DÄMONENJÄGER
FRANK MACLACHLAN
Prospero
Hexenmeister
aus der Hölle
Paris, im Sommer 1998 Jean Nicolas gähnte, rec...
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DÄMONENJÄGER
FRANK MACLACHLAN
Prospero
Hexenmeister
aus der Hölle
Paris, im Sommer 1998 Jean Nicolas gähnte, reckte und streckte sich und beschloss nach ei nem Blick auf die Uhr, für heute Arbeit Arbeit sein zu lassen. Beinahe automatisch griff er im Aufstehen nach seiner Jacke und trat ans Fen ster. Von hier oben aus hatte er einen perfekten Blick auf den Kanal St. Martin. Die Abenddämmerung hüllte die Promenade in romantisches Zwielicht. Perfekt für die zahlreichen Touristen, die Hand in Hand am Wasser entlang schlenderten. Jean Nicolas dachte an sein Rendez vous in knapp einer Stunde und lächelte. Er schloss das Fenster und die Tür und ging mit leichtem Schritt zum Seitenausgang. Das große Portal, das direkt an den Kanal führte, hatte er vor etwas mehr als zwei Stunden abgeschlossen, kurz nachdem die letzten Bauarbeiter gegangen waren. Es würde ungefähr eine Viertelstunde dauern, bis er den Seitenaus gang erreicht hatte. Die Oper, sein Erbe, war ein gewaltiger Komplex, der im Laufe der Jahrzehnte etliche Um- und Anbauten erlebt hatte. 3
Nun, vielleicht hätte er sich sein Büro etwas näher an der Haupthalle einrichten sollen. Doch der Staub und der Lärm der von den Reno vierungsarbeiten herrührte, hätten sein Konzentrationsvermögen be einträchtigt. Da nahm er doch lieber den Umweg durch zahlreiche Gänge und das große Treppenhaus in Kauf. Als er am oberen Treppenabsatz stand, streifte sein Blick die Reihe der Scheinwerfer. Sie und das moderne Stahlgerüst, an dem sie befes tigt waren, passten nicht recht zur Atmosphäre der weiten, großen Halle. Jean wusste, würde er jetzt direkt nach oben blicken, er würde die prachtvolle Glaskuppel zu Gesicht bekommen. Wenn an einem Abend wie diesen die letzten Sonnenstrahlen durch die verbleiten Buntgläser fielen, fühlte man sich in die Zeit der ersten Republik zu rückversetzt. Vielleicht hatte das auch den Ausschlag gegeben. Den Ausschlag für die Renovierung. Jean hatte die Hälfte des Weges hinter sich gebracht, als er plötzlich stehen blieb. Sein fröhliches Pfeifen erstarb, das Echo hallte noch einen Augenblick nach. Hatte er nicht eben etwas gehört? Er lauschte. Er stand mitten in der Halle, die Scheinwerfer befanden sich direkt über ihm. Damit sie punktgenau ausgerichtet werden konnten, war bisweilen menschliche Hilfe notwendig. Deshalb konnte sich ein schwindelfreier Mensch dort oben problemlos bewegen. Nach einer Weile zuckte Jean mit den Achseln und setzte sich wie der in Bewegung, kam aber nicht weit. Ein Wispern drang an seine Ohren. Und oben bei den Scheinwerfern schien sich etwas zu bewe gen. Jean bedeckte seine Augen und rief: ·Hallo? Ist da jemand?“ Für einen Moment war da ein Schatten, der sich bewegte, aber was es auch war, es war schnell. Jean hatte zuerst angenommen, dass es sich um einen Bauarbeiter handeln musste. Aber so schnell bewegte sich doch kein Mensch – oder? ·Hallo?”, rief er nochmals. ·Ich schließe jetzt ab ...“ Keine Reaktion. Es müssen meine Nerven sein, dachte Jean. Da oben ist niemand. Ich bin ein fach überarbeitet. Er fischte die Schlüssel aus seiner Jackentasche und ging auf den Seiteneingang zu. Im selben Moment hörte er ein Ge räusch das wie Schnee klang der unter Schuhen knirscht, nur lauter. Dann schlug etwas gegen seinen Hinterkopf, er stürzte und fiel in das schwarze Nichts der Besinnungslosigkeit... 4
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New York, einige Zeit später ·Einen Moment, Mr...?“ ·Nicolas, Jean Nicolas,“ stellte sich der hochgewachsene Mann vor, der unablässig seine Hände knetete. Anstatt Donnas Anweisung zu folgen, ging er unruhig auf und ab, seinen Blick auf die Kunstdrucke an den Wänden gerichtet. Sie griff nach dem Telefon und tippte die Kurzwahl von Franks Büro ein. ·Ja?,“ meldete sich Frank gewohnt energisch. ·Frank, ein Mr. Nicolas ist hier.“ ·Ich habe ihn schon erwartet.“ Donna riskierte rasch einen Blick in ihren Terminkalender und sagte dann mit leiser Stimme, so dass der Kunde es nicht verstehen konnte: ·Frank, beim nächsten Mal ...“ ·Werde ich ohne Rücksprache mit Ihnen keine Termine vereinba ren. Und jetzt, schicken Sie ihn bitte herein..“ Donna seufzte leise, brach die Verbindung ab und meinte dann mit erhobener Stimme, so dass der Nicolas sie verstehen konnte: ·Mr. MacLachlan erwartet Sie. Sie gehen durch die Glastür und nehmen dann die zweite Tür links.“ ·Danke, Mademoiselle.“ Donna widmete ihm einen nachdenklichen Blick, während sie sich gedanklich notierte, ihrem Chef mal wieder gehörig den Kopf zu wa schen. So kann man doch nicht arbeiten, murmelte sie vor sich hin und widmete sich wieder ihrer Arbeit.
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Vor ihr erstreckte sich eine weite Ebene: Flach, glatt, ohne eine Spur von Leben. Maman Bèbè bewegte sich ohne Furcht auf den Horizont zu. Sie wusste, sie wurde dort erwartet. 5
Je näher sie ihrem Ziel kam, desto mehr wandelte sich die Ebene. Zuerst waren da nur Grasbüschel die sich hervorwagten, vereinzelte grüne Flecken, die rasch zu einem dichten Grasteppich zusammen schmolzen. Dann war Unterholz zu sehen – einen besseren Ausdruck konnte sie nicht finden. Vor einer Sekunde war da nur Gras gewesen, jetzt jedoch, mit jedem Schritt, wandelte sich die Landschaft mehr und mehr in eine Art Garten. Ein Garten, der dem unterstand, der am Horizont auf sie wartete. Die hochgewachsene Gestalt trug einen schwarzen Zylinderhut. Der Frack und die passende Hose ließen ihn an diesem Ort völlig depla ziert wirken. Man hätte ihn eher an einem eleganten Casinotisch ver mutet, umringt von einer Gruppe junger, wunderschöner Damen. Er verbarg seine Augen hinter einer randlosen Sonnenbrille, die perfekt auf seiner etwas bleichen, geraden Nase saß. Im dämmrigen Zwie licht, das den Garten erfüllte, warf er keinen Schatten. Maman Bèbè verbeugte sich tief, als sie ihn erreichte. Der hochgewachsene Mann musterte sie einige Sekunden lang, nickte dann und Maman Bébé trat an seine Seite. ·Die Welt ist nicht mehr, was sie war“, sagte der Mann mit dem Zy linder. ·Siehst du es auch?“ ·Ich sehe es, Baron,“ sagte sie nach einer Weile, als sie die Störun gen im Garten bemerkte. Öde, leere Flecke, bar jeden Lebens. ·Es wird Zeit, dass der Gärtner sie in Ordnung bringt.“ ·Aber ich bin zu alt. Zu schwach...“, protestierte sie. ·Außerdem – wonach sollte ich suchen?“ ·Das lass unsere Sorge sein, Maman.“ Sie seufzte. ·Ich nehme an, ich kann nicht ablehnen, oder?“ Der Mann mit dem Zylinder lächelte. ·Was glaubst du, Maman?“ Sie seufzte nochmals. ·Nun denn, ich hoffe, ihr gebt mir diesmal ei ne schärfere Gartenschere als das letzte Mal. Und demnächst werde ich wirklich zu alt für diesen Job sein, Baron.“ ·Du bekommst, was du benötigen wirst,“ sagte der Mann, tippte sich an den Zylinder und verschwand. In diesem Moment fühlte Maman Bèbè, wie jemand sie an den Schultern rüttelte und binnen weni ger Sekunden schlug sie die Augen auf.
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Während Jean Nicolas das Büro betrat, hing Frank noch seinen Ge danken nach. Er fragte sich, ob dieses Gefühl des Fremdseins jemals verschwinden würde. Nach dem Abschied aus der UPO hatte alles recht schnell gehen müssen, und so hatte das Team vorübergehend dieses Büro gemietet. Samt der nüchternen Inneneinrichtung, die nur im Vorzimmer durch Donnas Topfpflanzen etwas abgemildert wurde. Seine Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück – und zu Monsi eur Nicolas, einem Geschäftsmann aus Paris, der nur für diesen Ter min nach New York gekommen war. Auch Jane Cardigan nahm an der Unterredung teil. Nachdem man sich miteinander bekannt ge macht und Frank bei Donna Kaffee geordert hatte, kam Nicolas so fort zur Sache. Frank fiel auf, dass dieser fortwährend mit seinen Händen beschäf tigt war – entweder knetete er sie, als hätte er Probleme mit der Durchblutung oder er fuhr die Knöchelkuppen nach. Seine wohlklin gende Stimme und sein restliches Auftreten entsprachen dagegen dem Bild eines seriösen Geschäftsmanns. ·Glauben sie mir, es ist nicht gerade einfach, über diese Ereignisse zu reden. Aber nach den Vorkommnissen der letzten Zeit bin ich froh, ein offenes Ohr gefunden zu haben.“ Jane Cardigan kam direkt zur Sache. ·Welche Vorkommnisse, Mr. Nicolas?“ ·Nennen Sie mich doch bitte Jean.“ Er räusperte sich. ·Ich dachte, Mr. MacLachlan hätte Sie über meine – Probleme – informiert?“ ·Das hat er. Aber es ist selbstverständlich besser, wenn man die Er lebnisse aus erster Hand berichtet bekommt.“ Nicolas nickte. ·Ja, das verstehe ich. Nun gut.“ Er lehnte sich zurück und begann zu erzählen. ·Dass ich mein Vermögen mit dem erfolgreichen Kauf und Verkauf von Aktien erwirtschaftet habe, ist kein Geheimnis. Ich hatte in der Vergangenheit des öfteren Glück und bilde mir darauf nichts ein. Vor etlichen Monaten nun verstarb ein entfernter Onkel, der mich in sei nem Testament äußerst großzügig bedachte. Zu meinem Erbe gehör 7
te auch eine kleine Oper am Kanal St. Martin: unweit der Opera Bas tille, wenn Ihnen das ein Begriff ist. Anfangs erwägte ich, die Oper zu verkaufen. Ich verstehe nichts vom Musikgeschäft. Aber nachdem ich mir das Gebäude angesehen hatte, beschloss ich, es zumindest zu renovieren und es dann eventuell zu verpachten. Ich engagierte also diverse Firmen, richtete ein provisorisches Büro ein, in dem ich an etlichen Tagen der Woche für die Arbeiter ansprechbar war, alles oh ne irgendwelche Anzeichen von Problemen. Diese begannen etwa einen Monat später. Gerüchte über mysteriöse Schatten kamen auf, vor denen die Arbeiter erschraken. Werkzeuge verschwanden ohne erfindlichen Grund und tauchten Tage später vollkommen zerstört wieder auf. Als ich davon erfuhr, dachte ich nicht eine Sekunde an übernatürliche Kräfte, sondern eher an einen Saboteur in den eigenen Reihen. Ich bestand also darauf, die komplet te Mannschaft auszuwechseln und für einige Wochen war danach auch Ruhe. Doch dann begannen die Vorfälle erneut – heftiger als je zuvor. Es gipfelte in einem Anschlag auf mein Leben. Ein Scheinwer fer löste sich von dem Gerüst und hätte mir beinahe den Schädel ein geschlagen, glücklicherweise stand ich nicht direkt unter ihm, er streif te mich nur.“ Hier schaltete sich Frank ein. ·Und die Polizei?“ Jean schnaubte verächtlich. ·Die Polizei hat nur festgestellt, dass sich etliche Schrauben gelockert haben. Man sprach von Materialer müdung und ließ es dabei bewenden. Lächerlich. Ich habe die Stelle selber untersucht, keine Spur davon. Und: Ich glaube, ich habe kurz bevor der Scheinwerfer auf mich zuraste, jemand dort oben gesehen.“ ·Haben Sie das ebenfalls der Polizei erzählt?“, hakte Jane nach. ·Natürlich. Aber sie haben mir nicht geglaubt.“ Nicolas seufzte. ·Ich hätte mir an ihrer Stelle selbst nicht geglaubt und es auf die schlichte Tatsache der Überarbeitung geschoben. Aber ich bin mir wirklich sicher, dass dort jemand war. Und jetzt bitte ich Sie um Hilfe.“ In der Zwischenzeit hatte Donna den Kaffee gebracht. Während Nicolas sich eine Tasse nahm, beratschlagten sich Jane und Frank leise miteinander. ·Du hast noch nicht zugesagt, den Auftrag zu übernehmen, oder?“, wollte Jane wissen. 8
·Nein,“ sagte Frank. ·Allerdings spricht aus meiner Sicht nichts da gegen.“ ·Aus meiner auch nicht. Ich schlage folgende Strategie vor: Donna versucht alles über die Geschichte dieses Opernhauses herauszufin den, wir begeben uns an Ort und Stelle.“ Frank nickte. ·Okay. Ich rufe gleich Jack an.“
·Wo steckt er eigentlich?“
·Er murmelte nur etwas von einer privaten Angelegenheit, um die er
sich kümmern muss. Du kennst ihn doch, er hat seine Geheimnisse.“ ·Ja“, stimmte Jane nachdenklich zu. ·Und manchmal habe ich den Verdacht, dass seine Geheimnisse mehr mit uns zu tun haben, als wir glauben.“
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·Gott sei dank“, sagte die Stimme Marie Gevaudons. ·Ich dachte schon, Sie wären...“ ·Tot?“ Mit langsamen, bedächtigen Bewegungen richtete sich Maman auf. Sie lag neben dem Bett auf den Boden, und für das junge Mädchen musste das wirklich absonderlich ausgesehen haben. Durch das Fenster, das offenbar Marie geöffnet hatte, drang der Lärm der Straße ins Zimmer. Das Licht des hellen Vormittags nahm den Ge genständen des Zimmers ihre Schrecken, ließ sie nur wie die exoti schen Mitbringsel einer alten Touristin erscheinen. Dabei waren die Masken und Statuen, die Urnen und Kräuterbündel weit mehr als Souvenirs. Sie lächelte in das erschrockene Gesicht der jungen, knapp zwanzig jährigen Haushaltshilfe. ·Unsinn. So leicht bin ich nicht tot zu krie gen. Überhaupt, habe ich nicht gesagt, ich will nicht gestört werden?“ ·Aber, da war auf einmal Lärm. Als sei eine Vase umgefallen, und ich dachte, Sie wären wegen der Hitze...“ ·Bah, die Hitze. Die Hitze bin ich gewohnt, mein Kind. Lebe ja schließlich schon lang genug in New Orleans.“ Sie sah sich um. Alles schien sich noch an seinem Platz zu befinden. Das Bett an der Fens 9
terseite, der große Schrank gleich daneben, der in vielen Fächern nichts als Leere beherbergte. Weder der große Spiegel über dem Waschbecken war zerbrochen, noch die unzähligen Vasen, in denen überwiegend violetter Rittersporn stand. Der Duft mischte sich jetzt mit den Gerüchen der Straße. ·Machen sie bitte das Fenster wieder zu. Mir geht’s gut“, sagte sie in einen Ton, der keinen Widerspruch duldete. ·Und beim nächsten Mal, wenn Sie etwas hier oben hören, ignorieren Sie es am besten. Sie sehen ja, mir ist nichts passiert.“ ·Aber...“ ·Kein aber, Kindchen. Sie gehen jetzt runter, machen uns beiden eine schöne Tasse Kaffee und dann werde ich meinen alten Freund Baptiste anrufen. Ja, Baptiste...“, murmelte sie, während Marie gehor sam die Treppe hinunterging. ·Ich denke, er und ich werden uns eine Menge zu erzählen haben.“
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Der Flug nach Paris verlief bis auf eine Tatsache problemlos. Das Wetter machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Starker Regen sowie dichter Nebel sorgten für eine Verspätung von gut einer Stun de, eine Tatsache, die sie Jean mittels Bordtelefon mitteilten. ·Das ist nicht weiter tragisch“, quäkte seine Stimme aus dem Hörer. ·Nehmen Sie am besten ein Taxi von Orly aus. Ich erwarte Sie dann in einer Stunde.“ Den Zollbeamten zeigte Jane die Papiere, die ihr Schwert als Anti quität auswiesen, damit gab es keine Probleme. Auch die Durchleuch tung des Handgepäcks ging ohne Komplikationen vonstatten. Ange sichts der Tatsache, dass sie nicht mehr die Befugnisse von UPOAgenten hatten, konnten sie keine Waffen mehr einfach so durch die Kontrollen bringen, was zu Verzögerungen führte, da sie auf die rest lichen Koffer warten mussten. Der Regen hatte zwar etwas nachgelassen, der Nebel hingegen hatte sich eher verdichtet. Fluchend rannte das Team zu den Taxis und
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nach einigem Hin und Her waren sie auf dem Weg zum Kanal St. Martin. Nach einer halben Stunde hatten sie ihr Ziel erreicht. Während Frank und Jane mit ihren Einsatzkoffern die breite Treppe zur Oper hinaufhasteten, bezahlte Jack die Rechnung. Der Fahrer nahm die Dollar kommentarlos entgegennahm, als Jack ein Gedanke kam. Sie hatten für die nächsten Tage ein Hotel gebucht, wussten jedoch nur, dass es irgendwo in der Nähe der Opera Bastille lag. Zu dem: was war, wenn sie plötzlich einen fahrbaren Untersatz brauch ten? Der Fahrer, der im Begriff war, die Scheibe hochzukurbeln, stoppte, als er Jacks Winken wahrnahm. ·Ja?“ ·Hören Sie, wäre es eventuell möglich, dass Sie uns auf Abruf zur Verfügung stehen?“ Jack wedelte mit einem größeren Dollar-Schein. Der Fahrer grunzte, beugte sich dann nach vorne und drückte Jack im Austausch gegen den Schein eine Visitenkarte in die Hand. ·Meinet wegen. Ist sowieso nicht viel los heute. Hier ist meine Handynummer. Bilden sie sich aber nicht ein, dass ich wegen Ihnen zahlende Fahrgäs te rausschmeiße.“ Während er die Fensterscheibe hochkurbelte, konnte Jack ein dumpfes ·Ausländer“ vernehmen. Dann beeilte er sich, Frank und Jane einzuholen.
