Tatsachen 307
Ruud Brouver
Flammen über Texel
ISBN: 3-327-00447-1 1.Auflage © Militärverlag der Deutschen Demokratis...
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Tatsachen 307
Ruud Brouver
Flammen über Texel
ISBN: 3-327-00447-1 1.Auflage © Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik (VEB) - Berlin, 1987 Printed in the German Democratic Republic Lektor: Dr. Gertraud Golme Umschlaggestaltung: Karl Fischer Kartenzeichnung: Udo Krause
Der Sommer des Jahres 1964 zeigt sich auf Texel, Hollands größter Westfriescher Insel, früher als sonst. Strahlende Sonne, blauer Himmel und ein leichter Seewind lassen die Urlaubszeit ahnen. Im Westen lokken die urwüchsigen, romantischen Dünen entlang der Nordseeküste Jahr für Jahr Tausende an. Nur im Frühsommer, wenn die 25 Kilometer lange und 10 Kilometer breite Insel noch nicht von Touristen übervö lkert ist, sind in Strandnähe die wilden Kaninchen zu beobachten, wie sie im Dickicht aus Knüppelholz, Sanddorn und Brombeeren hin und her huschen. Einige Wochen später, wenn sich die Trampelpfade der Badelustigen kreuz und quer über die Heide, durch Dünen und Büsche ziehen, scheint hier die Tierwelt ausgestorben. Dann entschädigt nur die Aussicht ins Land, auf die bizarren Kiefern, schlanken Birken und ve reinzelten Gehöfte. In den Poldern weiden schwarzbunte Friesenkühe, und die unter alten Bäumen verborgenen Bauernhäuser laden zum Urlaub fernab vom Großstadtlärm ein. Sieben Dörfer zählt die Insel, das größte - Den Burg - ist zugleich das administrative Zentrum. Hier haben Bürgermeisterei, Post, Krankenhaus und die Polizei ihren Sitz. Die Einwohner, in der Mehrzahl Bauern und Fischer, sind aus Tradition religiös gebunden und dem Althergebrachten wortkarg verbunden. Obwohl die Saison noch nicht begonnen hat, drängeln sich im Hafen außerhalb des Dorfes Oude Schild die ersten Sonnenhungrigen von Bord der »Dr. Wagemaker«, dem Fährschiff aus Den Helder. Hektisch suchen sie nach Fahrmöglichkeiteh in den Norden nach Cocksdorp mit seinem Leuchtturm, zum Zeltplatz De Koog im Westen oder nur zu einem der Anwesen in der Umgebung. Frau Boon-Verberg bereitet die Zimmer vor. Nicht mehr lange, und ihre ersten Feriengäste in diesem Jahr werden kommen. Klopfen an der Haustür unterbricht die Bäuerin bei der Arbeit. »Truus, ein Einschreibebrief für dich!« Die Geste, mit der der Postbote den Brief übergeben will, mißlingt, als die Frau sich schnell noch die Hände an der Schürze abwischt. »Hier mußt du unterschreiben!« Jetzt, als er die Quittung auf den Küchentisch legt, bemerkt er die Veränderung, die mit Truus vor sich gegangen ist. Überrascht steht sie
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vor ihm, läßt den Brief langsam sinken und unterschreibt mechanisch die Quittung. Nur mit einem Kopfschütteln lehnt sie die angebotene Hilfe ab. Ein Brief aus der Sowjetunion, aus Tbilissi, nach so langer Zeit, an die nur der Ehrenfriedhof auf dem Hooge-Berg noch erinnert. Und nun aus heiterem Himmel eine Einladung zu einem Treffen mit den Überlebenden des 822. Georgischen Partisanenbataillons. Während sich die Frau langsam an den Küchentisch setzt, wird vor ihren Augen die Vergangenheit wieder lebendig. Sie sieht sich als Zwanzigjährige. Der faschistische Bürgermeister hatte sie als Sekretärin und Dolmetscherin verpflichtet. Dadurch war sie viel auf der Insel herumgekommen, hatte so manches gesehen und gehört. Erinnerungen werden in Truus lebendig, längst Verdrängtes wieder gegenwärtig ...
