesetzgeber – keine unmittelbare Möglichkeit, Verstöße gegen die IFRS durch Geldbußen oder gar Haftstrafen zu ahnden. Um seine Ziele dennoch zu erreichen, braucht das IASB ein Durchsetzungs-„Vehikel“. Dies waren in der Vergangenheit zum einen nationale Börsen wie die Frankfurter Wertpapierbörse, die von Unternehmen in bestimmten Marktsegmenten – wie z. B. in dem heute nicht mehr existenten Neuen Markt oder auch im Prime Standard – IFRSAbschlüsse einfordern. Vor diesem Hintergrund ist auch die enge Zusammenarbeit des IASB mit dem FASB zu sehen. In den Norwalk-Agreements wurde im Jahre 2002 vereinbart, dass beide Standardsetter durch eine enge Zusammenarbeit die Unterschiede zwischen den IFRS und den US-GAAP, dem derzeit alleinigen Börsenzulassungsstandard in den USA, in den 21 kommenden Jahren weitgehend beseitigen .
21
Dieses Ziel ist bis heute jedoch nur eingeschränkt erreicht worden, so z. B. bei der parallelen Abschaffung der planmäßigen Abschreibung von Goodwill aus Kapitalkonsolidierung (IFRS 3 / SFAS 142).
53
Börsen als Durchsetzungs „Vehikel“ der IFRS
B
IFRSKnowhow für Controller
Da die USA den größten nationalen Kapitalmarkt repräsentieren – die Börsenkapitalisierung der NYSE und der NASDAQ lag in 2004 bei ca. 13 Mrd. €, die der Deutschen Börse, der Londoner Stock Exchange und der Tokio Stock Exchange im gleichen Jahr zusammengenommen 22 nur bei etwa 6 Mrd. € –, wäre dies für die weltweite Durchsetzung der IFRS ein wichtiger Schritt. USA als „weißer Fleck“ auf der IFRSLandkarte
Betrachtet man die Verbreitung der IFRS, so wird deutlich, dass die USA auch geografisch den wichtigsten „weißen Fleck“ auf der Landkarte repräsentieren, denn in Europa genauso wie in vielen Staaten Asiens, Südamerikas, Afrikas und in Australien sind die IFRS inzwi23 schen als Börsenzulassungsstandard etabliert . Einen weiteren wichtigen Schritt in der Durchsetzung der IFRS war die Entscheidung der EU-Kommission im Jahr 2002, ab 2005 von in der EU ansässigen kapitalmarktorientierten Unternehmen zwingend IFRSKonzernabschlüsse zu verlangen. Da das IASB jedoch ein privatrechtlicher Standardsetter ist, werden die IFRS nicht automatisch europäisches Recht. Sie müssen hierfür vielmehr ein aufwändiges Komitologie-Verfahren durchlaufen, bevor sie mit der Veröffentlichung im 24 25 Amtsblatt der EU erst rechtlich verbindlich werden .
EUVerordnung: Politische Stärkung der IFRS
Die EU-Verordnung zur Rechnungslegung markiert einen wichtigen Meilenstein im Wettbewerb der Systeme „IFRS“ versus „US-GAAP“, der vor allem politisch beurteilt werden muss: Eine sachliche Überlegenheit der IFRS gegenüber den US-GAAP oder umgekehrt ist nämlich bisher weder in der Wissenschaft noch in der Praxis nachgewiesen worden. Europäische Unternehmen haben durch die Einflussnahme auf die IFRS, die sich zudem stärker an europäischen Rechnungslegungstraditionen orientieren als die US-GAAP, sehr viel mehr Möglichkeiten, ihre eigenen Vorstellungen in das Standardsetting einzubringen.
22 23
24
25
Vgl. Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 2006, S. 44f. Eine detaillierte Übersicht über die Anwendungspflicht der IFRS in einzelnen Ländern findet sich u. a. auf der von der Big Four-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte gepflegten Website IASPlus unter http://www.iasplus.de/ifrs_by_country.php. Siehe hierzu auch die EU-Website http://ec.europa.eu/internal_market/accounting/, auf der sich die in EU-Recht übernommenen Standards auch in deutscher Sprache herunterladen lassen. Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel B 3.3.
54
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
Nachteile haben allerdings solche Unternehmen, die auch in den USA börsennotiert sind, wie z. B. die Telekom, die Deutsche Bank oder Siemens: Sie müssen spätestens ab 2007 neben dem in den USA geforderten US-GAAP-Konzernabschluss auch einen IFRS-Abschluss aufstellen, d. h. am Kapitalmarkt mit zwei parallelen Zahlenwelten arbeiten, die trotz aller Harmonisierungsbemühungen von IASB und FASB derzeit in wichtigen Punkten noch nicht deckungsgleich sind. Diese Situation lässt sich auch durch einen Rückzug von den US-Börsen nicht ohne Weiteres lösen, da ein solches Delisting mit sehr strengen, 26 praktisch meist nicht erfüllbaren Auflagen verbunden ist . IFRS oder USGAAP als leading GAAP ? Für die bisherigen USGAAPBilanzierer – dazu gehören Großunternehmen wie DaimlerChrysler, E.ON, SAP, Siemens oder die Telekom – gibt es zwei grundlegen de Umstellungsstrategien auf die jetzt geforderte parallele Konzernabschlusser stellung: • Umstellung auf IFRS als führender Standard für Kontenpläne und laufende Ver buchung von Geschäftsvorfällen (leading GAAP) und Erstellung einer Überlei tungsrechnung für den USKonzernabschluss, die je nach Ausgestaltung der US Börsennotierung entweder „nur“ KonzernEigenkapital und Ergebnis überleitet, oder aber • Beibehaltung der USGAAP als leading GAAP und Erstellung von Überlei tungsrechnungen für IFRSbasierte Finanzberichte. Gerade Unternehmen, die sich als europäisch ausgerichtetes Unternehmen ver stehen und für die der europäische Kapitalmarkt dementsprechend auch eine wichtige Rolle spielt, so z. B. der Energieversorger E.ON, greifen auf die erste Al ternative zurück. Obwohl die IFRS weitaus näher an USGAAP liegen als das HGB, ist hiermit dennoch sowohl in der Bilanzierung als auch im Controlling erhebli cher Umstellungsaufwand verbunden.
1.2
Betriebswirtschaftlich geprägte Perspektive der IFRS: Ansatzpunkt für das Controlling
Als investororientierter Bilanzierungsstandard zielen die IFRS vor allem darauf ab, die Anlageentscheidungen von Eigen- und Fremdkapitalgebern zu fundieren. Ein IFRS-Abschluss soll deshalb möglichst informativ die erwarteten Renditen, aber auch die damit verbundenen Risiken abbilden. 26
Eine Übersicht über bestehende und aktuell geplante Vorschriften zum Delisting findet sich u. a. bei Schmuck/Ulbrich, Roadmap und Reziprozität sowie Delisting in den USA, in: KoR, 2006, S. 530-542.
55
B Verlierer sind die in den USA börsennotierten Unternehmen
B Relevanz versus Reliabilität
IFRSKnowhow für Controller
Wie jedes Rechnungslegungssystem einschließlich der internen Managementerfolgsrechnung stehen die IFRS dabei im Spannungsfeld von (Entscheidungs-)Relevanz und Reliabilität, d. h. Verlässlichkeit. Die IFRS stellen in diesem Konflikt verstärkt auf das Relevanzkriterium ab, so z. B. bei der zunehmenden Durchsetzung der Fair-Value-Bewertung, d. h. einer an Zeitwerten orientierten Bewertung von Vermögenswerten oder Schulden. Beispiel Ein Unternehmen beschließt zu Beginn des Jahres 2007 die Investition in eine neue Großanlage, die zum Festpreis von 100 Mio. € erworben wird. Die auf der Anlage gefertigten Produkte werden in den nächsten 10 Jahren bis einschließlich 2016 Deckungsbeiträge von geschätzten 17,5 Mio. € pro Jahr erwirtschaften. En de 2016 ist die Anlage nach derzeitiger Planung zu entsorgen, wofür 5 Mio. € veranschlagt werden. Reliabel, d. h. verlässlich messbar, sind in 2007 zunächst nur die Anschaffungs kosten von 100 Mio. € sowie nachfolgend jeweils zum Jahresende die erwirt schafteten Deckungsbeiträge und in 2016 die anfallenden Entsorgungskosten. Ob und in welchem Umfang das Projekt tatsächlich erfolgreich war, steht damit erst in zehn Jahren fest, denn möglicherweise fallen die Deckungsbeiträge und die Entsorgungskosten geringer oder höher als ursprünglich veranschlagt aus. In 2016 ist diese Information über den Projekterfolgt aber vergangenheitsorien tiert und damit nicht mehr entscheidungsrelevant. Aus Perspektive der Ent scheider ist vielmehr der NettoKapitalwert (Net Present Value) der Investition bedeutsam, der im Jahr 2007 ermittelt wird und für die Durchführungsent scheidung maßgeblich ist. Dieser Kapitalwert liegt bei einem unterstellten Fi 27 nanzierungszinssatz von 10% bei 5,6 Mio. € und repräsentiert den Vermö gensvorteil, den das Unternehmen im Moment der Investition, d. h. zu Beginn des Jahres 2007, erwirtschaftet. Ein Rechnungslegungssystem, das u. a. aus Vorsichtsgesichtspunkten die Relia bilität in den Vordergrund stellt, wie beispielsweise das HGB, verlangt die Bilan zierung der Großanlage zu Anschaffungskosten von 100 Mio. €. Steht dagegen die Entscheidungsrelevanz im Vordergrund, wäre die Großanlage zum Fair Value (beizulegender Zeitwert), in diesem Beispiel dem Barwert der NettoCashflows, d. h. zu 105,6 Mio. €, in der Bilanz zu zeigen. Für bestimmte Vermögenswerte, wie z. B. für zur Veräußerung verfügbare Finanzinstrumente bzw. für Finanz vermögen im Handelsbestand, schreiben die IFRS eine solche FairValue Bilanzierung bereits verbindlich vor.
27
Dies lässt sich leicht nachrechnen, wenn Sie die Cashflows von 17,5 Mio. € über 10 Jahre hinweg bzw. die erwarteten Entsorgungskosten am Ende des 10. Jahres mit dem Zinssatz von 10 % diskontieren und den Wert dieser Zahlungsströme, der bei 105,6 Mio. € liegt, den Anschaffungskosten der Großanlage von 100 Mio. € gegenüberstellen.
56
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
B
Da das Relevanzkriterium auch für ökonomische Entscheidungsprozesse eine wichtige Rolle spielt, impliziert die Rechnungslegung nach IFRS eine sehr viel stärker betriebswirtschaftlich ausgerichtete Abbildung des Unternehmens bzw. der Geschäftsprozesse als das HGB. Dort steht traditionell vor allem die Bereitstellung reliabler, eher vorsichtig bewerteter Bestands- und Erfolgsgrößen im Vordergrund (im28 paritätisches Realisationsprinzip) , um einen Gläubigerschutz durch Ausschüttungsbegrenzung sicherzustellen. Dies ist wiederum innerhalb der IFRS kein Thema, denn dort wird die Regelung der Ausschüttungsbegrenzung den nationalen Gesetzgebern überlassen. In der Konsequenz ergeben sich gerade bei der Umstellung der Finanzberichterstattung von HGB auf IFRS tiefgreifende Unterschiede in der Bilanzierung bzw. Bewertung einzelner Jahresabschlusspositionen. Gleichzeitig ist die IFRS-Finanzberichterstattung besser als Datenbasis für das Controlinginstrumentarium geeignet als der HGB29 Abschluss. Dies wird auch durch Abbildung 10 verdeutlicht, die zentrale Merkmale des externen Reportings nach HGB und IFRS den internen Reportinganforderungen für Controllingzwecke gegenüberstellt. Auch wenn die IFRS diese Merkmale nicht deckungsgleich erfüllen, ist ein besserer „Fit“ zum Controlling als im Falle einer Bilanzierung nach HGB gegeben.
28
29
Vgl. hierzu vertiefend Baetge/Beermann, Die Bilanzierung von Vermögenswerten in der Bilanz nach International Accounting Standards und der dynamischen Bilanztheorie Schmalenbachs, in: BFuP, 1998, S. 154-168. Ähnlich IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006, S. 44.
57
IFRS Perspektive: Besserer „Fit“ zum Controlling als HGB
B
IFRSKnowhow für Controller
Externes Reporting nach HGB
Internes Reporting für Controllingzwecke
Externes Reporting nach IFRS
Gläubigerschutzorientiert
Steuerungsorientiert
Investororientiert
Vergangenheitsorientiert / Reliabilität
Zukunftsorientiert / Entscheidungs- und Steuerungsrelevanz
Zukunftsorientiert / Entscheidungsrelevanz
Imparitätisches Realisationsprinzip
Kalkulatorische und/oder wertorientierte Rechnung
Investitionstheoretisch fundierte Fair-ValueBilanzierung
Nationale Gesetzgebung
Individuelle Gestaltbarkeit
Supranationaler Standard
Abb. 10: Externes Reporting nach HGB und IFRS versus internes Reporting für Controllingzwecke Folgende Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze innerhalb der IFRS spielen für die betriebswirtschaftliche Perspektive dieser Rech30 nungslegungsstandards eine wichtige Rolle : Risk-and-Reward-Approach In den IFRS werden Bilanzierungs- und Ausweisfragen häufig über die Zuordnung von Chancen (reward) und Risiken (risk) zu den jeweils relevanten Sachverhalten gelöst, so z. B. innerhalb der Segmentabgrenzung nach dem bis 2008 noch geltenden IAS 14 oder bei der Identifikation von einem Finanzierungsleasing gemäß IAS 17 über die mit einem Leasinggegenstand verbundenen Chancen und Risiken. Dies entspricht der ökonomischen Betrachtungsweise der Entscheidungsfindung. Auch dort werden Handlungsalternativen auf der Basis der damit verbundenen Chancen und Risiken bewertet. Ist eine Handlungsalternative gewählt, muss der Entscheider dann auch die damit verbundenen Risiken tragen. Bilanzierung von Vermögenswerten Die IFRS verstehen unter Vermögenswerten verfügbare Ressourcen, aus denen dem Unternehmen zukünftig Nutzen zufließt. Dies findet sich sowohl in der Definition von Vermögenswerten (assets) im Rahmenkonzept wieder, aber auch in den Vorschriften selbst, so
• Wirtschaftliche Betrachtungs weise der Zuordnung von Chancen und Risiken
• Ökonomisch fundierter Vermögensbeg riff
30
Vgl. IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006, S. 28.
58
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
•
•
31
beispielsweise zur Aktivierung von Entwicklungskosten nach IAS 38. Auch die betriebswirtschaftliche Sichtweise des Vermögensbegriffs stellt beim Vermögensbegriff darauf ab, dass dem Eigentümer eines Vermögenswerts die damit verbundenen Rechte (property rights) zustehen, d. h. der Eigentümer kann den Vermögenswert nutzen oder veräußern und es steht ihm jeglicher wirtschaftlicher Erfolg als Residuum zu. Bewertung von Vermögen und Schulden zum Fair Value (beizulegender Zeitwert) Bestimmte Vermögenswerte und – allerdings unter sehr restriktiven Bedingungen - auch einzelne Schulden werden nicht zu Anschaffungskosten, sondern zum Fair Value bilanziert, der auch über den Anschaffungskosten liegen darf. Die Fair-Value-Bewertung spielt u. a. bei der Bewertung von Finanzinstrumenten gemäß IAS 39 oder von Renditeimmobilien gemäß IAS 40 eine Rolle, aber auch bei der Neubewertung (revaluation) von Sachanlagen und immateriellen Anlagevermögenswerten gemäß IAS 16 bzw. IAS 38 sowie bei der Ermittlung außerplanmäßigen Abschreibungsbedarfs (impairment test) für nicht-finanzielles Anlagevermögen (Sachund immaterielle Anlagen) und Goodwill gemäß IAS 36. Aus ökonomischer Sicht reflektieren Zeitwerte einen reellen oder idealisierten Marktwert, in dem sich das Wissen und die Erwartungen aller Marktteilnehmer bündeln. Unter der Annahme vollkommener und vollständiger Märkte sind sie der einzige „richtige“ Bewertungsansatz und reflektieren das Nutzen- bzw. Konsumpoten31 zial der damit verbundenen Basisgüter . Realisationsprinzip Das Realisationsprinzip regelt, wann das realwirtschaftliche Ergebnis eines Produktionsprozesses bzw. einer sonstigen Gütertransaktion im Abschluss gezeigt wird, d. h. wann ein Ertrag bzw. ein Gewinn ausgewiesen werden darf. Nach IFRS ist dies vielfach bereits der Fall, wenn das Ergebnis realisierbar ist bzw. wenn ein verifizierbarer Teilschritt zur Realisierung erreicht wurde. Dies ist innerhalb der IFRS beispielsweise bei der o. a. Fair-Value-Bewertung der Fall, aber auch bei der Umsatzrealisation gemäß IAS 18, die in Höhe des
Allerdings sind in der Praxis diese Annahmen häufig nicht gegeben. Vgl. ausführlich Kapitel B.2.2 zu dieser Problematik.
59
B
Zeitwerte unter bestimmten Annahmen als ökonomisch „richtiger“ Wertansatz
IFRS zeigen auch realisier bare Erträge
B
IFRSKnowhow für Controller
erwarteten Umsatzes erfolgt, auch wenn noch bestimmte Absatzrisiken bestehen. Auch aus betriebswirtschaftlicher Perspektive spielt in der Vorausschau immer der zum gegenwärtigen Zeitpunkt realisierbare Erfolg eine Rolle und nicht – wie im HGB – der tatsächlich wirtschaftlich realisierte Erfolg. Matching Principle Das Matching Principle, auch Grundsatz der Abgrenzung der Sache nach genannt, ergänzt das Realisationsprinzip. Nach IFRS sind Aufwendungen und Erträge zeitlich so zuzuordnen, dass der in den Aufwendungen abgebildete Ressourcenverzehr mit den aus der Leistungserstellung generierten Erträgen der betroffenen Berichtsperiode korrespondiert und umgekehrt. Dies verlangt die Abgrenzung von Vorleistungskosten, wie es bei Sachanlagen über Aktivierung und Abschreibung auch nach HGB der Fall ist, sich in den IFRS u. a. aber auch auf selbsterstelltes immaterielles Vermögen bezieht. Auch das Vorziehen von Erträgen im Rahmen der Teilgewinnrealisierung (percentage of completion method) sowie die derzeitigen Pläne zur Bilanzierung von Mehrkomponenten-Verträgen, 32 wie sie z. B. im Telekommunikationsbereich üblich sind , orientieren sich an dieser Sichtweise des Matching Principle. Das Matching Principle spiegelt das ökonomische Prinzip als fundamentalen Grundsatz wirtschaftlichen Handelns wider. Erfolg wird demnach dann erreicht, wenn Knappheitsprobleme beseitigt werden, d. h. wenn ein Überschuss des Outputs über die eingesetzten Ressourcen erzielt wird. Um dies zu ermitteln, müssen Ressourcenverzehr und Leistungserstellung in bewerteter Form gegenüber gestellt werden. Prinzip der Abgrenzung der betrieblichen Sphäre Innerhalb der IFRS ist es insbesondere im Rahmen der Erfolgsrechnung erforderlich, nicht planmäßige bzw. außerbetriebliche Vorgänge, die im Framework als gains bzw. losses bezeichnet werden, getrennt und häufig auch um Steuerwirkungen bereinigt (net of tax) von den planmäßigen betrieblichen Erfolgskomponenten income bzw. expenses auszuweisen. Zudem sind in den IFRS eine Reihe von Bewertungsvorgängen, die keinen Rückschluss auf die
• Matching Principle reflek tiert ökonomi sches Prinzip
•
32
Vgl. hierzu die Hinweise im Steckbrief zu IAS 18 (Erträge) im IFRS-Guide (Anhang G/ CD-ROM).
60
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
operative Leistungserstellung im Unternehmen zulassen, nicht Bestandteil des Jahresergebnisses (profit or loss for the period bzw. net income), sondern erfolgsneutrale Eigenkapitalveränderungen (other recognised income and expense bzw. other comprehensive income). Auch dieses Prinzip korrespondiert zur betriebswirtschaftlichen Sichtweise, wie sie für Controllingzwecke eingenommen werden muss, denn außerplanmäßige bzw. außerbetriebliche Vorgänge sind letztlich wenig oder gar nicht kontrollierbare Zufallsprozesse, die einen Rückschluss auf den zurechenbaren Managementerfolg (Controllability) oder aber auch die Prognose zukünftiger Erfolge erschweren können.
1.3
Achtung: Für mittelständische Unternehmen, die häufig in der Rechtsform der OHG oder KG geführt werden, aber auch für eingetragene Genossenschaften, wird dieser Effekt durch die Bilanzierungsvorschriften für Eigenkapital nach IAS 32 konterka riert. Nach IAS 32 müssen die mit einem gesetzlich nicht ausschließbaren Kündigungs recht verbundenen Anteile der Gesellschafter im Gegensatz zur HGBBilanz als Fremdkapital gezeigt werden. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass ein sol ches Unternehmen nach der IFRSUmstellung keinerlei Eigenkapital mehr be 33 sitzt . Aktuell hat das IASB einen Änderungsentwurf für die Überarbeitung von IAS 32 vorgelegt, der dieses Problem in Teilen, wenn auch nicht vollständig, beseitigt. 34 Die Diskussion hierzu ist jedoch noch nicht abgeschlossen .
34
Erfolgsspaltung sichert Control lability
Wichtige Unterschiede zwischen IFRS und HGBBilanz – ein Blick in die Zahlen
In der IFRS-Bilanz wird aufgrund der o. a. betriebswirtschaftlichen Perspektive das Vermögen typischerweise höher ausgewiesen, die Schulden dagegen häufig geringer als in der vergleichbaren HGBBilanz. Beide Effekte bleiben auch nach einer IFRS-Umstellung dauerhaft bestehen, sodass innerhalb der IFRS zumindest bei Kapitalgesellschaften ein höherer Eigenkapitalausweis verzeichnet wird als nach HGB.
33
B
Vgl. hierzu ausführlicher den Steckbrief IAS 32 im IFRS-Guide (Anhang G/CD-ROM) Vgl. weiterführend Baetge et al., Die Kapitalabgrenzung nach IFRS – Ein Vorschlag zur Modifizierung des IAS 32, in: DB, 2006, S. 2133-2138, sowie Karp, Geplante Ausweitung der Eigenkapitaldefinition in IAS 32, in: Accounting, 2006, Heft 9, S. 6-9.
61
Dauerhaft höherer Eigen kapitalausweis nach IFRS
B
IFRSKnowhow für Controller
Im Einzelnen beeinflussen vor allem folgende Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften den höheren Vermögens- bzw. Eigenkapitalausweis unter IFRS im Vergleich zum HGB (vgl. Abbildung 11):
Bildung von Rückstellungen für Pensionen und andere ungewisse Verpflichtungen
Umsatzrealisation / Teilgewinnrealisierung
Bewertung des Sachanlagevermögens
Realitätsnahes Reporting durch betriebswirtschaftliche Perspektive der IFRS
Fair-ValueBewertung (u.a. Finanzinstrumente, Renditeimmobilien)
Aktivierung von originärem immateriellen Anlagevermögen
Behandlung von Firmenwerten (Impairment-onlyApproach)
Abb. 11: Bedeutende Regelungsunterschiede zwischen IFRS und dem HGB Ansatz und Bewertungsun terschiede im Vermögen
•
•
•
•
62
Die fortgeführte Bewertung des Sachanlagevermögens erfolgt auf Basis der tatsächlichen ökonomischen Nutzungsdauer, nicht jedoch auf Basis einer kürzeren, steuerlich vorgeschriebenen Mindestnutzungsdauer. Zudem ist eine Neubewertung (revaluation) auf den Zeitwert möglich. Auch selbsterstelltes immaterielles Anlagevermögen einschließlich Entwicklungskosten ist unter bestimmten Bedingungen zu aktivieren und auf Basis der ökonomischen Nutzungsdauer abzuschreiben. Eine Neubewertung ist ebenfalls möglich. Goodwill aus Unternehmensakquisitionen wird nicht mehr planmäßig, sondern auf der Basis mindestens jährlich durchzuführender Werthaltigkeitstests allenfalls außerplanmäßig abgeschrieben. Finanzvermögen wird weitgehend zu Fair Values bewertet, die auch über den ursprünglichen Anschaffungskosten liegen können.
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
•
•
•
•
Dies gilt auch für Finanzderivate, die den Charakter schwebender Geschäfte besitzen (Optionen, Termingeschäfte u. Ä.). Langfristige Fertigungsaufträge werden nicht zu Herstellungskosten bewertet. Stattdessen sind bereits in der Herstellungsphase anteilig Umsatz und Gewinn in Abhängigkeit des Fertigungsfortschritts zu realisieren (Teilgewinnrealisierung). Die in der IFRS-Bilanz ausgewiesenen Schulden können grundsätzlich größer oder kleiner sein als die korrespondierenden Positionen der HGB-Bilanz; allerdings ist der Umfang der ansatzfähigen Schulden nach IFRS kleiner als nach HGB, denn es dürfen dort keine Aufwandsrückstellungen gebildet werden. Eine Ausnahme stellen lediglich Restrukturierungsrückstellungen dar – allerdings müssen für den Ansatz u. a. die Restrukturierungspläne bereits öffentlich gemacht worden sein. Eine besondere Rolle spielen Effekte aus der veränderten Bewertung von Pensionsrückstellungen. Hier müssen nach IFRS Gehalts- und Rententrends berücksichtigt sowie der Kapitalmarkt35 zins zur Abzinsung verwendet werden. In Konsequenz sind die Pensionsrückstellungen nach IFRS in vielen Fällen höher auszuweisen als nach HGB. Andere Rückstellungen gegenüber Dritten sind dagegen in der IFRS-Bilanz zu geringeren Werten zu passivieren, da gemäß IFRS der wahrscheinlichste statt eines vorsichtig geschätzten Werts zu passivieren ist.
Ein empirischer Blick in die Umstellungsbilanzen deutscher Unter36 nehmen in den letzten Jahren bestätigt diese Ausführungen .
35
36
Unter HGB wird für die Abzinsung der Pensionsrückstellungen typischerweise ein Zinssatz zwischen 3 % und 6 % gewählt, wobei 6 % nach § 6a Abs. 3 EStG für die steuerliche Wertobergrenze der Pensionsrückstellungen zu verwenden ist (vgl. z. B. Ellrott/Riehl, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl., 2006, § 249, Rz. 198-201). Je nachdem, ob der Kapitalmarktzins über oder unter dem handelsrechtlich gewählten Zinssatz liegt, führen dieser Zinseffekt unter Abstraktion von Gehalts- und Rententrends zur höheren (Kapitalmarktzins niedriger) bzw. niedrigeren (Kapitalmarktzins höher) Bewertung der bestehenden Pensionsverpflichtungen. Für die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen gilt naturgemäß, dass sie umso höher sind, je höher der für die Abzinsung verwendete Zinssatz angesetzt wird. Vgl. Weißenberger/Haas, Neuausrichtung der Interpretationsfunktion des Controllings, in: ZfCM-Sonderheft 2/2004, S. 54-62.
63
B
Ansatz und Bewertungsun terschiede in den Schulden
B
IFRSKnowhow für Controller
Im Folgenden werden exemplarisch 21 Konzernabschlüsse und 17 Eigenkapital-Überleitungsrechnungen aus den Jahren 1996 bis 2001 37 aggregiert betrachtet . Abbildung 12 zeigt zunächst die Veränderungen einzelner Bilanzpositionen durch die IFRS-Umstellung im Konzernabschluss in einer Ge38 samtschau auf Basis von Mittelwerten . Bilanzpositionen (absolute Angaben in Mio. €)
HGB absolut
IFRS absolut
Veränderung absolut
HGB relativ
IRFS relativ
zu HGB-Bilanzsumme
Veränderung relativ
Aktiva 620,6
945,7
325,0
5,0%
7,6%
Sachanlagen
Immaterielles Vermögen
3.132,7
3.740,1
607,4
25,3%
30,2%
4,9%
Finanzanlagen
1.061,6
991,7
-69,8
8,6%
8,0%
-0,6% 0,2%
Vermietete Gegenstände
2,6%
602,9
631,4
28,5
4,9%
5,1%
5.417,8
6.308,9
891,1
43,8%
51,0%
7,2%
11,1
0,0
-11,1
0,1%
0,0%
-0,1%
Vorräte
1.435,6
1.601,0
165,4
11,6%
12,9%
1,3%
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
1.159,5
1.257,3
97,8
9,4%
10,2%
0,8%
Übrige Forderungen und Umlaufvermögen
2.836,0
3.303,8
467,8
22,9%
26,7%
3,8%
Wertpapiere und flüssige Mittel
1.409,6
1.459,2
49,6
11,4%
11,8%
0,4%
Umlaufvermögen
6.840,8
7.621,4
780,6
55,3%
61,6%
6,3%
Aktive latente Steuern
34,3
429,8
395,5
0,3%
3,5%
3,2%
RAP
70,1
60,3
-9,9
0,6%
0,5%
-0,1%
12.374,1
14.420,3
2.046,2
100,0%
116,5%
16,5%
Eigenkapital ohne Rücklagen
746,1
894,7
148,6
6,0%
7,2%
1,2%
Kapitalrücklagen
895,6
917,3
21,7
7,2%
7,4%
0,2%
Gewinnrücklagen
789,4
1.575,4
786,1
6,4%
12,7%
6,4%
2.431,0
3.387,4
956,4
19,6%
27,4%
7,7%
155,5
0,0
-155,5
1,3%
0,0%
-1,3%
Anlagevermögen Sonderposten
Bilanzsumme Passiva
Gesamteigenkapital Sonderposten mit Rücklageanteil Pensionsrückstellungen
1.401,9
1.714,7
312,8
11,3%
13,9%
2,5%
Übrige Rückstellungen
2.620,8
2.234,7
-386,1
21,2%
18,1%
-3,1% 20,2%
Finanzschulden
1.532,3
4.033,9
2.501,6
12,4%
32,6%
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
1.258,1
1.416,9
158,8
10,2%
11,5%
1,3%
Übrige Verbindlichkeiten
2.773,4
1.158,5
-1.615,0
22,4%
9,4%
-13,1% 2,1%
Passive latente Steuern RAP Bilanzsumme
20,2
276,3
256,2
0,2%
2,2%
180,7
197,9
17,2
1,5%
1,6%
0,1%
12.374,1
14.420,3
2.046,2
100,0%
116,5%
16,5%
Abb. 12: Veränderung von Konzernbilanzpositionen aufgrund einer IFRS-Umstellung
37
38
Die Divergenz zwischen der Anzahl der betrachteten Konzernabschlüsse und der Überleitungsrechnungen ergibt sich daraus, dass von vier der untersuchten Unternehmen, nämlich HOCHTIEF, RWE, SGL Carbon und Wella, keine Eigenkapitalüberleitungsrechnungen erstellt wurden. Um Größeneffekte zu eliminieren, werden dabei die relativen Bilanzwerte nach IFRS und HGB in Bezug zur durchschnittlichen HGB-Bilanzsumme gesetzt.
64
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
Die Auswertung in Abbildung 12 zeigt, dass der Mittelwert der Bilanzsumme der untersuchten Unternehmen allein durch die Rechnungslegungsumstellung von HGB auf IFRS absolut um 2.046,2 Mio. € bzw. relativ um 16,5 % gestiegen ist.
B Bilanzsumme steigt durch schnittlich um 16,5 %
Dabei betragen vermögensseitig die absoluten Veränderungen des Anlagevermögens 891,1 Mio. € (relativ 7,2 %) und die Veränderungen des Umlaufvermögens 780,6 Mio. € (relativ 6,3 %). Innerhalb des Anlagevermögens erhöhten sich im Mittel insbesondere das immaterielle Vermögen um 325,0 Mio. € (relativ um 2,6 %) sowie die Sachanlagen um 607,4 Mio. € (relativ um 4,9 %). Das Sachanlagevermögen stellt dabei mit einem durchschnittlichen Anteil von 25,3 % an der HGB-Bilanzsumme sowie 25,9 % an der IFRS-Bilanzsumme den höchsten aktivischen Bilanzposten dar.
Veränderungen auf der Aktiv seite
Bei der Untersuchung des Umlaufvermögens steht die Position „Übrige Forderungen und Umlaufvermögen“, die Forderungen aus Finanzdienstleistungen und Vermögensgegenstände aus Absatzfinanzierung beinhaltet, im Vordergrund. Sie zeigt mit einem Wachstum um durchschnittlich 467,8 Mio. € (relativ um 3,8 %) die größte Veränderung durch die Rechnungslegungsumstellung. Weiterhin lässt sich aufgrund der Umstellung der Rechnungslegung eine Veränderung der aktiven latenten Steuern erkennen. Diese steigen im Durchschnitt um 395,5 Mio. € (relativ um 3,2 %) an, was vor allem auf die fehlende Maßgeblichkeit der IFRS-Bilanz für die Besteuerung zurückzuführen ist, aber auch der in Deutschland bisher übliche Verzicht auf das nach HGB bestehende Aktivierungswahlrecht latenter Steuern. Auf der Passivseite der Bilanz erhöhen sich das Eigenkapital um 956,4 Mio. € (relativ um 7,7 %) und die Verbindlichkeiten um 1.045,4 Mio. € (relativ um 8,4 %). Der Mittelwert der Pensionsrückstellungen steigt ebenfalls, wenn auch in geringerem Umfang, um 312,8 Mio. € (relativ um 2,5 %). Im Zuge der Eliminierung von Aufwandsrückstellungen, die nur im Rahmen der Bilanzierung nach HGB zulässig sind, sinken mit der Rechnungslegungsumstellung die übrigen Rückstellungen um 386,1 Mio. € (relativ um -3,1 %). Innerhalb der Verbindlichkeiten erhöhen sich insbesondere die Finanzschulden um 2.501,6 Mio. € (relativ um 20,2%), die übrigen Ver-
65
Veränderungen auf der Passiv seite
B
IFRSKnowhow für Controller
bindlichkeiten sinken um 1.615,0 Mio. € (relativ um 13,1 %); dies ist z. T. auf nach IFRS erforderliche Umklassifizierungen zurückzuführen. Detailanalyse der Eigenkapi talÜberleitung
Größter Vermö genseffekt durch Bewer tung der Sach anlagen
Inwieweit tatsächlich abweichende Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften für diese Veränderung maßgeblich sind bzw. welche Effekte sich aus Konsolidierungskreisänderungen insbesondere auf die Höhe des Eigenkapitals ergeben, zeigt die Analyse der Veränderungen in den einzelnen Positionen der Eigenkapital-Überleitungsrechnungen der untersuchten Unternehmen (vgl. Abbildung 13). Hierbei werden positive Positionen (Effekte, die zu einer Erhöhung des Eigenkapitals führen) und negative Positionen (Effekte, aus denen eine Reduktion des Eigenkapitals resultiert) getrennt dargestellt. In der Analyse werden zu jeder Position die Unternehmenswerte in Relation zum jeweiligen Eigenkapital nach HGB gesetzt sowie abschließend ein Mittelwert über diese Anteilswerte gebildet. Innerhalb der positiven Positionen ist die größte Veränderung bei der Bewertung der Sachanlagen festzustellen. Durch die Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS steigt der Wert der Sachanlagen in Relation zum Eigenkapital nach HGB um durchschnittlich 21,7 %. Weitere starke Zuwächse ergeben sich durch die Eliminierung von Sonderposten, z. B. aus steuerlichen Abschreibungen mit durchschnittlich 6,6 %, aus der Aktivierung latenter Steuern mit im Schnitt 5,4 % sowie aus der Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände mit im Schnitt 5,2 % des HGB-Eigenkapitals.
Erhöhung der Schulden durch Pensionsrück stellungen
Bei der Betrachtung der negativen Positionen, d. h. der Effekte, die eine Eigenkapitalminderung induzieren, ist eine Erhöhung der Pensionsrückstellungen um durchschnittlich 8,7 % des jeweiligen Eigenkapitalwerts nach HGB hervorzuheben. Darüber hinaus müssen zusätzlich passive latente Steuern in Höhe von durchschnittlich 7,6 % des Eigenkapitals nach HGB gebildet werden.
Untergeordnete Bedeutung von Konsolidie rungskreisände rungen
Schließlich zeigt sich, dass die Veränderungen im Konsolidierungskreis nur eine untergeordnete Bedeutung besitzen: Sowohl bei einer resultierenden Eigenkapitalerhöhung (positive Positionen) als auch bei einer resultierenden Eigenkapitalsenkung (negative Positionen) liegt ihr Volumen bei durchschnittlich 0,3 % bzw. 2,5 % des jeweiligen HGB-Eigenkapitalwerts.
66
1,5%
Sonstige Veränderungen
-0,2% -0,2% -0,1% -0,5%
Absatzfinanzierung
Bewertung Sachanlagen
Sonstige Veränderungen
Immobilienbewertung -0,2%
-1,4% -0,4%
Marktbewertung Finanzinstrumente
Sonstige Rückstellungen
-1,6%
Goodwill
Ingangssetzungsaufwendungen
-2,5% -1,7%
Änderung des Konsolidierungskreises Leasing -0,2%
-4,8% -4,7%
-8,7% -7,6%
Pensionsrückstellungen
1,7%
Latente Steuern
Negative Positionen
0,5% 0,3%
-4,7%
0,2%
-2,0%
-13,7%
-6,5%
0,2%
0,7%
Marktbewertung Finanzinstrumente
Konsolidierungskreisänderungen
9,1%
1,6%
Leasing
Wertberichtigung Forderungen
20,0%
2,1% 2,0%
6,7%
Teilgewinnreallisierung 17,5%
5,1%
Goodwill
7,3%
20,6%
5,0% 3,9%
Sonstige Rückstellungen
Vorratsbewertung
40,6%
8,1%
5,2%
Immaterielles Vermögen
2,7%
35,5%
5,4%
11,2%
BMW
Latente Steuern
11,9%
Bilfinger Berger
6,6%
21,7%
Beiersdorf
Sonderposten
Bewertung Sachanlagen
Positive Positionen
Durchschnitt
-0,9%
0,9%
7,0%
3,2%
7,8%
3,7%
-21,9%
6,6%
3,5%
6,3%
14,1%
13,7%
42,0%
14,8%
13,7%
Heidelberger Henkel Druck
-19,9%
7,5%
0,6%
12,3%
33,6%
Karstadt Quelle
-3,3%
-26,7%
-4,8% -12,8%
0,8%
2,4%
8,3%
5,4%
1,5%
4,7%
Hugo Boss
4,6%
4,6%
3,3%
5,3%
Lufthansa
1,1%
0,5%
9,6%
7,3%
MAN
8,6%
5,5%
58,5%
Metro
4,9%
2,7%
11,4%
2,7%
7,2%
1,3%
6,5%
42,3%
Rheinmetall
-2,8% -0,1%
-0,2%
-2,4%
-2,9%
-26,5%
-2,9%
-6,3%
-13,6%
-5,2% -14,6% -13,2% -11,4% -21,0%
2,4%
2,6%
0,3%
2,5%
2,1%
Linde
-21,1%
3,0%
0,2%
0,2%
3,7%
1,4%
7,2%
25,3%
55,6%
Salzgitter
0,8%
20,3%
11,8%
84,9%
Südzucker
-1,4%
-0,5%
-0,1%
-4,0%
-24,8% -28,8% -37,0%
5,6%
11,2%
57,1%
8,7%
Rhönklinikum
0,0%
-13,5%
-20,4%
1,2%
2,5%
3,8%
10,6%
TUI
-2,8%
-7,3%
-9,4%
-5,3%
5,3%
21,6%
5,5%
VW
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
Abb. 13: Analyse der Eigenkapital-Überleitungsrechnungen
67
B
B
IFRSKnowhow für Controller
Tipp Wenn Sie vor der IFRSUmstellung stehen, konzentrieren Sie sich zur Abschät zung der Umstellungseffekte auf die Abschlusspositionen, in denen auf Basis des Geschäftsmodells die größten Änderungen zu erwarten sind. • Im Anlagevermögen entstehen Umstellungseffekte vor allem aus der i. d. R. längeren Abschreibungsfrist von Sachanlagen, die zu bewerten sind, als wä ren sie schon immer nach der unter IFRS geforderten wirtschaftlichen Nut zungsdauer abgeschrieben worden, sowie aus der erweiterten Bilanzierung selbsterstellter immaterieller Anlagen und Entwicklungskosten. • Wenn Sie unter HGB Finanzierungsvorgänge „offbalancesheet“ gestalten, d. h. z. B. über die formale Gestaltung als OperatingLeasing nicht in der Bilanz abbilden, können sich hier ebenfalls Umstellungseffekte ergeben, wenn der entsprechende Vertrag unter IFRS als Finanzierungsleasing einge ordnet wird. • Im Umlaufvermögen sind Umstellungseffekte nur dann von Bedeutung, wenn Sie umfangreiche Langfristfertigung besitzen (nach IAS 11 Teilge winnrealisierung erforderlich) bzw. ihre Vorräte zu Einzelkosten bewertet haben (nach IAS 2 Ansatz der Herstellkosten / produktionsorientierter Voll kostenansatz erforderlich). • Sofern Sie nur wenig Finanzvermögen besitzen und auch keine breiten Ab sicherungsstrategien mit Finanzderivaten betreiben, spielen Effekte aus den komplexen Standards IAS 32 / 39 voraussichtlich kaum eine Rolle. • Auf der Passivseite finden sich Umstellungseffekte vor allem bei der Rück stellungsbewertung (Pensionsrückstellungen, Eliminierung von Aufwands rückstellungen). • Nicht zu unterschätzen sind die Effekte aus aktiven und passiven Steuerla tenzen, die auf Konzernebene auch in den Steuerungskennzahlen berück sichtigt werden.
1.4
Bestandteile und Frequenz von IFRS Abschlüssen
Betrachtet man die Bestandteile des IFRS-Abschlusses, so weisen diese im Vergleich zu den HGB-Vorschriften für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen zusätzliche Elemente zu den Kernbestandteilen Bilanz, GuV und Anhang auf. Dies ist aus Controllerperspektive insoweit bedeutsam, als dass durch die zusätzlichen Abschlusselemente zum einen die Bereitstellung interner Informationen im Sinne des Management Approach erforderlich wird und zum anderen diese Abschlusselemente auch für Controllingzwecke verwendet werden können. Dies betrifft insbesondere die Segmentberichterstattung, die im Rahmen der integrierten Rechnungslegung die zentrale Schnittstelle zur Bereichssteuerung darstellt.
68
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
B
Im Einzelnen umfassen diese zusätzlichen Elemente vor allem: die Kapitalflussrechnung (cashflow statement gemäß IAS 7), die die Veränderung des Zahlungsmittelbestands (cash and cash equivalents) im Laufe des Geschäftsjahres beschreibt, die Eigenkapitalveränderungsrechnung (statement of changes in equity gemäß IAS 1), der die Veränderung des Eigenkapitals z. B. durch Kapitaltransaktionen mit den Eigentümern oder durch bestimmte erfolgsneutrale Buchungen darstellt, die Segmentberichterstattung (segment reporting gemäß IAS 14 bzw. ab 2009 gemäß IFRS 8), die Unternehmensaktivitäten disaggregiert zeigt, da sich Vermögen und Erfolg in den einzelnen Segmenten sehr unterschiedlich entwickeln können und diese Informationen für Kapitalanleger hilfreich sind, und die Angaben zu nahe stehenden Unternehmen und Personen (related party statement, IAS 24), in denen Geschäfte des Unternehmens mit solchen Transaktionspartnern aufgezeigt werden, die zum Beispiel mit dem Management des Unternehmens persönlich oder wirtschaftlich verflochten sind. Gibt zum Beispiel der Vorstand einer Aktiengesellschaft einen Beratungsauftrag an seine Ehefrau, so ist darüber nach IAS 24 zu berichten, da aus diesem Vertrag möglicherweise Nachteile für das Unternehmen, zum Beispiel aus überhöhten Honorarvereinbarungen, entstehen könnten.
Zusätzliche Elemente im IFRSAbschluss
Die Frequenz der Berichtsperioden für den IFRS-Abschluss legen die IFRS nicht fest, sondern überlassen dies den nationalen Gesetzgebern bzw. Börsen. Praktisch muss von kapitalmarktorientierten Unternehmen, d. h. Unternehmen, die eine Börse durch die Aufnahme von Eigen- oder Fremdkapital in Anspruch nehmen, neben dem Jahresabschluss in der Regel auch ein halbjährlicher oder quartalsweiser Zwischenabschluss erstellt werden. In Deutschland wird in § 40 BörsG von allen börsennotierten Gesellschaften mindestens ein Halbjahresbericht gefordert; von im DAX gelisteten Unternehmen verlangt die Deutsche Börse einen Quartalsabschluss.
Regelungen zur Zwischenbe richterstattung
•
•
•
•
Wird ein Zwischenabschluss erstellt, unterliegt dieser vollständig den Regelungen des IAS 34. Dort wird eine – jeweils zusammengefasste – Bilanz, GuV, Kapitalflussrechnung und eine Eigenkapitalveränderungsrechnung verlangt. Zudem muss der Zwischenabschluss ausge-
69
B
IFRSKnowhow für Controller
wählte Anhangangaben sowie Vergleichszahlen zu den jeweiligen Vor39 perioden enthalten . Achtung: Zwischenabschlüsse sind bisher nicht prüfungspflichtig. Nach dem Entwurf zum TransparenzrichtlinieUmsetzungsGesetz (TUG), der spätestens in 2007 verab schiedet werden soll, unterliegen die nach EURecht zwingend geforderten Halb jahresberichte zwingend einer prüferischen Durchsicht. Für das 1. und 3. Quartal werden lediglich Zwischenmitteilungen vorgeschrieben, die aber einen geringeren Umfang haben als Finanzberichte und damit wohl auch nicht den Vorschriften des IAS 34 unterliegen. Allerdings kann ein Unternehmen freiwillig diese Zwischenmitteilungen durch umfangreichere Quartalsabschlüsse, die dann nach IAS 34 aufzustellen sind, er setzen.
In der Unternehmenspraxis führt insbesondere die Erstellung von Quartalsberichten zu erheblichem Aufwand, da selbst bei einer zusammengefassten Publikation faktisch doch ein vollständiger Konzernabschluss erstellt werden muss. In den meisten Fällen ist es deshalb unerlässlich, den Prozess Abschlusserstellung sowohl zeitlich als auch ressourcenbezogen zu optimieren. Für den Controllerbereich bedeutet dies: Zwischenbe richterstattung auch Thema für Controller
Die für die IFRS-Finanzberichterstattung relevanten Controllinginformationen müssen ganzjährig zeitnah zur Verfügung gestellt werden können. Dies kann ggf. auch eine Beschleunigung und damit verbunden eine Verschlankung von Controllingroutinen erfordern, so beispielsweise im Bereich der Planung. Dies kommt Forderungen nach Entfeinerung der Planungssysteme, z. B. im Sinne von 40 Better Budgeting , entgegen. Eine unterjährige Verbuchung der Geschäftsvorfälle auf HGB-Basis und die abschließende Überleitung auf den IFRS-Konzernabschluss ist gar nicht mehr möglich, da insbesondere Quartalsabschlüsse dann nicht mehr zeitgerecht erstellt werden können. Sobald die IFRS aber als führender Verbuchungsstandard (leading GAAP) im Unternehmen etabliert sind, stehen auch für Controllingzwecke im
•
•
39
40
Vgl. ausführlich zu diesen Anforderungen Leibfried, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 37. Vgl. hierzu Weber/Linder, Budgeting, Better Budgeting oder Beyond Budgeting? Advanced Controlling Band 33, 2003, oder Pfläging, Beyond Budgeting, Better Budgeting, 2004.
70
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
Rahmen einer integrierten Rechnungslegung die erforderlichen Vordaten zeitnah zur Verfügung. Tipp Die Einführung der IFRS als Buchungsstandard (leading GAAP) ist auch zwingende Voraussetzung für eine integrierte Rechnungslegung auf IFRSBasis im Control ling. Dies erleichtert weiterhin das Controlling internationaler Beteiligungen, da diese IFRSDaten häufig schneller liefern können als erst in HGB bzw. kalkulatorische Kostenformate übersetzte Kenngrößen. Fehlentwicklungen können so schneller erkannt und beseitigt werden.
1.5
Aktuell geltende IFRS: Übersicht
Die Rechnungslegungsstandards des IASB, die unter dem Sammelbegriff IFRS zusammengefasst werden, sind unterteilt in die eigentlichen 41 Standards sowie in Interpretationen . Aktuell geltende IAS bzw. IFRS • IAS 1 (Darstellung des Abschlusses / Presentation of Financial Statements) • IAS 2 (Vorräte / Inventories) • IAS 7 (Kapitalflussrechnung / Cash Flow Statements) • IAS 8 (Bilanzierungs und Bewertungsmethoden, Änderungen von Schät zungen und Fehler / Accounting Policies, Changes in Accounting Estimates and Errors) • IAS 10 (Ereignisse nach dem Bilanzstichtag / Events after the Balance Sheet Date) • IAS 11 (Langfristfertigung / Construction Contracts) • IAS 12 (Ertragsteuern / Income Taxes) • IAS 14 (Segmentberichterstattung / Segment Reporting) • IAS 16 (Sachanlagen / Property, Plant and Equipment) • IAS 17 (Leasingverhältnisse / Leases) • IAS 18 (Erträge / Revenue) • IAS 19 (Leistungen an Arbeitnehmer / Employee Benefits) • IAS 20 (Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand / Accounting for Government Grants and Disclosure of Government Assistance) • IAS 21 (Auswirkungen von Änderungen des Wechselkurses / The Effect of Changes in Foreign Exchange Rates) 41
Zum Stand der Drucklegung (1.1.2007) haben alle derzeit geltenden IFRS – mit Ausnahme von IFRS 8 sowie den IFRIC 10 bis 12 – das Komitologie-Verfahren (vgl. B 3.3) durchlaufen und sind damit Bestandteil des europäischen Rechts geworden.
71
B
B
IFRSKnowhow für Controller
• IAS 23 (Fremdkapitalkosten / Borrowing Costs) • IAS 24 (Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen / Related Party Disclosures) • IAS 26 (Bilanzierung und Berichterstattung von Altersvorsorgeplänen / Ac counting and Reporting by Retirement Benefit Plans) • IAS 27 (Konzernabschluss, Tochterunternehmen im Einzelabschluss / Conso lidated Financial Statements and Accounting for Investments in Subsidiar ies) • IAS 28 (Anteile assoziierter Unternehmen / Accounting for Investments in Associates) • IAS 29 (Rechnungslegung in Hochinflationsländern / Financial Reporting in Hyperinflationary Economies) • IAS 31 (Anteile an Joint Ventures / Financial Reporting of Interests in Joint Ventures) • IAS 32 (Finanzinstrumente: Darstellung / Financial Instruments: Disclosure and Presentation) • IAS 33 (Ergebnis je Aktie / Earnings per Share) • IAS 34 (Zwischenberichterstattung / Interim Financial Reporting) • IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten / Impairment of Assets) • IAS 37 (Rückstellungen, Eventualschulden und forderungen / Provisions, Contingent Liabilities and Contingent Assets) • IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte / Intangible Assets) • IAS 39 (Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung / Financial Instruments: Recognition and Measurement) • IAS 40 (Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien / Investment Property) • IAS 41 (Landwirtschaft / Agriculture) • IFRS 1 (Erstmalige Anwendung der IFRS / Firsttime Adoption of Internatio nal Financial Reporting Standard) • IFRS 2 (Anteilsbasierte Vergütung / ShareBased Payments) • IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse / Business Combinations) • IFRS 4 (Versicherungsverträge / Insurance Contracts) • IFRS 5 (Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufge gebene Geschäftsbereiche / Noncurrent Assets Held for Sale and Disconti nued Operations) • IFRS 6 (Exploration und Evaluierung von mineralischen Ressourcen / Exploi tation for and Evaluation of Mineral Resources) • IFRS 7 (Finanzinstrumente: Angaben / Financial Instruments: Disclosures) • IFRS 8 (Segmentberichterstattung / Operating Segments) • Verlautbarun gen des IASB
72
Die Standards im engeren Sinn werden als IAS (Standards bis 2000) und IFRS (Standards ab 2001) bezeichnet. Im Gegensatz zu dem systematischen Aufbau des HGB sind die IAS bzw. IFRS nach ih-
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
rem Inkrafttreten durchnummeriert, wobei die Reihenfolge letztlich die Ordnung der Rechnungslegungsprobleme reflektiert, die das IASB im Zeitablauf als relevant betrachtet hat. •
Neben IAS und IFRS sind auch Interpretationen, d. h. SIC (bis 2000) und IFRIC (ab 2001), zu beachten. Interpretationen besitzen dieselbe Bindungskraft wie die Standards, es handelt sich hier aber vor allem um fallbezogene Auslegungsregeln, die die bestehenden Standards ergänzen. Aktuell geltende IFRIC bzw. SIC • IFRIC 1 (Änderungen bestehender Rückstellungen für Entsorgungs, Wie derherstellungs und ähnliche Verpflichtungen / Changes in Existing Deco missioning, Restoration and Similar Liabilities) • IFRIC 2 (Geschäftsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente / Member’s Shares in Cooperative Entities and Similar Instruments) • IFRIC 4 (Beurteilung, ob eine Vereinbarung ein Leasingverhältnis enthält / Determining whether an Arrangement contains a Lease) • IFRIC 5 (Rechte auf Anteile an Fonds für Entsorgung, Wiederherstellung und Umweltsanierung / Rights to Interests arising from Decomissioning, Resto ration and Environmental Rehabilitation Funds) • IFRIC 6 (Rückstellungspflichten aus der Teilnahme an bestimmten Märkten Elektro und ElektronikAltgeräte / Liabilities arising from Participating in a Specific Market – Waste Electrical and Electronic Equipment) • IFRIC 7 (Anwendung des RestatementAnsatzes nach IAS 29 Rechnungsle gung in Hochinflationsländern / Applying the Restatemen tApproach under IAS 29 Financial Reporting in Hyperinflationary Economies) • IFRIC 8 (Anwendungsbereich von IFRS 2 / Sccope of IFRS 2) • IFRIC 9 (Neubeurteilung eingebetteter Derivate / Reassessment of Embedded Derivatives) • IFRIC 10 (Zwischenberichterstattung und Wertminderung / Interim Financial Reporting and Impairment) • IFRIC 11 (IFRS 2: Geschäfte mit eigenen Aktien und Aktien von Konzernun ternehmen / IFRS 2: Group and Treasury Share Transactions) • IFRIC 12 (Dienstleistungsvereinbarungen mit der öffentlichen Hand / Service Concession Agreements) • SIC7 (Introduction of the Euro / Einführung des Euro) • SIC10 (Beihilfen der öffentlichen Hand Kein spezifischer Zusammenhang mit betrieblichen Tätigkeiten/Government Assistance – No Specific Relation to Operating Activities) • SIC12 (Konsolidierung – Zweckgesellschaften/Consolidation – Special Pur pose Entities) • SIC13 (Gemeinschaftlich geführte Einheiten Nichtmonetäre Einlagen
73
B
B
IFRSKnowhow für Controller
• • • • • • •
durch Partnerunternehmen/Jointly Controlled Entities – NonMonetary Contributions by Venturers) SIC21 (Ertragsteuern Realisierung von neubewerteten, nicht planmäßig abzuschreibenden Vermögenswerten/Income Taxes – Recovery of Revalued NonDepreciable Assets) SIC25 (Ertragsteuern – Änderungen im Steuerstatus eines Unternehmens und seiner Anteilseigner/Income Taxes – Changes in the Tax Status of an Enterprise or its Shareholders) SIC27 (Beurteilung des wirtschaftlichen Gehalts von Transaktionen in der rechtlichen Form von Leasingverhältnissen/Evaluating the Substance of Transactions in the Legal Form of a Lease) SIC29 (Angaben Dienstleistungslizenzen/Disclosure – Service Concession Arrangements) SIC31 (Erträge Tausch von Werbeleistungen/Revenue – Barter Transacti ons Involving Advertising Services) SIC32 (Immaterielle Vermögenswerte – Websitekosten/Intangible Assets – Website Costs)
Zusätzlich zu den Standards und Interpretationen sind das Rahmenkonzept und das Vorwort zu den IFRS wichtige Verlautbarungen des IASB, die aber nicht zu den IFRS selbst gehören.
Abbildung 14 zeigt die Hierachie der Verlautbarungen des IASB.
wachsender Konkretisierungsgrad
Interpretations zu einzelnen IAS/IFRS (SIC bzw. neu IFRIC)
IAS bzw. neu IFRS Regelung einzelner Rechnungslegungsprobleme (Ansatz, Bewertung, Ausweis, Erläuterung von Posten der Rechnungslegung)
Framework of the Preparation and Presentation of Financial Statements Grundkonzeption der Rechnungslegung nach IFRS (Übergreifende Überlegungen zu Zweck und Grundanforderungen der Rechnungslegung, Definition der Gegenstände der Rechnungslegung)
Abb. 14: Hierarchie der Verlautbarungen des IASB
74
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
Wichtig ist dabei folgender Aspekt: Keine Regelung in einem IAS bzw. IFRS sowie den zugehörigen Interpretationen kann durch das Rahmenkonzept außer Kraft gesetzt wer42 den . Abbildung 15 ordnet die geltenden IAS und IFRS in eine erste Systematik analog zum deutschen Handelsrecht ein. 1. Grundlagen der Rechnungslegung
5. Ergebnisrechnung
Rahmenkonzept
F, IAS 1, 8
Darstellung des Abschlusses
IAS 1
Kapitalflussrechnung Ereignisse nach dem Bilanzstichtag Anhang
IAS 1
Erstmalige Anwendung
IFRS 1
Stetigkeitsgebot, Änderung Bilanzierungsmethoden und Schätzungen, Bilanzberichtigung
IAS 1, 8
IAS 7
Erlöse
IAS 11, 18
IAS 10
Steuern vom Einkommen
IAS 12
2. Bewertungsmethoden Anschaffungs-, Herstellungskosten, Neubewertung
IAS 2, 16, 38
Finanzierung der Anschaffung oder Herstellung
IAS 23
Planmäßige Abschreibungen
IAS 16, 38
Außerplanmäßige Abschreibungen, Wertaufholung
IAS 36
Öffentliche Zuschüsse
IAS 20
6. Übergreifende Fragen Währungsumrechnung, Hyperinflation
IAS 21, 29
Finanzinstrumente
IAS 32, 39, IFRS 7
Zu veräußerndes Anlagevermögen und aufgegebene Bereiche
IFRS 5, IAS 35
Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen
IAS 24
7. Konzernabschluss Unternehmenszusammenschlüsse
IFRS 3, IAS 22, 27 IFRS 3, IAS 27
3. Bilanzierung der Aktiva Immaterielle Vermögenswerte
IAS 38
Konzernabschluss, Tochterunternehmen im Einzelabschluss
Sachanlagen
IAS 16
Anteile an assoziierten Unternehmen
IAS 28
Leasing
IAS 17
Anteile an Joint Ventures
IAS 31
Als Finanzinvestitionen gehaltene Immobilien
IAS 40
Vorräte
IAS 2
8. Sondervorschriften für börsennotierte Unternehmen
Fertigungsaufträge
IAS 11
Ergebnis je Aktie
IAS 33
Forderungen/Ausleihungen
IAS 39
Segmentberichterstattung
IAS 14, IFRS 8
Zwischenberichterstattung
IAS 34
4. Bilanzierung der Passiva Eigenkapital, Eigenkapitalspiegel
IAS 1, 32, IFRS 7
9. Branchenspezifische Vorschriften
Rückstellungen, Verbindlichkeiten
IAS 37
Finanzinstitutionen
IAS 30
Leistungen an Arbeitnehmer, Altersversorgung
IAS 19
Bilanzierung von Versicherungsverträgen
IFRS 4
Aktienkursorientierte Vergütungsformen
IFRS 2
Landwirtschaft
IAS 41
Pensionskassen und Pensionsfonds als Träger von Altersversorgungsverpflichtungen
IAS 26
Erkundung und Wertbestimmung von mineralischen Vorkommen
IFRS 6
Abb. 15: Systematik der geltenden IAS und IFRS analog zum deutschen Handelsrecht Diese Systematik umfasst die folgenden Punkte: Grundlagen der Rechnungslegung, Bewertungsmethoden, Bilanzierung von Aktiva und 42
Vgl. hierzu F.2 des Rahmenkonzepts. Nur in äußerst eng begrenzten Fällen erlaubt IAS 1.17 f., von bestehenden IFRS abzuweichen, wenn eine „fair presentation“ nicht sichergestellt ist. Diese Klausel ist jedoch praktisch so gut wie nicht relevant. Selbst die Problematik der Eigenkapitalbilanzierung für deutsche Personengesellschaften und Genossenschaften nach IAS 32 (vgl. hierzu den Steckbrief zu IAS 32 im IFRS-Guide/Anhang G) wurde vom IASB als ein Anwendungsfall von IAS 1.17f. angesehen.
75
B
B
IFRSKnowhow für Controller
Passiva, Ergebnisrechnung, übergreifende Fragen, Konzernabschluss, Sondervorschriften für kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie branchenspezifische Vorschriften. Regelungen zu einem Sachver halt häufig auf mehrere Stan dards verteilt
Es wird dabei unmittelbar deutlich, das Regelungen zu einem inhaltlich zusammengehörenden Sachverhalt möglicherweise auf verschiedene Standards verteilt sind: So finden sich Regelungen zu Herstellungskosten u. a. in IAS 2, IAS 16 und IAS 38 sowie zur Aktivierung von Fremdkapitalkosten im Rahmen der Herstellung in IAS 23.
1.6
Aufbau der Standards
Umfangreiche Standards ...
Während die Regelungen des deutschen HGB vergleichsweise knapp sind und ohne die ausführliche Auslegung der Kommentar- und Lehrbuchliteratur kaum zu verstehen sind, sollen die IFRS als Standards für sich selbst sprechen. Dies entspricht der zu Grunde liegenden angelsächsischen Rechtstradition, rechtliche Vorschriften möglichst einzelfallspezifisch (case law) statt abstrahierend generell (code law) zu formulieren.
... verlangen Schwerpunkte im Knowhow Aufbau
Dies führt dazu, dass die IFRS zunehmend ausführlich werden, um ein möglichst breites Feld an Detailregelungen zu den jeweils behandelten Rechnungslegungsproblemen abzudecken. Im Extremfall kann dies dazu führen, dass ein Standard wie IAS 39 mit allen Anhängen 400 Textseiten umfasst – eine kaum noch beherrschbare Regelungsflut, die gerade im Controllerbereich dazu zwingt, in Zusammenarbeit mit den Knowhow-Trägern der Bilanzierung Schwerpunkte zu setzen. Vorsicht Falle – Übersetzungsfehler in den deutschen IFRS! Die IFRS werden zwar in englischer Sprache vom IASB erlassen, spätestens aber 43 mit der Übernahme in das EURecht in die EUAmtssprachen, d. h. auch ins Deutsche übersetzt. Viele Anwender in der Unternehmenspraxis greifen aus Gründen der leichteren Verständlichkeit auf die deutsche Textversion zurück. Um ein grundlegendes Verständnis der Standards zu erlangen, ist dies auch ohne Weiteres möglich. Sobald es aber um genaue Regelungsdetails geht, finden sich in der Übersetzung immer wieder Unzulänglichkeiten, missverständliche Formu 44 lierungen oder Fehler . Es ist deshalb empfehlenswert, immer auch die englische Originalfassung heranzuziehen.
43 44
Vgl. Kapitel B 2.3. Vgl. hierzu den Beitrag von Niehus, Die IFRS auf Deutsch – Fehler und Unzulänglichkeiten in der Übersetzung, in: DB, 2005, S. 2477-2483.
76
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
Strukturell sind die einzelnen IAS bzw. IFRS vergleichbar aufgebaut (vgl. die folgende Checkliste). Checkliste: Aufbau der IAS bzw. IFRS • Einführung (introduction) Viele Standards sind in den vergangenen Jahren überarbeitet worden. Sie beginnen mit einer Einleitung, die kurz beschreibt, welche alten Regelungen im Rahmen der Überarbeitung ersetzt werden und worin die wesentlichen Veränderungen des jetzt gültigen Standards bestehen. • Zielsetzung (objective) Hier werden die Ziele der Regelung beschrieben. • Anwendungsbereich (scope) In diesem Teil des Standards wird erläutert, auf welche Abschlusspositionen bzw. bestandteile sich der Standard bezieht und welche Anwendungsfälle nicht unter den Geltungsbereich des Standards fallen. • Definitionen (definitions) Definition wichtiger Begriffe und Konstrukte, die im Standard verwendet werden. Dieser Bereich befindet sich ab IFRS 1 im Anhang, sollte aber den noch bei der erstmaligen Lektüre eines Standards bereits zu Beginn gelesen werden. • Behandlung der angesprochenen Ansatz und Bewertungsfragen Dies ist üblicherweise der umfangreichste Teil eines Standards. • Ausführungen zu den notwendigen Anhangangaben (disclosures) In der Praxis zeigt sich, dass gerade die Bereitstellung der notwendigen An hangangaben einen erheblichen Anteil am Aufwand bei der Erstellung des IFRSAbschlusses ausmacht. Die hieraus resultierenden Informationsbedarfe von Seiten der Bilanzierung an das Controlling dürfen deshalb nicht unter schätzt werden. • Übergangsregelungen bezüglich der erstmaligen Anwendung (transitio nal provisions) Solche Regelungen werden nur in Ausnahmefällen formuliert, um möglichst frühzeitig eine einheitliche Anwendung der Standards zu gewährleisten. • Zeitpunkt des Inkrafttretens (effective date) Das IASB hat im Sommer 2006 beschlossen, dass keine neuen Standards bzw. Standardänderungen vor 2009 in Kraft treten werden. Damit soll nach Aussagen des BoardVorsitzenden David Tweedie zum einen Unternehmen in den Ländern, die die IFRS als Rechnungslegungsstandard verpflichtend ma chen wollen, Zeit zur Anpassung gegeben, zum anderen soll dadurch das Konvergenzprojekt mit dem USamerikanischen FASB gefördert werden. Denkbar ist allerdings, dass bis zu diesem Zeitpunkt Standards erlassen wer den, für die dann – wie innerhalb der IFRS allgemein üblich – eine frühere Anwendung unter entsprechender Angabe im Anhang erlaubt sein wird. • Anhänge (appendices) Insbesondere jüngere Standards werden durch umfangreiche Anhänge er gänzt, die z. B. illustrierende Anwendungsbeispiele (illustrative examples),
77
B Vergleichbare Struktur der IAS und IFRS
B
IFRSKnowhow für Controller
Implementierungshinweise (implementation guidance) oder Begründungen für die Vorschriften im Standard (basis for conclusions) enthalten. • Veränderungen gegenüber Vorversionen Arbeit mit optischen Hervorhebun gen
Weiteres gemeinsames Merkmal der Standards ist die Arbeit mit optischen Hervorhebungen (vgl. Abbildung 16).
Grundsätze
Erläuterungen
Abb. 16: Optik der Standards des IASB Dabei sind Grundsätze im Fettdruck gesetzt, Erläuterungen zu den Grundsätzen in normaler Schrift. Allerdings sind Grundsätze und Erläuterungen in einem Standard gleichermaßen verbindlich. Tipp Verbunden mit der einheitlichen Struktur erleichtert die Arbeit mit optischen Her vorhebungen die schnelle Lektüre der wesentlichen Inhalte eines Standards.
Schließlich enthalten vor allem ältere Standards in Einzelfällen noch Bilanzierungswahlrechte, so z. B. IAS 1 bezüglich des Aufbaus der GuV nach dem Umsatz- oder Gesamtkostenverfahren oder IAS 23 betreffend das Wahlrecht zur Aktivierung von Fremdkapitalkosten bei der Langfristherstellung von Anlagen.
78
IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard
Die Standards geben bei solchen Wahlrechten typischerweise eine vorzuziehende Ausübung (benchmark treatment) an sowie eine Alternative (allowed alternative treatment). Dies hat jedoch keinerlei bindende Wirkung für die IFRS-Anwender; eine Abweichung vom benchmark treatment ist auch nicht erläuterungspflichtig.
79
B
B
IFRSKnowhow für Controller
2 2.1
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS Controllingimplikationen im Überblick: Die IFRSThemenlandkarte
Die IFRS sind nicht sachlogisch gegliedert. Die Reihenfolge der einzelnen Standards spiegelt vielmehr die Reihe der abgearbeiteten Rechnungslegungsprobleme wider, mit denen sich das IASB bzw. seine Vorgängerorganisation IASC seit der Gründung im Jahr 1977 auseinandergesetzt haben. Zudem sind nicht alle Detailregelungen in den IFRS gleichermaßen controllingrelevant – nur ausgewählte Standards weisen aus Controllersicht eine hohe Priorität auf. IFRSThemen landkarte
Die IFRS-Themenlandkarte (vgl. Abbildung 18) soll Ihnen als Controller im Regelungs“dickicht“ der IFRS als Orientierungshilfe dienen. Sie ist nach den Feldern des Bereichscontrollings strukturiert, die sich wiederum an den verschiedenen Controllingbedarfen im Management 45 orientieren . Folgende Controllingfelder werden in Abhängigkeit von ihrer organisatorischen bzw. wertschöpfungbezogen Zuordnung unterschieden:
Controlling felder
•
Zentralcontrolling Im Zentralcontrolling, das der Unternehmensleitung zugeordnet ist, müssen sich Controller zum einen auf sehr grundsätzlicher Ebene mit der Ausgestaltung der Planungs- und Berichtssysteme sowie der Performance-Messung auseinandersetzen. Auch Fragen betreffend den Einsatz betriebswirtschaftlicher (Bewertungs-)Methoden müssen hier geklärt werden. Schließlich ist das Beteiligungscontrolling sowie das Controlling von M&A-Projekten i. d. R. ebenfalls eine Aufgabe des Zentralcontrollings. Controlling in operativen Funktionen In den operativen Funktionen orientieren sich die Controllingbereiche an den Stufen der Wertkette. Typischerweise werden hier die Felder F&E-Controlling, Beschaffungs- und Logistikcontrolling,
•
45
Vgl. zu dieser Strukturierung auch Schäffer/Weber (Hrsg.), Bereichscontrolling, 2005.
80
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
•
Produktions- und Werkscontrolling sowie Marketing- und Vertriebscontrolling unterschieden. Controlling von Querschnittsfunktionen Schließlich gibt es Controllingbereiche, die mit der Unterstützung des Managements von Querschnittsfunktionen betraut sind. Dies sind vor allem das finanzwirtschaftliche Controlling, das die Steuerung der Zahlungsströme und Vermögensanlagen zu Renditezwecken, wie Wertpapieren, Beteiligungen oder Immobilien, unterstützt, das Risikocontrolling, das Personalcontrolling, das IT-Controlling sowie das Controlling von Auslandsaktivitäten.
Abbildung 17 stellt zunächst diese Systematik grundlegend dar. Zentralcontrolling
Controlling in operativen Einheiten Controlling von Querschnittsfunktionen
Grundsätze/ betriebswirtschaftliche Methoden
F&EControlling
Finanzwirtschaftliches und Risikocontrolling
Beschaffungsund Logistikcontrolling
Personalcontrolling
Beteiligungs- und M&A-Controlling
Produktionsund Werkscontrolling
Marketing- und Vertriebscontrolling
IT-Controlling
Controlling von Auslandsaktivitäten
Abb. 17: Systematik der IFRS-Themenlandkarte für Controller Ergänzend enthält die IFRS-Themenlandkarte eine Rubrik über branchenbezogene Sonderthemen, die z. B. die Bilanzierung von Subventionen, von biologischen Vermögenswerten oder bestimmten Versicherungsleistungen betreffen. So nutzen Sie die IFRSThemenlandkarte für Controller • Identifizieren Sie zunächst die IAS bzw. IFRS, die in den für Sie relevanten Controllingfeldern typischerweise von Bedeutung sind. • Standards mit hoher Priorität sind dabei schwarz gekennzeichnet, Standards mit mittlerer Priorität grau. • Informieren Sie sich dann gezielt mithilfe der IFRSSteckbriefe, die Sie im Anhang G finden, über die wichtigsten Regelungsinhalte und Controlling implikationen. • Eine detaillierte Kommentierung der Standards finden Sie in der weiterfüh renden Literatur bzw. in den inzwischen äußerst informativen IFRSWeb sites, die am Ende dieses Praxishandbuchs aufgeführt sind.
81
B
P
Vorwort
F
Rahmenkonzept
IAS 1
Darstellung des Abschlusses
IAS 2
Vorräte
IAS 7
Kapitalflussrechnung
IAS 8
Bilanzierungsmethoden, Schätzungen, Fehler
IAS 10
Ereignisse nach dem Bilanzstichtag
IAS 11
Fertigungsaufträge
IAS 12
Ertragsteuern
IAS 14
Segmentberichterstattung (bis 2008)
IAS 16
Sachanlagen
IAS 17
Leasingverhältnisse
IAS 18
Erträge
IAS 19
Leistungen an Arbeitnehmer
IAS 20
Zuwendungen der öffentlichen Hand
IAS 21
Wechselkursänderungen
IAS 23
Fremdkapitalkosten
IAS 24
Nahe stehende Unternehmen und Personen
IAS 26
Altersvorsorgepläne
IAS 27
Konzernabschluss, Tochterunternehmen
IAS 28
Anteile assoziierter Unternehmen
IAS 29
Rechnungslegung in Hochinflationsländern
IAS 31
Anteile an Joint Ventures
IAS 32
Finanzinstrumente: Darstellung
IAS 33
Ergebnis je Aktie
IAS 34
Zwischenberichterstattung
IAS 36
Wertminderung von Vermögenswerten
IAS 37
Rückstellungen, Eventualschulden und -forderungen
IAS 38
Immaterielle Vermögenswerte
IAS 39
Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung
IAS 40
Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien
IAS 41
Landwirtschaft
IFRS 1
Erstmalige Anwendung der IFRS
IFRS 2
Anteilsbasierte Vergütung
IFRS 3
Unternehmenszusammenschlüsse
IFRS 4
Versicherungsverträge
IFRS 5
Aufgegebene Geschäftsbereiche
IFRS 6
Mineralische Ressourcen
IFRS 7
Finanzinstrumente: Angaben
IFRS 8
Segmentberichterstattung (ab 2009)
Marketingund Vertriebscontrolling
Produktions- und Werkscontrolling
Beschaffungs- und Logistikcontrolling
Controlling operativer Funktionen
F&EControlling
Beteiligungs- und M&A-Controlling, Goodwill-Controlling
IFRS-Themenlandkarte für Controller
Grundsätze / betriebswirtscha ftl i che Methoden
Zentralcontrolling
Controlling von Auslandsaktivitäten
IT-Controlling
Personalcontrolling
Finanzwirtschaftliches und Risikocontrolling
Controlling von Querschnittsfunktionen Branchenspezifische Sonderthemen
IFRS-Themenlandkarte für Controller
P
Vorwort
F
Rahmenkonzept
IAS 1
Darstellung des Abschlusses
IAS 2
Vorräte
IAS 7
Kapitalflussrechnung
IAS 8
Bilanzierungsmethoden, Schätzungen, Fehler
IAS 10
Ereignisse nach dem Bilanzstichtag
IAS 11
Fertigungsaufträge
IAS 12
Ertragsteuern
IAS 14
Segmentberichterstattung (bis 2008)
IAS 16
Sachanlagen
IAS 17
Leasingverhältnisse
IAS 18
Erträge
IAS 19
Leistungen an Arbeitnehmer
IAS 20
Zuwendungen der öffentlichen Hand
IAS 21
Wechselkursänderungen
IAS 23
Fremdkapitalkosten
IAS 24
Nahe stehenden Unternehmen und Personen
IAS 26
Altersvorsorgepläne
IAS 27
Konzernabschluss, Tochterunternehmen
IAS 28
Anteile assoziierter Unternehmen
IAS 29
Rechnungslegung in Hochinflationsländern
IAS 31
Anteile an Joint Ventures
IAS 32
Finanzinstrumente: Darstellung
IAS 33
Ergebnis je Aktie
IAS 34
Zwischenberichterstattung
IAS 36
Wertminderung von Vermögenswerten
IAS 37
Rückstellungen, Eventualschulden und -forderungen
IAS 38
Immaterielle Vermögenswerte
IAS 39
Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung
IAS 40
Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien
IAS 41
Landwirtschaft
IFRS 1
Erstmalige Anwendung der IFRS
IFRS 2
Anteilsbasierte Vergütung
IFRS 3
Unternehmenszusammenschlüsse
IFRS 4
Versicherungsverträge
IFRS 5
Aufgegebene Geschäftsbereiche
IFRS 6
Mineralische Ressourcen
IFRS 7
Finanzinstrumente: Angaben
IFRS 8
Segmentberichterstattung (ab 2009)
B
IFRSKnowhow für Controller
Die IFRS-Themenlandkarte für Controller finden Sie auch auf der beiliegenden CD-ROM, komfortabel verlinkt mit denen im IFRSGuide/Anhang G aufgeführten IFRS-Steckbriefen für Controller. Achtung: Branchen bzw. unternehmensindividuelle Besonderheiten werden in der IFRS Themenlandkarte nicht vollständig abgedeckt. So muss sich beispielsweise in einem SoftwareUnternehmen auch das Zentral controlling mit IAS 38 zu immateriellem Vermögen auseinandersetzen, in einem Unternehmen des Anlagenbaus mit IAS 11 zur Langfristfertigung. Um die für Sie relevanten IFRS vollständig zu identifizieren, empfiehlt sich ergän zend das Gespräch mit der Bilanzierung bzw. dem Wirtschaftsprüfer, welche Standards für den IFRSAbschluss Ihres Unternehmens von besonderer Bedeutung sind.
Die IFRS-Themenlandkarte wird in Abschnitt C aufgegriffen und speziell für die Fragen, die aus dem Management Approach (Kapitel C 2) bzw. aus der Umstellung auf eine integrierte Rechnungslegung (Kapitel C 3) entstehen, erweitert. Tipp Unterjährige aktuelle Informationen zum Thema „IFRS für Controller“ erhalten Sie über die einschlägigen Fachzeitschriften, z. B. Accounting. Eine vollständige Ü bersicht finden Sie in der Literaturübersicht am Ende des Buchs.
Im Folgenden werden die aus Controllingperspektive besonders bedeutsamen IFRS-Vorschriften aufgegriffen und ausführlich dargestellt. Dazu gehören (vgl. Abbildung 19): Fair-ValueBewertung Immaterielle Vermögenswerte (IAS 38)
Ergebnisausweis (IFRS-GuV und OCI) Bedeutsame controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS Segmentberichterstattung (IAS 14 / IFRS 8)
ImpairmentTest (IAS 36)
Umsatzrealisation (IAS 11 und IAS 18)
Abb. 19: Bedeutende controllingrelevante IFRS-Regelungen
84
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS •
•
•
Die Bewertung insbesondere von Vermögenswerten zum Fair Value, d. h. zum beizulegenden Zeitwert: Diese setzt sich zunehmend als dominierende Bewertungskonzeption innerhalb der IFRS immer weiter durch. Hier müssen Controller zum einen ggf. interne Daten bereitstellen, wenn die Fair Values geschätzt werden müssen. Zum anderen hat die Fair-ValueBewertung im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung auch Auswirkungen auf die Ausprägung von Steuerungskennzahlen wie z. B. EBIT und ROI oder die Kapitalkosten, die im Rahmen des EVA-Konzepts verrechnet werden. Der Ausweis von erfolgswirksamen bzw. -neutralen Vorgängen in der IFRS-GuV bzw. im other comprehensive income (OCI): Ansatzpunkt einer integrierten Rechnungslegung ist die IFRS-GuV, die grundsätzlich vergleichbar zur HGB-GuV aufgebaut ist, allerdings u. a. zusätzliche Positionen enthält, z. B. das Nachsteuerergebnis aus eingestellten Geschäftsbereichen (discontinued operations), bzw. den Ausweis außerordentlicher Positionen (extraordinary items) verbietet. Das other comprehensive income (OCI) wird derzeit noch in der Eigenkapitalveränderungsrechnung gezeigt. Es umfasst die Eigenkapitalveränderungen, die aus der erfolgsneutralen Verbuchung insbesondere von Bewertungsvorgängen stammen. Die wachsende Bedeutung des OCI resultiert vor allem aus der zunehmenden Fair-Value-Bewertung. In der Praxis kann das OCI einen erheblichen Anteil an den Veränderungen des Eigenkapitals ausmachen. Dies ist aus Controllersicht insbesondere für Fragen der Investitionssteuerung bedeutsam, denn durch das OCI wird das Kongruenzprinzip (clean surplus principle) verletzt, das eine einheitliche Erfassung investitionsrelevanter Sachverhalte in EBIT bzw. NOPAT und Kapitalkosten sicherstellen soll. Der Impairment-Test, mit dem gemäß IAS 36 die Werthaltigkeit von Sachanlagen, immateriellen Anlagen und Goodwill überprüft werden muss: Auch der Impairment-Test weist enge konzeptionelle Verbindungen zur Fair-Value-Bewertung auf. Controller haben hier zum einen die Aufgabe, in ihren Berichtssystemen möglicherweise enthaltene Indikatoren für die Notwendigkeit eines Impairment-Tests, d. h. auf außerplanmäßige Wertminderung, an die Bilanzierung weiterzuleiten. Außerdem müssen Controller u. a. die Daten für die
85
B FairValue Bewertung
Ergebnisausweis unter IFRS: GuV vs. OCI
Impairment Test
B
IFRSKnowhow für Controller
Segmentbe richterstattung
•
Umsatzrealisa tion
•
Aktivierung von Entwicklungs kosten
•
86
Ermittlung des erforderlichen Nutzungswerts (value in use) des betroffenen Vermögens bereitstellen. Andererseits fließt ein Impairment im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung auch in die internen Steuerungskennzahlen ein. Dies kann zur Entstehung neuer Controllingbereiche, wie z. B. einem Goodwill-Controlling, beitragen, wenn bedeutsame Vermögenswerte oder Goodwill bzw. deren möglicher Impairment-Bedarf aktiv gesteuert werden soll. Die Segmentberichterstattung, die die externe Kommunikation interner Reportingstrukturen und -inhalte verlangt: Hier stehen Controller im Spannungsfeld, einerseits gemäß den Anforderungen von IAS 14 bzw. ab 2009 von IFRS 8 die Steuerungsperspektive nach außen zu tragen, zum anderen aber auch bilanzpolitische Aspekte wie die Kommunikation über wettbewerbssensible Nischen zu berücksichtigen. Gerade die Anforderungen aus der Segmentberichterstattung nach IAS 14 sind in der Praxis zudem ein wichtiger Treiber für die Integration von interner und externer Rechnungslegung. Das Konzept der Umsatzrealisation, das insbesondere den zeitlichen Ausweis von Umsätzen als zentraler EBIT-Komponente regelt: Die Umsatzrealisation weicht innerhalb der IFRS fundamental von der durch das Vorsichtsprinzip geprägten Sichtweise des Realisationsprinzips nach HGB ab. So orientiert sich die Umsatzrealisation nicht an der rechtlichen, sondern der Risikostruktur der zu Grunde liegenden Transaktion (IAS 18). Zudem kommt es im Rahmen der Bilanzierung von Langfristfertigung durch die Teilgewinnrealisierung zu einem vorgezogenen Ausweis von Umsätzen, denen kein Cashflow gegenübersteht (IAS 11). Neben der Informationsbereitstellung aus Vertriebs- bzw. Fertigungscontrolling impliziert dies wesentliche Änderungen im Performance-Ausweis im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung. Die Vorschriften zur Aktivierung von selbsterstellten immateriellen Vermögenswerten und Entwicklungskosten: Die IFRS verstehen unter Entwicklungskosten sowohl die Aufwendungen, die anfallen, um ein Produkt bzw. eine Dienstleistung zur Marktreife zu bringen, als auch die Aufwendungen zur Herstellung von selbstgenutztem immateriellen Vermögen. Sie sind in beiden
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
Fällen gemäß IAS 38 unter bestimmten Bedingungen aktivierungspflichtig. Hier sind insbesondere aus dem F&E-Controlling Informationen an die Bilanzierung weiterzugeben; zudem beeinflussen die Vorschriften die Steuerungskennzahlen einer integrierten Rechnungslegung. Im Folgenden werden die aufgeführten Regelungen innerhalb der IFRS dargestellt und ihre Auswirkungen auf die Controllerarbeit beschrieben. Details zu den einzelnen Regelungen finden Sie in den Standard-Steckbriefen im IFRS-Guide (Anhang G). Für darüber hinausgehende Feinheiten, die den Umfang dieses Werks sprengen und der Zielsetzung einer selektiven Darstellung speziell für Controller widersprechen würden, sei auf die verschiedenen Lehrbücher und Kommentierungen zu den IFRS verwiesen. Sie finden die erforderlichen Literaturangaben im Text sowie am Ende dieses Buchs in einer kommentierten Literaturübersicht.
2.2
Fair Values als Bewertungsansatz in der IFRS Bilanz
2.2.1
Konzeptionelle Grundlagen des FairValueBegriffs
Die Fair-Value-Bewertung ist derzeit der konzeptionell bedeutsamste, aber auch umstrittenste Bewertungsansatz innerhalb der IFRS. So vertritt das IASB gemeinsam mit dem US-amerikanischen FASB die Auffassung, dass Fair Values, d. h. Zeitwerte von Vermögen und Schulden, für außenstehende Investoren informativer sind als historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Problematisch ist dabei allerdings, dass Fair Values im Sinne von objektiven Marktwerten nur selten vorliegen. Sehr häufig muss auf subjektive Vergleichs- oder gar Schätzwerte zurückgegriffen werden. 46
Gerade in Deutschland wird diese „Entobjektivierung“ der Bilanz sehr kritisch gesehen – wobei häufig vergessen wird, dass auch in der deutschen Rechnungslegung mit Fair Values gearbeitet wird, nämlich 46
Vgl. jüngst hierzu Pfaff/Kukule, Wie fair ist der fair value?, in: KoR, 2006, S. 542-549, hier S. 546.
87
Fair Values sind auch heute noch umstritten
B
IFRSKnowhow für Controller
dann, wenn sie unter den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten liegen und Anlass für außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Zeitwert sind. Verschiedene konzeptionelle Argumente belegen jedoch aus Controllingperspektive heraus, dass die Fair-Value-Bewertung nicht pauschal für interne Steuerungszwecke abzulehnen ist. „… Damit [der Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS, d. Verf.] wird die Buchführung nicht besser. Diese Erkenntnis ist ebenso wichtig wie die, dass die Buchführung auch nicht schlechter wird. Wir nehmen nicht Abschied von der richtigen oder falschen Buchführung. Der neuen Buchführung liegt nur eine andere Idee zugrunde. War es früher gewünscht, dass der Kaufmann stille Reserven anlegte, so soll jetzt möglichst der Zeitwert seines Vermögens deutlich werden ...“ (Georg Giersberg, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Juli 2003)
Abb. 20: Pressestimme zur Rechnungslegung nach IFRS Fair Values als „gerechte“ Werte?
Die Diskussion um die Fair Values leidet darunter, dass der Begriff „fair“ ins Deutsche auch mit „gerecht“ oder „regelkonform“ übersetzt und damit nicht mehr wertfrei behandelt wird – wer möchte sich schon gegen „gerechte“ Wertansätze oder gar den „true and fair view“ aussprechen? Sehr differenziert wurde dieses Begriffsproblem u. a. von der FAZ aufgenommen (Abbildung 20). Im Kern geht es aber bei der Beurteilung der Fair-Value-Bewertung eben gerade nicht um ein moralisches Verständnis von Fairness, sondern um die wertfreie ökonomische Frage des adäquaten Wertes für vorliegende Entscheidungsbzw. Steuerungsprobleme. Dass unterschiedliche Fragestellungen dabei auch zu unterschiedlichen Wertansätzen führen können, weiß jeder Autobesitzer: Der Gebrauchswert bei fortgeführter Nutzung oder gar ein Liebhaberwert ist meist ein anderer Wert als der, den das Autohaus bei Inzahlungnahme für einen Neuwagen ansetzen würde oder der möglicherweise auf dem freien Gebrauchtwagenmarkt erzielt werden könnte. Die Bedeutung des Fair Value in der IFRS-Rechnungslegung wird u. a. dadurch getrieben, dass das IASB seit einigen Jahren dem Standardset-
88
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
ting vor allem eine bilanzorientierte Betrachtungsweise (asset/liabilityapproach) zu Grunde legt, d. h. Fragen des Ansatzes und der Bewertung von Vermögen und Schulden rücken in den Vordergrund der Betrachtung.
2.2.2
Definition und Relevanz von Fair Values
Im Kontext der IFRS ist der Fair Value zunächst als Oberbegriff aller marktnahen Wertansätze zu verstehen. Er ist der Betrag, zu dem voneinander unabhängige Parteien mit Sachverstand und Abschlusswillen, unter marktüblichen Bedingungen (at arm’s length) sowie ohne Abschlusszwang bereit wären, einen Vermögenswert zu tauschen oder eine Schuld zu begleichen. Diese Definition müsste nach dem Aufbau der IFRS eigentlich im Rahmenkonzept verortet sein. Als dieses formuliert wurde, gab es die Diskussion um die Fair-Value-Bewertung jedoch noch nicht. Wir finden deshalb dieses Begriffsverständnis in vielen Standards, in denen eine Fair-Value-Bewertung vorgeschrieben wird, festgelegt, so z. B. in IAS 16, IAS 38, IAS 39, IAS 40 oder IAS 41 (vgl. die untenstehende Checkliste). Checkliste: Wichtige FairValueStandards innerhalb der IFRS IAS 16 (Sachanlagen) FairValueFolgebewertung der Sachanlagen bei Wahl der Neubewertungsme thode IAS 17 (Leasingverhältnisse) Ermittlung der Erfolgswirkungen aus SaleandLeasebackTransaktionen bei OperatingLeasing beim Leasingnehmer in Abhängigkeit vom Fair Value IAS 19 (Leistungen an Arbeitnehmer) Bei leistungsorientierten Versorgungsplänen Abzug des zur Deckung gehalte nen, zum Fair Value bewerteten Planvermögens von der Verpflichtung an Ar beitnehmer IAS 20 (Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand) Grundsätzliche FairValueBewertung monetärer und nichtmonetärer Zuwen dungen IAS 21 (Auswirkungen von Änderungen des Wechselkurses) Nichtmonetäre, zum Fair Value bewertete Posten werden mit dem Kurs zum Zeitpunkt der FairValueBewertung umgerechnet IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten) Bestimmung des erzielbaren Betrags als Maximum von Nettoveräußerungswert
89
Definition des Fair Value in den IFRS
B
IFRSKnowhow für Controller
(Fair Value abzüglich Veräußerungskosten) und Nutzungswert insbesondere beim GoodwillImpairmentTest IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte) FairValueFolgebewertung der immateriellen Vermögenswerte bei Wahl der Neubewertungsmethode IAS 32 / IAS 39 (Finanzinstrumente) FairValueFolgebewertung für Handelswerte (financial instruments held for trading) bzw. den gewillkürten Handelsbestand (financial instruments at fair value through profit or loss, FairValueOption) sowie andere veräußerbare Wer te (availableforsale financial assets), FairValueFolgebewertung für ausge wählte Schulden; FairValueAnhangangaben für jede Finanzinstrumentkatego rie IAS 40 (Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien) Wahlrecht zur FairValueFolgebewertung der Immobilien IAS 41 (Landwirtschaft) Grundsätzliche FairValueBewertung von biologischen Vermögenswerten und landwirtschaftlichen Erzeugnissen bis zur Ernte IFRS 2 (Anteilsbasierte Vergütungssysteme) Grundsätzliche FairValueBewertung von Aktienoptionen (zum Gewährungs zeitpunkt) und Barvergütungen (zum jeweiligen Bilanzstichtag) IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) Bestimmung des gesamten Vermögens und der Schulden des erworbenen Un ternehmens zum Fair Value, insbesondere Bewertung von immateriellen Vermö genswerten IFRS 5 (Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und auf gegebene Geschäftsbereiche) Bewertung zum niedrigen Wert aus fortgeführtem Buchwert und Fair Value ab züglich Veräußerungskosten
2.2.3
FairValueErmittlung
Derzeit erarbeitet das IASB hierzu gemeinsam mit dem FASB Leitlinien, wobei in den USA der Standard SFAS 157 „Fair Value Measurements“ im Herbst 2006 verabschiedet wurde (vgl. den untenstehenden Steckbrief). FASBStatement No. 157 “Fair Value Measurements” In diesem Standard wird der Begriff des Fair Value definiert, und es wird ein Rahmenkonzept für die Ermittlung von Fair Values sowie die damit verbunde nen Anhangangaben (disclosures) vorgestellt. Zielsetzung ist die Vereinheitli chung der bisherigen Vorschriften zur FairValueBewertung in den verschiede nen Standards der USGAAP; neue Vorschriften zur FairValueBewertung wer
90
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
den nicht erlassen. Kernelemente des Standards sind: • Der Fair Value ist der Marktpreis auf dem Markt, auf dem das Unternehmen einen Vermögenswert verkaufen bzw. eine Schuld an einen Dritten transfe rieren würde. • Der Fair Value ist kein unternehmensspezifischer Wert, d. h. er basiert auf Annahmen und Wissen aller Marktteilnehmer im Betrachtungsmarkt. • Die Ermittlung der Fair Values basiert auf einer zweistufigen Hierarchie: − Primär relevant sind beobachtbare Marktdaten, d. h. ein marktomarket Ansatz. − Erst wenn diese nicht zur Verfügung stehen, sind Annahmen des Unter nehmens über nicht beobachtbare Marktdaten heranzuziehen. Dies ist beispielsweise dann erforderlich, wenn der relevante Markt zum Bewer tungszeitpunkt nur wenig liquide ist. Die Bewertung entspricht dann ei nem marktomodelAnsatz, wobei das Bewertungsmodell auch Risiken, Nutzungsrestriktionen und andere Aspekte berücksichtigen muss, die ty pische Marktteilnehmer in ihr Bewertungskalkül einfließen lassen wür den. • Anhangangaben umfassen u. a. Hinweise zu den Modellen, die für die Fair ValueBewertung zu Grunde gelegt werden, die verwendeten Inputdaten und die Auswirkungen auf Ergebnis und Reinvermögen. SFAS 157 ist gültig für die USGAAPBilanzen und Berichtsperioden, die nach dem 15. November 2007 beginnen.
Von Seiten des IASB liegt seit November 2006 ein Diskussionspapier zur Fair-Value-Bewertung vor, das auf SFAS 157 aufgesezt. Ein Standardentwurf zur Fair-Value-Bewertung wird für 2007 sowie ein endgültiger Standard für 2008 erwartet, der dann frühestens ab 2009 anzuwenden sein wird. Derzeit orientiert sich auch das IASB an der Vorgehensweise des FASB zur Ermittlung der Fair Values, d. h. es wird versucht, einen von der individuellen Unternehmenssichtweise unabhängigen Marktpreis zu ermitteln, und zwar auf Basis eines dreistufigen Vorgehens: •
•
•
Im ersten Schritt wird der Preis auf einem funktionsfähigen Markt herangezogen. Dies ist z. B. bei Finanzwerten oder Handelswaren einfach möglich. Ist ein solcher Preis nicht vorhanden, muss im zweiten Schritt auf Vergleichstransaktionen auf einem funktionsfähigen Markt zurückgegriffen werden, z. B. bei der Ermittlung des Fair Value von Immobilien. Ist dies ebenfalls nicht möglich, wird im dritten Schritt der Fair Value über Bewertungsmodelle (mark-to-model), z. B. bei Anwen-
91
Aktuell: Drei stufige Ermitt lung von Fair Values
B
IFRSKnowhow für Controller
dung der DCF-Methode über geplante Cashflows, geschätzt, wobei ein vollkommener Kapitalmarkt unterstellt wird. Die Fair-Value-Bewertung, d. h. die Orientierung an Marktpreisen, die entweder beobachtet oder über Annahmen simuliert werden, ist aus konzeptioneller Sicht differenziert zu beurteilen. Konzeptionelle Beurteilung der FairValue Bewertung
Gerade im Zuge einer informationsorientierten Rechnungslegung sind Marktwerte grundsätzlich den historischen Anschaffungskosten überlegen, bei denen unter Bezugnahme auf das Vorsichtsprin47 zip zudem noch umfangreiche stille Reserven gebildet wurden . 48 In einer Idealwelt vollkommener und vollständiger Märkte sind Marktpreise tatsächlich der einzig ökonomisch adäquate Wertansatz. Allerdings existiert diese Idealwelt allenfalls näherungsweise, beispielsweise auf Wertpapier- oder Devisenmärkten. Je weiter wir uns von den Märkten standardisierter bzw. Massengüter wegbewe49 gen, umso weniger trifft diese Grundannahme zu . Dann sind für ökonomische Fragestellungen unter Umständen aber andere Wertansätze erforderlich als die, die aus Markttransaktionen abgeleitet werden. Die Bewertungsmodelle, wie z. B. die DCF-Methode, mit denen Fair Values approximiert werden, sind in der theoretischen Diskussion inzwischen sehr weit ausgereift. Allerdings weisen sie im praktischen Einsatz eine Vielzahl von unüberwindbaren Schwächen auf: Dies beginnt bei der Problematik der Cashflow-Prognose und der Zuordnung von Zahlungsströmen zu Bewertungseinheiten und umfasst auch die Frage der Berücksichtigung von Finanzierungs-
•
•
•
47
48
49
Plakativ kommt dies in dem – schon etwas bejahrten Zitat zum Ausdruck: „Auf der Universität habe ich noch gelernt, eine Bilanz sei wie ein Bikini: Was man sieht, sei verwirrend, was man sehen möchte, sei schamhaft verhüllt“ (Meilicke, zitiert nach Löcke, Die freiwillige Anwendung von IAS 30 als erster Schritt zu einer kapitalmarktorientierten Bankenrechnungslegung?, in: WPg, 1997, S. 733-743, hier S. 733). Dies sind Märkte, die u. a. völlig friktionsfrei unter idealen Wettbewerbsbedingungen funktionieren und auf denen es für jedes beliebige Gut in jeder möglichen Zukunftssituation auch einen beobachtbaren Preis gibt. Such- oder Verhandlungskosten gibt es auf einem vollkommenen Markt nicht, auch keine Zeitverluste oder Risiken bei der Durchführung von Transaktionen bzw. der Übertragung der damit verbundenen Güter. Mit einem Augenzwinkern sei hinzugefügt: Es ist auch gut so, dass es diese Idealwelt praktisch nicht gibt, denn in ihr wären Controller und ihre Informationsleistungen schlicht überflüssig. Sämtliche Managemententscheidungen könnten über die „einfache“ Beobachtung der Marktwerte erfolgen.
92
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
vorgängen, Steuern und Risiken. Selbst ein risikoloser Zinssatz als erster Bewertungsschritt ist praktisch nicht zweifelsfrei zu ermit50 teln .
2.2.4
Auswirkungen der FairValueBewertung auf die Controllerarbeit
Die zunehmende Bedeutung der Fair-Value-Bewertung innerhalb der IFRS hat umfangreiche Auswirkungen auf die Controllerarbeit. So müssen Controller bei der mark-to-model-Bewertung vielfach Inputdaten, d. h. beispielsweise Plan-Cashflows, bereitstellen. Dies macht nicht nur die Existenz einer integrierten Ergebnis- und Finanzplanung erforderlich, sondern die erzielten Zahlungsströme müssen auch den Anforderungen, die die IFRS an Bewertungsmodelle stellen, gehorchen. So sind etwa Restrukturierungen oder Erweiterungsinvestitionen nicht zu berücksichtigen. Auch muss der angesetzte Zinssatz finanzierungsneutral sein, sodass der z. B. für wertorientierte Steuerungszwecke vielfach angesetzte kapitalmarktbasierte Gesamtkapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital, WACC) nicht einfach 51 übernommen werden darf . Die Plan-Cashflows müssen zudem bezogen auf das Bewertungsobjekt sachlich richtig abgegrenzt werden. Dies kann dann problematisch werden, wenn die Finanzplanung auf Basis der rechtlichen Konzernstruktur erfolgt, die Bewertungsobjekte aber im Konzern unternehmensübergreifend, beispielsweise regional oder geschäftsfeldbezogen abgegrenzt sind. Eine einfache Übernahme der Mittelfristplanung aus den Controllingsystemen für externe Bilanzierungszwecke ist dann nicht mehr möglich und die Planungsstrukturen müssen entsprechend modifiziert bzw. ergänzt werden. Basiert das Controlling auf einer integrierten Rechnungslegung, fließt die Fair-Value-Bewertung unmittelbar in die verwendeten Erfolgskennzahlen für Zwecke des internen Reportings bzw. der Performance-Messung ein.
50
51
Eine ausführliche Diskussion dieser methodischen Probleme findet sich bei Pfaff/Kukule, Wie fair ist der fair value?, in: KoR, 2006, S. 542-549. Vgl. hierzu die Erfordernisse des IAS 36 zur Ermittlung des Nutzungswerts auf Basis der DCF-Bewertung im Rahmen von Impairment-Tests.
93
Controller liefern Inputda ten für mark tomodel
B Die FairValue Bewertung hat Vorteile für die Controllerarbeit ...
IFRSKnowhow für Controller
Hier erweist sich zunächst als vorteilhaft, dass sich durch die Bewertung von Vermögen und Schulden zum Marktwert auch die Differenz des – z. B. aus dem Börsenkurs hergeleiteten – Marktwerts des Unternehmens zum Buchwert des Eigenkapitals (market value added, MVA) verringert. In dem Maße, in dem die Börsenkurse Informationen über Zeitwerte von Vermögen und Schulden über die fortgeführten Anschaffungskosten bzw. Rückzahlungsbeträge hinaus enthalten, wird die Erfolgsrechnung für interne Zwecke durch die Fair-Value52 Bewertung aussagekräftiger , denn sie basiert auf zukunftsorientierten Informationen, die schon seit jeher für die Controllerarbeit benötigt werden. Zudem eignen sich Vermögenswerte, die unter HGB zur Bildung stiller Reserven möglichst niedrig bewertet werden, nicht zur Ermittlung aussagekräftiger Kapitalkosten. Ergänzend weist das Management mit wachsender Bedeutung von Fair Values auch den Plan- bzw. Forecast-Werten eine höhere Bedeutung zu, da wichtige Fair-Value-Positionen explizit gesteuert werden müssen, so z. B. umfangreiche Goodwills im Rahmen eines eigenen Good53 will-Controllings .
... aber auch Nachteile
Nachteilig für Controllingzwecke ist andererseits die durch die FairValue-Bewertung steigende Kapital- bzw. Ergebnisvolatilität. So dringen ggf. rein zufällige Bewertungskomponenten aus externen Marktpreisschwankungen in die internen Controllingsysteme ein. Dies erschwert nicht nur Reporting und Performance-Messung, sondern führt auch zu komplexeren Planungsprozessen. Insbesondere bei einer wertorientierten Steuerung bzw. einer Steuerung über Renditekennzahlen müssen nicht nur Erfolgs-, sondern immer auch Bestandsgrö54 ßen geplant werden . Schließlich lässt sich zeigen, dass gerade die Performance-Messung für Zwecke der Bereichssteuerung bzw. innerhalb des Beteiligungscontrol-
52
53
54
Vgl. Weißenberger/Blome, Wertorientierte Kennzahlen unter IFRS: Fair-Value-Bewertung nach IFRS: Chancen und Risiken für die wertorientierte Steuerung mittels EVA, in: Accounting, 2005, Heft 8, S. 11-15. Vgl. die Vorschläge bei Schultze/Hirsch, Unternehmenswertsteigerung durch wertorientiertes Controlling. Goodwill-Bilanzierung in der Unternehmenssteuerung, München, 2005. Vgl. kritisch Fleischer, Rolle des Controllings im Spannungsfeld internes und externes Reporting, in: Horváth (Hrsg.), Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse wirkungsvoll steuern, Stuttgart, 2005, S. 189-200, hier S. 198.
94
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
lings durch die Bezugnahme auf Fair Values innerhalb einer integrierten Rechnungslegung beeinträchtigt werden kann. Dazu gehört beispielsweise die bilanzorientierte, d. h. erfolgsneutrale, Verbuchung bestimmter Fair-Value-Änderungen im other comprehensive income (OCI). Dies erschwert insbesondere die Investitionssteue55 rung . Auch andere Steuerungsprobleme lassen sich nicht ohne Weiteres durch die Verwendung von Fair Values lösen. Getreu dem Motto „different costs for different purposes“ muss die Performance-Messung an die individuellen Steuerungsprobleme im Unternehmen angepasst werden. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass es sinnvoll ist, mit angepassten, d. h. kalkulatorischen Größen zu arbeiten – wie es 56 das untenstehende Beispiel zeigt . Beispiel Ein Bereichsmanager führt eine börsennotierte Beteiligung. Im vergangenen Jahr gelang es ihm, durch verschiedene erfolgreiche Projekte eine Aktienkurs steigerung und damit auch eine Steigerung des Marktwerts der Beteiligung um 15 % zu erreichen. Gleichzeitig stiegen die Kurse vergleichbarer Unternehmen derselben Branche um 8 %. Sollte die Marktwertsteigerung von 15 % vollständig Grundlage für die Perfor manceMessung und damit die Beurteilung des Managers sein? Aus theoreti scher Sicht ist dies zu verneinen, wenn der Durchschnittswert von 8 % eine all gemeine Kurssteigerung reflektiert, die der Bereichsmanager auch ohne eigene Anstrengungen hätte erreichen können. Erst die Differenz von 7 %Punkten re flektiert die Mehrleistung, die für die Prämienzahlung relevant sein sollte.
Die Fair-Value-Bewertung eignet sich auch aus einem anderen Grund nur eingeschränkt zur Performance-Messung. Das Herleiten von Marktwerten über Bewertungsmodelle ist nämlich nicht immer manipulationsfrei zu erreichen. Der Bereichsmanager kann die Inputgrößen für die anzuwendenden Bewertungsmodelle nämlich derart anpassen, dass im Zentralcontrolling keine aussagekräftige Beurteilung der Bereichs-Performance mehr möglich ist. Diese Probleme sind bereits aus der Diskussion um partizipative Planungs- und Budgetie-
55 56
Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel B 2.2. Weiterführende Überlegungen hierzu finden sich bei Ewert, Fair Value und deren Verwendung im Controlling, in: Wagenhofer, Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006, S. 21-48.
95
Notwendigkeit von „different costs for diffe rent purposes“
B
IFRSKnowhow für Controller
rungsprozesse bekannt und besitzen für die Fair-Value-Bewertung 57 gleichermaßen Relevanz . Insgesamt ist deshalb als Fazit zur Fair-Value-Bewertung festzuhalten: Ob ein Fair Value einen ökonomisch adäquaten Wertansatz darstellt, hängt von der zu Grunde liegenden Fragestellung ab. Controller müssen einen Beitrag zur Fundierung von Fair Values im Rahmen des mark-to-model-Ansatzes leisten. Welche Fair Values für Controllingzwecke in Steuerungskennzahlen im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung berücksichtigt werden, ist fallweise zu prüfen.
Fazit zur Fair • Value Bewertung • •
Achtung: Eine unreflektierte vollständige Ablehnung von Fair Values im Controlling ist e benso abzulehnen wie eine unkritische Übernahme sämtlicher Fair Values aus der IFRSBilanz in die internen Steuerungskennzahlen. Literaturtipps zum Thema Fair Values Bieg/Heyd (Hrsg.), Fair Value. Bewertung in Rechnungswesen, Controlling und Fi nanzwirtschaft, 2005. Ewert, Fair Values und deren Verwendung im Controlling, in: Wagenhofer (Hrsg.), Controlling und IFRSRechnungslegung, 2006, S. 2148. Hitz, Rechnungslegung zum fair value, Konzeption und Entscheidungsnützlichkeit, 2005.
2.3
Ergebnisausweis unter IFRS: IFRSGuV und other comprehensive income (OCI)
Gerade vor dem Hintergrund einer integrierten Rechnungslegung ist aus Controllersicht der Erfolgsausweis von Bedeutung. Hier sind zwei bedeutsame Komponenten des Gesamterfolgs der Berichtsperiode (comprehensive income) von Bedeutung (vgl. Abbildung 19): •
das Jahresergebnis (net income oder profit or loss for the period), das bisher in der IFRS-GuV (income statement, auch profit and loss statement) gezeigt wird, sowie
57
Vgl. hierzu auch Ewert, Fair-Value-Bewertung und Performancemessung, in: Börsig/Wagenhofer (Hrsg.), IFRS in Rechnungswesen und Controlling, 2006, S. 197-207, hier S. 201.
96
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS •
B
Eigenkapitalveränderungen aus erfolgsneutral verbuchten Vorgängen (other comprehensive income).
= +
Jahresergebnis (net income oder profit or loss for the period) lt. GuV Eigenkapitaländerungen durch erfolgsneutral verbuchte Vorgänge (other comprehensive income) Gesamterfolg der Betrachtungsperiode (comprehensive income) Kapitaltransaktionen mit den Anteilseignern
=
Veränderung des Eigenkapitals
+
Abb. 21: Innerhalb der IFRS ausgewiesene Eigenkapitalveränderungen
2.3.1
Die IFRSGuV: Inhalt und Mindestgliederung
Der Ausweis des Jahresergebnisses innerhalb der IFRS-GuV ist maßgeblich in IAS 1.78-95 geregelt. Diese Normen werden durch weitere Vorschriften zum Ausweis von Aufwendungen und Erträgen bzw. zu notwendigen Anhangangaben in anderen Standards, so z. B. durch IFRS 5 bezüglich aufgegebener Geschäftsbereiche oder durch IFRS 7 betreffend den Ausweis von Ergebniskomponenten aus Finanzinstru58 menten , ergänzt.
Nur wenige Vorschriften zur Gliederung der IFRSGuV
Für die Gliederung der GuV sind lediglich wenige Positionen im Sinne einer Mindestgliederung vorgeschrieben (IAS 1.81). Für weitere Informationen, so z. B. die Gliederung der betrieblichen Aufwendungen, existieren erhebliche Wahlrechte bezüglich eines Ausweises in der IFRS-GuV selbst oder aber im Anhang (notes) Um die IFRS-GuV übersichtlich zu halten, wählen die meisten Unternehmen die zweite 59 Alternative . Das operative Ergebnis (EBIT, earnings before interest and taxes) ist entweder in der IFRS-GuV oder im Anhang nach dem Gesamtkostenverfahren (nature of expense method) oder dem Umsatzkostenverfah60 ren (cost of sales method) aufzugliedern . 58
59
60
Vgl. zu einer ausführlichen Übersicht über die zusätzlichen Angabepflichten aus IFRS 7 Löw, IFRS 7 – Financial Instruments: Disclosures, in: WPg, 2005, S. 1337-1351. Vgl. Lüdenbach, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 2, Rz. 66-68. Dabei wird gemäß IAS 1.89 die Aufgliederung innerhalb der GuV selbst empfohlen, aber nicht vorgeschrieben. In der Praxis folgen die meisten Unternehmen dieser Empfehlung.
97
Ausweis des operativen Ergebnisses
B
IFRSKnowhow für Controller
Tipp Gerade vor dem Hintergrund einer Integration der internen und externen Ergebnisrechnung empfiehlt sich dabei eine Gliederung nach dem Umsatzkosten verfahren, da dies die Abstimmung mit den internen Formaten z. B. der mehrstu figen Deckungsbeitragsrechnung wesentlich erleichtert. Ausweis des Finanzergebnis ses
Für Fragen des Beteiligungs- bzw. Konzerncontrollings spielt häufig auch das Finanzergebnis eine Rolle. Dieser Begriff ist in den IFRS nicht explizit definiert. Durch das IFRIC wurde jedoch klargestellt, dass unter den in IAS 1.81b aufgeführten Finanzierungskosten (finance costs) lediglich Finanzaufwendungen (gross finance costs) zu verstehen 61 sind, sodass Finanzerträge separat ausgewiesen werden müssen .
Sonstige Aus weisvorschrif ten in der GuV
Da IAS 1.83ff. zudem die explizite Offenlegung der Erfolgsquellen fordern, sind auch sonstige Beteiligungserträge außerhalb des Ergebnisses aus Equity-Beteiligungen sowie Abschreibungen auf Finanzanlagen oder die Erfolge aus der Fair-Value-Bewertung von Finanzinstrumenten (siehe IAS 32.94h) zumindest im Anhang auszuweisen. Die Angabe außerordentlicher Posten ist gemäß IAS 1.85 seit 2005 nicht mehr zulässig; entsprechende Aufwendungen und Erträge sind den übrigen sachlich zugehörigen Positionen des Gliederungsschemas zuzuordnen. Die in der IFRS-GuV auszuweisenden Steuern sind nicht näher definiert. Nach den Implementierungshinweisen zu IAS 1 handelt es sich hier aber um Ertragsteuern (income tax expense) und nicht um Ver62 kehr- oder Substanzsteuern.
Sonderfall: Ergebnis aus aufgegebenen Geschäftsberei chen
Einen Sonderfall bildet das Ergebnis aus aufgegebenen Geschäftsbereichen (discontinued operations). Im Verständnis des IFRS-Rahmenkonzepts ist dieses Ergebnis als gain bzw. loss zu interpretieren und deshalb unter Berücksichtigung der Ertragsteuereffekte, d. h. net of tax abzubilden. Eine weitergehende Untergliederung in die darin enthaltenen Erträge, Aufwendungen und Ertragsteuern kann gemäß IFRS 63 5.33b auch im Anhang erfolgen .
61 62
63
Vgl. IFRIC Update Oktober 2004. Vgl. Lüdenbach, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 2 Rz. 57. Vgl. Lüdenbach, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 29 Rz. 35.
98
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
Unter Berücksichtigung der Notwendigkeit von Zwischensummen und unter der Annahme eines Konzernverbunds mit Minderheitsgesellschaftern und aufgegebenen Geschäftsbereichen ist die in Abbil64 dung 22 dargestellte Gliederung der IFRS-GuV denkbar . GuV-Posten Nature of expense method (= Gesamtkostenverfahren)
Cost of sales method (= Umsatzkostenverfahren)
Umsatzerlöse (revenue) + Sonstige Erträge (other income)
Umsatzkosten (cost of sales)
Einschlägige IFRS-Ausweisvorschriften IAS 1.81 (a) IAS 1.92
= Bruttogewinn (gross profit)
IAS 1.92
+ Sonstige Erträge (other income)
IAS 1.91 / IAS 1.92
Veränderungen des Bestands an fertigen und ± unfertigen Erzeugnissen (changes in inventories of finished goods and work in progress)
IAS 1.91
+
Andere aktivierte Eigenleistungen (work performed by the enterprise and capitalised)
IAS 1.29 / IAS 1.83 / IAS 1.91
-
Aufwendungen für Rohmaterialien und Verbrauchs-stoffe (raw materials and consumables used)
IAS 1.91
-
Personalaufwand (employee benefits costs)
IAS 1.91
-
Aufwand für planmäßige Abschreibungen (depreciation and amortisation expense)
-
Sonstige Aufwendungen (other expenses)
IAS 1.91 -
Vertriebskosten (distribution costs)
IAS 1.92
-
Verwaltungsaufwendungen (administrative expenses)
IAS 1.92
-
Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen IAS 1.29 / IAS 1.83 (research and development expenses) / IAS 1.92
-
Sonstige Aufwendungen (other expenses)
= Betriebsergebnis (results of operating activities) ± Finanzierungskosten (finance costs)
IAS 1.91 / IAS 1.92 IAS 1.91 / IAS 1.92 IAS 1.81 (b)
±
Gewinn- und Verlustanteile an assoziierten Unternehmen, die nach der Equity-Methode bilanziert werden (share of the profit or loss of associates accounted for using the equity method)
IAS 1.81 (c) i. V. m. IAS 1.83
±
Gewinn- und Verlustanteile an Joint Ventures, die nach der Equity-Methode bilanziert werden (share of the profit or loss of Joint Ventures accounted for using the equity method)
IAS 1.81 (c) i. V. m. IAS 1.83
= Finanzergebnis (results of financial activities) =
Ergebnis aus fortgeführten Geschäftsbereichen vor Steuern (results of continuing operations before tax)
± Steueraufwand und Steuerertrag (tax expense and income)
IAS 1.83 IAS 1.83 IAS 1.81 (d)
= Ergebnis aus fortgeführten Geschäftsbereichen (results of continuing operations)
IAS 1.83
Nachsteuerergebnis aus eingestellten Geschäftsbereichen (= Ergebnis aus eingestellten ± Geschäftsbereichen [results of discontinued operations])
IAS 1.81 (e) i. V. m. IFRS 5.33 (a)
=
Periodenergebnis (profit or loss for the period bzw. net income)
IAS 1.81 (f)
* davon entfallen auf Minderheitsgesellschafter (attributable to minority interest)
IAS 1.82 (a)
* davon entfallen auf Mehrheitsgesellschafter (attributable to equity holders of the parent)
IAS 1.82 (b)
Abb. 22: Beispiel einer IFRS-GuV auf Basis der geforderten Mindestangaben 64
Leicht modifieziert entnommen aus Zülch, IFRS-GuV: Mindestgliederung und Teilerfolgsgrößen, in: Accounting, 2006, Heft 3, S. 5-10, hier S. 9.
99
B
IFRSKnowhow für Controller
2.3.2
Ausweis von ProFormaErgebnissen in der IFRSGuV
ProForma Ergebnisse als Teil der freiwil ligen Publizität
Nach bisherigem Rechtsstand darf die IFRS-GuV – ähnlich wie auch die HGB-GuV – durch Pro-Forma-Ergebnisse ergänzt werden. Darunter versteht man Ergebniskennzahlen, die von Unternehmensseite eigenständig definiert werden, um das ausgewiesene Ergebnis nach Steuern für Zwecke der Kapitalmarktkommunikation in eine bereinig65 te Größe zu transformieren.
ProForma Kennzahlen
Insbesondere seit den neunziger Jahren haben sich gerade im Bereich industrieller Unternehmen EBIT-Kennzahlen durchgesetzt, mit deren Hilfe das Ergebnis z. B. um einmalige, außerbetriebliche, außerperiodische, ungewöhnliche oder nicht zahlungswirksame Bestandteile be66 reinigt wird (vgl. Abbildung 23 ).
Kennzahl
Definition
Beispielunternehmen
EBDA
Earnings before depreciation and amortization
eGain Communications, Auteo Media
EBDAT
Earnings before depreciation, amortization, and deferred taxes
Homestead Village, Security Capital
EBDDT
Earnings before depreciation, and deferred taxes
Catellus Development, Tomoka Land
EBDIAT, EBDITA, EBITDA
Earnings before depreciation, interest, amortization, and taxes
Viskase Companies, Hamilton Island, Det Sonderfjeldke, Orell, Füssli Holding, RWE, Adidas Salomon
Earnings before depreciation, interest, and taxes
Cewe Color, Deutsche Steinzeug
Earnings before interest, taxes a, and research with long-term character
Biolitec
EBDIT, EBITD
Earnings before interest, taxes, and timber revaluation
DPI Forestry
EBDT
Earnings before depreciation and taxes
Windward Group
EBIAT EBITA
Earnings before interest, amortization, and taxes
AimGlobal Technologies, Celestica, Siemens, E.ON
EBID
Earnings before interest and depreciation
Lintec Computer, Value City
EBIT
Earnings before interest and taxes
MAN, Epcos, Metro, Henkel
EBITASO
Earnings before interest, taxes, amortization and stock options
Petercam
EBITDAR
Earnings before interest, taxes, depreciation, amortization, and SAS, Air France, Marseille-Kliniken rentals Earnings before interest, taxes, depreciation, amortization, and Chart Industries, Kornag restructuring charges
EBITSO
Earnings before interest, taxes, and stock options
USU, CyBio
EBT
Earnings before taxes
Linde, Balda, Vossloh
EBTA
Earnings before taxes and amortization
Linde, SAP SI
EBTDA
Earnings before taxes, depreciation and amortization
Teles, GFN
EBTDAR
Earnings before taxes, depreciation, amortization, and rents
TAM Linhas Aeras
Abb. 23: Ausgewählte Pro-Forma-EBIT-Kennzahlen
65
66
Vgl. Küting/Heiden, Zur Systematisierung von Pro-Forma-Kennzahlen, in: DStR, 2003, S. 1544-1552, hier S. 1544. Mit leichten Modifikationen entnommen aus Brösel, Pro-Gorma-Kennzahlen, in: Bertsch/Ellert (Hrsg.), Handbuch IFRS, 2004, S. 336-355, hier S. 340f.
100
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
Aus Unternehmenssicht ergänzen Pro-Forma-Ergebnisse die Vorschriften zur Pflichtpublizität, indem sie erste Schritte der Bilanzanalyse durch externe Adressaten zielgerichtet gesteuert vorwegnehmen, z. B. um die nachhaltige Ertragskraft des Unternehmens zu dokumentieren oder um Einblick in die intern verwendeten Steuerungsgrößen zu geben. Greift ein Unternehmen aus bilanzpolitischen Gründen auf den Ausweis von Pro-Forma-Kennzahlen zurück, ergeben sich zusätzliche Aufgaben für den Controller. So muss sichergestellt werden, dass die internen Berichtssysteme insbesondere auf Bereichsebene in der Lage sind, die notwendigen Informationen zur Ermittlung der Pro-FormaKennzahlen bereitzustellen.
Zusätzliche Aufgaben für den Controller
Achtung: ProFormaKennzahlen, die auch aktiv gesteuert werden sollen, müssen grund sätzlich in Planung, Reporting und PerformanceMessung übernommen werden. Hier müssen die Controller als ManagementDienstleister unbedingt sicherstel len, dass nicht allein für Zwecke der Kapitalmarktkommunikation geeignete Kennzahlen in das Controlling einfließen, die für Steuerungszwecke nur mangel 67 haft geeignet sind (Zirkularitätseffekt ).
Empirische Untersuchungen zeigen, dass den Pro-Forma-Kennzahlen vom Kapitalmarkt zumindest kurzfristig ein höherer Informationswert 68 als dem Jahresergebnis zugemessen wird . Langfristig besitzen allerdings auch die eliminierten Bestandteile Wertrelevanz, d. h. Einfluss auf den Marktwert von Unternehmen, sodass die Vorbehalte, die in der Literatur gegenüber Pro-Forma-Kennzahlen geäußert werden, durchaus auch empirische Substanz besitzen. •
Mangelnde Standardisierung: Pro-Forma-Kennzahlen sind weder unternehmensübergreifend noch im Zeitablauf standardisiert. Abbildung 23 zeigt deutlich, dass unter identischen Abkürzungen möglicherweise abweichende Ergebnisgrößen verstanden werden und umgekehrt. Da Pro-FormaKennzahlen zudem kein Bestandteil der Pflichtpublizität sind, unterliegen sie auch im Zeitablauf keinem Stetigkeitsgebot. Außerdem
67
Vgl. die Ausführungen in Kapitel C 1.3. Vgl. hierzu die Übersicht über verschiedene empirische Studien zur Kapitalmarktrelevanz von Pro-Forma-Kennzahlen bei Hillebrandt/Sellhorn, Pro-Forma-Earnings: Umsatz vor Aufwendungen?, in: KoR, 2002, S. 153-154.
68
101
Kurzfristiger Informations wert von Pro Forma Kennzahlen ...
... aber langfris tig eher Ver schleierung ungünstiger Entwicklungen
B
IFRSKnowhow für Controller
•
ist die Überleitung zu den Pflichtangaben in der IFRS-GuV meist 69 nicht erkennbar . Inkonsistenzen durch unterschiedliche Berechnungsmethoden Für die Ermittlung von EBIT-Kennzahlen wird teilweise das Finanzergebnis einschließlich des Beteiligungsergebnisses vollständig eliminiert, in anderen Fällen beschränkt sich die Eliminierung nur 70 auf Zinsaufwendungen . Auch die Nichtberücksichtigung anderer Aufwandsgrößen, wie z. B. Aufwand aus der Ausgabe von Aktienoptionen im Rahmen von Incentivierungs-Programmen oder aus langfristigen Forschungsprogrammen, erscheint eher willkürlich.
Die mangelnde Transparenz der Pro-Forma-Kennzahlen lässt deshalb vielfach die Vermutung entstehen, dass sie von Unternehmen genutzt werden, um de facto unerwünschte Ergebniskomponenten zu ver71 schleiern – abwertend wird zum Teil von „earnings before bad stuff“ 72 bzw. „EBITanei“ gesprochen. Dies wird u. a. durch empirische Ergebnisse von Küting/Weber gestützt, wonach Unternehmen mit einer geringeren Ertragskraft signifikant mehr Pro-Forma-Kennzahlen be73 richten .
69
70
71 72
73
Durch die Regulation G basierend auf Section 401(b) des Sarbanes-Oxley Act müssen in den USA gelistete Unternehmen allerdings mittlerweile eine solche Überleitungsrechnung vorlegen. Vgl. Kerkhoff/Diehm, Performance Reporting: Konzepte und Tendenzen im kommenden FASB-/IASB-Standard, in: KoR, 2005, S. 343-350, hier S. 343. Es lässt sich sogar zeigen, dass bereits durch die indirekte Ermittlung eines EBITDA aus dem Jahresüberschuss im Gegensatz zu einer direkten Ermittlung aus den operativen Aufwendungen und Erträgen der Betrachtungsperiode Inkonsistenzen entstehen können. Vgl. zu einem Rechenbeispiel Brösel/Heiden, Pro-forma-Kennzahlen – Darstellung und kritische Würdigung aus der Sicht von Sparkassen, in: Bertsch/ Ellert (Hrsg.), Handbuch IFRS, 2004, S. 336-355, hier S. 347f. Mulford/Comiskey, The Financial Numbers Game, 2002, S. 340 m.w.N. Lorson/Schedler, Unternehmenswertorientierung von Unternehmensrechnung, Finanzberichterstattung und Jahresabschlussanalyse, in: Küting/Weber (Hrsg.), Das Rechnungswesen im Konzern, 2002, S. 253-294, hier S. 274. Vgl. Küting/Heiden, Zur Systematisierung von Pro-Forma-Kennzahlen, in: DStR, 2003, S. 1544-1552, hier S. 1548 m.w.N.
102
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
Beispiel Fast schon Anekdotencharakter hat in diesem Zusammenhang die Berichtspra xis der Top100NASDAQUnternehmen in den USA. Sie wiesen im Jahre 2002 einen Gesamtverlust von 82 Mrd. US$ aus, während ein ProFormaGewinn von 74 insgesamt 15 Mrd. US$ berichtet wurde .
2.3.3
OCI: Wachsende Bedeutung erfolgsneutraler Vorgänge
Nicht zuletzt getrieben durch den steigenden Anwendungsbereich der Fair-Value-Bewertung, nimmt die Bedeutung erfolgsneutral zu verbuchender Vorgänge und damit auch des other comprehensive income (OCI) innerhalb der IFRS immer weiter zu. Quellen des OCI sind neben bestimmten Bewertungsänderungen auch andere Vorschriften, z. B. zur Währungsumrechnung von Tochterunternehmen oder zur Behandlung von Differenzen aus der erstmaligen Anwendung von IFRS 3 (vgl. die untenstehende Checkliste zu den betroffenen IFRS). Wichtige Quellen für die Entstehung von OCI innerhalb der IFRS • Wertänderungen aus Methodenwechsel bzw. Fehlerkorrek turen IAS 8 • Latente Steuern auf erfolgsneutrale Wertänderungen von Vermögen bzw. Schulden IAS 12 • Wertänderungen aus der Neubewertung von Sachanlagen IAS 16 • Versicherungsmathematische Gewinne bzw. Verluste aus der Bewertung von Pensionsverpflichtungen IAS 19 • Differenzen aus der Währungsumrechnung ausländischer Tochterunternehmen IAS 21 • Wertänderungen aus der Neubewertung von immateriellem Anlagevermögen IAS 38 • Wertänderungen aus FairValueBewertungen von zur Ver äußerung gehaltenen Wertpapieren (availableforsale) IAS 39 • Wertänderungen aus derivativen Finanzinstrumenten bei CashflowHedges IAS 39 • Wertänderungen aus der Neubewertung von Renditeimmo bilien IAS 40
74
Zitiert nach Heiden, Pro-forma-Kennzahlen aus Sicht der Erfolgsanalyse, in: Brösel/Kasperzak (Hrsg.), Internationale Rechnungslegung, Prüfung und Analyse, 2004, S. 593614, hier S. 593.
103
Quellen für die Entstehung von OCI
B
IFRSKnowhow für Controller •
Anpassungsbuchungen bei Übergang auf die IFRSRech nungslegung • Behandlung von Differenzen aus der erstmaligen Anwen dung von IFRS 3 Vorschriften zum OCI erst mals in den US GAAP
IFRS 1 IFRS 3
Vorschriften zum Ausweis des OCI wurden erstmals innerhalb der US-GAAP in 1997 durch SFAS 130 „Reporting Comprehensive Inco75 me“ eingeführt . Zielsetzung war es einerseits, die Investoren über bestimmte Wertänderungen zu informieren. Andererseits sollte hierfür keine Erhöhung der Volatilität des Jahresergebnisses durch z. B. exogen induzierte Zeitwertschwankungen und damit eine reduzierte Prognosekraft in Kauf genommen werden. In den IFRS wird der Begriff OCI streng genommen nicht gebraucht – sie sprechen von „other recognised income and expense“ (IAS 1.96). In der Literatur wie auch in der Unternehmenspraxis hat sich der aus den US-GAAP übernommene Begriff des OCI weitgehend durchgesetzt. Auch einen eigenständigen Standard zum OCI gibt es innerhalb der IFRS bisher nicht; die Notwendigkeit des Ausweises von OCI ergibt sich aus IAS 1.96 (b), in dem ein eigenständiger Ausweis sämtlicher erfolgsneutraler Vorgänge innerhalb der Eigenkapitalveränderungsrechnung gefordert wird. Die derzeitige Überarbeitung der Erfolgsberichterstattung im Projekt „Financial Statement Presentation“ (bis Mitte 2006 noch unter der Projektbezeichnung „Performance Reporting“ geführt) des IASB wird allerdings voraussichtlich ab 2009 zusätzliche Hinweise für den Ausweis von OCI geben. Geplant ist eine erweiterte GuV (single statement approach), die sowohl das Jahresergebnis (profit or loss for the period bzw. net income) als auch erfolgsneutrale Positionen (other comprehensive income) ausweist.
Praxis kritisiert single state ment approach
Dies wird in der Praxis allerdings kritisch gesehen – wie das nebenstehende Interview mit Guido Kerkhoff (Zentralbereichsleiter Group Accounting and Reporting Deutsche Telekom AG und Mitglied der 75
Unter comprehensive income ist dabei „the change in equity (net assets) of a business enterprise during a period from transactions and other events and circumstances from nonowner sources“ zu verstehen (SFAC 6, Par. 70). Vgl. zu einer ausführlichen Darstellung der entsprechenden Vorschriften innerhalb der US-GAAP Kieso/Weygandt/ Warfield, Intermediate Accounting, 2005, S. 145 ff, sowie den Beitrag von Kuhlewind, Die amerikanische Ergebnisrechnung, in: Ballwieser (Hrsg.), US-amerikanische Rechnungslegung, 2000, S. 283-328f.
104
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
Joint Working Group des IASB und FASB zum Projekt Financial Statement Presentation (ehem. Performance Reporting) zeigt: Er kritisiert: „Dem Bilanzleser würde im zentralen Performance Statement eine unterste Ergebnisgröße präsentiert, in der sich „harte“ Erträge und Aufwendungen mit unrealisierten Zeitwertschwankungen vermengen und so für Verwirrung sorgen.“
Erfolgsrechnung auf dem Prüfstand – Gespräch mit Guido Kerkhoff, Deutsche Telekom AG Nach beruflichen Stationen bei VEW im Bereich Konzernbilanzen und -steuern sowie bei Bertelsmann als Bereichsleiter Grundsatzfragen in Konzernrechnungswesen und -controlling ist Guido Kerkhoff seit 2003 als Senior Executive Vice President Group Accounting and Reporting für die Deutsche Telekom AG tätig. Mitglied der IASB and FASB Joint International Group (JIG) on Financial Statement Presentation (ehem. Performance Reporting) sowie Vorsitzender der Arbeitsgruppe Performance Reporting des DRSC. Herr Kerkhoff, schon seit mehreren Jahren planen IASB und FASB einen neuen Standard zur Erfolgsrechnung (Performance Reporting). Warum besteht aus Sicht der beiden Standardsetter hier ein umfassender Regelungsbedarf? Die IFRS und US-GAAP regeln spezifisch und ausdifferenziert Fragen zu Ansatz und Bewertung. Die Aufbereitung und Kommunikation der Unternehmens-Performance an die Adressaten hingegen orientiert sich bislang an relativ vagen Vorgaben der Standardsetter, sodass sich die Praxis hier stark heterogen zeigt.Beispielsweise werden Summen und Zwischensummen der Erfolgsrechnung uneinheitlich ermittelt. Kategorisierungen, etwa des Finanzergebnisses, werden ebenso uneinheitlich – sofern überhaupt – vorgenommen. Ferner wird das Cash Flow Statement teils nach der direkten, teils nach der indirekten Methode dargestellt, und die dortigen Kategorisierungen werden teilweise abweichend von der GuV vorgenommen. Als Folge dessen kann die derzeitige Beliebtheit von Pro-Forma-Kennzahlen erklärt werden. Unternehmen kommunizieren ihre Performance beispielsweise via EBITDA oder Free Cash Flow.
