Jacob Bach
GEDICHTE Band 1
SpringerWienNewYork
BAND 1
Novemberbaum Alis Träume
1 57
Spuren der Liebe
101
Philo...
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Jacob Bach
GEDICHTE Band 1
SpringerWienNewYork
BAND 1
Novemberbaum Alis Träume
1 57
Spuren der Liebe
101
Philosophenweg
157
Flic en Flac
205
Tangos
237
NOVEMBERBAUM
NOVEMBERBAUM I Blattlos, schwarz im Feld gegen den stahlblauen Himmel. Sonne gießt sich über den See. Novemberbaum. Geäst, so scharf gezeichnet, so klar, so schön, so kalt, so deutungsvoll. Novemberbaum, ich bin vorbereitet, fertig zu gehen.
3
NOVEMBERBAUM II Blattlos schwarz im Feld gegen den blauen Himmel. Novemberbaum. Geäst, scharf gezeichnet, klar, schön, kalt, deutungsvoll. Novemberbaum, ich bin vorbereitet, fertig zu gehen.
4
WEISS ICH, OB WIR UNS NOCH LIEBEN? Weiß ich, ob wir uns noch lieben, wenn der Flieder dunkelblau erblüht? Weiß ich, ob wir uns noch lieben, wenn die Nacht mit allen Sternen uns bedeckt und der See leise ans Ufer schlägt? Weiß ich, ob wir uns noch lieben, wenn die Nächte des Feuers, der Liebe, der Leidenschaft, der Freiheit, des Lebens, der Würde des Menschen sich über uns wölben und türmen? Ich weiß es nicht, ob unsere Liebe wirklich Liebe wird, ob wir uns wohl verstehen werden. Ich weiß es nicht, ob wir uns in Demut finden können.
5
Ich weiß es nicht, ob dies schon Liebe wäre, was wir tun, ich glaube kaum. Nein, das zu glauben, bin ich nicht naiv genug. War es bislang ein Spiel? Nein, dazu fühlte ich zuviel. Daß dies schon Liebe wäre, was wir tun. Wenn es nun doch so wäre und wir es uns nicht eingestehen können?
6
MORBUS HUNTINGTON Bruder, hast Du den Vater gesehen? Er saß allein, sehr allein, auf dem Stein vor dem Haus. Schwester, hast Du den Vater gesehen gestern Nacht? Er saß auf der Bank und weinte in sich hinein allein, alleine, allein. Mutter, hast Du den Vater gesehen? Er ging übers Feld, er ging in den Wald, es war kalt, eiskalt, eiskalt. Sohn, hast Du den Vater gesehen? Ich sah ihn am Weiher stehen. Er schaute in sich hinein allein, alleine, allein.
7
Tochter, hast Du den Vater gesehen? Ja, ich sah ihn tieftraurig, versunken, in Schmerzen erstarrt. Was schaut Ihr mich an, was gafft Ihr mir nach? Ich ahn’ es schon lange, ich weiß es genau. Es wird wie bei Mutter. Armer Bruder, arme Schwester, arme Tochter, armer Sohn, arme Frau. Sie entsetzen sich alle, vor Schreck sind sie bleich, sie schluchzen und weinen, die Kehle schnürt sich zu. Sie fassen sich bei den Händen, der Schmerz will nicht enden. Da steht dann der Sohn auf, er lacht und er scherzt. Er sagt ganz beherzt: Vater, geh’ Du nun schlafen. Du bist nicht allein, Du bist nicht allein. 8
PARKINSON I Abenteuerlust verblaßt in mir, freuen kann ich mich nicht mehr. Die Tage werden gleich und gleicher, der weite Sprung wird mir zu kurz. Die oceanische Welle wirft mich um, der Rosen Duft vergröbert sich, die Erinnerung wird zu Stein. Weh tut mir das Herz, der Leib ein Block, Arme und Beine sind mir eine Qual. Die lustigen Amseln rechts und links des Weges, wo sind sie? Der Brief an den Freund gerät mir zu eng und klein. Das Leben verliert den schönen Glanz. Baccus, lustiger Gesell, fliehst mit Deinen Zechern. Die Ungeheuer lodern rot in meinen wilden, Angst zerstörten Träumen.
9
PARKINSON II Weh’ tun mir Arm und Bein. Nimm’ den Stoff, sagt mir der Doktor. Flut schießt durch den Körper, ich tue schnell die Dinge, die ich tun muß. Was Neues? frage ich. Ja, ein wenig, sagt der kluge Mann. Die Nacht bleibt bleiern. Geduldig geht er mit mir Schritt um Schritt, läßt hoffen, mal die nächsten Tage, Wochen, wieder und wieder. Für die Enkel verspricht er mehr.
10
PARKINSON III ODER ENDE DER SAISON Die Saison ist vorbei, die Segel sind eingeschlagen. Nichts geht mehr. Der Sohn ist schon tot. Die Sonne fällt ins Meer. Der Kater mit dem Sichelschwanz reibt sich an dem Bein.
11
NUCLEUS CAUDATUS Als ich zum ersten Mal Nucleus caudatus um Nucleus caudatus präparierte, dachte ich, es sei so einfach mit dem Morbus Parkinson.
12
DU SCHÖNE FRAU AUS OSTDEUTSCHLAND Schön bist Du und lieb. Die Hand ist weich. Der Blick ist mild und doch voller Glut. Aufrecht gehst Du. Zart ist Dein Gesicht. Der Kuß so warm, die Glut so tief. Aschenputtel in der Nacht. Der Fuß geht frei. Von innen heraus bist Du stark. Du weißt den Gang, Du weißt den Marsch. Gebete in die Nacht. Novembernacht. Du schöne Frau aus Ostdeutschland. Du weißt, Du gehst, Du bist, Du schöne Frau aus Ostdeutschland.
13
UNSERE LIEBE BLÜHT Zwischen den Trümmern unserer Verschuldung, unserer Einsamkeit und unseres Versagens, unserer Trauern und unseres Abschiednehmens, unserer Verschwiegenheit und unserer zerstörten Ideale blüht die Liebe neu und sanft, zart und leise. Stör sie nicht, tu ihr nicht weh, laß ihr Zeit. Sie wird kommen, demütig, verläßlich, großzügig, geläutert von langen Erfahrungen. Sie weiß um nicht erfüllbare Hoffnungen und unausweichliche Entbehrlichkeiten.
14
ICH MÖCHTE EIN ERPEL SEIN Ich möchte ein Erpel sein mit grünem Kopf und brauner Frau, die feinen Federn in der Sonne wärmen und stochern nach den Würmern in dem weichen Sumpf. Quaken auf dem flachen Teich ganz frank und frei. Dem Parkjäger, der Ruhe und Ordnung macht mit Schrot und Blei möchte ich entkommen noch am warmen Junimorgen. Ich möchte ein Erpel sein mit grünem Kopf und brauner Frau, ganz ohne Sorgen.
15
UND ALLER WELTEN TROST ENTBEHR Wenn Du die Glitzerfläche des Oceans durcheilst, Dich mit den Silberfischen der Osiris vermählst, wieder auftauchst, frisch und neu und die Barke der Sonne besteigst, durch die Sternenmeere enteilst, in den Armen des Vaters ruhst, das ist schön. Zerbrechlich sind die Bilder und nicht wahr und schön genug und „aller Welten Trost enbehr“ Germanisches Fragment. Stadt Jerusalem, aus Perlen sind die Tore. Du leuchtest sonnenlos so klar.
16
MERCI WIRST DU SAGEN Merci wirst Du sagen, wenn Du tot bist, wenn Dich die wärmende Sonne empfängt. Kein Brotschimmel mehr, kein fettes Schweinefleisch und Schaben in der kalten Suppe. Die ungewaschenen Herbergsdecken wirst Du eintauschen gegen Glück.
17
SPÄTLESE Herrgott, sind 40 Jahre schön. Der Wolf geht im Herbstpelz über den sich wellenden See. Paare tauchen auf. Der süße Sud, Wurzeln und Schweinebein, Powells-Sensucht. Der Wein sprengt den Kopf. Die Esser gehen nach Haus. Fumigiato über Siena und auch über der Ruhr.
18
MAN HAT MIR VORGEWORFEN Man hat mir vorgeworfen, daß ich mich nicht um Berge, Seen, Eichen, Buchen, bekümmere in meinen Versen das Reh, den Hasen, das Wildschwein, die Lerche und die Nachtigall. Daß ich nicht hüpfe über Stoppelfelder wie die Hasen. Daß ich nicht meckern kann wie Ziegen. Nicht sehen kann wie Eulen. Nicht brüllen kann wie Löwen und Hyänen und nicht vom Krokodil vergießen kann die Tränen. Daß ich mich nicht tummele im Aquarium, nicht Schwertfisch bin und nicht Forelle, nicht Zebra und Gazelle.
19
Ich bin kein Zoologe und Botaniker, kein Förster und kein Jäger, kein Affenkäfigträger. Das ist mir bei Leib’ nicht einerlei. Doch ich sitze gerne im Café beim Braunen. Das reicht mir schon zum Staunen.
20
ICH KONNTE NIE ALLEIN SEIN Ich konnte nie allein sein, ohne Menschen bin ich nichts. Wenn sie nur reden, protzen, trauern, trinken, lachen, schrauben, feilen, gebären, springen, spielen, strippen oder an dem Rotwein nippen, bedienen oder regieren, sich als Kanzler zieren, wenn sie löschen, wenn es brennt, wenn sie protestieren, einmarschieren, das Spiel verlieren, wenn sie sich genieren oder telefonieren, wenn sie sich zärtlich küssen oder auf die Toilette müssen, wenn sie lehren, wenn sie unterrichten, uns zum Dienst verpflichten. 21
Ich konnte nie allein sein, ohne Menschen bin ich nichts. Ein Lehrer oder Schreiber, ein Tunichtgut, ein Zeitvertreiber, eine Escort-Servicedame, eine Köchin im Hotel, die Zimmerfrau aus Pakistan, alles rührt mich an. Ich konnte nie allein sein, ohne Menschen bin ich nichts. Der SS-Mann aus Theresienstadt, das Schwein aus Sachsenhausen, der Mörder aus der Herzegowina, der feiste Rotwanst aus My Lay, der Boss aus Dien Bien Phu, der Metzger an der Guillotine, der Pisskopf aus der SA-Kantine. Das morsche heilige Gebein im goldenen Kirchenschrein.
22
Der Pfarrer am Altar, der Richter im Talar, der Arzt im weißen Rock, die Oma mit dem Stock, die Schwester mit der Haube, der Wirt zur Goldenen Traube, der Dirigent auf dem Podest, der Opa, der einnäßt. Ich konnte nie allein sein, ohne Menschen bin ich nichts. Der große Oberbürgermeister, der Maler mit dem Kleister, die Psychodame auf der Liege, der Ringer in der Riege, die Reiter in den Boxen, der Bauer mit den Ochsen. Ich konnte nie allein sein, ohne Menschen bin ich nichts. Die Schar der Kriegsversehrten, die Professoren und Gelehrten, die Soldaten und die Kriegsverbrecher, die Mafiosi und die Messerstecher.
23
Ich konnte nie allein sein, ohne Menschen bin ich nichts. Meine Manikeuse, Pedikeuse, Friseuse und die mollige Masseuse, meine Marktfrau und mein Clown, mein Zauberer im Zirkuszelt, das ist meine Welt. Die Blagen und die Kegel, die Anstandswauwaus und Etikettierer, die Mönche und die Nonnen, die Nutten und die Sünder, die Kinder aus dem Waisenhaus, Krakowiak beim Leichenschmaus. Die Sänger und Trompeter, die Freunde und Verräter. Ich konnte nie allein sein, ohne Menschen bin ich nichts.
24
Die Söhne und die Töchter, die Väter und die Mütter, die Vettern und die Basen, die Polizisten und die Diebe, das Kätzchen und die Liebe, die Psychopathen und Psychiater, die Zugehfrau im Prater, die Tennisspieler, die Gangster und die Killer. Ich konnte nie allein sein, ohne Menschen bin ich nichts.
Du bist meine größte Freude, wenn ich Dich verliere, werde ich weinen, weinen, weinen, traurig sein und mich verlieren, erröten und genieren, zittern und mich beugen, schauern, das Gesicht vergraben.
25
Ach, ich hätt’ es fast vergessen: Es gibt ja noch den Geldverleiher, die Gaukler und die Damen auf dem Seil, den Feuerspeier und Donald Duck und Micky Maus, den Scharlatan und Pianisten, den Kammergeiger und Solisten, Revolutionäre und Banditen, Revisonisten und Putschisten, die Idioten auf den Pisten, den Moslem und Buddhisten. Wir können nicht allein sein, ohne Menschen sind wir nichts.
26
ITZAK PERLMAN Itzak Perlman, schluchz’ Dich nicht mit Deiner Geige in mein Innerstes und zu allem Überfluß noch mit Kreißler. Ich kann nicht mehr still sitzen noch stehen, den slowakischen Tanz in Moll weinst Du in mich hinein. Wenn ich sterben sollte, so im Tanz und keinen Augenblick später. Lieber in Heiterkeit als todernst in Würden.
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Ich habe zwar nichts zu sagen, aber wenn ich die Wahl hätte, lieber Gott, so im Tanz mit Itzak Perlman, als die Mutter mich noch singen lehrte oder Viennoise Melody oder Liebesleid oder Liebesfreud. Du meinst, ich sei unverschämt Verzeih. Notfalls auch mit einer rothaarigen Krankenschwester, starkem Kaffee und einem Glas Portwein oder für die Freiheit und die Menschenrechte per Exekution nach der Salbung der katholischen Kirche, aber dies bitte rasch.
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Treib’ es nicht so schlimm mit mir. Ich bitte dich herzlich, mit Liebesleid und als die alte Mutter mich und Rosmarie … Itzak Perlman im Hintergrund, so wär’s mir schon am liebsten.
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DER DOKTOR WOLLTE MIR DIE FÜSSE ABSCHNEIDEN Der Doktor wollte mir die Füße abschneiden. Da habe ich über das Gehen nachgedacht. Ich fuhr zu einem anderen Doktor. Der hat sie dran gelassen. Du wirst es nicht verstehen, es macht mir so viel Spaß zu gehen.
30
ES WIRD UNS NICHT GELINGEN Es wird uns nicht gelingen die Spuren der Liebe wieder auszugraben, auszulöschen. Über unserem Leid und unserer Schande haben wir so tief mitgefühlt, daß wir uns auch in der Sonne nicht vergessen können. Weit, Liebste, bist Du über dem Ocean. Aber wenn die Glocken der Freiheit läuten, der Selbstbestimmung, der Achtung und der Ehre, dann denke ich an Dich, dann denke ich an Dich.
31
STEHT AUF, DIE LAMPEN NEHMT, IHR KLUGEN JUNGFRAUEN Steht auf, die Lampen nehmt, Ihr klugen Jungfrauen, laßt euch nicht schlachten wie die dummen Schafe, laßt Euch auch nicht fesseln mit zehn Dollar Scheinen. Fahrt nach Berlin. Seht Euch die Bilder von George Grosz an, verweilt, schaut gut hin. Laßt Euch nicht schlachten wie die dummen Schafe. Laßt Euch nicht fesseln mit zehn Dollar Scheinen. Habt den Mut, fahrt nach Berlin, schaut Euch die Bilder von George Grosz an. Wacht auf, Ihr klugen Jungfrauen, die Lampen nehmt.
32
SS-Rentnerehepaare, SA-Rentnerehepaare, Stasi-Rentnerehepaare haben wir genug. Fahrt nach Berlin Ehrenfried a little yes and a big no Wacht auf, Ihr klugen Jungfrauen, die Lampen nehmt.
