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V2
Je größer die Tempe ratur, desto größer das Volu men.
Je größer die Temperatur, desto größer der Druck.
Je größer der Druck, desto kleiner das Volumen .
Unter der Bedingung p = konstant gilt:
Unter der Bedingung V = konstant gilt:
Unter der Bedingung T = konstant gilt:
~ = ~ = konst.
e.", = ~ = konst.
p, . v,
(Gesetz von GAY-LusSAC)
(Gesetz von A MONTONS)
(G esetz von BOYLE und MARIOTTE)
Tl
T2
Erwärmung der Luft in einem Wohnraum
Tl
T2
Erwärmung des Ga ses in einer Gasflasche
=P 2 . v2 = konst .
langsames Betätigen einer Luftpumpe
• Entdeckt wurd en d ie Gasgesetze von d en Naturwissensch aftlern JOSFPH LoUIs GAY '
LUSSAC (1778- 1850), GUIllAU "l A, ONTONS
(1663- 1705), ROB T Bmu (1627- 1691) und Eo
E MARIorTE
(1620 - 1684).
164
Thermodynamik
isobare Zustandsänderung (p konstant)
isochore Zustandsänderung (V konstant)
= v
V2 V,
isotherme Zustandsänderung (T konstant)
=
=
EJ
P
EJ
P
/P' /V ~ IJ
/V
P2
P2
~;
:
,
i
P,
T2
T,
T
-
Y
:
I
P,
'
'
:
TI
T2
T
V2
VI
V
Zustandsänderungen in der Thermodynamik werden meist in p-V-Diagrammen dargestellt. Für die drei speziellen Fälle ergeben sich folgende rot eingezeichnete Graphen: P P
_mr
~
VI
V2
P
P
P2
T' ~
PI
-----:~
2
PI
PI
V
:
V
V
:~
:~ T
,
,
V2
VI
V
Neben den drei genannten Zustandsänderungen ist auch noch eine vierte, die adiabatische Zustandsänderung, von Bedeutung.
• Bei einer adi abati sch en Zust andsä nderung änd ern sich Druck, Volum en und Temperatu r, also im Unterschied zu den and eren Zustandsänderungen all e drei Größen .
P
P,
V
Eine adiabatische Zustandsänderung ist dadurch gekennzeichnet, dass das Gas mit der Umgebung keine W ärme austauscht. Beispiele für solche Zustandsänderungen sind der Kompressionstakt beim Dieselmotor oder auch das schnelle Zusammenpressen der Luft im Kolben einer Luftpumpe.
Bei 15 oe beträgt der Druck im Reifen ein es Pkw 240 kPa. Durch schne ll e Autobahnfahrt auf sonnenbeschienener Strecke erhöht sich die Temperatur im Reifen auf 50 oe. Auf welchen Wert vergrößert sich der Reifendruck? Analyse: Ein Pkw-Reifen ist so konstruiert, dass sich sein Volum en bei Druckänderung im normalen Betriebsbereich kaum verän dert. Man kann deshalb von einer isochoren Zustandsänderung (V = konst.) ausgehen.
Thermisches Verhalten von Körpern und Stoffen
165
1
Da sich Luft annähernd wie das ideale Gas verhält, kann das Gesetz von AMONTONS angewendet werden . Gesucht: Gegeben:
P2 P, T, T2
= 240 kPa = 288 K
Di e CELSiu s-Te mperatur muss in di e abso lute Temperatur um gerechn et w erd en (/ 5. 151). Näherung sw eise gilt:
=323 K
Lösung:
f = ~ + 273 Umstellen nach P2 ergibt:
323 K . 240 kPa 288 K
P2
= 269 kPa
• Ergebnis: Bei einer Temperaturerhöhung um 35 K erhöht sich der Reifendruck von 240 kPa auf etwa 270 kPa, also um etwa 10 %. Aus der allgemeinen Zustandsgleichung für das ideale Gas ( / S. 163) folgt, dass der Term P ~ v für eine abgeschlossene Gasmenge und beliebige Zustandsänderungen immer den gleichen Wert hat. Den Wert der Konstanten kann man berechnen, wenn man von folgenden Annahmen ausgeht: - Der Druck im Gas ist gleich dem Normdruck Po = 101,325 kPa . - Die Temperatur ist gleich der Normtemperatur Ta = 273,15 K. - Das Volum en des idealen Gases bei Normbedingungen (mol ares Normvolumen) beträgt Vo = 22,414 Liter je Mol.
Rechn et man f älsch licherweise mit der CELSius-Temperatur, so wü rde P2 = 800 kPa sei n, also m ehr als eine Verdreifac hu ng d es normalen Rei f endrucks auf treten.
Damit erhält man: Po' Vo _ 101,32 5 kPa . 22,414 ' 10- 3 m 3 273,1 5 K · mol
--=;=;;- -
= 8,314 _
J_ K · m ol
Diese Konstante wird als universelle oder allgemeine Gaskonstante R bezeichnet. Beträgt das Volumen V = n . Vo, so erh ält man als Wert für die Konstante n . R. Damit kann man die allgemeine Zustandsgleichung für das ideale Gas ( / S. 163) auch folgendermaßen schreiben: Für eine abgeschlossene Gasmenge des idealen Gases gilt:
P V
n R T
Druck Volumen Stoffmenge in mol universelle Gaskonstante absolute Temperatur
• Der Tabell enwe rt für di e un iverse lle Gaskonstante bet rägt: R = 8,31 4472 _ J_ K · mo I
Thermodynamik
166
• Die spezifische Gaskonstante ist mit der allgemeinen Gaskonstanten folg endermaßen verknüpft:
R = '!2 .R n S
In Physik und Technik wird häufiger mit der Masse als mit der Stoffmenge gerechnet. Deshalb wird meist nicht mit der allgemeinen Gaskon stanten R, sondern mit der spezifischen Gaskonstanten Rs gearbeitet. Damit kann man die allgemeine Zustandsgleichung auch so schreiben: Für eine abgeschlossene Gasmenge des idealen Gases gilt:
p . V = m . Rs . T
m Rs
Damit gilt:
Masse des Gases spezifische Gaskonstante
J
Rs = ~ . R = ~
Die spezifische Gaskonstante ist für jedes Gas, das näherungsweise als ideales Gas betrachtet werden kann, eine Stoffkonstante. Sie hängt nicht vom Druck und von der Temperatur ab. Eine weitere Form der allgemeinen Zustandsgleichung des idealen Gases ergibt sich, wenn man statt der Stoffmenge ( / Gleichung S. 165) die Teilchenanzahl N (/ S. 52) einbezieht .
•
Für eine abgeschlossene Gasmenge des idealen Ga ses gilt auch:
Für di e Stoffll1enge gilt:
n
p .V=N .k .T
N
k
= !:!..
Teilchenanzah l BOLTZMANN -Konstante
NA
Aus den beiden Konstanten NA und R ergibt sich di e BOLTZMANN- Kon stante k :
In einer 40-I-Gasflasche befindet sich Sauerstoff. Bei 20 oe beträgt der Druck 11,6 MPa . Wie groß ist die Masse des Sauerstoffs?
k = !i.
NA
k = 1,381 . 10- 23 J . K- 1 Benannt ist sie nach dem österreich ischen Physik er lUDWIG BOlTZMANN (1844 - 1906).
Analyse: Sauerstoff kann als ideales Gas betrachtet werden. Die zur Berechnung erforderliche spezifische Gaskonstante kann man einem Tabellenwerk entnehmen.
Gesucht: Gegeben:
m V = 40 1=4· 10- 2 m 3 T = 293 K P =11,6·1 06 pa Rs = 259,8 J . kg- 1 . K- 1 (Tabellenwerk)
Lösung:
Die Umstellung von p . V = m . Rs . T nach m ergibt: m =~
R, ' T
m _11,6·10 6 N·4·1O- 2 m 3 · kg·K -
m
= 6,1
m 2 . 259,8 J . 293 K
kg
Ergebnis: In der 40-I -Gasflasche befinden sich bei einer Temperatur von 20 und einem Druck von 11 ,6 MPa etwa 6,1 kg Sauerstoff.
oe
Kinetische Theo rie der W ärme
3.3
Kinetische Theorie der Wärme
3.3.1
Der atomare Aufbau der Stoffe
167
Feste, flüssige und gasförmige St offe bestehen aus Atomen od er Molekü len . Dere n Existenz wurde zwar seit lan gem vermutet, experimentelle Belege kon nten aber erst seit Begi nn des 20. Jah rhunderts erbracht werden. Wichtige Ansätze gab es bereits im 19. Jahrhundert. So stel lte der engl ische Naturforsch er JOHN DALTON (1766- 1844) im Jah r 1808 eine Atomhypothese auf , die es ermöglichte, bereits früher entdeckte Gesetze über chemische Reaktionen zu erklären . Diese Atomhypothese lautet:
JOh I D l 0'11
- Jedes Element besteht aus k leinsten, ch emisc h nicht weiter ze rl eg baren Teilchen, den A t omen . - At om e eines Elements haben die gleiche Größe, die gleiche M asse und verhalten sich chemisch gleich. - Ato me verschiedener Elemente sind von einander ve rschieden . - Bei der ch emischen Verbindung von zwei ode r mehreren Elementen verbinden sich die Ato me zu neuen Teilchen, den Molek ülen. - Die unterschiedlichen Eigenschaften der chemischen Verbindungen ergeben si ch aus der Verschiedenartigkeit ihrer Zusa mmensetzung und der unterschiedlichen Struktur.