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Fremde Der eisige Nordost, der seit Wochen Holland erstarren ließ, hat sich über Nacht ein wenig gelegt. In aller Herrgottsfrühe haben sich am 6. Februar 1945 trotz der Kälte die Gäste des Inselkommandanten Major Breitner in der deutschen Hafenwache eingefunden. Offiziere der Wehrmacht, SS, holländische Faschisten und auch die junge Sekretärin des Bürgermeisters verfolgen, wie die »Dr. Wagemaker« an der letzten Tonne vorbei langsam mit der Flut in den Hafen einläuft. Kaum daß das Schiff festgemacht hat, gehen die Passagiere - feldmarschmäßig ausgerüstete Soldaten - von Bord. Noch während sich die Einheit auf dem streng abgeschirmten Hafenplatz ausrichtet, verläßt Major Breitner, seinen Gästen voran, das Wachgebäude. Bemüht, auf dem glatten, unebenen Pflaster nicht auszurutschen, tritt er vor die Front und erwartet die Meldung. Die erfolgt sofort. Die Hacken zusammenschlagend, den Arm zum Gruß hochgerissen, schnarrt der diensthabende Offizier: »Das 822. Georgische Infanteriebataillon zum Appell angetreten!« Unnahbar und mürrisch dankt der Major, läßt rühren und wirft sich in Positur. Er spricht von Wunderwaffen, vom schicksalhaften Endkampf und von den Opfern, die jeder zu bringen habe: Die Hände im Koppel verhakt, breitbeinig, den schweren Schädel nach vorn geneigt, kommt Breitner endlich zum Schluß. Nochmals erhebt er drohend seine Stimme: »Hier, Tausende Kilometer von eurer Heimat entfernt, werdet ihr keine Gelegenheit haben, zu den Feinden Großdeutschlands überzulaufen. Laßt es euch gesagt sein: Auf Verräter und Kommunisten wartet der Strick! Eine Kugel ist mir zu schade!« Mit einem durchdringenden Blick, ohne sich um die aufkommende Unruhe unter seinen Gästen zu kümmern, beendet der Major den Appell anläßlich der Verlegung des 822. Georgischen Infanteriebataillons nach Texel. Während sich die Soldaten auf den Marsch in die Unterkunft vorbereiten, beginnt für die Gäste Breitners der angenehmere Teil des Tages, ein kleines Kameradschaftsessen in der Residenz des Inselkom5
mandanten. PKWs der Fahrbereitschaft Den Burg rollen vor, eilfertig werden Türen aufgerissen. An der Straße von Oude Schild nach Den Burg versucht frierend Dr. Veenig, sein vorsorglich präpariertes Fahrrad zu reparieren. Wie immer, wenn er sich ärgert, murmelt und flucht der Arzt leise vor sich hin. Es war nicht das erste Mal, daß Keld er, der Leiter der örtlichen Widerstandsgruppe, zu ihm mit einem Auftrag in die Sprechstunde kam. Gestern hatte er ihm mit leiser Stimme befohlen, Stärke und Disziplin der zu erwartenden Einheit abzuschätzen. »Das Fährschiff ist nun schon vor mindestens drei Stunden eingelaufen, und ich stehe hier herum!« Vor sich hin knurrend, schaut der Arzt die Straße hoch und runter. »Kelder, du Bürokrat, wenn nicht bald was passiert, kannst du morgen dein blaues Wunder erleben. Ich kann doch nicht den ganzen Tag hier rumstehen, ohne aufzufallen!« Der Arzt zieht nervös seine Taschenuhr heraus und vergleicht die Zeit. Da endlich kommt das Bataillon anmarschiert, kräftige, stämmige Männer mit umgehängtem Karabiner in tadellosem Gleichschritt. »Na also, wieder ein Kosakenbataillon«, murmelt der Arzt, als er die Bezeichnung »Georgien« auf dem rechten Ärmel der Wehrmachtuniformen entziffert. Arme Hunde, denkt der Arzt. Kurz vor dem Verhungern aus deutschen Kriegsgefangenenlagern zusammengetrieben und zum Dienst in die Wehrmacht gepreßt. Man kann es sich kaum vorstellen: Zehntausehde sind in den Gefangenenlagern umgekommen, und die Deutschen, nicht nur die Faschisten, haben zugesehen. »Keine Sentimentalitäten«, ruft er sich selbst zurecht, »wer von denen, glaubst du, würde nicht auf dich schießen?« Was der ältere Herr, der am Straßenrand mit klammen Fingern an seinem Fahrrad baut, sieht, ist das 822. Georgische Infanteriebataillon. Wie er glaubt, eine Kolonne von Opfern, Feiglingen, Vaterlandsverrätern, Entwurzelten und überzeugten Faschisten. Was er nicht sieht, nicht sehen kann, sind die Genossen des 822. Georgischen Partisanenbataillons, die in der verhaßten Uniform der Landesverräter an ihm vorbeiziehen -zum Äußersten entschlossen. Die Geschichte des Bataillons reicht bis zum Sommer 1942 zurück,