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New York, UPO-Hauptquartier Seit Frank MacLachlan und Donna Summers den Dienst in der UPO quittiert hatten, wehte einem der Wind eiskalt ins Gesicht. In terne Umstrukturierungen – so nannte es die obere Etage beschöni gend. Aber Commander Parton wusste, es steckte mehr dahinter. Irgendetwas war faul. Er seufzte und fuhr sich durch sein mit grauen Strähnen durchsetz tes Haar. Noch hing das Damokles-Schwert nicht über seiner Abtei lung, aber er machte sich keine Illusionen. Irgendwann in naher Zu kunft würden auch hier ·interne Umstrukturierungen“ stattfinden. ·Nicht jetzt“, murmelte er unwillig, als das Telefon klingelte und ihn aus seinen Gedanken riss. ·Parton“, meldete er sich 11
·Ah, Commander. Schön, dass ich Sie noch erwische.“
Unwillkürlich richtete er sich auf. ·Sie wünschen, Madam?“
·Der New-Orleans-Fall – Sie kennen die Fakten?“
·Natürlich, natürlich.“ Er hatte die Akte vor sich liegen und blätterte
sie kurz durch. ·Ich dachte daran, Agent Landers...“ ·Nein: Agent Landers ist leider zur Zeit anderweitig gebunden. Aber dieser Fall dürfte bestens für Agent Clavell geeignet sein.“ ·Bei allem Respekt, Madam, aber ich glaube nicht ...“ ·Ich denke, Commander“, entgegnete die weibliche Stimme scharf, ·dass dies nicht Ihrem Ermessensspielraum liegt. Agent Clavell ist für diesen Fall bestens qualifiziert.“ ·Ja, Madam. Wie Sie wünschen.“ Sie hatte längst aufgelegt, als er noch nachdenklich den Hörer in der Hand hielt. Dann gab er sich einen Ruck, legte ebenfalls auf und wählte die Nummer von Diana Clavells Pager.
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·Ganz schön beeindruckend.“ Instinktiv erwartete Frank ein Echo zu hören. Vor ihnen erstreckte sich eine große Halle, an deren Ende sich eine breit ausladende Treppe in die Höhe schraubte. Der Geruch von frischer Farbe lag in der Luft, mehrere Werkzeugkästen standen teilweise offen in der Nähe des Gerüstes, an dem die Scheinwerfer befestigt waren. Jean hatte Glück gehabt, stellte Frank fest, als er die Scheinwerfer unter die Lupe nahm und dazu auf das Gerüst kletterte. Jane beäugte die Aktion misstrauisch, sagte aber kein Wort. Danach besah Frank sich noch das ein oder andere Detail. Von Kunst hatte er nur wenig Ahnung, grob konnte er sagen, dass das Gebäude irgendwann um die Jahrhundertwende erbaut worden sein musste. Auch Jane hatte sich mittlerweile interessiert umgesehen und beide Koffer in eine Ecke gestellt. ·Sag mal, wollte Jean uns nicht erwarten?“ ·Das hat er jedenfalls am Telefon gesagt“, meinte Jack, der mittler weile dazugestoßen war. ·Und offenbar muss er hier irgendwo sein.“ Er deutete auf die eingeschalteten Scheinwerfer. 12
·Stimmt. Aber wo steckt er?“ ·Vielleicht hat er einfach die Klingel überhört? Oder er wartet noch in seinem Büro auf uns“, spekulierte Jane und setzte sich in Bewe gung. ·Hey, weißt du denn, wo sich sein Büro befindet?“, rief ihr Frank hinterher. ·Nein, aber ich würde sagen, ich nehme mir das obere Stockwerk vor, ihr seht euch woanders um.“ Frank seufzte ergeben. ·Nun gut: Ich nehme diese Etage, und du siehst im Keller nach.“ Jack nickte und griff nach seiner Waffe. Als er Franks Blick bemerk te, zuckte er mit den Achseln. ·Man sollte für alles gerüstet sein.“
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·Und es war Baron Samedi?“ Maman nickte. Sie saßen auf der Terrasse im Schatten zweier Son nenschirme, Maman Bèbè und Baptiste Legrand. Maman hatte Marie ebenfalls an den Tisch zum Kaffee gebeten, aber offenbar saß ihr der Schock von vorhin noch in den Knochen. Sie zog es vor, Einkäufe zu erledigen. Was Maman nur recht war. ·Merkwürdig“, meinte Baptiste und nahm einen Keks. ·Warum aus gerechnet er?“ ·Wer kennt schon die Wege der Loas. Aber offensichtlich sind die Störungen sehr ernst.“ ·Ohne Zweifel. Aber was für Störungen? Ist dir irgendetwas aufge fallen in letzter Zeit?“ Baptiste nahm einen Schluck Kaffee und zuckte mit den Schultern. ·Nein. Dir etwa?“ ·Nein, mir auch nicht. Was aber nicht heißt, dass es nicht noch pas sieren könnte.“ Baptiste nickte. Für den Bruchteil einer Sekunde zitterten seine Hände. Doch Maman bemerkte das nicht.
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·Verdammt, ich hätte an eine Taschenlampe denken sollen!“ Jane rieb sich ihr schmerzendes Schienbein. Kurz bevor sie am obe ren Ende der Treppe angekommen war, hatte sie es sich an einer Stu fe angeschlagen. Kurz überlegte sie, ob sie zurückgehen und den Einsatzkoffer holen sollte, entschied sich aber dagegen. Die Treppe hinaufzukommen war schon ein Abenteuer für sich gewesen. Wenn sie jetzt die Stufen voller Eile hinunterrennen würde – nein, das Schienbein war ihr Warnung genug. Es dauerte eine Weile bis sich ihre Augen an die Dunkelheit ge wöhnt hatten. Jetzt konnte sie erkennen, dass sich vor ihr ein langer Gang erstreckte, der nach einigen Metern nach rechts abknickte. Res te der früheren Gasbeleuchtung waren noch zu erkennen. Rechts und links befanden sich je vier Türen. Da Jean nie erwähnt hatte, wo sein Büro genau lag, blieb ihr nichts anderes übrig, als die Türen der Reihe nach abzuklappern. Jane seufzte und machte sich an die Arbeit. Sie fand nicht das, was sie gesucht hatte. Hinter den Türen lagen meist leere Räume, in einem waren an einer Seite ordentlich Pinsel und Farbeimer gestapelt. Wenigstens hatte sie die Türen nicht eintreten müssen. Als sie um die Ecke bog, sah sie einen schwachen Lichtschimmer. Er drang unter einer Tür hervor, die sich genau am Ende des Ganges befand. Beinahe gleichzeitig hörte sie ein Geräusch. Vorsichtig näher te sie sich der Tür und legte ein Ohr an die Tür. Sie lächelte. Für ei nen Beobachter musste das ein komisches Bild ergeben. Sie, Jane Cardigan, ehemalige UPO-Agenten verhielt sich wie ein neugieriger Dienstbote. Ein Rumoren war zu hören. Dann Schritte. Dann ein Geräusch, als würde ein schwerer Gegenstand verschoben. Jane run zelte die Stirn. Das hörte sich nicht nach einem Mann an, der auf je manden wartete. Eher nach jemanden, der sich in Schwierigkeiten befand. In ernsten Schwierigkeiten. Sie griff mit der einen Hand nach ihrer Waffe, und mit der anderen öffnete sie ohne weiteres Zögern die Tür. Jane erstarrte. Sie hatte Jean gefunden. Und seinen Mörder.
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Diana lief der Schweiß von der Stirn, von den Händen, vom Na cken, von den Schultern. Mit einem Wort – sie brauchte dringend eine Dusche. Sie zerdrückte einen Fluch zwischen ihren Zähnen, griff sich ihre Koffer und marschierte auf ein Taxi zu. New Orleans kurz vor dem Mardi Gras. Ein schwüles, unnatürliches Wetter für einen Agenten aus New York. Sie nannte dem Taxifahrer ein Hotel in der Nähe des French Quarters und grübelte während der ganzen Zeit darüber nach, warum ihr die ganze Sache überhaupt nicht gefallen wollte. Commander Parton hatte sie gestern kurz vor ihrem verdienten Fei erabend ins Hauptquartier gerufen. Während sie auf dem Weg zu seinem Büro war, vermisste sie die vertrauten Gesichter ihrer Kolle gen. Die Büros waren mit Agenten besetzt, die sie kaum oder gar nicht kannte. Einen Moment lang fürchtete sie, einen anderen als Parton in seinem Büro anzutreffen. Doch ihre Sorge war unbegrün det. Als sie ins Büro kam, blickte er kurz auf, lächelte und bat sie dann, Platz zu nehmen. ·Agent Clavell, es tut mir leid, Sie so kurzfristig herbeizitieren zu müssen. Aber es gibt da einen Fall, der keinen Auf schub duldet.“ Er reichte ihr die Akte, sie schlug sie auf und blätterte sie durch. ·Es geht um mehrere Fälle vorzeitiger Alterung. Die Opfer waren im Durchschnitt zwanzig Jahre alt, wirkten bei ihrem Fund jedoch bedeutend älter.“ ·Bedeutend älter ist noch untertrieben. Die Polizeiberichte sagen aus, die gefundenen Leichen wären an die Hundert gewesen.“ ·Ich dachte mir, nach all dem Bürokram der letzten Wochen würden Sie einen kleinen Ausflug zu schätzen wissen.“ Für eine Sekunde lang war sie geneigt, es ihm abzunehmen. Dann aber klappte sie die Akte energisch zu. ·Commander, was ist los?“ ·Was soll denn los sein, Agent Clavell?“ ·Wie lange kennen wir uns schon? Zehn Jahre?“ Der Commander schwieg.
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·Viel zu lange, um nicht zu wissen, dass Sie etwas verheimlichen. Kommen Sie schon.“ Partons Gesicht verhärtete sich. ·Geht es um diese Agenten?“ Sie deutete mit einer Geste Richtung Tür. ·Seit Frank MacLachlan weg ist, hat sich so manches geändert.“ Ihr Vorgesetzter seufzte und meinte dann: ·Nein, damit hat es nichts zu tun. Es ist einfach nur ein Fall. Ein Fall, der oberste Priori tätsstufe besitzt.“ Und jetzt war sie hier, saß auf der Rückbank eines Taxis, das mit wahnsinniger Geschwindigkeit durch die Straßen der Stadt manöv riert wurde. Schließlich, nach etlichen aberwitzigen Manövern und Beinahekollisionen, hielt das Taxi vor dem ·Richelieu“ an der Chartres Street. Sie bezahlte. Da sie dem Taxifahrer kein Trinkgeld gegeben hatte, konnte sie die Koffer alleine aus dem Kofferraum wuchten, doch es machte ihr nichts aus. Sie sehnte sich nach einer Dusche und konnte es kaum erwarten, bis schließlich alle Formalitäten abgewickelt worden waren. Gerade, als sie die Treppe hinauf in ihr Zimmer gehen wollte, hörte sie, wie je mand an der Rezeption nach ihr verlangte. Für eine Sekunde stritten Neugier und das Verlangen nach einer Dusche miteinander, schließ lich siegte die Neugier. Sie drehte sich um, doch wer immer nach ihr verlangt hatte, war anscheinend wieder verschwunden.
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Der dünne Lichtkegel der Taschenlampe glitt über den Boden des Zuschauerraums. Ab und an waren noch die Spuren der Bestuhlung zu sehen, dunkle Flecken auf dem ansonsten hellen Holzboden. Franks Schritte schienen in der Weite des Raums ein Echo zu erzeu gen. Als er den Lichtkegel in die Höhe richtete, sprangen Logen aus der Dunkelheit hervor. Die Luft roch abgestanden und muffig. Von der Bühne her sickerte schummriges Licht durch den Vorhang. Des wegen hatte Frank sich entschlossen, zuerst hier nachzusehen. Normalerweise hätte er damit gerechnet, dass der Orchestergraben, der hier wirklich ein Graben war und die Bühne von den Zuschauern 16
trennte, ein Problem sein würde. Doch eine kleine gewundene Treppe führte an der einen Seite hinunter und eine Stahltreppe, direkt in die Wand eingelassen, an der anderen wieder hinauf. Es war gar nicht einfach, durch den schweren Vorhang hindurchzu schlüpfen, aber Frank gelang es schließlich doch. Vor ihm lag die Bühne. Das Zwielicht verlieh der Szenerie etwas Irreales. Dieses Ge fühl wurde noch durch die Requisiten verstärkt, die wahllos über die Bühne verstreut standen. Frank ließ sich durch die zahlreichen Hin dernisse, zu denen künstliche Bäume, mehrere Möbelstücke sowie etliche aufeinandergehäufte Teppiche zählten, nicht aufhalten. Je wei ter er in den hinteren Teil der Bühne vordrang, desto lauter wurden die Stimmen, die schon seit einiger Zeit in der Luft waren. Hinter einer Brunnenattrappe geduckt konnte Frank schließlich die Quelle der beiden Stimmen ausmachen. Tod und Teufel, was macht der denn hier?, fragte er sich, als er einen der beiden Sprecher erkannte.
