Florian Andreas Bischoff
Explizit korrelierte quasirelativistische Wellenfunktionen
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Florian Andreas Bischoff
Explizit korrelierte quasirelativistische Wellenfunktionen
Florian Andreas Bischoff Explizit korrelierte quasirelativistische Wellenfunktionen
Explizit korrelierte quasirelativistische Wellenfunktionen von Florian Andreas Bischoff
Dissertation, Universität Karlsruhe (TH), Fakultät für Chemie und Biowissenschaften, Tag der mündlichen Prüfung: 10. Juli 2009
Impressum Universitätsverlag Karlsruhe c/o Universitätsbibliothek Straße am Forum 2 D-76131 Karlsruhe www.uvka.de
Dieses Werk ist unter folgender Creative Commons-Lizenz lizenziert: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/
Universitätsverlag Karlsruhe 2009 Print on Demand ISBN: 978-3-86644-399-0
Danksagung Zu Beginn der Arbeit mochte ¨ ich mich besonders bei Wim Klopper bedanken, unter dessen Aufsicht ich promovieren durfte. Er hat mir sehr viel wissenschaftliche Freiheit gegeben und hatte immer einen Rat wenn ich Fragen hatte. Sein großes Vertrauen weiß ich sehr zu wurdigen. ¨ ¨ Bedanken mochte ¨ ich mich ebenso bei Florian Weigend fur ¨ die Ubernahme des Korreferats. Bei Edward Valeev mochte ¨ ich mich bedanken fur ¨ die Moglichkeit, ¨ bei ihm einige Zeit in Blacksburg zu arbeiten. Fur ¨ die große Unterstutzung ¨ bei der t¨aglichen Arbeit schulde ich ebenso David Tew und Christof H¨attig viel Dank. Bei allen habe ich sehr viel gelernt. Allen derzeitigen und ehemaligen Mitgliedern der Arbeitskreise der Theoretischen Chemie mochte ¨ ich danken fur ¨ die schone ¨ Zeit, die ich hier verbringen durfte. Im Besonderen mochte ¨ ich meinem langj¨ahrigen Burokollegen ¨ und guten Freund Sebastian Hofener ¨ danken, mit dem ich unz¨ahlige Stunden bei unz¨ahligen Tassen Kaffee verbracht habe. Die vielen Diskussionen mit ihm und David waren unsch¨atzbar wertvoll. Ebenso danke ich allen Freunden und Kollegen aus der Studienzeit, insbesondere Sarah Elschenbroich, Albert Sugiharto, Markus Fieß, Esther Birtalan und Jens Meyer, ohne die ich wohl gar nicht bis zum Promovieren gekommen w¨are. Very special thanks go to Sandra Hobson and Ryan Fortenberry who gave me such a good time when I was in Blacksburg, and afterwards. An erste Stelle mochte ¨ ich jedoch meine Familie setzen, insbesondere meine Eltern Emil und Rautgundis und meine Geschwister Stephan, Tina, Heike und Inge. Sie haben mich von Beginn an unterstutzt ¨ und ermutigt. Ohne sie w¨are diese Arbeit nicht zustande gekommen.
Inhaltsverzeichnis 1. Einf¨ uhrung
1
2. Relativistische Hamilton-Operatoren 2.1. Dirac-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Allgemeine Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Eigenschaften der Dirac-Gleichung . . . . . . . . 2.1.3. Entkopplung in zweikomponentige Gleichungen 2.1.4. Spin-Bahn-Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . 2.2. Effektive Rumpfpotentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Douglas-Kroll-Hess-Transformation . . . . . . . . . . . . 3. Spinoren 3.1. Hartree-Fock-Verfahren . . . . . . . . . 3.2. Notation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Form der Spinoren . . . . . . . . . . . . 3.4. Matrixelemente . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1. Orthonormalit¨at . . . . . . . . . 3.4.2. Integraltransformation . . . . . . 3.4.3. Symmetrie von Matrixelementen
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4. Møller-Plesset-St¨ orungstheorie 4.1. Konventionelles MP2 . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Explizit korreliertes MP2 . . . . . . . . . . . . . . 4.3. R12-Beitrag zur Energie . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Auswertung der Matrix der Paarfunktionen . . 4.4.1. Allgemeine Form . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2. Standardn¨aherungen . . . . . . . . . . . . 4.4.3. Matrixausdrucke ¨ . . . . . . . . . . . . . . 4.5. DKH-Formalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1. DKH mit Doppel-RI . . . . . . . . . . . . 4.5.2. Pauli-N¨aherung . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3. Auswertung der Kommutatoren uber ¨ pˆ 4
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3 4 4 5 6 7 8 9
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11 11 12 13 14 14 15 16
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17 18 20 22 24 24 26 27 28 28 29 30
5. Implementierung 33 5.1. Konstruktion der CABS-Spinoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 5.2. Berechnung der Dreiindexintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 5.3. Berechnung der MP2-Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
iii
Inhaltsverzeichnis 5.4. Berechnung der R12-Paarmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 5.5. M-Integrale uber ¨ Gauß-Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 6. Bewertung 6.1. Zweielektronensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1. Konventionelles MP2 und Limits . . . . . . . . . . . 6.1.2. N¨aherung C mit Doppel-RI . . . . . . . . . . . . . . 6.1.3. Variationelle Pauli-N¨aherung . . . . . . . . . . . . . 6.1.4. Pauli-N¨aherung mit festen Amplituden . . . . . . . 6.1.5. Storungstheoretische ¨ Analyse der Pauli-N¨aherung 6.1.6. Vergleich der N¨aherungen . . . . . . . . . . . . . . 6.2. ECPs und Rumpfkorrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1. Einfluss der ECPs auf Valenzelektronen . . . . . . . 6.2.2. Rumpfkorrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3. Molekule ¨ mit Spin-Bahn-Kopplung . . . . . . . . . . . . . 6.3.1. Korrelationsenergien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2. Spektroskopische Konstanten . . . . . . . . . . . . .