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als plötzlich in den faschistischen Gefangenenlagern spezielle Kommandos auftauchten und unter den gefangenen Soldaten der Roten Armee die Georgier aussonderten, um sie zum Dienst in deutscher Uniform zu pressen. Obwohl selbst der Erschießung nur durch Zufall entkommen, waren es die Kommunisten, die in dieser Situation, völlig auf sich gestellt, ihre Mitgefangenen wiederaufrichteten. Sie schlichteten den Streit um den letzten Kanten Brot. Sie isolierten mögliche Verräter, hielten Schwätzer abseits, testeten Verschlossene und zogen Schwankende vorsichtig he ran. Im Ausbildungslager Radom bestand die junge Parteigruppe gleich nach ihrer Gründung die erste Bewährungsprobe. Nichts, weder doppelter Sold, Sondervergünstigungen, Zusatzrationen an Schnaps und Zigaretten noch Abschußprämien, nichts wirkte, als für die Partisanenjagdkommandos geworben wurde. Nur einige wenige - Haltlose und Kriminelle - folgten den Werbern. Dafür fehlten eines Morgens 18 Mann; eine ganze Barackenbelegung war geschlossen mit ihren Waffen in die Wälder zu den polnischen Partisanen gegangen. Nach der Ausbildung in Radom kam der Atlantikwall in Frankreich. Dort, im Lager Dax in der Nähe von Bordeaux, begann die Parteileitung, das Bataillon systematisch auf den Kampf gegen die Faschisten vorzubereiten. Über jeden mußte Klarheit gewonnen werden. Der bevorstehende Kampf duldete keine Halbheiten. Von Frankreich aus wurden sie nach Holland verlegt. In Zandvoort, der ersten Station auf niederländischem Boden, hatten die georgischen Genossen Kontakt zur Widerstandsbewegung in der Stadt Haarlem aufgenommen. Gemeinsam mit holländischen Kommunisten wurde eine illegale Zeitung in georgischer Sprache herausgegeben. Auf Bitte der Parteileitung ließen die Holländer nahezu 50 Georgier im Gewirr der Großstädte untertauchen, um sie vor der Gestapo in Sicherheit zu bringen. Die Haarlemer Gruppe des »Raad Van Verzet« (Widerstandsrat) erhielt heimlich aus den Lagern des 822. Georgischen Infanteriebataillons Waffen, Munition, Medikamente und Lebensmittel. Die holländ ischen Widerstandskämpfer ihrerseits erschlossen den Georgiern den Funkweg nach Großbritannien.
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Im Sommer 1944 übermittelte London Signale, die das Zusammenwirken der Georgier mit den britischen Sturmtruppen bei der Anlandung in Zandvoort und dem Vorstoß auf Amsterdam koordinieren sollten. Daraufhin wurde auf Beschluß der Parteileitung das 822. Georgische Partisanenbataillon gebildet. Aber auch die andere mögliche Kampfform, der geschlossene Übertritt des Bataillons zu den Alliierten, wurde mit der holländischen Widerstandsbewegung vorbereitet. Jetzt, im Februar 1945, wurde das Bataillon unerwartet nach Texel verlegt. Alle Verbindungen zerrissen, die Hoffnung auf baldige Befreiung ist zunichte geworden ... An der Spitze marschiert der 40jährige Zugführer Leutnant Loladse an dem Arzt vorbei. Sjalwa Loladse, Kommunist, Geschwaderkommandeur, Hauptmann der Roten Armee, 1941 bei den Kämpfen in der Ukraine abgeschossen. Er ist der geheime Kommandeur des Partisane nbataillons. Das Bein leicht nachziehend, folgt Soldat Artimidse, der Sekretär der illegalen Parteigruppe und Kommissar des Bataillons. Seiner klugen und umsichtigen Arbeit ist es zu verdanken, daß mit den apathischen, dem Hungertod nahen Kriegsgefangenen eine kampfentschlossene Parteigruppe aufgebaut werden konnte. Nicht weit von ihm der Obergefreite Darzemedlidse, ebenfalls Mitglied der KPdSU, einer der aktivsten beim Aufbau der illegalen Gruppe. In Zandvoort liefen über ihn die Verbindungen zur örtlichen Widerstandsgruppe, zur Haarlemer Gruppe des Raad Van Verzet. Im Grau der Vorbeiziehenden gehen Genossen, die monatelang unter ständiger Lebensgefahr die vorgesehene Stelle der englischen Seela ndung und die Marschstraßen in Richtung Amsterdam aufklärten, die jeden Bunker mit seinem Schußsektor, jedes Minenfeld mit seinen Gassen, jede Stacheldrahtsperre und die wichtigsten Orientierungspunkte in eine erbeutete Generalstabskarte der Küste um Zandvoort einzeichneten. Unter ihnen der Unteroffizier Silosani mit seiner Gruppe. Sie waren es, die nachts unter den Augen der faschistischen Wachsoldaten in die am Tage angelegten Minenfelder Gassen schlugen. Aber in der gleichen Uniform marschieren auch überzeugte Faschi-
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sten, »Volksdeutsche« aus Schlesien und Siebenbürgen, ziehen auch Feinde der Sowjetunion, weißgardistische Kosakenoffiziere, Verräter und miese Zuträger vorbei.