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Maman Bèbè verbrachte den Rest des Nachmittags damit, Nachfor schungen anzustellen. Sie klapperte ihre Bekannten im French Quar ter ab und kam schließlich erschöpft und um keine Neuigkeit reicher wieder in ihrem Haus an. Dennoch, das Gefühl, dass Baron Samedis Besuch bei ihr hinterlas sen hatte, eine Mischung aus Furcht und Besorgnis, nahm von Minute zu Minute zu. Marie hatte sie für den Rest des Tages freigegeben, es war besser, wenn das junge Mädchen nicht all zuviel von dem mitbe kam was sie trieb. Sie hätte nur Fragen gestellt. Fragen, auf die selbst keine Antwort hätte geben können. Blieb nur noch eines, das sie tun konnte. Aber diese Möglichkeit gefiel ihr ganz und gar nicht.
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Dass Jean Nicolas tot war, daran bestand kein Zweifel. Er saß zwar auf seinem Bürostuhl, sein Oberkörper lag jedoch auf dem Schreib tisch. Eine dicke Blutlache ergoss sich von seinem Oberkörper aus über die Schreibfläche. Seine linke Hand hatte wohl noch versucht, nach dem Brieföffner zu greifen, doch sein Angreifer war schneller gewesen. Jane und der Mörder standen sich Auge in Auge gegenüber, einen Ausruf des Entsetzens konnte sie nicht unterdrücken. Sie hatte zwar schon einiges gesehen in ihrer kurzen Zeit als Kämpferin gegen das Böse, aber so etwas abgrundtief Hässliches war ihr noch nie begegnet. Es war, als hätte jemand versucht, den kubistischen Malstil auf ein menschliches Gesicht zu übertragen. Es war vollkommen asymmet risch. Die rechte Gesichtshälfte war derart nach oben verschoben, dass sich Jane fragte, wie um alles in der Welt ihr Gegenüber über haupt leben konnte. Hinzu kamen noch Pusteln, aus denen dicker Eiter unaufhörlich über die linke Wange rann. Und dann die Augen ... Dies alles passierte in Bruchteilen einer Sekunde. Jane richtete jetzt ihre Waffe auf den Missgestalteten, der niemand anderes als das von Nicolas hier vermutete Phantom sein konnte. Ein scharfes ·Stopp!“ drang über ihre Lippen. Das Phantom verzog unwillig sein Gesicht, als Antwort drang ein Knurren aus seiner Kehle. ·Keinen Schritt wei ter oder ich schieße:“ Trotz dieser Warnung kam es immer weiter auf sie zu, seine vernarbten Hände in Angriffsstellung erhoben. Es blieb Jane keine andere Wahl, sie drückte den Abzug. Es klickte leise. Sonst passierte nichts. Entgeistert starrte Jane auf die Waffe. Sie versuchte es noch mal. Wieder nur ein leises Klicken. Offenbar hatte das Ding eine Ladehemmung. In wenigen Sekunden würde das Phantom sie erreicht haben. Fluchend warf sie die Waffe weg und griff nach ihrem Schwert, das sie auf dem Rücken in einer Scheide trug. Breitbeinig erwartete sie den Angreifer. Zwar war sie in der kurzen Zeit nicht gerade zur Meisterin im Schwertkampf herangereift, aber Hauen und Stechen vermochte sie durchaus. ·Okay, du hast es nicht anders gewollt:“ Mit einer eleganten Vorwärtsbewegung versenkte sie die Klinge bis an den Griff in den Brustkorb des Phantoms – und wollte sie wieder herausziehen. Doch es gelang ihr nicht. Stattdessen trat das Phantom einen Schritt zurück und die Klinge glitt einfach so 18
aus seinem Körper heraus. Noch nicht einmal ein Blutstropfen war an
ihr zu sehen. Entsetzt wollte Jane aufschreien, aber da hatten seine
Hände sie erreicht und die Welt versank in vollkommener Dunkelheit.
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Hätte er es gekonnt, Frank hätte lauthals geflucht. Sicher, sie hatten mit allerlei Problemen gerechnet, aber das hier ... Das hier war dann doch eine Nummer größer als alles, was sie sich während des Flugs vorgestellt hatten. Unmittelbar vor ihm stand der Fürst der Finsternis, McDonald persönlich. Vielmehr schwebte er einen halben Meter über der Bühne. Die Sprache in der er sich mit dem anderen unterhielt war Frank, der während seiner Zeit bei der Einwanderungsbehörde so manchen Sprachbrocken aufgeschnappt hatte, vollkommen fremd. Und McDonalds Gegenüber, ein junger Mann in Jeans und Lederjacke, war ihm ebenso unbekannt. Offenbar erteilte McDonald ihm gerade An weisungen, die dieser äußerst unwillig zu empfangen schien. Jedenfalls ließ die Lautstärke des Gesprächs darauf schließen. McDonald, dachte Frank nachdenklich. Was hatte er mit all dem hier zu schaffen? Das Team war dem Fürsten der Finsternis schon vor einiger Zeit begegnet. Er war ein Schwarzmagier, der ein Heer von Gestaltlosen befehligte. Diese menschenähnlichen Chamäleons waren ernstzunehmende Gegner. Der Fürst wechselte nun ins Englische und sagte zwei Wörter, die Frank eine Gänsehaut über den Rücken laufen ließen: ·Töte ihn!“ Dass damit er gemeint war, war Frank sofort klar. Mit seinen dämo nischen Sinnen musste McDonald seine Anwesenheit gespürt haben. In derselben Sekunde tippte ihm jemand auf die Schulter – und Frank wurde gegen die Requisiten geschleudert. * Mittlerweile kannte er jede Blase des Linoleumsbodens, der Geruch nach Desinfektionsmitteln drang in seinen Schlaf und blieb selbst 19
Tage nach dem Besuch in seiner Kleidung haften. Baptiste Legrand war der unzähligen Arztbesuche müde und erledigte sie so, wie man einen Besuch bei lästigen Verwandten über sich ergehen ließ: Man heuchelte Interesse, nickte, lächelte und wünschte sich in Gedanken, irgendwo anders zu sein. Der junge Arzt, der mit elastischen Schritten den Raum stürmte, verbesserte seine trübsinnige Stimmung nicht gerade. In den schlan ken, filigranen Händen hielt er wie immer eine grüne Akte, deren In halt Legrand bestens vertraut war. ·Mr. Legrand?“ Er nickte. Wer sollte er auch sonst sein? Sein Photo prangte klar und deutlich auf der ersten Seite seiner Akte. Es zeigte ein rundliches Ge sicht in dem die beiden grünen Augen etwas hervorstachen - eine Folge der Medikamente, hatte man ihm versichert. Er machte sich nicht mehr die Mühe, seine Glatze unter einem Hut oder einer Kappe zu verbergen. Der Rest seines Körpers war ebenfalls von der Krank heit gezeichnet. Es war Zeit, dass all dies ein Ende fand, dachte er. ·Eine gute Nachricht. Ihre Blutwerte sind stabil.“ Baptiste nickte ergeben. Wie immer. ·In ein, zwei Monaten können wir eine Transplantation erwägen. Wenn ihre Blutwerte weiterhin auf diesen Stand bleiben. Okay. Ha ben Sie noch Fragen?“ Baptiste schüttelte den Kopf. ·Dann lassen Sie sich am besten einen neuen Termin geben. In zwei Wochen.“ Baptiste nickte, stand auf, schüttelte dem Arzt die Hand und ging aus dem Zimmer. Draußen lehnte er sich gegen die weißgestrichene Wand, ballte die Hände zu Fäusten. Was wusste dieser Arzt schon? Stabile Blutwerte. Als wäre das wichtig. Wichtig war das nur für die Fachkräfte, die mit ihren Händen bald in seinem Körper wühlen würden. Er atmete mehrmals tief ein und aus, entspannte sich wieder. Baptiste spürte förmlich, wie ihm die Zeit durch die Finger rann, wie sein Körper von Sekunde zu Sekunde verfiel. Es sei Zeit, flüsterten die Stimmen in seinen Gedanken, aber er hätte sie gar nicht gebraucht. Er wusste es auch so. Der Krankenschwester, die ihn schon kritisch musterte, sig 20
nalisierte er mit einem Lächeln, dass alles in Ordnung war. Ein Lü genlächeln, aber was scherte ihn das schon. Was war schon eine läppi sche Lüge im Vergleich zu dem, was er bisher schon getan hatte. Und nochmals tun würde. So lange bis er sicher war, dass sein Leben län ger dauern würde als die Wissenschaft es erlaubte.
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Jack hatte in weiser Voraussicht die Taschenlampe aus dem Einsatz koffer mitgenommen. Langsam, um auf den ausgetretenen Stufen nicht auszurutschen, stieg er in den Keller hinunter. Hier waren die Wände unverputzt und ab und an rannen sogar breite Wasserströme über die Mauern. Mit Sicherheit hatte sich Nicolas das Büro nicht in den Katakomben der Oper eingerichtet, aber so konnte er sich den Keller schon mal näher ansehen. Endlich hatte er den Treppenabsatz erreicht. Das Licht der Taschen lampe offenbarte ihm einen Gang, von dem regelmäßig nach etwa zehn Metern Abzweigungen nach links und rechts führten. Ratlos ließ Jack den Lichtkegel kreisen. Was sollte er jetzt tun? Unmöglich, die Gänge einzeln abzulaufen – dazu fehlten Geduld und Zeit. Er stutzte. Erst jetzt sah er, dass sich an der rechten Wand ein Schild befand, auf dem in Englisch “Zur Bühne” stand. Ein Pfeil wies in die betreffende Richtung. Ein Ziel vor Augen begann er, loszumarschie ren. Nach kurzer Zeit begann der Boden leicht anzusteigen. Schließ lich öffnete sich vor ihm ein breiter Raum, der sich offenbar direkt unter der Bühne befand. Er hielt seine Hand vor die Lampe, um den doch grellen Lichtschein etwas abzuschwächen. Gegen Überraschun gen war man nie gefeit, aber in gewissem Maße konnte man doch vorsorgen. Seile hingen von den Wänden, etliche Kisten waren an der linken Wand gestapelt. Über ihnen befanden sich ordentlich aufgereiht meh rere echt wirkende Pistolen und Revolver, der geschulte Blick von Jack ließ sich jedoch nicht täuschen. Von oben drangen Geräusche herunter, jemand schien sich derbe zu ärgern, der Lautstärke der Stimme nach zu urteilen. 21
Jack runzelte die Stirn. Dort drüben, am anderen Ende des Raumes, war das ein Kleiderhaufen? Vorsichtig näherte er sich ihm. Es waren keine Kostüme, es war ein Mann, der leblos an der Wand lag. Jack beugte sich zu ihm herunter. Und fühlte, wie auf einmal etwas Nasses und Kaltes seinen Kragen hinunterlief. Als nächstes bohrten sich spitze, scharfe Krallen in seinen Rücken und dann wurde er mit einer Kraft, die nicht von einem Menschen stammen konnte, zu Boden geworfen. Dabei glitt ihm die Taschen lampe aus der Hand, sie rumpelte über den unebenen Betonboden und völlige Dunkelheit beherrschte den Raum. Die Attacke hatte ihn derart überrascht, dass er zuerst keine Anstal ten machte, sich zur Wehr zu setzen. Ein weiteres Handicap war die nun vollkommene Dunkelheit. Er hörte den Atem seines Gegners ganz in der Nähe. Vorsichtig richtete er sich auf, lauschte und führte dann einen Kinnhaken in die Luft. Überrascht stieß er auf Wider stand. Sein Gegner gab unverständliche Laute von sich, schien aber von Jacks Attacke unbeeindruckt zu sein. Noch bevor er den Gedan ken, zur Waffe zu greifen in die Tat umsetzen konnte, fühlte er, wie sich kräftige Hände um seine Kehle legten. Langsam, aber beständig wurde die Luft knapp...
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Eine Lärmwelle schwappte Diana entgegen, als sie das Polizeihaupt quartier des achten Bezirkes betrat. Zuständig für das French Quartier und den NBD – den New Business District – bildete es eine Naht stelle zwischen den üblichen Touristenbeschwerden und den Anliegen der sogenannten Upper Class. Dementsprechend herrschte reger Betrieb. Wortfetzen drangen an ihr Ohr. ·... was weiß ich denn? Als ich mich umdrehte, war er weg ...“ ·Jetzt hören Sie mir mal zu...“ Diana zwängte sich an den Touristen vorbei, die die Polizeibeamten mit regelrechten Wortkanonaden beschossen. Die Cops blieben ruhig und gelassen, sie waren das Chaos gewohnt und mit wenigen Hand 22
griffen hatten sie das eine Touristenpärchen abgefertigt, um sich den Sorgen des anderen zu widmen. Insgeheim bewunderte Diana ihre Kollegen. Nun ja, Kollegen waren sie nur in einem sehr weitläufigem Sinn... ·Verzeihung, aber das hier ist nur autorisiertem Personal zugäng lich.“ Vor Diana hatte sich eine ältere, robust wirkende Frau aufge baut. Ihre Plakette wies sie als Officer Jovanka aus. Sie hatte ihre Hände in die Hüften gestemmt und sah Diana mit hochgezogenen Augenbrauen an. Unbeeindruckt holte Diana ihre FBI-Plakette heraus und sagte: ·Di ana Clavell. Ich werde erwartet.“ Falls Officer Jovanka von dieser Wendung der Ereignisse überrascht war, zeigte sie es nicht. Sie wandte sich um, rief Diana ein ·Folgen Sie mir bitte“ zu und brachte Diana in den hinteren Teil der Dienststelle. Kurz darauf fand sich Diana in einem Bürostuhl wieder, vor ihr be fand sich ein sehr aufgeräumt wirkender Schreibtisch. Officer Jovanka hatte gemeint, sie würde Captain Pertwee verständigen und war dann wieder verschwunden. Dass sich das FBI und die örtliche Polizei nicht immer gut verstanden, das war ein offenes Geheimnis. Doch diese schroffe Art hatte Diana noch nie erlebt. Sie zuckte mit den Achseln. Das war nun nicht ihr Problem, es sei denn, dieser Captain Pertwee teilte diese Animosität mit seiner Kollegin.
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Frank blieb keine Zeit zum Luftholen, der nächste Angriff erfolgte sofort. Scheinbar spielend warf ihn der junge Mann erneut auf die Bretter. Frank versuchte, nach seiner Waffe zu greifen, aber sein Gegner war schneller. Hochaufgerichtet stand er vor ihm und lächelte höhnisch. Eine unbegreifliche Lähmung legte sich auf einmal auf Frank, flüssi ges Blei schien durch seine Adern zu strömen. Er konnte kaum noch seine Augen offen halten, alles vor ihm verschwamm. Nur undeutlich drangen die Worte an sein Ohr, die sein Gegner jetzt sprach: 23
·Sterben wird sie wie sie es sollte, weil des Dämons Diener es wollte. Du kannst sie nur retten, du allein. Ohne Macht wird sie sterben am Stein. Wenn Verderben dich mit kalten Fingern packt, läutet ein der Tod den letzten Akt. Jedoch wird Leben den Tod aufwiegen, sie kehrt zurück, wenn du wirst siegen.“ Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, drehte sich der Mann um und war plötzlich verschwunden. Luft füllte das entstandene Vakuum und mit diesem Geräusch fiel schlagartig die Lähmung von Frank ab. Jedoch nicht seine Verwirrung.