33
FELDBERG (MECKLENBURG) Der Flieder war hier immer schon dunkler als anderswo. Die Kastanien breiter, ihre Kerzen länger, die Luft schwerer, die Küsse tiefer in der Nacht. Die Liebe hält länger, zerreißt nicht so bald.
34
WENN DU NACH FELDBERG KOMMST Wenn Du nach Feldberg kommst, anno 10000 a. Chr., ist die Welt nicht mehr wie immer. Der Erdgott wühlt die Erde auf und wirft mit Geröll um sich, Jupiter oder wie auch immer er heißen mag, donnert, blitzt und regnet bis sich Luzin, Carwitzsee und Zanzen richtig voll gesoffen haben.
35
DIE AUGEN SIND GESCHLOSSEN Die Augen sind geschlossen, die Hände sind gefaltet, Du bist für immer stumm. Ich wähnte, daß Du atmest, die Augen noch aufschlössest, zu lächeln, wie es Dir gegeben war, begännst. Du bist der Sehnsucht nun erlegen nach Deinem Herrn und Gott. Er ließ Dich friedensvoll entschlafen. Dich liebe, milde, heitere Frau. Die Augen sind geschlossen, die Hände fromm gefaltet. Du bleibst für immer stumm. 36
DU MEINST Du meinst, es sei nicht viel von Dir geblieben. Amsel, Biene und Mama. Es sind Deine Heiterkeit, Dein Frieden und Dein frohes Herz. Die leuchten in den Menschen, die Dir begegnet sind in dieser kriegsbereiten Zeit.
37
OKTOBERROT Oktoberrot Oktobergelb Oktoberbraun Oktobers letztes Grün.
38
ABFAHRT VON NEUSTRELITZ Der Zug fährt ab, sag’ nur es sei für immer. Dein Lächeln, Deine Freundlichkeit ich nehm’ sie mir zu Herzen. Wehmut dringt durch mich ganz durch und durch. Dann bin ich ohne Schmerzen.
39
ABSCHIED Heute am 1. Januar 2001 war ich traurig über unseren Abschied. Nichts habe ich mir vorgenommen für die nächsten Tage.
40
DU TUST MIR WEH Du tust mir weh. Du trittst mein Herz. Du spuckst mir ins Gesicht. Vielleicht hab’ ich dies unbedacht auch mit Dir gemacht. Ich liebe Dich, aus meinem tiefsten Herzen, aus meiner tiefsten Seele. Du tust mir weh, ich habe Schmerzen.
41
TIEF IST UNSERE LIEBE BEGRABEN Tief ist unsere Liebe begraben, unter den Hügeln der Erdbeben, die unser Leben zerrütteten. Die Kraft sich dagegen aufzurichten, war zu gering, da wir das Überleben sichern mußten. Jetzt, in den Tagen der Ruhe, lass’ uns die Dinge neu ordnen, den Garten neu bepflanzen, den Frieden über das Haus wölben.
42
ZART BLÜHT DIE SCHLÜSSELBLUME Zart blüht die Schlüsselblume im Mai. Der Löwenzahn ist ganz unflätig, stolziert fett und gelb über die Wiese.
43
BITTE LASST MICH Ich möchte ausruhen, bitte laßt mich atmen. Seid freundlich mit mir, verletzt mich nicht, laßt meine Gedanken fliegen. Ich bin müde, laßt mein Herz schlafen. Ich möchte ausruhen, zerreißt mich nicht hierhin, dorthin. Laßt mich schlafen, ich möchte ausruhen. Laßt mich schlafen, laßt mir meine Träume, mein Entscheiden, mein Atmen. Laßt mich ausruhen, bitte laßt mich.
44
APOPTOSE Das Laub fällt von den Bäumen, der Frost dringt in die Nacht. Keine Zeit ist mehr zum Träumen. Wir nehmen all die morschen Äste. Das Feuer brennt dahin. Das Feuer ist schon ausgemacht. So ist es wohl das Beste. Das sei des Lebens Sinn, daß alles komme und auch gehe. Wir sind noch eben mitten drin.
45
ZWISCHEN LÖWENZÄHNEN Zwischen Löwenzähnen, Türmen, Schächten, Stollen, zerborstenen Eichen und Buchen, struppigen Schachtelhalmen und Weidenköpfen, begegnen wir uns gelegentlich. Wir schauen, sehen uns in die Augen, nicht so tief. Unwissend, was wir uns zumuten, zutrauen dürfen. Die Tage besinnlich, besinnlich, brauchen Trost und neues Licht.
46
LUZIN AM SILVESTER Raureif liegt grau über den Wiesen. Schiefergrauer Rhetraberg durchtränkt vom dunklen Blut der tumben Jungfrauen. Die langen Buchen und breiten Eichen, fingriges Geäst brechen durch die Nebelschwaden. Die Sonne drängt sich durch die Wolkenfetzen über den breiten Luzin. Der Seegott hebt den See ans Land. Die Zander und Karpfen, die Hechte und Aale, die Krebse und Maränen zucken. Der Fischer reißt die Augen auf: „Na so was“. Die wilden Schwäne schlagen die Flügel und stürmen schon davon.
47
WORTE GLEITEN DURCH DIE NACHT Worte gleiten durch die Nacht und breiten sich über Dich mantelgleich, wurzelhaft, umfangen Dich, umarmen Dich, und küssen Dich, sagen Dir: ich möchte bei Dir sein. Vertrieben und verjagt flieh’ ich, treibe ich durch Mecklenburgs einsame Nachtalleen. Wenn ich schon nicht bei Dir sein kann, darf. Meine Worte gleiten, gleiten durch die Nacht.
48
WUNSCH, DER MANN, DER MIT DEN PFERDEN SPRICHT. Detlev Wunsch, der Mann, der mit den Pferden spricht, den archaischen Kolossen, den tonnenschweren Rossen. Der keinen Hengst geschlagen hat und keiner Stute gab die Sporen. Der Nebel dehnt sich über Falkenhain. Wir lesen Jacob Bach und hören Brahms Symphonie D-Dur. Der Hengst, der Fallada, steckt seinen Kopf zum Fenster rein, bettelt um ein wenig Wein, Morphium und Zigaretten. Wir kraulen seine Ohren. Er rennt schon wieder in die Nacht hinein. Hans, auf Falkenhain, da wärst Du nicht verloren.
49
Komm’ noch mal zurück, wir kraulen Deine Ohren. Detlev Wunsch, der Mann, der mit den Pferden spricht, lockt Fallada heran. Verdammter alter Gaul, Du bist schon krank, zu krank. Wir gehn die alte Koppel lang hinunter zu den Weiden. Der Nebel deckt Dich zu. Der Detlev Wunsch, er spricht mit Dir das letzte Wort. Er spricht zu Deiner Seele, die Dich verläßt bei Nacht. Detlev Wunsch, der Mann, der mit den Pferden spricht, der geht ganz stumm nach Hause. Hans Fallada vergißt er nicht, ein Archeross voll tiefster Worte.
50
ZU ZERMARTERT Zu zermartert, zu zermürbt um aufzustehen, um in die Ferienlager zu fahren, um den Lüsten nachzugehen, zu lachen. Zu zermürbt von den Tagen der Arbeit, der Arbeit, der Arbeit, die nicht enden wollen. Graue Tage, graue Häuser, graue Gardinen, graue Gesichter, graue Straßen, graue Autos, graue Kleider, graue Hosen. Keine Farbe mehr in meinem Gehirn.
51
AUF JEDEM SEE EIN MOND Der volle Mond bricht durch die Frühjahrseichen auf den Zanzen, rötlich angehaucht. Auf den Carwitzsee strahlt er freundlich hell, auf den Luzin leuchtend, den Haussee überschüttet er mit Gold, so viele Seen, so viele Monde.
52
AUF DEM WEG NACH FÜRSTENWERDER Auf dem Weg nach Fürstenwerder trippelt die Maus Petra am 11. Januar 2004 um 20:38 über die Straße zu ihrem Freund Paul. Gott sei Dank habe ich sie nicht überfahren, auch nicht den Fuchs und die Bache, auch nicht den Säufer Johann, der grölt, der schlägt und stinkt.
53
STRASSE NACH WEGGUN Vorsicht Straßenschäden. Kopfsteinpflaster. Dunkle Pfützen, meterlang, menschenleer, Einsamkeit. Wenn da nicht die Halteschilder stünden, dann glaubte ich, ich sei aus der Welt.
54
SCHAU MICH NICHT WIE EIN KRIEGERDENKMAL AN Schau mich nicht wie ein Kriegerdenkmal an. So ernst und tot. Wir leben noch. Wir sollten den Krieg verhindern. Ja, heute noch. Ich habe gerade meinen Panzer in die Luft gesprengt.
55
DIE ROSEN SIND ZERBROCHEN Die Rosen sind zerbrochen, die Blüten sind zerstreut, der Duft ist weit verschwendet. Die Liebe ist gebrochen, die Arme sind zerstört, die Küsse sind verschwendet. Trauer hat mein Gesicht zerrissen, Bosheit hat meinen Körper wild zerfurcht. Die Rosen sind zerbrochen, die Blüten sind zerstreut.
56
ALIS TRÄUME
ZERSTÖRT DIE TRÄUME EURER KINDER NICHT Zerstört die Träume Eurer Kinder nicht. Fesselt nicht die Märchenerzähler. Schließt ihnen nicht den Mund. Zerstört die Träume Eurer Kinder nicht. Laßt die Zauberer und Gaukler hinein in Euer Haus. Zerstört die Träume der Kinder nicht. Laßt sie frei. Sie werden alles besser machen als Ihr.
59
ALI Ali, wenn ich Deine Tochter früher gesehen hätte, ich hätte Dich gebunden, gefesselt und all das Kokain aus Deinem Kopf, den Adern und Muskeln gesogen, gezerrt, geschlagen, gemeißelt, bis Du wieder klar geworden wärst, ein schöner Mensch. So weine ich und weine ich um Dich.
60
Wenn ich Deine Tochter, Deine wunderschöne Tochter früher gesehen hätte, ich hätte Dich gebunden, gefesselt und all das Kokain aus Deinem Gehirn gesogen, gezerrt, geschlagen, gemeißelt, bis Du wieder ein schöner Vater geworden wärest. Klar wie die Sonne, schön, wie der schönste Tag in unserem Leben. Selbstbestimmung, Recht auf Freiheit, Unabhängigkeit, sind zu leere Floskeln in den Verliesen, Gefängnissen, Irrgängen, und trügerischen Spiegeln des Kokain. 61
Wenn ich Deine Tochter früher kennen gelernt hätte, ich hätte all das Kokain aus Deinem Körper gezerrt, geschlagen, gesogen, bis Du wieder ein schöner Vater geworden wärest, voll von Träumen und Taten.
62
ALIS TRÄUME Wir wollten Bäume pflanzen in Deinem Land, für jeden Türken einen. Jeder konnte seinen Baum anfassen, fühlen, tasten, pflegen, besuchen. Wie gut, siebzig Millionen Bäume mit frischen Blättern, mit Blüten, mit Wurzeln. Klein, groß, jeder anders, so viel Luft, so viel Wasser. Wir wollten Bäume pflanzen, für jeden Türken einen.
63
ALS ICH Als ich die erste Frau, das erste Kind erschossen hatte, fing ich an zu weinen, an zu heulen. Meine Compañeros lachten. Mein General sagte: Junge, das muß sein. Als ich die zweite Frau, das zweite Kind erschossen hatte, fing ich an zu heulen, war ich krank. Es sagte der Herr Kanzler Pohl: Jawohl, mein Junge, das muß sein. Als ich die dritte Frau erschossen hatte und das dritte Kind, da wurde ich krank, es war mir zum Brechen. Da sprach der Präsident der USA: Hallo, Hurra, mein Junge, das muß sein.
64
Als ich die vierte Frau erschossen hatte und das vierte Kind, da war’s mir zum Brechen, da war’s mir zum Kotzen. Da sprachen die Doktoren, die Bankiers und Richter, Professoren und Dichter, die Rentner und Studenten: Denk an unser Öl, das Penicillin und die Renten. Junge, das muß sein. Als ich die fünfte Frau erschossen hatte und das fünfte Kind, da war’s mir zum Kotzen, zum Sterben zu Mute. Da sprachen die Väter und Tanten, die Cousinen und Mütter, die Dozenten und Zwitter die Straßenbahnfahrer, die Zeitungsverkäufer und Lehrer, die Leute vom Müll und Straßenkehrer: Junge, mach’ keinen Mist, das muß sein.
65
Wir wollen nach Mallorca fahren, nach Rio jetten, wir brauchen noch ein paar goldene Ketten. Wir wollen chic Gambas essen. Champagner trinken, ein paar nette Thais vernaschen, uns im Schwimmbad poolen, uns wie die Säue suhlen. Da schoß ich lauthals in die Menge. Am nächsten Morgen stand in der Bild: Der Junge ist gestört. Hin mit ihm zu einem Psychiater. Der fragte nur: Was tat er?
66
AUF SCHRITT UND TRITT Auf Schritt und Tritt verfolgst Du mich. Bei Schritt und Tritt denk’ ich an Dich. Kein Rosenstrauch, den wir nicht zusammen fanden. Keine Lichtung in dem weiten Wald, die wir nicht kennten. Wie soll ich Dich vergessen, Allerliebste, den Stein, den Du mit Deinem Fuß berührst, das Bett, in dem Du mich verführst? Bei Schritt und Tritt denk’ ich an Dich.
67
Tausend Arme wollen mich umgreifen, auf irgendeine Liege schleifen. Was wollen sie von mir? Ich reibe mir die Augen. Ich wisch’ mir durch’s Gesicht. Ich renne, eile, stürze, entwinde mich den Schlangenarmen, zerrissen, voller Wunden, geschlagen und zerschunden, zerbissen von den Hunden, hab’ ich Dich gefunden. Auf Schritt und Tritt verfolgst Du mich. Bei Schritt und Tritt denk’ ich an Dich.
68
AUS VERSEHEN Ich hab’ mich aus Versehen in die falsche Frau verliebt. Sie hat schon sieben Kinder. Ihr Mann ist reich, sieht glücklich aus. Was soll ich da, ich armer Sünder. Ich spiele Geige, Flöte, Piano und Bandoneon. Sie schaut heraus und lacht. Sie sind der Mann, auf den ich schon so lange warte. Können Sie nicht meine Kinder unterrichten im Geigen, im Träumen und im Dichten.
69
Ich spiele sieben Stunden jeden Tag. Violine, Viola, Cello, Kontrabaß. Sie fragt mich, macht es Spaß, ob ich es gerne mag. Ich üb’ nun immer, immer wieder mit sieben Kindern die schönsten, allerschönsten Liebeslieder.
70
AYLA Die Lieder der Glut, der Hitze, der Sehnsucht, singst Du in mich hinein. Unweigerlich weiß ich, daß wir morgen früh aus dem Fenster sehen werden, vor uns den Bosporus. Seit Ewigkeiten war es uns vorgegeben, daß wir uns sehen, fühlen, schmecken, tasten, lieben müßten. SENI SEVIYORUM
71
DER GARTEN Der Garten unserer Träume ist mild bei Tag und Nacht. Der Brunnen murmelt, fließt sein Lied. Die Nachtigall singt in den Hügeln. Die Katze liegt auf der warmen Bank und schnurrt. Der Garten unserer Träume, der Rosen und Anemonen, der Lilien und Tasmarinen voll. Du streichelst über meine braune, warme Haut. Deine Nähe ist mir vertraut.