(1766- 1844) versuchte, di e von ihm aufgest ellte Atomhypothese durch chemi sch e M essungen zu best äti gen . Die Existe nz von Atom! n wurd e bereits von d em gr iechischen Philosophen DEMOKRIT (460 - 370 v. ehr.) angen omm en .
•
Diese At omh ypothese erwies sich als außerordentlich tragfähig und tr ug entscheid end zur Entwicklu ng der At omth eo rie be i.
iSHiii MII
+
•
iji'Htum'
Bei ch emischen Reak tion en bl eibt die Gesamtm asse unverändert (Gesetz von der Erhaltung der Masse). In einer ch emisch en Verbindung sind die Best andteil e stets in einem bestimmten Massenverhältnis enth alten (Gesetz d er konstanten Proportionen).
)
6 W asserstoffmo lekül e
3 Sauerstoffmolek üle
6 Wassermoleküle
Unterschiede zwischen festen , flüssigen und gasförmigen St offen bestehen vor allem bei den zwischenmolekularen Bindungskräften zwischen Atomen bzw. Moleküle n, die ein unterschiedliches Form - und Volumen verhalten bewirken (/ s. 54). W esentl ich en Anteil an der Entwickl ung der kinetischen Theorie der W ärme hatten die Physiker LUDWIG BOLTZMANN (1844- 1906), JAMES CLERK MAXWELL (1831 - 1879), RUDOLF CLAUSIUS (1822- 1888) und WILLI AM THOMSON, d er spätere Lord KELVIN (1824- 1907).
Thermodynamik
168
Größe, Masse und Anzahl von Atomen
i Eine M ethod e zur Bestimmung des Durchmessers von Atom en ist di e Ölfleckme· thode.
i Di e relative Atom masse A r ist d er Quoti ent aus der Ma sse eines At om s mA und der atom aren M asseeinheit u (/ S. 53):
Ar = ~ u
Atome und Moleküle haben außerordentlich kleine Abmessungen; ihre Anzahl bei den uns umgebenen Körpern ist unvorstellbar groß. Nachfol gend sind die Größenordnungen für den Durchmesser, die Masse und die Anzahl von Atomen angegeben. Der Durchmesser von Atomen lässt sich nicht direkt messen, aber indirekt ermitteln . Messungen haben ergeben: Der Durchmesser von Atomen liegt zwischen 10- 10 und 5 . 10- 10 m . Geht man von der größtmöglichen Packungsdichte aus, dann liegt der Abstand von Atomen bei Festkörpern und Flüssigkeiten in der Größen ordnung des Atomdurchmessers. Bei Gasen ist der Abstand stets vom Druck abhängig und kann in weiten Grenzen variieren. Die Masse von Atomen kann mithilfe eines Massenspektrografen ( / S. 240) oder über die relative Atommasse berechnet werden . Die Masse von Atomen liegt zwischen 10- 27 kg und 10- 24 kg .
Die im Periodensystem ausgewiesene relative Atommasse von Aluminium beträgt 26,98. Demzufolge erhält man als Masse eines Aluminiumatoms: m A = U · Ar m A = 1,66· 10- 27 kg ·26,98 m A = 4,48 . 10- 26 kg Die Teilchenzahl in einem bestimmten Volumen hängt von der Stoffmenge (/ S. 52) ab, die in Mol angegeben wird . In einem Mol eines Elements sind etwa 6 . 10 23 Atome enthalten.
Das gilt auch fü r Gase unter Normbed in gungen (p = 101,3 kPa, T = 273 K) . Da s molare Volumen beträgt d ann Vm
= 22,4
m10 l .
Aus wie vielen Atomen besteht 1 kg Eisen? Analyse: Die An zahl der Atome ka n n über die relative Atommasse (s.o.) oder mithilfe der AVOGADRO-Konstanten ( / Beispiel S. 52) ermittelt werden. Die Werte der Konstanten sind in Tabellenwerken zu finden . Gesu cht: Gegeben:
N
Ar
= 55,85
Lösung: Für d ie Masse eines Eisenatoms erhält man : m A =1,66· 10- 27 kg . 55,85 m A = 9,27 . 10- 26 kg
169
Kinetische Theorie der Wärme
Daraus ergibt sich durch eine einfache Dreisatzrechnung als An zahl der Atome für 1 kg :
N
• Würd e man d iese Atome w ie an ein er Perl enkett en hintereinand er aufreih en, so hätte di ese Perl enkette ein e Länge von etwa 2 500 Milliarden Kilom et ern.
= 1,08 · 10 25
Ergebnis: 1 kg Eisen besteht aus 1,08 . 10 25 Atomen.
Bewegung von Atomen und Molekülen Atome und Moleküle von Stoffen bewegen sich ständig ungeordnet. Dabei kann es sich, je nach dem Aufbau der Stoffe, um Schwingungen oder translatorische Bewegungen oder Rotationsbewegungen handeln .
Schwingungen
Translation
Rotation
Schwingungen um eine bestimmte Lage in verschiedenen Raumrichtungen
Geradlinige Bewegung in verschiedenen Raumrichtungen
Rotation von Molekülen um verschiedene Drehachsen.
t / Atome eines Stoffes im Kristallgitter
I
Bei Flüssigkeiten und Gasen kann es auch zu ei ner Überlag eru ng von Translation, Schw ingun ge n und Rotation komm en.
-
Atome oder Mol eküle in Flüssigkeiten und Gasen
•
mehratomige Moleküle
Die ständige ungeordnete Bewegung von Atomen und Molekülen wird als Molekularbewegung oder als thermische Bewegung bezeichnet. Ein Beleg für die thermische Bewegung von At omen bzw. Molekülen ist die von dem schottischen Biologen ROBE RT BROWN (1773- 1858) entdeckte brownsche Bewegung. Diese von BROWN beobachtet e Bewegung von kleinen Teilchen (/ Foto) wird durch die Bewegung der Moleküle hervorgerufen, die ständig auf die im Mikroskop sichtbaren kleinen Teilchen treffe n.
•
• Di e durch schnittli chen Geschwindig ke iten der Atom e bzw. Mole kül e sind st ark t em peratu rabhängig und li egen bei Gasen unter No rmbedingungen ( / S. 165) zwischen 400 m/s und 2 000 m/s ( / S. 172). All ge mein gilt: Di e Be w eg ung ist um so heft iger, j e höher di e Temperatur ist .
170
i Wesentlich en Antei l an der Entw icklung d er kin eti schen Gast heori e hatten der britische Physi ker JAMES CLERK MAXWELL
(1831 - 1879) und der öste rreich isch e Physiker LUDWIG BOLTZMANN (1844- 1906) .
Thermodynamik
3.3.2 Kinetische Gastheorie Die allgemei ne Zustandsgleichung für das ideale Gas ( / S. 163) und die daraus ableitbaren spez iell en Gasgesetze ( / S. 163) zeigen , dass Gase we itgehend ü bereinstimmende thermische Eigenschaften haben. In der phänomenologischen Betrachtungsweise ( / S. 148 f .) lassen sie sich mithi lfe der Zustandsgrößen Temperatur, Druck und Volu men beschre iben . Zugleich sind die Zustandsgrößen mit Teilchengrößen (Teilchenanzahl, Geschwindigkeit und Energie der Tei lchen) verknüpft. Die Einbeziehung von Teilchengrößen ermöglicht d ie Erklärung des Verhaltens vo n Gasen und d ie Deutung von Vorgängen im makroskopi sche n Bereich. Dazu gehört auch die Herstel lung von Beziehungen zw ischen makroskopisch messbaren Größen und ih rer mikrophysikalischen Deutung . Angewandt wird hierbei d ie kinetisch-statistische Betrachtungsweise (/ S. 149 f .), di e auf das ideale Gas (/ S. 150) bezogen wird. Räumliche Verteilung von Teilchen Wir betrachten ein thermodynamisches System, das aus zwei getrennten Raumbereichen besteht. In einem der Raumbereiche befindet sich ein idea les Gas, der andere Raumbereich ist leer (S kizze links). Beseitigt man die trennende W and, dann stellt sich nach einiger Zeit die rechts dargestellte räumliche Ve rteilung ein.