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39 39 40 40 41 43 44 46 48 48 49 52 53 53
7. Zusammenfassung
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A. Abk¨ urzungen
59
B. Tabellen zu Kapitel 6.1
61
C. Tabellen zu Kapitel 6.3
69
iv
1. Einfu ¨hrung Die moderne Quantenchemie bietet eine Vielzahl von Moglichkeiten, ¨ molekulare Eigenschaften verl¨asslich zu berechnen. Sie wird h¨aufig als komplement¨are Methode genutzt, um experimentelle Befunde zu verifizieren oder eine Interpretationshilfe zu geben, wenn das Experiment uneindeutig ist. Daruber ¨ hinaus wird sie verwendet, wenn experimentelle Daten nur schwer zug¨anglich sind. Dann ist sie die einzige Moglichkeit, ¨ Aussagen uber ¨ ein System zu treffen. In diesem Fall ist es besonders wichtig, die Genauigkeit und Verl¨asslichkeit der verwendeten Methoden einzusch¨atzen. Das Instrumentarium der Quantenchemie beinhaltet hochgenaue Wellenfunktionsmodelle zur pr¨azisen Berechnung kleiner Molekule, ¨ aber auch effiziente (meist Dichtefunktional-) Methoden, um große Systeme behandeln zu konnen. ¨ In der Theorie tritt eine Fehlerquelle immer dann auf, wenn in ihrer Formulierung eine N¨aherung gemacht wird. Diese N¨aherungen sind von fundamentaler Wichtigkeit fur ¨ die Anwendung der Theorie an echte Systeme, wenn man sich klar macht, dass bisher nicht einmal eine geschlossene relativistische und quantenmechanische Theorie der Mehrteilchen-Wechselwirkung formuliert wurde. Der beste Ansatz dazu ist die Quantenelektrodynamik, die eine unendliche Storentwicklung ¨ darstellt. Eine Benennung und Quantifizierung der eingefuhrten ¨ Fehler ist unerl¨asslich, wenn qualifizierte Aussagen zu chemischen Systemen gemacht werden sollen. Die wichtigsten N¨aherungen der Quantenchemie sind die Born-Oppenheimer-N¨aherung, die Verwendung nichtrelativistischer Bewegungsgleichungen, der Methodenfehler und der Basissatzfehler. Bei der Born-Oppenheimer-N¨aherung wird die Bewegung der Kerne nicht in die Bewegungsgleichung mit aufgenommen, stattdessen werden Potentialhyperfl¨achen berechnet, auf denen sich die Kerne klassisch bewegen. Dieser Fehler betrifft insbesondere Wasserstoff, weil dieser so leicht ist. Anstelle der QED wird deren Niedrigenergielimit, die Dirac-Gleichung, beziehungsweise deren nichtrelativistisches Limit, die Schrodinger-Gleichung, ¨ verwendet. Der zweite Schritt ist vor allem bei schweren Kernen kritisch, aber auch schon bei leichteren Kernen, wenn eine hohe Genauigkeit erreicht werden soll. Der Methodenfehler ergibt sich durch die Darstellung der Gesamtwellenfunktion als Linearkombination von antisymmetrisierten Produkten von Einteilchenwellenfunktionen, deren Entwicklung nach einer bestimmten Anzahl an Termen abgebrochen wird. Diesen Fehler zu vermeiden skaliert exponentiell mit der Molekulgr ¨ oße. ¨ Dichtefunktionalmethoden benotigen ¨ zwar keine Wellenfunktion, haben aber keine Vorschrift fur ¨ das Funktional. Schließlich werden die (Molekul-) ¨ Orbitale als Linearkombination einer endlichen, und damit unvollst¨andigen Anzahl von Atomorbitalen geschrieben. Dieser Ansatz funktioniert gut bei unkorrelierten Methoden, bringt aber erhebliche Fehler bei Korrelationsmethoden mit sich. Zus¨atzlich gibt
1
1. Einfuhrung ¨ es je nach verwendeter Methode weitere N¨aherungen, beispielsweise h¨aufig die Verwendung einer einzigen Referenz bei (post-) Hartree-Fock-Methoden. Bei der tats¨achlichen Anwendung an chemischen Systemen treten ebenfalls Fehler auf, die jedoch nicht im verwendeten Modell liegen, wie das Rechnen im Vakuum statt im Kristall oder Losungsmittel, ¨ oder die fehlenden Temperatureinflusse. ¨ Die großten ¨ Fehler sind in der Regel der Methodenfehler und der Basissatzfehler. In dieser Arbeit sollen die korrelierten Wellenfunktionsmethoden am Beispiel von Møller-Plesset-Storungstheorie ¨ und einige ihrer intrinsischen Fehler betrachtet werden. Insbesondere soll es darum gehen, den Basissatzfehler zu minimieren, als auch die Fehler, die die Verwendung eines gen¨aherten, nichtrelativistischen Hamilton-Operators mit sich bringt. Der Schlusselschritt ¨ zur Behebung des Basissatzproblems ist die explizite Verwendung des Elektron-Elektron-Abstandes in der Wellenfunktion. Fur ¨ die relativistischen Hamilton-Operatoren soll fur ¨ einige g¨angige N¨aherungen aufgezeigt werden, wie sie zusammen mit einer explizit korrelierten Wellenfunktion zu handhabbaren Gleichungen fuhren, ¨ die leicht in bestehende Programmcodes implementiert werden konnen. ¨ Abschließend sollen die neu entwickelten Methoden an einigen Systemen angewendet und beurteilt werden.
2
2. Relativistische Hamilton-Operatoren Den allgemeinsten Ansatz zur Beschreibung von geladenen Teilchen mit halbzahligem Eigendrehimpuls stellt die Quantenelektrodynamik (QED) dar. Sie ist eine unendliche Storentwicklung, ¨ die die Wechselwirkung der Teilchen mit dem gequantelten elektromagnetischen Feld beschreibt. Der Entwicklungsparameter ist die Sommerfeldsche 1 Feinstrukturkonstante α, die durch ihren kleinen Zahlenwert von ≈ 137 eine schnelle Konvergenz vermuten l¨asst. Tats¨achlich ist es fur ¨ die Chemie in der Regel vollig ¨ ausreichend, schon auf niedriger Stufe abzubrechen, was einem Niedrigenergielimit entspricht. Dadurch werden die Prozesse der Teilchenerzeugung und Teilchenvernichtung aus den Gleichungen abgetrennt. Eine genaue Betrachtung zeigt, dass diese Prozesse nur bei sehr schweren Kernen bei den innersten Rumpfelektronen vorkommen und ihre Energiebeitr¨age gering und konstant sind. Die nun auftretende Bewegungsgleichung, die Dirac-Gleichung, hat eine vierkomponentige Struktur, ihre Losungen ¨ sind vierkomponentige Spinoren. Die Dirac-Gleichung ist Lorentz-invariant, Ableitungen nach Raum und Zeit treten nur linear auf. Sie beschreibt Spin- 12 -Teilchen, Fermionen, sowohl mit negativer Ladung (Elektronen) als auch mit positiver Ladung (Positronen). Von diesen beiden Teilchen treten nur die Elektronen in der Chemie auf, sie bilden gemeinsam mit den Nukleonen, den Protonen und Neutronen, die Atome und Molekule. ¨ Alle vier Komponenten der DiracGleichung haben fur ¨ beide Teilchensorten nichtverschwindende Beitr¨age, jedoch sind jeweils zwei Komponenten groß und zwei klein. Die Losung ¨ der Dirac-Gleichung ist mit erheblichem Aufwand verbunden, was auch mit ihrer vierkomponentigen Struktur zusammenh¨angt. Daher liegt es nahe, zu versuchen, die beiden fur ¨ die Chemie irrelevanten ( kleinen“) Komponenten zu eliminieren, beziehungsweise die Dirac-Glei” chung in zwei entkoppelte zweikomponentige Blocke ¨ zu zerlegen. Algebraisch ist das nicht moglich, ¨ da die der Dirac-Gleichung zugrundeliegende Kommutatoralgebra irreduzibel ist. Allerdings ist es moglich, ¨ gen¨aherte algebraische oder, in einer gegebenen Basis, numerisch exakte Blockdiagonalisierungen durchzufuhren ¨ oder die kleinen ¨ Komponenten zu eliminieren [1]. Ubrig bleiben zwei Komponenten, die jeweils Elektronen mit Spin-up beziehungsweise mit Spin-down beschreiben. Der Fehler, der durch die Entkopplung gemacht wird, ist in der Regel klein und konstant, er betrifft nur die inneren s-Elektronen und auch hier nur die inneren Bereiche um den Kern. Die Valenzelektronen werden kaum von den Ver¨anderungen am Kern beruhrt. ¨ Wichtige Verfahren sind die Foldy-Wouthuysen-Transformation (FW) [2], die regul¨aren N¨aherungen (ZORA) [3, 4], die direkte Storungstheorie ¨ (DPT) [5] oder die normalisierte Eliminierung der kleinen Komponente (NESC) [6, 7]. Eine weit verbreitete Methode ist die Douglas-Kroll-Hess-Transformation (DKH) [8, 9, 10], die im weiteren Verlauf dieser Arbeit n¨aher untersucht werden soll.