72
DER KRIEG IST EIN GRAUSAMER MENSCH Der Krieg ist ein grausamer Mensch. Er sagt: ich hasse Dich, ich bring’ Dich um. Er denkt: ich töte Dich. Der Krieg ist Mißgunst, eine gierige Frau, ein enthemmter Mann. Der Krieg ist Fußball, ist Boxen, ist Macht. Die Schlachtfelder wechseln. Die Davids, die Goliaths. Wollt ihr den totalen Krieg? Und alle riefen: Tor, Tor, Tor. Der Krieg ist Weltmeister. Der Krieg ist ein grausamer Mensch.
73
DIE ZEIT HAT UNS DIE ZUNGE ABGESCHNITTEN Die Zeit hat uns die Zunge abgeschnitten, als ich Dich zärtlich küssen wollte. Flug Frankfurt–Tokio, letzter Aufruf. Flüchtig, zu flüchtig nahm ich Dich in die Arme. Berlin–Düsseldorf, München–Agadir. Was macht es schon? Ohne Dich bin ich allein. Die kurze Zeit hat uns die Zunge abgeschnitten. Die zu kurze Zeit hat uns zerstört.
74
ES GEHT GUT Heute geht es gut. Stunde um Stunde, Sekunde um Sekunde. So, als ob das Leid vergessen wäre, jeder Schmerz. Bange ich doch jeden Augenblick, daß die Pein begänne, immer und immer wieder. Wenn Du nie zwischen den Klippen des Schmerzes gescheitert bist, wenn Du nie auf dem Seil den Abgrund übergangen hast, wenn Du sorglos warst, als ich der tiefsten Scham ausgesetzt war, meinst Du, Du verstehst mich? Was soll ich Dir sagen? Heute geht es gut. Stunde um Stunde, Sekunde um Sekunde. 75
ER HAT DICH BERÜHRT Er hat Dich berührt, wieder und wieder einmal. Diesmal wird es sein. Die glitzernde Oberfläche mußt Du durchdringen. Tu Dir nicht zu leid. Die spiegelnde Oberfläche wirst Du durchdringen, wie die Milliarden vor Dir. Funken sprühen, Funkenglimmer in der Nacht. Er hat Dich berührt, wieder und wieder einmal. Jetzt noch nicht. Morgen. Bald.
76
ES IST ZU LANGE HER Es ist zu lange her, daß ich Dich gesehen habe. Es war zu kurz, daß ich Dich gefühlt habe. Die Worte waren zu flüchtig, die Liebe zu hastig. Dennoch sehne ich mich nach Dir.
77
GOLDWAAGE Bevor wir miteinander sprechen, solltest Du alle Wörter auf die Goldwaage legen. Die bösen, die ehrlichen, die häßlichen, die gefährlichen, die gräßlichen, die ätzenden und entsetzenden, vor allem die entbehrlichen laß weg. Bitte sag’ mir nur noch süße, zuckersüße Wörter, Wörter voller Schönheit, Freude, Eierkuchen, Heiterkeit, Wörter allerliebster Herzlichkeit, die mein Leben, mir wonnig, schön und sonnig und mich ganz grandios und toll erscheinen lassen.
78
Sag’ niemals mehr: verachten oder hassen oder Du hast ja nicht alle Tassen. Bitte, bitte Du solltest es schon überlegen, wenn Du Dich mit mir VIP unterhältst, ab heute alle Wörter auf die Goldwaage zu legen.
79
HAMI Hami ist voller Feuer. Sie brennt unter ihrem knappen Kleid. Ihre schwarzen Augen durchbohren mich. Wir waren so ineinander versunken, daß wir für Stunden befangen waren in der Glut. Als wir auftauchten, haben wir uns geschworen, daß wir unsere Seele, unseren Geist und unseren Körper niemals mehr verkaufen werden. Der Wille nach Freiheit, der Wille nach Recht durchdringt unsere Sehnsucht, unsere Liebe.
80
ICH LIEBE NUR DICH Ich liebe nur Dich und Dich und Dich. In meiner Dummheit hab’ ich unbedacht zu vieles falsch und falsch und falsch gemacht. Ich bin nicht blind. Ich bin nicht taub. In meiner Vordergründigkeit hab’ ich zu vieles übersehen. Die Zeit war uns zu kurz bemessen. Laß uns das Schlimmste, ich bitte Dich, vergessen, vergessen und vergessen.
81
JEDE ROSE EIN KUSS Jede Rose ein Kuß, so viele Rosen, baccararot, schwarz, samten, voll stiller Glut. So viele Rosen. Jede Rose ein Kuß, so viele Rosen honigsüß und honigschwer, voller Leidenschaft. In den Gärten von Shiraz schwebend auf Seide, warme Nacht, die Sterne über uns, in den Armen versunken, trunken vor Glück, untrennbar, küss’ ich Dich zärtlich schönste, liebste Braut. Jede Rose ein Kuß, so viele Rosen in den Gärten von Shiraz.
82
MAHMUD Mahmud, Du hast so schöne Smaragde gestohlen und die schönsten Frauen. Warum konnten sie es nicht lassen, Deine Kinder zu töten und Deinen Palast zu stürmen? Mahmud.
83
NICHT JEDER TAG Nicht jeder Tag läßt sich in Verse kleiden. Es gibt Tage, Stunden, da muß ich leiden. Da hab’ ich Schmerzen, da schrei’ ich laut und stöhne auf.
84
NOCH EINMAL Noch einmal mit Dir sein, bis ich dann nicht mehr kann. Dein heiteres Gezwitscher Papagei. Dein sprühendes Herz, Dein heiterer Tanz, ganz ausgelassen. Noch einmal möchte ich mit Dir sein.
85
SCHWARZE KATZE Schwarze Katze mit den Smaragdaugen schau’ mich nicht so an. Schau’ mich nicht so an. Ich habe den Eunuchen nicht erstochen in Mahmuds Harem bei Nacht. Nur Sarah habe ich gestohlen, Sarah, die Schönste. Schau’ mich nicht so an schwarze Katze mit den Smaragdaugen.
86
LYKISCHER MOND Lykischer Mond über der Bucht von Kekova. Die Thomben sind schon übereinander geworfen. Die Erde zittert wieder und wieder. Es wird schon weiter gehen. Unser Haus ist klein. Soviel ist nicht zu verlieren. Lykischer Mond über der Bucht von Kekova. Weißt Du noch Großmutter, als Apollo und Aphrodite auf dem Götterwagen zur Sonne, in den Himmel stürmten. Mein lieber Zeus, was waren das für Zeiten.
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WENN DIR DER KOPF Wenn Dir der Kopf quer steht, weil absolut gar nichts mehr geht. Dann ist das Alltag. Reg’ Dich nicht auf. Fange wieder an. Fang’ wieder an.
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WIR HATTEN NOCH NIE MITEINANDER GESPROCHEN
Ich habe Dich mehr, viel mehr als flüchtig gesehen. Doch wir hatten noch kein Wort miteinander gesprochen. Plötzlich warst Du ganz nah bei mir. Ich mach’ die Augen auf, es war ein Traum. Ich lache laut, ich wackle mit den Ohren, mache Clownsfiguren, habe Dich verloren. Da fährt mich von hinten jemand an „Entschuldigung.“ „Was kann ich für Sie tun?“ „Ach gehn’ wir ins Café, geben Sie mir Ihre Hände“ Und es begann eine Schwätzerei ganz ohne Ende. 89
UNGEWÖHNLICHE BINDUNG Mit dem Schicksal Eurer Söhne, Töchter, Frauen, Männer, Mütter, Väter, verknüpft Ihr mich auf ’s Engste. Ich ertrage das nicht mehr. Ich halt’ es nicht mehr aus und versage. Der Tod, das Leid, die Qual, die krummen Geschichten der Ehen, die hohen Erwartungen an die Kinder. Das Jammern und Klagen und nicht mehr ertragen wollen. Entlaßt mich aus Eurer Pflicht.
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TODESAHNUNG Nach Rize mußt Du fahren, hatte Osman gesagt. Walnussbäume, honigschwere Goldtrauben, Feigen. Der süße Duft betörender Frauen. Kastanien, Bergrosen, Thymian und wilder Oleander. Glutäugige Frau, alle Brücken haben wir hinter uns gelassen. Wir sind nur noch uns zugehörig. Wir lauschen den zirpenden Grillen, dem Muezzin in der Ferne. Kurze Augenblicke der Freiheit, da wir nur uns gehören. Wir sind uns Du und Du immer und immer wieder, bis wir verglühen, Funken in der Nacht.
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ROXANNA Erzähl mir vom Geheimnis des Bosporus. Tor zum lodernden Orient. Weg nach Shiraz, Isfahan, Mumbai, zur Straße von Mandala. Meine Sinne bäumen sich auf in ekstatischem Glück. Gib’ mir Deine Hand, berühre mein Gesicht und meine Augen. Im Wind der ewigen Sehnsucht werden wir eins an der Jacobsleiter, auf dem Berge Ararat. Im Feuersturm des Jahwe verglühen wir.
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WENN ICH ZUM TOPKAPI SEHE Wenn ich zum Topkapi sehe und die Morgensonne über dem Bosporus steht, weine ich dem verlorenen Glück der roten Roxanna nach. Der Harem war Dir verhaßt. Freiheit, Wissen, Liebe, Schönheit wolltest Du, nicht Suleiman.
93
DER MENSCH IST EINS Der Mensch ist eins, der Hermaphrodit, schönster Mensch, in Kreta geboren, von Zeus gespalten in Mann und Frau, auf daß sie nach einander suchen, in Liebe.
94
EILAT Traum am Roten Meer mit Hami, meiner liebsten Freundin. Gitarre spiel’ ich durch die Nacht, sing’ Lieder einer langen Reise aus Galicien. Du spürst, wenn Amos Kreißler geigt. Drüben ist Jordansland. Nicht weit sind die Nilfellachen, Arabiens Kaffeekocher, Goldhändler. Nicht weit ist Palästina, Congo, Nigeria, Somalia, Königin von Saba. Eilat Traum am Roten Meer. Hami, meine liebste Judenfreundin.
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Die Gitarre sprudelt, flüstert, perlt, wie Davids Harfe durch die warme Nacht. Betäub’ mich nicht schon wieder mit Deinen Glutaugen, Deinen Händen, Deinen Armen, Deinem Mund. Wie sagtest Du: „Erste-Hilfe-Kurs?“
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MEIN LIEBER FREUND Mein lieber Freund, ich hoffe, Du verzeihst mir. Du hast mir das Licht der Welt gezeigt und das Buch der Bücher geöffnet. Die Wunder dieser Erde mir erschlossen und den orientalischen Geist, die Schönheit der Geduld, die Zauberer und Märchenerzähler mit ihren stürmischen, brennenden, flammenden, glühenden Körpern. Jahwe, mein lieber Freund, sagte mir: „Ich werde ihn zu mir holen und zwar bald“. Ich habe Dir nicht die genaue Uhrzeit gesagt. 97
Du bist zu schnell davon gegangen. Der Vater hat ernsthaft, mit aller Nachhaltigkeit nach Dir gerufen. Mein lieber Freund, Du hast mir das Licht dieser Welt gezeigt und das Buch der Bücher geöffnet. Wer kann das schon? Danke.
98
FRÜHSTÜCK UND DINNER ODER KEMER IM OKTOBER Brave Ehepaare in Scharen, Lesben und Homos in Paaren. Ich bin allein und fühle mich wohl bei Frühstück und Dinner. Mittags kommt meine Freundin, mal die eine, mal die andere. Wir lachen, spazieren und probieren, verführen, verführen.
99
HALIKARNASSOS Das Boot treibt auf Halikarnassos zu. Ich wittere Deine starken Arme, Deine tiefe Glut. Die Sonne hebt sich rot und mächtig aus dem Meer. Die Silberfische zucken in den Körben. Du bist da. Du bist da.
100
SPUREN DER LIEBE
MEINE SEHNSUCHT NACH DIR Meine Sehnsucht nach Dir ist unergründbar, unstillbar, und ich weiß nicht warum. Du magst über soviel Unsinn lachen. Ich irr’ vorbei an tausenden von Fraunsgestalten und sage: Nein. Doch bei Dir ist alles anders. Ich kann Dich nicht vergessen. Auch wenn ich’s will, weil’s vielleicht schicklich wäre. Ich irr’ vorbei an tausenden von Fraunsgestalten. Bei Dir ist alles anders.
103
AUSSAGE Daß ich Dich liebe, will nicht sagen: unbesonnen, verrückt nach Dir. Daß ich Dich liebe ist: Ich werde Dich nicht eifersüchtig machen, ich will nicht eifersüchtig sein. Daß ich Dich liebe heißt: frei sein, jeden Tag neu entschließen. Ich sage Dir dies stolz und frei. Mir bleibt der Weg der Freiheit, des Rechts, des Herzens, vorgezeichnet seit unserer Revolution. Daß ich Dich liebe heißt: Ich werde Dir nicht schmeicheln.
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Das mag Dir grob erscheinen. Liebe ist Zutrauen, ein unsägliches Gefühl des Willkommens, des Wohlwollens, nicht berechenbar, keine Kalkulation auf Zeit.
Wenn Dir das Kleid, das ich Dir schenken möchte, nicht paßt, nicht passen will, vergiß mich. Für die Trauer und die Freude habe ich Dich beschenkt. Wenn Dir das Kleid nicht paßt, vergiß mich und kein Wort von Dir über mich in Deinem Mund. Ich bitte Dich von Herzen.
105
DANKE Danke, Du warst einfach da. Danke. Keine Philosophie, keine langen Fragen. Du bist mit mir gegangen durch meine Morgeneinsamkeiten. Du warst einfach da. Du hast mir Deine schmale Hand auf meine rohe Brust, mein wildes Herz gelegt. Du warst einfach da. Paß auf Dich auf, mein Schatz. Ganz zärtlich hast Du mir ins Ohr gebissen und gelacht.
106
Danke. Du warst einfach da, als ich noch nicht wußte, was ich mit Dir mit mir machen soll. Du warst einfach da, als sich meine Sehnsucht überschlug.
Du warst einfach da. Glück durchströmt für Augenblicke mich, mein Herz. Du bist einfach da.
107
DIE LICHTER LEUCHTEN DURCH DIE NACHT Die Lichter leuchten durch die Nacht. Ich liebe Dich. Der Regen tropft auf die Raschelblätter. Du bist so weit. Der Himmel ist verhangen. Ich kann nicht die gleichen Sterne sehn. Du bist zu weit von mir. Lichter leuchten durch die Nacht. Ich liebe Dich.
108
DIE SPUREN DER LIEBE Die Spuren der Liebe kannst Du nicht so leicht verwischen. Verberge nicht die Bilder Deiner Glut. Du kannst Dich unter Deine Freunde mischen. Du weißt, daß Dein Herz nicht stille steht und daß mein Herz nicht ruht.
109
DU BIST NICHT EINE EINENACHTBEKANNTSCHAFT Du bist nicht eine Einenachtbekanntschaft. Ich nehme Dich in die Arme und weiß, Dich liebe ich von Herzen. Dich werde ich nicht alleine lassen. Mit Dir werde ich Freundschaft schließen für immer. Durch alle Geistesdämmerungen werd’ ich Dich in mir erwägen. Du bist nicht eine Einenachtbekanntschaft. Dich liebe ich für immer.