•
Geht man von einer sehr großen Teilchenanzah l aus, w ie es bei makroskopischen Systemen der Fall ist, dann gilt:
I
Unter der W ahrscheinlichkeit w einer Verteil ung versteht man die re lative Häufig keit d es Auftret ens einer Vertei lung . Die Wahrschein lichkeit, d ass sich ein beli ebig herausg egriffen es Teilchen im Volum en V, + V2 befind et , ist w = 1. Das g ilt auch fü r 2 oder f ür N Teilchen.
Die Gleichverteilung der Teilchen ist die wahrscheinlichste räumliche Anordnung in einem gegebenen Raumbereich. Betrachtet man die Teilchenanzahl N in ein em Volum en \I, so ist der Quotient N/V die Te ilchenanzahldichte. Bei einer Gleichverteilung der Teil ch en ist die Teilchenanzahldi chte in den versch iedenen Raumbereichen näherungsweise konstant . Andere Zustände als die der Gleichverte il ung sin d möglich. Ih re W ahrscheinlichkeit ist allerdings umso kleiner, je weiter sie vo n der Gleichverteilung entfernt sind. Die A bweichungen vo n den statistisch wahrscheinlichsten Zuständen werden als statistische Schwankungen bezeichnet. Ein Beisp iel für Schwankungserscheinunge n ist die brownsche Bewegung ( / S. 169).
Kinetische Theorie der Wärme
Stellt man die Wahrscheinlichkeit der Verteilung in den beiden Raumbereichen V, und V2 grafisch dar, so ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass si ch in jedem der Raum bereiche NI2 Teilchen befinden, besonders groß. Die W ahrscheinlichkeit dafür, dass sich in einem der Raumbereiche alle oder kein Teilchen befinden, ist äußerst gering. Sie geht gegen nu ll.
171
•
W
o
N/2
N
Di e W ahrscheinlichkeit, ein bestimmtes Teilchen im Raumbereich V 1 zu finden, beträgt w = ~ . Das g ilt auc h für ein zwei tes Teilchen . Di e Wahrsche inlichkeit, beide Teilchen gleichzeitig in V 1 zu finden, beträgt nur noch
w= ~~=~ oder
w= (~r
Geschwindigkeitsverteilung von Teilchen Untersucht man anhand eines Modellgases die Geschwindigkeitsverteilung in einem Gas, dann erhä lt man eine charakteristische Verteilung, die darüber hinaus von der Temperatur abhängig ist. Im nachfolgenden Diagramm ist die Geschwindigkeitsverteilung für zwei verschiedene Temperaturen dargestellt.
Für N Teilch en wäre sie W =
( ~r.
I Der britische Physiker JAMES CLERK MAXWELL
v
(1831 - 1879) leitete um 1860 das Verteilungsgesetz unter Nutzung der W ahrschei n Iich keitstheori e her. Man spricht deshalb auch von der maxwellsehen Geschwindigkeitsverteilung .
Aus dem Diagramm und vielen anderen Untersuchungen ergibt sich: Die Teilchen eines Gases haben unterschiedliche Geschwindigkeiten . Die Geschwindigkeitsverteilung ist temperaturabhängig. Insbesondere ist aus dem Diagramm erkennbar, dass die Geschwindigkeitsverteilung nicht symmetrisch ist. Deshalb muss man zwischen verschiedenen Geschwindigkeiten unterscheiden. Das Maximum des Graphen (s. Diagramm), entspricht der wahrsch einlichsten Geschwi ndigkeit Vw. also der Geschwindigkeit, d ie die meisten Teilchen haben. Da wegen des unsymmetrischen Kurvenverlaufs die Anzahl der Teilche n mit höherer Geschwind igkeit größer ist als die mit kleiner Geschwindigkeit (s. Diagramm), ist die m ittlere Geschwindigkeit ii der Teilchen größer als die wahrscheinlichste Geschwindigkeit Vw
•
1 Die Geschwindigkeitsverteilung kann man auch experim entell bestimmen, z. B. mithilfe des Versu ches von STERN. Dabei wurde die theoretisch vorhergesagte Geschwindigke itsverteilung bestätigt.
Thermodynamik
172
•
I
Für die drei Geschwindigk eiten geIten di e folg enden Beziehungen:
v
w
=
Für statistische Betrachtungen ist darüber hinaus der quadratische Mittelwert der Geschwindigkeit (die Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat) von Bedeutung. Die Zusammenhänge zwischen diesen drei Geschwindigkeiten zeigt das nachfolgende Diagramm.
ß
{2R"":T
"f ----r0
N(v)
T = konstant
Fv2 = Jf{;T Mit ~ = Rs ( / S. 166) erh ält man we itere Gl eichungen.
v
Für diese drei Geschwindigkeiten gilt: vw :
v:ß
= 1 : 1,13 : 1,22
Bei 0 oe beträgt die mittlere Geschwindigkeit von Stickstoffmolekülen 490 m/s. Wie groß ist die wahrscheinlichste Geschwindigkeit? Analyse: Die wahrscheinlichste Geschwindigkeit Vw ist kleiner als die mittlere Geschwindigkeit. Sie kann aus ihr berechnet werden. Gesucht: Gegeben:
Vw
v
= 490 m/s
Lösung :
vw : v =1:1,13 Vw
v
1.13
Vw = 4,90 m ...,-;-i3S
Vw = 434 m . s- 1
Ergebnis: Die wahrscheinlichst e Geschwindigkeit von Stickstoffmolekülen bei ooe beträgt 434 m . S- 1. Energieverteilung der Teilchen und Gesamtenergie Bei einem idealen Gas haben die Teilchen nur kinetische Energie der Translation. Aus der oben beschriebenen Geschwindigkeitsverteilung ergibt sich eine entsprechende Energieverteilung.
Kinetische Theorie der Wärme
Die kinetische Energie eines Teilchens beträgt E kin = ~m . v 2 . Sie kann, wie die Geschwindigkeit, in einem weiten Bereich schwanken. Für statistische Betrachtungen bedeutsamer ist die mittlere kinetische Energie der Teilchen. Die mittlere kinetische Energie der Teilchen beträgt: Ekin =
~m . v 2
m
Masse eines Teilchens
;?
mittleres Geschwindigkeitsquadrat
Besteht ein Gas aus N Teilchen, so ist die gesamte kinetische Energie des Gases das N-fache der mittleren kinetischen Energie aller Teilchen. Für das ideale Gas ist das zugleich die innere Energie.
173
Mit ei ner Geschwin
digkelt von 1 500 m/s und ein er M asse von 1,67 · 10- 27 kg (Wasse rstoffatom) erhä lt man eine kin eti sc he En ergi e ein es W asse rstoffatom s von etwa 2 . 10- 2 1 J. Ein Mol Wa sserstoff hätte d ann eine En ergi e vo n 2 . 10- 2 1 J . 6 . 10 23 und damit von 1,2 kJ.
Die innere Energie U des idealen Gases ist gleich der gesamten kinetischen Energie aller seiner Teilchen. U = N· Ekin
N
Teilchenanzahl
Ek in
mittlere kinetische Energie eines Teilchens
Molekularbewegung und Gasdruck In einem abgeschlossenen Behälter bewegen sich die Teilchen eines Ga ses völlig unregelmäßig mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und in den verschiedensten Richtungen. Setzt man das ideale Gas voraus, so fin den nur elastische Stöße zwischen den Teilchen sowie zwischen Teilchen und Behä lterwänden statt.
Der auf eine Fläche wirkende Gasdruck kommt du rch die Stöße einer Vielzahl von Teilchen zustande.
Er ist umso größer, je größer die Teilchenanzahl und die mittlere Geschwindigkeit der Teilchen sind. Da der Gasdru ck eine statistische Größe ist, kann er zeitlich geringfügig schwanken . Makroskopisch messbar sind diese Schwankungen allerdings nicht.
Der Erst e, der de n Gasdruck mit de r Beweg ung d er Mol ekül e in Zusam m enhang bracht e, wa r der schwe ize r M ath ematiker und Naturforscher [, NI L uEfl t JUlI l (1700 - 1782).
174
----
Thermodynamik
• Ist bei senk rechter Anordnung der Kol ben bewegl ich, so ist im Gl ei chg ewichtszusta nd die von den Teilchen ausgeübte Druckkraft gl eich der Gewichtskraft des Kolbens.
Experimentell veranschaulichen kann man den Gasdruck mithilfe von kleinen Stahlkugeln, die sich in einer Kammer mit durchsichtigen Wänden befinden und die durch einen Motor mit Exzenter in schnelle Bewegungen versetzt werden. Das Foto links zeigt die Versuchsanordnung, die als "Schüttelapparat" bezeichnet wird. Die Geschwindigkeit der Teilchen kann man durch Veränderung der Drehzahl des Motors verändern.