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Maman Bèbè malte einen geweihten Kreis auf den Boden ihres Zimmers. Sorgfältig vorbereitet lagen die notwendigen magischen Werkzeuge vor ihr. Im Mörser hatte sie die gesammelten Kräuter zerstampft, nun fügte sie das kochende Wasser hinzu. Sofort stiegen feine Rauchschwaden auf, wallten über den Rand des Mörsers, stri chen über den Boden entlang und stiegen schließlich in die Höhe. Der Duft unterstützte sie bei den Vorbereitungen für ihre Geistwan derung. ·Ich rufe zur dir, Legba, Herr der Wege. Öffne mir die Pforte, die diese von der anderen Welt trennt. Bereite mir den Weg, lass mich wandeln die Pfade derer, die vormals auf der Erde waren.“ Sie griff nach der Phiole mit dem Blut des vor einer Stunde ge schlachteten Hahns, öffnete sie und sprenkelte das Blut über die Kräuter. Ein Zischen erklang, der Rauch veränderte seine Farbe, wurde dunkelrot. Maman Bèbè wusste, in diesem Moment war sie in Gefahr. Denn jetzt war die Tür in die andere Welt offen und sie konnte nicht kontrollieren, wer oder was da eventuell durchdringen würde. Sie hoffte nur, dass Legba ihre Opfergaben gnädig angesehen 24
hatte und den Durchgang nur auf einer Seite offen hielt. Bei den Loa konnte man sich mitunter nicht ganz sicher sein, ob sie auch wirklich taten, was man von ihnen verlangte. Nach wenigen Augenblicken formte sich eine Art Tor aus den Ne beln, ein Zeichen dafür, dass Legba ihr gnädig gestimmt war. Sie at mete erleichtert auf. In der Welt der Loa würde sie einige Antworten auf ihre Fragen bekommen. Jedenfalls hoffte sie das. Nicht von Baron Samedi, der hatte ihr das gesagt, was sie wissen wollte und würde auch nicht erscheinen. Aber die anderen Loa waren vielleicht bereit, ihr mehr zu sagen. Sie stand auf und schritt durch das Tor.
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Einer Ohnmacht nahe versuchte Jack, die Hände von seiner Kehle zur bringen. Doch es gelang ihm nicht. In seiner Verzweiflung blieb Jack nichts anderes übrig als seinen Kopf so kräftig wie möglich ge gen die Stirn seines Gegners zu rammen. Womit er insgeheim gerechnet hatte, geschah tatsächlich: Sein magi sches Talent erwachte. Ein Gewitter aus grünen Blitzen erleuchtete den Raum. In diesem Licht sah Jack erstmals das Gesicht seines Geg ners und er konnte auch erkennen, wo die Taschenlampe gelandet war. Es war ein Gesicht, das er wegen seiner Hässlichkeit nicht so schnell wieder vergessen würde. Doch bevor er noch den allgemeinen Eindruck vertiefen konnte, hatte die Macht sein Gegenüber zu Asche verbrannt. Hastig versetzte sich Jack wieder in den Besitz der Ta schenlampe. Er schüttelte sie vorsichtig. Glas klirrte. Kein gutes Zei chen, aber als er den Schalter betätigte, flammte Licht auf. Er atmete erst mal tief durch. Dann durchquerte er den Raum mit eiligem Schritt und öffnete die Tür, die sich an der hinteren Wand befand. Und erlebte die nächste Überraschung....
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Captain Pertwee entpuppte sich als ein jovial auftretender Mann Mit te Vierzig, der sie mit einem festen Handschlag begrüßte. ·Diana Clavell, nehme ich an. Ich hoffe, sie mussten nicht all zu lan ge warten. Möchten Sie etwas trinken? Kaffee, Tee, Mineralwasser?” ·Danke. Mineralwasser wäre nett.“ Der Captain lächelte, während er aus einem nahen Schrank eine Fla sche und einen Plastikbecher holte. ·New Orleans kann um diese Zeit ein recht heißer Flecken sein.“ ·Wenn Sie das sagen.“ Während sich Diana das Wasser einschenkte, beobachtete sie ihr Gegenüber. Captain Pertwees Gesicht wirkte of fen, seine Augen funkelten sie amüsiert an. Die etwas zu plattgedrück te Nase ließ vermuten, dass er früher körperlichen Auseinanderset zungen nicht aus dem Weg gegangen war. ·Um was geht es denn, Mrs. Clavell? Ihre Mail sagte nur, dass sie mich umgehend sprechen wollten.“ Diana setzte den Becher ab. ·Es geht um die Leichenfunde, die sie in der letzten Zeit gemacht haben.“ Sie öffnete ihre Aktentasche und holte die Aufzeichnungen heraus, die ihr die UPO übergegeben hatte. ·Genauer gesagt geht es um Me lanie Powell, John Howell, Richard Frank und Terrance Dicks.“ Der Captain zeigte sich nicht im mindesten überrascht. ·Sie sind also für diese... X-Akten zuständig.“ Diana ging nicht auf diese Bemerkung ein. ·Ich möchte gerne einen Blick auf die Leichname werfen, wenn Sie es gestatten.“ Der Captain zuckte mit den Achseln. ·Wenn es Ihnen hilft, natür lich. Aber ich glaube nicht, dass Sie mehr herausfinden, als unsere Pathologen. Das biologische Alter der gefundenen Personen ent spricht nicht ihrem Aussehen. Warum oder wieso das so ist, das kön nen wir nur vermuten. Die Laborleute sitzen noch an den Untersu chungen.“ ·Was meinen Sie denn, was es sein könnte?“ ·Wenn ich das wüsste, wären Sie dann hier?“
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Noch etwas benommen rannte Frank so schnell er konnte in Rich tung der Eingangshalle zurück. Zeilen des – ja, Gedichts? Der Pro phezeiung? – schwirrten durch seinen Kopf. Sterben wird sie, wie sie es sollte ... Du kannst sie nur retten du allein ... ohne Macht wird sie sterben am Stein. Verdammt, was sollte das bedeuten? Wer war sie? Und war mit der Macht das Talent gemeint, das in Jack und Jane schlummerte? Das, was aus ihnen Erben der Macht machte? Nutzlos, sich jetzt dar über den Kopf zu zerbrechen. Als er atemlos in die Eingangshalle stürmte, hörte er Kampfgeräu sche. Sie kamen aus dem Keller. “ ·Oh mein Gott. Jack!“ Pfeilschnell sauste er die Treppe hinab, ohne Rücksicht darauf, dass er sich den Hals brechen konnte.
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Etwas stimmte nicht. Er fühlte es in seinem Inneren. Baptiste setzte sich aufrecht hin und fuhr sich nachdenklich durchs Haar. Das nächs te Ritual war erst in zwei Wochen fällig, bis dahin würde die gesam melte Kraft reichen. Was also stimmte nicht? Er trat nachdenklich ans Fenster, sah auf den Mississippi. Schließlich schnippte er mit seinen Fingern. Natürlich, es war etwas, dass nicht mit dieser Welt zusammenhing. Warum hatte er das nicht gleich ge spürt? Es war Zeit, sich mit dem Dämon in Verbindung zu setzen.
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Zuerst sah Jack nur den offenstehenden Mund, aus dessen Winkel dickflüssiger Speichel über das deformierte Kinn rann. Gegen seinen Willen brannte sich dann die Asymmetrie dieses Gesichtes in sein Gehirn ein. Eine Monstrosität stand vor ihm. Ein Monster aus dessen Mund ein Laut der Überraschung kam. Doch das Schlimmste war, dass Jane Cardigan leblos in den Armen des Monsters hing. Für einen Moment befiel klamme Furcht Jacks Herz, Janes Brust hob und senk 27
te sich jedoch in gleichmäßigem Rhythmus. Offenbar war sie nur be wusstlos. Jacks Zögern rächte sich. Das Phantom - er bezweifelte nicht, dass er ihm direkt gegenüberstand – ließ Jane von seinen Armen gleiten und griff Jack an. Die Taschenlampe prallte auf den Boden auf, ging jedoch nicht aus. Scharfe Klauen ratschten sein Hemd auf und hinter ließen blutige Striemen auf der Brust. Geistesgegenwärtig zog Jack die Waffe und feuerte aus der Hüfte heraus drei Schüsse auf das Phan tom ab. Mit Sicherheit hätten normale Kugeln dem Monster nichts anhaben können. Allerdings zeigten auch die Silberkugeln, die Jack gerade verschossen hatte, ebenfalls nicht die geringste Wirkung. Das Phantom schwang seine Linke, Jack wich ihr aus und konterte mit einem Fußtritt gegen das Schienbein. Das Monster verzog keine Mie ne, geriet jedoch ins Stolpern. Dies nutzte Jack aus, er setzte einen Uppercut nach, der direkt auf dem Kinn des Monsters landete. Es krachte gegen die Wand, war aber sofort wieder auf den Beinen und jetzt war es Jack, der in die Bredouille geriet. Er wurde regelrecht mit Schlägen eingedeckt. Dermaßen beschäftigt bekam Jack gar nicht mit, dass Frank auf einmal auf der Bildfläche erschien.
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Zorks Dolch glitzerte im schwachen Licht der Taschenlampe. Das Phantom hatte ihm den Rücken zugedreht und Frank nutzte den ge botenen Vorteil: Zielsicher warf er den Dolch in die Richtung des Phantoms. Ein Sirren, ein Ratschen – der Dolch steckte im Rücken des Monsters fest. Aber eine Reaktion blieb wie zuvor bei den Silber kugeln aus. Es zuckte nur leicht, griff mit einer Hand nach dem Dolch, zog ihn aus der Wunde und drehte sich zu Frank um, während er Jack ins Reich der Träume schickte. Die Zeit schien stillzustehen. Die beiden Gegner standen sich ge genüber. Unwillkürlich fühlte sich Frank an einen alten Westernfilm erinnert, an die Duellszene, die unwiderruflich immer kommt. Das Phantom hielt den Dolch in der Hand, machte eine Bewegung, um dessen Gewicht zu schätzen und warf ihn direkt nach Frank! 28
Diesem gelang es, sich rechtzeitig zu ducken. Dort, wo sich zuvor Franks Kopf befunden hatte, steckte jetzt leicht zitternd Zorks Dolch in der Wand. Zwei Gegner schienen dem Phantom zuviel zu sein. Es warf sich die leblose Jane über die Schulter und verschwand in der Dunkelheit. Frank beugte sich über Jack, der in diesem Moment die Augen auf schlug. ·Wo kommst du denn auf einmal her?“ ·Erzähl ich dir ein andermal. Steh auf, das Phantom hat Jane.“ ·Verdammt, stimmt.“ Jack stand wieder auf den Beinen, klopfte kurz den Staub von seinen Kleidern ab und sagte dann grimmig: ·Schnappen wir uns den Schweinehund.“
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Diana seufzte. Stundenlang hatte sie sich Vorträge über den mensch lichen Körper angehört, hatte Aufmerksamkeit geheuchelt, als der Pathologe ihr ausführlich erklärte, was an den Proben nicht stimmte. Schlauer war sie dadurch auch nicht geworden. Jetzt saß sie in ihrem Hotelzimmer und schickte ihre bisherigen Er kenntnisse via Email an die Zentrale in New York. Vielleicht konnten die dortigen Fachleute mehr herausfinden. Sie war schließlich keine Ärztin, sondern einfach nur jemand, der seinen Job machte. Wobei dieser Job ihr mehr und mehr missfiel. Warum zum Teufel hatte man sie bloß in diese Hitze geschickt? Sie mussten doch ganz genau ge wusst haben, dass sie keinerlei medizinischen Kenntnisse besaß. Als sie offline ging, klingelte das Telefon. Sie runzelte ihre Stirn. Wer in aller Welt rief sie denn hier an? Das würde sie wohl erst erfahren, wenn sie abnahm, dachte sie und griff nach dem Hörer. ·Mrs. Clavell?“ ·Ja. Wer spricht da?“ ·Nennen Sie mich ruhig Madame Bèbè, das tun alle.“ ·Das ist schön, aber...“ ·Ich hatte schon versucht, Sie zu erreichen, aber der Zeitpunkt war wohl nicht klug gewählt.“ 29
Diana hatte einen kurzen Flashback. ·Das waren Sie, vorgestern in der Lobby?“ ·Sie erinnern sich daran, das ist schön. Mrs. Clavell, ich muss Sie unbedingt sehen. Wäre es Ihnen jetzt recht?“ ·Jetzt sofort? Ich kenne Sie noch nicht einmal.“ ·Aber Sie können mich kennen lernen. Und wenn Sie wissen wollen, warum diese Leute vorzeitig alterten, dann kann ich Ihnen vielleicht helfen.“ ·Woher... ?“ ·Ich hole Sie in einer Stunde ab. Wir treffen uns in der Lobby.“ Ratlos starrte Diana auf den Hörer, den sie nach einer Weile sanft auf die Gabel zurücklegte.
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·Sag mal,“ keuchte Jack, als sie über eine unterirdische Brücke hech teten, ·hast du je das Musical zu unserer Situation gesehen?“ ·Warum?“, fragte Frank zurück. Unter ihnen gurgelte in einem mil den Zwielicht dunkles, ölig wirkendes Wasser. Als sie dem Phantom gefolgt waren, fanden sie sich zu ihrer Verblüffung in einem weit verwinkeltem Kanalsystem wieder. In einer Entfernung hatten sie das Phantom sehen können, das es ziemlich eilig hatte. Frank hatte ge mutmaßt, es gäbe eine Verbindung mit dem Kanal St. Martin. ·Weil das die Stelle ist, an der die Christine-Darstellerin normaler weise das hohe C singt.“ Er deutete auf ein Boot, das in ihrer Nähe über das Wasser glitt. Der Physiognomie nach zu urteilen, war es niemand anders als das Phantom. Wie ein venezianischer Gondoliere trieb er das Boot mit einem langen Stock vorwärts. ·Tod und Teufel“, fluchte Frank. ·Den kriegen wir nie.“ ·Das würde ich nicht sagen. Sieh mal, diese Brücke dort, da muss er vorbei. Der Kanal führt nur in diese eine Richtung.“ ·Und du glaubst wirklich, wir haben eine Chance?“ ·Ich würde mir später Vorwürfe machen, wenn wir es nicht wenigs tens versucht hätten“, knurrte Jack. ·Also los.“
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Sie machten Tempo. Hasteten über Stufen, unter steinernen Bögen entlang, liefen mehrmals Gefahr mit vollem Tempo mitten in den Kanal zu stürzen – und erreichten die Brücke noch vor dem Phan tom. Im Zwielicht schienen seine Augen böse zu funkeln. ·Und was machen wir jetzt? Die Silberkugeln wirken bei dem nicht.“ Frank zuckte mit den Achseln. ·Bleibt nur noch Zorks Dolch. Viel leicht nutzt ein Treffer direkt ins Herz.” ·Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ ·Du sagst es“, meinte Frank grimmig. Sie warteten ab, bis das Boot in ihre Nähe kam. Noch bevor das Phantom etwas unternehmen konnte, zielte Frank so genau wie er konnte, holte aus und betete im Stillen, der Dolch möge sein Ziel treffen. Ob es Zufall oder Können war, das wusste Frank nicht zu sagen. Der Dolch zischte auf sein Ziel los und bohrte sich tief in die Brust des Phantoms. Dieses griff sich in selbem Moment an die Brust, stöhnte tief auf und löste sich dann ohne einen weiteren Laut von sich zu geben komplett in Staub auf! Frank atmete auf, erst dann fiel ihm ein, dass das Boot mit Jane jetzt keinen Steuermann mehr hatte. ·Tod und Teufel“, fluchte er erneut. Doch Jack hatte die Lage schon erfasst. Kurzerhand schwang er sich über die Brüstung und rollte sich am Boden des Bootes ab. Da der Stab in den trüben Wassern verschwunden war, musste Jack mit sei nen Händen paddeln. Glücklicherweise war die Strömung nicht sehr stark. Frank wartete schon am Ufer auf ihn. Liebevoll bettete Jack die immer noch bewusstlose Jane auf den har ten Betonboden. ·Gratuliere Frank. Ein guter Wurf.“ ·Danke. Wie geht es Jane?“ Jack fühlte nach ihrem Puls. Er schlug ruhig und regelmäßig. ·Sie lebt, Frank..” Er verstummte. “Was ist?”, rief Frank. ·Nichts. Offenbar haben die Klauen des Phantoms Janes Haut leicht aufgeritzt. Nicht der Rede... Oh mein Gott!“ Panik schlich sich in seine Stimme. ·Frank, ich habe keinen Puls mehr.” 31
·Jack, tu was!” Sofort begann Jack mit einer Herzmassage. Zwischen den einzelnen Stößen fühlte er Janes Puls. Wieder und wieder versuchte er Janes Herz zu beleben, versuchte, das Leben in den schmalen Körper zu zwingen. Als er wieder nach ihrem Handgelenk griff, glomm Janes Körper urplötzlich in einem violetten Licht auf. ·Nein. Nein, das darf nicht sein“, schrie Jack jetzt, aber es war zu spät. Seine Hände glitten durch Janes durchsichtig gewordenen Brust korb. Und innerhalb weniger Augenblicke war er ganz verschwunden, hatte sich aufgelöst, als wäre er nie da gewesen. Ein Erbe der Macht war hinübergegangen.