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EIN JAHR IST VERGANGEN Alle Widerwärtigkeiten und Unpäßlichkeiten haben wir miteinander ertragen, überstanden, erstaunlich gut. Dafür, daß wir es nicht lassen konnten, uns alle Wahrheiten ins Gesicht zu sagen, haben wir uns gut ertragen. Wir haben den Schutt unseres Lebens beiseite geräumt, miteinander geschlafen, miteinander geträumt. Wir haben uns nicht versklavt, nicht verkettet. Wir haben ein Stück, ein großes Stück Freiheit gerettet.
111
ENDLICH FÄLLT DER REGEN NIEDER Endlich fällt der Regen nieder nach den langen, heißen Tagen. Der Donner grollt. Der Blitz zerfurcht die Nacht. Ich möchte endlich jetzt was sagen. Es ist nicht ganz undenkbar, auch ich bin kränkbar. Ich lieb’ die Worte scharf geschliffen und leuchtend wie der Blitz, polternd wie der Donner, hohnlachend oder voll von Witz, ganz zärtlich wie die Liebe, auch süß wie Honig morgens um fünf, auch säuerlich wie Essigwasser.
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Ich lieb’ den intellektuellen Schlagabtausch und auch den Schmollmund meiner Furie. Doch am Ende ist es nicht undenkbar, bin ich kränkbar. Wenn das Gewitter niedergeht und wir die lange Allee noch vor uns haben, greifst Du meinen Arm und sagst: Bitte drück’ mich an Dich. Auch ich hab’ Angst und Furcht und Sehnsucht. Es ist unüberhörbar, ich kann zornig werden, scheine hartgesotten, kaum zerstörbar. Es ist nicht ganz undenkbar, am Ende bin auch ich kränkbar. Letztendlich bin auch ich ein Mensch.
113
EXIT – EXITUS Die Motoren sind angelassen, die Sicherheitsmaßnahmen für „alle“ Fälle erklärt. Auch, wo die Schwimmwesten liegen, weil wir ja über’s Eismeer fliegen. Exit: Im Falle eines Falles halten Sie sich gut fest. Notausgang für alle Fälle hier. Im Falle eines Falles eines Falles seien Sie ganz beruhigt. Die Nation wird schon um Sie trauern, 360 deutsche Urlauber braungebrannt, vollgekokst, vollgefressen. Es ist ja so grausam, wir haben’s trotz Bild am Sonntag nach zwei Tagen vergessen. Exit, Exit, Exitus.
114
ICH HABE DIR SOVIEL GESCHRIEBEN Ich habe Dir soviel geschrieben von meinen Träumen, meiner Liebe. Was ist davon geblieben in Deinem Herzen, Deinem Denken. Ein Hauch, ein schwacher Glanz, ein Schimmer. Wir sagten nie für immer. Doch daß Du Deine Schritte anders gehen würdest als zuvor, hab’ ich gehofft, gedacht. Ich gehe durch die Nacht. Nicht getäuscht, wir sagten nie für immer.
115
Ein Hauch, ein schwacher Glanz, ein Schimmer. Ich habe Dir soviel geschrieben von meinen Träumen, meiner Liebe. Doch Du schriebst nie. Halt, halt. Dein Roman kam gerade an.
116
ICH MÖCHTE HEUTE NACHT Ich möchte heute Nacht in Deinen Armen schlafen beschützt, geliebt, geborgen. Ich möchte heute Nacht in Deinen Armen schlafen versunken, träumend, ungestört. Ich möchte heute Nacht in Deinen Armen schlafen frei von Gewalt, unverletzt und fest. Ich möchte heute Nacht in Deinen Armen schlafen in Deinem Herzen, Deiner Seele, Allerliebster.
117
ICH NEHME DICH IN DEN ARM Ich nehme Dich in den Arm und denke an Dich, nur an Dich. Dein zartes Herz ist in meinen Händen, in meinem Kopf, in mir. Ich nehme Dich in den Arm. Ich lass’ Dich nicht alleine. Ich sage „Ja“ zu Dir.
118
ICH MÖCHTE FLIEGEN WIE EIN VOGEL SO FREI Ich möchte fliegen wie ein Vogel so frei, nicht gebunden, nicht geschunden werden, nicht mehr. Ich möchte atmen und tanzen und fühlen und denken und dichten und singen, im Wasser mich tummeln, das Feuer durchspringen, die Sonne aufsaugen, den Regen im Wald. Ich möchte den Mond und die Sterne umarmen und treiben, träumend im schäumenden Meer.
119
Ich möchte fliegen wie ein Kranich so frei. Nicht gebunden, geschunden nicht mehr.
120
ICH SEH’ DEIN SCHÖNES BILD Ich seh’ Dein schönes Bild und weine. Nein, Dein Leben darf noch nicht zu Ende sein. Du bist so jung, so schön, so klug. Heb’ Deinen Kopf und Deine Schultern hoch, hab’ keine Angst. Ich seh’ Dein schönes Bild und weine. Nein, Dein Leben darf noch nicht zu Ende sein. Du bist zu jung, zu klug, zu schön.
121
HÖR’ AUF MIT WORTEN SCHAUM ZU SCHLAGEN Hör’ auf mit Worten Schaum zu schlagen. Kehre auf die Erde zurück von Deinem Engelsflügelflug. Wach’ auf im Garten Deiner Träume. Das Feuer wird schon angelegt. Sie zersägen Deine Bäume. Für Zärtlichkeit und schönste Liebe ist zur Zeit kein Platz. Weine nicht, heule nicht, halt’ nicht die Hände vor’s Gesicht. Verteidige die Liebste Dir mit Messern und Raketen. Treib’ in die Flucht das Pack mit Bissen und mit Treten.
122
Die Zeit ist rauh und nicht gedacht für viele, süße Artigkeiten. Schütz’ Deinen Schatz vor Mord, Gewalt und Folter, den rüden Stiefeln der Soldaten. Hör’ auf mit Wörtern Schaum zu schlagen. Kehre zurück von Deinem Engelsflügelflug. Wach’ auf im Garten Deiner Träume. Sie treten schon die Türen ein, zerstören Deine Bäume.
123
IN ERINNERUNG AN DEN GANG DURCH DIE HACKESCHEN HÖFE Bau Dir am Ort des Glücks kein Haus. Der Weg ist besser als das Ziel. Die kurzen Augenblicke der lieben Zärtlichkeit sind besser als die Tage toter Langeweile. Liebe ist ohne Leid und ohne Glück nicht möglich.
124
JAHWE IST MIT UNS Der Wind, der Sturm, der Orkan weht, drängt, springt, schlägt, peitscht uns ins Gesicht, kalt, entsetzlich kalt. Ich halte Dich mit beiden Armen. Wir gehen den Weg des Bundes. Der alte Mann, der auf uns zugetrieben wird, prophezeit: Der Himmel wird mit Euch sein. Jahwe wird Euch beschützen und seine Hand über Euch halten. Danke, alter Weiser. Der Weg des Bundes. Jahwe wird Euch schützen und seine Hand über Euch halten. Danke, alter Weiser: Der Weg des Bundes. Jahwe wird Euch schützen, seine Hand über Euch halten. Danke, Prophet. Danke, danke. 125
LASS UNS DIE GLEICHEN SÜNDEN Laß uns die gleichen Sünden machen, damit wir in die gleiche Hölle kommen, für Lügen und Betrügen. Das liegt uns doch so sehr. Hölle Nr. 311 Laß uns die gleiche Liebe machen, und ganz herzlich lachen, damit wir in den gleichen Himmel kommen. Himmel Nr. 10 Ich warte auf Dich an der Pforte mit einer schönen Torte. Schokolade aßest Du zu gern. Man muß sich dran gewöhnen ohne Jammern, ohne Stöhnen Hostien zu essen vor dem Herrn. Hier wie immer hab’ ich Geld gestohlen, Geld „geborgt“ und für Dich Schokoladencreme besorgt.
126
Auch im Himmel wollen wir uns küssen und uns lieben, schmusen und verstecken spielen. Miteinander zart und zärtlich sein. Wir breiten unsre Flügel aus und fliegen, fliegen, fliegen und spüren, wie wir beieinander liegen, liebste, allerliebste Schatzimaus.
127
MOHNROTE TRÄNEN Mohnrote Tränen wein’ ich durch die dunkelblaue Sternen Osternacht Mohnrote Tränen glühen auf, verbrennen. Ich bin hart im Nehmen. Daß mir der Abschied von Dir Schmerzen, so viele Schmerzen macht hab’ ich geahnt, gefühlt, gewußt, gedacht. Mohnrote Tränen durch die dunkelblaue Nacht.
128
REGELN FÜR EINE SACHLICHE BEZIEHUNG Halten Sie normalen Abstand. Regeln Sie Ihre Beziehungsfristen und Beziehungsebenen genau. Küsse, Streicheleien oder andere Annäherungsversuche sollten Sie zwischen 8:00 und 16:00 Uhr strikt vermeiden. Rufen Sie mich bitte nur während der Dienstzeit an. Wickeln Sie alles andere über unsere Geschäftsstelle ab.
129
SCHON WIEDER EIN BUMMEL Schon wieder ein Bummel zum Rummel mit Champagner und Kaviar, das Woche für Woche und das Jahr für Jahr. Es wird getönt, geschönt und gefeiert und eiligst ein Vortrag heruntergeleiert. Du denkst, es kommt nichts mehr dabei herum. Am Ende bist Du nicht ganz so dumm.
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STOP SMOKE – STOP STROKE Wenn wir die Zigaretten früher weggelassen hätten, wären die Beine heute noch dran. Liebe Freunde, laßt das Rauchen sagt Maria mit dem Jesuskind, so viele Krüppel können wir nicht brauchen, wie da jetzt noch Raucher sind.
131
TELEFON Telefon … Ach Du, wußtest Du schon? Telefon … Hab’ ich Sie im Schlaf gestört? Ach, Sie sind nicht sehr empört? Telefon … Können Sie mir noch einmal verzeihen? Was? Ich soll lauter in die Muschel schreien? Telefon … Was? Du bist nicht da? Wo bist Du denn jetzt? Bist Du verletzt? Gehst Du jetzt fremd? Ach so? Du stehst im Hemd? Telefon … Mein Mann ist tot, kommen Sie Erste Hilfe oder Beerdigung, letztere wäre mir lieber wegen der Lebensversicherung.
132
Telefon … eine größere Erleichterung Telefon … Die schönsten Frauen der Welt stöhnen für Geld. Telefon … Sie stöhnen und ächzen. Die Männer und andere Opfer lechzen. Telefon … rot und wichtig, die Entscheidung war nicht richtig, der falsche Mann war dran. Eins zwei drei los, was macht er bloß
133
Telefon … letzter Gruß zum Mars zum Mond, die Erde zerfällt. Telefon … Wußten sie schon? Alle jetzt tot. Telefon rot, Telefon, Telefon. Wußten sie schon … Wußten sie schon … Vergeblich bimmelt das Telefon.
134
THERMESSOS Straße der Philosophen, vorbei am Ginster, an Casuarinen, am Theatron. Du schließt die Augen und träumst Dir eine andere Welt herbei. Du träumst Dich in vergangene Tage, Welten hinein. Das Glück war niemals schöner als jetzt. Wilde Rosen, Eidechsen. Silberschwarze Schlange in der Mittagsglut. Du schließt die Augen, kein Getöse, kein Geschnatter. Dein Körper verliert sich in der warmen Mittagsluft.
135
Eine Hand legt sich um Deine Schulter. Wilde Rosen.
136
WENN DU NICHT WÄRST Wenn Du nicht wärst, was wär’ ich ohne Dich … Meine Gedanken, meine Gefühle meine Empfänglichkeit für die Gedichte, die Farben, die Klänge, die Düfte, die Seele, die Würde, das Selbst, die Freiheit hast Du neu belebt, durchweht, durchbrochen, angefacht. Wenn Du nicht wärst, was wär’ ich ohne Dich … Ich werde Dich nicht verleugnen, so tun, als ob ich Dich nicht kenne. Wenn Du nicht wärst, was wär’ ich ohne Dich …
137
WENN EIN JÄGER Wenn die Jäger einen sitzen haben, erzählen sie alles in Latein. Sie verwechseln einen afrikanischen Elefanten mit einem deutschen Landedelschwein. Sie knallen und böllern, auf alles, was in der Gegend steht und sich sanft im Winde dreht. Die Moral von der Geschicht’: trau’ einem betrunknen Jäger nicht.
138
WENN KREISSLER SPIELT Wenn Kreißler spielt und meine Worte fallen, das ist sehr ähnlich. Wir haben so ein himmlisches Vergnügen, die reinste Wahrheit Euch zu sagen und Euch ein wenig zu belügen. Wir lieben das Café und können Unfreiheiten schwerlich nur ertragen. Am Ende ziehen beide wir die Maske ab. Jeder in seiner Art und Weise und flüstern: Das Stück war nicht von Bach, pardon von von Platen, es war von uns, wir sind nur Pseudoplagiaten. Hauptsache ist, daß Sie und wir ein himmlisches Vergnügen daran hatten, uns diebisch freuten und nichts bereuten.
139
Die Mischung aus der höchsten Kunst und der Klamottenkiste ist, was ich stets bei uns vermißte. Griechische Tragödien, wir weinen herzzerreißend. Nach den tragödischen Dramen und Geschichten sind wir des Weines und des Essens voll und spielen, wenn die Sonne westwärts geht für die Freunde und Verwandten die komödiantischen Varianten. Zwei Seiten einer Medaille.
140
YOU ARE MY BODYGUARD You are my bodyguard You protect my life my brain my heart my dreams my colours and impressions You know my goodness my badness my anger and my danger You are my bodyguard You protect my life my brain my heart.
141
ZUM GEBURTSTAG MEIN’ ICH’S ERNST Zum Geburtstag mein’ ich’s ernst, da schenk’ ich Dir Worte, Wörter, keinen Glitzerkram und keinen dummen Plunder. Da schenk’ ich Träume Dir, Märchen und Wunder. Ein Stück von meiner Seele, meinem Geist, der Dich umgibt, umfängt, umkreist. I’ll mix recognition and emotion and whisper I love you through the phone. Zum Geburtstag mein’ ich’s ernst mit Dir: Worte, Wörter, Träume, Märchen, Wunder, ein Stück von meiner Seele. I love you.
142
HALTEN SIE BITTE NORMALEN ABSTAND Halten Sie bitte normalen Abstand, Zauberin, Gauklerin der Nacht.
143
ICH WILL FREI SEIN FREI UND UNGEBUNDEN
Ich bin nicht die Queen von England, auch nicht Liz Taylor, ich bin auch nicht Diana oder Gina Lollobrigida. Ich bin nicht die Frau des Kanzlers oder Bundespräsidenten. Ich bin auch nicht die Frau des Bischofs oder eine andere Stute oder Amalia von … (bitte bei den Adeligen keine Beleidigung einfügen), die Allzugute. Ich bin nicht Treibsand von der Straße oder Anna aus der Gasse. Ich schrei’ nicht laut herum, ich kann Marx und Engels unterscheiden. Ich will frei sein, frei und ungebunden.
144
Ich kenne keine Arglist, keinen Groll und keine Häme. Ich habe nichts, wovor ich mich am Ende schäme. Ich will frei sein, frei und ungebunden. Omodos. Dort, wo sich die Wege kreuzen, sehe ich ihn gelegentlich bei Schnee und Eis und heißer Sonne. Omodos. Wo sich die Wege kreuzen, sehe ich ihn gelegentlich mit einem Buch und einer Tasse Tee. Ich schaue durch das Fenster von Georgios.