105
B
B
IFRSKnowhow für Controller
Was würde ein „Single Statement of Recognised Income and Expense“, das von FASB und IASB in diesem Zusammenhang erwogen wurde, konkret für den Bilanzleser bedeuten? Seitens der Standardsetter bestand die Zielsetzung in einem verpflichtenden „Single Statement“, das letztlich sämtliche Eigenkapitalveränderungen der Periode mit Ausnahme von Transaktionen mit Eigentümern umfasst. Das Ergebnis der „klassischen“ Erfolgsrechnung „Profit or Loss“ bzw. „Net Income“ würde lediglich als Zwischensumme ausgewiesen oder, wie von den Boards im Juni 2005 erwogen, zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise gänzlich eliminiert. Dem Bilanzleser würde im zentralen Performance Statement eine unterste Ergebnisgröße präsentiert, in der sich „harte“ Erträge und Aufwendungen mit unrealisierten Zeitwertschwankungen vermengen und so für Verwirrung sorgen. Mitglieder der Joint International Group wiesen deutlich darauf hin, dass ein solches Konglomerat an Erfolgselementen nicht geeignet ist, die Performance eines Unternehmens darzustellen. Insofern ist die Entscheidung des IASB vom November 2005, alternativ ein separates „Income Statement“ mit der Ergebnisgröße „Profit or Loss“ zuzulassen, zu begrüßen. Welche Positionen finden sich typischerweise im „ other comprehensive income“ (OCI) wieder? Wie sind OCI und Net Income voneinander abzugrenzen? Die heute im OCI klassifizierten Sachverhalte haben sich seit den frühen 80er Jahren in den US-GAAP und später in den IFRS nach und nach ohne konzeptionelle Grundlage entwickelt. Bestandteile sind etwa unrealisierte Zeitwert-Schwankungen von available-for-saleWertpapieren, von Sachanlagen oder von immateriellen Werten, Währungs-Umrechnungsdifferenzen aus der Konsolidierung ausländischer Gesellschaften sowie aus derartigen Sachverhalten resultierende latente Steuern. Meines Erachtens sollten Erfolgselemente im Grundsatz dann dem OCI zuzuordnen sein, wenn sie als nicht realisiert zu beurteilen sind und nicht das Kerngeschäft eines Unternehmens darstellen. Der Blick auf die Vergangenheit zeigt jedoch, dass ein eindeutig trennscharfes, rein definitionsbasiertes OCI-Kriterium nicht gefunden werden kann. Daher sollte weiterhin individuell, also „rules-based“ festgelegt werden, welche Sachverhalte gesondert vom „Profit or Loss“ bzw. „Net Income“ im OCI auszuweisen sind. Ist es aus Ihrer Sicht sinnvoll, das OCI innerhalb der Erfolgsrechnung im
106
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
Vergleich zum Net Income so prominent darzustellen? Wäre nicht das Net Income die zentral relevante Größe? Ein kaum noch differenziert aufbereitetes Konglomerat sämtlicher eigenkapitalverändernder Erfolgsbeiträge in einem Single Statement halte ich nicht für sinnvoll. Ein gemäß dem Grundsatz „due to the rationale of unrealised and non-core-business related“ auch formal deutlich vom Net Income separiertes OCI erscheint mir sachgerecht hinsichtlich dreier zentraler Zielsetzungen eines Performance Reporting: Ermittlung eines Net Income als Basis zur Bestimmung des ausschüttbaren Erfolgs; • •
Separierung von unrealisierten Zeitwert-Schwankungen und Aufbereitung von Informationen, auf deren Basis die (Un-) Sicherheit und der zeitliche Anfall künftiger Cashflows abschätzbar ist.
Abschlussadressaten haben Interesse an solch zweckmäßig bestimmten Erfolgsgrößen, wie etwa einem verbindlich definierten und damit zwischenbetrieblich vergleichbarem EBIT oder EBITDA, nicht an einer Miteinbeziehung von irrelevanten Wertbewegungen des Anlagevermögens. Die Erfahrungen der letzten Hauptversammlungen der Deutschen Telekom und der T-Online bestätigen dies: Mehr als 800 Fragen wurden zu den Geschäftsberichten und der Zehn-JahresPlanung der T-Online gestellt, keine in Bezug auf OCI-Sachverhalte. Diese Eigenkapitalveränderungen sind offensichtlich bei Finanzanalysten, Ratingagenturen und Investoren für die Einschätzung der Performance nicht relevant. Sollte es – wie heute schon bei den available-for-sale-Wertpapieren – ein Recycling erfolgsneutral erfasster Positionen des OCI in das Net Income geben, oder macht dies die Erfolgsrechnung im Zeitablauf nicht eher intransparent und schwer nachvollziehbar? Sofern das Konzept dualer Erfolgsgrößen, wie vorgeschlagen, am Realisierungstatbestand anknüpft, erscheint bei späterer Realisation die Kommunikation eben dieser Transformation mittels „Recycling“ als relevant und sachgerecht. Ein derartig transparentes Reporting entspräche heutigen IFRS und US-GAAP. Dem OCI läge damit ein so genannter „Holding Tank View“, ein Zwischenspeicher, zu Grunde. In den jeweiligen Standards sollte auch „rules-based“ festgelegt werden, wann konkret ein „recycling“ zu erfolgen hat: etwa bei Veräußerung eines available-for-sale-Wertpapiers oder bei erstmaligem bilan-
107
B
B
IFRSKnowhow für Controller
ziellen Ansatz von Vermögenswerten oder Schulden einer vormals im Eigenkapital als Cashflow-Hedge erfassten, antizipierten Transaktion. Wichtig bei einem so verstandenen recycling erscheint, dass das auslösende Ereignis möglichst trennscharf ist und am Realisationsgrad im Sinne des Cashflow-Risikos anknüpft. Das „triggering event“ eines recycling ist dann im Anhang zu nennen und die korrespondierenden „Zwillinge“ sollten explizit identifiziert werden. Können innerhalb der Erfolgsrechnung noch individuell definierte ProForma-Kennzahlen, wie z. B. ein EBITDA, ausgewiesen werden? Grundsätzlich gelten die beiden folgenden Devisen: Zum einem definieren die Boards das Minimum an offen zu legenden Statements und Inhalten; zusätzliche Informationen „that are useful in making economic decisions“ sind gestattet. Zum anderen stehen die Börsenaufsichtsbehörden Pro-Forma-Kennzahlen skeptisch, aber nicht ablehnend gegenüber, solange Überleitungen zu definierten GAAPGrößen bereitgestellt werden. Zu hoffen ist, dass mit Abschluss des Projekts die Attraktivität von Pro-Forma-Kennzahlen automatisch gemindert ist, da dann eben sinnvoll definierte Erfolgs- und Cashflow-Größen als aussagekräftige Performance-Indikatoren dienen. IASB und FASB sollten sich deshalb in der Pflicht sehen, sich stärker als bislang am Markt auszurichten, also den Erfordernissen ihrer „Kunden“ nachzukommen. Gelingt es, zu Prognosezwecken geeignete, „harte“ Performance-Größen eindeutig zu definieren, werden Unternehmen wenig Anlass haben, Pro-Forma-Kennzahlen auszuweisen. Nicht Verbote, sondern der Wettbewerb sollte entscheiden. Herr Kerkhoff, wir danken Ihnen für das Gespräch! (gekürzte Fassung; erschienen in Accounting, Heft 03/2006) Mit OCI wird das Kongruenz prinzip durch brochen
Konzeptioneller Hintergrund für die Entstehung von OCI ist die Durchbrechung des Kongruenzprinzips (clean surplus principle), nachdem jeder Ressourcenverzehr und jede Leistungserstellung im Unternehmen, die zu einer Eigenkapitaländerung führt, auch in der Ergebnisrechnung (GuV) verzeichnet sein muss. Im HGB wird das Kongruenzprinzip nur an wenigen Stellen verletzt. Im Wesentlichen sind hier die erfolgsneutrale Verrechnung des Goodwills aus Unternehmenskäufen mit den Konzernrücklagen gemäß § 309 HGB oder
108
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
die nur in DRS 14 geregelte erfolgsneutrale Verrechnung von Wäh76 rungsumrechnungsdifferenzen im Konzernabschluss zu nennen . Das Kongruenzprinzip ist aus zwei Gründen auch aus Controllersicht von Bedeutung: •
•
76
77
78
Zunächst hat die Einhaltung des Kongruenzprinzips Objektivie77 rungsfunktion . Durch das Kongruenzprinzip wird nämlich sichergestellt, dass sämtliche Zahlungsvorgänge für Ressourcen bzw. aus dem Verkauf von Sachgütern und Dienstleistungen auch erfolgswirksam werden. Damit werden die Möglichkeiten zum Ansatz von Aufwendungen und Erträgen im Zeitablauf eingeschränkt, denn der Totalerfolg des Unternehmens muss auf Basis von Cashflows die gleiche Höhe besitzen wie bei der Ermittlung über die Addition der Jahresergebnisse lt. GuV. Gerade zur Sicherstellung einer qualitativ aussagekräftigen Erfolgsrechnung ist auch aus interner Sicht die Objektivierungsfunktion des Kongruenzprinzips von Bedeutung: Ein pauschales Durchbrechen über die Verrechnung überhöhter kalkulatorischer Kostenbestandteile kann nämlich dazu führen, dass sich ein Unternehmen über die Kalkulation nicht wettbewerbsfähiger Preise aus dem Markt kalkuliert. Ein Durchbrechen des Kongruenzprinzips, das aus Steuerungsgesichtspunkten durchaus notwendig sein kann, z. B. bei der Verrechnung kalkulatorischer Eigenkapitalkosten in der wertorientierten Steuerung, sollte schon deshalb nur vor dem Hintergrund konkreter Entscheidungs- bzw. Steuerungsprobleme erfolgen. Zum anderen ist das Kongruenzprinzip eine zentrale Annahme für das Investitions- bzw. Beteiligungscontrolling. Nach dem so ge78 nannten Preinreich-Lücke-Theorem , kann der Kapitalwert von Investitionen sowohl über die Diskontierung von Zahlungsströmen als auch von Residualgewinnen (z. B. im Sinne des Economic Value Added) ermittelt werden. Damit ist im Investitions- oder Beteili-
Gerade die erfolgsneutrale Goodwill-Verrechnung in HGB-Bilanzen wird seit jeher von theoretischer Seite stark kritisiert (vgl. z. B. Küting, Der Geschäfts- oder Firmenwert – ein Spielball der Bilanzpolitik in deutschen Konzernen, AG, 2000, S. 97-106) und ist nach den Vorschriften des DRS 4.28 – entgegen § 309 HGB – auch nicht mehr gestattet. Vgl. Weißenberger, Ergebnisrechnung nach IFRS und interne Performance-Messung, in: Wagenhofer (Hrsg.), Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006, S. 49-80. Vgl. Lücke, Investitionsrechnung auf der Basis von Ausgaben oder Kosten?, in: zfhf, 1955, S. 310-324.
109
Objektivie rungsfunktion
Investitions steuerungs funktion
B
IFRSKnowhow für Controller
gungscontrolling u. a. sichergestellt, dass eine Bereichssteuerung z. B. nach dem EVA-Konzept tatsächlich eine wertorientierte Unternehmenssteuerung unterstützt: Erhalten nämlich die Bereichsmanager eine Prämie in Abhängigkeit des jährlich ermittelten EVA, dann ist über die Laufzeit der realisierten Investitionsprojekte der Barwert dieser Prämien nur dann positiv, wenn auch der Kapitalwert dieser Projekte positiv ist. Damit erhält der Bereichsmanager nur dann einen Vorteil, wenn er – ganz im Sinne der Unterneh79 mensleitung – werterhöhende Investitionsprojekte umsetzt . Formal äußern sich die durch die Verletzung des Kongruenzprinzips entstehenden Verzerrungen in der wertorientierten bzw. Investitionssteuerung darin, dass die Kapitalkosten auf der Basis von Marktwerten angesetzt werden, die Periodenüberschüsse diese Marktwertänderungen aber nicht berücksichtigen. IASB Perspektive: GuV soll opera tiven Erfolg zeigen
Das IASB schätzt jedoch ganz offensichtlich für Zwecke einer informationsorientierten Finanzberichterstattung die Bedeutung des Kongruenzprinzips als gering ein. Vielmehr geht es darum, die IFRS-GuV insbesondere von Bewertungsänderungen, die für die Prognose des operativen Geschäftserfolgs wenig relevant sind, zu entlasten. Teilweise wird innerhalb der IFRS die Verletzung des Kongruenzprinzips, die durch den Ausweis von OCI entsteht, wieder geheilt. Dies geschieht beispielsweise beim späteren „recycling“ von zunächst erfolgsneutral verbuchten Vorgängen innerhalb der GuV, so z. B. bei zur Veräußerung von verfügbaren Wertpapieren (available-for-sale). Solange sich diese Wertpapiere im Bestand befinden, sind die FairValue-Änderungen erfolgsneutral im OCI zu zeigen. Wird das Wertpapier jedoch veräußert, ist der im Vergleich zum Anschaffungspreis 80 entstandene Gewinn bzw. Verlust in die GuV zu übernehmen . Während dadurch die Objektivierungsfunktion des Kongruenzprinzips wieder hergestellt wird, bleibt die Beeinträchtigung der Investitions-
79
80
Dies gilt allerdings u. a. nur dann, wenn wir keinen „ungeduldigen“ Manager unterstellen, der das Unternehmen bereits vor dem Abschluss der Projektlaufzeit verlassen möchte. Vgl. ausführlich zu dieser Diskussion Ewert/Wagenhofer, Interne Unternehmensrechnung, 2005, S. 465-525. Viele andere Vorgänge führen jedoch zum dauerhaften Ausweis von OCI, so z. B. bei der Neubewertung von Sachanlage- und immateriellem Anlagevermögen gemäß IAS 16 bzw. IAS 38.
110
B
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
steuerung in Höhe des Zinseffekts aus dem OCI-Ausweis weiterhin bestehen. Tipp Auch für Zwecke des Beteiligungscontrollings bzw. der Bilanzierung wird der OCI Ausweis zum Teil kritisch gesehen. So wird gefordert, die Kennzahl Ergebnis je Aktie (Earnings per Share, EPS) incl. OCI zu ermitteln. Ist dies nicht der Fall, so besteht die Gefahr, dass über Sachverhaltsgestaltung (z. B. Inanspruchnahme der FairValueOption, d. h. Zuordnung von Wertpapieren zur Kategorie „fair value through profit or loss“ anstelle von „availableforsale“) das Jahresergebnis lt. GuV als Zählergröße der Kennzahl Ergebnis je Aktie mani 81 puliert wird .
Die Bedeutung des OCI in der Unternehmenspraxis wird durch die 422 veranschaulicht, die das comprehensive income der DAX-30Konzerne für die Jahre 2002 bis 2004 zeigt. Dabei zeigt sich, dass die Höhe des OCI wie auch die Höhe wichtiger Teilkomponenten erheb82 lich schwanken kann .
Hohe Bedeu tung des OCI in der Praxis
Comprehensive income
Jahr
Eigenkapital (ohne Minderheitenanteil)
Summe
davon: Other comprehensive income (OCI)
davon: Profit or loss for the period (IFRS) / Net income (US-GAAP)
Summe OCI
davon: davon: Marktbewertung davon: Marktbewertung Differenzen aus available-for-sale von Cashflow-Hedges Währungs-umrechnung Wertpapiere
2002
336.463
-59.266
-2.633
-56.633
-18.577
33%
-28.392
50%
-93
0%
2003
343.006
13.794
14.447
-653
-14.327
2194%
14.137
-2165%
2.391
-366%
2004
36.833
36.174
37.082
-908
-3.444
379%
3.634
-400%
-459
51%
Abb. 24: Durchschnittliches comprehensive income der DAX-30-Konzerne von 2002 bis 2004 Für die Controllerarbeit gilt an dieser Stelle als Zwischenfazit, dass die OCI-Positionen insbesondere für Zwecke der Investitionssteuerung im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung kritisch überprüft werden müssen. In dem Maße, in dem in Vermögen und Schulden erfolgsneutral verbuchte Sachverhalte berücksichtigt und damit kapital-
81
82
Vgl. Theile, Gesamtergebnis je Aktie: Eine Kennzahl zur Schaffung von Vergleichbarkeit zwischen IFRS-Abschlüssen?, in: PiR, 2006, S. 97-104. Die Übersicht fasst eine detaillierte deskriptive Studie von Lachnit/Müller, Other comprehensive income nach HGB, IFRS und US-GAAP – Konzeption und Nutzung im Rahmen der Jahresabschlussanalyse, in: DB, 2005, S. 1637-1645, zusammen. Zu beachten ist, dass die Darstellung sowohl US-GAAP- als auch IFRS-Bilanzierer beinhaltet, sodass im OCI auch Positionen enthalten sind, die eine erfolgsneutrale Verbuchung nur nach USGAAP, nicht jedoch nach IFRS erfordern.
111
OCI in der Controllerarbeit
B
IFRSKnowhow für Controller
kostenwirksam werden, ist für das interne Reporting bzw. die Performance-Messung der entsprechende Anteil im OCI umzubuchen. Beispiel Ein Unternehmen entscheidet sich dafür, die betrieblich genutzten Grundstücke gemäß IAS 16 neu zum Zeitwert von 100 Mio. € gegenüber den Anschaffungs kosten von 25 Mio. € zu bewerten. Die Differenz von 75 Mio. € wird erfolgs neutral in den Konzernrücklagen verbucht und führt damit zu OCI. Für die Ermittlung des EVA, der sich aus dem NOPAT abzüglich der Kapitalkos ten (WACC • Investiertes Kapital) zusammensetzt, gibt es nun im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung zwei Möglichkeiten: • Wird die Wertsteigerung von 75 Mio. € unmodifiziert in die Kapitalbasis ü bernommen, steigen die Kapitalkosten um den entsprechenden Anteil; bei einem WACC von 10 % z. B. um 7,5 Mio. €. In dem Fall muss zur Wahrung des Kongruenzprinzips die Wertsteigerung auch in der internen Performan ceGröße NOPAT, d. h. dem operativen Ergebnis nach Steuern berücksichtigt werden. Diese Größe kann dann nicht mehr ohne Weiteres aus dem profit or loss for the period bzw. net income lt. IFRSGuV abgeleitet werden. • Soll die Bewertungsänderung dagegen nicht in die interne Performance Messung einbezogen werden, z. B. um die Managementleistung des laufen den Geschäftsjahres klarer abzugrenzen, darf das Management auch nicht mit höheren Kapitalkosten „bestraft“ werden. Diese sind dann – entgegen der IFRSBilanz – weiterhin auf die historischen Anschaffungskosten von 25 Mio. € zu ermitteln. Unabhängig davon, für welche Alternative sich das Unternehmen entscheidet: In jedem Fall können die IFRSDaten nicht unmodifiziert für Controllingzwecke in die interne Rechnungslegung übernommen werden. An allen Stellen, an de nen – wie in dem o. a. Beispiel – unter Wesentlichkeitsgesichtspunkten Steue rungsbedarfe zu beachten sind, müssen die IFRSDaten ggf. durch Brückenposi tionen im Rahmen einer Überleitungsrechnung angepasst werden. Literaturtipps zum Thema IFRSGuV und OCI Berndt/Jenny, Gewinn oder nicht Gewinn? Bedeutung des Other Comprehensive Income bei der Bestimmung der Eigenkapitalrentabilität, in: BB, 2006, S. 2179 2185 Lachnit/Müller, Other Comprehensive Income nach HGB, IFRS und USGAAP – Konzeption und Nutzung im Rahmen der Jahresabschlussanalyse, in: DB, 2005, S. 16371645 Lüdenbach, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRSKommentar, 4. Aufl., 2006, § 2 Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 2006, Kap. 7 Zülch, Die Gewinn und Verlustrechnung nach IFRS, 2004
112
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
2.4
Segmentberichterstattung: Externe Kommunikation interner Reportingstrukturen und inhalte nach IAS 14 und IFRS 8
2.4.1
Segmentbericht: Disaggregation des Jahresabschlusses
B
Die Segmentberichterstattung ist ein bedeutendes Element in der Kapitalmarktkommunikation diversifizierter Unternehmen. Da die Geschäftsfelder bzw. Regionen, in denen das Unternehmen agiert, möglicherweise sehr heterogenen Risiko-Rendite-Strukturen unterliegen, lassen sich aus dem Jahresabschluss nur eingeschränkte Prognosen über die künftige Ertragskraft ableiten. Die disaggregierte Sicht der Segmentberichterstattung stellt den Investoren diese Informationen bereit und ist nach IAS 14 bzw. dem ab 2009 anzuwendenden IFRS 8 deshalb für alle börsennotierten Unter83 nehmen zwingend vorgeschrieben . Zudem werden durch die Segmentberichterstattung Quersubventionen aufgedeckt, und gerade bei hohem Diversifikationsgrad wird externen Adressaten ein branchenbezogener (Segment-)Vergleich erleichtert. Beispiel Der Segmentbericht des VolkswagenKonzerns zeigt beispielsweise, dass ca. ein Drittel des operativen Konzernergebnisses von 1,6 Mrd. € in 2005 durch den Finanzdienstleistungsbereich (Segmentvermögen: ca. 61 Mrd. €) erwirtschaftet wurde, die übrigen zwei Drittel durch den Bereich Automobil (Segmentvermö gen knapp 70 Mrd. €). Für die Prognose des zukünftigen Konzernerfolgs und der damit verbundenen Risiken ist diese Information äußerst bedeutsam, da Automobilproduktion und Bankgeschäft stark abweichende Renditen und Risikoprofile besitzen.
2.4.2
Segmentabgrenzung nach IAS 14
Die Segmentabgrenzung nach IAS 14 basiert auf zwei zentralen konzeptionellen Grundlagen:
83
Während das HGB im Einzelabschluss (§ 286 Abs. 2 HGB) u. a. aus wettbewerbspolitischen Gründen einen Verzicht auf die Aufgliederung der Umsatzerlöse erlaubt, existiert eine vergleichbare salvatorische Klausel in den IFRS – ebenso wie für den HGBKonzernabschluss – nicht.
113
Konzeptionelle Grundlagen des Segmentbe richts
B
IFRSKnowhow für Controller •
•
Risk-and-Reward-Approach Homogenes Risiko-Rendite-Profil als Merkmal für die Segmentabgrenzung. Management Approach Praktische Orientierung in der Segmentabgrenzung an der internen Reportingstruktur.
Faktisch dominiert in der Segmentberichterstattung nach IAS 14 der Management Approach, denn es wird unterstellt, dass die Unternehmensleitung bei der Aufteilung des Unternehmens in eigenständige Bereiche die Kriterien eines homogenen Risiko-Rendite-Profils zu Grunde legt (IAS 14.13). Um gleichzeitig aber eine unternehmensübergreifende Vergleichbarkeit von Segmenten herzustellen, sind Segmente nach derzeitigem Stand zwingend nach den Kriterien „Geschäftsfelder“ und „Regionen“ – bezogen auf Produktions- oder Absatzstandorte – zu gliedern (IAS 14.9). Dies führt zu Widersprüchen zum internen Reporting, wenn die Führung des Unternehmens faktisch beispielsweise nach geschäftsfeldoder regionenübergreifenden rechtlichen Einheiten erfolgt, z. B. in einer Finanzholding. Segmentab grenzung
Eine detaillierte Übersicht zur Segmentabgrenzung nach IAS 14 und zu den Möglichkeiten, ggf. aus Wesentlichkeitsgründen auf den Bericht über kleine Segmente zu verzichten oder Segmente mit homogener Risiko-Rendite-Struktur zusammenzufassen, findet sich in Abbildung 25.
114
B
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
Teil eines börsennotierten Unternehmens
der Geschäftsaktivitäten aufweist, die zu Umsatzerlösen oder sonstigen Erträgen führen
Nein
kein anzugebendes Segment
Nein
kein anzugebendes Segment
Ja
der regelmäßig von der Unternehmensleitung überwacht wird Ja
homogene Chancen-Risiko-Struktur innerhalb mehrerer offenzulegender Segmente
anzugebendes Segment Ja
Nein
Zusammenfassung mehrerer anzugebender Segmente möglich
Zusammenfassung mehrerer anzugebender Segmente nicht möglich
Mindestens ein Größenkriterium ist erfüllt • Umsatzerlöse ≥ 10% der gesamten Umsatzerlöse • Ergebnis ≥ 10% des größeren absoluten Betrags aus positiven bzw. negativen Ergebnissen • Vermögen ≥ 10% des Gesamtvermögens
kein anzugebendes Segment Nein
die Unternehmensleitung bestimmt das Segment als anzugebendes Segment
Ja
anzugebendes Segment
Umsatzerlöse der anzugebenden Segmente ≥ 75% der konsolidierten Umsatzerlöse Ja
Segmentierung ist abgeschlossen
Nein
Abb. 25: Flow-Chart zur Segment-Abgrenzung nach IAS 14 Ähneln sich beispielsweise mehrere Segmente bezüglich ihres Chancen-Risiko-Profils, d. h. wird eine vergleichbare langfristige Ertragsentwicklung nicht nur für die Vergangenheit unterstellt, sondern auch zukünftig erwartet, können sie in der externen Segmentberichterstattung zusammengefasst werden, auch wenn intern eine eigenständige Steuerung, z. B. als Investment Center, erfolgt. Publizitätspraxis in der Segmentberichterstattung – das Beispiel Siemens In der Praxis werden Segmente häufig auf sehr aggregierter Ebene berichtet. So weist z. B. der SiemensKonzern im Segmentbericht 2005 12 Segmente aus. Die strategische Steuerung findet jedoch auf Basis von ca. 90 Geschäftsgebieten statt. Die Geschäftsführung erfolgt schließlich auf der Ebene von ca. 200 stra 84 tegisch definierten Geschäftsfeldern .
84
Vgl. Feldmayer/Zimmermann, Software-gestützte, integrierte strategische Unternehmensplanung – dargestellt am Beispiel der Siemens AG, in: Hahn/Taylor (Hrsg.), Strate-
115
Zusammenfas sung von Segmenten mit homogenem Chancen RisikoProfil
B
IFRSKnowhow für Controller
2.4.3 Offenzulegende Segmentinfor mationen
Primäre vs. sekundäre Berichtskategorie
Nach IAS 14.27 wird weiterhin zwischen primären und sekundären Berichtskategorien differenziert. In der primären Berichtskategorie sind sehr umfangreiche Segmentinformationen zu geben, in der sekundären Berichtskategorie dementsprechend nur wenige Kennzahlen (vgl. die untenstehende Checkliste). Checkliste: Informationen im Segmentbericht Segmentinformationen in der primären Berichtskategorie (IAS 14.5067) • Segmenterlöse, aufgeteilt in Innen und Außenerlöse • Segmentergebnis • Segmentvermögen • Segmentschulden • Segmentinvestitionen • Segmentabschreibungen sowie getrennt davon sonstige wesentliche zah lungsunwirksame Segmentaufwendungen (oder statt beider Positionen: SegmentCashflow) • Ergebnis aus und Höhe der nach der EquityMethode bewerteten Beteili gungen im Segment • Grundlagen der Verrechnungspreisbildung für InterSegmentTransaktionen (IAS 14.75) Segmentinformationen in der sekundären Berichtskategorie (IAS 14.6872) • Segmentaußenerlöse • Segmentvermögen • Segmentinvestitionen
Identifikation von primärer und sekundärer Berichtskatego rie
Die für die Identifikation von primärer und sekundärer Berichtskategorie relevante Reporting-Ebene ist die oberste Stufe des internen Berichtswesens, auf der mit segmentierten Daten die Ertragskraft von Unternehmenseinheiten überwacht bzw. Entscheidungen über die 85 Zuweisung von Ressourcen getroffen werden . Erfolgt die Segmentie-
85
gische Unternehmensplanung – Strategische Unternehmensführung, 2005, S. 249-266, hier S. 251. Zur Identifikation können neben den Berichtsstrukturen im Unternehmens- oder Konzernreporting auch Vorlagen und Protokolle von Sitzungen der Unternehmensleitung oder des Aufsichtsrats herangezogen werden. Vgl. Hütten, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 36 Rz. 25.
116
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
rung hier nicht nach Geschäftsfeldern oder Regionen, sondern z. B. aus historisch-unternehmenspolitischen Gründen nach rechtlichen Einheiten –ist dann auf die nächstniedrigere Berichtsebene zu gehen (safety net), bis intern eines der beiden Segmentierungskriterien relevant wird. Im Gegensatz zur Segmentstrukturierung, die dem Management Approach folgt, sind die Segmentinformationen strikt auf Basis der IFRS 86 zu ermitteln . Zudem dürfen freiwillige Pro-Forma-Segmentinformationen nur dann im Rahmen der Segmentberichterstattung gegeben werden, wenn diese Kennzahlen auch tatsächlich im Controlling zur Segmentsteuerung herangezogen werden.
Einschränkung von freiwilligen Angaben in der Segmentbe richterstattung
Beispiel Zu den zentralen Steuerungsgrößen im XYKonzern gehört ein operativer Cash flow, der aufgrund verschiedener Bereinigungen abweichend von den Vorgaben des IAS 7 ermittelt wird. Da diese Größe Teil des regelmäßigen Reportings an die Konzernleitung ist und von dieser auch zur Beurteilung der Ertragskraft der Bereiche eingesetzt wird, darf im Segmentbericht von XY auch diese Größe aus 87 gewiesen werden . Der Wettbewerber AB hingegen, der einen vergleichbaren Cashflow nicht für interne Steuerungszwecke nutzt, diese Größe aber ausweisen möchte, da sie nach eigener Einschätzung dauerhaft besser ausfällt als bei der XY, darf dies nicht im Rahmen der Segmentberichterstattung nach IFRS tun, sondern allen falls im Rahmen freiwilliger Publizitätselemente, z. B. einem Value Reporting.
2.4.4
Segmentbericht nach IAS 14: Anstoß für die Integration der Rechnungslegung
Die Segmentberichterstattung ist ein wichtiger Anstoß für den Wunsch vieler IFRS-Bilanzierer nach einer integrierten Rechnungslegung. In dem Moment, in dem die Führungsstruktur bzw. die Einteilung von Geschäftsfeldern und Regionen von der rechtlichen Konzernstruktur abweicht, z. B. durch die Existenz so genannter „ZebraGesellschaften“, die segmentübergreifend tätig sind, können die IFRSAbschlüsse der Konzerngesellschaften nicht mehr ohne Weiteres zur 86
87
Dies ist ein weiterer wesentlicher Unterschied zur US-amerikanischen Segmentberichterstattung gemäß SFAS 131, nach der die Segmentinformationen nicht US-GAAP-konform sein müssen, sondern auch abweichend nach internen Ermittlungsroutinen – beispielsweise als kalkulatorische Kosten – erstellt werden können. Vgl. hierzu auch Hütten, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 36, Rz. 96f.
117
Segmentbe richterstattung als Anstoß für die Integration der Rechnungs legung
B
IFRSKnowhow für Controller
Segmentberichterstattung aggregiert werden. Hier existieren zwei Lösungswege: •
•
Anpassung der rechtlichen Struktur an die Führungsstruktur Entweder wird die rechtliche Struktur der im Segmentbericht offengelegten Führungsstruktur soweit angepasst, dass keine ZebraGesellschaften mehr existieren, sondern jede rechtliche Einheit eindeutig einem nach IAS 14 berichtspflichtigen Segment zugeordnet ist. Integration von externem und internem Reporting auf Segmentund Gesamtunternehmensebene Alternativ werden auch für Zwecke des internen Reportings (weitgehend) die IFRS-Zahlen zu Grunde gelegt, sodass die entsprechenden Daten nur mit geringfügigen Modifikationen bzw. Überleitungen in die externe Segmentberichterstattung übernommen werden können.
Gerade der zweite Weg einer integrierten Rechnungslegung wird in der Praxis häufig beschritten, da die rechtliche Umstrukturierung mit erheblichen Transaktionskosten und auch steuerlichen Nachteilen verbunden sein kann und zudem die IFRS durch ihre betriebswirtschaftliche Perspektive für interne Reportingzwecke auch geeignet sind. Für die interne und externe Integration spielt das Segmentergebnis eine wichtige Rolle, dessen Komponenten im Folgenden noch einmal näher erläutert werden. Segmentergeb nis als Schlüs selgröße der Integration
Das Segmentergebnis ist nach IAS 14 als Differenz zwischen Segmenterlösen und -aufwendungen zu ermitteln. Anteile aus aufgegebenen Bereichen (vgl. IFRS 5) sind – wie auch in der IFRS-GuV – getrennt 88 auszuweisen . Ein Segment-OCI aus erfolgsneutralen Vorgängen auf Segmentebene ist derzeit noch nicht anzugeben; dies ist jedoch zukünftig geplant. Die Segmenterlöse umfassen sowohl unternehmensinterne als auch externe Umsatzerlöse, die allerdings getrennt auszuweisen sind. Die zugerechneten Segmentaufwendungen müssen aus der jeweils operativen Geschäftstätigkeit des betrachteten Segments resultieren. Dabei ist zu beachten (IAS 14.16): 88
Für die Segmentierungsebene, die nicht der dominanten Steuerungskategorie entspricht (secondary segments), sind Segmentergebnisse nach IAS 14 nicht angabepflichtig.
118
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS •
•
•
•
•
Kongruenz von Segmentergebnis und -vermögen Aufwendungen, die sich auf bestimmte Vermögenswerte beziehen, wie z. B. Abschreibungen, dürfen nur dann dem Segment zugerechnet werden, wenn auch der Vermögenswert innerhalb des Segmentvermögens als weitere Berichtsposition innerhalb der Segmentberichterstattung ausgewiesen wird. Ausweis des operativen Geschäftserfolgs Da das Segmentergebnis den operativen Geschäftserfolg abbilden soll, dürfen u. a. Erträge bzw. Aufwendungen aus Zinsen, der Veräußerung von Finanzinstrumenten oder der Schuldentilgung nur im Segmentergebnis enthalten sein, wenn die operative Tätigkeit dieses Segments überwiegend als finanziell zu charakterisieren ist. Kein Ausweis von Ertragsteuern und Minderheitenergebnissen Auch Ertragssteuern sowie gegebenenfalls Anteile von Minderheiten (sofern das Segment einen Teilkonzern repräsentiert) sind nicht dem Segmentergebnis zuzurechnen – anders so genannte Kostensteuern, die aufgrund ihres Betriebskostencharakters in den Aufwendungen aus der operativen Geschäftstätigkeit berücksichtigt werden müssen. Nur nachvollziehbare Schlüsselung von Aufwendungen auf Segmente Fallen Aufwendungen für mehrere Segmente gleichzeitig an – z. B. aus einer von mehreren Geschäftsbereichen genutzten regionalen Vertriebsniederlassung –, sind diese aufzuschlüsseln. Allgemeine Verwaltungskosten der Unternehmenszentrale sowie andere Aufwendungen, die sich nicht nach einem nachvollziehbaren Schlüssel zuordnen lassen, gehören nach IAS 14.48 nicht zu den Segmentaufwendungen. Ein Beispiel sind möglicherweise die Aufwendungen aus einer zentralen Forschungsabteilung oder für gesamtunternehmensbezogene Imagewerbung. Segmentaufwand reflektiert nur Umsatzkosten Schließlich dürfen sich die Segmentaufwendungen nur auf unternehmensintern oder -extern abgesetzte Mengen, nicht aber auf produzierte Mengen beziehen. Dies ergibt sich daraus, dass Erträge aus Bestandserhöhungen in den Segmenterlösen nicht enthalten sind.
In vielen Fällen wird das Segmentergebnis aufgrund dieser Überlegungen als Segment-EBIT ermittelt werden. Die Summe der Segmentergebnisse ist auf eine vergleichbare abgegrenzte operative Ergebnisgrö-
119
B Vorschriften zur Ermittlung des Segmentergeb nisses
Überleitung von Segment Ergebnis auf IFRSErgebnis
B
IFRSKnowhow für Controller
ße (z. B. Unternehmens-EBIT) sowie auf das Jahresergebnis der GuV überzuleiten (reconciliation, IAS 14.67) – jeweils getrennt nach laufender Geschäftstätigkeit und einzustellenden Bereichen im Sinne von IFRS 5. Überleitungspositionen können u. a. aus folgenden Quellen resultieren: • •
•
Intersegmentäre Beziehungen, die in den konsolidierten Unternehmensdaten bereits eliminiert sind, den Segmenten nicht zurechenbare Beträge, z. B. allgemeine Verwaltungskosten oder Aufwendungen und Erträge von aus Segmentperspektive nicht betriebsnotwendigem Vermögen, Ergebnisanteile unwesentlicher Segmente.
Mit Ausnahme der Aufspaltung der Segmenterlöse in Inter-Segmentund Außenumsätze sind diese Ursachen jedoch nicht offenzulegen. 2.4.5
IFRS 8: Neue Vorschriften zum Segmentbericht ab 2009
IAS 14 wurde in den letzten Jahren im Rahmen des Konvergenzprojekts mit dem US-amerikanischen FASB überarbeitet. Der neue Standard IFRS 8 (Segmentberichterstattung / Operating Segments) wurde im November 2006 verabschiedet und ist für Geschäftsjahre ab 2009 zwingend anzuwenden. IFRS 8: Umset zung des Ma nagement Approach
Im Gegensatz zu IAS 14 orientiert sich IFRS 8 – analog zum USamerikanischen Standard SFAS 131 – noch stärker als der bisherige IAS 14 am Management Approach: Die interne Reportingstruktur auf Top-Management-Ebene muss unverändert und ohne die bisher erzwungene Einteilung in Geschäftsfelder und Regionen nach außen kommuniziert werden. Das gleiche gilt auch für die Reporting-Inhalte. Gemäß IFRS 8 wird weiterhin der Katalog der zu veröffentlichenden Segmentinformationen in der primären Berichtskategorie noch umfangreicher. So sind zusätzliche Informationen über Zinsaufwand und -erlöse im Segment sowie Segmentsteueraufwand und -ertrag zu geben. Zudem werden nach IFRS 8 sehr viel umfangreichere textliche Erläuterungen als bisher zu den Segementinformationen gefordert.
120
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
Literaturtipps zum Thema Segmentberichterstattung Auer, IAS 14 (Segment Reporting): Inhalte und Schnittstellen zum Controlling, in: ZfCM, Sonderheft 2/2004, S. 411 Hinz, Segmentberichterstattung nach IFRS, 2005 Hütten, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRSKommentar, 4. Aufl., 2006, § 36 Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 2006, Kap. 27
2.5
Umsatzrealisation nach IAS 11 und IAS 18
2.5.1
Realisationsprinzip aus Controllerperspektive
Von den Vorschriften zur Umsatzrealisation innerhalb der IFRS sind vor allem IAS 18 „Erträge“ und IAS 11 „Langfristfertigung“ relevant. Sie beeinflussen maßgeblich den Ausweis von Umsätzen, die im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung auch in die internen Steuerungskennzahlen übernommen werden. Aus Controllersicht sind dabei folgende Aspekte bedeutsam: •
•
Umsatzerlöse sind die zentrale positive Ertragskategorie, die vom EVA oder ROI bis hin zum DB I in die Steuerungskennzahlen aller Managementebenen einfließen und – sofern es sich nicht um eine reine Cost-Center-Betrachtung handelt – eine wichtige Grundlage für die Performance-Messung darstellen. Controller und Manager müssen für eine zielführende Steuerung antizipieren können, welche Transaktionen wann zur Umsatzrealisation führen. Dies kann nach IFRS fundamental von dem Verständnis unter HGB abweichen. Zum anderen dienen Umsatzerlöse in vielen Kennzahlen als Schätzgröße für operative Cash-Inflows, weil sie in aller Regel zu vergleichsweise sicheren kurzfristigen Liquiditätszuflüssen führen, so z. B. in den Kennziffern zum Kapitalumschlag. Hohe Umsätze sind dann ein Indikator dafür, dass kurzfristige Liquiditätsprobleme unwahrscheinlich sind. In der IFRS-Rechnungslegung ist dies jedoch nicht notwendigerweise der Fall: Durch die Teilgewinnrealisierung (percentage of completion method) im Rahmen der Langfristfertigung nach IAS 11 werden in der aktuellen Berichtsperiode Umsätze ausgewiesen, die möglicherweise erst in einigen Jahren zu
121
Hohe Relevanz des Zeitpunkts der Umsatzrea lisation
B
IFRSKnowhow für Controller
einem sicheren Zahlungsanspruch führen und erst dann liquiditätswirksam werden. Achtung: Die Unterschiede in der Umsatzrealisation zur traditionellen HGBSichtweise, die in der deutschen Praxis auch in die Kostenrechnung übernommen wurde, führen dazu, dass die Steuerungskennzahlen im Rahmen einer IFRSbasierten integrier ten Rechnungslegung auf allen Unternehmensebenen neu interpretiert werden müssen. Die veränderte Umsatzrealisation unter IAS 18 muss insbesondere bei der Gestal tung kurzfristig orientierter Bonussysteme, beispielsweise im Vertriebsbereich, berücksichtigt werden. Können die Bonusempfänger nämlich keinen Bezug mehr zwischen ihrer eigenen Leistung und dem Umsatzausweis bzw. den damit ver bundenen Bonuszahlungen herstellen, läuft die Steuerungswirkung dieser Anreiz systeme ins Leere.
2.5.2
Umsatzrealisation nach IAS 18 – der aktuelle Stand
Die Umsatzrealisation nach IAS 18 kann als risikoorientiert bezeichnet 89 werden – im Gegensatz zum Ausweis von Umsatzerlösen unter HGB, 90 der der rechtlichen Transaktionsstruktur entspricht . In einer systematischen Betrachtung (vgl. Abbildung 26) gliedern sich die Risiken 91 einer Transaktion wie folgt :
89
90
91
Lüdenbach, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 25, Rz. 79, spricht von einer Realisation in Abhängigkeit vom „wirtschaftlichen Gesamtgehalt“ als Grundlage für das Realisationsprinzip nach IFRS. § 252 Nr. 4 HGB enthält lediglich eine abstrakte Kodifizierung des Realisationsprinzips, sodass die in der Kommentarliteratur grundsätzlich einheitliche Auslegung, die sich an der rechtlichen Transaktionsstruktur orientiert, den Stellenwert eines Grundsatzes ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) besitzt. Vgl. Keitz, Ertragserfassung – Anforderungen nach den Vorschriften des IASB und deren praktische Umsetzung, in: KoR, 2004, S. 118-127.
122
B
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
Beispiel: Ein einmaliger Auftrag zur Erstellung einer Fabrikanlage wird zu einem Festpreis von 800 GE vereinbart, der bei Abnahme am Ende des 4. Jahres fällig wird. Jährlich fallen Einzelkosten in Höhe von 125 GE und aktivierungsfähige (HGB) bzw. -pflichtige (IFRS) Gemeinkosten in Höhe von 60 GE an.
HGB/ GoB
IFRS
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Bestand
125 + 60 = 185 (unfertige Erzeugnisse)
185 + 125 + 60 = 370 (unfertige Erzeugnisse)
370 + 125 + 60 = 555 (unfertige Erzeugnisse)
800 (Kasse)
Umsatz
0
0
0
800
Ergebnis
0
0
0
800 – (555 + 185) = 60
Bestand
800 * 25% = 200 (Aufträge in Bearbeitung)
200 + 800 * 25% = 400 (Aufträge in Bearbeitung)
400 + 800 * 25% = 600 (Aufträge in Bearbeitung)
800 (Kasse)
Umsatz
200
200
200
200
Ergebnis
200 – 185 = 15
200 – 185 = 15
200 – 185 = 15
200 – 185 = 15
Abb. 26: Umsatzrealisation nach HGB vs. IFRS •
•
•
•
Nach dem Abschluss eines schuldrechtlichen Kauf- bzw. Dienstleistungsvertrags besteht für den Verkäufer zunächst das Preis- oder Produktionsrisiko. Es resultiert aus der Gefahr von Drohverlusten, wenn die zu erstellende Leistung vom Verkäufer noch nicht erworben oder hergestellt wurde und dies teurer wird, als ursprünglich veranschlagt. Im zweiten Schritt entsteht das Erfüllungs- bzw. Abnahmerisiko. Es bringt zum Ausdruck, dass der Verkäufer möglicherweise die geschuldete Leistung gar nicht erbringen wird bzw. kann oder dass der Kunde die Leistung nicht abnimmt, weil – wie beispielsweise im Versandhandel oder bei der Zusendung unverlangter bzw. falscher Ware – keine Verpflichtung zur Abnahme besteht. Hat der Verkäufer hingegen geliefert und der Kunde die Ware auch abgenommen, entsteht das Inkassorisiko, weil der Kunde seiner Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises nicht oder nur teilweise nachkommt. In der Nutzungsphase unterliegt der Verkäufer schließlich dem Gewährleistungsrisiko, da der Kunde rechtliche oder zumindest wirtschaftliche Garantieansprüche geltend machen kann.
Nach HGB gilt grundsätzlich, dass erst nach dem zweiten Schritt, d. h. wenn der Verkäufer die Hauptleistung erbracht hat und der Kunde zur Abnahme verpflichtet ist, eine Umsatzrealisation zu erfolgen hat. Mögliche bzw. sich konkretisierende Inkassorisiken werden dann nicht
123
Risikosequenz für den Verkäu fer
Unterschiede zwischen HGB und IFRS
B
IFRSKnowhow für Controller
durch eine Kürzung der Umsatzerlöse, sondern durch den Ausweis von Einzel- bzw. Pauschalwertberichtigungen erfasst. Innerhalb der IFRS orientiert sich die Realisation an den noch bestehenden Umsatzrisiken. Analog zum HGB darf bei bestehendem Produktions- bzw. Preisrisiko kein Umsatz realisiert werden; eine Ausnahme stellt hier die Langfristfertigung dar, über die weiter unten gesprochen wird. Ebenfalls analog zum HGB ist in der letzten Stufe, in der nur noch ein Gewährleistungsrisiko besteht, eine Umsatzrealisation und ggf. die Bildung von Gewährleistungsrückstellungen vorzunehmen. Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich jedoch im zweiten und dritten Transaktionsschritt: Hier ist nach IAS 18 auch eine bedingte Umsatzrealisation möglich, nämlich wenn die beim Verkäufer verbleibenden Erfüllungs-, Abnahme- und Inkassorisiken unwesentlich sind. Gegebenenfalls ist – beispielsweise im Versandhandel – eine anteilige Realisation in Höhe der erwarteten Umsätze möglich, wenn die Inanspruchnahme des Rücktrittsrechts abgeschätzt werden kann.
2.5.3
Spezialfall: Umsatzrealisation bei strukturierten Geschäften
Neben diesen grundsätzlichen Überlegungen existiert in der Praxis eine Vielzahl von Sonderformen bei der Gestaltung von Kauf- und Verkaufstransaktionen. Dazu gehören insbesondere strukturierte Geschäfte, d. h. Transaktionen, bei denen die rechtliche Form und der wirtschaftliche Gehalt unterschiedlich sind. Ein in der aktuellen Diskussion häufig genanntes Beispiel für solche strukturierten Geschäfte sind Mehrkomponenten-Verträge, d. h. der Verkauf mehrerer Teilleistungen an einen Abnehmer. Beispiele für MehrkomponentenVerträge Ein MehrkomponentenVertrag liegt bei Kombination von Warenverkauf und Dauerleistung, z. B. in Form einer Finanzierung, erweiterter Garantien, sonstiger Nachbetreuungsleistungen oder eines Nutzungsrechts, vor. In der Praxis findet man dies beispielsweise im Telekommunikationsbereich, wenn der Käufer einen Mobilfunkvertrag abschließt und in dessen Rahmen ein Handy gegen Zuzahlung erhält. Auch die Kombination mehrerer Verkäufe, bei denen der Verkäufer ein Gesamtfunktionsrisiko trägt, gehört zu den MehrkomponentenVerträgen. Wei tere Beispiele sind Verkäufe mit Rücknahme bzw. Renditegarantie an Händler oder an Endverbraucher.
124
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
Auch bei Mehrkomponenten-Verträgen gilt, dass der wirtschaftliche Gehalt bzw. der Übergang der wesentlichen Chancen und Risiken vom Verkäufer auf den Abnehmer maßgeblich für den Realisationszeitpunkt ist. Bei Mehrkomponenten-Verträgen orientiert sich der Zeitpunkt der Umsatzrealisation deshalb am Übergang von Nutzen und Lasten an den einzelnen Vertragskomponenten. Die Lieferung mit Rücknahmegarantie an Händler entspricht einer wirtschaftlichen Kommission. Hier erfolgt die Realisation dann, wenn der Händler die Ware an Dritte weiterliefert und die Rücknahmegarantie nicht mehr in Anspruch genommen wird. Wird die Rücknahmegarantie unmittelbar gegenüber dem Endverbraucher ausgesprochen, liegt ggf. ein verdecktes Leasingverhältnis vor, das nach den Vorschriften des IAS 17 zu bilanzieren ist. Achtung: Insbesondere die Umsatzrealisation bei strukturierten Geschäften ist in IAS 18 nicht ausreichend geregelt, weshalb in der Praxis u. a. auf korrespondierende Re gelungen innerhalb der USGAAP zurückgegriffen wird. Im Projekt Revenue Re cognition des IASB wird derzeit gemeinsam mit dem FASB ein neuer Standard erarbeitet, für den voraussichtlich in 2007 ein erster Entwurf vorliegen wird.
2.5.4
Umsatzrealisation bei Langfristfertigung nach IAS 11
Ein Sonderproblem bei der Umsatzrealisation ist der Ausweis langfristiger Fertigungsaufträge. Dies sind typischerweise Sachleistungen, die im Rahmen einer individuell ausgerichteten Einzelfertigung für einen 92 Kunden erbracht werden und deren Herstellungsprozess sich über mindestens einen, häufig jedoch auch mehrere Geschäftsjahreswechsel hinzieht. Praktische Beispiele sind in sich komplexe, teilweise aus mehreren Bestandteilen bestehende Aggregate wie Großanlagen, Kraftwerke, Raffinerien, Staudämme oder Verkehrsprojekte. Meist sieht der Vertrag für einen Auftrag innerhalb der Langfristfertigung, der gewöhnlich als Werk- oder Werklieferungsvertrag ausgestaltet ist (§§ 631-651 BGB), auch die Erbringung zusätzlicher Dienstleistungen (z. B. Wartung) oder Funktionsgarantien vor. An dieser Stelle
92
Die Produktion von Massengütern kann – selbst wenn sie sich, z. B. bei erforderlichen Reifeprozessen in der Lebensmittelherstellung, über mehrere Geschäftsjahre hinzieht – niemals als Langfristfertigung bilanziert werden. Vielmehr kommt hier IAS 2 zur Anwendung, der eine Bewertung zu vollen produktionsorientierten Herstellungskosten vorschreibt.
125
Vertragsgestal tung in der Langfristferti gung
B
IFRSKnowhow für Controller
greifen dann ergänzend auch die im vorangegangenen Kapital vorgestellten Überlegungen für strukturierte Geschäfte. Branchen, in denen langfristige Fertigungsaufträge eine wichtige Rolle spielen, sind die Bauwirtschaft, aber auch der (Industrie-)Anlagenbau. Aufgrund der Projektdauer, aber auch durch die regelmäßige Komplexität der zu erbringenden Leistungen, sind Hersteller im Rahmen der Langfristfertigung umfangreichen Risiken ausgesetzt. Dazu gehören insbesondere technische Risiken, Kalkulationsrisiken, das Insolvenzrisiko des Kunden, Länder- bzw. Wechselkursrisiken (bei internationalen Projekten) sowie Kooperationsrisiken (wenn die Langfristfertigung nicht von einem Hersteller allein, sondern von einem Unternehmenskonsortium erbracht wird). Teilgewinnreali sierung nach IAS 11
Für die Bilanzierung und Bewertung solcher Langfristverträge schreibt IAS 11 grundsätzlich die so genannte Teilgewinnrealisierung (percentage of completion method) vor, d. h. mit zunehmendem Leistungsfortschritt sind anteilig Umsatz und Ergebnis auszuweisen. Nach HGB ist dies nur in Ausnahmefällen erlaubt. Hier kommt die Gesamtgewinnrealisierung (completed contract method) zur Anwendung, nach der Umsatz- und Ergebnisausweis erst nach der Abnahme, d. h. dem rechtlichen Übergang der erstellten Leistung an den Empfänger erfolgen. Anders als die in den vorangegangenen Kapiteln dargestellte Umsatzrealisation nach IAS 18 geht der Umsatzausweis in der Langfristfertigung nicht mit dem Übergang von Chancen und Risiken einher, da bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme durch den Kunden immer noch ein grundsätzliches Gesamtfunktionsrisiko besteht. In IAS 11 geht es vielmehr darum, Umsatz- und Ergebnisausweis korrespondierend zur Leistungserstellung zu glätten und damit Irritationen bei Investoren zu vermeiden, die aus dem Auseinanderfallen von Pro93 duktions- und Absatzzeitpunkt resultieren .
Voraussetzun gen für die Teilgewinnreali sierung
Notwendige Voraussetzung für die Teilgewinnrealisierung nach IAS 11 ist die verlässliche Schätzung der Umsatzerlöse aus dem Fertigungsauftrag sowie des Fertigstellungsgrads am Bilanzstichtag. Mit diesen Parametern können dann der anteilige Jahresumsatz bzw. kumuliert die IFRS-Bilanzposition „Aufträge in Bearbeitung“ ausgewiesen werden. Abbildung 27 zeigt die Anwendung der Teilgewinnrealisierung im 93
Vgl. Lüdenbach, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 18, Rz. 4.
126
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
Vergleich zum HGB-Ausweis an einem einfachen Fallbeispiel mit Festpreisvertrag. HGB / GoB
Keine Umsatzrealisation, da Hauptleistung nicht erbracht bzw. keine Abnahmeverpflichtung durch Kunden
Umsatzrealisation vorzunehmen
Kauf-, Werk-, Dienstleistungsvertrag Produktions- bzw. Preisrisiko: Gefahr von Drohverlusten, solange die Leistung vom Verkäufer nicht erzeugt oder selbst erworben wurde Erfüllungs-/ bzw. Abnahmerisiko: Gefahr, dass der Hersteller die geschuldete Leistung nicht erbringt bzw. dass der Kunde eine Leistung nicht abnimmt (Versandhandel) Inkassorisiko: Gefahr, dass der Kunde seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises nicht oder nur eingeschränkt erfüllt Gewährleistungsrisiko: Gefahr, dass der Kunde rechtliche oder wirtschaftliche Garantieansprüche geltend macht
IFRS
Keine Umsatzrealisation
Bedingte Umsatzrealisation, sofern die beim Verkäufer verbleibenden Erfüllungs-, Abnahme- bzw. Inkassorisiken unwahrscheinlich oder nicht wesentlich sind; ggf. anteilige Realisation (Versandhandel)
Umsatzrealisation vorzunehmen
Abb. 27: Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge nach HGB und IFRS Insbesondere die verlässliche Schätzung der Umsatzerlöse ist gerade in frühen Projektphasen bzw. bei internationalen Projekten nicht immer möglich, z. B. wenn Preisgleitklauseln vereinbart wurden oder Währungs- bzw. andere Vertragsrisiken auch nach Baubeginn noch bestehen. In diesem Fall dürfen Umsätze nur in Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen ausgewiesen werden (zero profit method, auch cost recovery method); ggf. sind Drohverlustrückstellungen zu bilden. Dies ist auch der Fall, wenn der Fertigstellungsgrad nicht verlässlich ermittelbar ist. Dieser kann nach IAS 11 auf unterschiedliche Art und Weise geschätzt werden (vgl. Abbildung 28). In allen Fällen ist jedoch ein Rückgriff auf das Produktions- bzw. Vertriebscontrolling solcher Fertigungsaufträge möglich.
127
Schätzung des Fertigstellungs grads
B
IFRSKnowhow für Controller
Zulässige Methoden zur Bestimmung des Fertigstellungsgrads gem. IAS 11.30f. Inputorientierte Methoden
Outputorientierte Methoden
cost to cost-Methode (Relation der bisher angefallenen Kosten zu den Gesamtkosten)
units of delivery-Methode (auf der Basis bisher fertiggestellter Teile/Meilensteine)
efforts expended-Methode (Relation der bisher geleisteten Faktorinputs zum Gesamtinput)
earned value-Methode (auf der Basis bewerteter Projektteile)
Abb. 28: Ermittlung des Fertigstellungsgrads In der Praxis weit verbreitet, da vergleichsweise leicht umsetzbar, ist die cost to cost-Methode, d. h. die Ermittlung des Fertigstellungsgrads über die Relation der bisher angefallenen Kosten zu den geschätzten Gesamtkosten. Gerade die outputorientierten Methoden (units of delivery-Methode bzw. earned value-Methode) sind nämlich nur dann umsetzbar, wenn – beispielsweise bei sich regelmäßig wiederholender Projektstruktur – die Relation einzelner Meilensteine oder Projektteile zum Gesamtprojekt sachgerecht geschätzt werden kann. Anwendung der cost to cost Methode
Die Anwendung der cost to cost-Methode unterliegt in der Praxis verschiedenen Rahmenbedingungen, die auch aus Controllersicht bedeutsam sind: •
•
Regelmäßige Gesamtkostenschätzung Die geschätzten Gesamtkosten müssen im Rahmen einer projektbegleitenden Auftragskalkulation regelmäßig überprüft und ggf. angepasst werden. Daraus kann für die Bilanzierung im Zeitablauf praktisch sogar eine Reduktion des Fertigstellungsgrads resultieren, wenn nämlich die geschätzten Gesamtkosten in Relation stärker steigen als in der Betrachtungsperiode zusätzliche Kosten anfallen. Diese Informationen sind aus dem Produktions- bzw. Vertriebscontrolling bereitzustellen. Nach dem Vier-Augen-Prinzip sind die Angaben der zuständigen Vertriebsmitarbeiter durch die Überprüfung qualifizierter Techniker oder externer Gutachten zu verifizieren. Einbuchung von Materialaufwand erst nach Einbau Materialaufwand darf erst dann auf den Fertigungsauftrag verbucht werden, wenn der tatsächliche Einbau stattgefunden hat. Ansonsten reflektieren die angefallenen Kosten nicht mehr hinreichend den eigentlichen Fertigstellungsgrad.
128
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS •
•
•
B
Projektbezogene Zurechnung von Personalkosten Es ist darauf zu achten, dass eine projektbezogene Zurechnung übergreifender Kosten (z. B. Stundenzettel für Mitarbeiter, die in mehreren Projekten eingesetzt werden) erfolgt. Differenzierter Ausweis von Auftragskosten, die keinen Fortschritt in der Fertigstellung reflektieren Bei der Verbuchung von Auftragskosten sind solche Kosten, die keinen Fortschritt in der Fertigstellung reflektieren, getrennt auszuweisen. Es handelt sich dabei z. B. um up-front-Zahlungen wie Kosten für Vertragsverhandlungen, Gutachten oder Abschlussprämien, aber auch laufende Kostenpositionen, z. B. für Versicherungen. Diese Kosten dürfen bei der Ermittlung des Fertigstellungsgrads mittels der cost to cost-Methode nicht berücksichtigt werden. Keine Eignung bei geringer Fertigungstiefe Nicht geeignet ist die cost to cost-Methode bei Aufträgen mit geringer Fertigungstiefe bzw. hohen Zukäufen. Dies liegt zum einen an der bestehenden Preisunsicherheit, die eine verlässliche Gesamtkostenschätzung gerade in frühen Phasen kaum erlaubt. Außerdem kann durch das Zurückhalten von Zahlungen an die Subunternehmer der Fertigstellungsgrad vergleichsweise einfach manipuliert werden.
Ein weiterer controllingrelevanter Aspekt in IAS 11 ist auch die Forderung nach der Bildung von Bewertungseinheiten. So sind mehrere Verträge zusammenzufassen, wenn sie als Vertragspaket verhandelt und gemeinsam kalkuliert wurden, und wenn die Leistungen zeitgleich bzw. zumindest in enger zeitlicher Abfolge erbracht werden. Dabei können die zusammengefassten Verträge auch mit mehreren Kunden abgeschlossen werden. Hierzu sind entsprechende Informationen aus dem Produktions- bzw. Vertriebscontrolling an die Bilanzierung weiterzugeben, da der Zusammenhang einzelner Projekte nicht in allen Fällen per se ersichtlich ist. Beispiel Ein Bauunternehmen erstellt für eine Wohnungsbaugesellschaft auf einem Grundstück mehrere Mehrfamilienhäuser, die (angeblich) separat angeboten wurden. Praktisch hat das Bauunternehmen den Zuschlag aber nur deshalb erhalten, weil er sich für den gesamten Auftrag beworben hatte und die Wohnungsbau gesellschaft ein einheitlich ausgestattetes Gesamtwohnensemble realisieren wollte. Dies spricht gegen die praktische Relevanz eines separaten Angebots und macht eine gemeinsame Bewertung erforderlich.
129
Bildung von Bewertungsein heiten
B Positive Auswir kungen von IAS 11 auf das Projektcontrol ling
IFRSKnowhow für Controller
Gerade in den Unternehmen, die bisher noch nicht in ausreichendem Umfang Controllinginstrumente implementiert haben, die eine effiziente Steuerung langfristiger Fertigungsprojekte ermöglichen, hat die 94 Anwendung von IAS 11 zum Teil „heilsame Nebenwirkungen“ für den Controllerbereich, was zur Implementierung entsprechender Systeme beispielsweise der laufenden und Projektnachkalkulation, aber auch des Projektrisikomanagements führt. So gilt es beispielsweise durch entsprechende Kontrollen im internen Risikomanagement zu vermeiden, dass unrealistische Fertigstellungsgrade angenommen werden und damit Schneeballeffekte induziert werden, die bei zurückgehender Auftragslage eine Insolvenz auslösen können. Literaturtipps zum Thema Umsatzrealisation Zülch, Die Gewinn und Verlustrechnung nach IFRS, 2004 Kümpel, Vorratsbewertung und Auftragsfertigung nach IFRS. Grundlagen, Bewer tungsverfahren und Folgebewertung, 2005 Lüdenbach, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRSKommentar, 4. Aufl., 2006, § 18 und § 25 Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 2006, Kap. 9 und 14
2.6
ImpairmentTest: Außerplanmäßige Wertminderungen nach IAS 36
2.6.1
Grundlagen des ImpairmentTests
Für Sachanlagen und immaterielles Anlagevermögen sowie für Goodwill schreiben die IFRS einen mindestens einmal jährlich durchzuführenden Test auf möglichen Impairment-Bedarf vor. Impairment bezeichnet eine außerplanmäßi ge Wertminde rung
Der Begriff impairment bezeichnet dabei im IFRS-Sprachgebrauch eine Wertminderung, die außerplanmäßige Abschreibungen erfordert. Planmäßige Abschreibungen werden unter den Begriffen depreciation (z. B. bei Sachanlagen) oder amortisation (z. B. beim Zeitablauf vertraglicher Rechte) gefasst. Im Controlling unter HGB spielen außerplanmäßige Abschreibungen so gut wie keine Rolle. Sie werden nach Maßgabe der handelsrechtli94
Lüdenbach, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 18, Rz. 41.
130
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
chen Vorschriften im HGB-Abschluss zwar angesetzt, in der internen Kostenrechnung aber über kalkulatorische Positionen, z. B. über Wagniszuschläge, standardisiert. Eine Überleitung des internen Ergebnisses auf das Jahresergebnis lt. HGB-GuV ist dabei für Controllingzwecke zwar grundsätzlich möglich, wird praktisch jedoch meist aus Komplexitätsgründen nicht durchgeführt. Anders unter IFRS: Hier haben die Controller zum einen die Aufgabe, den Impairment-Test durch interne Plan- bzw. Ist-Informationen zu fundieren. Zum anderen stellt sich die Frage, inwieweit Impairments bzw. deren Vermeidung in der Unternehmenssteuerung antizipiert werden müssen und damit neue Controllingaufgaben entstehen.
Relevanz von Impairments für die Controller arbeit
Konzeptionell umfassen die Vorschriften zum Impairment-Test, die in IAS 36 umfassend niedergelegt sind, folgende Schritte: (1) Zunächst ist zu prüfen, ob für einen Vermögenswert ein Impairment-Test durchgeführt werden muss. –
–
Bei so genannten unqualifizierten Vermögenswerten (Vermögen, das planmäßig abzuschreiben ist, wie z. B. technische Anlagen oder nutzbares immaterielles Vermögen mit bestimmbarer Nutzungsdauer) ist dies der Fall, wenn Indikatoren eine mögliche außerplanmäßige Wertminderung anzeigen. Bei qualifizierten Vermögenswerten, d. h. Vermögen, das nicht planmäßig abgeschrieben wird, wie z. B. Goodwill, bzw. bei immateriellem Vermögen mit unbestimmbarer Nutzungsdauer, muss in jedem Fall mindestens einmal jährlich ein ImpairmentTest durchgeführt werden, sofern nicht klare Indikatoren für eine stetige Werthaltigkeit gegeben sind.
(2) In Abhängigkeit vom Ergebnis dieses ersten Schritts muss der Betrag der potenziellen Wertminderung für den betroffenen Vermögenswert geschätzt werden. Hierzu ist der erzielbare Betrag (recoverable amount) als Vergleichswert zum Restbuchwert (carrying amount) zu ermitteln. Der erzielbare Betrag (vgl. Abbildung 29) ist dabei der höhere Betrag aus dem Vergleich von Netto-Veräußerungswert (fair value less costs to sell) und Nutzungswert (value in use).
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Durchführung des Impair mentTests
B
IFRSKnowhow für Controller
Erzielbarer Betrag (recoverable amount)
~
Restbuchwert (carrying amount)
höhere Wert aus Netto-Veräußerungswert (fair value less costs to sell)
Nutzungswert (value in use)
Abb. 29: Schätzung des Impairments nach IAS 36 Der Nutzungswert spielt hierbei eine besondere Rolle, denn oft ist der Netto-Veräußerungswert nicht sinnvoll ermittelbar. Er unterstellt eine auch zukünftig fortgeführte Nutzung des Vermögenswerts durch das Unternehmen selbst. Er ist auf der Basis diskontierter Zahlungsströme zu ermitteln, die für den Vermögenswert geplant werden. Diese investitionstheoretisch fundierte Vorgehensweise entspricht einer mark-to-model-Bewertung, für die allerdings in IAS 36 sehr detaillierte Vorgaben gemacht werden. (3) Liegt der Restbuchwert über dem erzielbaren Betrag, hat eine außerplanmäßige Abschreibung in Höhe der Differenz zu erfolgen. Beispiel: ImpairmentTest nach IAS 36 Eine Fabrikanlage hat einen Restbuchwert von 50 Mio. €. Der NettoVeräußerungs erlös liegt bei 40 Mio. Euro, der Nutzungswert bei 44 Mio. €. In diesem Fall entspricht der erzielbare Betrag dem Nutzungswert als höherem Wert von NettoVeräußerungserlös und Nutzungswert. Es ist deshalb eine au ßerplanmäßige Abschreibung von 6 Mio. € anzusetzen. Würde der NettoVeräußerungserlös in diesem Beispiel bei einem Betrag von mehr als 44 Mio. € liegen, wäre er die Grundlage für den erzielbaren Betrag. Bei einem NettoVeräußerungserlös von mehr als 50 Mio. € wäre dann auch kein Impairment mehr zu realisieren, selbst wenn der Nutzungswert niedriger ist.
2.6.2
Controller liefern Daten Input für Im pairmentTest
Input aus dem Controllerbereich für den Impairment Test
Für die Durchführung des Impairment-Tests muss der Controllerbereich sowohl Ist- als auch Plandaten bereitstellen. Zunächst sind die Indikatoren, die bei unqualifizierten Vermögenswerten eine mögliche Wertminderung anzeigen, aus den internen Reportingsystemen herzuleiten. Die untenstehende Checkliste nennt Beispiele für solche Indikatoren gemäß IAS 36.
132
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
Aber auch die Indikation einer stetigen Werthaltigkeit bei qualifiziertem Vermögen lassen sich auf Basis der Controllingsysteme fundieren. Erwartet z. B. eine Unternehmenseinheit, der Goodwill aus Unternehmenserwerb zugeordnet ist, für die kommenden Perioden deutlich positive Wertbeiträge, ist dies ein Indikator für die bestehende Wert95 haltigkeit dieses Goodwills . Checkliste: Indikatoren für ImpairmentBedarf bei unqualifizierten Vermögenswerten (IAS 36.12) Externe Indikatoren •
Außergewöhnliche Minderung des Marktwerts, die über die Wertminderung durch Abnutzung hinausgeht
•
Wesentliche Änderungen im technischen, marktlichen, wirtschaftlichen oder gesetzlichen Unternehmensumfeld
•
Erhöhung der Marktzinssätze im Vergleich zu den in der internen Kalkulati on angesetzten Kapitalkostensätzen
•
Absinken des Marktwerts des Eigenkapitals einer Unternehmenseinheit un ter deren Buchwert
Interne Indikatoren •
Überalterung oder körperliche Beschädigung
•
Wesentliche Änderungen im internen betrieblichen Umfeld bzw. im Einsatz des Vermögenswerts
•
Reduktion der technischen Leistungsfähigkeit des Vermögenswerts
Beachte Bei der Prüfung der Indikatoren ist der Grundsatz der Wesentlichkeit (materiali ty) zu beachten, d. h.: Nur wenn die Entscheidungen der Investoren tatsächlich beeinflusst werden, d. h. sich die zentralen Unternehmenskennzahlen in rele vanter Weise verändern – so die Auslegung , sind die komplexen Regelungen der IFRS anzuwenden. Allerdings legen die IFRS nicht fest, wie Wesentlichkeits grenzen zu bestimmen sind. Dies geschieht unternehmensindividuell in Abspra che mit der Bilanzierung bzw. dem Wirtschaftsprüfer.
Bei der Ermittlung des potenziellen Impairment-Bedarfs, insbesondere bei der Schätzung des Nutzungswerts, wird ebenfalls auf die Controllingsysteme zurückgegriffen.
95
Zur Unterlassung des jährlichen Impairment-Tests für Goodwill müssen außerdem die Annahmen der letzten Berechnung gleich geblieben und der damals ermittelte erzielbare Betrag viel höher als der Restbuchwert sein (IAS 36.99).
133
B Indikatoren für Impairment
B Ermittlung des Nutzungswerts
IFRSKnowhow für Controller
In die Berechnung fließen nämlich geplante Cashflows bzw. ein Diskontierungszinssatz ein, die verschiedene Bedingungen erfüllen müssen (vgl. die untenstehende Übersicht). Checkliste: Ermittlung des Nutzungswerts im ImpairmentTest (IAS 36.3357) PlanCashflows • Annahmen über PlanCashflows sollen die Managementschätzungen, d. h. faktisch die Mittelfristplanung, reflektieren. • Der DetailPlanungszeitraum sollte fünf Jahre nicht übersteigen, es sei denn, eine längere Periode ist gerechtfertigt. Die Gesamtplanungsdauer wird durch die Lebensdauer des zu Grunde liegenden Vermögenswerts bestimmt. • Die PlanCashflows nach dem DetailPlanungszeitraum dürfen keine über höhten Wachstumsraten ausweisen, d. h. z. B. ohne Rechtfertigung über dem Branchenwachstum liegen. • PlanCashflows aus Erweiterungsinvestitionen, wesentlichen Prozessverbes serungen oder Restrukturierungen dürfen nicht berücksichtigt werden, son dern es ist allein die Erhaltung des gegebenen Zustands des Vermögenswerts zu unterstellen. • Cashflows aus mit dem Vermögenswert verbundenen Finanzierungsaktivitä ten oder aus Steuerzahlungen sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Diskontierungszinssatz • Der Diskontierungszinssatz soll sich am aktuellen, vermögenswertspezifi schen Marktzins bzw. alternativ an den gewichteten Kapitalkosten orientie ren. • Sofern die Risiken des betrachteten Vermögenswerts nicht bereits durch Ab schläge in den PlanCashflows berücksichtigt sind, ist der Diskontierungs zinssatz entsprechend anzupassen. • Der Diskontierungszinssatz ist auf VorSteuerBasis zu ermitteln.
Wie die o. a. Checkliste mit den Vorgaben des IAS 36 zur Ermittlung des Nutzungswerts zeigt, ist ein Rückgriff auf die internen Planungssysteme bzw. auch auf die Kapitalkostenermittlung im Controlling unumgänglich. Eine von der eigentlichen Unternehmensplanung losgelöste Parallelplanung der Bilanzierung ist für den Impairment-Test nicht zulässig. Anpassung von Planungssyste men erforder lich
Dies bedeutet, dass die Planungssysteme dahingehend überprüft werden müssen, ob die vom Controlling bereitgestellten Plan-Cashflows bzw. auch die Kapitalkostensätze die o. a. Anforderungen erfüllen.
134
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
Möglicherweise sind Modifikationen bzw. die Einführung zusätzlicher Planungsobjekte und -ebenen erforderlich oder die Anpassung des Planungskalenders, sodass zum Zeitpunkt des Impairment-Tests auch aktuelle Plandaten zur Verfügung stehen. In der Controllingpraxis können diese Anpassungen auch ein Anstoß dahingehend sein, eine mit der IFRS-Bilanzierung kompatible Verschlankung der Planungssysteme zu realisieren.
2.6.3
Bildung zahlungsmittelgenerierender Einheiten (ZGEs)
In der Praxis wird der Impairment-Test i. d. R. durch zwei Faktoren verkompliziert: •
•
Zum einen liegt für viele Vermögenswerte im Unternehmen kein sinnvoller Netto-Veräußerungserlös vor, so z. B. bei selbstgenutz96 ten Sachanlagen . Es muss also häufig der investitionstheoretisch fundierte Nutzungswert herangezogen werden. Zum anderen kann der Nutzungswert oft nicht für einzelne Vermögenswerte, sondern nur für Bewertungseinheiten, so genannte zahlungsmittelgenerierende Einheiten (ZGEs) oder cash-generating units ermittelt werden.
Eine ZGE ist im Verständnis des IAS 36 die kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögenswerten, die durch die fortgeführte Nutzung Liquiditätszuflüsse erzeugt, die weitgehend unabhängig von den Liquiditätszuflüssen anderer Vermögenswerte sind (IAS 36.6). Solche ZGEs können auch anteiligen Goodwill aus Unternehmenserwerben umfassen. Beispiel IAS 36 nennt eine Vielzahl von Beispielen für ZGEs, um dieses Durchbrechen des Prinzips der Einzelbewertung zu veranschaulichen. So wären beispielsweise die Filialen einer Handelskette jeweils als einzelne ZGE zu bewerten. Ein Kompo nentenwerk, das einem Endproduktwerk zuliefert, ist dagegen mit diesem zu einer ZGE zusammenzufassen, wenn es für die Komponenten keinen aktiven Markt gibt, auf dem die Vorprodukte auch an Dritte verkauft werden können.
96
Eine Ausnahme sind betrieblich genutzte Immobilien, wobei zu beachten ist, dass reine Renditeimmobilien nach IAS 40 zu bewerten sind und den Vorschriften des IAS 36 damit nicht unterliegen.
135
Begriff der ZGE
B
IFRSKnowhow für Controller
Grundsätzlich wird der Impairment-Test für ZGE genauso durchgeführt wie der Impairment-Test für einzelne Vermögenswerte. ZGE als eigen ständige Pla nungsebene im Controlling
In der externen Rechnungslegung neigt man allerdings dazu, die ZGE 97 möglichst umfangreich zu definieren . Dies reduziert nicht nur die Anzahl und damit den Aufwand der Impairment-Tests, sondern mindert auch die Wahrscheinlichkeit eines Impairments als solches, weil sich nämlich in großen ZGE viele werterhöhende und wertsenkende Faktoren kompensieren können. Für den Controllerbereich gilt, dass für die ZGE, sofern sie nicht ohnehin schon als Planungsobjekte geführt worden sind, beispielsweise unterhalb der Segmentebene eine neue Planungsebene eingerichtet werden muss.
2.6.4
Spezialfall GoodwillImpairment
Einen Spezialfall stellt der Impairment-Test für Goodwill aus Unternehmenserwerb dar. Gerade stark über Unternehmensakquisitionen wachsende Unternehmen weisen zum Teil erhebliche GoodwillPositionen aus. Dieser darf gemäß IFRS 3 nicht mehr planmäßig abgeschrieben werden, sondern muss jährlich auf eine mögliche außerplanmäßige Wertminderung geprüft werden. Beispiel Ein Blick in die Konzernabschlüsse des Jahres 2004 von großen deutschen IFRS Bilanzierern aus ganz unterschiedlichen Branchen zeigt den gleichermaßen um fangreichen Ausweis von GoodwillPositionen: • Bayer: 1,9 Mrd. € (rd. 5 % der Bilanzsumme) • Metro: 3,9 Mrd. € (rd. 14 % der Bilanzsumme) • Lufthansa: 0,7 Mrd. € (rd. 4 % der Bilanzsumme) Durchführung des Goodwill Impairment Tests
Für die Durchführung eines Goodwill-Impairment-Tests muss der Goodwill zunächst den ZGEs bzw. Gruppen von ZGEs im Unternehmen zugeordnet werden, die von den Synergieeffekten aus dem zu Grunde liegenden Unternehmenserwerb am stärksten profitieren. Die betroffenen ZGEs dürfen dabei nicht größer sein als ein Segment in der Segmentberichterstattung gemäß IAS 14 und nicht kleiner als die
97
In der IFRS-Rechnungslegung großer deutscher Konzerne haben ein Drittel weniger als sechs ZGEs, einige jedoch auch mehr als hundert solcher Einheiten. Vgl. Pellens et al., Goodwill Impairment Test – ein empirischer Vergleich der IFRS- und US-GAAPBilanzierer im deutschen Prime Standard, in: BB, 2005, Beilage 10 zu Heft 39, S. 10-18.
136
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
niedrigste konzerninterne Berichtsebene, auf der Goodwill systematisch überwacht und gesteuert wird. Die Ermittlung des Abschreibungsbetrags für den Goodwill erfolgt nach IAS 36 im Vergleich zu den korrespondierenden US-GAAP98 Vorschriften (SFAS 142 und 144) tendenziell einfacher: Über den Netto-Veräußerungserlös bzw. den Nutzungswert wird der Wert des Eigenkapitals der goodwilltragenden ZGEs ermittelt. Dieser wird mit dem Restbuchwert verglichen und – sofern dieser über dem erzielbaren Betrag liegt – abgeschrieben (vgl. Abbildung 30).
Stufe 1
Abgrenzung ZGE Aufteilung Goodwill auf ZGEs
Stufe 2
RBW > EB
Vergleich Restbuchwert (RBW) mit erzielbarem Betrag (EB)
Erzielbarer Betrag der ZGE + ggf. Fair Value Schulden Fair Value Vermögen Implied fair value des Goodwills
RBW < EB
Kein Impairment
Vergleich von implied value und Buchwert des Goodwills Abschreibung des Goodwills, ggf. Abstockung der Vermögenswerte in Höhe der Differenz
Abweichende Vorgehensweise zu SFAS 142 und 144!
Abb. 30: Goodwill-Impairment-Test nach IFRS 3/ IAS 36 bzw. nach SFAS 142 / 144 Die Ausführungen zum Impairment-Test zeigen, dass die Bilanzierung die erforderlichen Impairment-Tests letztlich nur dann standardkonform durchführen kann, wenn geeignete Daten aus den Planungssystemen, aber auch aus dem Reporting bereitgestellt werden.
98
Dies sind SFAS 142 und 144; hier muss im Zwischenschritt ein implied fair value des Goodwills errechnet werden. Dieser ergibt sich aus dem erzielbaren Wert des Eigenkapitals der ZGU abzüglich des Marktwerts des Vermögens zuzüglich des Marktwerts der Schulden. Hierdurch wird sichergestellt, dass eine Abschreibung des Goodwills nicht allein dadurch induziert wird, dass der Marktwert von Vermögen sinkt bzw. von Schulden steigt. Andererseits macht dies das Goodwill-Impairment nach US-GAAP vergleichsweise komplex.
137
Impairment und integrierte Rechnungsle gung
B
IFRSKnowhow für Controller
Gleichzeitig ist die Höhe des Impairments in vielen Fällen, nämlich immer dann, wenn der Netto-Veräußerungserlös als erzielbarer Betrag nicht relevant ist, von der mittelfristigen Unternehmensplanung abhängig und unterliegt damit äußerst hohen Ermessensspielräumen. Insoweit sind gerade im Beteiligungscontrolling die daraus entstehenden Einflussmöglichkeiten der betreuten Gesellschaften auf die Messung ihrer eigenen Performance. Selbst wenn von dieser Manipulationsgefahr abgesehen wird, stellt sich dennoch die Frage, ob beispielsweise das Goodwill-Impairment in den internen Performance-Kennzahlen im Beteiligungscontrolling berücksichtigt werden sollte. Schließlich müssen umfangreiche Goodwill-Positionen gerade bei kapitalmarktorientierten Unternehmen sowohl reaktiv als auch proaktiv gesteuert werden Auch hierfür ist Unterstützung aus dem Controllerbereich – z. B. im Rahmen eines eigenständigen Goodwill-Con99 trollings“ zu leisten. •
•
Sobald – beispielsweise über Forecast-Werte – intern abzusehen ist, dass wesentliche Vermögenswerte bzw. Goodwill-Positionen voraussichtlich außerplanmäßig abzuschreiben sind, ist eine entsprechende reaktive Information vom Controllerbereich an die Bilanzierung erforderlich. Dies erfordert auch außerhalb der Zeiten der Erstellung des Konzernabschlusses eine enge Zusammenarbeit. Die Controller müssen im Management-Cockpit strategische Finanzkennzahlen bereitstellen, mit denen das Management idealerweise bereits proaktiv durch entsprechende Maßnahmen mögliche Impairments beseitigt. Denkbar wären beispielsweise entsprechende Sicherheitskoeffizienten auf Basis realisierter Ist-Cashflows. Literaturtipps zum Thema Impairment Bartelheimer/Kückelhaus/Wohlthat, Auswirkungen des Impairment of Assets auf die interne Steuerung , in: ZfCM, Sonderheft 2/2004, S. 2231 Hoffmann, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRSKommentar, 4. Aufl., 2006, § 11 Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 2006, Kap. 12 Tanski/Kirchner, Sachanlagen nach IFRS. Bewertung, Bilanzierung und Berichter stattung, 2005 Schultze/Hirsch, Unternehmenswertsteigerung durch wertorientiertes Controlling. GoodwillBilanzierung in der Unternehmenssteuerung, 2005
99
Vgl. hierzu ausführlich Kapitel D 6.
138
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
2.7
Vorschriften zur Aktivierung von selbsterstellten immateriellen Vermögenswerten nach IAS 38 und IFRS 3
2.7.1
Bedeutung von Intangibles für Bilanzierung und Controlling
B
Die Behandlung von immateriellen Vermögenswerten, so genannten Intangibles, ist heute eine der zentralen Herausforderungen für Bilanzierung wie Controlling, denn immaterielles Vermögen spielt eine immer bedeutendere Rolle für die Beurteilung und Steuerung von Unternehmen. Dies wird durch Abbildung 31 veranschaulicht, die die Relation von Markt- zu Buchwerten für einige Großakquisitionen der letzten Jahre zeigt. Auch wenn ein Teil der Übernahmeprämien auf das „Übernahme-Fieber“ in den 90er-Jahren zurückgeführt werden kann, ist doch zu vermuten, dass sich hinter den umfangreichen MarktwertBuchwert-Relationen auch vom erworbenen Unternehmen nicht bilanzierte immaterielle Vermögenswerte verbergen. Dies können einerseits vergleichbar gut fassbare Intangibles wie Marken, Patente und andere Rechte sowie laufende Forschungs- und Entwicklungsprojekte sein, aber auch weniger greifbare immaterielle Vermögenswerte, wie z. B. intellektuelles Kapital, zu dem z. B. das Produkt- und Prozess-Knowhow der Mitarbeiter, aber auch Beziehungen zu Marktpartnern oder Organisationsstrukturen gehören. Auch Marktmacht oder eine vorteilhafte Wettbewerbsposition fallen unter immaterielles Vermögen. Marktpreis der Akquisition Telekom / Voicestream
Buchwert der Akquisition
Verhältnis von Markt- zu Buchwert (market to book ratio)
53 Mrd. €
5 Mrd. €
1.060 %
Vodafone / Mannesmann
175 Mrd. €
23 Mrd. €
760 %
Daimler-Benz / Chrysler
95 Mrd. €
26 Mrd. €
365 %
Thyssen / Krupp-Hoesch
18 Mrd. €
6 Mrd. €
300 %
Abb. 31: Marktwert-Buchwert-Relation beispielhafter Großakquisitionen
139
Marktwert Buchwert Relation als Indikator für die Bedeutung von Intangibles
B Intangibles als „blinder Fleck“ in der Rech nungslegung
IFRSKnowhow für Controller
Die fehlende Berücksichtigung von immateriellen Vermögenswerten in den Unternehmensbilanzen, die in der Marktwert-BuchwertRelation zum Ausdruck kommt, zeigt den „blinden Fleck“ in der Rechnungslegung für diese Intangibles. Offensichtlich sind diese Güter für Marktteilnehmer bedeutsam, denn sie sind bereit, ihren Wert im Kaufpreis des Unternehmens zu berücksichtigen. Die notwendigen Informationen darüber sind jedoch nicht in der Bilanz enthalten. Dies wird auch deutlich, wenn man einen Blick in die von der Agentur „Interbrand“ jährlich herausgegebene Liste der wertvollsten Marken 100 der Welt wirft : So macht beispielsweise der geschätzte Wert der Marke „Coca-Cola“ 80 % des Marktwerts des Unternehmens Coca-Cola aus, ohne dass diese Marke in der US-GAAP-Bilanz gezeigt werden dürfte.
“... trust and reputation may vanish over night ...“
Mit der hohen Bedeutung immateriellen Vermögens geht gleichzeitig jedoch eine Vielzahl an Vorbehalten einher: So sind Intangibles in Relation zu Sachgütern i. d. R. mit höheren Risiken behaftet. Alan Greenspan, dem ehemaligen Federal Reserve Chairman, wird der Ausspruch zugeschrieben, dass „Vertrauen und Reputation über Nacht 101 verschwinden kann, eine Fabrik jedoch nicht“ .
HGB Bilanzierung von Intangibles: Keine Eignung für Controlling zwecke
In der HGB-Rechnungslegung sind unter Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips nur fremderworbene immaterielle Anlagegegenstände bilanzierungsfähig. Diese Sichtweise ist für Controllingzwecke völlig ungeeignet. Durch den Aufbau von immateriellen Vermögenswerten werden nämlich analog zur Investition in Sachgüter langfristig nutzbare Potenziale geschaffen, die auch als solche in der PerformanceMessung berücksichtigt werden müssen. Andernfalls besteht die Gefahr von Verzerrungen, wenn die Aufwendungen für den Aufbau immateriellen Vermögens sofort erfolgsmindernd verbucht werden und das geschaffene Potenzial in den Folgejahren quasi „kostenlos“ genutzt werden kann. Es besteht dann nur noch ein eingeschränkter Anreiz im Management, z. B. durch F&E oder den Aufbau von Marken in die Zukunft des Unternehmens zu investieren. Es erscheint viel attraktiver, das bestehende
100
Für das Jahr 2006 findet sich die aktuelle Studie auf der Website http://www.interbrand.chd/ presse/presse_d.asp?anc=bestglobalbrands06. 101 Zitiert nach Lev, Where have all of Enron’s intangibles gone, in: Journal of Accounting and Public Policy, 2002, S. 131-135, hier S. 132.
140
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
immaterielle Vermögen zu Gunsten günstiger Finanzkennzahlen auszuzehren. In der Controllingpraxis wurde deshalb eine Vielzahl alternativer Instrumente entwickelt, um das immaterielle Vermögen ohne bzw. nur mit eingeschränkter Verwendung von Finanzkennzahlen zu steuern. Dazu gehört vor allem der inzwischen in den unterschiedlichsten 102 Spielarten weit verbreitete Balanced-Scorecard-Ansatz von Kaplan/Norton.
Controllingin strumente zur Steuerung von Intangibles
Auch in der Rechnungslegung wurde versucht, durch zusätzliche Berichtselemente die Informationslücke über immaterielles Vermögen zu 103 schließen. Hierzu gehört der Skandia-Navigator des gleichnamigen schwedischen Versicherungskonzerns als wohl prominentestes Beispiel 104 oder der Vorschlag für ein Intellectual Capital Statement,, den der Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der Schmalenbach-Gesellschaft entwickelt hat. Alle diese Instrumente haben jedoch den Nachteil, dass sie Informationen außerhalb der Finanzkennzahlensysteme geben. Da gerade die Finanzkennzahlen im Mittelpunkt der vom Controlling bereitgestellten Informationen stehen, sollte immaterielles Vermögen auch für Steuerungszwecke soweit wie möglich in der internen Rechnungslegung enthalten sein. Hier bieten die IFRS durch die Vorschriften zur Aktivierung von immateriellen Vermögenswerten, die auch für das Controlling zielführend sind, einen wichtigen Ansatzpunkt für eine integrierte Rechnungslegung.
102
Das Grundlagenwerk hierzu wurde unter dem Titel „The Balanced Scorecard. Translating Strategy Into Action” von Robert S. Kaplan und David P. Norton 1996 verfasst. Praktische Anwendungsbeispiele finden sich u. a. in den Bänden 8, 19 und 50 der von Jürgen Weber herausgegebenen Reihe „Advanced Controlling“. 103 Vgl. Edvinsson, Developping Intellectual Capital at Skandia, Long Range Planning, 1997, S. 366-373. 104 Vgl. Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen” der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., Freiwillige externe Berichterstattung über immaterielle Werte, in: DB 2003, S. 1233-1237.
141
Integrierte Rechnungsle gung unter IFRS für Intangibles?
B
IFRSKnowhow für Controller
2.7.2
Die Ansatzfä higkeit von Intangibles
Behandlung von immateriellen Vermögenswerten nach IAS 38
Grundsätzlich sind nach IAS 38 sämtliche immateriellen Vermögenswerte, unabhängig davon, ob sie fremderworben oder selbsterstellt sind, in der Bilanz auszuweisen und – sofern abnutzbar – über ihre Lebensdauer abzuschreiben. Hierbei müssen folgende Bedingungen erfüllt sein (IAS 38.8-24): • Der immaterielle Vermögenswert muss ein asset im Sinne des IFRSRahmenkonzepts sein, d. h. er wird vom Unternehmen kontrolliert und die künftigen ökonomischen Vorteile daraus fließen ebenfalls dem Unternehmen zu, • er muss eigenständig identifizierbar, d. h. abtrennbar von sonstigen Sachverhalten sein, und • die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten müssen verlässlich ermittelbar sein. Das Kriterium der eigenständigen Identifizierbarkeit wird insbesondere daran gemessen, ob der Vermögenswert unabhängig vom gesamten Unternehmen übertragen, d. h. verkauft, lizenziert, verpachtet o. Ä. werden kann bzw. ob der Vermögenswert aus vertraglichen oder ge105 setzlichen Berechtigungen resultiert . Dies ist beispielsweise bei einer selbsterstellten Software, nicht aber bei Mitarbeiter-Knowhow oder Gründungsaufwendungen der Fall – Letztere dürfen deshalb nicht als Intangible in der IFRS-Bilanz gezeigt werden. Das Gleiche gilt auch für selbsterstellte Markennamen, Drucktitel oder Verlagsrechte, da die Herstellungskosten nicht verlässlich ermittelbar sind. Auch Kundenbeziehungen, die rechtlich nicht geschützt sind, dürfen nach IAS 38 nicht bilanziert werden, da sie vom Unternehmen nicht kontrollierbar sind. Checkliste: Wichtige Bilanzierungsverbote für immaterielles Vermö gen (IAS 38.5769) • Selbst erstellter Goodwill • Forschungsausgaben • Ausgaben für Entwicklungsprojekte, bei denen das Erreichen der techni schen bzw. wirtschaftlichen Marktreife nicht wahrscheinlich ist • Ausgaben für selbstgeschaffene Markennamen, Warenzeichen, Drucktitel oder Verlagsrechte (Ausnahme: Gebühren für die Eintragung oder Registrierung)
105
Vgl. Hoffmann, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 13, Rz. 10.
142
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
• Ausgaben für Werbung und Verkaufsförderung • Ausgaben für selbst geschaffene Listen über Marktpartner (Kunden, Liefe ranten usw.) • rechtlich nicht geschützte Beziehungen zu Marktpartnern • Gründungs und Ingangsetzungsausgaben • Ausgaben für Aus und Weiterbildung der Mitarbeiter • Ausgaben für Umzüge, Reorganisationen oder Restrukturierungen
Im Konzernabschluss ist die Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte demgegenüber jedoch erweitert, und zwar wenn diese Vermögenswerte im Rahmen eines Unternehmenserwerbs erworben wurden. IFRS 3 schreibt hier einen ebenso breiten wie differenzierten Ansatz dieser Vermögenswerte vor, um die Position Goodwill als Residualbetrag nach Abzug des Fair Value des Nettovermögens vom Kaufpreis möglichst gering zu halten. Die folgende Checkliste gibt eine Übersicht über die immateriellen Vermögenswerte, die – wenn sie beim erworbenen Unternehmen – identifiziert werden, in Höhe ihres Fair Value im Konzernabschluss ausgewiesen werden müssen. Checkliste: Bilanzierung von immateriellen Vermögenswerten im Konzernabschluss gemäß IFRS 3 (Quelle: Illustrative Examples) • Marketingrelated intangibles: z. B. InternetDomains, Firmenlogos, Zeitungsnamen oder vertragliche Wettbwerbsverbote • Customerrelated intangibles: z. B. Kundenlisten, Auftragsbestände, (Dauer)Kundenverträge, nichtvertrag liche Kundenbeziehungen • Artisticrelated intangibles: z. B. Urheber/Lizenzrechte an Werken von Literatur, Oper, Musik, Film, Funk, bildender Kunst, Fotografie • Contractbased intangibles: z. B. gegenüber den generellen Marktkonditionen vorteilhafte Dienst, Werk , Leasing oder Einkaufsverträge, Mineralgewinnungsrechte, sonstige Aus beutungsrechte, Fernseh, Rundfunk oder Telekommunikationslizenzen, Landerechte und ähnliche Luftfahrtrechte, Lizenzen zum Betrieb mautpflich tiger Verkehrswege, vorteilhafte Arbeitsverträge • Technologybased intangibles: z. B. Patente, urheberrechtlich geschützte Software, Datenbasen und Rezep te sowie Geschäftsgeheimnisse mit oder ohne rechtlichen Schutz
In dem Maße, in dem immaterielle Vermögenswerte so über ein integriertes Rechnungswesen aus der IFRS-Bilanz in die internen Control-
143
Erweiterte Ansatzfähigkeit von Intangibles aus Unterneh menserwerb
B
IFRSKnowhow für Controller
lingprozesse Eingang finden, ist die Berücksichtigung in der finanziellen Steuerung grundsätzlich sichergestellt. Achtung: Zusätzliche Anpassungsmaßnahmen in den Controllingsystemen sind allerdings erforderlich, um nach IFRS nicht ansatzfähige Intangibles zu berücksichtigen. So kann es in forschungsintensiven Unternehmen oder bei Herstellern von Marken artikeln beispielsweise sinnvoll sein, für interne Zwecke im Rahmen der wertori entierten Steuerung bestimmte Forschungsprojekte oder Marken zu aktivieren und abzuschreiben, um sicherzustellen, dass Kapitalkosten in adäquater Höhe verrechnet werden. Jedoch macht die integrierte Rechnungslegung auf IFRSBasis ein explizites Controlling immaterieller Positionen und den Einsatz zusätzlicher Instrumente wie der Balanced Scorecard nicht ohne Weiteres obsolet. Lediglich die Aussage kraft der IFRSbasierten finanziellen Steuerungskennzahlen wird gesteigert.
2.7.3
Spezialfall: Bilanzierung von Entwicklungskosten
Immaterielle Vermögenswerte IAS 38 enthält umfangreiche Vorschriften zur Aktivierung von Entwicklungskosten. für selbsterstellte immaterielle Vermögenswerte Der Begriff der Entwicklungskosten nach IAS 38 deckt dabei nicht nur den funktional abgegrenzten Bereich der Produktentwicklung im Unternehmen ab, sondern es führt grundsätzlich jede Erstellung eines immateriellen Vermögenswerts, also auch z. B. die Programmierung einer Software, zu Entwicklungskosten. Forschungs vs. Entwicklungs kosten
Grundsätzlich differenziert IAS 38 in der Herstellung immateriellen Vermögens zwischen der Forschungsphase, in der es um die geplante Suche nach neuen Entdeckungen oder Wissen geht, und der Entwicklungsphase, in der die Forschungsergebnisse in ein neues Produkt bzw. einen neuen Prozess überführt werden. Beispiel Ein Hersteller von OffsetDruckmaschinen will seit Langem die Verwendung von Wasser im Druckprozess neben den Farben obsolet machen. Die physikalisch technischen Untersuchungen gelten so lange als „Forschung“, wie die Anwen dung der Ergebnisse im Druckverfahren nicht gesichert erscheint. Sobald dies der Fall ist, d. h. sobald das Management einen positiven ROI erwartet, gehen 106 die weiteren Arbeiten in die Entwicklungsphase über .
106
Entnommen aus Hoffmann, in: Hoffmann/Lüdenbach (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 13, Rz. 23.
144
Controllingrelevante Regelungen innerhalb der IFRS
B
Nach IAS 38 sind allein die Entwicklungskosten bilanzierungspflichtig, wenn die technische bzw. wirtschaftliche Realisierung des Entwicklungsprojekts in Aussicht steht, d. h. wenn bestimmte Kriterien (vgl. die untenstehende Checkliste) erfüllt sind. Checkliste: Kriterien für die Aktivierung von Entwicklungskosten (IAS 38.57) • Technische Machbarkeit der Realisierung • Absicht der Vollendung des Projekts und Verwertung durch Verkauf oder Ei gennutzung • Fähigkeit zu Verkauf oder Eigennutzung des Projektergebnisses • Ökonomische Vorteilhaftigkeit von Verkauf oder Eigennutzung • Verfügbarkeit der technischen und finanziellen Ressourcen, um das Projekt zu vollenden und zu verwerten • Zuverlässige Ermittlung der Entwicklungskosten
Dabei besteht für die Auslegung dieser Kriterien ein breiter Ermessensspielraum. So wird in der deutschen Pharmaindustrie häufig argumentiert, dass die Realisierbarkeit erst mit der endgültigen Zulassung eines Medikaments für den Endverbraucher gegeben ist und Entwicklungskosten damit faktisch nicht aktivierbar sind. In der Automobilindustrie wird dagegen ein vergleichsweise hoher Anteil an 107 Entwicklungskosten ausgewiesen . Insbesondere im F&E-Controlling sind für die Bilanzierung von Entwicklungskosten verschiedene Informationen bereitzustellen: •
107
Projektbezogene Ermittlung der Entwicklungskosten Dies impliziert nicht nur die Existenz eines Kostenrechnungssystems, sondern auch die phasen- und projektbezogene Schlüsselung von Einzel- und Gemeinkosten: So ist beispielsweise bei einem Mitarbeiter, der in mehrere F&E-Projekten involviert ist, über Stundenabrechnungen zu dokumentieren, wie viel Arbeitsleistung jedem dieser Projekte zuzuordnen ist und ob sich die Projekte während dieser Zeit noch in der Forschungs- oder schon in der Entwicklungsphase befunden haben. Letzteres ist insbesondere dann problematisch, wenn sich in einem Projekt Ideengewinnung (Forschung) und Ideenumsetzung (Entwicklung) zeitlich nicht klar sequenziell trennen lassen, sondern Vgl. Hoffmann, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 13, Rz. 28ff.
145
Controllingimp likationen aus der Bilanzierung von Entwick lungskosten
B
IFRSKnowhow für Controller
•
eher zyklisch oder iterativ angeordnet sind. In diesen Projekten lassen sich anfallende Entwicklungskosten mangels Abgrenzbarkeit nicht mehr aktivieren. Fundierung der (Nicht-)Aktivierbarkeit von Entwicklungskosten Inwieweit die o. a. Kriterien zur Aktivierbarkeit von Entwicklungskosten erfüllt sind, wird auch durch den Rückgriff auf die Controllingsysteme belegt. So ist die Einbeziehung zukünftiger Projekterträge in die Mittelfrist- oder gar operative Planung ein Beleg für die Absicht und auch die Vorteilhaftigkeit der Realisierung. Die Existenz der notwendigen finanziellen Ressourcen zur Fertigstellung des Projekts kann über das Projektcontrolling bzw. die Planungsund Budgetierungssysteme nachgewiesen werden. Literaturtipps zum Thema Immaterielle Vermögenswerte Hoffmann, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRSKommentar, 4. Aufl., 2006, § 13 Lüdenbach, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRSKommentar, 4. Aufl., 2006, § 31 Blome, Immaterielle Ressourcen in der wertorientierten Periodenerfolgsrechnung, 2006 Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 2006, Kap. 11
146
Standardsetter und Standardsetting
3
B
Standardsetter und Standardsetting
Die meisten IFRS-Lehrbücher stellen einen Überblick zur Historie des IASB und zum Standardsetting an den Anfang. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, denn als Controller steht dieser Aspekt der IFRS für Sie nicht im Fokus – allenfalls vor dem Hintergrund der Frage: Können oder sollen sich Controller im Standardsetting-Prozess des IASB engagieren, und wenn ja, wie. Vielleicht sind Sie durch die Lektüre der vorangegangenen Kapitel „neugierig“ auf dieses Thema geworden, sodass wir Ihnen an dieser Stelle einen Überblick über die regulatorischen Hintergründe beim IASB sowie in der EU geben.
3.1
Historie der IFRS und des IASB: Ein kurzer Abriss
Die Geschichte der IFRS beginnt im Jahr 1973, in dem das International Accounting Standards Committee (IASC) als privatrechtliche Organisation insbesondere von Wirtschaftsprüferverbänden aus zehn Ländern (darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die USA, Kanada, Australien und Japan) gegründet wurde. Die Aufgabe des IASC sollte darin bestehen, supranationale, d. h. von einzelnen Staaten unabhängige, einheitliche Rechnungslegungsvorschriften zu entwickeln, um eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse internationaler Unternehmen herzustellen. Ein bedeutsamer Initiator bei der Gründung des IASC war Großbritannien. Die Briten wollten damit die weltweite Durchsetzung angelsächsischer Rechnungslegungstraditionen forcieren, d. h. die Rechnungslegung auf Basis fallweiser Regelungen (case law), die durch einen privatrechtlichen Standardsetter als flexible Reaktion auf aktuell auftretende Problemstellungen entwickelt werden. Gleichzeitig sollte ein Gegengewicht zur 4. und 7. EG-Richtlinie geschaffen werden, die aus britischer Sicht die europäische Rechnungslegung zu stark über kontinentaleuropäische Elemente – beispielsweise die Formulierung weniger genereller Regelungen durch nationale Gesetzgeber (code law) – prägte.
147
Ausgangspunkt war das Streben nach internati onal vergleich baren Jahresab schlüssen
B Drei Phasen der IFRS Entwicklung können unter schieden wer den
IFRSKnowhow für Controller
In der Folge können bis zur Umstrukturierung des IASC zum 1. Januar 2001 drei Phasen in der Entwicklung der IFRS – bis zum Jahr 2000 108 noch als IAS bezeichnet – unterschieden werden : •
•
•
108
Phase 1 (1973-1988) / Erste Standards mit zahlreichen Wahlrechten In der ersten Phase, in denen die IAS weltweit eher geringe Bedeutung hatten, stand die Generierung von Rechnungslegungsstandards durch die „Addition“ nationaler Regelungen im Vordergrund. So war damals z. B. jeder HGB-Abschluss gleichzeitig auch ein IAS-Abschluss, da die Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte des HGB sich jeweils auch in den IAS wieder fanden. Dies galt ebenso für Abschlüsse nach US-GAAP. Phase 2 (1989-1993) / Rahmenkonzept und Reduktion der Wahlrechte In der zweiten Phase ging es darum, die Vielzahl der Wahlrechte, die durch dieses Vorgehen entstanden waren und die faktisch einer Harmonisierung entgegenstanden, zu reduzieren. Damit wurden die IAS erstmals zu wirklich eigenständigen Rechnungslegungsstandards, was durch die Entwicklung des Rahmenkonzepts konzeptionell gefördert wurde. Gleichzeitig wurde in dieser Phase deutlich, dass es für die meisten Unternehmen keine Motivation gab, neben ihren nationalen Abschlüssen zusätzlich noch IASAbschlüsse zu erstellen. Zudem gab es keine Institution, die eine Einhaltung der IAS durchsetzen beziehungsweise eine Verletzung der Standards sanktionieren konnte. Phase 3 (1994 – 2000) / Internationale Durchsetzung durch Zusammenarbeit mit der IOSCO Dies war der Anstoß zur dritten Phase, in der eine Zusammenarbeit mit der IOSCO angestrebt wurde, dem internationalen Dachverband der nationalen Börsenaufsichten, in dem u. a. auch die amerikanische Börsenaufsicht SEC eine wichtige Rolle spielt. Die Zielsetzung bestand darin, dass über wichtige nationale Börsen eine internationale Durchsetzung der IAS erreicht werden konnte, wenn nämlich z. B. die NYSE, aber auch die Londoner oder Frankfurter Wertpapierbörse, die IAS als Börsenzulassungsstandard akzeptieren und Verletzungen der IAS mit einem Ausschluss des betroffenen Unternehmens von der Notierung ahnden. Die IOSCO vereinbarte Vgl. Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 2006, hier S. 74-79.
148
Standardsetter und Standardsetting
B
mit dem IASC ab 1994 ein umfangreiches Programm (comparability project) zur Überarbeitung der einzelnen IAS. Grundlage für die Überarbeitung waren umfangreiche Empfehlungen (core standards), die inhaltlich eine starke – wenn auch nicht vollständige – Annäherung der IAS an die US-GAAP implizierten. Tatsächlich empfahl die IOSCO im Jahr 2000 auf der Basis der überarbeiteten Standards ihren Mitgliedern, die IAS als nationalen Börsenzulassungsstandard anzuerkennen. Allerdings konnten die jeweiligen Börsen die IAS in Teilbereichen einschränken oder zusätzliche Informationen verlangen. Im Kern war damit jedoch ein wichtiger Meilenstein für die weltweite Durchsetzung der IAS erreicht. Heute sind die IFRS auf allen Kontinenten der Erde verbreitet – aber: eine Akzeptanz in den USA steht jedoch immer noch aus. Parallel zu der Überarbeitung der IAS veränderte sich die Organisationsstruktur des IASC. Um die Dominanz der Wirtschaftsprüfervereinigungen zu brechen und eine professionellere Arbeit zu ermöglichen – bisher waren die meisten Akteure innerhalb des IASC lediglich ehrenamtlich tätig –, trat zum 1.1.2001 eine Satzungsänderung in Kraft. Danach orientiert sich die Organisationsstruktur des IASC jetzt an der des US-amerikanischen FASB. Die IASC Foundation (IASCF) als neu gegründete Stiftung privaten Rechts mit Sitz in Delaware (USA) ist das Dach dieser neuen Organisation. Sie trägt das Budget von derzeit ca. 10 Millionen Pfund p. a. und delegiert die operativen Aufgaben im Standardsetting an das als „International Accounting Standards Board“ bezeichnete IASB. Einen Überblick über die neue Organisationsstruktur gibt Abbildung 109 32 .
109
Entnommen aus Weber/Weißenberger/Haas, IFRS revisited: Quo vadis Unternehmensrechnung?, Advanced Controlling Band 51, 2006, S. 14.
149
Neue Organisa tion des IASC
B
IFRSKnowhow für Controller
International Accounting Standards Committee Foundation (IASCF) (19 Treuhänder)
ernennt
berät
entsenden
Nationale Standardsetter entsenden und andere Gruppen beraten
Standards Advisory Council (SAC) Advisory Committee
Liason Members
ernennt
ernennt
berichtet
berät
International Accounting Standards Board beraten (IASB) (14 Mitgl.) berät
berichtet
International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) (12 Mitglieder) berichtet
Technischer Direktor
berichtet berichtet
Fachlicher Direktor
Abb. 32: Organisation der IASC Foundation (IASCF) Die Satzung der IASCF präzisiert die ursprünglichen Ziele des IASC. 110 So soll die IASCF •
• •
•
Keine Berück sichtigung von Controllerbe langen
hochwertige, verständliche und durchsetzbare globale Rechnungslegungsstandards entwickeln, sodass die auf dieser Basis erstellten Abschlüsse die Kapitalmarktteilnehmer in ihren wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen unterstützen, die Anwendung und Nutzung dieser Standards fördern, dabei auch die speziellen Bedarfe von kleinen und mittelständischen Unternehmen und Entwicklungsländern berücksichtigen und eine Konvergenz der nationalen Standards mit den IFRS auf hochwertiger Ebene herbeiführen.
Aus Controllersicht fällt dabei unmittelbar auf, dass trotz der umfassenden Auswirkungen der IFRS auf Rollen und Aktionsfelder im Controllerbereich dieser Ausstrahlungseffekt in der IASCF-Satzung nicht berücksichtigt wird. Dies ist generell symptomatisch für die offiziellen Verlautbarungen des IASB, ist aber auch unter Berücksichti110
Vgl. Satzung der IASCF, Par. 2.
150
Standardsetter und Standardsetting
B
gung des spezifischen Controllingverständnisses im deutschsprachigen Raum zu sehen. Die Reorganisation des IASC wirkte sich auch auf die Bezeichnung der Standards aus. Als Ausdruck für die Neuausrichtung werden seit 2001 neu erlassene Standards sowie die Gesamtheit der Standards (derzeitig: IAS 1 bis 41 und IFRS 1 bis 7) als International Financial Reporting Standards (IFRS) bezeichnet. Interpretationshinweise einzelner IAS bzw. IFRS, die sich aus der Praxis ergeben und die früher nach der normsetzenden Institution als SIC (Standing Interpretations Committee) bezeichnet wurden, werden neu mit IFRIC (International Financial Reporting Interpretations Committee) abgekürzt. Die alten IAS bzw. SIC haben jedoch – sofern sie nicht überarbeitet oder explizit außer Kraft gesetzt werden, so z. B. SIC-8 zur erstmaligen Anwendung der IFRS durch IFRS 1 – noch Gültigkeit. Die beabsichtigte weltweite Durchsetzung der IFRS wurde seit 2001 durch zwei Ereignisse gestärkt: •
•
Zum einen zerstörten die Bilanzierungskrisen um Enron, Worldcom und andere Unternehmen das Vertrauen in die US-GAAP als grundsätzlich überlegenen Standard. Zum anderen machte die EU-Kommission über die Verordnung 1606/2002 zur Rechnungslegung nach IAS die IFRS ab 2005 - bzw. für bestimmte Unternehmen erst ab 2007 – zum verbindlichen Börsenzulassungsstandard in Europa.
IASB und FASB streben nach offiziellen Verlautbarungen – so z. B. in den Norwalk-Agreements von 2002, aber auch in einem Memorandum of Understanding von 2006 – jetzt eine Konvergenz von IFRS und US-GAAP an. Bedeutende Projekte in der Weiterentwicklung von IFRS und US-GAAP werden gemeinsam durchgeführt. So soll beispielsweise der jüngste Standard SFAS 157 Fair Value Measurements auch als Diskussionspapier für einen korrespondierenden IFRS verwendet werden. Zielsetzung ist derzeit, die IFRS ab 2009 als Börsenstandard auch in den USA zuzulassen.
151
Konvergenz zwischen IFRS und USGAAP setzt sich fort
B
IFRSKnowhow für Controller
Achtung: Wie stark die Position des IASB gegenüber dem FASB in diesen Konvergenzpro jekten tatsächlich ist, wird immer wieder kritisch diskutiert. Schon das IASC wur 111 de als „trojanisches Pferd der SEC“ bezeichnet, und auch in jüngsten Beiträgen aus der deutschen Unternehmenspraxis wird die StandardsettingPraxis des FASB 112 als „nicht in erster Linie konvergenzorientiert“ bezeichnet. Auch die Ergebnisse gemeinsamer Projekte beider Standardsetter zeigen die zum Teil sogar wortwört liche Übernahme USamerikanischer Regelungen in die IFRS, so z. B. im Projekt Business Combinations – Phase II. Principlebased vs. rulebased accounting
Erschwert wird diese Konvergenz von IFRS und US-GAAP abgesehen von inhaltlichen Meinungsverschiedenheiten beider Standardsetter allerdings durch das Grundverständnis der IFRS als prinzipienbasiert (principle-based accounting) im Gegensatz zu den regelbasierten (rulebased accounting) US-GAAP, deren Vorgehen teilweise auch als „cookbook accounting“ bezeichnet wird. Die US-GAAP enthalten beispielsweise zum Thema Leasing eine Vielzahl von sehr detaillierten Einzelvorschriften in den unterschiedlichsten Standards, sodass viele US-GAAP-Bilanzierer in diesem und anderen Fällen auf ausgefeilte Maßnahmen der Sachverhaltsgestaltung zurückgreifen, um den gewünschten Ausweis einer Transaktion im Jahresabschluss zu realisieren. Die IFRS arbeiten – um beim Beispiel Leasing zu bleiben – in IAS 17 eher mit generellen Vorschriften, so z. B. bei der Abgrenzung von Finanzierungs- und Operating-Leasing (Kriterium des Übergangs der wesentlichen Chancen und Risiken, die mit dem geleasten Vermögenswert verbunden sind). Allerdings werden diese Vorschriften durch eine Vielzahl ergänzenden Beispielen und Zusatzregelungen konkretisiert und fallbezogen ergänzt. Die prinzipienbasierte Rechnungslegungsphilosophie der IFRS kommt insbesondere der kontinentaleuropäischen Tradition der Rechnungslegung entgegen. Es ist jedoch zu vermuten, dass im Zuge der Konvergenz die IFRS sich stärker als bisher regelbasiert ausrichten werden.
111
Kleekämper, IASC – Das Trojanische Pferd der SEC, in: Ballwieser (Hrsg.), USamerikanische Rechnungslegung, 2000, S. 467-484. 112 Neubürger, Konvergieren IFRS und US-GAAP?, in: Börsig/Wagenhofer (Hrsg.), IFRS in Rechnungswesen und Controlling, 2006, S. 3-18, hier S. 13.
152
Standardsetter und Standardsetting
3.2
B
Relevanz der IFRS für europäische Unternehmen: EUVerordnung 1606/2002
Mit der Entscheidung der EU-Kommission im Juni 2002, ab 2005 die IFRS im Rahmen der Verordnung 1606/2002 zur Rechnungslegung nach IAS für kapitalmarktorientierte Unternehmen in Europa verpflichtend zu machen, beginnt ein neues Kapitel in der Durchsetzung der IFRS. Zum einen erhalten die IFRS im Vergleich zu den US-GAAP, die bisher in Deutschland im § 292a HGB noch gleichberechtigt anwendbar waren, stärkeres Gewicht. Die EU-Verordnung ist zudem in den EUStaaten unmittelbar geltendes Recht; sie muss also – anders als z. B. die 4. und 7. EG-Richtlinie zur Harmonisierung der Rechnungslegung – in ihren Kernvorschriften nicht zusätzlich in nationales Recht umgesetzt werden. Die Entscheidung über die Forderung nach IFRSAbschlüssen ist so nicht mehr ausschließlich den nationalen Börsen bzw. Gesetzgebern überlassen.
EUVerordnung: Politische Stärkung der IFRS
Zum anderen müssen die IFRS nun explizit in europäisches Recht übernommen werden. Diesen Übernahmeprozess bezeichnet man 113 auch als Komitologie-Verfahren . Die EU-Verordnung 1606/2002 beinhaltet im Kern folgende Vorschriften, die auch als Vier-Felder-Matrix (vgl. Abbildung 33) verdeutlicht werden: Einzelabschluss
Konzernabschluss
Kapitalmarktorientierte Unternehmen
Wahlrecht für den Einzelabschluss Unmittelbarer Geltungsbereich zu Informationszwecken der EU-Verordnung gem. § 325 Abs. 2a HGB
Übrige Unternehmen
Wahlrecht für den Einzelabschluss zu Informationszwecken gem. § 325 Abs. 2a HGB
Wahlrecht für den Konzernabschluss gem. § 315 Abs. 3 HGB
Abb. 33: EU-Verordnung 1606/2002 (Vier-Felder-Matrix) •
113
Konzerne mit Sitz in Europa, die einen regulierten europäischen Wertpapiermarkt zur Beschaffung von Eigen- oder Fremdkapital in Anspruch nehmen, müssen ab 2005 den Konzernabschluss nach IFRS aufstellen.
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel B 3.3.
153
Regelungen innerhalb der EUVerordnung
B
IFRSKnowhow für Controller •
•
Kritik: Duale Rechnungsle gung für in USA börsennotierte Konzerne
Für in den USA börsennotierte Konzerne, die bisher einen Konzernabschluss nach US-GAAP aufstellen, gilt eine zweijährige Übergangsfrist bis 2007; ebenso für solche Konzerne, die eine EUBörse lediglich zur Aufnahme von Fremdkapital nutzen. Konzerne, die die US-GAAP freiwillig anwenden, also ohne eine Börsennotierung in den USA, können die Übergangsfrist nicht in Anspruch nehmen. Das Gleiche gilt für in den USA zwar börsennotierte Konzerne, die aber keinen vollen US-GAAP-Abschluss aufstellen, sondern lediglich eine Überleitungsrechnung (reconciliation) von Konzerneigenkapital und -ergebnis gemäß Form 20-F der SEC vorlegen.
Gerade für in den USA börsennotierte Konzerne bedeutet diese Regelung ab 2007 eine parallele Rechnungslegung nach IFRS und USGAAP und damit auch erhebliche Zusatzkosten für die Erstellung der Finanzberichterstattung. So schätzt Siemens die Zusatzkosten für die duale Rechnungslegung nach US-GAAP und IFRS ab 2007 auf 50 Mio. € für die erstmalige IFRS-Bilanzierung sowie auf 70 Mio. € für die 114 laufende duale Bilanzierung . In diese Rechnung sind jedoch indirekte Kosten aus Kommunikations- und Steuerungsfehlern, die einer dualen Rechnungslegung innewohnen, nicht enthalten. In den USA ansässige Unternehmen, die an einer EU-Börse notiert sind, fallen nicht unter die EU-Verordnung, d. h. vorbehaltlich abweichender Börsenregelungen müssen sie keine IFRS-Bilanzen erstellen. Dies wird von Unternehmensvertretern harsch als „inakzeptable 115 künstliche Behinderung“ kritisiert, verbunden mit der Forderung an die EU-Kommission und die SEC, diese Ungleichbehandlung zu beseitigen.
IFRS Pflichtbilanzie rer
Nach Einschätzung der Europäischen Kommission betrifft die Pflicht zur IFRS-Finanzberichterstattung aufgrund der EU-Verordnung 1606/2002 europaweit ca. 7.000 Unternehmen. In Deutschland selbst sind derzeit ca. 1.000 inländische Gesellschaften kapitalmarktorientiert, die zu ca. 75 % auch Konzernmütter gemäß § 290 HGB sind. Aber auch große GmbH, wie z. B. die Robert Bosch GmbH, oder Spar114
Vgl. Neubürger, Konvergieren IFRS und US-GAAP?, in: Börsig/Wagenhofer (Hrsg.), IFRS in Rechnungswesen und Controlling, 2006, S. 3-18, hier S. 16. 115 Hierzu und im Folgenden Neubürger, Konvergieren IFRS und US-GAAP?, in: Börsig/Wagenhofer (Hrsg.), IFRS in Rechnungswesen und Controlling, 2006, S. 3-18, hier S. 16.
154
Standardsetter und Standardsetting
B
kassen und Genossenschaftsbanken fallen unter die EU-Verordnung, wenn sie an der Börse Fremdkapital z. B. durch die Ausgabe von Anleihen aufnehmen. Abbildung 34 gibt eine Übersicht über die zum aktuellen Zeitpunkt von der EU-Verordnung betroffenen Unterneh116 men . 1007 kapitalmarktorientierte Unternehmen mit Sitz in Deutschland (davon 796 Industrie/Handel/Dienstleistungen, 14 Versicherungen, 197 Finanzinstitute) Konsolidierungspflicht 767 Konzerne (ca. 89% nur EK-Titel, 5% nur Schuldtitel, 6% beides)
701 Fälle von Pflichtkonzernabschlüssen nach IFRS ab 2005
240 Einzelgesellschaften
66 Ausnahmen (bis 2007)
„altes“ Bilanzierungsverhalten 2003: 298 HGB, 283 IFRS, 120 US-GAAP
Abb. 34: Pflicht-Konzernabschlüsse nach IFRS in Deutschland Neben der Pflicht zur IFRS-Rechnungslegung für kapitalmarktorientierte Konzerne erlaubt die EU-Verordnung den europäischen Staaten weiterhin, den Kreis der Anwendungspflicht der IFRS weiter zu ziehen. Für Deutschland wurde dies in 2004 im Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) geregelt: •
•
Für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen besteht ein Wahlrecht zur Aufstellung des Konzernabschlusses nach IFRS oder wie bisher nach den Regelungen des HGB (§ 315a Abs. 3 HGB). Daneben besteht ein Wahlrecht zur Publikation eines IFRSEinzelabschlusses zur Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener Informationspflichten (§ 325 Abs. 2a HGB), z. B. gegenüber Anteilseignern, Gläubigern oder Betriebsrat.
Für Gewinnausschüttung und Besteuerung ist jedoch weiterhin auch ein HGB-Einzelabschluss bzw. eine nach steuerrechtlichen Vorschriften erstellte Steuerbilanz aufzustellen. Hier wird derzeit politisch dis116
Entnommen aus Burger/Ulbrich, Kapitalmarktorientierung in Deutschland, in: KoR, 2005, S. 39-47.
155
BilReG: Öffnung der IFRS Anwendung für deutsche Unternehmen
B
IFRSKnowhow für Controller
kutiert, inwieweit die Rechnungslegungspflicht nach IFRS auch in diese sowie in weitere, z. B. gesellschafts- oder insolvenzrechtliche, Bereiche eindringen könnte. Änderungen in der Regelung der Gewinnaus schüttung ...
So ist beispielsweise in den USA in vielen Bundesstaaten die Höhe der Ausschüttung weitgehend in das Ermessen der Unternehmen gestellt – allerdings mit der Einschränkung, dass nach der Ausschüttung die Solvenz des Unternehmens weiterhin gegeben ist. Dafür müssen so genannte Solvenztests (solvency tests) durchgeführt werden, die u. a. auf bestimmten Bilanzrelationen beruhen. Allerdings reichen vielen Banken in den USA diese Solvenztests aus Gläubigerperspektive nicht aus; sie vereinbaren in den Kreditverträgen meist zusätzliche Aus117 schüttungssperren, so genannte dividend covenants .
... oder im Steuerrecht?
Inwieweit sich das Steuerrecht von der Bilanzierung abkoppelt, d. h. ob – ebenfalls analog zum US-amerikanischen Vorbild – eine vom Jahresabschluss völlig losgelöste Steuerbilanz zu erstellen ist oder ob die IFRS im Sinne eines neuen Maßgeblichkeitsprinzips Grundlage für die Besteuerung werden könnten, ist noch völlig offen. Viele Vertreter aus Wissenschaft und Praxis halten Letzteres jedoch grundsätzlich für möglich. So könnte beispielsweise auf IFRS-Basis eine modifizierte Einnahmen-Überschussrechnung für steuerliche Zwecke erstellt werden, die gegenüber den IFRS bestimmte Periodisierungen bzw. die Fair-Value-Bewertung einschränkt und gleichzeitig einen besseren 118 steuerlichen Verlustausgleich ermöglicht . Gerade für mittelständische Unternehmen, die mithilfe einer Einheitsbilanz sowohl steuerliche als auch handelsrechtliche Pflichten abdecken, wäre dies eine Erleichterung.
3.3
Das KomitologieVerfahren zur Übernahme der IFRS in europäisches Recht
Bevor die vom IASB erlassenen Standards und Interpretationen in geltendes EU-Recht übergehen, durchlaufen sie einen zweistufigen 117
Vgl. u. a. Alberth, USA: Vertraglicher Gläubigerschutz und Ausschüttungsbemessung durch Covenants als Vorbild zur Änderung des deutschen Bilanzrechts, in WPg, 1997, S. 744-749, sowie aktuell Kuhner/Sabiwalsky, Instrumente zur Verhinderung gläubigerschädigender Ausschüttungen im US-amerikanischen Unternehmensrecht – Vorbild für Europa?, in: Der Konzern, 2006, S. 504-520. 118 Vgl. beispielsweise die Stellungnahme von Spengel, Rechnungslegung nach IFRS – Konsequenzen für die Besteuerung, in: ZfCM-Sonderheft 2/2004, S. 130-140.
156
Standardsetter und Standardsetting
B
Anerkennungsprozess, das Komitologie-Verfahren. Es ist erforderlich, weil die EU-Kommission die hoheitliche Aufgabe der Regulierung der Rechnungslegung, die faktisch eine Einschränkung der in Deutschland z. B. grundgesetzlich garantierten Vertragsfreiheit darstellt, nicht ohne Weiteres an ein privates Gremium delegieren darf. Das i. d. R. mehrere Monate dauernde Komitologie-Verfahren führte schon zur temporären Ablehnung einzelner Standards durch die EU. In der Vergangenheit betraf dies insbesondere den Standard IAS 39 zur Bilanzierung und Bewertung von Finanzinstrumenten. Dieser Standard enthielt eine sehr weite Fair-Value-Option, d. h. ein Unternehmen hatte grundsätzlich die Möglichkeit, sämtliche Finanzinstrumente auf Aktiv- und Passivseite zum Fair Value zu bewerten. Dies hätte bei ausgegebenen Schuldtiteln dazu geführt, dass ein Sinken des Marktwerts dieser Schuldtitel – beispielsweise weil die Bonität des Unternehmens sich verschlechtert – zu einem Ertrag führt, da die entsprechende Passivposition abnimmt. Diese Form der Fair-Value-Option wurde von Seiten der EUKommission ebenso abgelehnt wie bestimmte weitere Vorschriften des IAS 39 zur Bilanzierung von Sicherungsvorgängen. Erst nach mehreren Überarbeitungsschritten der kritischen Passagen wurde IAS 39 von der EU-Kommission inzwischen akzeptiert. EFRAG Vorschlag EU-Kommission Vorschlag stimmt Vorschlag zu ARC lehnt Vorschlag ab
EU-KOMMISSION gibt IFRS frei RAT gibt IFRS frei
EU-KOMMISSION legt Vorschlag RAT vor
RAT trifft keine Entscheidung
EU-KOMMISSION gibt IFRS frei
RAT lehnt IFRS ab EU-Kommission kann Vorschlag abändern
Abb. 35: Ablauf des Komitologie-Verfahrens
157
Ablehnung einzelner IFRS durch die EU möglich
B
IFRSKnowhow für Controller 119
Das in Abbildung 35 schematisch dargestellte KomitologieVerfahren, das für alle IFRS (d. h. die Standards und auch die zugehörigen Interpretationen) durchgeführt werden muss, wird praktisch 120 durch zwei Institutionen gesteuert : Rechnungsle gungsinstituti onen im Komi tologie Verfahren
•
•
Die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group), die in 2001 als privatrechtliches Gremium von wichtigen europäischen Rechnungslegungsinstitutionen gegründet wurde und vorgelegte IFRS bzw. IFRIC inhaltlich-technisch prüft, und das ARC( (Accounting Regulatory Committee), das sich aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten zusammensetzt und die Standards bzw. Interpretationen im Anschluss an die Prüfung des EFRAG auch aus politischer Perspektive beurteilt und ggf. der EUKommission bzw. dem Ministerrat zur Entscheidung vorlegt.
Nach der Freigabe durch die EU-Kommission bzw. den Ministerrat erfolgt die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union. Dies wird auch als endorsement bezeichnet. Zum Stand Ende 2007 sind alle geltenden IAS bzw. IFRS sowie SIC und IFRIC bis auf die jüngsten 121 IFRIC 10 und 11 von der EU-Kommission anerkannt worden . Der jeweils aktuelle Stand der laufenden Anerkennungsprojekte kann u. a. unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/accounting/ abgefragt werden.
3.4
Deutsche Rechnungslegungsinstitutionen im Kontext der IFRS
Auch in Deutschland findet die europäische Durchsetzung der IFRS ein Echo. Der 1998 in das HGB eingefügte § 292a HGB, der kapitalmarktorientierten Unternehmen einen befreienden Konzernabschluss nach IFRS oder US-GAAP ermöglichte, wurde mit Ablauf 2004 und dem Inkrafttreten der EU-Verordnung in 2005 planmäßig abgeschafft.
119
Vgl. Buchheim/Gröner/Kühne, Übernahme von IAS/IFRS in Europa: Ablauf und Wirkung des Komitologie-Verfahrens auf die Rechnungslegung, in: BB, 2004, S. 1783-1787, hier S. 1784. 120 Vgl. hierzu ausführlicher Baiersdorf/Bogajewskaja, Von der Entwicklung der IFRS bis zur Übernahme in europäisches Recht, in: Accounting, 2005, Heft 10, S. 5-9. 121 Bezogen auf diese IFRIC werden derzeit keine Schwierigkeiten bei der Übernahme in EU-Recht erwartet.
158
Standardsetter und Standardsetting
Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC), dessen Hauptaufgabe ursprünglich die Weiterentwicklung der Konzernrechnungslegung nach HGB war, widmet sich seit einer strategischen Neuausrichtung im Jahr 2003 als Lobbyist primär der Zusammenarbeit mit dem IASB für die Vertretung deutscher Interessen. Lediglich die deutschen Standards zu Lagebericht und Risikoberichterstattung werden inhaltlich weiterentwickelt, da es hierzu in den IFRS kein Äquivalent gibt und auch die nach IFRS bilanzierenden Unternehmen auch in Deutschland einen HGB-Lagebericht erstellen müssen (gemäß § 315a bzw. § 325 Abs. 2a HGB). Mit dem Rechnungslegungs Interpretations Committee (RIC) hat das DRSC zudem eine Institution gegründet, deren Aufgabe es ist, Anwendungs122 regeln für spezifisch nationale Sachverhalte in den IFRS zu regeln .
B Neuausrichtung des DRSC
Achtung: Die Institution des RIC deutet es bereits an: Die IFRS sind zwar ein supranationa ler Rechnungslegungsstandard, der aber vor dem Hintergrund nationaler Gepflo genheiten umgesetzt wird. Dies bedeutet, dass die genaue Auslegung der Stan dards international divergiert. So steht man beispielsweise in Deutschland aus der bisherigen Tradition des HGB heraus der Neubewertung von Sachanlagever mögen zum Fair Value (Neubewertung / revaluation) gemäß IAS 16 im Gegensatz zu anderen Staaten eher reserviert gegenüber. Dies muss bei der Interpretation von IFRSBilanzen insbesondere im internationalen Beteiligungscontrolling be rücksichtigt werden.
In 2005 hat die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR () ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist eine privatrechtliche EnforcementInstitution gemäß § 342b HGB mit der Aufgabe, die Abschlüsse und Lageberichte kapitalmarktorientierter Unternehmen zu prüfen. Die DPR geht dabei sowohl proaktiv als auch reaktiv vor und besitzt gegenüber den betroffenen Unternehmen weitgehende Ermittlungskompetenz. Verweigert ein Unternehmen die Zusammenarbeit mit der DPR bzw. die Korrektur einer als fehlerhaft festgestellten Rechnungslegung, zieht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) als Herrin des Verfahrens in einer zweiten Stufe das weitere Procedere mit hoheitlichen Maßnahmen (Sanktionsmaßnahmen, Klageweg usw.) an sich. So 122
Bisher (Stand 01.01.2007) wurden zwei Interpretationen erlassen, nämlich RIC 1 zur Bilanzierung nach Fristigkeit gemäß IAS 1 und RIC 2 zur Bilanzierung von Verpflichtungen zur Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten.
159
DPR als Enfor cement Institution in Deutschland
B
IFRSKnowhow für Controller
sollen auch unter IFRS ein hinreichend starker Anlegerschutz und damit die Integrität des Kapitalmarkts gewährleistet sein. Annäherung HGB an IFRS erwartet
2007 wird schließlich in Deutschland der Referentenentwurf zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) erwartet. Hierdurch wird die EU-Modernisierungsrichtlinie umgesetzt, die die noch aus den 70er Jahren stammende 4. und 7. EU-Richtlinie zur Rechnungslegung in Einzel- und Konzernabschluss an die IFRS als europäischen Bilanzierungsstandard anpasst. Damit wird sich konsequent auch das HGB zunehmend an die IFRS annähern. Abbildung 36 fasst die Meilensteine in der Geschichte der Rechnungslegung nach IFRS noch einmal zusammen. Wenn Sie sich über Details informieren wollen, liefert Ihnen die Website http://www.iur.ruhruni-bochum.de/publikationen/kir/ hierzu eine sehr gute Datenbank mit benutzerfreundlichen Recherchemöglichkeiten.