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Gefährliches Gespräch Am Tisch, unmittelbar neben dem Fenster, wird schweigend gewartet, bis die Ordonnanz abgeräumt und den Aschenbecher gebracht hat. Der hübschen Truus, der Bürgermeisterssekretärin, kommt die Pause gelegen. Bisher hat ihr Chef sie wie ein kostbares Stück seiner Sammlung jedem gezeigt, aber niemandem erlaubt, ihr zu nahe zu kommen. Heute, kaum war das Essen vorbei, entschuldigte er sich und mischte sich unter die Gruppe um Major Breitner. Zum ersten Mal ließ er sie allein. Sollte sie in Ungnade gefallen sein? Mißtrauen? Wohl eher ein einfacher Kuhhandel. Der Hauptsturmführer neben ihr wird ihm zu verstehen gegeben haben, daß er schon viel zu lange an diesem Tisch klebe. Als Bürge rmeister habe er allen Gästen gegenüber Verpflichtungen. Schade, schließlich braucht sie Angaben über die Georgier. Ob ihr Tischherr Näheres weiß? Ein teuflisch-gefährliches Spiel, wenn sie direkt fragen muß. Geht es schief, kann ihr keiner helfen, und das so kurz vor Kriegsende! »Sagen Sie, Hauptsturmführer«, sie himmelt ihn an, »sagen Sie bitte, der Herr Kommandant sprach vorhin beim Appell doch von Kommunisten, oder habe ich ihn da falsch verstanden?« »Aber mein Fräulein«, galant bietet er ihr eine Zigarette an, reicht Feuer, »Sie brauchen sich doch deshalb nicht zu beunruhigen. Schließlich sind wir doch da! Noch ein Glas Wein?« Er wartet ihre Zustimmung erst gar nicht ab, sondern winkt eine Ordonnanz heran. »Major Breitner hatte durchaus recht, als er mit dem Strick drohte. Ein bißchen ungeschickt, er hätte die Deutschen vorher wegtreten lassen sollen. Den Georgiern, es sind ja eigentlich Kriegsgefangene, muß man tagtäglich Dampf machen, sonst spuren sie nicht!« Eigentümliche Person. Er kann sich nicht erinnern, jemals mit einem Mädel solche Gespräche geführt zu haben. Bei ähnlichen Gelegenheiten hatten seine Damen immer ganz andere Interessen. »Nun sagen Sie mir 10
bloß noch, warum Sie das alles wissen wollen. Es ist doch auf keinen Fall ein Thema für eine so reizvolle junge Dame!« Es soll locker klingen, seine Augen aber bleiben kalt und mißtrauisch. »Nach dem Sieg will ich Geschichte oder Rassenlehre studieren!« Sie sieht ihn schwärmerisch an. »Da werde ich mich natürlich besonders dieser großen Zeit, in der wir leben, widmen. Daher meine Neugier. Sollte ich Dienstgeheimnisse berühren, bitte ich schon im voraus um Entschuldigung!« Himmel, so eine naive Gans, so etwas kann es nur auf dieser Insel geben. Sein Mißtrauen schwindet in dem Maße, wie sein Überlegenheitsgefühl wächst. »Wissen Sie«, er nimmt den Faden wieder auf, »das Bataillon besteht zu zwei Dritteln aus Georgiern, die anderen sind Deutsche. Diese, wie auch die Offiziere des Bataillonsstabes, sind speziell ausgesucht wo rden, Mitgliedschaft in der NSDAP und Ostfronterfahrung waren Vorbedingung! Die anderen Offiziere sind eine Truppe für sich. Söhne russischer Emigranten wie Oberleutnant Indscha oder direkte Feinde der Roten, manchmal auch Kriminelle. Jedenfalls Ausschuß, auf keinen Fall mit uns Deutschen gleichzusetzen, wenn sie es auch liebend gerne sehen würden.« Die Naivität des Mädels, der Wein und das prickelnde Gefühl des Tanzes auf dem Vulkan, alles trägt dazu bei, daß der Hauptsturmführer heute besonders gesprächig ist. »Sie hätten die Georgier sehen müssen, als wir sie aus unseren Kriegsgefangenenlagern kurz vor dem Verrecken herausholten. Wracks, konnten schon nicht mehr sprechen und fraßen ihren eigenen Dreck. Völlig apathisch, waren eigentlich schon tot. In einem Sonderlager haben wir ihnen erst mal wieder zu fressen gegeben, haben sie gewaschen und gesund gepflegt. Als die Bande wieder bei Kräften war, da kamen wir.« Der SS-Mann prüft, wie seine Schilderung wirkt. Die Kleine läßt sich kein Wort entgehen, ist ja richtig Feuer und Flamme. Erstaunlich, aber keinesfalls unübel! »Jeder einzelne mußte 10 Schritt vortreten und die Frage beantworten, ob er an der Seite der Wehrmacht, als Soldat der Georgischen Legion
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bereit sei, gegen die Rote Armee zu kämpfen. Aber keine Erklärungen, nur ein klares Ja oder Nein. Obwohl die ersten, die ablehnten, sofort erschossen wurden, gab es noch genügend, die nicht wollten.« Hastig greift er zum Glas. »Aus denen, sie sich für uns entschieden hatten, wurden bei Radom in Polen Soldaten gemacht. Vorgesehen war, sie nach der Ausbildung gegen Partisanen einzusetzen. Aber das entfiel, als eines Morgens 18 Mann mit ihren Waffen in die Wälder zu den Polen getürmt waren. Anstatt den Rest einfach zu erschießen, mußten wir uns weiter mit der Bande abquälen. Sie wurden nach Westen, zum Bau des Atlantikwalles, verlegt. Schließlich waren sie noch immer zuverlässiger als die örtlichen Zwangsarbeiter. Außerdem waren sie ausgebildete Soldaten.« Als er wieder zum Glas greifen will, drückt die Sekretärin seine Hand fest. »Hauptsturmführer, bitte erzählen Sie weiter. Das haben Sie doch alles selbst erlebt, nicht wahr?« »Denken Sie vielleicht, ich bin ein Etappenhengst?