3
2. Relativistische Hamilton-Operatoren Nach der Entkopplung der Dirac-Gleichung bleibt eine zweikomponentige Bewegungsgleichung. Wird die zweikomponentige Gleichung als eine Storreihe ¨ in 1c entwickelt, so zeigt sich, dass die fuhrenden ¨ Terme diagonal in den beiden verbleibenden Komponenten sind. Die fuhrenden ¨ Terme in dieser Entwicklung sind die Ruhemasse und die (per Definition nichtrelativistische) Schrodinger-Gleichung. ¨ Die n¨achste Ordnung beinhaltet Korrekturen zur kinetischen Energie der Elektronen sowie die Kopplung ihres Eigen- und Bahndrehimpulses. Erst letztere verknupft ¨ die Spinkomponenten der Spinoren. Diese sogenannten Spin-Bahn-Effekte haben Einfluss auf die Chemie; sie konnen ¨ bereits bei mittelschweren Elementen Bindungsl¨angen beeinflussen und die Art der chemischen Bindung substantiell a¨ ndern. Die Spin-Bahn-Effekte konsistent zu behandeln bedeutet bei gleicher Methodenwahl erheblich mehr Rechenaufwand als fur ¨ die Losung ¨ der nichtrelativistischen Schro¨ dinger-Gleichung notig ¨ ist. Der Formalismus erfordert komplexe, zweikomponentige Spinoren anstelle der sonst ublichen ¨ reellen einkomponentigen Orbitale. Insbesondere bei leichten Atomen und geschlossenen Schalen sind die Spin-Bahn-Effekte jedoch oft klein, so dass sie gut durch Storungstheorie ¨ abgesch¨atzt werden konnen. ¨ Die diagonalen (skalarrelativistischen) Effekte konnen ¨ leicht in einen einkomponentigen Formalismus ubernommen ¨ werden. Sie betreffen direkt die inneren s- und p- Elektronen, deren Bahn kontrahiert wird, indirekt auch die a¨ ußeren d- und f Elektronen, da die Kernladung durch die kontrahierten s- und p-Elektronen besser abgeschirmt wird. Insgesamt ergibt sich h¨aufig eine Verl¨angerung der Bindungsabst¨ande. Diese Effekte konnen ¨ am einfachsten in den einkomponentigen Formalismus integriert werden, indem die Rumpfelektronen durch ein effektives Potential (ECP) ersetzt werden, das die korrekte Physik fur ¨ die Valenzelektronen imitiert. In diesem Fall konnen ¨ allerdings keine Eigenschaften mehr berechnet werden, die von der Wellenfunktion am Kern abh¨angen, wie NMR-Verschiebungen oder elektrische Feldgradienten. Andere Verfahren bieten andere Moglichkeiten, ¨ skalare Effekte zu parametrisieren, und es konnen ¨ skalarrelativistische, einkomponentige Allelektronenrechnungen durchgefuhrt ¨ werden.
2.1. Dirac-Gleichung 2.1.1. Allgemeine Form Eine gute Einfuhrung ¨ in die Dirac-Gleichung und ihre Entkopplung findet sich in [11], auf die hier verwiesen werden soll. Die station¨are Dirac-Gleichung im elektromagnetischen Feld lautet: ~ − βmc2 − eφ Ψ = EΨ c~α · π (2.1)
Die Eintr¨age des Vektors ~α sind wie der Skalar β (4, 4)-Matrizen und gegeben durch 02 σk I2 02 αk = , β= , (2.2) σk 02 02 −I2 4
2.1. Dirac-Gleichung ~ ist gegeben wobei die σk , k = x, y, z die Pauli-Matrizen sind. Der kanonische Impuls π ~ durch den kinetischen Impuls ~p und das Vektorpotential A ~ ~ = ~p + e A, π
(2.3)
die Ruhemasse des Teilchens sei m, die Elementarladung e und das skalare Potential φ. Die Wellenfunktion Ψ besteht aus einem komplexen vierkomponentigen Spinor Ψ=
φL , χS
(2.4)
der sich wiederum aus zwei zweikomponentigen, komplexen Spinoren zusammensetzt. Fur ¨ Elektronen beschreibt φL die großen Komponenten und χS die kleinen. Die großen und die kleinen Komponenten sind durch die Matrizen αk miteinander verknupft. ¨
2.1.2. Eigenschaften der Dirac-Gleichung Ein grundlegendes Theorem der Physik, das Noether-Theorem, besagt, dass Symmetrien im betrachteten System zu Erhaltungsgroßen ¨ in den Gleichungen fuhren ¨ mussen. ¨ Bewegungsgleichungen, die die Vorg¨ange in der Natur realistisch beschreiben sollen, mussen ¨ diese Symmetrien widerspiegeln. Dazu z¨ahlen beispielsweise die Invarianz bezuglich ¨ r¨aumlicher Symmetrien, die Lorentz-Invarianz oder die Zeitumkehrsymmetrie. Lorentz-Invarianz Die wichtigste Eigenschaft, die die Dirac-Gleichung von der Schrodinger-Gleichung ¨ unterscheidet, ist die Lorentz-Invarianz. Die Lorentz-Transformation ist eine fundamentale Transformation, die Raum und Zeit miteinander verknupft. ¨ In der Formulierung von Gleichung (2.1) ist es nicht unmittelbar einsichtig, jedoch treten Ableitungen nach den vier Koordinaten (Raum und Zeit) in der zeitabh¨angigen Dirac-Gleichung stets nur in erster Ordnung auf. Damit kann gezeigt werden, dass sie Lorentz-invariant ist [11]. Kramers-Invarianz Eine andere Eigenschaft, die bei quantenchemischen Berechnungen ausgenutzt werden kann, ist die Kramers-Symmetrie. Die station¨are (zeitunabh¨angige) Dirac-Gleichung bleibt unter Umkehrung der Zeit invariant, das heißt, der Dirac-Operator vertauscht mit dem Zeitumkehroperator (Kramers-Operator) [12]
Kˆ = −iσy Kˆ 0 .