1973
Gründung des IASC in London als privat-rechtlicher Standardsetter bis 1988 Entwicklung von Rechnungslegungsstandards primär durch Addition nationaler Vorschriften; bis 1993 sukzessive Gewichtung und Reduktion verschiedener Wahlrechte
1993
Erster IAS-Konzernabschluss in Deutschland durch Puma, ein Jahr später IAS-Konzernabschlüsse durch Bayer, Schering, Heidelberger Zement, Hoechst Verabschiedung des gemeinsamen Arbeitsplans (comparability project) durch IASC und IOSCO / Definition von core standards
1995 2000
Anerkennung der überarbeiteten IAS auf der Jahresversammlung der IOSCO (Akzeptanz wird bei sog. Cross-Border-Listings empfohlen) Reorganisation des IASC abgeschlossen (Inkrafttreten: 01.01.2001); neue Standards werden ab sofort als IFRS bezeichnet; Standardsetter wird das IASB
2002
Schwere Bilanzierungskrise in den USA (Enron, Worldcom) mit Auswirkungen auch auf Europa (u.a. Comroad) EU-Verordnung zur Rechnungslegung nach IAS für kapitalmarktorientierte Konzerne ab 2005 Norwalk-Agreements zwischen IASB und FASB zur Konvergenz von IFRS und US-GAAP / seither Zusammenarbeit IASB und FASB in verschiedenen Projekten
2003
Strategische Neuausrichtung des Deutschen Standardisierungs Rats (DSR) Fortentwicklung Risikoberichterstattung und Lagebericht Fokussierung auf die Zusammenarbeit mit IASB und anderen Standardsettern
2005 2006/2007
Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) nimmt ihre Arbeit auf Entwurf zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (Umsetzung der EU-Modernisierungsrichtlinie und Annäherung des HGB an die IFRS) erwartet
2007 Bis 2009
Ablauf der Übergangsfrist in der EU-Verordnung zur Rechnungslegung nach IAS Lt. IASB kein Inkrafttreten wesentlicher Standardänderungen (Stable Period)
Abb. 36: Meilensteine in der Geschichte der Rechnungslegung nach IFRS
160
Standardsetter und Standardsetting
3.5
B
Entstehung neuer Standards: Der due process und aktuelle Projekte des IASB
Alle IFRS sind das Ergebnis eines formellen Verfahrens, des so genannten „due process“, das an verschiedenen Stellen die Einbeziehung aller interessierten Kapitalmarktteilnehmer durch öffentliche Stellungnahmen ermöglicht. Zielsetzung ist es dabei, Qualität wie Akzeptanz der neuen Standards gleichermaßen sicherzustellen. Dies bedeutet aber auch, dass die Entstehung eines neuen Standards einen Zeithorizont von drei und mehr Jahren umfassen kann. Abbildung 37 fasst die Schritte dieses Standardsetting-Prozesses zusammen. Schritt 1
Sammlung von Vorschlägen zu bestehenden Rechnungslegungsproblemen durch das IASB (Anregungen praktisch insbesondere durch das Standards Advisory Council) Einsetzung von Advisory Committees für ausgewählte Problembereiche
Schritt 2
Sammlung von Informationen zu ausgewählten Problembereichen Beratung durch IASB, Advisory Committee und ggf. Standards Advisory Council Themenabgrenzung, Festlegung von weiterem Vorgehen sowie von Lösungsvarianten
Schritt 3
Verabschiedung / Veröffentlichung eines ersten Diskussionspapiers durch das IASB (Discussion Document) mit einfacher Mehrheit bei mindestens 7 anwesenden IASBMitgliedern Darstellung und Kommentierung sämtlicher Lösungsvarianten Aufruf der interessierten Öffentlichkeit zur Kommentierung des DSOP mit einer Frist von mindestens drei, in begründeten Ausnahmefällen auch nur zwei Monaten
Schritt 4
Auswertung und Diskussion der eingegangenen Stellungnahmen Beratung durch IASB, Advisory Committee und Standards Advisory Council Festlegung der zu diesem Zeitpunkt favorisierten Regelungen
Schritt 5
Verabschiedung und Veröffentlichung eines Exposure Drafts (ED), der lediglich den vom IASB noch favorisierten Lösungsansatz enthält, mit mindestens acht von vierzehn Stimmen im IASB Aufruf der interessierten Öffentlichkeit zur Kommentierung des ED mit einer Frist von ebenfalls etwa drei Monaten
Schritt 6
Auswertung und Diskussion der eingegangenen Stellungnahmen Beratung durch IASB, Advisory Committee und Standards Advisory Council Ggf. Modifikation des ED
Schritt 7
Verabschiedung und Veröffentlichung des neuen International Financial Reporting Standard (IFRS) mit mindestens acht von vierzehn Stimmen im IASB einschließlich einer Basis for Conclusions (Erläuterung der Gründe für die Entwicklung des Standards); im Anhang Beschreibung der Änderungen (amendments), die in anderen Verlautbarungen durch den verabschiedeten Standard entstehen
Abb. 37: Der Standardsetting-Prozess des IASB (due process)
161
Schritte im due process
B
IFRSKnowhow für Controller
Auch die einzelfallbezogenen Interpretationen des IFRIC durchlaufen einen formalisierten due process, der allerdings nur die Schritte 5 bis 7 umfasst. Achtung: Auch Controller können sich als Teil der interessierten Öffentlichkeit an allen Stellen dieses StandardsettingProzesses engagieren, beispielsweise um auf Schwierigkeiten hinzuweisen, die durch die Anwendung eines neuen Standards im Controlling entstehen können. So hat HansGeorg Bruns, ehemaliger CFO von DaimlerChrysler und heute deut sches Liaison Board Member beim IASB, bei der Jahresversammlung des Interna tionalen Controller Vereins im Mai 2006 die deutschsprachige Controller Community explizit zum Engagement im und für das Standardsetting beim IASB aufgerufen.
Die aktuellen Projekte, an denen das IASB im Standardsetting arbeitet, können auf der IASB-Website unter der Rubrik „Current Projects“ in einer Gesamtübersicht abgefragt werden. Hier wird nicht nur über die aktuellen Projektstände und -inhalte berichtet, sondern auch über geplante Meilensteine. Insbesondere im Rahmen des übergreifenden Konvergenzprojekts mit dem FASB werden verschiedene Standards überarbeitet, mit dem Ziel, Differenzen zu den US-GAAP so weit wie möglich zu beseitigen. Aktuelle Projek te des IASB
Aus Controllersicht sind aktuell (Stand: 1.1.2007) folgende Standard123 setting-Projekte besonders relevant : •
•
123
Überarbeitung des IFRS-Rahmenkonzepts – Gemeinsames Projekt mit dem FASB, das acht Phasen umfasst – Relevante Themen u. a. Ziele des IFRS-Abschlusses, Ansatz und Bewertung von Bilanzpositionen – Erste Diskussionspapiere liegen vor Darstellung des Abschlusses und Erfolgsrechnung – Gemeinsames Projekt mit dem FASB, das zwei Phasen umfasst – Relevante Themen u. a. Darstellung der GuV und Ausweis von OCI – Standards ab 2007 erwartet Die Website des IASB liefert ausführliche Informationen zu Stand und Inhalten der laufenden Projekte (www.iasb.org). Deutschsprachige Zusammenfassungen finden sich u. a. auf der Website des DRSC (www.drsc.de) sowie auf der IFRS-Website von Deloitte (www.iasplus.de).
162
Standardsetter und Standardsetting •
•
•
•
B
Rechnungslegungsstandards für kleine und mittelgroße Unternehmen (SME-Projekt) – Keine explizite Kooperation mit dem FASB 124 – Arbeitsvorlage für einen Standardentwurf liegt vor – Diskussionspapier liegt vor – Standard für das zweite Halbjahr 2007 erwartet Leitlinien zur Fair-Value-Bewertung – Gemeinsames Projekt mit dem FASB, das bereits einen Standard (SFAS 157) erlassen hat – Diskussionspapier liegt vor – Standard des IASB für 2008 erwartet Ertragserfassung / Umsatzrealisation – Gemeinsames Projekt mit dem FASB – Standardentwurf in 2008 erwartet Weitere Konvergenzthemen IFRS / US-GAAP – Eine Reihe von IFRS sollen kurzfristig überarbeitet und an die US-GAAP angenähert werden – Zu IAS 12 (Ertragsteuern), IAS 23 (Fremdkapitalkosten) und IAS 31 (Joint Ventures) werden Überarbeitungen in 2007 erwartet – In der Überarbeitung von IAS 17 (Leasingverhältnisse) ist ein Diskussionspapier geplant
Neben den verschiedenen Standardsetting-Projekten hat das IASB auch eine Reihe von Forschungsprojekten angestoßen, die auch controllingrelevant sind. Dazu gehören z. B. Projekte zur Bilanzierung und Bewertung von immateriellen Vermögenswerten, zur Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital und zum Lagebericht (Management Commentary). Inwieweit diese Forschungsprojekte in einen due process, d. h. einen Standard oder eine Interpretation münden, ist jedoch noch ungewiss.
Forschungspro jekte des IASB
Die hohe Anzahl der laufenden Projekte deutet auf die vergleichsweise hohe Änderungsgeschwindigkeit der IFRS hin, die selbst große Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen stellt. Das IASB hat deshalb eine „stable period“ bis 2009 angekündigt, d. h. wichtige Standardänderungen sollen nicht mehr vor diesem Datum in Kraft treten.
Stable period bis 2009
124
Vgl. hierzu ausführlich Kapitel E 2.
163
B
IFRSKnowhow für Controller
„Welche Anreize hat das IASB als privater Standardsetter?“ So lautet die provokante Frage von Prof. Dr. Alfred Wagenhofer, Universität Graz, in der Zeitschrift IRZ. Er vermutet, dass der Druck des IASB, sich selbst zu recht fertigen, zu einer „Überproduktion“ an Regelungen führt und belegt dies an einer 125 Vielzahl von Beispielen aus vergangenen StandardsettingProjekten . Dies ist ein Grund mehr für Unternehmen, aber auch für Controller, sich im Stan dardsetting aktiv zu engagieren, um so der wachsenden Komplexität dieser Stan dards zumindest in Teilen Einhalt zu gebieten.
3.6
Umgang mit Regelungslücken innerhalb der IFRS
Es gibt viele Sachverhalte, die in den IFRS nicht bzw. nicht ausreichend geregelt sind – sei es, dass die entsprechenden Fragen vom IASB noch nicht behandelt worden sind, dass es sich um Einzelfragen ohne übergeordneten Bezug handelt oder dass, wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, ein Standard noch nicht von der EU anerkannt worden ist. Umgang mit Regelungslü cken: Auch für Controller relevant
Aus Controllersicht bedeutsam ist die Frage, wie mit solchen Regelungslücken umgegangen wird. Nur so kann antizipiert werden, welche Auswirkungen eine Regelungslücke im Einzelfall auf die Controllerarbeit unter IFRS besitzt. Der Umgang mit Regelungslücken wird insbesondere in IAS 8 geregelt. Sofern nicht auf Fallanalogien bzw. Ansatz- und Bewertungskriterien des Rahmenkonzepts als Deduktionsgrundlage zurückgegriffen werden kann, ist es auch möglich, Verlautbarungen anderer Standardsetter bzw. anerkannte Branchenpraktiken und Literaturmeinungen zu verwenden. Diese müssen aber konsistent zu IAS 8.11 sein, d. h. dürfen nicht im Widerspruch zu anderen IFRS oder dem Rahmenkonzept stehen. So wird beispielsweise für Fragen der Umsatzrealisation bei Mehr126 komponenten-Verträgen , die in IAS 18 derzeit nur unzureichend geregelt sind, auf die entsprechenden Vorschriften der US-GAAP zurückgegriffen. Abbildung 38 zeigt die Regelungshierarchie innerhalb
125
Vgl. Wagenhofer, Welche Anreize hat das IASB als privater Standardsetter, in: IFZ, 2006, S. 137-138. 126 Vgl. Kapitel B 2.5.
164
Standardsetter und Standardsetting
der IFRS und damit den Umgang mit Regelungslücken im Über127 blick .
Regelungslücken
Vorwort zu den IFRS (Preface)
Rahmenkonzept (Framework)
Verlautbarungen von anderen Standardsettern, sofern konsistent mit IAS 8.11
Anerkannte Branchenpraktiken und Literaturmeinungen, sofern konsistent mit IAS 8.11
IAS 8.12
Einzelne Ansatz- und Bewertungskriterien des Rahmenkonzepts als Deduktionsgrundlage
Regulierung durch das IASB / IFRIC
Verbindlichkeitsgrad
IAS 8.11 Fallanalogien zu Standards und Interpretationen
Implementation Guidance / Basis for Conclusions
Standards (IAS / IFRS)
Interpretationen (SIC / IFRIC)
Fundament: fair presentation als Rechnungslegungsziel
IAS 8.7 IAS 8.9 IAS 8.7 IAS 1.13 IAS 1.17
Abb. 38: Umgang mit Regelungslücken innerhalb der IFRS Kernaussagen in Abschnitt B • Die IFRS setzen sich als investororientierter Bilanzierungsstandard weltweit immer mehr durch. Zielsetzung des Standardsetters IASB ist es, Entschei dungen von Kapitalanlegern durch hochwertige und informative Finanzbe richte zu unterstützen. • Um dieses Ziel zu erreichen, nehmen die IFRS eine ausgeprägte betriebswirt schaftliche Perspektive bei der Abbildung des Unternehmens ein. Damit sind die IFRSbasierten Finanzdaten aber auch für die interne finanzwirtschaftli che Steuerung im Rahmen des Controllings geeignet. • Insbesondere folgende Regelungen sind dabei für Controller bedeutsam: Die FairValueBewertung, die Gestaltung der IFRSGuV, die erfolgsneutrale Verbuchung bestimmter Sachverhalte im other comprehensive income (OCI), sowie die Vorschriften zur Segmentberichterstattung, zur Umsatzrealisation, zum ImpairmentTest und zur Bilanzierung von immateriellem Vermögen. • In Abhängigkeit von der konkreten Ausrichtung der Unternehmensaktivitä ten können auch weitere Regelungen für die Controllerarbeit relevant sein − zum einen, wenn im Rahmen des Management Approach Controllingin formationen an die Bilanzierung weitergegeben werden müssen, − zum anderen, wenn es sich um Regelungen handelt, die im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung die internen Steuerungskennzahlen we sentlich beeinflussen. Ansatzpunkte hierfür finden sich in einer IFRSThemenlandkarte, die den Feldern der Controllerarbeit die jeweils bedeutsamen Standards zuordnet, sowie in den im IFRSGuide im Anhang dieses Buchs enthaltenen Steckbrie 127
Vg. Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 2006, S. 89f.
165
B
B
IFRSKnowhow für Controller
fen der aktuell geltenden IFRS einschließlich des Rahmenkonzepts und des Vorworts zu den IFRS. • Um eine breite Akzeptanz der IFRS sicherzustellen, wird im Rahmen der Entwicklung neuer Standards allen Mitgliedern der interessierten Öffentlich keit die Möglichkeit gegeben, durch ihre Stellungnahmen auf die endgültige Formulierung der Standards Einfluss zu nehmen. Damit sind explizit auch Controller für ein Engagement im StandardsettingProzess angesprochen.
166
C
Controllerarbeit unter IFRS
Die Ausführungen der letzten beiden Kapitel haben gezeigt: Die Rechnungslegung nach IFRS ist ohne Unterstützung aus dem Controllerbereich kaum mehr möglich. Plan- und Ist-Größen, Organisations- und Berichtsstrukturen oder Informationen aus dem Projekt- oder Risikocontrolling sind unverzichtbare Grundlagen für die praktische Umsetzung der IFRS im Jahresabschluss. Dies wird in der Sprache der IFRS als „Management Approach“ bezeichnet. Gleichzeitig sind die IFRS aber auch Ansatzpunkt für die Integration der internen und externen Rechnungslegung. Komplexe Überleitungsrechnungen zwischen getrennt ermittelten externen und internen Ergebnisgrößen, die ohnehin nur wenige verstanden haben, geschweige denn nachvollziehen konnten, sind damit überflüssig. Die betriebswirtschaftliche Perspektive der IFRS erlaubt es, die externe IFRSDatenbasis auch als Input für den Methodenbaukasten des Controllers zu verwenden. IFRS-gestützte Performance-Kennzahlen können so zur Entscheidungsunterstützung im Management herangezogen werden. Gerade vor diesem Hintergrund sind die IFRS kein Bremsklotz, sondern eine Chance für die Controllerarbeit: Synergieeffekte in Controlling und Rechnungswesen, eine deutliche Verkürzung der Reportingfristen und die Steigerung der Akzeptanz beim Top Management sind wichtige Vorteile, auch wenn gleichzeitig durch die zusätzlichen Anforderungen aus dem Management Approach ein neuer Komplexitätstreiber im Controlling entsteht. Der folgende Abschnitt C dieses Buchs behandelt detailliert die Veränderungen in der Controllerarbeit unter IFRS: •
•
Management Approach: Sie erfahren, an welchen Stellen die aktuell geltenden IFRS auf den Informations-Input aus den Controllingsystemen angewiesen sind und wie die Controllingsysteme hierfür angepasst bzw. erweitert werden müssen. Integrierte Rechnungslegung: Wir stellen Ihnen Lösungsansätze vor, wie Sie eine einheitliche Finanzsprache im Unternehmen um-
167
IFRS als Chance für die Control lerarbeit
B
Controllerarbeit unter IFRS
•
setzen können, ohne dabei als „Geisel des IASB“ in der internen Steuerung vom externen Standardsetting abhängig zu werden. Controller Excellence unter IFRS: Praxisbeispiele aus IFRSerfahrenen Unternehmen zeigen, dass erfolgreiche Controllerarbeit unter IFRS möglich ist. Wir präsentieren Ihnen gebündelt die Lessons Learned – als Grundlage und Ideenspeicher für Ihre eigenen Controllinglösungen.
Spezialfragen zum wertorientierten Controlling unter IFRS sowie zum Thema „IFRS und Controlling im Mittelstand“ werden in diesem Abschnitt C allerdings noch ausgeklammert. Hierzu finden Sie eine ausführliche Darstellung in den nachfolgenden Kapiteln D und E.
168
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
1 1.1
C
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz Management Approach der IFRS
Der Begriff des Management Approach stammt ursprünglich aus der Diskussion um die Segmentberichterstattung nach dem US-Standard SFAS 131, der 1997 verabschiedet wurde. Demnach müssen USUnternehmen in ihrer Segmentberichterstattung sowohl die abzubildenden Segmente (operating segments) als auch die Kerngrößen Segmentvermögen und -ergebnis strikt auf Basis des internen Reportings ermitteln. Dies gilt auch dann, wenn das interne Reporting nicht USGAAP-konform ist, d. h. im Segmentergebnis beispielsweise kalkulatorische Kosten verrechnet werden. SFAS 131 stellt allein darauf ab, dass die Unternehmensleitung (chief operating decision maker) die berichteten Größen für Zwecke der Entscheidungsfundierung verwendet.
Begriff des Management Approach
Inzwischen wird der Begriff Management Approach jedoch in einem weiteren Verständnis verwendet, und zwar wenn Informationen, die intern im Rahmen des Controllings für Zwecke der Unternehmenssteuerung bereitgestellt werden, einer Zweitverwendung in der Bilanzierung zugeführt werden. Derartige Schnittstellen zwischen internen Informationssystemen und der Bilanzierung sind grundsätzlich schon im HGB bekannt. Zwei Beispiele sollen dies veranschaulichen: •
•
So wird für Zwecke der Gemeinkostenzurechnung innerhalb der Herstellungskosten gemäß § 255 Abs. 2 HGB auf die interne Kostenrechnung zurückgegriffen. Der Lagebericht zum Einzelabschluss (§ 289 HGB) bzw. Konzernabschluss (§ 315 HGB), der auch von nach IFRS freiwillig oder verpflichtend bilanzierenden deutschen Unternehmen aufgestellt werden muss, ist nach den jüngsten Erweiterungen durch das BilReG im Oktober 2004 durch einen ausführlichen Chancen- und Risiko-
169
Management Approach schon unter HGB bekannt ...
C
Controllerarbeit unter IFRS
bericht zu ergänzen. Dieser ist ohne Rückgriff auf die Informationen aus dem internen Risikocontrolling kaum zu erstellen. ... aber höhere Bedeutung unter IFRS
Im Unterschied zur HGB-Rechnungslegung ist die Anzahl derartiger Management-Approach-Schnittstellen unter IFRS bedeutend umfangreicher. Eine Vielzahl von Standards greift hier auf Controllingsysteme zurück, d. h. im Einzelnen auf Systeme im Bereich der Planung, des Berichtswesens und der Performance-Messung bzw. auch auf querschnittsbezogene Controllingsysteme des Projekt- oder Risikocontrol128 lings .
Controller erhalten Mit verantwortung für die Finanz berichterstat tung
Durch den Management Approach wird der Controller zum Informationsdienstleister für die IFRS-Bilanzierung. Controller müssen deshalb in viel stärkerem Maße als früher Mitverantwortung für die externe Finanzberichterstattung übernehmen. Konzeptionell basiert der Management Approach auf der Überlegung, dass die Offenlegung interner Controllinginformationen für außenstehende Investoren sinnvoll sein kann. Dies kommt implizit bereits im IFRS-Framework zum Ausdruck. Hier wird konstatiert: „ ... published financial statements are based on the information used by management“ (F.11). Ziel des Ansatzes ist die Abbildung des Unternehmens „through 129 the management’s eyes“ , sodass die Zielrichtung der Aktivitäten des Managements abgeschätzt werden kann. Kerngedanke des Management Approach ist es, dass das Management Controllingsysteme installiert, die zunächst für Zwecke der Unternehmenssteuerung maßgeschneiderte Informationen zur Verfügung stellen. Idealtypisch wird davon ausgegangen, dass diese Controllingsysteme die Maximierung des Unternehmenswerts herbeiführen. In der Folge wird unterstellt, dass wertrelevante Informationen des Managements ebenso für die Investoren von Interesse sind.
Zwei Spielarten des Manage ment Approach
Grundsätzlich finden sich in den IFRS zwei Ausprägungen des Management Approach: •
Die unmittelbare Übernahme von Controllinginformationen in die IFRS-Finanzberichterstattung, z. B. bei der Bestimmung berichtspflichtiger Segmente oder bei der Neubewertung von Vermö-
128
Vgl. d’Arcy, Berichtspflichten nach IFRS und Anforderungen an das Controlling, in: Wagenhofer (Hrsg.), Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006, S. 203-224. 129 Martin, The Management Approach, in: CA Magazine, 1997, Heft: November, S. 29-30, hier S. 29.
170
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
•
C
genswerten auf der Basis von intern vorgehaltenen Wiederbeschaf130 fungswerten , und die mittelbare Herleitung von Größen der IFRS-Finanzberichterstattung auf der Basis interner Controllinginformationen, z. B. im Rahmen der Bewertung von Fertigungsaufträgen oder der außerplanmäßigen Abschreibung von Goodwill.
Nicht unter den Begriff des Management Approach fallen damit Informationen, die unmittelbar für die IFRS-Finanzberichterstattung ohne Anknüpfung an die Managementinformationen der internen Controllingsysteme generiert werden, wie z. B. die Anforderung eines versicherungsmathematischen Gutachtens zur Schätzung der Höhe von Pensionsrückstellungen. Für den Controller ergeben sich aus dem Management Approach vor allem die folgenden Konsequenzen: •
Systemanpassungen und -erweiterungen erforderlich Anders als der Begriff Management Approach suggeriert, können die Controllinginformationen nicht in allen Fällen ohne Modifikation in die Finanzberichterstattung übernommen werden. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist die Ermittlung des Nutzungswerts (value in use) für Zwecke des Impairment-Tests nach IAS 36. Immer wenn die Steuerungsperspektive des Controllings von den Anforderungen der IFRS abweicht, müssen die Controllingsysteme angepasst und erweitert werden, um die Management-ApproachInformationen für die Bilanzierung adäquat bereitzustellen. Die damit verbundenen Anforderungen an die Controllingsysteme werden auch unter dem Stichwort „Compliance“ zusammengefasst. 131
Zum Begriff Compliance Der Begriff Compliance bedeutet eine regelkonforme Gestaltung von Systemen. Im ökonomischen Kontext wurde der Begriff in den 80erJahren in den USA ge prägt. Unternehmen mussten sich damals verpflichten, interne Systeme zur Ver meidung von Geldwäsche, Korruption und Insiderhandel zu etablieren, die ge währleisteten, dass sich auch alle Mitarbeiter an die rechtlichen Rahmenbedin gungen hielten (comply). 130
Teilweise wird in der Literatur nur dieser erstgenannte Aspekt als Management Approach bezeichnet, so z. B. bei Wagenhofer, Zusammenwirken von Controlling und Rechnungslegung nach IFRS, in: Wagenhofer (Hrsg.), Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006, S. 3. 131 Vgl. weiterführend Roth, Compliance. Begriff, Bedeutung, Beispiele, 2000.
171
Management Approach erfordert zu Systemanpas sungen
C
Controllerarbeit unter IFRS
Tritt ein solcher Rechtsverstoß dennoch ein, können Unternehmen mit milderen Strafzahlungen rechnen, wenn sie ein funktionsfähiges ComplianceSystem nachweisen, d. h. Mitarbeitern werden die Regelungen zugänglich gemacht und deren Einhaltung wird überwacht ein einfaches „Exkulpieren“ der Unterneh mensleitung per Unterschrift reicht dabei allerdings nicht aus. In Finanz und Rechnungswesen bedeutet Compliance heute die Einhaltung der geltenden Bilanzierungs und Bewertungsvorschriften, wobei sämtliche Vorsys teme, aus denen Daten in die Finanzberichte einfließen, einbezogen werden. Da mit ist Compliance auch ein Thema für Controller – die vollständige Freiheit bei der Gestaltung interner Systeme, die früher postuliert wurde, gibt es heute in dieser Form nicht mehr.
Die Systemanpassungen im Controlling verhindern, dass Management-Approach-Informationen in der Bilanzierung eigenständig noch einmal erstellt werden müssen. Dies wäre zum einen wenig effizient und zudem vor dem Hintergrund der Qualität der IFRSAbschlüsse problematisch, wenn die von der Bilanzierung generierten Zahlen nicht mehr im Einklang mit der betriebswirtschaftlich 132 relevanten Perspektive der Controllingsysteme stehen .
Keine parallele Informations generierung durch die Bilanzierung
Beispiel Die für die Bestimmung des Nutzungswerts erforderlichen Cashflows müssen eng definierten Bedingungen genügen. Sie dürfen z. B. geplante Erweiterungen, Restrukturierungen oder Prozessverbesserungen nicht berücksichtigen und müs sen dem Vermögenswert selbst bzw. einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit (ZGE) als Gruppe von Vermögenswerten zuordenbar sein. Diese Thematik wird auch in dem untenstehenden Gespräch mit Jörg Bartelheimer und Sebastian 133 Wolf, CTcon GmbH, aufgegriffen . Die Cashflows der Mittelfristplanung erfüllen diese Bedingungen meist nur ein geschränkt, sodass die Planungssysteme hierfür angepasst werden müssen. So sind z. B. Erhaltungs und Erweiterungsinvestitionen separat zu erfassen oder ZGEs als Planungsebene unterhalb der Segment oder Bereichsebene einzurich 134 ten . Auch der Planungskalender kann von IAS 36 betroffen sein. Die Cashflows soll ten möglichst aktuell sein, sodass – wenn der Zeitpunkt des ImpairmentTests nicht entsprechend an die internen Planungsabläufe angepasst werden kann – die zeitlichen Planungsstrukturen modifiziert bzw. zusätzliche Planungsprozesse eingeführt werden müssen.
132
Vgl. Hassler/Kerschbaumer (Hrsg.), Praxisleitfaden zur internationalen Rechnungslegung (IFRS), 2005, hier S. 54f. 133 Vgl. hierzu Kapitel B 2.6 134 Vgl. Trützschler/David/Strauch/Tomaszewski, Unternehmensbewertung und Rechnungslegung von Akquisitionen, in: ZP, 2005, S. 383-406, hier S. 404f.
172
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
•
•
•
135 136
Allerdings erzwingt der Management Approach bei derartigen Anpassungen bzw. Erweiterungen nicht die Übernahme dieser Systemparameter für interne Controllingzwecke. Für die Ausgestaltung des Controllings gilt weiterhin vielmehr das Primat einer optimalen Unterstützung interner Managementprozesse. Zusätzliche Arbeitsbelastung Die vielfältigen Informationspflichten gegenüber der Bilanzierung führen dazu, dass die Arbeitsbelastung im Controllerbereich steigt. 135 Jüngste empirische Ergebnisse von nach IFRS bilanzierenden Unternehmen zeigen, dass Controller durchschnittlich etwa acht Stunden pro Woche entsprechende Aufgaben wahrnehmen müssen. Diese Belastung wird verstärkt durch die zunehmend wachsende Komplexität der IFRS, denn gerade im Bereich der für den Management Approach bedeutsamen Standards muss im Controllerbereich entsprechendes Knowhow aufgebaut werden. Kommunikation mit Bilanzierung und Investor Relations Die Umsetzung des Management Approach ist ohne enge Kommunikationskanäle zwischen dem Controllerbereich und den mit der IFRS-Finanzberichterstattung unmittelbar betrauten Bereichen wie der Bilanzierung oder Investor Relations nicht mehr denkbar. Gerade für Zwecke einer proaktiven Bilanzpolitik und der Investorenkommunikation ist es wichtig, dass hier nicht nur vergangenheitsorientierte Informationen weitergegeben werden, sondern dass – um Überraschungen bei der Abschlusserstellung zu vermeiden – z. B. auch die für die Bilanzierung relevanten Planungen und Fore136 casts zeitnah weitergegeben werden . Management Approach als Chance für Controller und Bilanzierer Trotz der zusätzlichen Belastungen ist der Management Approach als Chance für Controller wie Bilanzierer zu sehen. In den Bereichen, in denen Controllingsysteme noch unzureichend ausgestaltet sind, entsteht ein „heilsamer“ Anpassungsdruck – so z. B. im Bereich des Projektcontrollings, wenn der Ausweis von langfristigen Fertigungsaufträgen (IAS 11) oder von Entwicklungskosten (IAS 38) eine bedeutsame Rolle spielt. Auch die Bilanzierung profitiert
Vgl. hierzu Kapitel C 4. Vgl. Kapitel C 3.5.
173
C
Controller arbeiten acht Stunden pro Woche für die IFRS Bilanzierung
Management Approach als Chance
C
Controllerarbeit unter IFRS
davon, wenn die methodischen Kernkompetenzen der Controller z. B. im Bereich der Planung und Analyse verstärkt in die Erstellung der IFRS-Abschlüsse einfließen. Insgesamt ist davon auszugehen, dass durch die IFRS der Controllerbereich eine größere Bedeutung innerhalb des Unternehmens erreicht als bisher. Mit der Informationsfunktion im Sinne des Management Approach geht es nämlich darum, bilanzielle Werte nicht nur zu fundieren, sondern auch zu plausibilisieren. Dies ist ohne tiefgreifende Kenntnis der Prozesse, Strukturen und Rahmenbedingungen der Geschäfte des Unternehmens nicht zu leisten.
Controller in der Mitverantwortung: Das Beispiel Goodwill ImpairmentTest – Gespräch mit Jörn Bartelheimer und Se bastian Wolf, CTcon GmbH Gespräch mit Jörn Bartelheimer, Projektleiter, und Sebastian Wolf, Berater, die bei der CTcon GmbH im Finance & Accounting Competence Center tätig sind und dort u. a. an Projekten zur Konzeption und Implementierung von Managementinformationssystemen an der Schnittstelle zwischen interner und externer Rechnungslegung arbeiten. CTcon wurde 1992 als Spin-off der WHU – Otto Beisheim School of Management gegründet und ist inzwischen eine unabhängige Managementberatung mit Büros in Bonn, Düsseldorf, Frankfurt, München und Vallendar. Die IFRS greifen an vielen Stellen unter dem Stichwort „Management Approach“ auf interne Controllinginformationen zurück. Welche Auswirkungen hat dies in der Praxis auf die Controllerarbeit? Jörn Bartelheimer: Die Anwendung des Management Approach bedeutet für das Controlling, dass dieses nun nicht mehr allein Informationsdienstleister für das Management ist, sondern auch Informationen und Erkenntnisse dem externen Rechnungswesen zur Verfügung stellen muss. Dies führt in der alltäglichen Controllerarbeit dazu, dass die Rechnungslegungsvorschriften der IFRS auch die Controllingfunktio nen beeinflussen und dass für die Controller Kenntnisse der spezifischen Vorschriften unabdingbar werden, um die Einhaltung der Anforderungen sicherzustellen. Sebastian Wolf: In Folge der Anwendung des Management Approach
174
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
C
müssen Controlling und externes Rechnungswesen verstärkt zusammenarbeiten. Dies geht sogar so weit, dass interne Informationen, beispielsweise für die Segmentberichterstattung verwendete Risikound Renditeerwartungen von Unternehmensbereichen, in den Fokus der Jahresabschlussprüfung kommen. Somit steigt auch die Verantwortung des Controllings für die Verlässlichkeit der intern und nun auch extern verwendeten Informationen. Ein Thema, das aktuell viele Controller beschäftigt, ist der GoodwillImpairment-Test. Können diese Aufgaben nicht durch die Bilanzierungsabteilungen wahrgenommen werden – Controller haben doch eigentlich mit der Unterstützung der Unternehmenssteuerung genug zu tun? Jörn Bartelheimer: Auch wenn die Durchführung des ImpairmentTests grundsätzlich dem Verantwortungsbereich des externen Rechnungswesens zuzuordnen ist, zeigt sich, dass das Controlling bei der Durchführung des Impairment-Tests eingebunden werden sollte. Das externe Rechnungswesen fokussiert sich generell auf die IstBerichterstattung und die Erstellung von Monats-, Quartals- und Jahresabschlüssen. Demgegenüber obliegen dem Controlling üblicherweise die Rationalisierung der Ergebnisse sowie die Erstellung von Planung und Forecasts. Sofern kein redundantes Knowhow zur Erstellung von Planungsrechnungen und Unternehmensbewertungen im externen Rechnungswesen aufgebaut werden soll, sollte gerade die im Controlling vorhandene Methodenkompetenz und das Knowhow zur Plausibilisierung von Plandaten für die Durchführung des Impairment-Tests genutzt werden. Ein gemeinsames Vorgehen ist möglich: Das externe Rechnungswesen stellt die Einhaltung der Vorschriften der IFRS sicher und das Controlling übernimmt die Aufstellung sowie die Bewertung der Planungsrechnungen. Die Abstimmung der Ergebnisse mit dem Abschlussprüfer kann dann ebenfalls gemeinsam durchgeführt werden. Können Sie uns kurz die Vorgehensweise des Goodwill-Impairment-Tests schildern? Wo fließen hier die Planungsrechnungen aus dem Controlling genau ein? Sebastian Wolf: Im Rahmen der Durchführung des GoodwillImpairment-Tests wird der erzielbare Betrag dem Buchwert einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit (ZGE) gegenübergestellt. Da in der Unternehmenspraxis Marktwerte für ZGEs in der Regel nicht verfüg-
175
Methodenkom petenz aus dem Controlling sollte in der Bilanzierung genutzt werden
C
Controllerarbeit unter IFRS
bar sind, wird der jeweilige Nutzungswert verwendet. An dieser Stelle entsteht die enge Verbindung zum Controlling, da für die Bestimmung dieses Nutzungswerts Planungsrechnungen für die ZGEs aufgestellt werden müssen. Hierzu können im Idealfall die bereits vorhandenen Planungen des Controllings verwendet werden. Zu berücksichtigen und einzuhalten sind jedoch die spezifischen Vorschriften des IAS 36 zur Bestimmung des Nutzungswerts, insbesondere zur Definition der zu Grunde liegenden Cashflows. Gibt es beim Goodwill-Impairment-Test neben der Bestimmung des Nutzungswerts noch weitere Schnittstellen? Sebastian Wolf: Ja, beispielsweise bei der Identifikation von Indikatoren, die auf eine Wertminderung des Goodwills hinweisen. Während die Durchführung des jährlichen Impairment-Tests in Verbindung mit den jährlichen Planungszyklen zu empfehlen ist, muss ebenfalls sichergestellt werden, dass auch unterjährig Wertminderungen identifiziert werden. Als solche Indikatoren oder triggering events, die auch vom Controlling beobachtet werden sollen, kommen beispielsweise die Identifikation einer negativen Entwicklung des Geschäftsklimas, eine signifikant negative Abweichung der Ergebnisse im Plan-IstVergleich oder auch im Rahmen des Risikomanagements verwendete Kenngrößen infrage. Inwieweit müssen die Controller für diese Aufgaben im Rahmen des Goodwill-Impairment-Tests ihre Systeme anpassen?
Gesunder Pragmatismus bei der Anpas sung der Cont rollingsysteme
Jörn Bartelheimer: Genau wie andere externe Einflüsse sind auch die IFRS und die aus der Anwendung entstehenden Auswirkungen harmonisch in die Systeme des Controllings zu integrieren. Die besondere Definition des Cashflows für die Bestimmung des Nutzungswerts wurde bereits angesprochen. Die IFRS definieren hier relativ konkret, welche Bestandteile berücksichtigt werden dürfen und welche nicht. So sind beispielsweise Cashflows aus Restrukturierungsmaßnahmen, zu denen sich das Unternehmen noch nicht verpflichtet hat, oder Cashflows aus Kapazitätserweiterungsinvestitionen ebenso wenig einzubeziehen wie Mittelflüsse aus Finanzierungstätigkeiten oder Ertragsteuern. Hieraus folgt, dass entweder die intern verwendete CashflowDefinition angepasst werden muss oder dass in den Systemen die Möglichkeit geschaffen wird, adäquate Überleitungsrechnungen auf-
176
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
C
zustellen. Hier sieht man bereits, dass grundsätzlich nicht alle Anforderungen blind in die Systeme umgesetzt werden müssen, vielmehr sind in der Komplexität beherrschbare und rationale Lösungen anzustreben; ein „gesunder“ Pragmatismus ist gefragt. Dies gilt insbesondere dann, wenn berücksichtigt wird, dass Controlling und externes Rechnungswesen in der Regel die gleiche Datenbasis nutzen. Und was ist bei der periodischen Performance-Messung zu beachten? Sebastian Wolf: Goodwill-Abschreibungen können wesentliche Auswirkungen auf die Erfolgsgrößen in der periodischen PerformanceMessung haben. Gleichzeitig können diese Impairments jedoch in einzelnen Fällen gerade nicht durch das Management der betroffenen ZGE beeinflusst werden, da die Wertminderung beispielsweise durch Veränderungen der Kalkulationszinssätze hervorgerufen wurde. In einer solchen Situation kann es zweckmäßig sein, eine Korrektur der Erfolgsgrößen in den Systemen vorzunehmen, um die zentrale Anforderung der Beeinflussbarkeit von Steuerungsgrößen durch das dezentrale Management (Controllability-Prinzip) zu gewährleisten. Sowohl für Zwecke einer zukunftsgerichteten Kapitalmarktkommunikation, aber auch für das Beteiligungscontrolling ist es für die Unternehmensleitung wichtig, möglichst frühzeitig zu wissen, ob und ggf. in welcher Höhe ein Goodwill-Impairment durchgeführt werden muss. Kann hier das Controlling helfen? Sebastian Wolf: Der Goodwill ist oft einer der bedeutendsten Vermögenswerte in den Bilanzen von Konzernen. Unter Berücksichtigung der besonderen Behandlung im Rechnungswesen ist ein Monitoring der Goodwill-Positionen der ZGEs unabdingbar. Aber nicht nur die Höhe der Goodwill-Position muss transparent sein, vielmehr muss auch bekannt sein, bei welchen geplanten und realisierten Cashflows die Gefahr eines Impairments besteht. Das Controlling soll anhand von geeigneten Kenngrößen unterjährige Impairments erkennen. Um ein frühzeitiges proaktives Gegensteuern zu ermöglichen, können zusätzlich „strengere“ Indikatoren oder Grenzwerte festgelegt werden. Diese Indikatoren selbst sind vergleichbar mit denen eines Frühwarnbzw. Risikomanagementsystems oder auch mit den vorlaufenden Kennzahlen einer Balanced Scorecard und sollten in das bestehende Steuerungsinstrumentarium im Sinne von ergänzenden Frühwarnindikatoren integriert werden. Ebenso haben Simulationen und Szena-
177
Goodwill Controlling als neues Control lingfeld?
C
Controllerarbeit unter IFRS
rio-Analysen im Controlling eine hohe Bedeutung. Nach der Aufstellung von den verschiedenen Szenarien werden in der Regel die jeweiligen monetären Auswirkungen abgeleitet. An dieser Stelle sollte jeweils explizit geprüft werden, ob es Szenarien gibt, die zu einem Impairment führen würden. Sollte dann im Laufe der Zeit festgestellt werden, dass eines dieser speziellen Szenarien eintritt, kann frühzeitig und gezielt gegengesteuert werden. Heißt das, Goodwill-Controlling wird erst nach Abschluss der M&APhase relevant? Sebastian Wolf: Im Gegenteil – gerade mit Blick auf Unternehmensakquisitionen sollte versucht werden, mögliche bevorstehende Impairments bereits vor der Akquisition zu vermeiden. In Abstimmung mit der M&A-Abteilung sollten kritisch die geplanten zukünftigen Erträge und Cashflows hinsichtlich der tatsächlichen Realisierbarkeit analysiert werden, um überhöhte Kaufpreiszahlungen zu vermeiden, die dann typischerweise zu Impairments führen. Eine entsprechende, intensive Einbindung des Controllings in den Akquisitions- und Integrationsprozess ist daher sinnvoll. Controller in der Mitverantwortung für die Finanzberichterstattung – welche Dos und Don’ts können Sie mit auf den Weg geben? Dos und Don’ts für Controller im Manage ment Approach
Jörn Bartelheimer: Für die Controller gilt es, sich den Herausforderungen der IFRS zu stellen und diesbezüglich aktiv zu werden. Neben dem Knowhow-Aufbau und der kontinuierlichen Aktualisierung ist auch die Schärfung der Positionierung im Unternehmen wichtig. So wie sich das Aufgabenprofil des Controllers ändert, kann sich auch das Profil der Finance-Bereiche anpassen. Das Accounting drängt durch die Datenhoheit über das externe Berichtswesen, den traditionell näheren Kontakt zu Rechnungslegungsvorschriften und der entsprechenden Nähe zu Abschlussprüfern in die Beraterrolle und damit in Controllertätigkeitsbereiche hinein. M&A-Abteilungen beschränken ihre Tätigkeiten längst nicht mehr nur auf die Auswahl und Integration externer Wachstumsmöglichkeiten, sondern nehmen auch Einfluss auf deren spätere Erfolgsbeurteilung. Fazit: Der Controller sollte die neuen Anforderungen nicht ignorieren, sondern seinen Nutzen als interner Berater des Managements im erweiterten Aufgabenfeld unter Beweis stellen.
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C
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
1.2
Controllingrelevante Standards im Rahmen des Management Approach
Die Umsetzung des Management Approach in den IFRS ist sehr divergent. Das Spektrum reicht von Standards, für die von Seiten des Controllerbereichs i. d. R. so gut wie keine Informationen bereitgestellt werden müssen (z. B. für die Erstellung des im IFRS-Abschluss zu veröffentlichenden Cashflow Statements gemäß IAS 7) bis hin zu Standards, bei denen die eingangs beschriebene Verzahnung zwischen IFRS und Controllinginstrumenten besonders stark ist. Abbildung 39 gibt eine kursorische Übersicht über Standards, die vor dem Hintergrund des Management Approach besonders bedeutsam sind. Standard IAS 2
(Vorräte)
Nicht alle Standards sind im Kontext des Management Approach controllingrele vant
Beispielhafte Anwendungsfelder des Management Approach z.B. produktionsorientierte Erfassung der Herstellungskosten
IAS 11 (Langfristfertigung)
z.B. Ermittlung des Fertigstellungsgrads und Bewertung von langfristigen Fertigungsaufträgen bei Anwendung der Teilgewinnrealisierung auf Basis der Projektplanung und -kalkulation
IAS 12 (Ertragsteuern)
z.B. Beleg der Werthaltigkeit aktiver latenter Steuern über die steuerliche Ergebnisplanung
IAS 14 / IFRS 8 (Segmentberichterstattung)
z.B. Anknüpfung der Segmentkategorisierung (primär vs. sekundär) an interne Berichtsstrukturen (IAS 14) z.B. Segmentierung und Segmentinformationen auf Basis des internen Reportings (IFRS 8) z.B. Begründung homogener Risiko-Rendite-Strukturen für Segmentaggregation über das Risikocontrolling
IAS 16 (Sachanlagen)
z.B. Verwendung von Informationen über die voraussichtliche Lebensdauer von abnutzbaren Sachanlagen bzw. deren Komponenten z.B. Fundierung von Fair Values im Rahmen der Neubewertung durch in der Anlagenbuchhaltung für kalkulatorische Zwecke vorgehaltene Wiederbeschaffungswerte
IAS 18 (Erträge)
z.B. Aufteilung von Umsätzen bei Mehrkomponentenverträgen auf Basis interner Kalkulationen z.B. ggf. risikoorientierter Bestimmung der Umsatzrealisation mithilfe interner Kalkulationen / Transaktionsdaten
IAS 24 (Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen)
z.B. separate Erfassung von Transaktionen mit nahe stehenden Personen und Unternehmen
IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten)
z.B. Rückgriff auf Indikatoren zur unterjährigen Durchführung von Impairment-Tests z.B. Bildung von ZGEs auf Basis von Investitionsplänen bzw. Finanz-/Cashflow-Daten z.B. Zuordnung von Goodwill auf ZGE über erwartete Realisierung von Synergien z.B. Ermittlung des Nutzungswerts (value in use) auf Basis der Finanz-/Cashflow-Planung
IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte)
z.B. Rückgriff auf Projektplanung und -kalkulation zur Aktivierung von Entwicklungsausgaben
IAS 39 i.V.m. IAS 32 und IFRS 7 (Finanzinstrumente)
z.B. Rückgriff auf interne Risikomanagementsysteme zur Dokumentierung von Sicherungszusammenhängen für Zwecke des Hedge-Accounting z.B. Risikobericht für jede Kategorie von Finanzinstrumenten
IAS 40 (Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien)
z.B. Fundierung der Fair-Value-Bewertung von Renditeimmobilien ggf. durch interne Projektplanung
IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse)
z.B. Identifikation von immateriellen Vermögenswerten im Unternehmenserwerb z.B. Bewertung der erworbenen Vermögenswerte und Schulden zum Fair Value
IFRS 5 (Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereiche)
z.B. Rückgriff auf Planung zur Abgrenzung stillzulegender operativer Bereiche sowie zur Ermittlung des Fair Value
Abb. 39: Bedeutsame Management-Approach-Standards 137
137
In Anlehnung an IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006, S. 37.
179
C
Controllerarbeit unter IFRS
Tipp Die Controllingrelevanz einzelner IAS bzw. IFRS für den Management Approach ergibt sich zum einen aus den Standards selbst, zum anderen aber auch aus bran chen bzw. unternehmensindividuellen Besonderheiten. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, beim controllinginternen Knowhow Aufbau im Feld des Management Approach gemeinsam mit der Bilanzierung zu prüfen, welche Standards für den IFRSAbschluss von besonderer Bedeutung sind. Beachte: Die Frequenz und Häufigkeit der Anfragen aus der Bilanzierung an das Controlling ist dabei nicht notwendigerweise ein Indikator für die Controllingrele vanz eines Standards, denn in der Praxis finden sich immer wieder Fälle, in denen an sich aus den Controllingsystemen abzurufende ManagementApproach Informationen von der Bilanzierung parallel abgerufen oder sogar generiert wer den.
Ordnet man die in Abbildung 39 aufgeführten ManagementApproach-Standards verschiedenen Controllingsystemen zu, ergibt sich typischerweise die in Abbildung 40 dargestellte Struktur, die sich 138 am House of Controlling orientiert.
IGC-Controller-Leitbild
Originäre Aktionsfelder der Controller Planung IAS 11 IAS 12 IAS 16 IAS 36 IAS 40 IFRS 5
Berichtswesen IAS IAS IAS IAS IAS IAS
Derivative Aktionsfelder der Controller PerformanceMessung
2 14/ED 8 16 18 24 36
Gestaltung der Vorsysteme
IAS 14 IAS 36 IFRS 8
Projektcontrolling:
IAS 11, IAS 36, IAS 38, IFRS 3
Risikocontrolling:
IAS 14, IAS 32, IAS 39, IFRS 7, IFRS 8
Organisation des Controllerbereichs
Rollenverständnis der Controller
Abb. 40: Controllingsysteme und Management-Approach-Standards
138
Vgl. Kapitel A 2.3.
180
C
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
Management-Approach-Informationen fließen dabei zunächst aus den originären oder Kern-Aktionsfeldern der Controller, d. h. aus Planung, Berichtswesen und Performance-Messung, in den IFRSAbschluss ein. Ferner sind Querschnittsaufgaben des Controllings, wie das Projekt- oder das Risikocontrolling, eine wichtige Quelle.
1.2.1
Controllingsys teme und Management Approach
Planung
Aus Sicht einer investororientierten Rechnungslegung spielt der Management Approach gerade bezogen auf die Planung eine bedeutsame Rolle. Die Investoren sollen möglichst gut über die Managementeinschätzung künftiger Ereignisse informiert werden. Vor allem folgende Standards greifen auf die Planungssysteme zurück: •
•
•
•
•
IAS 12 (Ertragsteuern) – Überprüfung der Ansatzfähigkeit aktiver latenter Steuern, d. h. erwarteter Steuervorteile, über die steuerliche Ergebnisplanung, IAS 16 (Sachanlagen) – Planmäßige Abschreibung von Sachanlagen auf Basis der im Rahmen der Investitionsplanung angesetzten wirtschaftlichen Nutzungsdauer, – Ggf. Anwendung des Komponentenansatzes auf Basis von Informationen der Instandhaltungsplanung, IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten) – Ermittlung des Nutzungswerts von nicht-finanziellem Anlagevermögen (einzelne Vermögenswerte sowie zahlungsmittelgenerierende Einheiten/ZGE) über Plan-Cashflows der Mittelfristplanung, IAS 40 (Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien) – Klassifikation von Grundstücken und Gebäuden als Renditeimmobilien auf Basis der Geschäftsplanung, – Schätzung der Fair Values mithilfe geplanter Cashflows, IFRS 5 (Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereiche) – Klassifikation von Vermögenswerten auf Basis der Geschäftsplanung, – Schätzung der Fair Values mithilfe geplanter Cashflows.
181
Planung
C
Controllerarbeit unter IFRS
1.2.1.1
Berichtswesen
Die Weitergabe von Informationen aus den laufenden Berichtssystemen und -strukturen sollen den Investoren die Steuerungsperspektive der Unternehmensleitung verdeutlichen. Im Rahmen des Management Approach greifen im Wesentlichen die folgenden Standards auf das Berichtswesen zurück: Berichtswesen
•
•
•
•
•
•
IAS 2 (Vorräte) – Ermittlung produktionsorientierter Vollkosten der Herstellung auf Basis interner Verrechnungsstrukturen, IAS 14 / IFRS 8 (Segmentberichterstattung) – IAS 14: Klassifikation primärer und sekundärer Berichtskategorie auf Basis der internen Berichtsstrukturen, – IFRS 8: Segmentierung und Segmentinformationen folgen vollständig dem internen Reporting, IAS 16 (Sachanlagen) – Ggf. Neubewertung auf Basis intern vorgehaltener Wiederbeschaffungskosten, IAS 18 (Erträge) – Aufteilung von Umsätzen bei Mehrkomponenten-Verträgen auf Basis interner Kalkulationen, – Ggf. risikoorientierte Bestimmung der Umsatzrealisation mithilfe interner Kalkulationen oder Transaktionsdaten, IAS 24 (Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen) – Informationen über Rückgriff auf separat erfasste und berichtete Transaktionen, IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten) – Herleitung von Indikatoren über die mögliche Wertminderung bzw. Nicht-Wertminderung von Vermögen auf Basis interner Ist-und Plan-Informationen.
1.2.1.2
PerformanceMessung
Im Bereich der Performance-Messung gibt es vergleichsweise wenig Schnittstellen betreffend den Management Approach im Pflichtbereich des IFRS-Abschlusses. Dazu gehören: Performance Messung
•
IAS 14 / IFRS 8 (Segmentberichterstattung) – IAS 14: Ausweis freiwilliger Segmentinformationen innerhalb des Segmentberichts nur dann, wenn diese Kennzahlen auch
182
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
•
C
vom Management zur Segmentsteuerung, d. h. zur Performance-Messung im Segment herangezogen werden, – IFRS 8: Performance-Kennzahlen zur Segmentseuerung als Grundlage für den Segmentbericht, IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten) Bereichs-Performance, z. B. hohe positive Wertbeiträge, als Indikator für die Nicht-Wertminderung bzw. stetige Werthaltigkeit von Goodwill-Positionen, sofern nicht künftig eine deutliche Reduktion der Bereichs-Performance erwartet wird.
1.2.2
Projektcontrolling
Projekte, d. h. zeitlich begrenzte und eigenständig gesteuerte Unternehmensaktivitäten, finden sich u. a. in den Bereichen M&A, F&E und Langfristfertigung. Die Informationen aus den im Projektcontrolling eingesetzten Planungs- und Berichtssystemen fließen vor allem in folgende IFRS ein: •
•
•
IAS 11 (Langfristfertigung) – Ermittlung des Fertigstellungsgrads auf Basis geplanter Gesamtkosten bzw. angefallener Ist-Kosten (cost-to-cost-Methode), – Bewertung von Fertigungsaufträgen auf Basis geplanter Umsätze, IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten) / IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) – IAS 36: Zuordnung von Goodwill aus Unternehmenserwerb auf ZGEs, die von den Synergien profitieren, – IFRS 3: Identifikation und Fair-Value-Bewertung sämtlicher erworbener Vermögenswerte und Schulden, so insbesondere Identifikation und Schätzung der Nutzungsdauer von immateriellen Vermögenswerten, IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte) – Abgrenzung von Forschungs- und Entwicklungskosten auf Basis der Projektkostenerfassung, – Beleg für bzw. gegen die Aktivierbarkeit von Entwicklungskosten selbsterstellter immaterieller Vermögenswerte auf Basis der internen Projektplanung.
183
Projektcontrol ling
C
Controllerarbeit unter IFRS
1.2.3
Risikocontrolling
Auch aus dem Risikocontrolling als weiterem Querschnittsbereich sind für den IFRS-Abschluss im Rahmen des Management Approach interne Informationen weiterzugeben: Risikocontrol ling
•
•
IAS 14 / IFRS 8 (Segmentberichterstattung) – Zusammenfassung von Segmenten bei belegter homogener Risiko-Rendite-Struktur, IAS 32 / IAS 39 / IFRS 7 (Finanzinstrumente) – Rückgriff auf interne Risikomanagementsysteme zur Dokumentierung von Sicherungszusammenhängen für Zwecke des Hedge Accounting, – z. B. Risikobericht für jede Kategorie von Finanzinstrumenten. Achtung: Auch die deutschen Vorschriften zur Erstellung des Lageberichts greifen auf In formationen aus dem internen Risikocontrolling zurück. Zwar wird in der IFRSRechnungslegung die Erstellung eines Lageberichts nicht gefordert, allerdings sind gemäß § 315a HGB auch befreiend nach IFRS bilanzie rende Konzerne zur Erstellung eines Lageberichts gemäß § 315 HGB verpflichtet. Dieser hat Informationen und Analysen zum Geschäftsverlauf sowie der Lage des Unternehmens und zu wesentlichen Zielen und Strategien einschließlich der be deutsamsten finanziellen sowie nicht finanziellen Leistungsindikatoren zu ent halten. Zudem ist eine Beurteilung und Erläuterung wesentlicher Chancen und Risiken notwendig, was ohne Rückgriff auf das bestehende interne Chancen und Risikomanagementsystem kaum möglich ist. Der Inhalt des § 315 HGB wird durch die DRS 15 bzw. 5 konkretisiert, wobei viel fältige Schnittstellen zu internen Controllingsystemen zu beachten sind. So wird gemäß DRS 5.16 eine an der internen Risikokategorisierung orientierte Zusam menfassung wesentlicher Risiken vorgeschrieben. Ferner bestimmen DRS 5.28f., dass das intern verwendete Risikomanagement in angemessenem Umfang zu be schreiben ist, indem auf die Strategie, den Prozess und die Organisation des Risi komanagements eingegangen wird. Gemäß DRS 15 soll das zur Anwendung kommende Steuerungssystem einschließ lich der verwendeten Kennzahlen anhand seiner quantitativen Maßstäbe darge stellt und erläutert werden (DRS 15.38). DRS 15.94ff. empfehlen darüber hinaus eine Quantifizierung und Erläuterung der verwendeten Kennzahlen für die aktu elle und kommende Berichtsperiode. Im Prognosebericht erfordert DRS 15.34 eine Darstellung der strategischen Ausrichtung des Konzerns für i. d. R. mindestens die kommenden beiden Berichtsjahre.
184
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
1.3
C
Konzeptionelle Würdigung des Management Approach
In den vorangegangenen Abschnitten haben wir gezeigt, dass die IFRS in zahlreichen Standards fordern, in den Unternehmen bereits vorhandene Controllinginformationen einer Zweitverwendung zuzuführen. Die Investoren erhalten damit zukunftsgerichtete bzw. steuerungsrelevante interne Informationen, die idealerweise den Aussagegehalt des IFRS-Abschlusses zur Fundierung ihrer Portfolio-, d. h. Anlageentscheidungen verbessern. Auch aus Controllingsicht ist der Management Approach nicht ausschließlich nachteilig – d. h. mit Blick auf den zusätzlichen Arbeitsan139 fall im Controllerbereich – zu bewerten. Durch den Management Approach können nämlich auf wirtschaftliche Weise Informationsasymmetrien zwischen der Unternehmensleitung und nachgelagerten Managementebenen durch aussagekräftige, weil in den IFRSAbschluss einfließende Pläne bzw. Berichte abgebaut werden. Außerdem werden Ansatzpunkte zur Optimierung bestehender Controllingsysteme geschaffen, häufig beispielsweise im Bereich des Projekt- oder Risikocontrollings.
Der Manage ment Approach ist nicht per se abzulehnen ...
Allerdings bestehen auch weitere Problemfelder hinsichtlich einer Anwendung des Management Approach:
... weist aber konzeptionelle Defizite auf
•
Informationsdefizite durch unzureichende Ausgestaltung der Controllingsysteme Die Anwendung des Management Approach erweist sich zunächst in solchen Fällen als problematisch bzw. unmöglich, in denen die Controllingsysteme des bilanzierenden Unternehmens die benötigten Informationen nur teilweise oder überhaupt nicht zur Verfügung stellen können. So wird z. B. das Vorhandensein einer Unternehmensplanung in der Literatur zwar als unabdingbares Instrument zur Existenzsicherung angesehen; dennoch kommen viele Unternehmen dem Gebot 140 zur Unternehmensplanung noch nicht ausreichend nach . Ist in einem Unternehmen die Unternehmensplanung so ausgebaut, dass auf ZGE-Ebene entweder keine Planungsrechnungen existieren o-
139
Vgl. Fleischer, Rolle des Controllings im Spannungsfeld internes und externes Reporting, in: Horváth, Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse wirkungsvoll steuern, 2005, S. 189-200, hier S. 198. 140 Vgl. Groß/Amen, Rechtspflicht zur Unternehmensplanung?, in: WPg, 2003, S. 1161-1180.
185
C
Controllerarbeit unter IFRS
der diese nicht mit den Planungen anderer Organisationseinheiten bzw. des Gesamtunternehmens abgestimmt sind, so ist auch eine Verwendung dieser Planungsrechnungen im Rahmen des Management Approach für den IFRS-Abschluss nicht möglich. Denkbar ist in diesem Zusammenhang im Grenzfall, dass die Controllinganforderungen nicht mit regulatorischen Anforderungen der IFRS-Finanzberichterstattung kompatibel sind. So sind möglicherweise interne Berichtssegmente nicht – wie noch in IAS 14.27ff. für den Regelfall implizit unterstellt – nach intern homogenen Chancen und Risiken aufgestellt, sondern folgen möglicherweise historischen bzw. unternehmenspolitischen Entwicklungen. Beispiel Denkbar ist z. B., dass nach dem Erwerb einer in mehreren Regionen tätigen Tochtergesellschaft diese aufgrund von Vereinbarungen mit deren Management nicht eingegliedert, sondern als ein eigenständiges internes Berichtssegment geführt wird.
• Eingeschränkte Reliabilität
Diese Überlegungen lassen sich ohne Weiteres auf die anderen oben genannten Informationskategorien übertragen. Insbesondere in Unternehmen, die nur selten langfristige Fertigungsprojekte, Unternehmensakquisitionen oder kaum F&E betreiben, ist nicht davon auszugehen, dass hierfür umfangreiche, standardisierte Steuerungssysteme installiert sind. In der Folge erscheint ein IFRSReporting unter Rückgriff auf den Management Approach schwer möglich. Allerdings dürfte die Ausweitung der externen Berichtserfordernisse auch einen Impuls für den Ausbau bzw. die Verbesserung interner Controllingsysteme darstellen. Einschränkungen in der Reliabilität von Management-ApproachInformationen Durch den Management Approach kann die Reliabilität, d. h. Ver141 lässlichkeit, interner Informationen sinken . Diese Reduktion wird durch zwei verschiedene Effekte begründet, den Zirkularitätseffekt und den Manipulationseffekt. –
... durch den Zirkularitätsef fekt ...
141
Zirkularitätseffekt Unter dem Zirkularitätseffekt versteht man die Beeinflussung der internen Controllingsysteme im Rahmen des Management Approach aufgrund rein bilanzpolitisch motivierter Überlegun-
Vgl. Hachmeister, Das Controlling als Objekt der handelsrechtlichen Abschlussprüfung, in: ZP, 2003, S. 437-456, hier S. 446.
186
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
C
gen. Es besteht die Gefahr, dass die Unternehmensleitung die internen Steuerungssysteme so ausgestaltet, dass die generierten Informationen am Kapitalmarkt zwar das gewünschte Bild des Unternehmens vermitteln, intern aber nicht mehr unbedingt diejenigen Entscheidungen herbeiführen, die den Unternehmenswert maximieren. Der Zirkularitätseffekt steht auch im Mittelpunkt der Kritik an der Pflicht zur vierteljährlichen Zwischenberichterstattung, die u. a. vehement durch Wendelin Wiedeking, Vorstandsvorsit142 zender der Porsche AG, geäußert wird : Unternehmen werden unter Zugzwang gesetzt, den Erwartungen des Kapitalmarkts kontinuierlich zu entsprechen und greifen dann möglicherweise zu wenig sinnvollen Maßnahmen, wie z. B. aggressiven Absatzhilfen oder den Verzicht auf langfristig angelegte Projekte, um nicht durch Kursverluste „abgestraft“ zu werden. Beispiel Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein Produkt eines Computerherstellers bricht alle Rekorde, verdoppelt fast den Gewinn und führt zum besten Quartal der Fimengeschichte. Die Börse ist dennoch nicht zufrieden: Die Zahlen für das vergangene Quartal blieben aufgrund des Übergangsprozesses zur neuen Mo delloffensive hinter den Erwartungen von Analysten zurück. Die Erwartungen fallen daraufhin um rund 4 Prozent. Dagegen sorgt einer der weltweit größten Automobilhersteller mit seinem jüngsten Quartalsergebnis für Furore: Der Verlust liegt nach wie vor im dreistel ligen Millionenbereich – jedoch niedriger, als einige Analysten erwarten. Die Börse reagiert mit einem Plus von mehr als zehn Prozent. Der Schönheitsfehler: Die Zahlen sind stark von Sondereffekten beeinflusst und mit aggressiver Ab satzhilfe („Null Prozent Zinsen in der Neuwagenfinanzierung“) erkauft. Fiktion? Mitnichten! Beide Beispiele sind real (Apple und General Motors) und nicht auf ihre Branche beschränkt. Im Gegenteil: Sie dokumentieren die unbe friedigende Wirkung der Quartalssteuerung, die als Antwort auf die zunehmen de Nachfrage der Kapitalmarktteilnehmer nach einer kontinuierlichen Veröf fentlichung der Performance – samt Ausblick auf das zu erwartende Jahreser 143 gebnis – entstand . –
Manipulationseffekt Während der Zirkularitätseffekt auf die zentrale Beeinflussung von internen Controllingsystemen durch die Unternehmenslei-
142
Vgl. Wiedeking, Hat die Bundesregierung nichts gelernt? Die geplanten Transparenzvorschriften benachteiligen deutsche Unternehmen, FAZ vom 5. Juli 2006, S. 14. 143 Entnommen aus: Nenning, Absage an die Quartalssteuerung, FAZ, 19.06.2006, S. 20.
187
... oder den Manipulations effekt
C
Controllerarbeit unter IFRS
tung aus bilanzpolitischen Überlegungen heraus abzielt, resultiert der Manipulationseffekt daher, dass dezentrale Entscheider gegenüber der Unternehmensleitung interne Informationen im Rahmen der bottom-up-Kommunikation gegebenenfalls verzerren, um für ihr eigenes Handlungsfeld möglichst günstige Rahmenbedingungen zu erreichen. So ist z. B. denkbar, dass die in einem Impairment-Test zu Grunde gelegten Plangrößen weniger die realistische Einschätzung des dezentralen Managements reflektieren, sondern vielmehr eine bewusst gesteuerte Verzerrung der Realität, um z. B. zu günstigen Zielvorgaben zu gelangen. Auch das Vorhandensein von Ermessensspielräumen kann vergleichbar gezielt genutzt werden. In dem Maß, in dem dezentral verzerrte Informationen im Rahmen des Management Approach in die Finanzberichterstattung übernommen werden, sinkt konsequenterweise die Reliabilität der externen Rechnungslegung. Inwieweit Zirkularitäts- und Manipulationseffekt die Reliabilität der Management-Approach-Informationen im Einzelfall tatsächlich verschlechtern, hängt von verschiedenen Einflussfaktoren ab. So wird die Wirkung beider Effekte auch von der Motivationsstruktur im Top-Management bzw. den dort gesetzten Anreizen beeinflusst. Die Effekte nehmen beispielsweise zu, je stärker dieses z. B. kurzfristig orientiert und kapitalmarktgetrieben ist, denn umso eher wird zu bilanzpolitischen Gestaltungsmaßnahmen gegrif144 fen . Würde andererseits die unangemessene Beeinflussung interner Controllingsysteme aus bilanzpolitischen Motiven heraus gleichzeitig zu gravierenden Fehlentscheidungen führen, ist die Umsetzung des Management Approach ein Anreiz für die Unternehmensleitung, in den betroffenen Bereichen von entsprechenden Eingriffen bei der Gestaltung der Controllingsysteme abzusehen. Ebenfalls gegenläufig, d. h. reliabilitätssteigernd, kann sich die externe Abschlussprüfung auswirken, die sich im Fall von Management-Approach-Informationen auch auf die zugrundeliegenden Controllinginformationen erstreckt. Hierbei hängt es von Art und Ausprägung des Management Approach in einzelnen Bilanzie-
Kurzfristig orientierte Steuerung verstärkt Zirku laritäts und Manipulations effekt
144
Vgl. Pfaff/Bärtl, Externe Rechnungslegung, internes Rechnungswesen und Kapitalmarkt, zfbf, 1998, S. 757-777, hier S. 771.
188
Management Approach: Controller als Informationslieferant für die IFRSBilanz
•
rungsfeldern ab, ob die externe Abschlussprüfung nur auf originär für interne Zwecke generierte Informationen abstellt oder ob auch die internen Berichtsinstrumente und -systeme selbst zum Prüfungsobjekt werden. In jedem Fall werden jedoch hohe Anforderungen an die Abschlussprüfer hinsichtlich ihrer betriebswirtschaftlichen Kenntnisse und Analysefähigkeiten gestellt. Mangelnde Entscheidungsrelevanz von Management-ApproachInformationen für Investoren Die IFRS unterstellen, dass Management-Approach-Informationen grundsätzlich entscheidungsrelevant für Investoren sind. Gerade dann, wenn Controllinginformationen für Zwecke der Verhaltenssteuerung dezentraler Entscheidungsträger genutzt werden, ist die Ausprägung dieser Informationen aber nicht mehr durch das Bedürfnis einer objektivierten Darstellung geprägt. Vielmehr geht es zur Optimierung der internen Steuerung darum, durch die zielführende Gestaltung der Informationsbereitstellung die gewünschten Verhaltensanreize zu setzen. So spielen z. B. in der Planung und Budgetierung häufig Motive der Verhaltensbeeinflussung eine Rolle. Beispielsweise mag die Vorgabe von ambitioniert hohen Umsatz- oder niedrigen Kostenzielen zwar nicht den realistischen Erwartungen einer übergeordneten Managementebene entsprechen. Jedoch kann die Verknüpfung der Entlohnung nachgeordneter Managementebenen an die Erreichung dieser Vorgaben zu zusätzlicher Motivation und Anstrengung führen. Solche für Zwecke der Verhaltenssteuerung angepassten Planwerte sind dann nicht mehr zur Fundierung von Impairment-Tests gemäß IAS 36 geeignet. Denkbar ist weiterhin, dass interne Informationen bereinigt werden, um bestimmte exogene Risikofaktoren zu eliminieren und damit die Motivationswirkung im Sinne des Controllability-Prinzips für den dezentralen Entscheidungsträger zu erhöhen. Zum Begriff „ControllabilityPrinzip“ Unter dem ControllabilityPrinzip versteht man den Ansatz, einen Manager nur auf Basis solcher PerformanceMaßstäbe zu beurteilen, die dieser selbst beein flussen kann. Das ControllabilityPrinzip ist nicht nur ein wichtiges Argument für den Informationsgehalt, sondern auch für die Akzeptanz von Steuerungskennzah len. Allerdings gibt es auch Ausnahmen vom ControllabilityPrinzip, beispielsweise bei relativen Entlohnungssystemen wie einer aktienkursbasierten Vergütung, die sich
189
C
Mangelnde Entscheidungs relevanz von Management Approach Informationen
C
Controllerarbeit unter IFRS
an einem BranchenIndex orientiert: Der Manager erhält in einem solchen Fall nur dann eine Prämie, wenn sich der Aktienkurs des Unternehmens besser entwi ckelt als der BranchenIndex. Da die Entwicklung des BranchenIndex nicht vom Manager beeinflussbar ist, wird in dieser Form der Leistungsmessung das ControllabilityPrinzip durchbrochen. Da andererseits aber die Relation von Akti enkurs des eigenen Unternehmens und Branchenindex aussagekräftig ist über die ManagementPerformance, ist dieses Durchbrechen anreiztheoretisch zulässig 145 und findet sich auch in der Unternehmenspraxis .
Eine Ausgestaltung der internen Informationssysteme für Zwecke der Verhaltenssteuerung resultiert damit in der Gefahr, dass eine Anwendung des Management Approach die Investoren mit Informationen versorgt, die für deren Investitionsentscheidungen nur noch eingeschränkt Relevanz besitzen. Wird andererseits auf die Verhaltenssteuerung verzichtet, entsteht die im vorangegangenen Abschnitt geschilderte Zirkularitätsproblematik im Sinne eines Verzichts auf die optimale Ausgestaltung interner Controllingprozesse. Controller müssen IFRS Tauglichkeit ihrer Systeme prüfen
Vor dem Hintergrund dieser konzeptionellen Probleme des Management Approach ist vor einer Weitergabe interner Controllinginformationen an die Bilanzierung grundsätzlich zu prüfen, inwieweit aufgrund von Verhaltenssteuerungsaspekten diese Informationen möglicherweise gar nicht bzw. nur in modifizierter Form im IFRS-Abschluss Verwendung finden dürfen.
145
Vgl. Merchant, How and Why Firms Disregard the Controllability Principle, in: Bruns/Kaplan (Hrsg.), Accounting and Management. Field Study Perspectives, 1987, S. 316-338.
190
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
2 2.1
C
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS Grundlagen der integrierten Rechnungslegung
Die Integration von interner und externer Rechnungslegung hat im deutschsprachigen Raum seit den 90er-Jahren zunehmend an Praxisrelevanz gewonnen. Breite Aufmerksamkeit fand das Thema erstmals mit der Umgestaltung des internen Managementreportings im Hause Siemens, das interessanterweise nicht mit einer geplanten Umstellung auf internationale Rechnungslegungsstandards begründet wurde, sondern vielmehr mit der Umstellung der handelsrechtlichen GuV vom 146 Gesamtkostenverfahren auf das Umsatzkostenverfahren . Man wollte damals erreichen, dass zumindest auf den oberen Führungsebenen mit internen Ergebnisgrößen gearbeitet wird, die sich unter Zuhilfenahme von nur wenigen Überleitungspositionen in die externe Rechnungslegung überführen lassen. Abbildung 41 zeigt schematisch die Ermittlung des operativen Ergebnisses, das bis zur Einführung einer wertorientierten Steuerung in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre als Steuerungsgröße im Siemens-Konzern verwendet wurde. Die Überleitungspositionen, mit denen das operative Ergebnis zum Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit lt. GuV überführt werden, reflektieren zum einen den Ansatz kalkulatorischer Zinsen zum Zweck der Investitionssteuerung sowie die Eliminierung bestimmter Positionen, die vom Bereichsmanagement für bilanzpolitische Spielräume genutzt werden können – so außerplanmäßige Abschreibungen und Drohverlustrückstellungen.
146
Vgl. Ziegler, Neuorientierung des internen Rechnungswesens für das UnternehmensControlling im Hause Siemens, in: zfbf, 1994, S. 175-188.
191
Integration bei Siemens für Zwecke einer einheitlichen Finanzsprache
C
Controllerarbeit unter IFRS Umsatzerlöse - Umsatzkosten Bruttoergebnis vom Umsatz - Forschungs- und Entwicklungskosten - Vertriebskosten - Allgemeine Verwaltungskosten +/- Sonstige betriebliche Aufwendungen und Erträge - Kalkulatorische Verzinsung des betriebsnotwendigen Vermögens zu Marktzinsen + Aufwendungen aufgrund von außerplanmäßigen Abschreibungen (u.a. Imparitätsprinzip) + Rückstellungen insbesondere für Drohverluste, ungewisse Verbindlichkeiten - Sonstige Steuern Operatives Ergebnis - Aufwendungen aufgrund von außerplanmäßigen Abschreibungen (u.a. Imparitätsprinzip) - Rückstellungen insbesondere für Drohverluste, ungewisse Verbindlichkeiten + Kalkulatorische Verzinsung des betriebsnotwendigen Vermögens zu Marktzinsen +/- Finanzergebnis Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit lt. GuV +/- Außerordentliches Ergebnis - Ertragssteuern Jahresüberschuss
Abb. 41: Ermittlung des operativen Ergebnisses im Siemens-Konzern 147 nach der Umstellung auf eine integrierte Rechnungslegung Kalkulatorische Erfolgsrechnung zunehmend unglaubwürdig
Der Wunsch nach einer integrierten Rechnungslegung entstammt damit nicht aus dem Druck der IFRS, sondern aus dem Bestreben nach einer einheitlichen und transparenten Finanzsprache im Unternehmen. Die traditionelle kalkulatorische Ergebnisrechnung erweist sich zunehmend als schwerfällig und gerade vor dem Hintergrund neuer Konzepte, wie z. B. dem Shareholder-Value-Prinzip, nicht mehr als controllinggerecht. Differenzen zwischen dem internen kalkulatorischen und dem externen Ergebnis lt. GuV können zwar konzeptionell, vielfach aber nicht mehr inhaltlich erklärt werden, sodass Controllinginformationen einer kalkulatorischen Rechnung zunehmend unglaubwürdig werden – vor allem in den Augen von Technikern, Juristen, Naturwissenschaftlern und anderen „Nicht“-Ökonomen, die schwer nachvollziehen können, warum die Controller ein „anderes“ Ergebnis ermitteln als die Finanzberichterstattung. Die Integration von externer und interner Rechnungslegung löst diese „Doppelzüngigkeit“ im Reporting, indem sich der Bezug von Rech147
Vgl. Sill, Externe Rechnungslegung als Controlling-Instrument!, in: Horváth (Hrsg.), Controlling-Prozesse optimieren, 1995, S. 13-31.
192
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
C
nungslegungssystemen und Rechnungszwecken verschiebt (vgl. Abbildung 42). Getrennte Rechnungslegung Externe Rechnungslegung (Finanzberichterstattung)
Ausschüttungsbemessung
Interne Rechnungslegung (kalkulatorische Rechnung)
Information externer Adressaten
Laufende Managementerfolgsrechnung
Externe Rechnungslegung (Finanzberichterstattung)
Fallweise Entscheidungsfundierung
Preiskalkulation
Interne Rechnungslegung (kalkulatorische Rechnung)
Integrierte Rechnungslegung
Abb. 42: Getrennte vs. integrierte Rechnungslegung In einer traditionell getrennten internen und externen Rechnungslegung verfolgt das Finanzreporting im Wesentlichen die Zwecke Ausschüttungsbemessung und Information externer Adressaten, z. B. der Investoren. Mithilfe der internen kalkulatorischen Rechnungslegung wird dagegen die Managementerfolgsrechnung für laufende Steuerungszwecke erfüllt. Gleichzeitig wird die kalkulatorische Datenbasis, aber auch für Zwecke der fallweisen Entscheidungsfundierung sowie der Preis- bzw. Angebotskalkulation genutzt.
Traditionell getrennte Rechnungsle gung ...
In einer integrierten Rechnungslegung erweitern sich dagegen die Zwecke der Finanzberichterstattung – zwar nicht aus extern regulatorischer Sicht, wohl aber aus Unternehmensperspektive. Die laufende Managementerfolgsrechnung wird nun zum Zweck der Angleichung externer und interner Ergebnisse und Kennzahlen auf die Datenbasis der Finanzberichterstattung aufgesetzt. Kalkulatorische Zusatz- und Anderskosten, wie z. B. Abschreibungen, Wagnisse oder Zinsen, werden intern nicht mehr laufend verbucht, sondern allenfalls fallweise – z. B. in Produktkalkulationen oder in einzelfallbezogenen Entscheidungsproblemen – verrechnet. Dadurch wird eine Übereinstimmung der Ergebnisrechnung für Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaufgaben auf Unternehmens-, Segment- oder Geschäftsbereichsebene mit 148 den extern publizierten Ergebnisgrößen erzielt .
... vs. integrierte Rechnungsle gung
148
Vgl. Bruns, Harmonisierung des externen und internen Rechnungswesens auf Basis internationaler Bilanzierungsvorschriften, in: Küting/Langenbucher (Hrsg.), Internationale Rechnungslegung, Stuttgart, 1999, S. 585-604, hier, S. 595.
193
C
Controllerarbeit unter IFRS
Beispiel Der XYKonzern weist im IFRSAbschluss ein EBIT von 500 Mio. € aus. Davon entfallen auf die beiden Segmente A und B, die als eigenständige Investment Center geführt werden, jeweils 255 Mio. €. Die Verwaltung belastet das Kon zernergebnis mit einem Fixkostenanteil von 10 Mio. €, der nicht auf die Seg mente umgelegt wird. Da XY mit einer integrierten Rechnungslegung arbeitet, weist auch die interne Managementerfolgsrechnung auf den relevanten Deckungsbeitragsstufen eben falls die o. a. Werte von 500 Mio. € (DB VI) bzw. 255 Mio. € (DB V) aus. In Segment A wird derzeit über den Sonderauftrag eines Großkunden diskutiert. Die zusätzliche Produktion könnte über eine gegenwärtig stillgelegte und be reits vollständig abgeschriebene Anlage abgewickelt werden. Bei tatsächlich anfallenden Material und Personalkosten von 19 Mio. € und einer Ge winnspanne von 5% darf aber kein Preis von 20 Mio. € kalkuliert werden. Auch im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung muss die Kalkulation z. B. berücksichtigen, dass für Zwecke einer konsistenten Preisgestaltung mit ande ren Aufträgen für diesen Sonderauftrag kalkulatorische Abschreibungen anzu setzen sind. Liegen diese annahmegemäß bei 38 Mio. €, muss der Auftrag mit 60 Mio. € = (19 Mio. € + 38 Mio. €)/95 % kalkuliert werden. Wird der Auftrag im Folgejahr allerdings in der Managementerfolgsrechnung abgebildet, ist der auf IFRSBasis ausgewiesene Erfolg um diesen kalkulatori schen Abschreibungsbetrag höher, d. h. der zusätzlich in Segment A ausgewie sene Deckungsbeitrag liegt bei 41 Mio. €. Wird allerdings befürchtet, dass der Großkunde den Auftrag dann nicht verge ben wird, kann dieser Preis natürlich letztlich bis auf 19 Mio. € (nur Deckung der tatsächlich anfallenden Aufwendungen) reduziert werden – mit der Gefahr, dass auch bei regulären Aufträgen keine Fixkostendeckung mehr zu erreichen ist. Merkmale einer integrierten Rechnungsle gung
Eine integrierte Rechnungslegung zeichnet sich damit durch folgende Merkmale aus: •
• •
der Verzicht auf die laufende Verrechnung kalkulatorischer Kostenarten in der internen Ergebnisrechnung, da dies die Abstimmung zwischen externem und internem Ergebnis äußerst komplex und zeitaufwändig macht, ein integrierter Kontenplan für die externe und interne Erfolgsrechnung sowie einheitliche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden einschließlich der damit verbundenen Abgrenzungssysteme. Achtung: Konzeptionell sind Überleitungsrechnungen („Abstimmbrücken“) zwischen einer laufenden kalkulatorischen internen Erfolgsrechnung und der Finanzberichter
194
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
C
stattung möglich. Sie werden in der Praxis vielfach nicht eingesetzt. Gründe sind der hohe, damit verbundene Aufwand sowie auf Konzernebene häufig das Fehlen einer durchgängig aufgebauten Konzernkostenrechnung, mit der eine Überlei 149 tungsrechnung realisiert werden könnte .
Unverändert bleiben unter einer integrierten Rechnungslegung auch die Berichtsformate der internen Ergebnisrechnung – z. B. im Rahmen der Managementerfolgsrechnung als mehrstufiger bzw. mehrdimensionaler Deckungsbeitragsrechnung. Die Verwendung eigenständiger kalkulatorischer Größen für Entscheidungsrechnungen, z. B. auf der operativen Produkt- und Prozessebene, wird von einer integrierten 150 Rechnungslegung ebenfalls nicht berührt . Abbildung 43 zeigt die horizontale Disaggregation der externen GuV – hier auf Basis der IFRS-Vorschriften – in die Formate der internen Managementerfolgs151 rechnung auf Deckungsbeitragsbasis . Geschäftsfeld 4 Geschäftsfeld 3
Gesamtunternehmen
Ergebnis aus fortgeführten Geschäftsbereichen timm ab s bar
Ergebnis der Periode
Produktgruppe 3 Produktgruppe 2
Steuerergebnis
Ergebnis aus eingestellten Geschäftsbereichen
Produktgruppe 4
Geschäftsfeld 1
Finanzergebnis
Nachsteuerergebnis aus eingestellten Geschäftsbereichen
Produktgruppe …
Geschäftsfeld 2
Betriebsergebnis
Umsatz
Produktgruppe 1
- Umsatzkosten
Umsatz
= Bruttoergebnis vom Umsatz
- Variable Herstellkosten
- Vertriebskosten
= Deckungsbeitrag 1
…
…
Betriebsergebnis
abstimmbar
Betriebsergebnis
Horizontale Disaggregation
Abb. 43: Disaggregation der externen IFRS-GuV in die interne Managementerfolgsrechnung 149
Lt. Währisch, Kostenrechnungspraxis in der deutschen Industrie – eine empirische Studie, 1998, hier S. 195, verzichten rund 40% der befragten mittleren und Großunternehmen sowie knapp 60% der Kleinunternehmen auf eine derartige Überleitung von kalkulatorischer interner Ergebnisrechnung auf das externe Finanzreporting. 150 Vgl. IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006. S. 45. 151 In Anlehnung an Ziegler, Neuorientierung des internen Rechnungswesens für das Unternehmens-Controlling im Hause Siemens, in: zfbf, 1994, S. 184.
195
Keine Integrati on von Be richtsformaten und Verrech nungsroutinen
C
Controllerarbeit unter IFRS
2.2
Integrierte Rechnungslegung auf IFRSBasis: Vor und Nachteile
Wichtige Faktoren, die die Integration der Rechnungslegung in vielen deutschen Unternehmen begünstigt haben, sind Integration der Rechnungslegung • • Kapitalmarkt orientierte Führung ...
die Durchsetzung wertorientierter Steuerungskonzepte für Zwecke einer kapitalmarktorientierten Unternehmensführung und die Umstellung auf internationale Rechnungslegungsstandards.
Für eine kapitalmarktorientiert ausgerichtete Unternehmensführung ist die investororientierte Kommunikation und Steuerung von zentraler Bedeutung. Eine integrierte Rechnungslegung trägt dazu bei, nicht nur auf Gesamtunternehmensebene, sondern auch auf nachgelagerten Steuerungsebenen Pläne zu entwickeln, die dazu geeignet sind, nach außen kommunizierte finanzielle Ziele umzusetzen und zu erreichen. Gleichzeitig wird die Unternehmensleitung durch die integrierte Rechnungslegung gegenüber externen Investoren und Analysten sprachfähig gemacht, was die Begründung vergangener bzw. die Erläuterung 152 prognostizierter Entwicklungen im Unternehmen betrifft . Aber auch bei nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen – so im Mittelstand - kann die integrierte Rechnungslegung eine ebenso effiziente wie eingängige Möglichkeit der internen Kommunikation finanzieller Informationen für Zwecke der laufenden wie strategischen Steuerung darstellen. Zudem sind auch mittelständische Unternehmen darauf angewiesen, ihre Geschäftsmodelle bzw. Erfolgspotenziale in einer glaubwürdigen Finanzsprache gegenüber Banken, Kunden, Lieferanten oder Gesellschafter zu kommunizieren.
... und ökonomi sche Perspekti ve der IFRS
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht spricht schließlich gerade der betriebswirtschaftliche Aussagegehalt einer IFRS-basierten Management153 erfolgsrechnung – im Gegensatz zu einer Erfolgsrechnung, die auf dem traditionellen deutschsprachigen Handelsrecht aufsetzen würde – für eine integrierte Rechnungslegung.
152
Vgl. Moussalem, Optimierung des internen Berichtswesens, in: Accounting, 2005, Heft 9, S. 11. 153 Vgl. Kapitel B 1.2.
196
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
Allerdings sind die IFRS nicht nur ein Kontextfaktor, sondern auch Treiber für die Integration der Rechnungslegung, nämlich in Zusammenhang mit der Segmentberichterstattung nach IAS 14. Geschäftsfeld- bzw. regionenbezogene Segmentinformationen, wie sie in diesem Standard noch gefordert werden, können in der gewünschten Zeitnähe nur dann ermittelt werden, wenn entweder die rechtliche Konzernstruktur identisch zur Führungsstruktur ist oder wenn die interne Berichterstattung auf Top-Management-Ebene auch auf IFRS-Basis erfolgt, sodass aus dem internen Reporting IFRS-konforme Segmentberichte hergeleitet werden können.
C Segmentbe richterstattung nach IAS 14 als Treiber der Integration
Achtung: Im neuen Standard IFRS 8 zur Segmentberichterstattung fällt dieser Treiber für die Integration der Rechnungslegung weg. Analog zu SFAS 131 werden Segmen tierung und Segmentinformationen unmodifiziert aus der internen Berichterstat tung übernommen.
Allerdings gibt es auch einige Gründe, die gegen eine Integration von 154 interner und externer Rechnungslegung sprechen . An erster Stelle steht hier die konzeptionelle Ausrichtung der IFRS auf die Fundierung von Entscheidungen externer Investoren. So können in Einzelfällen die Bewertungsvorschriften auf IFRS-Basis internen Controllinganforderungen zuwider laufen. Beispielsweise können über die Fair-Value-Bewertung aus Controllersicht unerwünschte, weil zufällige, Bewertungskomponenten in die interne Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einfließen, die keinen Bezug zur eigentlichen Manage155 mentleistung besitzen . Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Fair Values aus Marktpreisen abgeleitet werden, deren Veränderung unabhängig vom Erfolg des eigentlichen Geschäftsfeldes ist, in dem das Unternehmen agiert. Weiterhin besteht die Gefahr – wie auch im Kontext des Management Approach diskutiert -, dass Manager versuchen, bestimmte Informationen zu verzerren. So ist z. B. denkbar, dass aufgrund der Teilgewinnrealisierung innerhalb der Langfristfertigung ein Manager im Vertrieb, der Informationen über den Fertigstellungsgrad einer Anlage (und damit den zu realisierenden Teilgewinn) geben muss und der gleich154 15
Vgl. IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006, S. 46f. Z. B. lehnt auch Lufthansa, die eine integrierte Rechnungslegung weitgehend umsetzen, die Übernahme von Fair Values ab. Vgl. Beißel/Steinke, Integriertes Reporting unter IFRS bei der Lufthansa, in: ZfCM-Sonderheft 2/2004, S. 63-71, hier S. 69.
197
Argumente gegen eine integrierte Rechnungsle gung
C
Controllerarbeit unter IFRS
zeitig auch auf Basis dieses Teilgewinns beurteilt wird, den Fertigstellungsgrad möglichst hoch bzw. das Erfüllungsrisiko möglichst gering angibt. Controller als „Geisel“ des IASB?
Schließlich ist zu befürchten, dass sich der Controllerbereich über eine strikt IFRS-basierte integrierte Rechnungslegung zur „Geisel des IASB“ machen könnte, da jede Standardänderung sofort und vollständig in die für Controllingzwecke verwendete interne Ergebnisrechnung durchschlägt.
2.2.1
Partielle Integration als Lösungsansatz
2.2.1.1
Charakteristika einer partiell integrierten Rechnungslegung unter IFRS
Die bisherigen Überlegungen zeigen: Eine vollständige Integration von interner und externer Rechnungslegung, d. h. eine vollständig IFRSbasierte Managementerfolgsrechnung ist aus Controllersicht ebenso wenig sinnvoll ist wie ein Verzicht auf jegliche Abstimmung von internem und externem Reporting. Als controllinggerechter Lösungsansatz bietet sich deshalb der Mittelweg einer partiellen Integration der Rech156 nungslegung an . Sie ist durch folgende Merkmale charakterisiert: Merkmale einer partiell integ rierten Rech nungslegung
•
•
Die angestrebte Angleichung von externer und interner Erfolgsrechnung beschränkt sich auf die obersten Hierarchieebenen, d. h. in jedem Fall auf Gesamtunternehmens- bzw. Konzernebene und die darunter liegende Segmentebene, in vielen Fällen auch auf die nachgelagerten Geschäftsbereichs- bzw. Profit-Center-Ebenen. Zweitens erfolgt die operative Produkt- und Prozesssteuerung weiterhin auf der Basis eigenständiger interner, d. h. kalkulatorischer Größen, die für Kalkulations-, Normierungs- oder Standardisierungszwecke angepasst werden können. Beispiel Das Unternehmen AB stellt in einem als Profit Center geführten Werk Spülma schinen her, die durch eine ebenfalls als Profit Center geführte regionale Ver triebsgesellschaft an den Groß und Einzelhandel weiterverkauft werden. • Aus Controllingperspektive heraus ist das Werksergebnis auf Basis von Ist Kosten, aber ausgehend von StandardStückerlösen für die Spülmaschinen zu ermitteln. So hat die Werksleitung einen Anreiz, zum einen die Ist
156
Diese Sichtweise wird dezidiert auch von Seiten der IGC vertreten; vgl. hierzu und im Folgenden IGC/Weißenberger, IFRS und Controller, S. 50-55.
198
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
Stückkosten möglichst niedrig zu halten und zum anderen – z. B. durch ho he Qualität in der Produktion – eine möglichst hohe Anzahl an Spülmaschi nen an die Vertriebsgesellschaft weiterzugeben. • In der Vertriebsgesellschaft erfolgt die Ergebnisermittlung genau umgekehrt, d. h. auf Basis von StandardStückkosten und IstErlösen, da der Vertrieb zwar keinerlei Einfluss auf die Stückkosten hat, wohl aber auf die Durchset zung von möglichst hohen Stückpreisen. Für Zwecke der Preisdurchsetzung wird möglicherweise sogar mit kalkulatorischen Zuschlägen innerhalb der StandardStückkosten gearbeitet, sofern die internen Kalkulationsgrundla gen z. B. einzelnen Handelsunternehmen offengelegt werden (müssen). Sowohl das Werk als auch die Vertriebsgesellschaft werden damit auf Basis kal kulatorischer Werte gesteuert. Eine Aggregation zum kalkulatorischen Gesamt ergebnis ist jedoch wenig sinnvoll, denn die eigentlichen Entscheidungen betreffs Produktions und Vertriebsprozesse werden vor Ort in dem Werk bzw. der Vertriebsgesellschaft getroffen. Ein Herunterbrechen des IFRSErgebnisses im Abschluss von AB auf die Ebene unterhalb der beiden Profit Center ist in diesem Fall nicht erforderlich. Will der CFO von AB aber beispielsweise gegenüber außenstehenden Finanzanalysten Investitionen in das Werk oder das Beibehalten der Produktlinie „Spülmaschi nen“ rechtfertigen, müssen die entsprechenden Erfolgsbeiträge auch auf IFRS Basis vorliegen. Kennt der CFO nämlich nur die kalkulatorischen Relationen, ge lingt es ihm unter Umständen nur eingeschränkt, den Effekt unternehmerischer Entscheidungen auf den IFRSAbschluss überzeugend zu erklären. •
Das dritte Merkmal einer partiellen Integration besteht darin, dass keine vollständige Übereinstimmung zwischen internem und externem Ergebnis gefordert wird, sondern es sind einzelne Überleitungspositionen möglich, um den Einfluss nicht controllinggerechter Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften innerhalb der IFRS aus den betriebswirtschaftlichen Steuerungskennzahlen zu eliminieren. Beispiele Der LufthansaKonzern eliminiert in dem intern verwendeten „Ergebnis der be trieblichen Tätigkeit“ u. a. • Aufwendungen und Erträge aus der Bildung von Drohverlustrückstellungen, • Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen, • Gewinne und Verluste aus der Stichtagsbewertung von langfristigen Finanz instrumenten sowie • außerplanmäßige Abschreibungen und Zuschreibungen auf Sachanlagen o 157 der Goodwill .
157
Vgl. Beißel/Steinke, Integriertes Reporting unter IFRS bei der Lufthansa, in: ZfCMSonderheft 2/2004, S. 63-71, hier S. 66f.
199
C
C
Controllerarbeit unter IFRS
Der Konzern E.ON arbeitet in der externen Finanzkommunikation wie auch in der internen Steuerung mit einer angepassten („adjusted“) EBITGröße zur Be rechnung der Kapitalrendite ROCE. Hierbei wird das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit um das wirtschaftliche Zinsergebnis und das neutrale EBIT 158 bereinigt. Neutrale Ergebnisbestandteile sind für E.ON u. a. . • Buchgewinne und Verluste aus dem Verkauf von Beteiligungen, Wertpapie ren und ganzen Betriebsteilen einschließlich der damit verbundenen Trans aktionskosten, • Aufwendungen für Restrukturierungen und Kostenmanagement einschließ lich der in diesem Zusammenhang zu bildenden Rückstellungen und Re strukturierungen, • sonstige nicht operative Ergebnisse, insbesondere unrealisierte Ergebnisse aus der stichtagsbezogenen Marktbewertung von Derivaten und außerplan mäßige Abschreibungen.
Die partielle Integration der Rechnungslegung realisiert so zum einen die Kommunikationsfähigkeit gegenüber dem Kapitalmarkt und die Fähigkeit zur Entwicklung kapitalmarktorientierter Ziele und Maßnahmen auf den oberen Hierarchieebenen, indem ein klarer Bezug zwischen der IFRS-Finanzberichterstattung und den internen Ergebnisgrößen hergestellt wird. Gleichzeitig erlaubt die partielle Integration aber hinreichend „Spiel“ zwischen den extern und intern verzahnten Ergebnissen. Es ist weiterhin möglich, innerhalb der internen Ergebnisrechnung einzelne IFRSPositionen zu eliminieren bzw. anders zu bewerten und diese Veränderungen durch eine nachvollziehbare Überleitungsrechnung zu plausibilisieren. So viel Überlei tungspositionen wie nötig, so wenig wie möglich
Dies bedeutet aber auch, dass die Anzahl der Überleitungspositionen nicht überhand nehmen darf, um die Aussagekraft der integrierten Rechnungslegung nicht zu beeinträchtigen. Typische Überleitungspositionen sind hier: • • •
158
die Eliminierung von Erfolgs- und Vermögenswirkungen der Fair Value-Bewertung, die Eliminierung von Aufwendungen aus außerplanmäßigen Wertminderungen, z. B. aus Goodwill-Impairment, oder die Eliminierung der Erfolgswirkung von Rückstellungen, z. B. für Drohverluste.
Vgl. Haeger, Harmonisierung von Rechnungswesen und Controlling bei E.ON, in: Wagenhofer (Hrsg.), IFRS-Rechnungslegung und Controlling, 2006, S. 243-266, hier S. 248f.
200
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
C
Auch Kapitalkosten, die im Rahmen einer wertorientierten Steuerung angesetzt werden, stellen eine Überleitungsposition dar. Enthalten die 159 Kapitalkosten (wie vielfach üblich ) einen Risikozuschlag, werden damit inhaltlich auch Wagniskosten abgedeckt. Auf den operativen Steuerungsebenen können im Rahmen einer partiellen Integration für Controllingzwecke schließlich wie bisher Ergebnisse, z. B. in Form von Deckungsbeiträgen, auf Basis kalkulatorischer Standardkosten und -erlöse ermittelt und bis zur gewünschten Steuerungsebene aggregiert werden. Achtung: Ein standardisierter DrillDown des IFRSbasierten, ggf. modifizierten Gesamter gebnisses auf die Produkt, Prozess oder Kostenstellenebene ist bei einer partiell integrierten Rechnungslegung nicht zwingend erforderlich. Auch die Aggregation kalkulatorischer Größen bis zur Konzernspitze und die Überleitung auf das Kon zernEBIT (IFRS) entfällt. Hintergrund: Ein solcher DrillDown bzw. Aggregation ist für Controllingzwecke bei dezentraler Führung auch verzichtbar, wie man schon aus dem Einsatz wert orientierter Steuerungssysteme weiß. Auch hier geht es nicht darum, Kennzahlen wie den EVA oder CVA konzeptionell oder systemseitig bis auf Kostenstellenebene herunterzubrechen. Stattdessen wird auf der operativen Ebene mit den jeweils 160 relevanten Werttreibern gearbeitet . Zudem suggeriert ein DrillDown von Konzernebene bis hin zur Kostenstelle vor Ort eine Scheinsicherheit in der Unternehmenssteuerung – praktisch kann die daraus resultierende Informationsflut gerade in Großunternehmen gar nicht mehr bewältigt werden. Vielmehr ist das Controlling gefordert, auf den verschiedenen Hierarchiestufen aussagekräftige Kennzahlen bereitzustellen, damit die notwen digen Führungsentscheidungen nicht nach oben „verwaltet“, sondern vor Ort ge troffen und umgesetzt werden.
Als Konsequenz der partiellen, d. h. auf die oberen Hierarchieebenen beschränkten Integration der Rechnungslegung verlagert sich die Bruchstelle in der Ergebnisrechnung, die traditionell zwischen extern und intern ausgewiesenem Ergebnis lag, auf die Ebene der operativen Profit-Center- bzw. Cost-Center-Steuerung (vgl. Abbildung 44).
159 160
Vgl. Kapitel D 5.2. Vgl. Kümmel/Watterot, Neue Entwicklungen im internationalen Konzerncontrolling am Beispiel Bosch, in: Horváth (Hrsg.), Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse wirkungsvoll steuern, 2005, S. 11-32, hier S. 14f.
201
Weiterhin kalkulatorische Rechnungen auf operativen Steuerungsebe nen
C
Controllerarbeit unter IFRS
Kalkulatorische Modifikationen der Datenbasis möglich Kosten
Erlöse fix
variabel
variabel
fix
Stückdeckungsbeitrag mehrdimensionale Deckungsbeitragshierarchien Beachte: bis hin zur Profit Center-/Cost Center-Ebene für Fragen der operativen Produkt und Prozesssteuerung => kalkulatorisches EBIT Profit Center-EBIT Segment-EBIT (IFRS) Konzern-EBIT (IFRS)
Segment-EBIT (intern) Brückenpositionen
Konzern-EBIT (intern)
Keine Aggregation kalkulatorischer Daten bis zur Konzernspitze Kein standardisierter Drill-Down im Konzernreporting über Profitcenter-Ebene hinaus
Abb. 44: Partielle Integration der Rechnungslegung Diese Bruchstelle wirkt sich jedoch nicht nachteilig auf eine controllinggerechte Führung aus: Notwendigkeit eigenständiger operativer Steuerungsgrö ßen
•
•
•
•
Zum einen werden im Rahmen der operativen Steuerung Entscheidungen vielfach sinnvoll über kalkulatorische Standard- bzw. Opportunitätskosten oder aber mithilfe leistungswirtschaftlicher Kennzahlen, z. B. im Rahmen von Werttreiberbetrachtungen, fundiert. Unmittelbar IFRS-basierte Größen sind hier nur eingeschränkt geeignet. Vergleichbares gilt für die Bestandsbewertung, die intern betriebswirtschaftlich sinnvoll lediglich auf der Basis von Produkt-, d. h. proportionalen Kosten erfolgt. Bei einer unmittelbar IFRS-basierten Bestandsbewertung wären intern Vollkosten, d. h. auch anteilige Strukturkosten, zu verrechnen. Operative Entscheidungsträger haben i. d. R. keine unmittelbare Verantwortung bzw. Auskunftspflicht gegenüber Finanzinvestoren; eine Abstimmbrücke ist dementsprechend auf dieser Ebene nicht erforderlich. Sofern sie im Einzelfall dennoch notwendig sein sollte, ist sie auf einer entsprechend niedrigen Hierarchieebene vergleichsweise einfacher zu realisieren als gesamtunternehmensbezogen. Schließlich muss der Controllerbereich auf der Ebene der operativen Profit-Center- bzw. Cost-Center-Steuerung diese typischerweise in einem durch Vorgaben vergleichsweise eingeschränkten und homogenen Entscheidungsfeld unterstützen. Die hier erforderli-
202
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
C
chen Abweichungsanalysen finden nicht über IFRS-Größen statt, sondern auf der Basis der für diese Entscheidungsfelder zuzurechnenden Standard- bzw. kalkulatorischen Kosten. Abweichungen zwischen Plan- und Istkosten werden unmittelbar am Ort der Entstehung durch den Controllerbereich analysiert und durch entsprechende Gegensteuerungsmaßnahmen im Management beseitigt. Trotz der Vorteile einer partiellen Integration der Rechnungslegung entstehen zusätzliche Anforderungen auch an die dezentralen Controller. Sie müssen einerseits zumindest bis zur Segmentebene die Management-Prozesse mithilfe der partiell integrierten Rechnungslegung unterstützen, andererseits aber sicherstellen, dass auf operativer Ebene durch Kosten- bzw. Ergebnisvorgaben der aus Sicht der Unternehmensleitung wünschenswerte Handlungsrahmen vorgegeben wird.
2.2.2
Zusätzliche Anforderungen an dezentrale Controller
Muster einer partiell integrierten Rechnungslegung
Die Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Integration der Rechnungslegung in der betrieblichen Praxis lassen unterschiedliche Muster in Form von Integrationspfaden entstehen, die sich u. a. in zwei Dimensionen systematisieren lassen: •
•
Die erste Dimension bildet den Integrationsgrad ab, d. h. den Grad der Übereinstimmung der extern und intern ausgewiesenen Ergebnisse. Zwischenstufen auf diesem Weg von der getrennten zur integrierten Rechnungslegung sind Überleitungsrechnungen. Vereinfacht kann die Dimension des Integrationsgrads damit durch die Anzahl von Überleitungspositionen bzw. Anpassungen in den verwendeten finanziellen Rechengrößen im Vergleich zur IFRSFinanzberichterstattung veranschaulicht werden. Diese Anzahl nimmt mit wachsendem Integrationsgrad ab. Die zweite Dimension ist eine hierarchische Perspektive, wie sie durch die Aufbauorganisation wiedergegeben wird. Sie kann vereinfacht in die Ebenen Zentrale, Segmente bzw. strategische Geschäftsbereiche, Profit Center/Cost Center und Standorte bis hin auf die unterste Ebene des operativen Managements, z. B. Produktoder Kostenstellenebene, strukturiert werden.
203
Dimensionen des Integrati onspfads
C
Controllerarbeit unter IFRS
Integrationsgrad
Ineffiziente Integrationsmuster
N SP FA D
Vollständig integrierte Rechnungslegung
TE G R
AT I
O
Integrierte Rechnungslegung mit Überleitungspositionen
IN
Ineffiziente Integrationsmuster
Kalkulatorische interne Rechnungslegung Produkte/ Prozesse/ Kostenstellen
Profit Center/ Cost Center
Segmente / Bereiche
Zentrale/ Konzernspitze
Hierarchieebene
Abb. 45: Effizienter Integrationspfad einer partiell integrierten Rechnungslegung Integrations pfad einer partiell integ rierten Rech nungslegung
Abbildung 45 zeigt den effizienten Integrationspfad der hier vorge161 schlagenen partiell integrierten Rechnungslegung . Hier nimmt die Anzahl der Überleitungspositionen bzw. der Anpassungen mit wachsender Hierarchieebene ab. Auf Ebene der Unternehmenszentrale bzw. Konzernspitze sind keine bzw. nur ganz wenige Überleitungspositionen zu nach IFRS publizierten externen Größen erforderlich. Andererseits sind – wie bereits erläutert - auf der operativen Ebene der Produkt-, Prozess- oder Kostenstellensteuerung die Anzahl notwendiger controllingrelevanter Anpassungen i. d. R. so umfangreich, dass eine integrierte Rechnungslegung hier nicht mehr sinnvoll erscheint. Der grau schattierte Bereich veranschaulicht auf Basis dieser Überlegungen effiziente Integrationsmuster im Rahmen einer partiellen Integration.
Verschiebung des Integrati onspfads
161
Entnommen aus IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006, S. 53. Ein senkrechter Integrationspfad entlang der Y-Achse würde dementsprechend einer vollständig integrierten Rechnungslegung entsprechen, ein waagerechter Integrationspfad entlang der XAchse dementsprechend der traditionellen Form einer eigenständigen Ergebnisrechnung.
204
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
C
Der in Abbildung 45 dargestellte Bereich effizienter Integrationsmuster kann sich dabei durch unternehmensspezifische Faktoren im Sinne 162 einer Rechts- bzw. Linksdrehung verschieben (vgl. Abbildung 46) . Integrationsgrad
Integrierte Rechnungslegung mit Überleitungspositionen
INT EG IN RA TE TIO G NS R PF AT AD IO N SP FA D
Vollständig integrierte Rechnungslegung
Eigenständige Ergebnisrechnung AufbauProdukte/ Kostenstellen
Profit Center/ Cost Center
Segmente / Bereiche
Zentrale/ organisation Konzernspitze
Abb. 46: Linksdrehung des Integrationspfads Die Linksdrehung bedeutet, dass sich die Integration der Rechnungslegung zunehmend auch auf niedrige Hierarchieebenen erstreckt. Unternehmensspezifische Kontextfaktoren, die eine wachsende Integration der internen und externen Rechnungslegung und damit eine derartige Linksdrehung des effizienten Integrationspfads begünstigen, sind u. a.: • • • •
eine geringe Fertigungstiefe, ein hoher Standardisierungsgrad der internen Leistungserstellungsprozesse, eine geringe Dynamik der Unternehmensinnen- und -umwelt oder die interne Verwendung marktbasierter Verrechnungspreise.
In diesen Szenarien verlieren kalkulatorische Kostenbestandteile innerhalb der Ergebnisrechnung auch in der operativen Steuerung 162
Vgl. IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006, S. 55.
205
Kontextfaktoren für stärkere Integration
C
Controllerarbeit unter IFRS 163
zumindest teilweise an Bedeutung . Auch bei hohen dezentralen Entscheidungskompetenzen bzw. einem Verzicht der Zentrale, operative oder strategische Sachziele vorzugeben, wie dies z. B. für eine Finanzholding charakteristisch ist, wird der effiziente Integrationspfad tendenziell nach links gedreht, d. h. die Integration erstreckt sich zunehmend auch auf nachgelagerte Entscheidungsebenen der operativen Produkt- und Prozesssteuerung.
2.3 Berichtstruktu ren und inhalte als relevante Gestaltungspa rameter
Controllingrelevante IFRS im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung
Im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung setzen die internen Controllinginstrumente und -methoden auf einer IFRS-Datenbasis auf, mit der die Geschäftsvorfälle im Unternehmen erfasst werden. Im Mittelpunkt dieser Instrumente steht die Managementerfolgsrechnung, die häufig als mehrdimensional strukturierte Deckungsbeitragsrechnung zur laufenden internen Steuerung herangezogen wird. Da die IFRS-basierte Verbuchung der Geschäftsvorfälle sowohl durch die Berichtsstrukturen des externen Reportings als auch durch die Berichtsinhalte, d. h. Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften, determiniert wird, fließen beide auch in die Managementerfolgsrechnung ein.
Sonderproblem Fair Value Bewertung
Eine besondere Bedeutung, bezogen auf die Inhalte der Finanzberichterstattung, haben die Fair-Value-Standards innerhalb der IFRS, denn die Effekte der Fair-Value-Bewertung in der IFRS-Bilanz und ihre erfolgswirksame (in der IFRS-GuV) oder erfolgsneutrale (im other comprehensive income, d. h. direkt im Eigenkapital) Berücksichtigung ist nur eingeschränkt für Controllingzwecke geeignet. Aus diesem Grund sind gerade die Fair-Value-Standards dahingehend zu überprüfen, ob ggf. die Auswirkungen der Fair-Value-Bewertung auf Bestands- und Bewegungsgrößen in den controllingrelevanten Steuerungskennzahlen eliminiert werden müssen. Um die integrierte Rechnungslegung controllinggerecht zu gestalten, ist es erforderlich, die IFRS, die im Kontext von Strukturen und Inhal163
Zu den Unternehmen, in denen diese Perspektive zutrifft, gehören u. a. Handelskonzerne sowie andere Unternehmen, die durch eine geringe Wertschöpfungstiefe charakterisiert sind.
206
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
C
ten der Finanzberichterstattung für Controllingzwecke bedeutsam sind, näher zu beleuchten. Abbildung 47 gibt eine erste Übersicht über diese Standards. Integrierte Rechnungslegung auf IFRS-Basis
Inhalte der IFRSFinanzberichterstattung
Struktur der IFRSFinanzberichterstattung
Bestandsgrößen
IAS 1, IAS 7, IAS 14, IAS 27, IAS 34, IFRS 5, IFRS 8 Rahmenkonzept, IAS 2, IAS 11, IAS 12, IAS 16, IAS 17, IAS 19, IAS 23, IAS 27, IAS 36, IAS 37, IAS 38, IAS 39, IFRS 3
Bewegungsgrößen
Abgegrenzt:
IAS 8, IAS 11, IAS 18, IAS 36, IAS 38, IAS 39, IFRS 3 Cashflow-basiert: IAS 7, IAS 23, IAS 38
Controllingrelevante Fair-ValueStandards
IAS 16, IAS 36, IAS 38, IAS 39, IAS 40, IFRS 3, IFRS 5
Abb. 47: Relevante Standards für die Gestaltung einer integrierten Rechnungslegung
2.3.1
Struktur der IFRSFinanzberichterstattung
Die Berichtsstrukturen im IFRS-Abschluss determinieren die IFRSbasierte Erfassung der Geschäftsvorfälle und damit auch die Perspektiven des internen Reportings zumindest auf den oberen Hierarchieebenen. Kerngrößen der Finanzberichterstattung, wie z. B. Umsatz, EBIT, Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit oder auch das Vermögen sind mit den intern verwendeten Kennzahlen abzustimmen, um die erforderliche Transparenz und Einheitlichkeit der Finanzkommunikation sicherzustellen. Die Berichtsstrukturen werden u. a. in folgenden Standards geregelt: •
•
IAS 1 (Darstellung des Abschlusses) – Aufbau und Gliederung der Bilanz, – Aufbau und Gliederung der GuV, − Gliederung des Betriebsergebnisses nach Umsatzkostenverfahren vs. Gesamtkostenverfahren möglich, − Verbot des Ansatzes außerordentlicher Posten. IAS 7 (Kapitalflussrechnung) – Dreistufige Aufgliederung der Cashflows,
207
Berichtsstruktu ren determinie ren Erfassung der Geschäfts vorfälle
C
Controllerarbeit unter IFRS •
•
• •
IAS 14 /IFRS 8 (Segmentberichterstattung) – IAS 14: Segmentierung in Geschäftsfelder und Regionen, – IAS 14: IFRS-konforme Segmentinformationen, – IAS 14: freiwillige Segmentpublizität nur bei steuerungsrelevanten Segmentinformationen zulässig, – IFRS 8: Segmentierung und Segmentinformationen auf Basis des internen Reportings. IAS 27 (Konzernabschluss, Tochterunternehmen im Einzelabschluss) – Abgrenzung Konsolidierungskreis im Konzernabschluss. IAS 34 (Zwischenberichterstattung) – Aufbau und Umfang von Zwischenberichten. IFRS 5 (Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereiche) – Getrennter Ausweis von aufgegebenen Geschäftsbereichen bzw. den damit verbundenen Ergebnisanteilen nach Steuern im IFRS-Abschluss.
2.3.2
Inhalte der IFRSFinanzberichterstattung
Viele Vorschriften innerhalb der IFRS haben Auswirkung auf die Eingangsgrößen betriebswirtschaftlicher Kennzahlen. Solche Eingangsgrößen sind Eingangsgrößen in Kennzahlen
•
•
•
Bestandsgrößen, wie z. B. – das (betriebsnotwendige) Gesamtvermögen, – das Umlaufvermögen (ggf. als Net Working Capital, d. h. unter Abzug kurzfristiger Schulden ermittelt), – das Gesamtkapital, – das Reinvermögen (Eigenkapital). Abgegrenzte Bewegungsgrößen, wie z. B. – das operative Ergebnis vor Abschreibungen und Steuern (EBITDA, EBITA), – das operative Ergebnis vor oder nach Steuern (EBIT, NOPAT), – das Jahresergebnis vor oder nach Steuern (EBT, EAT). Cashflowbasierte Bewegungsgrößen, wie z. B. – der operative Cashflow, d. h. vor Zinsen, ggf. vor oder nach Steuern, – der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit, d. h. nach Zinsen,
208
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS –
C
der Free Cashflow: operativer Cashflow nach Steuern zzgl. Cashflow aus Investitionstätigkeit.
Die IFRS-Rechnungslegung wirkt sich sowohl kurz- als auch langfristig auf Bestands- oder Bewegungsgrößen aus, sodass die entsprechend ermittelten Kennzahlen anders interpretiert werden müssen. Dabei gelten folgende Grundsätze: 1. Das (Rein-)Vermögen wird unter IFRS langfristig höher ausgewiesen als unter HGB. Dies liegt u. a. in einem weiteren Vermögens- und engeren Schuldenbegriff begründet sowie in den Bewertungsvorschriften, die vielfach zu höheren Wertansätzen im Vermögens- bzw. niedrigeren Wertansätzen im Schuldenausweis führen. Im Einzelnen spielen hier das Rahmenkonzept sowie eine Vielzahl von IFRS eine wichtige Rolle: •
•
•
•
IFRS-Rahmenkonzept – Definition von Vermögenswerten (assets) weiter als der handelsrechtliche Begriff des Vermögensgegenstands (probable future benefits vs. Einzelveräußerbarkeit), – Definition von Schulden (liabilities) enger als unter HGB (nur Verpflichtungen gegenüber Dritten, keine Aufwandsrückstellungen). IAS 2 (Vorräte) – Produktionsorientierter Vollkostenansatz der Herstellungskosten, kein Wahlrecht eines niedrigeren Ansatzes zu Einzelkosten. IAS 11 (Langfristfertigung) – Teilgewinnrealisierung statt Bewertung unfertiger Projekte zu niedrigeren Herstellungskosten. IAS 12 (Ertragsteuern) – Aktivierungspflicht von aktiven latenten Steuern bei entsprechenden Gewinnaussichten, – Aktive Steuerabgrenzung auf Verlustvorträge möglich, – Höherer Umfang der Steuerabgrenzungsposten durch fehlende steuerliche Maßgeblichkeit der IFRS-Bilanz. Dies führt allerdings auch zu einer Zunahme der passiven latenten Steuern, die aufgrund des nach IFRS in der Regel umfangreicheren Reinvermögens stärker ist als die Zunahme der aktiven latenten Steuern.
209
(Rein) Vermögensaus weis
C
Controllerarbeit unter IFRS •
•
•
•
•
•
164
IAS 16 (Sachanlagen) – Längere Abschreibungszeiträume: wirtschaftliche Nutzungsdauer statt steuerliche Mindestnutzungsdauer lt. AfA, – Im Gegensatz zum AHK-Prinzip des HGB Neubewertung (revaluation) über die ursprünglichen AHK hinaus möglich. IAS 17 (Leasingverhältnisse) – Abbildung von Leasingverträgen als Finanzierungsleasing, wenn die wesentlichen Chancen und Risiken aus dem geleasten Vermögenswert beim Leasingnehmer liegen, anstelle formaler Kriterien (Leasingerlasse der Finanzverwaltung) unter HGB führt dazu, dass die Spielräume zur Sachverhaltsgestaltung grundsätzlich eingeschränkt und in Konsequenz mehr verdeckte Finanzierungen offengelegt werden müssen. IAS 19 (Leistungen an Arbeitnehmer) – Höhere Bewertung zukünftiger Pensionsverpflichtungen, da Berücksichtigung von Gehalts- und Rententrends, – Abzinsung von Pensionsrückstellungen mit dem Kapitalmarktzins; ist dieser höher als der unter HGB verwendete Abzinsungssatz, reduziert dies jedoch den Ausweis von Pensionsrückstellungen im IFRS-Abschluss, – Beachte: Meist wirkt sich der erste Effekt deutlich aus, und da derzeit der langfristige Kapitalmarktzins niedriger ist als der unter HGB vielfach verwendete steuerlich als Obergrenze vorgeschriebene Zinssatz von 6 %, werden Pensionsrückstellungen unter IFRS i. d. R. in höherem Umfang zu bilden sein als unter 164 HGB . IAS 23 (Fremdkapitalkosten) – Ggf. höhere Anschaffungskosten von qualifying assets durch das Wahlrecht zur Aktivierung von Fremdkapitalkosten beim Erwerb. IAS 27 (Konzernabschluss, Tochterunternehmen im Einzelabschluss) – Ggf. erweiterter Konsolidierungskreis, da einzelne Konsolidierungswahlrechte nach HGB unter IFRS nicht greifen. IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten) – Außerplanmäßige Abschreibung auf Vermögenswerte bzw. zahlungsmittelgenerierende Einheiten (ZGE) nach IAS 36 nur Vgl. hierzu auch Kapitel B 1.3.
210
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
•
•
•
•
C
dann, wenn der erzielbare Betrag (Nutzungswert oder Veräußerungskosten) unter dem fortgeführten Buchwert liegt, – Verhinderung der außerplanmäßigen Abschreibung von erworbenem Goodwill durch den Aufbau von originärem Goodwill, da dann der erzielbare Betrag der goodwilltragenden ZGE nicht unter deren Buchwert incl. Goodwill sinkt. IAS 37 (Rückstellungen, Eventualschulden und -forderungen) – Ansatz von Rückstellungen zum wahrscheinlichsten statt einem vorsichtig geschätzten Wert, – Abzinsung langfristiger Rückstellungen, – keine Bildung von Aufwandsrückstellungen. IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte), – Erweiterte Aktivierungspflicht für selbsterstellte immaterielle Vermögenswerte und Entwicklungskosten, – im Gegensatz zum AHK-Prinzip des HGB Neubewertung (revaluation) über die ursprünglichen AHK hinaus möglich, sofern aktiver Markt für den neu zu bewertenden immateriellen Vermögenswert existiert. IAS 39 (Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung) – Grundsätzlich Bewertung von Finanzinstrumenten zum Fair Value (Ausnahme: held-to-maturity-Finanzinstrumente, loans and receivables, sonstige finanzielle Verbindlichkeiten) statt zu AHK, – Bilanzierungspflicht auch für Derivate (unter HGB Ansatzverbot, da schwebende Geschäfte) – Ausbuchung von Finanzinstrumenten nur bei tatsächlichem Risikoübergang. IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) – Erweiterte Aktivierungspflicht für immaterielle Vermögenswerte bei Unternehmenserwerb, – Verbot der planmäßigen Abschreibung von Goodwill auf Unternehmenserwerb.
Der grundsätzlich höhere Ausweis des (Rein-)Vermögens bzw. niedrigere Ausweis der Schulden ist bei der Ermittlung der Bestandsgrößen nicht nur kurzfristig, d. h. bspw. im Jahr des Zugangs oder der Wertänderung des Vermögenswerts oder der Schuld relevant, sondern langfristig, d. h. bis zu deren Abgang aus der IFRS-Bilanz. Dies belastet unter IFRS im Vergleich zum HGB den Ausweis von Wertkennzahlen (höhere Kapitalkosten) bzw. Renditekennzahlen (höhere Bezugsbasis).
211
Belastung wertorientierter und Rendite kennzahlen
C
Controllerarbeit unter IFRS
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist jedoch die IFRS-Perspektive angemessener, denn die Bildung stiller Reserven unter HGB führt dazu, dass das (Rein-)Vermögen, das im Unternehmen für Produktionszwecke gehalten und von den Investoren finanziert wird, faktisch zu niedrig ausgewiesen wird. 2. Abgegrenzte Bewegungsgrößen, die aus dem Jahresergebnis abgeleitet werden, sind unter IFRS kurzfristig höher und tendenziell volatiler als unter HGB. Ausweis von EBIT
Dies beruht zum einen auf der geringeren Bedeutung des Vorsichtsprinzips unter IFRS, das hier nur die Rolle eines nachgelagerten Abgrenzungsgrundsatzes spielt, zum anderen auf einem stärker an der betriebswirtschaftlichen Perspektive orientierten Realisationsprinzip bzw. Matching Principle (Grundsatz der Abgrenzung der Sache nach). In Folge werden im IFRS-Abschluss Gewinne früher gezeigt und tendenziell weniger geglättet als im HGB-Abschluss. Neben der schon unter 1. beschriebenen Erfolgswirkung, die bereits durch einen breiteren Vermögensausweis bzw. einen engeren Schuldenausweis eintritt, spielen vor allem die folgenden Standards eine bedeutende Rolle: •
•
•
•
•
IAS 8 (Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Änderungen von Schätzungen und Fehler) – Erfolgswirksamer Ausweis von Schätzungsänderungen. IAS 11 (Langfristfertigung) – Vorverlagerter Gewinnausweis bei Teilgewinnrealisierung, – Gleichzeitig jedoch auch Ergebnisglättung. IAS 18 (Erträge) – Abweichende, da risikoorientierte Erfassung von Umsatzerlösen. IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten) – Höherer Vermögensausweis (siehe 1.) führt dazu, dass im Vergleich zu HGB tendenziell mehr außerplanmäßige Abschreibungen erfolgswirksam werden. IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte) – Aktivierung und nachträgliche Abschreibung von selbsterstellten immateriellen Vermögenswerten und Entwicklungskosten statt sofortiger erfolgswirksamer Verrechnung.
212
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS •
•
C
IAS 39 (Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung) – Erfolgswirksame Verrechnung von Wertänderungen bei Wertpapieren des, möglicherweise gewillkürten, Handelsbestands (financial instruments at fair value through profit or loss). IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) – Allein außerplanmäßige Abschreibung des Goodwills zulässig.
3. Aus dem Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit abgeleitete Bewegungsgrößen sind unter IFRS ggf. kurzfristig höher als unter HGB. Diese Überlegung scheint im ersten Moment kontraintuitiv, denn Cashflows sind objektiv messbare Zahlungsmittelströme, die gerade nicht durch abweichende Periodisierungsvorschriften nach HGB und IFRS beeinflusst werden. Durch die erweiterten Aktivierungsmöglichkeiten von Ausgaben für langfristiges Vermögen, die nach HGB sofort aufwandswirksam werden, unter IFRS aber als Investition zu verrechnen sind, werden derartige Zahlungsströme unter IFRS dem Cashflow aus Investitionstätigkeit zugeordnet. Dies betrifft z. B. die Erstellung selbsterstellter immaterieller Vermögenswerte bzw. den Ansatz von Entwicklungskosten. Ein F&E-intensives Unternehmen, das diese Aktivierungsmöglichkeiten in Anspruch nimmt, weist unter IFRS einen höheren Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit als unter HGB aus, auch wenn die Gesamtveränderung des Finanzmittelfonds in beiden Fällen identisch ist. Relevante Standards für den Ausweis von Cashflows sind: •
•
•
IAS 7 (Kapitalflussrechnung) – Zuordnungsvorschriften für Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit und Investitionstätigkeit. IAS 23 (Fremdkapitalkosten) – Aktivierung von Fremdkapitalkosten bei Erstellung oder Erwerb von qualifying assets führt dazu, dass diese Zinsen dem Cashflow aus Investitionstätigkeit zugeordnet werden. IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte) – Aktivierte Entwicklungsausgaben werden dem Cashflow aus Investitionstätigkeit zugeordnet.
Zu beachten ist, dass der Free Cashflow von diesen Überlegungen nicht betroffen ist, da er den Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit vor Zinsen und den Cashflow aus Investitionstätigkeit zusammenfasst.
213
Ausweis von Cashflows
C
Controllerarbeit unter IFRS
2.3.3
FairValueStandards
Eine Reihe von Standards innerhalb der IFRS verlangt bzw. erlaubt die erfolgswirksame oder erfolgsneutrale Fair-Value-Bewertung von Ver165 mögen und Schulden. In jedem Fall muss geprüft werden, ob die in der IFRS-Rechnungslegung angesetzten Fair Values einen Rückschluss auf die Management-Performance zulassen. Ist dies nicht der Fall, müssen die FairValue-Effekte für eine controllinggerechte Ermittlung von Steuerungskennzahlen eliminiert werden. Dies betrifft zur Wahrung des 166 Kongruenzprinzips nicht nur das Jahresergebnis bzw. daraus abgeleitete Größen, wie das EBIT, sondern immer auch die Kapitalbasis. Dies ist insbesondere bei der erfolgsneutralen Verbuchung von Fair-ValueÄnderungen bedeutsam. Beispiel Die E.ON AG schreibt in ihrem Zwischenbericht zum 30.9.2006. „Das sonstige nicht operative Ergebnis wurde vor allem durch (...) die stichtagsbezogene Marktbewertung von Derivaten (–1.954 Mio €) (...) geprägt. Zum 30. September 2005 resultierte aus der Marktbewertung von Derivaten noch ein positiver Er 167 gebnisbeitrag von 582 Mio €“ an . Bezogen auf das Konzernergebnis in diesem Quartal von 2.629 Mio. € bzw. den Konzernumsatz von 49.451 Mio. € ist dies eine substanzielle Schwankung, die voll auf das Ergebnis durchschlägt, denn nach IAS 39 sind diese FairValueÄnderungen, die noch in keiner Weise zah lungswirksam wurden, erfolgswirksam im Jahresergebnis (profit or loss for the period bzw. net income) zu zeigen. Um derartige FairValueEffekte, die in der Energiebranche nicht unüblich sind, nicht in die betriebswirtschaftlichen Steuerungsgrößen einfließen zu lassen, bereinigt E.ON sowohl das Ergebnis („adjusted EBIT“) als auch das durchschnitt liche Vermögen („Capital Employed“) um diesen Effekt.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass in jedem Fall die Planung von Fair Values aufgrund der Vielzahl der damit verbundenen Annahmen äußerst komplex ist und den Aufwand eines IFRS-basierten Controllings stark erhöht. Folgende Fair-Value-Standards sind bei der Umsetzung einer integrierten Rechnungslegung besonders zu beachten:
165
Eine ausführliche konzeptionelle Diskussion der Bedeutung der Fair-Value-Bewertung für das Controlling findet sich in Kapitel B 2.2. 166 Vgl. hierzu ausführlich Kapitel B 2.3. 167 E.ON, Zwischenbericht zum 30.9.2006, S. 9.
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Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS •
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• •
•
IAS 16 (Sachanlagen) – Erfolgsneutrale Neubewertung (revaluation) zum Fair Value erlaubt, – Beachte: Erfolgswirksame Abschreibungen auf den neuen Wert verletzen das Kongruenzprinzip. IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten) – Ermittlung des Nutzungswerts (value in use), – Ermittlung des Nettoveräußerungswertes (fair value less costs to sell), – erfolgswirksame Verbuchung von Wertminderungen. IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte) – Erfolgsneutrale Neubewertung (revaluation) zum Fair Value möglich, – Beachte: Erfolgswirksame Abschreibungen auf den neuen Wert verletzen das Kongruenzprinzip. IAS 39 (Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung) – Erfolgsneutrale oder erfolgswirksame Bewertung von Finanzinstrumenten zum Fair Value, – Recycling, d. h. erfolgswirksame Umbuchung vorher erfolgsneutral verbuchter Wertänderungen bei available-for-saleFinanzinstrumenten. IAS 40 (Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien) – Wahlrecht zur erfolgswirksamen Fair-Value-Bewertung. IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) – Bestimmung des gesamten Vermögens und der Schulden des erworbenen Unternehmens zum Fair Value, insbesondere Bewertung von immateriellen Vermögenswerten. IFRS 5 (Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereiche) – Bewertung mit dem Nettoveräußerungswert (fair value less costs to sell), sofern niedriger als der fortgeführte Buchwert.
215
C FairValue Standards und integrierte Rechnungsle gung
C Fair Value: Integrierte Rechnungsle gung am Schei deweg?
Controllerarbeit unter IFRS
Gerade die äußerst komplexen, methodisch nicht immer zweifelsfrei gelösten Vorschriften zur Fair-Value-Bewertung und die daraus resultierenden Einflüsse auf die Steuerungskennzahlen einer integrierten Rechnungslegung stellen aktuell eine der größten Schwierigkeiten für 168 die Integration der Rechnungslegung dar . Vor diesem Hintergrund ist offen, ob nicht möglicherweise in der Zukunft wieder eine zunehmende Trennung von externem und internem Reporting zu beobachten ist. Vor allem gilt dies, wenn mit der Umsetzung von ED 8 die Segmentberichterstattung zukünftig auch auf einem nicht IFRS169 konformen internen Reporting folgen darf .
2.4
Umstellung auf eine integrierte Rechnungslegung unter IFRS
Der Prozess der Umstellung der bestehenden Managementerfolgsrechnung auf eine integrierte Rechnungslegung hängt nicht nur von der Methodenkompetenz der beteiligten Controller ab, sondern erfordert auch flankierende strukturelle und systemtechnische Maßnahmen. Dabei kann der Anpassungsprozess in Abhängigkeit der Geschäftsmodelle und der bestehenden bzw. gewünschten Reportingprozesse stark differieren. Folgende Gestaltungsparameter spielen bei der Integration der Rechnungslegung neben den in diesem Kapitel dargestellten fachlich170 methodischen Aspekten eine bedeutsame Rolle : • • • Prozessoptimie rung
Optimierung der mit dem internen Reporting verbundenen Controllingprozesse, organisatorische Aspekte sowie systemtechnische Fragen.
Die Optimierung eines integrierten Reportings setzt an der Parallelisierung, Standardisierung und Verschlankung von Controllingprozes168
Vgl. Fleischer, Rolle des Controllings im Spannungsfeld internes und externes Reporting, in: Horváth (Hrsg.), Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse wirkungsvoll steuern, 2005, S. 189-200, hier S. 198. 169 Vgl. Borchers, Integriertes Wertmanagement im Bayer-Konzern, in: Wagenhofer (Hrsg.), Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006, S. 267-288, hier S. 283-285. 170 Vgl. hierzu und im Folgenden die detaillierte Darstellung bei Schmitz, Optimierung und Harmonisierung des internen Berichtswesens im IFRS-Umfeld, in: Accounting, 2006, Heft 8, S. 11-15.
216
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
C
sen an. Konkrete Maßnahmen sind beispielsweise die Reduktion der Anzahl von Kostenarten und Kostenstellen. Dies vermindert erheblich den Aufwand innerhalb der Planung. Zu beachten ist, dass für fallweise Kalkulationen und Entscheidungsvorlagen ggf. zusätzliche Werte vorgehalten werden müssen, so z. B. Standards für Preiskalkulationen. Da die interne Managementerfolgsrechnung nicht mit der externen Finanzberichterstattung deckungsgleich ist, sind zudem einheitliche Größen (z. B. IFRS-EBIT = Deckungsbeitrag VI) zu definieren, um eine transparente Überleitung von externer und interner Sichtweise sicherzustellen. In diesem Zusammenhang bietet sich auch die Umstellung der IFRSGuV auf das Umsatzkostenverfahren an, sofern dies noch nicht erfolgt ist. Um Schlüsselungen zu vermeiden, sollte nämlich auch die monatliche Managementerfolgsrechnung als Deckungsbeitragsrechnung auf Proportionalkostenbasis ausgestaltet werden. Alle Geschäftsvorfälle sind auf Basis eines einheitlichen Kontenrahmens zu erfassen (Ein-Kreis-System), das externen wie internen Anforderungen genügt. Basis der Verbuchung sind die IFRS (leading GAAP). Die nachträgliche Erstellung einer Überleitungsrechnung aus den auf HGB-Basis verbuchten Geschäftsvorfällen, wie sie insbesondere in kleineren Unternehmen während der IFRS-Umstellung häufig noch praktiziert wird, reicht für Zwecke der integrierten Rechnungsle171 gung keinesfalls aus . Um die notwendigen IFRS-Daten nicht nur für externe Berichtszwecke, sondern auch für die Controllingaufgaben fristgerecht bereitzustellen, sind konzernweit abgestimmte interne und externe Berichtstermine erforderlich. Von der Beschleunigung der externen 172 Reportingprozesse (Fast Close ), die im Rahmen einer IFRSUmstellung häufig erfolgt, um dem Kapitalmarkt zeitnahe Finanzberichte und -informationen zur Verfügung zu stellen, profitiert damit auch das interne Reporting. Organisatorische Gestaltungsmaßnahmen sind ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für die Umstellung auf eine integrierte Rechnungslegung. 171
Siehe hierzu auch Heintges, Best Practice bei der Umstellung auf internationale Rechnungslegung, in: DB, 2003, S. 621-627. 172 Vgl. Eggemann/Petry, Fast Close – Verkürzung von Aufstellungs- und Veröffentlichungszeiten für Jahres- und Konzernabschlüsse, in: BB, 2002, S. 1635-1638.