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Einige Tage später Die Stimmung in der Detektei hätte das Wasser des pazifischen O zeans gefrieren lassen können. Der Schock über Janes Tod saß ihnen immer noch tief in den Knochen, und nur langsam stellte sich so et was wie ein Alltag bei ihnen an. Donna reagierte mit Entsetzen und Bestürzung auf die Nachricht von Janes Tod. Und trotz der Tatsache, dass sie alle wussten, welche Risiken sie auf sich nahmen, jeder Ein satz der letzte sein konnte – trotzdem saßen Angst, Entsetzen und der Schmerz sehr tief. Nach Janes Tod hatten Frank und Jack Nicolas´ Leiche gefunden, anonym die Polizei verständigt, waren dann mit dem Taxifahrer, der sie vor Stunden zur Oper gebracht hatte, zurück zum Flughafen ge fahren. Dort erwischten sie gerade noch die nächste Maschine in die Staaten. Einen Tag später hatten sich die Beiden dann im Konferenz zimmer ausgetauscht. Jack erzählte, was ihm im Keller widerfahren war, Frank berichtete von der Prophezeiung. Bei der Beschreibung des Mannes, der neben McDonald auf der Bühne gestanden hatte, stahl sich ein nachdenklicher Zug in Jacks Gesicht und nachdem Frank geendet hatte, murmelte er einen Namen: ·Julian Summers.“ ·Julian Summers? Wer ist das?“ 32
·Der Mann, der dich töten sollte, es aber nicht getan hat.“ ·Du kennst ihn?“ Jack nickte. ·Sagen wir mal, unsere Wege haben sich in der Vergan genheit mehrfach gekreuzt. Der Hexenmeister aus der Hölle ist kein angenehmer Gegner. Du kannst von Glück sagen, dass er offenbar in dem Moment die Seite gewechselt hat, als er dich in der Mangel hat te.“ ·Die Seite gewechselt?“, echote Frank ratlos. Jack griff nach dem halbvollem Ginglas und nahm einen Schluck. ·Ich weiß selbst nicht viel über ihn. Julian Summers tauchte vor ein paar Jahrzehnten aus dem Nichts auf. Praktisch ein Mann ohne Ver gangenheit, wenn du so willst. Seine Kräfte sind enorm. Dass er in den Diensten von McDonald steht war schnell klar – und noch klarer, dass er recht wechselhaft ist. Im wahrsten Sinne des Wortes. Julian schwankt zwischen Gut und Böse. Wenn du ihm begegnest, kannst du nie sicher sein, ob er dich töten oder dir seine Hilfe anbieten will.“ “Sterben wird sie, wie sie es sollte“, wiederholte Frank den Anfang der Prophezeiung. ·Jetzt wissen wir, dass mit sie Jane gemeint war.“ ·Aber wenn das so ist, besteht noch Grund zur Hoffnung.“ ·Wieso?“ ·Jedoch wird Leben den Tod aufwiegen, sie kehrt zurück, wenn du wirst siegen“, zitierte Jack die letzten Zeilen. ·Und wenn Julian das sagt, dann wird es stimmen.“ ·Bist du dir da sicher?“ ·Verlass dich drauf.“ Sie schwiegen eine Weile. ·Obwohl“, fuhr Jack dann doch wieder fort. ·Es ist schon merk würdig. Als ich beim letzten Mal einen Erben sterben sah, war das Hinübergehen doch etwas anderes.“ ·Du bist schon anderen Erben der Macht begegnet? Davon hast du nie was erzählt.“ ·Es war kein glorreiches Kapitel meines Lebens“, sagte Jack und nahm noch einen Schluck aus dem Ginglas. ·Bisher bin ich immer der Meinung gewesen, die Erben der Macht seien nicht allzu zahlreich“, tastete sich Frank weiter vor.
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·Sind sie wohl auch nicht. Erst, als er im Sterben lag, offenbarte er mir, er wäre ein Erbe. Dass ich kurz darauf Nachforschungen anstell te, weißt du ja. Meine Ausbeute war und ist ziemlich mager. Im Inter net findest du garantiert keine Homepage, in der was über die Erben der Macht berichtet wird. Aber lassen wir das. Nimm dir ein Glas.“ Frank gehorchte. Jack erhob das seine und sagte: ·Auf Jane.“ ·Auf Jane. Und die Zukunft.“
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Der Dämon funkelte Baptiste an. Trotz der Tatsache, dass der Dämon erstens zwei Köpfe größer war als er - und das wollte schon etwas heißen, Baptiste maß knapp zwei Meter - war dieser alles andere als beeindruckt. Zugegeben, jeder andere hätte sich beim Anblick des breiten Kör pers des Dämons, der nur aus Hautplatten zu bestehen schien, den breiten Widderhörner, die direkt über den Augen hervorstachen so wie den kräftigen Klauen eilends aus dem Staub gemacht. Baptiste jedoch war das Aussehen des Dämons gewohnt. Die tiefe Baßstimme der Kreatur der Nacht dröhnte in Baptistes Ohren. ·Ich dachte, unser nächstes Rendezvous wäre erst zwei Wochen? Warum störst du mich schon jetzt?“ ·Vielleicht kannst du mir das sagen.“ Baptiste verschränkte die Arme vor der Brust und erwiderte die stumme Herausforderung. ·Seit einiger Zeit habe ich den Verdacht, dass jemand unsere Kreise stört.“ Der Dämon kicherte. ·So, wirklich? Und wer sollte das sein? Keiner von den anderen würde sich in meine Belange mischen, und der Pakt, den du unterzeichnet hast, hält sie sowieso davon ab. Du gehörst mir, ich gehöre dir.“ Er kicherte erneut. In Baptistes Gesicht arbeitete es. ·Warum habe ich dann das dumme Gefühl, dass irgendjemand hinter mir her ist?“
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Die Pupillen des Dämons verengten sich. ·Ich gebe normalerweise nichts auf die Gefühle der Sterblichen, aber du bist in gewisser Hin sicht anders.“ ·Welch eine Ehre“, murmelte Baptiste ironisch. Der Dämon fletschte seine Zähne. ·Vielleicht liegt es gar nicht an meiner Seite, mein Freund. Vielleicht mischt sich jemand von deinen früheren Bekannten da rein.“ ·Du meinst, einer von den Loa? Unsinn, die Loa kümmern sich ei gentlich nicht um eure Belange.“ ·Normalerweise nicht, aber wer sagt denn, dass sie sich in der Ver gangenheit nicht schon eingemischt haben?“ Bapiste zuckte mit den Schultern. ·Mag sein. Möglich ist alles.“
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·Einen Moment, ich werde Mr. MacLachlan sofort über ihre An kunft informieren.“ Der Mann, von dessen Gesicht wegen dem tiefsitzenden Hut und dem Wollschal fast nichts zu sehen war, nickte. ·Ich warte.“ Donna seufzte. Offenbar hatte ihre letzten Standpauke nichts genutzt. Dieser Mr. Underhill tauchte nicht in ihren Notizen auf, geschweige denn im Terminkalender. “Hier ist ein Mr. Underhill, soll ich ihn gleich...? Nein, weiß ich nicht. Er steht natürlich nicht in meinem Terminkalender ... Mo ment.“ Donna hielt die Hand vor den Hörer und wandte sich dem Kunden zu, der seelenruhig in einer Zeitschrift blätterte. ·In welcher Angelegenheit möchten Sie Mr. MacLachlan sprechen, Mr. Underhill?“ ·Es geht um Jane Cardigan“, sagte der Mann gelassen, blickte noch nicht einmal von der Zeitschrift auf. ·Es geht um Jane...“ Sie hörte noch einen Augenblick zu, denn legte sie legte den Hörer auf und meinte: ·Mr. MacLachlan wird sich gleich um Sie kümmern.“ 35
Er nickte wortlos. Donna fragte sich, was dieser Mensch, der keinen sympathischen Eindruck auf sie machte, mit Jane Cardigan zu tun gehabt hatte. Sie hatte nie viel über ihr Privatleben erzählt. Einmal war Donna zusammen mit ihr in einer Single-Bar gewesen und sie hatten sich köstlich amüsiert. Doch was Jane außerhalb ihres Jobs sonst so tat, darüber hatte sie selten gesprochen. Es dauerte nicht lange, bis Frank durch die Glastür kam. Im selben Moment betrat Jack das Empfangszimmer durch die Vordertür, hielt einen Moment inne, zog dann blitzschnell seine Waf fe und schrie: ·Stopp. Keinen Schritt weiter.!“ Franks verwunderte Blicke gingen von einem zum anderen. ·Jack, um Gottes Willen. Steck das Schießeisen wieder weg. Das ist doch nur ein Kunde.“ ·Ein Kunde? Von wegen. Ihr würdet euren Todfeind nicht erken nen, wenn er vor euch stünde. Das habt ihr gerade bewiesen.“ Franks Kinnlade sackte in Richtung Brust. ·Du meinst...“ ·Ich meine nicht nur, ich weiß. Das da“, Jack deutete mit der Waffe auf den Mann mit Schal und tief ins Gesicht gezogenem Hut, ·das da ist Julian Summers.“ ·Julian Summers?“, stammelte Frank fassungslos. Mit vollkommener Ruhe und Gelassenheit löste der mutmaßliche Hexenmeister den Schal von seinem Gesicht und warf dann den Hut in eine Ecke. Vor Frank stand der Mann, dem er im Opernhaus in Paris begegnet war. ·Julian Summers in Person. Ich glaube, wir hatten schon einmal das Vergnügen, Mr. MacLachlan.“ Seine Stimme war kultiviert und wohl klingend. Fast wollte Frank schon die ihm dargereichte Hand ergreifen, doch die Erinnerung an die Ereignisse kamen wieder in ihm hoch. ·Was wollen Sie?“, fragte er kalt. ·Und da ist auch Mr. Claim. Das letzte Mal, als wir uns gesehen ha ben, suchten sie gerade nach diesem Grimoire – wie hieß es denn noch? De Vermie Mysteris? Ich hoffe, sie hatten Erfolg.“ ·Noch einmal: Was wollen sie?“, wiederholte Frank und sah, dass Jack die Waffe gesenkt hatte. 36
·Fragen Sie mich nicht, was ich will – sondern was ich für Sie tun kann. Aber ich denke, wir sollten eine etwas angenehmere Umgebung aufsuchen. Sie haben doch sicher ein Konferenzzimmer oder so etwas ähnliches? Müsste doch im Lieferumfang enthalten gewesen sein, bei diesem Leasing-Büro.“
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Madame Bèbè und Diana Clavell befanden sich in einem kleinen Ca fe mitten im French Quarter. Ströme von Touristen flanierten an ih nen vorbei und während die UPO-Agentin einen Schluck Kaffee nahm, musterte sie ihr Gegenüber. Die Mambo-Priesterin, so hatte sie sich jedenfalls vorgestellt, war eine äußerst grazile Frau, deren Alter Diana nicht so recht einschätzen konnte. Sie mochte 70 sein, viel leicht sogar 90. Doch trotz ihres gepflegten Äußeren hatte Diana das Gefühl, dass mit Madam Bèbè nicht zu spaßen war. ·Nun, haben Sie mich genug gemustert?“ Sie hätte sich fast an ihrem Kaffee verschluckt. Madame Bèbè lächelte. ·Ich weiß, ich entspreche nicht so ganz dem Klischee, dass man sich von einer Priesterin des Voodoo macht.“ ·Nun ja,“ sagte Diana zögerlich. ·Da haben Sie schon recht. Aber ich denke, wir sind nicht hergekommen, um Smalltalk zu machen.“ ·Sie sind Profi. So wie ich.“ Die Priesterin holte aus ihrer Handtasche mehrere Photos heraus und blätterte sie auf den Tisch. ·Woher haben Sie die?” Es waren die Photos aus den Polizeiakten, und was sie zeigten, kannte Diana ganz genau. ·Es ist nicht so wichtig, woher ich sie habe. Wichtig ist nur, dass ich einen Verdacht hege.“ Diana Clavell blickte nachdenklich auf die vergreisten Gesichter, auf die verkrümmt daliegenden Körper, denen nicht anzusehen war, was sie einst gewesen waren. ·Sie haben einen Verdacht?“
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·Ja. Bei jedem anderen würde ich ihn nicht laut äußern, aber die Loa deuteten an, dass Sie mit solchen Dingen vertraut sind.“ ·So, wirklich?“, fragte Diana betont kühl. ·Ihre Loa sind wohl all wissend.“ Im ihren Unterlagen, die Diana vor ihrer Abfahrt kurz durchgeblät tert hatte, war natürlich die Voodoo-Religion erwähnt worden - Loas waren demnach die Götter des Voodoo. Wesenheiten, die in der Lage waren, Besitz von den Sterblichen zu ergreifen, die dann von ihnen ·geritten“ wurden. Das war, wenn sich Diana richtig erinnerte, kein Privileg der Voodo-Priester, nein, jeder Gläubige konnte von den Göttern ·geritten“ werden. Madame Bebè fuhr fort: ·Das sind sie in der Tat. Allerdings geben sie ihr Wissen nicht unbe dingt immer unverhüllt an die Sterblichen weiter. Meistens jedenfalls sind sie in der Lage, sich verständlich auszudrücken. Aber das, was momentan in ihrem Reich vorgeht, ist für die Sterblichen kaum ver ständlich. Verzeihung, ich weiche vom Thema ab.“ Die Voodoopriesterin atmete tief durch. ·Es geht um das Leben und um den Tod. Und um die Frage, wer eventuell einen Nutzen davon haben könnte, die Energie eines ge samten Lebens in sich aufzunehmen.“ ·Sie wollen doch nicht behaupten, dass jemand in der Lage ist, die gesamte Lebensenergie einer Person in sich aufzunehmen?“ ·Ich behaupte das nicht,“ widersprach ihr die Priesterin sanft, ·ich weiß es. Es gibt Rituale, die so etwas durchaus erlauben.“ ·Und wer wäre dazu in der Lage?“ ·Ein Dämon.“
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·Ah, das ist schon besser“, seufzte Julian und ließ sich in den Leder sessel fallen. Der Hexenmeister schien ein Mann in den besten Jahren zu sein. Sein Anzug zeugte von Stil und Geschmack. Jacks Misstrauen hatte sich noch nicht gelegt, argwöhnisch betrach tete er den Hexenmeister, jederzeit bereit, seine Waffe zu ziehen.