« Weinschwere Entrüstung liegt in seiner Stimme. »Nein, nein«, großmütig wehrt er die Unterschätzung ab, »immer vorneweg, immer mit dabei, schon von Anfang an!« »Dann sind Sie ja wie ein Taufpate, kann man das im Deutschen sagen?« Sie sieht ihn fragend an. Jedenfalls wenn er weitertrinkt, wird er wohl kaum ausplaudern können, warum die Georgier nach Texel verlegt wurden, aber gerade das will sie erfahren. »So kann man es durchaus sehen!« Etwas sauertöpfisch setzt er seine Erzählung fort. »Es sind keine schlechten Soldaten, aber irgendwie unzuverlässig, kein germanisches Blut, Asiaten. In Zandvoort müssen sie Feindkontakt gehabt haben. Bloß beweisen konnten wir es nie; unser V-Mann - war beim Minenverlegen in die Luft geflogen. Na, jedenfalls haben wir die Bande einfach geschnappt und über Nacht nach Texel verlegt. Verlassen Sie sich darauf, noch irgendein kleiner Vorfall, und unsere Geduld ist zu Ende. Wir werden jeden an einen Laternenpfahl, die ganze Straße von Oude Schild nach Den Burg, aufhängen!« Bevor der Hauptsturmführer weiterreden kann, tritt eine Ordonnanz an
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den Tisch und meldet: »Im Arbeitszimmer des Herrn Major ist ein Telefongespräch für Sie angekommen.« Der SS-Mann steht auf, entschuldigt sich bei seiner Tischdame, und betont aufrecht schlängelt er sich durch die Tischreihen. Erschöpft tritt Truus aus dem Haus, nickt dem Posten zu, atmet die frische Seeluft tief ein und geht ein paar Schritte in den anbrechenden Winterabend, bevor sie wieder in den Saal zurückkehren muß.
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Enttäuschung Kelder, offiziell Gehilfe im Bürgermeisteramt, illegal Leiter der örtlichen Sektion der BS - der Binnenlandse Strijtkrachte (Innere Streitkräfte) -, hat sich in den Aktenkeller zurückgezogen. Er muß nachdenken. Seit im Herbst die Offensive der Westalliierten steckengeblieben ist, hat sich die Lage in Holland rapide verschlechtert. Die Großstädte liegen in Agonie; kein Strom, keine Lebensmittel, kein Heizmaterial. Nachdem die deutschen Besatzer Lebensmitteltransporte verboten haben, sterben die Menschen zu Tausenden. Dazu Tag und Nacht Razzien auf Männer zwischen 16 und 50. Mehr als hunderttausend sind schon nach Deutschland zur Zwangsarbeit weggeführt worden. Geiselerschießungen auf offener Straße, Partisanenjagdkommandos auf dem Lande. Zehntausende versorgt die Widerstandsbewegung im Untergrund, und alle brauchen Lebensmittel, Papiere, Medikamente. Kelder schüttelt sich, allein der Gedanke ist schon Alptraum genug. Aber wie soll er sich verhalten? Vielleicht mit der Waffe in der Hand durch Texel schleichen und auf die Deutschen schießen? Das Einwo hnermeldeamt in die Luft sprengen oder die Telefonkabel der Kommandantur zerschneiden? Natürlich, der Raad Van Verzet hat sich wie die anderen landesweit operierenden Widerstandsgruppen im September 1944 unter einem einheitlichen Oberkommando zu den Binnenlandse Strijtkrachte zusammengeschlossen. Der Eintritt der Bürge rmeistersekretärin unterbricht seine Gedanken. Noch in der Tür beginnt sie ihm mitzuteilen, was sie über das georgische Bataillon in Erfahrung gebracht hat. »Schon gut, schon gut«, Kelder unterbricht sie, »nur das Wichtigste, keine Deutungen, präzise, wenn ich bitten darf!« Ohne Zwischenfragen zu stellen, wartet Kelder, bis sie geendet hat. »Wie, meinst du, sollen wir uns verhalten?« Kelder will Truus' Ansichten herausfordern. »Sollte der Hauptsturmführer die Wahrheit gesagt haben, müßten wir mit den Russen Verbindung aufnehmen«, antwortet sie ohne Zögern. 14
»Ich würde sogar vorschlagen, daß wir die initiative ergreifen! Sie werden unsere Hilfe brauchen und können uns vielleicht auch irgendwie unterstützen!« Sie sieht Kelder, der aufgestanden ist und zwischen den Regalen hin und her läuft, fragend an. Kelder lächelt dünn vor sich hin. Die Georgier sind also nicht nur ein paar Feiglinge, die sich zu Kriegsende ein Alibi verschaffen wollen. Das sind Kommunisten, und seit sie in Holland sind, haben sie offenbar mit den hiesigen Umstürzlern zusammengearbeitet. »Mein liebes Kind, du mußt noch viel lernen«, versucht er die Jüngere zu beschwichtigen, als er ihre heftige Reaktion sieht. »Wie stellst du dir eigentlich Holland vor, wenn nach der Befreiung die Kommunisten die Macht übernähmen? Ein kommunistischer Bürgermeister auf Texel alles würde zusammenbrechen, unsere ganze Ordnung wäre dahin. Ich jedenfalls lehne eine Zusammenarbeit mit den Russen ab.« »Aber das sind doch Menschen, die unsere Hilfe brauchen, die wir vor den Faschisten schützen müssen. Der SS-Mann meinte es ernst, als er vom Aufhängen sprach!« Kelders Äußerungen haben die Zwanzigjährige tief erschüttert. Bisher war sie davon überzeugt, daß im Kampf gegen die Besatzer weder Weltanschauung noch Religion zählten, daß es nur ein Für oder Gegen die Faschisten gebe. Kelder irrt sich, muß sich irren. So können nicht alle denken. Langsam geht sie zur Tür. Mit diesen Tönen muß sie erst fertig werden.