217
Organisatori sche Maßnah men
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Controllerarbeit unter IFRS
Um zu verhindern, dass Insellösungen entstehen, sollten sämtliche Reportingprozesse zentral – z. B. durch den CFO – koordiniert wer173 den . Die reibungslose Zusammenarbeit von Bilanzierung und Controllerbereich muss ebenso sichergestellt werden, wie die von zentralen und operativen Funktionsträgern. Gerade in mehrstufigen Konzernen besteht ansonsten die Gefahr, dass auf jeder Berichtsebene Daten aufwändig gesammelt, gesichtet und geprüft werden müssen. Im Idealfall werden enge organisatorische Verbindungen zwischen Bilanzierung und Controlling geschaffen, z. B. durch die Zusammenlegung beider Abteilungen in eine gemeinsame Finanzfunktion. Tipp Es ist empirisch belegt, dass Manager signifikant zufriedener sind, wenn Kenn zahlen aus einer Hand, z. B. dem Controlling, vorgelegt werden bzw. wenn die 174 Kennzahlen in einem Bericht vorgelegt werden .
Die Reportingaufgaben werden so auch weiterhin durch spezialisierte Gruppen wahrgenommen, die sich zwar an ihren traditionellen Aufgaben (externe Finanzkommunikation vs. internes Controlling) orientieren, sich aber auf eine gemeinsame Datenbasis stützen. In größeren Unternehmen bietet sich zudem die Einrichtung einer Gruppe für Grundsatzfragen an, die Spezial-Knowhow sowohl für Bilanzierungsals auch Controllingzwecke bündelt. ITSysteme
Nicht zu unterschätzen sind die Fragen der systemtechnischen Realisierung einer integrierten Rechnungslegung insbesondere in größeren 175 Unternehmen . So müssen beispielsweise Buchhaltungs-, Planungsund Konsolidierungssoftware integriert sein. Dies impliziert u. a. eine einheitliche und zentralisierte Systemlandschaft, automatische Datenübertragung aus Vorsystemen sowie zentrale Systeme zur Datenspeicherung. Manuelle Überleitungen bzw. Nebenrechnungen oder das Führen paralleler Datenbanken können hingegen die zeitnahe und verlässliche Bereitstellung von Informationen beeinträchtigen. Weitere 173
Vgl. zum Praxisbeispiel Deutsche Post Worldnet den Beitrag von Ernst/Vater, Anforderungen an die Finanzorganisation multinationaler Unternehmen, in: Wagenhofer (Hrsg.), Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006, S. 225-242, hier S. 236ff. 174 Vgl. Sandt, Kennzahlen für die Unternehmensführung – verlorenes Heimspiel für Controller?, in: ZfCM, 2004, S. 75-79. 175 Vgl. hierzu und im Folgenden u. a. Kümmel/Watterot, Neue Entwicklungen im internationalen Konzerncontrolling am Beispiel Bosch, in: Horváth (Hrsg.), Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse wirkungsvoll steuern, 2005, S. 11-32, hier S. 25ff.
218
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
C
technologische Aspekte im Rahmen der Optimierung sind in diesem Zusammenhang die Verwendung von OLAP-basierten Auswertungssystemen sowie die Möglichkeit von Online-Datenzugriff und -auswertung, um die Analysefähigkeit der IFRS-basierten Informationen sicherzustellen. Abbildung 48 stellt die IT-Bausteine einer integrierten 176 Reportingstruktur dar . SAPMM
Datenquellen
SAPCRM
Operative Front-/Middle-Office-Systeme (Diverse zentrale und dezentrale Einzelsysteme)
Geschäftserfassung
…….
Extraktion, Konversion, Normierung, Pflege, Transport
Extraktion
Operational Data Store
Buchungsdaten
Methodenpool für Kalkulationen/ Bewertungen
Bewertungsdaten
Konditionen Marktdaten
Datenpool
Bewegungs-/ Bestandsdaten
Kundenstammdaten
……..
Allgemeiner einheitlicher Methodenpool Finanzmathematische und betriebswirtschaftliche Kalkulations- und Bewertungsverfahren Int./ext. RisikoMessung
ProfitabilitätsMessung/DBR
Data Warehouse Data Marts
Parallele Buchungslogiken
Bewertungs-/ Hedge-/Simulations-Engines
……
Ergebnisdaten (z.B. SAP-BW-Technologie) OLAP Integriertes Reportingtool/Regelwerk für Berichtserstellung
Endaufwendungen
Konzern-/ EinzelRisikobericht
Konzern-/ Einzel-DBR
Konzern-/ EinzelSegmentbericht
Konzern-/ Einzelbilanz
Konzern-/ Einzel-GuV
Konzern-/ Einzel…..
Abb. 48: IT-Bausteine einer integrierten Reportingstruktur Folgende Eigenschaften sollte das IT-System für die erfolgreiche Umsetzung einer integrierten Rechnungslegung besitzen: • •
•
176
durchgängige Datenflüsse und zentrale Datenhaltung, ein multidimensionales Datenmodell, das neben der Legalstruktur auch die interne Führungsstruktur in ihren relevanten Dimensionen abbildet, unternehmensweite Vereinheitlichung auch der betriebswirtschaftlichen Methodenbasis, z. B. für Bewertungs- und Kalkulationsfragen, Entnommen aus Schmitz, Optimierung und Harmonisierung des internen Berichtswesens im IFRS-Umfeld, in: Accounting, 2006, Heft 8, S. 11-15, hier S. 14.
219
ITErfolgsfak toren für die Integration der Rechnungsle gung
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Controllerarbeit unter IFRS •
•
einen hohen Automatisierungs- und Standardisierungsgrad ohne manuelle Schnittstellen, um aktuelle und valide Berichtsinhalte zu generieren sowie eine hinreichende Robustheit und Skalierbarkeit, um nicht nur verschieden große Datenvolumina aus unterschiedlichen operativen Einheiten zu aggregieren, sondern auch simultane Anfragen unterschiedlichster Anwender zu bewältigen.
Aufbauend auf der Realisierung dieser prozessbezogenen, organisatorischen und systemtechnischen Umstellungsaspekte sind für die Zusammenarbeit von Controllern und Managern bei der Umstellung auf die integrierte Rechnungslegung folgende Punkte zu beachten: Zusammenar beit mit dem Management
•
•
•
Erhöhter Kommentierungs- und Erläuterungsbedarf der Berichte Hohe Lernbedarfe für die Interpretation IFRS-basierter Kennzahlen sowohl im Controllerbereich als auch im Management führen zu erhöhtem Kommentierungs- und Erläuterungsbedarf. Dies ist gleichzeitig aber auch ein Indikator dafür, dass das Management die veränderten Controllingmethoden akzeptiert, denn eine in dieser Hinsicht „reibungslose“ Umstellung ist aus Controllersicht eher als Warnsignal zu sehen, dass das Management möglicherweise die Entscheidungsunterstützung durch das Controlling nicht in ausreichendem Umfang nutzt. Zeitweilig eingeschränkte Möglichkeit zur Datenanalyse Die Umstellung auf eine IFRS-basierte integrierte Rechnungslegung führt auch bei unveränderten Management-Kennzahlen zu deutlichen Strukturbrüchen. Damit können beispielsweise Zeitreihenanalysen nur eingeschränkt durchgeführt werden. Vergleichswerte und Trends der Vergangenheit sind nicht mehr als Interpretationshilfe heranzuziehen. Bezüglich der Größenrelationen und typischen Ausprägungen betriebswirtschaftlicher Kennzahlen muss neues konzeptionelles Wissen aufgebaut werden. Keine eindeutige und manipulationsfreie Abbildung des Unternehmensgeschehens durch die IFRS Auch wenn es der Wunsch“traum“ vieler IFRS-Anwender ist, ein klares, unverzerrtes und objektives Bild des Unternehmens zu erhalten: Die IFRS liefern eine subjektive, von einer Vielzahl von Ermessensentscheidungen geprägte Sichtweise auf das Unternehmen. Auch gegen Sachverhaltsgestaltung, z. B. im Fall von Leasingverträgen, sind die IFRS nicht immun. Zudem beeinflussen nationale
220
Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
Denkstrukturen auch unbewusst das Bilanzierungsverhalten. So ist in Deutschland beispielsweise die Neubewertung von Sachanlagen gemäß IAS 16 derzeit noch so gut wie ungebräuchlich. In Großbritannien, das dieses Vorgehen bereits im Rahmen nationaler UKGAAP erlaubte, ist diese Behandlung dagegen durchaus gängige Praxis. Das folgende Gespräch mit Dr. Christian Hebeler, Leiter Financial Controlling bei Henkel, zeigt: Die erfolgreiche Umstellung auf eine IFRS-basierte integrierte Rechnungslegung ist möglich, wenn der Fokus nicht nur auf den Inhalten der Managementerfolgsrechnung liegt, sondern wenn auch die damit verbundenen systemtechnischen und organisatorischen Herausforderungen durch den Controllerbereich aktiv in Angriff genommen werden.
Integrierte Rechnungslegung erfolgreich umsetzen – Gespräch mit Dr. Christian Hebeler, Henkel KGaA Christian Hebeler ist seit April 2006 als Leiter Financial Controlling verantwortlich für das interne Rechnungswesen und Management Reporting der Henkel KGaA sowie der Henkel & Cie. AG (Schweiz). Zuvor war er als Leiter Betriebswirtschaftliche Systeme im Zentralbereich Konzernplanung/Strategisches Controlling zuständig für Richtlinien- und Grundsatzfragen im Bereich Rechnungswesen und Controlling. Herr Dr. Hebeler, wie bei vielen anderen deutschen Unternehmen wurde auch bei Henkel in den letzten Jahren eine Integration von externer und interner Rechnungslegung durchgeführt. Ist dies ein konzeptionell überlegener Ansatz gegenüber dem traditionellen deutschen System einer dualen Rechnungslegung – oder handelt es sich hier nicht vielleicht nur um eine Modeerscheinung? Der Nachweis einer konzeptionellen Überlegenheit integrierter Rechnungswesensysteme im Vergleich zum traditionell dualen Rechnungswesenkonzept deutscher Prägung ist selbst mithilfe von Effizienzkriterien schwer zu führen. Im Grundsatz gilt, dass entsprechend den unternehmensspezifischen Anforderungen an das Rechnungswesen, etwa unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und den Informationspräferenzen der Unternehmensleitung durch beide 221
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Controllerarbeit unter IFRS
Gestaltungsansätze eine effiziente und effektive Informationsversorgung sichergestellt werden kann. Das heißt, beide Ansätze stehen gleichberechtigt nebeneinander?
Integrierte Rechnungsle gung keine Modeerschei nung
Es ist sicherlich möglich, z. B. ein eigentümergeführtes mittelständisches Unternehmen basierend auf einer nach den kalkulatorischen Kostenrechnungsprinzipien ausgestalteten Erfolgsrechnung wirkungsvoll zu steuern, zumal in dieser Konstellation die externe Rechnungslegung oft rein steuerlich motiviert ist und sich nicht zur internen Steuerung eignet. In einem börsennotierten und international tätigen Unternehmen ist es dagegen zweckmäßig, eine Vereinheitlichung der Steuerungsrechnung auf Grundlage internationaler Rechnungslegungsgrundsätze durchzuführen. Besonders bei diesem Unternehmenstypus sind die Integrationstendenzen des Rechnungswesens in den letzten Jahren festzustellen Also ist die integrierte Rechnungslegung doch mehr als eine Modeerscheinung? Ja, aus meiner Sicht handelt es sich bei der integrierten Rechnungslegung um eine logische Weiterentwicklung des Rechnungswesens im Zuge der Globalisierung. Die historisch bedingten unterschiedlichen Rechnungssysteme in Deutschland und den USA wachsen zusammen und suchen gegenseitig nach Optimierungsansätzen. So geht in Deutschland der Trend in Richtung Integration, während sich in den USA eher eine Entwicklung in Richtung Differenzierung abzeichnet, wie etwa die Historie des Activity Based Accounting oder die Renaissance der Deckungsbeitragsrechnungskonzepte in der neueren USamerikanischen Accounting-Literatur belegen. Welche Gründe waren bei Henkel für die Integration der externen und internen Rechnungslegung maßgeblich? Die Motive für die Harmonisierung des internen und externen Rechnungswesens bei Henkel liegen in den offensichtlichen Effizienzvorteilen eines konzernweit einheitlichen Steuerungskonzepts basierend auf der externen Rechnungslegung nach IFRS. Eine gleiche Rechnungslegungssprache bringt Klarheit in der Kommunikation – intern wie extern –, fördert die Eindeutigkeit und internationale Verständlichkeit des Zahlenwerks und verbessert die internationale Steuerung der Kon-
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Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
zernaktivitäten. Die Umstellung auf IAS/IFRS im Jahr 1997 war ohne Zweifel für diese positive Entwicklung förderlich. Die Katalysatorwirkung der IAS/IFRS ist hier insbesondere im Kontext der zunehmenden Internationalisierung und verstärkten Kapitalmarktorientierung von Henkel in den 90er Jahren zu sehen. Hat Henkel denn diese Vorteile auch realisieren können? In der Tat. Die Vereinheitlichung der externen und internen Informationssysteme ermöglichte eine Vereinfachung des unternehmerischen Denkens und Handels – mit einheitlichen Aussagen intern wie extern („one-number-principle“). Als Fazit der gesamten Umstellungen im Rechnungswesen ist deshalb festzuhalten, dass es unter den gegebenen Voraussetzungen wichtig und richtig war, das interne Rechnungswesen und die operativen Steuerungssysteme an die kapitalmarktorientierte Rechnungslegung nach IFRS anzupassen. Welche Anforderungen werden heute bei Henkel an ein integriertes Rechnungswesen gestellt? Die wichtigsten Anforderungen an das integrierte Rechnungswesen sind die Sicherstellung einer effektiven Finanzkommunikation einerseits sowie einer zielkonformen und effizienten Geschäftssteuerung andererseits. Das Anforderungsspektrum reicht somit von den Rechnungslegungserfordernissen nach IFRS über wertorientierte Steuerungsinformationen bis hin zur Abbildung der Management- und Vertriebsstruktur mit mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnungen auf der Basis einheitlicher Bewertungsansätze im Ist wie in Planrechnungen. Gab es schon vor der IFRS-Einführung einen konkreten Auslöser für die Integration der Rechnungslegung bei Henkel? Obwohl bis in die Mitte der 90er Jahre Henkel mithilfe eines dualen Rechnungslegungs- und Informationssystems gesteuert wurde, lag bei heutiger Rückschau der Keim für eine Änderung des internen – traditionellen – Abrechnungssystems bereits im Jahr 1985 als der Prospekt für die erstmalige Börsennotierung der Vorzugsaktien der Henkel KGaA einen ersten – freiwillig veröffentlichten – HGB-Weltabschluss des gesamten Konzerns enthielt. Nach dem Börsengang im Oktober 1985 begann eine Phase immer größer und internationaler werdender Unternehmensakquisitionen. Durch den Erwerb US-amerikanischer
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C IFRS als Kataly sator der Integ ration
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Controllerarbeit unter IFRS
Unternehmen kam naturgemäß auch neues abrechnungstechnisches Gedankengut in das eigene Unternehmen. Dieses „neue Denken“ im internen Rechnungswesen verstärkte sich noch bis in die zweite Hälfte der 90er Jahre. Welche Defizite in der bestehenden dualen Rechnungslegung wurden durch dieses „neue Denken“ identifiziert? „Neues Denken“ in der internen Rechnungsle gung
Beispielsweise zeigte sich als Nachteil des deutschen ZweikreisSystems, dass es aufgrund der unterschiedlichen Herstellkostenermittlung sehr schwierig und mühevoll war, Ergebnisinformationen über einzelne Produkte und Produktgruppen der zu erwerbenden Geschäfte mit denen von Henkel zu vergleichen. Die unterschiedliche Behandlung erworbener Geschäftswerte im internen und externen Rechnungswesen führte dazu, dass im Zuge der getätigten Akquisitionen die Unterschiede zwischen dem externen betrieblichen Ergebnis und dem internen Bruttoergebnis immer größer wurden. Die Analyse der Unterschiede und deren Erklärung gestalteten sich zunehmend schwieriger, sodass entschieden wurde, die Rechnungssysteme anzugleichen. Wie sah dieser Angleichungsprozess genau aus? Nach der Harmonisierung der internen und externen Ergebnisrechnung, die im Jahr 1996 stattfand, wurden diese neue Struktur sowie die weiteren Neuregelungen in der Konzernrichtlinie zur Berichterstattung und Bilanzierung eingearbeitet und mit der Planung des Jahres 1997 angewendet. Im Geschäftsjahr 1997 wurde erstmalig der Konzernabschluss nach IAS aufgestellt, der zu dieser Zeit weiterhin den Regelungen des HGB entsprach („dualer Abschluss“). Seither bilden die IFRS die Grundlage für die einheitliche Bilanzierung und Berichterstattung bei Henkel. Die IT-technische Integration interner und externer Reportingsysteme als auch die prozessuale Vereinheitlichung der FI/CO-Prozesse in den lokalen ERP-Systemen ab 2002 vervollständigen das Gesamtkonzept der Integration des Rechnungswesens. Stichwort IT-technische Integration – wie sind Datentransfer bzw. verarbeitung und Reporting jetzt bei Ihnen aufgebaut?
ITtechnische Umsetzung der Integration
Integrierte Reporting-Systeme bilden das Rückgrat der Konzern- und Geschäftssteuerung bei Henkel. Die Datentransfers der verbundenen
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Integration der internen und externen Rechnungslegung unter IFRS
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Unternehmen an die zentrale Berichterstattungsplattform TOPAS (SAP-SEM) für Ist- und Plandaten erfolgen mittels flexiblen Uploads, z. B. via SAP-Schnittstellen und via Excel bei kleineren Tochtergesellschaften. Die Datenverarbeitung, so etwa die systemtechnische Validierung der monatlichen Ergebnisgrößen mit den quartalsweise berichteten HB II-Daten, und das Management Reporting sowie das Legal Reporting (Erstellung des Konzernabschlusses) werden ebenfalls mit dem TOPAS-System durchgeführt. Wie hat sich die systemtechnische Integration auf nachgelagerten Ebenen, z. B. in den Tochtergesellschaften, vollzogen? Auf der Ebene der Tochtergesellschaften zeigt sich die Harmonisierung des internen und externen Rechnungswesens sowie dessen systemtechnische Integration in der Verzahnung der Prozesse General Accounting und Financial Controlling in einem zentralen SAP FI/COSystem. So bilden die im externen Rechnungswesen auf der Basis eines einheitlichen Kontenplans gebuchten Werte die Grundlage für deren Verrechnung im Financial Controlling, d. h. im Rahmen der Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung und für die Profit CenterRechnung, nach deren Struktur das monatliche Management Reporting nach TOPAS erfolgt. Ein weiterer wichtiger Schritt in der Integration der Rechnungslegung ist die Vereinheitlichung der Prozesse in Finanz- und Rechnungswesen. Wie sind Sie bei Henkel hierbei vorgegangen? Die Vereinheitlichung der Prozesse im Finanz- und Rechnungswesen auf der Ebene der verbundenen Unternehmen durch das SSO-Projekt (Shared Service Organisation) ergab sich aus der Überlegung in der Region Westeuropa mit 16 Ländern, die Komplexität von 85 verbundenen Unternehmen, 87 Produktionsstandorten sowie 37 Verwaltungsstandorten deutlich zu reduzieren. Auf der Ebene der Prozesse wurden die Henkel-Aktivitäten zu dieser Zeit durch 26 unterschiedliche IT-Systeme unterstützt (16 SAP- und 10 Legacy-Systeme). Aufgabe war es, die funktionalen Prozesse dieser überaus heterogenen Struktur durch Vereinfachung, Vereinheitlichung und Optimierung über die operativen Unternehmensbereiche und Ländergrenzen hinweg als Shared Services zu konzipieren. Was bringt der Einsatz von Shared Service Centern?
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Prozessverein heitlichung: Synergien durch Integration
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Controllerarbeit unter IFRS
Dieser Ansatz, der die Harmonisierung, die Standardisierung und das Networking stärkt, hat eine Reihe von Vorteilen. Sie liegen zum einen in der Vermeidung duplizierter Anstrengungen in den Ländern und Geschäften und zum anderen in der Möglichkeit, durch stärkere Vereinheitlichung und internationale Abstimmung etwa durch eine höhere Automatisierung und das Erreichen von Skaleneffekten die operativen Kosten – insbesondere im Finanzbereich – zu senken. Welchen Ratschlag würden Sie einem Unternehmen auf den Weg geben wollen, das heute die Integration der externen und internen Rechnungslegung noch vor sich hat? Eine gute und sorgfältige Vorbereitung einer derart gravierenden Umstellung im Rechnungswesen ist notwendige Voraussetzung für deren Erfolg. Dies beinhaltet die detaillierte Analyse und intensive Kommunikation von Auswirkungen bei angestrebten Änderungen etwa in der Kostenrechnung – z. B. der Abschaffung kalkulatorischer Elemente – an die verantwortlichen Entscheidungsträger einerseits, sowie die nicht zu unterschätzende Beurteilung der IT-technischen Möglichkeiten und Grenzen bei der Implementierung eines integrierten Rechnungswesens andererseits. Das heißt, gerade die IT-technischen Fragen spielen für den Erfolg der Integration eine wichtige Rolle? Technische Implementie rung als zentra les Thema in der Umstellung
Mit Blick auf die technische Implementierung sollte eine gründliche Informationsbedarfsanalyse im klassischen Sinne dem Umstellungsprojekt vorausgehen, um zwischen notwendiger und präferierter Informationsversorgung auf den verschiedenen Steuerungsebenen des Unternehmens im jeweiligen spezifischen Kontext unter Kosten-/ Nutzenaspekten entscheiden zu können. Aber auch die Einbindung der Wirtschaftsprüfer bei bestimmten Sachfragen sowie das klare Projekt-Sponsoring eines Top-Entscheidungsträgers sind weitere Erfolgsfaktoren. Schließlich bleibt anzumerken, dass die Umstellung auf eine integrierte Rechnungslegung keine unüberwindbare Hürde ist – wie ja zahlreiche erfolgreiche Praxisbeispiele zeigen. Herr Dr. Hebeler, wir danken Ihnen für das Gespräch!
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Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS
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C
Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS 177
Die Controllerarbeit wird im House of Controlling in die originären oder Kern-Aktionsfelder der Controller, d. h. Planung, Berichtswesen und Performance-Messung, sowie in die derivativen Aktionsfelder Gestaltung der Vorsysteme und Organisation des Controllerbereichs unterteilt. Im Folgenden werden aufbauend auf dieser Systematik die zentralen Anpassungs- und Erweiterungsbedarfe zusammengefasst, die aus der IFRS-Rechnungslegung sowohl aufgrund des Management Approach als auch im Kontext einer integrierten Rechnungslegung entstehen. Dabei zeigt sich, dass die Controllerarbeit unter IFRS anspruchsvoller und komplexer wird, dass aber gleichzeitig eine Vielzahl von Chancen zur Verbesserung der Controllingeffizienz und -effektivität wahrge178 nommen werden können .
3.1
Planung
Im Rahmen des Management Approach greifen die IFRS vor allem auf die mittelfristige Finanz- und Ergebnisplanung zurück – sowohl um Fair Values zu bestimmen, z. B. bei der Anwendung von IAS 36, aber auch um die Werthaltigkeit aktiver latenter Steuerpositionen gemäß IAS 12 zu überprüfen. Daneben spielt auch die Projektplanung eine wichtige Rolle, wenn es z. B. um Langfristfertigung (IAS 11) oder die Aktivierung von Entwicklungskosten (IAS 38) geht. Die IFRS setzen damit einen Impuls für die Gestaltung der Mittelfristplanung, die nicht mehr nur den Charakter einer bloßen „Pflichtübung“ haben darf. Dies ist auch aus betriebswirtschaftlicher Perspektive begrüßenswert, da die Mittelfristplanung ein wichtiges Bindeglied zwischen der strategischen Ausrichtung des Unternehmens und der operativen Maßnahmenumsetzung innerhalb der Budgetierung ist.
177 178
Vgl. ausführlich Kapitel A 2.3. Vgl. hierzu auch IGC/Weißenberger, Controller und IFRS, 2006, S. 38-44 und 56-60.
227
Ausbau von Reportingin strumenten
C
Controllerarbeit unter IFRS
Die Mittelfristplanung muss zudem in aller Regel bezüglich der Planungsobjekte und -ebenen erweitert werden, um den in den IFRS formulierten Anforderungen z. B. an die geplanten Cashflows für den Impairment-Test gemäß IAS 36 zu genügen. Anstöße für die Projektplanung
Auch für den Ausbau der Projektplanung, z. B. im Anlagenbau oder im F&E-Bereich, liefern die IFRS wichtige Impulse. Dies gilt sogar für die freiwillige Publizität innerhalb eines zukunftsorientierten Value Reporting, wenn z. B. der Abschlussprüfer im Rahmen der prüferischen Durchsicht die Größen des Value Reporting mit den internen 179 Planungssystemen plausibilisiert . Auch die integrierte Rechnungslegung auf IFRS-Basis verlangt Veränderungen in den Planungssystemen. Insbesondere im Rahmen einer wertorientierten Steuerung müssen nicht nur Stromgrößen, sondern auch Bestandsgrößen geplant werden; es ist also auch eine mittelfristige Bilanzplanung erforderlich. Wird die integrierte Rechnungslegung wie hier vorgeschlagen nur partiell, d. h. auf den Top-Management-Ebenen realisiert, sind die erforderlichen Veränderungen der Planungssysteme allerdings mit beschränkt hohem Aufwand realisierbar.
Verschlankung von Planungs prozessen
Die erforderlichen Anpassungen der Planung unter IFRS können dazu genutzt werden, bestehende Routinen zu entschlacken. So ist beispielsweise denkbar, dass eine Reduktion der Planungsobjekte vorgenommen wird, indem z. B. verstärkt Globalbudgets geplant werden, oder dass unterjährig vermehrt mit – ggf. benchmarkorientierten – Forecast-Größen gearbeitet wird. Auch die Forecast-Größen müssen dann aber auf IFRS-Basis bereitgestellt werden.
3.2 Ausbau von Reportingin strumenten
Berichtswesen
Das Berichtswesen muss im Rahmen des Management Approach die erforderlichen Ist-Größen und Informationsstrukturen bereitstellen, um die im IFRS-Abschluss angestrebte betriebswirtschaftliche Perspektive auf das Unternehmen zu realisieren. Dies betrifft nicht nur die Segmentberichterstattung, sondern auch z. B. Ist-Informationen aus dem Projektreporting für Zwecke von IAS 11 oder IAS 38. Auch 179
Vgl. Hayn/Matena, Prüfung des Value Reporting durch den Abschlussprüfer, in: ZP, 2005, S. 425-449.
228
Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS
C
hieraus resultieren Anstöße für den Controllerbereich, bestehende Defizite und Lücken im Controllinginstrumentarium abzubauen. Das Gleiche gilt für den Ausbau von Systemen des Risikocontrollings. Im Rahmen einer partiellen Integration der Rechnungslegung sind die relevanten Überleitungspositionen zwischen externem und internem Reporting durch Überleitungsrechnungen quantitativ zu fundieren und zu erläutern. Der Übergang von der internen zur externen Ergebnisrechnung muss transparent gehalten werden, um eine effektive interne wie externe Kommunikation zu gewährleisten. Bei der Übernahme von Fair Values aus der IFRS-Bilanzierung können neue Berichtselemente entstehen, wenn es nämlich als betriebswirtschaftliche Aufgabe des Managements angesehen wird, bestimmte bedeutende Fair-Value-Positionen, wie z. B. den Goodwill aus Unternehmenserwerb, explizit zu steuern. Eine Ausweitung der Berichtselemente kann ebenfalls aus der parallelen Bereithaltung pagatorischer Wertansätze resultieren. Achtung: Ein IFRSbasiertes GoodwillImpairment kann nicht unmittelbar, d. h. ohne Über leitung oder Anpassung, für Controllingzwecke verwendet werden. Da bei der Er mittlung des Impairment nach IAS 36 bestimmte Faktoren, die den Kaufpreis und damit auch die Höhe des derivativen Goodwills eines Akquisitionsobjekts mit be einflussen, nicht berücksichtigt werden dürfen (z. B. noch nicht angestoßene, a ber geplante Erweiterungs oder Restrukturierungsmaßnahmen), kann es in den Folgeperioden zu einem Impairment kommen, obwohl der derivative Goodwill aus 180 betriebswirtschaftlicher Perspektive nicht abgenommen hat . Das Goodwill Controlling muss derartige Effekte für Steuerungszwecke in Nebenrechnungen auffangen.
Gerade in der Phase der Umstellung der internen Ergebnisrechnung auf eine IFRS-basierte integrierte Rechnungslegung entsteht ein erhöhter Analyse- und Kommentierungsbedarf durch den Controller. Dies ist innerhalb der Organisation des Controllerbereichs durch die Einplanung entsprechender Ressourcen zu berücksichtigen. Langfristig ist allerdings zu erwarten, dass sich durch einheitliche Berichtsgrößen bzw. -wege in den oberen Managementebenen der Über180
Vgl. ausführlich Trützschler/David/Strauch/Tomaszewski, Unternehmensbewertung und Rechnungslegung von Akquisitionen, in: ZP, 2005, S. 383-406, hier S. 404, sowie Kapitel D 6.
229
Entstehung neuer Berichts elemente
C
Controllerarbeit unter IFRS
leitungs- und Erklärungsaufwand insgesamt reduziert und durch die übereinstimmende interne und externe Kommunikation von Ergebnisgrößen eine höhere Controllingeffizienz in der Zusammenarbeit mit dem Management erreicht wird – vgl. hierzu auch die untenste181 hende Übersicht . Vorteile integrierter Berichtssysteme • Aktualität der Berichte steigt durch Effizienzsteigerungen sowohl in den Vorsystemen als auch in den Reportingprozessen • Standardisierung von Berichten erleichtert das Verständnis und den schnel len Blick auf die wesentlichen Aussagen Einheitliche Datenbasis führt zur Qualitätssicherung und zur Vermeidung von Diskussionen über mögliche Fehler in den Berichten
3.3
PerformanceMessung
Für Zwecke der Performance-Messung werden auf Top-Managementbzw. Segmentebene vielfach wertorientierte (Segment-)Ergebnisse wie z. B. ein (Segment-)Wertbeitrag auf Basis des EVA- oder CVAKonzepts verwendet. Werden solche Größen von IFRS-Bilanzierern freiwillig berichtet, fordern Investoren vielfach eine Überleitung dieser Erfolgsmaße zu den publizierten Größen des zu Grunde liegenden IFRS-Abschlusses. Von Seiten des Controllerbereichs müssen deshalb diese Erfolgsmaße einschließlich der jeweiligen Ermittlungslogik an die Bilanzierung weitergegeben werden. Management Approach im Kontext der freiwilligen Publizität
In diesem Zusammenhang können sich vor dem Hintergrund des Management Approach Rückwirkungen auf die Arbeit des Controllers bei der Entwicklung entsprechender wertorientierter Erfolgsmaße ergeben. So wird vielfach von Finanzinvestoren eine möglichst einfache Brückenrechnung von Größen der Finanzberichterstattung auf die wertorientierten Erfolgsmaße gewünscht, was den intern an sich vorhandenen Gestaltungsspielraum dieser Performance-Maße einschränken kann. Dies ist insoweit problematisch, als aus Controllersicht ggf. eine Abweichung von IFRS-Positionen aus Anreizgesichtspunkten für die Performance-Messung wünschenswert ist.
181
Vgl. Fleischer, Rolle des Controllings im Spannungsfeld internes und externes Reporting, in: Horváth (Hrsg.), Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse wirkungsvoll steuern, 2005, S. 189-200, hier S. 192.
230
Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS
Dies betrifft z. B. Fair-Value-Schwankungen, die keinerlei Rückschluss auf die Managementleistung zulassen. Sowohl strukturell als auch inhaltlich ist es im Lichte des Controllability-Prinzips wenig sinnvoll, nachgelagerte Managementebenen maßgeblich auf Basis von Fair Values zu beurteilen.
C Eingeschränkte Relevanz von Fair Values für Incentivie rungszwecke
Ein weiteres Problem der IFRS-basierten Performance-Messung ist die im Vergleich zum deutschen HGB abweichende Erfolgsperiodisierung. Dies kann bereits den einfachen Fall der Vertriebssteuerung durch die abweichenden Vorschriften zur Umsatzrealisation gemäß IAS 18 betreffen. Auch hierdurch steigt der an die Controller gerichtete Kommentierungs- und Erläuterungsbedarf. Nur wenn das dezentrale Management die Auswirkungen der eigenen Handlungen auf die eingesetzten Erfolgskennzahlen antizipieren kann, wird der gewünschte Handlungsanreiz auch gesetzt.
3.4
Gestaltung der Vorsysteme
Da die Umstellung auf die IFRS-Rechnungslegung häufig auch mit einer Beschleunigung des externen Reportings (Fast Close) verbunden ist, werden vergleichbare Anforderungen auch an die internen Vorsysteme gestellt, auf die das Controlling zurückgreift. Die im Rahmen des Management Approach durch das Controlling erforderlichen Informationen aus Planung, Berichtswesen und Performance Measurement sind entsprechend zeitnah bereitzustellen. Dies gilt nicht nur für die Jahresberichterstattung. Bei börsennotierten Gesellschaften, die in bestimmten Marktsegmenten verpflichtet sind, Quartalsberichte zu erstellen, ist dies z. B. im Drei-Monats-Rhythmus der Fall. Achtung: Ein Sonderfall sind IFRSBilanzierer, die gleichzeitig an einer USamerikanischen Börse gelistet sind. Deren Controllerbereich hat bei der Gestaltung der internen Vorsysteme die Anforderungen des SarbanesOxleyAct (SOX) zu beachten, wenn im Rahmen des Management Approach Informationen für die der USamerik anischen Börsenaufsicht SEC vorgelegten Abschlüsse hergeleitet werden. Der SarbanesOxleyAct bzw. die darauf aufbauend von der SEC erlassenen Aus führungsregelungen stellen u. a. in Section 404 umfangreiche Anforderungen an interne Kontrollen und Dokumentationen der Prozesse zur Erstellung der Finanz berichterstattung. Damit soll sichergestellt werden, dass die Publikation fehler
231
Zeitnahe Infor mationsbe reitstellung als zentrale Anfor derung
C
Controllerarbeit unter IFRS
hafter oder unvollständiger Informationen in der Finanzberichterstattung verhin 182 dert wird . Optimierung von IT Komponenten innerhalb der Vorsysteme
Ein Fokus im Rahmen der Gestaltung der Vorsysteme liegt auf der Optimierung von IT-Komponenten und der damit verbundenen Reorganisation interner Transaktionsprozesse. Dabei geht es nicht nur um die Herleitung von steuerungsrelevanten Controllinginformationen aus einer IFRS-Datenbasis, sondern auch um die optimale Unterstützung des Management Approach. Controller müssen in diesem Zusammenhang dafür Sorge tragen, dass sie gegenüber den unternehmensinternen IT-Abteilungen insoweit sprachfähig sind, dass sie die controllingseitigen Anforderungen an die eingesetzten Vorsysteme klar kommunizieren können. Tipp Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist XBRL, d. h. „extensible Busi ness Reporting Language“. XBRL bezeichnet einen kostenlosen und offenen elekt ronischen Standard, mit dem finanzielle und nichtfinanzielle Unternehmensin formationen, also z. B. Jahresabschlüsse von Unternehmen, abgebildet werden können. Basierend auf dem Internetstandard XML hebt XBRL als Schnittstelle für den Austausch von Unternehmensinformationen Software und Systemgrenzen auf. Damit wird der Austausch, die WebPublizität und die Interpretation von Un ternehmensdaten mit standardisierten Instrumenten wesentlich erleichtert. XBRL entstammt einer branchenübergreifenden Initiative, in der zahlreiche natio nale und internationale Unternehmen organisiert sind. Weitere Informationen finden sich auf der Website www.xbrl.de.
Effizienzvorteile durch Shared Services
Effizienzvorteile in den Vorsystemen des Controllings ergeben sich auch in der übergreifenden Standardisierung von buchhalterischen Prozessen und ggf. einer Bündelung in Shared Service Centern bzw. möglicherweise sogar dem Outsourcing einzelner Vorsysteme an externe Dienstleister.
3.5
Organisation des Controllerbereichs
Auf organisatorischer Ebene wird im Controllerbereich unter IFRS zwingend ein Aufbau bzw. die Pflege von IFRS-Knowhow erforderlich. Dabei findet idealerweise ein regelmäßiger Wissensaustausch mit der 182
Vgl. die Stellungnahme des Arbeitskreises „Externe und interne Überwachung der Unternehmung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft, Auswirkungen des Sarbanes-Oxley-Act auf die interne und externe Unternehmensüberwachung, in: BB, 2004, S. 2399-2408.
232
Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS
C
Bilanzierung insbesondere bezogen auf die controllingrelevanten Standards statt. Denkbar ist beispielsweise, dass die zeitaufwändige Beobachtung des Standardsetting-Prozesses vollständig der Bilanzierung übertragen wird, die dann im Drei-Monats-Zyklus z. B. in Form von Kurzreferaten über Neuerungen und zukünftige Entwicklungen berichtet. Knowhow-Träger müssen vor dem Hintergrund des Management Approach alle Controller sein, die mit der Generierung und Kommunikation von IFRS-relevanten Informationen betraut sind, wobei eine inhaltliche Schwerpunktbildung bezüglich einzelner IFRS-Themen, z. B. Impairment, immaterielles Vermögen, in einzelnen Kompetenzteams sinnvoll ist. Dabei ist auch zu prüfen, welche Kompetenzen in dezentralen Controllerbereichen aufgebaut werden müssen bzw. welche Kompetenzen eher zentral vorgehalten werden sollten: So werden z. B. Goodwill-Impairment-Tests gemäß IAS 36 i. d. R. zentral durchgeführt, sodass auch die entsprechenden Knowhow-Träger aus dem zentralen Controllerbereich stammen sollten. Weiterhin müssen durch die verstärkte Zusammenarbeit neue Kommunikationskanäle mit den Aufgabenträgern der IFRS-Finanzberichterstattung institutionalisiert werden. Bei der Zeit- und Ressourcenplanung im Controllerbereich ist die Erstellung, Weitergabe und Erläuterung von IFRS-relevanten Informationen zu berücksichtigen. Adressaten sind nicht mehr nur Manager mit internen Steuerungsaufgaben, sondern auch alle Akteure in den Bereichen Bilanzierung, Investor Relations sowie ggf. externe Wirtschaftsprüfer und Aufsichts- oder Beiräte. Eine abteilungsübergreifende Integration von Controllerbereich und Bilanzierung allein für Zwecke der Bereitstellung von ManagementApproach-Informationen ist nicht zwingend notwendig, aber ein sinn183 voller Schritt : Viele Unternehmen gehen verstärkt dazu über, die betrieblichen Finanzfunktionen, hier insbesondere Bilanzierung und 184 Controlling, in einem Vorstandsressort zu bündeln . Grundsätzlich gilt, dass durch die wachsende Dynamik und Komplexität der IFRS ein professionelles Informationsmanagement in Controlling und Bilanzie183
Vgl. hierzu bereits Bruns, Harmonisierung des externen und internen Rechnungswesens auf Basis internationaler Bilanzierungsvorschriften, in: Küting/Langenbucher (Hrsg.), Internationale Rechnungslegung, Stuttgart, 1999, S. 585-604, hier S. 601, der in diesem Zusammenhang vom ganzheitlichen „Business Advisor“ spricht. 184 Vgl. hierzu die Beispiele in Kapitel A 3.2.
233
Verankerung von IFRS Knowhow im Controlling
C
Controllerarbeit unter IFRS
rung, das auf einer gemeinsamen Datenbasis aufsetzt, wesentlich zur 185 Effizienz und Effektivität der Finanzfunktionen beiträgt : Professionelles • Informations management in den Finanzfunk tionen erforder lich
•
185
Zum einen ist die Bilanzierung sehr viel stärker als bisher gefordert, Fachkompetenzen zum Verständnis der operativen Entwicklung im Unternehmen aufzubauen und die betriebswirtschaftlichen Hintergründe der Finanzberichte zu verstehen. Aussagen wie „unser operativer Cashflow ist gesunken, weil sich unser Net Working Capital erhöht hat“, reichen nicht mehr aus und werden von externen Analysten kritisch nach den Ursachen hinterfragt. Die Bilanzierung muss hier in der betriebswirtschaftlichen Interpretation der IFRS-Abschlüsse sprachfähig sein und wird damit unmittelbar auch Adressat der Berichte, die das Controlling für interne Steuerungszwecke erstellt. Gleichzeitig liefert die Bilanzierung die Datenbasis für die interne Unternehmenssteuerung und muss deshalb antizipieren können, welche Sachverhalte für Zwecke der Unternehmenssteuerung gesondert zu beachten und dem Controllerbereich als Informationsgrundlage für interne Auswertungen weitergegeben werden muss. Der Controllerbereich muss dementsprechend Fachkompetenzen zum Verständnis der IFRS-Rechnungslegung aufbauen. Er benötigt dies nicht nur, um die umfangreiche Verwendung von Controllinginformationen aus Planung, Berichtswesen, PerformanceMessung, Projekt- und Risikocontrolling heraus adäquat zu fundieren. Der Management Approach bedeutet an dieser Stelle auch, dass der Controllerbereich in der Lage sein muss, die entsprechenden Dokumentationsanforderungen zu erfüllen, die im Zuge externer Corporate-Governance-Vorschriften – als Beispiel sei hier noch einmal der Sarbanes-Oxley-Act (SOX) angefügt – zunehmend relevant werden. Weiterhin müssen Controller die Einflüsse der IFRS auf die betriebswirtschaftlichen Steuerungskennzahlen im Detail antizipieren können, denn nur so ist eine controllinggerechte Definition und Interpretation dieser Kennzahlen im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung möglich.
Vgl. Haeger, Harmonisierung von Rechnungswesen und Controlling bei E.ON, in: Wagenhofer (Hrsg.), IFRS-Rechnungslegung und Controlling, 2006, S. 243-266, hier S. 258 ff.
234
Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS
Um den Aufbau dieser wechselseitigen Fachkompetenzen sicherzustellen, ist insbesondere im Controllerbereich im Rahmen der Personalentwicklung auf einen stärkeren Austausch mit der Bilanzierung zu achten. In die typische Ausbildung von Controllern sollten verstärkt grundlegende Kenntnisse aus der externen Rechnungslegung integriert werden, z. B. durch „Ausbildungsstationen“ in diesem Bereich. Diese Maßnahme allein reicht jedoch nicht aus. Regelmäßige Treffen, z. B. monatliche Berichtsdurchsprachen oder quartalsweiser Austausch über Sondersachverhalte, sind ein weiterer wichtiger Aspekt in der Zusammenarbeit von Controllerbereich und Bilanzierung.
3.6
Fazit: Leistungssteigerung von Controlling und Finanzprozessen unter IFRS
Die IFRS implizieren – dies haben die vorangegangenen Ausführungen gezeigt – umfangreiche Anpassungs- und Erweiterungsbedarfe in allen Aktionsfeldern des Controllerbereichs. Gleichzeitig bieten sie aber auch eine Chance, die Controllerarbeit effizienter zu gestalten. Als „Lean Business Partners“ können sich Controller so als ManagementDienstleister mit einem eigenständigen strategischen Beitrag positionieren. Dies ist auch die Kernaussage des folgenden Gesprächs mit Dr. Bernd Gaiser, Sprecher des Vorstands der Horváth AG, Stuttgart.
Mehr Leistung im Controlling unter IFRS: Lessons Learned – Gespräch mit Dr. Bernd Gaiser, Horváth & Partners Bernd Gaiser ist seit 2001 Vorstandssprecher der Horváth AG mit Sitz in Stuttgart, der Holdinggesellschaft der Unternehmensberatung Horváth & Partners. Bernd Gaiser war Gastwissenschaftler an der Harvard Business School in Boston (USA) im Jahr 1996 und ist seit mehreren Jahren als Lehrbeauftragter an den Universitäten Hohenheim und Klagenfurt. Daneben ist er Autor von über 40 Fachveröffentlichungen. Herr Dr. Gaiser, in den USA macht das Schlagwort „Re-inventing the CFO“ die Runde. Worin sehen Sie die aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Controlling und Finanzen?
235
C Institutionali sierter Aus tausch zwi schen Control lerbereich und Bilanzierung unverzichtbar
C
Controllerarbeit unter IFRS
In der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts übernahmen kaufmännische Geschäftsführer und Finanzvorstände neben ihren klassischen Aufgaben oft die Rolle des Treibers bei Kostensenkungsprogrammen ressourcenintensiver Bereiche. Seit rund 2 Jahren ist eine neue Phase angebrochen. Nachdem die CFOs von anderen Effizienzsteigerung und Wertbeitrag eingefordert haben, stehen sie nun selbst dieser Forderung gegenüber. „Rationalisiert die Rationalisierer“ oder „Industrialisiert Controlling und Accounting durch Standards und Automation“ fordern immer mehr geschäftsnahe Bereiche. Und auch die CFOs nehmen Ineffizienzen im eigenen Bereich wahr. Fokussierung auf Effizienz reicht nicht aus
Aber Achtung: Pures Effizienz-Holzhacken wäre schädlich. Zu den aktuellen CFO-Herausforderungen gehört auch eine effektivere Arbeit mit verbesserter Qualität und erweitertem Leistungsspektrum. Das heißt, der CFO muss auch einen eigenständigen strategischen Beitrag leisten? Ja, denn die Unternehmensführung sowie deren Aufsichts- und Beiräte sehen den CFO immer mehr als den Kopiloten für den CEO, der die entscheidungsrelevanten Informationen zur Verfügung stellt, ein integriertes Steuerungssystem von der Strategieplanung über die Budgets, das Reporting bis zu den Incentive-Systemen auf die Beine stellt und am Laufen hält, sowie mit modernen Finanzierungskonzepten Investitionsspielräume schafft. Als Berater des Managements soll der CFO mit seiner Mannschaft über reine Abweichungsanalysen hinaus den operativen Einheiten auch Maßnahmenempfehlungen geben und den Umsetzungsfortschritt verfolgen. Wie kann der CFO die Controlling- und Finanzprozesse neu und leistungsfähiger gestalten, um diese Herausforderungen auch umzusetzen? Unsere Erfahrung bei einer Transformation des Finanz- und Controllingbereichs hat gezeigt, dass zunächst die Prozesse nach drei Funktionen unterschieden werden sollten. Dienen die Prozesse der übergeordneten Gesamtunternehmensführung, so z. B. die Wahrnehmung von Governance-Aufgaben oder die Ausübung von Anteilsrechten bei Tochtergesellschaften, sind sie in der Regel in der Zentrale angesiedelt. Sie gehören quasi zum Pflichtrepertoire und werden bei Transformationen kaum infrage gestellt. Des Weiteren unterscheiden wir zwischen wertsteigernden Prozessen und Transaktionsprozessen. Die wertsteigernden Prozesse sorgen für den eigentlichen Business Impact des
236
Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS
CFO-Bereichs für die operativen Einheiten. Dazu gehört z. B. die Beratung bei Investitionsentscheidungen, die kennzahlengestützte Beurteilung der Innovationsfähigkeit, etc. Spezielles Knowhow, das meist in jeder operativen Einheit unterschiedlich ist, wird dazu benötigt. Daher sind viele dieser Prozesse den Geschäftsbereichen zugeordnet. In den wertsteigernden Prozessen entsteht der Output des CFO-Bereichs, der aufgrund der Tatsache, dass dort alle zahIengestützten Informationen des Unternehmens zusammenlaufen, als „Unique Selling Proposition“ erwartet wird. Die Effektivitätsverbesserung steht bei diesen Prozessen meist im Vordergrund.
C
Wertsteigernde Prozesse im CFOBereich
Das heißt, Effizienzverbesserungen stehen dann bei der dritten Kategorie der Transaktionsprozesse auf der Agenda? Richtig – Transaktionsprozesse sind unterstützende Prozesse, mit denen das Unternehmen im Unterschied zu den wertsteigernden Prozessen keine Differenzierung im Wettbewerb erreichen kann. Dazu gehört z. B. die Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung, die Reisekostenabwicklung etc. Da diese Prozesse nicht geschäftsbereichsspezifisch sind, können Economies of Scale durch Zentralisierung z. B. in Shared Service Units, durch Verlagerung oder durch ein Outsourcing erreicht werden. Auf der Basis dieser grundsätzlichen Unterscheidung in drei Prozesskategorien werden die Controlling- und Finanzprodukte und das spezifische Prozessmodell definiert, und Prozessqualität, durchlaufzeiten und -kosten werden analysiert. Dann werden diese in Bezug zu Benchmarks und zu den zukünftigen Erwartungen aus den strategischen Unternehmenszielen gesetzt. Schließlich entstehen unternehmensspezifische Optimierungsmaßnahmen, die vom Feintuning der IT-Lösung bis zum Outsourcing und Offshoring reichen können. Widerspricht die Auslagerung von Prozessen in Shared Service Units oder gar das Outsourcing nicht dem Bild des Controllers als Navigator oder Management-Dienstleister? In der Tat ist der Controller in den meisten Fällen nicht ausreichend Management-Dienstleister. Ein Indikator dafür ist, dass die Controller immer noch rund zwei Drittel ihrer Zeit für die klassische Datenaufbereitung verwenden – eine Erkenntnis aus dem seit drei Jahren laufenden CFO-Panel von Horváth & Partners mit rund 200 Unternehmen. Allerdings sind Shared Service Center oder das Outsourcing bei richti-
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Controller ver wenden zu viel Zeit für Daten aufbereitung
C
Controllerarbeit unter IFRS
ger Dosierung nicht das Problem für mangelnde Dienstleistung, sondern sie können ein Teil der Lösung sein. Shared Service Center und Outsourcing kommen primär für die vorhin beschriebenen Transaktionsaktivitäten infrage. Es sind stark standardisierbare, nicht wettbewerbsrelevante Controlling- und insbesondere Accounting-Prozesse mit hohem Transaktionsvolumen und geringer externer Kundenorientierung. Werden Effizienzgewinne in diesen Prozessen erzeugt, kann der Controller mehr Kapazität für seine Beraterrolle aufbringen. Welche konkreten Umsetzungsempfehlungen resultieren aus diesen Überlegungen? Nun – eine Stufe detaillierter heißt das: Der isolierte Blick auf die Aufgabenbündelung von einzelnen Controlling- und AccountingProzessen wie z. B. die Kostenrechung wäre zu eng, da eine wirksame Navigatorenrolle des Controllers erst über das Zusammenspiel mehrerer Prozesse entsteht. Shared Service Center
Ein Beispiel ist das im Moment vor allem in größeren, dezentralisierten Unternehmen diskutierte Konzept der organisatorischen Trennung zwischen einem zentralen Accounting, einem Service Center Reporting und einem dezentralen Controlling. Neu ist die Bündelung von einzelnen Accounting- und Controllingprozessen im Service Center Reporting. Dort werden Aktivitäten organisatorisch zusammengeführt, die bei dezentraler Wahrnehmung die meisten Ressourcen binden und kaum Kernprozesse der Beratung der Business Units zulassen. Konkret übernimmt das Service Center Reporting die Verifizierung und Plausibilitätsprüfung der durch das Accounting übermittelten Daten, die Aufbereitung der Daten in Standard Reports sowie die Beantwortung von Ad-hoc-Anfragen. Das Accounting verantwortet in der Prozesskette vor allem die Erfassung der Geschäftsvorgänge im ITSystem. Das Controlling, i. d. R. dezentral business-nah in den Geschäftsbereichen angesiedelt, konzentriert sich auf die Analyse und Aufbereitung der Daten für das Management und berät das Management bei strategischen und operativen Entscheidungen. In diesem Zusammenhang spielt sicherlich auch die Integration von interner und externer Rechnungslegung eine wichtige Rolle. Wo liegen hier die wichtigsten Hebel zur Leistungsverbesserung des CFOs?
238
Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS
Die Integration der Rechnungslegung ist heute ein sehr wesentlicher Faktor bei der Effektivitäts- und Effizienzverbesserung des Finanzund Rechnungswesens. Harmonisierte Rechnungswesenstrukturen und -prozesse vereinfachen das interne Steuerungssystem incl. der Konzern- und Beteiligungssteuerung, steigern die Effizienz in den Reportingprozessen, unterstützen das wertorientierte Management, verbessern die Kommunikation nach innen und außen und bieten neue Möglichkeiten unternehmensweiter und internationaler Performance-Vergleiche.
C Leistungsver besserung durch Integrati on
Viele Unternehmen in Deutschland haben die externe Rechnungslegung bereits auf IFRS umgestellt oder planen dies für die nächsten Jahre. Dadurch ergeben sich umfassende Änderungen auch für das Controlling. Sehen Sie die IFRS eher als Bremsklotz oder als Chance für erfolgreiche Controllerarbeit? Die IFRS sind für den Controller eher eine Chance als ein Bremsklotz. Im Übrigen: An IFRS führt nichts vorbei, bedenke man, dass Experten wie das renommierte Institut der Wirtschaftsprüfer meinen, dass in 10 Jahren alle deutschen Unternehmen IFRS anwenden und die Rechnungslegungsvorschriften nach HGB keine Rolle mehr spielen. Sicher ist diese Umstellung mit einem gewissen Aufwand und einer Umgewöhnungsphase verbunden. Aber gerade die zentrale Neuerung, für die Kosten- und Leistungsrechnung und die externe Rechnungslegung ein integriertes Rechnungswesen anzuwenden, machen die Umstellung auf die internationale Rechnungslegung eher zu einer Chance als zu einem Bremsklotz. Statt komplexer Überleitungsrechnungen, die vorher nötig waren und die ohnehin kaum jemand verstanden hat, ist es nun möglich, einheitliche Kenngrößen intern und extern zu verwenden, die auch zur Entscheidungsunterstützung für das Management herangezogen werden können. Die IFRS greifen an vielen Stellen auf Plandaten zurück – so z. B. beim Impairment-Test nach IAS 36. Besteht für Controller trotzdem die Chance, ihre Planungssysteme schlanker auszurichten? Die Weiterentwicklung der Planungssysteme ist neben der Harmonisierung des Rechnungswesens das Top-Thema der Controller seit rund zwei Jahren und es wird sie auch noch in der nahen Zukunft stark beschäftigen. Direkt zu Ihrer Frage, die notwendigen Verbesse-
239
Integration als Umstellungs motiv
C
Kritik an beste henden Pla nungssystemen
Controllerarbeit unter IFRS
rungen im Planungssystem sind weitestgehend unabhängig von der IFRS-Rechnungslegung. Anforderungen von dieser Seite sind am Rande mitzuerfüllen. Die teils heftige Kritik am Planungsprozess in vielen Unternehmen adressiert vor allem die operative Planung und Budgetierung und gipfelt in plakativen Aussagen wie z. B. „Planung ist zu einem jährlichen Ritual verkommen – etwas für Bürokraten!“ Bei sorgfältigerer Betrachtung geht es hauptsächlich um die folgenden Probleme. Die herkömmliche operative Planung und Budgetierung ist schnell veraltet. Die Budgets werden von der Wirklichkeit immer wieder überholt. Im Weiteren ist die operative Planung von der Unternehmensstrategie entkoppelt. Statt das Verhalten auf mittelfristige strategische Ziele auszurichten, schaut jeder in der Organisation auf die Budgeterreichung zum letzten Monat des Geschäftsjahres. Genau so, als ob die Organisation an diesem Tag aufhören würde zu existieren. Eine weitere häufig zu hörende Kritik beschreibt die Jahresplanung als einen nutzlosen Verhandlungsschaukampf. Gemeint ist, dass mit Ausnahme der Shareholder alle versuchen, die Ziele flach zu halten, um bei einer Übererfüllung einen höheren Bonus zu bekommen. Maßvolles Übererfüllen milder Ziele gilt als der Königsweg für den Einzelnen – nicht für das Unternehmen. Ein durchaus verständliches Verhaltensmuster, wenn die Anreizsysteme mit den Budgets gekoppelt sind. Und zu guter Letzt lautet der Vorwurf, die operative Planung und Budgetierung binde zu viele Ressourcen. Wie sollten CFOs und Controller als oberste Planungsmanager mit dieser Kritik umgehen? In Unternehmen mit hocheffektiven Planungssystemen hat sich ein Set an Ansätzen durchgesetzt. Dazu gehört
Ansätze zu einer effektive ren Planung
•
• • •
die stärkere Kopplung der strategischen mit der operativen Planung in einem Top-down-Ansatz, vielfach mithilfe der Balanced Scorecard, die Einführung einer rollierenden Planung in dynamischem Marktumfeld, die Entfeinerung der Planung und Reduzierung der Planungstiefe; die Nutzung neuester IT-Möglichkeiten, aber auch die Einführung wachstumsorientierter Anreizsysteme.
240
Veränderungen im House of Controlling durch die IFRS
Sie sehen, all dies sind Möglichkeiten, mit denen sich unabhängig oder sogar trotz der IFRS-Rechnungslegung die erforderlichen Leistungssteigerungen in den Controlling- und Finanzprozessen auch auf der Ebene der Planung erreichen lassen. Herr Dr. Gaiser, wir danken Ihnen für das Gespräch!
241
C
C
Controllerarbeit unter IFRS
4
Praxiserfahrungen: Controller Excellence unter IFRS
Die bisher vorgestellten Überlegungen zum Thema „Controllerarbeit unter IFRS“ haben Ihnen an verschiedenen Stellen Einblick in die Praxis des Controllings bei IFRS-Bilanzierern ermöglicht. In diesem Kapitel möchten wir Ihnen ausgewählte Ergebnisse aus einer Befragung vorstellen, die in 2006 in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Controller-Institut (ÖCI) bei österreichischen IFRS-Anwendern 186 durchgeführt wurde . Ziel und Design der Studie
Zielsetzung dieser Befragung mit dem Titel „Controller Excellence unter IFRS in Österreich“ war es, neben dem State-of-the-Art der Controllerarbeit unter IFRS die Zusammenarbeit von Controllern, Managern und Bilanzierern zu untersuchen, um die Selbsteinschätzung der Controller durch eine Fremdeinschätzung zu ergänzen. Alle 159 bekannten österreichischen IFRS-Anwender (Stand: Sommer 2006) wurden dazu mit einem standardisierten Fragebogen angeschrieben. In 51 Unternehmen nahm ein Vertreter des Controllings an der Befragung teil. In 28 Unternehmen konnte zusätzlich jeweils ein Vertreter des General Managements sowie der Bilanzierung befragt werden (triadisches Studiendesign). Die Ergebnisse lassen damit unmittelbar einen Rückschluss auf die Zusammenarbeit aller drei Gruppen zu.
Mehrjährige IFRSErfahrung der Teilnehmer
Im Ergebnis weisen die untersuchten Unternehmen zunächst mehrheitlich bereits eine mehrjährige IFRS-Erfahrung auf – dies spricht grundsätzlich für die Tragfähigkeit der Ergebnisse. Bei der Umstellung auf IFRS dominierten, wie auch zu erwarten war, kapitalmarktbezogene Motive. Rein steuerungsbezogene Motive, wie z. B. die Integration der Rechnungslegung, spielten eine nachgelagerte, aber durchaus messbare Rolle. Von Seiten der Controller versprach man sich dabei insgesamt mehr Vor- als Nachteile aus der IFRSBilanzierung. Dies ist ein Ergebnis, das im Rückblick auch mehrheitlich bestätigt wurde. 186
Die vollständige Studie kann über das Österreichische Controller-Institut gegen Schutzgebühr bezogen werden (www.oeci.at).
242
Praxiserfahrungen: Controller Excellence unter IFRS
C
Drei Viertel der befragten Unternehmen haben bereits eine Integration der internen und externen Rechnungslegung vorgenommen, wobei 20 % der Unternehmen für die Integration den Zeitpunkt der IFRSUmstellung genutzt haben (vgl. Abbildung 49). Wurde im Zuge der IFRS- Umstellung eine Integration der internen und externen Rechnungslegung vorgenommen? Nein, da die Rechnungslegung bereits vorher integriert war
50%
Ja Nein, die Integration wurde aber seitdem durchgeführt und ist bereits abgeschlossen Nein, die Integration ist aber momentan in der Umsetzungsphase Nein, die Integration ist aber momentan in der Planungsphase Nein, es existieren weiterhin zwei separate Rechenkreise,
20% 6% 8% 6% 10%
Integration abgeschlossen 76%
Integration in Arbeit 14% Integration nicht geplant
Abb. 49: IFRS-Umstellung und Integration der Rechnungslegung Dabei wurde – wie bereits in Kapitel C 2 als effizienter Integrationspfad charakterisiert – mehrheitlich eine partielle Integration der Rechnungslegung, d. h. auf den oberen Hierarchieebenen gewählt. Dies wird auch in Abbildung 50 zur Ergebnisplanung deutlich. Während auf den oberen Hierarchieebenen Planung und Reporting eng mit der IFRS-Datenbasis verzahnt sind, wird in der operativen Produkt- und Prozesssteuerung verstärkt mit eigenständigen internen Rechengrößen gearbeitet.
243
Partielle Integ ration dominiert
Controllerarbeit unter IFRS
88% 12% 0% 52%
Segmentebene
Geschäftsbereichsebene
24% 24% 57% 24% 20% 47%
Profit-Center-Ebene
31% 22% 33%
Produktebene
45% 22%
ra tio ns pf ad
Gesamtunternehmensebene
Ef fiz ie nt er In te g
C
Ergebnisplanung auf Basis einer integrierten Rechnungslegung? ja nein Planungsebene existiert nicht
Abb. 50: Ergebnisplanung: Effizienter Integrationspfad der Rechnungslegung In den untersuchten Unternehmen sind mit überwiegender Mehrheit (76 %) die IFRS als „leading GAAP“ implementiert, d. h. die unterjährige Verbuchung von Geschäftsvorfällen erfolgt auf IFRS-Basis. Nur knapp ein Viertel der Unternehmen verwendet demgegenüber noch die öHGB als Grundlage für die Verbuchungsroutinen. Der in den allermeisten Fällen existierende gemeinsame Kontenrahmen stützt die Qualität und Kosteneffizienz der integrierten Rechnungslegung. Teilweise bestehen allerdings auch hier noch Defizite, so u. a. bei den Formaten der IFRS-Ergebnisrechnung, die – anders als für eine integrierte Rechnungslegung grundsätzlich empfehlenswert – in vielen Fällen noch nach dem Gesamtkostenverfahren gegliedert ist. Controller als betriebswirt schaftlicher Berater
Controller nehmen in den untersuchten Unternehmen derzeit vor allem die Rolle als Methoden- und Systemdienstleister wahr (vgl. Abbildung 51). Zukünftig wird jedoch erwartet, dass der zeitliche Schwerpunkt ihrer Aufgaben in der betriebswirtschaftlichen Beratung des Managements liegen wird. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung noch stärker Freiräume geschaffen werden, indem durch Standardisierung und Automatisierung von Vorsystemen die Aufgaben in der Datenbeschaffung und -prüfung abnehmen.
244
Praxiserfahrungen: Controller Excellence unter IFRS
Unabhängig davon arbeiten Controller – dies geht ebenfalls aus Abbildung 51 hervor – derzeit im Durchschnitt acht Stunden pro Woche in 187 ihrer Rolle als Informationsdienstleister für die Bilanzierung , wobei dieser Wert nach Einschätzung der Controller zukünftig weitgehend konstant bleiben wird. Aufteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Controller-Rollen 38%
Betriebswirtschaftlicher Berater des Managements
52%
Methoden- und Systemdienstleister Informationsdienstleister für die Bilanzierung
45% 32 % 17% 16%
bisher angestrebt
Ca. 8 Std. pro Woche arbeiten Controller als Informationsdienstleister für die Bilanzierer
Abb. 51: Gegenwärtige und zukünftige Bedeutung der Controller-Rollen Ein bedeutendes Ergebnis der Befragung ist die Zufriedenheit des Managements mit der Controllerarbeit, die seit der Integration der Rechnungslegung grundsätzlich gestiegen ist (vgl. Abbildung 52). Wie hat sich seit der Integration der Rechnungslegung die Güte der Zusammenarbeit zwischen Controllern und Management entwickelt? Zusammenarbeit hat 0% sich verschlechtert 3% Zusammenarbeit hat sich verbessert
Zusammenarbeit hat sich nicht verändert
Controller General Manager 24% 47%
76% 50%
Abb. 52: Zusammenarbeit zwischen Controllern und Managern seit der Integration der Rechnungslegung Immerhin fast die Hälfte der antwortenden Manager hat angegeben, dass sich die Zusammenarbeit verbessert hat. Nur in 3,1 % der Fälle hat sich aus Managerperspektive die Zusammenarbeit verschlechtert. Hinterfragt man die Zusammenarbeit im Detail, dann zeigen sich wichtige Erfolgsparameter einer integrierten Rechnungslegung (vgl. Abbildung 53): Monatsberichte werden schneller erstellt und intensi187
Gerechnet auf eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit eines Leiters Controlling von ca. 50 Stunden.
245
C
C
Controllerarbeit unter IFRS
ver genutzt, was sich zwar in einem höheren Kommentierungs- und Erläuterungsbedarf der Monatsberichte äußert, zudem aber auch in einer steigenden Einschätzung der Aussagekraft, die von immerhin drei Vierteln der antwortenden Managern bestätigt wird. Die Integration der Rechnungslegung kann damit als ein wichtiger Schritt zur Realisierung von Controller Excellence charakterisiert werden. Monatsberichte in der integrierten Rechnungslegung Erstellungsdauer gesunken
62%
zu diesem Punkt wurden nur Controller befragt
gestiegen 0% 38%
unverändert Kommentierungsbedarf 28% 27%
gesunken
20%
gestiegen
35% 52%
unverändert
38%
Aussagekraft gesunken
Controller General Manager
4% 0% 58%
gestiegen
unverändert
75% 38% 25%
Abb. 53: Erstellungsdauer, Kommentierungsbedarf und Aussagekraft von Monatsberichten in der integrierten Rechnungslegung Defizite bestehen allerdings noch in der Zusammenarbeit mit den Bilanzierern, die den Controllern – anders als z. B. von Seiten des Managements – noch keine explizite Mitverantwortung für die Finanzberichterstattung zuweisen (vgl. Abbildung 54).
246
Praxiserfahrungen: Controller Excellence unter IFRS
Controller haben grundsätzlich eine Mitverantwortung für die IFRS-Finanzberichterstattung
4,4
C
Controller
3,9 4,4
Bilanzierer General Manager
4,2
Controller nehmen aktiv eine Mitverantwortung für die IFRSFinanzberichterstattung wahr
3,6 4,5 1 2 trifft gar nicht zu
3
4
5 6 trifft voll zu
Abb. 54: Mitverantwortung der Controller für die IFRS-Finanzberichterstattung Dies deutet – ebenso wie innerhalb der Studie beobachteten Friktionen, die z. B. bei der Datenübernahme aus dem Controlling im Rahmen von Impairment-Tests entstehen – auf Kommunikations- und Methodenlücken in der Zusammenarbeit beider Bereiche hin, die für eine verbesserte Controller Excellence unter IFRS abgebaut werden müssen. Mittelfristig erwarten die Controller der untersuchten Unternehmen sowohl eine steigende Bedeutung der IFRS für ihre Aufgaben als auch eine steigende Bedeutung ihrer Aufgaben als Informationsdienstleister im Rahmen der IFRS-Bilanzierung (vgl. Abbildung 55). Relevanz der IFRS für die Controllerarbeit heute
3,6
5
3,6
in den nächsten 3-5 Jahren
4,4 6 hoch
Relevanz der Controllerarbeit für die IFRS
4
3
2
1 gering
4,4 1 gering
2
3
4
5
6 hoch
Abb. 55: IFRS und Controllerarbeit – Gegenwart und Zukunft Allerdings fühlen sich viele Controller aktuell für die damit verbundenen Anforderungen nicht ausreichend vorbereitet – darauf deutet die bei der diesbezüglichen Frage gemessene und vergleichsweise hohe Standardabweichung von 1,1 bei einem Mittelwert von 4,0 der Studienteilnehmer hin (vgl. Abbildung 56).
247
Steigende Bedeutung der IFRS erwartet
C
Controllerarbeit unter IFRS
Vorbereitung für die Controllerarbeit unter IFRS Standardabweichung 1,1 4,0 1 schlecht
2
3
4
5
6 gut
Abb. 56: Vorbereitung für die Controllerarbeit unter IFRS Insgesamt zeigen die Ergebnisse unserer Studie, dass die integrierte Rechnungslegung unter IFRS die Zufriedenheit im Management erhöht. Dieser Effekt ist jedoch kein „Selbstläufer“, sondern muss durch aktive Maßnahmen im Controlling unterstützt werden. Christoph Greving, Partner bei Deloitte Consulting, skizziert in einem Gespräch, worauf es unter dem Stichwort „Financial Leadership“ als Resultat von Controller Excellence hierbei ankommt:
Financial Leadership: Neue Herausforderungen für den CFO – Gespräch mit Christoph Greving, Deloitte Consulting Christoph Greving ist studierter Volkswirt und leitet heute das europäische Center of Excellence for Finance Transformation der Deloitte Consulting GmbH. Vor dieser Tätigkeit war Christoph Greving mehrere Jahre international als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater tätig und u. a. als Leiter Systeme und Methoden für das US-Accounting des DaimlerBenz-Konzerns zuständig. Herr Greving, Financial Leadership ist ein zentrales Thema im Finanz- und Rechnungswesen. Worin sehen Sie hier die Herausforderungen für den CFO? Viele CFOs sehen sich zunehmend Erwartungen ausgesetzt, denen sie mit ihren heutigen Teams und Tools nur schlecht entsprechen können. Ihre Management-Kollegen, aber auch externe Anleger erwarten Beteiligung bei den M&A-Aktivitäten, den mit der Globalisierung anfallenden Auslandsinvestitionen und nicht zuletzt bei der Identifizierung und Bewertung von Wachstumspotenzialen des Geschäfts. Die
248
Praxiserfahrungen: Controller Excellence unter IFRS
Welle von regulatorischen Vorschriften der letzten Jahre – Stichworte sind hier Corporate Governance und Sarbanes-Oxley – sowie die als ausufernd empfundenen Standards der Rechnungslegung haben viel von der Aufmerksamkeit des CFOs auf sich gezogen. Das mag zwar oft unabdingbar gewesen sein, hat aber zu einer Ablenkung von den eigentlichen strategischen Aufgaben geführt. Deswegen besteht heute die größte Herausforderung für den CFO darin, dass er zu einer balancierten Aufgabenerfüllung zurückfindet. Das ist deswegen nicht ganz einfach, weil sein Team vielleicht immer noch auf „Buchhaltung bzw. Compliance pur“ eingestellt ist oder die Management-Kollegen den CFO in einer strategischen Rolle gar nicht sehen. Oft resultiert die Ablenkung des CFOs auch aus der zusätzlichen unternehmensweiten Verantwortung für IT, Personal oder Beschaffung. Das mag wohl schön für sein Image sein, dient aber nicht unbedingt seiner Konzentration auf die Schaffung von Unternehmenswert im Zusammenspiel mit dem Management, vor allem mit dem CEO. Welche Rolle nimmt der CFO dann mittelfristig im Unternehmen ein? Wir haben unter anderem zu dieser Frage im Frühjahr 2006 mit dem CFO Magazine in den USA und Europa eine Studie durchgeführt (Strategy Execution: Financial discipline across the enterprise, Deloitte/CFO Research Services, März 2006). Der CFO muss demnach ganz unterschiedliche Rollen wahrnehmen. Als „Steward“ muss er sich weiterhin mit dem Thema der Einhaltung von regulatorischen Anforderungen und Rechnungslegungsstandards beschäftigen – dies ist die Eintrittskarte für seine Position. Zusätzlich wird er als „Operator“ aber auch darauf einwirken, durch Shared Services, Outsourcing oder Off-Shoring die Effizienz administrativer Prozesse zu erhöhen und die Rollenverteilung der Finanzorganisation zu verändern. Viele CFOs setzen in diesem Zusammenhang bereits auf die höhere Prozess-Sicherheit von zentralisierten und durchorganisierten Buchhaltungs- und Berichtsprozessen. Unsere Studienergebnisse legen aber auch nahe, dass CFOs, die nachhaltig dazu beitragen, den Wert des Unternehmens zu steigern, sich nicht nur länger in ihrer Position halten, sondern auch bessere Karrierechancen haben und öfter in die CEO-Position aufsteigen. Deswegen sollten sich CFOs unbedingt als „Strategist“ an der strategischen Ausrichtung des Unternehmens maßgeblich beteiligen und hier vor allem Aspekte wie die Bewertung von Strategiealternativen, die Finanzierbarkeit und die Übersetzung der Strategie in messbare Finanzziele
249
C
C
Controllerarbeit unter IFRS
bearbeiten. Letztlich muss der CFO dann aber auch ein „Catalyst“ sein, d. h. sich in die Strategieumsetzung einbringen. Unsere Studie zeigt, dass der CFO und sein Team durch vernetztes und kommunikatives Arbeiten mit den operativen Einheiten deutlich zu einer mehr wertorientierten Einstellung und Verhaltensweise im Unternehmen beitragen kann. Ist das Rollenbild des Navigators für die Controllingfunktion des CFOs dann noch angemessen? In der Mehrzahl der Unternehmen ist man eben nicht mehr damit zufrieden, wenn die Finanzfunktion sich mit daran beteiligt, Richtungen aufzuzeigen und dazu einschlägige Informationen liefert („finance navigates“). Vielmehr wird von der Finanzfunktion eine Treiberrolle erwartet, d. h. aktive Beteiligung an der Entwicklung von Strategien, mit denen sich auch externe Erwartungen an die finanzielle Performance und Wertentwicklung eines Unternehmens erfüllen lassen, und konstruktive Unterstützung bei der Umsetzung dieser Ziele im operativen Geschäft („finance drives“). Was bedeuten diese Überlegungen im Sinne von „structure follows strategy“ für die Organisation der Finanzfunktionen? Aus diesem Statement lassen sich auch für die Finanzfunktion erste Organisationskriterien ableiten. Wenn die Finanzfunktion einen Beitrag zur Wertsteigerung leisten will, muss sie sich in den Dienst der Strategieentwicklung und -umsetzung stellen. Dazu hat sie dem Management Informationen, Analysen und Kommentare mit Entscheidungsnutzen bereitzustellen und die Nähe zu den operativen Entscheidungsträgern zu suchen – eben als Business Partner. Dass die Aufgabenerfüllung den Kriterien Effektivität und Effizienz, aber auch Prozess-Sicherheit genügen muss, sollte selbstverständlich sein. Nicht weniger wichtig aber ist heute, dass angesichts zunehmend komplexerer Aufgabenstellungen die Kooperation und Teamarbeit innerhalb der Finanzfunktion und mit den operativen Bereichen institutionalisiert wird. Durch die IFRS wird die Finanzberichterstattung immer komplexer und bindet dementsprechend umfangreiche Ressourcen. Besteht überhaupt noch Spielraum für einen eigenständigen strategischen Beitrag des CFOs? Oder sind die IFRS inzwischen zum Bremsklotz geworden?
250
Praxiserfahrungen: Controller Excellence unter IFRS
Die Klagen über ausufernde Vorschriften und Überregulierung in der – vor allem internationalen – Rechnungslegung sind berechtigt, die Kosten der Berichterstattung sind in den vergangenen Jahren tendenziell gestiegen. Ob hierin gleich ein Bremsklotz für den CFO liegt, glaube ich allerdings nicht. Nach meiner Einschätzung beruhen die meisten IFRS auf anerkannten betriebswirtschaftlichen Grundsätzen, deren Anwendung so mancher Controllinganalyse gut bekommt. Beispielsweise ist die Percentage of Completion-Methode im Controlling des Anlagenbaus unverzichtbar und wird dort auch eingesetzt. Nur lassen sich in der externen Rechnungslegung dann die Gewinne nicht mehr so angenehm aussteuern. Auch hat es vielen Unternehmen nicht geschadet, sich faktenbasiert Gedanken über die Erfolgsaussichten ihrer Entwicklungsprojekte zu machen und ein entsprechendes Controlling-Instrumentarium zu schaffen, mit denen abschließend die zu aktivierenden Entwicklungsaufwendungen nachgehalten werden. Man könnte sicher noch mehr Beispiele finden. Richtig genutzt, führen die IFRS auch intern zu besserer Transparenz und zu mehr Vergleichbarkeit unter sonst zunächst nach lokalen Standards bilanzierenden Tochterunternehmen. In unseren Beratungsprojekten empfehlen wir, auf der Basis der IFRS-Berichterstattung eine einheitliche betriebswirtschaftliche Definitorik im Sinne einer „Common Financial Language“ aufzubauen, die für die Planung, Messung von Erfolg und als Anknüpfungspunkt für die Incentivierung, also für die Unternehmenssteuerung, herangezogen werden kann. Freiräume erarbeiten sich der CFO und sein Team natürlich auch durch die Vereinfachung, Standardisierung und Automatisierung von arbeitsintensiven Finanzprozessen. Sofern der CFO und sein Team diese Gelegenheit nutzen und mit Geschäftsverständnis und Kommunikationsgeschick den operativ Verantwortlichen die richtigen Impulse geben, ergeben sich strategische Spielräume von allein. Insbesondere gilt dies, wenn der CFO wieder als „Mit-Unternehmer“ von seinen Management-Kollegen wahrgenommen wird und zur Gestaltung des Geschäfts hinzugezogen wird. Stichwort „Common Financial Language“ – immer mehr CFOs setzen auf integriertes Reporting. Ist dies mehr als nur eine Modeerscheinung? Eine Modeerscheinung sehe ich in dieser Entwicklung nicht, eher die Folge einer immer stärker an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen orientierten externen Bilanzierung, die in der internen ManagementRechnung ohne die Korrektur von Verzerrungen aus vorsichtigen oder
251
C
C
Controllerarbeit unter IFRS
steuerlich getriebenen Wertansätzen auskommt. Die Informationsund Datenflüsse sind in integrierten Einkreissystemen wesentlich stärker automatisierbar und die Berichterstattung konsistenter, was ein großer Gewinn für all diejenigen ist, die sich regelmäßig mit Abstimmbrücken von internen zu externen Kennzahlen herumschlagen müssen. Ob sich daraus aber gleich eine bessere Unternehmenssteuerung ergibt, ist nicht ausgemacht, weil dazu eine verstärkte Anbindung an das operative Geschäft gehören würde. Durch die integrierte Rechnungslegung verändern sich auch die Management-Cockpits. Was ist zu beachten, damit die richtigen Signale für Wachstum und Performance gesetzt werden? Rechnungslegung wird schnell zum Selbstzweck, wenn man Einsichten und Aussagen nur auf Finanzkennzahlen stützt. Dazu sind diese zu vergangenheitsorientiert. Management-Cockpits zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass auch nicht-finanzielle Kennzahlen, am besten mit Frühwarn-Charakter, aufgenommen werden. Erst über die Diskussion von Ursache-Wirkungs-Beziehungen werden dem Management dann die richtigen Signale für das Performance Management gegeben. So haben wir bei einem Hersteller von Optikerzeugnissen die Verbindung der Anzahl von Reklamationen sowie des Zeitverbrauchs „Production to Outlet“ zum Umsatz in das Cockpit aufgenommen. Ähnliches lässt sich auch auf einer strategischen Ebene in Cockpits etablieren, indem die Verbindung von Wert- bzw. Wachstumshebeln zu Finanzkennzahlen hergestellt wird und regelmäßig darüber berichtet wird. Bei Deloitte haben wir hierzu branchenspezifische Kennzahlenbäume als sog. „Enterprise Value Map“ entwickelt. Entscheidend ist, sich nicht in einer Flut von Kennzahlen zu verzetteln, sondern sich auf die wenigen, wesentlichen Werttreiber zu konzentrieren. Herr Greving, Ihre Ausführungen zeigen, dass der CFO sich neu positionieren muss. Was sind die wichtigsten „Lessons Learned“ für die anstehenden Veränderungsprozesse? Der erste und wichtigste Punkt ist für mich, dass der Erfolg einer Finanzfunktion und eines CFO von einer ausgewogenen Ausübung seiner Aufgaben und Rollen abhängig ist. Wir kennen Fälle, in denen ein neuer CFO sich auf strategische Fragestellungen konzentrierte, anstatt für Planungs- und Berichtssicherheit zu sorgen, was dann zur vorzeitigen Entfernung aus seiner Position führte, da die Börse erneut falsch informiert wurde. 252
Praxiserfahrungen: Controller Excellence unter IFRS
Zweitens habe ich gelernt, dass eine Finanzfunktion „im Silo“ ebenfalls nicht erfolgreich sein kann: Der CFO wird zukünftig als eine seiner ersten Aufgaben die Vernetzung der Finanzfunktion mit dem Geschäft bewirken müssen, was er über Training, Rotation, regelmäßigen Austausch mit den operativ Verantwortlichen usw. erreichen kann. Er selbst fährt – bildlich gesprochen – mit dem CEO auf einem Tandem, auf dem hinteren Sitz zwar, aber falls erfolgreich, mit guten Aussichten mal ans Steuer zu dürfen. Herr Greving, wir danken Ihnen für das Gespräch! (Abgekürzte Fassung, erschienen in Accounting, Heft 11/2006)
253
C
C
Controllerarbeit unter IFRS
5
Ausblick: IFRS als Chance für die Controllerarbeit
In Abschnitt C haben wir Ihnen gezeigt, dass die IFRSRechnungslegung gleichermaßen Herausforderung und Chance für die Controllerarbeit ist. Insbesondere die empirischen Ergebnisse unserer Studie „Controller Excellence unter IFRS in Österreich“ in Zusammenarbeit mit dem ÖCI belegen dies: Welcher Controller wünscht sich nicht einen Manager, der mit den vorgelegten Reports zur Entscheidungsunterstützung zufriedener ist? Nachdem die vorangegangenen Ausführungen sehr grundsätzlich gezeigt haben, wie sich die Controllerarbeit durch den Management Approach und die Integration der Rechnungslegung unter IFRS verändern, stehen in den beiden noch folgenden Kapiteln D und E vor allem Sonderfragen der Umsetzung eines IFRS-basierten Controllings im Vordergrund – in Kapitel D zur wertorientierten Führung und zum Goodwill-Controlling, in Kapitel E zu mittelstandsspezifischen Themen im Kontext der IFRS. Kernaussagen in Abschnitt C Die IFRSFinanzberichterstattung macht an vielen Stellen die Übernahme interner Controllinginformationen in das externe Reporting erforderlich. Dies wird als Management Approach der IFRS bezeichnet. • Bekanntestes Beispiel ist die Segmentberichterstattung, die an das interne Reporting anknüpft; aber auch in anderen Standards wird ein Rückgriff auf die Controllingsysteme gefordert. • Die IFRSRechnungslegung ist zwar kein Auslöser, aber ein wichtiger Treiber für die Integration der Rechnungslegung. • Dabei wird insbesondere für Zwecke der Managementerfolgsrechnung auf die IFRSDatenbasis zurückgegriffen. • Als effizientes Integrationsmuster wird eine partielle Integration vorge schlagen, die einerseits eine transparente Finanzkommunikation im Unter nehmen ermöglicht, andererseits aber auch genügend Spielraum für control lingbezogene Anpassungen erlaubt. • Management Approach und integrierte Rechnungslegung führen zu um fangreichen Anpassungs und Erweiterungsmaßnahmen im House of Cont rolling. • Neben Planung, Berichtswesen und PerformanceMessung dürfen dabei auch die derivativen Aktionsfelder, d. h. die Gestaltung des Controllerbe •
254
Ausblick: IFRS als Chance für die Controllerarbeit
reichs sowie die der Vorsysteme, nicht vernachlässigt werden. Controller können nur dann ihre Rolle als betriebswirtschaftlicher Berater ausbauen, wenn durch die ITtechnische und prozessuale Optimierung der Vorsysteme ebenso wie durch verbesserte organisatorische Strukturen die Aufgaben im Bereich der Methoden und Systemdienstleistung abnehmen. • Erste Praxiserfahrungen zeigen, dass ein erfolgreiches Controlling unter IFRS und damit auch ein eigenständiger strategischer Beitrag des Controllerbe reichs innerhalb der Unternehmensführung realisierbar ist. Die IFRS gelten mithin nicht als Bremsklotz, sondern können als Chance für die Controller arbeit verstanden werden. •
255
C
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Neben dem Bilanzierungsthema „IFRS“ ist die Umsetzung einer wertorientierten Führung eines der zentralen methodischen Themen, das Unternehmen seit Beginn der 90er-Jahre unter dem Stichwort Shareholder Value beschäftigt. Zwar ist heute die Frage nach der „richtigen“ Kennzahl zur Ausrichtung des Unternehmens auf das Shareholder-Value-Ziel immer noch nicht abschließend beantwortet. In der Praxis hat sich aber mit dem Residualgewinn – entweder GuV-basiert als Spielart des „Economic Value Added“ (EVA) oder Cashflow-basiert als „Cash Value Added“ (CVA) – ein Konzept zur Performance-Messung durchgesetzt, das trotz aller methodisch-konzeptionellen Kritik aus der Wissenschaft in vielen Fällen doch angemessene Steuerungsimpulse auf den oberen Führungsebenen setzt. Achtung: Die Begriffe Economic Value Added (EVA) und Cash Value Added (CVA) sind von den sie propagierenden Beratungsgesellschaften Stern Stewart & Co. bzw. Boston Consulting Group geschützte Begriffe. In der Wissenschaft, aber auch in der Un ternehmenspraxis werden beide Bezeichnungen jedoch inzwischen häufig für ei nen ganzen Typus von Kennzahlen verwendet, die dem geschützten Begriff struk turell ähneln – so, wie sich beispielsweise die Bezeichnung „Tempo“ für Papierta schentücher in Deutschland durchgesetzt hat. Der vorliegende Praxisratgeber folgt dieser weiteren Sichtweise der Begriffe EVA und CVA.
Die konkrete Implementierung solcher Kennzahlen und die damit verbundenen konzeptionellen Fragestellungen beschäftigen die Controllerbereiche gerade vor dem Hintergrund der IFRS-Bilanzierung immer noch sehr stark. Der folgende Abschnitt D behandelt deshalb die Frage, wie ein IFRS-basiertes Controlling im Rahmen einer wertorientierten Unternehmensführung ausgestaltet werden sollte:
257
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS •
•
•
•
Economic Value Added (EVA): Wir zeigen Ihnen, wie sich wertorientierte Performance-Kennzahlen vom Typ „EVA“ aus der IFRS-Datenbasis herleiten lassen und welche methodischen Besonderheiten zu beachten sind. Cash Value Added (CVA): Cashflow-basierte Kennzahlen sind nur scheinbar unabhängig von dem zu Grunde liegenden Rechnungslegungssystem. Informieren Sie sich deshalb auch über die Implementierung von wertorientierten Performance-Kennzahlen vom Typ „CVA“ unter IFRS. Bestimmung der Kapitalkosten: Für die Messung der Wertschaffung ist die Bestimmung der Kapitalkosten ein zentraler Stellhebel – und gleichzeitig ein methodisch kaum zu bewältigendes Problem. Wir präsentieren Ihnen die in der Praxis derzeit vorherrschenden Lösungsansätze für die Ermittlung der Kapitalkosten in aussagekräftigen Wertkennzahlen. Goodwill-Controlling: Wertsteigerung durch Akquisitionen – diese Strategie hat in den vergangenen Jahren zu hohen GoodwillPositionen in vielen Unternehmen geführt, die gerade unter IFRS aktiv gesteuert werden müssen, um die Auswirkungen eines Impairments zu vermeiden. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Gestaltung dieses neuen Aufgabenfelds im Zentralcontrolling unter IFRS.
258
Grundlagen der wertorientierten Führung
1
D
Grundlagen der wertorientierten Führung
Das Schlagwort „Shareholder Value“ ist auch heute noch aus kaum einem Geschäftsbericht großer deutscher Unternehmen mehr wegzudenken. Dies ist Ausdruck für die inzwischen weithin akzeptierte Ausrichtung der gesamten Unternehmensführung auf die Interessen der Eigenkapitalgeber. Deren vorrangiges Ziel besteht in einer Steigerung des Eigenkapitalwerts (Shareholder Value) des Unternehmens und damit in einer nachhaltigen Erzielung von Renditen des betrachteten Investments über, die über die von Alternativanlagen hinausgehen. Wertorientierte Unternehmensführung ist jedoch nicht allein auf börsennotierte Großunternehmen beschränkt. Auch mittelständische Unternehmen aller Branchen können von diesem Konzept profitieren. Das Ziel langfristiger Wertsteigerung des eingesetzten Kapitals statt kurzfristiger Renditeoptimierung des Investments ist seit jeher kennzeichnend für eigentümergeprägtes unternehmerisches Engagement. Und gerade im Mittelstand erfordert die Eigenkapitalknappheit Instrumente, die die Lenkung des Eigenkapitals in profitable Investitionsprojekte unterstützen.
Wertorientie rung auch im Mittelstand relevant
Die Umsetzung des Leitbilds der wertorientierten Unternehmensführung setzt die Definition zentraler Kennzahlen voraus, die es dem Management im Zuge der periodischen Unternehmenssteuerung gestatten, Entscheidungen im Hinblick auf das Ziel der Wertsteigerung auszurichten und Ergebnisse an andere zu kommunizieren.
Wertorientierte Steuerungs kennzahlen erforderlich
Herkömmliche, in der Unternehmenspraxis seit langem verwendete Erfolgsmaße wie das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT), die Umsatzrendite und der Jahresüberschuss weisen in dieser Hinsicht jedoch einen schweren Mangel auf: Die Verzinsungsansprüche der Eigenkapitalgeber, die aus Sicht des Unternehmens die Kosten des Eigenkapitals bilden, bleiben unberücksichtigt. Implizit wird damit unterstellt, dass Eigenkapital dem Unternehmen kostenfrei zur Verfügung steht.
25959
D Traditionelle Erfolgsmaße in der Kritik
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Die Folgen sind Fehler in der Kapitalallokation, d. h. Investitionsprojekte werden trotz unzureichender Rentabilität realisiert, und unzureichende Kapitalproduktivität, d. h. zu geringe Erfolgsvorgaben in der laufenden Projektrealisierung. Um dieser Kritik zu begegnen, sind in den vergangenen Jahren mehrere Konzepte zur wertorientierten Steuerung entwickelt worden, die jeweils eine Spitzenkennzahl in den Mittelpunkt stellen. In der Unternehmenspraxis haben dabei vor allem das EVA-Konzept, vor allem wegen seiner engen Anbindung an das bestehende betriebliche Rechnungswesen und die daraus resultierende Verständlichkeit und Kommunizierbarkeit, sowie das finanzwirtschaftlich fundierte Konzept des CVA weite Verbreitung gefunden. Einen Überblick über die Durchsetzung von Steuerungskonzepten im Rahmen einer wertorientierten 188 Führung weltweit gibt die Abbildung 57. Wertorientierte Unternehmensführung … nach Regionen
Nordamerika / UK
Kontinentaleuropa
Ja: 69%
Ja: 70%
… nach Kennzahlen CVA
3,2%
TBR
7,4%
SVA
7,9%
Andere
18,5%
Asien CFROI Ja: 28%
23,3%
RONA
41,3%
EVA
47,6% 0%
10%
20%
30%
40%
n = 271 Unternehmungen weltweit, davon 112 mit formal implementierten wertorientierten Managementsystemen
Abb. 57: Durchsetzung wertorientierter Unternehmensführung nach Regionen und Kennzahlen
188
Vgl. Haspelagh/Noda/Boulos: Wertmanagement – über die Zahlen hinaus, in: Harvard Business Manager, 2002, Heft 1, S. 46-59.
260
Ermittlung des EVA unter IFRS
2 2.1
D
Ermittlung des EVA unter IFRS Ermittlung des EVA – Transformation des Accounting Model in das Economic Model
Der Economic Value Added (EVA), entwickelt und propagiert von der New Yorker Unternehmensberatung Stern Stewart & Co., setzt am zentralen Kritikpunkt herkömmlicher Steuerungsgrößen wie dem EBIT oder ROI an. Unternehmenswert kann nur geschaffen werden, wenn nicht nur fremdkapitalgeberbezogene, sondern darüber hinaus auch eigenkapitalgeberbezogene Kapitalkosten erwirtschaftet werden. Dementsprechend ist der EVA als periodenbezogene Differenz zwischen dem betrieblichen Ergebnis (Net Operating Profit after Taxes, NOPAT) und den mit dem Kapitaleinsatz verbundenen Kapitalkosten definiert. Die Kapitalkosten werden durch Multiplikation des im Vermögen des Unternehmens gebundenen Kapitals (Invested Capital) mit dem Kapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital, WACC) bestimmt:
Ermittlung des EVA
EVA = NOPAT − Invested Capital ⋅ WACC Dabei gilt für die einzelnen Bestandteile dieser Formel: •
• •
189
Bestandteile des EVA
Beim NOPAT handelt es sich um das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens nach Abzug von Ertragsteuern, jedoch vor kapitalgeberbezogenen Zahlungen (Zinsen, Dividenden). Das Invested Capital umfasst dementsprechend nur das in betrieblichem Vermögen des Unternehmens gebundene Kapital. Der Kapitalkostensatz WACC reflektiert die Verzinsungsansprüche von Eigen- und Fremdkapitalgebern. Er wird daher als mit den jeweiligen Anteilen des Eigen- und Fremdkapitals gewichteter Mittelwert der Verzinsungsansprüche der Eigen- und Fremdkapitalge189 ber bestimmt .
Vgl. hierzu Kapitel D 5.
261
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Konzeptionell handelt es sich beim EVA um einen betrieblichen Residualgewinn, bei dem die Kosten für den Kapitaleinsatz auf der Basis von Buchwerten ermittelt werden. Achtung: Inhaltlich kann der EVA auch als Bindeglied zwischen einer mehrperiodigen In vestitionsrechnung und einer einperiodigen ROIBetrachtung eingeordnet wer den. Diskontiert man die erwarteten EVAs aus einem Investitionsprojekt, so ent spricht diese Summe dem (Netto)Kapitalwert, d. h. der Summe der diskontierten Ein und Auszahlungen (PreinreichLückeTheorem). Werden beispielsweise nur positive EVAs erwartet, so ist der Kapitalwert eben falls zwingend positiv und das Investitionsprojekt zum gegebenen Kapitalkosten satz – hier der WACC – rentabel. Dies setzt formaltheoretisch allerdings voraus, dass für die Ermittlung der Kapitalkosten das gebundene Kapital zu Periodenbe ginn verwendet wird und nicht – wie in der Praxis teilweise zu finden – das durchschnittliche gebundene Kapital der Betrachtungsperiode. EVA vs. ROI
Unterstellt man einen positiven EVA, so entspricht dies einer Gesamtkapitalrendite (Return on Investment, ROI) – heute häufig als Return on Capital Employed (ROCE) oder Return on Net Assets (RONA) bezeichnet –, die den Kapitalkostensatz WACC übersteigt:
EVA > 0 ⇔ Vom Accoun ting Model zum Economic Model
NOPAT = ROI > WACC Invested Capital
Eine allgemeingültige Herleitung des EVA aus dem buchhalterischen Kontenrahmen existiert trotz der inzwischen weiten Verbreitung dieses Konzepts nicht. Vielmehr ist die Kennzahl im Detail unternehmensindividuell auszugestalten. Charakteristisches Merkmal des EVAKonzepts ist jedoch, dass zunächst im Sinne einer integrierten Rechnungslegung auf die Datenbasis des externen Rechnungswesens (Bilanz, GuV) zurückgegriffen wird, diese aber durch Anpassungen (Conversions) vom Accounting Model in ein so genanntes Economic 190 Model überführt wird . Diese Conversions sind letztlich eine Ausprägung von Überleitungspositionen, die im Kontext einer integrierten Rechnungslegung – nichts anderes liegt der EVA-Ermittlung auf IFRSBasis zu Grunde – gebildet werden müssen.
190
Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Hostettler, Economic Value Added (EVA), 2002, S. 97-105.
262
Ermittlung des EVA unter IFRS
D
Damit sollen Vorschriften der externen Rechnungslegung, die beispielsweise aus rein regulatorischen Gründen einer ökonomisch ausgerichteten Erfolgsmessung widersprechen, wie beispielsweise ein Aktivierungsverbot für Forschungsaufwendungen gemäß IAS 38 oder HGB, für die internen Zwecke der wertorientierten Steuerung wieder korrigiert werden.
2.2
Herleitung von NOPAT und Invested Capital aus der IFRSRechnungslegung
Ausgangspunkt für die Herleitung des NOPAT bzw. des Invested Capital sind der Jahresüberschuss der IFRS-GuV bzw. das Vermögen in der IFRS-Bilanz. Beide Größen gilt es durch Conversions in das Economic Model zu transformieren. Dabei ist zu beachten, dass diese Conversions sich regelmäßig sowohl in der Vermögensgröße Invested Capital als auch in der Erfolgsgröße NOPAT niederschlagen. Somit sind Anpassungen von Bilanz und GuV in konsistenter Weise vorzunehmen. Werden beispielsweise stille Reserven in Form von nicht bilanzierungsfähigen Vermögenswerten hinzugerechnet, so müssen diese Vermögenswerte in den Folgeperioden im Rahmen der internen Steuerung auch wieder abgeschrieben werden. Die Vielzahl möglicher Conversions wird typischerweise in vier Kategorien gegliedert: Operating Conversions (betriebliche Anpassungen), Funding Conversions (Anpassungen der Finanzierung), Shareholder Conversions (Hebung stiller Reserven) sowie Tax Conversions (Anpassung der Steuern). Abbildungen 58 und 59 geben einen Überblick über die im Folgenden genauer beschriebenen Maßnahmen im Rahmen dieser Conversions in IFRS-GuV bzw. IFRS-Bilanz.
263
Vier Kategorien von Conversions
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag (lt. IFRS-GuV) +/- Außerordentliche Aufwendungen/Erträge bzw. unregelmäßige Ergebniskomponenten nach IAS 1.86 +/- Zinsaufwendungen/- erträge -/+ Beteiligungsertrag/-aufwand +
Zinsanteil der Pensionsrückstellungen
+
Abschreibungen auf aktiviertes nicht betriebsnotwendiges Vermögen
Operating Conversions
= Ergebnis nach Operating Conversions +
Miet- und Leasingaufwendungen
-
Abschreibungen auf Miet-/Leasingobjekte
Funding Conversions
= Ergebnis nach Funding Conversions +
Aufwendungen mit Investitionscharakter
-
Abschreibungen auf Aufwendungen mit Investitionscharakter
Shareholder Conversions
= Ergebnis nach Shareholder Conversions -/+ Steuererhöhung bzw. - senkung aus übrigen Conversions -/+ Steuererhöhung bzw. -senkung aus der Bildung aktiver und passiver latenter Steuern
Tax Conversions
= NOPAT (Net Operating Profit after Taxes)
Abb. 58: Conversions in der Erfolgsgröße auf Basis der IFRS-GuV
2.2.1 Fokussierung auf die betrieb liche Sphäre
Operating Conversions
Mithilfe der Operating Conversions wird eine Beschränkung des EVA auf die betriebliche Sphäre angestrebt. Aus der Bilanz sind daher alle nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände zu eliminieren. Hierzu zählt z. B. das Finanzvermögen (Kasse, Wertpapiere usw.). Der Jahresüberschuss ist dementsprechend um Zinsaufwendungen und Zinserträge, das Beteiligungsergebnis sowie Abschreibungen auf nicht betriebsnotwendige Vermögensgegenstände zu bereinigen.
264
Ermittlung des EVA unter IFRS
Achtung: Methodisch steckt hinter dieser Eliminierung die Annahme, dass nicht betriebs notwendiges Vermögen immer einen Wertbeitrag von null erbringt, da es zum Fair Value bewertet wird und keinerlei Synergien mit anderen Vermögenswerten erbringt. Beide Bedingungen treffen auf Finanzvermögen, z. B. die Kasse oder Wertpapiere des Handelsbestands zu, aber auch auf andere Anlagen, z. B. Rendi teimmobilien. Solche Vermögenswerte können aus der EVAErmittlung ausge klammert werden, um diese weniger komplex zu machen. Ist eine dieser Bedingungen dagegen nicht erfüllt, z. B. bei einer Beteiligung, die dem Geschäftszweck des Unternehmens dient, darf diese dagegen nicht im Rah men der Operating Conversions aus dem betrieblichen Vermögen bzw. dem be trieblichen Erfolg herausgerechnet werden.
Ggf. sind auch Aufwendungen und Erträge aus außerordentlichen Vorgängen zur eliminieren, wobei diese gemäß IAS 1.85 seit 2005 nicht mehr separat ausgewiesen werden dürfen. Tipp In der IFRSGuV dürfen zwar keine außerordentlichen Ergebnisse ausgewiesen werden, unregelmäßige materiell bedeutsame Ergebniskomponenten müssen aber gemäß IAS 1.86 gezeigt werden. Auch hieraus können sich Operating Conversions ergeben.
Alternativ kann das betriebsnotwendige Vermögen auch weiter interpretiert werden. Es können ein Teil des Finanzvermögens, der beispielsweise zu Transaktionszwecken benötigt wird (z. B. ein Teil des Kassenbestands), oder betrieblich bedingte Beteiligungen in die Vermögensgröße sowie die zuzuordnenden Aufwendungen und Erträge in die Erfolgsgröße einbezogen werden. Wird schließlich der Zinsanteil der Pensionsrückstellungen nicht im Finanzergebnis ausgewiesen, sondern ist er innerhalb des Personalaufwands ausgewiesen, wird er der Erfolgsgröße wieder hinzugerechnet, weil die Kapitalkosten von Pensionsrückstellungen sonst doppelt in die EVA-Berechnung eingehen würden. Dabei ist zu beachten, dass dieser Zinsanteil in den Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen nach IAS 19.120 ohnehin im Anhang der IFRS-Bilanz auszuweisen ist.
265
D
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Vermögen (Bilanzsumme lt. IFRS-Abschluss) -
Aktiviertes, aber nicht betriebsnotwendiges Vermögen (darunter Kasse, Wertpapiere, Beteiligungen)
+/- Außerordentliche Aufwendungen/Erträge bzw. unregelmäßige Ergebniskomponenten nach IAS 1.86
Operating Conversions
= Vermögensgröße nach Operating Conversions -
Unverzinsliche Verbindlichkeiten (Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Anzahlungen, kurzfristige Rückstellungen)
+
Aktivierung von Miet-/Leasingobjekten
-
Abschreibungen auf Miet-/Leasingobjekte
Funding Conversions
= Vermögensgröße nach Funding Conversions +
Aktivierte Aufwendungen mit Investitionscharakter
-
Abschreibungen auf Aufwendungen mit Investitionscharakter
Shareholder Conversions
= Vermögensgröße nach Shareholder Conversions -
Aktive latente Steuern
Tax Conversions
= Invested Capital
Abb. 59: Conversions in der Vermögensgröße auf Basis der IFRS-Bilanz
2.2.2
Funding Conversions
Unverzinsliches Kapital als Abzugskapital
Funding Conversions sollen die vollständige Erfassung aller Finanzierungsmittel des Unternehmens sicherstellen, für die durch das Vermögen Kapitalkosten erwirtschaftet werden müssen. Hier sind zunächst unverzinsliche Verbindlichkeiten – wie Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, erhaltene Anzahlungen und kurzfristige Rückstellungen – als Abzugskapital zu berücksichtigen. Sie müssen vom Vermögen gemäß IFRS-Abschluss subtrahiert werden, weil für diesen Teil der Kapitalbasis keine Kapitalkosten erwirtschaftet werden müssen.
Offenlegung verdeckter Finanzierungen
Andererseits sind im Rahmen der Funding Conversions jedoch auch verdeckte Finanzierungen offenzulegen. Gerade im Mittelstand zählen hierzu Miet- und Leasingverhältnisse, die zwar aufgrund der rechtlichen Vertragsgestaltung als Mietobjekte (Operating-Leasingverhältnis) bilanziert werden, inhaltlich aber als vom Vermieter bzw. Leasinggeber finanziertes wirtschaftliches Eigentum des Unternehmens
266
Ermittlung des EVA unter IFRS
D
einzuordnen sind (Finanzierungsleasing) und deshalb für die wertorientierte Erfolgsmessung auf EVA-Basis auch wie rechtliches Eigentum zu behandeln sind. In Konsequenz sind die hierzu gehörigen Aufwendungen für die Ermittlung des EVA als Annuität aus Zins und Abschreibung zu interpretieren. In der Vermögensgröße werden daher gemietete oder geleaste Gegenstände durch Kapitalisierung der Mieten bzw. Leasingraten aufgenommen. Als Folge dessen werden in der Erfolgsgröße die hierauf entfallenden Abschreibungen statt der Miet- und Leasingaufwendungen erfasst. Zinsanteile sind als Operating Conversion zu behandeln und ebenfalls zum NOPAT hinzuzurechnen.
2.2.3
Shareholder Conversions
Im Zuge der Shareholder Conversions wird das Invested Capital um Aufwendungen erhöht, die in der Rechnungslegung nach IFRS aus Vorsichtsgründen als Periodenaufwand behandelt werden, bei denen es sich aber aus Sicht eines Eigenkapitalgebers um Investitionen handelt.
Aufdeckung stiller Reserven
Als klassische Beispiele hierfür sind Marketing- und F&E-Aufwendungen (Letztere soweit nicht bereits aktivierungspflichtig nach IAS 38) zu nennen. Sie sind nicht bilanzierungsfähig immaterielle Vermögenswerte und haben damit den Charakter stiller Reserven. Zur adäquaten Berücksichtigung im EVA werden solche Aufwendungen dem Jahresüberschuss wieder hinzugerechnet und bilden dann einen Teil der Vermögensgröße. Gleichzeitig werden die Abschreibungen auf derartige Vermögensteile vom Jahresüberschuss subtrahiert.
2.2.4
Tax Conversions
Mithilfe der Tax Conversions soll der im IFRS-Abschluss ausgewiesene Steueraufwand in eine zahlungswirksame Steuerbelastung unter der Fiktion einer vollständigen Eigenkapitalfinanzierung des Unternehmens transformiert werden. Dazu werden zunächst die aus den bereits durchgeführten Conversions resultierenden Änderungen des Steueraufwandes in die Erfolgsgröße aufgenommen. U. a. werden dabei die Minderung der Steuerbelastung durch die Zinsen aus der Fremdkapitalfinanzierung sowie
267
Anpassungen der Steuern
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Steuerbelastungen und -entlastungen aus Erträgen und Aufwendungen des nicht betriebsnotwendigen Vermögens korrigiert. Tipp Vereinfachend kann der NOPBT (Net Operating Profit before Taxes) mit dem nach IAS 12 ohnehin anzugebenden Durchschnittssteuersatz multipliziert werden, um die Steuerbelastung bzw. den NOPAT zu ermitteln.
Ein Sonderproblem ist an dieser Stelle der Umgang mit aktiven und passiven latenten Steuern (deferred taxes), die i. d. R. im IFRS-Abschluss aufgrund der fehlenden Maßgeblichkeit und der Ansatzpflicht aktiver latenter Steuern einen weitaus höheren Umfang haben als in einem vergleichbaren HGB-Abschluss. Hier können konzeptionell zwei Vorgehensweisen gewählt werden, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Zwei Möglich keiten im Umgang mit latenten Steu ern
•
•
Berücksichtigung nur der tatsächlich anfallenden Steuerzahlungen: Folgt man dem Vorschlag von Stern Stewart & Co., wird auf die tatsächlich in der Betrachtungsperiode anfallenden Steuerzahlungen abgestellt, d. h. latente Steuern werden weder in der Erfolgs-, noch in der Vermögensgröße berücksichtigt. In dem Fall werden – wie in Abbilund 58 und Abbildung 59 gezeigt – die Effekte aus der Bildung aktiver und passiver latenter Steuern aus dem Steueraufwand herausgerechnet. Gleichzeitig müssen die korrespondierenden Bilanzpositionen, d. h. aktive und passive latente Steuern, die in der IFRS-Bilanz unsaldiert ausgewiesen werden, unberücksichtigt bleiben. In der Folge werden bestehende aktive latente Steuern vom Invested Capital abgezogen; eine ggf. ausgewiesene passive latente Steuerposition darf andererseits nicht als Abzugskapital berücksichtigt werden, denn sie ist als Eigenkapitaläquivalent zu interpretieren. Insbesondere dann, wenn hohe aktive latente Steuerpositionen vorhanden sind, wirkt sich diese Vorgehensweise günstig auf die Höhe des gebundenen Kapitals und damit auch auf die anzusetzenden Kapitalkosten aus. Anpassung der Steuern an den NOPAT unter Berücksichtigung der Conversions: Alternativ kann man die Auffassung vertreten, dass im Economic Model die Höhe der ausgewiesenen Steuern mit dem NOPAT unter Berücksichtigung sämtlicher sonstigen Conversions korrespondieren muss. In dem Fall würde der latente Steueraufwand bzw. –er-
268
Ermittlung des EVA unter IFRS
D
trag unverändert aus der IFRS-Bilanz übernommen werden und durch neue Steuerlatenzen, z. B. eine passive Steuerabgrenzung resultierend aus den Shareholder Conversions, ergänzt werden. Die Bilanzpositionen der aktiven und passiven latenten Steuern sind dann im ersten Schritt entsprechend anzupassen und im zweiten Schritt für die Ermittlung des Invested Capital zu saldieren. Ein Überhang an aktiven latenten Steuern würde dann als zu finanzierende Vermögensposition stehen bleiben. Ein Überhang an passiven latenten Steuern würde wie unverzinsliches Fremdkapital, d. h. als Abzugskapital, behandelt werden. Tipp Da die zweite Alternative vergleichsweise aufwändig und schwer kommunizierbar ist, wird in der Praxis meist auf die Eliminierung von Steuerlatenzen – wie oben auch und in Abbildung 58 und 59 dargestellt – zurückgegriffen. Allerdings führt Alternative 2 insbesondere dann zu einem im Vergleich zu Alternative 1 günstige ren EVAAusweis, wenn die passiven latenten Steuern (Abzugskapital), wie meist der Fall, die aktiven latenten Steuern (Teil des Invested Capital) übersteigen.
2.2.5
Implementierung der Conversions
Die Auswahl und Implementierung der Conversions, die bei der Ermittlung von NOPAT und Invested Capital zu berücksichtigen sind, muss unternehmensindividuell vorgenommen werden, da die Anwendung aller denkbaren Conversions zu hoher Komplexität und sehr umfangreichen Überleitungsrechnungen von den bilanziellen Größen zu den Eingangsgrößen für die Ermittlung des EVA führen würde. Dies würde dem Ziel einer integrierten Rechnungslegung, eine einheitliche und transparente Finanzsprache zu erreichen, zuwiderlaufen. Die Praxis hat gezeigt, dass selbst Großunternehmen mit einer mehrjährigen Tradition in der Ermittlung wertorientierter Steuerungsgrößen sich meist auf einige wenige, für sie besonders relevante Conversi191 ons beschränken (vgl. Abbildung 60) .
191
Entnommen aus Aders/Hebertinger, Shareholder-Value-Konzepte. Eine Untersuchung der DAX-100-Unternehmen, in: Ballwieser/Wesner/KPMG (Hrsg.), Value Based Management, 2003, S. 19.
269
In der Praxis Auswahl erfor derlich
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS 0
20%
Zinserträge
45%
Restrukturierungsaufwand
37%
nicht betriebsnotwendiges Vermögen
34%
Goodwill
34%
Beteiligungen
26%
Sonderabschreibungen
26%
Leasing
21%
Pensionsrückstellungen
18%
Zinsen auf erhaltene Anzahlungen
16%
latente Steuern
13%
Miete
11%
Verkehrswerte bei Immobilien
3%
F&E- Aufwand
0%
Marketing- Aufwand
0%
40%
Abb. 60: Conversions bei DAX-100-Unternehmen Bei der Entscheidung für oder gegen die Implementierung bestimmter Conversions stehen Gesichtspunkte wie Relevanz (Auswirkung auf die Höhe von NOPAT und Invested Capital), Akzeptanz und Kommunizierbarkeit sowie Arbeitsaufwand und Verfügbarkeit der erforderlichen Informationen zur Diskussion. Unter IFRS weniger Con versions erfor derlich
Im Vergleich zur Rechnungslegung nach den gläubigerschutzorientierten Vorschriften des HGB haben die auf die Information der Eigenkapitalgeber ausgerichteten IFRS-Vorschriften den Vorteil, dass die zur Transformation des Accounting Model in das Economic Model notwendigen Conversions i. d. R. weniger umfangreich ausfallen, weil eine ganze Reihe von Conversions bereits durch die IFRS-Bilanzierungsvorschriften vorweggenommen wird. Dies erlaubt eine vergleichsweise einfachere Ermittlung des EVA. So ist eine Anpassung der im deutschen Handelsrecht aus Gründen der Maßgeblichkeit für die Ertragsteuerbemessung häufig angewendeten degressiven Abschreibung nicht mehr erforderlich, da die IFRS regelmäßig lineare Abschreibungen vorsehen (es sei denn, sie entsprechen nicht dem tatsächlichen Werteverzehr). Auch die Funding Conversions bezüglich Miet- und Leasingobjekten sind häufig geringer, da IAS 17.8 ohnehin eine Bilanzierung als Finance Lease, d. h. im Sinne wirtschaftlichen Eigentums, verlangt, wenn die mit dem Miet- oder Leasingobjekt zusammenhängenden Risiken im Wesentlichen beim Leasingnehmer liegen.
270
Ermittlung des EVA unter IFRS
D
Schließlich sind Entwicklungsausgaben – in einer HGB-basierten EVA-Ermittlung häufig eine bedeutende Shareholder Conversion – nach IAS 38 unter bestimmten Bedingungen ohnehin zu aktivieren. Mit der Umstellung der Rechnungslegung auf die IFRS-Vorschriften wird somit in Deutschland die Ermittlung wertorientierter Steuerungskennzahlen deutlich vereinfacht. Achtung: Für die erfolgreiche Implementierung der wertorientierten Unternehmensführung ist die Konzeption des EVA auf Basis der IFRSRechnungslegung als zentrale Re portingKennzahl jedoch nur ein erster Schritt. Zusätzlich ist sicherzustellen, dass das EVAKonzept auch auf operative Repor tingEbenen heruntergebrochen wird (z. B. über Werttreibermodelle) und dass eine Verzahnung mit den übrigen Aktionsfeldern im House of Controlling (Pla nung, PerformanceMessung/Incentivierung, Gestaltung der Vorsysteme und Or ganisation des Controllerbereichs) erfolgt. Nur so wird das gesamte Entscheiden und Handeln im Unternehmen auf das Ziel der Eigenkapitalwertsteigerung ausge richtet.
2.3
Exkurs: EVAKonzept und FairValue Bewertung
2.3.1
Fair ValueBewertung vs. Anschaffungskostenprinzip
Hinter der hohen Bedeutung der Fair-Value-Bewertung innerhalb der IFRS verbirgt sich das Bestreben des IASB als Standardsetter, den Investoren möglichst entscheidungsrelevante Informationen zur Verfügung zu stellen. Diese Sichtweise steht im Gegensatz zu dem Anschaffungskostenprinzip in der HGB-Bilanzierung. Dieses zielt darauf ab, bilanzielle Werte möglichst verlässlich (reliabel) und objektiviert zu messen. Damit soll einer vorsichtigen Bewertung Rechnung getragen werden, die Ausschüttungsspielräume einschränkt und so die Nominalkapitalerhaltung für das Ziel des Gläubigerschutzes gewährleistet. Der zentrale Nachteil des Anschaffungskostenprinzips liegt in einem reduzierten Informationsgehalt der Bilanzierung. Die Veränderung bilanzieller Werte des Anschaffungskostenprinzips reflektiert nicht notwendigerweise den Erfolg, der aus betriebswirtschaftlicher Perspektive auszuweisen wäre.
271
AHKPrinzip: Reduzierter Informations gehalt
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Beispiel Trifft die Unternehmensleitung eine kluge Anlageentscheidung bezüglich des Erwerbs eines Geschäftshauses für Zwecke der Vermietung (Renditeimmobilie) und steigt der Wert dieses Geschäftshauses in den kommenden Jahren über die eigentlichen Anschaffungskosten hinaus an, so ist diese Wertsteigerung Be standteil des ökonomischen Erfolgs, denn sie drückt die Möglichkeit aus, nach haltig hohe Mieterträge zu erwirtschaften. Nach HGB ist der Ausweis dieses Erfolgs jedoch verboten – erst wenn das Ge schäftshaus verkauft wird, darf der Veräußerungsgewinn als jetzt objektivierte Größe gezeigt werden. Zu diesem Zeitpunkt ist die Information für Investoren aber nicht mehr relevant, denn es wird nur eine Aussage über vergangene, nicht aber über zukünftige Erfolge getroffen. Anders die Bilanzierung nach IFRS: Hier wird im Rahmen der FairValueBilanzierung nach IAS 40.68ff. eine Bewertung zum höheren Fair Value erlaubt. Ein Problem stellt allerdings ggf. die Ermittlung des Fair Value der Immobilie dar. Ist er weder aus dem Markt noch über Ver gleichsimmobilien noch auf Basis anderer Informationsquellen (wie z. B. Bewer tungsgutachten o. Ä.) zu bestimmen, ist auch nach IAS 40 eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten erforderlich.
Das skizzierte Beispiel macht deutlich: Muss ein Investor auf eine für seine Anlageentscheidung relevante Information – hier der Fair Value einer Immobilie – warten, bis diese Information reliabel, d. h. verlässlich über eine vollzogene Markttransaktion wie den Verkauf der Immobilie messbar ist, dann ist diese Information möglicherweise nur noch vergangenheitsorientiert und damit nicht mehr bedeutsam für zukunftsgerichtete Investitionsentscheidungen.
2.3.2
Relevanz der FairValueBewertung für die wertorientierte Führung
Gerade in der wertorientierten Führung geht es darum, die Auswirkungen unternehmerischer Entscheidungen auf zukünftige Cashflows zu messen. Das Unternehmen wird in dieser Perspektive als Konglomerat einzelner Investitionsprojekte verstanden, die isoliert bewertbar sind. Aufgabe der Unternehmensleitung im Kontext einer wertorientierten Steuerung ist zum einen die Optimierung der Kapitalallokation, d. h. sie soll die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel in möglichst attraktive Projekte lenken. Zum anderen geht es aber auch um die laufende Verbesserung der Kapitalproduktivität, d. h. einmal angestoßene Projekte sollen während ihrer Laufzeit möglichst hohe Cashflows generieren.
272
Ermittlung des EVA unter IFRS
In einer idealisierten Welt wird der Wertbeitrag aus den Entscheidungen der Unternehmensleitung betreffend Kapitalallokation bzw. –produktivität durch den ökonomischen Gewinn ÖGt gemessen. Er entspricht formal dem Unternehmenswert Vt am Ende eines Geschäftsjahres (ermittelt z. B. über die DCF-Methode) zuzüglich der während des Geschäftsjahres erwirtschafteten Zahlungsmittel Zt abzüglich des Unternehmenswerts zu Beginn des Geschäftsjahres Vt-1:
D Ökonomischer Gewinn als idealisiertes Erfolgsmaß ...
ÖG t = Vt + Z t − Vt −1 In der Praxis erweist sich eine periodische Ermittlung des ökonomischen Gewinns als konzeptionell „richtigen“ Maßstab für den Unternehmenserfolg allerdings als äußerst unhandlich, denn vor jeder Erfolgsmessung muss eine vollständige Geschäftsplanung vorliegen. Aus diesem Grund greift man in der wertorientierten Steuerung auf einperiodige Hilfsgrößen wie den oben beschriebenen Economic Value Added zurück. Hier schließt sich jedoch der Kreis zum ökonomischen Gewinn ÖGt, denn der Unternehmenswert Vt, dessen Veränderung einen wichtigen Treiber des ökonomischen Gewinns darstellt, lässt sich gemäß dem Lücke-Theorem nicht nur über eine DCF-Betrachtung ermitteln, sondern auch über eine Aufsummierung der diskontierten zukünftigen EVAs (= Market Value Added, MVA) zuzüglich des bestehenden Buchwerts des Eigenkapitals. (1+WACC)-T Market Value Added (MVA)
(1+WACC)-3 (1+WACC)-2 (1+WACC)-1 EVA1
Buchwert des Eigenkapitals Unternehmenswert (Fair Value / Marktwert des Eigenkapitals)
Jahr 1
EVA2 Jahr 2
EVA3
EVAT
Jahr 3
Jahr T
Zeit
mit EVA = NOPAT – WACC • IC EVA = Economic Value Added MVA = Market Value Added WACC = Weighted Average Cost of Capital NOPAT = Net Operating Profit After Taxes IC = Invested Capital
Abb. 61: Zusammenhang von EVA, MVA und Unternehmenswert zum Zeitpunkt t = 0
273
... das praktisch kaum ermittelt werden kann
EVA als Treiber des Unterneh menswerts
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Abbildung 61 verdeutlicht diesen Zusammenhang. Sie zeigt anschaulich, dass sich der MVA auch als Nettokapitalwert interpretieren lässt, der realisiert wird, wenn das Investitionsprojekt „Unternehmen“ durch eine Zahlung in Höhe des Buchwerts des Eigenkapitals realisiert wird und über T Perioden hinweg Residualgewinne in Höhe von EVA1, EVA2 usw. generiert. Der EVA einer einzelnen Periode erlaubt deshalb schon einen – wenn auch unvollkommenen – Rückschluss auf die Wertschaffung im Unternehmen. Sind nämlich alle EVAs aus einem Projekt positiv, muss dieses einen positiven Nettokapitalwert besitzen. MVA zeigt den „blinden Fleck“ der Rechnungs legung
Der MVA ist damit gleichzeitig aber auch eine Messgröße für solche Erfolgskomponenten, die zwar für die Ermittlung des Unternehmenswerts Vt relevant sind, in der Erfolgsmessung über das Eigenkapital aber nicht abgebildet werden. Der MVA kann damit auch als Ausdruck für den „blinden Fleck“ in der Rechnungslegung verstanden werden – so beispielsweise für die Nicht-Aktivierung immaterieller Vermögenswerte, wie z. B. für Marken, oder durch die Schaffung originären Goodwills. In dem Maße, in dem in den IFRS die Vermögenswerte und Schulden mittels Fair Values bewertet werden, verbessert sich die Aussagekraft der einperiodigen EVAs hin zum ökonomischen Gewinn. Auch dies macht Abbildung 61 deutlich. Je mehr Vermögenswerte und Schulden zum Fair Value bewertet werden, umso näher ist der Wert des Eigenkapitals am Unternehmenswert Vt und umso geringer dementsprechend der MVA. Konsequent erhöht sich im EVA-Konzept mit zunehmender Fair-Value-Bewertung die Aussagekraft des Unternehmenserfolgs, der in der Rechnungslegung über die Veränderung des Eigenkapitals gemessen wird (Jahresergebnis der IFRS-GuV), und nähert sich dem ökonomischen Gewinn ÖGt als konzeptionell „richtigem“ Erfolgsmaß an. Die aus dem Jahresergebnis abgeleiteten EVAs gewinnen demzufolge an Aussagekraft.
Shareholder Conversions
Diese Überlegung findet bereits ihren Niederschlag in der Forderung, das buchhalterisch ermittelte operative Ergebnis durch Shareholder Conversions in den ökonomisch aussagekräftigeren NOPAT (Net Operating Profit After Taxes) zu überführen. Gerade stille Reserven bzw. auch Lasten aus einer MarktwertBuchwert-Differenz einzelner Vermögenswerte und Schulden sind hier zu berücksichtigen. Diese Differenzen verändern nicht nur den
274
Ermittlung des EVA unter IFRS
NOPAT als Ergebnisgröße, sondern auch das investierte Vermögen 192 (Invested Capital) . Ein Unternehmen erwirbt am 01.01.04 eine Renditeimmobilie zum Preis von 8 Mio. €. Mit dieser Immobilie werden im Laufe des Jahres 04 und 05 Mieteinnahmen nach Bewirtschaftungsausgaben von jeweils 800 T€ generiert. Dem stehen Abschreibungen von 300 T€ pro Jahr gegenüber. Am 31.12.04 liegt der Marktwert der Immobilie bei 10 Mio. €, am 31.12.05 bei 10,5 Mio. €. Der Kapitalkostensatz liegt bei 8%. Fall 1: EVA ohne Berücksichtigung der Shareholder Conversions (EVA auf HGB-Basis): Jahr 1:
Jahr 2:
Mieteinnahmen
800 T€
- Abschreibungen
- 300 T€
- Kapitalkosten (8% auf 8 Mio. € AHK)
- 640 T€
EVA (Jahr 1)
- 140 T€
Mieteinnahmen
800 T€
- Abschreibungen
- 300 T€
- Kapitalkosten (8% auf 7,7 Mio. € fortgeführte AHK)
- 616 T€
EVA (Jahr 2)
- 116 T€
Fall 2: EVA mit Berücksichtigung der Shareholder Conversions(EVA auf IFRS-Basis): Jahr 1:
Mieteinnahmen +/- Marktwertver änderung
Jahr 2:
800 T€ + 2.000 T€
- Kapitalkosten (8% auf 8 Mio. € Marktwert zu Periodenbeginn)
- 640 T€
EVA (Jahr 1)
2.160 T€
Mieteinnahmen
800 T€
+/- Marktwertver änderung
+ 500 T€
- Kapitalkosten (8% auf 10 Mio. € Marktwert zu Periodenbeginn)
- 800 T€
EVA (Jahr 2)
500 T€
Abb. 62: Berücksichtigung von Fair-Value-Änderungen im Rahmen der Shareholder Conversions bei der Berechnung des EVA Auf den ersten Blick erscheinen die umfangreichen Vorschriften zur Fair-Value-Bewertung nach IFRS damit den Informationsbedarfen einer wertorientierten Führung entgegenzukommen. Je mehr Vermögenswerte und Schulden bereits in der Rechnungslegung zu Fair Values bilanziert werden, umso weniger Überleitungspositionen (hier Shareholder Conversions) sind erforderlich, um die wertorientierte Steuerungsgröße EVA aus den buchhalterischen Größen abzuleiten.
192
Vgl. hierzu Abb. 62, in der das Fallbeispiel aus Kapitel D 2.3 inhaltlich fortgesetzt wird.
275
D
D FairValue Bewertung kann EVA aussagekräfti ger machen
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Auch dies macht das Fallbeispiel in Abbildung 62 deutlich: Während im ersten Fall, der die unmittelbare Herleitung des EVA aus HGBDaten reflektiert, für die korrekte Ermittlung des Wertbeitrags eine Shareholder Conversion im Sinne einer Marktbewertung der Immobilie durchgeführt werden müsste, entfällt dies in dem dargestellten Fall der Renditeimmobilie bei der Herleitung des EVA aus IFRS-Größen, sofern gemäß IAS 40 das Wahlrecht zur Fair-Value-Bewertung wahrgenommen wird.
2.3.3
Erfolgsneutrale FairValueBewertung: Vom EVA zum REVA
Allerdings lässt sich die oben geführte Argumentation nur dann aufrechterhalten, wenn die Fair-Value-Änderung auch erfolgswirksam verbucht wird. Die Vorgehensweise einer erfolgswirksamen Verbuchung wird ebenfalls im Rechenbeispiel in Abbildung 62 gezeigt. Die Fair-Value-Bewertung der Immobilie findet sich nicht nur als Grundlage für die Ermittlung der Kapitalkosten wieder, sondern die Marktwertänderung wird auch in der laufenden Erfolgsgröße gezeigt. Für Renditeimmobilien ist bei Anwendung der Fair-Value-Bewertung diese erfolgswirksame Verbuchung gemäß IAS 40.35 zwingend vorgeschrieben. Erfolgsneutrale FairValue Änderungen
Nun zeichnen sich die IFRS-Vorschriften aber in anderen Fällen dadurch aus, dass die Fair-Value-Änderungen nicht erfolgswirksam, sondern erfolgsneutral verbucht werden. Hinter dieser Überlegung steht der Wunsch, reine Bewertungsänderungen, die nicht unmittelbar auf die operative Managementtätigkeit zurückzuführen sind, nicht im Jahresergebnis (profit or loss for the period bzw. net income) auszuweisen. Der Investor soll diese Wertänderungen nur in den korrespondierenden Bilanzpositionen, nicht aber in der IFRS-GuV finden. Eine unmittelbare Gegenbuchung der Fair-Value-Änderungen im Eigenkapital unter Umgehung der Gewinn- und Verlustrechnung führt zu other comprehensive income (OCI) und widerspricht dem Kongruenzprinzip, das eine unmittelbar erfolgs-, d. h. GuV-wirksame Verbuchung sämtlicher Bewertungsänderungen im Zeitablauf verlangt.
276
Ermittlung des EVA unter IFRS
Die Konsequenz dieser Verletzung führt in Richtung einer Ausprägung der wertorientierten Erfolgsmessung, die in der Literatur auch als REVA (Refined Economic Value Added)-Methode bekannt wurde. 193 Die Autoren dieser Methode argumentieren im Kern, dass zur Beurteilung der Wertschaffung einer Einheit dem buchwertbasierten NOPAT dieser Einheit Kapitalkosten auf Fair-Value-Basis gegenüber gestellt werden müssen, da die Opportunitätskosten der Kapitalgeber nicht auf Basis der ursprünglichen Investition zu Buchwerten, sondern vielmehr auf Basis von Fair Values zu ermitteln sind. Während für den EVA gilt:
D Erfolgsneutrale FairValue Bewertung verändert den EVA zum REVA
EVA t = NOPATtBuchwert − WACC ⋅ Invested CapitalBuchwert t wird der REVA folgendermaßen ermittelt:
REVA t = NOPATtBuchwert − WACC ⋅ Invested CapitalMarktwert t Beispiel Die Projektbeurteilung auf Basis des REVA kann jedoch aus wertorientierter Per spektive zu fehlerhaften Investitionsentscheidungen führen, wie das Zahlenbei spiel in Abbildung 63 zeigt. Hier wird eine Situation unterstellt, in der das Unternehmen ausreichend Fi nanzmittel besitzt. Es stehen nun zwei Investitionsprojekte mit einem Buchwert von 235 Mio. € zur Auswahl. Gemäß dem LückeTheorem entspricht die der Summe der diskontierten Residualgewinne (EVAs der Jahre 1 bis 5), d. h. der Market Value Added, dem Nettokapitalwert der einzelnen Projekte und gibt da mit Auskunft über die absolute Vorteilhaftigkeit beider. Demnach wäre Projekt 1 mit einem Nettokapitalwert von +5,49 Mio. € umzusetzen, Projekt 2 dagegen mit einem Nettokapitalwert von 0,69 Mio. € abzulehnen. Betrachtet man demgegenüber die diskontierten REVA, so kommt man im Bei spiel zum gegenteiligen Ergebnis, denn die jeweilige Summe der diskontierten REVA der Perioden 1 bis 5 weist im Vergleich zur Summe der diskontierten EVA ein umgekehrtes Vorzeichen auf.
193
Vgl. Bacidore/Bequist/Milbourn/Thakor, The Search for the Best Financial Performance Measure, in: Financial Analysts Journal, 1997, S. 13-19.