Kolben (beweglich oder fest) -~-Kammer mit Teilchen Motor mit Exzenter
Grundgleichung der kinetischen Gastheorie Die Zusammenhänge zwischen dem Gasdruck und der Teilchenbewegung kann man quantitativ erfassen, wobei wir von folgenden Annahmen ausgehen:
s = v· Llt I' I
I
, A _
I
l, _ __
J _ _ _ _ _ _ _ __ _
- Betrachtet wird das ideale Gas, bei dem nur elastische Wechsel wirkungen mit den Behälterflächen auftreten . - Die Teilchen haben eine (durchschnittliche) Geschwindigkeit v. In Richtung jeder der sechs Flächen des Würfels bewegen sich 1/6 aller Teilchen . - Im Behältervolumen V befinden sich insgesamt N Te ilchen. Die Teilchenanzahldichte beträgt somit NIV
In einem Quader der Seitenfläche A und der Länge 5 d an n eine Teilchenanzahl von:
=v· Llt befindet sich
!Yv · A · v·M Da sich 1/ 6 der Teilchen in Richtung Fläche A bewegt, beträgt diese Teil chenanzahl:
l!Y · A-v ·
6V
v
Jedes Teilchen der Masse m und der Geschwindigkeit hat den Impuls m . V. Nach senkrechtem Stoß gegen die Wand beträgt dieser Impuls weder Betrag der Impu lsändegen der elastischen Wechselwirkung - m . rung dem zufolge 2 m · v. Der Betrag der Impulsänderu ng aller Teilchen, die während des Zeitintervalls auf die Wand treffen, beträgt damit:
v,
LlP i = ~ ~ . A · v · M
. 2m . v
(1)
Kinetische Theorie der Wärme
175
Für den Betrag der Kraft auf die Fläche A gilt allgemein :
F
= ...EJ
(2)
t
Setzt man (1) in (2) ein und vereinfacht, so erhält man : F
= 13Vr:!. . A
.
m . v2
(3)
Mit P = F/A erhält man für den Druck auf die Fläche A:
p
= 13 r:!.v . m . v2 = 3~ . r:!.V
. 1 m . v 2 (4) 2
Die Imp ulsänderung ist gleich dem Kraftstoß (/ S. 104):
L'1Pi = F · L'1t Beachten Sie: Impul s und Dr Jck haben beide das Kurzzei ch en p . Zur Unte rsch eid ung ist hier der Impul s mit Pi bezeich net.
Der letzte Term (rot ) ist die kinetische Energie eines Teilchens. Beachtet man, dass als Mittelwert der quadratische Mittelwert der Geschwindig keit (/ S. 172) angeset zt werden muss, dann erh ält man durch Umformen von (4) die Grundgleichung der kinetischen Gastheorie. Die Grundgleichung der kinetischen Gastheorie lautet: p .V
oder
p N
Druck des Gases Teilchenanzahl
= l3 N · m · ~ m V
Masse eines Teilchens Volumen des Gases
[kin mittlere kinetische Energie
der Teilchen v2
mittleres Geschwindigkeitsquadrat
In der Grundgleichung der kinetischen Gastheorie sind makroskopisch messbare Größen mit Teilchengrößen verknüpft. Das ermög licht die kinetisch-statistische Deutung der Zustandsgrößen eines Gases. Darüber hinaus können aus der Grundgleichung weitere einfache Zusammenhänge hergele itet werden.
•
Geschwindigkeit von Teilchen Stellt man die Gleichung p . V = l N · m . v 2 nach der Geschwindigkeit 3 um, dann erhält man :
Di e Umst ellung nach pergibt:
p =~ N ~m .~ -
_2
Setzt man v 2 ", v , dann erhä lt man eine einfache Gleichung für die Abschätzung der Geschwindigkeit von Molekülen . Bei einem Gas, das als ideales Gas angesehen werden kann, beträgt die Geschwindigkeit der Gasmoleküle p p
Druck des Gases Dichte des Gases
Das Produ kt N . mi st die Masse des Gases, der Quoti ent aus Masse und Volum en die Dichte:
N;n = p
Dam it erh ält man:
P = ~ p. v2
176
Thermodyna m i k
•
Wie groß ist die mittlere Geschwindigkeit von Wasserstoffmolekülen bei Normbedingungen?
Gelöst werd en kann die Aufgabe auch mit der Gleichung :
v=
J3R~ T
M an erhä lt d iese Gleichung durch Verknüpfung der GIl I gl.ichlillg d r ~ ir E.d(h n ::lastllecti' mit der lIstand~gl 'I tu nr des idealen
Analyse: Unter Normbed ingungen versteht man einen Druck von 101,3 kPa (normaler Luftdruck) und eine Temperatur von oe = 273 K. Die Dichte von Wasserstoff bei diesen Bedingungen kann man einem Tabellenwerk entnehmen.
°
Gesucht: Gegeben :
v p = 101,3 kPa p
Lösung:
Gases.
= 0,089 kg . m- 3
v
=fj =J3 .
v
= 1850 !!l
v
101 ,3 kPa . m 3 0,089 kg
Für die Einh eiten gi lt: 1 kP a = 1 000 Pa Pa· m 3
N . m3
~
m2 · kg
5
-~ -
s2. m 2 . kg
m2
52
Ergebnis: Bei Normbedingungen beträgt die Geschwindigkeit von Wasse rstoffmolekülen etwa 1 850 m/s. Druck eines Gases Ste llt m an die Grundgleichung der kinetischen Gastheorie nach dem Druck p um, so erhält man :
Der Druck eines Gases wird durch die Teilchenanzahldichte und die mittlere k ineti sche Energie der Teilchen bestimmt. Energie, Temperatur und Teilchenbewegung Verknüpft man die Grundgle ichung der kinet ischen Gastheorie in der Form p . V = ~ N . Ekin mit der Zustandsgleichung des idealen Gases in der Form p . V = N . k . T durch Gleichsetzen der rechten Seiten, so erhält man folgend en Zusammenhang:
• Diese Bezi ehung gilt für das :k I ll., und damit ann ähernd für all e einatomigen Gase.
Die mittlere kinetische Energie eines Teil ch ens hängt von der absolu ten Temperatur des Gases ab. Ekin
= ~k . T
k T
BOLTZMANN-K onstante ( / S. 166) absolute Te mperatur
Kinetische Theorie der Wärme
Die Teilchen des idealen Gases können sich in drei Raumrichtungen bewegen. Man nennt diese Bewegungsmöglichkeiten auch Freiheitsgrade. Bei einem hantelförmigen Molekül (Skizze rechts) kommen weitere drei Freiheitsgrade der Rotation hinzu, wobei die Rotation um die Längsachse wegen des geringen Trägheitsmomentes ( / S. 99) vernach lässigt werden kann .
177
• Ein ein atomi ges Gas hat 3 Freih eitsg rad e der Transl ation . Sein e mittlere kin etische En ergie beträgt :
Ekin = ~ k .T
I /
Ein zweiatomig es Gas hat 3 Freiheitsgrade der Transl ation und 2 Freiheitsgrad e der Rotation. Seine mittlere kinetische Energi e beträgt:
-
Ekin =~ k ' T
Im statistischen Mittel verteilt sich die Energie gleichmäßig auf die Freiheitsgrade. Auf jeden Freiheitsgrad entfällt eine mittlere kinetische Energie von : -
1
k T
Ekin = '2 k. T
BOLTZMANN-Konstante (/ S. 166) absolute Temperatur
Der S. 176 genannte Zusammenhang zwischen kinetischer Energie und Temperatur lässt sich zur kinetisch-statistischen Deutung der Temperatu r nutzen . Die absolute Temperatur ist ein Maß für die mittlere kinetische Energie der Teilchen eines Gases. Es gilt: [ kin mittlere kinetische Energie der Teilchen
~
mittleres Geschwindigkeitsquadrat
Atomarer Wasserstoff habe eine Temperatur von 0 oe.
Wie groß ist die mittlere kin etische Energie seiner Teilchen? Analyse: Wir gehen davon aus, dass sich Wasserstoff annähernd wie das ideale Gas verhält. Dann kann seine mittlere kinetische Energie aus der absoluten Temperatur und der BOLTZMANN -Konstanten berechnet werden. Für atomaren Wasserstoff als ideales Gas liegen 3 Freiheitsgrade vor. Anzuwenden ist also die Gleichung: 3 Eki n = '2 k . T Gesucht: Gegeben:
[ kin
T k
= 273 K = 1,38 ' 10- 23 J . K- 1
• Für ein Teilch en od er ein e kl eine An za hl von Tei lch en ka nn sinnvoll erweise ke in e mak roskopisch messbare Temperatur angegeben werden. Man ka nn aber eine aus kinetisch-statisti schen Betracht ung en resultierend e Temperatur zuordn en.