(2.5)
5
2. Relativistische Hamilton-Operatoren ˆ 0 die komplexe KonDies ist die Formulierung fur ¨ Spin- 21 -Systeme. Hier bezeichnet K jugation und σy die entsprechende Pauli-Matrix. Fur ¨ geschlossenschalige Systeme ist der Kramers-Operator einfach gegeben durch
Kˆ = Kˆ 0 .
(2.6)
Die Invarianz der Dirac-Gleichung unter Zeitumkehr bedeutet, dass sich die Wellenfunktion nach einer der Darstellungen des Kramers-Operators transformieren muss. In geschlossenschaligen Systemen lassen sich so Symmetriebeziehungen zwischen den zugrundeliegenden Spinoren finden und bei der Berechnung von Matrixelementen deren Anzahl erheblich reduzieren. Elektron-Elektron-Wechselwirkung Die Dirac-Gleichung, so wie sie angegeben ist, beschreibt ein einzelnes Teilchen im a¨ ußeren Potential. Die Elektron-Elektron-Wechselwirkung ist im nichtrelativistischen Fall durch das Coulomb-Potential gegeben. Dieses ist jedoch nicht Lorentz-invariant ¨ und muss ebenfalls modifiziert werden. Ublicherweise wird in der Chemie ein Wechselwirkungspotential angenommen, das nur zu gegebener Ordnung in 1c Lorentzinvariant ist. In nullter Ordnung ist das das Coulomb-Potential g=
1 , r12
in n¨achster Ordnung O(c−2 ) die Breit-Wechselwirkung " # (~α1 · ~r12 )(~α2 · ~r12 ) 1 1 ~α1 · ~α2 + − . g= 2 r12 2r12 r12
(2.7)
(2.8)
Bereits die Terme in zweiter Ordnung sind klein, aber aufwendig zu berechnen. Numerisch sind sie deutlich kleiner als die relativistischen Korrekturen zu den Einelektronenbeitr¨agen. Es ist daher eine gute N¨aherung, nur das Coulomb-Potential als Wechselwirkung anzunehmen.
2.1.3. Entkopplung in zweikomponentige Gleichungen ~ und das skalare Potential φ In einem Molekul ¨ verschwindet das Vektorpotential A wird zum Molekulpotential ¨ V. In Matrixschreibweise und umgestellt wird somit aus der Dirac-Gleichung: V + mc2 − E c~σ · ~p φL = 0. (2.9) 2 χS c~σ · ~p V − mc − E Es gibt verschiedene Ans¨atze, diese Gleichung zu entkoppeln: Gleichung (2.9) kann in zwei gekoppelte Differentialgleichungen aufgespalten und die kleine Komponente durch die große Komponente ausgedruckt ¨ werden. Der Pauli-Operator ergibt sich
6
2.1. Dirac-Gleichung durch Entwicklung der resultierenden Gleichung nach 1c . Die fuhrenden ¨ Terme lauten: O(c2 ) : mc2 − E φL = 0, (2.10) O(c0 ) : mc2 + T + V − E φL = 0, (2.11) ∂V π 1 p4 ~l − E φL = 0. (2.12) ~ s · + ∆V + O(c−2 ): mc2 + T + V − 8m3 c2 2m2 c2 2m2 c2 r ∂r
Der Spinoperator si kann uber ¨ die Pauli-Matrizen definiert werden als
1 σ. (2.13) 2 k Gleichung (2.10) gibt die Ruhemasse des Teilchens an, Gleichung (2.11) ist die nichtrelativistische Schrodinger-Gleichung. ¨ Sie ist diagonal in den beiden verbleibenden Komponenten, die damit unabh¨angig voneinander gelost ¨ werden konnen. ¨ Die Terme in Gleichung (2.12) geben zus¨atzlich in dieser Reihenfolge den Massen-Geschwindigkeitsterm, den Darwin-Term und die Spin-Bahn-Kopplung an. Fur ¨ geschlossenschalige Systeme verschwindet der Beitrag des Spin-Bahn-Operators in erster Ordnung, das heißt, insgesamt wird er zu zweiter Ordnung (O(c−4 )) verschoben. Der SO-Operator koppelt die beiden Spinkomponenten, was die Berechnung deutlich verkompliziert. Der Pauli-Operator findet Verwendung in storungstheoretischen ¨ Behandlungen von relativistischen Effekten. Fur ¨ variationelle Verfahren (wie Hartree-Fock) ist er nicht geeignet, da insbesondere der Massen-Geschwindigkeitsterm energetisch nicht nach unten beschr¨ankt ist. sk =
2.1.4. Spin-Bahn-Wechselwirkung Bei schweren Elementen oder offenen Schalen ist die vollst¨andige Entkopplung der Dirac-Gleichung in die einkomponentige Schrodinger-Gleichung ¨ nicht moglich ¨ und der SO-Operator muss in die selbstkonsistente Losung ¨ einbezogen werden. Der Vorteil eines solchen Vorgehens ist, dass auch große SO-Effekte gut berucksichtigt ¨ werden konnen ¨ und die nachfolgende storungstheoretische ¨ Behandlung der Korrelation vereinfacht wird. Fur ¨ letzteres wird in diesem Fall keine zweifache Storungstheorie ¨ beno¨ tigt (mit dem SO-Operator und der Elektron-Elektron-Wechselwirkung als Storungen), ¨ der Formalismus der einfachen Storungstheorie ¨ reicht aus. Auch durch die relativistische Elektron-Elektron-Wechselwirkung werden Operatoren eingefuhrt, ¨ die die beiden verbliebenen Komponenten der 2-Spinoren verknupfen. ¨ Hierzu z¨ahlen die Spin-Spin-Dipol-Wechselwirkung, der Fermi-Kontaktterm, der Spinsame-orbit- und der Spin-other-orbit-Term. Diese Terme werden allerdings ebenso wie die skalaren Terme der Elektron-Elektron-Wechselwirkung h¨aufig vernachl¨assigt, da ihre Beitr¨age gering sind. Somit verbleibt nur der Einelektronen-SO-Operator, der die Spinkomponenten verknupft. ¨ Die explizite Form dieses Operators h¨angt vom verwendeten Modell ab. Die zweikomponentige Losung ¨ eines molekularen Systems ist aufwendig und teuer. Aus diesem Grund wird es oft nur skalar gelost ¨ und der SO-Beitrag nur a posteriori behandelt.