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Die Entscheidung Die Tage auf Texel beginnen für die Georgier, wie sie in Zandvoort endeten. Mit stundenlanger Gefechtsausbildung werden sie nach allen Regeln geschliffen. Die Faschisten wollen sie auf diese Art zu willfährigen Werkzeugen machen. In ihrer knapp bemessenen Freizeit oder bei anderen sich bietenden Anlässen versuchen die Genossen des Bataillons, Verbindung zur Widerstandsbewegung auf Texel zu knüpfen. Vergebens. Die Widerstandsbewegung hüllt sich in Schweigen, gibt sich nicht zu erkennen. Wo immer die Georgier ansetzen, mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen, stoßen sie auf eine Mauer voller Mißtrauen und Ablehnung. »Sjalwa«, wendet sich Artimidse besorgt an Loladse, »so geht es nicht weiter. Was wir auch anstellen, wir finden keinen Kontakt zur BS. Uns bleibt nur der Weg über Haarlem. Vielleicht können wir dort eine Kontaktadresse und Parole erfahren!« »Du mit deinen Kontakten«, Loladse ist ungehalten. »Wozu sich noch in letzter Minute der Gefahr aussetzen, daß die Gestapo eindringen kann? Wozu Kontakte zu einer Gruppe, die keiner von uns bisher bemerkt hat? Wenn die Alliierten wieder in die Offensive gehen, werden wir sowieso aufs Festland verlegt und dort gegen die Engländer eingesetzt.« »Hör auf, Kommandeur, du weißt genau wie ich, daß der Kontakt zur Bevölkerung lebenswichtig ist. Wir brauchen ihn, und zwar schnell!« Der Kommissar will die kostbare Zeit nicht mit Grundsatzdiskussionen vertun. »Am besten, wir schicken jemanden zu unserem Nachkommando im Beverwijk; die letzten Kilometer bis Haarlem wird er sich schon durchschlagen. Den Marschbefehl und die anderen Papiere besorge ich. Du müßtest dich kurzfristig um Stempel und Unterschrift kümmern!« Die Vorbereitungen sind schnell getroffen. Bald kann sich ein georgischer Genosse auf den Weg nach Haarlem begeben, um die abgerissenen Verbindungen wieder zu knüpfen. Der Hinweg ist abenteuerlicher, 16
als ihm lieb ist. Unverhoffte Kontrollen,der Kettenhunde und britische Jagdbomber, die aus dem Nichts auftauchen und auf alles schießen, was nach Wehrmacht aussieht. Zudem noch die Holländer. Schon seit Den Helder interessieren sich Widerstandskämpfer für den einzelnen Soldaten, der in voller Montur und bewaffnet durch die Dörfer marschiert. Ein präziser Stich, ein kurzer Schlag, und es gäbe einen Feind weniger und eine Waffe mehr ... Nur die Furcht vor Repressalien läßt sie zögern. Erst kürzlich hat die Gestapo mehrere Widerstandsgruppen aufgerollt. Es gibt also kaum einen ungünstigeren Moment, um nach Kontaktadressen auf Texel zu fragen. Trotzdem, schon zwei Tage später kann der Kurier Adresse und Parole auswendig lernen. Bald darauf bekommt eines Abends, kurz vor der Sperrstunde, der Blumenzwiebelzüchter Keijser in der Nähe von De Koog georgischen Besuch ... Danach verbessert sich das Verhältnis der Inselbevölkerung zu den Georgiern spürbar. Besonders der Arzt Dr. Veenig, trotz seiner brummigen Art, und die Bürgermeisterssekretärin flößen ihnen Vertrauen ein. In ihrer Nähe fühlen sich die Fremden weniger verlassen. Dennoch gibt es grundsätzliche Unterschiede zu der Widerstandsbewegung in Haarlem. Hier auf Texel sind die Binnenlandse Strijtkrachte stark konservativ ausgerichtet. Kommandant Kelder hält nach wie vor Abstand, läßt sich über Dritte informieren. Im stillen rechnet er fest damit, daß diese Fremden ebenso problemlos wie ihre Vorgänger - armenische Kriegsgefangene - von der Insel verschwinden werden. Ende März 1945 atmet Holland auf: BBC London hat die Wiederaufnahme der im September 1944 unterbrochenen Offensive bekanntgegeben. Britische und US-amerikanische Truppen forcieren die Flüsse und stoßen nach Osten und Norden vor. Im östlichen Teil Hollands beginnt das 1. Kanadische Armeekorps mit seiner Offensive zur Befreiung Ho llands. Der Krieg im Westen ist in seine Endphase getreten. Auf Texel verdichten sich die Gerüchte, daß ein Einsatz von Teilen des 822. Georgischen Infanteriebataillons gegen die angreifenden Kanadier bevorsteht. Schon bald ist es ein offenes Geheimnis - 300 bis 400 Mann sollen an die Front geworfen werden. Als am 4. April Arbeits-