178
Thermodynamik
Lösung: Ekin ==
~ k· T
2
Ekin == ~ · 1,38 · 1O-23~ . 273 K 5,7 . 10- 21 J
Ekin
Ergebnis:
Bei einer Temperatur von 0 oe beträgt die mittlere kinetische Energie von Teilchen des Wasserstoffs 5,7 . 10- 2 1 J. In der nachfolgenden Darstellung ist ein Überblick über ausgewählte thermodynamischen Zustandsgrößen und ihre kinetisch-statistische Deutung gegeben. makroskopische Zustandsgrößen eines Gases
kinetisch-statistische Deutung
Druck p
Der Druck auf eine Fläche kommt durch Stöße einer Vielzahl von Teil chen zustande. 2 N
-
P == :3 v · Ekin p _ 1':!.
p - Eki n
V
Temperatur T
Die Temperatur ist ein Maß für die mittlere kinetische Energie der Teilchen. Eki n ==
~ k .T T-
Energie E
Die mittlere kinetische Energie der Teilchen ist von ihrer Geschwindigkeit bzw. von der Temperatur des Gases abhängig. Ekin ==
12 m· ~
Ekin - v 2
innere Energie U
v2
Ekin - T
Für das ideale Gas ist die innere Energie gleich der Summe der mittleren kinetischen Energien aller Teilchen. U == ~ N . k . T
U == ~ p . V 2
Hauptsätze der Thermodynamik
3.4
179
Hauptsätze der Thermodynamik
Die Hauptsätze der Thermodynamik sind grundlegende Erfahrungssätze, auf denen erhebliche Teile der Thermodynamik aufbauen. Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts formulierten Gesetze sind vielfach experimentell bzw. durch die Erfah rung bestätigt. Eine ihrer Besonderheiten besteht darin, dass sie in sehr unterschiedlicher Weise formuliert werden können. Das gilt insbesondere für den 2. Hauptsatz. Wicht ige Formulierungen gehen auf solche bedeutenden Physi ker wie RUDOLF CLAUSIUS (1822- 1888), W ILLIAM THOMSON (Lord KELVIN, 1824- 1907), MAX PLANCK (1858 -1947) und WALTH ER NERNST (1864- 1941) zurück .
3.4.1 Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik Innere Energie, mechanische Arbeit und Wärme Wir betrachten eine Gasmenge, die sich bei bestimmter Temperatur und bestimmtem Druck in einem abgeschlossenen Zylinder befindet (Skizze unten links) . Di eses Gas besitzt dann eine bestimmte innere Energie U, die sich aus der Summe der kinetischen Energien seiner Teilchen ergibt. Für die Veränderung der inneren Energie des Gases gibt es zwei Möglichkeiten: - Schiebt man den Kolben unter Verrichtung mechanischer Arbeit in den Zylinder (mittlere Skizze), dann wird die Geschwindigkeit und da her auch die kinetische Energie der am Kolben reflektierten Atome größer als vor ihrem Aufprall. Dies folgt aus den Gesetze n des e lasti schen Stoßes (/ S. 112), denn der Kolben bewegt sich auf di e Teilchen zu. Insgesamt erhöht sich also durch Verrichten mechanischer Arbeit die innere Energie des Gases. - Führt man dem Zylinder bei fest stehendem Kolben Wärme zu, dann werden die Teilchen der Gefäßwände in heftigere thermische Schwingungen versetzt (Ski zze rechts). Die auf die Gefäßwände prallenden Gasatome nehmen einen Teil dieser Schwingungsenergie auf und erhöhen dadurch ihre kinetische Energie.
I
/ I
Die Beze ichnung "Hauptsatz" ist ein historisch geprägter Begriff. Es hand elt sich bei den Hauptsät zen der Thermodyna mik um grundlegende ph ysikal ische Gesetze.
180
• Die erst e Formulierung di eses Hauptsatzes geht auf RUDOLF CLAUSIUS (1822- 1888) zurück, der um 1850 erstm als eine Gl eichung dafü r anga b.
Thermodynamik
Das bedeutet: Durch Zufuhr von Wärme lässt sich die innere Energie des betrachteten Gases ebenfalls erhöhen. Sofern die dargestellten Vorgänge in umgekehrter Richtung vonstatten gehen, gilt: Verrichtet das Gas mechanische Arbeit oder gibt es Wärme ab, so sinkt seine innere Energie. Durch Verallgemeinerung auf beliebige Stoffe und physikalische Systeme gelangt man zum 1. Hauptsatz der Thermodynamik. Tauscht ein System mit seiner Umgebung Wärme aus, verrichtet es mechanische Arbeit oder wird an ihm mechanische Arbeit verrichtet, dann ändert sich seine innere Energie. Die Änderung der inneren Energie ist gleich der Summe aus mechanischer Arbeit und Wärme. Es gilt: LlU
=W + 0
LlU Änderung der inneren Energie W mechanische Arbeit o Wärme
Dabei gelten die in der Physik üblichen Festlegungen für die Vorzeichen: - Die am System verrichtet Arbeit bzw. die zugeführte Wärme ist posit iv. Die innere Energie des Systems wird dabei größer, d. h. LlU> O. - Die vom System verrichtet Arbeit bzw. die abgegebene Wärme ist negativ. Die innere Energie des Systems wird d abei kleiner, d. h. LlU < O.
!
W O
Q 0
184
Thermod ynami k
Die Volumenarbe it kann berechnet werden mit den Gleichungen
v2
p
w =-
oder
W = - p ' LW (für p = konst. )
f
p (V)dV
v, v
Druck im Gas
Volumen des Gases
Eine in einer Luftpumpe eingeschlossene Luftmenge wird durch langsames Hineindrücken des Kolbens von 80 cm 3 auf 20 cm 3 komprimiert . Der anfängl iche Druck beträgt 1000 hPa.
a) Zeichnen Sie für diese Zustandsänderung das p -V-Diagramm! b) Wie groß ist die zur Kompression erforderliche Arbeit?
Eine langsa me Kompression oder Expan sion ka nn man näherungsweise als isotherme Zustandsänderung ansehen. Be i schne ll er Kompression liegt meist eine adiabatische Zustandsanderung vor.
Analyse: Für eine isotherme Zustandsänderung (T = konstant) giltp' V = kon stant oder p, . V, = P 2 . V 2. Daraus ergeben sich Wertepaare für p und V. Die mechanische Arbeit kann man durch Auszählen der Fläche unter dem Graphen ermitteln oder mit der oben genannten Gleichung berechnen, wobei zu beachten ist, dass sich der Druck mit Ve ränderung des Volumens ändert. Lösung: a) Es ergeben sich z. B. folgende Wertepaare:
60
80
p in hPa
I 1333
1000
40
20
2000
4000
J
Damit erhält man folgendes Diagramm : p in hP a
4000 3000 2000 1000
-
Es empfi ehlt sich, die auf den Achsen abgetragenen Einheiten so umzurechnen, dass man eine gebräuchliche Ei nheit für die mech anische Arbeit erh ält.
w 20
40
60
80
V i n cm 3
b) Durch Auszählen der Fläche unter dem Graphen erhält man für die mechanische Arbeit einen Betrag von etwa 11 Nm. Für die Berechnung ist folgende Gleichung an zuwenden:
v2 W=-
f
p (V)dV
~
Mit P (V) = P, / , erhält man:
~
W =- p , . V, .
f&
dV
v,
185
Hauptsätze der Thermodynamik
Die Integration ergibt: W = I - p, . V , . In VJ
V2
v,
V
InV2 - lnV, = In ~2
= (- p , . V,) . (In V2 - In V, )
Für die Einh eiten gilt:
W= - 1 000 hPa ·80 cm 3 . (- 1,39) W = 11,1 Nm
1 hPa ·1 cm 3 = 10 2 Pa . 10- 6 m 3 = 10-4 N ·m 3
Ergebnis: Beim Komprimieren der Luft muss eine Arbeit von etwa 11 Nm verrichtet werden.
m2
= 10- 4 Nm
Wärme bei konstantem Volumen Wir betrachten ein Gefäß mit unbeweglichem Kolben . Das Gas kann damit bei Wärmezufuhr nicht expandieren und daher auch keine mechanische Arbeit verrich ten (W = 0) . Wird Wärme auf das Gas übertragen, dann muss das nach dem 1. Hauptsatz zur Erhöhung der inneren Energie füh ren:
unbew eg licher Kolben
• Au s der Zustandsgleichung des idealen Gases (/ S. 163) folgt für V = kon st ant: ~ = kon st ant oder
p- T M it Erhöhun g der Temperatur nimmt f olgl ich der Druck im Gas zu.
t1U = Q = m·cv · t1T
Für d ie spezifische Wärmekapazit ät muss derjenige Wert genommen werden, der experimentell bei konstantem Gasvolumen ermittelt wu rde. Unter der Bedingung, dass sich das Volumen eines Gases nicht ändert, gilt für die Änderung der inneren Energie t1U des Gases: t1U = Q = m . Cv . t1 T
Masse des Gases spezifische Wärmekapazität konstantem Volumen t1T Temperaturdifferenz m Cv
Wärme bei konstantem Druck Führt man einem thermodynami schen System Wärme zu, dann wird sich nach dem 1. Hauptsatz im Allgemeinen seine innere Energie erhöhen und es wird infolge von Expansion mechanische Arbeit verrichten. Es gilt demzufolge bei Wärmezufuhr und konstantem Druck: t1U = W+ Q
bei
• Aus der Zustandsgleichung des idealen Gases ( / S.163)folgt für p = kon st ant:
~ = konstant oder
V- T Mit Erhö hung der Temperatur w ächst folglich das Volumen des Gases.