145
Urania, die aus dem Schaum Geborene bewegt ihn gerade sehr. Er steht auf, er geht ans Meer, den Meerschaum mit seinen Händen aufzugreifen. Ich will frei sein, frei und unabhängig. Er schaut mich nicht an, er geht ans Meer, er spricht kein Wort, er meint es gut mit mir. Ich kann mich ganz und gar auf ihn verlassen. Ich kann Marx und Engels unterscheiden. Ich will frei sein, frei und ungebunden. Er dreht den Kopf und lächelt freundlich.
146
Ich knöpfe den Mantel zu und renne schon davon, davon. Ich wollte frei sein, frei und ungebunden. Ja, frei und ungebunden, ungebunden frei. Er lächelt freundlich und versteht mich, frei, frei, frei, ungebunden.
147
LIEBE Das Herz hatten wir in die Rinde geschnitzt, geschnitten für immer, Sofie. Dein weicher Mund, die Nacht war warm. Jetzt kamen sie mit Motorsägen, unseren Baum, unser Herz zu zersägen. Ob sie es nicht lassen könnten? Alles sei für die Papierfabrik. Nicht das Stück mit dem Herz, nein. Ob sie Liebe nicht kennten? Ethikunterricht, Gesellschaftskunde, Beziehungskoordination, Qualitätsmanagement in verschiedenen Ebenen hätten sie studiert.
148
ICH LIEBE DICH Ich liebe Dich, das ist ein hehres Wort für Träumer. Reinste Leidenschaft. Äußerste Anspannung. Ich werde zu Dir halten, für Dich sorgen, Dich auf dem langen Weg nicht alleine lassen, Dich nicht schlagen, für Dich da sein. Ich liebe Dich. Ein Wort für das Ende des langen Weges.
149
ICH LIEBE DICH UND DICH UND DICH Ich liebe dich und Dich und Dich und Dich. Vor lauter Liebe bin ich ausgebrannt, genervt, ermüdet und erschöpft. Jetzt lieb’ ich mich und mich und mich. Jedoch halt, da streichelt zärtlich jemand meine Hand, behutsam, mit Verstand.
150
Ich heb’ die müden Schultern hoch und schau’ ihr ins Gesicht. Wie schön sie ist. Sie lacht mich unaufdringlich, unbekümmert an und sagt: Mann. Ich sage: Frau. Ich liebe Dich, obwohl ich mir geschworen hatte, nie wieder dies zu tun.
151
GEDANKEN DES GEHENS Gehen ist fern sein, entzweit sein, allein sein, kalt oder warm werden, Arm in Arm sein, zugewandt, erkennen und erfahren, voneinander fort, aufeinander zu, Abschied und Wiederkunft, für immer fort, für immer da.
152
LIEBE IM DEZEMBER Die Schneekristalle, Flocken, Fetzen sinken, fallen, taumeln, wehen auf Deine roten Rosen. Liebe weiß und rot, mein Herz schreit auf, weil ich Dich in meinen Händen heute, jetzt nicht halten kann. Mein Herz sehnt sich in allen unseren Traumgeschichten und stürmt zu Dir.
153
LIEBSTE Liebste, am liebsten wäre ich bei Dir. Ich höre, fühle, nehme wahr Dein Herz, Deine Freude und die Trauer und den Schmerz. Liebste, am liebsten wäre ich bei Dir. Du hast die Meilenstiefel angezogen. Wir gehen Schritt um Schritt und Arm in Arm.
154
Wir halten an und sehen uns in die Augen. Wir schau’n zurück. Es sind so viele Meilen, die einfach zusammen wir gegangen sind. Es war auch Glück, ganz einfach Glück, das uns umfangen hat.
155
MEIN HERZ LIEGT WUND Ich les’ die letzten Verse. Mein Herz liegt blank. Du kannst es in die Hände nehmen, küssen, zärtlich streicheln. Ich vermisse Dich an meinem ganzen Körper, in meiner ganzen Seele. Mein Herz liegt blank und wund, verletz’ es nicht. Du kannst es in die Hände nehmen. Tu ihm nicht weh, nicht heute, in der Nacht voll Eis und Schnee.
156
PHILOSOPHENWEG
ERST ZUM NOTAR Erst zum Notar, dann zum Altar, dann kommt der Pastor, dann’s Paternoster, dann ein errötendes „Ja“. Ein Blag schreit: Mach schon, Papa. Der sagt denn auch „Ja“, dann lebenslänglich hinter die Gitter. Das Leben ist bitter. Dann zum Notar, der nickt: Alles klar? Er fragt: Mußten Sie leiden? Sollen wir Sie jetzt scheiden? Ja und dann. Erst zum Notar, dann zum Altar, dann kommt der Pastor, und dann’s Paternoster, dann erneut ein errötendes „Ja“. Dann ein kleines Gewitter, dann hinter die Gitter, das Leben ist bitter. 159
Dann zum Notar, der fragt: Alles klar? Was soll ich machen? Es ist nicht zum Lachen. Erst zum Notar, dann zum Altar, dann kommt der Pastor, dann’s Paternoster, dann eine Braut, die tief in die Augen mir schaut. Wir schreien „Hurra“ und laut ein „Ja“, dann schnell noch die Ringe und andere Dinge. Dann in die Kneipe ein wildes Gesaufe, dann das Geraufe. Ihr zuliebe hau’ ich dem Franz eins über die Rübe, ganz klarer Fall für’s Hospital. Wir küssen und lieben, sie ist durchtrieben.
160
Sie könne backen und kochen und wischen und putzen und dem Pudel das Fell abstutzen. Ich gehe zur Arbeit, verdiene die Piepen. Unter dem Sofa ein Hemd, geht sie schon fremd? Allmählich wird’s bitter, ich bin hinter’m Gitter. Ich geh’ zum Notar, der fragt: Alles klar? Er gibt ein Papier, unterschreiben Sie hier. Notar und Pastor Marriage Divorce Company Ltd. Trotzdem: Erst zum Notar, dann zum Altar, dann der Pastor, dann’s Paternoster. Amen. 161
EIN GRAUER KOPF Ein grauer Kopf über den Seerosenteichen, das ist meine Mutter, das ist mein Vater, das ist mein Großvater, das ist meine Großmutter, das ist meine Uroma, das ist mein Urgroßvater. Ein Kind, Janina, zärtlich und wohl behütet, spielt Ball am Seerosenteich. Janina ist meine Tochter. Ich liebe Janina. Wir sprechen oft miteinander. Mutter, Großmutter und Urgroßmama unterhalten sich angeregt über den Sinn der Weisheit. Welch’ intellektuelle Erfahrung. Urgroßvater, Großvater und Vater spielen ein philosophisches Spiel ganz großen Ausmaßes. 162
Ich liebe Papa, Großpapa und Urgroßpapa. Sie haben mir das Leben erklärt, die Welt. Und die Frauen? Welche Düfte? Welche Gerüche? Mein limbisches System dankt ihnen.
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ICH GING DURCH DIE STIEPELER NACHT Ich ging durch die Stiepeler Nacht und suchte nach einem, der mich begriffe. Irrealis, Irrealis, Irrealis stand leuchtend an einer Wand geschrieben. So bin ich in dieser Stiepeler Nacht unbegriffen geblieben. Am Morgen standen die Schläfer auf und holten Brötchen und anderes Futter. Einer fragte: Alles in Butter? Alles in Butter?
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SIND WIR DOCH EHRLICH Wenn unsere Grundbedürfnisse in Philosophie, Psychologie und Theologie befriedigt sind, geht es uns gut. Geist, und dazu noch ein Deutscher und Intellektualität sind doch das Schönste, das es gibt, für das Volk der Dichter und Denker. Universitätsmensa, ein kulinarisches Vergnügen. Lukullus war doch ein Geistesmensch. Haben Sie Zweifel? Der Professorentitel ist doch das Tüpfelchen auf dem i, das Sahnehäubchen auf dem Kakao? 165
Die Kratzehose von Z & Oh ist ein züchtigendes Obligo für jeden Intellektuellen zwischen Königsberg und Saarbrücken. Da kann ich die Mediziner nicht verstehen, einordnen. Ein Sauhaufen von Luxusfressern, Edelsäufern, Gemengelage aus Lust und übermäßiger Arbeit. Mit diesen Barbaren ein Gespräch zu beginnen, geschweige denn zu führen, besonders auf Ordinarienebene, hoffnungslos, hoffnungslos, sage ich Ihnen.
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VORBEI Vorbei die Zeit der Wunder, der Träume, der Magie, des Zaubers, der Märchen und Fabeln, der Sagen, der Hoffnung, der Liebe. Wir legen Euch in vorgegebene Schablonen, Ordnungen. So viel mußt Du leisten. So viel darfst Du kosten. Erbarmen, ein unbekanntes Wort. Freiheit ist uns fremd.
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REIM’ MICH ODER ICH FRESS’ DICH Reim’ mich oder ich fress’ Dich, sprach das Volk zum Dichter. Der Dichter war ein Idealist. Er sagte: Freßt mich, vergeßt mich. Das Volk hat über solche Worte lange nachgedacht und den Dichter zum Kanzler gemacht. Sie waren den Brionisten leid und sagten: Für einen Tapferen spricht jetzt „Die Zeit“.
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AUF DEN SPUREN Auf den Spuren von Huren roch es früher nach französischem Parfum und schwarzen Negligés. Heute sitzen sie in der Gewerkschaft, im Bundestag, in den Parteien, krakeelen und schreien, reißen die Fresse auf für Geld, diese Leute von Welt sprechen schlechter als mein Hund bellt.
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MEINE SEKRETÄRIN Mit Umsicht und Vorsicht, mit Rücksicht und Nachsicht hat sie mich begleitet, mir den Zorn und die Wut aus den Kleidern gebürstet. Unendlich viele Lasten hat sie mitgetragen, Geheimnisse gehütet zur rechten Zeit und mich im Trommelfeuer der Telefonate überleben lassen. Meine Sekretärin. Ein wahres Fundament für ein humanes, liberales Patriarchat.
170
EUROPA Europa, das hab’ ich von Dir gelernt: Recht und Schönheit und die Suche nach Wahrheit. Das alte Europa ist das schönste Land dieser Erde, Mr. Rammelfields. Mr. Rumsfield. Mr. Bush. Etc.
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EUROPA IST HUMAN Europa ist human. Nach so vielen Revolutionen laßt uns nicht in den Fehler verfallen: „Hallo Amerika“ zu schreien. Der Tempel der Aphrodite steht hier und nicht in Washington.
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PSYCHOTHERAPIE Mit ihren Kulleräuglein schaut mich Fräulein T. an und sagt: Erzählen Sie mal. Na was denn? Einfach so. Fräulein T. , als ich so alt war wie Sie, da habe ich die ganze Straße ge… und meiner Schwiegermutter durch das Gehirn ge… Sie sagt: „So, so.“ Ihre Äuglein kullern und kullern. Ruhen Sie sich aus, sagt sie erschöpft.
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Dann fragt sie streng: Geburt, Kindheit, Kopf, Ödipus, G-Verkehr, G-Krankheiten, Partnerwechsel, soziale Bindung, Liebesfähigkeit? Die Äuglein kullern und kullern. Das ist ja sehr interessant und dann? Fräulein T. , deswegen bin ich ja hier: Eheprobleme. Ja und dann? Umgezogen! Die ganze Straße rauf, runter, rauf. Und dann?
174
Probleme. Probleme. Probleme. Die Äuglein von Fräulein T. kullern und kullern hin und her. Fräulein T. hatte ein gutes Herz. Die ganze Straße? fragte sie. Ja, die ganze Straße.
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ELFIE UND WILLI Elfie sitzt auf meinem virtuellen Platz mit Aussicht auf die Schiffe am Rhein. Markante Nase, rot gefärbtes Haar, Haut über 50. Sie neigt den Kopf nach vorne, öffnet den Mund und schiebt die volle Gabel dort hinein. Ihr gegenüber ihr Mann, Brille, Prostataleiden, graues Haar. Typ Oberstadtdirektor z. B. Wesel, Hamminkeln, Kleve. Kevelaer oder so ähnlich. Er neigt noch weiter das Haupt nach vorn, schiebt Kartoffeln in den Mund, die Ente und den Blumenkohl.
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Neben ihr Anni, rotes Haar, die Nase sehr zierlich, die Brüstchen genierlich. Sie öffnet das Mündchen und lanciert dort hinein vom klitzekleinen Hühnchen ein Bein. Ihr gegenüber ihr Mann sehr, sehr fein vom Niederrhein. Ich sitze irgendwo dahinter. Ein Leben lang hatte ich Sehnsucht nach Frieden, Kaffee und Kuchen am Deutschen Rhein. Jetzt sitz’ ich hier bei Kartoffeln und Schnitzel und Sauerkraut. Neben mir lacht meine rheinische Braut zu laut, zu laut.
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QUERENBURG UNI CENTER IM OKTOBER Das Atlantische Grau liegt schwer in meinen Armen, verlangsamt den Schritt, dämpft den heißen Mut. Die Gastmusik der bayerischen Imbezillen (um des bayrischen Durstes willen) Maßbier, Dirndl, Hosenstall. Weißwurst, bayerischer Senf Ach Ludwig, Franz und Sepp und Depp, das tut schon gar nichts. Karibikbraut, braune Haut, Kokosnuß, Bananenmus, Negerkuß. Uni Center im Oktober.
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BOCHUM, HABE ICH DIR GESAGT, JA, BOCHUM. Nicht das schillernde schwarzbraune Hitler-München, nicht das behäbige altrosa Sozialisten-Hamburg, nicht das PDS und Neureichen Berlin und nicht Chi Chi Düsseldorf. Bochum ist tolerant, liberal. Zu Leander Haussmann auf die Bühne werde ich Dich tragen. Nach Freiheit werden wir schreien Freiheit für Kinder und Mütter, Männer und Frauen oder Bochum, ganz einfach Bochum.
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WEIHNACHTEN DAT IS: Jungs und Mädchen, Weihnachten, dat is: Liebe, Liebe, Liebe, Liebe …
Dat is:
„Aus Gottes ewgem Rat hat sie das Kind geboren des Herren reine Magd“
Euer Jacob
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DAT UN WAT Dat wat vor Dich liech, erkenns Du nich und wat inne Färne is, is Dir vertraut. Von Deine Änne die Schmärzen im Härzen, die ahns’ Du nich. Wat aber der Nachbar treibt, dat weiß Du ganz genau, Paule und Lisbeth, seine Frau. Wenn der Paule schnarcht inne Nacht von eins bis morgens um sechs, geht Lisbeth nach dem Anton hin, so’n bissken für Säx.
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Un wenn der Paule mal pinkeln muß nachts so um halb drei, sach die Lisbeth, sie war von wegen dem Lümmel bei die Polizei. Dat wat vor Dich is, erkenns Du nich. Wat aber inne Färne liech Männeken, Männeken! Dat weiß Du ganz genau.
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ALS ICH NOCH DIE FLOTTEN SPRÜCHE DRAUF HATTE
Als ich noch die flotten Sprüche drauf hatte, was waren das für Aussichten! Eigentlich auch nicht besser als jetzt. Ich hatte es nur noch nicht gemerkt.
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DAS WOLLTE ICH GERADE NOCH SAGEN Ach Du ja, das wollte ich gerade noch sagen. Auch schon? Der Hut, Sie wissen doch. Ach ja. So, so, so? Ah, so was aber auch. Nein, das darf doch nicht … Doch, natürlich, natürlich. Na ja dann. So was aber auch. Niemand hat damit gerechnet. Niemand.