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·Ich befürchte nur, ich werde diesen Luxus nicht lange in Anspruch nehmen können. Aber ich merke, Sie fragen sich, warum ich herge kommen bin, in die Höhle des Löwen sozusagen. Nun, es hat mit Ihrer Kollegin Jane Cardigan zu tun.“ ·Das sagten Sie bereits. Kommen Sie endlich auf den Punkt, Mr. Summers.“ ·Geduld, Mr. Claim, ist eine Tugend der Könige. Wenn Sie mich bit te ausreden lassen würden? Danke. Das Phantom, das Sie erfolgreich in der Pariser Oper bekämpft haben, war eine Art Experiment. Aus den Anfangstagen der Herrschaft des jetzigen Fürsten der Finsternis. Er versprach sich von dieser Kreatur, die gegen Silberkugeln und sol chen Unfug immun war, einen Kriegerzuwachs für seine Armee. Dummerweise ist der Intelligenzquotient dieser Prototypen nicht all zu hoch – dafür können sie mit ihren Händen töten. Vergleichbar mit einem Zitteraal vermögen sie magische Energie zu bündeln und ihr Opfer damit zu bombardieren. Sie, Mr. Claim, hatten es mit einer Kreatur der ersten Generation zu tun, noch nicht ganz ausgereift, aber immerhin schon mächtig genug. Unnötig zu sagen, dass ihre Kollegin einem Exemplar der ausgereifteren Sorte in die Hände fiel. Und von ihm offensichtlich regelrecht überladen wurde.“ Frank und Jack tauschten erstaunte Blicke. Sie hatten den Tod von Jane auf den Schnitt zurückgeführt, den das Phantom ihr mit einer seiner Krallen verpasst hatte. Und sie hatten auf Gift spekuliert. ·Das ist ja alles gut und schön, aber es beantwortet immer noch nicht die Frage, was Sie von uns wollen.“ ·Ich möchte Ihnen helfen“, sagte Julian schlicht. ·Helfen, ah ja...“, schaltete sich Frank jetzt ein. ·Verzeihen Sie mei ne Offenheit, aber warum sollten Sie das tun?“ Julian zuckte die Achseln. ·Ich habe meine Gründe. Vielleicht über zeugt Sie das von meiner Redlichkeit.“ Er schnippte mit den Fingern und mitten im Raum entstand ein Loch in der Wirklichkeit. Ein Loch, dass sich rasch mit der Abbildung einer Höhle füllte. Jack hatte schon nach seinem Revolver gegriffen, ließ ihn jedoch stecken, als er sah, wer dort in der Höhle auf einem Steintisch lag, von gläsernen Sarg wänden umschlossen. ·Jane...“ ·Genau. Jane Cardigan.“ 39
·Was haben Sie mit ihr gemacht?“, fragte Frank wütend angesichts von Janes Hilflosigkeit. ·Ich habe sie gerettet“, sagte Julian ernst. ·Sie befindet sich jetzt in einem Zustand zwischen Tod und Leben. Ihretwegen habe ich mich gegen Mächte gestellt, die weitaus stärker sind als ich. Ich weiß nicht, wie lange ich ihnen widerstehen kann. Daher ist es einfacher, ich sage ihnen, was ich als Gegenleistung für Janes... Auferstehung verlange. Glauben Sie mir, Sie haben keine andere Wahl. Entweder Sie helfen mir oder Sie verlieren Jane Cardigan für immer.“ Für einige Momente herrschte Stille. Dann sagte Frank mit belegter Stimme: ·Okay, was sollen wir für sie tun?“
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Die weite, öde Ebene war Baptiste durchaus vertraut. Jeder Voo doopriester, der sich in die Welt der Loa wagt, beginnt seinen Weg in dieser Ebene. Doch der Augenschein trügt. Er atmete tief durch, verwandelte sich dann in einen Kondor und pfeilschnell durchquerte er so die Ebene in Richtung Norden. Ir gendwann begannen die Veränderungen. Unter ihm erstreckten sich Wege, Straßen, schließlich Äcker und dunkle Wälder. Nach und nach erstand eine Welt, die Baptiste aus seinen Vorstellungen heraus form te. Schließlich, als er tief unter sich ein Dorf erspähte, bremste er sei nen Flug und stieß durch die Illusion der Luft hinab. Die Hütten, die er kurze Zeit später als Mensch durchsuchte, waren sämtlich unbewohnt. Durch die offenen Fenster sammelte sich der Staub der Straße in ihnen. Baptiste seufzte. Hatte er etwas anderes erwartet? Er hatte die Loa verraten, wie konnte er da erwarten, dass sie sich ihm zeigen würden? Als er in der letzten Hütte angekommen war und schon fast wieder gehen wollte, sah er aus dem Augenwinkel etwas im Staub liegen. Er bückte sich. Es war eine Art Perle, die in dem, was hier das Sonnen licht war, dunkel und geheimnisvoll schimmerte. Eine Perle, die ihm nur zu bekannt war. Baptiste seufzte. Es war ihm ganz und gar nicht 40
recht, dass sich seine alte Freundin in Dinge mischte, die sie nicht im Geringsten angingen. Aber er an ihrer Stelle hätte vermutlich genauso gehandelt, einen Vorwurf konnte er ihr nicht machen. Nachdenklich bewegte er die Perle, die nichts anderes war als ein Teil der Lebens energie von Bèbè, in seiner Hand. Zuerst musste er herausfinden, wie viel sie wusste – und dann musste er dafür sorgen, dass ihr Wissen nicht an die Öffentlichkeit drang...
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Der Hexenmeister hatte eines der bläulich schimmernden Tore ge öffnet, mit denen Jack und Frank schon vertraut waren. Jetzt befan den sie sich in der Höhle. Jack wollte einen Blick auf Jane werfen, doch Julian trieb sie zur Eile an. Als sie hinaus ins Freie traten, stockte ihnen der Atem. Vor ihnen erstreckte sich ein schmales Felsplateau, das sich kühn hinaus in die Leere einer Bergschlucht wagte. Ein schmaler Weg, der in steinerne Stufen überging, war offensichtlich die einzige Möglichkeit, das Pla teau zu erreichen. Als Frank an den Rand trat, sah er tief unter sich einen Wasserfall. Sein Dröhnen klang nur ganz sacht an seine Ohren. ·Beeindruckend.“ Julian lächelte. ·Ich weiß.“ Dann wurde er wieder ernst. “Drei Prü fungen müssen Sie überstehen, um Jane Cardigan zurückzugewinnen. Dabei spielt es keine Rolle auf welchen Wegen Sie ihre Ziele errei chen. Die Hauptsache ist, sie werden erreicht.“ ·Und was sollen wir als erstes für Sie tun?“ ·Wie wäre es mit... sterben?“
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·Ein Dämon“, wiederholte Diana Clavell und nippte erneut an ih rem Kaffee. ·Kommt wirklich kein Loa in Frage?“ Madame Bèbè schüttelte den Kopf. ·Die Loa sind zwar unbere chenbar, ja, sie überschreiten zuweilen die festgelegten Grenzen. Aber 41
da Baron Samedi mich persönlich auf diesen Fall angesetzt hat, ist das eher unwahrscheinlich. Zudem ist die Beziehung zwischen der Welt der Loa und der Welt der Dämonen alles andere als einfach. Norma lerweise mischen sich die Loa nicht in die Belange der Dämonen ein, höchstens wenn, wie hier, jemand von der anderen Seite sich in Dinge mischt, die ihn nichts angehen. Und das scheint hier der Fall zu sein.” ·Okay“, sagte die UPO-Agentin nachdenklich. ·Wissen Sie denn, welche Art von Dämon es ist? Oder haben die Loa Ihnen sogar den Namen verraten?“ ·Leider nein. Aber es kommen nicht allzu viele Dämonen in Frage. Und in diesen Dingen dürften Sie ohnehin besser bewandert sein als ich.“ ·Meinen Sie?“ ·Durchaus. Die Loa meinten, Sie würden Erfahrung in dieser Art von Fällen haben. Ich vertraue meinen Loa.2 Sie lächelte und Diana Clavell fragte sich, wie viel diese Voodoopriesterin eigentlich wusste...
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Verblüfft drehte sich Frank um – und erstarrte. Etwas in Julians Ge sicht hatte sich verändert. Die Augen, dachte Frank, es sind die Augen. Sie blicken auf einmal so kalt und hasserfüllt. Schweiß stand auf der Stirn des Hexenmeisters, Aus druck eines inneren Kampfes, der schließlich in einem gestöhnten: ·Verzeiht mir!“ endete. Der Angriff traf Jack völlig unvorbereitet. Tiefrot glühende Ener giewellen rasten aus Julian Summers Körper auf ihn zu. Noch bevor er mit seinem gezogenen Revolver abdrücken konnte wurde der Erbe der Macht mit voller Wucht getroffen. Sein Körper zuckte, dann klappte er leblos in sich zusammen. Ungläubig starrte Frank auf den reglosen Körper seines Freundes, bevor er realisierte, dass es höchste Zeit war, zu reagieren. Doch wo hin? Hastig glitt sein Blick über das Plateau, suchte fieberhaft nach einer Möglichkeit. Und musste einsehen, dass nur die steinerne Trep pe, die sich hinab in die Tiefe wand, seine einzige Möglichkeit war. 42
Ohne weiteres Zögern raste er auf sie zu, warf ab und an einen Blick über die Schulter. Offenbar hatte Julian die Attacke sehr viel Kraft gekostet und er braucht etliche Sekunden, um sich zu erholen. Sekun den, die Frank einen Vorsprung verschafften. Den er auch brauchte. Er hastete die Treppenstufen hinunter, einige Male verlor er dabei fast das Gleichgewicht. Jedes Mal fing er sich aber rechtzeitig. Julian schien ihm nicht zu folgen. Schließlich war er am Ende der Treppe angelangt und befand sich jetzt in einem dichtbewachsenen Gelände. Die zahlreichen, hochge wachsenen Büsche waren ideal, um ihn Deckung zu verschaffen. Atemlos warf er sich einfach hinter den nächstgelegenen auf den Boden und spähte durch die Zweige.
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Zurück aus der Welt der Loa vereinbarte Baptiste ein Treffen mit seiner alten Freundin. Da er sich in der letzten Zeit rar gemacht hatte, schien sich Madame Bèbè wirklich zu freuen. Nachdem er das erledigt hatte, machte er sich auf die Suche nach einem Zauber, der seine Freundin schachmatt setzen konnte. Er fand ihn schließlich auch, und die Zeit bis zum Treffen verbrachte er damit, die notwendigen Zuta ten in der Stadt zu beschaffen. Schließlich war es soweit. Er hatte den Tisch auf der Terrasse ge deckt, die Tinktur hauchfein auf den Rand der Tasse gestrichen, die Bèbè zugedacht war. Sie würde keinen Verdacht schöpfen. Warum auch? Es war ein zwangloses Treffen unter Freunden, hinter der sie keine böse Absicht vermuten würde Es sei denn... es sei denn, sie hatte tatsächlich schon einen Verdacht. Aber selbst das würde sie nicht retten.
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Im Abendrot wirkte die Frau, in deren langen schwarzen Haaren
sich der Wind verfing, wie eine Statue. In ihrem Rücken hörte sie das
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Rumoren ihrer Gefolgsleute. In einer Hinsicht glichen sie sich: Beiden machte die hereinbrechende Nachtkälte nichts aus. Die Frau trug ein langes Seidenkleid, an der linken Seite geschlitzt. Es schmeichelte ihrer Figur, aber sie trug es nicht, um auf jemanden Eindruck zu machen. Sondern weil sie gerade von einer Mission kam, die diese Art von Kleidung verlangte. Sie wischte die Gedanken mit der Haarsträhne aus ihrem Gesicht beiseite. Und beschäftigte sich mit dem, was hinter ihr auf einer Art Sockel lag. Es war nicht einfach gewesen, das entsprechende Pergament in ih rem Archiv zu finden. Aber die Suche hatte sich gelohnt. Die Frau, in deren Augen jetzt ein kaltes Feuer glomm, lächelte. Er würde sie mächtiger machen, als sie jemals gewesen war. Gleichzeitig würde sie ihren Feinden eine erhebliche Schlappe versetzen können. Und das alles war so einfach, so kindisch. Warum war vorher keiner auf die Idee gekommen? Sie zuckte mit den Achseln. Dann wandte sie sich um und musterte die zerlumpten Gestalten, die einen Kreis um den Sockel bildeten. Ehrfürchtig machten sie ihr Platz. Dann stand sie vor dem großen Gebilde, das in Form und Far be einem Ei glich. Feine Risse waren auf der Oberfläche des überdi mensionalen Gegenstandes zu sehen. Risse, die sich mehr und mehr vertieften. ·Es ist Zeit!“, rief die Schwarzhaarige, hob ihre Hände in die Höhe und stimmte einen Gesang an, in den ihre Diener bald mit rauen Kehlen einfielen.
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Seitdem Diana Clavell mittags eine Stunde schlief, konnte sie das heiß-feuchte Klima besser ertragen. So ganz hatte sie sich allerdings noch nicht akklimatisiert. Kein Wunder, zwei Tage reichten dafür auch kaum aus. Unruhig wälzte sie sich von Seite zu Seite. Sie wusste, dass sie träumte. Solch einen Garten hatte sie nie in ih rem Leben zu Gesicht bekommen. Ein Reichtum an Formen und Farben, dazu der Vogelgesang. Die Harmonie, die in diesem Garten lag, konnte man nur im Traum erreichen. Vor ihr erstreckte sich ein 44
Kiesweg, dem sie staunend folgte. Wie lange sie unterwegs war, bevor sie auf eine weiße Parkbank stieß, konnte sie nicht sagen. Doch war die Zeit im Traum sowieso nicht immer eine Illusion? Instinktiv ließ sie sich auf der Bank nieder und sie war nicht im Min desten überrascht als kurze Zeit später ein Herr erschien, der direkt auf sie zusteuerte. Was sie verwunderte, war seine Aufmachung. Er trug einen Zylinder, der tief in seine Stirn gezogen war. Ein altmodi scher Frack, Lackschuhe mit Gamaschen und eine randlose Sonnen brille, die auf seiner Nase saß, vervollständigten das Bild eines Gen tleman. ·Ein schöner Garten, nicht wahr?“ ·Ja, das ist er:“ Gedankenverloren starrte sie eine Zeitlang auf das Grün. ·Ein Garten, dessen Harmonie leider gestört ist.“ Diana horchte auf. ·Gestört?“ ·Die Ausgewogenheit zwischen dem was war und dem was ist, ist gefährdet.“ ·Ich verstehe nicht.“ ·Das Verständnis ist auch nicht erforderlich. Das, was getan werden muss liegt ganz in deiner Hand.“ Der Gentleman lächelte. ·Aber ich würde mich an deiner Stelle beei len. Das Haus, das sie zu Gast hat, ist vielleicht eine Bedrohung.“ Dianas Verwirrung wuchs. ·Ich verstehe immer noch nicht, was das alles zu bedeuten hat.“ Ihr Gegenüber lächelte. ·Ich muss mich leider verabschieden.“ Sie ergriff ohne zu Zögern seine Hand. ·Beeil dich.“ Diana schreckte aus dem Schlaf auf und hatte das Gefühl, dringend Madame Bèbè sehen zu müssen. Woher dieses Gefühl kam und wa rum sie derart panisch reagierte, war ihr nicht klar und es war ihr auch nicht bewusst, als sie einige Minuten später das Hotelzimmer in höch ster Eile verließ.