186
Thermodynamik
Die zugeführte Wärme kann wie üblich mit der Gleichung Q berechnet werden.
i Der Quotient cp : Cv wird als Adiabatenexponent bezeichnet . Für zwei atomige Gase hat er ein en Wert von etwa 1,4. Die Differen z von cp und Cv für ein Gas ist gl eich der spezifischen Gaskonstan ten Rs: Rs = cp
-
Cv
=m
. cp . .1T
Unter der Bedingung, dass sich der Druck in einem Gas nicht ändert, gilt für die zugeführte oder abgegebene Wärme Q: Q
=m
m cp
Masse des Gases spezifische Wärmekapazität konstantem Druck T Temperaturdifferenz
· cp ·.1T
bei
Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik für verschiedene Zustandsänderungen des idealen Gases Das ideale Gas kann isochoren, isothermen, isobaren oder adiabatischen Zustandsänderungen ( / S. 163 f.) unterliegen. Auf jede dieser Zustandsänderungen kann der 1. Hauptsatz der Thermodynamik angewendet werden . Es ergibt sich damit eine Aussage über das energetische Verhal t en und die Austauschprozesse beim jeweiligen System. Isochore Zustandsänderung : Bei einer solchen Zustandsänderung bleibt das Volumen V = konstant. Daher wird auch keine Volumenarbeit verrichtet . Es ist also W = O. Somit folgt aus dem 1. Hauptsatz: .1U = Q =
Unter ungünstig en Um st änden ka nn ei ne f ast leere Gasfl asche gef ährlich er auf W ärmez ufuhr reagi eren als ein e gefüllt e, w eil gilt: .1T - .1 m
m . Cv . .1 T
Das Treibgas in einer Sprayflasche kann nicht expandieren. Wird ei ner solchen Flasche Wärme zugeführt, dann erhöht sich die Temperatur und die innere Energie des Gases. Mit der Temperatur ste igt ebenfalls der Gasdruck. Damit besteht bei zu großer Erwärmung Explosionsgefahr. Deshalb findet man auf solchen Flaschen den unbedingt einzuhaltenden Hinweis, dass sie keinesfalls Temperaturen über 50 °C ausgesetzt werden dürfen. Isotherme Zustandsänderung : Bei einer solchen Zustandsänderung bleibt die Temperatur T = konstant . Damit ändert sich auch die innere Energi e nicht (.1U = 0). Daher wird die gesamte dem Gas zugeführte Wärm e in mechanische Arbeit oder umgekehrt, die gesamte am Gas verrichtete Arbeit in Wärme umgewandelt. Aus .1U = W + Q folgt mit .1U = 0:
Q =-W
oder
W= - Q
W ärme und Arbeit sind bei isothermen Zustandsänderungen entgegengesetzt gerichtet. Fließt Wärme in das System, dann verrichtet es mechanische Arbeit . Wird am System mechanische Arbeit verrichtet, dann gibt es Wärme an die Umgebung ab .
Ein Beispiel für einen solchen isothermen Prozess ist näherungwe ise die Ausdehnung des Dampfes im Kolben einer Dampfmaschine.
Hauptsätze der Thermodynamik
187
Die Gleichung zur Berechung der Arbeit kann man, ausgehend von der allgemeinen Arbeitsdefinition ( / S. 90), herleiten. Bei einer isothermen Zustandsänderung des idealen Gases gilt für die mechanische Arbeit W: W
m Rs T
= m . Rs . T · In ~ v,
oder
W
Masse des Gases spezifische Gaskonstante Temperatur des Gases
p, V, V2
= p, . V,
. In ~
v,
Druck im Ausgangszustand Volumen im Ausgangszustand Volumen im Endzustand
Isobare Zustandsänderung: Bei einer solchen Zustandsänderung bleibt der Druck p = konstant. Man kann eine isobare Zustandsänderung modellhaft in drei Teilschritte zerlegen:
a) Dem Gas wird bei konstantem Druck Wärme zugeführt: Q = m,c p ·L1T b) Durch die Wärmezufuhr erhöht sich zunächst die innere Energie des Gases bei konstantem Volumen: L1U = m . Cv . L1 T
Die Herl eitung en der genannten Gl eichungen für di e m ech ani sch e Arb eit bei ein er isothermen Zustandsanderung sind auf der CD unter dem St ichwort "i sot herm e Zu st andsä nd erung" zu find en ( / auch 5.184).
i Ein Be ispi el f ür ein e isobare Zustandsanderung ist di e Erwärm ung d er Luft in einem Zim m er.
c) Anschließend führt die Temperaturerhöhung im Gas zu einer Expansion, bei der vom Gas mechanische Arbeit verrichtet wird: W= - p· L1V In der Realität laufen diese drei Teilschritte gleichzeitig ab. Das Resultat ist jedoch mit dem betrachteten Modellvorg ang identisch. Damit ergibt sich aus dem 1. Hauptsatz U = Q + W: m . Cv . L1T = m . cp . L1T - P . L1 V In einem Zylinder mit beweglichem Kolben sind 5 kg trockene Luft eingeschlossen. Welche Arbeit wird verrich tet, wenn diese Luft im Zylinder von 15 oe auf 60 oe erwärmt wird?
Ana lyse: Wir gehen davon aus, dass die Zustandsänderung isobar verläuft, der Druck also konstant bleibt, da er nur durch die Gewichtskraft des bewegli chen Kolbens bestimmt wird. Damit kann die oben genannte Glei chung für eine isobare Zustandsänderung angewendet werden. Zu beachten ist dabei, dass bei Erwärmung die Arbeit vom Gas verrichtet wird . Die spezifischen Wärmekapazitäten für Luft bei konstantem Druck und konstantem Volum en müssen einem Tabellenwerk entnommen werden. Angenommen wird auch, dass sich der Kolben im Zylinder reibungsfrei bewegt.
• Nur trock ene Luft verh ält sich näherun gswe ise wi e das ideale Gas. Bei Luft m it best immter Luftf euchtigk eit tret en z. B. durch Kon de nsation und Verdu nstung zusätz liche Effekte auf, di e beim W etter eine erh ebli che Rol le sp ielen.
Thermodynamik
188
Gesucht: Gegeben :
= 5 kg =15 oe = 60 e -7 L\T = 45 K = 1,01 k; J K
Für Temperatu rdifferenzen gilt:
0
L\ß=L\T
=072 ~ , kg· K Lösung:
U =Q+W
m . cV ' T
=m . cp . L\T + W
Die Umstellung nach der Arbeit Wergibt:
W W W
Für di e Einh eiten gilt:
= 1 Nm
bew eg licher Kolben
In ein em pneumatischen Feuerzeug wird durch sehr schn ell es Hineinstoßen eines Kolbens eine solche Temperatur erreicht, dass sich ein benzingetränkter Wattebausch entzündet und sich dann das Gas explosi onsartig ausdehnt.
kJ
9
K
Adiabatische Zustandsänderung: Bei einer solchen Zustandsänderung erfolgt kein Wärmeaustausch mit der Umgebung. Es gilt also Q = O. Das ist über einen längeren Zeitraum hinweg technisch schwer realisierbar. Es gibt aber eine Reihe schnell ablaufender Prozesse, die sich in guter Näherung adiabatisch verhalten, weil dem physikalischen System keine Zeit bleibt, einen größeren Anteil Wärme durch Wärmeleitung, Wärmeströmung oder Wärmestrahlung mit der Umgebung auszutauschen. •
•
= - 65,3
Ergebnis: Vom Gas im Zylinder wird beim Erwärmen der Luft um 45 K eine Arbeit von ca . - 65300 Nm verrichtet. Das negative Vorzeichen bedeutet : Es wird Arbeit vom Gas verrichtet.
1 kJ = 1000 J 1J
= m , cv· L\T - m · cp · T = m ·L\T(cv-cp) = 5 kg· 45 K· (0,72 - 1,01) k kJ
Im Zylinder eines Dieselmotors wird das gasförmige Kraftstoff-LuftGemisch schlagartig und damit nahezu adiabatisch verdichtet. Dabei erhöht sich seine innere Energie und damit seine Temperatur bis zur Zündtemperatur des Kraftstoff-Luft-Gemisches. Weitere Bei spiele für adiabatische Kompression findet man bei Turbinen und Kompressoren. Auch in einem pneumatischen Feuerzeug (Bild links) findet eine adiabatische Kompression statt.
Aus dem 1. Hauptsat z der Thermodynamik L\ U
= W + Q folgt mit Q = 0:
L\ U = W
Bei einer adiabatischen Kompression vergrößert sich die innere Energie und damit die Temperatur z. T. erheblich, wie die Beispiele Dieselmotor und pneumatisches Feuerzeug zeigen. Die Vergrößerung der inneren Energie ist gleich der am System verrichteten Arbeit. Bei einer adiabatischen Expansion verringert sich dagegen die innere Energie und damit die Temperatur. Die Verringerung der inneren Energie ist gleich der vom System verrichteten Arbeit.