7
2. Relativistische Hamilton-Operatoren In solchen storungstheoretischen ¨ Rechnungen wird h¨aufig der Pauli-Operator verwendet. In der DKH-Theorie oder bei Verwendung von effektiven Rumpfpotentialen existieren eigene Ausdrucke ¨ fur ¨ den SO-Operator, die sich aus dem entsprechenden Formalismus ergeben.
2.2. Effektive Rumpfpotentiale In der Quantenchemie der schweren Elemente hat es sich etabliert, innere Elektronen durch effektive Rumpfpotentiale (effective core potentials, ECP) zu ersetzen. Sie wurden auch in dieser Arbeit verwendet, weswegen auf sie kurz explizit eingegangen werden soll. Einfuhrende ¨ Texte finden sich in [11, 13, 14]. Durch die Verwendung von ECPs kann der Einfluss der Rumpfelektronen auf die Valenzelektronen modelliert werden. Dies verbilligt einerseits die Rechnung, da weniger Elektronen beschrieben werden mussen, ¨ andererseits konnen ¨ relativistische Effekte einfach in den Hamilton-Operator aufgenommen werden. Es stehen sowohl einkomponentige als auch zweikomponentige ECPs zur Verfugung. ¨ Mit ersteren konnen ¨ nur skalare relativistische Effekte beruck¨ sichtigt werden, dafur ¨ sind sie leicht in bestehende einkomponentige quantenchemische Codes implementierbar. Die analytische Form der ECPs ist ein lokales Potential, zus¨atzlich ein nichtlokaler Projektor auf den Bahndrehimpuls [15] SO VECP (r ) = −
Q X k + Blj exp −βklj r 2 Pˆ lj . r
(2.14)
ljk
Die verbleibende Ladung des Atoms ist durch Q gegeben, die Koeffizienten Bk und βk sind Entwicklungskoeffizienten einer Linearkombination von Gauß-Funktionen und Pˆ lj bezeichnet den Projektor auf die Quantenzahlen l und j
Pˆ lj =
X mj
|ljm j ihljm j |.
(2.15)
Durch diesen Projektor werden die beiden Spinkomponenten gekoppelt und ein zweikomponentiger Formalismus wird notwendig, um die Wellenfunktion zu bestimmen. In einer spinfreien Formulierung wird uber ¨ die Quantenzahlen j gemittelt und es ergibt sich mit einer analogen Definition fur ¨ Pˆ l skalar VECP (r ) = −
Q X k + Bl exp −βkl r 2 Pˆ l . r
(2.16)
lk
Es existieren noch weitere Formen fur ¨ Pseudopotentiale, die jedoch ineinander uber¨ fuhrt ¨ werden konnen. ¨ Die Parameter Bljk und βklj werden durch genaue Rechnungen an Atomen und anschließende Anpassungen an deren Valenzenergien gewonnen [16].
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2.3. Douglas-Kroll-Hess-Transformation
2.3. Douglas-Kroll-Hess-Transformation Im Rahmen dieser Arbeit wurde aufbauend auf der DKH-Theorie eine Korrelationsmethode entwickelt. An dieser Stelle sollen deren wichtigste Eigenschaften kurz wiederholt werden. Eine gute Einfuhrung ¨ in die DKH-Theorie findet sich ebenfalls in [11], des weiteren sei auf die Artikel [9, 10, 17, 18] verwiesen. Gleichung (2.9) l¨asst sich schematisch schreiben als φL E LL OSL = 0, (2.17) O LS ESS χS mit O LS = OSL . Die in Gleichung (2.17) gegebenen Nichtdiagonalmatrizen OSL und O LS werden Ordnung fur ¨ Ordnung unterdruckt ¨ und auf die Diagonalelemente E LL und ESS gefaltet E LL OSL unit¨are Transformation E+ 0 =⇒ . (2.18) O LS ESS 0 E− (n)
Schließlich wird die zweikomponentige Hamilton-Matrix E+ einer gegebenen Ordnung n als Modellhamilton-Operator verwendet. Fur ¨ den oberen linken Block gilt: (0)
(1)
(2)
Hblock-diag = · · · U2 U1 U0 HDirac U0 U1 U2 · · · = E+ + E+ + E+ + · · ·
(2.19)
Die Hamilton-Operatoren E+ und E− sind durch ihre Ordnungen in der Transformation U = U0 U1 U2 · · · gegeben. Eine solche Transformation verh¨alt sich oft numerisch gutmutiger ¨ als die direkte Entwicklung in 1c , die hochsingul¨are Terme enth¨alt. Daher ist sie besser fur ¨ quantenchemische Berechnungen geeignet. Zun¨achst wird mit der Dirac-Matrix (2.17) eine Freies-Teilchen-Foldy-WouthoysenTransformation durchgefuhrt ¨ (fp-FW). Fur ¨ die Parametrisierung der nachfolgenden unit¨aren Transformationen gibt es verschiedene Moglichkeiten. ¨ Bis zur vierten Ordnung liefern sie alle die gleichen Modellhamilton-Operatoren [9]. Durch die Transformationen treten komplizierte Integrale uber ¨ Funktionen des Impulses p auf. Um diese Integrale zu losen, ¨ wird der Operator in den Impulsraum transformiert, dort ausgewertet und in den Ortsraum zurucktransformiert. ¨ Auch im Impulsraum konnen ¨ die Integrale nicht exakt gelost ¨ werden, daher muss eine RI-N¨aherung eingefuhrt ¨ werden. Die DKH-Transformation hat einige wichtige Eigenschaften. Sie berucksichtigt ¨ nur die relativistischen Korrekturen auf die Einelektronenteile des Dirac-Operators, die Korrekturen zu den Zweielektronenbeitr¨agen werden vernachl¨assigt. Numerisch sind diese Energiebeitr¨age klein, etwa von der Große ¨ der vierten Ordnung der Einelektronenkorrekturen [9]. Die auftretenden Operatoren sind regul¨ar, konnen ¨ jedoch nur durch die Einfuhrung ¨ einer RI-N¨aherung ausgewertet werden. Schließlich konvergiert die DKH-Methode gegen das Dirac-Spektrum und bietet damit die Moglichkeit, ¨ die Ergebnisse systematisch zu verbessern [17, 18].