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MEIN LETZTER WUNSCH Werde Wärter im Zoo, werde Putzmann im Klo, werde Boxer im Ring, dreh’ schnell ein krummes Ding, werde Räuber der Bank, oder stell’ Dich nur krank. Werde Kellner im KaDeWe oder schieße ein Reh, werde Zuhälter im Puff, oder ergib’ Dich dem Suff, mach’ mal in Club oder Direktor bei Krupp, werde Doktor, Jurist oder Stenotypist. Werde Kriminalpolizist oder Hahn auf dem Mist, werde Priester, Pastor, Pfarrer oder simpel Leichenverscharrer, werde Gastronom, Ökonom oder der Mann vom Strom. Werde Rentner oder Maler oder einfach Steuerzahler. Kurzum, mein letzter Wille ist: bau’ keinen Mist.
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FRIDERIKE Friderika saß auf einer Bank am Philosophenweg und dachte an Ferdinand, den Schuft, ihren ersten Mann, der ist schon lange in der Familiengruft. Sie raucht jetzt erst mal eine Zigarette in die Lungen ’rein und sie erinnert sich, Ferdinand, der war ein Schwein. Mit ihm hatte sie nur geraucht und gesoffen und dann hat ihn der Schlag getroffen. Gott sei’s gedankt.
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Sie steckte sich die zweite Zigarette an und dachte an ihren zweiten Mann. Sie war jetzt Witwe und bekam eine Rente. Auch hatte sie, ob man’s glaubt oder nicht, von Ferdinand zwei Häuser gekriegt. Sie war Putzfrau bei Krupp, mehr gab der Geist nicht her. Ihr Leben war trotzdem schwer.
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DAT GLÜCK ÜBAM REVIER Wenn Bochum un Schalke, Dortmund un Duisburg un Wattenscheid mal ausgeflogen sind un so richtig einen reingekloppt haben, dat et nur so kracht inne Bundesliga; Mann, Männeken, dann scheint dat Glück übam Revier. Dann läuft dat Bier von Fiege un Brinkmann un Union un Stauder un Stern un Königs so sachte, immer so sanft. Mann, is dat toffte. Un Du träums un träums von Bochum, Schalke, Duisburg un Dortmund un Wattenscheid. Alle anne ärste Stelle, ärst Bochum, dann Schalke, dann Duisburg, dann Dortmund, dann Wattenscheid. Mann, is dat ein Glück. Un et fließt so sanft, so sachte. Mann, is dat toffte. Un alle anne ärste Stelle; Mann, is dat ein Glück im Revier. 188
GIMMA MOTTEK ODER DIE GESICHTER DER FREIHEIT Wattenscheid sei gesichtslos und grau. Nein, das stimmt nicht, mein Freund. Hier leben die Zeugen der Freiheit, des Widerstandes, der Menschlichkeit. Sie haben den Preis bezahlt, aufgebrochen sind sie aus Preußen und Schlesien, um zu leben, keine Leibeigenen mehr. Hierher kamen sie aus Sizilien, Andalusien und dem Pelepones, Anatolien und Serbien und Kroatien, einfach um frei zu sein. Keine Träumer, Mitmenschen, Kumpel.
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Kumpel halten zusammen, sie kennen die Gefahr, die Angst, die harte Arbeit. Harte Arbeit, um frei zu sein. Überall die Seltersbuden, Wasser gegen den Durst. Die frommen Kirchen, die Kneipen und die Zechentore, Zechentürme, Symbole von Willensstärke, von Freiheitswillen, nicht für einen Tag oder eine berauschende, törichte Nacht. Freiheit für eine Generation, für Generationen, da lebt der Oppa, die Omma, der Vatta, die Mutta und Ännchen und Gustav und Anton und Czerwinski und Barzan und Bytyk und Georgis und Tiki und Jimmy.
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Wattenscheid, der Platz der Gesichter, Ort der Freiheit, Freiheit nicht für eine heiße Nacht. Freiheit für Omma, Vatta, für Ännchen und Toni und Bytyk und Czerwinski. Sag’ Du mir noch einmal, Wattenscheid hat keine Gesichter.
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BLEIBT EIN BISSCHEN ERNST Bleibt ein bißchen ernst, hier spricht ein Mensch. Bleibt ernst, hier ist ein Mensch seht ihn an, hört zu.
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ALS ICH BERTA NOCH NICHT KANNTE Als ich Berta noch nicht kannte und Anna, Sophie und Marie und Cherie, da wollte ich ja, richtig in dat Kloster. Aber jetzt sitz’ ich ja so richtig drin im Schlamassel mit Berta, Anna, Sophie, Marie und Cherie.
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ES WIRD SCHON PASSEN ODER: FRÄNKISCHE EINSICHTEN Eigentlich wollte ich den trüben Apfelsaft, nicht den klaren. Ach, es wird schon passen. Eigentlich wollte ich rote Rosen, nicht die Gladiolen. Ach, es wird schon passen. Eigentlich wollte ich einen jungen Mann, nicht den weisen. Ach, es wird schon passen.
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DIE FRÄNKISCHE RUHE Die fränkische Ruhe möchte ich haben. Beim Silvaner möchte ich sitzen, hoch oben am Käppele, an der Mainschleife, Unsinn, in Pettstedt, nein, wirklich in Hörstein, Quatsch, auf dem Stolberg. Die fränkische Ruhe möchte ich haben, meterlange Würste essen in Dettelbach und Muscazinen. Vom Angebatzten möchte ich Euch geben und Rippchen und Kraut und das schwere Kümmelbrot. Die fränkische Ruhe möchte ich haben. Sagen Sie dem Helmut mit dem Saumagen, die fränkische Ruhe sollte es schon sein.
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EHRLICH Fräulein Pimperlimpim und Sauselos, die waren wunderschön und wußten, wo es brennt. Sie verkehren jetzt in besseren Kreisen, wo sie Mrs. Chantal und Madame Pompadour nun heißen.
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DER MANN MIT DEM DICKEN GRÜNEN BAUCH Der Mann mit dem dicken grünen Bauch ging heute über die Piazza Mercato, di Marciana di Marina und leckte ein grünes Pistazieneis. Neben ihm lief die Frau mit dem fetten roten Popo, alles Sonnenbrand oder wie? Sie leckte wie ein Ungeheuer an einem Riesen-Erdbeer-, Himbeer-, Johannisbeer-, Kirschen-Eis. Die beiden waren gebürtig in Witten an der Ruhr, nicht in der Lage, wie sich später herausstellte, nach Marciano del Monte zu gelangen.
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Auf dem Weg nach San Marciano del Monte pilgerten einige schwarz gekleidete Frauen. Und das im Nebel des Monte Corona, aber sie sollen immerhin angekommen sein.
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ICH BELÜG’ DICH NICHT Ich belüg’ Dich nicht, ich betrüg’ Dich nicht, manchmal, das geb’ ich zu, da muß ich schummeln, ein wenig fummeln, damit die Dinge grade gehen. So ist nun halt das Leben. Ich belüg’ Euch nicht, ich betrüg’ Euch nicht. Nie und nimmer.
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MEINE NEUE FRISEUSE Meine neue Friseuse liebt mich, meine alte kennt mich über alles. Meine neue Masseuse liebt mich, meine alte kennt mich über alles. Meine neue Freundin liebt mich, meine alte kennt mich über alles. Heute werden sie zusammenkommen. Sie haben felsenfest beschlossen, kein gutes Haar an mir zu lassen. Sie wollen essen, Prosecco trinken und ganz nebenbei das Maul zerreißen über mich:
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Nicht schnell genug, unmöglich, höflich nie und nimmer, ein Prolet und noch viel schlimmer, zu alt, zu dumm, zu laut, zu stumm, zu hart, zu zart, Chaot und Vollidiot, zu intellektuell, die Farben zu grell, zu trist, zu grau, zu eifrig, zu schlau. Gelegentlich, aber nur gelegentlich, charmant, zuweilen nur küßt er die Hand. Er kann auch herzlich lachen, gelegentlich ein Späßchen machen.
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Das Essen ist gegessen, das Maul total zerrissen. Ihr Pech, daß sie mich alle wiedersehen wollen, das Bedürfnis haben, es zu müssen. Es kommt die Alte und die Neue, keiner schwor ich Treue.
202
ICH BLEIB’ LIEBER ALLEIN Ich bleibe lieber allein, she looks like a pitbull terrier und frißt wie ein Schwein. Er ist ein Fatzke, idiotischer Affe, fette Pratzen, unendlich viel Geld. Ihr versteht, ich bleibe lieber allein.
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MIAU. Miau. Miau. Lass’ mich wie eine Katze jammern. Miau, Miau, Miau. Mir ist nicht nach Katerstimmung. Ich habe nicht getrunken, nicht gefeiert. Ich bin unausgeschlafen, ausgeleiert. Miau. Miau. Miau.
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FLIC EN FLAC
KÄTZCHEN Kätzchen, lass’ es sein zu schmeicheln, höre auf zu schnurren, meine Hand und meinen Hals zu streicheln, zu posieren und zu poussieren. Höre auf mich zu verführen. Ich bin älter als Du denkst. Ich bin nicht ein Kätzchen, ich bin eine Katze, ich bin wilder als Du glaubst. Ich bewundere Dein Wissen, Deine Sinne, den Verstand, die Glut und die Gedanken, Deine lange stille Revolution. Ich bin eine Katze. Ich spüre, welch ein Mensch Du bist. Du mußt Dich nicht so zieren. Ich will Dich jetzt verführen. Ich bin wilder als Du denkst.
207
RUHE Jetzt heute morgen diese Woche diesen Monat dieses Jahr.
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AM ENDE EINES LANGEN WEGES Baja, Baja, Steine, Sand. Goldener Cirio Baum. Vado, Vado, Vado. Die Schuhe sind zerrissen. Die Hand brennt. Der Kopf schmerzt. Die Augen sind müde. Ich lehn’ mich an Dich, Cirio Baum. Wärme, würziger Duft, zum letzten Mal. Die Coyoten sind nicht weit, die Berglöwen in ihrer Würde kennen die Distanz.
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DOMINGO Sonntag – Tag schöner Ruhe. Festlich gekleidet, Tag des Gebetes, des Frohseins, der Versöhnung, der sauberen Hände und Füße, des schönen Lächelns. Tag Gottes, des Sinnfindens einmal in der Woche.
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RAUF UND RUNTER Die Rauf- und Runter-, die Ein- und Aus-Verhältnisse mit Lügen, Betrügen und sei es nur ein wenig, mag’ ich nicht mehr. In Wrechen will ich mich in das silbrige Gras legen, über den See, das Land sehen, die Sonne auf meine Haut lassen, das Schweigen, die Stille einatmen.
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SONNENGOTT Sonnengott, Glut, Sonnengott, Gott des Blutes, des Menschenopfers. Kampf mit den kräftigen Armen Feuer, Glut, Asche, Rauch.
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POBRE TRANSVESTITO Alter Mann mit rosa Hosen, hochgeschnürten Stöckelschuhen. Zerzauster Bart, gerupfter Mantel, keine Seife. Früher in der Show geschnürt das schwarze Haar, die goldenen Kleider mit rot und grün, der feste Busen. Pobre Transvestito, verblichene rote Hosen, zerrupfter Mantel, keine Seife und kein Lippenstift. Pobre Transvestito.
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DEINE HAUT IST MEIN ZU HAUSE Deine Haut ist mein zu Hause, milde und geschmeidig. Ich schließe meine Augen, lehne mich an Dich und weiß, Du bist es. Ich bin krank, benommen, ohne Orientierung. Du streichelst meinen Kopf, den Arm. Ich weiß, Du bist es. Ich öffne meine Augen, Deine Hand auf meiner. Ich weiß, Du bist es. Deine Haut auf meiner, wir sind zu Hause.
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FÜR DOKTOR B. IM ZUSTAND DER APHASIE ZUR SPRACHÜBUNG Die Sonne scheint. Der Baum ist groß. Das Kind ist klein. Die Liebe eint. Wir sind eins, zwei, drei. Der Kopf ist wund. Das Herz ist froh. Jetzt ist Mai. Ich springe. Ich singe. Ich ringe mich durch die Dinge. Du bist gut. Du bist lieb. Du bist nett. Du machst Mut. Es wird schon alles wieder gut.
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JUNG UND SCHÖN Jung und schön, der Träume voll, stirbst Du dahin. Den grausamen Weg der Alterung, des Ergreisens gingst Du nicht. Das Palaver der kastrierten Kahlköpfe hast Du gemieden.
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ICH BIN EIN STOCKFISCH NUN Amigo, ich bin ein Stockfisch nun. Was tun? Ohne Kopf, gesalzen getrocknet, wohlfeil, aufgehängt. Amigo, ich bin ein Stockfisch nun. Was tun? Zwischen Würsten, Käsen, Schinken, Specken eingezwängt. Amigo, ich bin ein Stockfisch nun. Was tun? Ich komm’ ins Wasser, werde aufgeweicht, entsalzen; mir werden Zwiebeln und Tomaten, Knoblauch, Pfeffer, Öl, Oliven beigemengt.
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Amigo mio, ich fühle mich beengt, kurzum bedrängt. Amigo, ich bin ein Stockfisch nun. Was tun? Mir droht das Krematorium und dann nach dem Verkehr Verzehr. So hatte ich mir die Neugeburt auf dieser Welt nicht vorgestellt. Nun bin ich noch in dieser Stadt, weil man zu essen einfach mich vergessen hat. Amigo, ich bin ein weicher Stockfisch nun. Was tun? Was tun? 218
MEIN NEGER HEISST BIMBO Mein Neger heißt Bimbo. Er spricht Deutsch, eigentlich besser als ich. Er singt, eigentlich schöner als ich. Er arbeitet gut, eigentlich schneller als ich. Er tanzt wunderbar, eigentlich besser als ich. Er besucht die Frauen der Nachbarn, eigentlich öfter als ich. Bimbo sagt, es sei zu heiß für ihn in Afrika. Bimbo hat Kinder, eigentlich mehr als ich.
219
MEIN LEBEN VERLIEF EIGENTLICH GANZ RUHIG Mein Leben verlief eigentlich ganz ruhig, drei Wochen Mallorca, El Arenal. Drei Wochen St. Anton, es war immer ganz nett was los. Im letzten Jahr noch Dominikanische Republik und Thailand und diese süßen Dinger. Montags Ruhetag, dienstags Kegeln, mittwochs Golf, donnerstags Massage, dann das wohlverdiente Wochenende. Daß das alles nicht mehr gehen soll, geht nicht in meinen wunden Kopf.
220
DIE ANGST IST NICHT MEHR SO GROSS Der Tod hat mit Gewalt an Dir gerüttelt und läßt Dich nicht mehr los. Nun, da Du alle Todesängste und Befürchtungen durchgestanden, fällt der Abschied so schwer nicht mehr.
221
DAS LEBEN HAT DICH FALSCH BERÜHRT Das Leben hat Dich falsch berührt, nur einen kurzen Augenblick. Der Falke schlägt die Flügel nieder, taumelt durch die heiße Luft. Das Leben hat Dich falsch berührt, nur einen kurzen Augenblick. Junge, liebe Frau.
222
FLIC EN FLAC Die Zeit für die Liebe war viel zu kurz. Die Zeit für die Liebe ging viel zu rasch dahin. Schneid’ das Zuckerrohr, lös’ den Vulkanstein, zieh’ die Zuckerwurzeln. Zucker für Madame, Zucker für Monsieur Die Zeit für die Liebe war viel zu kurz. Die Kinder fischen in der Lagune. Die Felder sind hart und heiß. Der Missionar predigt mir viel zu viel von Sünde. Denn die Zeit für die Sünde war viel zu kurz. Zucker für Madame. Zucker für Monsieur.