277
Konsequenz: Fehlerhafte Investitionsent scheidungen
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Projekt 1 / Zinssatz 10%
-1
0
Investition
0,00
-235,00
Buchwert
0,00
235,00
1
2
3
4
5
188,00
141,00
94,00
47,00
0,00
Operating Cashflow (nach Steuern)
60,00
60,00
60,00
70,00
70,00
Abschreibung (linear)
47,00
47,00
47,00
47,00
47,00
Net Operating Profit After Taxes (NOPAT)
13,00
13,00
13,00
23,00
23,00
Kapitalkosten (Buchwertbasis)
23,50
18,80
14,10
9,40
4,70
Economic Value Added (EVA)
-10,50
-5,80
-1,10
13,60
18,30
240,49
204,54
164,99
121,49
63,64
0,00
0,00
24,05
20,45
16,50
12,15
6,36
-11,05
-7,45
-3,50
10,85
16,64
2
3
Nettokapitalwert (Summe diskontierte EVA) Marktwert (Fair Value)
0,00
Kapitalkosten (Fair-Value-Basis)
5,49
Refined Economic Value Added (REVA) Summe diskontierte REVA Projekt 2 / Zinssatz 10%
-1,09 -1
0
Investition
0,00
-235,00
Buchwert
0,00
235,00
1
4
5
188,00
141,00
94,00
47,00
0,00
Operating Cashflow (nach Steuern)
70,00
70,00
70,00
70,00
20,00
Abschreibung (linear)
47,00
47,00
47,00
47,00
47,00
Net Operating Profit After Taxes (NOPAT)
23,00
23,00
23,00
23,00
-27,00
Kapitalkosten (Buchwertbasis)
23,50
18,80
14,10
9,40
4,70
Economic Value Added (EVA)
-0,50
4,20
8,90
13,60
-31,70
234,31
187,74
136,51
80,17
18,18
0,00
0,00
23,43
18,77
13,65
8,02
1,82
-0,43
4,23
9,35
14,98
-28,82
Nettokapitalwert (Summe diskontierte EVA) Marktwert (Fair Value) Kapitalkosten (Fair-Value-Basis)
0,00
-0,69
Refined Economic Value Added (REVA) Summe diskontierte REVA
2,46
Abb. 63: Fehlerhafte Beurteilung von Investitionsprojekten auf Basis des REVA
Verzerrte Aussage des REVA
Hintergrund dieser fehlerhaften Aussage ist die verzerrte Ermittlung der Kapi talkosten auf Basis von Fair Values, die annahmegemäß den Wert der erwarte ten Cashflows reflektieren. Da die Unternehmensleitung im ersten Fall ein Pro jekt mit positivem Nettokapitalwert realisiert, müssen für einen positiven REVA nicht nur die Kapitalkosten auf den Buchwert, sondern auf den Fair Value er wirtschaftet werden. Aufgrund der insgesamt relativ geringen Cashflows gelingt dies jedoch nicht, sodass der positive Nettokapitalwert auf EVABasis bei einer REVAbasierten Betrachtung ins Negative verkehrt wird. Im zweiten Fall liegt genau die umgekehrte Problematik vor: Die Unternehmensleitung realisiert ein Projekt mit negativem Nettokapitalwert, dessen Kapitalkosten auf FairValue Basis deshalb geringer sind als auf Buchwertbasis. Dieser Vorteil bei der Ermitt
278
Ermittlung des EVA unter IFRS
lung der Kapitalkosten kompensiert die ansonsten ungünstige Cashflow Struktur, sodass die Summe der diskontierten REVA positiv ist.
2.3.4
Anpassung des EVA bei erfolgsneutraler FairValue Bewertung
Eine erfolgsneutrale Verbuchung von Wertänderungen, d. h. die Ungleichbehandlung von Erfolgsgrößen (z. B. NOPAT) und zugehörigen Vermögensgrößen (z. B. Invested Capital) in den IFRS führt demnach dazu, dass ein unmodifiziert auf IFRS-Basis ermittelter EVA nicht – wie die allgemeinen Überlegungen zur Fair-Value-Bewertung zunächst suggerieren – einen investitionstheoretisch korrekten Erfolg approximiert. Vielmehr kann es in allen Fällen, in denen eine Folgebewertung zum Fair Value erfolgsneutral verrechnet wird, zu einer verzerrten Aussage des EVA über die Wertschaffung im Unternehmen kommen, denn die Fair Values bzw. ihre Änderungen finden sich bei einer unkritischen Übernahme der IFRS-Daten dann nur in der Vermögensbasis, nicht aber in der Überschussgröße NOPAT wieder. Die genaue Höhe dieser Verzerrung hängt dabei von der Ausgestaltung der jeweiligen IFRSVorschriften zur erfolgsneutralen Verrechnung von Erfolgskomponenten ab. Zwei Beispiele illustrieren diese Überlegung: •
•
So wird z. B. bei available-for-sale-Finanzinstrumenten gemäß IAS 39 eine Fair-Value-Änderung zunächst erfolgsneutral verbucht, diese aber bei Abgang erfolgswirksam erfasst (recycling). Damit wird die im Vorabschnitt beschriebene Verzerrung abgemildert, d. h. nur durch einen Zinseffekt wirksam. Im Falle einer Neubewertung von abnutzbarem Sachanlage- bzw. immateriellem Vermögen (revaluation) gemäß IAS 16 bzw. IAS 38 erfolgt dagegen bis zum Ende der planmäßigen Nutzungsdauer keine erfolgswirksame Verrechnung der Marktwertsteigerung. Planmäßige Abschreibungen auf den neubewerteten Vermögenswert sind nach herrschender Literaturmeinung dagegen vollständig erfolgswirksam. Damit verstärkt sich die beschriebene Verzerrung dahingehend, dass Investitionsprojekte zunehmend ungünstig beurteilt werden.
Darum gilt in jedem Fall, dass für die Optimierung der wertorientierten Steuerungskennzahl bei erfolgsneutralen Fair-Value-Änderungen intern die Erfolgsgröße (NOPAT) angepasst werden muss, sodass sie
279
D
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
analog zur Vermögensgröße (Invested Capital) auch auf (erfolgswirksamer) Fair-Value-Basis ermittelt wird. Nur dann stellt der Übergang zu einer Fair-Value-Bilanzierung auch für die wertorientierte Steuerung mittels EVA einen sinnvollen Beitrag dar. Unabhängig davon bleibt jedoch die Grundaussage bestehen, dass nämlich die IFRSRechnungslegung eine vereinfachte Ermittlung des EVA ermöglicht. Durch die betriebswirtschaftliche Perspektive sind nämlich weniger Korrekturen in der Ergebnis- bzw. Kapitalbasis vorzunehmen als bei einem aus der HGB-Rechnungslegung abgeleiteten EVA.
280
CVA als finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl unter IFRS
3 3.1
CVA als finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl unter IFRS Warum finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahlen?
Alternativ zu einer wertorientierten Steuerung, die auf dem EVA als bilanzorientierter Kennzahl aufsetzt, wenden eine ganze Reihe von Unternehmen finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahlen an. Die Aussagekraft des EVA ist nämlich für manche Geschäftsmodelle, beispielsweise mit stark unregelmäßiger Investitionstätigkeit, eingeschränkt. Beispiel Ein Beispiel hierfür ist der LufthansaKonzern, dessen bilanzielles Anlagevermö 194 gen in einem erheblichen Umfang aus Flugzeugen besteht . Diese werden je weils in Schüben erworben und dann über den Zeitraum ihrer Nutzung abge schrieben. Die daraus resultierenden Probleme des Aussagegehalts der Kennzahl EVA zeigt das Beispiel im linken Teil von Abbildung 64. Vereinfachend wird angenommen, ein Unternehmen habe nur einen Vermö gensgegenstand im Anlagevermögen. Dieser wird für 100 Mio. € erworben, über vier Jahre mit 25 Mio. € p.a. linear abgeschrieben und erbringt in diesem Zeit raum einen jährlichen Cashflow von 35 Mio. €. Das betriebliche Ergebnis nach Steuern (NOPAT) beträgt dann in jeder Periode 10 Mio. €. Vom NOPAT zum EVA gelangt man durch Abzug der Kapitalkosten auf Eigen und Fremdkapital. Da die Kapitalkosten durch Multiplikation des Restbuchwertes mit dem Kapitalkos tensatz ermittelt werden und sich der Restbuchwert durch die Abschreibungen von Jahr zu Jahr verringert, steigt aufgrund des konstanten NOPAT der EVA in jeder Periode an. Der EVA signalisiert dann eine kontinuierlich steigende Wert schaffung, die allerdings nicht aus höherer Wirtschaftlichkeit des Unterneh mens, sondern allein aus dem „Buchwerteffekt“ herrührt.
194
D
Dieses Beispiel stammt aus dem Beitrag von Steinke/Beißel, Der CVA als wertorientierte Spitzenkennzahl im Lufthansa-Konzern, in: Weber et al. (Hrsg.), Wertorientierte Unternehmenssteuerung, 2004, S. 117-125, hier S. 119.
281
EVA nicht in jedem Ge schäftsmodell aussagekräftig
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Economic-Value-Added-Konzept Vermögensbasis (Buchwert)
Cash-Value-Added-Konzept Vermögensbasis (Anschaffungswert)
100
100
100
100
100
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
35
35
35
35
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
75 50 25 Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Betriebliches Ergebnis nach Steuern (NOPAT)
Cashflow
10
10
10
10
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Economic Value Added (EVA)
Cash Value Added (CVA)
7,5 5 2,5
3,45
3,45
3,45
3,45
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
0 Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
angenommener Kapitalkostensatz: 10%
Abb. 64: EVA vs. CVA Um diesem Problem zu begegnen, haben viele Unternehmen, so auch die Deutsche Lufthansa AG, finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahlen wie den im Folgenden vorzustellenden Cash Value Added (CVA) eingeführt.
3.2 Ziel des CVA: Vermeidung von Buchwerteffek ten
Ermittlung des CVA: Grundsätzliche Vorgehensweise
Der Cash Value Added (CVA) wurde von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) als zentrale Kennzahl ihres Konzepts der wertorientierten Unternehmensführung entwickelt. Ziel war es, eine Cashflow-basierte Kennzahl für die wertorientierte Steuerung zu
282
CVA als finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl unter IFRS
D
195
schaffen, die nicht durch „buchhalterische Verzerrungen“ , wie beispielsweise Abschreibungen, beeinflusst wird. Im ursprünglichen Konzept bildete die Renditekennzahl CFROI (Cashflow Return on Investment) den zentralen Maßstab der Unternehmenswertsteigerung. Der CFROI wurde zunächst als interner Zinsfuß definiert. Das für die Bestimmung eines internen Zinsfußes nötige Zahlungsprofil ergab sich dadurch, dass die ursprünglichen Anschaffungsauszahlungen der Vermögensgegenstände des Unternehmens (Brutto-Investitionsbasis) als Anfangsauszahlung interpretiert wurden und der Brutto-Cashflow des Betrachtungsjahres als über den Zeitraum der durchschnittlichen Nutzungsdauer dieser Vermögensgegenstände konstant angenommen wurde. Ein CFROI über dem Kapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital, WACC) signalisierte eine Wertschaffung des Unternehmens.
CFROI als ursprüngliches Konzept
Mit der Modifikation ihres Konzepts hat die Boston Consulting Group die Berechnung des CFROI als internen Zinsfuß zu Gunsten einer Berechnung in Form einer konventionellen Rendite fallen gelassen. Würde man den CFROI durch Division des Brutto-Cashflows durch die Brutto-Investitionsbasis ermitteln, entspräche dies einer ewigen Rente bei Unterstellung eines auf unendliche Dauer erzielbaren Brutto-Cashflows. Tatsächlich aber sind die abnutzbaren Vermögensgegenstände der Brutto-Investitionsbasis am Ende ihrer Nutzungsdauer zu ersetzen, damit auch weiterhin Brutto-Cashflows generiert werden können. Zur Berücksichtigung der zur Erhaltung der BruttoInvestitionsbasis (BIB) erforderlichen Ersatzinvestitionen wird bei der neuen Berechnung des CFROI der Brutto-Cashflow (BCF) um die sog. ökonomische Abschreibung (öAb, interpretierbar als „Anspar-Rate“ für die Ersatzinvestition) vermindert und dann die Rendite wie folgt berechnet:
Weiterentwick lung zum CVA
CFROI =
BCF − öAb BIB
Aus dem modifizierten CFROI als Renditegröße lässt sich die absolute Wertsteigerungskennzahl CVA ermitteln, indem der Rendite-Spread zwischen CFROI und dem Kapitalkostensatz WACC mit der Brutto195
Stelter, Wertorientierte Anreizsysteme, in: Bühler/Siegert (Hrsg.), Unternehmenssteuerung und Anreizsysteme. 1999, S. 207-241, hier S. 233.
283
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Investitionsbasis, dem ursprünglich eingesetzten Kapital, multipliziert wird:
CVA = (CFROI − WACC) ⋅ BIB Ermittlung des CVA
Diese Formel zur Berechnung des CVA lässt sich mathematisch so umformen, dass der CVA auch direkt als absolute Wertsteigerungskennzahl berechnet werden kann. Der CVA ergibt sich dann als der um die ökonomische Abschreibung und die Kapitalkosten (BruttoInvestitionsbasis multipliziert mit dem Kapitalkostensatz) verminderte Brutto-Cashflow:
CVA = BCF ⋅ WACC { − öAB { − BIB 142 4 43 4 (1)
(2)
(3)
In dieser Darstellung kommt besonders klar zum Ausdruck, dass der Brutto-Cashflow als der aus der laufenden betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens erwirtschaftete Zahlungsüberschuss (nach Ertragsteuern, vor kapitalgeberbezogenen Zahlungen) einen zentralen Maßstab der Wertschaffung bildet. Schritt 1: Brutto Cashflow (BCF)
•
Schritt 2: Ökonomische Abschreibung (öAb)
•
Der im Schritt (1) der CVA-Ermittlung verwendete BruttoCashflow ist Ausdruck des Zahlungsmittelrückflusses des in die Brutto-Investitionsbasis investierten Kapitals. Er steht für weitere Investitionen im Unternehmen sowie für Zahlungen an Eigen- und Fremdkapitalgeber (Dividenden, Zinsen, Kapitalrückzahlungen) zur Verfügung. Die Bestimmung des Brutto-Cashflows bildet jedoch nur einen Teilschritt zur CVA-Ermittlung, da Voraussetzung für die Schaffung von Unternehmenswert ist, dass der Brutto-Cashflow mindestens die zur Durchführung von Ersatzinvestitionen notwendigen Cashflows und die Kosten der Kapitalbindung deckt. Diese beiden Komponenten bilden die „Hürde“, an der eine Wertschaffung durch den Brutto-Cashflow zu messen ist, und werden daher bei der CVA-Ermittlung vom Brutto-Cashflow in Abzug gebracht. Somit besteht der Schritt (2) zur Ermittlung des CVA in der Subtraktion der ökonomischen Abschreibung vom Brutto-Cashflow, um auf diese Weise sicherzustellen, dass am Ende der Nutzungsdauer ausreichend Finanzmittel für die Ersatzinvestitionen der ab-
284
CVA als finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl unter IFRS
D
nutzbaren Vermögensgegenstände der Brutto-Investitionsbasis zur Verfügung stehen. Die ökonomische Abschreibung ist als der Betrag zu bemessen, der in konstanter Höhe in jeder Periode der Nutzungsdauer von Vermögensgegenständen zurückgelegt werden muss, damit am Ende ihrer Nutzungsdauer unter Berücksichtigung von Zinseszinseffekten die ursprüngliche Investitionsauszahlung wieder zur Verfügung steht. Die Höhe der ökonomischen Abschreibung (öAb) lässt sich formelmäßig mithilfe des Rückwärtsverteilungsfaktors aus der BruttoInvestitionsbasis (BIB), der Nutzungsdauer der Vermögensgegenstände (n) und dem Kapitalkostensatz (WACC) bestimmen:
öAb = BIB ⋅
•
WACC 0,1 = 100 ⋅ = 21,55 n (1 + WACC) − 1 (1 + 0,1) 4 − 1
Für das eingangs angeführte Beispiel in Abbildung 64 ergäbe sich bei einer Brutto-Investitionsbasis in Höhe von 100 Mio. €, einer vierjährigen Nutzungsdauer und einem Kapitalkostensatz von 10 % eine jährliche ökonomische Abschreibung in Höhe von 21,55 Mio. €. Die zur Bestimmung der ökonomischen Abschreibung notwendige Nutzungsdauer der Vermögensgegenstände der Brutto-Investitionsbasis wird nicht separat je Vermögensgegenstand, sondern pauschal für alle Vermögensgegenstände gemeinsam ermittelt. Unter Annahme linearer Abschreibungen werden dazu die historischen Anschaffungskosten der gegenwärtigen abnutzbaren Vermögensgegenstände des Anlagevermögens durch die gesamten jährlichen in der GuV ausgewiesenen Abschreibungen dividiert. Auf diese Weise gelangt man zu einer in Jahren ausgedrückten durchschnittlichen Nutzungsdauer. In Schritt (3) der CVA-Ermittlung werden dann die Kapitalkosten vom Brutto-Cashflow abgezogen. Als Kapitalkostensatz kommt dabei der WACC zur Anwendung. Dieser Kapitalkostensatz reflektiert die Verzinsungsansprüche von Eigen- und Fremdkapitalgebern. Er wird als mit den jeweiligen Anteilen des Eigen- und Fremdkapitals gewichteter Mittelwert der jeweiligen Verzinsungsansprüche bestimmt. Bemessungsgrundlage für die Kapitalkosten ist die Brutto-Investitionsbasis, welche als die Summe des Wertes aller Vermögensge-
285
Schritt 3: Kapitalkosten
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
genstände des Unternehmens definiert ist. Allerdings erfolgt die Bewertung nicht zu aktuellen Buchwerten (d. h. zu fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten), wie dies im externen Rechnungswesen üblich ist, sondern zu historischen Anschaffungsbzw. Herstellungskosten (ggf. mit Inflationsanpassung auf aktuelle Tageswerte). Die so definierte Brutto-Investitionsbasis bildet eine geeignete Grundlage für die Kapitalkostenbestimmung, weil sie das ursprünglich von den Eigen- und Fremdkapitalgebern zur Verfügung gestellte Kapital repräsentiert und die Kapitalgeber hierauf eine Verzinsung erwarten. Vorteile des CVA gegenüber dem EVA
Die Vorteile des CVA als finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl im Vergleich zum EVA lassen sich am eingangs angeführten Beispiel verdeutlichen (siehe dazu die rechte Seite von Abbildung 64). Für die Berechnung des CVA werden von dem als konstant angenommenen Cashflow in Höhe von 35 Mio. € die ökonomische Abschreibung und die Kapitalkosten abgezogen. Die über die Nutzungsdauer des Vermögensgegenstandes definitionsgemäß konstante ökonomische Abschreibung beträgt – wie oben berechnet – 21,55 Mio. €. Auch die Kapitalkosten bleiben konstant bei 10 Mio. €, weil sie in jedem Jahr auf Basis der Brutto-Investitionsbasis als ursprüngliche Anschaffungsauszahlung berechnet werden. Als Konsequenz dessen beträgt der CVA über die gesamte Nutzungsdauer des Vermögensgegenstandes 3,45 Mio. €. Er signalisiert damit bei konstantem Cashflow eine gleich bleibende Wirtschaftlichkeit des Unternehmens – anders als der EVA, der allein aufgrund des sinkenden Buchwertes ansteigt. Für die Implementierung einer wertorientierten Führung mithilfe des CVA als zentraler Kennzahl ist die dargestellte Berechnungslogik zu einer detaillierten Herleitung aus dem buchhalterischen Kontenrahmen des Unternehmens weiterzuentwickeln. Ein allgemeingültiges Schema existiert hierfür nicht, vielmehr ist eine unternehmensindividuelle Ausgestaltung erforderlich. Die nachfolgenden Abschnitte zeigen das generelle Vorgehen auf.
3.3
Cash Value Added
Herleitung von BruttoCashflow und Brutto Investitionsbasis aus der IFRS Rechnungslegung
Auch wenn der CVA als Cashflow-basierte Wertsteigerungskennzahl konzipiert wurde, können seine Basiskomponenten nicht unmittelbar
286
CVA als finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl unter IFRS
D
der Finanzberichterstattung nach IFRS entnommen werden. Vielmehr sind Überleitungspositionen erforderlich, die im Folgenden diskutiert werden (Abbildungen 65 und 66). Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag (lt. GuV IFRS-Abschluss) +/- Außerordentliche Aufwendungen/Erträge bzw. unregelmäßige Ergebniskomponenten nach IAS 1.86 +/- Zinsaufwendungen/-erträge -/+ Beteiligungsergebnis +
Zinsanteil der Pensionsrückstellungen
+
Abschreibungen auf aktiviertes nicht betriebsnotwendiges Vermögen
+/- Ertragsteueraufwendungen/-erträge lt. GuV
= Bereinigtes operatives Ergebnis vor Ertragsteuern und Zinszahlungen +
Abschreibungen
+/- Zuführung zu/Auflösung von Pensionsrückstellungen +
Leasing-/Mietaufwand
+
Aufwendungen mit Investitionscharakter
-/+ Ertragsteuerzahlungen auf das bereinigte operative Ergebnis vor Ertragsteuern und Zinszahlungen
= Brutto-Cashflow
Abb. 65: Anpassungen bei der Überleitung des Jahresüberschusses nach IFRS-Vorschriften in den Brutto-Cashflow Die Notwendigkeit dieser Überleitungspositionen resultiert aus den Unterschieden in der Zielsetzung und Rechenlogik des CVA im Vergleich zum Jahresabschluss der externen Rechnungslegung. Wichtig ist bei der Herleitung von Brutto-Cashflow und Brutto-Investitionsbasis, dass analog zur Ermittlung der Eingangsgrößen des EVA Anpassungen von IFRS-Bilanz und -GuV in konsistenter Weise vorgenommen werden. Zunächst werden Anpassungen von IFRS-Bilanz und -GuV vorgenommen, um den CVA auf die betriebliche Sphäre des Unternehmens zu beschränken. Hierzu werden nicht betriebsnotwendige Vermögensgegenstände aus der IFRS-Bilanz und die zugehörigen Erträge und Aufwendungen aus der IFRS-GuV eliminiert.
287
Herleitung des Brutto Cashflows aus der IFRSGuV
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Auch außerordentliche Aufwendungen und Erträge bzw. seit 2005 unregelmäßige materiell bedeutsame Ergebniskomponenten gemäß IAS 1.86 sind analog zu den Operating Conversions beim EVA aus der IFRS-GuV herauszurechnen und in der Bilanz zu eliminieren. Als nicht betriebsnotwendig wird vielfach auch das Finanzvermögen angesehen (Kasse, Wertpapiere, Beteiligungen), allerdings ist auch denkbar, das Finanzvermögen ganz oder in Teilen in der Brutto-Investitionsbasis zu belassen und entsprechend auch die Erträge im BruttoCashflow. Die Zinsaufwendungen für das Fremdkapital jedoch sind in jedem Fall aus dem Jahresüberschuss zu eliminieren, weil die Verzinsungsansprüche der Fremdkapitalgeber beim CVA durch den Abzug der Kapitalkosten Berücksichtigung finden. Wird der Zinsanteil der Pensionsrückstellungen nicht im Finanzergebnis ausgewiesen, wird er der Erfolgsgröße wieder hinzugerechnet, weil die Kapitalkosten von Pensionsrückstellungen sonst doppelt in die CVA-Berechnung eingehen würden. Herleitung der Brutto Investitionsba sis aus der IFRSBilanz
Die verbleibenden Positionen der IFRS-Bilanz werden als nächstes in die Brutto-Investitionsbasis überführt. Vermögen (Bilanzsumme lt. IFRS-Abschluss) -
Aktiviertes nicht betriebsnotwendiges Vermögen (darunter Kasse, Wertpapiere, Beteiligungen)
+/- Außerordentliche Aufwendungen/Erträge bzw. unregelmäßige Ergebniskomponenten nach IAS 1.86 -
Unverzinsliche Verbindlichkeiten (Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Anzahlungen, kurzfristige Rückstellungen)
= Operatives Netto-Vermögen zu Buchwerten +
Kumulierte Abschreibungen auf betriebsnotwendiges Vermögen
+/- Inflationsanpassung +
Aktivierte Miet-/Leasingobjekte (inkl. kumulierte Abschreibungen)
+
Aktivierte Aufwendungen mit Investitionscharakter (inkl. kumulierte Abschreibungen)
-
Aktive latente Steuern
= Brutto-Investitionsbasis
Abb. 66: Anpassungen bei der Überleitung des bilanziellen Vermögens nach IFRS-Vorschriften in die Brutto-Investitionsbasis
288
CVA als finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl unter IFRS
D
Dazu werden zunächst die Anschaffungskosten der abnutzbaren Vermögensgegenstände (Sachanlagevermögen ohne Grundstücke, immaterielles Vermögen) bestimmt, indem zu den aktuellen Buchwerten die kumulierten Abschreibungen der Vergangenheit hinzuaddiert werden. Ebenfalls zur Brutto-Investitionsbasis gehören die nicht abnutzbaren Vermögensgegenstände des Unternehmens (Grundstücke, betriebliches Umlaufvermögen, u. U. Finanzvermögen). Gegebenenfalls ist eine Inflationsanpassung der Vermögensgegenstände der Brutto-Investitionsbasis vorzunehmen, um zu Anschaffungsbzw. Herstellungskosten bei gegenwärtigem Preisniveau zu gelangen. Diese Anpassung an das aktuelle Preisniveau wird für erforderlich gehalten, um die Entsprechung mit den zu aktuellen Preisen bewerteten Cashflows herzustellen. Bei nur geringer Preissteigerung bzw. einem vergleichsweise jungen Anlagenbestand kann die Inflationsanpassung auch vernachlässigt werden, um die Komplexität der Berechnung zu verringern. Tipp In den Fällen, in denen die Vermögenswerte ohnehin zu Fair Values bewertet sind, entfällt die Inflationsanpassung der BruttoInvestitionsbasis.
In jedem Falle werden bei der Herleitung der Brutto-Investitionsbasis Verbindlichkeiten, die dem Unternehmen unverzinslich zur Verfügung stehen, vom bilanziellen Vermögen in Abzug gebracht, weil mit ihnen ein Teil des Vermögens ohne Kapitalkosten finanziert werden kann. Hierzu zählen u. a. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, erhaltene Anzahlungen und kurzfristige Rückstellungen. Die verbleibenden Positionen der GuV werden in die zahlungsstromorientierte Größe Brutto-Cashflow überführt. Hierzu wird der Jahresüberschuss um nicht zahlungswirksame Aufwendungen und Erträge bereinigt: Abschreibungen und Zuführungen zu Pensionsrückstellungen als bedeutendste nicht zahlungswirksame Aufwendungen werden zum Jahresüberschuss hinzuaddiert, nicht zahlungswirksame Erträge (insbesondere die Auflösung von Pensionsrückstellungen) werden subtrahiert. Darüber hinaus sind Anpassungen des Steueraufwands erforderlich, um zu dem zahlungswirksamen Steueraufwand bzw. -ertrag zu gelangen, der sich bei vollständiger Eigenkapitalfinanzierung des Unternehmens ergeben hätte. U. a. werden dabei die Minderung der Steuer-
289
Auch im CVA Konzept Anpas sungen des Steueraufwands erforderlich
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
belastung durch die Zinsen aus der Fremdkapitalfinanzierung sowie Steuerbelastungen und -entlastungen aus Erträgen und Aufwendungen des nicht betriebsnotwendigen Vermögens korrigiert. Im einfachsten Fall wird das bereinigte operative Ergebnis vor Ertragsteuerzahlungen und Zinszahlungen hierzu mit dem durchschnittlichen Steuersatz multipliziert, der u. a. nach IAS 12 ohnehin als Anhangangabe ermittelt werden muss. Zusätzlich zu den für die dargestellte Ausgestaltung des CVA erforderlichen Anpassungen von Bilanz und GuV können unternehmensspezifisch noch weitere Anpassungen vorgenommen werden: Weitere Anpas sungen sind optional mög lich
•
•
Erstens können gemietete oder geleaste Gegenstände, die im Falle des Operating Lease nicht in der Bilanz erscheinen, wie vom Unternehmen erworbene Objekte behandelt werden, wenn sie im wirtschaftlichen Eigentum des Unternehmens stehen, d. h. das rechtliche Miet- oder Leasinggeschäft eine verdeckte Finanzierung darstellt. Miet- und Leasinggegenstände werden dann durch Kapitalisierung der Mieten bzw. Leasingraten in die Brutto-Investitionsbasis aufgenommen. Aus dem Brutto-Cashflow müssen korrespondierend die Miet- und Leasingaufwendungen herausgerechnet werden. Zweitens können auch Aufwendungen mit Investitionscharakter als solche behandelt werden. Hierbei handelt es sich um Aufwendungen, die in der Rechnungslegung nach IFRS aus Vorsichtsgründen als Periodenaufwand behandelt werden, bei denen es sich aber aus Sicht eines Eigenkapitalgebers um Investitionen handelt (z. B. Marketing, Forschung). Derartige Aufwendungen werden wie Anschaffungsauszahlungen für Sachanlagen behandelt, deren Kapitaleinsatz zu verzinsen und über die Nutzungsdauer wieder zu verdienen ist. Die Anpassung des Brutto-Cashflows erfolgt durch Addition dieser Aufwendungen zum Jahresüberschuss (sofern dies nicht bereits bei der Korrektur der Abschreibungen geschehen ist) und Hinzurechnung zur Brutto-Investitionsbasis.
Bei diesen beiden optionalen Anpassungen muss die Nutzungsdauer der aktivierten Aufwendungen individuell durch eine Schätzung bestimmt werden, weil das oben vorgestellte pauschale Vorgehen (historische Anschaffungskosten dividiert durch den jährlichen Abschreibungsbetrag) nicht angewendet werden kann.
290
CVA als finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl unter IFRS
Die Steuerwirkungen dieser beiden Anpassungen sind im Gegensatz zu den vergleichbaren Conversions im EVA-Konzept nicht zu berücksichtigen, da es im finanzwirtschaftlich fundierten CVA-Konzept um die Approximation der zahlungswirksamen Ertragsteuern geht. Beide Anpassungen würden nämlich zu einer Verbuchung des Steueraufwands gegen die Steuerabgrenzungsposten führen. Diese Bilanzpositionen sind konzeptionell mit dem CVA-Konzept nicht vereinbar. Aus diesem Grund sind auch aktive latente Steuern von der BruttoInvestitionsbasis abzuziehen, passive latente Steuern sind als Eigenkapitaläquivalente zu interpretieren und damit nicht von der Bruttoinvestitionsbasis abzugsfähig.
291
D
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Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
4
EVA vs. CVAKonzept: Implementierungshinweise
Bei der Implementierung des CVA als wertorientierter Steuerungskennzahl ist – wie auch beim EVA-Konzept – eine unternehmensindividuelle Auswahl aus den optionalen Anpassungen von Bilanz und GuV zu treffen. Durch die Umstellung der Rechnungslegung in Deutschland auf die IFRS-Vorschriften werden einige der möglichen Anpassungen bereits vorweggenommen (z. B. durch die Aktivierungspflicht für Entwicklungsaufwendungen nach IAS 38), sodass die Einführung der wertorientierten Steuerung auf Basis des CVA erleichtert wird. CVA bei anlage intensiven Unternehmen sinnvoll
Wenn ein Unternehmen vor der Entscheidung über die Einführung einer wertorientierten Kennzahl steht, sind Vorteile und Nachteile bestehender Konzepte gegeneinander abzuwägen. Einerseits wird – wie anhand des Beispiels in Abbildung 64 gezeigt wurde – im finanzwirtschaftlich fundierten CVA-Konzept die Verzerrung der Wertsteigerungskennzahl durch den Buchwerteffekt vermieden. Dies ist besonders für anlageintensive Unternehmen von Bedeutung, bei denen Großinvestitionen in Schüben erfolgen. Auch für Unternehmen, bei denen die Liquiditätssicherung im Vordergrund steht und die bereits auf Unternehmens- und Unternehmensbereichsebene mit Cashflows führen, ist der CVA besonders geeignet. Kommt allerdings der Buchwerteffekt aufgrund der Überlagerung einer Vielzahl kontinuierlich durchgeführter Investitionsprojekte nicht zum Tragen, bietet sich eher die Einführung des in der Praxis weiter verbreiteten EVA-Konzepts an, weil es aufgrund seiner Nähe zur Rechenlogik des bestehenden betrieblichen Rechnungswesens wesentlich einfacher auch an Nicht-Betriebswirte kommunizierbar ist. Beispiel Die wertorientierte Steuerung im SiemensKonzern erfolgt heute wertorientiert auf Basis des EVA mit der Kennzahl Geschäftswertbeitrag: Geschäftswertbeitrag =
292
Geschäftsergebnis vor Zinsen nach Steuern - Kapitalkosten Vermögen - zinsloses Fremdkapital
EVA vs. CVAKonzept: Implementierungshinweise
Der BayerKonzern greift dagegen auf den CFROI zurück, der dort nach unten stehender Formel berechnet wird. CFROI =
Operatives Ergebnis vor F & E - Aufwand, Steuern, Abschreibung und Zuführung Rückstellungen Vermögen (AHK) abzüglich zinsloses Fremdkapital
293
D
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
5 5.1
Kapitalkostensatz in der wertorientierten Führung WACCAnsatz als typisches Verfahren zur Kapitalkostensatzermittlung
Kapitalkosten sätze im Fokus
Mit der Ausrichtung der gesamten Unternehmensführung auf das Ziel der Steigerung des Eigenkapitalwerts des Unternehmens rücken Kapitalkostensätze stärker als bisher in den Fokus der Betrachtung – auch bei nicht börsennotierten Unternehmen des Mittelstands. Unternehmen bekommen nur dann finanzielle Mittel von Investoren zur Verfügung gestellt, wenn diese dafür – zumindest auf mittelfristige Sicht – eine Rendite erwarten können, die mindestens der Rendite einer alternativen Anlage der finanziellen Mittel entspricht. Indem Kapitalkostensätze diesen Mindestverzinsungsanspruch zum Ausdruck bringen, bilden sie den zentralen Beurteilungsmaßstab für Entscheidungen in der wertorientierten Unternehmensführung.
Kapitalkosten sätze im Kon text betriebs wirtschaftlicher Methoden
Im Kontext betriebswirtschaftlicher Methoden besitzen Kapitalkostensätze eine Doppelfunktion: •
•
Bei Investitionsentscheidungen fungieren Kapitalkostensätze als Diskontierungsfaktor bei der Berechnung von Kapitalwerten oder als Vergleichsmaßstab für errechnete interne Zinsfüße. Bei der periodischen Erfolgsmessung mithilfe wertorientierter Kennzahlenkonzepte (EVA, CVA) werden Kapitalkostensätze entweder in Verbindung mit der Vermögensgröße zur Errechnung der Kapitalkosten in absoluter Höhe verwendet oder dienen als Vergleichsmaßstab für Renditegrößen.
294
Kapitalkostensatz in der wertorientierten Führung
Anteil Eigenkapital x
Zielkapitalstruktur zu Marktwerten +
Eigenkapital kostensatz
D
Anteil Fremdkapital x
Fremdkapital kostensatz
Kapitalkostensatz (WACC)
Abb. 67 Kapitalkostensatzermittlung nach dem WACC-Ansatz im Überblick Typischerweise erfolgt in der Unternehmenspraxis die Ermittlung des Kapitalkostensatzes nach dem WACC-Ansatz (Weighted Average Cost of Capital-Ansatz, Abb. 67). Kennzeichnend für diesen Ansatz ist, dass der Kapitalkostensatz als Gesamtkapitalkostensatz konzipiert ist und er somit die Renditeforderungen aller Gruppen von Kapitalgebern berücksichtigt. Ermittelt wird der WACC strukturell als gewichteter Durchschnitt der Kapitalkostensätze für Eigenkapital (rEK) und für Fremdkapital (rFK), wobei als Gewichtungsfaktoren die jeweiligen Anteile des Eigenkapitals (EK) und Fremdkapitals (FK) am Gesamtkapital des Unternehmens zur Anwendung kommen; t repräsentiert den Ertragsteuersatz, dem das Unternehmen unterliegt.
WACC =
EK FK ⋅ rEK + ⋅ rFK ⋅ (1 − t ) EK + FK EK + FK
Auf die Methodik zur Ermittlung der Kosten für das Eigenkapital und das Fremdkapital wird in den Kapiteln D 5.2 und D 5.3 vertieft eingegangen; im Folgenden werden zunächst einige grundsätzliche Hinweise zur Ermittlung des WACC gegeben:
295
WACC als dominierender Ansatz zur Kapitalkosten ermittlung
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Zu beachten ist zunächst, dass als Gewichtungsfaktoren Eigenund Fremdkapital im WACC-Ansatz nicht mit ihren Buchwerten, sondern zu Marktwerten anzusetzen sind, da auch Investoren Marktwerte bei ihren Investitionsentscheidungen betrachten. Da jedoch bei nicht börsennotierten Unternehmen der Eigenkapitalwert im Wege einer Unternehmensbewertung zu ermitteln ist, für die wiederum der WACC als Diskontierungssatz benötigt wird, und somit ein Zirkularitätsproblem entsteht, wird in der Unternehmenspraxis vielfach mit einer vom Unternehmen angestrebten Ziel-Kapitalstruktur gerechnet. Auf diese Weise lässt sich auch die laufende Anpassung der Relation von Eigen- und Fremdkapital bei Marktwertschwankungen des Unternehmens vermeiden. Auch der Einfluss von Ertragsteuerzahlungen ist im WACC zu berücksichtigen. Die Erfolgsgrößen wertorientierter Steuerungskennzahlen (z. B. NOPAT beim EVA) sind als Nach-SteuerGrößen konzipiert, bei denen der Ertragsteuerabzug mit einem pauschalen Steuersatz und bei Unterstellung eines vollständig eigenkapitalfinanzierten Unternehmens vorgenommen wird. Tatsächlich aber mindert der anfallende Zinsaufwand für Fremdkapital die steuerliche Bemessungsgrundlage des Unternehmens und damit auch die zu zahlenden Ertragsteuern. Um dieser steuermindernden Wirkung der Fremdkapitalfinanzierung in wertorientierten Steuerungskennzahlen Rechnung zu tragen, wird der Fremdkapitalkostensatz im Rahmen der WACCErmittlung um das sog. Tax Shield vermindert, indem er mit dem Faktor (1 – Ertragsteuersatz t) multipliziert wird. Bei einer Konzeptionierung des WACC als Vor-Steuer-Größe entfällt das Tax Shield. Allerdings sind dann die bei den Eigenkapitalgebern anfallenden Steuern auf den Eigenkapitalkostensatz aufzuschlagen, da diese bei einer Vor-Steuer-Betrachtung mitverdient werden müssen.
Grundlegende Hinweise zur Berücksichti gung der Ge wichtung von Eigen und Fremdkapital ...
•
... sowie von Steuern
•
Empirische Bestätigung
Die weite Verbreitung des WACC-Ansatzes in der deutschen Unternehmenspraxis kann auch empirisch bestätigt werden, wie u. a. eine im vergangenen Jahr an der Justus-Liebig-Universität Gießen durchgeführte empirische Studie zur Praxis der Kapitalkostensatzermittlung 196 zeigt . Zielgruppe waren dabei 128 börsennotierte (v. a. DAX, 196
Die vollständige Studie ist unter http://wiwi.uni-giessen.de/dl/det/bwl4/7591/ zum Download verfügbar.
296
Kapitalkostensatz in der wertorientierten Führung
D
MDAX) und nicht börsennotierte Unternehmen aus Deutschland und der Schweiz. Von diesen beteiligten sich 52 % an der Umfrage. Die Untersuchung ergab, dass 73 % der Unternehmen ihre Kapitalkosten als Gesamtkapitalkostensatz nach dem Schema des WACC-Ansatzes ermitteln.
5.2
Ermittlung des Eigenkapitalkostensatzes
Weil die von Eigenkapitalgebern für die Kapitalbereitstellung geforderten Renditen nicht unmittelbar beobachtet werden können, wird zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten für Zwecke der wertorientierten Unternehmenssteuerung auf die Kapitalmarkttheorie zurückgegriffen. Die bereits genannte empirische Untersuchung ergab, dass rund drei Viertel der Unternehmen das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zur Ermittlung des Eigenkapitalkostensatzes verwenden. Das CAPM als finanzierungstheoretisches Modell stellt einen auch intuitiv eingängigen Zusammenhang zwischen der von Investoren geforderten Rendite und dem Risiko einer Anlageform her. Für die Übernahme zusätzlicher Risiken erwarten Investoren demnach eine höhere Rendite ihres Investments. Gemäß CAPM ist allerdings nicht das gesamte Risiko einer Anlageform, verstanden als Streuung der Renditen um ihren Erwartungswert, für Investoren relevant. Vielmehr ist es nur der Teil des Risikos, den Investoren nicht durch Diversifikation eliminieren können.
CAPM zur Ermittlung des Eigenkapital kostensatzes
Getreu der Anlegerweisheit „don’t put all your eggs in one basket“ kann nämlich zumindest ein Teil der mit Kapitalanlagen verbundenen Risiken dadurch abgesichert werden, dass sich in einem Portfolio mit einer Vielzahl von Anlageformen (das so genannte Marktportfolio) die Renditeentwicklungen der einzelnen Anlagen zum Teil gegenläufig verhalten. So verbleibt nur noch ein Restrisiko, das als systematisches Risiko bezeichnet wird. Gemessen wird es durch den Beta-Faktor, der als Sensitivität der Renditeentwicklung einer Anlageform relativ zu der des Marktportfolios interpretiert werden kann. Ein Beta-Faktor von kleiner als 1 zeigt, dass die Rendite einer Anlageform unterproportional auf Veränderungen der Rendite des Marktportfolios reagiert und damit vergleichsweise wenig mit systematischem Risiko behaftet ist, ein Beta-Faktor von größer als 1 zeigt eine überproportionale Veränderung und damit ein hohes systematisches Risiko. Das Marktportfo-
Konzeptionelle Grundlagen des CAPM
297
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
lio selbst hat in dieser Sichtweise konsequenterweise einen Beta-Faktor von 1, eine risikofreie Anlage dagegen einen Beta-Faktor von 0. Kernaussage: Renditeerwar tung wächst mit Risiko
Als Kernaussage des CAPM folgt daraus, dass sich die von Eigenkapitalgebern erwartete Rendite in Abhängigkeit vom systematischen Risiko einer Anlageform formulieren lässt: Die erwartete Rendite E[r] ist die Summe aus der erwarteten Verzinsung einer risikofreien Anlageform (rf) und einer Risikoprämie, die sich durch Multiplikation der Risikoprämie für die Anlageform Marktportfolio (rm – rf) mit dem Beta-Faktor âder betrachteten Anlageform ergibt.
E[r ] = rf + β ⋅ (rm − rf ) Dieser Zusammenhang wird durch die sog. Wertpapierlinie zum Ausdruck gebracht (Abb.ildung 68), die die Renditeerwartung von Eigenkapitalgebern in Abhängigkeit vom systematischen Risiko angibt: Je höher das über den Beta-Faktor ausgedrückte systematische Risiko ist, umso höher ist die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber gegenüber dem Unternehmen, die durch entsprechende Überschüsse aus der Geschäftstätigkeit erwirtschaftet werden muss. E(r) Wertpapierlinie
Marktrisikoprämie rf
1
ß
Abb. 68: Wertpapierlinie als Ausdruck der Beziehung zwischen BetaWert und Renditeforderung Die Herleitung der Eigenkapitalkosten innerhalb des WACC-Ansatzes auf Basis des CAPM erfordert in der Unternehmenspraxis damit die
298
Kapitalkostensatz in der wertorientierten Führung
D
Bestimmung von Marktrisikoprämie, Zinssatz risikofreier Anlagen sowie Beta-Faktor des Unternehmens. Achtung: Das CAPM beruht auf sehr strengen kapitalmarkttheoretischen Annahmen, so beispielsweise eines vollkommenen und vollständigen Marktes an Finanztiteln, der in der Realität so nicht existiert. Das CAPM ist deshalb empirisch nicht über 197 prüfbar . Allerdings wird dieser grundsätzliche Kritikpunkt dadurch aufgewogen, dass durch dieses Modell der Zusammenhang zwischen Risiko und Renditeforde rung bzw. Wertpapierkursen sehr eingängig abgebildet wird.
Zwar sind streng genommen für Investoren nur zukünftige Werte relevant, doch erscheint es angesichts von Prognoseproblemen sinnvoll, sich auf (ggf. anzupassende) Werte der Vergangenheit zu stützen. Betrachtet man zunächst die Ergebnisse diverser Studien zur Höhe der Marktrisikoprämie als Differenz zwischen der Verzinsung eines diversifizierten Aktienportfolios und der Verzinsung risikofreier Wertpapiere (Staatsanleihen), so ergibt sich eine vergleichsweise hohe Bandbreite (Abbildung 69). Gemäß der von uns durchgeführten empirischen Untersuchung halten 56 % der befragten Unternehmen eine Marktrisikoprämie von 4,5 % für sinnvoll. Studie
Untersuchungszeitraum
Marktrisikoprämie (Ø) Deutschland USA
Bimberg (1993/1997)
1954-1996
4,8%
Conen/Väth (1993)
1876-1992
6,8%
Dimson et al. (2003)
1900-2002
4,4%
Häuser (1985)
1964-1983
-0,6%
Ibbotson (2004)
1926-2003
Morawietz (1994)
1870-1992
3,1%
Stehle (1999/2004)
1947-2003
6,8%
Uhlir/Steiner (1994)
1953-1988
6,5%
5,7% 5,0%
6,8%
Abb. 69: Überblick über empirische Ergebnisse zur Höhe der Marktrisikoprämie 197
Vgl. ausführlich zur Kritik am CAPM bereits Ballwieser, Unternehmensbewertung und Komplexitätsreduktion, 1983, S. 175f.
299
Marktrisiko prämie
D Bestimmung des risikofreien Zinssatzes
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Für die Bestimmung des Zinssatzes für risikofreie Anlagen werden in der Theorie überwiegend die beobachtbaren effektiven Zinssätze von Staatsanleihen mit langer Restlaufzeit vorgeschlagen; dabei ist eine Orientierung am zeitlichen Horizont der strategischen Planung sinnvoll. Dies scheint – so das Ergebnis der empirischen Untersuchung – auch der in der Unternehmenspraxis vorherrschenden Vorgehensweise zu entsprechen (Abbildung 70). Angesichts der gegenwärtig historisch niedrigen Zinssätze erscheint es allerdings erwägenswert, auch einen möglichen Zinssatzanstieg zu berücksichtigen, um ermittelte Kapitalkostensätze über einige Jahre konstant halten zu können. Laufzeit in Jahren kleiner 1 1 bis 3 3 bis 5
nationale Staatsanleihen
2%
internationale Staatsanleihen
5%
Staatsanleihen in einem spezifischen Land
11% 45%
5 bis 10
16% 20% 16%
36%
größer 10 sonstige
sonstige
78%
13%
Mehrfachnennungen möglich
Abb. 70: Auswahl der Staatsanleihen für die Bestimmung des risikofreien Zinssatzes Ermittlung des BetaFaktors
Die größte Herausforderung stellt in der Praxis die Ermittlung des Beta-Faktors dar, da dieser im Zeitablauf Schwankungen unterworfen und darüber hinaus von der im Detail angewendeten Berechnungsmethodik abhängig ist. Börsennotierte Unternehmen können ihren BetaWert auf Basis der Schwankungen des Kurses ihrer eigenen Aktien relativ zu denen eines Aktienindex berechnen. Die empirische Untersuchung zeigte, dass Unternehmen hierbei überwiegend einen nationalen Referenzindex verwenden und zur Elimination von Schwankungen mehrjährige Durchschnitte der Beta-Werte bilden (Abbildung 71).
300
Kapitalkostensatz in der wertorientierten Führung
Nationaler BenchmarkIndex Euro Stoxx 50/ Stoxx50 Spezifischer BranchenIndex Sonstiger Index
72% 9% 21%
Aktueller ß- Faktor
22%
Ø - Wert des letzten Jahres Ø- Wert der letzten 3 Jahre
D
20% 14%
Ø- Wert der letzten 5 Jahre
33%
13%
29%
SonstigerWert Wert Mehrfachnennungen möglich
Abb. 71: Verwendete Marktindizes im CAPM und Zeitbezug bei der Bestimmung von Beta-Werten Als Alternative zur Ermittlung des Eigenkapitalkostensatzes auf Basis des CAPM wird das Market Derived Capital Pricing Model (MCPM() vorgeschlagen. 198
Das Market Derived Capital Pricing Model (MCPM) : Das MCPM wurde vor einigen Jahren entwickelt, um die mit dem CAPM verbun denen Kritikpunkte u. a. zur Ermittlung der Risikoprämie der Eigenkapitalgeber mithilfe von statistisch aus dem Aktienmarkt hergeleiteten BetaFaktoren aufzu fangen. Moniert wird hier u. a. die vergangenheitsbezogene Perspektive, da zur Ermittlung von BetaFaktoren historische Aktienkurse bzw. Marktrenditen heran gezogen werden. Außerdem unterstellt das CAPM die vollständige Diversifikation aller Investoren, d. h. jeder Kapitalmarktteilnehmer hält einen Anteil am Ge samtmarktportfolio und diese Anteile unterscheiden sich nur in ihrer Höhe, nicht aber in ihrer Struktur. Das MCPM geht einen anderen Weg und leitet die von Eigenkapitalgebern gefor derte Risikoprämie aus den Kursen börsengehandelter Optionen auf die jeweilige Aktie her. Diese beobachtbaren Optionspreise enthalten implizit die Erwartungen der Marktteilnehmer über zukünftige Kursschwankungen der zu Grunde liegen den Aktie.
198
Vgl. McNulty et al., Wie hoch sind Ihre Kapitalkosten wirklich?, in: HBM, 2003, Heft 3, S. 68-77. sowie Uzik/Weiser, Kapitalkostenbestimmung mittels CAPM oder MCPM?, in: FB, 2003, S. 705-718.
301
MCPM als Alternative zu CAPM?
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Die durchgeführte empirische Untersuchung zeigt jedoch, dass das MCPM in der Praxis noch recht unterschiedlich beurteilt wird. Ein möglicher Grund ist – neben der Komplexität des MCPM – auch die geringe Anzahl von Unternehmen, deren Optionen in ausreichendem Maße börslich gehandelt werden. Wie beurteilen Sie das MCPM? keine Meinung gebildet geeignet und CAPM vorzuziehen
14% 29% 14% 14%
ungeeignet zur Kapitalkostensatzermittlung
geeignet, aber CAPM unterlegen
29%
Tool, um CAPM-Werte zu verifizieren
Abb. 72: Aufnahme des MCPM in der Unternehmenspraxis Bereichsbezo gene Kapital kosten setzen sich in der Praxis nicht durch
In diversifizierten Konzernen ergibt sich darüber hinaus ggf. die Notwendigkeit, der Unterschiedlichkeit des Risikoprofils der einzelnen Geschäftsbereiche Rechnung zu tragen. Ein konzerneinheitlicher Kapitalkostensatz würde in diesen Fällen zu einer Fehlallokation von Kapital führen, da risikoreicheren Geschäftsfeldern zu niedrige und risikoärmeren Geschäftsfeldern zu hohe Kapitalkostensätze angelastet würden. Deshalb wird vielfach eine bereichsspezifische Differenzierung des Eigenkapitalkostensatzes vorgenommen, indem der Beta-Wert als wichtigster geschäftsspezifischer Einflussfaktor bei der Berechnung der Bereichskapitalkosten entsprechend angepasst wird. Die durchgeführte empirische Untersuchung zeigt allerdings trotz dieses Vorteils keine eindeutige Tendenz zu bereichsbezogenen Kapitalkosten. Dies könnte auf den mit einer solchen Differenzierung verbundenen Nachteil zurückzuführen sein, dass dann i. d. R. die Wertbeiträge der Bereiche auf Basis bereichsindividueller Kapitalkostensätze in Summe nicht mehr mit dem Wertbeitrag des Gesamtunternehmens identisch sind.
302
Kapitalkostensatz in der wertorientierten Führung
Eine aktuelle Diskussion zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten wird derzeit unter der Bezeichnung ERIC (Earnings less Risk-free Interest Charge) geführt. Im Kern geht es darum, die Unternehmensrisiken nicht durch einen Zuschlag im Eigenkapitalkostensatz abzubilden, sondern vielmehr die absolute Überschussgröße – im EVA-Konzept z. B. das betriebliche Ergebnis nach Steuern (Net Operating Profit After Tax, NOPAT) – um einen entsprechenden Risikoabschlag zu verringern.
D ERIC: Die Verwendung risikofreier Eigenkapital kostensätze ...
199
Diese – bereits seit längerem als Sicherheitsäquivalent-Methode bekannte – Form der Bewertung risikobehafteter Anlagen hat jedoch in der Praxis den Nachteil, dass eine objektive Ermittlung dieser Risikoabschläge von der Erfolgsgröße i. d. R. äußerst schwierig und meist auch – anders als die pauschale Risikoberücksichtigung im Eigenkapitalkostensatz –praktisch kaum durchsetzbar ist. Konzeptionell problematisch erscheint zudem die mit ERIC ebenfalls vorgeschlagene Performance-Messung auf Basis realisierter Wertbei200 träge über die Verwendung risikofreier Kapitalkostensätze . Hier wird unterstellt, dass für die Beurteilung der Profitabilität einer Anlage ex post, d. h. wenn das realisierte Ergebnis vorliegt, nur noch der risikofreie Zinssatz heranzuziehen ist. Damit wird jedoch entgegen den konzeptionellen Überlegungen der Sicherheitsäquivalent-Methode die ursprüngliche Forderung der Eigenkapitalgeber nach einer Abgeltung von Unternehmensrisiken ignoriert. Eine breite Durchsetzung dieser Überlegungen ist dementsprechend bisher in der Literatur bzw. in der Empirie auch nicht belegt.
5.3
Ermittlung des Fremdkapitalkostensatzes
Für die Ermittlung des Fremdkapitalkostensatzes ist nur das verzinsliche Fremdkapital des Unternehmens (insbesondere Anleihen und Bankdarlehen) von Relevanz, da bei wertorientierten Steuerungskennzahlen (EVA, CVA) unverzinsliches Fremdkapital (z. B. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen) regelmäßig von der Vermögensgröße subtrahiert wird. Dementsprechend enthält die eingangs angegebene WACC-Formel nur die Marktwerte des verzinslichen Fremdkapitals. 199 200
Vgl. hierzu Kapitel D 6.1. Vgl. KPMG, Werterzielung deutscher Unternehmen. ERIC-Performance-Studie, 2004, hier S. 32f.
303
... ist konzeptio nell problema tisch
D Fremdkapital kostensatz: Komplexe Ermittlung durch neue Finanzierungs formen
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Die Ermittlung des anteiligen Kapitalkostensatzes für Fremdkapital ist aufgrund des Vorliegens vertraglicher Vereinbarungen prinzipiell einfacher als für Eigenkapital, kann jedoch durch neue Finanzierungsformen komplex werden. Der langfristige Fremdkapitalkostensatz kann durch den Marktzinssatz einer langfristigen Anleihe des Unternehmens bestimmt werden. Da aufgrund der Basel II-Regelungen in Deutschland für eine zunehmende Zahl von Unternehmen Ratings vorliegen, kann der Fremdkapitalkostensatz auch als bonitätsabhängiger Zuschlag auf einen risikofreien Zinssatz ermittelt werden. Auch die Effektivverzinsung neu aufzunehmender langfristiger Bankkredite ist als Fremdkapitalkostensatz interpretierbar. Für die kurzfristige Fremdfinanzierung oder Finanzierungsformen mit variabler Verzinsung sind die aktuellen Konditionen maßgeblich. Allerdings sollte auch bei der Ermittlung von Fremdkapitalkosten die Möglichkeit eines Zinssatzanstiegs in der Zukunft berücksichtigt werden, um den ermittelten Kapitalkostensatz für einige Jahre konstant halten zu können. Als zinstragendes Fremdkapital werden auch die Pensionsrückstellungen und andere langfristige Rückstellungen des Unternehmens betrachtet. Als Kapitalkostensatz kommt hierfür in der Praxis der Kapitalkostensatz des verzinslichen Fremdkapitals oder der bei der Bilanzierung nach IFRS oder US-GAAP verwendete Diskontierungssatz zur Anwendung.
5.4
Besonderheiten bei der Ermittlung des Kapitalkostensatzes für nicht börsennotierte Unternehmen
Bei der Ermittlung der Kapitalkostensätze für nicht börsennotierte Unternehmen oder Unternehmensteile stellt die Bestimmung des Beta-Werts eine besondere Herausforderung dar, da in diesen Fällen nicht auf die Aktienkursentwicklung der Vergangenheit zurückgegriffen werden kann. Dennoch ist für die wertorientierte Führung die Ermittlung von Eigenkapitalkosten auch für solche Einheiten erforderlich, sei es für die bereits erwähnte Differenzierung der Kapitalkostensätze in diversifizierten Konzernen, sei es im Falle von Unternehmen des Mittelstands, deren Anteile nicht an einer Börse gehandelt werden.
304
Kapitalkostensatz in der wertorientierten Führung
D
Einen Ansatzpunkt zur Ermittlung von Beta-Werten für nicht börsennotierte Einheiten bilden die Beta-Werte börsennotierter Unternehmen, die hinsichtlich Branche, Größe, Produktprogramm, Wettbewerbsstrategie, regionaler Präsenz, Kostenstruktur u. a. mit dem eigenen Unternehmen bzw. Geschäftsfeld vergleichbar sind. In der Unternehmenspraxis wird dabei überwiegend anstelle eines einzelnen börsennotierten Referenzunternehmens (pure play technique) der Durchschnitt der Beta-Werte mehrerer Referenzunternehmen (peer group technique) bevorzugt (Abbildung 73). In jedem Fall sind bei der Übernahme von Beta-Werten anderer Unternehmen Unterschiede in der Kapitalstruktur zu berücksichtigen. Vergleichs unternehmen
16% 88%
Peer-Group Zu- oder Abschläge vom konzernweiten β sonstige Vorgehensweise
Problem: Er mittlung der BetaFaktoren
20% 8%
Mehrfachnennungen möglich
Abb. 73: Bestimmung des Beta-Werts für nicht börsennotierte Einheiten Ergänzend oder anstelle von Vergleichsunternehmen können auch Branchen-Betas als aggregierte Beta-Werte der Unternehmen einer Branche verwendet werden. Abbildung 74 gibt einen Überblick über 201 die Beta-Werte ausgewählter Branchen in Deutschland . Einen weiteren Ansatzpunkt zur Ermittlung von Beta-Werten stellen 202 Scoring-Modelle zur Abschätzung des Geschäftsrisikos dar . Für vorgegebene Kriterien, die ggf. unternehmensspezifisch zu ergänzen sind, wird jeweils die Höhe des Risikos durch das Management oder durch die Unternehmenszentrale eingeschätzt. Diese Einschätzungen erfolgen relativ zu anderen Geschäftsfeldern, zum Unternehmen insgesamt oder zum Gesamtmarkt.
201
Vgl. Drukarczyk/Schüler, Kapitalkosten deutscher Aktiengesellschaften – eine empirische Untersuchung, in: FB, 2003, S. 337-348, hier S. 344 (Auswahl). 202 Vgl. Lewis, Steigerung des Unternehmenswertes. Total Value Management, 1995, S. 86.
305
Lösung: Vergleichs oder BranchenBetas
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Automobil
1,10
Chemie
0,86
Bau
0,85
Nahrungsmittel
0,62
Maschinenbau
0,87
Pharma & Gesundheit
0,72
Handel
0,79
Software
1,27
Telekommunikation
1,09
Energieversorger
0,72 β= 1
Abb. 74: Branchen-Betas in Deutschland Alternative: Ermittlung des BetaWerts über Scoring Modelle
Die einzelnen Risikoeinschätzungen werden dann gewichtet und zu einem Gesamt-Risikoscore zusammengeführt. Dieser Risikoscore führt dann zu einem Zuschlag oder Abschlag auf den Beta-Wert des Vergleichsobjekts (Abbildung 75). Insgesamt betrachtet unterliegen die Auswahl und Gewichtung der Risikokriterien, die Einschätzung der Ausprägung der jeweiligen Risiken und die Transformation in einen Zu- oder Abschlag des Beta-Werts erheblichen subjektiven Einflüssen. Daher sollten Scoring-Verfahren nur in Verbindung mit anhand von Vergleichsunternehmen ermittelten Beta-Werten zur Anwendung kommen. Kriterien
Ausprägung Geringes Risiko
1 2 3 4 5
Hohes Risiko
Kontrolle
Geringe externe Renditeeinflüsse
Starke externe Renditeeinflüsse
Markt
Stabil, ohne Zyklen
Dynamisch, zyklisch
Wettbewerber
Wenige, konstante Marktanteile
Viele, variable Marktanteile
Produkte/Konzepte
Langer Lebenszyklus, nicht substituierbar
Kurzer Lebenszyklus, substituierbar
Markteintrittsbarrieren Hoch
Niedrig
Kostenstruktur
Hohe Fixkosten
Geringe Fixkosten
Durchschnitt
Abb. 75: Scoring-Modell zur Abschätzung des Geschäftsrisikos
306
Kapitalkostensatz in der wertorientierten Führung
D
Darüber hinaus können die hier für nicht börsennotierte Einheiten dargestellten Verfahren zur Ermittlung von Beta-Werten auch zur Plausibilitätsprüfung verwendet werden, wenn für börsennotierte Unternehmen Beta-Werte auf der Grundlage der Kursentwicklung der eigenen Aktien berechnet wurden.
5.5
Gesamtwürdigung des WACCAnsatzes
Der WACC-Ansatz ist das in der deutschen Unternehmenspraxis im Rahmen wertorientierter Führungskonzepte typischerweise angewendete Verfahren der Kapitalkostensatzbestimmung. Dieses Verfahren ist auch für nicht börsennotierte Unternehmen des Mittelstands geeignet. Der Verzicht auf die Berücksichtigung von Risiken im Kapitalkostensatz – wie jüngst unter dem Stichpunkt ERIC vorgeschlagen – ist nur gerechtfertigt, wenn die Überschussgröße (im Falle des EVA der NOPAT) in ein Sicherheitsäquivalent transformiert, d. h. um einen Risikoabschlag bereinigt würde. Dies würde jedoch nur eine Problemverlagerung in der Berechnung bedeuten und ist bisher keine in der Praxis etablierte Vorgehensweise. Insgesamt betrachtet gibt der WACC-Ansatz zwar einen geeigneten methodischen Rahmen für die Ermittlung eines Kapitalkostensatzes bei wertorientierter Unternehmenssteuerung vor, doch verbleiben in der praktischen Anwendung sowohl methodische Freiräume als auch Entscheidungen über die Auswahl der Input-Daten. Beides hat einen erheblichen Einfluss auf die Höhe des errechneten Kapitalkostensatzes.
WACCAnsatz als geeigneter methodischer Rahmen ...
Entscheidend für die Unternehmenspraxis ist jedoch vor allem, dass ein Bewusstsein für die mit dem Einsatz von Eigenkapital verbundenen Kosten hergestellt wird und dass für die Kapitalkostensatzermittlung ein Verfahren zum Einsatz kommt, welches den Entscheidungsträgern durchschaubar erscheint und deshalb entsprechend Akzeptanz findet. In diesem Zusammenhang ist deshalb auch eine Konstanz der Kapitalkostensätze im Zeitablauf anzustreben und Anpassungen auf gravierende Änderungen der Input-Daten zu beschränken.
... mit hohen Spielräumen
307
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
6
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
Im Zuge der steigenden Bedeutung des Shareholder-Value-Ziels wächst die Bedeutung von Unternehmensakquisitionen als Möglichkeit zur Wertsteigerung durch externes Unternehmenswachstum. Für den Erwerb von Unternehmen werden i. d. R. Kaufpreise gezahlt, die den Neubewertungswert des Akquisitionsobjekts übersteigen. Die Bilanzierung dieses Differenzbetrags – Goodwill oder Geschäfts- und Firmenwert genannt – hat sich seit 2004 für Unternehmen, die nach den IFRS bilanzieren, verändert. Gemäß IFRS 3 „Business Combinations“ ist der aus einer Akquisition resultierende Goodwill zu aktivieren und die vormals zulässige, planmäßige Abschreibung durch eine regelmäßige Prüfung auf Werthaltigkeit zu ersetzen. Beispiel Goodwill nimmt in den Bilanzen kapitalmarktorientierter Konzerne ein hohes Gewicht ein. So weist RWE im Konzernabschluss des Jahres 2005 einen Good will in Höhe von über 14,1 Mrd. € aus. Dies entspricht einem Anteil von 123 % des Eigenkapitals. Abschreibungen des Goodwills können sich stark auf den Jah resüberschuss auswirken. Zum Beispiel hat die Telekom im Jahr 2002 einen Jah resfehlbetrag in Höhe von 24,6 Mrd. € ausgewiesen, wobei allein die Goodwill 204 Abschreibungen dieser Berichtsperiode 13,1 Mrd. € betrugen . Hohe Bedeu tung macht Goodwill Controlling erforderlich
205
Aufgrund der hohen Bedeutung der „nebulöse[n]“ Bilanzposition Goodwill unter IFRS müssen gerade kapitalmarktorientierte Unternehmen sowohl reaktiv als auch proaktiv Steuerungsmaßnahmen ergreifen, die durch das (Goodwill-)Controlling unterstützt werden. •
Sobald – beispielsweise über Forecast-Werte – intern abzusehen ist, dass wesentliche Vermögenswerte bzw. Goodwill-Positionen voraussichtlich außerplanmäßig abzuschreiben sind, ist eine entsprechende reaktive Information vom Controllerbereich an die Bilanzierung erforderlich. Dies erfordert auch außerhalb der Zeiten der Erstellung des Konzernabschlusses eine enge Zusammenarbeit.
204
Vgl. die Geschäftsberichte von RWE (2005), S. 95 und 128, Deutsche Telekom (2002), S. 124 und 145. 205 Küting, Bilanzanalyse am Neuen Markt, in: Küting/Weber (Hrsg.), Vom Financial Accounting zum Business Reporting, 2002, S. 101-145, hier S. 126.
308
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS •
D
Die Controller müssen im Management-Cockpit strategische Finanzkennzahlen bereitstellen, mit denen das Management idealerweise bereits proaktiv durch entsprechende Maßnahmen mögliche Impairments beseitigt. Denkbar wären beispielsweise entsprechende Sicherheitskoeffizienten auf Basis realisierter Ist-Cashflows. Ein Beispiel für entsprechende Kennzahlen für das Goodwill-Controlling finden Sie in Kapitel D 6.2.5.
6.1
IFRSBilanzierungsvorschriften für Goodwill
6.1.1
Bilanzielle Abbildung von Unternehmenserwerben
Die Bilanzierung von Unternehmenserwerben wird in IFRS 3 unter maßgeblichen Verweisen auf IAS 36 und IAS 38 geregelt. Die genannten Standards wurden am 31. März 2004 mit dem Abschluss des IASBProjekts „Business Combinations – Phase I“ verabschiedet und lehnen sich größtenteils an die US-GAAP-Regelungen SFAS 141 und SFAS 142 an. Mit Inkrafttreten der Regelungen ist zur Abbildung von Unternehmenszusammenschlüssen einzig die Erwerbsmethode anzuwenden (IFRS 3.14), wobei die Anschaffungskosten des Unternehmenserwerbs mit dem Saldo der neubewerteten Vermögenswerte und Schulden verrechnet werden. Ein möglicherweise entstehender positiver Unterschiedsbetrag ist als Goodwill zu aktivieren. Dieser wird in der Folge gemäß IFRS 3.54f. nicht mehr planmäßig abgeschrieben, sondern mindestens jährlich auf mögliche Wertminderungen geprüft und gegebenenfalls außerplanmäßig abgeschrieben (Impairment-onlyApproach).
6.1.2
Ermittlung des Goodwills
Die Ermittlung des Goodwills aus Unternehmenserwerb erfolgt im Rahmen der Kaufpreisallokation (purchase price allocation). Zum Erwerbszeitpunkt wird das erwerbende Unternehmen identifiziert sowie die Anschaffungskosten ermittelt und auf die erworbenen Vermögenswerte und Schulden verteilt. Übersteigen die Anschaffungskosten das mit dem Fair Value bewertete Nettovermögen des erworbenen Unternehmens, ist die Residualgröße als Goodwill zu aktivieren.
309
IFRS 3 verlangt den „Impair mentonly Approach“
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Originärer vs. derivativer Goodwill Grundsätzlich sind der originäre, d. h. selbsterstellte, und der derivative Good will zu unterscheiden. Originärer Goodwill darf nicht aktiviert werden (IAS 38.48). Der maßgeblich erworbene derivative Goodwill wird gemäß den Rege lungen der IFRS als „künftiger wirtschaftlicher Nutzen aus Vermögenswerten, die nicht einzeln identifiziert und separat angesetzt werden können“ (Anhang A zu IFRS 3), angesehen. Der derivative Goodwill kann in folgende Kategorien aufgeteilt werden: •
Immaterielle Werte des erworbenen Unternehmens, die den Kriterien des Bilanzansatzes nicht genügen, aber einen ökonomischen Nutzen darstellen beispielsweise eine vorteilhafte Wettbewerbsposition.
•
Finanzierungsvorteile, die das erwerbende Unternehmen durch die Inan spruchnahme besonders günstiger Finanzierungskonstruktionen realisiert und die Bereitschaft zur Kaufpreiszahlung erhöhen.
•
Synergie, Erweiterungs und Restrukturierungspotenziale, die durch den Zusammenschluss ausgenutzt werden, beispielsweise weil das erwerbende Unternehmen der „best owner“ des Geschäftsmodells des erworbenen Un ternehmens ist, d. h. dessen Ressourcen wirtschaftlicher nutzen kann.
•
Stark unsichere Potenziale und Werte bzw. Zahlungen ohne Gegenwert, die letztlich eine strategische Prämie des erwerbenden Unternehmens reprä sentieren. Sie resultieren daraus, dass sich nicht alle Erwartungen des er werbenden Unternehmens realisieren lassen. Zahlungen ohne Gegenwert können auch dadurch entstehen, dass ein Unternehmen im Auktionsverfah ren erworben wurde. Die Differenz des Höchstgebots zum nächstbesten Ge bot wird auch als „winner’s curse“ bezeichnet. Diesen Betrag hätte das er werbende Unternehmen für den Kauf nicht aufbringen müssen, wenn es die Höhe des nächstbesten Gebots gekannt hätte.
6.1.3
Zuordnung des Goodwills auf ZGEs
Nach Ermittlung und Aufteilung der Anschaffungskosten auf Vermögenswerte und Schulden ist neben dem erworbenen Nettovermögen auch der Goodwill auf zahlungsmittelgenerierende Einheiten (ZGEs, cash-generating units) des erwerbenden Unternehmens aufzuteilen. Hierfür ist nicht mehr IFRS 3, sondern IAS 3 relevant. Identifikation von ZGEs
Eine ZGE ist die kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögenswerten, die Mittelzuflüsse erzeugen, die weitestgehend unabhängig von den Mittelzuflüssen anderer Vermögenswerte oder anderer Gruppen von Vermögenswerten sind (IAS 36.6). Die ZGEs, denen Goodwill zugeordnet wird, sollen die niedrigste Führungsebene repräsentieren, auf denen Goodwill intern gesteuert wird (IAS 36.80). Zugleich darf
310
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
D
die Zuordnungseinheit nicht größer sein als ein primäres oder sekundäres Segment der Segmentberichterstattung gemäß IAS 14. Im Sinne des Management Approach wird der Goodwill so verteilt, wie die jeweiligen Einheiten von den Synergien des Unternehmenserwerbs profitieren. Dabei erfolgt die Goodwillverteilung unabhängig von der Zuordnung der erworbenen Vermögenswerte, Schulden und Eventualverbindlichkeiten im Unternehmensverbund.
6.1.4
Folgebilanzierung des Goodwills und ImpairmentTest
Im Rahmen der Folgebilanzierung kann der Goodwill nur außerplanmäßig im Fall einer Wertminderung abgeschrieben werden (IFRS 3.54). Zur Feststellung des möglichen Impairment-Bedarfs ist mindestens jährlich sowie auch unterjährig, wenn bestimmte Indikatoren, wie außergewöhnliche Marktwertänderungen, auf eine Wertminderung hinweisen, ein Impairment-Test gemäß IAS 36 durchzuführen. Auf den jährlichen Impairment-Test kann lediglich verzichtet werden, wenn Indikatoren vorliegen, dass der erzielbare Betrag als relevanter Vergleichswert erheblich über dem fortgeführten Buchwert des Goodwills liegt (IAS 36.15). Im Rahmen des Impairment-Tests wird auf Ebene der ZGE, der ein Goodwill innerhalb der Kaufpreisallokation zugeordnet wurde, der erzielbare Betrag (recoverable amount) mit dem Buchwert (carrying amount) der ZGE verglichen (IAS 36.90). Der erzielbare Betrag ist der höhere Betrag aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (fair value less costs to sell) und dem Nutzungswert (value in use). Unterschreitet der erzielbare Betrag den Buchwert der ZGE, ist in Höhe der Differenz ein Wertminderungsaufwand zu verbuchen (IAS 36.104f.). Dabei sind zunächst der Buchwert des zur ZGE zugeordneten Goodwills und nachfolgend anteilig die weiteren Vermögenswerte der ZGE zu reduzieren. Eine spätere Wertaufholung ist nicht zulässig (IAS 36.124). Achtung: Die Vorgehensweise des GoodwillImpairmentTests hat einen zentralen konzep tionellen Nachteil. Baut eine Unternehmenseinheit im Laufe der Zeit den erwor benen oder derivativen Goodwill ab und in gleichem oder stärkerem Maße neuen, jetzt originären Goodwill auf, dann wird kein Impairment durchgeführt, d. h. der
311
Vorgehen des Impairment Tests
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
derivative Goodwill wird weiterhin in der IFRSBilanz ausgewiesen, obwohl er faktisch durch originären Goodwill ersetzt wurde. Dies verzerrt den Vergleich zu Unternehmenseinheiten, die intern wachsen und deshalb keinen Goodwill ausweisen dürfen. Bei gleicher wirtschaftlicher Perfor mance weist die intern wachsende Einheit somit höhere Wertbeiträge bzw. Ren diten aus. Dies wird dann problematisch, wenn im Rahmen eines Management wechsels die neue Leitung der intern wachsenden Einheit vom originären Good will profitiert, ohne ihn aufgebaut zu haben: Es besteht nämlich die Gefahr, dass der originäre Goodwill aufgezehrt, anstatt weiter aufgebaut wird.
6.1.5 Goodwill Controlling
Ermittlung des Nutzungswerts im Rahmen des GoodwillImpairmentTests
Der Nutzungswert stellt dagegen den Barwert der geschätzten zukünftigen Cashflows dar, die aus einer ZGE resultieren (IAS 36.6.). Seine Bestimmung basiert grundsätzlich auf den Überlegungen der zahlungsstromorientierten Unternehmensbewertung (DCF-Verfahren). Tipp IAS 36 verfolgt einen EntityAnsatz, demgemäß nur operative und teilweise in vestive Zahlungsströme – unter Abstraktion jeglicher Finanzierungstätigkeiten und Ertragssteuerzahlungen – in die Bewertung eingehen (IAS 36.50). Ist die Be rücksichtigung spezifischer angesetzter Schulden aus praktischen Gründen not wendig, so kann in Ausnahmefällen gemäß IAS 36.78f. jeweils der Buchwert der ZGE und der Nutzungswert um den Buchwert der Schuld vermindert werden.
Zur Ableitung des Nutzungswerts werden die zukünftigen Cashflows geschätzt und mit einem angemessenen Zinssatz diskontiert (IAS 36.31). Gemäß IAS 36.32 und Anhang A des IAS 36 stehen zwei Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Risiken im Rahmen der Barwertermittlung offen (IAS 36.A4ff.): Zwei Verfahren zur Berücksich tigung von Risiken
•
•
Zum einen kann der traditionelle Ansatz (traditional approach) genutzt werden, bei dem die mit den wahrscheinlichsten Zahlungsströmen verbundenen Unsicherheiten einzig im Diskontierungsfaktor berücksichtigt werden. Dies wird auch als RisikozuschlagsMethode bezeichnet. Zum anderen können in der Ermittlung des Nutzungswerts erwartete Cashflows verwendet werden (expected cashflow approach). Bei diesem so genannten Erwartungswertverfahren erfolgt die Prognose der Zahlungsströme mittels Aggregation von mit Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichteten Szenarien. Bevor eine Diskontie-
312
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
D
rung mit dem risikolosen Zinssatz erfolgt, ist zusätzlich ein Sicherheitsabschlag zu berücksichtigen. Dieser kann über einen Risikozuschlag beim risikofreien Zins (Risikozuschlags-Methode) oder über einen Risikoabschlag auf den Erwartungswert (Sicherheitsäquivalent-Methode) vorgenommen werden. Beispiel Der erwartete Cashflow aus einem einjährigen Projekt zum 31.12.2001 wird am 1.1.2001 mit 1.100 Mio. € geschätzt. Der Wert des darin enthaltenen Risikos liegt bei 30 Mio. €. Der risikofreie Zinssatz liegt derzeit bei 7 %, für die Über nahme des Projektrisikos ist ein Aufschlag von 3 % relevant. Bei der Ermittlung des projektspezifischen Nutzungswerts gemäß IAS 36 auf Basis der RisikozuschlagsMethode wird der wahrscheinlichste Wert der zu künftigen unsicheren Cashflows verwendet. Er liegt bei 1.100 Mio. €. Die Dis kontierung erfolgt dann mit dem risikoangepassten Zinssatz von 10 % = 7 % + 3%. Konsequent liegt der Nutzungswert bei 1.000 Mio. €. Bei Anwendung des Erwartungswertverfahrens in Ausprägung der Sicher heitsäquivalentMethode wird das Risiko bereits in den Cashflow Schätzungen eliminiert, d. h. es wird ein Abschlag vom Erwartungswert vorge nommen. Dieser Abschlag beträgt hier annahmegemäß 30 Mio. €, sodass der risikoadjustierte Cashflow („Sicherheitsäquivalent“) mit 1.070 Mio. € bewertet wird. Die Diskontierung erfolgt dann konsequent mit dem risikofreien Zinssatz von 7 %. Auch hier liegt der Nutzungswert dann bei 1.000 Mio. €. Die praktische Anwendung jedes Verfahrens ist jedoch mit methodischen Schwierigkeiten behaftet. Die Ermittlung risikoangepasster Zinssätze mithilfe des CAPM kann praktisch allenfalls eine Schätzung der tatsächlichen Risikokos ten liefern. Für die Bildung von Risikoabschlägen bei Anwendung der Sicher heitsäquivalentMethode muss streng genommen die Risikonutzenfunktion des Bewertenden bzw. der am Kapitalmarkt vorgenommene Risikoabschlag bekannt sein. Auch dies kann in der Praxis nur geschätzt werden.
Die Prognose der erwarteten Cashflows des Nutzungswerts beruht auf den realen Einschätzungen des Managements im Hinblick auf den aktuellen Zustand der ZGE. Externen Erkenntnissen ist dabei jedoch ein noch größeres Gewicht beizumessen als internen (IAS 36.33(a), IAS 36.44). Die Cashflows beinhalten auch Synergiepotenziale, jedoch nur in dem Maße, in dem sie auch von anderen Erwerbern in ähnlicher Weise realisiert werden könnten. Die Ableitung der Cashflows gemäß IAS 36 unterliegt spezifischen Einschränkungen. Sofern keine längere Prognoseperiode gerechtfertigt ist, darf der detaillierte Prognosezeitraum eine Länge von fünf Jahren nicht überschreiten. Für den Folgezeitraum ist grundsätzlich eine Ext-
313
Anforderungen an die Cash flowPrognosen
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
rapolation der Prognosen mit einer konstanten oder rückläufigen Wachstumsrate durchzuführen (IAS 36.33ff.). Anforderungen an den Diskon tierungszins
Zur Diskontierung ist unter Berücksichtigung der aktuellen Marktbewertungen des Zeitwerts des Geldes sowie der speziellen Risiken der ZGE ein Zinssatz vor Steuern anzuwenden. Da sich für nicht börsennotierte ZGEs Kapitalkostensätze nicht unmittelbar aus dem Markt 206 ableiten lassen , werden stattdessen marktbezogene Kapitalkostensätze angewendet. Einen Ausgangspunkt zur Ableitung stellt in der Praxis der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz WACC dar (IAS 36.A17). Der Kapitalkostensatz muss jedoch an den eines unverschuldeten Unternehmens angepasst werden, da der Diskontierungssatz unabhängig von der Kapitalstruktur des Unternehmens und der ZGE ermittelt werden muss (IAS 36.A19). Dies bedeutet, dass das Kapitalstrukturrisiko aus dem Kapitalkostensatz zu eliminieren ist.
6.2
Aufgabenbereiche des GoodwillControllings
Im Rahmen des Goodwill-Controllings, das fachlich beim M&AControlling oder Beteiligungscontrolling angegliedert ist, muss das Management zunächst bei der Vermeidung von Impairments unterstützt bzw. frühzeitig auf nicht mehr vermeidbare Impairments aufmerksam gemacht werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, inwieweit das Goodwill-Impairment zu Anreizzwecken in den Performance-Kennzahlen zu berücksichtigen ist. Folgende Arbeitsgebiete sind damit für das Goodwill-Controlling relevant: Aufgabenberei che des Good willControl lings
• • • • • •
206
Unterstützung der Kaufpreisfindung im Akquisitionsprozess, Zuordnung von Goodwill auf ZGEs im Rahmen der Kaufpreisallokation, Ermittlung von Indikatoren zur Vorbereitung von GoodwillImpairment-Tests, Bereitstellung von Plan-Cashflows zur Berechnung des Nutzungswerts der ZGEs, laufendes Reporting goodwillbezogener Kennzahlen sowie Anpassung der Performance-Messung bezüglich bestehender Goodwill-Positionen.
Vgl. hierzu Kapitel D 5.4.
314
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
6.2.1
D
Einbindung des Controllings in den Akquisitionsprozess
Die hohe Bedeutung des Goodwills und das Risiko späterer außerplanmäßiger Abschreibungen erfordern eine frühe Einbindung des Controllerbereichs in den Prozess des Unternehmenserwerbs. Während der Due Diligence sind Planungsrechnungen des Akquisitionsobjekts auf Plausibilität zu untersuchen und für das zukünftig integrierte Gesamtunternehmen zu erstellen. Zur Antizipation zukünftiger Impairments ist es empfehlenswert, schon im Akquisitionsprozess die einzelnen Komponenten des Goodwills zu unterscheiden, nämlich nicht ansatzfähige immaterielle Vermögenswerte, wahrscheinliche oder sogar weitgehend sichere Synergie- und Restrukturierungspotenziale sowie stark unsichere Potenziale, Werte und Zahlungen ohne Gegenwert. Potenzielle Impairment-Bedarfe in Folgeperioden entstehen dabei aus 207 mehreren Quellen (vgl. Abbildung 76) : •
•
207
Finanzierungsvorteile, die dazu führen, dass der Kapitalkostensatz im Rahmen der Kaufpreisermittlung niedriger ist als der Kapitalkostensatz, der nach IAS 36 angewendet werden muss: Da der Nutzungswert der goodwilltragenden ZGE unabhängig von Finanzierungseffekten ermittelt wird, führt dies in den Folgeperioden zu einem Goodwill-Impairment. Ausstehende Erweiterungs- und Restrukturierungspotenziale sowie Synergiepotenziale, die andere Erwerber in der geplanten Form jedoch nicht realisieren könnten: Die Plan-Cashflows, die aus derartigen Potenzialen resultieren, dürfen nicht in die Ermittlung des Nutzungswerts der Goodwilltragenden ZGE einbezogen werden, obwohl sie bei der Festlegung der Kaufpreisobergrenze des Unternehmens berücksichtigt werden. Gelingt es im Rahmen des Unternehmenskaufs nicht, den Kaufpreis durch geschickte Verhandlungen entsprechend niedriger zu halten, wird selbst bei vollständiger Realisierung sämtlicher mit der Akquisition verbundenen Erwartungen ein Goodwill-Impairment erforderlich, wenn Erweiterungen, Restrukturierungen und Syner-
Vgl. ähnlich Biberacher, Synergiemanagement und Synergiecontrolling, 2003, S. 371.
315
Quellen für künftige Im pairment Bedarfe
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
•
•
gien nicht vor dem ersten Impairment-Test vollständig realisiert werden konnten. Stark unsichere Potenziale und Werte: Möglicherweise werden bei der Kaufpreisfindung auch stark unsichere Potenziale und Werte einbezogen, die sich im Nachgang zur Akquisition nicht realisieren lassen, sodass nachfolgend in entsprechender Höhe ein Goodwill-Impairment vorzunehmen ist. Das Gleiche gilt für im Kaufprozess noch unsichere Nachteile, die später eintreten. Zahlungen ohne Gegenwert, z. B. Aufschlag in der Höchstgebotsprämie im Rahmen eines Auktionsverfahrens (winner’s curse): Derartige Beträge fließen in den Goodwill ein, verursachen aber im Nachgang ohne Ausgleich des derivativen Goodwills durch originären ebenfalls ein Goodwill-Impairment. Stark unsichere Werte und Potenziale / Zahlungen ohne Gegenwert
Finanzierungsvorteile
„Strategische Prämie“
(Potenzielles) Impairment in Folgeperioden
Goodwill Gezahlter Kaufpreis
Wahrscheinliche Synergie-, Erweiterungs- und Restrukturierungspotenziale Nicht bilanzierungsfähige immaterielle Werte
Mindestbetrag der Kaufpreisobergrenze Erzielbarer Betrag
Buchwert des Unternehmens zum Fair Value
Abb. 76: Goodwill-Komponenten und potenzielles Impairment Der hier beschriebene Impairment-Bedarf wird vermieden, wenn an anderer Stelle Erwartungen übererfüllt werden bzw. ungeplante Potenziale und Werte realisiert werden.
316
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
D
Idealerweise kann eine derartige Aufgliederung, mit deren Hilfe Goodwillkomponenten detailliert quantifiziert werden können, dazu beitragen, dass schon im Rahmen des M&A-Prozesses potenzielle Impairment-Bedarfe antizipiert werden und – soweit möglich – in die Unternehmenspolitik Eingang finden. Dies sind im M&A-Prozess sowohl die Kaufpreisverhandlungen als auch die Investorenkommunikation und mögliche bilanzpolitische Maßnahmen der Sachverhaltsgestaltung, mit deren Hilfe das Impairment vermieden werden kann, z. B. durch die geschickte Aufteilung des Goodwills auf ZGE.
Aufgliederung der Goodwill Komponenten als Controlling instrument
Gleichzeitig kann die Aufgliederung der Goodwill-Komponenten auch in den Folgejahren im Rahmen der M&A-Kontrolle verwendet werden. Die Auflistung der Goodwill-Komponenten und die Ableitung korrespondierender Cashflowströme tragen nämlich dazu bei, Veränderungshebel sowie deren Sensitivität zu erkennen und in der Folgezeit die Realisation der erwarteten Potenziale zu überprüfen.
Einsatz in der langfristigen M&AKontrolle
Die Bewertung der Potenziale sollte hierbei mit den gleichen Instrumenten wie bei der generellen Unternehmensbewertung durchgeführt werden. Das Controlling kann Ermittlungsschemata für die Ableitung der Cashflows bereitstellen, die dem Goodwill zuzurechnen sind. Da dies grundsätzlich für den Goodwill en bloc nicht unmittelbar möglich ist, können Ermittlungsschemata auf Ebene der Goodwill-Komponenten entwickelt werden. Dies geschieht idealerweise in Zusammenarbeit mit den Unternehmensbereichen, in denen Synergien erwartet werden. Weisen in späteren Perioden Frühindikatoren auf Szenarien hin, die ein Impairment bewirken, können rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
6.2.2
Unterstützung bei der GoodwillZuordnung auf ZGEs
Ausgangspunkt für die Zuordnung des Goodwills ist die Abgrenzung von ZGEs unter Berücksichtigung der internen operativen Steuerungsstrukturen. Bei der Abgrenzung von ZGEs müssen jedoch die Zielsetzung der Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen ebenso wie Wesentlichkeits- und Wirtschaftlichkeitsaspekte berücksichtigt werden. Der Goodwill wird auf die ZGE im neuen Unternehmensverbund verteilt, die erwartungsgemäß einen Nutzen aus dem Unternehmenserwerb realisiert. Dabei ist auf die Unternehmensebene abzustellen, auf der der Goodwill für Steuerungszwecke überwacht wird (IAS 36.80).
317
Einfluss auf künftige Good will Impairments
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Nach Ansicht des Standardsetters IASB sind für die Zwecke des Impairment-Tests keine zusätzlichen Berichtsstrukturen zu schaffen, sofern der Goodwill höchstens auf der Segmentebene überwacht wird (IAS 36.82). Damit liegen hohe Ermessensspielräume für die ZGEAbgrenzung und Goodwill-Zuordnung vor. Achtung: Die Abgrenzung der ZGEs hat großen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit und Hö he des GoodwillImpairments. Werden mehrere organisatorische Einheiten im Unternehmen zusammengefasst, können einzelne Wertminderungen durch Wert steigerungen anderer Einheiten ein Impairment auf übergeordneter Ebene, auf der der ImpairmentTest durchgeführt wird, kompensieren. Weiterhin reduziert eine fokussierte Verteilung des Goodwills das Eintrittsrisiko von Impairments. Ermessensspielräume bei der Nutzenbewertung, die als Grund lage der Verteilung dient, können hierbei ausgenutzt werden. Eine mögliche Stra tegie ist die Zuordnung des Goodwills auf besonders ertragsstarke Einheiten, da diese durch einen hohen originären Goodwill gekennzeichnet sind.
6.2.3
Ermittlung von Indikatoren zur Vorbereitung von GoodwillImpairmentTests
Die Überprüfung der Werthaltigkeit des Goodwills erfolgt auf Basis des Impairment-Tests, der jährlich, oder wenn Indikatoren auf eine Wertminderung hinweisen auch unterjährig, vorzunehmen ist. Umgekehrt kann auf die aufwändige Durchführung des Impairment-Tests verzichtet werden, wenn Indikatoren darauf hinweisen, dass der erzielbare Betrag weit über dem fortgeführten Buchwert der ZGE liegt. Indikatoren für Impairment
Als wichtigster Indikator in der Unternehmenspraxis wird die Unterbzw. Überschreitung des Leistungsvermögens angesehen. So besteht z. B. ein Anzeichen für eine Wertminderung, wenn die geplanten Cashflows der ZGE vom Controlling definierte Schwellenwerte unterschreiten. Auch in Relation zur Planung können hohe oder niedrige Wertbeiträge (EVA, CVA) mögliche Indikatoren für ein Impairment oder die Werthaltigkeit des Goodwills sein. Das Goodwill-Controlling ist hier als Schnittstelle zwischen internem Berichtswesen und externer Finanzberichterstattung gestaltet und stellt sicher, dass die einen Impairment-Test auslösenden Indikatoren überwacht werden. Daneben gehört es zur Aufgabe des GoodwillControllings, die von der Unternehmensführung verwendeten Instrumente und Kennzahlen – wie innerhalb einer Balanced Scorecard oder im Risikomanagementsystem – in diesem Kontext abzustimmen.
318
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
D
So können (Früh-)Indikatoren für mögliche Wertminderungen des Goodwills bereitgestellt werden, auf deren Grundlage frühzeitig eine aktive Gegensteuerung ermöglicht wird. Jährliche Goodwill-Impairment-Tests einzelner ZGEs können zu einem beliebigen, jedoch stetigen Zeitpunkt innerhalb der Berichtsperiode erfolgen (IAS 36.96). Grundsätzlich bietet es sich an, dass die erforderlichen Goodwill-Impairment-Tests entweder parallel bzw. nach Abschluss des Finanzplanungsprozesses oder über die Berichtsperiode verteilt durchgeführt werden. In der Unternehmenspraxis werden Goodwill-Impairment-Tests häufig zu einem einheitlichen Stichtag durchgeführt, der mit dem Planungsprozess und dem Bilanzstichtag abgestimmt ist. Eine ganzjährige Verteilung von GoodwillImpairment-Tests ist schon aufgrund des hohen Planungsaufwands wenig sinnvoll und wird deshalb auch kaum praktiziert.
6.2.4
Gebündelte Durchführung der Goodwill Impairment Tests
Bereitstellung von PlanCashflows zur Berechnung des Nutzungswerts der ZGEs
Bei der Durchführung des Impairment-Tests sind u. a. für die Bereitstellung der Plan-Cashflows für den Nutzungswert spezifische Anforderungen des IAS 36 zu erfüllen und folglich die unternehmensinternen Planungssysteme anzupassen. So sind beispielsweise ZGEs als Planungsebene einzurichten und die geplanten Zahlungsströme der Mittelfristplanung regelkonform anzupassen. Dies bedeutet insbesondere die Beachtung folgender Vorschriften: •
•
•
Zentrale Ausgangsgröße sind Cashflows aus der betrieblichen Nutzung der ZGE, d. h. die Zahlungsmittelüberschüsse aus der operativen Leistungserstellung unter Berücksichtigung notwendiger Erhaltungsinvestitionen und Gemeinkosten, die geeignet zugerechnet werden können (IAS 36.41). Ferner werden Cashflows, die aus einem möglichen Verkauf der ZGE entstehen, berücksichtigt (IAS 36.52). Dazu gehören neben dem Veräußerungspreis auch damit verbundene Kosten sowie nicht bilanzierte Zahlungsmittelabflüsse z. B. aus Entsorgungsverpflichtungen (IAS 36.43(b)). Cashflows aus Erweiterungsinvestitionen dürfen grundsätzlich nicht berücksichtigt werden (IAS 36.44). Korrespondierend ist von den daraus resultierenden Umsatzerlösen zu abstrahieren.
319
Anforderungen an Plan Cashflows
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS •
•
•
Cashflows aus Restrukturierungsmaßnahmen dürfen nur insoweit angesetzt werden, als dass es sich um aktuelle, bereits beschlossene Restrukturierungen handelt (IAS 36.44) bzw. wenn Zahlungsmittel für zukünftige Restrukturierungen bereits abfließen (IAS 36.48). Cashflows aus Finanzierungsvorgängen sind nicht einzubeziehen (IAS 36.50(a)), da IAS 36 im Rahmen der Nutzungswertermittlung eine Unabhängigkeit von der Finanzierungsstruktur der ZGE und des Unternehmens erfordert (IAS 36.A19). Der Cashflow darf nicht durch Steuerzahlungen gemindert sein (IAS 36.50(b)). Ebenso sind Steuereffekte im Diskontierungszinssatz zu eliminieren. Gerade diese Aspekte werden, da sie der klassischen Vorgehensweise bei Unternehmensbewertungen entgegenstehen, in der Unternehmenspraxis kritisch gesehen. Tipp Bei der erforderlichen Anpassung der Planungssysteme sind zwei Vorgehenswei sen zu unterscheiden. • Die erste Möglichkeit besteht darin, die Planungsrechnungen insbesondere in der Mittelfristplanung so zu erweitern, dass sie stets den Vorschriften der IFRS genügen. Damit werden spätere notwendige Anpassungsmaßnahmen obsolet und die internen Planungen können unmittelbar für die Bestimmung des Nutzungswerts zu Grunde gelegt werden. Allerdings führt dies nachteilig dazu, dass die Planungssysteme vergleichsweise komplex werden, da zusätz lich auch weiterhin die unternehmensspezifischen Steuerungszwecke, so z. B. im Hinblick auf Erweiterungsinvestitionen, berücksichtigt werden müs sen. • Die zweite Möglichkeit besteht darin, geeignete Überleitungsrechnungen oder eine abgeleitete Planung allein für die Zwecke der Berechnung des Nutzungswerts bereitzuhalten. Es muss jedoch weiterhin IFRSKonformität garantiert werden; zudem darf die dem GoodwillImpairmentTest zu Grun de gelegte Planung nicht der intern verwendeten Mittelfristplanung wider sprechen.
Auch Goodwills müssen geplant werden
Neben der Bereitstellung von Plan-Cashflows müssen im GoodwillControlling aber auch die entsprechenden Goodwill-Positionen selbst kurz- und mittelfristig geplant werden. Hierfür sind Informationen über die Auswirkungen von Maßnahmenpaketen auf die kurz- und mittelfristige Wertentwicklung des Goodwills in verschiedenen Zukunftsszenarien bereitzustellen. Zur Ableitung von Entscheidungsalternativen in der Steuerung der ZGEs kann das Goodwill-Controlling Informationen darüber anbieten, welche Auswirkungen auf den Goodwill bei der jeweils geplanten
320
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
D
Maßnahme zu erwarten sind. So sind beispielsweise mit einer verstärkten Forschungstätigkeit eines Unternehmensbereichs erhöhte Aufwendungen sowie gleichzeitig eine Erhöhung des originären Goodwills verbunden. Das Goodwill-Controlling bewertet in Abhängigkeit von der gewählten Handlungsalternative des Managements die Auswirkungen auf den zugeordneten Goodwill und trägt somit dazu bei, gezielt Risiken eines möglichen Impairments zu identifizieren und die Sensitivität des Goodwills zu ermitteln.
6.2.5
Laufendes Reporting goodwillbezogener Kennzahlen
Aufgrund der hohen Bedeutung des Goodwills sowie des typischerweise hohen Volumens außerplanmäßiger Abschreibungen ist es zu empfehlen, weitere zusätzliche Reportingelemente für die Unternehmensführung bereitzustellen, die die aktuelle Situation des Goodwills über entsprechende Steuerungskennzahlen beleuchten. Derartige Kennzahlen unterstützen die Unternehmens- bzw. Bereichsleitungen dahingehend, dass die Wahrscheinlichkeit eines Impairments besser beurteilt und Abschreibungen auf den bilanzierten Goodwill durch frühzeitige Gegensteuerungsmaßnahmen – faktisch durch den Aufbau von originärem Goodwill oder die Realisierung von geplanten und ungeplanten Potenzialen aus dem Unternehmenserwerb – vermieden werden können. Die für die Bildung solcher Kennzahlen benötigten Eingangsgrößen werden grundsätzlich zur Durchführung des Impairment-Tests bereits erhoben und können ohne zusätzlichen Ermittlungsaufwand für Controllingzwecke verwendet werden. Anhand eines Beispielsachverhalts sollen die hier vorgestellten Kennzahlen berechnet, kurz erläutert und mögliche Interpretationsansätze gezeigt werden (vgl. Abbildung 77).
321
Kennzahlen zur Goodwill Steuerung erforderlich
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Beispiel Abbildung 77 stellt die Ermittlung des Nutzungswerts einer fiktiven ZGE vor. Detailplanung Periode
0
Free Cashflow Diskontierungsfaktor Diskontierte Free Cashflows Nutzungswert der ZGE
1 100,00 1,10 90,91
2 107,00 1,21 88,43
Fortschreibung 3 114,49 1,33 86,02
Restwert 1.144,90 1,33 860,18
1.125,54
Buchwert der ZGE 1.000,00 davon Buchwert des Goodwills 200,00
(Angaben in Mio. €) Zinssatz 10%
Abb. 77: Planungsrechnung zur Ermittlung des Nutzungswerts (Beispiel) Dabei werden verschiedene Annahmen getroffen: • Die erwarteten Free Cashflows sowie das Planungsmodell entsprechen den spezifischen Anforderungen des IAS 36. • Der Nutzungswert ermittelt sich als Summe der diskontierten Free Cash flows der Detailplanungsphase und einem Restwert der Fortschreibungspha se. • In den Planungsrechnungen wird detailliert über drei Perioden geplant (T=3); das CashflowWachstum wird mit 7 % p. a. prognostiziert. • Der Restwert der Fortschreibungsphase wird auf Basis einer ewigen Rente hinsichtlich des Cashflows der dritten Periode berechnet (Annahme eines konstanten Free Cashflows). • Es wird ein risikoangepasster Diskontierungszinssatz von 10 % angenom men, der von der Kapitalstruktur des Unternehmens und der der ZGE unab hängig ermittelt wurde. • Der Buchwert der ZGE beträgt 1.000 GE, der einen zugeordneten derivativen Goodwill in Höhe von 200 Mio. € enthält. • Der ZGE werden keine Schulden zugeordnet.
Folgende Kennzahlen können zur Steuerung der Goodwill-Position der ZGE herangezogen werden: Absoluter und relativer residu aler Goodwill
•
Absoluter residualer Goodwill (RGW) Der residuale Goodwill (RGW) stellt eine Kenngröße dar, die den Entscheidungsträger über den Anteil des Goodwills informiert, der nicht bilanziell aktiviert ist. Dieser ist nicht zwingend gleichzusetzen mit dem originären Goodwill, da der originäre Goodwill aufgrund von Wertminderungen des derivativen Goodwills teilweise indirekt bereits bilanziert sein kann. Als residualer Goodwill einer ZGE gilt die Differenz zwischen dem erzielbaren Betrag (EB) und dem Buchwert der ZGE inklusive des bilanzierten Goodwills (BW):
322
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
RGW = EB − BW = 1.125,54 GE − 1.000 GE = 125,54 GE
•
Solange diese Kenngröße wie in dem vorliegenden Beispiel positiv ausgeprägt ist, können Wertminderungen des bilanzierten Goodwills der ZGE kompensiert werden. Relativer residualer Goodwill (rRGWBW) Im Zeitverlauf auftretende Buchwertänderungen einer ZGE, u. a. durch Investitionen, Desinvestitionen oder Abschreibungen, können jedoch zu einer Fehlbeurteilung des residualen Goodwills führen, falls dieser isoliert betrachtet wird. Aus diesem Grund bietet es sich insbesondere aus Sicht der Zentrale an, den residualen Goodwill in Relation zum gesamten Buchwert der ZGE oder zum Buchwert des Goodwills zu beurteilen. Der relative residuale Goodwill mit Bezug zum Buchwert der ZGE (rRGWBW) setzt den residualen Goodwill zum Buchwert der ZGE ins Verhältnis:
RGW BW 125,54 GE = = 12,55% 1.000 GE
rRGWBW =
•
Als Anteilswert gibt diese Kenngröße an, um wie viel Prozent der erzielbare Betrag den Buchwert der ZGE übersteigt. Ein zentraler Entscheidungsträger kann mit dieser Kenngröße beispielsweise den vorhandenen residualen Goodwill von zwei untergeordneten heterogenen ZGEs vergleichen und die Gefahr von GoodwillImpairments differenziert beurteilen. Ebenso sinnvoll ist die Nutzung des relativen residualen Goodwills im Periodenvergleich. Relativer residualer Goodwill mit Bezug zum Buchwert des Goodwills (rRGWBW[GW]) Eine weitere Variation dieser Kennzahl stellt der relative residuale Goodwill mit Bezug zum Buchwert des Goodwills dar. Konzeptionell gleicht diese Kennzahl dem zuvor vorgestellten relativen resi-
323
D
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
dualen Goodwill auf Basis des Buchwerts der ZGE, jedoch erfolgt die Ermittlung durch eine Division mit dem Buchwert des Goodwills. Diese Kennzahl bietet sich insbesondere zum Vergleich von ZGEs mit wesentlich unterschiedlichen Goodwillvolumina an.
rRGWBW [GW ] = = Sicherheitskoef • fizient und Operating Leverage des Goodwills
RGW BW[GW ] 125,54 GE = 62,77% 200 GE
Goodwill-Sicherheitskoeffizient (GW-SK) Basierend auf den Überlegungen zum Sicherheitskoeffizient, der beispielsweise innerhalb von Entscheidungsrechnungen bei Unsicherheit eingesetzt wird, kann analog ein Goodwill-Sicherheitskoeffizient entwickelt werden. Dieser Sicherheitskoeffizient beschreibt, wie viel Prozent der gesamte Goodwill, also die Summe aus dem Goodwillbuchwert und dem residualen Goodwill, sinken darf, bevor ein Impairment angezeigt wird. Ermittelt wird die Kenngröße durch Abzug des Quotienten, der aus der Division des Buchwerts des Goodwills durch den Gesamtgoodwill entsteht, von eins:
⎛ ⎞ BW[GW ] GW−SK = 1 − ⎜ ⎟ ⎝ BW[GW ] + RGW ⎠ ⎛ ⎞ 200 GE ⎟⎟ = 38,56% = 1 − ⎜⎜ ⎝ 200 GE + 125,54 GE ⎠
•
Ein hoher Goodwill-Sicherheitskoeffizient zeigt demzufolge eine relativ niedrigere Gefahr eines Impairments als ein niedrigerer Goodwill-Sicherheitskoeffizient an. Im Beispiel dürfte der gesamte Goodwill demzufolge um 38,56 % sinken, bevor ein Impairment bestehen würde. Goodwill-Operating-Leverage (GW-OL) Weiterhin kann durch Bildung des reziproken Werts der GoodwillOperating-Leverage bestimmt werden:
324
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
1 GW−SK 1 = = 2,59 0,3856
GW−OL =
•
Der Goodwill-Operating-Leverage wird im Gegensatz zum korrespondierenden Sicherheitskoeffizient als Risikomaß interpretiert: Je höher die Ausprägung des Goodwill-Operating-Leverage, desto größer ist die Gefahr eines Impairments einzuschätzen. Mindest-Free-Cashflow I (Mind-FCF I) Kennzahlen, die sich auf den Mindest-Free-Cashflow (Mind-FCF) beziehen, informieren das Management darüber, welcher Free Cashflow (FCF) zukünftig mindestens zu erwirtschaften ist, ohne dass die ZGE wertgemindert wird. Der Mindest-Free-Cashflow I leitet den freien Zahlungsstrom ab, der auf Grundlage des Konzepts der ewigen Rente in den folgenden Perioden jährlich zu erreichen ist, damit der erzielbare Betrag nicht unter den Buchwert der ZGE sinkt. Die Ermittlung dieser Kennzahl erfolgt durch eine Multiplikation des Buchwerts der ZGE mit dem für die ZGE relevanten Kapitalkostensatz i:
Mind−FCF I = BW⋅ i = 1000 GE * 10% = 100 GE
•
Dieser Mindest-Free-Cashflow I bedeutet Folgendes: Wenn die ZGE ab sofort einen Free Cashflow von 100 Mio. € (oder größer) pro Jahr erwirtschaftet, würde dies zu keinem Impairment führen, da der erzielbare Betrag der ZGE dann in jeder Periode mindestens so groß wie der Buchwert der ZGE ist. Mindest-Free-Cashflow II (Mind-FCF II) Auf eine Differenzierung, ob der Free Cashflow in der Detailplanungsphase oder im darauf folgenden Fortschreibungszeitraum erwirtschaftet wird, wird in der zuvor beschriebenen Kennzahl Mind-FCF II verzichtet. Dort setzt der Mindest-Free-Cashflow II an. Unter der Annahme, dass die Prognose der Free Cashflows in der Detailplanungsphase angemessen genau ist, weist der Mindest-
325
D
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
Free-Cashflow II den im Fortschreibungszeitraum mindestens zu erwirtschaftenden freien Zahlungsstrom aus. Abgeleitet wird die Kennzahl aus dem Ziel-Endwert (ZEW). Dieser gibt den Endwert wieder, der unter Berücksichtigung der in der Detailplanungsphase mit dem Planungshorizont (T) geplanten Free Cashflows zu erreichen ist, sodass der erzielbare Betrag mit dem Buchwert der ZGE übereinstimmt: T
FCFt t t =1 (1 + i)
ZEW= BW − ∑
3
FCFt = 734,64 GE t t =1 (1 + 0,1)
= 1.000 GE − ∑
In Abbildung 78 wird die Ableitung des Ziel-Endwerts sowie der Zusammenhang zwischen Ziel-Endwert, dem Buchwert der ZGE und der Summe der diskontierten Free Cashflows der Detailplanungsphase veranschaulicht. Detailplanung Periode
0
Free Cashflow Diskontierungsfaktor Diskontierte Free Cashflows Nutzungswert der CGU
1 100,00 1,10 90,91
2 107,00 1,21 88,43
Fortschreibung 3 114,49 1,33 86,02
125,54
rRGW
BW
12,55%
rRGW
BW[GW]
62,77%
GK-SK GW-OL
(Angaben in Mio. €) Zinssatz10%
38,56% 2,59
Mind-FCF I
100,00
ZEW
734,64
Mind-FCF II
1.144,90 1,33 860,18
1.125,54
Buchwert der CGU 1.000,00 davon Buchwert des Goodwills 200,00 RGW
Restwert
97,78
Abb. 78: Grafische Ableitung des Zielendwerts Zur Berechnung des Mindest-Free-Cashflow II wird der Zielendwert mit dem Diskontierungsfaktor des Endwerts sowie unter Verwendung des Konzepts der ewigen Rente mit dem Kapitalkostensatz i multipliziert:
326
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS
Mind−FCF II = ZEW ⋅ (1 + i) T ⋅ i = 734,64 GE ⋅ (1 + 0,1) 3 ⋅ 0,1 = 97,78 GE Der Mindest-Free-Cashflow II sagt aus, dass wenn die in der Detailplanungsphase prognostizierten Free Cashflows erreicht werden, langfristig ebenfalls mindestens ein Free Cashflow von 97,78 Mio. € erwirtschaftet werden muss. Dies würde ein Impairment vermeiden, da der erzielbare Betrag der ZGE mindestens so groß wie dessen Buchwert wäre. Die folgende Abbildung 79 stellt eine Zusammenfassung der Ergebnisse der einzelnen Kennzahlen dar. Detailplanung Periode
0
Free Cashflow Diskontierungsfaktor Diskontierte Free Cashflows Nutzungswert der CGU
100,00 1,10 90,91
125,54
rRGW
BW
12,55%
rRGW
BW[GW]
62,77%
GK-SK GW-OL
107,00 1,21 88,43
Fortschreibung 3 114,49 1,33 86,02
Restwert 1.144,90 1,33 860,18
(Angaben in Mio. €) Zinssatz10%
38,56% 2,59
Mind-FCF I
100,00
ZEW
734,64
Mind-FCF II
2
1.125,54
Buchwert der CGU 1.000,00 davon Buchwert des Goodwills 200,00 RGW
1
97,78
Abb. 79: Übersicht der Nutzungswertermittlung und möglicher Kennzahlen eines Goodwill-Controllings
6.2.6
Anpassung der PerformanceMessung bezüglich bestehender GoodwillPositionen
Ein letzter bedeutender Aufgabenbereich innerhalb des GoodwillControllings ist die Anpassung der Performance-Messung. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob Goodwill-Impairments in die Beurteilungsgrößen der Unternehmens- bzw. Bereichsleitungen einbezogen wer208 den müssen . In der Vergangenheit wurde die planmäßige Abschrei208
In der Zeitschrift KoR findet derzeit zwischen verschiedenen Autoren (Haaker, Olbrich und Klingelhöfer, KoR, 2005 und 2006) eine grundsätzliche Diskussion statt, ob IAS 36 für Controllingzwecke insbesondere im Kontext einer wertorientierten Führung über-
327
D
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
bung von Goodwill häufig mit dem Verweis auf fehlende Controllability, d. h. Beeinflussbarkeit, aus den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen eliminiert, d. h. es wurde mit cashflownahen Kennzahlen wie EBITA bzw. EBITDA gearbeitet. Dies hat allerdings den Nachteil, dass das Management keinerlei Anreiz hat, in Kaufpreisverhandlungen einen möglichst niedrigen Kaufpreis und damit Goodwill anzustreben. Performance Messung muss Goodwill be rücksichtigen
•
•
•
Deshalb sollten in allen abgegrenzten Performance-Kennzahlen derivative Goodwills berücksichtigt werden. Derivativer Goodwill entsteht nämlich für den Erwerb von Ressourcen und muss deshalb zunächst bei all den Managern in der Performance-Messung berücksichtigt werden, die Investitionsverantwortung besitzen, d. h. an der Kaufentscheidung für ein Akquisitionsobjekt beteiligt sind. Nur für den Fall, dass das Goodwill-Impairment nicht auf betriebswirtschaftliche Wertminderungen, sondern auf regulatorische Gegebenheiten des IAS 36 zurückzuführen ist (z. B. weil Restrukturierungspotenziale erworben wurden, aber noch nicht realisiert werden konnten), ist das Impairment in Einzelfällen in der Performance-Messung auszusetzen. Bei der Beurteilung des GoodwillImpairments ist die Aufgliederung der Goodwill-Komponenten aus dem Akquisitionsprozess heraus eine wichtige Hilfestellung. Durch die Nicht-Berücksichtigung von Goodwill-Impairments entstehende Überleitungspositionen zwischen der IFRS-Finanzberichterstattung und der internen Performance-Messung sind in der internen Finanzkommunikation unproblematisch, da sie individuell für einen kleinen Kreis betroffener Manager festgelegt werden. Wird deutlich, dass die geplanten Potenziale bzw. Werte tatsächlich nicht realisiert werden können und kann dies auch nicht durch ungeplante Potenziale bzw. Werte aufgefangen werden, ist das Goodwill-Impairment allerdings nachträglich in der Performance-Messung zu berücksichtigen.
haupt geeignet ist. Hierzu lässt sich festhalten, dass eine „richtige“ Abbildung für betriebswirtschaftliche Fragestellungen durch IAS 36 nicht erfolgt, andererseits aber eine ebenso praktisch anwendbare wie konzeptionell überlegene Alternative fehlt. Vor diesem Hintergrund bleibt derzeit meist nur die situative Lösung, d. h. im Goodwill-Controlling, konkret vorliegende Goodwill-Positionen und die damit verbundenen möglichen Impairments auf ihre Steuerungswirkungen in den jeweils verwendeten Kennzahlen zu analysieren.
328
GoodwillControlling als neues Controllingfeld im Kontext der IFRS •
•
Auch bei Managern, die keine Investitionsverantwortung besitzen bzw. die in die Unternehmensakquise bzw. die Kaufpreisverhandlung nicht involviert waren, aber durch ihre Leistung den Abbau von Goodwill verhindern können, ist die Werthaltigkeit des Goodwills in die Performance-Messung einzubeziehen. Besitzt ein Unternehmen schließlich intern und extern wachsende Einheiten, so ist zu Vergleichszwecken in den intern wachsenden Einheiten in Fällen wesentlicher Bedeutung der originäre Goodwill für Zwecke der Performance-Messung zu ermitteln. Auch dies führt zu Abweichungen zwischen externem und internem Reporting, ist aber erforderlich, um auch in den intern wachsenden Einheiten einen zielführenden Umgang mit den immateriellen Ressourcen und Potenzialen, die der Goodwill verkörpert, zu erreichen. Beispiel Ein Unternehmen ist in zwei Bereiche (ZGEs) aufgegliedert. ZGE A ist intern ge wachsen und arbeitet mit einem alternden Vermögensbestand von 100 Mio. €. ZGE B wurde kürzlich extern zugekauft. Die Marktwerte des Vermögens liegen incl. Goodwill bei 250 Mio. €. Annahmegemäß verfolgen beide ZGEs ein identi sches Geschäftsmodell und haben mengenmäßig die gleiche Ausstattung mit Produktionsmitteln. Beide ZGEs erwirtschaften einen NOPAT von 20 Mio. €, der Kapitalkostensatz liegt bei 10 %. Weiterhin muss aufgrund einer angenomme nen Verschlechterung der Wettbewerbsposition, die allerdings beide Bereiche betrifft, der Goodwill bei B um 6 Mio. € wertgemindert werden. In diesem Szenario erwirtschaftet A auf Buchwertbasis einen EVA von 10 Mio. € = 20 Mio. € 10 % •100 Mio. €; B dagegen einen EVA von 11 Mio. € = 20 Mio. € 6 Mio. € 10 % • 250 Mio. €. Diese EVAs sind ganz offensichtlich verzerrt. Für eine vergleichbare Darstellung der Leistungsfähigkeit müsste in ZGE A sowohl das Vermögen zu Marktwerten ausgewiesen werden als auch der originäre Goodwill, der dann ebenfalls abge schrieben werden müsste. Diese einmalige Wertänderung des Vermögens und die Aktivierung des originä ren Goodwills darf naturgemäß nicht dem Bereichsmanagement von A zuge rechnet werden, d. h. hier wird das Kongruenzprinzip einmalig verletzt. Solange künftige Wertänderungen jedoch kongruent in Ergebnis und Kapitalbasis ver rechnet werden, wird eine controllinggerechte wertorientierte Performance Messung dadurch gewährleistet.
329
D
D
Controlling und wertorientierte Führung unter IFRS
7
Fazit: IFRS als Unterstützung für das wertorientierte Controlling
Die Überlegungen in Abschnitt D haben gezeigt, dass die IFRS einerseits durch ihre betriebswirtschaftliche Perspektive die Umsetzung einer wertorientierten Führung durch das Controlling erleichtern. Allerdings dürfen die entsprechenden Kennzahlen nicht „naiv“ aus der IFRS-Bilanz bzw. -GuV hergeleitet werden, sondern müssen über verschiedene Anpassungsmaßnahmen controllinggerecht gestaltet werden. Dann sind die IFRS-basierten wertorientierten Kennzahlen jedoch auch ein wichtiges Instrument für das Erreichen der unternehmerischen Wertziele. Im Kontext einer wertorientierten Führung gewinnen Unternehmensakquisitionen zum Zweck der Wertsteigerung an Bedeutung. Hier machen die detaillierten Vorschriften zum Goodwill-Impairment auch den Aufbau eines Goodwill-Controllings als neuem Controllingfeld erforderlich. Sofern die dort generierten Informationen zur Ermittlung des Nutzungswerts sowie die goodwillorientierten Kennzahlen jedoch nicht nur zur Bilanz„kosmetik“ genutzt werden, sondern als Anstoß für leistungswirtschaftliche Verbesserungen im Akquiseobjekt, ist an dieser Stelle ein positiver Impuls aus den IFRS heraus auf die Controllerarbeit zu konstatieren. Kernaussagen in Abschnitt D • Im Mittelpunkt einer wertorientierten Unternehmensführung steht die For derung, dass die zentralen Steuerungskennzahlen explizit die Kosten des Ei gen und Fremdkapitals berücksichtigen. • Der EVA trägt dieser Anforderung Rechnung, indem er als Differenz zwi schen dem betrieblichen Ergebnis nach Steuern und den Kapitalkosten auf das in betrieblichem Vermögen gebundene Eigen und Fremdkapital berech net wird. Hierbei werden IFRSBilanz und GuV mittels Conversions ange passt, wobei Operating Conversions, Funding Conversions, Shareholder Con versions und Tax Conversions zu unterscheiden sind. • Innerhalb der IFRS finden sich zunehmend Vorschriften zur Bewertung von Vermögenswerten und Schulden zum Fair Value (Markt bzw. Zeitwert). Aus Perspektive der wertorientierten Steuerung mittels EVA sind Fair Values grundsätzlich ein geeigneter Bewertungsansatz, da ihre Berücksichtigung im EVA dessen ökonomische Aussagekraft verbessert. Allerdings ist darauf zu achten, dass die FairValueÄnderungen in der Gewinnüberschussgröße
330
Fazit: IFRS als Unterstützung für das wertorientierte Controlling
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(NOPAT) und in der Vermögensbasis (Invested Capital) gleichermaßen be rücksichtigt werden. Der CVA ist eine finanzwirtschaftlich fundierte Wertsteigerungskennzahl. Sie signalisiert Unternehmenswertschaffung, wenn der BruttoCashflow sowohl die für Ersatzinvestitionen notwendigen Cashflows als auch die Kosten des gebundenen Kapitals übersteigt. Zur Berechnung des CVA werden IFRS Bilanz und GuV mittels Anpassungen in die zentralen Komponenten des CVA den BruttoCashflow und die BruttoInvestitionsbasis überführt. Für Zwecke der wertorientierten Unternehmensführung erfolgt die Ermitt lung des Kapitalkostensatzes in der Unternehmenspraxis als Gesamtkapital kostensatz nach dem WACCAnsatz. Zur Ermittlung des Eigenkapitalkosten satzes hat sich das Capital Asset Pricing Model (CAPM) durchgesetzt, das eine Differenzierung der Höhe dieses Kapitalkostensatzes nach dem jeweili gen Geschäftsrisiko vorsieht. Für nicht börsennotierte Unternehmen und Unternehmensteile kann zur Be stimmung des Geschäftsrisikos auf Betas von Vergleichsunternehmen oder Branchenbetas zurückgegriffen werden. Außerdem bietet sich der Einsatz von ScoringModellen zur Risikoeinschätzung an. Kapitalkostensätze sollten im Kontext der wertorientierten Steuerung im Zeitablauf möglichst konstant gehalten werden und Anpassungen nur bei gravierenden Änderungen der InputDaten vorgenommen werden. Im Kontext zunehmender Akquisitionsaktivitäten zum Zweck der Wertstei gerung entsteht unter IFRS das neue Feld des GoodwillControllings. Bereits im Rahmen des Akquisitionsprozesses ist eine verstärkte Einbindung des Controllings zu empfehlen, um überhöhten Kaufpreiszahlungen, die zu einem späteren Impairment führen können, entgegenzuwirken. Innerhalb der Erstkonsolidierung des Goodwills unterstützt das Controlling zudem bei der Bildung und Abgrenzung von ZGEs. Bei der Durchführung des mindestens jährlichen GoodwillImpairmentTests obliegt es dem GoodwillControlling, die notwendigen Prozesse miteinander abzustimmen. Im Fokus der Controlleraufgaben steht dabei die Abstimmung des Wertminderungstests mit den hierfür nötigen, IFRSkonform aufbereite ten Planungsinformationen. Zur Überwachung der Werthaltigkeit der Good wills und der Wahrscheinlichkeit von Impairments sind durch das Goodwill Controlling laufend geeignete Kennzahlen bereitzustellen, damit bei der Ge fahr einer Wertminderung das Ergreifen von leistungswirtschaftlichen Ge genmaßnahmen ermöglicht wird. Schließlich muss das GoodwillControlling sicherstellen, dass die Goodwill Positionen bzw. ggf. ihr Impairment adäquat in die PerformanceMessung der betroffenen Managementebenen einbezogen werden.
331
D
E
IFRS für Controller im Mit Mittelstand
Während die meisten Großunternehmen als kapitalmarktorientierte Konzerne unter dem Druck der EU-Verordnung 1606/2002 bereits ihre Rechnungslegung auf IFRS umgestellt haben, ist dies ein Thema, das den Mittelstand vor allem in den nächsten Jahren beschäftigen wird. Selbst die Mittelständler, die keinen Börsengang anstreben, sind von dieser Entwicklung nicht losgelöst, denn auch die traditionelle HGBRechnungslegung wird sich unter dem Druck der EU-Modernisierungsrichtlinie über kurz oder lang immer weiter den IFRS annähern. Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wird derzeit mit Hochdruck im Bundesjustizministerium erarbeitet. Ein erster Entwurf wird für 2007 erwartet. HGB ohne Zukunft? KlausPeter Naumann, Vorstandssprecher des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW), vertritt hierzu eine klare Meinung: „Auf lange Sicht sollten in Deutschland keine grundsätzlich unterschiedlichen Rechnungslegungssysteme nebeneinander bestehen. Das setzt allerdings voraus, dass die Nebenzwecke der Rechnungsle gung vom Bilanzierungssystem gelöst werden. Die steuerliche Gewinnermittlung müsste von der handelsrechtlichen abgekoppelt und das Zusammenspiel von Rechnungslegung und Gesellschaftsrecht neu geregelt werden – Stichwörter Ka pitalerhaltung und Ausschüttung. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies durch eine weitgehende Konvergenz des HGB in Richtung IFRS oder schließlich durch 209 eine direkte Bezugnahme auf die IFRS geschieht“ .
Der folgende Abschnitt E richtet sich deshalb vor allem an mittelständische Unternehmen, die im Gegensatz zu den kapitalmarktorientierten Großunternehmen die Umstellung auf IFRS noch vor sich haben: •
209
Relevanz der IFRS für den Mittelstand: Welche Gründe sprechen für (und gegen) die Anwendung der IFRS im Mittelstand? Das vollständige Interview mit Prof. Naumann, das insbesondere auch auf die Hilfestellung des Wirtschaftsprüfers bei der IFRS-Umstellung im Mittelstand eingeht, finden Sie in Accounting, Heft 10/2005, S. 3-4.
333
E
IFRS für Controller im Mittelstand •
•
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IFRS-Knowhow für den Mittelstand: Informieren Sie sich über das SME-Projekt des IASB für kleine und mittelständische Unternehmen und die Auswirkungen für Ihre Arbeit als Controller oder kaufmännischer Leiter. IFRS-Umstellung: Wir beleuchten die relevanten Fragen einer IFRS-Umstellung speziell aus Controllersicht, denn dieses Projekt sollte keinesfalls ohne Beteiligung der Controller realisiert werden. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz: Das HGB wird „modernisiert“, d. h. an die IFRS angenähert – was kommt an dieser Stelle auf die traditionell nach HGB bilanzierenden Unternehmen zu?
334
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
1 1.1
E
Relevanz der IFRS für den Mittelstand? Adressierung des Mittelstands durch das IASB
Mit der zunehmenden Durchsetzung internationaler Rechnungslegungsstandards ab Mitte der 90er-Jahre herrscht eine lebhafte Diskussion bei Unternehmen, Standardsettern und anderen Rechnungslegungsinstitutionen, ob die IFRS-Rechnungslegung auch für den so genannten „Mittelstand“ geeignet ist. Der Begriff des Mittelstands ist dabei eine der schillerndsten Formen der Unternehmensabgrenzung, denn an der Frage, wo Mittelstand anfängt bzw. ab wann ein Unternehmen nicht mehr zum Mittelstand zählt, scheiden sich in Theorie und Praxis die Geister. Beispiel Die Robert Bosch GmbH, ein weltweit agierender Konzern mit einem Jahresum satz von mehr als 41 Mrd. € und 250.000 Mitarbeitern (Stand: 2005) wird zum Teil ebenso noch zum Mittelstand gezählt wie ein Kleinunternehmen mit einem Umsatz von 4 Mio. € und 25 Mitarbeitern oder gar ein Kleinstunternehmen mit zwei Vollzeit und vier Teilzeitkräften, das bei seiner Hausbank einen Existenz gründungskredit aufnehmen möchte.
Vor dem Hintergrund der Zielsetzung der IFRS, hochwertige, verständliche und durchsetzbare globale Rechnungslegungsstandards für 210 die Information von außenstehenden Investoren zu entwickeln , wird die Problematik unmittelbar deutlich: Rechnungslegungstechnisch wird ein äußerst breites Spektrum an Unternehmen „in einen Topf“ geworfen, die in ganz unterschiedlicher Weise mit ihren Stakeholdern – Gesellschafter, Banken, Rating-Agenturen, Kunden, Lieferanten, Kooperationspartnern usw. – umgehen. Da andererseits im Mittelstand ein grundsätzliches Interesse an den IFRS zumindest vermutet wird und – wie wir weiter unten sehen werden – einzelne Gründe durchaus für die Anwendung dieses Bilanzie210
Vgl. hierzu den Kurzüberblick zum Vorwort zu den IFRS sowie zum Rahmenkonzept im IFRS-Guide (Anhang G/CD-ROM).
335
„Mittelstand“ als schillernder Begriff
E
IFRS für Controller im Mittelstand
rungsstandards sprechen, hat der Standardsetter IASB im Jahr 2003 mit den ersten Schritten im Projekt „Small and Medium-sized Entitities“ (SME-Projekt) begonnen. Ziele des SME Projekts beim IASB
Zielsetzung ist die Entwicklung von Standards für die SME-Finanzberichterstattung, die •
• •
für mittelständische Unternehmen weltweit qualitativ hochwertige, verständliche und durchsetzbare Rechnungslegungsvorschriften enthalten, die die Kosten der Finanzberichterstattung für solche mittelständische Unternehmen reduzieren, und die die Informationsbedarfe der Adressaten der Finanzberichterstattung im Mittelstand abdecken. Achtung: Das SMEProjekt des IASB ist nicht Teil der Kooperation mit dem US amerikanischen FASB. Dort gibt es derzeit keine weiterführenden Überlegungen, die „big USGAAP“ durch „little USGAAP“ für mittelständische Unternehmen zu ergänzen.
Abgrenzung von SME
In diesem Projekt wird als typisches Bild eines SME ein Unternehmen mit etwa 50 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 10 Mio. € he211 rangezogen. SME sind weiterhin Unternehmen , die nicht kapitalmarktorientiert sind (do not have public accountability) und die Finanzberichte (general purpose financial statements) für externe Adressaten veröffentlichen.
1.2
Motive für und gegen die IFRSUmstellung im Mittelstand
Ob der vom IASB angesprochene SME-Adressatenkreis tatsächlich zusätzlich oder gar anstelle nationaler Standards die IFRS als internationalen Bilanzierungsstandard benötigen, ist stark umstritten. Eine nationale Pflicht zur IFRS-Rechnungslegung gibt es derzeit in Deutschland nicht. Sie wäre auch verfassungsrechtlich zumindest um211
Vgl. hierzu Rz. 1 der IASB-Arbeitsvorlage für den noch nicht veröffentlichten Standardentwurf zum SME-Projekt. Der Standardentwurf selbst wird noch für 2007 erwartet. Siehe Kapitel E 2.2 für nähere Erläuterungen zur Arbeitsvorlage.
336
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
E
stritten, da die legislative Kompetenz zur Regulierung der Rechnungslegung beim Bundestag liegt, der diese Kompetenz nicht an ein privat212 rechtliches Gremium übertragen darf . Auch die EU-Verordnung 1606/2002 schreibt die IFRS-Rechnungslegung nur für kapitalmarktorientierte Konzerne verbindlich vor. Allerdings haben alle deutschen Unternehmen die Möglichkeit, einen befreienden IFRS-Konzernabschluss (§ 315a Abs. 3 HGB) bzw. einen befreienden IFRS-Einzelabschluss zu Informationszwecken (§ 325 Abs. 2a HGB) vorzulegen. Letzterer ersetzt jedoch weder die HGBBilanz für Ausschüttungsbemessungszwecke noch die Steuerbilanz, sondern richtet sich an Adressaten, die ein gesetzliches oder vertragliches Anrecht auf einen Einzelabschluss haben, wie z. B. Gesellschafter, Gläubiger oder Betriebsräte. Im Folgenden werden die zentralen Motive für eine IFRS-Umstellung diskutiert und insbesondere bezogen auf ihre Eignung für mittelstän213 dische Unternehmen kritisch hinterfragt . Auch wenn Controller die Entscheidung für oder gegen eine Umstellung nicht verantwortlich treffen, müssen sie im Kontext einer solchen Entscheidungsfindung die controllingrelevanten Sachargumente in die Diskussion einbringen 214 können .
1.2.1
Kapitalmarktorientierung: Pflicht zur IFRS Bilanzierung
Gehört ein mittelständisches Unternehmen zu den kapitalmarktorientierten Unternehmen im Sinne der EU-Verordnung 1606/2002 bzw. strebt es die Kapitalmarktorientierung in nächster Zukunft konkret an, stellt sich die Frage nach einer Diskussion für oder gegen die IFRS 212
Aus diesem Grund wurde das HGB in den letzten Jahren um die §§ 342 bzw. 342b erweitert, was die Arbeit des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) bzw. der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) als privatrechtliche Institutionen überhaupt erst ermöglicht hat. 213 Vgl. zu einer empirischen Analyse von Umstellungsmotiven den Beitrag von Weißenberger/Stahl/Vorstius, Die Umstellung auf internationale Rechnungslegungsgrundsätze, in: KoR, 2004, S. 5-15. 214 Insbesondere größere mittelständische Unternehmen setzen sich intensiv mit der Frage der IFRS-Anwendung auseinander. Vgl. hierzu die empirischen Ergebnisse von KPMG/v. Keitz, Rechnungslegung nach IAS/IFRS – auch ein Thema für den Mittelstand? Ergebnisse einer empirischen Befragung des (gehobenen) Mittelstands in Nordrhein-Westfalen, 2004.
337
Controller müssen bei der Entscheidung für oder gegen IFRS sprachfä hig sein
E
IFRS für Controller im Mittelstand
nicht mehr. Mindestens im Konzernabschluss sind die IFRS dann in vollem Umfang verpflichtend anzuwenden. Die Erleichterungen des SME-IFRS dürfen nicht in Anspruch genommen werden, denn dessen Anwendung ist nicht – wie die Erleichterungen der Rechnungslegung nach HGB – an Größenmerkmale, sondern eben an die fehlende Kapitalmarktinanspruchnahme gebunden. Auch wenn ein mittelständisches Unternehmen ein Tochterunternehmen in einem nach IFRS bilanzierenden Konzernverbund ist, stellt sich die Frage nach der IFRS-Umstellung faktisch nicht – hier sind dann die Vorgaben des Mutterunternehmens einzuhalten, die zumindest eine Überleitung der HGB-Abschlüsse auf IFRS als Grundlage der Konsolidierung im Konzernabschluss verlangen. Umstellung zur Vorbereitung der Kapital marktorientie rung
Nicht kapitalmarktorientierte Mittelständler sollten sich mit den IFRS auseinandersetzen, wenn ein Börsengang zumindest mittelfristig im Rahmen strategischer Wachstumsoptionen denkbar ist. Achtung: Ein mittelständisches Unternehmen, das Mutterunternehmen eines Konzerns ge mäß § 290 HGB ist, fällt ab dem Moment der Beantragung der Börsenzulassung unter die Pflicht zur Erstellung eines IFRSKonzernabschlusses.
Gerade durch eine frühzeitige schrittweise Umstellung können die damit verbundenen Projektarbeiten ohne übermäßige Belastung im Tagesgeschäft umgesetzt werden. Tipp Eine langfristig geplante Umstellung hat den Vorteil, dass die IFRSEinführung wesentlich kostengünstiger realisiert werden kann als bei einem überstürzten Sprung ins „kalte Wasser“ internationaler Standards. So können z. B. die mit dem HGB kompatiblen IFRSVorschriften schon frühzeitig angewendet werden. Die Mitarbeiter in Finanz und Rechnungswesen haben Zeit, das erforderliche IFRS Knowhow aufzubauen und die für die retrospektive Umstellung erforderlichen Informationen (siehe IFRS 1) anzusammeln. Werden zudem Wahlrechte im HGB zunehmend korrespondierend zum IFRSAbschluss ausgeübt und Berichtselemen te schrittweise an die IFRS angepasst – so z. B. die Umstellung der GuV auf das Umsatzkostenverfahren – ist das „Umsteigen“ auf internationale Bilanzierungs standards zu einem späteren Zeitpunkt vergleichsweise friktionsfrei möglich.
338
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
1.2.2
E
Günstigere Eigenkapitalkosten durch verbesserte Investorenkommunikation?