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Mit Zorks Dolch in der Faust schlich Frank die Treppe zur Höhle des Hexenmeister wieder hinauf. Nachdem sich mehrere Stunden nichts gerührt hatte, hatte er entschieden, sich mit gebotener Vorsicht seinem Feind zu nähern. Bald stand er wieder auf dem Felsplateau und sah sich um. Von Jack war ebenso wenig zu sehen, wie von Julian. Auch nicht in der Höhle. Frank hatte der Versuchung nicht wiederstehen können, einen Blick auf Jane zu werfen. Fackeln warfen wabernde Schatten an die Wände. Jane sah noch zerbrechlicher aus, als Frank sie in Erinnerung hatte. Wie Schneewittchen lag sie in einer Art gläsernem Sarg, doch war es wirklich Glas? Es konnte auch nur Einbildung sein, verursacht vom Fackellicht, aber ab und schienen eigenartige Wellen über das Material zu laufen. Zudem glomm es in einem friedlichen, überirdischen Licht. Frank streckte seine Hand auf, wollte das Material berühren – und hörte in diesem Moment Julians Stimme bedrohlich nah. ·An Ihrer Stelle würde ich das nicht tun, Mr. MacLachlan.“ Frank kreiselte herum. Im Höhleneingang stand Julian, der ihn tri umphierend ansah. Frank zog Zorks Dolch hervor und stand breit beinig da, die Linke ballte eine Faust, die Rechte hielt den Dolch. Heiße Wut stieg in ihm hoch. Julian seufzte. ·Was habe ich auch an deres erwartet.“ Diese Worte gaben den Ausschlag, Frank stürmte auf ihn los, um nur wenige Schritte vor seinem Gegner abrupt abzubrem sen. Denn neben dem Hexenmeister aus der Hölle war jemand, den Frank gut kannte. Und der eigentlich tot war. ·Jack?“ Jack Claim kam lächelnd auf ihn zu und packte ihn an den Schul tern. ·Frank. Wie bin ich froh, dich wiederzusehen.“ ·Aber... aber ich dachte, du wärst ...“ ·Tot? Ja, das war ich auch.“ Jack deutete auf den Hexenmeister. ·Doch er hat mich wieder zurück ins Leben geholt. Keine angeneh me Erfahrung, muss ich sagen. So schnell möchte ich nicht wieder sterben.“
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Frank fasste sich an den Kopf. ·Ich glaube, ich brauch eine Aspirin. Mein Gott, Jack.“ Jack grinste ihn einfach nur an und Frank war überglücklich, seinen Partner und Freund wieder unter den Lebenden zu erblicken. ·Ich unterbreche das Wiedersehen ja nur ungern, aber die Zeit, die Zeit drängt. Und da ich wieder auf der richtigen Seite stehe - oder das, was Sie als die richtige Seite bezeichnen – möchte ich die Sache schnell hinter mich bringen.“ ·Einverstanden“, nickte Frank. ·Und worum geht es, Mr. Sum mers?“ ·Kommen Sie mit, ich zeige es ihnen.“ Gemeinsam traten sie aus dem Höhleneingang und begaben sich an das südliche Ende des Felsplateaus. Vor ihnen lag ein Tal. Es schmiegte sich an die steilen Felsen an, ein fremdartiger Wald zog sich bis in etliche Höhenzüge empor. ·Sehen Sie das Dorf dort unten?“ Franks Blick folgte dem ausgestrecktem Arm des Magiers. Tatsäch lich sah er mehrere Gebäude. ·Das dort, am Ufer des Sees?“ Julian nickte. ·Die Menschen dort stehen unter meinen Schutz. Seit einiger Zeit sind dort Fremde am Werk. Fremde, die einen heiligen Ort der Einwohner entweihen wollen.“ ·Und wir sollen das verhindern“, stellte Jack trocken fest. ·Warum machen Sie das nicht selbst? Mächtig genug wären Sie doch.“ Julian seufzte. ·Ich kann es Ihnen nicht erklären. Selbst, wenn ich es wollte, ich könnte es nicht. Mir sind die Hände gebunden. Deswegen brauche ich Sie.“ Mitten im Satz hatte sich Julians Stimme verändert. Sie klang tiefer – und bedrohlicher. Julian öffnete ein Tor vor den beiden und sagte dann gepresst: ·Geht jetzt! Die Zeit wird knapp. Ich spüre es. Geht! Sofort!“ Ohne zu zögern schritten Frank und Jack durch das Tor.
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·Du siehst nicht gut aus, Baptiste.“ Dieser lächelte. ·Man wird alt, Bèbè. Da bleibt es nicht aus, dass das Aussehen etwas leidet.“ ·Wo du Recht hast ... Es ist schön, dass ich dich mal wieder sehen kann. Du warst so beschäftigt in letzter Zeit.“ Baptiste schenkte Tee ein und legte ein Stück Kuchen auf ihren Tel ler. ·Zeit ist das Stichwort.“ ·Wirklich?“ ·Ja. Denn meine Zeit ist leider begrenzt.“ ·Begrenzt?“ ·Ich bin krank. Ich habe nur noch wenige Monate zu leben!“, schleuderte er ihr die Worte geradewegs ins Gesicht. Ihre Reaktion auf seine Worte verwirrte ihn. ·Baptiste, das ist ja entsetzlich.“ Echte Besorgnis zeigte sich auf ihren Zügen. Sie hatte gerade einen Schluck Tee trinken wollen, stellte die Tasse aber wieder auf den Tisch zurück. ·Warum hast du nichts gesagt?“ ·Weil ich weder dein Mitleid, noch das von anderen wollte“, gab Baptiste verbissen zurück. Dann, etwas versöhnlicher: ·Mir kann kei ner helfen, Bèbè. Zumindest keiner von dieser Welt.“ Die Mambo sah ihn nachdenklich an, dann hob sie erneut die Tasse an ihren Mund – und diesmal trank sie den starken Darjeling. Ein Lächeln glitt über Baptistes Lippen, das alles andere als versöhnlich wirkte. Eher... maliziös. Madame starrte ihn fragend an und fiel dann von ihrem Stuhl und in einen tiefen, dunklen Abgrund.
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Sie befanden sich unweit des Dorfes. Ein schmaler Pfad führte durch das Unterholz, dem sie folgten, wie Julian es ihnen gesagt hatte. ·Was meinst du, ob da gerade wieder ein Wechsel stattfand? Er klang so merkwürdig.“ 48
Jack zuckte mit den Achseln. ·Keine Ahnung. Und ich will es auch gar nicht wissen.“ ·Jack?“, fragte Frank nach einer Weile. ·Ja?“ ·Wie ist eigentlich der Tod?“ Jack stoppte abrupt, sah seinen Freund nachdenklich an. ·Ich habe so gut wie keine Erinnerung mehr daran. Ich weiß nur noch, dass es äußerst schmerzhaft war, wieder am Leben zu sein. Ehr lich gesagt, ich bin froh, dass ich an den Tod keinerlei Erinnerung habe. Aber wenigstens habe ich jetzt keine Angst mehr vor ihm.“ Sie setzten sich wieder in Bewegung, folgten dem leicht ansteigenden Pfad. ·Sag mal, hörst du das auch?“ ·Hört sich an als würde da jemand singen. Als würde eine Menge von Leuten singen.“ Die letzen Meter hatte sich der Pfad etwas erweitert und mündete jetzt in einer großen Lichtung. Sie war mit haushohen Monolithen übersät, einige lagen flach auf der Seite, andere wiederum ragten steil in den Himmel empor. Frank fühlte sich an die Berichte über Carnac erinnert. Jack stieß ihn an. ·Sieh mal, die Gestalten dort kennen wir doch?“ ·Und ob“, knurrte Frank und zog seine Waffe. Jack tat es ihm gleich, nickte Frank zu und gemeinsam starteten sie ihren Überraschungsangriff.
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Diana klingelte bei Madame Bèbè. Sie wartete einige Minuten, schließlich ließ sie ihren Finger auf der Klingel ruhen. Eine verwirrt aussehende Marie öffnete ihr. ·Ich muss unbedingt Madame sprechen“, stieß Diana hervor. ·Tut mir leid, aber Madame Bèbè ist momentan nicht hier.“ ·Wo ist sie?“ ·Sie wollte ihren Freund Baptiste besuchen.“ ·Wo wohnt der?“ 49
Marie, die immer noch etwas verwirrt war, schilderte Diana mit knappen Worten den Weg. Glücklicherweise war sein Haus nicht weit entfernt, so dass sie innerhalb einer Viertelstunde mit ihrem Wagen in die Einfahrt des großen, villenartigen Hauses parkte. Die UPO-Agentin hatte das Gefühl, Angst würde wie eine dunkle Wolke über ihrem Kopf schweben. Etwas in ihr sträubte sich gegen die Hast, fragte, was sie da eigentlich tat und warum sie es tat, aber der Teil ihres Verstandes war zu schwach, um sich gegen die Einflüs se zu wehren, die Baron Samedi auf sie ausübte. Ohne zu Zögern eilte sie die breiten Stufen zur Haustür hinaus und klingelte Sturm. Atemlos wartete sie darauf, dass ihr jemand die Tür öffnete, doch dies geschah nicht. Unschlüssig, was weiter zu tun sei, ging sie die Stufen wieder herunter und wandte sich nach links, wo eine Art kleiner Garten begann. Abgetrennt wurde dieser Teil des Anwesens durch einen schmiedeeisernen Zaun. Die Spitzen waren alles andere als ungefährlich und Diana fragte sich, ob es nicht noch einen anderen Weg gab. Die Vorstellung, über diese Zacken steigen zu müssen, war nicht gerade erfreulich. So ging sie zurück und wandte sich diesmal nach rechts. Und hatte Glück. Anstatt eines Zaunes riegelten hier mehrere dichte, buschige Lebensbäume, zwei Köpfe größer als sie, den hinteren Teil des Grundstücks ab. Es war zwar unmöglich, sich hindurchzuzwängen, doch ohne zu Zögern griff Diana einen Ast und begann, den Baum hinaufzuklettern. Mehrere Male schwankte der Baum bedenklich, doch Diana war geschmeidig wie eine Katze und nach einem Sprung aus zwei Metern Höhe war sie dort, wo sie sein wollte. Im hinteren Bereich des Grundstückes. Sie hatte sich auf Hunde oder Wachleute eingestellt. Ein Anwesen von dieser Größe musste doch eigentlich streng gesichert sein, aber nachdem sie das Gebäude in Augenschein genommen hatte, verstand sie, dass hier mehr Schein als Sein im Spiel war. Regen und Wind hatten der Fassade arg zugesetzt, die Fensterschei ben waren nur dort geputzt, wo es unbedingt notwendig war. Vor Jahren mochte dies ein herrliches Gebäude gewesen sein, aber jetzt wirkten nur noch die Erinnerungen an eine ruhmreiche Vergangen heit fort. Kein Wunder, dass hier keinerlei Wachpersonal zu sehen 50
war. Der Hausherr hatte schon genug damit zu tun, das Haus eini germaßen in Stand zu halten. Das Andere war da nur Luxus. Diana Clavell war nicht zimperlich, kurzerhand nahm sie einen he rumliegenden Stein in die Hand und zerschmetterte damit die Glastür, die auf eine Art Terrasse führte. Die Reste einer Teaparty waren zu sehen, aber Diana hatte nur das dringende Verlangen, Madame Bèbè zu helfen. Warum und wieso, das war ihr nicht klar. Und die leise Stimme, die sich schon vorher gemeldet hatte, stellte ihr Verhalten nochmals in Frage. Aber sie hatte keine Zeit. Sie stolperte mehr als sie ging durch die großen Räume, verirrte sich in den Zimmern. Die Unruhe in ihr drängte sie vorwärts, bis sie schließlich in einen Teil des Gebäudes geriet, in dem Baptiste zu Hau se war. Wenigstens machten die Zimmer diesen Eindruck. Und ein Rumoren führte sie schließlich auf den richtigen Weg. Vorsichtig, um nicht zu früh entdeckt zu werden, drückte sie sich eng an die Tür, die zu dem Raum führte, aus dem Geräusche drangen. Sie wagte einen Blick, konnte aber im abgedunkelten Zimmer so gut wie nichts erkennen. Erst, als nach und nach Kerzen aufflammten und ihr warmes Licht verbreiteten, sah sie, dass Madame Bèbè be wusstlos in einem Drudenfuß lag, ihre Arme und Beine waren ge spreizt. Neben ihr hantierte jemand mit Dingen, die sandige, kratzar tige Geräusche von sich gaben. Es dauerte etwas, bis vor ihrem inne rem Auge ein Bild erschien: Jemand schliff ein Messer. Oder etwas ähnliches. Sie zögerte. Was sollte sie jetzt tun? Natürlich hätte sie jetzt mit ge zückter Waffe in den Raum stürmen können und Baptiste – wer konnte es schon anderes sein? – zur Rede stellen können. Doch sie zögerte. Es erschien ihr nicht richtig. Ihre Intuition riet ihr, noch et was abzuwarten. Als Baptiste aufstand, konnte die UPO-Agentin ihn im Licht der Kerzen sehen In seiner Rechten hielt er ein langes Küchenmesser. Seine Linke fuchtelte scheinbar unkoordiniert in der Luft herum. Diana erschauerte für einen Moment. In diesen Bewegungen lag Kraft. Und es überraschte sie nicht, dass Baptiste sich vor der be wusstlosen Voodoopriesterin aufbaute und einen Singsang anstimmte.
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Von jetzt an reagierte sie automatisch. Etwas übernahm die Kontrol le in ihr, dämpfte ihren Verstand vollständig ab. Als sie später ver suchte, die Ereignisse Revue passieren zu lassen, war ihr klar, dass Baron Samedi mit seinem Händedruck etwas von sich selbst in ihr eingepflanzt hatte – ohne sie vorher zu fragen. Zu diesem Zeitpunkt jedoch war ihr das nicht klar. Sie wusste nur, dass Baptiste einen Dä mon beschwor. Einen Dämon, der die Gabe besaß, die Lebenskraft einer Person auf andere zu übertragen – und für sich dabei ebenfalls einen Teil abzweigte. Auf einmal wusste sie den Namen des Dämons, ohne das sie ein Er klärung dafür hatte, woher das Wissen kam: Re’viol. Sie steckte ihre Waffe in ihr Schulterhalfter zurück und betrat leise den Raum. Baptiste beendete gerade seine Beschwörung und als er ihre Schritte hinter sich hörte, drehte er sich blitzartig um. Aus seiner Hand zuckte ein gleißender Blitz. Dieser prallte aber von dem Schutzfeld ab, dass sich auf einmal rund um Diana erstreckte. Sie trat auf ihn zu, ihre rechte Hand vor sich gestreckt. ·Wer sind Sie?“, bellte ihr Baptiste entgegen. Die Antwort kam mit einer Stimme, die nicht die von Diana war und unwillkürlich zuckte Baptiste zusammen. Denn er kannte diese Stimme und wusste, dass sein Gegenüber momentan geritten wurde – ein Loa hatte sich manifestiert. Ein Loa in dessen Aufgabenbereich er in den letzten Monaten heftig eingegriffen hatte. ·Du? Glaubst du, meinen Kräften widerstehen zu können“ Der Loa in Clavells Körper breitete seine Arme aus. ·Was ich gab, kann ich auch wieder nehmen.“ ·Das glaube ich kaum.“
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Erst langsam fand die Schwarzhaarige wieder in die Gegenwart zu rück. Das Ritual hatte sie in eine Art Trancezustande versetzt, in dem sie nichts von der Welt wahrnahm. Angesichts der Tatsache, dass ihr hier keine Gefahr drohte ... Sie sah sich um. Erst jetzt fiel ihr auf, wie 52
still es war. Zwar waren ihre Diener nicht allzu gesprächig, aber das dezente Platschen, wenn Fleischstücke von ihren Knochen fielen, fehlte auf einmal. Ihr Blick fiel auf Frank MacLachlan und ihre Augen wurden schmal. ·Du! Schon wieder du!“ ·Ganz recht, Sara Dyke“, meinte Frank gelassen und hielt Zorks Dolch griffbereit. Sara Dyke, die Königin der Zombies würdigte Jack keinen Blick. Stattdessen schloss sie ihre Augen, horchte in sich hinein und lächelte. ·Ah, es beginnt. Jetzt kannst selbst du es nicht mehr aufhalten, Frank. Ich werde dich ver...“ Saras Gesicht wurde auf einmal blass. Sie schwankte leicht. Öffnete dann wieder ihre Augen, funkelte Frank an und öffnete ein Tor. ·Lebe wohl, Frank MacLachlan“, sagte sie kalt, als ob sie ihre Kampfeslust auf einmal verloren hätte. ·Ich denke nicht, dass ich dich noch mal sehen werde.“ Geradezu provozierend langsam trat sie auf das Tor zu und ver schwand. ·Unser aller Liebling schien nicht gerade erfreut darüber zu sein, dass wir ihre Zombies schachmatt gesetzt habe“, meinte Jack grin send und stieg über die Überreste eines Zombies. ·Gutes Personal ist halt schwer zu finden.“ ·Warum sie wohl nicht in den Kampf eingegriffen hat?“ ·Kann ich dir sagen – wegen dem da.“ ·Mein Gott, was ist das?“ Vorsichtig näherten sich die beiden dem riesigen Ei. Rumorende Geräusche drangen aus seinem Innern. ·Keine Ahnung. Aber eins weiß ich: Der Mutter dieses Eies möchte ich nicht begegnen. Wenn ich es nicht besser wüsste...“ ·Was?”, fragte Jack, der beobachtete, wie die Schale des Eies immer mehr aufsprang. ·Beeil dich, was immer da drin sein mag, es schlüpft!“ Tatsächlich wurden nun kleinere Stücke förmlich hinweggesprengt. Jack duckte sich, ein Schalenteil schoss knapp an seinem Körper vor bei.