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DER CYKLON PEITSCHT DIE PALME Der Cyklon peitscht die Palme, neigt, drückt ihren Kopf, schlägt ihren Schopf immer und immer wieder, zerfetzt das Zuckerrohr, stürmt auf Dein Land, und faucht es auf, immer und immer wieder, zerrt hier und dort, zermalmt Dein Haus, tötet Deinen Sohn, verwirrt die Sinne Deiner Frau, jagt das Meer aufs Land, bläst Dir, tritt Dir ins Gesicht.
224
DER CYKLON TÖTET DEINEN SOHN Der Cyklon beugt die Palme, zerfetzt das Zuckerrohr, verwüstet Dein Land, zermalmt Dein Haus, tötet Deinen Sohn, verwirrt die Sinne Deiner Mutter, schlägt Dir ins Gesicht. Unordnung ist sein Gesetz, wie Du meinst. Der Cyklon macht einen Neuanfang. Ebenbäume trotzen ihm seit Tausenden von Jahren, nicht Eukalyptus und Kasuarinen.
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ZERBRECHLICHE VERBINDUNG ODER – VERBINDUNG FÜR ZWEI Die Stühle und Messer, die Bilder und Teller, die Löffel und Schüsseln, die Vasen und Kinder, die Schränke und Tische, die Bücher und Enkel, die Gitarren und Flöten, die Tücher und Gläser sind Geschichten unserer Wege. Die Rosen und Leuchter sind Geschichten unseres Lebens, unserer Liebe. Eins kam zum anderen, der Schmerz, das Leid in Dummheit, und Unerfahrenheit. Zusammen haben wir es ertragen. Ein Ehepaar sind wir noch nicht.
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Treue ist ein langer, beschwerlicher Weg. Die Kinder und Enkel, die Gitarren und Flöten, die Gabeln und Messer, die Vasen und Rosen, die Tische und Stühle, die Schränke und Truhen sind unsere Geschichten, sind Wegzeichen, sind Zeichen unseres Entsetzens, unserer Freude, unseres Glücks und unserer Liebe, sind Zeichen unserer zerbrechlichen Verbindung.
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NEUE ZÄRTLICHKEIT Neue Zärtlichkeit, neue Sinnlichkeit und neues Leben. Mach’ schon, geh’ schon, überleg’ doch. Ja! Was aber? Na also. Ja. Neues Licht, neues Leben, neue Zärtlichkeit, neue Sinnlichkeit, neue Freude, neues Leben.
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ALS DU NACH EL ARENAL FLOGST Als Du nach El Arenal flogst und an die Verführung Deiner Nachbarin dachtest, ging ich die Via Dolorosa hinab. Bestraft für den Widerstand gegen das Unrecht, bestraft für das Gesetz der Liebe. Als Du Dir den Cocktail ’reinzogst, ging ich die Via Dolorosa hinab. Mir war Angst zumute. Ich dachte nicht daran, fromm zu sein, sondern daran, daß die Menschen auch ohne Schuldzuweisung leben könnten, an sich glauben könnten. Als Du Baal die schönsten Geschenke brachtest, ging ich die Via Dolorosa hinunter, bestraft für das Gesetz der Liebe.
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DIE FRAU MIT DEN GROSSEN OHREN Die Frau mit den großen Ohren hört verdammt schlecht und hat einige Haare auf den Zähnen. Hat sie je ihren Mann und die Kinder verstanden? Die Nase markant. Die wulstigen Lippen, Wiener Tafelspitz mit Erdäpfeln. Das Messer im Rücken. Das Caprice Viennoise Opus? Ich weiß nicht so recht. Das Wiener Schnitzel in seiner jüdischen Variante. Ihr Großvater der längst vergessene Rabbi im 2. Bezirk War das Ghetto eine infame Beleidigung? Progrome, Synagogenbrand, Grabsteine an der Häuserwand. Die Fleischtöpfe Ägyptens. Moses flieht verzweifelt, Pharao der Rächer.
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Immer wieder treibt es sie an die Stätte, die Orte ihrer Schande. Ich versteh’s nicht. Ich versteh’s nicht. Sag’ nicht die Deutschen. Eine feste Burg ist nicht Jerusalem noch New York, Manhattan.
Ich liebe Euch Söhne und Töchter Abrahams, Jakobs und Moses Gefährten. Eure Burg ist Manhattan. Versteckt hinter nicht alltäglichem Wissen und ungeheurem Geld haltet ihr die Welt in Schach. Warum mischt Ihr Euer Blut nicht? Warum geht ihr ins Ghetto immer wieder, wieder und wieder?
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Die Frau mit den großen Ohren und der markanten Nase, hat sie ihren Mann je verstanden, die Kinder, die Nachbarn? Heute ist Sabbat. Müssen wir denn immer wieder die Ohren, die Augen zuschlagen, die Türen verschließen? Sie liebt den Veltliner, bestellt einen Braunen, ißt den Palatschinken. Ich eine Melange, denke und träume an Salomon und von Salomon.
232
LASST UNS DIE NACHT DES FEUERS FEIERN Wir wollen leben, wir wollen leben. Wir sind das Volk, wir sind das Volk. Wild brennt unser Herz, wild brennt unser Herz. Nacht des Feuers, Nacht des Feuers. Legt ab die Trägheit, legt ab den Schlaf, legt ab die Dummheit. Nicht Gewalt und Terror. Wartet nicht bis morgen. Heute steht auf. Nacht des Feuers, Nacht des Feuers. Wir gehen zusammen, wir gehen zusammen. Wir sind Schwestern, wir sind Brüder, wir sind das Volk.
233
Wir wollen frei sein, wir wollen frei sein. Wir wollen leben, wir wollen leben. Wir sind das Volk, wir sind das Volk. Lass’ uns die Nacht des Feuers feiern, wild und wunderbar. Wenn Du die Trägheit, die Dummheit nicht mehr ertragen kannst, lass’ uns die Nacht des Feuers feiern. Wenn Du noch Träume hast und Visionen, dann lass’ uns die Nacht des Feuers feiern, wild und wunderbar. Wir lassen uns nicht zu Grabe tragen, mutlos verzagt. Lass’ uns die Nacht des Feuers feiern, wild und wunderbar.
234
Lass’ uns die Nacht des Feuers feiern, ganz wild und wunderbar. Steht auf, seid wild, heute explodiert der Vulkan in uns, heute werden wir nicht sterben.
235
SCHÖNSTE ROSE VON PAMPELMOUSSE In den Gärten von Pampelmousse möchte ich mich mit Dir wiegen, schönste Rose, Rose von Pampelmousse. Wenn die Brise vom Meer hoch weht in der Februarnacht, nicht gepeitscht vom Cyclon. In den Nächten von Pampelmousse möchte ich mich wiegen mit Dir, sanft und zart. Deine Augen leuchten. Der volle Mond weht leicht auf dem Teich hin und her. Der Wärter hat die Tore geschlossen. Niemand wird uns zur Last, schönste Rose von Pampelmousse. Du öffnest Deine Blüten wie eine Königin mit all ihrer Pracht. Du leuchtest gelb und weiß, schönste Rose von Pampelmousse, allerliebster Schatz.
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TANGOS
DER TANGO SAGT DIE WAHRHEIT Der Tango sagt die Wahrheit. Ich fühle Dich. Ich spüre Dich. Ich liebe Dich. Die Liebe ist die Wahrheit des Lebens. Der Tango sagt Dir die Wahrheit. Ich fühle Dich. Ich spüre Dich. Ich gehe mit Dir. Ich liebe Dich oder Du hast mich nie berührt, nie gespürt, die Oberfläche nicht erahnt. Der Tango sagt Dir die Wahrheit. Tanz der Liebe oder des Entsetzens. Liebe ist die Wahrheit des Lebens.
239
Tango, tetigi, tactus sum. Eine gute Nacht über Buenos Aires, Avenida de Liberdade.
240
DASS WIR UNS VERLIEBEN MÜSSTEN Daß wir uns verlieben müßten, hab’ ich nie gedacht. Nicht daß Du keinen andern fändest mit mehr Fassade, mehr Förmlichkeit, mehr Höflichkeit, mehr Reichtum. Nicht daß ich keine andre fände mit mehr Intellekt und Feingefühl für alle die Empfindlichkeiten. Ich strecke alle Borsten raus, wenn ich Dich ärgern will nach Kräften. Du öffnest dann Dein loses Maul und spitzt die Wörter, Sätze zu, daß sie sich auf mir verlieren. Die Liebe hat sich bei uns eingeschlichen und kam uns nicht abhanden.
241
DU HAST ES FÜR MÖGLICH NIE GEHALTEN Wir können es nicht lassen, uns bei den Händen anzufassen und Tango zu tanzen durch die Berliner Nacht. Du hast es für möglich nie gehalten.
242
DER LETZTE TANGO Der letzte Tango zieht sich, klingt heute durch die Nacht. Ich habe Dich geliebt als ob’s für immer sei und ohne Ende. Ich brannte, lichterloh. Ich sehnte mich nach Dir. Es ist vorbei. Ich bin gefasst, traurig, in mich gekehrt, doch frei. Der letzte Tango klingt durch die Nacht. Ich habe Dich geliebt. Ich sehnte mich nach Dir. Es ist vorbei, ich bin frei.
243
HEUTE IST EIN ERNSTER TAG Heute ist ein ernster Tag. Heute ist der Tag meines Todes. Heute wird es sein, ich weiß nicht wann. Minute um Minute sind wir heiter und gefasst. Ich habe nachgedacht, ob’s reichen wird bei mir. Ich tanze mit Dir, beste Freundin, den schönsten Tango. Gott, ich bitte Dich um Gnade. Noch einmal sagst Du: Tanze Deinen Lieblingstanz. Heute ist ein ernster Tag, heute ist der Tag meines Todes. Was habe ich schon getan? Ich war ein Schludrian, ein Idiot, Chaot.
244
Ich habe viel getobt und viel geschrien. Ich habe heiß geliebt und viel verzieh’n. Du weißt, ich war nie ein Pedant. Ich nahm es nie zu genau, wenn nur die Richtung stimmte. Heute ist ein sehr ernster Tag. Heute ist der Tag meines Todes.
245
ICH GEH’ NICHT MEHR IN JOHNNY MILLER’S BAR. Ich geh’ nicht mehr in Johnny Miller’s Bar und treffe Milly mit dem tizianroten Haar und all die anderen, die meine Sinne reizen und mein Herz erfreu’n. Ich lass’ den Wodka, Whisky, Gin. Ich geh’ nicht mehr zu Johnny Miller in die Bar. Ich geb’ schon zu, ich sehne mich nach Milly mit dem seidenweichen roten Haar. Du hast so manchen Tango, manchen Blues mit mir getanzt. Ich lasse Wodka, Whisky, Gin.
246
Ich geh’ am Morgen in’s Café. Da kommst Du, Milly, aus der Bar. Ich berühre Deine Hände und streichle Dein Gesicht und streiche durch Dein Haar. Du sagst, es sei nicht mehr wie früher. Du sagst, komm’ noch einmal Liebster heute Nacht. Lass’ uns den letzten Tango tanzen, bevor Johnny die Bar zumacht. Noch einmal glüh’n die roten Lichter, Tangos klingen durch die Nacht. Du schmiegst Dich an mich, als ob nichts gewesen wäre.
247
Ich spüre eine unendlich lange tiefe Liebe durch meine Einsamkeit. Zerronnen sind die Träume, Ihr schönen Frau’n dahin. Die Separées sind längst verschlissen. Du sagst: Ich bleib’ bei Dir für immer.
248
ZEITUNGSFRAU Seit Jahren, Monaten und Stunden hab’ ich Dich gesucht und in der Zeitung jetzt gefunden. Ich suchte eine Tangobraut. An die dreißig waren fleißig. Sie haben geschrieben, sie sind gekommen. Ich habe Dich genommen. Bitte normaler Abstand, benehmen Sie sich korrekt. Ja, ich schwör’s, ich hab’ es geschworen. Uno, dos, tres, quatro cinque, seis, siete, ocho, der Tango macht mit uns, was er will.
249
DER TANGO WIRD DICH Der Tango wird Dich verführen, am Ende wirst Du’s nicht mehr wissen. Dein Gesicht wird leuchten, hell sein, strahlen, funkeln, glühen und verbrennen. Wir werden in die Pampa reiten. Am frühen Morgen halten wir an. Ob Du willst oder nicht, wir sind schon längst verwoben, ohne Naht.
250
TANGO Tango, tetigi, tactus sum. Ich spüre Dich auf mit meinen Händen in der schwarzen Nacht und weiß Du bist es. Sag’ kein Wort, Sag’ kein Wort. In unserer Vergänglichkeit verlieren wir uns wieder und wieder. Ich spüre Dich auf mit meinen Händen in der schwärzesten Nacht. Ich halte Dich in meinen Armen. Niemals werde ich Dich fesseln, ketten. Ich spüre Dich auf mit meinen Händen in der schwärzesten Nacht. Ich halte Dich, in meinen Armen und Du sagst: Du, Du bist es.
251
TANGO ROSALIA Ganz leise spielt das Bandoneon, die Geige stimmt ganz leis’ und weh mit ein. Ich nehme Deine Hand, den Arm, fühle Deinen Körper unendlich nah an meinem. Wir brennen. Meine Haut ist Deine, Deine meine, grenzenlos, die ganze Nacht so warm und so heiß. Wir verschmelzen, bis wir ganz von Sinnen sind. Ganz leise spielt das Bandoneon, die Geige noch dazu, ganz in der Ferne, leise und zart. Das Bandoneon verstummt. Die Sonne rührt uns an.
252
Der Meerschaum leckt den Strand hinauf. Dir gehöre ich, Rosalia. Du, Du bist mir genug.
253
TANGO DE MARIA All mein Herz glüht in wilder Leidenschaft. Ich weiß nicht, wo ich bin, nicht, was ich tue. Mein Herz schlägt so schnell, mein Körper ist so heiß, daß ich nicht weiß, wohin ich gehen, fliegen, stürzen soll. Tango de Maria.
254
TANGO EVITA Heute tanzen wir den Tango namenlos, uns unbekannt und doch verbunden über tausend Jahre schon. Milde Nacht von Buenos Aires in der Avenida de Liberdades. Heute tanzen wir den Tango in der schönen Nacht. Unser Herz gehört uns, nur uns heute Nacht. Wenn das Bandoneon ganz leis’ verklingt, gehen wir alleine Hand in Hand, Arm in Arm, uns zugewandt namenlos noch, uns unbekannt.
255
HALLO MEINE LEHRERIN Hallo meine Lehrerin, noch einmal gehe ich in die Schule, lerne Wort um Wort, ich gehe, du gehst, er sie es geht, wir gehen, ihr geht, sie gehen. Ich sehe, du siehst, er sie es sieht, wir sehen, ihr seht, sie sehen. Hallo meine Lehrerin, ich wage von Dir zu träumen von Deinem blonden Haar, Deiner Hüfte, Deinem Kleid. Ich häng’ an Deinen Lippen, verwirrt und fassungslos. Dein schönes Kleid, die zarten Hände.
256
Mit Deinen Füßen stampfst Du auf und forderst Achtung. Aufmerksamkeit für ich gehe, du gehst, er sie es geht, wir gehen, ihr geht, sie gehen. Ich schau’ in Deine Augen, geh’ entlang den Ohren haft’ an deinem Mund. Ich sehe, wir sehen, ich stehe, wir stehen, ich drehe, wir drehen, ich fühle Deine Hände, ich ahne Deine Zärtlichkeit. Die Glocke läutet, mein Traum ist aus. Ich gehe, wir gehen zu mir nach Haus.