Kapitalbeschaffung ist eine der zentralen Herausforderungen im Mittelstand. Die IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard postulieren, Investoren die Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie für die Optimierung ihrer Portfolio-Entscheidungen vor dem Hintergrund von Risiko-Rendite-Überlegungen benötigen. Informationstheoretisch wird argumentiert, dass die Investoren umso geringere Renditen fordern, je besser sie die Unternehmensrisiken aus der Finanzberichterstattung heraus abschätzen können. Damit würde eine informationsorientierte Rechnungslegung z. B. nach IFRS grundsätzlich zu niedrigeren Kapitalkosten führen als die HGB-Rechnungs215 legung . Derartige Vorteile in der Refinanzierung konnten bisher aber empirisch nicht zweifelsfrei belegt werden. •
•
•
Einerseits konnte in einer Untersuchung am Neuen Markt gezeigt werden, dass sich die Investoren von nach IFRS bzw. US-GAAP bilanzierende Unternehmen besser informiert fühlen, was sich z. B. 216 in geringeren Handelsspannen (bid-ask-spreads) äußert . Andererseits ergibt eine Untersuchung von deutschen IFRS- und US-GAAP-Bilanzierern von 1993-2002, dass die Kapitalkosten dieser Unternehmen im Vergleich zu HGB-Bilanzierern tendenziell 217 sogar steigen . Auch die Wertrelevanz, d. h. der Einfluss von IFRS- bzw. USGAAP-Bilanzdaten auf den Aktienkurs, ist in einer Untersuchung 218 von 1980-2000, geringer als von HGB-Bilanzdaten .
Allerdings sind die Ergebnisse dieser Studien schwierig zu interpretieren. So kann der Börsen-Hype am Neuen Markt dazu geführt haben, dass – unabhängig von den internationalen Bilanzierungsstandards – Investoren ein besonders hohes Interesse an den dort gehandelten 215
Vgl. hierzu und im Folgenden Ballwieser, Vor- und Nachteile einer Rechnungslegung nach IFRS, in: Marten/Quick/Ruhnke (Hrsg.), IFRS für den Mittelstand?, 2005, S. 31-56, hier S. 36-42. 216 Vgl. Leuz/Verrecchia, The Economic Consequences of Increased Disclosure. in: Journal of Accounting Research, 2000, S. 91-136. 217 Vgl. Daske, Economic Benefits of Adopting IFRS or USGAAP – Has the Expected Cost of Equity Capital Really Decreased?, in: Journal of Business Finance and Accounting, 2006., S. 329-373. 218 Vorstius, Wertrelevanz von Jahresabschlussdaten, 2004.
339
Niedrigere Eigenkapital kosten nicht empirisch belegt
E
IFRS für Controller im Mittelstand
Titeln hatten. Dafür spricht auch, dass cashflow-bezogene Kennzahlen gerade zu dieser Zeit in stärkerem Umfang zur Unternehmensbeurteilung herangezogen wurden; diese sind aber von dem verwendeten Rechnungslegungssystem weitgehend unabhängig. Auch die empirisch belegten steigenden Eigenkapitalkosten bzw. die geringere Wertrelevanz bei IFRS-Bilanzierung sind kein Argument gegen die IFRS. Denkbar ist, dass die mehrheitlich deutschen Investoren eine lange Übergangszeit benötigten, um sich mit den komplexen internationalen Standards vertraut zu machen und die Informationen adäquat aus den IFRS-Abschlüssen zu ziehen. Eine Wiederholung der Studien mit heutigen Kapitalmarktdaten, die diese Überlegung bestätigen könnte, ist aufgrund der seit 2005 bestehenden IFRS-Pflicht nicht mehr möglich. Individuelle Klärung mit Gesellschaftern
Vor diesem Hintergrund bleibt als Fazit festzuhalten: Inwieweit Gesellschafter als Eigenkapitalgeber bzw. Aufsichts- oder Beiräte als deren Vertreter im konkreten Einzelfall einen IFRS-Abschluss fordern, ist unternehmensindividuell zu klären. Möglich ist hier, dass die Gesellschafter auch weiterhin den „vertrauten“ HGB-Abschluss verlangen; möglich ist aber auch, dass sie einen IFRS-Abschluss präferieren. Die Gesellschafter fordern dann gegebenenfalls nicht nur den IFRSKonzernabschluss, sondern auch den IFRS-Einzelabschluss zu Informationszwecken. Beispiel Der XYZKonzern besteht aus der mittelständischen Muttergesellschaft X und den kleinen Tochtergesellschaften Y und Z. Die Tochtergesellschaften tragen gemeinsam weniger als 10 % zum Konzernergebnis bei. Der handelsrechtliche Einzelabschluss der X weist aber dennoch ein gravierend anderes Ergebnis aus als der IFRSKonzernabschluss. Ursächlich sind u. a. unrealisierte Gewinne aus Wertpapieren, die nur im Konzernabschluss als Erfolg berücksichtigt werden, außerdem geringere, da lineare Abschreibungen im Konzern, schließlich noch Umrechnungsgewinne bei Fremdwährungsforderungen, deren Ausweis das han delsrechtliche Imparitätsprinzip verbietet. Bei den Gesellschaftern sorgen die großen Abweichungen zwischen Einzel und Konzernabschluss für Irritation, Rückfragen und Unsicherheit. Die Geschäftsführer von X beschließen deshalb, den Gesellschaftern auch zu Informationszwecken einen IFRSEinzelabschluss 219 zur Verfügung zu stellen .
Allerdings besteht die Gefahr, dass der IFRS-Einzelabschluss bei den Gesellschaftern dann Begehrlichkeiten bezüglich der Ausschüttung 219
Entnommen aus Lüdenbach, IFRS. Ratgeber zur erfolgreichen Umstellung, 2005, S. 29.
340
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
weckt, die mit dem hier maßgeblichen HGB-Einzelabschluss nicht gedeckt werden können. Gerade die Fair-Value-Bewertung suggeriert hier Erfolge, die zwar realisierbar sein mögen, praktisch aber noch nicht realisiert worden sind. Selbst wenn dies nicht der Fall ist: Grundsätzlich resultieren aus der IFRS-Umstellung im Mittelstand umfangreiche Kommunikationsbedarfe mit den Abschlussadressaten, die durch die Geschäftsführung und nachgelagert durch das Finanz- und Rechnungswesen gedeckt werden müssen. Achtung: Für mittelständische Unternehmen, die häufig in der Rechtsform der OHG oder KG geführt werden, aber auch für eingetragene Genossenschaften, existiert der zeit noch ein wesentlicher Hinderungsgrund in der IFRSUmstellung durch die Vorschriften zur Bilanzierung von Eigenkapital nach IAS 32. Die mit einem gesetzlich nicht ausschließbaren Kündigungsrecht verbundenen Anteile der Gesellschafter müssen nämlich (noch) im Gegensatz zur HGBBilanz als Fremdkapital gezeigt werden. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass ein solches Unternehmen nach der IFRSUmstellung keinerlei Eigenkapital mehr be sitzt. Aktuell hat das IASB einen Änderungsentwurf für die Überarbeitung von IAS 32 vorgelegt, der dieses Problem weitgehend, wenn auch nicht vollständig, beseitigt. 220 Die Diskussion hierzu ist jedoch noch nicht abgeschlossen .
1.2.3
Niedrigere Fremdkapitalkosten nach der IFRS Umstellung?
Banken wie auch Rating-Agenturen ziehen zur Prüfung der Kreditwürdigkeit von Unternehmen Finanzinformationen heran, aus denen mithilfe standardisierter Auswertungssysteme eine Insolvenzprognose erstellt wird. Diese Auswertungssysteme arbeiten mit statistischen Methoden und Unternehmensvergleichen. Je ungünstiger die Insolvenzprognose, umso höher das Risiko, das die Bank trägt, und umso teurer die Kreditkosten. Dies hat seinen Grund in „Basel II“ (siehe untenstehender Exkurs); denn diese Eigenkapitalempfehlung fordert u. a. von Banken, Kredite mit einem hohen Insolvenzrisiko zu einem
220
Vgl. weiterführend Baetge et al., Die Kapitalabgrenzung nach IFRS – Ein Vorschlag zur Modifizierung des IAS 32, in: DB, 2006, S. 2133-2138.
341
E
E
IFRS für Controller im Mittelstand
größeren Anteil mit Eigenkapital zu refinanzieren, als Kredite mit einem eher niedrigen Insolvenzrisiko. IFRS Durchsetzung als Treiber für reduzierte Fremdkapital kosten
Mit einer breiten Durchsetzung der IFRS ist zu erwarten, dass die Auswertungssysteme der Banken und Rating-Agenturen mithilfe IFRS-basierter Finanzinformationen arbeiten. Liegen diese nicht vor, dann kann die Bank oder Rating-Agentur die entsprechenden Informationen zwar durch individuelle Nachfragen und Anpassungen im HGB-Abschluss beschaffen. Es ist zu vermuten, dass die fehlende Information zukünftig zulasten der Beurteilung der Kreditwürdigkeit 221 gehen wird . Fakt ist aber auch, dass gerade bei der Insolvenzprüfung zum einen vor allem cashflowbasierte Kennzahlen verwendet werden, die unabhängig sind von dem zu Grunde liegenden Rechnungslegungssystem, und dass die von hohen subjektiven Ermessensspielräumen geprägten IFRS-Abschlüsse für Zwecke der Insolvenzprognose häufig (noch) in Teilen an die HGB-Vorschriften angepasst werden. Dass Banken per se bei IFRS-Bilanzierung bessere Kreditkonditionen 222 stellen, wird schließlich zumindest bei direkter Nachfrage verneint . Dahinter mag politisches Verhalten von Banken und RatingAgenturen stehen, den deutschen Abschluss nicht „schlecht zu reden“ oder die Tatsache, dass im Mittelstand die IFRS mehrheitlich noch nicht angewendet werden, sodass es schlichtweg an einer Datenbasis für die Überprüfung dieser Hypothese fehlt. EXKURS: Zur Bedeutung von Basel II für Nichtbanken Die Rahmenvereinbarung über die Eigenkapitalempfehlung für Kreditinstitute (Basel II) des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, die im Juni 2004 verab 223 schiedet wurde , verlangt von den Banken unter anderem eine differenziertere Eigenkapitalhinterlegung bei der Kreditvergabe in Abhängigkeit von deren Risi kogehalt. Dies ist ein wichtiger Unterschied zum ersten Baseler Akkord von 1988, der noch unabhängig vom Risiko eines Kredits eine generelle Eigenkapi talunterlegung mit 8 % vorschrieb. Anschaulich bedeutet dies, dass jetzt in Abhängigkeit vom Risiko des jeweiligen Kreditnehmers, das entweder über externe Ratings zum Beispiel von Standard & 221
Vgl. hierzu und im Folgenden Ballwieser, Vor- und Nachteile einer Rechnungslegung nach IFRS, in: Marten/Quick/Ruhnke (Hrsg.), IFRS für den Mittelstand?, 2005, S. 31-56, hier S. 42-43. 222 Vgl. Roth, Bessere Zinsen nach Umstellung auf IFRS?, in: Accounting, 2006, Heft 3, S. 10-13; im Ergebnis ähnlich Oehler, Auswirkungen einer IFRS-Umstellung auf das Kreditrating mittelständischer Unternehmen, in: DB, 2006, S. 113-119. 223 Vgl. den Monatsbericht der Bundesbank, September 2004, S. 75.
342
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
Poor's (S&P) oder Moody's oder über bankinterne RatingVerfahren ermittelt wird, die Grundabdeckung durch Eigenkapital in Höhe von 8 % in Abhängigkeit von der jeweiligen Bonität zu gewichten ist (vgl. beispielhaft für das externe 224 Rating die Abbildung 80 ). Externes Rating von Nichtbanken (S&P)
Risikogewichtung gemäß Basel II
AAA bis AA A+ bis A BBB+ bis B unter B-
20 % 50 % 100 % 150 %
nicht beurteilt
100 % (oder schlechter, je nach Sitzland)
Abb. 80: Generelle Regelung der Baseler Eigenkapitalvereinbarung Faktisch bedeutet beispielsweise die Risikogewichtung von 20 % für hervorra gende Bonitäten, dass statt 0,08 € nur 0,016 € pro 1 € herausgelegten Kredit an Eigenkapital hinterlegt werden müssen. Bei schlechten Bonitäten mit einem Risikogewicht von 150 % sind dementsprechend 0,12 € statt 0,08 € je 1 € he rausgelegten Kredit an Eigenkapital zu hinterlegen. Ein Unternehmen, das ein gutes Rating besitzt, nimmt damit die knappe Eigenkapitaldecke der Banken weniger in Anspruch und kann deshalb grundsätzlich mit günstigeren Kredit konditionen rechnen. 225 Abbildung 81 zeigt diesen Zusammenhang, der bereits in den USA empirisch beobachtet werden kann. So zahlt zum Beispiel ein Unternehmen, das nur mit dem europäischen Durchschnitt von A geratet ist gegenüber einem AAA gerateten Unternehmen 0,2 % p. a. mehr an Zinsen – bei einem Kreditvolumen von nur 20 Millionen € macht dies bereits 40.000 € jährlich aus!
224
Quelle: Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht: Überarbeitete Rahmenvereinbarung „Internationale Konvergenz der Kapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen zur Neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung“, Juni 2004, Ziffer 66 225 Vgl. Wenk, Kriterien und Vorgehensweise bei der Unternehmensanalyse und Anforderungen an die externe Rechnungslegung aus der Sicht von Standard & Poor's, in: Börsig/Coenenberg (Hrsg.), Controlling und Rechnungswesen im internationalen Wettbewerb, 1998, S. 103-122.
343
E
E
IFRS für Controller im Mittelstand
Rating-- Kategorie
Durchschnitt Europa
Durchschnitt weltweit
Beurteilung
Ausfallwahrscheinlichkeit (15 Jahre)*
AAA AA A BBB
investment grade
BB B CCC
spekulativ
CC C D
1% 1% 3% 4%
Zinsdifferenz zu AAA**
0.1 % p.a. 0.2 % p.a. 0.5 % p.a.
18 % 28 % 44 %
2.4 % p.a. 4.1 % p.a. (keine Angabe)
> 44 % > 44 %
(keine Angabe) (keine Angabe)
im Zahlungsverzug
* ex post ermittelt ** 10-jährige USD-Anleihen, emittiert von Unternehmen der jeweiligen Kategorien
Abb. 81: Einfluss des externen Ratings auf die Fremdkapitalkosten (Beispiel USA) Unterstellt man, dass die IFRSBilanzierung, die im Vergleich zum HGB stärker auf die Bereitstellung von Informationen für Investoren ausgerichtet ist sowohl das Rating durch externe Agenturen als auch das bankinterne Rating erleichtert und damit eine bessere Bewertung erreichbar ist, besteht auf Unternehmenssei te eine Nachfrage nach befreiender IFRSBilanzierung weit über den Kreis kapi talmarktorientierter Konzerne hinaus. In der Bankenwelt setzen sich – auch dies wird über Basel II angestrebt – statt externer Ratings zunehmend auch bankinterne RatingAnsätze (IRBAnsatz/ InternalRatingsBased Approach) durch. Dabei wird das Risikogewicht von Krediten auf Basis komplexer Formeln durch die Bank selbst ermittelt, indem statistisch fundierte Schätzgrößen für Ausfallwahrscheinlichkeit, Ausfallquote sowie Kredithöhe und restlaufzeit zum Zeitpunkt des Ausfalls zu Grunde gelegt werden. Beim so genannten IRBBasisansatz wird dabei nur die Ausfallwahr scheinlichkeit eines Kredits von der Bank selbst geschätzt (zum Beispiel auf Ba sis der Zeitreihenanalyse von Bilanzkennzahlen), die übrigen Größen werden von den Aufsichtsbehörden vorgegeben. In Deutschland ist dies die Bundesan stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Bei Anwendung des fortgeschrit tenen IRBAnsatzes müssen die Banken sämtliche Parameter selbst schätzen, was unter anderem eine breite interne Datenbasis voraussetzt.
1.2.4
Verbesserte internationale Vernetzung und Positionierung durch IFRS?
Die Ansatz- und Bewertungsvorschriften der IFRS zielen auf eine betriebswirtschaftliche Darstellung der Unternehmenssituation ab. Nicht nur Geschäftsführer und Gesellschafter mittelständischer Unternehmen profitieren von einem höheren Aussagegehalt des Jahresabschlus-
344
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
E
ses nach IFRS und den verbesserten Möglichkeiten, das Unternehmen zu analysieren sowie innerhalb der Branche oder branchenübergreifend zu vergleichen. Auch das internationale Beteiligungscontrolling profitiert, wenn die ausländischen Gesellschaften nach den im Zweifel bekannten IFRS berichten und nicht zusätzlich auf HGB bzw. auf einer kalkulatorischen Rechnung aufsetzende Informationen an das deutsche Mutterunternehmen weiterleiten müssen. Schnellere und bessere Berichte geben dann zeitnah Aufschluss über mögliche Fehlentwicklungen und damit Ansatzpunkte für erforderliche Gegenmaßnahmen. Zudem beschleunigt die Verwendung der IFRS die grenzüberschreitende Erstellung des Konzernabschlusses.
Vorteile im internationalen Beteiligungs controlling
Achtung: Nicht zuletzt die hohe Komplexität der IFRS führt dazu, dass die Auslegung der zeit noch stark durch nationale Denkweisen und Bilanzierungstraditionen geprägt sind. Dies ist bei der Interpretation internationaler IFRSAbschlüsse unbedingt zu beachten.
Schließlich kann die informativ ausgerichtete Rechnungslegung nach IFRS auch die Internationalisierung von Unternehmensaktivitäten erleichtern. Dies betrifft zum Beispiel die Gewinnung internationaler Kooperationspartner als Lieferanten oder Großabnehmer. Darüber hinaus unterstützt die IFRS-Bilanzierung die Umsetzung geplanter Akquisitionen im Ausland und bietet Vorteile beim Aufbau neuer Kundenbeziehungen, unter anderem durch eine Verbesserung des 226 Unternehmensimages . Auch verbesserte Möglichkeiten der internationalen Rekrutierung von hochqualifiziertem Personal sowie die verbesserte Zusammenarbeit mit internationalen Behörden wird als Um227 stellungsmotiv genannt .
1.2.5
Effizienteres Controlling im Mittelstand durch eine integrierte Rechnungslegung?
Die verbesserte Abbildung des Unternehmensgeschehens nach IFRS ermöglicht auch die Integration von interner und externer Rechnungslegung, d. h. die Verwendung der IFRS-Datenbasis für interne Cont226 227
Vgl. Lüdenbach, IFRS. Ratgeber zur erfolgreichen Umstellung, 2005, S. 23f. Vgl: Weißenberger/Stahl/Vorstius, Die Umstellung auf internationale Rechnungslegungsgrundsätze, in: KoR, 2004, S. 5-15.
345
Erleichterung internationaler Aktivitäten
E
IFRS für Controller im Mittelstand
rollinginstrumente, wie z. B. die laufende Managementerfolgsrech228 nung . Zweigleisigkeit in der internen und externen Finanzkommunikation wird so vermieden. Integrierte Rechnungsle gung steigert Controlling effizienz ...
Gerade die positiven Auswirkungen auf die Controllingeffizienz, wie sie z. B. im Rahmen der Studie „Controller Excellence unter IFRS in 229 Österreich“ empirisch belegt werden konnte, sind ein weiteres Argument, das auch in mittelständischen Unternehmen für eine Integration der Rechnungslegung auf Basis der IFRS spricht.
... kann aber auch auf HGB Basis aufsetzen
Allerdings lässt sich eine integrierte Rechnungslegung grundsätzlich auch auf HGB-Basis aufsetzen, wenn – gerade bei wenig komplexen Geschäftsmodellen im Mittelstand – nicht controllinggerechte HGBVorschriften über Überleitungspositionen aus der Managementerfolgsrechnung bzw. Kalkulation eliminiert werden. Zudem sind – dies belegen die Ausführungen in Kapitel C 2 ebenfalls ausführlich – integrierte Rechnungslegungssysteme in deutschen Großunternehmen nicht nur vor dem Hintergrund einer Umstellung auf internationale Standards eingeführt worden, sondern mit dem Ziel der Etablierung einer einheitlichen und transparenten Finanzsprache.
1.2.6
IFRSRechnungslegung als Kostentreiber im Rechnungswesen?
Die IFRS sind ursprünglich als Bilanzierungsstandard für kapitalmarktorientierte Großunternehmen entwickelt worden. Ob diese Vorschriften – oder auch der neu konzipierte SME-Standard – ebenso für mittelständische Unternehmen, die nicht an der Schwelle zum weltweit agierenden Konzern stehen, geeignet sind, muss sehr kritisch hinterfragt werden. IFRS werden immer komple xer
Die IFRS werden zunehmend komplex und unterliegen zudem einer hohen Veränderungsdynamik. Ähnlich wie das deutsche Steuerrecht können sie durch Nicht-Experten kaum noch in ihrer Gänze bewältigt werden. Und in vielen Fällen gibt es in nach IFRS bilanzierenden Unternehmen nicht mehr „den“ IFRS-Spezialisten, sondern Fachleute für 228
Vgl. zu dieser Thematik ausführlich Kapitel C 4 sowie Denk, Die Eignung nationaler und internationaler Rechnungslegungsstandards (IAS/IFRS) für die Unternehmenssteuerung von kleinen und mittleren Unternehmen, in: Feldbauer-Durstmüller/Schwarz/Wimmer (Hrsg.), Handbuch Controlling und Consulting, 2005, S. 145-172. 229 Vgl. hierzu Kapitel C 4.
346
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
E
einzelne Standards, da die IFRS in ihrer vollständigen Breite kaum noch beherrschbar sind. Unabhängig davon ist unter IFRS die Erstellung einer Einheitsbilanz aufgrund der fehlenden Maßgeblichkeit nicht mehr möglich. Gerade diese Erleichterung ist für mittelständische Unternehmen aber ein wichtiger Aspekt, um die Kosten der Rechnungslegung in sinnvollen Grenzen zu halten. Die Übernahme der IFRS als Bemessungsgrundlage in das deutsche Steuerrecht wird zwar unter Steuerfachleuten intensiv diskutiert, ist praktisch aber äußerst fraglich, sodass auch hier kein 230 Umstellungsdruck entsteht .
Keine Einheits bilanz unter IFRS
Gerade in kleineren Unternehmen ist auch die Integration der Rechnungslegung ein weniger schlagkräftiges Argument: Die Geschäftsmodelle sind häufig so gut handhabbar, dass auch auf HGB basierende Methoden, im einfachsten Fall die betriebswirtschaftlichen Auswertungen des Steuerberaters, für interne Controllingzwecke ausreichen.
Integration auch unter HGB möglich
1.3
Fazit: Langfristperspektive für IFRS im Mittelstand
Bevor Sie als Controller oder kaufmännischer Leiter eines mittelständischen Unternehmens nun mehr oder weniger desillusioniert den vorliegenden Praxisratgeber beiseite legen, sei das Fazit zu der vorangegangenen Diskussion vorweggenommen. Die Auseinandersetzung mit den IFRS ist trotz der aufgeführten Gegenargumente in der Langfristperspektive sinnvoll, denn: •
230
Die IFRS setzen sich als Standard in der Finanzkommunikation immer weiter durch Unabhängig von der konzeptionellen Beurteilung dieser Finanzsprache greifen hier typische Netzwerkeffekte. Das einzelne Unternehmen profitiert umso mehr von den IFRS, je mehr andere Unternehmen ebenfalls ihre Finanzkommunikation auf IFRS-Basis durchführen.
Vgl. Spengel, Rechnungslegung nach IFRS – Konsequenzen für die Besteuerung, in: ZfCM- Sonderheft 2/2004, S. 130-139.
347
Netzwerkeffek te
E
IFRS für Controller im Mittelstand
Beispiel 231 Ein häufig gezogener Vergleich ist an dieser Stelle der Straßenverkehr. Große schnittige Sportwagen, die IFRSBilanzierer, fahren derzeit schon im Linksver kehr, die anderen, die HGBBilanzierer im Mittelstand, noch im Rechtsverkehr. Das kann nicht die sinnvolle Verkehrsführung der Zukunft sein. Und da schon allein institutionell das Rad nicht mehr zurück zur HGBBilanzierung gedreht wird, werden sich die IFRS langfristig zumindest in Europa durchsetzen.
•
SMEStandard als Bollwerk gegen Komple xität?
Mittelstand muss sich im Standardsetting engagieren
231
Damit werden nicht nur die bisher lediglich vermuteten, aber noch nicht „hart“ belegten Vorteile bei der Kapitalbeschaffung auf Basis von IFRS-Abschlüssen noch deutlicher spürbar werden. Auch andere Vorteile – z. B. die verbesserte Kommunikation mit nationalen wie internationalen Kooperationspartnern bzw. Beteiligungen – sind positive Netzwerkeffekte der IFRS-Bilanzierung. Inhaltliche bzw. konzeptionelle Probleme in den IFRS selbst werden zukünftig im Mittelstand möglicherweise weniger Bedeutung besitzen Es ist davon auszugehen, dass der neue SME-Standard bis zu einem gewissen Grad ein Bollwerk gegen die Komplexität der IFRS ist. Dies betrifft weniger die Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften als die umfangreichen Anhangangaben, die nach IFRS erforderlich sind und die ganz erhebliche Ressourcen binden. Auch andere konzeptionelle Probleme, wie z. B. die oben angesprochenen Vorschriften zur Eigenkapitalbilanzierung nach IAS 32, werden vom IASB aufgegriffen und zumindest weitgehend beseitigt. An dieser Stelle ist es jedoch bedeutsam, dass sich mittelständische Unternehmen stark im Standardsetting-Prozess des IASB engagieren – so auch die Forderung von Frank Reuther, Leiter Konzernrechnungswesen und -controlling bei der Freudenberg & Co. KG sowie Vorsitzender der Vereinigung zur Mitwirkung an der Entwicklung des Bilanzrechts für Familienunternehmen (VMEBF).
Entnommen aus: Ernst, Modernisierung des deutschen Bilanzrechts, in: Marten/Quick/Ruhnke (Hrsg.), IFRS für den Mittelstand, S. 81-112, hier S. 97.
348
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
E
IFRSUmstellung in Familienunternehmen – Gespräch mit Frank Reuther, Freudenberg & Co. KG Frank Reuther ist Leiter Konzernrechnungswesen und -controlling bei der Freudenberg & Co. KG in Weinheim und Vorsitzender der Vereinigung zur Mitwirkung an der Entwicklung des Bilanzrechts für Familiengesellschaften (VMEBF), die Anfang 2006 von führenden deutschen Familienunternehmen als Verein gegründet wurde. Die VMEBF will mehr Einfluss auf die Arbeit der Standardsetter nehmen, um die Interessen von Familienunternehmen besser zu vertreten. Beispielsweise existieren von der bei Familiengesellschaften verbreiteten Rechtsform GmbH & Co. in Deutschland rund 130.570 Gesellschaften, die meist Mittelständler sind, daneben als ebenfalls im Mittelstand weit verbreitete Rechtsform 796.000 GmbHs. Herr Reuther, Freudenberg ist der breiten Öffentlichkeit hauptsächlich durch die Vileda-Produkte bekannt. Seit der Umstellung des Konzernabschlusses auf IFRS ist Freudenberg auch in der Rechnungswesenfachpresse häufiger präsent. Wie kam das?
Wenn es um IFRS für den Mittelstand ging, wurde Freudenberg als Personengesellschaftskonzern häufig als Repräsentant des Mittelstands angesehen, da es nicht viele IFRS-Anwender in dieser Rechtsform in Deutschland gab und noch gibt. In letzter Zeit sind wir sicherlich wegen der von uns initiierten Vereinigung von Familiengesellschaften stärker in den Fokus gerückt. Wie haben Sie die Umstellung auf IFRS organisiert?
Organisation der Umstellung
Die Organisation des Projekts stand unter der Prämisse, möglichst effiziente und pragmatische Lösungen für im Rahmen der Umstellung zu bewältigende Probleme zu finden. Wir wollten naturgemäß die von der Umstellung betroffenen Personen in den Gesellschaften möglichst wenig belasten. Um dies zu erreichen, haben wir unser Hauptaugenmerk auf die Erstellung einer eigenen, schlanken IFRS-Richtlinie gelegt, die auf die besonderen Freudenberg-Umstände und -Erfordernisse angepasst war. Auf diesem Weg konnten wir uns auf die
349
E
IFRS für Controller im Mittelstand
wesentlichen Themen der Umstellung konzentrieren. Unterstützt wurden wir durch den sog. „Rechnungswesenleiterkreis“, in dem erfahrene Rechnungswesenleiter unseres Konzerns konkrete Umsetzungsvorschläge, z. B. für die systemseitigen Anpassungen für die Bewertung von Vorratsvermögen, gemacht haben. Wenn die Entscheidung für IFRS im Unternehmen gefallen ist, empfehlen Sie dann eine gleichzeitige Einführung der IFRS für das externe Rechnungswesen wie für die interne Steuerung? Oder sehen Sie eher das stufenweise Vorgehen als sinnvoll an? Parallele Um stellung und Integration der Rechnungsle gung?
Ich glaube, das lässt sich nicht generell beantworten. Bei Freudenberg haben wir zuerst das externe Rechnungswesen umgestellt. Der Vorteil war, dass das interne Berichtswesen stabil blieb, bis das externe Rechnungswesen alle Kinderkrankheiten aus der Umstellung hinter sich gelassen hatte und wir mit der Qualität zufrieden waren. Allerdings musste die Vorschau für das folgende Jahr im Nachgang noch einmal auf IFRS umgestellt werden. Das war nachteilig. Diesen Prozess würde ich das nächste Mal mit in die erste Stufe ziehen. Welchen Zeithorizont haben Sie für die Umstellung auf IFRS veranschlagt? Wir haben vom Start des Projekts bis zur Veröffentlichung des ersten IFRS-Abschlusses rund 2 Jahre benötigt. Wie beurteilen Sie das Ergebnis der IFRS-Umstellung in Ihrem Unternehmen? Durch die damit ermöglichte Zusammenführung des internen und externen Rechnungswesens haben wir unser Berichtswesen deutlich verschlanken können. Auch als Basis für Steuerungskennzahlen, vor allem für das Asset Management, eignet sich der IFRS-Abschluss besser als die vormalige HGB-Bilanz. Dagegen stehen natürlich der deutlich größere Berichtsumfang im Anhang und die immer wieder neuen oder geänderten Standards, die doch einen nicht unbeträchtlichen Aufwand erzeugen. Was sind die kritischen Faktoren für eine erfolgreiche Einführung der IFRS, was sind die Zeitfresser?
350
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
Als maßgeblichen Erfolgsfaktor betrachte ich die Fokussierung auf wesentliche Themen und gleichzeitig die Eliminierung aller nicht wesentlichen oder nicht relevanten Aspekte. Ein Hilfsmittel ist sicherlich die Vereinbarung sinnvoller und angemessener Wesentlichkeitsgrenzen mit dem Wirtschaftsprüfer. Dies ermöglicht die Erstellung der bereits erwähnten „schlanken“ IFRS-Richtlinie. Darüber hinaus muss eigenes IFRS-Knowhow dauerhaft etabliert werden. Hierzu haben wir zusätzliche Kapazität in der Grundsatzabteilung Bilanzierung bereitgestellt. Wichtig ist auch die rechtzeitige Information und Vorbereitung betroffener Kreise, wie das Management der Geschäftsgruppen, Gesellschafter, Mitarbeiter und der Banken. Sehr viel Zeit sollte man für Schulungen der Mitarbeiter und auf die Qualitätskontrolle und Plausibilisierung der erstmalig ermittelten IFRS-Abschlüsse vorsehen. Ziemlich aufwändig waren auch einige Sonderthemen mit hoher Komplexität, wie die Ermittlung latenter Steuern und die Bewertung und Berichterstattung von Finanzinstrumenten.
E Erfolgsfaktoren für die IFRS Umstellung
Die Entwicklung der IFRS ist sehr dynamisch. Wie können die Anwender, besonders die Unternehmen, diese Dynamik verkraften? Es ist klar, dass die Beschäftigung mit IFRS deutlich mehr Zeit beansprucht als das Verfolgen von Änderungen im HGB. Verschiedene Institutionen bieten hier Hilfe an, etwa die eigenen Wirtschaftsprüfer oder der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Es kann außerdem helfen, sich in Arbeitskreisen, z. B. vom BDI oder von der Gesellschaft für Finanzwirtschaft in der Unternehmensführung (GEFIU), zu engagieren, den Kontakt zu anderen Betroffenen zu suchen und von deren Erfahrung zu profitieren. Freudenberg ist ein Familienunternehmen und Personengesellschaftskonzern, trotzdem unterziehen Sie sich den gleichen Anforderungen an Berichterstattung und Corporate Governance wie eine Kapitalgesellschaft. Wie wirkt sich das aus? Wir veröffentlichen einen IFRS-Abschluss auf freiwilliger Basis. Ebenfalls freiwillig ist unser externes Rating durch Moody’s. Die Vorschriften des deutschen Corporate Governance Codex wenden wir an, soweit sie für unsere Gesellschaftsform relevant und sinnvoll sind. Wie hat sich die Bilanzstruktur durch die Umstellung verändert? Vermutlich steht in Ihrer IFRS-Bilanz kein Eigenkapital mehr, da wegen des
351
Dynamik der IFRS als Her ausforderung
E
IFRS für Controller im Mittelstand
gesetzlichen Kündigungsrechts Einlagen in Personengesellschaften nach IFRS regelmäßig als Fremdkapital auszuweisen sind. Stichwort IAS 32. IAS 32 als Problem
Diese Interpretation des IAS 32 ist meines Erachtens in höchstem Maße fragwürdig. Sie berücksichtigt nicht den in aller Regel langfristigen Verbleib der Einlagen von Gesellschaftern in Personengesellschaften – in einigen Fällen über 100 Jahre – und die Vielzahl an gesellschaftsvertraglichen Regelungen, die den Abfluss des Gesellschaftskapitals trotz des gesetzlichen Kündigungsrechts verhindern oder deutlich erschweren. Nach intensiven Diskussionen ist es uns zumindest für den Freudenberg-Abschluss gelungen, den Eigenkapitalcharakter unseres Gesellschaftskapitals auch nach IAS 32 nachzuweisen, sodass wir in vollem Umfang und mit vollem Testat Eigenkapital nach IFRS zeigen. Sie haben zusammen mit anderen namhaften deutschen Familienunternehmen die Vereinigung zur Mitwirkung an der Entwicklung des Bilanzrechts für Familiengesellschaften (VMEBF) gegründet. Was hat Sie dazu bewogen?
Besondere Interessen von Familienunter nehmen
Wir haben feststellen müssen, dass die ausschließliche Orientierung des IASB an den Wünschen und Anforderungen von Kapitalmarktinvestoren zu großen Problemen bei den Unternehmen führen kann, deren Investoren langfristig orientiert sind, vor allem also den Familiengesellschaften. Als Beispiel sei hier die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital nach IAS 32, aber auch der Trend zur Gesamtbewertung des Unternehmens zum Fair Value, genannt. Zum Mindesten verursachen viele Vorschriften nach IFRS erheblichen Aufwand, ohne entsprechenden Nutzen zu verschaffen. Ein Beispiel sind die ausufernden Anhangsangaben zu latenten Steuern. Für die Familiengesellschaften, die bisher noch nach HGB bilanzieren, kommt hinzu, dass sich die Konvergenz von HGB zu IFRS, u. a. mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, beschleunigt. Was unternehmen Sie konkret? Unser Bestreben ist es, zeitnäher am Prozess der Bilanzrechtsentwicklung teilnehmen zu können und damit vor allem den Belangen der Familiengesellschaften und -investoren Gehör zu verschaffen. Dies versuchen wir durch regelmäßige Gespräche mit Vertretern der Standardsetter, der Wirtschaftsprüfer und auch der Politik zu erreichen. Darüber hinaus arbeiten wir in Arbeitskreisen des DRSC an konkreten
352
Relevanz der IFRS für den Mittelstand?
E
Problemstellungen mit. Innerhalb unserer Initiative haben wir 3 Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit unseren maßgeblichen Themenkomplexen beschäftigen: dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, der Eigenkapitalabgrenzung nach IAS 32 und der IFRS-Richtlinie für kleine und mittlere Unternehmen. Wo sinnvoll und machbar, wollen wir auch durch Vertreter unserer Initiative in entscheidungsnahen Gremien der Standardsetter mitarbeiten. Ein Beispiel hierfür bildet die Berufung von Dr. Jürgen Heraeus in den Vorstand des DRSC e.V. Herr Reuther, wir danken Ihnen für das Gespräch. (Interview erschienen in Accounting, Heft 6/2006) •
Auch das HGB wird sich den IFRS annähern. Mit der EU-Verordnung 1606/2002 wurden die IFRS zum europäischen Bilanzierungsstandard – mit dem Erfolg, dass insbesondere die 4. und 7. EU-Richtlinie zur Harmonisierung der Rechnungslegung in Europa, die im HGB umgesetzt sind, an die IFRS angepasst werden mussten. Ansonsten wären z. B. die Vorschriften zur FairValue-Bewertung von Finanzinstrumenten nach IAS 39 nicht konform mit dem bestehenden EU. Diese Modernisierung des EURechts führt auch zu umfassenden Veränderungen im HGB, die durch das für 2007 angekündigte BilMoG umgesetzt werden sollen.
Wie drängend letztlich für ein mittelständisches Unternehmen die konkrete Auseinandersetzung mit den IFRS ist, ist individuell zu klären. Bei der Beantwortung dieser Frage hilft Ihnen jedoch die nachfol232 gende Checkliste, die die wichtigsten Parameter zusammenfasst .
232
Vgl. IDW (Hrsg.), Internationalisierung der Rechnungslegung im Mittelstand, 2005, S. 21-28.
353
HGB und IFRS nähern sich langfristig aneinander an
E
IFRS für Controller im Mittelstand
Checkliste: Umstellung auf IFRS • Gründe und Zeitplan für das Erschließen eines regulierten Kapitalmarkts − Aufnahme von Eigenkapital (Börsengang) − Aufnahme von Fremdkapital − ggf. Zahlung eines Unternehmenserwerbs mit eigenen Aktien geplant • Konzernweite Vereinheitlichung der Rechnungslegung erforderlich − für Zwecke des (internationalen) Beteiligungscontrollings − Integration der Rechnungslegung erwünscht • Bedarf an verbesserter Unternehmenskommunikation − mit Anteilseignern − mit Banken − mit Kunden und/oder Lieferanten − mit Kooperationspartnern (z. B. bei F&EKooperationen) • Internationalisierung des Unternehmensimage • Verfügbarkeit von IFRSKnowhow im Unternehmen
354
IFRSKnowhow für Controller im Mittelstand: Das SMEProjekt des IASB
2 2.1
E
IFRSKnowhow für Controller im Mittelstand: Das SMEProjekt des IASB Projekthistorie
Das Thema „IFRS für den Mittelstand“ ist im Kontext einer kapitalmarktorientierten Rechnungslegung stark umstritten. Weder die IFRS noch die US-GAAP kennen bisher größenabhängige Erleichterungen, wie sie im HGB an mehreren Stellen die Rechnungslegungspflichten und damit auch den Bilanzierungsaufwand für kleine und mittlere Unternehmen reduzieren. In der kapitalmarktorientierten Rechnungslegung galt bisher dagegen der Grundsatz, dass Investoren unabhängig von der Unternehmensgröße vollständige Finanzinformationen benötigen. Mit zunehmender Durchsetzung der IFRS wuchs jedoch der Druck auf den Standardsetter IASB, spezielle Regelungen für mittelständische Unternehmen zu erlassen. Nach einem Grundsatzpapier aus dem Jahr 2004 und verschiedenen Diskussionsrunden in 2005 ist nun im August 2006 eine interne Arbeitsvorlage für einen SME-Standardentwurf veröffentlicht worden (International Financial Reporting Standard for Small and Mediumsized Entities - Staff Draft). Weitere Schritte im due process werden ab Anfang 2007 erwartet, sodass ein endgültiger Standard nicht vor Ende 2007 erlassen wird.
2.2
Arbeitsvorlage für den SMEStandardentwurf
Die Arbeitsvorlage für den SME-Standardentwurf – im Folgenden kurz als SME-Entwurf bezeichnet – ist in 39 Abschnitte gegliedert. Dabei werden sämtliche Bilanzierungs- und Bewertungsfragen abgedeckt, d. h. der SME-Entwurf ist ein in sich abgeschlossener Bilanzierungsstandard für kleine und mittelständische Unternehmen.
355
Arbeitsvorlage für einen Standardent wurf
E
IFRS für Controller im Mittelstand
Nach einem Vorwort und Ausführungen zu Geltungsbereich und Prinzipien folgen Regelungen, die wesentlich aus den geltenden IFRS abgeleitet sind, also z. B. zur den Abschlusselementen, zur Bilanzierung von Aktiva und Passiva, zu Erträgen, Wertminderungen, Ertragsteuern oder Währungsumrechung usw. Inhaltlich sind folgende Aspekte von Bedeutung: Inhaltliche Aspekte
•
•
•
SMEEntwurf • inhaltlich abgeschlossener Standard
•
233
Im Vorwort des SME-Entwurfs wird klar festgelegt, dass die auf dieser Basis erstellten Abschlüsse nur Informationszwecken dienen, nicht aber nationale Vorschriften z. B. des Steuerbilanzrechts mit abdecken sollen (SME-Entwurf P.12). Weiterhin sollen die SMERegelungen etwa alle zwei Jahre überarbeitet werden. Diese selbst auferlegte Pflicht findet sich in anderen Standards in dieser Form nicht (SME-Entwurf P.17). Der Geltungsbereich des SME-Entwurfs erstreckt sich auf Unternehmen, die einen geregelten Kapitalmarkt durch Eigen- oder Fremdkapital in Anspruch nehmen bzw. dies planen oder die Vermögen treuhänderisch verwalten, z. B. Versicherungen oder Fondsgesellschaften (SME-Entwurf 1.1-3). In früheren Diskussionen verlangte Einschränkungen, z. B. für öffentliche Versorgungsunternehmen (Energie, Telekommunikation) finden sich im SMEEntwurf nicht wieder. Ein Abschluss auf Basis des SME-Entwurfs muss die Elemente Bilanz, GuV und Anhang sowie Eigenkapitalspiegel und Kapitalflussrechnung enthalten (SME-Entwurf 3.15). Die grundlegenden Bilanzierungs- und Bewertungskonzepte im SME-Entwurf sind aus dem IFRS-Rahmenkonzept übernommen (SME-Entwurf 2.2-31). Ergänzend enthält der SME-Entwurf aber auch pervasive principles, die bei Regelungslücken im SME-Entwurf anzuwenden sind (SME-Entwurf 2.32-44). Damit hat der SMEEntwurf den oben angesprochenen Charakter eines abgeschlossenen Bilanzierungsstandards. Ein SME kann zwar im Fall einer Regelungslücke auf die übrigen IFRS zurückzugreifen, muss dies aber nicht, sondern kann auch auf die pervasive principles zurückgreifen. Der SME-Entwurf erlaubt an vielen Stellen die Fair-ValueBewertung, macht sie jedoch kaum verpflichtend. Insbesondere für 233 Finanzinstrumente gibt es lediglich zwei Kategorien, von denen Die Vorschriften zu Finanzinstrumenten nach IAS 32, 39 und IFRS 7 stellen vielfach ein besonderes Problem für mittelständische IFRS-Anwender dar. Vgl. Heintges/Härle,
356
IFRSKnowhow für Controller im Mittelstand: Das SMEProjekt des IASB
•
•
•
•
nur eine (SME-Entwurf 11.8) erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten ist (ohne Berücksichtigung von Transaktionskosten). Nicht gelöst werden die Probleme der Eigenkapitalbilanzierung in Personengesellschaften und Genossenschaften, da zwar die in IAS 32 enthaltenen Abgrenzungskriterien für Eigen- und Fremdkapital vereinfacht, jedoch nicht grundsätzlich inhaltlich geändert werden (SME-Entwurf 21.1). Der SME-Entwurf enthält eine Vielzahl von Wahlrechten. So können u. a. Entwicklungskosten wahlweise vollständig aufwandswirksam verrechnet oder – unter Anwendung von IAS 38 – aktiviert werden (SME-Entwurf 17.15-16). Assoziierte Unternehmen können zu Anschaffungskosten, zum Fair Value und mithilfe der Equity-Methode bewertet werden (SME-Entwurf 13.3-6). Das Gleiche gilt für Joint Ventures (SME-Entwurf 14.8-12), wobei hier auch die Quotenkonsolidierung erlaubt ist. Goodwill aus Unternehmenszusammenschlüssen muss auf Wertminderung geprüft werden. Liegen Indikatoren für eine Wertminderung vor, ist ein Impairment-Test analog zu IAS 36 durchzuführen (SME-Entwurf 26.21-22). Für die Umstellung auf IFRS durch einen Anwender des SMEStandards enthält der SME-Entwurf Übergangsvorschriften (SMEEntwurf 38).
Ein ausführliches Glossar sowie eine Übersicht, welche IFRS in welchem Abschnitt des SME-Entwurfs behandelt werden, ergänzt die Arbeitsvorlage. Eine Checkliste über die erforderlichen Anhangangaben ergänzt den SME-Entwurf. Auch sie enthält für SME wesentliche Erleichterungen.
2.3
Erleichterungen für den Mittelstand
Auch wenn das IASB nicht allen Vorschlägen gefolgt ist, die in der Vergangenheit vorgetragen wurden, um die Anwendung der IFRS für mittelständische Unternehmen zu erleichtern: Die Arbeitsvorlage des SME-Standardentwurfs senkt die Anwendungshürden für den Mittelstand ganz erheblich.
Probleme der Anwendung der IFRS im Mittelstand. Eine Analyse anhand der Vorschriften zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten, in: DB, 2005, S. 173-181.
357
E
Wahlrechte im SMEEntwurf
E 250 Seiten SMEEntwurf statt 2.500 Seiten „full IFRS“
IFRS für Controller im Mittelstand
Zum einen ist nach derzeitigem Stand lediglich ein in sich abgeschlossener SME-Standard zu beachten. Dies senkt die Komplexität der IFRS-Finanzberichterstattung erheblich: Anstatt der IFRS, die aktuell ca. 2.500 Seiten umfassen, muss zunächst nur ein Regelungsumfang von ca. 250 Seiten beachtet werden. Zum anderen erlauben die geplanten Wahlrechte im SME-Standard, den Übergang von nationalen Bilanzierungsstandards auf IFRS so friktionsfrei wie möglich zu gestalten.
358
IFRSUmstellung im Mittelstand
3 3.1
E
IFRSUmstellung im Mittelstand Projektmanagement in der Umstellung von HGB auf IFRS
Die Umstellung der Rechnungslegung im Konzernabschluss von HGB auf IFRS erfordert ein ausgefeiltes Projektmanagement, das im Einzelfall stark von der Unternehmenssituation – insbesondere den Umstellungsgründen und dem daraus resultierenden zeitlichen Druck – abhängt. Folgende, sich zeitlich überlagernde Projektschritte können im 234 Rahmen der IFRS-Umstellung unterschieden werden : • • • • • • • • • •
Entscheidungsfindung über die Rechnungslegungsumstellung Projektinitiierung und -planung Entscheidung über HGB vs. IFRS als führendes Verbuchungssystem (leading GAAP) Bestandsaufnahme der IT-Systeme/Festlegung des Anpassungsbedarfs Abweichungsanalyse der Bilanzpositionen nach HGB versus IFRS IFRS-Training der Mitarbeiter Identifizierung und Management des neuen Informationsbedarfs Erarbeitung einer Bilanzierungsrichtlinie Umstellung und Erarbeitung der IFRS-Eröffnungsbilanz Vollständige Implementierung der IFRS im Sinne einer ProzessStabilisierung und -optimierung
Wichtige Unterstützungsleistungen im Rahmen der Umstellung liefert der Abschlussprüfer, der die Planung und Durchführung des Umstellungsprojekts fachlich begleitet und auch im Nachgang, z. B. zur Diskussion von Zweifelsfragen bei der Interpretation einzelner IFRS235 Vorschriften, zur Verfügung steht . 234
Vgl. Weber/Weißenberger/Haas, IFRS revisited. Advanced Controlling Bd. 51, 2006, S. 33-42 sowie ausführlich auch Lüdenbach, IFRS. Ratgeber zur erfolgreichen Umstellung, 2005, S. 355-382, und Hoffmann/Lüdenbach, in: Hoffmann/Lüdenbach (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl., 2006, § 50. 235 Umfangreiche Hinweise zur Begleitung von Umstellungsprojekten durch den WP gibt die beim IDW zum Download verfügbare Broschüre „ Internationalisierung der Rechnungslegung im Mittelstand“, 2005 (http://www.idw.de/idw/generator/property=Datei/id= 390798.pdf).
359
Projektschritte
Abschlussprüfer als Begleiter der Umstellung
E
IFRS für Controller im Mittelstand
Zunächst ist generell über eine Umstellung der Rechnungslegung frühzeitig zu entscheiden. Der unternehmensindividuelle Nutzen einer Einführung der IFRS, soweit nicht verpflichtend, muss den Kosten und der Dauer des Projekts gegenüber gestellt werden. Achtung: Die Umstellung auf internationale Rechnungslegungsstandards dauert bei Groß unternehmen im Schnitt zwischen 15 und 18 Monaten. Das bedeutet, dass bei Umstellung zum Beispiel zum Jahr 2007 spätestens im Geschäftsjahr 2005 mit dem Umstellungsprozess begonnen werden muss. In mittelständischen Unternehmen ist eine kürzere Umstellungsdauer von ca. 8 bis 12 Monaten denkbar – im Einzelfall jedoch stets abhängig zum Beispiel von der Anzahl internationaler Tochterunternehmen, der Struktur des internen und externen Reporting, der ITSysteme und des bereits vorhandenen IFRSKnow hows.
Aus diesen Rahmenparametern ist die Umstellungsstrategie abzuleiten, die den zeitlichen und Budget-Rahmen sowie die generelle Vorgehensweise der Umstellung vorgibt. Schrittweise IFRSkonforme Ausübung von HGB Wahlrechten
Werden frühzeitig handelsrechtliche Wahlrechte im Sinne einer Annäherung an die IFRS-Regelungen ausgeübt, so zum Beispiel ein Verzicht auf die Anwendung steuerlicher Sonderabschreibungen, wirken sich die Umstellungseffekte über einen längeren Zeitraum und zum Umstellungszeitpunkt auf IFRS in geringerer Höhe aus. Die zukünftig möglichen Strukturen der Finanzbuchhaltung sind unternehmensspezifisch zu planen und auch im Hinblick darauf zu gestalten, ob HGB oder IFRS als leading GAAP gewählt werden. Folgende Alternativen sind hier möglich:
Festlegung der leading GAAP
• • •
Alternative 1: HGB weiterhin als leading GAAP und Erstellung einer Überleitungsrechnung (Differenzenrechnung) am Jahresende, Alternative 2: parallele Konzernrechnungslegung nach HGB und IFRS oder Alternative 3: IFRS als leading GAAP.
Gerade wenn die Umstellung unter hohem Zeitdruck erfolgt, wird häufig die erste Alternative gewählt. Sie ist allerdings langfristig nicht zu empfehlen, da eine Bilanzpolitik durch unterjährige Sachverhaltsgestaltung kaum möglich ist. Auch eine integrierte Rechnungslegung auf IFRS-Basis kann mit Alternative 1 nicht realisiert werden, da laufende IFRS-Daten fehlen.
360
IFRSUmstellung im Mittelstand
E
Die zweite Alternative wird häufig gewählt, wenn wichtige externe Adressaten, z. B. Aufsichtsräte, Gesellschafter oder Banken, noch einen HGB-Abschluss anfordern Dieses Vorgehen ist jedoch sehr aufwändig und anfällig gegenüber Verbuchungsfehlern. Die dritte Alternative stellt zwar hohe Anforderungen an das IFRS-Knowhow der Mitarbeiter in Finanz- und Rechnungswesen, ist aber – sofern Zeit- und Kapazitätsgründe es erlauben – die empfehlenswerte Vorgehensweise. Darüber hinaus ist frühzeitig zu entscheiden, ob im Rahmen der „reinen“ Rechnungslegungsumstellung weitere Prozessoptimierungen in Finanz- und Rechnungswesen angestoßen werden – so zum Beispiel die Einführung einer neuen Standardsoftware im Rechnungswesen, die begleitende Beschleunigung der Abschlussprozesse (Fast Close) oder die Integration von externer und interner Rechnungslegung. Weniger relevant für mittelständische Unternehmen ist die Auslagerung von Transaktionssystemen z. B. in Shared Service Center, da meist nicht die erforderlichen Prozessvolumina anfallen, um eine derartige Auslagerung wirtschaftlich zu realisieren. Die Priorisierung der einzelnen Projektziele sowie deren Umfang muss unternehmensintern frühzeitig kommuniziert werden.
Weiterführende Prozessoptimie rung im Rech nungswesen
Mit der Entscheidung zur Einführung der IFRS und der Festlegung der Umstellungsstrategie wird das Umstellungsprojekt initiiert. Dies schließt auch die Bildung einer das Gesamtprojekt leitenden Projektgruppe ein. Die Mitglieder dieser Projektgruppe sollten über eine hohe Anbindung an das Top-Management sowie über umfangreiches IFRSWissen verfügen und interdisziplinär – insbesondere mit Vertretern aus Bilanzierung, Controllerbereich sowie IT – aufgestellt sein. Die leitende Projektgruppe strukturiert die Umstellung in sachlicher und zeitlicher Sicht und antizipiert frühzeitig Ressourcenengpässe. Die Planung basiert in diesem Zusammenhang auf einer detaillierten Analyse der aktuellen und der zukünftig angestrebten Konzern- und Berichtsstrukturen, -prozesse und -systeme. So sind beispielsweise die Abgrenzung des Konsolidierungskreises, die frühere Behandlung von Unternehmenszusammenschlüssen sowie der Detaillierungsgrad einzelner Berichtsebenen im Konzern zu untersuchen.
Projektgruppe unter Beteili gung des Controllerbe reichs
361
E
IFRS für Controller im Mittelstand
Aufgaben des Controllerbereichs im Umstellungsprozess • Identifikation der individuell unternehmensrelevanten Schnittstellen zwi schen Bilanzierung und Controlling − Beachte: Wesentlichkeit (materiality) • Bestandsaufnahme der vorhandenen internen Informationsstrukturen − z. B. Projektpläne (immaterielle Vermögenswerte) − z. B. mitlaufende Kalkulation (langfristige Fertigung) − z. B. wirtschaftliche Nutzungsdauer (Sachanlagevermögen) − z. B. Mittelfristplanung (außerplanmäßige Abschreibungen auf Anlage vermögen) − z. B. Reportingstrukturen auf TopmanagementEbene (Segmentberichter stattung) • Anpassung an die Informationsbedarfe der Bilanzierung − Praxisproblem häufig: Ex postGenerierung von Informationen − Teilweise: Erleichterungen in IFRS 1 bzw. in den betreffenden Standards − Teilweise Anstoß zu Effizienzgewinnen im Controlling, teilweise aber auch konfliktär zum Ziel eines „Lean Controlling“ • Generierung neuer Informationskanäle zwischen Controlling und Bilanzie rung − Insbesondere Ausgestaltung der Schnittstelle Controlling Investor Rela 236 tions − Zusätzliche Einbindung von Controlling in Prozessgestaltung und Ab schlussprüfung
Nach Projektplanung und -strukturierung erfolgt eine Analyse der Abweichungen einzelner Bilanzpositionen nach HGB versus IFRS und ihrer Auswirkungen auf die interne und externe kennzahlengestützte Unternehmensanalyse. Der Ansatz, Ausweis sowie die Differenzen im Volumen der einzelnen Positionen des Jahresabschlusses (inklusive Anhang) sowie deren Sensitivität werden unter Berücksichtigung expliziter Bilanzierungswahlrechte und impliziter Ermessensspielräume analysiert. Da die Umstellung auf IFRS tendenziell eine erhöhte Ergebnisvolatilität bewirkt, ist in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob eine Anpassung des Entlohnungssystems notwendig ist. Die Abweichungsanalyse führt zur Identifikation weiterer, näher zu untersuchender Arbeitsfelder, insbesondere mit Bezug zu spezifischen Bilanzpositionen des Unternehmens und damit zur Initiierung weiterer untergeordneter Projektgruppen. 236
Diese Schnittstelle ist häufig nur unzureichend ausgestaltet. Vgl. auch Hirsch/Sorg, Controller und Investor Relations, in: FB, 2006, S. 428-434, sowie ausführlicher Schick, Interne Unternehmenskommunikation, 2005.
362
E
IFRSUmstellung im Mittelstand
Parallel zur Erweiterung des Teams, das mit der Umstellung der Rechnungslegung betraut ist, sollte stetig bis zur vollständigen Implementierung das IFRS-Knowhow der Mitarbeiter des Unternehmens aufgebaut werden; insbesondere das Knowhow der Funktionen Bilanzierung, Controlling, IT, aber auch Steuern. Aufgrund der hohen Veränderungsgeschwindigkeit der IFRS sind Mitarbeiterschulungen auch in Zukunft mehrmalig durchzuführen, um eine adäquate Berücksichtigung von Neuerungen und die notwendigen Anpassungen in den internen Informationsstrukturen sicherzustellen.
IFRSKnowhow Aufbau erfor derlich
Weiterhin wird der erweiterte Bedarf an internen und externen Daten für die Erstellung des Jahresabschlusses nach IFRS identifiziert. Informationsstrukturen, wie das interne Berichts- und Meldewesen, der verwendete Kontenrahmen, die allgemeinen Bilanzierungsrichtlinien sowie die unterstützenden Informationssysteme des Rechnungswesens und Prozesse der Informationsgenerierung und -weiterverarbeitung sind auf notwendige Änderungen hin zu überprüfen und im Projektverlauf stetig anzupassen. Eine Umstellung der Standardsoftware des Rechnungswesens ist zur Behebung bereits bestehender organisatorischer Defizite und für die Abbildung aller neuen Jahresabschlussbestandteile wie der Kapitalflussrechnung, der Eigenkapitalveränderungsrechnung sowie den erweiterten Angabepflichten, zu empfehlen; sie sind allerdings sehr kostenintensiv und aufwändig.
Festlegung der Informations strukturen zur IFRS Abschlusserstel lung
Es ist über den Grad und die Art der Vereinheitlichung der Datenaufbereitung im Konzern zu entscheiden und eine dementsprechende Bilanzierungsrichtlinie für Tochtergesellschaften zu erstellen. Der erweiterte und veränderte Informationsbedarf der IFRS kann überdies zu neuen betrieblichen Prozessen führen, so zum Beispiel zur Implementierung eines Projektcontrollings zur Abbildung langfristiger Fertigungsaufträge oder zur Ermittlung latenter Steuern bereits auf Ebene untergeordneter Tochtergesellschaften.
Erstellung der Bilanzierungs richtlinie
Die Eröffnungsbilanz des Vorjahres des ersten IFRS-Abschlusses wird in laufender Abstimmung mit den neuen Informationsstrukturen und der Bilanzierungsrichtlinie erarbeitet. Zunächst wird typischerweise zu Testzwecken ein Probe-Abschluss erstellt, der nach Analyse seiner Richtigkeit, der Erstellungsprozesse und der Auswirkungen der veränderten Unternehmensabbildung zu bestätigen ist.
Probe Abschluss
363
E
IFRS für Controller im Mittelstand
Tipp Gerade im Zuge der ITUmstellung erweist es sich als vorteilhaft, ein System als „Spielwiese“ bereitzustellen, auf dem die neuen Softwarekomponenten und einstellungen vorab umfangreich getestet werden können. Damit führen Fehlkon figurationen nicht zu Ausfällen in Rechnungswesen und Controlling, die gravie rende Nachteile für die Finanzkommunikation und auch die interne Steuerung haben können. Bei der vollständigen Implementierung der IFRSRechnungslegung sollte innerhalb der Abschlusserstellung ein stabiler Prozess erreicht sein.
Die Kommunikation der Umstellung an Kapitalgeber und Mitarbeiter des Unternehmens ist zu überlegen. Falls noch erforderlich, ist das interne und externe Reporting nachfolgend schrittweise einander anzupassen.
3.2
Gefahren bei der IFRSUmstellung im Mittelstand
Die IFRS-Umstellung bietet – wie oben dargestellt – Vorteile bzw. ist bei geplanter Kapitalmarktorientierung unumgänglich. Damit verbunden sind jedoch auch Gefahren, auf die im Projektmanagement innerhalb der Umstellung besonderes Augenmerk gelenkt werden 237 muss . Hohe Belastun gen während des Umstel lungsprojekts ...
•
•
•
237
Das Projekt der IFRS-Umstellung stellt eine erhebliche Belastung des Unternehmens dar und kann gerade bei zeitlichem Druck nicht neben dem Tagesgeschäft durchgeführt werden. Mit Unterstützung des Abschlussprüfers sind frühzeitig Personal-, Kosten- und Zeitbedarf der Umstellung abzuschätzen. Vielfach werden die Vorlauf- und Lernzeiten zur Etablierung der IFRS unterschätzt. Der nachhaltige Aufbau von IFRS-Knowhow Finanz- und Rechnungswesen ist jedoch einer der Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Compliance, d. h. vorschriftsmäßige Rechnungslegung, und die Nutzung der IFRS auch für Zwecke der internen Steuerung. Vielfach werden die Schwierigkeiten in der Kennzahleninterpretation und die mit der Umstellung verbundenen externen wie internen Kommunikationsbedarf nicht in vollem Umfang antizipiert. Vgl. im Folgenden Ballwieser, Schaden IAS dem Mittelstand?, in: Küting/Pfitzer/Weber (Hrsg.), Herausforderungen und Chancen durch weltweite Rechnungslegungsstandards, 2004, S. 11-27, hier S. 22-23.
364
IFRSUmstellung im Mittelstand
•
Gravierende Fehler im Bereich Investor Relations wie auch in der internen Steuerung können die Folge sein. Nach Abschluss der IFRS-Umstellung bleiben höhere Belastungen aus der IFRS-Rechnungslegung im Rechnungswesen bestehen. Dies resultiert zunächst unmittelbar aus den im Vergleich zum HGB vielfach höheren Informationspflichten gegenüber dem Kapitalmarkt. So hat z. B. der IFRS-Anhang (notes) vielfach den drei- bis vierfachen Umfang eines vergleichbaren HGB-Anhangs. Weiterhin verändern sich die Normen zunehmend schnell, sodass immer wieder neues Knowhow im Rechnungswesen aufgebaut werden muss. Schließlich muss die Unternehmensleitung das Konzept einer kapitalmarktorientierten und vor allem proaktiven Kommunikation, auch im Tagesgeschäft umsetzen, das den IFRS inhärent zu Grunde liegt und von den externen Adressaten des IFRS-Abschlusses erwartet wird.
3.3
E ... bleiben zum Teil auch nach Abschluss bestehen
Die IFRSEröffnungsbilanz gemäß IFRS 1
Regulatorisch ist für die Umstellung der Rechnungslegung von nationalen Standards auf IFRS der Standard IFRS 1 relevant. Achtung: Der SMEEntwurf enthält in Section 38 Vorschriften für die IFRSUmstellung sol cher Unternehmen, die in der ersten IFRSBilanz den SMEStandard anwenden. Diese Vorschriften orientieren sich an IFRS 1, enthalten demgegenüber aber noch weitere Erleichterungen. 238
Hierbei sind verschiedene Aspekte von besonderer Bedeutung : •
238
Die Planung der Umstellung auf IFRS muss berücksichtigen, dass aufgrund des notwendigen Vorjahresvergleichs ein IFRS-Abschluss bereits für das Vorjahr des Umstellungsjahres erforderlich ist. Für einen Umstellungszeitpunkt zum 31.12.2007 bedeutet dies beispielsweise die Erstellung der Eröffnungsbilanz schon zum 1.1.2006 nach den Vorschriften der IFRS, das heißt insgesamt die Erstellung von drei IFRS-Bilanzen sowie von zwei Gewinn- und Verlustrechnungen.
Vgl. hierzu auch die Hinweise, die im Steckbrief zu IFRS 1 im IFRS-Guide (Anhang G/CD-ROM) enthalten sind.
365
Drei IFRS Bilanzen erfor derlich
E
IFRS für Controller im Mittelstand •
Retrospektive Anwendung der IFRS
•
Ausnahmen
• Verbote
Darüber hinaus erfordert die Anwendung der IFRS generell – auch bereits bei erstmaliger Bilanzierung – umfangreiche Anhangangaben. Die Erstellung der Eröffnungsbilanz muss retrospektiv erfolgen, das heißt alle Vermögenswerte und Schulden sind so in der Bilanz anzusetzen und zu bewerten, als ob schon immer nach IFRS bilanziert worden wäre. Dies macht umfangreiche interne Informationsleistungen u. a. aus dem Controllerbereich erforderlich, die im Umstellungszeitraum umfangreiche Kapazitäten binden. Da die retrospektive Anwendung der IFRS gerade für lange zurückliegende Geschäftsvorfälle im Einzelfall sehr aufwändig sein kann, gewährt IFRS 1 Ausnahmen von der retrospektiven Anwendung der IFRS (exemptions). Dabei kann frei gewählt werden, welche dieser Ausnahmen in Anspruch genommen wird (IFRS 1.13-25G). Diese Erleichterungen betreffen z. B. – die Bewertung von immateriellen Vermögenswerten, Sachanlagen und Renditeimmobilien, – die Klassifikation von Leasingverträgen, – die Bilanzierung von Finanzinstrumenten, – die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen, – die Behandlung aktienbasierter Vergütungen, – die Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen, – die Behandlung von Währungsumrechnungsdifferenzen, oder – die Berücksichtigung der zeitversetzten IFRS-Umstellung im Konzern bei der Übernahme von Abschlussdaten eines Tochterunternehmens. IFRS 1 spricht weiterhin Verbote bezüglich der retrospektiven Anwendung der IFRS aus (IFRS 1.26-34B). Dies betrifft – die Abbildung von Sicherungsbeziehungen, – die Ausbuchung von Finanzinstrumenten, – die nachträgliche Veränderung von Schätzungen und – die nachträgliche Klassifikation von zur Veräußerung gehaltenen langfristigen Vermögenswerten und aufgegebenen Geschäftsbereichen.
366
IFRSUmstellung im Mittelstand •
239
Abweichungen zum handelsrechtlichen Abschluss betreffen die Bewertung von Aktiva und Passiva, hier insbesondere das Sachanlagevermögen, die Pensionsrückstellungen sowie die Finanzinstrumente. Maßgebliche Bewertungsunterschiede erwachsen dabei un239 ter anderem aus der Fair-Value-Bewertung . Darüber hinaus verfolgen die IFRS eine Gewinnkonzeption, in der – entsprechend einer streng periodengerechten Erfolgsermittlung – nicht nur realisierte, sondern bereits realisierbare Gewinne ausgewiesen werden. Folglich werden zum Beispiel langfristige Fertigungsaufträge nach IAS 11 mit dem zum aktuellen Fertigstellungsgrad korrespondierenden, anteiligen Umsatz bewertet, der auch Gewinnanteile enthält (Teilgewinnrealisierung). Ferner sind langfristige Verbindlichkeiten gemäß IAS 39 – im Gegensatz zu den handelrechtlichen Vorschriften – mit dem niedrigeren Barwert anzusetzen; Pensionsrückstellungen müssen unter Beachtung zukünftiger Gehalts- und Rententrends ermittelt werden. Abweichungen zwischen den HGB-Buchwerten und den neuen IFRS-Werten, die aus der retrospektiven Anwendung der IFRS entstehen, werden erfolgsneutral gegen die Gewinnrücklagen verrechnet. Typischerweise ergeben sich ebenfalls Unterschiede zwischen der IFRS- und der Steuerbilanz, die die Bildung latenter Steuern erforderlich machen. Im Gegensatz zum HGB sind nach IFRS Steuerlatenzen nicht auf die Unterschiede im Ergebnisausweis, sondern auf Unterschiede in der Höhe von Bilanzpositionen zu bilden. Auch erfolgsneutrale Verrechnungen führen damit nach IFRS zu Steuerlatenzen.
Vgl. hierzu ausführlich Kapitel B 1.3.
367
E HGB vs. IFRS
E
IFRS für Controller im Mittelstand
4
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz: Zukunft des deutschen HGB
Der für 2007 angekündigte Entwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) wird mit Spannung erwartet. Gegenstand wird voraussichtlich eine Vielzahl an Einschränkungen von Ansatz- und Bewertungswahlrechten sein, die zu einer Anpassung an internationale Rechnungslegungsstandards führen. DSRVorschlag
Der Deutsche Standardisierungsrat (DSR) hat im Rahmen seiner in § 342 Abs. 1 Nr. 2 HGB kodifizierten Beratungsaufgabe eine Liste von Reformvorschlägen veröffentlicht. Sie umfassen Hinweise u. a. zur Abschaffung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten, zur Abschaffung von Konsolidierungswahlrechten sowie zur Abschaffung von Ausweiswahlrechten. Im Einzelnen werden die in der untenstehenden Übersicht genannten 240 Punkte diskutiert : Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz: Der Vorschlag des DSR Abschaffung von Ansatzwahlrechten im Jahresabschluss: •
Passivierungsverbot von Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltungen, die in den letzten 9 Monaten des nächsten Geschäfts jahrs nachgeholt werden
− bisher: Wahlrecht (§ 249 Abs. 1 Satz 3) •
Passivierungsverbot für Aufwandsrückstellungen
− bisher: Wahlrecht (§ 249 Abs. 2) •
Passivierungspflicht von Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen, die vor dem 1.1.1987 zugesagt wurden
− bisher: Wahlrecht (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGHGB) •
Aktivierungspflicht von als Aufwand berücksichtigten Zöllen und Ver brauchssteuern auf Vorräte
− bisher: Wahlrecht (§ 250 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1) 240
Entnommen aus Köhler/Marten/Schlereth, Reformansätze zum HGB. Studie zur Einschätzung der Vorschläge des Deutschen Standardisierungsrates (DSR), in: DB, 2006, S. 2301-2306.
368
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz: Zukunft des deutschen HGB •
Nettopassivierung von Anzahlungen, d. h. ohne Umsatzsteueranteil
− bisher: Passivierung inkl. Umsatzsteueranteil und Wahlrecht, den Um satzsteueranteil als aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren (§ 250 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2) •
Aktivierungspflicht für derivativen Geschäfts oder Firmenwert
− bisher: Wahlrecht (§ 255 Abs. 4 Satz 1) •
Passivierungspflicht erhaltener Anzahlungen auf Bestellungen
− bisher: auch offene Absetzung von den Vorräten möglich (§ 268 Abs. 5 Satz 2) •
Aktivierungsverbot für Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweite rung des Geschäftsbetriebs
− bisher: Wahlrecht zur Aktivierung als Bilanzierungshilfe (§ 269) •
Passivierungspflicht nicht eingeforderter ausstehender Einlagen
− bisher: auch Aktivierung vor dem Anlagevermögen möglich (§ 272 Abs. 1 Satz 2, 3) Abschaffung von Bewertungswahlrechten im Jahresabschluss: •
Verbot der progressiven Abschreibung
− bisher: Wahlrecht (§ 253 Abs. 2 Satz 2) •
Rechtsformunabhängiges Abschreibungsverbot für Gegenstände des Anlage vermögens und Abschreibungswahlrecht für Finanzanlagen bei nur vorüber gehender Wertminderung
− bisher: Wahlrecht für Personengesellschaften und Abschreibungsverbot, bis auf Finanzanlagen, für Kapitalgesellschaften (§ 253 Abs. 2 Satz 3, § 279 Abs. 1) •
Verbot der Berücksichtigung niedrigerer Werte beim Umlaufvermögen auf grund von zu erwartenden Wertschwankungen in der nächsten Zukunft
− bisher: Wahlrecht (§ 253 Abs. 3 Satz 3) •
Rechtsformunabhängiges Verbot außerplanmäßiger Abschreibungen nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung
− bisher: Wahlrecht für Personengesellschaften, Verbot für Kapitalgesell schaften (§ 253 Abs. 4, § 279 Abs. 1) •
Rechtsformunabhängiges Wertaufholungsgebot bei Wegfall der Gründe für eine außerplanmäßige Abschreibung
− bisher: Wahlrecht für Personengesellschaften, Gebot für Kapitalgesell schaften (§ 253 Abs. 5, § 280 Abs. 1)
369
E
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IFRS für Controller im Mittelstand •
Verbot der pauschalen Abschreibung des Geschäfts oder Firmenwerts; Pflicht zur planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibung wie bei ande ren Vermögensgegenständen des Anlagevermögens / vereinfachende Nut zungsdauer: 15 Jahre
− bisher: Wahlrecht (§ 255 Abs. 4) •
Weitere Änderungen im Jahresabschluss:
•
Konkretisierung der Bewertungsregeln für Pensionsrückstellungen hinsicht lich des Diskontierungsfaktors unter Berücksichtigung künftiger Gehalts und Rentensteigerungen zur Gewährleistung eines vollständigen Schulden ausweises
− bisher: keine konkreten Regelungen (§ 249, § 253 Abs. 1 Satz 2) •
Bilanzgliederung nach Lang und Kurzfristigkeit der Posten
− bisher: Gliederung der Aktivseite nach Liquidierbarkeit, der Passivseite nach Fristigkeit (§ 266) Abschaffung von Konsolidierungswahlrechten im Konzernabschluss: •
Einbeziehungsverbot bei Beschränkung der Rechte des Mutterunternehmens
− bisher: Wahlrecht (§ 296 Abs. 1 Nr. 1) •
Einbeziehungspflicht bei unverhältnismäßig hohen Kosten der Informations beschaffung
− bisher: Wahlrecht (§ 296 Abs. 1 Nr. 2) •
Einbeziehungsverbot bei Weiterveräußerungsabsicht
− bisher: Wahlrecht (§ 296 Abs. 1 Nr. 3) •
Verpflichtung zur Kapitalkonsolidierung mit der Neubewertungsmethode
− bisher: Wahlrecht zwischen Buchwert und Neubewertungsmethode (§ 301 Abs. 1) •
Verpflichtung zur Verwendung der Wertansätze zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile für Konsolidierung
− bisher: auch Verwendung der Wertansätze zum Zeitpunkt des erstmali gen Einbezugs des Tochterunternehmens in den Konzernabschluss oder – bei sukzessivem Erwerb der Anteile – zu dem Zeitpunkt, zu dem das Un ternehmen Tochterunternehmen geworden ist, möglich (§ 301 Abs. 2) •
Verbot der Verrechnung von aktiven (Geschäfts oder Firmenwert) und pas siven Unterschiedsbeträgen in der Bilanz
− bisher: Wahlrecht zwischen saldiertem und unsaldiertem Ausweis (§ 301 Abs. 3) •
370
Verbot zur Anwendung der Interessenzusammenführungsmethode
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz: Zukunft des deutschen HGB
− bisher: Wahlrecht (§ 302) bei Erfüllen bestimmter Voraussetzungen •
Einheitliche Ausübung von Bewertungswahlrechten des Mutterunterneh mens bei Konsolidierung
− bisher: Recht des Mutterunternehmens war maßgeblich, nicht die tat sächliche Ausübung im Jahresabschluss des Mutterunternehmens (§ 308 Abs. 1) •
Aktivierungspflicht für Goodwill; Folgebewertung wie bei anderen Vermö gensgegenständen des Anlagevermögens
− bisher: auch erfolgsneutrale Verrechnung des Geschäfts oder Firmen werts (Goodwill aus Unternehmenserwerb) mit den Rücklagen möglich (§ 309) •
Pflicht zur Ermittlung des EquityWertansatzes der Beteiligung an assoziier ten Unternehmen nach Buchwertmethode; Pflicht zum Ausweis des Unter schiedsbetrags in der Konzernbilanz; Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Er werbs
− bisher: auch Angabe im Anhang möglich; auch Zeitpunkt des erstmaligen Einbezugs möglich (§ 312) Weitere Änderungen im Konzernabschluss: •
Ausdehnung der Konsolidierungspflicht auf Zweckgesellschaften, deren Chancen und Risiken überwiegend das Mutterunternehmen betreffen. Eine Beteiligung ist nicht erforderlich. Streichung der Beteiligungsvoraussetzung bei einem MutterTochterverhältnis nach der einheitlichen Leitung
− bisher: MutterTochterverhältnis nach einheitlicher Leitung nur mit Be teiligung möglich, daneben ControlKonzept (§ 290 Abs. 1, 2) •
Gebot der offenen Absetzung der Anteile an einem Mutterunternehmen von erworbenen Unternehmen vom Eigenkapital als eigene Anteile
− bisher: aktivischer Ausweis als eigene Anteile im Umlaufvermögen (§ 301 Abs. 4) Ausweiswahlrechte im Jahres und Konzernabschluss: •
Anlagespiegel im Anhang
− bisher: Wahlrecht zwischen Anhang und Bilanz (§ 268 Abs. 2 Satz 1, § 298 Abs. 1) •
Abschreibungen des Geschäftsjahrs auf Anlagevermögen im Anhang
− bisher: Wahlrecht zwischen Anhang und Bilanz (§ 268 Abs. 2 Satz 3, § 298 Abs. 1) •
Aufgliederung der Verbindlichkeiten im Anhang
− bisher: Wahlrecht zwischen Anhang und Bilanz (§ 285 Satz 1 Nr. 2)
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IFRS für Controller im Mittelstand •
Angabe der Beteiligungsliste im Anhang
− bisher: Wahlrecht zwischen Anhang und Bilanz (§ 285 Satz 1 Nr. 11) •
Angaben zur Änderung der Zusammensetzung des Konsolidierungskreises im Anhang
− bisher: Wahlrecht zwischen Anhang und Bilanz (§ 294 Abs. 2)
Die Vorschläge des DSR beinhalten keine Regelungen z. B. zur FairValue-Bewertung oder zur erweiterten Aktivierung selbsterstellten Vermögens, da die HGB-Bilanz weiterhin auch Grundlage für die Ausschüttungsbemessung sein soll. Inwieweit die o. a. Vorschläge zudem tatsächlich umgesetzt werden, ist derzeit noch offen. Dennoch stellt das BilMoG ein erstes Einfallstor für die IFRS-Vorschriften in die HGB-Welt dar. 241
Eine jüngst an den Universitäten Ulm und Duisburg-Essen durchgeführte Befragung deutscher Unternehmen zu diesen Vorschlägen ergab, dass die Vorschläge grundsätzlich befürwortet werden. Lediglich fünf dieser insgesamt 35 Punkte werden insbesondere auch von nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen tendenziell abgelehnt. Einschränkun gen in bilanz politischen relevanten Wahlrechten
Diese Punkte betreffen insbesondere die für Zwecke der Bilanzpolitik nutzbaren Wahlrechte, z. B. die Passivierungswahlrechte von Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung und sonstige Aufwandsrückstellungen, das Wahlrecht zur Berücksichtigung niedrigerer Werte beim Umlaufvermögen, das Einbeziehungswahlrecht in den Konzernabschluss bei unverhältnismäßig hohen Kosten sowie die Behandlung von Zweckgesellschaften im Konzernabschluss.
241
Vgl. Köhler/Marten/Schlereth, Reformansätze zum HGB. Studie zur Einschätzung der Vorschläge des Deutschen Standardisierungsrates (DSR), in: DB, 2006, S. 2301-2306.
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Fazit: IFRS im Mittelstand – ein Blick in die Controllingpraxis
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Fazit: IFRS im Mittelstand – ein Blick in die Controllingpraxis
Abschließend werfen wir noch einmal einen Blick in die Controllingpraxis mittelständischer Unternehmen. Im Gespräch mit Siegfried Gänßlen, Finanzvorstand der Hansgrohe AG, wird deutlich: Auch im Mittelstand wird die Aufgabe des Controllers unter IFRS nicht durch die Bilanzierung übernommen werden. Die in diesem Praxisratgeber vorgestellten Überlegungen zur Neuausrichtung des Controllers unter IFRS als „Lean Business Partner“ greifen damit genauso stark im Mittelstand wie in Großunternehmen.
Controlling nach IFRS: Was ist zu beachten? – Gespräch mit Siegfried Gänßlen, Hansgrohe AG Siegfried Gänßlen ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand der Hansgrohe AG, Schiltach, und stellvertretender Vorsitzender des Internationalen Controller Vereins. Neben diesen Tätigkeiten lehrt Siegfried Gänßlen an der European Business School im Executive Master of Business Innovation. Herr Gänßlen, die IFRS werden in Deutschland oft noch sehr emotional diskutiert. Wie stehen Sie persönlich zu den IFRS? Ich stehe IFRS überwiegend positiv gegenüber, da endlich ein Gegenwicht zu US-GAAP entsteht. IFRS führt zu einer besseren Vergleichbarkeit der Unternehmensbilanzen im internationalen Geschäftsverkehr und muss weiter vorangetrieben werden. Ich sehe aber auch, dass die Bedürfnisse des deutschen Mittelstands und der international tätigen Familienkonzerne im Moment noch unzureichend in den Standards berücksichtigt sind. Man muss Folgendes beachten: Mittelständische Unternehmen werden vom Eigentümer geführt und diese orientieren sich an anderen Bilanzanforderungen als die kapitalmarktorientierten Unternehmen. Für die Eigentümer entscheidend ist die nachhaltige Wertsicherung.
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IFRS für Controller im Mittelstand
Wie beurteilen Sie den Einfluss der IFRS auf die Rolle der Controller? IFRS haben Konsequenzen für Controller
IFRS hat vordergründig zuerst einen Einfluss auf die externe Rechnungslegung. Das interne Rechnungswesen und das Reporting zur Steuerung der Unternehmen sind davon weniger betroffen. Aber für die Controller gibt es auch wichtige Konsequenzen: •
•
Controller müssen die Daten für das interne Reporting sowie für die Unternehmenssteuerung bereitstellen. Daher muss der Controller die relevanten Regelungen der IFRS kennen. Der Controller muss die realisierten, historischen Werte, z. B. das real verfügbare Eigenkapital im Auge behalten, da IFRS sich ausschließlich an den Prognosewerten (Fair Value) ausrichtet.
Die angestrebte Harmonisierung von internem und externem Rechnungswesen provoziert die Frage, ob wir überhaupt noch Controller brauchen oder ob deren Arbeit gleich von der Bilanzabteilung mit erledigt wird? Das erinnert mich an die provokative Frage eines Unternehmensberaters: „ob nicht der Buchhalter die Arbeit des Controllers gleich mit erledigen sollte?“ Das Controlling arbeitet an der Unternehmensstrategie, der Planung und an der Steuerung des Unternehmens. Das unterscheidet das Controlling deutlich vom Accounting. Mit der Einführung von IFRS kann man das interne Berichtswesen mit dem externen Berichtswesen aber besser harmonisieren. Hier ein Beispiel: Eine auf dem internen Berichtswesen basierende Key-Account-Erfolgsrechnung kann ohne Probleme in das externe Berichtswesen überführt werden. Die Effizienzsteigerung ist möglich durch eine Minimierung der Überleitungsbrücken. Welchen Nutzen sehen Sie bei Einführung der IFRS für die Unternehmenssteuerung? Der Finanzbereich unterliegt mittlerweile den gleichen Zwängen zur Reduzierung der Kosten wie die Produktion. Die Einführung von Risk-Management, IFRS und die Einhaltung der Bestimmungen von Sarbanes Oxley binden Ressourcen und führen auch zu deutlichen Kostenerhöhungen. Wir, bei Hansgrohe, haben nationale und internationale Service Center unter der Leitung eines Controllers gebildet. Dadurch erreichen wir eine Standardisierung der Daten und der Re-
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Fazit: IFRS im Mittelstand – ein Blick in die Controllingpraxis
E
portingprozesse. Außerdem arbeiten Accounting und Controlling Hand in Hand bei allen Abschlüssen und Berichten. Im Ergebnis steuern und analysieren wir die Datenflut über Financial Analysts. Deren Aufgabe: Reportings der Tochtergesellschaften werden analysiert, auf Abweichungen gecheckt. Dann erfolgt die Konsolidierung der Abschlüsse auf Konzernebene und das Reporting an das Headquarter und Group Controlling. Die Controller haben mehr Zeit, das Management zu beraten und auch aktiv an der Strategie zu arbeiten. Der Finanzchef, auf englisch kurz CFO, kann sich dann vom „Finanzguru“ zum Kopiloten des Gesamtchefs dem CEO entwickeln. Herr Gänßlen, wir danken Ihnen für das Gespräch. (gekürzte Fassung; Interview erschienen in Accounting, Heft 4/2006) Kernaussagen in Abschnitt E Die IFRS sind für mittelständische Unternehmen relevant, die kurz oder mittelfristig den Kapitalmarktzugang planen. Aber auch mittelständische Unternehmen, für die ein Börsengang eine langfristige bzw. strategische Wachstumsoption darstellt, sollten sich mit diesem Thema grundsätzlich auseinandersetzen. • Neben der Inanspruchnahme von geregelten Kapitalmärkten können nämlich auch weitere Umstellungsmotive relevant sein, wie geringere Fremdkapital kosten, eine bessere internationale Vernetzung oder Vorteile in der internen Steuerung. • Für nicht kapitalmarktorientierte Mittelständler entwickelt das IASB derzeit einen eigenständigen SMEStandard, der die Komplexität und die Anwen dungshürden der IFRS erheblich reduziert. • Ein Umstellungsprojekt auf IFRS ist sorgfältig zu planen; der relevante Stan dard für die Umstellung ist IFRS 1. Bei Anwendung des SMEStandards sind die dort voraussichtlich enthaltenen Übergangsvorschriften anzuwenden. • Zu den Erfolgsfaktoren in der Umstellung gehört u. a. die frühzeitige Einbe ziehung des gesamten Finanz und Rechnungswesens einschließlich des Controllerbereichs, sowie der damit verbundenen internen Dienstleister, wie z. B. der ITAbteilung. • Auch in mittelständischen Unternehmen können die IFRS als Chance für Leistungssteigerungen im Controlling genutzt werden. •
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IFRS als Chance für das Control ling im Mit telstand
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Zusammenfassung: Lessons Learned zum Controlling unter IFRS
IFRS für Controller – motiviert durch diesen programmatisch formulierten Titel haben Sie je nach Ihrem individuellen Wissensstand und Informationsbedarf bereits das gesamte Buch durchgearbeitet oder Sie haben selektiv einzelne Abschnitte vertieft. Möglicherweise werfen Sie aber auch einen Blick in dieses Abschlusskapitel, um für sich selbst zu prüfen, ob sich der Kauf dieses Praxishandbuchs wirklich lohnt – eine sinnvolle Strategie, von der lediglich beim Kauf von Kriminalromanen abzuraten ist. Im Folgenden fassen wir in Form kurzer Thesen die Lessons Learned aus diesem Praxishandbuch noch einmal zusammen. Getreu dem Versprechen im Vorwort, Ihnen (nur) das zu präsentieren, was Controller über IFRS wissen sollten, dienen Ihnen diese Thesen als Struktur und Leitfaden, um die erarbeiteten Inhalte abzuspeichern und die Herausforderung IFRS erfolgreich in Ihrer täglichen Arbeit umzusetzen. Wenn Sie zur letztgenannten Lesergruppe gehören, die noch vor der Lektüre dieses Handbuchs steht, dann informieren Sie die folgenden Lessons Learned aus der Vogelperspektive, wohin die Reise für das Controlling unter IFRS geht, und machen Ihnen hoffentlich Appetit auf „mehr“. Gerade Ihnen empfehle ich auch, einen Blick in den IFRSGuide für Controller (Anhang G) zu werfen, der die Inhalte aller derzeit geltenden IAS 1-41 und IFRS 1-8 sowie das Vorwort zu den IFRS und das Rahmenkonzept aus Controllersicht zusammenfasst.
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Zusammenfassung: Lessons Learned zum Controlling unter IFRS
In diesem Sinne möchte ich Ihnen gemeinsam mit allen, die zum Gelingen an diesem Buch beigetragen haben, viel Erfolg bei der Umsetzung der Herausforderung IFRS in der täglichen Controllerarbeit wünschen. Ihre
Barbara E. Weißenberger
1. Immer mehr Unternehmen stellen ihre Finanzberichterstattung auf den aufwändigen und komplexen Bilanzierungsstandard IFRS um. Die steigenden Kosten müssen durch Synergien und Effizienzsteigerungen im Finanz- und Rechnungswesen aufgefangen werden. 2. Controller müssen spezifisches IFRS-Knowhow aufbauen, um den Anforderungen aus der IFRS-Umstellung gerecht zu werden. Da die IFRS als investororientierter Bilanzierungsstandard eine ausgeprägte betriebswirtschaftliche Perspektive bei der Abbildung des Unternehmens einnehmen, sind IFRS-basierte Finanzdaten für die interne finanzwirtschaftliche Steuerung im Rahmen des Controllings geeignet. 3. Insbesondere folgende Regelungen sind dabei für Controller bedeutsam: Die Fair-Value-Bewertung, die Aufstellung der IFRSGuV, die erfolgsneutrale Verbuchung bestimmter Sachverhalte im other comprehensive income, sowie die Vorschriften zur Segmentberichterstattung, zur Umsatzrealisation, zum Impairment-Test und zur Bilanzierung von immateriellem Vermögen. In Abhängigkeit von den konkreten Geschäftsmodellen im Unternehmen können auch weitere Regelungen für die Controllerarbeit relevant sein: –
–
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Zum einen, wenn im Rahmen des Management Approach Controllinginformationen von der Bilanzierung übernommen werden und die Controller so Mitverantwortung für die Finanzberichterstattung erhalten, zum anderen, wenn es sich um Regelungen handelt, die im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung die internen Steuerungskennzahlen wesentlich beeinflussen.
Zusammenfassung: Lessons Learned zum Controlling unter IFRS
Ansatzpunkte hierfür finden sich in einer IFRS-Themenlandkarte, die den Feldern der Controllerarbeit die jeweils bedeutsamen Standards zuordnet, sowie in den im IFRS-Guide im Anhang dieses Buchs enthaltenen Steckbriefen der aktuell geltenden IFRS einschließlich des Rahmenkonzepts und des Vorworts zu den IFRS. 4. Sowohl Management Approach als auch die Integration der Rechnungslegung machen umfangreiche Anpassungen im House of Controlling erforderlich. Neben einer Erweiterung des Rollenverständnisses der Controller sind die Aktionsfelder Planung, Berichtswesen, Performance-Messung, Gestaltung der Vorsysteme und Organisation des eigenen Bereichs unter der IFRS-Rechnungslegung neu auszurichten. 5. Controller können nur dann ihre Rolle als betriebswirtschaftlicher Berater ausbauen, wenn durch die IT-technische und prozessuale Optimierung der Vorsysteme ebenso wie durch verbesserte organisatorische Strukturen die Aufgaben im Bereich der Methoden- und Systemdienstleistung abnehmen. 6. Erste Praxiserfahrungen zeigen, dass ein erfolgreiches Controlling unter IFRS und damit auch ein eigenständiger strategischer Beitrag des Controllerbereichs innerhalb der Unternehmensführung realisierbar ist. Die IFRS gelten mithin nicht als Bremsklotz, sondern können als Chance für die Controllerarbeit verstanden werden. 7. Im Rahmen einer wertorientierten Führung unterstützen die IFRS die Ermittlung adäquater Wertkennzahlen vom Typ EVA oder CVA. Allerdings sind auch hier Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen, d. h. die buchhalterischen IFRS-Größen dürfen nicht unmodifiziert zur wertorientierten Führung herangezogen werden. 8. Im Kontext von externem Wachstum durch Unternehmensakquisitionen sind bedeutende Goodwill-Positionen unter IFRS im Rahmen eines eigenständigen Goodwill-Controllings zu steuern, um mögliche Impairment-Bedarfe proaktiv zu antizipieren. Daneben muss das Goodwill-Controlling sicherstellen, dass die GoodwillPositionen bzw. ggf. ihr Impairment adäquat in die PerformanceMessung der betroffenen Managementebenen einbezogen werden. 9. Die IFRS sind auch für mittelständische Unternehmen relevant, die kurz- oder mittelfristig den Kapitalmarktzugang planen. Aber
379
E
E
Zusammenfassung: Lessons Learned zum Controlling unter IFRS
auch mittelständische Unternehmen, für die ein Börsengang eine langfristige bzw. strategische Wachstumsoption darstellt, sollten sich mit diesem Thema grundsätzlich auseinandersetzen. Speziell für nicht kapitalmarktorientierte Mittelständler entwickelt das IASB derzeit einen eigenständigen SME-Standard, der die Komplexität und die Anwendungshürden der IFRS erheblich reduzieren wird.
380
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Anhang: IFRSGuide für Controller
Der IFRS-Guide für Controller enthält für alle aktuell geltenden IAS 1-41 und IFRS 1-8 sowie für das IFRS-Vorwort und -Rahmenkonzept Steckbriefe, die nicht nur die Regelungsinhalte aus Controllingperspektive zusammenfassen, sondern auch die jeweiligen Controllingimplikationen vor dem Hintergrund des Management Approach (Controller als Informationsdienstleister für die Bilanzierung) bzw. der Umstellung auf eine IFRS-basierte integrierte Rechnungslegung erläutern. Alle Steckbriefe sind nach einem einheitlichen Schema in verschiedene Rubriken untergliedert: •
•
•
•
•
Bezeichnung Diese Rubrik enthält die Bezeichnung des Standards in deutscher Sprache sowie im englischen Originaltext. Anwendungsbereich und Zielsetzung Hier werden die Sachverhalte dargestellt, auf die der Standard anzuwenden ist, und es wird das Regelungsziel beschrieben. Inhalt Diese Rubrik gibt Ihnen eine Übersicht über die zentralen Regelungsinhalte des jeweiligen Standards, wobei die Relevanz der einzelnen Detailregelungen aus Controllerperspektive das dominierende Auswahlkriterium ist. Besonderheiten Unter diesem Punkt geben wir Ihnen ergänzende Hinweise zu beachtenswerten Sachverhalten in Zusammenhang mit den dargestellten Regelungen. Wesentliche Interpretationen Sofern ein Standard insbesondere in controllingrelevanten Aspekten durch Interpretationen (SIC bzw. IFRIC) ergänzt wird, werden diese hier genannt.
381
Aufbau der IFRS Steckbriefe nach vergleich barem Schema
E
Anhang: IFRSGuide für Controller •
•
Aktuelle Projekte des IASB Hier erhalten Sie einen entsprechenden Hinweis, wenn der beschriebene Standard aktuell vom IASB überarbeitet wird bzw. eine Überarbeitung mittelfristig geplant ist. Controllingimplikationen In dieser Rubrik schildern wir, welche Auswirkungen der beschriebene Standard auf die Controllerarbeit besitzt. Dies sind zum einen Regelungsaspekte, die für den Controller in seiner (neuen) Rolle als Informationsdienstleister für die Bilanzierung unter IFRS bedeutsam sind. Zum anderen werden Effekte erläutert, die für den Einsatz IFRS-basierter Planungs- und Reportingsysteme sowie Performance-Kennzahlen im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung beachtet werden müssen.
Detaillierte Verweise in den einzelnen Steckbriefen auf die jeweils relevanten Randziffern in den IFRS unterstützen Sie dabei, das erforderliche IFRS-Knowhow mithilfe dieser Arbeitsunterlage, die Sie gleichzeitig auch als Nachschlagewerk nutzen können, aufzubauen.
382
Vorwort zu den IFRS
G
Vorwort zu den IFRS Bezeichnung
Vorwort zu den IFRS / Preface to the IFRS Anwendungsbereich und Zielsetzung
Das Vorwort befasst sich mit den Aufgaben und Zielen des IASB, dem Anwendungsbereich der IFRS, den formellen Verfahren zur Entwicklung der IFRS und der Interpretationen sowie mit Verfahrensweisen bezüglich des Inkrafttretens, Aussehens und der Sprache der IFRS. Inhalt
Die Zielsetzung des IASB besteht dabei darin (P.7-17), 1. im öffentlichen Interesse einen einzigen Satz an hochwertigen, verständlichen und durchsetzbaren globalen Rechnungslegungsstandards zu entwickeln,
Drei Ziele des IASB im Stan dardsetting
2. die Nutzung und strenge Anwendung dieser Standards zu fördern und 3. aktiv mit nationalen Rechnungslegungsgremien zusammenzuarbeiten, um eine Konvergenz der nationalen Rechnungslegungsstandards und der IFRS zu hochwertigen Lösungen zu erreichen. Da das IASB ein privatrechtlicher Standardsetter ist, müssen die IFRS ein mehrstufiges formelles Verfahren (due process) durchlaufen, bis sie in Kraft treten können. Dieser ist im Vorwort genau festgelegt (P.1819). Dabei ist es jedem Mitglied der interessierten Öffentlichkeit möglich, an bestimmten Stellen des Verfahrens (Diskussionspapier bzw. Entwurf eines Standards) in Form von Kommentaren und Diskussionsbeiträgen auf den Standardsetting-Prozess einzuwirken. Auch die Sitzungen des IASB sind grundsätzlich öffentlich. Alle IFRS werden in englischer Sprache diskutiert und veröffentlicht (P.23). Besonderheiten
Das Vorwort selbst ist kein IFRS. Weiterhin regelt das Vorwort zwar den Standardsetting-Prozess bis hin zum Inkrafttreten eines Standards
383
Vorwort kein IFRS
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
im Kontext der IFRS. In europäisches Recht wird ein neuer bzw. modifizierter Standard jedoch nur dann übernommen, wenn er das Komitologie-Verfahren der Europäischen Union durchlaufen hat und im Anschluss daran im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden ist. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass vor dem Abschluss des Komitologie-Verfahrens ein Standard zwar Bestandteil der IFRS ist, von europäischen Unternehmen im Rahmen der Rechnungslegungspflicht jedoch nicht angewendet werden darf, wenn er nämlich geltendem EU-Recht widerspricht. Controllingimplikationen Controller können sich in den Standard settingProzess einbringen
Zwar berücksichtigt das IASB im Rahmen des Standardsetting nicht explizit die Belange von Controllern. Diese haben jedoch die Möglichkeit, durch die breite Öffnung des Standardsetting-Prozesses gegenüber der interessierten Öffentlichkeit ihre Standpunkte in den verschiedenen Stufen bis hin zum Inkrafttreten eines Standards zu kommunizieren und idealerweise auch durchzusetzen.
384
Rahmenkonzept
G
Rahmenkonzept Bezeichnung
Rahmenkonzept für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen / Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements Anwendungsbereich und Zielsetzung
Das Rahmenkonzept beschäftigt sich mit Einzel- und Konzernabschlüssen, die ein Unternehmen (einschließlich Staatsunternehmen) mindestens einmal jährlich aufstellt und publiziert, um die allgemeinen Informationsbedürfnisse der externen Adressaten, d. h. insbesondere der Eigen- und Fremdkapitalgeber, zu befriedigen. Nicht in den Anwendungsbereich des Rahmenskonzepts fallen Rechnungslegungspublikationen, die für Spezialzwecke erstellt werden, wie z. B. Börsenprospekte, Steuerabschlüsse oder Umweltberichte. Das Rahmenkonzept unterstützt das IASB bei der konsistenten Entwicklung von Rechnungslegungsstandards und soll so auch zur weltweiten Harmonisierung von Rechnungslegungsnormen beitragen. Auch zur Lösung von Bilanzierungsfragen, die in keinem Standard behandelt werden, wird auf die grundsätzlichen Überlegungen des Rahmenkonzepts zurückgegriffen. Inhalt
Im Rahmenkonzept werden insbesondere die folgenden Punkte behandelt: •
•
Zielsetzung von Jahresabschlüssen (F.12-14) Diese besteht darin, Informationen über die Vermögens-, Finanzund Ertragslage sowie Veränderungen in der Vermögens- und Finanzlage eines Unternehmens zu vermitteln, die für Investoren, also insbesondere Anteilseigner und Fremdkapitalgeber, aber auch für andere externe Adressaten bei ihren wirtschaftlichen Entscheidungen bezüglich des Unternehmens nützlich sind. Qualitative Charakteristika der Rechnungslegung (F.22-46) Die Vorschriften innerhalb der IFRS basieren auf den beiden grundlegenden Annahmen der Unternehmensfortführung und der
385
Vermittlung entscheidungs orientierter Informationen für Investoren
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Relevanz vs. Reliabilität
•
Definition von assets vs. liabilities
Periodenabgrenzung, d. h. dem Rechnen mit Aufwendungen und Erträgen anstelle von Cashflows. Darauf aufbauend müssen Rechnungslegungsinformationen vier zentrale Merkmale erfüllen, um entscheidungsnützliche Informationen bereitzustellen: Verständlichkeit (understandability), Relevanz (relevance), Verlässlichkeit (Reliabilität/reliability) und Vergleichbarkeit (comparability). Grundsatzfragen in der Definition, Ansatz und Bewertung von Jahresabschlusspositionen (F.47-98) Das Framework definiert grundsätzlich die Jahresabschlusspositionen, d. h. die Begriffe Vermögen (asset), Schulden (liability) und Eigenkapital (equity) sowie Erträge (income) und Aufwendungen (expense). Vermögen darf demnach in der Bilanz u. a. nur dann angesetzt werden, wenn dem Unternehmen dadurch wahrscheinlich ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließt. Schulden sind dann zu bilanzieren, wenn ein wirtschaftlicher Nutzenabfluss gegenüber Dritten vorliegt. Dies schließt den Ansatz von Aufwandsrückstellungen grundsätzlich aus.
Besonderheiten Rahmenkonzept kein IFRS
Das Rahmenkonzept selbst ist kein IFRS. In Konfliktfällen zwischen den Inhalten des Rahmenkonzepts und den IFRS haben deshalb die Regelungen der IFRS Vorrang. Allerdings schreibt IAS 8 bei Regelungslücken u. a. den Rückgriff auf das Rahmenkonzept vor. Weiterhin ist zu beachten, dass mit der letzten abgeschlossenen Überarbeitung von IAS 1 wesentliche Inhalte des Rahmenkonzepts in diesen Standard übernommen, ergänzt und konkretisiert wurden. Aktuelle Projekte des IASB
Das Rahmenkonzept wird derzeit gemeinsam mit dem FASB grundlegend überarbeitet. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Konvergenz von US-GAAP und IFRS und damit einer zukünftigen Anerkennung der IFRS auch in den USA. Das Projekt ist in acht inhaltlich gegliederte Phasen unterteilt, von denen jedoch noch keine zum Abschluss gekommen ist. Da das neue Rahmenkonzept erst dann verabschiedet werden soll, wenn alle Phasen abgeschlossen sind, ist mit einer Umsetzung wohl nicht vor 2009 zu rechnen. 386
Rahmenkonzept
G
Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
Da das Rahmenkonzept eine konzeptionelle Grundlage für die IFRSRechnungslegung darstellt, sind auch die controllingrelevanten Aspekte von eher grundsätzlicher Bedeutung. Dies sind im Einzelnen vor allem folgende Punkte: •
•
Keine explizite Berücksichtigung von Controllingbedarfen im Rahmenkonzept Zielsetzung der IFRS-Rechnungslegung ist allein die Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen für Investoren. Mit anderen Worten: Die internen Steuerungsbedarfe von Controllern werden im Rahmenkonzept und damit auch bei der Weiterentwicklung der IFRS nicht berücksichtigt. Dies hat schon in der Vergangenheit dazu geführt, dass einzelne Vorschriften nicht kompatibel zu einer controllinggerechten Führung sind. Dies muss gerade bei der Integration der externen und internen Rechnungslegung berücksichtigt werden. So fließt beispielsweise in die durch das Rahmenkonzept abgedeckte Fair Value-Bewertung von Vermögenspositionen auch das vom Management nicht kontrollierbare Marktgeschehen ein, was die Aussagekraft IFRS-basierter Steuerungskennzahlen über die eigentliche Management-Performance verzerrt. Außerdem kann es unter der Fair Value-Bewertung von Vermögenswerten zur Verrechnung überhöhter Kapitalkosten kommen, sodass die Investitionssteuerung beeinträchtigt wird. Management Approach als grundlegendes Konzept innerhalb der IFRS Das Rahmenkonzept unterstellt, dass die Weitergabe entscheidungsnützlicher Informationen an Investoren in vielen Fällen dann erreicht wird, wenn die externe Finanzberichterstattung auf solchen Informationen aufsetzt, die auch internen Führungsentscheidungen zu Grunde liegen (F.11). Deshalb existiert innerhalb der IFRS eine Vielzahl von Standards, bei denen Bilanzierungs-, Bewertungsund Offenlegungsvorschriften mittelbar oder unmittelbar auf den Controllingsystemen aufsetzen.
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Rahmenkonzept ignoriert Cont rollingbedarfe
Grundlage für den Manage ment Approach
G
Anhang: IFRSGuide für Controller •
Einfluss auf Kennzahlenaus prägung
• Erfolgsspal tungskonzept
Einfluss der Definition von Vermögen und Schulden auf die Höhe von Renditekennzahlen oder Residualgewinnen Die Höhe des (Rein-)Vermögens ist nach der im Rahmenkonzept verwendeten Definition von Vermögen und Schulden i. d. R. höher als nach HGB, da u. a. der Begriff des Vermögenswerts nach IFRS weiter und der Begriff der Schulden enger definiert sind als nach HGB. Dies beeinflusst die Höhe wichtiger Performance-Maße wie EVA, ROI oder ROCE, die auf das Gesamt- bzw. Reinvermögen zurückgreifen. Erfolgsspaltungskonzept korrespondiert zu Controllingperspektive Aufwendungen und Erträge werden im Framework in (a) expenses bzw. losses und (b) income bzw. gains unterteilt. Während income und expense den planmäßigen betrieblichen Ressourcenverzehr bzw. Werteentstehung reflektieren, entstehen losses bzw. gains durch außerplanmäßige bzw. außerbetriebliche Vorgänge. Diese Unterscheidung, die in verschiedenen Standards aufgegriffen wird, kann unmittelbar auch für die Fundierung von Controllingkennzahlen verwendet werden, in denen u. a. zu Standardisierungszwecken losses bzw. gains allenfalls eingeschränkte Berücksichtigung finden sollten.
388
IAS 1
G
IAS 1 Bezeichnung
Darstellung des Abschlusses / Presentation of Financial Statements Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 1 beschreibt die Grundlagen für die Darstellung der Finanzberichterstattung, um die Vergleichbarkeit der Abschlüsse eines Unternehmens über die Zeit sowie mit den Abschlüssen anderer Unternehmen sicherzustellen. Der Standard behandelt die Struktur und die Mindestinhalte der Elemente der jährlichen Finanzberichterstattung. Die unterjährige Zwischenberichterstattung wird dagegen in IAS 34 geregelt. Inhalt
Gemäß IAS 1.8 umfasst ein vollständiger IFRS-Abschluss folgende Elemente, deren Inhalt, Format und Gliederung in diesem Standard grundsätzlich geregelt wird: • • • • •
Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Eigenkapitalveränderungsrechnung, Kapitalflussrechnung und Anhang (notes) mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden.
Die IFRS-Finanzberichterstattung dient der Darstellung der Vermögens- und Finanzlage, der Ertragskraft und der Zahlungsströme eines Unternehmens (IAS 1.13). Die Anwendung der einzelnen Standards und Interpretationen der IFRS gewährleistet gemäß IAS 1.15 außer in seltenen Fällen ein die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelndes Unternehmensbild (fair presentation). Die Finanzberichterstattung nach IAS 1 erfordert insbesondere, jede wesentliche Gruppe gleicher Abschlusspositionen und jede wesentliche Abschlussposition separat auszuweisen (IAS 1.29). Wesentlichkeit bedeutet hier, dass alle Abschlussinformationen ausgewiesen sind, die einzeln oder zusammengefasst die ökonomischen Entscheidungen von Abschlussadressaten beeinflussen können.
389
Fair presentati on
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IFRSBilanz
In der Bilanz sind die Vermögenswerte (assets) und die Schulden (liabilities) gemäß ihrer Fristigkeit oder – sofern es eine zuverlässige und relevantere Darstellung gewährleistet – gemäß ihrer Liquidität zu klassifizieren (IAS 1.59).
IFRSGuV
IAS 1 enthält weiterhin Angaben zur IFRS-GuV (IAS 1.78-95), wie beispielsweise Mindestgliederungsvorschriften sowie Formatvorgaben. Das operative Ergebnis kann nach dem Umsatzkostenverfahren (by function) oder nach dem Gesamtkostenverfahren (by nature of expenses) aufgegliedert werden, wobei das zuverlässigere Verfahren vorzu242 ziehen ist (IAS 1.94) .
Sonstige Ele mente
Weitere Hinweise betreffen die Eigenkapitalveränderungsrechnung (statement of changes in equity, IAS 1.96-101) sowie die Kapitalflussrechnung (cash flow statement, IAS 1.102-107), die in IAS 7 eigenständig geregelt wird.
Stetigkeits grundsatz
IAS 1 verlangt grundsätzlich die stetige Anwendung von Gliederung und Ausweis (IAS 1.27). Bei Abweichungen vom Stetigkeitsgrundsatz – wenn ein IFRS eine andere Darstellung fordert oder wenn aufgrund veränderter operativer Gegebenheiten eine andere Darstellung angemessener ist -, sind die Vorjahreszahlen entsprechend anzupassen (IAS 1.38).
Anhang
Schließlich listet IAS 1 die umfangreichen offenzulegenden Anhangangaben auf (disclosures, IAS 1.108-126). Diese umfassen insbesondere Informationen zu Ermessensspielräumen und Schätzungen des Managements sowie den wesentlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Besonderheiten
Verbot des Ausweises außerordentli cher Posten
Kein Element der Finanzberichterstattung darf Aufwands- oder Ertragspositionen als außerordentlich bezeichnen (IAS 1.85). Außerdem tritt zum 1. Januar 2007 eine Ergänzung (amendment) von IAS 1 in Kraft, die Angabepflichten zum Kapital betrifft (IAS 1.124AC).
242
Zur IFRS-GuV vgl. ausführlich Kapitel B 2.3.
390
IAS 1
G
Wesentliche Interpretationen •
•
SIC-27 (Beurteilung des wirtschaftlichen Gehalts von Transaktionen in der rechtlichen Form von Leasingverhältnissen/Evaluating the Substance of Transactions in the Legal Form of a Lease) SIC-29 (Angabe – Vereinbarungen von Dienstleistungslizenzen/ Disclosure – Service Concession Arrangements)
Aktuelle Projekte des IASB
Im März 2006 wurde im Rahmen des Projekts Financial Statement Presentation, ehemals unter dem Namen Performance Reporting bekannt, ein Änderungsentwurf des IAS 1 vorgelegt. Zukünftig soll neben den zwei Bilanzen des abgelaufenen und des vergangenen Geschäftsjahres auch die Bilanz zu Beginn des Vorjahres offengelegt werden.
Single state ment approach in der IFRSGuV
Ferner sollen in der Gewinn- und Verlustrechnung neben den erfolgswirksamen auch die erfolgsneutralen Geschäftsvorfälle ausgewiesen werden (single statement approach). Es ist davon auszugehen, dass erste Überarbeitungsschritte von IAS 1 Mitte 2007 verabschiedet werden. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
Neben den grundlegenden Vorschriften zu Aufbau und Elementen der IFRS-Finanzberichterstattung sind vor allem folgende Aspekte controllingrelevant: •
•
IFRS-GuV-Format als Grundlage einer integrierten Rechnungslegung Die IFRS-GuV kann nach dem auch für interne Steuerungszwecke geeigneten Umsatzkostenformat aufgestellt werden. Umsatzerlöse und Funktionskosten sind im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung in der als Deckungsbeitragsrechnung aufgebauten Managementerfolgsrechnung in variable und fixe Bestandteile zu zerlegen und z. B. einer produkt-, pegionen- oder kundenbezogenen Hierarchiestufe zuzuordnen. Ausweis von other comprehensive income (OCI) Die in den IFRS vorgeschriebene Klassifikation von Reinvermögensänderungen in erfolgswirksame Bestandteile, die im Jahresergebnis gezeigt werden, und in erfolgsneutrale Komponenten (OCI) 391
IFRSGuV und integrierte Rechnungsle gung
G
Offenlegung von Annahmen für Schätzun gen
Anhang: IFRSGuide für Controller
•
•
243
ist nicht immer steuerungsgerecht. Die Nichtberücksichtigung von OCI kann insbesondere in der Investitionssteuerung zu Fehlern führen, wenn die korrespondierende Wertänderung im Vermögen bzw. in den Schulden zur Verrechnung überhöhter bzw. zu niedriger Kapitalkosten führen. Der Ausweis beider Typen von Reinvermögensänderungen in einer erweiterten GuV würde die erforderliche Bereinigung von OCI-Komponenten in der integrierten Rechnungslegung aus Controllingperspektive erleichtern. Umfangreiche Offenlegung und Prüfung der Schätzungen des Managements Gemäß IAS 1.116 sind Unternehmen verpflichtet, Informationen über die grundlegenden Annahmen betreffend die zukünftige Unternehmensentwicklung bzw. andere Quellen von Schätzunsicherheiten zu geben, die zukünftig zu wesentlichen Anpassungen der 243 Buchwerte von Vermögen und Schulden führen können . Dies betrifft insbesondere das Risikocontrolling; entsprechende Informationsleistungen können aber auch aus anderen Controllingfeldern, z. B. dem Beteiligungs- und M&A-Controlling oder dem F&EControlling stammen. Informationsbedarfe aus Anpassung von Vergleichswerten bei Durchbrechung der Stetigkeit Werden im Vergleich zum Vorjahr Veränderungen in Gliederung und/oder Ausweis des IFRS-Abschlusses vorgenommen, erfordert dies eine Anpassung der Vergleichswerte der Vorperiode. In diesem Zusammenhang können umfangreiche Informationsleistungen aus dem Controllerbereich erforderlich werden. Allerdings gilt in diesem Zusammenhang auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit aus dem Rahmenkonzept (balance between benefit and cost, F.44), sofern die Vergleichsinformationen nicht ermittelt werden können.
Vgl. hierzu ausführlicher Kirsch, Informationsmanagement für den IFRS-Abschluss, 2005, S. 57-60.
392
IAS 2
G
IAS 2 Bezeichnung
Vorräte / Inventories Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 2 beschreibt die Bilanzierung und Bewertung von Vorräten, die sowohl Rohmaterialien als auch Halb- und Fertigprodukte umfassen. Im Vordergrund stehen Regelungen zur Ermittlung der – ggf. fortgeführten – Anschaffungs- und Herstellungskosten. IAS 2 findet allerdings keine Anwendung auf: • • •
unfertige Erzeugnisse im Rahmen von Langfristfertigung (Regelung in IAS 11), Finanzinstrumente (Regelung in IAS 39) und biologische Vermögenswerte aus landwirtschaftlicher Tätigkeit (Regelung in IAS 41).
Inhalt
Grundsätzlich sind Vorräte mit dem niedrigeren Wert aus den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (cost) und dem Nettoveräußerungspreis (net realisable value) zu bewerten (IAS 2.9). •
•
Nettoveräußerungspreis (IAS 2.6) Der Nettoveräußerungspreis wird als geschäftsüblicher Verkaufspreis abzüglich der geschätzten Fertigstellungs- und notwendigen Vertriebskosten ermittelt. Anschaffungs- und Herstellungskosten (IAS 2.10-22) Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten umfassen sämtliche variablen und fixen Aufwendungen des Erwerbs und der Fertigung sowie der Aufwendungen, um die Vorräte an den derzeitigen Ort und in den derzeitigen Zustand zu bringen. Dies schließt den Ansatz von überhöhten Aufwendungen z. B. durch Schwund, Ausschuss bei ungewöhnlich hohen Produktionsbzw. Arbeitskosten, z. B. bei Produktionsumstellung, aus. Lager- und Verwaltungsgemeinkosten sind – ebenso wie Vertriebskosten – nur insoweit ansatzfähig, als sie dem o. a. Verständnis des Produktionsprozesses zugeordnet werden können (z. B. Lagerung
393
Produktionsori entierter Voll kostenansatz
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
zum Zweck der Produktreifung, Verwaltungsprozesse innerhalb der Fertigung o. Ä.). Zulässigkeit der Bewertung auf Basis von Standardkosten
Falls vereinfachende Ermittlungsmethoden, wie die Standardkosten244 oder die retrograde Methode , die reale Kostenhöhe angemessen approximieren, können diese ebenfalls zur Ermittlung der Anschaffungsund Herstellungskosten verwendet werden. Für alle ähnlichen, austauschbaren Vorräte ist unternehmensweit entweder das First-in-Firstout-Verfahren (FiFo) oder die Durchschnittsmethode (weighted average cost formula), nicht mehr jedoch das Last-in-First-Out-Verfahren (LiFo) anzuwenden. Besonderheiten
Ansatz von Fremdkapital kosten nur bei qualifying assets
Der Ansatz von Fremdkapitalkosten im Rahmen der Herstellung wird in IAS 23 geregelt und ist nur für die Herstellung langfristiger Vermögenswerte (qualifying assets), die durch einen längeren Zeitraum zwischen Herstellungsbeginn und Verkauf bzw. Nutzung charakterisiert sind, zulässig. Controllingimplikationen
IAS 2 ist insbesondere relevant für die Felder Beschaffungs- und Logistikcontrolling, Produktions- und Werkscontrolling sowie ggf. Marketing- und Vertriebscontrolling. Kostenerfas sung unter IFRS
•
244
IFRS-konforme Erfassung von Herstellungsaufwendungen Insbesondere Verwaltungsgemeinkosten sind auf produktionsbezogene und damit nach IAS 2 aktivierungspflichtige Komponenten zu überprüfen, die ggf. im HGB-Kontenplan noch mit nicht aktivierungsfähigen Komponenten gemeinsam verbucht werden. Damit verbunden ist i. d. R. eine entsprechende Kostenstellengliederung im Verwaltungsbereich in produktionsbezogene und nichtproduktionsbezogene Kostenstellen. Weiterhin ist darauf zu achten, dass die nach HGB erlaubte und insbesondere aus steuerrechtlichen Gründen in Deutschland vielfach verwendete LiFo-Methode nicht zulässig ist.
Die retrograde Bewertung wird häufig im Einzelhandel angewendet. Hier wird zur Ermittlung der Anschaffungskosten vom Netto-Verkaufspreis der bezogenen Waren die warenspezifische Brutto-Gewinnmarge abgezogen.
394
IAS 2 •
•
Anwendung der Standardkostenmethode Bei Anwendung der Standardkostenmethode zur Vorratsbewertung auf Basis der internen Kalkulation bzw. Normal- oder Plankostenrechnung müssen kalkulatorische Kostenbestandteile separat kontiert werden, da sie nicht in die Bewertung der Herstellungskosten nach IAS 2 einbezogen werden dürfen. Zudem sind regelmäßig die Normalauslastung sowie typische Kostenhöhen und -strukturen zu überprüfen und ggf. anzupassen. Veränderung des Net Working Capital/Auswirkungen auf die Kapitalkosten Die Herstellungskosten nach IAS 2 liegen in dem nach § 255 Abs. 2 HGB zulässigen Intervall zur Ermittlung der Herstellungskosten (Teilkosten- vs. Vollkostenansatz). Je nachdem, welche Aktivierungswahlrechte vor der IFRS-Umstellung in Anspruch genommen wurden, führt die Bewertung der Herstellungskosten nach IAS 2 zu einem veränderten Net Working Capital und damit zur Verrechnung höherer (bei Teilkostenansatz unter HGB) bzw. niedrigerer (bei Vollkostenansatz unter HGB) Kapitalkosten. Insbesondere im ersteren Fall kann dies ein Anstoß zu erhöhten Anstrengungen im Net Working Capital Management bzw. Asset Management sein.
395
G Zusätzliche Schnittstelle zur Kalkulation
Kapitalkosten des Umlaufver mögens steigen oder sinken
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 7 Bezeichnung
Kapitalflussrechnungen / Cash Flow Statements Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 7 regelt die Darstellung der Kapitalflussrechnung als integralem Teil des Jahresabschlusses gemäß IAS 1. Die Kapitalflussrechnung zeigt die Bewegungen der Zahlungsmittel und der sehr liquiden, kurzfristigen Finanzinvestitionen, zusammengefasst als Finanzmittelfonds (cash and cash equivalents ) bezeichnet. Inhalt
Die Kapitalflussrechnung unterscheidet drei Typen von Cashflows (IAS 7.10), die den Finanzmittelfonds (IAS 7.7) im Laufe einer Berichtsperiode verändern: CashflowTypen
• • •
Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (cash flow from operating activities), Cashflow aus Investitionstätigkeit (cash flow from investing activities) und Cashflow aus Finanzierungstätigkeit (cash flow from financing activities).
Die Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit entstammen der betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens. Sie umfassen die Zahlungsströme aus der Produktions- und Absatztätigkeit des Unternehmens, d. h. im Wesentlichen die Einzahlungen aus dem Umsatzgeschäft und die Auszahlungen für die Produktherstellung, wie z. B. an Lieferanten und Beschäftigte (IAS 7.13-15). Auch Cashflows aus Ertragssteuerzahlungen werden separat innerhalb der Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit ausgewiesen, es sei denn, sie können spezifischen Investitions- oder Finanzierungstätigkeiten zugeordnet werden (IAS 7.35). Die Cashflows aus Investitionstätigkeit umfassen Zahlungen für den Erwerb und aus dem Verkauf langfristiger Vermögenswerte und anderer Investitionsobjekte, die nicht als Zahlungsmitteläquivalente erachtet werden. Typische Investitionstätigkeiten sind der (Ver-)Kauf von
396
IAS 7
G
Sachanlagevermögen oder von Anteilen an anderen Unternehmen (IAS 7.16). Cashflows, die zu einer Veränderung des Eigenkapitals oder der Finanzschulden des Unternehmens führen, werden unter Finanzierungstätigkeiten klassifiziert. Dazu gehören z. B. Einzahlungen aus der Ausgabe von Aktien und Auszahlungen aufgrund von Kredittilgung (IAS 7.17). Die mit Zinszahlungen und der Ausschüttung von Dividenden verbundenen Zahlungsströme werden separat je nach unternehmensspezifischer Zuordnung stetig einer der drei Cashflow-Kategorien zugeordnet (IAS 7.31).
Zuordnung von Zinsen und Dividenden
Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit kann auf zwei unterschiedliche Arten ermittelt werden: •
•
Direkte Methode (IAS 7.18) Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit wird auf Basis der Ein- und Auszahlungen der betrieblichen Tätigkeiten und sonstiger zuzurechnender Geschäftsvorfälle ermittelt. Alle wesentlichen Einund Auszahlungsklassen sind separat auszuweisen. Diese direkte Berechnung wird von Seiten des IASB den Unternehmen empfohlen (IAS 7.19), jedoch herrscht in der Praxis die indirekte Berechnung des Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit, d. h. praktisch die Herleitung aus der Gewinn- und Verlustrechnung, vor. Indirekte Methode (IAS 7.18-20) Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit wird unter Korrektur des Jahresergebnisses aller zahlungsunwirksamen Geschäftsvorfälle, der Veränderungen des in Vorräte, Forderungen und Verbindlichkeiten gebundenen Kapitals (Working Capital) und aller der Investitions- und Finanzierungstätigkeit zuzuordnenden Geschäftsvorfälle ermittelt.
Besonderheiten
IAS 7 ist weitestgehend deckungsgleich mit dem US-amerikanischen Standard SFAS 95 und wird deshalb von der SEC im Rahmen der Pflichtpublizität an US-amerikanischen Börsen akzeptiert. Die Kapitalflussrechnung nach IAS 7 kann damit unmodifiziert in einen USGAAP-Abschluss übernommen werden. Auch zum deutschen Standard DRS 2 gibt es nur wenige Unterschiede.
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IAS 7 von der SEC akzeptiert
G Cashflow nach DVFA / SG
Anhang: IFRSGuide für Controller
Deutsche Unternehmen weisen häufig vor dem Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit einen Cashflow nach DVFA/SG aus. Er ist u Sondereinflüsse ungewöhnlicher Art, d. h. seltene, hohe und nicht kontinuierliche Positionen bereinigt und wird häufig von Finanzanalysten für Zwecke des Unternehmensvergleichs verwendet. Controllingimplikationen
Integration der Rechnungsle gung bei cash flowbasierter Steuerung
Im Rahmen einer cashflowbasierten internen Steuerung, z. B. mit Kennzahlen wie dem CFROI oder dem CVA, ist die Kapitalflussrechnung die zentrale Schnittstelle zum externen Reporting. Die intern verwendeten Cashflow-Definitionen sollten sich deshalb auch in die in der Kapitalflussrechnung ausgewiesenen Zahlungsströme überführen lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn auch im Segmentbericht die Segment-Cashflows (vgl. IAS 14) veröffentlicht werden. Schnittstellen zur Finanzplanung aus anderen Standards – hier ist insbesondere IAS 36 – zu nennen, sind in diesem Zusammenhang ebenfalls zu beachten. Insoweit besitzt IAS 7 nicht nur für das finanzwirtschaftliche bzw. Risikocontrolling Relevanz, sondern auch für die beiden Hauptfelder im Zentralcontrolling (Grundsätze/betriebswirtschaftliche Methoden sowie Beteiligungs- und M&A-Controlling/Goodwill-Controlling).
398
IAS 8
G
IAS 8 Bezeichnung
Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Änderungen von Schätzungen und Fehler / Accounting Policies, Changes in Accounting Estimates, and Errors Anwendungsbereich und Zielsetzung
Ändern sich im Zeitablauf die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden – z. B. bei einer Modifikation des Abschreibungsverfahrens für Sachanlagen oder bei der geänderten Ausübung des Wahlrechts zur Aktivierung von Fremdkapitalzinsen innerhalb der Herstellungskosten im Anlagenbau –, so hat dies auch Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg.
Änderungen von Bilanzie rungs und Bewertungsme thoden
Gleiches gilt für die Korrektur materiell wesentlicher Bilanzierungsfehler, die in früheren Geschäftsjahren entstanden sind, z. B. bei einer fälschlich überhöhten Schätzung des für Pensionen zurückzustellenden Betrags.
Bilanzierungs fehler
IAS 8 enthält Regelungen zur einheitlichen Erfassung solcher Vorgänge im Jahresabschluss und trägt so zu einer verbesserten Vergleichbarkeit von IFRS-Abschlüssen bei. Daneben geht es in IAS 8 aber auch um den Umgang mit Regelungslücken, denn die IFRS enthalten für Fragen und Sonderprobleme innerhalb der Erstellung des Jahresabschlusses nicht in allen Fällen hinreichende Lösungen. Einige Sonderfälle fallen nicht unter den Anwendungsbereich von IAS 8. Dies sind: •
• •
Steuerlatenzen, die sich durch die Korrektur von Fehlern aus Vorperioden oder aus der Änderung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden gemäß IAS 8 ergeben. Sie werden in IAS 12 geregelt. Die erstmalige Erstellung des IFRS-Abschlusses; die entsprechenden Normen hierzu finden sich in IFRS 1. Die Auswirkungen einer erstmaligen Neubewertung von Sachanlagen bzw. immateriellem Vermögen zum aktuellen Zeitwert (Neubewertung / revaluation) werden in IAS 16 bzw. IAS 38 behandelt.
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Umgang mit Regelungslü cken
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Inhalt Erfolgsneutrale und retrospekti ve Berücksichti gung von Methodenände rungen und Fehlerkorrektu ren
IAS 8 regelt zunächst, dass Anpassungsbeträge durch die Änderung von Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften bzw. durch die Korrektur von Fehlern aus Vorperioden im aktuellen Jahresabschluss ergebnisneutral erfasst werden müssen und deshalb nicht erfolgswirksam im Jahresergebnis (profit or loss for the period bzw. net income) der aktuellen Berichtsperiode enthalten sein dürfen. Das bedeutet, dass solche Anpassungsbeträge im other comprehensive income (OCI) berücksichtigt werden und dass die Gegenbuchung über eine Veränderung der Gewinnrücklagen oder anderer Rücklagenpositionen erfolgt. Gründe für die Entstehung solcher Anpassungsbeträge sind u. a.: •
•
•
Abweichungen vom Stetigkeitsprinzip (IAS 8.7-31) Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sind im Zeitablauf im IFRS-Abschluss zwar stetig anzuwenden. Ein neuer Standard bzw. eine neue Interpretation oder die Aussicht auf eine zutreffendere Darstellung der Unternehmenslage können aber eine Abweichung vom Stetigkeitsgrundsatz erforderlich machen. Grundsätzlich sind die Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden dann retrospektiv anzuwenden, d. h. es sind alle zurückliegenden Abschlüsse so zu korrigieren, als ob der vorliegende Sachverhalt immer schon nach der veränderten Methode behandelt worden wäre. Fehler bei der Erstellung zurückliegender IFRS-Abschlüsse (IAS 8.41-49) Fehler bei der Abschlusserstellung können aus Rechenfehlern, Flüchtigkeitsfehlern, der Fehlbeurteilung von Sachverhalten, Versehen oder Betrug resultieren. Da ein auf diese Art fehlerhafter Abschluss nicht IFRS-konform ist, ist die Korrektur der Fehler über eine retrospektive, d. h. rückwirkende Anpassung der Abschlussdaten so vorzunehmen, als wäre der Fehler nie entstanden. Der Fehler und die Auswirkung seiner Korrektur auf den Abschluss sind anzugeben. Übergangsvorschriften für die erstmalige Anwendung von Standards (IAS 8.19) Werden neue IFRS erlassen, enthalten diese häufig Übergangsregelungen, die entweder eine retrospektive oder die für die Praxis
400
IAS 8
G
leichtere prospektive Anpassung des IFRS-Abschlusses an die neuen Regelungen vorschreiben. Enthält ein neuer Standard keine Übergangsregelungen, sind die betroffenen Sachverhalte nach IAS 8 allerdings retrospektiv zu erfassen. Wird ein neuer Standard auf freiwilliger Basis angewendet, noch bevor er in Kraft getreten ist, muss das Unternehmen zusätzlich umfangreiche Angaben über die Art der Änderung aus dem neuen Standard und ihre Auswirkungen auf den IFRS-Abschluss machen. Weitere Anpassungen können aus der Veränderung von Schätzungen bzw. des Ermessens bei der Beurteilung einzelner Sachverhalte im Zeitablauf resultieren. Unternehmerische Tätigkeit ist nämlich immer mit Unsicherheit über die künftige Entwicklung verbunden ist. Deshalb können viele Posten in den Abschlüssen nur geschätzt werden, wobei diese Schätzungen auf Grundlage der zuletzt verfügbaren, verlässlichen Information erfolgen müssen. Änderungen von Schätzungen (z. B. für beizulegende Zeitwerte von Vermögenswerten oder Schulden) sind demzufolge in der Rechnungslegungspraxis nicht zu vermeidende, gewöhnliche Sachverhalte. Die Auswirkungen von solchen Anpassungen sind allerdings im Gegensatz zu den o. a. Vorgängen nicht retrospektiv, sondern nur prospektiv ab der aktuellen Periode vorzunehmen und erfolgswirksam im Jahresergebnis (profit or loss for the period bzw. net income) zu berücksichtigen. 245
Bei einer Regelungslücke innerhalb der IFRS hat das Management schließlich darüber zu entscheiden, welche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu entwickeln und anzuwenden sind, um relevante und verlässliche Informationen zu vermitteln. Folgende Quellen sind bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen: • •
•
245
die Standards innerhalb der IFRS, die ähnliche Fragen behandeln, die im Rahmenkonzept enthaltenen Definitionen, Erfassungskriterien und Bewertungskonzepte für Vermögenswerte, Schulden, Erträge und Aufwendungen sowie die jüngsten Verlautbarungen anderer Standardsetter (insbesondere des FASB), die ein ähnliches konzeptionelles Framework einsetzen.
Vgl. hierzu auch Kapitel B 3.6.
401
Erfolgswirksame und prospektive Berücksichti gung der Ände rung von Schät zungen
Regelungslü cken innerhalb der IFRS
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Wesentliche Interpretationen •
IFRIC 5 (Rechte auf Anteile an Fonds für Entsorgung, Wiederherstellung und Umweltsanierung/Rights to Interests Arising from Decommissioning, Restoration and Environmental Funds)
Aktuelle Projekte des IASB
IAS 8 wird auch durch das Projekt Financial Statement Presentation (früher: Reporting Financial Performance) betroffen, in dem es u. a. um den Ausweis des OCI geht. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen •
Informations austausch mit der Bilanzierung
• Keine vergan genheitsorien tierte Perfor mance Korrektur
Informationsbedarfe aus der retrospektiven Anpassung zurückliegender Abschlüsse bzw. aus der prospektiven Berücksichtigung von Sachverhalten Die retrospektive Anpassung zurückliegender Abschlüsse bei Veränderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden oder bei Fehlerkorrekturen kann zu umfangreichen Rückfragen aus der Bilanzierung an den Controllerbereich führen. Gleiches gilt für die prospektive Anwendung neuer Standards. Beides kann in der meist ohnehin sehr kurz bemessenen Zeit für die Erstellung des IFRSAbschlusses zu einer erheblichen Zusatzbelastung der Controller führen. Durch einen engen Austausch zwischen Controllerbereich und Bilanzierung ist sicherzustellen, dass die betroffenen Controller frühzeitig über entsprechende Anfragen informiert werden, um ausreichend Kapazitäten bereitstellen zu können. Berücksichtigung der Änderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden oder Schätzungen Im Gegensatz zum externen Reporting, das auch eine vergangenheitsorientierte Rechenschaftsfunktion mit abdeckt, ist das Controlling grundsätzlich zukunftsorientiert ausgerichtet. Aus diesem Grund werden weder die Änderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, noch die Änderungen von Schätzungen in der Ergebnisgröße der internen PerformanceMessung berücksichtigt. Aufgrund der erfolgswirksamen Verrechnung der Änderung von Schätzungen entsteht hier im Rahmen der integrierten Rechnungslegung eine Überleitungsposition. Lediglich
402
IAS 8
•
die Anpassungen in den Bestandsgrößen und die dadurch veränderte (Rein-)Vermögensbewertung ist in den kommenden Perioden z. B. für die Ermittlung von Renditekennzahlen oder Kapitalkosten zu berücksichtigen. Aufdeckung von Manipulationen nachgelagerter Unternehmensbereiche Insbesondere im Beteiligungscontrolling ist die Anwendung des IAS 8 durch nachgelagerte Unternehmensbereiche auch dahin zu überprüfen, ob durch das Bereichsmanagement Spielräume zur günstigen Darstellung der eigenen Leistung ausgenutzt werden. Fehlerkorrekturen oder Methodenänderungen von erheblichem Umfang, die auf derartige Manipulationen hinweisen, sind in der Performance-Messung zu berücksichtigen, damit diese Manipulationen nicht „straffrei“ bleiben. Dies gilt insbesondere bei langfristig angelegten Anreizsystemen, wie z. B. Bonusbanken.