9
3. Spinoren Alle Informationen uber ¨ ein quantenmechanisches System sind durch seine Wellenfunktion gegeben. Ziel der theoretischen Chemie ist es, Eigenschaften eines molekularen Systems zu beschreiben und vorherzusagen. Die Kenntnis der Wellenfunktion eroffnet ¨ einen Zugang zu diesen Eigenschaften und es ist daher ein naturlicher ¨ Ausgangspunkt zu versuchen, sie zu bestimmen. Fur ¨ chemisch relevante Systeme ist es nicht moglich, ¨ die Wellenfunktion exakt zu bestimmen. Verfahren zu ihrer n¨aherungsweisen Bestimmung gehoren ¨ daher zu den wichtigsten Werkzeugen der Quantenchemie. Methodisch am einfachsten ist es, den Hamilton-Operator in einer Basis darzustellen und zu diagonalisieren. Innerhalb einer gegebenen Basis erh¨alt man auf diese Weise die exakte Losung. ¨ Insbesondere die Mehrteilchennatur des Hamilton-Operators steht dem jedoch entgegen, da die Große ¨ der notwendigen Mehrteilchenbasis exponentiell mit der Anzahl der Teilchen ansteigt. Fur ¨ chemische Systeme ist diese Methode daher nicht anwendbar. Die meisten heutigen Verfahren stutzen ¨ sich auf die Berechnung einer gen¨aherten Wellenfunktion und deren storungstheoretischer ¨ Korrektur. Hierbei wird zun¨achst die direkte Elektron-Elektron-Wechselwirkung im Hamilton-Operator durch eine gemittelte ersetzt. Dies ermoglicht ¨ die Bestimmung einer Referenzwellenfunktion, die sich im Anschluss Schritt fur ¨ Schritt verbessern l¨asst, indem die tats¨achliche Wechselwirkung als Storung ¨ aufgefasst wird.
3.1. Hartree-Fock-Verfahren Der Ausgangspunkt fur ¨ alle Methoden, die auf Wellenfunktionen beruhen, ist das Hartree-Fock-Verfahren (HF-Verfahren). Fur ¨ die gesamte N-Teilchen-Wellenfunktion wird ein Produkt aus N Einelektronenwellenfunktionen, den Spinoren, angesetzt, und dieses in einem iterativen Verfahren optimiert. Je nach zugrundeliegendem HamiltonOperator wird von Hartree-Fock (Schrodinger-Einteilchenoperator, ¨ Coulomb-Wechselwirkung), Dirac-Fock-Coulomb (Dirac-Einteilchenoperator, Coulomb-Wechselwirkung) und Dirac-Fock-Breit (Dirac-Einteilchenoperator, Breit-Wechselwirkung) gesprochen. Durch den Produktansatz fur ¨ die Wellenfunktion wird effektiv die ElektronElektron-Wechselwirkung im Hamilton-Operator zu einer Wechselwirkung des Elektrons mit dem gemittelten Feld aller anderen. Dies ist unabh¨angig von der exakten Form der Wechselwirkung. Der Hamilton-Operator ist gegeben durch einen Einteilchenterm hˆ und einen Wechselwirkungsterm g X X Hˆ = hˆ (i) + g(i, j), (3.1) i
i< j
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3. Spinoren wobei der Index i uber ¨ alle Teilchen laufe. Wird als Wellenfunktion ein antisymmetrisiertes Produkt von Spinoren φk ˆ 1, . . . , N ) |Ψ(1, . . . , N )i = A(
N Y
|φk (k)i
(3.2)
k
angesetzt und dieses unter der Nebenbedingung der Orthonormalit¨at optimiert, ergibt sich eine effektive Einteilchengleichung Fˆ (i)|φk (i)i = ǫk |φk (i)i
(3.3)
mit dem Lagrange-Multiplikator ǫk . Der Fock-Operator Fˆ beinhaltet den Einteilchenterm sowie einen antisymmetrisierten Wechselwirkungsterm XZ d3 r j φk ( j) g(i, j)(1 − Pˆ ij )φk ( j), (3.4) Fˆ (i) = hˆ (i) + k
mit Pˆ ij dem Vertauschungsoperator fur ¨ Elektronen i und j. Die beiden Terme unter dem Integral werden oft als Coulomb- und Austauschterm J und K bezeichnet. Der Produktansatz (3.2) fuhrt ¨ also zu einem Einteilchenoperator (3.4), dessen Eigenwertproblem iterativ und numerisch exakt gelost ¨ werden kann. Die Eigenfunktionen des Fock-Operators sind keine Eigenfunktionen des Hamilton-Operators, da der gew¨ahlte Produktansatz nicht den physikalischen Anforderungen an die Wellenfunktion entspricht. Sie sind jedoch im Rahmen dieser N¨aherung optimal und geben im Sinne des Variationsprinzips eine obere Schranke fur ¨ die Energie. Des Weiteren eignen sie sich als Ausgangspunkt fur ¨ eine storungstheoretische ¨ Behandlung des Hamilton-Operators. In der Regel werden die Spinoren in einer Basis von atomzentrierten Gauß-Funktionen entwickelt. Diese Basis ist endlich, damit unvollst¨andig, und ruft den Basissatzfehler hervor. Im HF-Verfahren verschwindet dieser Fehler in der Einelektronenbasis recht schnell mit zunehmender Anzahl der Basisfunktionen. Oft fuhrt ¨ bereits dieses einfache Verfahren in molekularen Rechnungen zu qualitativ richtigen Ergebnissen. Die exakte Wellenfunktion jedoch beinhaltet Terme, die diese Wechselwirkung der Elektronen direkt beschreiben. Das HF-Verfahren hat seinen erheblichen intrinsischen Fehler darin, dass die Elektronen nur uber ¨ ihr gemitteltes Feld wechselwirken. Es ist per Konstruktion nicht in der Lage die direkte Wechselwirkung, die Elektronenkorrelation, richtig zu beschreiben. Man spricht von einem Methodenfehler oder einem Fehler in der Mehrelektronenbasis.
3.2. Notation Im Folgenden soll die ubliche ¨ Notation fur ¨ Spinoren Verwendung finden. In ihr bezeichnen die Indizes i, j besetzte Spinoren, a, b virtuelle und p, q die allgemeinen Spinoren, die aus den beiden ersteren bestehen. Zus¨atzlich werden Spinoren p ′′ , q ′′ eingefuhrt, ¨ die komplement¨ar auf dem allgemeinen Raum stehen, sowie p ′ , q ′ , die Vereinigung aus allgemeinen und komplement¨aren Spinoren. Matrixelemente uber ¨ Spinoren
12
3.3. Form der Spinoren sind analog definiert. Es soll nicht zwischen Orbitalen und Spinoren unterschieden werden. Kramers-Paare wie a, a¯ werden durch einen Querstrich gekennzeichnet (vgl Abschnitt 3.3). Matrixelemente uber ¨ Einteilchenoperatoren sind gegeben durch j ai
Z
= hi|O |ji = d3 r1 φi∗ (1)O(1)φj (1),
(3.5)
mit dem Einteilchenoperator O(1). Eine antisymmetrisierte Slater-Determinante der Spinoren φi und φj wird bezeichnet mit 1 |iji = √ |φi (1)φj (2)i − |φj (1)φi (2)i , 2
(3.6)
mit dem Hartree-Produkt |φi φj i. Matrixelemente uber ¨ Slater-Determinanten sind gegeben durch
hij|O |abi = a¯ ijab = aijab − aijba ,
(3.7)
a¯ ijab = (ia||jb) = (ia|jb) − (ib|ja), Z ab aij = (ia|jb) = d3 r1 d3 r2 φi∗ (1)φa (1)O(1, 2)φ∗j (2)φb (2),
(3.8)
mit
(3.9)
mit dem Zweiteilchen-Operator O(1, 2). In den Formeln soll die Tensornotation verwendet werden, uber ¨ Indizes, die in einem Ket und in einem Bra auftreten, soll summiert werden.