Hauptsätze der Thermodynamik
189
Zustandsänderungen des idealen Gases im Überblick Zustandsänderung
energetischen Verhalten des Systems
Verhalten von Druck, Volumen und Temperatur
isochor (V = konstant)
W =0 ,1U =
V P
0
mitO = m · cv ·,1T
= konstant
T = konstant
Wärme wird in innere Energie oder innere Energie wird in Wärme umgewandelt.
Bei Wärmezufuhr vergrößern sich p und T, bei W ärmeabgabe verkleinern sie sich.
isotherm
,1U = 0
(T = konstant)
0
T = konstant p . V = konstant
=-Woder W = - O
Wärme wird in mechani sche Arbeit oder mecha nische Arbeit wird in Wärme umgewandelt.
Bei Wärmezufuhr nimmt V zu und p ab, bei Wärmeabgabe nimmt p zu und Vab .
Beispiele für Energieströme Erwärmung des Ga ses in einer Gasflasche
4~
G}4 Ausdehnung des Dampfes im Kolben einer Dampfmaschine
~ Q ~ LlU = O
w ~
~ LlU = O
isobar
,1U =
(p = konstant)
mit
0+
W
V
,1U = m . Cv . ,1 T 0 = m . cp . ,1T W =- p' V
Es gibt unterschiedliche Möglich keiten, z. B. W ärme wird in innere Energie und Arbeit umgewandelt. adiabatisch (0 = 0)
0
P
=0
U = W
Innere Energie wird in mechanische Arbeit oder mechanische Arbeit in innere Energie umgewandelt.
T
= konstant = konstant
Erwärmung der Luft in einem Zimmer
~~ Bei Wärmezufuhr werden V und T größer, bei Wärmeabgabe kleiner. p ·v
T
= konstant
(alle drei Größen än dern sich) Bei mechanischer Arbeit am System wachsen p und T, Vnimmt ab .
w ~ ~ LlUt
Verdichtungstakt bei einem Verbren nungsmotor
4~
190
Thermodynamik
3.4.2 Kreisprozesse Die ersten Versuche zur Konstruktion einer Dampfmaschine machte d er Fran zose DEN IS PAPIN (1627- 171 2) um 1690. lange bevor der 1. Hauptsatz beka nnt war. Eine W eite rentwick lun g war die atmosphärische Dampfmaschine des Engländers THOMAS NEWCOMEN (1663 - 1729). Bedeutende Fortschri t te erzie lte im 18. Jahrhund ert der schotti sche Techniker JAMES WATr (1736- 1819).
Aus dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik folgt: Durch Zufuhr von Wärme kann man erreichen, dass ein thermodynamisches System seine innere Energie ändert oder mechanische Arbeit verrichtet. Diese Einsicht ermöglicht die Konstruktion von Maschinen, die bei W ärmezufuhr mechanische Arbeit verrichten . Man bezeichnet solche Maschinen als Wärmekraftmaschinen . Beispiele für W ärmekraftmaschinen sind die historisch bedeutsamen Dampfmaschinen, die in Kraftwerken genutzten Dampfturbinen und Gasturbinen, die verschiedenen Arten von Motoren (Ottomotor, Dieselmotor, Heißluftmotor), die in Flugzeugen genutzten Strahltriebwerke sowie auch Kühlmaschinen.
Dam it in einer solchen W ärmekraftmaschine kontinuierlich W ärme in mechani sche Arbeit umgewandelt wird, müssen in ihr periodische Vorgänge so ab laufen, dass - immer wieder der Ausgangszustand hergestellt wird und - dabei mechanische Arbeit abgegeben wird . Das ist nur durch eine geschickte Abfolge verschiedener Zustandsänderungen möglich .
• Dabei ist zwischen realen Kreisp ro zessen (z. B. beim Ottomotor) und idea len Kreisprozesse n (fü r d as ideal e Gas) zu unte rscheiden.
Man bezeichnet eine Abfolge von Zustandsänderungen, bei der wieder der Ausgangszustand erreicht wird, als Kreisprozess. Nach einem vollständ igen Kreisprozess gilt: Die Änderungen von Temperatur, Druck, Volumen und innerer Energie sind null. Solch e Kreisprozesse laufen in allen Wärmekraftmaschinen ab. Der carnotsche Kreisprozess
Benannt ist d iese r Kreisprozess nach d em französischen Wi sse nscha ftler SADI CARNOT (1796 - 1832) .
Bei allen W ärmekraftmaschinen wird ein möglichst hoher Wirkungsgrad angestrebt. S. CARNOT fand und beschrieb einen idealen Kreisprozess, der unter allen möglichen dieser Prozesse den größten Wirkungsgrad besitzt. Der carnotsche Kreisprozess setzt sich aus vier Zustandsänderun gen zusammen, die in der nachfolgenden Übersicht beschrieben sind.
191
Hauptsätze der Therm odynamik
Zustandsänderung
Beschreibung des Vorganges
1. Isotherme Expansion
Ein Zylinder mit bewegli chem Kolben wird mit einer W ärmeq uelle verbunden . 0, wird auf das Gas übertragen. Es dehnt sich bei der Temperatur T, aus und verrichtet die Arbeit W,.
2. Adiabatische Expansion
Das Gas im Zylinder dehnt sich adiabatisch aus. Seine Temperatur verringert sich auf T2• es wird die Arbeit W 2 verrichtet.
3. Isotherme Kompression
Am Gas wird die Arbeit W 3 verrichtet. Bei der Temperatur T2 wird die entstehende Wärme 0 3 an die Umgebung abgegeben .
4. Adiabatische Kompression
Am Gas wird die Arbeit W 4 verrichtet. Di e Temperatur erhöht sich auf den An fangswert T,. Damit ist der Ausgangszusta nd wieder erreich t.
Darstellung
W ärm equelle
11
~mgebUng :
Die Zustandsänderungen kann man in einem p -V-Diagramm darstellen: - Die Fläche unter ABC entspricht der bei Expan sion verrichteten Arbeit. - Die Fläche unter CDA entspricht der bei Kompression zugeführten Arbeit. - Die Differenz beider Flächen (grau markiert) ergibt die nach außen abgegebene Arbeit W.
P
v
192
Thermodynamik
Insgesamt wird beim carnotschen Kreisprozess nur ein Teil der zugeführten Wärme in mechanische Arbeit umgewandelt. Diese Aussage gilt für beliebige Kreisprozesse bei Wärmekraftmaschinen. Bei einem Kreisprozess erfolgt die Umwandlung von Wärme in mechanische Arbeit nie vollständig, sondern stets nur teilweise. Weitere Kreisprozesse
• Benannt ist di ese r Kreisprozess nach dem schottischen Pfarrer und Gelehrten ROBERT STJRLlNG (1790 - 1868), Er wird bei m STlRLlNG-Motor, auch Heißluftmotor genannt, genutzt . Dabei ist zu beachten: M eist wird heute als Arb eitsstoff nicht Luft, sond ern Helium genutzt.
Neben dem carnotschen Kreisprozess gibt es weitere Kreisprozesse, die bei Wärmekraftmaschinen genutzt werden. Das sind z. B. der stirlingsche Kreisprozess, der Gasturbinenprozess oder der Kreisprozess bei einem Viertakt-Verbrennungsmotor. Der besonders einfach überschaubare stirlingsche Kreisprozess, ebenfalls ein idealer Kreisprozess, stellt eine Abfolge von isothermen und isochoren Zustandsänderungen dar. 1. In einem Zylinder wird Gas der Temperatur T1 Wärme zugeführt. Das Gas expandiert isotherm unter Verrichtung mechanischer Arbeit vom Volumen V1 auf das Volumen V2 (siehe p -V-Diagramm unten). 2. Das Gas wird isochor unter Abgabe von Wärme auf die Temperatur T2 abgekühlt. 3. Am Gas wird mechanische Arbeit verrichtet. Dabei wird es solange komprimiert, bis es das Ausgangsvolumen V1 w ieder erreicht hat. Bei der isothermen Kompression muss es Wärme an die Umgebung abgeben. 4. Durch Zufuhr von W ärme wird das Gas isochor auf die Anfangstemperatur T1 erwärmt. Damit ist der Ausgangszustand wieder erreicht. Der Vorteil eines nach dem stirlingschen Kreisprozess arbeitenden Heißluftmotors (Foto links) besteht in seinem einfachen Aufbau und in dem hohen Wirkungsgrad, der Nachteil in der geringen Leistung . Solche Heißluftmotoren werden gegenwärtig nur in speziellen Bereichen genutzt, z. B. in Kombination mit Solaranlagen .
p
2
v,
v
Hauptsätze der Therm od ynam ik
Der t hermi sche Wi rku ng sg rad
•
Wä rmekraftmasch in en sin d Energiewandler, be i denen W ärme zugeführt und mecha ni sche A rbe it verrichtet w ird. Der W irkungsgrad einer W ärmekraftmasch ine gibt an, welcher Antei l d er zugeführten W ärme als mechanische A rbe it genutzt werden kann .
w
W
11 = 75
verrichtete Arbeit
193
o
zugeführte W ärme
Weitere Hinweise zum Wirkungsgrad sind / S. 92 zu fin den. Der Begriff "thermi scher W irkung sgrad" verd eutlicht nur die Anw endung auf ein en spezi ell en Bereich der Thermodyn ami k.