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·Ich denke“, rief Frank gegen das einsetzende Getöse an, ·ich denke es ist ein...“ ·Greif“, schrie Jack in die plötzliche Stille. Noch sah das Fabelwesen zerknittert und irgendwie verschrumpelt aus. Der Löwenkörper, der mit seinen Krallen unruhig den Boden aufwühlte, wirkte fahrig. Doch mit jeder Sekunde gewann das Wesen an Kraft und Stärke. Sein Kopf ruckte in die Richtung der beiden Jäger des Grauens vor. In den durchdringenden Adleraugen lag ein tödliches Glitzern, der Schnabel klappte mehrmals klackend auf und zu. Frank MacLachlan zögerte nicht Ob Silberkugeln bei solch einem Geschöpf wirken würden, wusste er nicht. Aber es blieb ihm keine andere Wahl, er musste es ausprobieren. Bevor er jedoch den Abzug drücken konnte, richtete sich die Auf merksamkeit des Greifen auf Jack. Aus dem Stand überwand er den Abstand, riss Jack zu Boden. Nur einen Herzschlag später hatten die Klauen Jack gepackt und stieg pfeilschnell mit ihm in den Himmel auf. Mit offenem Mund starrte Frank auf die sich ihm bietende Szene, dann drückte er den Abzug. Ein leises Klicken ertönte. Das Magazin war leer.
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·Wir werden sehen.“ Das Lächeln auf Dianas Gesicht glich eher einem boshaften Grin sen. ·Ich bin der, der die Friedhöfe bewacht. Der Macht über die Toten besitzt. Das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod ist sehr diffizil und zerbrechlich. Ich kann es nicht dulden, dass jemand sich in Dinge mischt, die von so großer Bedeutung sind.“ Die beiden Kontrahenten starrten sich feindselig an. Und in die Stille fiel ein sanftes Geräusch, als würde ein Wind über Dünen blasen. Der Dämon kam. Baptiste triumphierte.
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Mit der Unterstützung seines Bundesgenossen würde es ein Leichtes sein, den Loa zu besiegen. Als der Dämon aus den Schatten trat, richteten sich seine roten Au gen sofort auf Diana. ·Ein Loa. Und ein mächtiger Loa obendrein. Das wird richtig inte ressant.“ ·Sag mir“, hielt ihm Baptiste entgegen, ·du Herr über die Toten, wo bist du eigentlich, wenn andere als ich in deine Belange eingreifen?“ ·Meine Macht erstreckt sich auf jene, die an mich glauben. So wie der da“, er deutete auf den Dämon, ·auch nur Macht über jene hat, die an ihn glauben und ihn rufen.“ ·Genug gefaselt, Loa“, mischte sich der Angesprochene ein. ·Es wird Zeit, dir deine Grenzen zu zeigen.“ Die Attacke kam aus dem Nichts. Der Dämon hob seine Hand und eine Art Energiewelle pulste aus ihm hervor. Eine Welle, die Baptiste noch verstärkte. Die geheime Übereinkunft zwischen den beiden machte eine Kommunikation durch Sprache überflüssig. Dazu waren sie schon zu lange Partner. Doch an dem Schutzschild, der den Loa umgab, verpuffte sie wir kungslos. In den nächsten Minuten flammten Blitze hin und her, tauchten das Zimmer in ein flackerndes Unlicht – aber keine von beiden Seiten gewann einen Vorteil. Ob das den Loa überraschte, konnte Baptiste nicht sagen. Dass er kein leichtes Spiel haben würde, war ihm klargewesen, doch die Stärke des Loa überraschte ihn doch. Schweißperlen traten auf seine Stirn. Schlag folgte auf Gegenschlag. Attacke, Parade, Täuschungsmanö ver. Verbissen hämmerten die beiden Gegner aufeinander ein und schließlich wurde es Baptiste zu viel. Aus dem Stegreif sprang er gegen den Schutzschild des Loa an. Natürlich gelang es ihm nicht, ihn zu durchdringen. Doch der Mo ment der Überraschung ließ Baron Samedi für einen Moment unauf merksam werden, eine Schwäche, die der Dämon ausnutzte. Mit magischen Mitteln war dem Loa nicht beizukommen, aber mit roher Gewalt schon. Und Eisen und Magie waren ein Kapitel für sich. 55
Der Dämon schwang ein schweres Metallrohr in der Hand, das er kurzerhand aus der Heizung gerissen hatte. Er holte aus und ließ es mit voller Wucht auf den Kopf Dianas krachen. Der Loa steckte den Schlag zwar halbwegs weg, aber die Welt ver schwamm vor seinen Augen und fast schien es, als hätten Re’viol und Baptiste die Schlacht gewonnen. Sie hatten ihren Sieg schon vor Augen, als Madame Bèbè in das Ge schehen eingriff. Hoch aufgerichtet stand sie da, ihre Augen funkelten mit einem tiefen, inneren Feuer. Sie konzentrierte sich auf ihr Kraftpotential und fühlte, wie es sich in ihrem Körper ausbreitete. In dieser Sekunde war auch sie nichts ande res als ein Handlanger der Loa. Weder Baptiste noch Diana waren wichtig. Wichtig allein war nur der Sieg über den Dämon. In tiefer Trance sah sie die Welt aus einem anderen Blickwinkel. Die Aura des Dämons war ein schwarzer, finsterer Abgrund, der sie ver schlang, wenn sie nicht acht gab. Sie bündelte ihre Kräfte, wartete auf das Zeichen des Loa, der längst wusste, dass sie da war. In Madame Bèbè war eine Harmonie, die jede Erfahrung überwog, die sie je besessen hatte. Doch die Zeit war zu kurz, um das Gefühl auszukosten. Gleichzeitig schlugen sie und der Loa zu – und für die Madame ver ging die Welt in diesem Augenblick einem gleißenden Licht, das alles andere ausschaltete und damit auch ihren Verstand.
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Jack schluckte mehrmals heftig. Der Angriff des Greifen steckte ihm noch in den Gliedern, hinzu kam die Tatsache, dass er keinen Boden mehr unter den Füßen hatte. ·Nur nicht nach unten sehen, Jack, nur nicht nach unten sehen. Keine Panik.“ Der Wind zerrte an seinen Kleidern. Die Geschwindigkeit des We sens war enorm. Um nicht nach unten zu sehen, schloss Jack seine Augen. 56
Um sie nach knapp zwei Minuten wieder zu öffnen. ·Mist. Autosug gestion ist bestimmt eine tolle Idee, wenn man bequem auf einer Mat te liegt.“ Dann sah er nach unten. Er hatte noch nie unter Höhenangst gelitten, aber das Gefühl, das sich jetzt einstellte, kam dem wohl relativ nah. Tief unter sich sah er eine Spielzeuglandschaft. Alles wirkte so fern und unscheinbar. Und Jack hatte nur einen Gedanken im Kopf: ·Du kannst mit mir alles tun, was du willst, du Riesenvieh, aber lass mich bloß nicht los.“ Der See rückte näher. Ohne jede Warnung legte der Greif seine Flü gel zusammen und stieß in einer atemberaubenden Spirale auf die Oberfläche des Sees hinunter. Am Ufer konnte Jack eine Gestalt erkennen. Ein grünes Leuchten umwaberte sie. Während er in freiem Fall auf die ebene Wasserober fläche zuraste, gab es für ihn keinen Zweifel, wer dort am Ufer stand: Es konnte nur Julian Summers sein. Als der Greif den Hexenmeister erblickte, stieß er eine Mischung aus Löwengebrüll und Adlerrufen aus und änderte sofort die Richtung. Gleichzeitig wurde der Fall gebremst, er ging in eine Art sanftes Glei ten über. Jetzt konnte Jack den Hexenmeister deutliche erkennen. Er stand abwartend am Ufer. Der Greif fiel tiefer und tiefer, er klackte mehrmals mit dem Schna bel. Jack war kein Ornithologe, aber das war eindeutig eine Drohung. Er überdachte seine Lage. Sie war etwas besser als vor einigen Minu ten, aber immer noch schlecht genug. Kurz bevor die beiden Kontrahenten aufeinander prallten, hob Julian seine rechte Hand. Er hielt seine Handfläche dem Greif entgegen. Grüne Funken stoben daraus hervor, dann zuckte ein grüner Blitz durch die Luft und das Fabelwesen schrie in höchsten Tönen. Der Blitz hatte die Schulter getroffen. Es roch nach verbranntem Fleisch. Jack fühlte noch, wie sich die Krallen des Fabelwesens von seinem Körper lösten, dann fiel er der Wasseroberfläche entgegen.
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·Das war knapp“, meinte Jack. Sein Herz raste immer noch. ·Ich hätte mir alle Knochen brechen können.“ Julian lächelte. Das Gesicht des Hexenmeisters wirkte entspannt und gelöst. ·Nun, ich konnte Sie doch nicht einfach in den See fallen las sen.“ Mittlerweile war auch Frank eingetroffen. ·Wo ist eigentlich der Greif?“ ·Machen Sie sich um ihn keine Sorgen. Ich kümmere mich schon um ihn. Mehr Sorgen bereitet mir jedoch die Tatsache, dass Sara Dy ke überhaupt auf die Idee kam und die Macht hatte, ihn – nun ja, auszubrüten.“ ·Wo wir das Thema schon mal angeschnitten haben, was wollte die Zombiekönigin eigentlich mit dem Fabelwesen?“ Julians Gesicht wurde ernst. ·Dass ist eine Frage, die nur mich etwas angeht.“ Auf einen Wink des Magiers begann sich eine Nebelbank aufzubau en. ·Die erste Prüfung haben Sie bestanden.“ Dichter und dichter wurde der Nebel, man sah seine Hand vor Au gen nicht mehr. ·Was ist mit Jane?“, rief Jack. Julians Stimme schien von überall herzukommen. “Sorgen Sie sich nicht. Um Jane Cardigan kümmere ich mich.“ ·Das ist für mich aber ein gehöriger Grund mich zu sorgen...“
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·Und Sie sind sicher, dass Sie keine weitere Tasse möchten? Marie macht einen auszeichneten Kaffee.“ ·Den ich zu schätzen weiß.“ Diana Clavell saß zusammen mit der Voodoopriesterin auf deren Terrasse und starrte nachdenklich in den gepflegten Garten.
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·Armer Baptiste.“ Sie fühlte Mitleid für einen Menschen, der keinen anderen Ausweg gesehen hatte. ·Ja, armer Baptiste“, sagte Madame leise. ·Auf eine gewisse Weise finde ich diesen Tod sogar gnädig.“ ·Gnädig? Von einer derartigen Energieentladung getroffen zu wer den?“ ·Besser, als in den letzten Monaten seines Lebens auf einem Kran kenhausbett dahinzuvegetieren.“ Sie richtete ihren Blick auf die UPOAgentin. ·Wie fühlen Sie sich?“ ·Ein wenig seltsam. Als würde ich in Watte verpackt über dem Bo den schweben.“ ·Das Gefühl vergeht. Ich denke nicht, dass Baron Samedi noch in Ihnen steckt.“ ·Mit diesem Loa hätte ich noch ein Hühnchen zu rupfen“, murmelte Diana. ·Ich habe es nicht gerne, benutzt zu werden.“ ·Wenn Sie nicht benutzt werden wollen, sollten Sie in der nächsten Zeit gut auf sich acht geben.“ ·Wie meinen Sie das, Madame?“ Diana sah in das Gesicht der Priesterin, konnte aus ihrem Ausdruck aber nicht recht schlau werden. ·Geben Sie nur gut auf sich acht, Diana. Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann.“
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Jack und Frank befanden sich wieder in ihrer Detektei. Wie sie hergekommen waren, wussten sie nicht. Sie beantworteten zuerst Donnas Fragen. Die Sekretärin wusste noch nichts von den Prüfungen, war aber von der Aussicht überwältigt, Jane vielleicht bald wiederzusehen. Dann schnippte Jack mit den Fingern. ·Geh schon mal in dein Büro, Frank, ich komme gleich nach.“ Frank blickte ihn fragend an. ·Nun geh schon.“ Eine Viertelstunde später legte Jack Frank einen Ausdruck aus dem Internet vor. ·Hochinteressant, was man so über den Greif erfahren 59
kann. Sein Blut vermag die Kräfte des Magiers um ein Vielfaches zu potenzieren.“ ·Sara Dyke sagte auch etwas von Macht“, murmelte Frank. ·Du meinst also wirklich, sie wollte nur...“ ·Mehr Macht. Wundert dich das?“ ·Offengestanden, nein. Was meinst du, ob es Jane gut geht?“ ·Ich hoffe es, für Julian. Ich hoffe es für ihn.“ Ohne ein weiteres Wort stapfte Jack aus dem Büro. Die geballte Faust konnte Frank nicht sehen. Sie steckte tief in der Jackentasche.
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New York, Hauptquartier der UPO Ihre Stimme klang hart wie Stahl. ·Ich fürchte, die Sache hat sich nicht ganz so entwickelt, wie sie soll te.“ Ihr Gegenüber verschränkte die Arme vor der Brust. ·Nun, es kann nicht immer alles nach Plan gehen, aber ist es wich tig? Die Umstrukturierungen sind fast abgeschlossen.“ Sie runzelte die Stirn. ·Fast, mein Lieber. Fast.“ ·Ich bitte Sie, der Fehlschlag mit dieser Agentin...“ ·Fehlschlag ist ein gutes Wort. Mit dieser Angelegenheit hätten wir sie sanft und einfach beiseite schieben können. Aber stattdessen....“ Die Bedeutung dieser Floskel war ihm natürlich geläufig. ·Nun, zur Zeit gibt es noch andere Mittel und Möglichkeiten, dies zu bewerkstelligen.“ ·Natürlich, aber unangenehm ist es dennoch. Nun gut, es werden sich in der nächsten Zeit etliche Dinge ergeben, die uns sehr zugute kommen werden.“ ·Das“, sagte ihr Gegenüber und stand auf, ·das wäre nur zu begrü ßen.“ ENDE 60
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