3.3. Form der Spinoren Entsprechend der Struktur des Fock-Operators sind auch seine Eigenfunktionen im Allgemeinen nicht skalar sondern bestehen aus mehreren Komponenten. Eine derartige Einelektronen-Wellenfunktion wird als Spinor bezeichnet. Fur ¨ zweikomponentige Spinoren bezeichnen die beiden Komponenten den α- und den β-Anteil der Wellenfunktion ! X Cµiα (3.10) |φi i = |µi iβ . Cµ µ Die Basisfunktionen |µi sind reelle Atomorbitale, die Koeffizienten Cµiα komplexe Zahlen. Zwischen den Entwicklungskoeffizienten der Spinoren konnen ¨ Beziehungen bestehen, die ihre Unabh¨angigkeit einschr¨anken. Eine Hierarchie l¨asst sich in diesem
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3. Spinoren Sinne aufstellen: GHF :
Cµiα
iβ
Cµ
!
jα
Cν , jβ Cν
!
!
! ! jα Cµiα Cν KHF : = iβ , iβ jβ ; Cµ Cµ Cν iα 0 Cµ UHF : , jβ 0 Cν iα 0 Cµ jβ RHF : , Cµiα = Cν . jβ ; 0 Cν Cµiα
(3.11) jβ∗
−Cν jα∗ Cν
!
(3.12) (3.13) (3.14)
GHF steht fur ¨ Generalized Hartree-Fock“, es besteht vollige ¨ Freiheit in der Wahl der ” Koeffizienten. KHF bedeutet Kramers-restricted HF”, wobei unter Ausnutzung der ” Zeitumkehrsymmetrie die Spinoren zu Kramers-Paaren geordnet wurden. Unrestric” ted HF“ (UHF) ist das spin-separable Analogon von GHF und Restricted HF“ (RHF) ” das von KHF. Restricted“ steht fur ¨ die Einschr¨ankung, dass zwischen den α- und ” β-Komponenten aufgrund der Kramerssymmetrie feste Beziehungen bestehen. In den beiden F¨allen RHF und UHF ist die Separation von Raum- und Spinanteil offensichtlich. Außerdem ist es hier moglich, ¨ die Koeffizienten reell zu w¨ahlen. Konnen ¨ solche Beziehungen ausgenutzt werden reduziert sich der Rechenaufwand durch identische oder verschwindende Matrixelemente erheblich. In bestimmten F¨allen sind die konvergierten Spinoren aller vier Varianten durch eine unit¨are Transformation ineinander uberf ¨ uhrbar. ¨ Eine notwendige, nicht hinreichende Bedingung hierfur ¨ ist ein skalarer Hamilton-Operator. Aber auch in diesem Fall kann es geschehen, dass die großere ¨ Freiheit der unbeschr¨ankten HF-Varianten zu besseren“ Wellenfunktionen fuhrt, ¨ in dem Sinne, dass sie eine niedrigere Energie ” besitzen. Sie sind dann allerdings keine Spineigenfunktionen mehr, was sie sein sollten, da der skalare Hamilton-Operator mit dem Spinoperator vertauscht. Insofern sind sie unphysikalischer“ und oft ein Hinweis darauf, dass die gew¨ahlte Methode nicht ” ausreichend ist, das molekulare System ad¨aquat zu beschreiben.
3.4. Matrixelemente 3.4.1. Orthonormalit¨ at Als Eigenfunktionen eines Operators im Hilbert-Raum sind die Spinoren orthonormal ! !† jα X X Cµiα ν Cν hi|ji = Sµ iβ jβ Cµ Cν σ =α,β µ,ν (3.15) µβ ∗ ν jβ µα ∗ ν jα = Ci Sµ Cν + Ci Sµ Cν j
= δi ,
14
3.4. Matrixelemente ¨ wobei Sµν ein Uberlappungsmatrixelement der skalaren Atomorbitale |µi und |νi ist. Das Skalarprodukt im zweikomponentigen Raum reduziert sich im einkomponentigen Fall zur Spinintegration. Sie erstreckt sich immer auf die MO-Koeffizienten des gleichen Elektrons. Bei RHF und UHF verschwindet immer einer der beiden Summanden bei gleichem Spin der beiden Elektronen, bei unterschiedlichem Spin sind die Spinoren orthogonal per Konstruktion. Fur ¨ KHF und GHF sind im Allgemeinen beide Summanden ungleich null.
3.4.2. Integraltransformation Ein Vierindexintegral kann aus dem Integral uber ¨ die Basisfunktionen durch Transformation gewonnen werden. Die Spinintegration erfolgt im Sinne des Fock-Raums uber ¨ beide Teilchen getrennt. Der Index in den Formeln bezeichne das Elektron.
hφi φj |φa φb i = =
XX µ,ν κ,λ
XXh
Cµiα
iβ
Cµ
!†
jα Cν jβ Cν
!†
C aα hφµ φν |φκ φλ i κaβ Cκ
1 2 ∗ µα Ci Cjνα ∗ Cκaα Cλbα
µ,ν κ,λ µβ ∗ νβ ∗ +Ci Cj Cκaα Cλbα
1
Cλbα bβ Cλ
!
2
µα ∗ aβ bβ + Ci Cjνα ∗ Cκ Cλ
µβ ∗
+ Ci
νβ ∗
Cj
aβ
bβ
Cκ Cλ
i
(3.16)
hφµ φν |φκ φλ i.
Im RHF- und im UHF-Fall bleibt von den vier Termen nur einer ubrig, ¨ die anderen drei verschwinden aufgrund der Spinintegration. Die erhaltenen Terme lassen sich geschickt so auftrennen, dass eine RI-N¨aherung moglich ¨ wird !†
!†
! Cκaα Cλbα hφµ φν |φκ φλ i aβ hφi φj |φa φb i = bβ iβ Cκ 1 Cλ Cµ µ,ν κ,λ 2 2 1 ! !† !† jα X X Cµiα Cκaα Cλbα Cν ( µκ|νλ ) = aβ bβ iβ jβ Cκ 1 Cµ Cν 2 Cλ 2 µ,ν κ,λ 1 (3.17) !† ! !† jα X X X Cµiα Cκaα Cλbα Cν = (µκ|P) ( P|µλ) aβ bβ iβ jβ Cκ 1 Cµ Cν 2 Cλ 2 µ,κ P ν,λ 1 X = (ia|P)( P|jb), XX
Cµiα
jα
Cν jβ Cν
P
mit
(ia|P) =
XX Q
µ,κ
∗
iβ ∗
aβ
Cµiα 1 Cκaα 1 + Cµ 1 Cκ
1
1
(µκ|Q)(Q|P)− 2 .