403
G
IAS 8: Indikator für Manipulati onen?
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 10 Bezeichnung
Ereignisse nach dem Bilanzstichtag / Events After the Balance Sheet Date Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 10 regelt die bilanzielle Behandlung von Ereignissen, die zwischen dem Bilanzstichtag und der Veröffentlichung des Abschlusses eintreten. Inhalt
Ereignisse nach dem Bilanzstichtag nach IAS 10 werden unterschieden in • •
berücksichtigungspflichtige Ereignisse sowie nicht zu berücksichtigende Ereignisse.
Berücksichti gungspflichtige Ereignisse ...
Berücksichtigungspflichtige Ereignisse liefern substanzielle Hinweise zu Gegebenheiten, die bereits am Bilanzstichtag vorgelegen haben, jedoch damals noch nicht bekannt waren. Beispielsweise erhält ein Unternehmen erst nach dem Bilanzstichtag Kenntnis darüber, dass ein Vermögenswert am Bilanzstichtag bereits wertgemindert war. Liegt ein solches berücksichtigungspflichtiges Ereignis vor, sind die im Abschluss erfassten Beträge anzupassen.
... versus nicht zu berücksichti gende Ereignis se
Im Gegensatz dazu informieren nicht zu berücksichtigende Ereignisse über Gegebenheiten, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind. In diesem Fall darf der Abschluss nicht angepasst werden. Beispiele hierfür sind die Zerstörung einer Produktionsanlage oder Änderungen des Marktwerts von Finanzinvestitionen jeweils nach dem Bilanzstichtag. Ebenso dürfen nach dem Bilanzstichtag beschlossene Dividenden zum Bilanzstichtag nicht als Schulden angesetzt werden, da sie zu diesem Zeitpunkt keine gegenwärtige Verpflichtung dargestellt haben. Im Anhang des IFRS-Abschlusses sind aber die Beschreibung und die finanziellen Auswirkungen aller wesentlichen nicht zu berücksichtigenden Ereignisse anzugeben.
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IAS 10
G
Controllingimplikationen •
•
Informationsaustausch mit der Bilanzierung Unter IFRS ist der Fair Value, d. h. der beizulegende Zeitwert, von Vermögenswerten häufig auch aus der Planung abzuleiten, so z. B. bei der Durchführung des Impairment-Tests nach IAS 36 für nichtfinanzielles Anlagevermögen und Goodwill. Ändern sich die betroffenen Planungsgrößen nach dem Abschlussstichtag, aber vor Veröffentlichung des Abschlusses, so kann dies ein berücksichtigungspflichtiges oder ein nicht zu berücksichtigendes, aber im Anhang angabepflichtiges Ereignis darstellen. Damit wird ein entsprechender Informationsaustausch mit der Bilanzierung erforderlich. Ereignisse nach dem Bilanzstichtag in Reporting und Performance-Messung Sofern nach dem Bilanzstichtag wesentliche Ereignisse bekannt werden, die im IFRS-Abschluss noch der Vorperiode zuzuordnen sind, müssen diese in das laufende interne Reporting bzw. die Performance-Messung einbezogen werden, damit nachträglich noch – soweit möglich – Gegensteuerungsmaßnahmen unternommen werden können. Dies kann dazu führen, dass beispielsweise ein Verlust, dessen Ursache bereits vor dem Bilanzstichtag liegt und der deshalb im IFRS-Abschluss der vergangenen Berichtsperiode ausgewiesen werden muss, intern in der laufenden Berichtsperiode gezeigt wird und es so zu Abweichungen zwischen dem extern ausgewiesenen und dem intern ermittelten Ergebnis kommt. Eine solche Abweichung muss über Brückenrechnungen nachvollziehbar gemacht werden, um die Transparenz zwischen interner und externer Perspektive und damit die Einheitlichkeit der unternehmensweiten Finanzsprache nicht zu gefährden.
405
Planänderungen ggf. für Bilan zierung relevant
Bedeutung für Reporting und Performance Messung
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 11 Bezeichnung
Fertigungsaufträge / Construction Contracts Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 11 regelt die Behandlung von Erträgen und Aufwendungen in Zusammenhang mit langfristigen Fertigungsaufträgen. Ein Fertigungsauftrag stellt einen Vertrag dar, in dem kundenspezifisch einzelne oder mehrere aufeinander abgestimmte oder voneinander abhängige Gegenstände über mehrere Perioden hinweg hergestellt werden. Inhalt Abgrenzung von Bewertungsein heiten
In der Regel ist jede unabhängige Einzelleistung und jeder Vertrag als einzelner Fertigungsvertrag zu behandeln. Wurde eine Gruppe von Verträgen mit einem oder mehreren Kunden jedoch als ein Paket verhandelt, in dem die Verträge eng miteinander verbunden sind und die festgeschriebenen Leistungen gleichzeitig oder direkt aufeinander folgend erbracht werden, so ist die Gesamtheit der Verträge als ein Fertigungsauftrag zu behandeln (IAS 11.8-10).
Erforderliche Schätzungen
Kann das Ergebnis eines Fertigungsauftrags verlässlich geschätzt werden, sind die damit verbundenen Auftragserlöse und -kosten nach IAS 11.22 entsprechend dem Leistungsfortschritt erfolgswirksam zu erfassen (Teilgewinnrealisierung, percentage of completion method). In der 246 Praxis wird dabei häufig die cost-to-cost-Methode angewendet . Hierfür müssen folgende Parameter verlässlich schätzbar sein (IAS 11.2324): •
• • Teilgewinnreali sierung
die Auftragserlöse (bei einem cost-plus-Auftrag muss hier lediglich sichergestellt sein, dass alle Erfolge aus dem Auftrag dem erstellenden Unternehmen zufließen), bei Anwendung der cost-to-cost-Methode die bisher angefallenen und die zukünftig anfallenden Auftragskosten sowie der aktuelle Leistungsfortschritt.
In Höhe des prozentualen Leistungsfortschritts sind dann Umsätze auszuweisen. Der Erfolg ergibt sich durch die Gegenüberstellung mit 246
Vgl. hierzu auch Kapitel B 2.5.
406
IAS 11
G
den entsprechenden Aufwendungen. In der Bilanz werden die kumuliert angefallenen Auftragserlöse als aktivischer Posten (Aufträge in Bearbeitung) i. d. R. unter den Forderungen gezeigt. Bei der Ermittlung des Leistungsfortschritts auf Basis der cost-to-cost-Methode ist darauf zu achten, dass Kostenpositionen, die keinen Leistungsfortschritt repräsentieren, nicht berücksichtigt werden (z. B. Vertragskosten, Versicherungsprämien, Abschlussprämien usw.). Auch Materialaufwand darf erst zugerechnet werden, wenn das entsprechende Material verbaut ist. Ein erwarteter, wahrscheinlicher Verlust ist sofort als Aufwand zu erfassen (IAS 11.36). Kann das Ergebnis des Fertigungsauftrags zunächst oder generell nicht verlässlich geschätzt werden, so wird der Auftragserlös nur in Höhe der bisher angefallenen, wahrscheinlich einbringbaren Auftragskosten verbucht. Die Auftragskosten werden in der Periode des Anfalls erfolgswirksam verbucht (IAS 11.32). Diese als zero-profit-Methode bezeichnete Vorgehensweise weist im Gegensatz zur Teilgewinnrealisierung bis zur Fertigstellung des Auftrags keinen Gewinn, aber auch keinen Verlust aus. Können zwischenzeitlich die Parameter des Fertigungsauftrags verlässlich geschätzt werden, so ist zur Methode der Teilgewinnrealisation, d. h. gemäß dem Leistungsfortschritt, zu wechseln.
Zeroprofit Methode
Besonderheiten
Die Teilgewinnrealisierung führt im Vergleich mit der nach HGB gebräuchlichen Gesamtgewinnrealisierung zu einer Vorverlagerung des Erfolgsausweises. Anteilige Gewinne werden bereits während der Fertigung und nicht erst zum Zeitpunkt der Fertigstellung bzw. bei Übergabe des Auftrags an den Kunden gezeigt. Aktuelle Projekte des IASB
IASB und FASB arbeiten an einem gemeinsamen Projekt zur Konvergenz der Grundsätze der Ertragserfassung. Langfristig sollen die Standards IAS 11 und IAS 18 durch einen neuen Standard ersetzt wer247 den . Das IASB plant, ein Diskussionspapier Mitte 2007 und einen Standardentwurf in 2008 vorzulegen.
247
Vgl. hierzu auch Kapitel B.2.5
407
Vorverlagerung der Gewinnrea lisation
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
IAS 11 ist insbesondere im Produktions- und Werkscontrolling, aber auch im Marketing- und Vertriebscontrolling relevant. Letzteres betrifft nicht nur Unternehmen, deren Tätigkeit schwerpunktmäßig im Anlagenbau liegt. Auch in anderen Branchen ist es zunehmend üblich, statt einzelner Produkte schlüsselfertige Lösungen, z. B. mit eigens für den Kunden programmierten bzw. angepassten Komponenten, zu vertreiben. Auch hier kommt IAS 11 zur Anwendung. Im Einzelnen sind folgende Controllingimplikationen relevant: Projektcontrol ling erforderlich
•
Anpassung des Projektcontrol lings an Anfor derungen aus IAS 11
•
Anpassung von Kennzahlen hoher Anzah lungen
•
Einrichtung eines Projektcontrollings Sofern dies nicht ohnehin schon geschehen ist, muss ein Projektcontrolling eingerichtet werden, mit dem die Projektkosten nicht nur im Vorfeld, sondern auch laufend mit- bzw. nachkalkuliert werden. Der in diesem Zusammenhang notwendige Abgleich zwischen geplanten und realisierten Meilensteinen ist für die effiziente Abwicklung solcher Aufträge von zentraler Bedeutung. Projektbezogene Zurechnung von Aufwendungen Bei Anwendung der cost-to-cost-Methode müssen interne Aufwendungen projektbezogen zugerechnet werden können. Dies ist auch für das Projektcontrolling erforderlich. Z. B. können die Personalkosten von Mitarbeitern, die an mehreren Projekten arbeiten, mittels Stundenabrechnungen zugerechnet werden. Aufwendungen, die keinen Leistungsfortschritt repräsentieren, sind in Plan und Ist separat zu kontieren. Berücksichtigung von Anzahlungen bei der Kennzahlenermittlung Hohe Anzahlungen auf Projekte verbessern zum einen den Liquiditätsausweis und reduzieren andererseits die Kapitalbindung, da die – nicht verzinslichen – Verbindlichkeiten für die Erstellung des Fertigungsauftrags im Rahmen wertorientierter bzw. Renditekennzahlen als Abzugskapital verwendet werden. Projektbezogen kann sogar eine negative Kapitalbindung entstehen, wenn der ausgewiesene Wert des Projekts geringer ist als die Anzahlung. Die reduzierte bzw. negative Kapitalbindung verbessert die Ausprägung von Steuerungskennzahlen, ohne dass dahinter ein realwirt-
408
IAS 11
schaftlicher Erfolg steht. Werden nämlich hohe Preisnachlässe gewährt, um eine hohe Anzahlung auszuhandeln, dann werden diese Erlösschmälerungen möglicherweise nicht durch den Kapitalkostenvorteil bzw. den Erfolg bei der verzinslichen Anlage überschüssiger Mittel (z. B. zum Geldmarktzins) kompensiert; dem Unternehmen entsteht so in Nachteil. Vor diesem Hintergrund ist zu überlegen, in solchen Fällen Anzahlungen nicht als Abzugskapital zu berücksichtigen bzw. ergänzende Kennzahlen zur Projektsteuerung 248 heranzuziehen .
248
Vgl. ausführlich Mansch, Controlling von Aufträgen und Projekten, in: Wagenhofer (Hrsg.), Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006, S. 105-122, hier S. 112.
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Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 12 Bezeichnung
Ertragsteuern / Income Taxes Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 12 regelt die Bilanzierung von Ertragsteuern im Einzel- und Konzernabschluss. Er ist auf alle in- und ausländischen Steuerarten anzuwenden, die das steuerpflichtige Einkommen der Unternehmen betreffen. In Deutschland sind dies die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, die Gewerbesteuer sowie der Solidaritätszuschlag und zum Teil Quellensteuern. In den Anwendungsbereich von IAS 12 fällt sowohl die Bilanzierung von tatsächlichen als auch von latenten Steuern. Zutreffende Darstellung der Vermögenslage durch Steuer abgrenzung
Die Zielsetzung von IAS 12 besteht in der zutreffenden Darstellung der Vermögenslage in der Bilanz durch eine periodengerechte Abgrenzung des Ertragsteueraufwands: Es sollen nicht die Steuerzahlungen ausgewiesen werden, die in einer Periode konkret anfallen, sondern die Steuerbelastung, die mit dem Ergebnisausweis bzw. der Höhe des (Rein-)Vermögens korrespondiert. Inhalt
Tatsächliche Steuererstattungsansprüche oder -schulden (current tax) ergeben sich auf Basis des zu versteuernden Einkommens bzw. des steuerlichen Verlustes der Periode und sind mit dem Betrag zu bewerten, zu dem eine Zahlung an die Steuerbehörden erwartet wird (IAS 12.12-14 und 12.46). Da die Bilanzierung von tatsächlichen Steuern wenig problematisch ist, widmet sich IAS 12 vorwiegend der Bilanzierung von latenten Steuern. Steuerlatenzen als Kernthema von IAS 12
Latente Steueransprüche und -schulden (deferred tax) resultieren aus temporären Unterschiedsbeträgen zwischen dem Buchwert eines Vermögenswerts oder einer Schuld in der IFRS-Bilanz und seinem Steuerwert (temporary concept). Zu den temporären Differenzen werden diejenigen Unterschiedsbeträge gezählt, die sich im Zeitablauf infolge der Rechnungslegungsvorschriften automatisch umkehren.
410
IAS 12
G
Im Einzelnen enthält IAS 12 folgende Regelungen zur Steuerabgrenzung: •
•
Ansatz (IAS 12.15-45) Grundsätzlich sind für alle zukünftigen Steuereffekte, die aus temporären Differenzen und steuerlichen Verlustvorträgen resultieren, latente Steuerschulden (passive latente Steuern) bzw. latente Steueransprüche (aktive latente Steuern) anzusetzen. Erstere entstehen, wenn im Vergleich zur steuerlichen Sicht das Reinvermögen in der IFRS-Bilanz höher ausgewiesen wird (z. B. bei einer Bewertung von Vermögen zum höheren Fair Value), Letztere, wenn das IFRSReinvermögen im Vergleich zur steuerlichen Sicht niedriger bewertet wird, z. B. weil bestimmte Abschreibungen auf Vermögenswerte aus steuerrechtlicher Sicht nicht zulässig sind. Für passive latente Steuern (IAS 12.15-23) besteht eine generelle Ansatzpflicht. Dies gilt auch bei aktiven latenten Steuern (IAS 12.24-45); allerdings ist hier die Werthaltigkeit der Steuerabgrenzung zu prüfen. Über eine Gewinnprognose muss belegt werden, dass in den Perioden der Auflösung der Differenz Steuerersparnisse in Höhe der angesetzten aktiven latenten Steuern geltend gemacht werden können. Liegen überzeugende Anhaltspunkte für zukünftige Gewinne vor, sind latente Steueransprüche auch für noch nicht genutzte steuerliche Verlustvorträge zu bilden. Für begrenzte Ausnahmefälle bestehen trotz des Vorliegens einer temporären Abweichung Ansatzverbote für Steuerabgrenzungsposten, bspw. latente Steuern auf Goodwill aus Unternehmenserwerben. Bewertung (IAS 12.47-56) Latente Steueransprüche und latente Steuerschulden sind anhand der Steuersätze zu bewerten, deren Gültigkeit für die Periode erwartet wird, in der ein Vermögenswert realisiert oder eine Schuld erfüllt wird. Dabei werden die Steuersätze (und Steuervorschriften) verwendet, die zum Bilanzstichtag gültig oder angekündigt sind. Latente Steueransprüche und latente Steuerschulden dürfen nicht abgezinst werden. Der Ansatz von nicht bilanzierten latenten Steueransprüchen, die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme steuerlicher Verlustvorträge sowie die Bewertung aktiver latenter Steuern sind zu jedem Bilanzstichtag im Rahmen eines Werthaltigkeitstests, der auf den Gewinnerwartungen des Unternehmens basiert, neu zu prüfen.
411
Ansatz latenter Steuern
Bewertung latenter Steuern
G
Anhang: IFRSGuide für Controller •
Ausweis laten ter Steuern
Ausweis (IAS 12.57-76) Aktive und passive latente Steuern sind – außer in eng definierten Ausnahmefällen – unsaldiert auszuweisen (IAS 12.74). Ist der zu Grunde liegende Geschäftsvorfall erfolgsneutral zu verbuchen, z. B. die Neubewertung von Sachanlagen oder immateriellen Anlagen (revaluation) gemäß IAS 16 bzw. IAS 38, so sind auch die – in diesem Fall passiven – latenten Steuern erfolgsneutral direkt zulasten des Eigenkapitals zu bilden. Beispiel Die Anschaffungskosten einer Wertpapierposition A, die zur Veräußerung ver fügbar ist, liegen bei 10 Mio. €, der Fair Value am Bilanzstichtag beträgt 15 Mio. €. Eine weitere Wertpapierposition B, die allerdings zum laufenden Han delsbestand gehört, wurde für 12 Mio. € angeschafft und weist jetzt einen Fair Value von 13 Mio. € auf. In der deutschen Steuerbilanz sind hier die Anschaffungskosten relevant, d. h. die Position A ist mit 10 Mio. € anzusetzen, die Position B mit 12 Mio. €. Im IFRSAbschluss müssen beide Wertpapierbestände nach IAS 39 abweichend zum höheren Fair Value, d. h. A zu 15 Mio. €, B zu 13 Mio. € bewertet werden. Aufgrund der unterschiedlichen Kategorisierung der Wertpapiere (zur Veräuße rung vorgesehen vs. Handelsbestand) ist die Wertsteigerung bei A erfolgsneut ral, d. h. unter Umgehung der GuV direkt in das Eigenkapital zu buchen, die Wertsteigerung bei B dagegen erfolgswirksam zu vereinnahmen. Aufgrund der Abweichungen vom IFRSAbschluss zum steuerlichen Wertansatz sind weiterhin passive latente Steuern zu bilden, d. h. die erwartete Ertragsteu erverpflichtung aus der Wertsteigerung ist bei einem Steuersatz von 40 % im Fall A erfolgsneutral mit 2 Mio. €, im Fall B erfolgswirksam mit 0,4 Mio. € zu passivieren.
Besonderheiten Latente Steuern als bedeutende IFRSBilanz position
Im deutschen Handelsrecht spielen latente Steuern aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips, d. h. einer weitgehenden Korrespondenz von Handels- und Steuerbilanz, nur eine untergeordnete Rolle. Im Vergleich dazu können in IFRS-Bilanzen aufgrund der Vielzahl von Abweichungen gegenüber den steuerlichen Vorschriften ganz erhebliche Steuerlatenzen anfallen. Zudem müssen im HGB aktive und passive latente Steuern saldiert ausgewiesen werden; zudem besteht dort ein – grundsätzlich wahrgenommenes – Wahlrecht zur Aktivierung von
412
IAS 12
Steuerabgrenzungen gemäß § 274 HGB bzw. § 298 i. V. m. § 274 249 HGB . Insoweit sind latente Steuern bei der Umstellung auf IFRS eine der 250 bedeutendsten Bilanzpositionen . Gerade auf der obersten Führungsebene spielen latente Steuern deshalb im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung auch für die Gestaltung von PerformanceKennzahlen eine wichtige Rolle. Wesentliche Interpretationen •
•
SIC-21 (Ertragsteuern – Realisierung von neubewerteten, nicht planmäßig abzuschreibenden Vermögenswerten/Income Taxes – Recovery of Revalued Non-Depreciable Assets) SIC-25 (Ertragsteuern – Änderungen im Steuerstatus eines Unternehmens oder seiner Anteilseigner/Income Taxes – Changes in the Tax Status of an Enterprise or its Shareholders)
Aktuelle Projekte des IASB
Ein gemeinsam mit dem FASB durchgeführtes Konvergenz-Projekt zu IAS 12 soll bestehende Unterschiede zu SFAS 109 eliminieren. Im Rahmen des Projekts sollen die unterschiedlichen in den Standards bestehenden Ausnahmen vom Grundsatz der Bildung latenter Steuern weitgehend gestrichen und ansonsten vereinheitlicht werden. Darüber hinaus sollen einheitliche Definitionen festgelegt sowie Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisfragen einheitlich geregelt werden. Teilweise weichen die geplanten Änderungen jedoch weiterhin voneinander ab. Die Veröffentlichung eines Änderungsentwurfs zu IAS 12 ist für Anfang 2007 vorgesehen. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar.
249
Vgl. ausführlich Weißenberger/Behrendt, Latente Steuern im Konzern: Auslösende Tatbestände im Rahmen einer informationsorientierten Gestaltung des HGB-Konzernabschlusses, in: BB, 2006, S. 931-938. 250 Vgl. hierzu in Kapitel B 1.3.
413
G
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Controllingimplikationen • Rückgriff auf Mittelfristpla nung für Ge winnprognose bei aktiver Steuerabgren zung •
Zwei Möglich keiten
251
Fundierung der aktiven latenten Steuern aus der Mittelfristplanung Aktive latente Steuern, d. h. erwartete Steuervorteile, dürfen nur dann bilanziert werden, wenn sie realisierbar erscheinen. Für die hierfür erforderliche steuerliche Gewinnprognose wird auf die mittelfristige Unternehmensplanung bzw. intern verwendete Forecasts zurückgegriffen, die als Grundlage für die steuerliche Ergebnisplanung dient. Diese wird im Wesentlichen im Zentralcontrolling bereitgestellt. 251 Steuerlatenzen in der internen Performance-Messung Performance-Kennzahlen auf Top-Management-Ebene werden vielfach auf Nach-Steuer-Basis formuliert. Da in der GuV-Position „Ertragsteuern“ auch latenter Steueraufwand bzw. verrechneter latenter Steuerertrag enthalten sind, muss auf einen konsistenten Umgang mit Steuerlatenzen geachtet werden. Sollen latente Steuern auch für die interne Performance-Messung berücksichtigt werden, so führen alle bilanzwirksamen Abweichungen zwischen interner und externer Rechnungslegung (so z. B. bei einem Verzicht auf die Übernahme von Fair Values in das Controlling) zu Anpassungen der latenten Steuern. In der Ermittlung der Investitionsbasis werden aktive latente Steuern als Vermögenswert interpretiert, passive latente Steuern sind dagegen als nicht verzinsliches Abzugskapital zu verstehen, das die Investitionsbasis mindert. Sollen latente Steuern dagegen nicht berücksichtigt werden, muss der in der IFRS-GuV ausgewiesene Steueraufwand um die erfolgswirksame Steuerabgrenzung bereinigt werden. Er enthält dann nur noch die tatsächlich anfallenden Steuern (current tax). Aktive latente Steuern sind durch Kürzung des Eigenkapitals zu eliminieren, passive latente Steuern aber mit dem Eigenkapital zu verrechnen, sodass durch letzteren Effekt eine Reinvermögenserhöhung entsteht. Da beide Alternativen vergleichsweise komplex sind, finden sich in der Praxis aus Praktikabilitätsgründen häufig Mischformen, die aber konzeptionell nicht konsistent sind. Zumindest in Fällen wesentlicher Bedeutung sollte deshalb von derartigen Mischformen Abstand genommen werden.
Vgl. hierzu ausführlich Kapitel D 2.2.
414
IAS 14
G
IAS 14 Bezeichnung
Segmentberichterstattung / Segment Reporting Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 14 beschreibt Grundsätze der Finanzberichterstattung für einzelne Segmente (Geschäftsfelder, Regionen) eines Unternehmens. Der Standard bezweckt eine Unterstützung der Jahresabschlussadressaten durch eine Disaggregation der konsolidierten Unternehmensdaten. Die Leistung des Unternehmens sowie die Risiko- und Renditestrukturen einzelner Geschäftssegmente sollen transparent dargestellt wer252 den .
Transparenz für Abschlussadres saten durch Disaggregation der Unterneh mensinformati onen
Inhalt
Ein Unternehmen muss nach IAS 14.31 disaggregierte Informationen offen legen für: • •
Zwei Segment typen
Geschäftssegmente (business segments) und geografische Regionen (geographical segments), gemäß den Standorten der Vermögenswerte oder der Kunden.
Eine dieser Segmentierungsarten wird als primäre Berichtskategorie identifiziert; die andere gilt entsprechend als sekundäre Berichtskategorie. Die Unterscheidung erfolgt unter Berücksichtigung der Quellen und der Charakteristika der Risiken und Renditen des Unternehmens. Jedes Segment sollte im Vergleich zu den anderen Unternehmenssegmenten eine in sich homogene Risiko-Rendite-Struktur aufweisen (IAS 14.26, Risk-and-Reward-Approach). Typischerweise – allerdings nicht in allen Fällen – zeigen die interne Berichts- und Managementstruktur sowie die Organisation der Unternehmensprozesse, welche der beiden Segmentierungsarten intern verwendet wird und folglich auch bilanziell in die primäre Berichtskategorie einzuordnen ist (IAS 14.27, Management Approach).
252
Vgl. zu IAS 14 auch Kapitel B 2.4.
415
Riskand Reward Approach vs. Management Approach
G Größenschwel len für be richtspflichtige Segmente
Anhang: IFRSGuide für Controller
Ein Geschäftsfeld oder ein geografisches Segment ist grundsätzlich berichtspflichtig (reportable), wenn der Großteil seiner Umsatzerlöse von Verkäufen an externe Kunden stammt und eine der folgenden Wesentlichkeitsbedingungen erfüllt ist (IAS 14.35): •
•
•
Die unternehmensextern und -intern erzielten Umsatzerlöse des Segments umfassen mindestens 10 % der gesamten Umsatzerlöse aller Segmente. Der Segmentgewinn oder -verlust umfasst mindestens 10 % des höheren absoluten Betrags aus den zusammengefassten Ergebnissen aller gewinnerzielenden Segmente und der zusammengefassten Ergebnisse aller verlusterzielenden Segmente. Die Vermögenswerte des Segments umfassen mindestens 10 % der gesamten Vermögenswerte aller Segmente.
Jedes unternehmensintern berichtete Segment kann auch bei Unterschreiten dieser Schwellenwerte separat in der Segmentberichterstattung ausgewiesen werden. Umfassen die in den berichteten Segmenten mit externen Kunden erzielten Umsatzerlöse weniger als 75 % der gesamten konsolidierten Umsatzerlöse, sind weitere Segmente zu unterscheiden. Umgekehrt können berichtspflichtige Segmente mit homogener Chancen-/Risikostruktur zusammengefasst werden (IAS 14.34). Primäre Be richtskategorie
Für die primäre Berichtskategorie sind im Wesentlichen die folgenden Segmentinformationen zu geben (IAS 14.51-67): • • • • • •
•
Umsatzerlöse, getrennt nach Umsatzerlösen mit externen Kunden und mit anderen Unternehmenssegmenten, Grundlage der Ermittlung von unternehmensinternen Verrechnungspreisen, Ergebnis vor Zinsen und Steuern unter separatem Ausweis des Ergebnisses aus einzustellenden Bereichen, Vermögenswerte und Schulden des Segments, Anschaffungskosten der Periode für den Erwerb von Sachanlagevermögen und immateriellen Vermögenswerten, Höhe der planmäßigen Abschreibungen zusammen mit der Höhe der nicht zahlungswirksamen Aufwendungen oder die CashflowKategorien gemäß IAS 7 für das Segment und Ergebnis aus assoziierten Unternehmen, die der Equity-Methode unterliegen.
416
IAS 14
G
Auch die Basis für die Bildung von Verrechnungspreisen bei InterSegment-Transaktionen, ist gemäß IAS 14.75 offenzulegen. Für die sekundäre Berichtskategorie sind nur eingeschränkte Segmentinformationen zu geben (IAS 14.69-72): • • •
Sekundäre Berichtskatego rie
mit externen Kunden erzielte Umsatzerlöse, Vermögenswerte des Segments und Anschaffungskosten der Periode für den Erwerb von Sachanlagevermögen und immateriellen Vermögenswerten.
Die oben aufgeführten Segmentinformationen, die in der primären bzw. sekundären Berichtskategorie verpflichtend offenzulegen sind, müssen in allen Fällen IFRS-konform sein (IAS 14.44). Weiterhin müssen die Informationen der Segmentberichterstattung hinsichtlich der Ergebnisse, des Vermögens und der Schulden der Segmente auf die aggregierten Informationen des IFRS-Abschlusses übergeleitet werden.
Segmentinfor mationen müssen IFRS konform sein
Freiwillige Informationen dürfen im Rahmen der Segmentberichterstattung nur gegeben werden, wenn die entsprechenden Größen auch zur Segmentsteuerung herangezogen werden (IAS 14.46). In dem Fall dürfen diese Informationen auch den im Controlling festgelegten Ermittlungsroutinen folgen und müssen damit nicht IFRS-konform sein. Bei Änderungen im internen Reporting, die Auswirkungen auch auf die Segmentberichterstattung haben, sind die Vorjahreszahlen anzupassen, sofern dies nicht unzweckmäßig, d. h. nicht durchführbar (impracticable) ist (IAS 14.76). Besonderheiten
IAS 14 ist nur von Unternehmen anzuwenden, deren Anteile öffentlich gehandelt werden oder die einen solchen Handel in die Wege geleitet haben. Legt ein Unternehmen allerdings im IFRS-Abschluss freiwillig Segmentinformationen offen, so müssen diese ebenfalls den Regelungen des IAS 14 genügen. Aktuelle Projekte des IASB
Das IASB hat im November 2006 den Sandard IFRS 8 „Operating Segments“ veröffentlicht. Er wird ab 2009 den aktuellen IAS 14 verpflichtend ersetzen. IAS 14 tritt dementsprechend nach 2008 außer Kraft.
417
Anwendungs pflicht nur für börsennotierte Unternehmen
G Übernahme des Management Approach
Anhang: IFRSGuide für Controller
Controllingimplikationen
IAS 14 besitzt weit reichende Implikationen insbesondere für das Zentralcontrolling. Die notwendige Ermittlung IFRS-konformer Segmentinformationen auf Basis der Geschäftsfeld- bzw. Regionalstrukturen, die häufig nicht kongruent zur legalen Konzernstruktur sind, war in der Vergangenheit bei vielen IFRS-Bilanzierern ein wichtiger Anstoß für die zumindest partielle Integration der internen und externen Rechnungslegung auf Gesamt- bzw. Segmentebene. Weiterhin sind folgende Aspekte aus IAS 14 controllingrelevant:
Offenlegung von Nischen
•
Schnittstelle Risikocontrol ling
•
Integration der Rechnungsle gung erforder lich
•
Zwingende Offenlegung von Geschäftsfeld- bzw. Regionalstrukturen Dies kann ggf. auch zur Offenlegung von Wettbewerbsnischen führen. IAS 14 erlaubt jedoch - anders als die HGB-Rechnungslegung für den Einzelabschluss - nicht, aus diesem Grund auf die Seg253 mentberichterstattung zu verzichten bzw. sie einzuschränken . Informationen über Risiko-Rendite-Strukturen in Segmenten Die Zusammenfassung von berichtspflichtigen Segmenten darf nur bei homogener Risiko-Rendite-Struktur erfolgen. Dies muss ggf. durch Informationen aus dem Risikocontrolling belegt werden. Ermittlung der Segmentinformationen Sofern die Segmentstruktur nicht identisch mit der Legalstruktur ist, wird hier zunächst auf die internen Reportinginhalte zurückgegriffen. Hier müssen ggf. die Segmente der sekundären Berichtskategorie als zusätzliche Berichtsebene eingerichtet werden. Sofern das interne Reporting nicht IFRS-konform ist, müssen die Daten vor der Übernahme in die Segmentberichterstattung bereinigt werden. Da dies vergleichsweise aufwändig ist, bietet sich eine Integra254 tion der Rechnungslegung auch aus dieser Perspektive an. Damit sind zumindest im internen Reporting auf Segmentebene die Vorschriften des IAS 14 zu beachten.
253
Gemäß § 297 Abs. 1 HGB besteht ein Wahlrecht zur Aufstellung eines Segmentberichts; mindestens muss aber eine Aufgliederung der Umsatzerlöse gemäß § 314 Abs. 1 Nr. 3 HGB erfolgen. Eine Befreiung von dieser Mindestanforderung existiert im HGB nicht mehr. 254 Vgl. hierzu Kapitel C 2.
418
IAS 14 •
•
Freiwillige Publikation interner Segmentkennzahlen In diesem Fall muss – z. B. über Managementberichte oder Vorstandsprotokolle – gegenüber dem Abschlussprüfer belegt werden, dass diese Segmentkennzahlen tatsächlich für die Steuerung der Segmente verwendet werden. Stetigkeitsanforderungen bei der Änderung interner Reportingstrukturen Bei der Änderung interner Reportingstrukturen müssen die erforderlichen Vorjahresangaben angepasst werden – allerdings nur, sofern dies nicht unzweckmäßig, d. h. wirtschaftlich durchführbar ist. Wenn aus Sicht der betroffenen Bereichscontroller solche retrospektiven Anpassungen nicht durchführbar sind, sollten die entsprechenden Argumente umgehend der Bilanzierung bzw. dem Abschlussprüfer zugeleitet werden.
419
G Freiwillige Veränderungen Segmentkenn im internen zahlen Reporting
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 16 Bezeichnung
Sachanlagen / Property, Plant and Equipment Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 16 regelt die Bilanzierung und Bewertung von Sachanlagevermögen. Dies sind materielle Vermögenswerte, die länger als eine Berichtsperiode für die Herstellung oder die Lieferung von Produkten, zur Vermietung oder für Verwaltungszwecke gehalten werden. Ausgenommen vom Anwendungsbereich des IAS 16 sind: • • •
zur Veräußerung gehaltene Vermögenswerte (Regelung gemäß IFRS 5), als Finanzinvestition gehaltene Vermögenswerte (Regelung gemäß IAS 40) und biologische Vermögenswerte aus landwirtschaftlicher Tätigkeit (Regelung gemäß IAS 41).
Inhalt
Die Erfassung von Sachanlagen erfolgt zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, wenn der mit der Sachanlage verbundene zukünftige wirtschaftliche Nutzen wahrscheinlich ist und die mit der Sachanlage verbundenen Kosten verlässlich ermittelbar sind. Dies entspricht auch dem Verständnis des Vermögensbegriffs (asset) aus dem Rahmenkonzept. Anschaffungs bzw. Herstel lungskosten
Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten einer Sachanlage umfassen (IAS 16.16-22): • •
•
den gezahlten Kaufpreis, sämtliche direkt zurechenbaren Kosten, um den Vermögenswert zu dem gewünschten Standort bzw. in den beabsichtigten Zustand zu bringen und die erstmalig geschätzten Kosten für das spätere Entfernen der Sachanlage und die Wiederherstellung des Standorts.
Gegebenenfalls können auch Aufwendungen für die Erweiterung, den Ersatz und die Wartung von Sachanlagen aktiviert werden (IAS 16.1014), dazu gehören z. B. Ersatzbeschaffungen für Teile, die nicht regel-
420
IAS 16
G
mäßig ersetzt werden oder ggf. größere Inspektionen ohne konkreten Reparaturbedarf. Andere Reparatur- und Instandhaltungsaufwendungen, wie z. B. laufender Unterhaltsaufwand oder Teile, die regelmäßig ersetzt werden, sind als Aufwendungen zu erfassen. Die Aktivierung von Fremdkapitalkosten ist bei der Anschaffung von langfristigen Vermögenswerten, die durch einen längeren Zeitraum zwischen Herstellungsbeginn und Verkauf bzw. Nutzung charakterisiert sind (qualifying assets), erlaubt. Regelungsdetails finden sich in IAS 23. Die Folgebewertung jeder einzelnen Klasse von Sachanlagen muss stetig einem der beiden folgenden Verfahren unterliegen: •
•
Fortgeführte Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (IAS 16. 30) Hierzu werden die Sachanlagen jährlich zu den um die kumulierten planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen reduzierten historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bewertet. Neubewertungsmethode (IAS 16.31-42) Im Rahmen der Neubewertung (revaluation) werden regelmäßig die Fair Values der einzelnen Sachanlagen geschätzt und um planmäßige Abschreibungen reduziert. Die Neubewertungsmethode darf nicht selektiv angewendet werden, sondern nur für alle Vermögenswerte einer Gruppe. Die Ermittlung der Fair Values kann über Vergleichswerte in einem relevanten Markt oder aber über die Indexierung mit einer vermögensgruppenspezifischen Inflationsrate erfolgen. Auch intern z. B. für Kalkulationszwecke vorgehaltene Wiederbeschaffungskosten können für die Neubewertung zu Grunde gelegt werden. In Einzelfällen kann der Marktwert auch über ein Bewertungsmodell geschätzt werden. Die Differenz zu den fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten ist erfolgsneutral als other comprehensive income (OCI) in eine Neubewertungsrücklage zu verbuchen. Diese ist wiederum erfolgsneutral aufzulösen, wenn der Vermögenswert verbraucht ist bzw. verkauft wird.
Die planmäßige Abschreibung orientiert sich bei beiden Verfahren der Folgebewertung an der wirtschaftlichen Nutzungsdauer (useful life, IAS 16.50). Jede Komponente einer Sachanlage, die einen wesentlichen Anschaffungswert im Verhältnis zu den gesamten Anschaffungskosten hat, wird getrennt über die individuelle, wirtschaftliche Nutzungsdau-
421
Folgebewer tung: Fortge führte AHK oder Neubewertung
Planmäßige Abschreibun gen: Kompo nentenansatz
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
er abgeschrieben (Komponentenansatz, IAS 16.43). Der Restwert und die wirtschaftliche Nutzungsdauer einer Sachanlage sind mindestens zum Ende jeder Berichtsperiode zu überprüfen. Schätzungsänderungen sind gemäß IAS 8 zu behandeln. Die Prüfung der Werthaltigkeit von Sachanlagen und die Notwendigkeit außerplanmäßiger Abschreibungen sind Gegenstand des IAS 36 „Wertminderung von Vermögenswerten“. Neubewer tungsmethode: Keine split depreciation
Konzeptionell ist bei der Neubewertungsmethode denkbar, die planmäßigen Abschreibungen anteilig erfolgswirksam (bezogen auf die ursprünglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten) und anteilig erfolgsneutral (bezogen auf die Zuführung zur Neubewertungsrücklage) zu verrechnen. IAS 16 enthält hier eine Regelungslücke. In der Praxis wird aus Vereinfachungsgründen vorgeschlagen, die Abschrei255 bungen vollständig erfolgswirksam werden zu lassen . 256
Das untenstehende Beispiel veranschaulicht zusammenfassend das Vorgehen der Neubewertungsmethode. Beispiel Der Vermögenswert wurde im Jahr 01 für 40 Mio. € erworben. Nach drei Jahren verbleibt bei linearer Abschreibung und planmäßiger Nutzungsdauer von 10 Jahren ein Buchwert von 28 Mio. €. Im gleichen Jahr wird ein Neuwert von 50 Mio. € ermittelt. Unter Berücksichtigung der Abschreibung der ersten drei Jahre ist ein neuer Buchwert nach IAS 16 in Höhe von 35 Mio. € abzusetzen (50 Mio. € – 3 • 5 Mio. €). In den Folgejahren wird der Gegenstand weiterhin auf Basis der Neubewertung abgeschrieben. Es verbleibt am Ende des 10. Jahres ein Buchwert von 0 Mio. € und die in der Neubewertungsrücklage verbleibenden 7 Mio. € werden in die Gewinnrücklage umgebucht. Jahr 01 03 09 10 Anschaffungskosten 40 Aufgelaufene Abschreibungen alt 12 Buchwert alt 40 28 Neubewertung (gross replacment cost) 50 Aufgelaufene Abschreibungen neu 15 45 50 35 5 0 Buchwert neu (depreciated replacement
Verrechnung der Neubewer tung im Detail
255
Vgl. Hoffmann, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl. 2006, § 8, Rz. 63-66. Nach Wagenhofer, Internationale Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS, 2005, S. 365, wurde eine derartige split depreciation in Großbritannien vom britischen Accounting Standards Board im Rahmen der UK-GAAP unterbunden. 256 In Anlehnung an Hoffmann, in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 4. Aufl. 2006, § 8, Rz. 60.
422
IAS 16
Jahr cost/sound value) Neubewertungsrücklage Gewinnrücklage
01
03
09
10
7
7
0 7
Offen ist bei Anwendung der Neubewertungsmethode weiterhin, wie die bisher aufgelaufenen Abschreibungen, die z. B. im Anlagespiegel ausgewiesen werden, zu behandeln sind. Hier gibt es zwei Möglichkeiten (IAS 16.35): •
•
Die bisher aufgelaufenen Abschreibungen – im obigen Beispiel 12 Mio. € – werden zunächst zu Gunsten des Vermögenswerts ausgebucht. Im Anschluss werden die neuen Abschreibungen verrechnet. Im Beispiel sind dies 15 Mio. € für die Jahre 01 bis 03. Die Neubewertungsdifferenz von hier 10 Mio. € zugunsten des Vermögenswerts wird dann in Höhe von der Differenz (hier 15 Mio. € – 12 Mio. € = 3 Mio. €) zugunsten des Abschreibungskontos gebucht, sodass die Korrektur der Abschreibungen im laufenden Geschäftsjahr keine Erfolgswirkung besitzt, weil sich Soll- und Haben-Buchungen ausgleichen, und in Höhe des verbleibenden Betrags (hier 10 Mio. € – 3 Mio. € = 7 Mio. €) der Neubewertungsrücklage zugeführt. Diese Methode ist dann anzuwenden, wenn ein Marktwert vorliegt, z. B. bei Kraftfahrzeugen oder bebauten Grundstücken. Alternativ kann aber auch die kumulierte Abschreibung proportional zur Änderung des Buchwerts angepasst werden, sodass der neue Netto-Buchwert dem beizulegenden Zeitwert entspricht. In dem o. a. Beispiel würde der Vermögenswert einschließlich der bisher kumulierten Abschreibungen um 25% aufgewertet, d. h. von 28 Mio. € auf 35 Mio. € bzw. von 12 Mio. € auf 15 Mio. €. Um die Erfolgswirkung im laufenden Geschäftsjahr zu neutralisieren, müsste die Gesamtdifferenz von hier 10 Mio. € wiederum in Höhe von 3 Mio. € dem Abschreibungskonto gutgeschrieben und in Höhe von 7 Mio. € der Neubewertungsrücklage zugeführt werden. Diese Vorgehensweise wird dann gewählt, wenn die Neubewertung über eine Indexierung der Vermögenswerte erfolgt. Achtung: Die Anwendung der Neubewertungsmethode ist in der praktischen Umsetzung vergleichsweise komplex und wird in Deutschland bisher kaum praktiziert. Dies kann sich aber mit zunehmender Durchsetzung der IFRS bzw. wachsenden inter
423
G
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
nationalen Kooperationen ändern. In anderen Ländern, so z. B. Großbritannien, ist die schon nach der 4. EURichtlinie erlaubte Neubewertung gängige Praxis.
IAS 16 macht umfangreiche Anhangangaben erforderlich, die in IAS 16.73-79 aufgeführt sind. Controllingimplikationen
IAS 16 ist insbesondere im Controlling anlageintensiver Bereiche, also im Beschaffungs- und Logistikcontrolling sowie im Werks- bzw. Produktionscontrolling, relevant. Planmäßige • Abschreibungen und Komponen tenansatz
Zeit bzw. Marktbewer tung der Sach anlagen
•
Friktionen in der Investiti onssteuerung
•
Fundierung planmäßiger Abschreibungen Für diesen Zweck sind aus dem Controlling Informationen über die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Vermögenswerts bzw. einzelner Komponenten zu ermitteln. Der Komponentenansatz ist praktisch nur dann relevant, wenn einzelne Teile nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich eine abweichende Nutzungsdauer haben. IAS 16 nennt hier als Beispiel Sitze, Turbinen und Außenverkleidung eines Flugzeugs. Bei einem Pkw wird man aber Karosserie und Motor nur dann getrennt abschreiben, wenn der Motor nach Ablauf seiner Nutzungsdauer tatsächlich ersetzt wird, was in der Praxis kaum der Fall sein wird. Informationen hierüber liegen aus der Instandhaltungs- bzw. Kapitalbedarfsplanung vor, in der i. d. R. eine dezidierte Überwachung des Anlagebestands erfolgt. Diese Informationen sind auch für die jährliche Überprüfung der Annahmen über Restwert und Restnutzungsdauer heranzuziehen. Ermittlung des Zeit- bzw. Marktwerts im Rahmen der Neubewertungsmethode An dieser Stelle kann auf interne Wiederbeschaffungswerte zurückgegriffen werden, die in der Praxis zum Teil für Kalkulations- bzw. Steuerungszwecke vorgehalten werden. Neubewertungsmethode und integrierte Rechnungslegung Die Anwendung der Neubewertungsmethode führt zu einer doppelten Durchbrechung des Kongruenzprinzips, die sowohl das EBIT als auch die Kapitalkosten der betroffenen Bereiche nachteilig belastet. Zum einen wird die Wertsteigerung erfolgsneutral behandelt, die Abschreibungen auf den höheren Neuwert sind aber erfolgswirksam. Selbst bei einer Veräußerung wird die Wertsteigerung nicht als Teil des Veräußerungserfolgs ausgewiesen, sondern
424
IAS 16
nur die Differenz zwischen Verkaufspreis und fortgeführtem Neuwert. Gleichzeitig führen die im Rahmen der Neubewertungsmethode ermittelten Wertansätze im Vermögen zu einer höheren Investitionsbasis und damit zu höheren Kapitalkosten. Beide Effekte können dazu führen, dass an sich wertschaffende Investitionen aus Sicht des Entscheiders im Management nicht mehr vorteilhaft erscheinen und darum nicht durchgeführt werden.
425
G
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 17 Bezeichnung
Leasingverhältnisse / Leases Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 17 regelt die Bilanzierung von Leasingverhältnissen. Mit einem Leasingvertrag wird einem Leasingnehmer das Recht auf die Nutzung eines Vermögenswerts für einen bestimmten Zeitraum vom Leasinggeber übertragen. Rechtlich gesehen sind Leasingverträge damit immer Miet- oder Pachtverträge. Leasing häufig verdeckte Finanzierung
Wirtschaftlich gesehen verbergen sich hinter Leasingverträgen vielfach aber auch Finanzierungsvorgänge, wenn nämlich der Leasinggeber letztlich keine Absicht hat, das Eigentum an dem vermieteten oder verpachteten Gegenstand wieder zurückzuerlangen. Sachliche Gründe für solche verdeckten Finanzierungen sind z. B. staatliche Subventionen, die an einen bestimmten Bilanzausweis des Leasinggegenstands gebunden sind, aber auch der Versuch, die mit dem Leasinggegenstand verbundenen gesamten Zahlungsverpflichtungen nicht in der Bilanz zu zeigen (off-balance-sheet financing), sondern lediglich die laufenden Leasingraten auszuweisen. Beispiel Das Volumen des Leasingmarkts liegt z. B. für Deutschland in einer Größenord nung von ca. 47 Mrd. € (Deutschland, 2004, für 2005 sind 51 Mrd. € geschätzt), für die USA bei ca. 160 Mrd. € (2004). Betrachtet man die Marktdurchdringung, d. h. der Anteil von Leasingverträgen am Gesamtvolumen der Anlageinvestitio nen, so liegt diese in den USA bei über 30 %, in Deutschland immerhin noch bei 18 %. Im MobilienLeasing werden dabei sogar mehr als ein Viertel aller Anla 257 geinvestitionen in Deutschland durch Leasing finanziert .
Vom Anwendungsbereich des IAS 17 sind diejenigen Leasingverhältnisse ausgenommen, die eine individuelle Regelung in einem anderen Standard erfahren, z. B. Leasingvereinbarungen über nicht-generative Ressourcen oder Lizenzvereinbarungen über immaterielle Werte.
257
Quellen: ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (http://www.bdl-leasing-verband.de/ download/presse/publikationen/pdf/ifo-sonderdruck-komplett.pdf), Thomas Hardieck, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.4.2005.
426
IAS 17
Die Zielsetzung von IAS 17 liegt darin, Leasingnehmern wie Leasinggebern sachgerechte Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vorzuschreiben, die den tatsächlichen wirtschaftlichen Charakter des zu Grunde liegenden Leasingverhältnisses abbilden (substance over form).
G Zielsetzung: substance over form
Inhalt
Es wird zwischen zwei Arten von Leasingverträgen unterschieden (IAS 17.8): •
•
Finanzierungsleasing (finance lease) Bei einem Finanzierungsleasing werden im Wesentlichen alle mit dem Eigentum verbundenen Chancen und Risiken auf den Leasingnehmer übertragen. Dieser Fall kann z. B. eintreten, wenn der Leasingnehmer den Vermögenswert über dessen gesamte Lebensdauer nutzen darf und/oder insgesamt dafür mehr als dessen Neuwert bezahlt. Das wirtschaftliche Eigentum geht somit (unabhängig vom rechtlichen Eigentum) auf den Leasingnehmer über. Operating-Leasingverhältnis (operating lease) Alle anderen Verträge, die die oben genannte Bedingung nicht erfüllen, sind Operating-Leasingverhältnisse.
Finanzierungs leasing ....
... versus Opera ting Leasing
Eine beispielhafte, nicht abschließende Auswahl an Indikatoren in IAS 17.10 und 17.11 für die Klassifizierung eines Leasingvertrags als Finanzierungsleasing veranschaulicht diese grundsätzlichen Überlegungen. Einen Sonderfall stellt das Immobilienleasing dar (IAS 17.14-19). Hier werden die Grundstücks- und Gebäudekomponenten gesondert betrachtet. Aufgrund der unbegrenzten wirtschaftlichen Nutzungsdauer von Grundstücken kann es sich hierbei nur dann um ein Finanzierungsleasing handeln, wenn am Ende der Laufzeit des Leasingverhältnisses das Eigentum an den Leasingnehmer übergeht. Die Ansatz- und Bewertungsvorschriften in IAS 17 richten sich nach der Klassifizierung von Leasingverhältnissen. •
Operating-Leasingverhältnis (IAS 17.33-35 und IAS 17.49-57) Ein Operating-Leasingverhältnis wird wie ein normaler Mietvertrag bilanziert. Der Leasingnehmer erfasst die Leasingzahlungen als Aufwand. Für ihn entstehen keine Ansatzpflichten. Der Leasinggeber aktiviert den geleasten Vermögenswert in seiner Bilanz, schreibt diesen über die Laufzeit ab und erfasst die Leasingrate periodisch als Ertrag.
427
Ansatz und Bewertungsvor schriften für Leasingverhält nisse
G
Anhang: IFRSGuide für Controller •
Finanzierungsleasing (IAS 17.20-32 und IAS 17.36-48) Das Vorgehen beim Finanzierungsleasing beim Leasingnehmer entspricht einer normalen kreditfinanzierten Anschaffung. In der Bilanz des Leasingnehmers werden simultan der Leasinggegenstand aktiviert und eine langfristige Verbindlichkeit passiviert. Der Ansatz erfolgt entweder zum Zeitwert des Leasingobjekts oder zum geringeren Barwert der Mindestleasingzahlungen. Der geleaste Vermögenswert wird im Folgenden abgeschrieben. Die periodischen Leasingraten werden in einen Zins- und einen Rückzahlungsanteil unterteilt. Infolgedessen scheidet eine Aktivierung für den Leasinggeber aus. Er erfasst eine Forderung in Höhe des Nettoinvestitionswerts und teilt die erhaltenen Zahlungen in eine Abnahme dieses Forderungsbetrags und in Zinserträge auf.
Besonderheiten Saleandlease back Transaktionen
Eine in der Unternehmenspraxis häufig zu beobachtende Vertragsgestaltung sind Sale-and-lease-back-Transaktionen, bei denen zwei separate Verträge miteinander verknüpft werden. Der erste Vertrag ist ein Kaufvertrag, bei dem das rechtliche Eigentum an einem Vermögenswert an den Käufer und zukünftigen Leasinggeber übergeht. Der zweite Vertrag ist ein Leasingvertrag über denselben Vermögenswert (zumeist ein Finanzierungsleasing), durch den der ursprüngliche Eigentümer zum Leasingnehmer wird. Bei der Bilanzierung von Sale-andlease-back-Verträgen sind spezielle Bilanzierungsregeln zu beachten. Leasingverträge werden unter HGB korrespondierend zu den steuerrechtlichen Vorschriften behandelt. Da diese in vielen Punkten von den Vorschriften des IAS 17 abweichen, ist auch die NeuKlassifikation von Miet-, Pacht-, Nutzungsüberlassungs- und Finanzierungsverträgen nicht nur einer der aufwändigsten Prozesse im Rahmen einer Umstellung von HGB auf IFRS, sondern die Effekte aus der Neu-Klassifikation von Leasingverträgen, z. B. die Einordnung von Operating-Leasingverhältnissen unter HGB als bilanzierungspflichtiges Finanzierungsleasing unter IFRS, spielen im Rahmen der IFRS258 Umstellung eine bedeutende Rolle .
258
Vgl. Kapitel B 1.3 zu einer quantitativen Beurteilung dieser Effekte.
428
IAS 17
G
Wesentliche Interpretationen • • •
IFRIC 4 (Beurteilung, ob eine Vereinbarung ein Leasingverhältnis enthält/Determining Whether an Arrangement Contains a Lease) SIC-15 (Operating Leasingverhältnisse – Anreizvereinbarungen/ Operating Leases – Incentives) SIC-27 (Beurteilung des wirtschaftlichen Gehalts von Transaktionen in der rechtlichen Form von Leasingverhältnissen/Evaluating the Substance of Transactions in the Legal Form of a Lease)
Aktuelle Projekte des IASB
Aufgrund seiner Komplexität, seiner vielen Gestaltungsfreiräume bei der Bilanzierung und der Kritik, dass noch nicht alle entscheidungsrelevanten Informationen abgebildet werden, wird IAS 17 vom IASB noch nicht als abgeschlossen betrachtet. Daher plant das IASB ein gemeinschaftlich mit dem FASB durchzuführendes Projekt, innerhalb dessen die Vorschriften zur Bilanzierung von Leasingverhältnissen umfassend und grundlegend überarbeitet werden sollen. Für 2008 ist ein gemeinsames Diskussionspapier von IASB und FASB geplant. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
Das Thema Leasing ist im Controlling vor allem vor dem Hintergrund der wertorientierten Steuerung auf IFRS-Basis relevant. Durch die geschickte Gestaltung von Leasingverträgen, die wirtschaftlich einen Finanzierungsvorgang verbunden mit Eigentumserwerb darstellen, aber als Operating-Leasing-Verhältnis bilanziert werden, gelingt es, die Kapitalkosten signifikant zu senken. Hintergrund solcher verdeckten Finanzierungen können auch steuerliche Vorteile sein, die entweder beim Leasingnehmer oder aber beim Leasinggeber durch die Vertragsgestaltung realisiert werden können. Die Ausnutzung entsprechender Gestaltungsspielräume ist insbesondere in folgenden Bereichen bedeutsam: •
im Produktions- und Werkscontrolling, aber auch im Beschaffungs- und Logistikcontrolling, wenn es um die Gestaltung größerer Investitionsprojekte geht,
429
Offenlegung verdeckter Finanzierungen in wertorien tierten Kenn zahlen
G
Anhang: IFRSGuide für Controller •
•
im Beteiligungscontrolling, da hier die Zentrale vielfach keinen unmittelbaren Einblick in das operative Geschäft nimmt, sondern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beteiligungen über wenige betriebswirtschaftliche Kennziffern, z. B. einen Residualgewinn vom Typ EVA oder eine Kapitalrendite, wie den ROI, abbildet, sowie im Controlling von Auslandsaktivitäten, da ausländische Rechtsvorschriften und Vertragsusancen häufig die Aufdeckung von verdeckten Leasingverhältnissen erschweren. Achtung: Das Thema verdeckter Leasingverträge ist auch insoweit von Bedeutung, als dass strukturierte Kaufverträge unter Umständen als Leasingvertrag einzuordnen sind. Dazu gehören z. B. Vereinbarungen zur Auslagerung von Prozessen oder die Ein räumung von Rechten zur Nutzung von Kapazitäten. Letzteres ist derzeit in der Telekommunikations und Energiebranche stark in der Diskussion, z. B. durch den Einkauf von Netzkapazitäten oder TakeorPayVerträge mit InternetProvidern. Aber auch Verträge z. B. mit einer Spedition, die die Inanspruchnahme bestimm ter Frachtkapazitäten gegen eine feste Gebühr ermöglicht, können als verdeckter Leasingvertrag klassifiziert werden. Die zentralen Merkmale solcher verdeckten LeasingVerträge bestehen darin, dass der betroffene Vermögenswert, ohne den die Erbringung der vertraglich verein barten Leistung nicht möglich ist, eindeutig spezifiziert ist und dass das Nut zungsrecht ganz oder zumindest in wesentlichen Teilen beim Leistungsempfänger 259 liegt .
Unabhängig von ihrer Entstehung müssen für Zwecke einer adäquaten wertorientierten Steuerung verdeckte Finanzierungen über Leasingver260 träge offengelegt werden , d. h. das geleaste Objekt ist in der Kapitalbasis zu berücksichtigen und statt der Leasingraten sind Kapitalkosten und Abschreibungen zu verrechnen.
259
Vgl. hierzu weiterführend Küting/Hellen/Koch, Das Leasingverhältnis: Begriffsabgrenzung nach IAS 17 und IFRIC 4 sowie kritische Würdigung, in: KoR, 2006, S. 649-657. 260 Vgl. hierzu Kapitel D 2.2.
430
IAS 18
G
IAS 18 Bezeichnung
Erträge / Revenue Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 18 regelt die Bilanzierung von Erträgen, die sich aus dem Verkauf von Gütern, der Erbringung von Dienstleistungen sowie aus Ansprüchen auf Zinsen, Nutzungsentgelte und Dividenden ergeben. Die Zielsetzung von IAS 18 liegt im Kern darin, den Zeitpunkt der Erfassung dieser Erträge, die im Wesentlichen die Umsatzerlöse umfassen, in der 261 IFRS-GuV festzulegen . Alle anderen Arten von Erträgen, so z. B. Erträge aus Leasingverträgen, aus Versicherungsverträgen oder aus dem Abbau von Bodenschätzen, fallen nicht in den Anwendungsbereich von IAS 18, sondern werden in anderen Standards geregelt. Die Realisierung von Umsatzerlösen im Rahmen der Langfristfertigung wird in IAS 11 geregelt. Inhalt
Ein Ertrag ist grundsätzlich dann zu erfassen, wenn es hinreichend wahrscheinlich ist, dass dem Unternehmen ein künftiger Nutzen erwächst und der Ertrag verlässlich bestimmt werden kann. In Bezug auf die Kernfrage der Ertragsrealisation wird zwischen den erfassten Ertragsarten unterschieden: •
•
261
Verkauf von Gütern (IAS 18.14-19) Erlöse aus dem Verkauf von Gütern sind als Ertrag zu erfassen, wenn das Unternehmen alle mit dem Eigentum verbundenen maßgeblichen Risiken und Chancen auf den Käufer übertragen hat und dem Unternehmen weder ein Verfügungsrecht noch eine wirksame Verfügungsmacht über die verkauften Güter verbleibt. Erbringung von Dienstleistungen (IAS 18.20-28) Erträge aus Dienstleistungen, die keine Langfristfertigung nach ISA 11 darstellen, sind gemäß dem aktuellen Leistungsfortschritt am Bilanzstichtag (Teilgewinnrealisierung, percentage of completion method) zu erfassen, wenn das anteilige Ergebnis verlässlich geschätzt Vgl. hierzu Kapitel B 2.3.
431
Transaktionsty pen und Erlös realisation
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
•
werden kann. Wird dieses Kriterium nicht erfüllt, sind die Erträge aus dem Dienstleistungsvertrag nur in dem Maße zu erfassen, wie die angesetzten Kosten gedeckt werden können. Zinsen, Nutzungsentgelte und Dividenden (IAS 18.29-34) Zinsen sind zeitproportional unter Berücksichtigung der Effektivverzinsmethode gemäß IAS 39, Nutzungsentgelte periodengerecht den vereinbarten Vertragsbestimmungen entsprechend und Dividenden mit der Entstehung des Rechtsanspruchs auf Zahlung zu erfassen.
Erträge sind zum Fair Value der erhaltenen oder beanspruchten Gegenleistung zu bemessen, wobei dieser üblicherweise dem monetären Rechnungsbetrag entspricht. Preisnachlässe und Mengenrabatte mindern allerdings den Ertrag. Kein Ertrag bei bestimmten Tauschvorgän gen
Ein Tausch von gleichartigen und gleichwertigen Gütern oder Dienstleistungen bewirkt keine Ertragserfassung. Ein Beispiel hierfür sind Unternehmen, die sich gegenseitig gleichartige Werbeflächen auf ihren Internetseiten zur Verfügung stellen. Werden allerdings art- und wertmäßig unterschiedliche Güter oder Dienstleistungen getauscht (Bartering), ist ein Ertrag zum Fair Value der erhaltenen Erzeugnisse, Waren oder Dienstleistungen auszuweisen (IAS 18.9-12). Besonderheiten
Um den wirtschaftlichen Gehalt bestimmter Geschäftsvorfälle besser abzubilden, ist es dabei erforderlich, diese Geschäftsvorfälle aufzuspalten oder zusammenzufassen. Enthält bspw. der Verkaufspreis eines Guts einen Anteil an den möglicherweise später zu erbringenden Serviceleistungen, wird dieser Betrag passivisch abgegrenzt und über den Zeitraum als Ertrag erfasst, in dem die Leistungen erbracht werden (IAS 18.13). Mehrkompo nenten Verträge
An dieser Stelle weist IAS 18 umfangreiche Regelungslücken auf, da er die genaue Vorgehensweise der Betragsabgrenzung nicht spezifiziert. Diese Regelungslücken gewinnen zunehmend an Bedeutung, da sich strukturierte Kaufverträge, insbesondere in Form von Mehrkomponenten-Verträgen (multiple elements arrangements) immer weiter durchsetzen. Dabei wird neben einer Basisleistung eine Vielzahl weiterer Leistungen in einem Angebot gebündelt und durch einen Gesamtpreis entgolten –
432
IAS 18
G
beispielsweise wenn beim Abschluss eines Mobilfunkvertrags ein Handy erworben wird oder der Käufer eines Pkw zusätzlich Tankgutscheine, einen Schutzbrief, eine Mobilitätsgarantie oder ein kostenloses Service-Paket erhält. Zielsetzung ist es, mit solchen Angebotsbündeln den Produktabsatz zu fördern – was zwar vielfach gelingt, die externe Rechnungslegung aber vor Probleme stellt, die bisher vor allem in der Kostenrechnung bekannt waren und dort durch unternehmensindividuelle Schlüsselungen und andere Kalkulationsverfahren gelöst wurden. Das IASB plant derzeit einen neuen Standard zur Ertragserfassung, der u. a. detaillierte Hinweise zur Bilanzierung und Bewertung von Mehrkomponenten-Verträgen geben soll. Aktuell greifen Unternehmen wie die Telekom, deren Geschäft wesentlich über derartige Verträge läuft, auf US-amerikanische Regelungen zurück (EITF 00-21), die nach den in IAS 8 aufgestellten Grundsätzen in diesem Fall herangezogen werden dürfen. Wesentliche Interpretationen •
•
SIC-27 (Beurteilung des wirtschaftlichen Gehalts von Transaktionen in der rechtlichen Form von Leasingverhältnissen/Evaluating the Substance of Transactions in the Legal Form of a Lease) SIC-31 (Erträge – Tausch von Werbeleistungen/Revenue – Barter Transactions Involving Advertising Services)
Aktuelle Projekte des IASB
IASB und FASB arbeiten an einem gemeinsamen Projekt zur Konvergenz von US GAAP und IFRS bezüglich der Grundsätze der Ertragserfassung. Hierbei sollen IAS 18 und IAS 11 langfristig durch einen neuen Standard ersetzt werden. Das IASB plant ein Diskussionspapier für das zweite Quartal 2007 und einen Standardentwurf für 2008. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
Da die Umsatzerlöse die zentrale positive Erfolgskomponente in den Überschussgrößen betriebswirtschaftlicher Steuerungskennzahlen darstellt, ist ihr Ausweis von zentraler Bedeutung für Berichterstattung und Performance-Messung.
433
Relevanz für die Vertriebssteue rung
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Dies gilt insbesondere für das Marketing- und Vertriebscontrolling im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung, da Abweichungen in der Umsatzrealisation zum traditionellen deutschen Verständnis dazu führen können, dass mögliche Umsatz- bzw. Deckungsbeitragsvorgaben plötzlich nicht mehr erreicht werden können bzw. – bei früherer Umsatzrealisation nach IAS 18 im Vergleich zum HGB – übererfüllt werden. Hier sind Budgets und Prämiensysteme im Rahmen der IFRSUmstellung unbedingt auf die Veränderungen in der Erlösrealisation anzupassen. Gleichzeitig sind die Vertriebsmitarbeiter auf die entsprechenden Änderungen hin zu schulen, damit auch die gewünschten Handlungsimpulse im Vertrieb durch die IFRS-basierten Performance-Kennzahlen gesetzt werden.
434
IAS 19
G
IAS 19 Bezeichnung
Leistungen an Arbeitnehmer / Employee Benefits Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 19 regelt die Bilanzierung und Bewertung jeglicher Vergütungsarten von erbrachten Arbeitsleistungen von Arbeitnehmer, mit Ausnahme der Leistungen wie Aktienoptionsplänen, die in IFRS 2 behandelt werden. IAS 19 wird durch IAS 26 ergänzt, der die Publizität für solche Altersversorgungspläne regelt, für die eine vom Arbeitgeber getrennte Finanzberichterstattung vorgesehen ist. Inhalt
Leistungen an Arbeitnehmer im Sinne des IAS 19 umfassen maßgeblich: •
• •
•
unterjährige Leistungen (short-term benefits) wie Löhne, Gehälter, Beiträge zur Sozialversicherung, geldwerte Leistungen und Erfolgsbeteiligungen während des Arbeitsverhältnisses, Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (postemployment benefits) wie beispielsweise Renten, sonstige langfristig gewährte Leistungen (other long-term benefits) an Arbeitnehmer wie beispielsweise Sonderurlaub, Jubiläumsgelder und Versorgungsleistungen bei Erwerbsunfähigkeit sowie Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (termination benefits).
Grundsätzlich muss das Unternehmen die Leistungen an Arbeitnehmer bereits dann verbuchen, wenn ein Beschäftigter die dafür festgelegte Gegenleistung erbracht hat. Die Zeitpunkte der Fälligkeit und der Zahlung sind hierfür unerheblich. In Abhängigkeit von der Art der Leistungen an Arbeitnehmer regelt IAS 19 die bilanzielle Behandlung wie folgt: •
Unterjährige Leistungen (IAS 19.10-23) Für die im Verlauf des Geschäftsjahres erbrachten Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers, ist der vereinbarte Betrag der kurzfristig
435
Zeitpunkt der Leistungs erbringung des Arbeitnehmers maßgebend
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
• Leistungsorien tierte Pläne als typische Aus prägung
Korridormetho de: Bilanzpoliti scher Spielraum beim Erfolgs ausweis
fälligen Leistungen (short-term benefits) als Aufwand zu verbuchen. Für unbezahlte Leistungen ist eine Schuld zu passivieren. Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Die Behandlung von post-employment benefits richtet sich nach der Einordnung in beitrags- oder leistungsorientierte Pläne (IAS 19.2428). – Beitragsorientierte Pläne (defined contribution plans) sind Versorgungsleistungen, bei denen sich der Arbeitgeber nur zur laufenden Zahlung von Beiträgen an einen Fonds, z. B. eine Pensionskasse, verpflichtet, nicht aber zu einer Leistung nach Renteneintritt. Allein der Fonds ist rechtlich und faktisch zur Zahlung der Leistungen an die Arbeitnehmer verpflichtet. Alle Pläne, die diesen Anforderungen nicht vollständig genügen, sind als leistungsorientiert einzuordnen. Beitragsorientierte Pläne sind als Aufwand der Periode zu verbuchen. Für unbezahlte Leistungen ist analog zu oben eine Schuld zu passivieren (IAS 19.44-47). – Für leistungsorientierte Pläne (defined benefit plans, IAS 19.48115) ist der Barwert der künftigen Leistungsverpflichtung abzüglich des zum Fair Value bewerteten Planvermögens (plan assets) anzusetzen. Unter dem Planvermögen versteht man Vermögenswerte eines externern Versorgungsträgers, die ausschließlich dem Versorgungszweck dienen und dem Zugriff anderer Unternehmensgläubiger entzogen sind. Nicht alle leistungsorientierten Pläne sind vollständig durch Planvermögen gedeckt (fully funded), sie können auch nur teilweise (partially funded) oder gar nicht gedeckt sein (unfunded). Zur Ermittlung des Barwerts der Leistungsverpflichtung ist die Methode der laufenden Einmalprämien (projected unit credit method), auch als Anwartschaftsansammlungsverfahren bezeichnet, zu verwenden. Änderungen der Annahmen innerhalb des Barwertmodells führen zu versicherungsmathematischen Gewinnen oder Verlusten (actuarial gains and losses), die i. d. R. erfolgsneutral behandelt werden. Dabei kommt die Korridormethode zur Anwendung (IAS 19.92-95): Übersteigen solche Gewinne oder Verluste 10 % des höheren Betrags aus dem Barwert der Leistungsverpflichtung und dem zeitbewerteten Planvermögen, so muss ein Teil
436
IAS 19
•
•
der Gewinne oder Verluste erfolgswirksam verbucht werden. Hier bestehen großzügige bilanzpolitische Glättungsmöglichkeiten. Bei Unterschreiten der 10 %-Hürde besteht ein Wahlrecht zur erfolgswirksamen Verbuchung. Sonstige langfristig gewährte Leistungen (IAS 19.126-130) Andere langfristige Leistungen (other long-term benefits) an Arbeitnehmer, die nicht aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden, sind im Vergleich zu den leistungsorientierten Plänen vereinfacht behandelt. Insbesondere die versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste werden sofort erfolgswirksam erfasst. Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (IAS 19.132-143) Diese termination benefits sind nur dann als Aufwand bzw. Schuld zu erfassen, wenn der Arbeitgeber zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet ist bzw. Leistungen gewähren muss, wenn Arbeitnehmer freiwillig das Arbeitsverhältnis beenden. Beispiele sind Altersteilzeitmodelle oder Restrukturierungen. Die Vertragsbeendigung von Seiten des Arbeitgebers erfordert einen detaillierten formalen Umsetzungsplan und einen Mangel an realistischen Möglichkeiten, die Umsetzung zu unterlassen. Leistungen, die mehr als ein Jahr nach dem Bilanzstichtag fällig werden, sind zu diskontieren.
IAS 19 erfordert ferner umfangreiche Anhangangaben zur jeweiligen Bewertung der Leistungen an Arbeitnehmer. Aktuelle Projekte des IASB
Im Juli 2006 wurde zur Überarbeitung der Leistungen an Arbeitnehmer nach der Pensionierung das Projekt Post-retirement Benefits auf die Agenda des IASB gesetzt. Es ist mit einem Diskussionspapier ab Mitte 2007 zu rechnen. Ferner wird im Rahmen des Änderungsentwurfs zu IAS 37 auch eine Modifikation der Bilanzierung von Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in IAS 19 diskutiert. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar.
437
G
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Controllingimplikationen Bewertung unterliegt einer Vielzahl von Annahmen und Ermessensspiel räumen
Die Bilanzierung und Bewertung von Leistungen an Arbeitnehmer ist ein komplexes Spezialthema, das in der Regel durch Fachabteilungen bzw. externe Gutachter abgedeckt wird. Im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung werden die entsprechenden Werte zunächst unmodifiziert in die interne PerformanceMessung einbezogen sowie für die Bildung von Kennzahlen insbesondere im Personalcontrolling verwendet. Insbesondere die Bewertung der leistungsorientierten Pläne unterliegt aber einer Vielzahl von Annahmen, so beispielsweise über die Fluktuation der Arbeitnehmer, den Zeitpunkt der Pensionierung und zukünftige Gehaltstrends, und bietet umfangreiche Ermessensspielräume. Auch die Änderungen im Bewertungsmodell und die daraus resultierenden versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste unterliegen umfangreichen bilanzpolitischen Spielräumen. Marktveränderungen beeinflussen direkt die Barwertermittlung der Leistungsverpflichtung und damit auch die Fair-Value-Bewertung des Planvermögens. Dies führt möglicherweise zu unerwünschter Volatilität in den verwendeten Performance-Maßen.
Partielle Integ ration
Aus diesem Grund bietet es sich an, in Fällen wesentlicher Bedeutung auf eine vollständige Integration der externen und internen Rechnungslegung zu verzichten und insbesondere Erfolgspositionen zu bereinigen – es sei denn, einzelne Unternehmenseinheiten, z. B. Teilkonzerne, können eigenständig entsprechende Leistungsvereinbarungen mit Arbeitnehmern treffen.
Standardkosten keine Lösung
Keine sinnvolle Lösung ist die kalkulatorische Verrechnung von Standardkosten für Altersvorsorge in der laufenden Performance-Messung. In lediglich fallweise durchgeführten kostenbasierten Kalkulationen einer integrierten Rechnungslegung ist es jedoch sinnvoll, Kosten für Altersvorsorge über kalkulatorische Standardkosten zu berücksichtigen. Diese Standardkosten sind regelmäßig zu überprüfen und ggf. anzupassen.
438
IAS 20
G
IAS 20 Bezeichnung
Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand / Accounting for Government Grants and Disclosure of Government Assistance Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 20 regelt die Bilanzierung, Bewertung und Darstellung von Zuwendungen und sonstigen Beihilfen der öffentlichen Hand, von denen das Unternehmen unmittelbar begünstigt wird (Subventionen). Nicht in den Anwendungsbereich von IAS 20 fallen unter anderem Beteiligungen der öffentlichen Hand an Unternehmen sowie Zuwendungen in der Landwirtschaft, die von IAS 41 abgedeckt werden. Inhalt
Zuwendungen der öffentlichen Hand sind monetäre oder nichtmonetäre Mittel, die einem Unternehmen zum Ausgleich für die Erfüllung bestimmter Bedingungen übertragen werden, bspw. für den Erwerb bestimmter langfristiger Vermögenswerte. Bei den Zuwendungen kann es sich auch um Verringerungen der Schulden gegenüber der öffentlichen Hand handeln. Eine Erfassung von Zuwendungen der öffentlichen Hand erfolgt nur dann, wenn eine angemessene Sicherheit dafür besteht, dass (IAS 20.7) • •
das Unternehmen die damit verbundenen Bedingungen erfüllen kann und die Zuwendungen gewährt werden.
Die Zuwendungen sind planmäßig über die Perioden als Ertrag zu erfassen, in denen die Aufwendungen anfallen, die sie decken. Nichtmonetäre Zuwendungen der öffentlichen Hand sind mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu erfassen. Wesentliche Interpretationen •
SIC-10 (Beihilfen der öffentlichen Hand – Kein spezifischer Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit/Government Assistance – No Specific Relation to Operating Activities)
439
Bilanzierung von Subventio nen
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Controllingimplikationen Geringe Cont rollingrelevanz
Die Controllingimplikationen dieses Standards sind vergleichsweise gering. Allenfalls in Unternehmen, in denen Subventionen eine große Rolle spielen, sind im Rahmen des Management Approach ggf. aus dem Controllerbereich Informationen darüber bereitzustellen, ob die mit den Zuwendungen verbundenen Bedingungen tatsächlich erfüllt werden können, da hieran die Bilanzierungsfähigkeit geknüpft ist.
440
IAS 21
G
IAS 21 Bezeichnung
Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse / The Effects of Changes in Foreign Exchange Rates Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 21 regelt, wie Fremdwährungsgeschäfte und ausländische Geschäftsbetriebe in den Abschluss eines Unternehmens einbezogen werden und wie der Abschluss eines ausländischen Tochterunternehmens für die Einbeziehung in den Konzernabschluss des Mutterunternehmens in eine andere Währungseinheit umgerechnet wird. Dabei ist grundsätzlich zu klären, welche Wechselkurse heranzuziehen sind und wie die Auswirkungen der Änderungen von Wechselkursen im Abschluss zu berücksichtigen sind. Ausgenommen vom Anwendungsbereich sind bestimmte Fremdwährungsderivate und die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen, die jeweils nach IAS 39 geregelt sind, sowie Fremdwährungsumrechnungen von Cashflows gemäß IAS 7. Inhalt
In IAS 21 werden zwei Regelungsbereiche unterschieden: •
Bilanzielle Abbildung von Fremdwährungsgeschäften (IAS 21.2034) Bei Erstellung eines Abschlusses legt jedes Unternehmen seine funktionale Währung fest. Die funktionale Währung ist die Währung des primären Wirtschaftsumfelds, in dem das Unternehmen tätig ist, d. h. in dem es primär seine Zahlungsmittelzu- und abflüsse generiert. Für deutsche Unternehmen wird dies i. d. R. der Euro sein. Fremdwährungsgeschäfte werden mit dem am Tag des Geschäftsvorfalls gültigen Stichtagskurs (Devisenkassakurs) in die funktionale Währung umgerechnet. In der Folge werden monetäre Posten mit dem Stichtagskurs bewertet. Nicht-monetäre Posten werden entweder zu historischen Anschaffungskosten oder mit dem Fair Value bewertet und mit dem Wechselkurs zum Zeitpunkt der Wertermittlung umgerechnet.
441
Fremdwäh rungsgeschäfte
G
Währungsum rechnung im Konzernab schluss
Anhang: IFRSGuide für Controller
•
Durch die Währungsumrechnung entstehen Umrechnungsdifferenzen, die bilanziell erfasst werden müssen. Bei monetären Posten sind Wechselkursänderungen als Teil des Periodenergebnisses zu erfassen. Zu dieser Regel gibt es eine Ausnahme bei monetären Posten in Konzernabschlüssen: Umrechnungsdifferenzen, die den Teil einer Nettoinvestition in einem ausländischen Geschäftsbetrieb darstellen, sind als other comprehensive income (OCI) im Eigenkapital anzusetzen. Auf entstandene Gewinne und Verluste von nichtmonetären Posten entfallende Umrechnungsdifferenzen sind in Übereinstimmung mit der Behandlung dieser Gewinne oder Verluste entweder erfolgsneutral im Eigenkapital oder erfolgswirksam zu verbuchen. Umrechnung ausländischer Abschlüsse (IAS 21.38-41) Weicht die funktionale Währung des Abschlusses eines ausländischen Tochterunternehmens von der Berichtswährung (funktionale Währung) des Mutterunternehmens ab, sind sämtliche Vermögenswerte und Schulden zum Stichtagskurs sowie Erträge und Aufwendungen zu den jeweiligen Transaktionskursen umzurechnen. Bei Letzteren ist die Anwendung von Durchschnittskursen zulässig. Alle entstehenden Umrechnungsdifferenzen sind erfolgsneutral als OCI auszuweisen.
Wesentliche Interpretationen •
SIC-7 (Einführung des Euro/Introduction of the Euro)
Controllingimplikationen Problem: Er folgsneutrale Verbuchung von Umrechnungs differenzen
Die erfolgsneutrale Verbuchung von Währungsumrechnungsdifferenzen führt in der Steuerung von Auslandsgesellschaften zur Durchbrechung des Kongruenzprinzips und beeinträchtigt damit die Investiti262 onssteuerung . Beim Controlling wichtiger Auslandsaktivitäten ist deshalb immer auch die Datenbasis in ausländischer Währung heranzuziehen. Bei der Bildung von Vergleichskennzahlen in der Konzernwährung ist ein besonderes Augenmerk auf wesentliche Umrechnungsdifferenzen zu lenken, die über Überleitungspositionen bereinigt werden können.
262
Vgl. hierzu Kapitel B 2.2.
442
IAS 23
G
IAS 23 Bezeichnung
Fremdkapitalkosten / Borrowing Costs Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 23 regelt die Behandlung von Fremdkapitalkosten, d. h. Zinsen und andere Kosten, die im Zusammenhang mit der Aufnahme von Fremdkapital anfallen, im IFRS-Abschluss. Regelungsschwerpunkt ist dabei die Möglichkeit, solche Fremdkapitalkosten unter bestimmten Bedingungen in die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten einzubeziehen. Inhalt
Für Berücksichtigung Fremdkapitalkosten sind zwei alternative Bilanzierungsmethoden zulässig: •
•
Benchmark treatment (IAS 23.7-8) Alle Fremdkapitalkosten sind in der Periode als Aufwand zu erfassen, in der sie angefallen sind. Allowed alternative treatment (IAS 23.10-28) Bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen sind die Fremdkapitalkosten als Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Vermögenswerts zu aktivieren. Hierbei muss es sich um Fremdkapitalkosten handeln, die dem Erwerb, der Herstellung oder der Produktion von Vermögenswerten, die durch einen langen Produktionszeitraum charakterisiert sind und in dieser Zeit keinen Beitrag zum betrieblichen Erfolg leisten (qualifying assets, z. B. Schiffe, Gebäude, Großanlagen oder entsprechend umfangreiche Software), direkt zugerechnet werden. Die aktivierbaren Fremdkapitalkosten sind entweder die tatsächlich für den betroffenen Vermögenswert angefallenen Kosten oder aber der Betrag, der durch Anwendung eines Finanzierungskostensatzes auf die Ausgaben für diesen Vermögenswert bestimmt wird. Der Zeitraum für die Ermittlung aktivierbarer Fremdkapitalkosten beginnt, wenn Ausgaben und Fremdkapitalkosten für den Vermögenswert angefallen sind und die Entwicklung begonnen hat, und
443
Wahlrecht zur Aktivierung in den AHK
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
endet, wenn der Vermögenswert für seinen beabsichtigten Gebrauch oder Verkauf fertig gestellt ist. Besonderheiten
Die Aktivierung von Fremdkapitalkosten bei Anschaffungsvorgängen ist in Deutschland nicht gebräuchlich. Aktuelle Projekte des IASB
Das IASB verfolgt derzeit das Ziel, im IAS 23 eine Aktivierungspflicht von Finanzierungskosten für qualifying assets einzuführen und insoweit eine Konvergenz mit den US-GAAP, hier dem SFAS 34, herbeizuführen. Im Mai 2006 wurde der Änderungsentwurf des IAS 23 veröffentlicht. In diesem Entwurf bleiben bestimmte Unterschiede zu den US-GAAP-Vorschriften jedoch weiterhin bestehen, insofern wird eine vollständige Konvergenz vorläufig nicht erreicht werden. Die Verabschiedung des Entwurfs wird für das erste Halbjahr 2007 erwartet. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen Höhe des Vermögens werts
Die Aktivierung von Fremdkapitalkosten beeinflusst den Wert des betroffenen Vermögens und damit im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung auch die Höhe der in den Folgejahren angesetzten Kapitalkosten.
444
IAS 24
G
IAS 24 Bezeichnung
Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen / Related Party Disclosures Anwendungsbereich und Zielsetzung
In IAS 24 werden Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen sowie Angaben über Geschäftsvorfälle und offene Positionen mit diesen geregelt. Der Hintergrund zu diesen umfangreichen Angabepflichten besteht darin, dass Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens Einfluss haben können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn zu nicht marktüblichen Konditionen Geschäfte geschlossen werden. IAS 24 soll deshalb sicherstellen, dass die Adressaten des IFRS-Abschlusses über derartige Einflussmöglichkeiten informiert werden.
Nachteilige Geschäfte mit nahe stehenden Parteien
Inhalt
Unternehmen und Personen werden als nahe stehend betrachtet, wenn eine der Parteien über die Möglichkeit verfügt, die andere Partei zu beherrschen oder einen maßgeblichen Einfluss auf deren Finanzund Geschäftspolitik auszuüben. Zu den nahe stehenden Unternehmen und Personen gehören folgende Parteien (IAS 24.9-10): • • • • •
• •
Mittelbare oder unmittelbare Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen, Anteilseigner, Assoziierte Unternehmen, Joint Ventures, Führungskräfte (Mitglieder des Managements oder von Aufsichtsgremien) in Schlüsselpositionen des Unternehmens oder dessen Mutterunternehmens sowie deren nahe Familienangehörige, Unternehmen, die von einer der oben genannten Parteien beherrscht werden, Pensionsfonds zu Gunsten der Arbeitnehmer des Unternehmens oder eines nahe stehenden Unternehmens.
445
Typen von nahe stehenden Parteien
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Folgende Parteien sind dagegen nicht per se zu nahe stehenden Unternehmen und Personen zu zählen (IAS 24.11): • • •
•
Unternehmen, bei denen der Geschäftsführer oder ein Mitglied des Managements in Schlüsselpositionen identisch ist, zwei Partnerunternehmen, die lediglich die gemeinsame Beherrschung eines Joint Ventures ausüben, Kapitalgeber, Gewerkschaften, öffentliche Versorgungsunternehmen sowie Ministerien und Regierungsbehörden im Rahmen von gewöhnlichen Geschäftsbedingungen, Kunden, Lieferanten, Franchisegeber, Vertriebspartner oder Generalvertreter, mit denen ein wesentlicher Teil des Geschäftsvolumens abgewickelt wird.
Die erforderlichen Angaben zu nahe stehenden Unternehmen und Personen können in drei Gruppen unterteilt werden: Angabepflich ten
•
•
•
Beziehungen zwischen Mutter- und Tochterunternehmen (IAS 24.12-15) Der Name des Mutterunternehmens und falls abweichend des letztlich beherrschenden Unternehmens sind anzugeben. Diese Angabe ist immer erforderlich, auch wenn keine Geschäfte zwischen Mutter- und Tochterunternehmen stattgefunden haben. Managementvergütung (IAS 24.16) Das Unternehmen muss den Gesamtbetrag der Vergütung des Managements in Schlüsselpositionen angeben und diesen weiterhin auf vorgegebene Kategorien nach Art der Leistung aufteilen. Geschäftsvorfälle mit nahe stehenden Unternehmen oder Personen (IAS 24.17-21) Falls Geschäfte mit nahe stehenden Unternehmen und Personen stattgefunden haben, sind die Art der Beziehung sowie Einzelheiten zu den Geschäftsvorfällen und ausstehenden Salden anzugeben. Diese Angaben sind für jede Partei von nahe stehenden Unternehmen und Personen getrennt zu machen.
Aktuelle Projekte des IASB
Das IASB beabsichtigt derzeit zwei Änderungen von IAS 24. Zum einen soll für öffentliche Unternehmen (state-controlled entities) eine Befreiungsvorschrift eingeführt werden, die es diesen Unternehmen erlaubt, Transaktionen mit anderen öffentlichen Unternehmen nicht angeben zu müssen. Zum anderen soll die Definition der nahe stehen-
446
IAS 24
G
den Unternehmen um Unternehmen erweitert werden, die Tochterunternehmen eines wesentlichen Investors des berichtenden Unternehmens sind. Spätestens 2007 soll ein Standardentwurf vorliegen und verabschiedet werden. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
Die Controllingimplikationen von IAS 24 sind in der Regel gering. Transaktionen mit nahe stehenden Parteien müssen ggf. separat erfasst bzw. gekennzeichnet werden, damit die erforderlichen Informationen vor allem bei hohem Transaktionsvolumen gegeben werden können. Weiterhin ist insbesondere im Beteiligungscontrolling in Zusammenarbeit mit der Internen Revision besonderes Augenmerk auf Transaktionen mit nahe stehenden Personen zu richten.
447
Geringe Cont rollingimplika tionen
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 26 Bezeichnung
Bilanzierung und Berichterstattung von Altersversorgungsplänen / Accounting and Reporting by Retirement Benefit Plans Anwendungsbereich und Zielsetzung Ergänzung von IAS 19
Altersversorgungspläne sind Vereinbarungen, durch die ein Unternehmen Leistungen an Arbeitnehmer zum Ende oder nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusichert. IAS 26 behandelt Altersversorgungspläne, die über externe Versorgungseinrichtungen, wie z. B. einen Pensionsfonds oder eine Unterstützungskasse, abgewickelt werden, wenn diese Versorgungseinrichtungen einen eigenständigen Bericht an die Versorgungsberechtigten richten sollen, der von der Finanzberichterstattung des Arbeitgebers getrennt ist. IAS 26 ergänzt damit IAS 19, der die Finanzberichterstattung von Versorgungsleistungen innerhalb des Abschlusses des Arbeitgebers regelt. Inhalt
Die Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften weisen eine Vielzahl an Parallelen zu IAS 19 auf. So wird analog zu IAS 19 zwischen zwei Arten von Altersversorgungsplänen (IAS 26.8) unterschieden: •
•
Beitragsorientierte Pläne (defined contribution plans) sind Versorgungsleistungen, bei denen die Leistungen an Arbeitnehmer durch die Zuführungen an einen Fonds und die Fondserträge ermittelt werden. Leistungsorientierte Pläne (defined benefit plans) sind Versorgungsleistungen, bei denen die Leistungen an Arbeitnehmer unternehmensintern unter Berücksichtigung des Einkommens des Arbeitnehmers und ggf. der Dienstzeit im Unternehmen bestimmt werden.
Altersversorgungspläne, die Charakteristika beider Arten aufweisen, sind gemäß der Regelungen für leistungsorientierte Versorgungsleistungen zu behandeln (IAS 26.12).
448
IAS 26
G
Die Finanzberichterstattung beitragsorientierter Versorgungsleistungen umfasst eine Darstellung des mit den Leistungen verbundenen Nettovermögens und eine ausführliche Darstellung der Finanzierungspolitik (IAS 26.13-16).
Beitragsorien tierte Pläne
Die Finanzberichterstattung leistungsorientierter Pläne beinhaltet darüber hinaus den versicherungsstatistischen Barwert der Leistungen und ggf. eine auftretende Nettovermögensüber- oder -unterdeckung (IAS 26.17-31). Die Barwertermittlung der Versorgungsleistungen berücksichtigt die Dienstzeit der Arbeitnehmer und aktuelle oder zukünftig erwartete Gehaltsstufen. Parameter, auf die der Barwert sensibel reagiert, sind anzugeben. Die Kapitalanlagen sämtlicher beitragsoder leistungsorientierter Versorgungspläne sind zum Fair Value zu bewerten.
Leistungsorien tierte Pläne
Zusätzlich sind folgende Informationen offenzulegen (IAS 26.34-36): • • •
eine Bewegungsbilanz des mit den Leistungen verbundenen Nettovermögens, eine Zusammenfassung der wesentlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und eine Erläuterung der Versorgungsleistungen und der Auswirkungen der Planveränderungen während des Geschäftsjahres, beispielsweise aufgrund von Marktschwankungen.
Besonderheiten
In der Unternehmenspraxis ist IAS 26 faktisch bedeutungslos, da die angesprochenen Versorgungsinstitutionen ohnehin aufgrund nationaler Vorschriften der jeweiligen Aufsichtsbehörden oder aufgrund der freiwilligen Satzung Informationen an die Versorgungsempfänger richten. Aus diesem Grund ist IAS 26 auch seit 1994 nicht mehr überarbeitet worden. Controllingimplikationen
Da sich IAS 26 auf Berichte bezieht, die von der Versorgungseinrichtung für die Arbeitnehmer des Unternehmens erstellt werden, existieren keine Controllingimplikationen.
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Keine Control lingimplikatio nen
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 27 Bezeichnung
Konzern- und separate Einzelabschlüsse nach IFRS / Consolidated and Separate Financial Statements Anwendungsbereich und Zielsetzung Einheitsgrund satz
IAS 27 regelt die Aufstellung von Konzernabschlüssen im Unterordnungskonzern. Ein Mutterunternehmen muss einen Konzernabschluss aufstellen, der alle von der Mutter beherrschten Unternehmen umfasst und den Konzern insgesamt so darstellt, als handele es sich um ein einziges Unternehmen. Weiterhin regelt der IAS 27 die Behandlung von Anteilen an Tochterunternehmen, gemeinschaftlich geführten Unternehmen (Joint Ventures) und assoziierten Unternehmen, sofern das Mutterunternehmen auch einen separaten Einzelabschluss nach IFRS erstellt. Nicht Gegenstand von IAS 27 ist die Behandlung von Unternehmenszusammenschlüssen, z. B. durch Unternehmenskauf, und deren Konsequenzen für die Konsolidierung. Hierzu existiert ein eigenständiger Standard (IFRS 3). Inhalt
Pflicht zur Erstellung eines Konzernab schlusses
Ein Mutterunternehmen, d. h. ein Unternehmen mit mindestens einem Tochterunternehmen, hat grundsätzlich einen Konzernabschluss unter Einbezug aller Anteile an Tochterunternehmen zu erstellen. Allerdings gibt es Befreiungen von dieser Aufstellungspflicht, z. B. wenn das Mutterunternehmen selbst ein hundertprozentiges Tochterunternehmen ist (IAS 27.10).
Tochterunter nehmen im Konsolidie rungskreis
Ein Tochterunternehmen ist ein Unternehmen, das von einem Mutterunternehmen beherrscht wird, d. h., das Mutterunternehmen kann zu ihrem Nutzen die Finanz- und Geschäftspolitik des Tochterunternehmens festlegen. Eine solche Beherrschung wird grundsätzlich dann angenommen, wenn das Mutterunternehmen mehr als die Hälfte der Stimmrechte besitzt (IAS 27.13). Aber auch wenn der Anteil der gehaltenen Stimmrechte an einem anderen Unternehmen unterhalb der 50 %-Hürde liegt, kann aus wirtschaftlicher Sicht – so z. B. aufgrund personeller Verflechtungen – eine Beherrschung vorliegen, die unter
450
IAS 27
G
Berücksichtigung des Kriteriums der Wesentlichkeit den Einbezug des Tochterunternehmens in den Konzernabschluss erfordert. Im Rahmen der Erstellung des Konzernabschlusses sind für das Mutterunternehmen und die Tochterunternehmen einheitliche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden anzuwenden. Die Abschlussstichtage dürfen nicht mehr als drei Monate voneinander abweichen. Konzerninterne Geschäftsvorfälle, Salden, Erträge und Aufwendungen sind vollständig zu eliminieren (IAS 27.22-36). Die Anteile der Minderheitsgesellschafter an Eigenkapital und Konzernergebnis sind in der Konzernbilanz bzw. Konzern-GuV separat auszuweisen (IAS 27.33). Besitzt das Mutterunternehmen Anteile an einem anderen Unternehmen, das die Kriterien für ein Tochterunternehmen nicht bzw. nicht mehr erfüllt, so sind diese Anteile (IAS 27.31): • • •
Separater Ausweis von Minderheiten anteilen an Eigenkapital und Ergebnis
gemäß IAS 28 als assoziiertes Unternehmen oder gemäß IAS 31 als gemeinsam geführtes Unternehmen und ansonsten gemäß IAS 39 als Finanzinstrument
zu behandeln. Anteile an Tochterunternehmen, die als zur Veräußerung an konzernfremde Dritte eingeordnet werden, unterliegen den Vorschriften von IFRS 5. Weiterhin behandelt IAS 27 auch den Umgang mit Anteilen an anderen Unternehmen im Einzelabschluss des Mutterunternehmens bzw. des Partnerunternehmen eines Joint Ventures. In einem solchen separaten Einzelabschluss werden die Unternehmensanteile auf Basis der direkten Kapitalbeteiligung des Mutterunternehmens, und nicht – wie innerhalb der Konzernbilanz – anhand des Eigenkapitals und des ausgewiesenen Erfolgs des Tochterunternehmens bilanziert. Die Unternehmensanteile, die nicht zur Veräußerung bestimmt sind, werden zu Anschaffungskosten oder gemäß IAS 39 bilanziert (IAS 27.37). Bei einer Bilanzierung nach IAS 39 erfolgt i. d. R. eine Kategorisierung als available-for-sale und dementsprechend eine Bewertung zum Fair Value mit erfolgsneutraler Verbuchung von Wertänderungen. Für jede Kategorie von Unternehmensanteilen, d. h. für • •
hundertprozentige Tochterunternehmen, assoziierte Unternehmen (Beherrschung bei Beteiligungsanteil von unter 100 %) und
451
Beteiligungen im Einzelab schluss des Mutterunter nehmens
G
Anhang: IFRSGuide für Controller •
Anteile an Joint Ventures
sind identische Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden anzuwenden. Besonderheiten
Während das HGB Mutterunternehmen zur Aufstellung von Konzerabschlüssen (zur Information u. a. von Investoren) und von Einzelabschlüssen (zur Ausschüttungsbemessung) zwingt, verlangen die IFRS keinen zusätzlichen Einzelabschluss für Mutterunternehmen. Die Vorschriften des IAS 27 für den Einzelabschluss greifen dann, wenn ein Mutterunternehmen freiwillig einen Einzelabschluss nach IFRS aufstellt oder wenn aus Wesentlichkeitsgründen kein Konzernabschluss aufgestellt wird. Wesentliche Interpretationen •
SIC-12 (Konsolidierung – Zweckgesellschaften/Consolidation – Special Purpose Entities)
Aktuelle Projekte des IASB Zukünftig Beteiligungs veränderungen unter Beherr schung erfolgs neutral
IAS 27 enthält Regelungslücken bezüglich der Bilanzierung bei einer Änderung von Beteiligungsverhältnissen ohne oder mit Beherrschungsverlust. Diese Lücken sollen durch den im Juni 2006 verabschiedeten Änderungsentwurf zu IAS 27 geschlossen werden. Der Änderungsentwurf regelt den Kauf und Verkauf von Minderheitenanteilen bei unveränderter Beherrschung des Unternehmens als erfolgsneutrale Transaktion zwischen Eigenkapitalgebern sowie die Abwärtskonsolidierung, falls der Beteiligungsanteil unter 50 % sinkt. Die Verabschiedung des Entwurfs wird für das dritte Quartal 2007 erwartet. Weiterhin soll die Bilanzierung von Unternehmensanteilen im Einzelabschluss einer Muttergesellschaft bei erstmaliger Anwendung nach IFRS 1 vereinfacht und langfristig die Definition der Beherrschung überarbeitet werden. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar.
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IAS 27
G
Controllingimplikationen
Durch IAS 27 ergeben sich im Vergleich zur HGB-Bilanzierung Veränderungen im Konsolidierungskreis. Damit ändert sich auch das Konzernvermögen, nicht aber das Konzernergebnis. Ist z. B. ein Unternehmen, das unter HGB als assoziiertes Unternehmen geführt wurde, jetzt als Tochterunternehmen auszuweisen, erhöht sich das im Konzern ausgewiesene Gesamtvermögen bzw. -kapital, da jetzt nicht mehr der Nettowert des Eigenkapitals ausgewiesen wird, sondern sämtliche Vermögenswerte und Schulden dieses Tochterunternehmens in den Konzernabschluss einbezogen werden. Da der Ergebnisbeitrag aber unverändert bleibt, führt dies zu sinkenden Renditen bzw. Wertbeiträgen.
Veränderungen im Konsolidie rungskreis beeinflussen Kennzahlen
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch SIC12. Zweckgesellschaften (so genannte special purpose entities) sind Gesellschaften, die u. a. zur Auslagerung von Finanzierungsvorgängen, z. B. über Finanzierungsleasing oder die Ausgabe von Asset-backed Securites, gegründet werden (off-balance-sheet). Um eine Konsolidierung und damit die Einbeziehung dieser Finanzierungen in den Konzernabschluss zu vermeiden, hält das Mutterunternehmen keine oder nur eine sehr geringe Beteiligung an der Zweckgesellschaft. Um gleichzeitig aber die Kontrolle über die Zweckgesellschaft zu behalten, wird der Gesellschaftsvertrag sehr eng formuliert, d. h. nur eine sehr begrenzte Kategorie von Geschäftsvorfällen im Sinne des Mutterunternehmens werden der Zweckgesellschaft erlaubt („Autopilot“).
Behandlung von Zweckgesell schaften
Gerade im Kontext des Bilanzierungsskandals um Enron sind Zweck263 gesellschaften sehr in Verruf geraten . SIC-12 schränkt die Missbrauchsmöglichkeiten dieses Konstrukts ein, indem dort im Sinne einer betriebswirtschaftlichen Perspektive auf das formaljuristische Konstrukt der Zweckgesellschaft verlangt wird, dass eine Zweckgesellschaft dann in den Konzernabschluss einbezogen werden muss, wenn die wesentlichen Risken und Chancen, die mit der Gesellschaft verbunden sind, beim Mutterunternehmen verbleiben. In den US-GAAP gibt es inzwischen – anders als in der Zeit vor dem Enron-Skandal – eine vergleichbare Regelung. Insbesondere im Beteiligungscontrolling sollte grundsätzliches Wissen über das Konstrukt der Zweckgesellschaften und die Anwendung von SIC-12 bestehen.
263
Vgl. zu einer Übersicht über die Ereignisse um den Enron-Skandal den Beitrag von Ballwieser, Enron und die Folgen für die Jahresabschlussprüfung, in: Institut österreichischer Wirtschaftsprüfer (Hrsg.), Wirtschaftsprüfer-Jahrbuch 2003 , S. 9-19.
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G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 28 Bezeichnung
Anteile an assoziierten Unternehmen / Investment in Associates Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 28 behandelt die Bilanzierung und Bewertung von Anteilen an assoziierten Unternehmen mit Ausnahme von Anteilen, •
• • Maßgeblicher Einfluss als Abgrenzungs merkmal assozi ierter Unter nehmen
die von Wagniskapital-Organisationen (venture capital organisations), Investmentfonds und ähnlichen Unternehmen gehalten werden und bei Zugang erfolgswirksam zum Fair Value oder als gemäß IAS 39 zu Handelszwecken gehalten angesetzt wurden.
Unternehmen werden als assoziiert bezeichnet, wenn der Anteilseigner zwar keine Beherrschung, aber einen maßgeblichen Einfluss auf die Finanz- und Geschäftspolitik ausüben kann. Ein maßgeblicher Einfluss wird ab einem Stimmrechtsanteil von 20 % und insbesondere bei personellen Verflechtungen vermutet (IAS 28.6f). Anteile an Joint Ventures, die durch gemeinschaftliche Führung charakterisiert sind, werden in IAS 31 geregelt. Inhalt
Die Bilanzierung von Anteilen an assoziierten Unternehmen erfolgt gemäß der Equity-Methode, außer (IAS 28.13) • • •
EquityMethode
wenn die Anteile gemäß IFRS 5 als zur Veräußerung gehalten klassifiziert werden oder wenn der Anteilseigner gemäß IAS 27.10 keinen Konzernabschluss erstellen muss oder wenn der Anteilseigner selbst von einem dritten Unternehmen beherrscht wird, deren Eigentümer eine Unterlassung der Anwendung dulden, und die Eigen- und Fremdkapitalinstrumente des Anteilseigners werden - auch in absehbarer Zukunft - nicht öffentlich gehandelt.
Im Rahmen der Equity-Methode werden zum Zeitpunkt des Zugangs die Anteile an assoziierten Unternehmen in Höhe der Anschaffungskosten bewertet. In den Folgeperioden wird der Anteil in Abhängigkeit
454
IAS 28
G
von der Entwicklung des Eigenkapitals des assoziierten Unternehmens angepasst. Ferner geht – entsprechend der Beteiligungshöhe – der Erfolg des assoziierten Unternehmens in den Erfolg des Anteilseigners ein. Dividenden aus dem assoziierten Unternehmen verringern den Buchwert des Anteils (IAS 28.11). Für die Equity-Bewertung ist der letzte verfügbare Abschluss des assoziierten Unternehmens heranzuziehen. Die Stichtage der beiden Jahresabschlüsse – des Anteilseigners und des assoziierten Unternehmens – dürfen maximal drei Monate auseinander liegen. Wird dieser Zeitraum überschritten, ist, sofern praktisch durchführbar, ein Zwischenabschluss auf den Stichtag des Anteilseigners aufzustellen (IAS 28.24f). Besonderheiten
Die Equity-Beteiligung „atmet“ analog zur Erfolgsentwicklung des assoziierten Unternehmen mit. Die Höhe der Beteiligung kann folglich die historischen Anschaffungskosten unter- oder auch überschreiten. Controllingrelevante Aspekte
Folgende Aspekte sind im Controlling bezüglich der Bilanzierung und Bewertung von assoziierten Unternehmen zu beachten: •
•
Einfluss auf Vermögens- und Ergebnisausweis Die Equity-Bewertung einer Beteiligung beeinflusst den Vermögens- und Ergebnisausweis und damit auch Gesamtkapitalrenditen bzw. Wertkennzahlen. Die Rücklagenbildung beim assoziierten Unternehmen führt beispielsweise im Jahr der Gewinnentstehung dazu, dass derartige Kennzahlen steigen, da der zusätzliche Erfolg i. d. R. anteilig größer ist als das zusätzliche Vermögen durch die höher bewertete Beteiligung. Im Folgejahr ist dann für die Bildung von Kennzahlen jedoch nur noch der höhere Beteiligungswert relevant, was zu einem Absinken der entsprechenden Kennzahlen führt. Dies ist bei der Beurteilung von Beteiligungen im M&A-Controlling zu beachten. Equity-Erfolge sind keine Cashflows Erfolge aus der Equity-Bewertung sind nicht zahlungswirksam. Zu Cash-Inflows in Form von Beteiligungserträgen (vgl. IAS 7) kommt es nur dann, wenn das assoziierte Unternehmen Gewinne ausschüttet.
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Equity Bewertung beeinflusst Vermögens und Ergebnis ausweis
EquityErfolge nicht zah lungswirksam
G Schnittstelle zu IAS 14
Anhang: IFRSGuide für Controller •
Schnittstelle zur Segmentberichterstattung nach IAS 14 Werden assoziierte Unternehmen einem Segment (Geschäftsfeld oder Region) zugeordnet, sind die entsprechenden Anteile am Segmentvermögen bzw. -ergebnis separat auszuweisen.
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IAS 29
G
IAS 29 Bezeichnung
Rechnungslegung in Hochinflationsländern / Financial Reporting in Hyperinflationary Economies Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 29 ist auf IFRS-Abschlüsse einschließlich Konzernabschlüsse von Unternehmen anzuwenden, deren funktionale Währung (vgl. IAS 21) die Währung eines Hochinflationslandes ist. In einem Hochinflationsland ist eine Berichterstattung über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage in der lokalen Währung ohne Anpassung nicht zweckmäßig, da der Kaufkraftverlust so hoch ist, dass ein Vergleich von Beträgen aus Geschäftsvorfällen zu verschiedenen Zeitpunkten irreführend ist. Daher ist es die Zielsetzung von IAS 29, spezielle Bilanzierungsvorschriften für Abschlüsse in der Währung eines Hochinflationslandes festzulegen, sodass die finanziellen Informationen aussagekräftig bereitgestellt werden können. Inhalt
In IAS 29 wird keine absolute Inflationsrate festgelegt, ab der eine Hochinflation vorliegt. Vielmehr wird dem Bilanzierenden ein Kriterienkatalog an die Hand gegeben, der Hinweise auf eine Hochinflation geben soll. Unter anderem können die Tatsachen, dass Zinssätze, Löhne und Preise an einen Preisindex gebunden sind oder dass sich die kumulative Preissteigerungsrate innerhalb von drei Jahren 100 % nähert oder diesen Wert überschreitet, Anhaltspunkte für eine Hochinflation sein (IAS 29.3).
Kriterien für Hochinflation
Das Grundprinzip von IAS 29 besteht darin, dass Abschlüsse in der am Bilanzstichtag geltenden Maßeinheit der funktionalen Währung ausgedrückt werden. Vergleichszahlen sind ebenfalls anzupassen (IAS 29.8).
Anpassung über Preisindex
Nicht-monetäre Posten, z. B. Anlagevermögen, Vorräte usw., werden über einen Preisindex, der Änderungen der allgemeinen Kaufkraft ausdrückt, fortgeschrieben. Da monetäre Posten bereits in der am Bilanzstichtag geltenden Einheit ausgedrückt sind, werden sie nicht angepasst. Dies gilt auch für Vermögenswerte und Schulden, welche zum Nettoveräußerungswert oder Marktwert bilanziert werden.
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G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Der Gewinn oder Verlust aus der Nettoposition der monetären Posten (Schuldnergewinn bei einem Überschuss der Schulden, Gläubigerverlust bei einem Überschuss der monetären Aktivposten) ist in das Periodenergebnis einzubeziehen und gesondert anzugeben (IAS 29.9). Über die Anpassung des Abschlusses und die jeweilige Ausgestaltung sind Anhangangaben zu machen. Besonderheiten
IAS 29 gibt dem Bilanzierenden Anhaltspunkte für eine Hochinflation an die Hand, stellt die Beurteilung der Notwendigkeit einer Anpassung des Abschlusses jedoch in das Ermessen des bilanzierenden Unternehmens. Wesentliche Interpretationen •
IFRIC 7 (Anwendung des Restatement-Ansatzes nach IAS 29 Rechnungslegung in Hochinflationsländern/Applying the Restatement Approach in IAS 29 Financial Reporting in Hyperinflationary Economies)
Controllingimplikationen Controller müssen Schlüs sigkeit der Bilanzen bei Hochinflation beurteilen können
IAS 29 ist insbesondere für das Controlling von Auslandsaktivitäten in Hochinflationsländern relevant. Da die erforderlichen Kaufkraftanpassungen nicht zentral, sondern nur lokal vorgenommen werden, ist es erforderlich, dass von Seiten des Controllerbereichs die Grundzüge der Vorgehensweise nach IAS 29 verstanden werden, um die Schlüssigkeit der vorgelegten IFRS-Abschlüsse und der darauf aufbauenden Performance-Kennzahlen zu beurteilen.
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IAS 31
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IAS 31 Bezeichnung
Anteile an Joint Ventures / Interests in Joint Ventures Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 31 regelt die Bilanzierung und Bewertung von Joint Ventures, insbesondere die Finanzberichterstattung der einzelnen Joint-VenturePartner über die Vermögenswerte, Schulden, Erträge und Aufwendungen der gemeinsam geführten wirtschaftlichen Aktivität. Die Vorschriften des IAS 31 gelten jedoch nicht für Anteile an gemeinsam geführte Unternehmen von • • •
Wagniskapital-Organisationen (venture capital organisations), Investmentfonds und ähnlichen Unternehmen und Anteilen, die bei Zugang erfolgswirksam zum Fair Value oder gemäß IAS 39 als zu Handelszwecken gehalten angesetzt wurden.
Inhalt
Ein Joint Venture, d. h. eine vertragliche Übereinkunft, wirtschaftliche Tätigkeiten unter gemeinsamer, einstimmiger Führung durchzuführen (jointly controlled), kann sich auf • • •
gemeinsame Aktivitäten (operations), gemeinsame Vermögenswerte (assets) und gemeinsame Unternehmen (entities) beziehen.
Joint Venture kann sich auch auf Vermö genswerte beschränken
Das Partnerunternehmen bilanziert den Anteil an gemeinsam geführten Tätigkeiten generell derart, dass proportional zur Höhe der Beteiligung die Finanzberichterstattung die gemeinsam geführten Vermögenswerte und Schulden sowie die im Rahmen des Joint Venture eingegangenen Aufwendungen und realisierten Erfolge berücksichtigt.
Berücksichti gung in Höhe des Beteili gungsanteils
Die Bilanzierung eines gemeinsam geführten Unternehmens erfolgt auf Basis der Quotenkonsolidierung oder auf Basis der EquityMethode gemäß IAS 28, außer (IAS 31.2)
Methodenwahl recht
• •
der Anteil gilt gemäß IFRS 5 als zur Veräußerung gehalten oder falls beispielsweise das Partnerunternehmen selbst eine hundertprozentige Tochtergesellschaft ist und folglich keinen Konzernab-
459
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
schluss aufstellen muss (zu weiteren Ausnahmeregelungen siehe IAS 27.10). Quotale Konso lidierung ...
Innerhalb der quotalen Konsolidierung werden proportional zum Anteil des Partnerunternehmens die Vermögenswerte und Schulden sowie die Aufwendungen und Erträge des Joint Ventures in der Bilanz des Partnerunternehmens erfasst. Alle Positionen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung werden entweder zu der jeweiligen Position der Finanzberichterstattung des Partnerunternehmens addiert oder aber gesondert ausgewiesen (IAS 31.3 und 30ff.).
... oder Equity Methode
Im Rahmen der Equity-Methode werden zum Zeitpunkt des Zugangs die Anteile am Joint Venture in Höhe der Anschaffungskosten bewertet. In den Folgeperioden wird der Anteil in Abhängigkeit von der Entwicklung des Eigenkapitals des Joint Ventures angepasst. Ferner geht – wiederum entsprechend der Beteiligungshöhe – der Erfolg des Joint Ventures in das Ergebnis des Anteilseigners ein (IAS 31.3 und 38ff.).
Wirtschaftliche Betrachtung von Eigentums übertragungen
Bringt ein Partnerunternehmen Vermögenswerte in ein Joint Venture ein oder verkauft diese an das Joint Venture, so ist bei Übertragung aller wesentlichen Risiken und Chancen, allein der Erfolgsanteil im Partnerunternehmen zu berichtigen, der der Anteilsquote der anderen beteiligten Partner entspricht (siehe hierzu SIC 13). Im umgekehrten Fall, wenn ein Partnerunternehmen Vermögenswerte des Joint Ventures kauft, fließt ein Gewinn aus der Transaktion erst in dem Zeitpunkt ein, wenn ein Verkauf an einen unabhängigen Dritten stattgefunden hat. Ist die Transaktion mit einem Verlust verbunden, so kann dies auf eine Wertminderung der Vermögenswerte hinweisen. Im Falle einer Wertminderung ist der Verlust direkt erfolgswirksam zu berücksichtigen. Besonderheiten
Gemeinschaftli che Führung erzwingt Bilan zierung
Liegt keine gemeinschaftliche Führung (mehr) vor, kann keine Bilanzierung nach IAS 31 mehr erfolgen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Joint Venture nur noch eingeschränkt Zahlungsströme an die Partnerunternehmen übertragen kann oder insolvent ist, oder wenn ein Partner bereits maßgeblichen Einfluss auf den Joint Venture ausübt. Der Joint Venture ist dann ggf. als Tochterunternehmen gemäß IAS 27 oder als assoziiertes Unternehmen gemäß IAS 28 zu behandeln.
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IAS 31
G
Wesentliche Interpretationen •
SIC-13 (Gemeinschaftlich geführte Einheiten – Nicht monetäres Einladen durch Partnerunternehmen/Jointly Controlled Entities – Non-Monetary Contributions by Venturers)
Aktuelle Projekte des IASB
Im Rahmen der Harmonisierungsbestrebungen zwischen den Standardsettern IASB und FASB wurde im Dezember 2005 vorläufig das zukünftige Verbot der quotalen Konsolidierung beschlossen. Ferner werden Anpassungen der Equity-Methode sowie die Definition und konstituierende Merkmale eines Joint Ventures diskutiert. Für 2007 wird ein Änderungsentwurf zu IAS 31 erwartet.
Verbot der anteiligen Konsolidierung erwartet
Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
Die Controllingimplikationen von IAS 31 betreffen vor allem den Einfluss der alternativen Bilanzierungsmethoden von Joint Ventures im Konzernabschluss. • •
Bei der quotalen Konsolidierung werden anteilig Vermögen und Schulden des Joint Ventures in die Konzernbilanz übernommen. Bei Anwendung der Equity-Methode finden sich lediglich der Netto-Wert von anteiligem Gesamtvermögen und Schulden, nämlich in Form des anteiligen Eigenkapitalwerts, im Konzernvermögen wieder.
Da in beiden Fällen aber der gleiche Beitrag zum Konzernergebnis ausgewiesen wird, führt dies bei der quotalen Konsolidierung aufgrund des höher ausgewiesenen Konzernvermögens zu geringeren Renditen bzw. Wertbeiträgen. In der Praxis wird häufig nach folgender Grundregel verfahren: Joint Ventures, die zum Kerngeschäft gehören, werden quotal konsolidiert, Joint Ventures in Randaktivitäten werden als assoziierte Unternehmen ausgewiesen.
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Quotale Konso lidierung vs. EquityMethode
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 32 Bezeichnung
Finanzinstrumente: Darstellung / Financial Instruments: Presentation Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 32 regelt die Klassifizierung von Finanzinstrumenten als Eigenoder Fremdkapital, die Bilanzierung von eigenen Anteilen des Unternehmens sowie die Bedingungen zur Saldierung von Finanzaktiva und -passiva. Differenzierter Anwendungsbe reich von IAS 32
Grundsätzlich ist IAS 32 auf die Darstellung aller Finanzinstrumente anzuwenden. Jedoch werden einige Finanzinstrumente namentlich aus dem Anwendungsbereich von IAS 32 ausgeschlossen, da sie in einem anderen Standard explizit behandelt werden. In Zweifelsfällen wird an dieser Stelle eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Anwendungsbereich (IAS 32.4-10) empfohlen. Inhalt
IAS 32 enthält insbesondere die folgenden Vorschriften: •
Abgrenzung von Eigenkapital
Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapital (IAS 32.1532) Bei der Darstellung von Finanzinstrumenten werden finanzielle Vermögenswerte, finanzielle Verbindlichkeiten und Eigenkapitalinstrumente unterschieden. Eigenkapitalinstrumente und finanzielle Verbindlichkeiten werden anhand von zwei Kriterien voneinander abgegrenzt. Ein Eigenkapitalinstrument liegt nur vor, wenn (a) an das Instrument keine vertragliche Verpflichtung zur Abgabe von flüssigen Mitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten geknüpft ist, da das Instrument ansonsten die Definition einer Schuld erfüllen würde. Falls das Instrument zur Ausgabe von eigenen Eigenkapitaltiteln des Emittenten verpflichtet, muss (b) die Anzahl der auszugebenden Anteile festgelegt sein, damit die Eigenkapitaltitel nicht lediglich als Zahlungsmittel fungieren.
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IAS 32
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Ist die Anzahl der auszugebenden Anteile hingegen variabel, handelt es sich um eine finanzielle Verbindlichkeit. Finanzinstrumente, die sowohl eine Eigen- als auch eine Fremdkapitalkomponente enthalten, wie bspw. Wandelanleihen, werden als Hybride (zusammengesetzte) Finanzinstrumente (compound financial instruments) bezeichnet. Gemäß IAS 32 sind solche Finanzinstrumente je nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt in ihren Eigenund Fremdkapitalanteil aufzuspalten und getrennt voneinander zu bilanzieren. Achtung: Insbesondere Personenhandelsgesellschaften, aber auch Genossenschaften sind in Deutschland mit der Problematik konfrontiert, dass für die Einlagen der Gesell schafter bzw. Genossen ein zwar vertraglich gestaltbares, gesetzlich aber nicht ausschließbares Kündigungsrecht gilt. Aus diesem Grund verlangt die derzeitige Fassung von IAS 32 den Ausweis des bei Kündigung entstehenden Abfindungsan spruchs als Schuld (IAS 32.18b). In Konsequenz muss das Eigenkapital solcher Gesellschaften bzw. Genossenschaften im IFRSAbschluss derzeit noch ganz oder teilweise als Fremdkapital ausgewiesen werden. Unter anderem auch auf Druck deutscher Interessenvertreter wird derzeit an einer Überarbeitung von IAS 32 ge arbeitet, um dieses Problem ganz oder teilweise zu beseitigen. •
Ausweis eigener Anteile (IAS 32.33-34) Unter bestimmten Bedingungen ist es sinnvoll und möglich, dass Unternehmen eigene Anteile (treasury shares) zurückerwerben, z. B. zur Bedienung von Aktienoptionsplänen (vgl. IFRS 2) oder zur Durchführung von Kapitalherabsetzungen. Diese eigenen Anteile sind in der Höhe der Anschaffungskosten erfolgsneutral vom Eigenkapital abzuziehen. Für Darstellungszwecke wird in der Literatur weiterhin auf die Regelung des mittlerweile aufgehobenen SIC 16 und die Anwendbarkeit der entsprechenden US-GAAP-Regelung über IAS 8 verwiesen. Demnach sind drei alternative Bilanzierungsmöglichkeiten gegeben: – Verrechnung der Anschaffungskosten mit dem Eigenkapital durch Abzug in einem separaten Posten (cost method), – Verrechnung in Höhe des Nennwerts über das gezeichnete Kapital und in Höhe des Restbetrags über Rücklagen (par value method) oder – Verrechnung der Anschaffungskosten mit den nach Ermessen des Unternehmens relevanten Eigenkapitalpositionen.
463
Personenhan delsgesellschaf ten und Genos senschaften ohne Eigenkapi tal?
Ausweis eigener Anteile
G Ausnahmen vom Saldie rungsverbot
Anhang: IFRSGuide für Controller •
Saldierung von Finanzaktiva und -passiva (IAS 32.42-50) Grundsätzlich sind Vermögenswerte und Schulden nach IFRS gemäß dem Grundsatz der Einzelbewertung auszuweisen, d. h. nicht zu saldieren. Dennoch ist in IAS 32 eine Ausnahme zu dieser Regelung verankert. Unter der Voraussetzung, dass ein Unternehmen – einen Rechtsanspruch hat, finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten gegeneinander aufzurechnen, und – es auch beabsichtigt, den Ausgleich auf Nettobasis herbeizuführen oder den finanziellen Vermögenswert und die Verbindlichkeit exakt gleichzeitig zu begleichen, ist eine Saldierung von finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten möglich.
Besonderheiten
Eine isolierte Betrachtung von IAS 32 ist nicht sinnvoll. Bilanzierungsfragen zu Finanzinstrumenten sind immer im Zusammenspiel mit IAS 39 sowie IFRS 7 zu betrachten. Wesentliche Interpretationen •
IFRIC 2 (Geschäftsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente/Members’ Shares in Co-operative Entities and Similar Instruments)
Aktuelle Projekte des IASB
Die Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital ist Gegenstand von zwei Projekten des IASB: •
IASB adressiert Probleme im Eigenkapital ausweis
•
Zum einen erfolgt eine grundsätzliche Überarbeitung der Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital im Rahmen eines langfristigen gemeinsamen Projekts mit dem FASB. Hier ist zurzeit jedoch nur das FASB aktiv. Der Zeitrahmen für einen finalen Standard ist derzeit nicht absehbar. Zum anderen beschäftigt sich das IASB im Rahmen des kurzfristigen Projekts IAS 32 Financial Instruments Puttable at Fair Value mit einer Ausnahmeregelung für Finanzinstrumente, die vom Inhaber gegen Erhalt eines anteiligen Fair Value des Unternehmens gekündigt werden können. Dies würde – wenn auch nicht vollständig – die Probleme für den Eigenkapitalausweis in deutschen Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaften weitgehend hei-
464
IAS 32
G
264
len . Hier wurde im Juni 2006 ein Standardentwurf veröffentlicht. Das IASB rechnet mit der Verabschiedung in 2007. Deutschsprachige Projektzusammenfassungen sind unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
IAS 32 ist dann controllingrelevant, wenn für Zwecke der Performance-Messung eigenkapitalbezogene Renditekennzahlen, z. B. die Eigenkapitalrentabilität herangezogen werden. Gerade für industrielle Unternehmen stellen allerdings Gesamtkapitalrenditen die betriebswirtschaftlich adäquate Messgröße dar, da diese neutral gegenüber Änderungen der Finanzierungsstruktur ist. Weiterhin hat der Eigenkapitalausweis Relevanz für das Risikocontrolling, wenn die Höhe des Eigenkapitals im IFRS-Abschluss ein Zielparameter für das unternehmensinterne Risikomanagement darstellt.
264
Vgl. Baetge et al., Die Kapitalabgrenzung nach IFRS – Ein Vorschlag zur Modifizierung des IAS 32, in: DB,, 2006. S. 2133-2138.
465
Umfang des Eigenkapital ausweises relevant
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 33 Bezeichnung
Ergebnis je Aktie / Earnings per Share Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 33 beinhaltet Regelungen für die Ermittlung und Darstellung des Ergebnisses je Aktie. Dadurch wird die Vergleichbarkeit dieser Kennzahl zwischen verschiedenen Unternehmen einer Berichtsperiode sowie zwischen unterschiedlichen Berichtsperioden eines Unternehmens erhöht. Relevanz für börsennotierte Unternehmen
Der Standard ist von Unternehmen, deren Stammaktien oder sog. potenzielle Stammaktien, wie Vorzugsaktien mit Wandlungsrecht oder Aktienoptionen, öffentlich gehandelt werden, und von Unternehmen, die dies anstreben, anzuwenden. Auch Unternehmen, die das Ergebnis je Aktie im IFRS-Abschluss freiwillig veröffentlichen, unterliegen IAS 33. Inhalt
Angabe des verwässerten und des unver wässerten EPS
Die Kennzahl „Ergebnis je Aktie“ (earnings per share, EPS) ist für jede Aktienklasse mit unterschiedlichem Recht auf die Teilnahme am Periodenergebnis als unverwässertes (basis earnings per share) und als verwässertes (diluted earnings per share) Ergebnis anzugeben. Grundlage der Ermittlung des EPS ist der den Stammaktionären der Muttergesellschaft zurechenbare Periodengewinn aus dem fortzuführenden Geschäft. Weist ein Unternehmen einen aufgegebenen Geschäftsbereich (discontinued operation) auf, d. h. einen bereits veräußerten oder zur Veräußerung gehaltenen Unternehmensbereich, so ist für diesen ebenfalls das verwässerte und das unverwässerte EPS auszuweisen. Erstellt ein Unternehmen neben dem Konzernabschluss auch separat Einzelabschlüsse, so ist das EPS auf Basis der konsolidierten Informationen zu ermitteln.
Ermittlung des EPS
•
Ermittlung des unverwässerten EPS (IAS 33.9-29) Das unverwässerte EPS entspricht dem Quotient aus dem den Stammaktionären der Muttergesellschaft zurechenbaren Periodenergebnis (Zähler) und der gewichteten durchschnittlichen Anzahl
466
IAS 33
•
G
an Stammaktien während der Berichtsperiode (Nenner). Das Periodenergebnis ist um die Nachsteuerbeträge von Vorzugsdividenden, Differenzen bei Erfüllung von Vorzugsaktien und ähnlichen Auswirkungen aus der Klassifizierung von Vorzugsaktien als Eigenkapital zu korrigieren. Ermittlung des verwässerten EPS (IAS 33.30-63) Das verwässerte EPS berücksichtigt in der Zähler- und Nennergröße alle Verwässerungseffekte potenzieller Stammaktien. Berücksichtigt wird allein die Umwandlung von potenziellen Stammaktien, die das EPS reduziert. Das Periodenergebnis ist überdies um die Nachsteuerbeträge aller Dividenden, erfasster Zinsen oder sonstiger Posten im Zusammenhang mit potenziellen Stammaktien mit Verwässerungseffekten und alle sonstigen erfolgswirksamen Änderungen aus der Aktienumwandlung zu bereinigen.
Aktuelle Projekte des IASB
Für das 3. Quartal 2007 wird ein Änderungsentwurf zu IAS 33 erwartet. Insbesondere soll die Ermittlung von Optionen für das verwässerte EPS modifiziert und auf andere Finanzinstrumente übertragen werden. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
Für Controllingzwecke spielt das EPS eine nachgelagerte Rolle. Auch Controllinginformationen fließen hier kaum ein. Im M&AControlling kann das EPS allerdings als Grundlage für Unternehmensbewertungen mithilfe der Multiplikatormethode bedeutsam sein, sodass hier zumindest ein grundsätzliches Verständnis dieser Kennzahl vorhanden sein sollte. Zu beachten ist weiterhin, dass Komponenten des other comprehensive income (OCI) nicht in die Kennzahl EPS einfließen. Maßnahmen in der Sachverhaltsgestaltung einzelner Geschäftsvorfälle, die die Zuordnung zum OCI vs. zum profit or loss for the period bzw. net income steuern, beeinflussen dann auch die Höhe des EPS.
467
Controllingrele vanz im M&A Controlling
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 34 Bezeichnung
Zwischenberichterstattung / Interim Financial Reporting Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 34 regelt die Mindestbestandteile sowie die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundlagen für Zwischenberichte. Ein Zwischenbericht ist dabei ein vollständiger oder verkürzter Abschluss für eine Periode, die kürzer ist als ein volles Geschäftsjahr. IAS 34 schreibt nicht vor, von welchen Unternehmen bzw. mit welcher Frequenz oder in welchen Fristen ein Zwischenbericht aufgestellt werden muss. Diese Fragestellungen werden von nationalen Aufsichtsbehörden oder den Börsen selbst geregelt. In der EU sind derzeit für börsennotierte Unternehmen mindestens Halbjahresberichte vorgeschrieben (Art. 5 der EU-Transparenzrichtlinie 2004/109). Die Deutsche Börse verlangt aber z. B. von im Prime Standard gelisteten Unternehmen Quartalsberichte. Inhalt Mindestinhalt von Zwischen berichten
Der Mindestinhalt eines Zwischenberichts besteht aus einem komprimierten Jahresabschluss gemäß IAS 1 und enthält somit eine (jeweils verkürzte) Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung und Eigenkapitalveränderungsrechnung auf konsolidierter Basis sowie ausgewählte erläuternde Anhangangaben (IAS 34.8-18). Weiterhin sind ergänzende Angaben zu machen, bspw. das Ergebnis je Aktie (EPS) gemäß IAS 33 sowie die Umsätze und das Ergebnis für die primären Segmente des Unternehmens gemäß IAS 14.
Bezug zum IFRS Jahresabschluss
Im Zwischenbericht sind dieselben Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden wie in den Abschlüssen des Geschäftsjahres anzuwenden (IAS 34.28). Allerdings ist bei der Erfassung und Bewertung von Posten der Wesentlichkeitsgrundsatz zu beachten. Insgesamt macht die Aufstellung von Zwischenberichten aber in der Regel eine umfangreichere Verwendung von Schätzungsmethoden erforderlich als die der jährlichen IFRS-Rechnungslegung. Bilanzierung und Bewertung im Zwischenbericht haben auf Grundlage von kumulierten Werten zwischen Geschäftsjahresbeginn und Zwi-
468
IAS 34
G
schenberichtszeitpunkt zu erfolgen (IAS 34.28). Andernfalls hätte die Häufigkeit der Berichterstattung eines Unternehmens Einfluss auf die Höhe des Jahresergebnisses, z. B. wenn Anpassungen von Werten des vorangegangenen Zwischenberichts Teil des Periodenerfolgs wären. Besonderheiten
Halbjährliche Zwischenabschlüsse sind gemäß dem vorliegenden Ent265 wurf zum TUG einer prüferische Durchsicht zu unterziehen .
Prüferische Durchsicht
Wesentliche Interpretationen •
IFRIC 10 (Zwischenberichterstattung und Wertminderung/Interim Financial Reporting and Impairment)
Controllingimplikationen
Die Zwischenberichterstattung besitzt sowohl hinsichtlich des Management Approach als auch im Kontext einer integrierten Rechnungslegung Relevanz: •
265
Informationsbedarfe an das Controlling weitgehend analog zum IFRS-Jahresabschluss Zwar stellt die Zwischenberichterstattung nur einen verkürzten IFRS-Abschluss dar – allerdings muss hierfür in der Praxis ein vollständiger IFRS-Abschluss zu Grunde gelegt werden. Damit sind grundsätzlich im Rahmen des Management Approach von Seiten des Controllerbereichs die gleichen Informationen bereitzustellen wie für den Jahresabschluss. Da zudem im Zwischenbericht aufgrund der kurzen Zeit verstärkt mit Schätzungen gearbeitet wird, ergeben sich zusätzliche Belastungen für den Controllerbereich, der diese Schätzungen, z. B. über Forecast-Werte, zumindest teilweise fundieren muss. Besondere Sorgfalt ist dabei auf das Goodwill-Impairment zu legen, da ein in einem Zwischenbericht gemäß IAS 34 vorgenommenes Impairment nicht im folgenden Jahresabschluss wieder rückgängig gemacht werden darf (IFRIC 10). Auch die retrospektive Anpassung von Vorjahresangaben bei Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie der Segmentberichterstattung gemäß IFRS 8 kann durch die damit verbundenen Aufgaben in der Informationsbereitstellung den Controllerbereich stark belasten. Vgl. hierzu Kapitel B 1.4.