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kommandos des Bataillons unverhofft Waffen und Munition im Hafen entladen müssen, ruft Genosse Artimidse das Parteiaktiv zusammen. In einem abgelegenen Holzhaus, dem Heimatmuseum der Insel, findet die Beratung über die neue Lage statt. Gespannte Aufmerksamkeit umgibt den ehemaligen Deutschlehrer. Ohne Kommentar erteilt er als erstem Konstantin Darzemedlidse das Wort. »Zur Frontlage.« Darzemedlidse ist aufgestanden und vorgetreten. »Die Rote Armee steht an der Oder, siebzig Kilometer von Berlin entfernt. Im Westen haben die Alliierten Ende März ihre Offensive wiederaufgenommen und den Rhein forciert. Während die Briten und Amerikaner nach Deutschland vorstoßen, vernichten die Kanadier die Wehrmacht in Holland!« Darzemedlidse wendet sich der großen Karte zu, die in friedlichen Zeiten dem Besucher des Museums über die Geographie der Niederlande informierte. »Zur Zeit finden«, der Zeigestock, ein altes Holzlineal, tippt auf die östlichen Provinzen, »die Hauptkämpfe hier statt. Die Kanadier stoßen nach dem Norden zur Küste des Wattenmeeres vor, um so den Deutschen den Rückzug aus der >Festung Holland< zu verlegen. Es ist zu erwarten, daß sie in einigen Tagen nach Westen abdrehen und die Grebbe-Linie, das Tor zu den westlichen Landesteilen, angreifen!« Das Lineal zeigt auf ein hügeliges Gelände im zentralen Teil des La ndes. »Dann wird auch die Landung bei Zandvoort mit dem Vorstoß auf Amsterdam erfolgen.« Darzemedlidse schweigt, überlegt, ob er etwas vergessen hat, und nickt dem Parteisekretär zu. »Genossen, nun zum eigentlichen Thema.« Artimidse sieht sich um. »Wir müssen unser weiteres Vorgehen präzisieren. Jedem von euch wird die Hektik im Stab aufgefallen sein. Unser Einsatz steht eindeutig bevor! Der Termin ist auch bekannt, da die >Dr. Wagemaker< auf Befehl Breitners am 6. April um 7.00 Uhr abfahrbereit im Hafen liegen soll. Jedoch, Genossen, alle Anzeichen sprechen dafür, daß nur ein Teil von uns, etwa 300 Mann, zum Einsatz kommen. Die anderen sollen auf Texel als Geiseln der Faschisten verbleiben. Laufen unsere Genossen an der Front wie geplant zu den Alliierten über, wird der Rest hier ermo r-
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det. Ich sehe daher keinen anderen Weg, als euch den bewaffneten Aufstand vorzuschlagen: die Insel im Handstreich erobern und sie bis zur Befreiung verteidigen!« Die Anwesenden sind erregt. Endlich ist es soweit, endlich kann der Kampf gegen den verhaßten Feind beginnen. Endlich wieder als Mensch atmen, und sei es nur in den letzten Stunden des Lebens. Rache für das Gefangenenlager, für die sadistischen Quälereien. Rache für die namenlosen Kameraden, die diesen Tag nicht mehr erleben können ... Alle Genossen, manche hitzig, andere bedächtig, sprechen sich für den Aufstand aus. Es gibt gar keine andere Möglichkeit. Keiner will sein Leben auf Kosten des anderen retten. Atemlose Stille herrscht im Raum, als sich Genosse Loladse, der Kommandeur, zu Wort meldet. »Zur Situation auf Texel«, die Stimme des Berufsoffiziers ist sachlich, emotionslos. »Gegenwärtig befinden sich auf der Insel fünfhundert deutsche Soldaten. Sie sind konzentriert in Den Burg, im Süden der Insel um den Wasserflugzeughafen De Mok, im Hafen Oude Schild und in Texla. Kriegsmarine hält die Bunkeranlage der Nord- und der Südbatterie, die Wehrmacht den Bunkerkomplex am Cocksdorper Leuchtturm ständig besetzt. Alle diese Bunkeranlagen sind in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Nachrichtenverbindungen