(3.18)
¨ Die Auxiliarorbitale, die die Uberlappungsdichte darstellen, sind mit P bezeichnet. Die Summation uber ¨ die Komponenten kann in die Transformation der Dreiindexintegrale
15
3. Spinoren gezogen werden. Zur Konstruktion der Vierindexintegrale wird dann nur noch eine einfache komplexe Matrixmultiplikation benotigt. ¨
3.4.3. Symmetrie von Matrixelementen Als grundlegende physikalische Eigenschaft herrscht bei der Berechnung von Matrixelementen Symmetrie unter Vertauschung zweier Teilchen sowie Hermitezit¨at
(ia|jb) = ( jb|ia),
(ia|jb) = ( ai|bj)∗ .
In den restricted“ Varianten KHF und RHF gelten weitere Beziehungen wie ” (ia||jb) = (ı¯a¯ ||¯b¯ )∗ , (ı¯a||jb) = (i a¯ ||¯b¯ )∗ , ...,
(3.19)
(3.20)
die sich direkt aus den Gleichungen (3.12) und (3.14) ergeben. Diese lassen sich ebenso fur ¨ Dreiindexintegrale bestimmen
(ia|P) = (ı¯a¯ |P)∗ , fur ¨ reelle Auxiliarfunktionen P.
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(i a¯ |P) = −(ı¯a|P)∗ ,
(3.21)
4. Møller-Plesset-St¨ orungstheorie Das Versagen des Hartree-Fock-Verfahrens, die Elektron-Elektron-Wechselwirkung exakt zu beschreiben, liegt bereits im Produktansatz begrundet. ¨ Das Verfahren liefert in Form der variationell optimierten Spinoren aber einen Ausgangspunkt, die Korrelation im Nachhinein in die Wellenfunktion einzufugen. ¨ Da die HF-Wellenfunktion bereits eine gute N¨aherung fur ¨ die exakte Wellenfunktion darstellt, ist eine naheliegende Methode zu ihrer Verbesserung die Storungstheorie. ¨ Ein großes Problem besteht bereits seit vielen Jahren in der langsamen Konvergenz der Elektronenkorrelation an das Basissatzlimit, sowohl bei molekularen Energien als auch bei deren Eigenschaften. Die Ursache hierfur ¨ ist die unzureichende Beschreibung der Wellenfunktion, wenn sich die Elektronen sehr nahe kommen. Die exakte Wellenfunktion weist an der Elektronenkoaleszenzstelle eine Unstetigkeit in der ersten Ableitung auf ( Cusp“) [19], die durch konventionelle Verfahren nicht erfasst werden kann. ” Auch die n¨aherungsweise Beschreibung gestaltet sich schwierig, da die Entwicklung der Wellenfunktion in Produkten von Spinoren nur langsam konvergiert [20]. Ans¨atze, dieses Problem zu losen, ¨ beinhalten die Verwendung von Wellenfunktionen, die explizit von der Entfernung der betrachteten Teilchen im Molekul ¨ abh¨angen. Ein derartiger Ansatz wurde zuerst von Hylleraas [21] am Heliumatom unternommen. Wellenfunktionen, die in einer solchen Zweiteilchenbasis entwickelt werden, werden explizit korrelierte Wellenfunktionen genannt [22]. Explizit korrelierte Wellenfunktionen werden in Quanten-Monte-Carlo-Verfahren (QMC) verwendet [23], in storungs¨ theoretischen (MP2-) oder Coupled-Cluster (CC-) Verfahren mit Gauß-artigen Paarfunktionen [24, 25, 26], oder auch in Konfigurations-Wechselwirkungs-Verfahren mit exponentiell korrelierten Gauß-Funktionen (ECGs) [27, 28]. Kutzelnigg formulierte 1985 erstmals die R12-Methode [20]. Sie hat sich seither als ein vielseitiges Werkzeug der Quantenchemie gezeigt [29]. Die grundlegende Idee besteht darin, die konventionellen Paarfunktionen, die ein Produkt aus virtuellen Spinoren sind, durch explizit korrelierte Paarfunktionen zu erg¨anzen. Diese sind im Wesentlichen Produkte aus in der HF-Wellenfunktion besetzten Spinoren, die zus¨atzlich mit einer Funktion des Elektron-Elektron-Abstandes r12 , dem Korrelationsfaktor, multipliziert werden. Im einfachsten Fall ist das der Abstand selber, dann wird von linearem R12 gesprochen. Es kann jedoch auch eine allgemeine Funktion des Abstandes sein [30], in diesem Fall spricht man gelegentlich von F12-Methoden. Bereits durch wenige zus¨atzliche Terme kann die Wellenfunktion sehr viel genauer beschrieben werden.
17
4. Møller-Plesset-St¨orungstheorie
4.1. Konventionelles MP2 Die Storung ¨ in der MP2-Theorie besteht in der Differenz des Fock- und des HamiltonOperators X Vˆ = Hˆ − Fˆ = g(i, j) − J + K. (4.1) i< j
Die ungestorte ¨ Paarfunktion sei ein antisymmetrisiertes Produkt der besetzten Spinoren |iji. Die gestorte ¨ Wellenfunktion hat dann die Form |uij i = |iji + |vij i.
(4.2)
Ausgehend vom Hylleraas-Funktional [31] l¨asst sich damit die Storenergie ¨ 2. Ordnung schreiben als X X ˆ ij i + hvij |V|ij ˆ i , E(2) = e(ij) = hvij | Fˆ12 − E(0) |vij i + hij|V|v (4.3) i< j
i< j
mit Fˆ12 = Fˆ1 + Fˆ2 dem Fock-Operator fur ¨ die Elektronen 1 und 2. Ihre ungestorte ¨ Ener( 0 ) gie ist die Summe ihrer Spinorenergien E = ǫij = ǫi + ǫ j . Die Korrelationsenergie ( 2 ) aller Elektronen E kann als Summe uber ¨ Paarenergien e(ij) geschrieben werden, falls die Paarfunktion |vij i streng orthogonal auf den korrelierten Spinoren |iji steht. Die Paarfunktionen konnen ¨ variationell optimiert werden, das Hylleraas-Funktional stellt eine obere Schranke fur ¨ die Storungsenergie ¨ 2. Ordnung dar. Wird als Paarfunktion ein antisymmetrisiertes Produkt aus virtuellen Spinoren X ij |vij i = (4.4) |abitab , a