469
Breite Relevanz des Manage ment Approach
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Integration der Rechnungsle gung
•
Gefahr bei Kapitalmarkt druck
•
Zwischenberichterstattung als Treiber einer IFRS-basierten Integration der Rechnungslegung Insbesondere durch eine quartalsweise Zwischenberichterstattung ist ein Unternehmen faktisch gezwungen, alle Transaktionen auf Basis der IFRS als „leading GAAP“ zu verbuchen. Da die knappen Fristen der Zwischenberichterstattung meist nur eingehalten werden können, wenn die Prozesse der externen Rechnungslegung durch ergänzende Fast-Close-Projekte optimiert werden, stehen so auch unterjährig hinreichend schnell IFRS-Daten zur Verfügung, die dann für Controllingzwecke genutzt werden können. Erhöhte Gefahr von Manipulationen und Fehlsteuerung bei starkem Kapitalmarktdruck Stehen Unternehmen unter starkem Kapitalmarktdruck, kann daraus ein Anreiz für das Management entstehen, vor allem solche Maßnahmen zu ergreifen, die kurzfristige Erfolge generieren, auch wenn diese Maßnahmen langfristig ungünstig zu beurteilen sind. Ein weiteres Problem sind Anreize zur Weitergabe verzerrter Planwerte oder Schätzungen, um im Zwischenbericht eine möglichst günstige Darstellung zu erreichen. Diese Befürchtungen kommen auch in der scharfen Kritik einzelner Unternehmen, wie z. B. der Porsche AG, an der Zwischenberichterstattung zum Ausdruck. Controller haben deshalb die Aufgabe, diese Probleme, die auch als Rationalitätsengpässe charakterisiert werden können, durch die adäquate Begleitung und Überwachung von Entscheidungs- und Informationsprozessen im Management so weit wie möglich zu vermeiden.
470
IAS 36
G
IAS 36 Bezeichnung
Wertminderung von Vermögenswerten / Impairment of Assets Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 36 soll sicherstellen, dass keine Vermögenswerte mit einem höheren als ihrem erzielbaren Betrag in der Bilanz bewertet werden. Der erzielbare Betrag (recoverable amount) bezeichnet den Betrag, der entweder durch die weitere Nutzung oder den Verkauf des Vermögenswerts realisiert werden könnte. Liegt der fortgeführte Buchwert (carrying amount) über diesem Betrag, so gilt ein Vermögenswert als wertgemindert und muss außerplanmäßig abgeschrieben werden (impairment). IAS 36 umfasst hierbei außerplanmäßige Abschreibungen auf • •
• • •
Sachanlagen, als Finanzinvestition gehaltene, aber zu fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertete Investitionen, so z. B. Anleihen, die bis zur Endfälligkeit gehalten werden sollen, Goodwill, immaterielle Vermögenswerte und Unternehmensbeteiligungen.
Nicht betroffen von den Vorschriften des IAS 36 sind eine Vielzahl anderer Vermögenswerte, z. B. Vorräte, Finanzinstrumente, Renditeimmobilien oder zur Veräußerung gehaltene Vermögenswerte. Eine genaue Übersicht findet sich in IAS 36.2. Inhalt
Zu jedem Bilanzstichtag ist zu prüfen, ob es Hinweise für den Impairment-Bedarf planmäßig abzuschreibender Vermögenswerte im Anwendungsbereich des Standards gibt (IAS 36.9). Bestehen zum Bilanzstichtag oder unterjährig Hinweise für Wertminderungen, so ist der 266 erzielbare Betrag des Vermögenswertes zu bestimmen . IAS 36.12 listet beispielhaft Indikatoren für eine Wertminderung auf:
266
Vgl. hierzu Kapitel B 2.6.
471
Indikatoren für ein Impairment
G
Anhang: IFRSGuide für Controller •
•
Jährlicher Impairment Test für Good will
Unternehmensinterne Indikatoren Überalterung oder physischer Schaden des Vermögenswerts, gesunkene Ertragskraft des Vermögenswerts, Vermögenswert ist Teil einer Unternehmenseinheit, die eingestellt oder restrukturiert wird. Unternehmensexterne Indikatoren Absinken des Marktwerts des Vermögenswerts, negative Entwicklungen im Unternehmensumfeld, die auf den Vermögenswert wirken, so beispielsweise technische Neuerungen, erhöhte Marktzinssätze oder -rendite, die zu einer stärkeren Diskontierung des Nutzungswerts führen.
Daneben ist jährlich ein Impairment-Test für nicht planmäßig abzuschreibende Vermögenswerte wie Goodwill und immaterielle Vermögenswerte mit unbestimmbarer Nutzungsdauer zu ermitteln, es sei denn, es sind klare Indikatoren für Werthaltigkeit gegeben (IAS 36.10). Für die Durchführung des Impairment-Tests muss der erzielbare Betrag ermittelt werden. Dieser ist der höhere Wert aus dem Nettoveräußerungspreis (fair value less costs to sell) und dem Nutzungswert (value in use) (IAS 36.6). Wenn ein Nettoveräußerungspreis nicht ermittelbar ist, bildet allein der Nutzungswert den erzielbaren Betrag ab. •
•
Strenge Vorga ben für die Ermittlung des Nutzungswerts
Nettoveräußerungswert Der Nettoveräußerungswert ist der Betrag, zu dem sachverständige, abschlusswillige und voneinander unabhängige Geschäftspartner einen Vermögenswert tauschen würden, abzüglich der mit dem Verkauf verbundenen Transaktionskosten. Er ist streng marktbezogen, d. h. idealer Weise auf Basis von verbindlichen Verkaufsverträgen, abzuleiten (IAS 36.25-29). Nutzungswert Der Nutzungswert ermittelt sich als Barwert der erwarteten zukünftigen, mit der weiteren Nutzung und dem Abgang des mit dem Vermögenswert verbunden Cashflows (IAS 36.31).
Die Ermittlung des Nutzungswerts unterliegt umfangreichen Vorschriften, die sich einerseits auf die geschätzten zukünftigen Cashflows und andererseits auf den zu verwendenden Diskontierungssatz beziehen (IAS 36.30-57).
472
IAS 36
G
Achtung: Die CashflowPlanungen müssen auf sachgerechten Annahmen und auf den jüngsten Finanzplänen des Managements sowie ihrer Extrapolation für spätere Jahre beruhen. Außer in begründeten Fällen darf der Detailplanungszeitraum der jüngsten Finanzpläne, die für die Wertminderungsprüfung verwendet werden, fünf Jahre nicht überschreiten. Gründe für Differenzen zwischen geplanten und realisierten Cashflows müssen unternehmensintern überprüft werden. Die Fi nanzpläne dürfen sich nur auf den Vermögenswert in seinem aktuellen Zustand beziehen. Geplante Restrukturierungen oder Erweiterungen des Vermögenswertes sind in den aus der internen Unternehmensplanung übernommenen Daten zu korrigieren. Ferner dürfen die geplanten Cashflows keine Zahlungsströme aus der Finanzierungstätigkeit oder aus Steuerverpflichtungen beinhalten. Der verwendete Diskontierungszinssatz muss u. a. ein Vorsteuerzinssatz sein und die aktuellen, marktbezogenen Zinssätze sowie das spezifische Risiko des Vermö genswerts widerspiegeln. Der Diskontierungszinssatz ist soweit möglich streng markt und vermögenswertbezogen abzuleiten.
Der erzielbare Betrag wird stets für einen individuellen Vermögenswert berechnet. Generiert ein Vermögenswert die mit der Nutzung verbundenen Zahlungsströme jedoch nicht unabhängig von anderen Vermögenswerten, so ist der erzielbare Betrag für eine Gruppe von Vermögenswerten zu schätzen. Die gebildete Gruppe von Vermögenswerten, die unabhängig von anderen Vermögenswerten und anderen Gruppen von Vermögenswerten Zahlungsströme erzeugt, wird als zahlungsmittelgenerierende Einheit (ZGE, cash-generating unit) bezeichnet (IAS 36.66). Die Regelungen des IAS 36, die den Begriff „Vermögenswert“ verwenden, gelten dann analog für ZGEs.
Bildung von unabhängigen zahlungsmittel generierenden Einheiten erforderlich
Gesonderte Behandlung von Goodwill: Die Besonderheit des GoodwillImpairmentTests besteht darin, das Goodwill niemals isoliert, sondern immer nur im Rahmen der Gesamtbewertung einer ZGE betrachtet werden muss. Für Zwecke des ImpairmentTests wird Goodwill aus Unternehmenserwerb auf die ZGEs bzw. ZGEGruppen verteilt, die erwartungs gemäß von den Synergien des Unternehmenserwerbs profitieren (IAS 36.80). Die Zuordnung des Goodwills erfolgt unabhängig davon, zu welchen ZGEs die erwor benen Vermögenswerte und Schulden zugerechnet wurden. Jede ZGE, der Good will zugeordnet wird, muss die niedrigste Unternehmensebene repräsentieren, auf der Goodwill für Zwecke der internen Steuerung überwacht wird. Weiterhin darf eine solche ZGE nicht größer als ein primäres oder sekundäres Segment gemäß IAS 14 sein.
Unterschreitet der erzielbare Betrag eines Vermögenswertes bzw. einer ZGE den fortgeführten Buchwert, wird sofort eine erfolgswirksame Berücksichtigung des Wertminderungsaufwands (impairment loss)
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Gestufte Be handlung des Wertminde rungsaufwands
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
vorgenommen. Im Fall von neubewerteten Vermögenswerten ist zunächst die Neubewertungsrücklage zu reduzieren. Ferner ist stets die Nutzungsdauer des Vermögenswerts und seine Abschreibung zu überprüfen und ggf. anzupassen. In einer ZGE ist zunächst der ihr zugeordnete Goodwill im Wertansatz zu reduzieren (IAS 36.104-105). Nachfolgend werden die anderen Vermögenswerte der ZGE anteilig zu ihren Einzelbuchwerten reduziert. Die Nettoveräußerungswerte bzw. Nutzungswerte der Vermögenswerte dürfen dabei nicht unterschritten werden. Verbot der Wertaufholung von Goodwill
Eine Wertminderung früherer Jahre kann im Fall einzelner Vermögenswerte wieder bis maximal in Höhe der fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten unter Vernachlässigung früherer außerplanmäßiger Wertminderungen rückgängig gemacht werden. Eine Wertaufholung von Goodwill ist unzulässig; dies gilt auch, wenn sie unterjährig im Zwischenbericht durchgeführt wurde (IFRIC 10).
Umfangreiche IAS 36 verlangt umfangreiche Anhangangaben (IAS 36.126-137), Anhangangaben besondere für: zur Wertminde rungsprüfung • Wesentlichen Wertminderungsaufwand der Periode
•
ins-
Umstände der Wertminderung, Höhe der Wertminderung, Art des Vermögenswerts bzw. Zusammensetzung der ZGEs, Wertansatz für den erzielbaren Betrag, Grundlage der Ermittlung des Nettoveräußerungswerts bzw. Diskontierungszinssatz des Nutzungswerts etc. Ermittlung des erzielbaren Betrags Wesentliche Annahmen der Cashflow-Planungen des Managements, Sensibilitätsanalyse des Wertansatzes, Erläuterungen zur Güte der Managementplanungen, Zeitraum der Detailplanung, Höhe der angenommenen Wachstumsrate der Cashflows, Diskontierungszinssatz der Berechnung etc.
Besonderheiten In der Praxis weite Ermes senspielräume
Obwohl IAS 36 sehr umfangreiche Regelungen zur Ermittlung des erzielbaren Betrags, insbesondere zur Ermittlung des Nutzungswerts, bereitstellt, bietet die praktische Anwendung des Standards umfangreiche methodische Ermessensspielräume und enthält auch z. B. bezüglich der Vorschriften zum Zinssatz konzeptionelle Inkonsistenzen: So wird zwar eine Rechnung vor Finanzierung verlangt und die Berücksichtigung von Eigenkapitalkosten des unverschuldeten Unter-
474
IAS 36
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nehmens; gleichzeitig wird aber der WACC als Diskontierungszins 267 zugelassen . Wesentliche Interpretationen •
IFRIC 10 (Zwischenberichterstattung und Wertminderung/Interim Financial Reporting and Impairment)
Controllingimplikationen
Aufgrund des breiten Anwendungsbereichs und der umfangreichen inhaltlichen und methodischen Anforderungen an die Durchführung der Impairment-Tests zählt IAS 36 zu den Standards mit der höchsten Controllingrelevanz. Dies betrifft nicht nur die Felder Grundsätze/ betriebswirtschaftliche Methoden sowie Beteiligungscontrolling innerhalb des Zentralcontrollings, sondern auch das Controlling anlageintensiver operativer Funktionen sowie Querschnittsfunktionen, wie das F&E-Controlling, das Logistikcontrolling, das Produktions- und Werkscontrolling sowie ggf. das IT-Controlling. • Zahlreiche Informationsleistungen aus Planungs- und Reportingsystemen Der Controllerbereich muss für die Anwendung von IAS 36 umfangreiche Informationen an die Bilanzierung liefern. Diese umfassen insbesondere: – Ist-Informationen als Indikatoren für eine Wertminderung bzw. bei nicht planmäßig abzuschreibenden Vermögenswerten für klare Werthaltigkeit, – Plan-Cashflows nach den Vorgaben von IAS 36 zur Ermittlung des Nutzungswerts. Planungs- und Reportingsysteme sind vielfach für die Durchführung von Impairment-Tests zu ergänzen bzw. anzupassen. So müssen z. B. ZGEs als Planungsebene existieren. Auch die Planungszyklen müssen mit dem Zeitpunkt des Impairment-Tests korrespondieren, damit die Plan-Cashflows die realistische Sichtweise des Managements widerspiegeln.
267
Vgl. Ballwieser, Unternehmensbewertung in der IFRS-Bilanzierung, in: Börsig/Wagenhofer, IFRS in Rechnungswesen und Controlling, 2006, S. 265-282, hier insbesondere S. 278f.
475
Hohe Relevanz von IAS 36
Informationen aus Planung und Reporting
G Entstehung neuer Control lingfelder
Anhang: IFRSGuide für Controller •
268
268
Goodwill-(Impairment-)Controlling als neues Controllingfeld Goodwill sowie weitere bedeutsame Vermögenspositionen müssen im Rahmen einer kapitalmarktorientierten Unternehmensführung aktiv gesteuert werden. Sobald interne Forecasts erkennen lassen, dass z. B. ein Impairment zu erwarten ist, müssen entsprechende Informationen an Management und Bilanzierung weitergegeben werden. Gleichzeitig sind Finanzkennzahlen erforderlich, die potenzielle Impairment-Bedarfe frühzeitig erkennen lassen, sodass rechtzeitig Maßnahmen zur Gegensteuerung ergriffen werden können. Dies gewinnt umso mehr an Bedeutung, als nach IFRIC 10 ein unterjähriges Goodwill-Impairment im folgenden Konzernabschluss nicht mehr rückgängig gemacht bzw. wieder aufgeholt werden kann.
Vgl. hierzu ausführlich Kapitel D 6.
476
IAS 37
G
IAS 37 Bezeichnung
Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen / Provisions, Contingent Liabilities and Contingent Assets Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 37 regelt die Bilanzierung und Bewertung von Rückstellungen (provisions) sowie von Eventualschulden (contingent liabilities) und -forderungen (contingent assets) mit Ausnahme insbesondere folgender Positionen (vgl. im Detail IAS 37.1-9), • •
die aus noch zu erfüllenden, nicht belastenden Verträgen resultieren, die in einem anderen IFRS geregelt werden, so insbesondere Rückstellungen für Leistungen an Arbeitnehmer (IAS 19), Rückstellungen sowie Eventualschulden und -forderungen aus zum Fair Value bewerteten Finanzinstrumenten (IAS 39) oder aus Policen von Versicherungsunternehmen (IFRS 4).
Rückstellungen sind Schulden, deren Fälligkeit oder Höhe ungewiss sind, so beispielsweise bei Gewährleistungsverpflichtungen oder Rückerstattungen von Reparaturkosten. Da sie sich nur auf Verpflichtungen mit Dritten beziehen, dürfen Aufwandsrückstellungen mit Ausnahme von Restrukturierungsrückstellungen (IAS 37.70) nicht gebildet werden. Drohverlustrückstellungen dürfen gebildet werden (IAS 37.10 sowie IAS 37.66, die hier von onerous contracts sprechen), jedoch keine Rückstellungen für zukünftige operative Verluste. Wird die Existenz möglicher Schulden bzw. Vermögenswerte erst in der Zukunft bestätigt, handelt es sich um Eventualschulden bzw. -forderungen. Inhalt
Rückstellungen sind zu passivieren, wenn kumuliert folgende Bedingungen erfüllt sind (IAS 37.14): • •
Aus einem Vorgang der Vergangenheit resultiert eine rechtliche oder faktische gegenwärtige Verpflichtung für das Unternehmen. Der mit der Erfüllung der Verpflichtung verbundene Ressourcenabfluss ist wahrscheinlich, d. h. unterliegt im Verständnis des IAS 37 einer Wahrscheinlichkeit von über 50 %.
477
Ansatzverbot von Aufwands rückstellungen
G
Anhang: IFRSGuide für Controller •
Die Höhe der Verpflichtung ist zuverlässig bestimmbar, wobei diese Bedingung nach Auffassung des IASB zumeist erfüllt ist.
Bewertung anhand der bestmöglichen Schätzung
Die Rückstellung wird in Höhe der bestmöglichen Schätzung der Ausgaben (best estimate) angesetzt, die zur Erfüllung der spezifischen Verpflichtung notwendig sind. Die Höhe der Rückstellungen entspricht also dem Betrag, der hypothetisch bei Übertragung der Verpflichtung auf einen Dritten durch das Unternehmen gezahlt werden müsste. Bei Bewertung einzelner Verpflichtungen entspricht die bestmögliche Schätzung i. d. R. dem wahrscheinlichsten Betrag.
Berücksichti gung von Risiken und Zinseffekten erforderlich
Im Rahmen der Bewertung sind vielfältige Parameter zu berücksichtigen, so insbesondere (IAS 37.42-52): • • • •
Risiken und Unsicherheiten, rechtliche oder technische Änderungen, wesentliche Zinseffekte, jedoch keine Erträge aus dem zukünftigen Abgang von Vermögenswerten.
Zu jedem Bilanzstichtag werden alle Rückstellungen dahingehend untersucht, ob sie weiterhin der aktuellen, bestmöglichen Schätzung entsprechen und müssen andernfalls in ihrem Betrag angepasst werden. Ist der Ressourcenabfluss für die Erfüllung der Verpflichtung nicht mehr wahrscheinlich, ist die dafür gebildete Rückstellung aufzulösen. Restriktiver Ansatz von Restrukturie rungsrückstel lungen
Restrukturierung bezeichnet eine wesentliche Veränderung der Weite der Geschäftstätigkeit oder der Art der Geschäftsführung. Restrukturierungsrückstellungen dürfen nur angesetzt werden, wenn neben den oben genannten grundsätzlichen Anforderungen an Rückstellungen ferner ein ausführlicher Restrukturierungsplan vorliegt, der bei den Beteiligten die Erwartung der Durchführung erweckt (IAS 37.72-83). So ist es beispielsweise erforderlich, dass mit der Umsetzung des Restrukturierungsplans begonnen wurde oder dass wesentliche Veränderungen in den von der Restrukturierung betroffenen Unternehmenseinheiten bereits öffentlich angekündigt wurden.
Grundsätzliches Ansatzverbot von Eventual schulden bzw. forderungen
Eventualschulden liegen nach IAS 37.10 vor, wenn eine Verpflichtung von wenig sicheren Ereignissen außerhalb der Kontrolle des Unternehmens liegt bzw. wenn bei einer gegenwärtigen Verpflichtung der Ressourcenabfluss unwahrscheinlich ist. Sie werden grundsätzlich nicht passiviert, jedoch – sofern ein Ressourcenabfluss nicht höchst
478
IAS 37
G
unwahrscheinlich (remote) ist - im Anhang offengelegt (IAS 37.27-28, IAS 37.86). Eventualforderungen werden nur aktiviert, wenn der Ressourcenzufluss so gut wie sicher (virtually certain) ist. Ist der Ressourcenzufluss dagegen wahrscheinlich (probable), erfolgt die Offenlegung im Anhang (IAS 37.31-34, IAS 37.89). Wesentliche Interpretationen
IFRIC 1 (Änderungen bestehender Rückstellungen für Entsorgungs-, Wiederherstellungs- und ähnliche Verpflichtungen/Changes in Existing Decomissioning, Restoration and Similar Liabilities) IFRIC 6 (Rückstellungspflichten aus der Teilnahme an bestimmten Märkten – Elektro- und Elektronik-Altgeräte/Liabilities arising from Participating in a Specific Market – Waste Electrical and Electronic Equipment) Aktuelle Projekte des IASB
Im Juni 2006 wurde ein Änderungsentwurf zu IAS 37 veröffentlicht. Die vorgeschlagenen Regelungen heben u. a. das außerhalb von Unternehmenserwerben geltende Passivierungsverbot für Eventualschulden auf. Verpflichtungen, die liabilities im Sinne des Rahmenkonzepts darstellen, sollen passiviert werden, wenn eine verlässliche Bewertung möglich ist. Die Wahrscheinlichkeit der Verpflichtung soll grundsätzlich nicht mehr als Ansatz-, sondern nur noch als Bewertungskriterium gelten. Dieses faktische Passivierungsgebot von Eventualschulden zum Erwartungswert wird aktuell kontrovers diskutiert. Es ist deshalb unklar, ob der Änderungsentwurf in der vorliegenden Fassung verabschiedet wird.
Zukünftig faktisches Passivierungs gebot von Eventualschul den?
Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
IAS 37 ist sowohl für das Controlling operativer Funktionen, als auch für das Risikocontrolling relevant: •
Höhere Anforderungen an die Qualität von Schätzungen Wie auch unter HGB sind nach IAS 37 interne Informationen aus dem operativen Controlling bzw. auch aus dem Risikocontrolling
479
Hohe Qualität von Schätzun gen erforderlich
G
Zusätzliche Anforderungen an das Risiko controlling?
Anhang: IFRSGuide für Controller
•
Änderungsent wurf zu IAS 37 nicht control linggerecht
Einfluss auf die Höhe der Kapitalkosten
•
erforderlich, um die Wahrscheinlichkeiten für Rückstellungen, Eventualschulden oder -forderungen zu schätzen. Da nach IAS 37 Rückstellungen aber zum wahrscheinlichsten Wert zu passivieren sind, werden an die Qualität dieser Schätzungen im IFRS-Abschluss vergleichsweise höhere Anforderungen gestellt als unter dem vom Vorsichtsprinzip dominierten HGB. Zukünftig möglicherweise erweiterte Informationsbedarfe gegenüber dem Risikocontrolling Sind Eventualschulden auch bei Wahrscheinlichkeiten unter 50 % zu bewerten und erfolgt die Bewertung zum Erwartungswert, müssen bei wesentlichen Posten detaillierte Informationen über die Eintrittswahrscheinlichkeiten der relevanten Zukunftsszenarien vorliegen, verbunden mit der jeweils zutreffenden Höhe der Schuld. Derartige Informationen müssen dann über das Risikocontrolling bereitgestellt werden, das die entsprechenden Risiken – in Deutschland gemäß den Anforderungen des KonTraG – überwacht und steuert. Da nach dem Änderungsentwurf zu IAS 37 selbst gering wahrscheinliche Eventualschulden berücksichtigt werden müssten, die eventuell hohe Ressourcenabflüsse nach sich ziehen, z. B. schwere Betriebsunfälle, würde sich durch die damit verbundenen Schätzunsicherheiten und die deshalb ggf. notwendigen Korrekturen zunächst die Volatilität der Schulden bzw. der Bilanzsumme insgesamt erhöhen. Da Änderungen von Schätzungen nach IAS 8 erfolgswirksam verbucht werden müssen, würde dementsprechend auch die Volatilität des Jahresergebnisses steigen. Aufgrund der hohen Ermessenspielräume würden zudem breite bilanzpolitische Spielräume entstehen, die die Eignung IFRS-basierter Performance-Kennzahlen im Beteiligungscontrolling beeinträchtigen. Passivierung von Rückstellungen beeinflusst die Zurechnung von Kapitalkosten Im IFRS-Abschluss ist sowohl der Ansatz als auch die Bewertung von Rückstellungen im Vergleich zum HGB-Abschluss vergleichsweise geringer. Da unverzinsliche Rückstellungen als kostenlose Kapitalbereitstellung interpretiert werden und deshalb in wertorientierten Kennzahlen sowie bei der Berechnung von Kapitalrenditen als Abzugskapital die Vermögensbasis reduzieren, impliziert dies unter IFRS außer im Jahr der Rückstellungsbildung den Ausweis niedrigerer Wertbeiträge oder Renditen. Dies deutet jedoch
480
IAS 37
nicht auf eine reale Verschlechterung der Unternehmenslage hin. Es zeigt vielmehr ein aus betriebswirtschaftlicher Sicht realistisches Bild der Vermögensbasis bzw. des damit verbundenen Kapitalbedarfs gegenüber Eigen- und Fremdkapitalgebern.
481
G
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 38 Bezeichnung
Immaterielle Vermögenswerte / Intangible Assets Anwendungsbereich und Zielsetzung Strenge Ansatz und Bewer tungsvorschrif ten
IAS 38 regelt die Bilanzierung von immateriellen Vermögenswerten (intangible assets), z. B. Lizenzen, Patente, Urheberrechte oder Computersoftware. Aufgrund ihrer fehlenden körperlichen Fassbarkeit werden bei immateriellen Vermögenswerten strengere Ansatz- und Bewertungsvorschriften angewandt als bei materiellen Vermögenswer269 ten . Der Anwendungsbereich von IAS 38 erstreckt sich grundsätzlich auf die Bilanzierung aller immateriellen Vermögenswerte, sofern diese nicht in den Anwendungsbereich eines anderen Standards fallen. Nicht von IAS 38 betroffen sind so z. B. finanzielle Vermögenswerte nach IAS 39, latente Steuern nach IAS 12 oder Vermögenswerte aus Personalvergütungssystemen nach IAS 19. Goodwill aus Unternehmenserwerb wird in IFRS 3 geregelt und fällt damit ebenfalls nicht unter die Regelungen von IAS 38. Inhalt
Zu Bilanzierungszwecken muss zunächst überprüft werden, ob ein immaterieller Vermögenswert vorliegt (sog. abstrakte Bilanzierungsfähigkeit). Dabei wird ein immaterieller Vermögenswert definiert als ein identifizierbarer, nicht-monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz (IAS 38.8-17). Als identifizierbar gelten die Vermögenswerte, die •
•
entweder separierbar sind, d. h. einzeln oder zusammen mit einem Vertrag, Vermögenswert oder einer Schuld veräußert, übertragen, lizenziert, vermietet oder getauscht werden können, oder auf vertraglichen oder anderen Rechten (bspw. einem Lizenzvertrag) beruhen.
Eine Ressource ist als immaterieller Vermögenswert zu aktivieren (konkrete Bilanzierungsfähigkeit), wenn (IAS 38.18-23) 269
Vgl. hierzu ausführlich Kapitel B 2.7.
482
IAS 38 • •
•
G
die Definitionsmerkmale eines immateriellen Vermögenswerts gegeben sind (abstrakte Bilanzierungsfähigkeit), es wahrscheinlich ist, dass dem Unternehmen ein dem immateriellen Vermögenswert zuordenbarer wirtschaftlicher Nutzen zufließen wird und die Kosten für den Vermögenswert zuverlässig ermittelt werden können.
Sind diese Kriterien kumulativ nicht erfüllt, gilt statt des Ansatzgebots ein Ansatzverbot. Bei Unternehmenserwerb unterliegen identifizierbare immaterielle Vermögenswerte einer Ansatzpflicht mit niedriger Nachweisschwelle (IFRS 3 mit Verweis auf IAS 38): Im Erwerbsfall werden hier die beiden zuletzt genannten Anforderungen generell als erfüllt angesehen.
Intangibles im Unternehmens erwerb
Für selbsterstellte immaterielle Vermögenswerte werden die Ansatzkriterien weiter spezifiziert (IAS 38.51-67). Dazu wird die Entstehung eines selbsterstellten immateriellen Vermögenswerts in die Phasen Forschung und Entwicklung eingeteilt. Nur Ausgaben, die in die Entwicklungsphase fallen, dürfen aktiviert werden, wenn sie zusätzliche Bedingungen kumulativ erfüllen, die zusammengefasst die technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit (technical and economic feasibility) des immateriellen Vermögenswerts prüfen (IAS 38.57).
Entwicklungs kosten
Unabhängig von dieser Überprüfung enthält IAS 38 für einige (selbsterstellte) immaterielle Vermögenswerte explizite Ansatzverbote, darunter selbsterstellte Geschäfts- oder Firmenwerte, selbsterstellte Markennamen oder Kundenlisten, Ingangsetzungskosten, Ausgaben für Aus- und Weiterbildung sowie für Werbekampagnen (IAS 38.63-69). Immaterielle Vermögenswerte sind erstmalig mit ihren Anschaffungsoder Herstellungskosten zu bewerten (IAS 38.24). Dabei richtet sich die Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach der Zugangsart des Vermögenswerts, welche nach separatem Erwerb, Erwerb im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen, Herstellung, Erwerb durch Zuwendung der öffentlichen Hand sowie durch Tausch von Vermögenswerten unterschieden wird.
Bewertung auf Basis der fort geführten AHK
In den Folgeperioden werden immaterielle Vermögenswerte i. d. R. zu fortgeführten Kosten, d. h. Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich der kumulierten Abschreibungen oder Wertminderungen bewertet (IAS 38.72-110). Grundsätzlich ist es gemäß IAS 38 jedoch auch möglich, die immateriellen Vermögenswerte nach der Neubewer-
Neubewertung bei aktivem Markt zulässig
483
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
tungsmethode zum Fair Value zu bewerten (vgl. hierzu die Ausführungen unter IAS 16). Eine Anwendung dieser Methode setzt jedoch anders als im Fall materieller Anlagen - die Existenz aktiver Märkte zur Ermittlung der Fair Values voraus, was diese Alternative angesichts häufig fehlender Märkte für immaterielle Vermögenswerte weniger bedeutsam werden lässt. Abschreibung von Intangibles
Immaterielle Vermögenswerte mit bestimmbarer Nutzungsdauer sind planmäßig über ihre Nutzungsdauer abzuschreiben. Bspw. ist die Nutzungsdauer eines Patents grundsätzlich über den gesetzlich festgelegten Patentschutzzeitraum festgelegt. In vielen Fällen wird die Nutzungsdauer von immateriellen Vermögenswerten nicht bestimmbar sein. Immaterielle Vermögenswerte mit unbestimmbarer Nutzungsdauer sind ausschließlich und regelmäßig einem Impairment-Test gemäß IAS 36 zu unterziehen und – sofern notwendig – auf den erzielbaren Betrag (recoverable amount) abzuschreiben. Zu Angabezwecken sind die immateriellen Vermögenswerte in Gruppen (bspw. Markennamen, Software, Lizenzen und Patente) einzuteilen. Für jede Gruppe von immateriellen Vermögenswerten sind im Anhang umfangreiche Angaben zur Bilanzierung und Bewertung zu machen (IAS 38.118-128). Wesentliche Interpretationen •
SIC-32 (Immaterielle Vermögenswerte – Website-Kosten/Intangible Assets – Website Costs)
Aktuelle Projekte des IASB
Zu den immateriellen Vermögenswerten ist ein Forschungsprojekt geplant, das Teil der Konvergenzbestrebungen in Zusammenarbeit mit dem FASB ist. Ein Sondierungspapier des Stabes ist in Arbeit. Nähere Informationen zu dem Projekt sind zum Zeitpunkt der Drucklegung noch nicht verfügbar. Controllingimplikationen
IAS 38 ist neben dem F&E-Controlling auch für das IT-Controlling relevant sowie im Unternehmenserwerb in Zusammenhang mit der Kaufpreisallokation auf die Vermögenswerte und Schulden des erworbenen Unternehmens auch für das M&A-Controlling.
484
IAS 38 •
•
Fundierung der Bilanzierung und Bewertung selbsterstellter immaterieller Vermögenswerte Hier sind im Rahmen des Management Approach umfangreiche Controllinginformationen bereitzustellen. Dazu gehört – die Abgrenzung von Forschungs- und Entwicklungsphase, die durch entsprechende Meilensteine im Projektplan angezeigt werden kann, sofern beide Phasen hinreichend stark getrennt sind, – der Rückgriff auf Projektplanung und -kalkulation zur Prüfung der Aktivierbarkeit von Entwicklungsausgaben oder – die projektbezogene Dokumentation der Entwicklungskosten (z. B. Stundenzettel von Mitarbeitern oder die projektbezogene Erfassung von Gemeinkosten). Einfluss auf Performance-Kennzahlen im Rahmen einer IFRSbasierten Rechnungslegung Die erweiterten Möglichkeiten zur Aktivierung selbsterstellter Vermögenswerte unter IAS 38 führen zu einem vorgezogenen Erfolgsausweis, andererseits aber auch zu einem höheren Vermögensausweis. Diese – aus betriebswirtschaftlicher Sicht adäquate – Abbildung von immateriellem Vermögen im IFRS-Abschluss führt im Vergleich zum HGB zu niedrigeren Wertbeiträgen bzw. Renditekennzahlen. Achtung: Dies gilt nicht für die cashflowbasierte Steuerung, da Entwicklungsausgaben gemäß IAS 7 als Cashflow aus Investitionstätigkeit ausgewiesen werden. Damit steigt der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit um den entsprechenden Be trag und verbessert damit cashflowbasierte PerformanceMaße in Relation zu einer HGBbasierten PerformanceMessung.
485
G Breite Relevanz des Manage ment Approach
Veränderungen in Performance Kennzahlen
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IAS 39 Bezeichnung
Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung / Financial Instruments: Recognition and Measurement Anwendungsbereich und Zielsetzung Weites Ver ständnis von Finanzinstru menten
IAS 39 regelt den Ansatz und die Bewertung von Finanzinstrumenten. Der Begriff des Finanzinstruments ist dabei mit Bezug auf IAS 32 sehr weit gefasst. So fallen z. B. flüssige Mittel, Geldmarkpapiere, Schuldund Eigenkapitaltitel oder Derivate in den Anwendungsbereich von IAS 39. Einige Finanzinstrumente werden jedoch namentlich aus dem Anwendungsbereich von IAS 39 ausgeschlossen, da sie in einem anderen Standard explizit behandelt werden. In Zweifelsfällen wird an dieser Stelle eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Anwendungsbereich (IAS 39.2-7) empfohlen. Inhalt
Ein Finanzinstrument ist ein Vertrag, der gleichzeitig • •
bei einer der Vertragsparteien zu einem finanziellen Vermögenswert und bei der anderen Vertragspartei zu einer finanziellen Verbindlichkeit oder einem Eigenkapitalinstrument führt.
Hierunter fallen sowohl originäre als auch derivative Finanzinstrumente. Als Derivat gelten Finanzinstrumente, deren Wertentwicklung von einem sog. Basisgut (bspw. Zinssatz, Wertpapierkurs oder Rohstoffpreis) abhängt und die i. d. R. eine relativ geringe bzw. keine Anschaffungsauszahlung erfordern und erst zu einem späteren Zeitpunkt beglichen werden (IAS 39.9). Beispiele für Derivate sind Optionen, Futures, Forwards oder Swaps. Der Ansatz eines Finanzinstruments hat zu erfolgen, sobald das bilanzierende Unternehmen Partei eines Vertrags wird, der zu einem Finanzinstrument führt (IAS 39.14).
486
IAS 39
G
Alle Finanzinstrumente sind bei Zugang mit ihrem Fair Value zu bewerten (IAS 39.43-44). Die Folgebewertung hängt davon ab, welcher Kategorie das Finanzinstrument zugeordnet wird. Einige Finanzinstrumente sind zum Fair Value (erfolgswirksam oder erfolgsneutral), andere dagegen zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten (IAS 39.45-70).
Differenzierte Bewertungsvor schriften in der Folgebewertung
Folgende Finanzinstrumente sind auch im Rahmen der Folgebewertung zum Fair Value zu bewerten:
FairValue Bewertung ...
•
•
Finanzinstrumente des – ggf. gewillkürten – Handelsbestands (financial instruments at fair value through profit or loss) Alle Finanzinstrumente des Handelsbestands müssen dieser Kategorie zugeordnet werden. Hierunter fallen auch Derivate. Finanzinstrumente können dieser Kategorie auch freiwillig zugeordnet werden, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen (gewillkürter Handelsbestand, so genannte Fair-Value-Option). Alle Änderungen des beizulegenden Zeitwerts werden erfolgswirksam im Periodenergebnis ausgewiesen. Zur Veräußerung verfügbare Finanzinstrumente (available-forsale financial assets) In diese Kategorie fallen alle finanziellen Vermögenswerte, die das Unternehmen als zur Veräußerung verfügbar eingestuft hat oder die in keine andere Kategorie eingeteilt wurden. Nicht realisierte Änderungen des beizulegenden Zeitwerts von Finanzinstrumenten dieser Kategorie werden im other comprehensive income (OCI) im Eigenkapital erfasst. Realisierte Änderungen des beizulegenden Zeitwerts, insbesondere durch Veräußerung bzw. auch bei einer sich ankündigenden außerplanmäßigen Abschreibung, werden im Periodenergebnis ausgewiesen; dabei erfolgt eine Verrechnung mit den OCI-Rücklagen (recycling, IAS 39.55b)
Andere Kategorien von Finanzinstrumenten werden zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet: •
Bis zur Endfälligkeit gehaltene finanzielle Vermögenswerte (heldto-maturity investments) Alle nicht derivativen finanziellen Vermögenswerte, die das Unternehmen bis zur Endfälligkeit halten kann und will, können in diese Kategorie eingeordnet werden.
487
... vs. Bewertung zu fortgeführ ten AHK
G
Anhang: IFRSGuide für Controller •
•
Ausleihungen und Forderungen (loans and receivables) Zu den Ausleihungen und Forderungen zählen alle nicht derivativen Finanzinstrumente, die einen bestimmten oder bestimmbaren Zahlungsmittelzufluss beinhalten und die nicht an einem aktiven Markt notiert sind. Sonstige finanzielle Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten dieser Kategorie gehören nicht zum Handelsbestand und sind nicht als zum Fair Value zu bewerten klassifiziert. Wenige Ausnahmen sind nach der Fair-Value-Option (IAS 39.9b und 39.11A) möglich, wenn so relevantere Informationen gegeben werden oder die Komplexität der Bewertung reduziert bzw. ihre Verlässlichkeit erhöht wird.
Finanzinstrumente, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden, sind zu jedem Bilanzstichtag einem zweistufigen Wertminderungstest zu unterziehen und gegebenenfalls abzuschreiben (IAS 39.58-70). Ausbuchung von Finanz instrumenten nur bei Risiko übergang
Beim Abgang von Finanzinstrumenten ist zu beachten, dass eine Ausbuchung z. B. bei Veräußerung nur dann möglich ist, wenn die Risiken und Chancen an den Erwerber übergehen (IAS 39.18 und 20). Damit sind beispielsweise beim unechten Factoring von Kundenforderungen, bei dem das Bonitätsrisiko beim abtretenden Unternehmen verbleibt, diese Forderungen dort weiterhin als Finanzinstrument auszuweisen.
Bilanzierung von Siche rungsbeziehun gen
Ein weiteres von IAS 39 abgedecktes Thema ist die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (IAS 39.71-102). Hedging bezeichnet dabei die Absicherung von Risiken durch das Eingehen eines gegenläufigen Risikos in Form eines Sicherungsinstruments, das zur Sicherung eines bestimmten Risikos designiert wird und geeignet ist. Beim Hedge Accounting werden Grundgeschäft (hedged item) und Sicherungsinstrument (hedging instrument) als Bewertungseinheit betrachtet. Allerdings ist die Bilanzierung von Sicherungsgeschäften an strenge Bedingungen geknüpft (IAS 39.88): •
•
Zu Beginn muss die Sicherungsbeziehung formell festgelegt und dokumentiert werden, einschließlich der Risikomanagementzielsetzungen und -strategien des Unternehmens. Die Absicherung muss im hohen Maße als wirksam eingeschätzt werden (prospektive Effektivität).
488
IAS 39 • • •
G
Geplante abgesicherte Transaktionen müssen sehr wahrscheinlich sein. Die Wirksamkeit der Sicherungsbeziehung muss verlässlich bestimmbar sein. Die Sicherungsbeziehung muss fortlaufend beurteilt und als tatsächlich hoch wirksam eingeschätzt werden (retrospektive Effektivität).
Besonderheiten
Langfristige Forderungen und Verbindlichkeiten, die nicht zum Fair Value bewertet werden, müssen abgezinst werden. Der Abzinsungsbetrag wird mithilfe der Effektivzinsmethode auf die Laufzeit verteilt, sodass bei Laufzeitende der Rückzahlungsbetrag ausgewiesen wird. Weiterhin gilt: Eine isolierte Betrachtung von IAS 39 ist nicht sinnvoll. Bilanzierungsfragen zu Finanzinstrumenten sind immer im Zusammenspiel mit IAS 32 sowie IFRS 7 zu betrachten. Wesentliche Interpretationen •
•
IFRIC 5 (Rechte auf Anteile an Fonds für Entsorgung, Wiederherstellung und Umweltsanierung/Rights to Interests Arising from Decommissioning, Restoration and Environmental Funds) IFRIC 9 (Erneute Beurteilung eingebetteter Derivate/Reassessment of Embedded Derivatives)
Aktuelle Projekte des IASB
Bisher unterlag IAS 39 als einer der komplexesten und umfangreichs270 ten IFRS laufend Änderungs- und Ergänzungsprojekten . Zurzeit existiert ein Gemeinschaftsprojekt mit dem FASB, das sich mit der Verbesserung und Vereinfachung von IAS 39 beschäftigt. Hierzu wurde eine „Financial Instruments Working Group“ eingerichtet. Eine Standardänderung ist derzeit noch nicht absehbar. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar.
270
Ausführliche Informationen über den Verlauf dieser Änderungs- und Ergänzungsprojekte finden sich u. a. bei: Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 2006, S. 514f.
489
Abzinsung von langfristigen Forderungen und Verbind lichkeiten
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Controllingimplikationen
Im Kontext von IAS 39 sind vor allem folgende Controllingimplikationen zu beachten: Rückgriff auf das Risikocont rolling
•
Kapitalkosten
•
Rückgriff auf das Risikocontrolling für Zwecke des HedgeAccounting: Die Controllingimplikationen von IAS 39 betreffen zunächst vor allem das Hedge-Accounting. So verlangt IAS 39 u. a., dass das Management seine Risikomanagementstrategie festlegt und dass sich zu bilanzierende Sicherungsbeziehungen in diese Strategie einfügen. Damit soll der IFRS-Bilanzierung ein technisches Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, das zur Vermeidung von nicht der wirtschaftlichen Realität entsprechenden Schwankungen im Erfolgsausweis beiträgt. Zudem kann die Bilanzierung finanzieller Sicherungsbeziehungen ohne Rückgriff auf das interne Risikomanagement durch das Abweichen vom internen Risikomanagement zu erheblichem Mehraufwand führen. Ausbuchung von Finanzinstrumenten nur bei Risikoübergang Häufig versuchen Unternehmen, Kapitalkosten durch den Verkauf von Finanzinstrumenten zu senken, wenn die damit erworbenen Barmittel zum Schuldenabbau verwendet werden. In den Fällen, in denen das Risiko aber beim veräußernden Unternehmen verbleibt, so z. B. beim unechten Factoring oder bei der Ausgabe von Asset Backed Securities, müssen die Finanzinstrumente weiterhin in der Bilanz des Unternehmens gezeigt werden. Es wird so durch die Transaktion zwar eine verbesserte Liquiditätssituation erreicht, nicht aber die bilanzpolitisch beabsichtigte Reduktion des Vermögensausweises.
490
IAS 40
G
IAS 40 Bezeichnung
Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien / Investment Property Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 40 beschreibt die Bilanzierung, Bewertung und Offenlegung für Grundstücke bzw. Gebäude, die vorrangig der Erzielung von Mieteinnahmen bzw. Wertsteigerungszwecken dienen (Renditeimmobilien). Dem Standard unterliegt der Eigentümer bzw. im Fall eines finance lease der Leasingnehmer der Immobilie. Unter Umständen kann auch im Rahmen eines mietähnlichen Leasings (operating lease) ein Grundstück oder ein Gebäude als Finanzinvestition klassifiziert werden. Für den Geschäftsbetrieb genutzte Immobilien sind von IAS 40 ausgenommen. Dazu gehören Immobilien, • • • •
Ausnahmen von IAS 40
die für die Produktion oder den Verkauf von Gütern verwendet werden, die für Verwaltungszwecke gehalten werden, die durch den Eigentümer selbst genutzt und die für Dritte erstellt werden.
Inhalt
Die Erstbewertung von Renditeimmobilien erfolgt zu Anschaffungsbzw. Herstellungskosten. Diese Kosten beinhalten die direkt zurechenbaren Transaktionskosten, jedoch insbesondere keine Gründungs- oder Anlaufkosten.
Erstbewertung von Renditeim mobilien ...
Bei Leasingverhältnissen erfolgt die Bewertung in Höhe des Fair Value der geleasten Immobilien oder – sofern niedriger – in Höhe des Barwerts der Leasingraten (IAS 17.20). Zur Folgebewertung können zwei Methoden verwendet werden, allerdings einheitlich für alle Renditeimmobilien: •
Fair-Value-Bewertung (IAS 40.33-55) Die Bewertung erfolgt zu jedem Abschlussstichtag auf Basis des Preises, zu dem die Renditeimmobilie zwischen sachkundigen, voneinander unabhängigen und abschlusswilligen Geschäftspartnern getauscht werden würde. Dieser Zeitwert wird i. d. R. durch
491
... vs. Folgebe wertung.
FairValue Bewertung erfordert i. d. R. Gutachtertätig keit
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
•
Stets sind Fair Values offenzu legen
unabhängige Gutachter ermittelt. Bei unternehmensinterner Bewertung ist neben einer umfassenden Begründung auch die ausführliche Dokumentation der Annahmen und Schlussfolgerungen notwendig. Veränderungen in der Fair-Value-Bewertung werden erfolgswirksam verbucht. Anschaffungskostenmethode (IAS 40.56) Alternativ kann eine Renditeimmobilie zu den historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich kumulierter planund außerplanmäßiger Abschreibungen gemäß IAS 16 bewertet werden.
Unabhängig von der gewählten Bewertungsmethode ist für Offenlegungszwecke im Anhang stets der Fair Value der Renditeimmobilien zu bestimmen. Bei Renditeimmobilien der Immobilie ist die Differenz zwischen dem erwirkten Erlös und dem aktuellen Buchwert erfolgswirksam zu verbuchen. Controllingimplikationen
IAS 40 ist vor allem für das finanzwirtschaftliche bzw. Risikocontrolling relevant, wenn das Unternehmen einen wesentlichen Bestand an Renditeimmobilien bewirtschaftet. Informationen für Bewer tungsgutachten
•
Einfluss auf Performance Messung
•
Unterstützung der Fair-Value-Bewertung von Renditeimmobilien Auch wenn die Fair-Value-Bewertung von Renditeimmobilien i. d. R. über externe Gutachten erfolgt, können aus dem Controllerbereich Plan- oder Ist-Daten aus dem Projektcontrolling heraus für die Gutachter bedeutsam sein. Fair-Value-Bewertung beeinflusst Performance-Kennzahlen Die Fair-Value-Bewertung von Renditeimmobilien führt dazu, dass das Vermögen im Vergleich zur HGB-Bilanzierung typischerweise höher ausgewiesen wird und das Periodenergebnis durch vorgezogene Gewinne bzw. durch eine höhere Volatilität. Diese – aus betriebswirtschaftlicher Sicht adäquate – Abbildung von Renditeimmobilien im IFRS-Abschluss führt im Vergleich zum HGB zu niedrigeren Wertbeiträgen bzw. Renditekennzahlen. Damit verschlechtern sich langfristig die ausgewiesenen Wertbeiträge.
492
IAS 41
G
IAS 41 Bezeichnung
Landwirtschaft / Agriculture Anwendungsbereich und Zielsetzung
IAS 41 regelt die Bilanzierung von landwirtschaftlicher Tätigkeit. Dabei ist unter landwirtschaftlicher Tätigkeit das Management der Transformation biologischer Vermögenswerte, d. h. von lebenden Tieren oder Pflanzen (bspw. Schafe oder Weinstöcke), in landwirtschaftliche Erzeugnisse (bspw. Wolle oder Weintrauben) zu verstehen. Der Standard findet somit nur zum Zeitpunkt der Ernte Anwendung auf landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Produkte aus der Weiterverarbeitung (nach obigem Beispiel Garne oder Wein) sind danach als Vorräte gemäß IAS 2 oder einem anderen Standard zu bilanzieren. Daneben wird in IAS 41 auch die Bilanzierung von Zuwendungen der öffentlichen Hand geregelt, die für biologische Vermögenswerte gewährt werden.
Anwendung nur zum Zeitpunkt der Ernte landwirtschaft licher Erzeug nisse
Nicht anwendbar ist der Standard hingegen auf Grundstücke oder immaterielle Vermögenswerte, die im Zusammenhang mit landwirtschaftlicher Tätigkeit stehen und gemäß IAS 16, 40 oder 38 bilanziert werden. Inhalt
IAS 41 enthält im Kern folgende Regelungen: •
Bewertung (IAS 41.10-33) Biologische Vermögenswerte werden beim erstmaligen Ansatz und in der Folge zum Fair Value abzüglich der geschätzten Verkaufskosten bewertet. Landwirtschaftliche Erzeugnisse werden zum Zeitpunkt der Ernte ebenfalls zum beizulegenden Zeitwert abzüglich der geschätzten Verkaufskosten bewertet. Fair-Value-Änderungen sind in beiden Fällen in das Periodenergebnis einzubeziehen. Bei den Verkaufskosten handelt es sich z. B. um Provisionen, Abgaben, Verkehrsteuern oder Zölle.
493
Bewertung zum Fair Value abzüglich Verkaufskosten
G Sondervor schriften für Subventionen
Anhang: IFRSGuide für Controller •
Erfassung von Zuwendungen der öffentlichen Hand (IAS 41.3438) Die Bilanzierung von Zuwendungen der öffentlichen Hand unterscheidet sich von den in IAS 20 enthaltenen Vorschriften. Gemäß IAS 41 müssen die Zuwendungen mit biologischen Vermögenswerten in Zusammenhang stehen. Des Weiteren wird zwischen bedingten und unbedingten Zuwendungen unterschieden. An eine Zuwendung kann so bspw. die Bedingung geknüpft sein, eine bestimmte landwirtschaftliche Fläche für 5 Jahre zu bewirtschaften. Während unbedingte Zuwendungen nur dann als Ertrag zu erfassen sind, wenn die Zuwendung einforderbar wird, sind bedingte Zuwendungen immer dann als Ertrag zu erfassen, wenn die mit der Zuwendung verbundenen Bedingungen erfüllt sind.
Besonderheiten
Für biologische Vermögenswerte und insbesondere für landwirtschaftliche Produkte gibt es i. d. R. aktive Märkte. Somit geht IAS 41 davon aus, dass ein beizulegender Zeitwert in vielen Fällen verlässlich bestimmt werden kann. Nur in Ausnahmefällen ist auf alternative Berechnungsmethoden des beizulegenden Zeitwerts zurückzugreifen. Controllingimplikationen Geringe Cont rollingrelevanz
Aufgrund des begrenzten Anwendungsbereichs hat der vorliegende Standard kaum Relevanz für das Controlling. Im Rahmen des Management Approach sind ggf. aus dem Controllerbereich Informationen darüber bereitzustellen, ob die mit öffentlichen Zuwendungen verbundenen Bedingungen tatsächlich erfüllt worden sind.
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IFRS 1
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IFRS 1 Bezeichnung
Erstmalige Anwendung der International Financial Reporting Standards / First-time Adoption of International Financial Reporting Standards Anwendungsbereich und Zielsetzung
IFRS 1 regelt die Aufstellung des ersten IFRS-Abschlusses eines Unternehmens sowie die im Umstellungsjahr veröffentlichten Zwischenberichte gemäß IAS 34. Der erste IFRS-Abschluss soll dabei einen geeigneten Ausgangspunkt für die Finanzberichterstattung nach internationalen Rechnungslegungsstandards darstellen. Durch erleichterte Vorgaben für die erstmalige Abbildung des Unternehmens im IFRSAbschluss sollen die Kosten der Erstellung den Nutzen der Informationen für die Abschlussadressaten nicht übersteigen.
Erleichterungen für den ersten IFRSAbschluss und Zwischen berichte
Inhalt
IFRS 1 fordert grundsätzlich, dass ein Unternehmen bei der erstmaligen Erstellung eines IFRS-Abschlusses alle zu diesem Zeitpunkt gültigen Standards befolgt.
Anwendung aktueller Stan dards
Damit ein Unternehmen im Sinne des IFRS-Abschlusses als erstmaliger Anwender qualifiziert ist, darf es bisher noch keinen Abschluss veröffentlicht haben, der gemäß IAS 1.14 ausdrücklich und vorbehaltlos den IFRS entspricht. Freiwillige interne Probeabschlüsse oder IFRS-Abschlüsse ohne diese Zusatzangabe beeinträchtigen die Eigenschaft des Unternehmens als Erstanwender nicht – wohl aber, wenn die Angabe nach IAS 1.14 für den vergangenen Abschluss gemacht wurde, dieser Abschluss aber nicht den IFRS entsprach.
Formales Kriteri um für Erstan wendung
Zum Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS muss ein Unternehmen für die Finanzberichterstattung, die einen Vorjahresvergleich gemäß IFRS erfordert, insgesamt drei IFRS-Bilanzen sowie zwei IFRS-GuVs erstellen. Für die Rechnungslegungsumstellung zum 31.12.2007 bedeutet dies beispielsweise die Erstellung einer IFRS-Eröffnungsbilanz bereits zum 1.1.2006. Diese IFRS-Eröffnungsbilanz des Vorjahres muss im ersten IFRS-Abschluss jedoch nicht offengelegt werden. Aufgrund der erforderlichen Informationen für die IFRS-basierte Verbuchung der Geschäftsvorfälle ist es aber gerade in größeren Unternehmen kaum
Zwei Jahre Vorlauf für die IFRS Umstellung
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Anhang: IFRSGuide für Controller
möglich, mit dem Umstellungsprojekt erst nach dem Zeitpunkt dieser Vorjahres-Eröffnungsbilanz zu beginnen. Um den Abschlussadressaten die veränderten Auswirkungen der IFRSRechnungslegung auf die Abbildung des Unternehmens zu verdeutlichen, ist der erste IFRS-Abschluss um zwei Überleitungsrechnungen (reconciliations) zu ergänzen (IFRS 1.39, vgl. Abbildung 82): Überleitungs rechnung von Eigenkapital und Ergebnis
•
•
die Überleitungsrechnungen des Eigenkapitals von HGB auf IFRS sowohl zum Zeitpunkt der letztmaligen HGB-„Schlussbilanz“ sowie zum Übergangszeitpunkt (in dem o. a. Beispiel wären dies der 31.12.2006 sowie der 31.12.2007). die Überleitung des Periodenergebnisses von HGB auf IFRS für das Jahr der letztmaligen HGB-Bilanzierung. (In dem o. a. Beispiel würde dies das Jahresergebnis 2006 betreffen). Geschäftsjahr 2006
Geschäftsjahr 2007
Übergangsjahr (transition period)
Berichtsjahr (reporting period)
01.01.2006
Letzte HGB-Eröffnungsbilanz IFRS-Eröffnungsbilanz erforderlich, jedoch nicht zu veröffentlichen Überleitungsrechnung des Eigenkapitals von HGB nach IFRS
31.12.2006
Letzte HGB-Schlussbilanz IFRS-Eröffnungsbilanz und IFRS-GuV 2006 Überleitungsrechnung des Eigenkapitals von HGB nach IFRS Überleitungsrechnung des Periodenergebnisses 2006 von HGB auf IFRS
Zwischenberichte nach IFRS ggf. für Vergleichswerte erforderlich, sofern im Berichtsjahr (2007) die Zwschenberichte nach IFRS erstellt werden sollen
31.12.2007
IFRS-Schlussbilanz (erstmaliger IFRS-Abschluss) Publikation mit Vergleichswerten des Vorjahres (IFRSEröffnungsbilanz sowie IFRSGuV 2006) sowie mit Überleitungsrechnungen
Zwischenberichte nach IFRS unbedingt erforderlich, um in 2008 zumindest Vergleichswerte angeben zu können
Abb. 82: Zeitliche Struktur der Rechenwerke in der IFRS-Umstellung Erfolgsneutrale Anpassung des Jahresabschlus ses auf IFRS
Für die Erstellung der IFRS-Eröffnungsbilanz sind folgende Bilanzierungs- und Bewertungsschritte erfolgsneutral vorzunehmen (IFRS 1.10): •
•
Sämtliche Vermögenswerte und Schulden, die nach den IFRS zu aktivieren bzw. zu passivieren sind, sind in der Bilanz anzusetzen (Beispiel: immaterielle Vermögenswerte). Sämtliche Vermögenswerte und Schulden, deren Ansatz gemäß der IFRS ausgeschlossen ist, sind nicht in der Bilanz anzusetzen (Beispiel: Aufwandsrückstellungen).
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IFRS 1 •
•
G
Sämtliche Bilanzposten sind gemäß der IFRS-Klassifizierung von Vermögenswerten, Schulden und Eigenkapitalbestandteilen zu gliedern (Beispiel: Umklassifizierung von mietähnlichen Leasingverträgen als Finance Lease). Die Bewertung sämtlicher Vermögenswerte und Schulden hat IFRS-konform zu erfolgen (Beispiel: Fair-Value-Bewertung von Finanzinstrumenten).
Die Erstellung der Eröffnungsbilanz muss grundsätzlich retrospektiv erfolgen, d. h. alle Vermögenswerte und Schulden sind so in der Bilanz anzusetzen und zu bewerten, als ob schon immer nach IFRS bilanziert worden wäre.
Grundsatz der retrospektiven Anwendung
Achtung: Nach dem früher geltenden und durch IFRS 1 ersetzten SIC8 mussten bei der retrospektiven Anwendung die IFRS auch jeweils so umgesetzt werden, wie sie zum Zeitpunkt des zu Grunde liegenden Geschäftsvorfalls anzuwenden waren. Mit der zunehmenden Komplexität und Änderungsgeschwindigkeit der IFRS war dieses Vorgehen praktisch kaum noch zu realisieren. Aus diesem Grund sind die IFRS zwar retrospektiv anzuwenden – aber „nur“ in der Version, die zum Umstel lungszeitpunkt in Kraft ist. Neue, noch nicht in Kraft getretene Standards dürfen im erstmaligen IFRS Abschluss ebenfalls angewendet werden, falls dies – wie meist üblich – gemäß den dortigen Regelungen zulässig ist. Übergangsvorschriften dieser Standards dürfen in dem Fall allerdings nicht in Anspruch genommen werden.
Da die retrospektive Anwendung für lange zurückliegende Geschäftsvorfälle aufwändig bzw. sogar unmöglich sein kann, wenn z. B. bestimmte Informationen aus Immobilien- oder M&A-Transaktionen gar nicht mehr vorliegen, gewährt IFRS 1 Ausnahmen (IFRS 1.13-25F) bzw. verbietet in vier Fällen sogar die retrospektive Anwendung (IFRS 1.26-34B). Die Ausnahmen betreffen u. a.: • • • • • •
Unternehmenszusammenschlüsse (IFRS 3), Sachanlagen (IAS 16), immaterielle Vermögenswerte (IAS 38) und als Finanzinvestition gehaltene Immobilien (IAS 40), Leistungen an Arbeitnehmer (IAS 19), Fremdwährungsdifferenzen (IAS 21), Einstufung von Finanzinstrumenten, strukturierte Finanzinstrumente (IAS 32, IAS 39), Tochterunternehmen, deren Konzernmutter nach IFRS bilanziert (IAS 27, IAS 28, IAS 31),
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Elf Ausnahmen von der retro spektiven Anwendung
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Anhang: IFRSGuide für Controller • • •
Vier Verbote der retrospektiven Anwendung
Anteilsbasierte Vergütung (IFRS 2), Versicherungsverträge (IFRS 4), Leasing (IAS 17).
Verboten ist die retrospektive Anwendung bei Geschäftsvorfällen betreffend die Ausbuchung von Finanzinstrumenten, die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen, die Berücksichtigung von Schätzungen sowie von zur Veräußerung gehaltenen Vermögenswerten und aufgegebenen Geschäftsbereichen. So müssen beispielsweise die Schätzungen der letzten HGB-Bilanz unabhängig von den Unterschieden in der Bilanzierung und Bewertung - mit den Schätzungen in der IFRS-Eröffnungsbilanz übereinstimmen. Neue Informationen, die zu einer Änderung von Schätzungen führen, oder identifizierte Fehler in der Rechnungslegung sind ausschließlich gemäß IAS 10 zu behandeln.
Wertminde rungstest für Goodwill im Rahmen der Umstellung stets erforder lich
Der Anhang B des IFRS 1 regelt ausführlich den erleichterten Umgang mit in der Vergangenheit erworbenen Unternehmensanteilen: Insbesondere kann ein Unternehmen die Regelungen des IFRS 3 erst ab einem selbst gewählten Zeitpunkt der Vergangenheit rückwirkend anwenden oder auf die retrospektive Anpassung verzichten. Unabhängig von Hinweisen auf Wertminderung ist zum Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS die Werthaltigkeit des Goodwills gemäß IAS 36 zu überprüfen. Wertminderungen sind erfolgsneutral zu verbuchen. Ferner kann im Gegensatz zu den Regelungen des IAS 16, die unterschiedliche Bewertungsansätze nur auf Gruppenebene der Sachanlagen zulassen, ein Unternehmen zum Umstellungszeitpunkt für jede einzelne Vermögensposition eine Neubewertung vornehmen. Der ermittelte Fair Value der Sachanlage wird zum Zeitpunkt der Bewertung als Anschaffungs- und Herstellungskosten angesehen (deemed cost) und bildet den Ausgangspunkt späterer planmäßiger Abschreibungen (IFRS 1.16-19).
Keine Erleichte rungen bei Anhangangaben
Da IFRS 1 die Anhangangaben anderer IFRS nicht einschränkt, muss der erstmalige IFRS-Abschluss den Offenlegungspflichten sämtlicher IFRS genügen. Aktuelle Projekte des IASB
Im März 2006 wurden notwendige Änderungen des IFRS 1 auf die Arbeitsagenda des IASB gesetzt. Insbesondere werden weitere Erleich-
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IFRS 1
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terungen in der Behandlung von Tochtergesellschaften im Einzelabschluss der Konzernmutter diskutiert. Spätestens für 2007 wird noch ein Änderungsentwurf zu IFRS 1 erwartet. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen
IFRS 1 ist in der Phase der IFRS-Umstellung von hoher Controllingrelevanz, da insbesondere für die retrospektive Anwendung der IFRS zum Teil umfangreiche Informationen aus den Controllerbereichen bereitgestellt werden müssen. Insoweit ist eine frühzeitige Einbindung des Controllerbereichs in die IFRS-Umstellung von hoher Bedeutung.
Hohe Belastung des Controller bereichs in Umstellungs phase
Idealerweise kann der Controllerbereich schon im Vorfeld interne Instrumente schrittweise anpassen, um den Übergang auf die IFRSBilanzierung und die Anpassungen im Controllinginstrumentarium, die durch den Management Approach bzw. ggf. auch bei einer integrierten Rechnungslegung unter IFRS erforderlich werden, zu erleichtern. Dies betrifft beispielsweise: •
• •
• • •
die Umstellung der internen Managementerfolgsrechnung auf das Umsatzkostenverfahren, sofern dies nicht ohnehin schon verwendet wird, den Aufbau von IFRS-Knowhow im Controllerbereich, die Anpassung der Reportingstrukturen zur Vorbereitung der Segmentberichterstattung bzw. in diesem Zusammenhang ggf. erste Maßnahmen zur Integration der Rechnungslegung, die Neugestaltung von Planungssystemen, um den Anforderungen insbesondere des IAS 36 zu genügen, die Verschlankung interner Transaktionsprozesse, um IFRSAbschlüsse zeitnah zu generieren, die Überprüfung des Projektcontrollings im Anlagenbau oder F&EBereich daraufhin, ob sie den Anforderungen der IFRS genügen.
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Vorbereitende Schritte für die IFRSUmstel lung im Con trolling
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Anhang: IFRSGuide für Controller
IFRS 2 Bezeichnung
Anteilsbasierte Vergütung / Share-based Payment Anwendungsbereich und Zielsetzung
IFRS 2 regelt die Bilanzierung von anteilsbasierter Vergütung, die in der Praxis häufig mit Aktienoptionsplänen als Teil der Managemententlohnung in Verbindung gebracht wird. In den Anwendungsbereich fallen jedoch alle Transaktionen mit anteilsbasierter Vergütung, die in Zusammenhang mit der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen allgemein stehen. Diese können drei Gestaltungsformen annehmen (IFRS 2.2): Gestaltungs • formen anteils basierter Vergü tung
•
•
Anteilsbasierte Vergütungen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente (equity-settled share-based payment transactions) Hierbei handelt es sich um Geschäftsvorfälle, bei denen Mitarbeiter oder andere Personen mit Aktien, Aktienoptionen oder anderen Eigenkapitaltiteln vergütet werden (so genannte echte oder reale Pläne). Anteilsbasierte Vergütungen mit Barausgleich (cash-settled sharebased payment transactions) Dies betrifft Geschäftsvorfälle, die zwar in bar oder durch andere Vermögenswerte abgegolten werden, die Höhe der Barzahlung richtet sich jedoch nach dem Wert von Eigenkapitalinstrumenten (so genannte virtuelle Pläne, bei denen die Vermögenswirkung eines realen Plans beim Empfänger durch Barzahlung nachgebildet wird). Anteilsbasierte Vergütungen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente oder durch Barausgleich (share-based payment transactions with cash alternatives) Hierbei geht es um Geschäftsvorfälle, bei denen das Unternehmen oder der Empfänger die Wahl hat, ob der Ausgleich in bar oder durch die Ausgabe von Eigenkapitalinstrumenten erfolgen soll.
IFRS 2 ist unabhängig von der Rechtsform und der Größe von allen Unternehmen anzuwenden. Aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen sind u. a. die Ausgabe von Aktien bei einem Unternehmenszusammenschluss gemäß IFRS 3 sowie derivative Warentermingeschäfte gemäß IAS 32 und IAS 39 (IFRS 2.5-6).
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IFRS 2
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Inhalt
IFRS 2 darf erst angewendet werden, wenn dem Unternehmen Güter oder Dienstleistungen, z. B. die Arbeitsleistung des Managements, zugehen. Aktivierungspflichtige Leistungen, z. B. Sachleistungen eines Lieferanten, sind dabei zu aktivieren. Bei nicht aktivierungspflichtigen Dienstleistungen wird in Höhe der Gegenleistung ein Aufwand verbucht, im Fall der Managemententlohnung in Form von Personalaufwand. Der Vertragspartner enthält dann – je nach Vereinbarung – vom Unternehmen Eigenkapitalinstrumente oder eine Barvergütung, deren Höhe sich am Wert eines Eigenkapitalinstruments, z. B. Aktien oder Aktienoptionen, bemisst. Die Verbuchung dieser Gegenleistung des Unternehmens erfolgt konsequent im Eigenkapital (Erhöhung der Kapitalrücklage), wenn Eigenkapitalinstrumente ausgegeben werden, oder im Falle der Barvergütung als Verminderung des Vermögens, z. B. des Kassenbestands. Die Bewertung der Gegenleistung erfolgt in Abhängigkeit der drei o. a. Gestaltungsformen. •
Anteilsbasierte Vergütungen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente (IFRS 2.10-29) Die erworbenen Güter oder Dienstleistungen und die entsprechende Erhöhung des Eigenkapitals sind mit dem Fair Value der erhaltenen Güter oder Dienstleistungen zu bewerten. Wenn der Wert der erhaltenen Leistung nicht verlässlich bestimmbar ist, muss der Fair Value der Eigenkapitalentlohnung, d. h. der Marktwert der Anteile, verwendet werden. Bei der Vergütung von Arbeitsleistungen stellt sich das Problem, dass es immer schwierig ist, den Fair Value des Zusatznutzens aus der Mitarbeiterleistung für das Unternehmen zu bestimmen. Daher sind diese Leistungen immer mit dem Fair Value der Eigenkapitalentlohnung zu bewerten. Bei der Ermittlung des Fair Value der Eigenkapitalentlohnung sind bestimmte Erwerbsbedingungen (vesting conditions) zu berücksichtigen. Eine übliche Bedingung bei der Entlohnung in Aktien oder Aktienoptionen ist z. B., dass Mitarbeiter bis zum Ende einer vorgegebenen Sperrfrist im Unternehmen verbleiben bzw. die Aktien
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Aktienoptions pläne: Bewer tung des Perso nalaufwands zum Marktwert der Anteile
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Anhang: IFRSGuide für Controller
•
•
oder Optionen erst nach Ablauf der Sperrfrist bzw. zu festgelegten Zeitpunkten verkaufen oder ausüben dürfen. Anteilsbasierte Vergütungen mit Barausgleich (IFRS 2.30-33) Der Wert der Barentlohnung ist über den Fair Value der Schuld zu ermitteln. Grundsätzlich ist in gleicher Weise wie bei der Eigenkapitalentlohnung vorzugehen. Eine Besonderheit liegt jedoch darin, dass die Schuld zu jedem Berichtsstichtag und am Erfüllungstag neu zu bewerten ist. Fair-Value-Änderungen sind erfolgswirksam zu erfassen. Anteilsbasierte Vergütungen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente oder durch Barausgleich (IFRS 2.34-43) Grundsätzlich sind diese anteilsbasierten Vergütungen in ihren Eigenkapital- und Barentlohnungsbestandteil aufzuteilen. Diese sind individuell nach den für sie geltenden Regeln zu bilanzieren.
Im Anhang sind detaillierte Angaben über das Wesen und das Ausmaß der aktienbasierten Vergütungszusagen, zu den Annahmen und Methoden der Ermittlung der Fair Values sowie zu den Effekten auf das Periodenergebnis und die Finanz- und Vermögenslage des Unternehmens zu machen. Besonderheiten IFRS 2: Ende der „Selbstbedie nung“ im Top Management
Mit der Einführung von IFRS 2 wurde der bisher üblichen Bilanzierungspraxis, an Mitarbeiter ausgegebene Aktienoptionen nur mit dem inneren Wert zum Zusagezeitpunkt, der in der Regel bei null liegt, zu erfassen und damit faktisch nicht auszuweisen, ein Ende gesetzt. Bewertung von Aktienoptionen für Zwecke der Managementvergü tung: Der innere Wert einer Aktienoption ist im Fall der hier relevanten Kauf (Call)Option die Differenz zwischen dem Bezugspreis der Aktie lt. Option und dem aktuellen Aktienkurs und kann niemals unter null sinken. Liegt der Aktienkurs bei Ausgabe einer Aktienoption zum Zweck der Managementent lohnung beispielsweise bei 50 €, dann ist dies in aller Regel auch der Aus übungskurs. Gelingt es dem Management, durch erfolgreiche Unterneh menspolitik den Aktienkurs z. B. auf 60 € im Ausübungszeitpunkt zu stei gern, dann liegt der innere Wert der Option bei 60 € 50 € = 10 €. Dieser Betrag ist dann als „Erfolgsprämie“ für das Management zu sehen. Sinkt der Aktienkurs andererseits dauerhaft unter 50 €, dann ist der Wert der Aktien option bei null – dies ist das Risiko, das das Management tragen muss. Der Fair Value oder Zeitwert einer Aktienoption ist dagegen der Wert, zu dem eine Option verkauft werden kann. Er wird u. a. vom inneren Wert beeinflusst,
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IFRS 2
weicht aber in der Regel ab, weil noch weitere wertbestimmende Faktoren wie z. B. erwartete Gewinnchancen im Fair Value berücksichtigt werden. Die Ermitt lung des Zeitwerts z. B. für Zwecke des IFRS 2 erfolgt auf Basis komplexer fi nanzmathematischer Modelle, wie z. B. dem BlackScholesAnsatz.
Diese Vorgehensweise ist auch heute noch in den USA erlaubt (APB 25, SFAS 123), wobei das FASB durchsetzen konnte, dass in jedem Fall der Fair Value von an Mitarbeiter ausgegebenen Aktienoptionen im Anhang des US-GAAP-Abschlusses berichtet werden muss. Werden Aktienoptionen im Jahresabschluss nämlich nicht gezeigt, wird die Unternehmenslage verzerrt dargestellt: Manager stellen scheinbar ohne Entgelt ihre Arbeitsleistung zur Verfügung. Faktisch wird aber durch die mit der Ausübung der Aktienoptionen verbundenen Kapitalerhöhung das Eigenkapital verwässert, d. h. die Ansprüche der Alteigentümer auf Dividenden oder Kapitalrückzahlung sinken. Gleichzeitig besteht die Gefahr der „Selbstbedienung“ – d. h. das Management setzt, ohne dass es den Altaktionären offengelegt wird, umfangreiche Aktienoptionspläne durch, bei denen die Gewinnchancen im Vergleich zu der zu erbringenden Leistung überhöht sind. Erst durch die u. a. in IFRS 2 oder wahlweise in SFAS 123 mögliche Bilanzierung, nämlich die Ausgabe von Aktienoptionen als Personalaufwand und als Eigenkapitalerhöhung (i. d. R. innerhalb der Kapitalrücklage) zu zeigen, wird die Verwässerung des Eigenkapitals und die Entlohnung der Managementleistung den Investoren wirtschaftlich adäquat offengelegt. Wesentliche Interpretationen • •
IFRIC 8 (Anwendungsbereich von IFRS 2 / Scope of IFRS 2) IFRIC 11 (Geschäfte mit eigenen Aktien und Aktien von Konzernunternehmen / Group and Treasury Share Transactions)
Aktuelle Projekte des IASB
Im Februar wurde ein Änderungsentwurf zu IFRS 2 vorgelegt, der u. a. Änderungen zu vorzeitigen Planbeendigungen sowie eine engere Fassung der Definition von Erwerbsbedingungen (vesting conditions) enthält. Es ist davon auszugehen, dass der überarbeitete Standard noch in spätestens 2007 verabschiedet wird. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar.
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Anhang: IFRSGuide für Controller
Controllingimplikationen
IFRS 2 ist insbesondere für das Personalcontrolling bzw. die Gestaltung von Prämiensystemen im Top Management relevant. Im Controllerbereich sollte zunächst grundsätzliches Verständnis über die Abbildung von Aktienoptionsplänen im IFRS-Abschluss bestehen, um die bilanzielle Wirkung entsprechender Vereinbarungen beurteilen zu können. Reale Aktienop tionspläne führen zu schlechteren Wertbeiträgen und Renditen
Gerade auch für Zwecke des Unternehmensvergleichs ist es wichtig, dass im Unterschied zu einer Barentlohnung die Gewährung von realen Aktienoptionen nicht zu einer Verminderung des Vermögens führt. Da in beiden Fällen der gleiche Personalaufwand gebucht wird, werden bei virtuellen Aktienoptionen höhere Wertbeiträge bzw. Renditen ausgewiesen, da der Überschussgröße (z. B. EBIT oder NOPAT) eine entsprechend höhere Vermögensbasis bzw. Kapitalkosten gegenübergestellt werden. Dieser Effekt muss ggf. in den jeweils relevanten Kennzahlen bereinigt werden.
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IFRS 3
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IFRS 3 Bezeichnung
Unternehmenszusammenschlüsse / Business Combinations Anwendungsbereich und Zielsetzung
IFRS 3 regelt die Finanzberichterstattung für Unternehmenszusammenschlüsse, d. h. die Vereinigung von getrennten Unternehmen oder Geschäftsbetrieben (businesses) zu einem berichtenden Unternehmen. Der Standard behandelt dabei auch die Behandlung von sukzessiven Unternehmenszusammenschlüssen (business combination achieved in stages) und von bereits bilanziertem Goodwill. Von der Anwendung des IFRS 3 sind folgende Unternehmenszusammenschlüsse ausgeschlossen (IFRS 3.3): • •
• •
Gründung eines Joint Venture, Unternehmenszusammenschlüsse von Unternehmen oder Geschäftsbetrieben unter gemeinsamer Beherrschung (entities or businesses under common control), Unternehmenszusammenschlüsse von Unternehmen auf Gegenseitigkeit (mutual entities), so beispielsweise von Genossenschaften, Unternehmenszusammenschlüsse von Unternehmen oder Geschäftsbetrieben, die allein vertraglich ein berichtendes Unternehmen begründen (entity by contract alone), ohne jedoch eine Beteiligung zu erhalten, so beispielsweise die Gründung eines an zwei Kapitalmärkten notierten Unternehmens.
Inhalt
Gemäß IFRS 3 sind alle Unternehmenszusammenschlüsse anhand der sog. Erwerbsmethode (purchase method) zu bilanzieren. Die zuvor in IAS 22 unter restriktiven Gegebenheiten verpflichtend anzuwendende Methode der Interessenzusammenführung (pooling of interests method), die durch die Fortführung der Buchwerte im Jahresabschluss gekennzeichnet ist, wurde mit der Verabschiedung des IFRS 3 analog zu den US-GAAP-Vorschriften (SFAS 141 und 142) abgeschafft. Die Erwerbsmethode erfordert innerhalb jedes Unternehmenszusammenschlusses, dass ein Erwerber identifiziert und die Transaktion aus Erwerbersicht behandelt wird.
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Zwang zur Erwerbsmetho de, Verbot der Methode der Interessenzu sammenführung
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Anhang: IFRSGuide für Controller
Der Erwerber ist ein an dem Unternehmenszusammenschluss beteiligtes Unternehmen, das über die anderen beteiligten Unternehmen oder Geschäftsbetriebe die Beherrschung (control), d. h. einen Einfluss auf die Finanz- und Geschäftspolitik, erreicht. Der Erwerber hat das erworbene Vermögen und die übernommenen Schulden zum Fair Value neu zu bewerten und konsolidiert in seinen Jahresabschluss einzubeziehen. Die Anschaffungskosten des Erwerbers setzen sich aus den folgenden Bestandteilen zusammen (IFRS 3.24-35): •
•
Kaufpreisalloka tion
dem Fair Value zum Akquisitionszeitpunkt der für die Beherrschung übertragenen Eigenkapitalinstrumente, der übertragenen Vermögenswerte und eingegangenen oder übernommenen Schulden und der direkt mit dem Unternehmenserwerb verbundenen Anschaffungskosten, wie z. B. Rechts- und Beratungskosten. Ungewisse, bedingte Anschaffungskosten sind zu berücksichtigen, sofern vorab Bedingungen zur Kaufpreisänderung festgelegt werden, der Eintritt der Bedingungen wahrscheinlich und die Höhe der Kaufpreisanpassung verlässlich bestimmbar sind.
Der Erwerber verteilt die Anschaffungskosten des Unternehmenserwerbs separat auf die identifizierbaren erworbenen Vermögenswerte, Schulden und Eventualschulden, die zum Fair Value neu bewertet werden. Vermögenswerte, die als zur (Weiter-)Veräußerung gehalten klassifiziert werden, werden gemäß IFRS 5 zum Fair Value abzüglich Veräußerungskosten bewertet. Dieses Vorgehen wird als Kaufpreisallokation (purchase price allocation) bezeichnet. Die Ansatzfähigkeit von Vermögen bzw. Schulden bei Unternehmenserwerb unterliegt vom Grundsatz her zwei Voraussetzungen (IFRS 3.36-50): • •
Ansatzpflicht immaterieller Vermögenswer te
verlässliche Ermittlung der Fair Values und wahrscheinlicher Nutzenzu- bzw. -abfluss.
Alle Vermögenswerte und Schulden müssen ferner identifizierbar sein. Insbesondere bei immateriellen, d. h. nicht-physischen Vermögenswerten (intangibles), ist diese Eigenschaft zu überprüfen. Hierfür verweist IFRS 3 auf die Regelungen des IAS 38. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses kein Kriterium des Ansatzes, sondern nur der Bewertung. In der Folge hat der Erwerber viele immate-
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IFRS 3
rielle Vermögenswerte separat vom Goodwill anzusetzen, die zuvor vom Akquisitionsobjekt nicht aktiviert wurden, so beispielsweise laufende Forschungsprojekte, Marken, Kundenlisten, günstige Verträge usw. Der Erwerber kann weiterhin nur solche Schulden ansetzen, die bereits zum Zeitpunkt der Akquisition im Tochterunternehmen existierten und dort gemäß IAS 37 bilanziert wurden. Unzulässig ist überdies der Ansatz von Restrukturierungsrückstellungen und zukünftigen Aufwendungen oder Verlusten, die erst durch den Vollzug des Unternehmenserwerbs ausgelöst werden. Für Eventualschulden gilt im Rahmen des Unternehmenserwerbs – ebenso wie für immaterielle Vermögenswerte – ein erleichterter Ansatz. Die Wahrscheinlichkeit des Nutzenabflusses ist wiederum kein Kriterium des Ansatzes, sondern allein der Bewertung. Der Goodwill ermittelt sich aus dem Überschuss der Anschaffungskosten des Unternehmenserwerbs über den in Höhe der Beteiligungsquote ermittelten Fair Value aller identifizierbaren Vermögenswerte, Schulden und Eventualschulden. Der Goodwill wird als ein Vermögenswert (asset) in Höhe des Erwerberanteils am Gesamtgoodwill des Akquisitionsobjekts aktiviert (Mehrheitsgoodwill). Dabei reduziert die oben dargestellte breite Aktivierungspflicht verschiedenster immaterieller Vermögenswerte beim erworbenen Unternehmen die Höhe des Goodwills.
Goodwill
In den Folgejahren untersagt IFRS 3 die planmäßige Abschreibung des Goodwills. Die Werthaltigkeit des Goodwills ist jährlich und bei Anzeichen auf Wertminderung bereits unterjährig gemäß IAS 36 zu überprüfen (Goodwill-Impairment-Test); vgl. hierzu die entsprechenden Ausführungen zu diesem Standard. Unterschreiten die Anschaffungskosten des Unternehmenserwerbs den beteiligungsanteiligen Nettozeitwert der identifizierbaren Vermögenswerte, Schulden und Eventualschulden, so sind die Identifikation, der Ansatz und die Bewertung der Kaufpreisallokation nochmals zu überprüfen. Verbleibt der negative Unterschiedsbetrag, auch negative goodwill, badwill oder excess genannt, so ist er sofort erfolgswirksam als Aufwand zu erfassen. IFRS 3 verlangt selbst und unter Verweis auf IAS 38 und IAS 36 umfangreiche Anhangangaben (IFRS 3.66-77).
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Badwill
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Anhang: IFRSGuide für Controller
Besonderheiten Weitere Har monisierung zwischen IFRS und USGAAP erwartet
Die Verabschiedung des IFRS 3 führte zu einer starken Annäherung der IFRS an US-amerikanische Regelungen des Unternehmenserwerbs. Im Rahmen zukünftiger Regelungsänderungen zum Unternehmenserwerb sowie zur Fair-Value-Bilanzierung ist eine weitere Annäherung der Standardsetter IASB und FASB zu erwarten. Aktuelle Projekte des IASB
Im Juni 2006 wurden als Abschluss der zweiten Phase des Projekts Business Combinations mehrere Änderungsentwürfe zur IFRS 3 und damit verbundenen Standards, wie z. B. der Aufstellung konsolidierter Jahresabschlüsse (IAS 27), veröffentlicht. Bedeutsame Änderungsvorschläge umfassen: Abkehr vom Anschaffungs kostenprinzip
•
• Ausweis des Minderheiten goodwills
• •
•
der Ansatz des erworbenen Unternehmens oder Geschäftsbetriebes nicht mehr zu den Anschaffungskosten des Erwerbs, sondern zum Fair Value, die damit verbundene sofortige Verbuchung der Anschaffungsnebenkosten als Aufwand, der Ausweis des Goodwills der Mehr- und der Minderheiten des erwerbenden Unternehmens (full goodwill method), die erfolgswirksame Neubewertung bereits gehaltener Anteile am Akquisitionsobjekt zum Zeitpunkt der Beherrschungserlangung, d. h. i. d. R. bei Erlangung von 50 % der Unternehmensanteile und die erfolgsneutrale Verbuchung von Änderungen der Beteiligungsquote ohne Beherrschungsverlust.
Es ist davon auszugehen, dass der in Phase II überarbeitete Standard im dritten Quartal 2007 verabschiedet und ab 2009 Gültigkeit besitzen wird. Weitere Phasen des Projekts Business Combinations sind angedacht. Über Anzahl und Inhalte liegen zum Zeitpunkt der Drucklegung keine Informationen vor. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar. Controllingimplikationen Relevanz hauptsächlich im M&A Controlling
IFRS 3 spielt insbesondere im M&A-Controlling eine wichtige Rolle. Dabei geht es zum einen darum, die Kaufpreisallokation durch Methodenwissen aus dem Controlling, z. B. zur Fair-Value-Bewertung zu
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IFRS 3
stützen. Zum anderen sollten für die Bewertung im Rahmen des Kaufprozesses wie auch für nachgelagerte Kontrollen des Beteiligungserfolgs identische Bewertungsmodelle verwendet werden. Für die Identifikation immaterieller Vermögenswerte sind ggf. auch andere Controllingbereiche heranzuziehen.
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Anhang: IFRSGuide für Controller
IFRS 4 Bezeichnung
Versicherungsverträge / Insurance Contracts Anwendungsbereich und Zielsetzung
IFRS 4 findet Anwendung auf (IFRS 4.2-3): •
•
•
Versicherungsverträge, die ein Unternehmen als Versicherer abschließt, sowie Rückversicherungsverträge (reinsurance contracts), die es abschließt oder annimmt, Finanzinstrumente mit ermessensabhängiger Überschussbeteiligung (discretionary participating feature), die ein Unternehmen im Bestand hält. Hierbei handelt es sich um Finanzinstrumente, die aufgrund ihrer Langfristigkeit und Überschussbeteiligung Lebensversicherungsprodukten ähneln, Finanzgarantieverträge (financial guarantee contracts), wenn Unternehmen diese wie Versicherungsverträge behandeln. Für Finanzgarantien besteht ein Wahlrecht zur Bilanzierung nach IFRS 4 oder IAS 39. Finanzgarantien entschädigen den Inhaber einer Forderung dafür, dass der Schuldner seinen Leistungen nicht nachkommt, bspw. Patronatserklärungen.
Alle anderen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Versicherers, wie bspw. finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten im Anwendungsbereich von IAS 39, werden nicht von IFRS 4 abgedeckt (IFRS 4.4). Inhalt
Ein Versicherungsvertrag ist in IFRS 4 als Vertrag definiert, nach dem eine Partei (der Versicherer) ein signifikantes Versicherungsrisiko von einer anderen Partei (dem Versicherungsnehmer) übernimmt, indem sie vereinbart, dem Versicherungsnehmer eine Entschädigung zu leisten, wenn ein spezifiziertes ungewisses künftiges Ereignis (das versicherte Ereignis) den Versicherungsnehmer nachteilig betrifft. Versicherer ist jede Partei eines Versicherungsvertrags, die Versicherungsrisiko übernimmt, unabhängig davon, ob es sich um ein beaufsichtigtes Versicherungsunternehmen handelt oder ob der Vertrag im rechtlichen Sinne als Versicherungsvertrag angesehen wird.
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IFRS 4
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Im Rahmen der Bilanzierung von Versicherungsverträgen dürfen die Unternehmen in den meisten Aspekten mit der Bilanzierung vor Inkrafttreten von IFRS 4 fortfahren, die aufgrund dieser früheren Regelungslücke vielfach den detaillierten Bilanzierungsregeln für Versicherungsverträge nach US-GAAP entspricht. Dennoch müssen einige Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden verpflichtend angewandt werden (IFRS 4.14).
Methodenwahl rechte
Da diese Regelung die Vergleichbarkeit von Abschlussinformationen nicht gewährleistet, soll mit Anhangangaben ein Mindestmaß an Transparenz und Vergleichbarkeit sichergestellt werden. Es müssen angegeben werden (IFRS 7.36-39):
Umfangreiche Anhangangaben erforderlich
•
•
detaillierte Informationen über die Identifizierung und Erläuterung zu den Beträgen im Abschluss, die sich aus Versicherungsverträgen ergeben, sowie Informationen, die es dem Adressaten ermöglichen, Rückschlüsse auf den Betrag, den Zeitpunkt und die Ungewissheit künftiger Cashflows aus Versicherungsverträgen zu ziehen.
Zu den Anhangangaben ist eine umfangreiche Implementierungshilfe (implementation guidance) veröffentlicht worden. Besonderheiten
IFRS 4 ist faktisch ein branchenspezifischer Standard, der nur in Einzelfällen von Nichtversicherungsunternehmen anzuwenden ist. Aktuelle Projekte des IASB
Das Projekt Insurance Contracts des IASB ist in zwei Phasen eingeteilt. Im März 2004 wurde die erste Phase des Projekts mit der Verabschiedung von IFRS 4 abgeschlossen. Bei IFRS 4 handelt es sich somit um einen Interimsstandard. Phase II, in der die Bilanzierung und Bewertung von Versicherungsverträgen nach IFRS festgelegt werden soll, startete im Juli 2004. Die besondere Problematik liegt hierbei in der Ermittlung von Fair Values für Versicherungsverträge. Ein erster Standardentwurf ist für 2008 geplant; der endgültige Standard wird jedoch nicht vor 2010 erwartet. Eine deutschsprachige Projektzusammenfassung ist unter http://www.standardsetter.de/drsc/projects_drsc/index.php einsehbar.
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G
Anhang: IFRSGuide für Controller
Controllingimplikationen Nur branchen spezifische Controllingrele vanz
Da IFRS 4 faktisch ein branchenspezifischer Standard ist, der sich nur mit Versicherungsverträgen beschäftigt, besteht Controllingrelevanz im Wesentlichen nur für Versicherungsunternehmen.
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IFRS 5
G
IFRS 5 Bezeichnung
Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereiche / Non-current Assets Held for Sale and Discontinued Operations Anwendungsbereich und Zielsetzung
IFRS 5 regelt die Behandlung von zur Veräußerung klassifizierten Vermögenswerten und die Darstellung von aufgegebenen Geschäftsbereichen. Allerdings ist IFRS 5 nicht auf die folgenden Vermögenswerte anzuwenden (IFRS 5.5): • • • • • •
Latente Steueransprüche (IAS 12), Vermögenswerte aus Leistungen an Arbeitnehmer (IAS 19), finanzielle Vermögenswerte (IAS 39), als Finanzinvestition gehaltene Immobilien, die zum Fair Value bewertet werden (IAS 40), langfristige biologische Vermögenswerte, die zum Fair Value abzüglich Veräußerungskosten bewertet werden (IAS 41), und Rechte aus Versicherungsverträgen (IFRS 4).
Inhalt
Analog zur Bezeichnung des Standards lassen sich zwei inhaltliche Themenbereiche unterscheiden. Zunächst regelt IFRS die Behandlung von zur Veräußerung klassifizierten Vermögenswerten (assets held for sale). Hier gilt: • • • •
Sind die Vermögenswerte sofort veräußerbar, ist eine Veräußerung gängig und üblich, liegen ein konkreter Veräußerungsplan und eine intensive Vermarktung zu einem angemessenen Preis vor und wird der Verkauf innerhalb von zwölf Monaten erwartet,
sind die Vermögenswerte in der Bilanz als „zur Veräußerung gehalten“ zu klassifizieren und gesondert auszuweisen (IFRS 5.6-12), z. B. innerhalb des kurzfristigen Sachanlagevermögens. Die Bewertung der zur Veräußerung gehaltenen Vermögenswerte erfolgt in zwei Schritten (IFRS 5.15-19):
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Klassifizierung als “zur Veräu ßerung gehal ten“
Gesonderter Ausweis
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
•
•
Zunächst wird zum Zeitpunkt der Klassifizierung der Buchwert des Vermögenswerts oder der Schuld anhand des korrespondierenden Standards, z. B. bei Sachanlagen IAS 16, ermittelt. Nachfolgend werden die Vermögenswerte gemäß IFRS 5.15 zum niedrigeren Wert aus Buchwert und Fair Value abzüglich Veräußerungskosten bewertet.
Die planmäßige Abschreibung der Vermögenswerte wird mit der Umklassifizierung ausgesetzt. Ggf. anfallende außerplanmäßige Abschreibungen sind erfolgswirksam zu erfassen. Jede nachfolgende Werterhöhung des Fair Value abzüglich Veräußerungskosten wird bis zur Höhe der kumulierten, historischen Wertminderungen gemäß IFRS 5 oder IAS 36 ebenfalls erfolgswirksam behandelt (IFRS 5.20-25). Konzept der Veräußerungs gruppe
Sollen Vermögenswerte gemeinsam in einer Transaktion veräußert werden, so bilden sie zusammen mit den direkt zuzuordnenden Schulden eine Veräußerungsgruppe (disposal group). Die für einzelne Vermögenswerte formulierten Regelungen gelten dann analog für die gesamte Veräußerungsgruppe.
Definition aufgegebener Geschäftsberei che
Die Vorschriften zu aufgegebenen Geschäftsbereichen (discontinued operations) als zweiter Regelungsbereich in IFRS 5 bauen auf den Anforderungen für zur Veräußerung gehaltene Vermögenswerte auf. Ein Geschäftsbereich gilt zu dem Zeitpunkt als aufgegeben (IFRS 5.31-32), • •
zu dem die Anforderungen an eine Klassifizierung als „zur Veräußerung gehalten“ erfüllt sind oder der Geschäftsbereich veräußert bzw. eingestellt wurde.
Eine rückwirkende Klassifizierung, wenn eine dieser Anforderungen erst nach dem Bilanzstichtag erfüllt ist, ist unzulässig (IFRS 5.12). Ein aufgegebener Geschäftsbereich ist dabei (IFRS 5.31-32) • •
ein wesentlichen Geschäftszweig oder geografischer Geschäftsbereich bzw. Teile davon, oder ein erworbenes Unternehmen, das ausschließlich mit der Absicht des Weiterverkaufs akquiriert wurde.
Der aufgegebene Geschäftsbereich und die dort generierten Zahlungsströme müssen von den weitergeführten Unternehmensbereichen klar abgrenzbar sein, d. h. der Geschäftsbereich muss zuvor eine zahlungsmittelgenerierende Einheit (ZGE) gemäß IAS 36 oder eine Gruppe solcher Einheiten gewesen sein.
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IFRS 5
Der Erfolg der aufgegebenen Geschäftsbereiche ist als gesonderter Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen. Auch die zugehörigen Netto-Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit, investiver und finanzieller Tätigkeit sind gesondert in der Kapitalflussrechnung aufzuführen.
G Gesonderter Ausweis in der GuV
Controllingimplikationen
IFRS 5 ist insbesondere im Zentralcontrolling sowohl im Bereich Grundsätze/betriebswirtschaftliche Methoden als auch im Beteiligungscontrolling relevant. •
•
•
Informationsleistung zur Bewertung laufender Veräußerungen bzw. Stilllegungen Von Seiten des Controllerbereichs ist hier die Fair-Value-Bewertung (abzüglich Veräußerungskosten) zur Veräußerung gehaltener Vermögenswerte oder Veräußerungsgruppen, d. h. ggf. von ganzen Unternehmensteilen, zu unterstützen. Dabei sind aufgegebene Geschäftsbereiche unter Rückgriff auf interne Cashflow-/ Finanzinformationen bzw. bestehende ZGE-Strukturen abzugrenzen. Informationen aus der mittelfristigen bzw. strategischen Planung Für eine zukunftsgerichtete Bilanzpolitik bzw. Investorkommunikation werden in der Bilanzierung Informationen auch aus der mittelfristigen bzw. strategischen Planung benötigt, die auf die mögliche Stilllegung bzw. Veräußerungen wesentlicher Vermögenswerte und Einheiten hinweisen. Getrennter Ausweis aufzugebender Bereiche auch für Controllingzwecke sinnvoll Der getrennte Ausweis aufzugebender Bereiche ist auch aus betriebswirtschaftlicher Perspektive für Controllingzwecke sinnvoll. Die entsprechenden Angaben können im Rahmen einer integrierten Rechnungslegung grundsätzlich unverändert übernommen und ausgewiesen werden.
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Informationen über laufende bzw. geplante Veräußerungen und Stilllegun gen
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IFRS 6 Bezeichnung
Exploration und Evaluierung von mineralischen Ressourcen / Exploration for and Evaluation of Mineral Assets Anwendungsbereich und Zielsetzung
IFRS 6 regelt die Abbildung der Exploration und Evaluierung von mineralischen Ressourcen im IFRS-Abschluss. Dies können z. B. Öl oder Erdgas sein. Ausgaben, die vor der Exploration und Evaluierung von mineralischen Ressourcen anfallen, z. B. bevor das Unternehmen die Rechte zur Ausbeutung eines bestimmten Gebiets erhalten hat, sowie Ausgaben nach dem Nachweis der technischen Durchführbarkeit und Rentabilität einer mineralischen Ressource fallen nicht in den Anwendungsbereich von IFRS 6. Inhalt
Da die Bilanzierung für die Exploration und Evaluierung von mineralischen Ressourcen explizit aus den Anwendungsbereichen von IAS 38 und IAS 16 ausgeschlossen ist, musste ein Unternehmen vor Inkrafttreten von IFRS 6 die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden gemäß dem in IAS 8 bei Regelungslücken vorgeschriebenen Vorgehen festlegen. IFRS 6 erlaubt, diese Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden weiter zu verwenden, enthält jedoch einige konkretisierende Vorschriften: Wenige konkre te Regelungen in IFRS 6
•
•
Die Unternehmen müssen eine Methode festlegen, nach der zu bestimmen ist, welche Ausgaben als Vermögenswerte aus Exploration und Evaluierung angesetzt und wie sie bewertet werden. Diese Methode ist einheitlich anzuwenden (IFRS 6.8-11). Ein Vermögenswert aus der Exploration und Evaluierung ist einem Impairment-Test zu unterziehen, wenn Umstände und Tatsachen darauf hinweisen, dass der Buchwert den erzielbaren Betrag überschreitet. Wird eine außerplanmäßige Wertminderung festgestellt, erfolgt die Bewertung gemäß IAS 36 (IFRS 6.18-20).
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IFRS 6 •
G
Es sind Angaben zu machen, welche die im Abschluss angesetzten Beträge für die Exploration und Evaluierung von mineralischen Ressourcen kennzeichnen und erläutern (IFRS 6.23-25).
Besonderheiten
Das Vorgehen zur Überprüfung, ob eine außerplanmäßige Wertminderung vorliegt, ist weniger streng als in IAS 36. Die tatsächliche Umsetzung des Impairments ist jedoch gemäß IAS 36 vorzunehmen. Controllingimplikationen
Da IFRS 6 faktisch ein Standard ist, der einen sehr eng abgegrenzten Typus von Geschäftsvorfällen behandelt, besteht Controllingrelevanz im Wesentlichen nur für Unternehmen, die mineralische Ressourcen abbauen.
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Geringe Cont rollingrelevanz
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IFRS 7 Bezeichnung
Finanzinstrumente: Angaben / Financial Instruments: Disclosures Anwendungsbereich und Zielsetzung
Mit IFRS 7 werden die Angabepflichten zu Finanzinstrumenten geregelt. Dabei verfolgt IFRS 7 zwei zentrale Zielsetzungen: •
•
Anleger sollen zum einen über die Bedeutung der Finanzinstrumente für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens informiert werden, zum anderen benötigen sie aber auch Informationen über Art und Ausmaß der mit den Finanzinstrumenten verbundenen Risiken.
Grundsätzlich ist IFRS 7 auf die Angaben zu allen Finanzinstrumenten anzuwenden. Jedoch werden einige Finanzinstrumente namentlich aus dem Anwendungsbereich von IFRS 7 ausgeschlossen, da sie in einem anderen Standard explizit behandelt werden. In Zweifelsfällen wird an dieser Stelle eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Anwendungsbereich (IFRS 7.3-5) empfohlen. Inhalt
Grundsätzlich müssen die Unternehmen für Angabezwecke ihre Finanzinstrumente in Kategorien ähnlicher Instrumente einteilen, sodass die Angaben auf Ebene der Einzelklassen erfolgen können. Zwei Informati onskategorien
•
Informationen über die Bedeutung der Finanzinstrumente (IFRS 7.7-30) Diese Informationen werden in Angaben zur Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und zum Eigenkapital sowie in sonstige Angaben differenziert. Besonders hervorzuheben sind hierbei die anzugebenden Informationen über Fair Values für jede Kategorie von Finanzinstrumenten, also auch für diejenigen, die nicht zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden. Diese Regel gilt allerdings nicht, wenn der Buchwert eines Finanzinstruments einen angemessenen Näherungswert für den beizulegenden Zeitwert darstellt, bspw. bei kurzfristigen Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen.
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IFRS 7
•
G
Ebenso ausgenommen sind Finanzinstrumente, bei denen eine verlässliche Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts nicht möglich ist. Macht man hiervon Gebrauch, sind jedoch Anhangangaben mit der entsprechenden Begründung nötig. Informationen über die mit den Finanzinstrumenten verbundenen Risiken (IFRS 7.31-42): Finanzinstrumente unterliegen bestimmten Risiken. Die in IFRS 7 benannten Risiken sind Kreditrisiken, Liquiditätsrisiken und Marktrisiken. Über die mit den Finanzinstrumenten verbundenen Risiken müssen sowohl qualitative als auch quantitative Angaben gemacht werden. Während die qualitativen Informationen im Wesentlichen die Beschreibung der Ziele, Methoden und Verfahrensweisen des Managements zum Umgang mit solchen Risiken umfassen, liefern die quantitativen Angaben Informationen über das Ausmaß, in dem das Unternehmen Risiken ausgesetzt ist. IFRS 7 lässt in diesem Zusammenhang auch explizit den Verweis auf den deutschen Lagebericht zu.
Besonderheiten
Eine isolierte Betrachtung von IFRS 7 ist nicht sinnvoll. Bilanzierungsfragen zu Finanzinstrumenten sind immer im Zusammenspiel mit IAS 32 sowie IAS 39 zu betrachten. Controllingimplikationen
IFRS 7 betrifft – wie schon IAS 32 und 39 – insbesondere das Risikocontrolling. Im Rahmen des Management Approach sind hier Informationen aus dem internen Risikomanagement der betroffenen Finanzinstrumente an die Bilanzierung weiterzugeben.
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Informations leistungen aus dem Risikocont rolling
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
IFRS 8 Bezeichnung
Segmentberichterstattung / Operating Segments Ein Hinweis in eigener Sache Die in diesem Buch gewählte deutschsprachige Bezeichnung von IFRS 8 ist noch nicht die offizielle Übersetzung dieses Standards, da diese bei Drucklegung noch nicht vorlag. Zudem hat IFRS 8 bei Drucklegung das KomitologieVerfahren noch nicht durchlaufen. Anwendungsbereich und Zielsetzung IFRS 8 Teil des Konvergenzpro jekts mit dem FASB
IFRS 8 ersetzt ab 2009 den bisherigen Standard IAS 14 zur Segmentberichterstattung. Der neue Standard war im Rahmen des Konvergenzprojekts mit dem FASB erforderlich geworden und entspricht bis auf wenige Details dem US-amerikanischen SFAS 131 zur Segmentberichterstattung. Wie schon IAS 14 bezweckt auch IFRS 8 eine Unterstützung der Jahresabschlussadressaten durch eine Disaggregation der konsolidierten Unternehmensdaten. Die Geschäftstätigkeit in den verschiedenen Unternehmensbereichen und ihre Auswirkungen auf die finanzielle Lage sollen transparent dargestellt werden (IFRS 8.20). Inhalt
In IFRS 8 werden zunächst operative Segmente (operating segments) definiert, die den Ausgangspunkt für die Segmentabgrenzung darstellen. Es handelt sich dabei um Bereiche eines Unternehmens (IFRS 8.5), • • •
deren Geschäftstätigkeit zur Entstehung von Erlösen (revenues) und Aufwendungen (expenses) führt, deren Aktivitäten regelmäßig von der Unternehmensleitung (chief operating decision maker) überwacht werden, und für die eigenständige Finanzinformationen (discrete financial information) verfügbar sind.
Jedes operative Segment, das nicht mit anderen Segmenten zusammengefasst wird (IFRS 8.12) bzw. das nicht bestimmte Größenkriterien unterschreitet (IFRS 8.13), ist berichtspflichtig (reportable segments), d.h. es sind Segmentinformationen zu geben. Für die Zusam-
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IFRS 8
menfassung von Segmenten ist erforderlich, dass die Segmente identische ökonomische Merkmale aufweisen (similar economic characteristics). IFRS 8.12 zählt hier u.a. die Art der erstellten Leistungen, des dahinter stehenden Produktionsprozesses, die Kundengruppen, die Absatzmethoden und ggf. das regulatorische Umfeld als Anhaltspunkte auf. Alle berichtspflichtigen Segmente müssen aber insgesamt mindestens 75% der Außenumsatzerlöse abdecken; andernfalls sind weitere Segmente zu identifizieren, bis diese Grenze erreicht ist (IFRS 8.15). Achtung: Eine Klassifizierung von Segmenten in Geschäftsfelder oder Regionen, wie sie noch in IAS 14 zwingend gefordert wird, ist nach IFRS 8 nicht mehr erforderlich. Vielmehr sind die Segmente so zu berichten, wie sie für interne Steuerungszwe cke gegliedert werden.
Für jedes berichtspflichtige Segment sind nach IFRS 8.20-21 folgende Informationen zu geben: •
•
Allgemeine Informationen über die Segmentabgrenzung (z.B. regional, geschäftsfeldbezogen oder auf der Basis rechtlicher Einheiten) und über die Art der erstellten Leistungen (IFRS 8.22), sowie Informationen über Segmentergebnis und Segmentvermögen. Im Einzelnen sind hier folgende Segmentinformationen aufzuführen (IFRS 8.23-24): – – – – – – – – – –
Innen- und Außenumsatzerlöse, Zinsaufwand und -ertrag, Abschreibungen sowie andere wesentliche, nicht zahlungswirksame Positionen, wesentliche Segmenterträge bzw. -aufwendungen gemäß IAS 1.86, Segmentergebnis aus mit der Equity-Methode bewerteten Beteiligungen bzw. aus Joint Ventures, Segmentsteueraufwand und -ertrag, Segmentergebnis, Segmentvermögen, Segmentschulden und Segmentinvestitionen.
Diese zusätzlichen Segmentinformationen sind immer dann zu geben, wenn sie der Unternehmensleitung zugänglich sind, selbst
521
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
wenn sie bei der internen Segmentsteuerung nicht berücksichtigt werden. Achtung: Anders als IAS 14 verlangt IFRS 8 nicht mehr die Bereitstellung IFRSkonformer Segmentdaten (IFRS 8.25). Vielmehr sind die Bewertungsgrundlagen der internen Steuerung zugrunde zu legen, die z.B. auch kalkulatorische Elemente beinhalten können. Allerdings muss die Ermittlungslogik offengelegt werden (explanation of the measurement of segment profit or loss and segment assets, IFRS 8.27) und die Überleitung der Segmentinformationen zum IFRSAbschluss muss in Fällen we sentlicher Bedeutung inhaltlich aufgeschlüsselt und beschrieben werden (IFRS 8.28).
Bei der Umstellung der Segmentberichterstattung von IAS 14 auf IFRS 8 sind die Vergleichsdaten der Vorperioden nachträglich anzupassen (IFRS 8.36). Dies gilt auch für zukünftige Änderungen im internen Reportingsystem, die sowohl im Jahresabschluss als auch in der Zwischenberichterstattung in die Segmentberichterstattung zu übernehmen sind (IFRS 8.29-30). Schließlich fordert IFRS 8 umfangreiche Anhangangaben über angebotene Leistungen, Regionen und Kundengruppen (IFRS 8.31-34). IFRS 8 darf frühestens ab dem Geschäftsjahr 2007 und muss ab dem Geschäftsjahr 2009 angewendet werden (IFRS 8.35). Aktuelle Projekte des IASB
IFRS 8 wurde im November 2006 auf Basis des Entwurfs ED 8 verabschiedet. Die enge Anlehnung an SFAS 131 begründet das IASB u.a. damit, dass SFAS 131 zu vergleichsweise entscheidungsnützlicheren Informationen für Investoren führe als IAS 14 (IFRS 8.BC6). So würden Unternehmen unter SFAS 131 mehr Segmente abgrenzen und zu diesen auch umfangreichere, zeitnähere und mit der internen Steuerungsperspektive des Managements vergleichsweise konsistentere Segmentinformationen geben. Unterschiede zwischen SFAS 131 und IFRS 8 betreffen neben terminologischen Anpassungen vor allem folgende Punkte (IFRS 8.BC60): • •
IFRS 8 verlangt die Angabe von Segmentschulden, während SFAS 131 eine entsprechende Vorschrift nicht enthält, und im Falle einer Matrixorganisation schreibt IFRS 8 kein Strukturierungsraster zur Segmentabgrenzung vor, während SFAS 131 hier
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IFRS 8
eine produktbezogene Abgrenzung (based on products and services) fordert. Besonderheiten
IFRS 8 ist nur von kapitalmarktorientierten Unternehmen bzw. Unternehmen, die eine Kapitalmarktorientierung anstreben, anzuwenden (IFRS 8.2). Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen können IFRS 8 freiwillig umsetzen. Entspricht ein freiwilliger Segmentbericht jedoch nicht vollständig den Vorschriften von IFRS 8, darf er im IFRS-Jahresoder Zwischenabschluss nicht als Segmentbericht bezeichnet werden. Controllingimplikationen
Ebenso wie IAS 14 besitzt auch IFRS 8 umfangreiche Controllingimplikationen; der neue Standard ist aber im Gegensatz zu seinem Vorgänger sehr viel leichter umzusetzen, da Segmentstrukturen und informationen aus dem internen Reporting grundsätzlich unverändert übernommen werden. Allerdings sind folgende Aspekte zu beachten: •
•
•
Informationen für Zwecke der Segmentaggregation Sollen mehrere operative Segmente zu einem berichtspflichtigen Segment zusammengefasst werden, sind die erforderlichen Informationen, die die identischen ökonomischen Merkmale der betroffenen Segmente belegen, u.a. auch aus dem Controlling herauszuziehen. Auch wenn IFRS 8 im Gegensatz zu IAS 14 eine identische Chancen- und Risikostruktur nicht explizit nennt, ist dennoch davon auszugehen, dass abweichende Chancen-Risiko-Strukturen einer Segmentaggregation entgegenstehen. Umfangreichere Offenlegung der internen Steuerungsperspektive IFRS 8 verlangt durch die konsequente Umsetzung des Management Approach eine breitere Offenlegung der internen Steuerungsperspektive als der Vorgänger-Standard IAS 14. Integration der Rechnungslegung Anders als IAS 14 erzwingt IFRS 8 keine integrierte Rechnungslegung bzw. Anpassung der rechtlichen Unternehmensstruktur an die Geschäfts- bzw. Regionalstruktur. Allerdings können umfangreiche kalkulatorische Abweichungen der internen Segmentkennzahlen zum IFRS-Abschluss zu Intransparenz führen, die von Investoren bzw. Analysten negativ bewertet wird. Aus diesem Grund
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Fundierung der Segmentaggre gation
Breitere Offen legung als unter IAS 14
Integrierte Rechnungsle gung nicht erzwungen, aber vorteilhaft
G
Anhang: IFRSGuide für Controller
• Bereitstellung von Vorjahres daten
sollten auch die in der internen Steuerung verwendeten Segmentkennzahlen grundsätzlich IFRS-basiert sein. Retrospektive Datenbereitstellung bei Anpassungen des internen Reportings Da im IFRS-Abschluss grundsätzlich Vorjahresangaben gefordert werden, müssen bei Änderungen im internen Reportingsystem, die in den Segmentbericht nach IFRS 8 übernommen werden, z.B. bei der Abgrenzung neuer Geschäftsfelder oder der Einführung neuer Steuerungskennzahlen, auch die Vorjahresdaten angepasst werden. Da diese Anpassungen auch in der Zwischenberichterstattung erfolgen müssen, kann dies das Tagesgeschäft im Controllerbereich durch die damit verbundenen Aufgaben in der Informationsbereitstellung erheblich belasten. Dies betrifft in jedem Fall auch die Umstellung von IAS 14 auf IFRS 8.
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Links zum Thema „IFRS für Controller“: Diese Websites helfen Ihnen weiter Die untenstehende Liste stellt Ihnen die wichtigsten Internetquellen zusammen, auf denen Sie weitere Informationen zum Thema „IFRS für Controller“ erhalten. Naturgemäß kann eine solche Liste immer nur eine Auswahl sein, die wir aus dem inzwischen schon fast unüberschaubaren Angebot im World Wide Web für Sie treffen. Wir haben für die Zwecke dieses Praxishandbuchs besonders solche Seiten für Sie ausgewählt, die in breitem Umfang Informationen und Hilfsmittel für Ihre praktische Arbeit als Controller bieten. Wenn Sie uns Feedback zu dieser Liste geben möchten, freuen wir uns über Ihre E-Mail an
[email protected]. Rechnungslegungsinstitutionen
EU
http://ec.europa.eu/internal_market/accounting/ Website der EU, auf der sich u. a. die EU-Verordnung 1606/2002, der Stand des Komitologie-Verfahrens für einzelne Standards und auch die in europäisches Recht übernommenen IFRS in deutscher Sprache herunterladen lassen.
DRSC www.drsc.de Website des DRSC, die auch die Verlautbarungen des Rechnungslegungs Interpretations Committee (RIC, Institution innerhalb des DRSC, die die Auslegung einzelfallbezogener Anwendungsprobleme der IFRS in Deutschland regelt) bereitstellt. Die Website enthält außerdem sehr komfortable und umfassende Recherchemöglichkeiten zu Literaturquellen zu den IFRS; zudem kann ein Newsletter in deutscher oder englischer Sprache bezogen werden, der aktuell auch über die Entwicklungen beim IASB informiert. DPR www.frep.info Website der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung e.V., die als privatrechtliche Enforcement-Institution mögliche Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften kapitalmarktorientierter Unternehmen prüft.
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Links zum Thema „IFRS für Controller“: Diese Websites helfen Ihnen weiter
FASB www.fasb.org Website des US-amerikanischen Standardsetters mit einer Vielzahl von Fakten und Informationen zu den US-GAAP. IASB www.iasb.org Website des IASB, die u. a. alle öffentlichen Informationen zum laufenden Standardsetting enthält. In einem kostenpflichtigen Bereich können Standards und andere Dokumente heruntergeladen werden. SEC www.sec.gov Website der US-amerikanischen Börsenaufsicht, die u. a. Zugang zur Datenbank EDGAR gewährt, die die US-GAAP-Abschlüsse von in den USA börsennotierten Unternehmen enthält. VMEBF www.vmebf.de Website der Vereinigung zur Mitwirkung an der Entwicklung des Bilanzrechts für Familiengesellschaften (VMEBF), die als LobbyingInstitution die verbesserte Durchsetzung der Interessen von mittelständischen und Familienunternehmen u. a. beim Standardsetter IASB anstrebt. XBRL-Vereinigung www.xbrl.de Website der XBRL-Vereinigung, die als Zusammenschluss von Unternehmen und Rechnungslegungsinstitutionen XBRL als Standard für den Austausch, die Interpretation und Darstellung finanzieller und nicht-finanzieller Unternehmensinformationen, also z. B. Jahresabschlüsse von Unternehmen, entwickelt. Informationen zu den IFRS
IASPlus http://www.iasplus.de/ Von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte gepflegte deutschsprachige Website mit detaillierten Informationen, Ratgebern und Schulungsmaterialien zum Thema IFRS. IFRS-Trainer http://kpmg.de/topics/ifrstrainer/index.html Kostenlose E-Learning-Module zu einzelnen IFRS, die von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG bereitgestellt werden.
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Links zum Thema „IFRS für Controller“: Diese Websites helfen Ihnen weiter
Controlling
Bundesverband der Bilanzbuchhalter www.bvbc.de und Controller Website der Interessenvertretung für Bilanzbuchhalter und Controller in Deutschland. Internationaler Controller Verein www.icv.de Website mit umfangreichem Informationsangebot für Controller. International Group of Controlling http://www.igc-controlling.org Website der IGC, einer Interessengemeinschaft deutschsprachiger und internationaler Unternehmen und Controllinginstitutionen. Österreichisches Controller-Institut www.oeci.at Website des ÖCI, das als wissenschaftlicher Verein Anbieter für Ausund Weiterbildung in Controlling, Accounting und Finance ist, und die Zugang zu einem Controllingportal mit breitem Informationsangebot für Controller gewährt. Autorin, Verlag und Redaktion
Autorin Haufe Mediengruppe Haufe Rechnungswesen Office
wiwi.uni-giessen.de/controlling www.haufe.de www.rechnungswesen-office.de
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Literaturhinweise zum Thema „IFRS für Controller“ Die folgende Literaturübersicht soll Ihnen einen schlanken und gut überschaubaren Überblick über ausgewählte Quellen geben, in denen Sie sich zum Thema „IFRS für Controller“ weitergehend informieren können. Wir haben deshalb darauf verzichtet, jede einzelne Quelle, die in dieser Monographie zitiert wird, noch einmal gesondert aufzuführen, sondern konzentrieren uns auf solche Lehrbücher, Sammelbände oder Zeitschriften, die speziell im Themengebiet „IFRS für Controller“ weiterhelfen. Für eine detaillierte Literaturrecherche zu Spezialthemen können Sie auf die Verweise in den einzelnen Kapiteln dieses Praxishandbuchs zurückgreifen. Wenn Sie uns Feedback zu dieser Literaturliste geben möchten, freuen wir uns über Ihre E-Mail an
[email protected] Controller und IFRS
Barthélemy, Frank/Willen, Bernd-Uwe, Handbuch IFRS - Vom Projektplan bis zur erfolgreichen Umsetzung am Beispiel SAP R/3, 2005. Ratgeber zur Umstellung auf IFRS mit Hinweisen auch zu erforderlichen Anpassungen in Kalkulation und Projektcontrolling. Börsig, Clemens/Wagenhofer, Alfred (Hrsg.), IFRS in Rechnungswesen und Controlling, 2006 Sammelband über die Vorträge des 59. Deutschen Betriebswirtschafter-Tags 2005 mit Beiträgen zur Entwicklung der internationalen Rechnungslegung und zu IFRS in Rechnungswesen, Controlling und Steuerrecht. Franz, Klaus-Peter/Winkler, Carsten, Unternehmenssteuerung und IFRS. Grundlagen und Praxisbeispiele, 2005 Lehrbuch insbesondere zur Ausgestaltung der integrierten Rechnung; Praxisbeispiele von Bosch, Henkel und VR-Leasing. Horváth, Péter (Hrsg.), Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse wirkungsvoll steuern, 2005
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Literaturhinweise zum Thema „IFRS für Controller“
Sammelband mit den Vorträgen des 19. Stuttgarter ControllerForums, in dem u. a. Werner Fleischer (Verbundgesellschaft, Wien), Harald Köster (Henkel KGaA, Düsseldorf) und Karl-Heinz Steinke (Deutsche Lufthansa AG, Frankfurt/Main) die Veränderungen im Controlling durch die Rechnungslegung nach IFRS reflektieren. Horváth, Péter (Hrsg.), Controlling und Finance Excellence, 2006 Sammelband mit den Vorträgen des 20. Stuttgarter ControllerForums, in dem neben Entwicklungstrends in Controlling und Finance auch verschiedene Best-Practice-Ansätze im Controlling unter IFRS vorgestellt werden. IGC/Weißenberger, Barbara E., Controller und IFRS. Konsequenzen für die Controlleraufgaben durch die Finanzberichterstattung nach IFRS, 2006 Weißbuch, das die Position des IGC-Arbeitskreises „Controller und IFRS“ zur Neuausrichtung der Controllerarbeit unter IFRS beinhaltet. Kirsch, Hanno, Informationsmanagement für den IFRS-Abschluss. Nutzung des Finanz- und Rechnungswesens als Portal, 2005 Monographie, die die Anforderungen der IFRS-Bilanzierung an das interne Informationsmanagement behandelt. Wagenhofer, Alfred (Hrsg.), Controlling und IFRS-Rechnungslegung. Konzepte, Schnittstellen, Umsetzung, 2006 Sammelband, in dem Fragestellungen im Kontext von Controlling und IFRS durch Wissenschaftler und Praktiker diskutiert werden. Weber, Jürgen/Weißenberger, Barbara E./Haas, Cornelia A.J., IFRS revisited: Quo vadis Unternehmensrechnung? Advanced Controlling Band 51, 2006 Monographie zu den Auswirkungen einer IFRS-Umstellung in Rechnungswesen und Controlling insbesondere aus der Perspektive des Mittelstands. Weißenberger, Barbara E. (Hrsg.), IFRS und Controlling. Sonderheft 2/2004 der Zeitschrift für Controlling & Management Kompendium, das erste Erkenntnisse zu controllingrelevanten IFRS und der Gestaltung der Controllingsysteme unter IFRS bündelt.
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Literaturhinweise zum Thema „IFRS für Controller“
IFRSRechnungslegung: Lehrbücher und Kommentierungen
Ballwieser, Wolfgang, IFRS-Rechnungslegung. Konzept, Regeln und Wirkungen, 2006 Theoretisch fundiertes Lehrbuch zur IFRS-Rechnungslegung, das besonderen Wert auf die konzeptionelle Diskussion der behandelten Sachverhalte legt. Hassler, Rainer/Kerschbaumer, Helmut (Hrsg.), Praxisleitfaden zur internationalen Rechnungslegung (IFRS) – Fallbeispiele, Musterabschluss, Anhangcheckliste, 3. Auflage (2005) Anwendungsorientierte Zusammenfassung der IFRS mit einer Vielzahl von Beispielen; Bezugnahme zum österreichischen HGB, aber weitgehend deckungsgleich zum deutschen HGB. Hayn, Sven/Graf Waldersee, Georg, IFRS/US-GAAP/HGB im Vergleich. Synoptische Darstellung für den Einzel- und Konzernabschluss, 5. Auflage (2006) Detailliertes und übersichtliches Kompendium, das in der Systematik des HGB die zentralen Regelungsunterschiede zu IFRS und US-GAAP beschreibt. Hoffmann, Wolf-Dieter/Lüdenbach, Norbert (Hrsg.), Haufe IFRSKommentar, 4. Auflage (2006) Praxisorientierter und gleichzeitig detailtiefer IFRS-Kommentar für deutsche Bilanzierer; enthält auch controllingrelevante Anwendungsfälle. Pellens, Bernhard/Fülbier, Rolf Uwe/Gassen, Joachim: Internationale Rechnungslegung, 6. Auflage (2006) Weit verbreitetes Standardlehrbuch zur internationalen Rechnungslegung nach IFRS und US-GAAP, das die Darstellung der Standards auch durch konzeptionelle und Hintergrundmaterialien ergänzt. Wagenhofer, Alfred, Internationale Rechnungslegungsstandards – IAS/IFRS. Grundkonzepte – Bilanzierung, Bewertung, Angaben – Umstellung und Analyse, 5. Auflage (2005) Praxisorientierte Kommentierung der IFRS mit einer Vielzahl von weiterführenden Hinweisen; Bezugnahme zum österreichischen HGB, aber weitgehend deckungsgleich zum deutschen HGB.
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Literaturhinweise zum Thema „IFRS für Controller“
Winkeljohann, Norbert/Herzig, Norbert (Hrsg.) (2006): IFRS für den Mittelstand. Perspektiven - Anwendung – Praxisberichte, 2006 Grundlagenwerk mit Praxisberichten von IFRS-Anwendern sowie Beiträgen zum "SME-Project" des IASB, der steuerlichen Gewinnermittlung sowie den Auswirkungen auf das deutsche Bilanzrecht und Unternehmensfinanzierung. IFRSRechnungslegung: Zeitschriften
Accounting Fachmagazin, das monatlich im Haufe-Verlag erscheint und knapp, präzise und umfassend IFRS-Anwender in Rechnungswesen und Controlling informiert. Finance & Controlling (FinZ) Zweimonatlich erscheinende Fachzeitschrift, die vom Österreichischen Controller-Institut herausgegeben wird und die Themenbereiche Finanzen, Rechnungslegung und Controlling für den deutschsprachigen Raum abdeckt Praxis der internationalen Rechnungslegung (PiR) Monatlich erscheinende Praktiker-Zeitschrift aus dem Verlag NWB mit praxisorientierten Fachbeiträgen für IFRS-Anwender. Internationale und Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung (KoR) Monatlich erscheinende Fachzeitschrift der Verlagsgruppe Handelsblatt, die Fragen der kapitalmarktorientierten Rechnungslegung nach IFRS und US-GAAP aus praktischer und theoretischer Blickrichtung abdeckt. Zeitschrift für internationale Rechnungslegung (IRZ) Fachzeitschrift, die monatlich beim Vahlen-Verlag erscheint; behandelt IFRS-Themen in praxisorientierten Beiträgen und deckt u. a. auch das Thema Bilanzanalyse regelmäßig ab.
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Stichwortverzeichnis Nutzungshinweis: Der IFRS-Guide für Controller (Anhang G/CD-ROM) enthält nummerisch geordnet die Steckbriefe aller bei Drucklegung geltenden IAS 1-41 und IFRS 1-8 sowie zum Vorwort zu den IFRS und zum Rahmenkonzept. Diese Steckbriefe fassen knapp und präzise die controllingrelevanten Regelungen und ihre Implikationen für die Controllerarbeit zusammen. Informationen zu einzelnen Standards, die darüber hinaus vertiefend im Text dieses Praxishandbuchs gegeben werden, finden Sie über das Stichwortverzeichnis.
A
C
Asset/liability-approach 89
Capital Asset Pricing Model (CAPM)
Accounting Regulatory Committee (ARC) 158
297
Bartering 432
Cash Value Added (CVA) − Anpassungen 290 − Ermittlung 282 − Herleitung aus der IFRS-Datenbasis 287 − Implementierung 292 − Ökonomische Abschreibung 284
Basel II
Cashflow Return on Investment
Aktienoptionen 502
B Balanced Scorecard 141
Bayer
342 136, 292
Beta-Faktor 298, 305 − Bestimmung in nicht börsennotierten Einheiten 305 − Branchen-Beta 305 Better Budgeting 70 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) 368 Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) 25, 155 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) 159
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(CFROI) 283 CFO-Funktion
237, 248, 253
Compliance 171 Controllability-Prinzip 189 Controller − Abgrenzung vom Management 31 − Aktionsfelder 36, 41 − Controller-Leitbild 30 − Organisationsstruktur 42 − Rollenverständnis 35, 41, 170, 244 Controlling − Begriff 30
Stichwortverzeichnis
− Effizienz- und Effektivitätssteigerung 44 − Fair-Value-Bewertung 93 − Lean Controlling 44
D DaimlerChrysler 55 Delisting 55 Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) 159 Due Diligence 315 Due process Siehe StandardsettingProzess
E 55, 199, 214
Earnings less Risk-free Interest Charge ERIC) 303 Economic Value Added (EVA) − Buchwerteffekt 281, 282 − Ermittlung 261 − Fair-Value-Bewertung 271 − Fundierung 262 − Herleitung aus der IFRS-Datenbasis 263 − Implementierung 271, 292 − Investitionssteuerung 277 Eigenkapital-Überleitung
Fast Close 217, 231
67, 496
Freudenberg & Co. KG 349 Funding Conversions 266
G Goodwill-Controlling 309 − Akquisitionsprozess 315 − Anpassung der Planungssysteme 320 − Aufgabenbereiche 314 − Bereitstellung von ImpairmentIndikatoren 318 − Bereitstellung von Plan-Cashflows 319 − Ermittlung des Nutzungswerts 312 − Goodwill-Kennzahlen 321 − Goodwill-Zuordnung auf ZGE 310, 317 − Originärer vs. derivativer Goodwill 310 − Performance-Messung 327 Goodwill-Impairment-Test 136, 175, 177, 311, 507
Enforcement 159 Enron 151 Entobjektivierung 87 European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) 158
F F&E-Controlling
389
Fair Value − Begriff 87 − Bewertung 56, 92 − Ermittlung 89 − Fair-Value-Standards 89 − Performance-Messung 93 − SFAS 157 90 FiFo-Verfahren 394
(DPR) 159
E.ON
Fair presentation
145
H Hansgrohe 373 Henkel 221 House of Controlling − Berichtswesen 228 − Gestaltung der Vorsysteme 231 − Organisation 232
533
Stichwortverzeichnis
− Performance-Messung 230 − Planung 227, 239
I IAS 11 125, 406 − Cost to cost-Methode 128 − Completed contract method 126 − Teilgewinnrealisierung 126 IAS 14 113, 415 − freiwillige Segmentpublizität 117 − Primäre vs. sekundäre Berichtskategorie 116 − Segmentabgrenzung 114 − Segmentergebnis 118 IAS 17 152, 426 − Verdeckte Leasingverträge 430 IAS 18 122, 431 IAS 24 69, 445 IAS 32 462 − Eigenkapitalausweis 341, 352 IAS 34 69, 468 IAS 36 132, 172, 471 IAS 38 142, 482 IASB-Projekte 125, 162, 336 IASC − -Entwicklungsphasen 148 IASC Foundation 149 IFRS 1 365, 495 IFRS 3 143, 308, 505 − Abbildung des Unternehmenserwerbs 309 − Ermittlung des Goodwills 309 − IFRS 8 IFRS 8 120 IFRS-Finanzberichterstattung − Adressaten 39 − Wettbewerb mit US-GAAP 54 IFRS-GuV 97 − Mindestgliederung 99
534
− Single statement approach 104 IFRS-Themenlandkarte 80 IFRS-Umstellung 350, 354, 359 − Controlleraufgaben 361 − Dauer 360 − Effekte 68 − Gefahren 364 − Motive 336 − Projektmanagement 359 IFRS-Vorschriften − Rahmenkonzept 74, 385 − Regelungslücken 164 − Übersetzungsfehler 76 − Vorwort 383 Immaterielle Vermögenswerte − Beispiele 139 − Bilanzansatz im Konzern nach IFRS 3 143 − Bilanzierungsverbote 142 − Emtwicklungskosten 144 Immaterielle Vermögenswerte − Bilanzierungsfähigkeit 142 Integration der Rechnungslegung 191 − Controllingrelevante IFRS 206 − Durchsetzung 196 − IT-Systeme 218, 224 − Managementerfolgsrechnung 193 − Merkmale 194 − Mittelstand 345 − Organisatorische Maßnahmen 217 − Prozessoptimierung 216 − Überleitungspositionen 191, 199 − Umstellung 216, 236 − Veränderung von Steuerungskennzahlen 209 − Organisation von Finanz- und Rechnungswesen 234 − Zusammenarbeit von Controllern und Bilanzierung 235, 247 − Zusammenarbeit von Controllern und Managern 246
Stichwortverzeichnis
Integrationsgrad 203
Mehrkomponenten-Vertrag
Integrationsmuster
Metro 136
Integrationspfad
204, 243
Intellectual Capital Statement 141
124, 432,
Mittelstand 335
− Eigenkapitalausweis nach IAS 32 61
International Group of Controlling
N
(IGC) 30
Neubewertungsmethode 159, 421
K
Norwalk-Agreements 53, 151
Kapitalmarktorientierung 337 Komitologie-Verfahren 153, 157
O
Kongruenzprinzip 85, 109
Off-balance-sheet-Finanzierung 426, 453
L
Operating Conversions 264
Lagebericht (HGB)
184
Other comprehensive income (OCI) 95, 103
Langfristfertigung Siehe IAS 11 Leasing Siehe IAS 17
P
LiFo-Verfahren 394
Pensionsrückstellungen 63
Lufthansa 136, 199, 281
Percentage of completion method Siehe
M
Principle-based accounting 152
IAS 11 Management Approach − Ausprägungen 170 − Begriff 169 − Berichtswesen 182 − Controllingsysteme 180 − Konsequenzen für die Controllerarbeit 171 − Performance-Messung 182 − Planung 181 − Problemfelder 185 − Projektcontrolling 183 − Risikocontrolling 184 Manipulationseffekt 187 Market Derived Capital Pricing Model (MCPM) 301 Market Value Added (MVA) 273 Matching Principle
60
Pro-Forma-Kennzahlen 100
− Kritik 101 Projektcontrolling 408
Q Qualifying assets
394
Quartalssteuerung 187
R Rating 342 Realisationsprinzip 59 Rechnungslegungs Interpretations Committee RIC) 159 Refined Economic Value Added (REVA) 277
535
Stichwortverzeichnis
Relevanz 56
U
Reliabilität 56, 186
Umsatzrealisation 121, 431 − bei Mehrkomponentenverträgen 124 − Langfristfertigung 125 − Realisationsprinzip nach HGB vs. IFRS 122
Revaluation Siehe Neubewertungsmethode Risikozuschlags-Methode 313 Risk-and-Reward-Approach 58, 114 Recycling
110
Rückstellungen
477
Rule-based accounting 152
V Verlässlichkeit Siehe Reliabilität
S
Vermögenswert 58
Sale-and-lease-back 428
W
SAP 55 Sarbanes-Oxley-Act 231 Segmentberichterstattung Siehe IAS 14 SFAS 157
Siehe Fair Value
Shared Service Center 26, 225, 238, 361 Shareholder Conversions 267 SIC-8 497 Sicherheitsäquivalent-Methode 303, 313 Siemens 55, 115, 154, 191, 292 Skandia-Navigator 141
WACC-Ansatz 307 − Berücksichtigung von Ertragsteuerzahlungen 296 − Ermittlung des Kapitalkostensatzes 295 − Ermittlung des Eigenkapitalkostensatzes 297 − Ermittlung des Fremdkapitalkostensatzes 303 − Gewichtung von Eigen- und Fremdkapitalkostensatz 296 − Risikofreier Zinssatz 300
SME-Entwurf 355
− Pervasive principles 356
X
Solvenztest 156
XBRL 232
Special purpose entities Siehe Zweckgesellschaften
Z
Stable period 163
Zirkularitätseffekt 186
Standardsetting-Prozess 161
Zweckgesellschaften 453
Steuerrecht 156
Zwischenabschluss Siehe
T Tax Conversions 267 Telekom 55, 308
536
IAS 34