mit dem Festland bestehen vom Postamt in Den Burg. Im Fernsprechnetz der Kommandantur existieren Verbindungen zu allen wichtigen Objekten der Insel. Es ist zu vermuten, daß außer in Texla auch die Nord- und die Südbatterie über Funkgeräte ve rfügen. Uns sind auf der Insel dreißig holländische Faschisten bekannt; sie besitzen jedoch keine Waffen. Die hiesige Widerstandsbewegung ist nicht zu einem Kampf bereit. Deshalb können wir nicht mit organisierter Hilfe rechnen. Unterstützung erwarte ich dagegen von den Briten. Unsere Zusammenarbeit mit ihnen war, soweit ich das beurteilen kann, in Zandvoort gut. Nicht umsonst haben sie uns die Signale übermittelt.« Loladse kommt nunmehr zum Aufstandsplan. »Alle Vorbereitungen laufen unter der Bezeichnung >Tag der GeburtJoan Hodson< stationiert. Obwohl es seit vier Jahren nicht mehr eingesetzt werden durfte, hat der Besitzer es immer gepflegt und fahrbereit gehalten. Lassen Sie die Schienen der Schlippanlage aus dem Schwemmsand ausgraben und fahren Sie nach England, um dort über den Aufstand zu informieren.« »Wie bitte?« Loladse glaubt, nicht richtig verstanden zu haben. »Mit einem Rettungsboot nach England? Wie weit ist denn das?« Auch Artimidse ist skeptisch. Für die an das Hochgebirge gewöhnten Männer ist das Meer etwas Unheimliches.
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»Na ja.« Dem Holländer entgeht die Verwirrung der beiden nicht. »Na ja, es werden schon so an die 250 Kilometer sein. Wenn die See sich hält, sind Sie ungefähr in 24 Stunden in England!« »Und wenn sie sich nicht hält, was dann?« Die umstehenden Holländer, alle mit der Nordsee vertraut, wissen, wieviel Mut dazu gehört, eine solche Fahrt im Frühjahr zu beginnen und unbeschadet in England anzukommen. Aber sollten sie das den Georgiern erzählen, jetzt, wo jede Minute zählt? »250 Kilometer Nordsee sind immer ein Risiko. Plötzliche Frühjahrsstürme, tagelanger Nebel und jetzt im Krieg noch die Schnellboote, die Treibminen. Alles ist möglich! Aber was soll's, es muß eben gewagt werden! Das ist die einzige Chance.« Loladses und Kelders Einverständnis vorausgesetzt, will der Funker noch heute mit dem Besitzer sprechen. Schließlich einigt man sich. Die Holländer stellen die Besatzung und den Kommandanten des Rettungsbootes, vier Georgier werden mitfahren. Gegen 16 Uhr haben die Faschisten ausreichend Kräfte und Material angelandet, so daß sie zum Gegenangriff auf Den Burg übergehen können. Zwanzig Minuten feuert die Artillerie. Nord- und Südbatterie, Festungsartillerie aus Den Helder, Infanteriebegleitgeschütze. Mehr als 1800 Granaten aller Kaliber schlagen in dem Dorf ein. Danach gehen Marinesoldaten und die Fallschirmjäger zum Sturmangriff vor. Haus um Haus werden durchkämmt. Gefangene Georgier werden sofort an Ort und Stelle getötet, verdächtige Holländer für das Standgericht in De Mok zusammengetrieben. Schrittweise muß sich das 822. Georgische Partisanenbataillon aus Oude Schild, Den Burg, Texla zurückziehen. Während die Angriffe der »Hermann-Göring«-Division westlich und nördlich Den Burg abgeschlagen werden, errichten im wiedereroberten Teil der Insel die Okkupanten die alte Ordnung. Den Einwohnern wird befohlen, die Georgier auszuliefern. Wer den Aufständischen Hilfe erweist, wird erschossen, sein Haus niedergebrannt. Die faschistische Bestie tobt sich aus. Im Krankenhaus wird das holländische Pflegepersonal mit Gewehrkolben traktiert, die verwundeten Georgier noch auf ihrem Lager erschossen. Sechs 26
Georgier noch auf ihrem Lager erschossen. Sechs schwerverletzte Aufständische werden von SS hinter die Mülltonnen des Hilfskrankenha uses gezerrt und dort umgebracht. Und immer wieder fahren LKWs mit Holländern nach De Mok, zur Todesfabrik ... Im Verlaufe des 7. April löst sich Loladses Bataillon in Gerritsland von der Division >Hermann Göring