257
EINFACH NUR DA SEIN Einfach nur da sein. Nicht fahren, nicht gehen, Dich hören. Im warmen Nebel, mein Kopf auf Deiner schwarzen, nassen Brust. Wir träumen die gleichen Träume. Einfach nur da sein. Die Fingerkuppen gleiten sanft über die Lippen, Lider, Nasen, Wangen, Ohren. Der Meerschaum streicht am Fuß. Einfach nur da sein, nicht fortgehen, forteilen. Josefina. Du spürst den Choro, den Samba, den Tango schon in der Nacht, Fado und Saudade. 258
HOCHZEIT Sei munter mit mir, heute feiern wir ein Fest. Ein Fest des Stolzes. Choros werden wir spielen, Tangos in die Nacht. Die heitere Flöte lockt die schönen Mädchen herbei. Die Burschen springen im Trommelwirbel nach rechts, nach links. Die Harfe stimmt uns mild und heilig. Sei munter mit mir, heute feiern wir ein Fest. Ein Fest des Stolzes. Die Tanten und Omen, die Schwestern und Brüder, die Vettern und Basen, sie sitzen beim Lamm und stopfen vom Schwein. Dazu der schwere Rote, wir schenken ihn ein. 259
Es wirbeln die Trommeln, es wirbt die Flöte, es schmeichelt der Wind, da stürmen die Kinder vorbei an dem Rind. Sie schaufeln mit Löffeln vom Mus und vom Brei. Auch die Gevattern, die Alten sind längst schon dabei. Jetzt geht ein Kichern, ein Glucksen, ein Lachen. Jetzt wirbelt der Tanz, jetzt klingt ganz leis’ die verträumte Gitarre. Dann rasseln die Saiten und Kastagnetten. Pepe wirbt lechzend und wimmernd, klagend, feurig. Und Donna Maria, die hebt den Kopf und die Nase. Sie weinen und schluchzen die traurigen Lieder. Sei munter mit mir, wir feiern ein Fest.
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Ein Fest der Freude, des Stolzes. Da kommen die Nachbarn. Die Pfarrer, die frommen, sind herzlich willkommen mit Mythen und Weihrauch, mit Himmelsgeschichten, die sie den Frauen und Kindern erdichten. Die Bäuche sie schwellen, es wankt schon das Bein, wir sind schon berauscht und gurren und lachen. Jetzt her, Mariachis spielt schnell und noch schneller für Vettern und Basen, für Burschen und Mädchen, für Männer und Frauen, Gevattern und Kindern, für Pfarrer und Sünder, für Nachbarn und Freunde, für uns und die ganze Gemeinde. Komm, sei’ munter mit mir, wir feiern ein Fest des Stolzes.
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Der weiße Schleier weht noch einmal durch die Nacht. Ich küsse Dich zärtlich, Braut in Deiner Pracht. Die Sterne, sie fallen in Deine Hände. Die Nachbarn entschwinden, die Pfarrer, die frommen, die Burschen und Mädchen, die Vettern und Basen, Gevattern und Kinder, so wie sie gekommen. Die Feuer verglimmen, die Trompete, sie wimmert, die Geige, sie lechzt, die Gitarre, sie zittert. Die Sonne strotzt in kraftvollem Rot. Wir zurren die Mäntel, wir packen die Taschen und reiten davon. Komm’, sei munter mit mir. Wir feiern ein Fest, ein Fest, ein ganz wildes, bei Tag und bei Nacht. 262
DU WIRST SEHNSUCHT HABEN Du wirst Sehnsucht haben, wenn Du mich verläßt. Denn Du hast das Herz berührt, die Sinne, das Gezweig der Nachtigallen, den Enzian der Bernina, den pazifischen Sand von Todos los Santos, den Cirio Baum von San Francesco, das Tal Jahwes, die Türme von Borubodur, die Glitzerflächen der Osiris, die schwarzen Augen von Shiraz, die Tangos in der Pampa. Du wirst Sehnsucht haben, wenn Du mich verläßt. Denn Du hast das Herz berührt, die Augen und Visionen, die Muscheln der Ohren, den Klang der Nachtgitarre.
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Du wirst Sehnsucht haben, wenn Du mich verläßt und weinen. Du wirst Sehnsucht haben, wenn Du mich verläßt. Denn Du hast das Herz berührt und die Sinne, die Glut, den Langmut.
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ZU MÜDE Zu müde, um Tango zu tanzen, zu müde, um zärtlich zu sein, zu müde für den schönsten Flan, zu müde für die liebste Frau, zu müde meine liebsten Freunde, für Kreißler, Brahms, Bach. Zu müde die Augen zu öffnen, zu schließen, zu müde zu sterben, zu müde zu leben, zu müde, um Tango zu tanzen, zu müde.
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ICH SPÜRE, DASS DEIN HERZ AUF REISEN GEHT Ich spüre, daß Dein Herz auf Reisen geht. Du hast genug von mir, laß uns den letzten Tango tanzen. Ich will nicht mein Herz in Dich verlieren und betrogen sein, und taumelnd den Verstand verlieren. Ich hab’ es wahr mit Dir gemeint. Für Maskeraden ist kein Platz und keine Zeit. Ich hab’ versucht, von meinem Innersten zu geben. Du magst nicht, es tut mir leid. Ich spüre, daß Dein Herz auf Reisen geht. Du hast genug von mir. Du suchst schon einen anderen.
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Lass’ uns den letzten Tango tanzen, es wird Zeit. Ich möchte Dich nicht verletzen, aber auch nicht Opfer sein. Ich kann nicht „Liebste“ sagen, und „ich liebe Dich“ und nur so tun als ob. Vielleicht hab’ ich mich in die Falsche eingelassen, im Eingang mich verirrt. Wir wollen uns nicht zerstören, unwürdig miteinander sein, wenn wir uns nicht mehr zugehören, ist es besser, jetzt getrennt zu sein. Dann lass’ uns den letzten Tango tanzen, wir sagen uns adieu. Ich werde um Dich lange leiden, doch Maskeraden mag ich nicht mehr spielen. Ich hab’ es gut und ernst mit Dir gemeint.
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ICH FLEHE DICH AN Ich flehe Dich an, verbanne mich nicht auf die Intensivstation, bis zu meinem langsamen, erquälten Tod. Tu es nicht. Schwester Angelika, die mir die Magensonde füllt, Frau Dr. die Brillenschlange, die mir den Tubus prüft, Pfleger Johannes und Mister Monitor, die peinlichst bedacht sind, mein Herz nicht stehen zu lassen. Der Defibrillator liegt griffbereit unter meinem Bett. Der spitze Brillenanästhesist, der kurzsichtige, kann es nicht lassen, mich immer wieder und wieder zu beleben. Wäre ich mutiger gewesen, ich hätte Euch diese Jämmerlichkeiten erspart. 268
Und meinem Kardiologen und Operateur einige Peinlichkeiten und schwülstige Ausreden. Weil ich bekannt und wohlhabend war, gedachte man alles Erdenkliche für mich zu tun. Die Bastarde, sie wollten mit mir prahlen. In 50 % sei es immer gut gegangen. Alle mildtätigen Weiber beisammen, treibt keinen Schabernack mit mir. Er hatte Mitleid mit mir. Liebe Frau, geh’ nun nach Hause.
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Hol’ die Geschichten aus dem Schrank, die ich für Niklas, Lisa Maria, und Paul geschrieben habe. Dann kann ich endlich schlafen gehen. Lies nur, lies nur und sei freundlich mit den Enkeln.
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EIN JAHR IST NICHT GENUG Ein Tag ist viel zu wenig. Ein Jahr ist nicht genug für unseren Haß und unsere Liebe. Wir tauchen in die tiefste Tiefe und sehen alle unsere Häßlichkeiten, mit denen wir uns grob verletzen, wie wenn die Bösen die Hunde auf sich hetzen. Wir glauben schon, das Schiff bricht auseinander. Der Sturm ist zu bewegt. Wir zittern vor Verletzung und sind zutiefst erregt. Wir tauchen auf, die Sonne schmeichelt uns mit ihrem Licht, streichelt uns, umfängt uns mit Ihrer Güte. Du lächelst und ich muß lachen.
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Wir fassen’s nicht, warum haben wir uns so abgrundtief weh getan? Du schaust mich an und sagst komm mit, wir essen Brötchen, Butter, Marmelade, trinken Café und hören Piazzolla. Ich nehm’ Dich in den Arm. Wir drehen uns ganz leise. Du legst Dein Bein um meine Hüfte. Mir wird taumelig vor Glück. Wir treten in den Alltag und sind freundlich und haben Sehnsucht, die uns ganz verzehrt.
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Ein Tag ist viel zu wenig. Ein Jahr ist nicht genug, wie wir uns lieben und uns hassen und immer wieder zusammenfinden, so abgrundtief, so himmelhoch, brennt unsre Liebe, zerstört der Schmerz. Ein Jahr ist nicht genug, wie wir uns lieben. Café, Brötchen, Butter, Marmelade, sind kein bißchen fade. Wir hören Piazzolla. Ich nehm’ Dich in die Arme und drück’ Dich fest an mich. Wir wiegen uns schnell und stürmisch. Du legst Dein Bein um meine Hüfte. Tango, tactus sum. Ein Tag ist viel zu wenig, ein Jahr ist nicht genug, wie wir uns lieben.
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ICH WERDE NICHT ZUVIEL VON DIR VERLANGEN Ich lebte einen Augenblick, nein mehrere, in der Illusion, daß es Liebe wäre, was uns verbände. Ich berührte Deine Hände und Deinen zarten Mund. Daß ich Dich in Deinem Urgrund fände, wähnte ich für einen Augenblick. Du hast alle Türen fest verschlossen, läßt keinen Fußbreit mich hinein. Ich werde mich in mich vergraben. Niemals laut vor Deiner Türe schreien. Ich habe Dich für einen Augenblick gefunden und gefaßt und schnell verloren, so sehr hast Du mich mißverstanden und gehaßt.
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Ich will Dich noch einmal treffen bei Giorgos zu einer Tasse Tee. Ich werde Dir aus den Tangos lesen und tief durch Deine Augen schaun. Wir geh’n den langen, langen Strand, Deine Hand in meiner Hand. Die Brandung des Oceans wird über uns zusammenschlagen. Du wirst sagen: bitte drück’ mich, bitte lass’ mich, bitte drück’ mich, bitte lass’ mich, bitte drück’ mich fest an Dich.
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CHORO JOSEFINA Tang, Salz, Sand, Muscheln, schäumendes Meer, Gischt, weite Dünen. Spuren am Strand. Dich suche ich, Du bist schon fort, braune schöne Frau. Josefina.
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PASO DOBLE Paso doble durch die Nacht von Merida, schöne Mestizin, das wilde Feuer in Deinen Augen, die heimliche Sehnsucht nach Glück. Weißes Kleid voller Rosen, die Rose in Deinem schwarzen Haar. Lehrer auf dem Schiller-Gymnasium stöhnen: Welch ein Kitsch. Mein Bubi halt an! Weißt Du was es heißt: 40°, das Blut kocht, nur von Progresso ein kühler Wind?
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TANGO CHE GUEVARA DON QUICHOTTE Boujest, Du hast sie zusammengeführt, die Träumer, über die Jahrhunderte, wie gut sie miteinander sind, die die Welt besser machen, sie mit Hoffnung und Liebe und Wundern überfluten, die das Herz frei machen. Tango Che Guevara Don Quichotte
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ZU DEINEM GEBURTSTAG Zu Deinem Geburtstag keine Klamotten, kein Kaschmir, keine Seide, keine Klunker, keine Ketten. Heute ein Stück von mir: Liebe, Freiheit, Traum, Zärtlichkeit. Tango. Tango. Tango. Menschenwürde.
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FIKRIYE Als der Ring ins Glas gefallen war, da überschlug sich unser Glück. Du bist gütig mit uns umgegangen und hast uns nie allein gelassen. Mit Deiner Heiterkeit und Deiner Milde bist Du in uns eingedrungen bis zum letzten Augenblick. Nun ist alles anders. Wir wissen Dich in seinen Händen. Mit Deiner Seele wirst Du immer bei uns sein. Die Liebe wird nicht enden. Trotzdem sind wir ohne Dich allein.
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CAFÉ KEY WEST Café für den Geist, das Herz. Eine Tasse für eine Zeitung, eine Tasse für ein Gedicht. Key West, Habana, Bahia de Mexico, grünes Shellwasser, milder Atlantic. Ernest Hemingway, Mesoamericano, Floppy Joe, komplizierte Welt. Key West, Habana, zwei Cafés, zwei Rum hin und zurück.
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DIE SPUREN DES LEIDS – MARIA ARGENTINA Die Spuren des Leids gehen nicht an Deinem Gesicht vorbei. Sie sind eingeschnitten, eingegraben. Sie haben sich nicht verloren. Schwer sind Deine Lippen vor Trauer. Du sagst mir woher Du kommst und ich weiß, warum Du weinst. Die Lippen zögern zu lächeln. Ich schenke Dir Rosen und Tangoschuhe. Du fängst an zu weinen, Maria Argentina, zu zittern. Du hälst Dich fest an mir.
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Die Erniedrigung, die Scham, das Leid, wen kümmert’s schon? Maria Argentina.
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ICH MÖCHTE MIT DIR AM PAZIFIK WOHNEN Ich möchte mit Dir am Pazifik wohnen, in Todos Los Santos. Unser Leben ist gut, rein und schön. Zwischen den kräftigen Rosen, Kartoffeln, Orangen und Aprikosen steht unser Haus. Morgens kommt Juana, sie backt das Brot, sie schlachtet den Hahn, sie röstet den Kaffee, siedet die Milch. Ist das gut, Juana ist ein nettes Mädchen. Ob ich sie heirate? Gott bewahre, José und meine Freundin schlagen mich tot.
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Nachmittags gehe ich ins California zu Pedro, dann du Christina, Brahms Symphonie D-Dur, dann zu Sergio, ein paar Tapas, er malt heute. Verdammt gut. Da kommt der Padre. Er hat die Kinder gesegnet. Es wurde aber auch höchste Zeit. Der Hahn ist gerichtet. Ein tolles Fest: Pepe Gitarre, Juan die Trompete, Pedro Violine, Alfonso das Bandoneon. Welch ein Duft? Maria, schön bist Du heute. Du wirst nie älter.
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Juanita rassig. Die Terrasse ist voller Freunde. Die Nacht ist heiß. Wir schwitzen glücklich. Wind vom Pacifico. Pepe greift ans Herz. Er reißt den Mund auf. Verdammt, er stirbt. Er stirbt, mein bester Freund. Die Weiber heulen, schluchzen. Wir legen ihn auf den Tisch. Sprechen mit Gott, zu Gott für Dich. Verdammt, er ist tot. Juan trompetet den Tod in die Nacht. Das Meer zittert. Die Luft friert.
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Wir streicheln die Gitarre. Adios. Un Tango. Einen Tango spielen wir, singen wir. Langsam den Tanz der Sehnsucht, der ewigen Sehnsucht, stampfen, klatschen in die Hände. Das Dorf kommt. Der Padre kommt. Alle Kinder gesegnet. Es wurde Zeit. Mama drückt die Augen zu. Wir sprechen mit Gott. Gott hört uns. Wir singen den Tango, Tango der Sehnsucht über’s stille Meer.
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Das Meer zittert. Pepe sitzt neben Gott. Sieht verdammt gut aus. Keinen Doktor wollte er. Sieht verdammt gut aus. Ich möchte mit Dir in Todos Los Santos wohnen, am stillen Ocean.
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