Untersuchungen zeigen , dass de r W irkungsgrad von W ärmekraftmaschinen nur vo n den Temperaturen T1 und T2 (p -V-Diagramme / S. 191, 192) abhängig ist, bei denen W ärme zugeführt bzw. abgegeben wird. Für den maxi malen Wi rku ngsgrad, der bei Kreisprozessen erreicht wird, gilt: Der thermische W irkungsgrad einer W ärmekraftmaschine kann berechnet werden mit den Gleichungen /1 = 1 -
T1 T2
!1
oder
Tl
Temperatur bei W ärmezufuhr Temperatur bei W ärmeabgabe
IJ = 1 O ab
Ozu
~
Ozu abgegebene W ärme zugeführte W ärme
Der Wirkungsgrad ist demzufolge besonders hoch, wenn die Temperatur T1 möglichst hoch und die Temperatur T2 möglichst niedrig ist, die Temperaturdifferenz also möglichst g roß ist. Darüber h inaus ist zu beachten : Die angegebenen Gleichunge n gelten nur für einen idealen Kreisprozess. Reale W ärmekraftmaschinen besitzen infolge der Reibung und der Wärmeverlust e einen z. T. wesent lich niedrigeren Wirkungsgrad. Beträgt z. B. be i einem Diese lmotor r? 1 erhält man als W irkungsgrad : /1
=1 -
393 K 923 K
= 65 0 oe und
19 2
= 120 oe, so
• Die Temperatur Tl ist höher als di e Tempe ratur T2. Demzu folg e ist
!2 < Tl
1
und da mit der Wirkungsgrad stets positi v und klein er 1.
Einzuset ze n ist imm er di e absolute Temperatur in Kelvin:
= 0,57
Der real erreichte W irkungsgrad liegt aber nur bei etwa 0,4 oder 40%. Wärmep umpen Eine W ärmekraftmaschine, die mechanische Arbeit verrichten soll, nimmt bei hoher Temperatu r W ärme auf, verrichtet mechanische A rbeit und gibt bei tiefer Temperat ur W ärme ab. Es lassen sich auch Maschinen bauen, mit deren Hilfe man diesen W ärme- und A rbeitsfluss umkehren kann. Die Maschinen nehmen bei tiefer Temperatur W ärme auf, ihnen fließt mechanische A rbeit zu u nd sie geben bei einer höheren Tempera t ur W ärme ab. Solch e: Masch in en werde n als W ärmepumpen bezei chnet. Der Energiefluss bei diesen beiden Arten von Maschinen ist S. 194 o ben gegenübergestellt.
• Wärmepumpen werden in zunehmend em M aße vor all em zu r Heizung von Gebäuden ge nutzt. Die Wärm e wird dem Grundwasser, dem Boden od er der Luft ent nommen.
Thermodynamik
194
Energiefluss bei einer Wärmekraftmaschine, die Arbeit verrichten soll.
Energiefluss bei einer Wärmepumpe, bei der Arbeit zugeführt wird .
T,
T, Q ab
Q ,U
...... W=Qzu- Qab
W = Qzu - Qab Q ,b
Qw
T2
T2
• Warmepumpen und u 15 :1112/1 _ besit ze n de n g leiche n grundsätz li chen A ufbau. W äh rend aber ein e W ärmep umpe im Au Be nraum W ärm e auf ni mmt und sie m it hö here r Temperatur im Inn enraum abgibt , w ird bei einem Kühl schra nk inn en W ärm e aufgenomm en und an di e Umgebung abgegeben, also W ärme vo n inn en nach auBen transporti ert.
/\ußenraum
Eine Wärmepumpe durchläuft wie Wärmek raftmaschinen einen Kreisprozess mit vier Zustandsänderungen: 1. Ein Arbeitsstoff der Temperatur T, nimmt Wärme aus der Umgebung auf und vergrößert isotherm sein Volumen. 2. Anschließend wird der Arbeitsstoff durch einen Kompressor schnell und damit nahezu adiabatisch verdichtet, wobe i seine Temperatur auf den Wert T2 ansteigt. Dazu muss Kompressionsarbeit (Volumenarbeit) verrichtet werden . 3. Bei der höheren Temperatur T2 gibt der Arbeitsstoff Wärme ab und wird weiter isotherm verdichtet. 4. Anschließend wird der Arbeitsstoff schlagartig und damit wieder nahezu adiabatisch entspannt und kühlt auf die Ausgangstemperatur T, ab. Der Stoff- und Energiefluss und das p -V-Diagramm dieses Prozesses sind in den Skizzen unt en dargestellt. Der Vergleich mit dem carnotschen Kreisprozess ( / S. 190 f .) zeigt: Die hier beschriebene Wärmepumpe durchläuft den carnotschen Kreisprozess in umgekehrter Richtung. Reale W ärm epumpen arbeit en meist mit schon bei niedrigen Temperatu ren verdampfenden bzw. kondens ierenden Arbeitsstoffen , da beim Sieden bzw. Kondensieren besonders viel Wärme vom Arbeitstoff aufgenommen bzw. abgegeben werden kann.
Innen raum
I
I
:
~~ VerdIChten W ~~
I Verdampfen
:I
p
Verflüssig en
~~
Entspannen
I
I
Verd a mpfer :
Ex pansionsventil Verflü ssiger
v
19 ~
Hauptsätze der Thermodynamik
•
Ottomotor
Ottomotoren, benannt nach dem deutschen Erfinder NI KOLAUS AUGUST OITO (1832 - 1891), gibt es als Zweitakt- und als Viertaktmotoren . Sie werden zum Antrieb von Mot orrädern, Pkw, Booten usw. genutzt. Die wichtigsten Teile eine Ottomotors sind in der Sk izze dargestellt. Zünd ke rze
Be nzi nLu ftGemi sch
Den erst en m it eine m Benzinmotor betri ebenen "Motorwage n " kon stru ie rten im Ja hre 1886 CARl BENZ (1844- 1929), GOTIllEB DAIMlER
(1 834 - 1900) und Au slassventil
Einl assvent il
WllHElM MAYBACH
(1846- 1929).
Zyl ind er
Kolben
Kurbelwell e
Be i einem Ottomotor wird im Vergaser ein Benzin-Luft-Gemisch erzeugt und in den Zylinder eingebracht. Dieses Ben zin -Luft-Gemisch wird im Zylinder durch elektrische Funken zwischen den Elektroden der Zündkerze gez ündet . Es verbrennt, dehnt sich dabei aus und bewegt den Kolben. Die Ski zzen zeigen di e p rinzipielle Wirkungsweise eines Viertakt -Ottomotors. Ein lassventi l
/
Ben zinLu ftGem isch
Zü nd ke rze
Au slassventi I
~~J: :-~:r.=
t An saugta kt (1. Takt)
Verdichtung st akt (2 . Takt )
t Arb eitstakt (3. Takt )
Ottomotoren gibt es auch als Zweitaktmotoren. Sie werden z. B. bei Mopeds und bei Motorrädern genutzt. Die wesentlichen Unterschiede gegenüber dem Viertaktmotor bestehen darin, dass - aufgrund einer anderen Zylinderkonstruktion auf die Ventile verzich t et werden kann, - d as Ansaugen und Verdichten (1. Takt), sowie das Verrichten von Arbeit und das Ausstoßen der Abgase (2 . Takt) in insgesamt 2 Takten erfolgt .
Au spufft akt (4. Takt )
Ein e w eitere Art von Verb rennun gs mot or ist der Wankelmotor, benannt nach se inem Erfind er F .LlX WAN KEl (1 902- 1988).
I
Thermodynamik
196
Dieselmotor
i Der erste Dieselmotor wurde 1897 konstruiert. Ab 1923 wurden die ersten Lkw und ab 1935 die erste n Pkw mit Di eselmotor gebaut. Der erste Pkw mit einem so lch en Motor war der Mercedes-Benz 260 D.
• Eine weite re Art von Motor ist der Heißluftmotor oder Stirlingmotor ( / 5.192).
Dieselmotoren, benannt nach dem deutschen Erfinder RUDOLF DIESEL (1858-1913), gibt es ebenfalls als Zweitakt- und Viertaktmotoren . Sie werden u. a. zum Antrieb von Pkw, Lkw und Schiffen genutzt. Im Unterschi ed zum Ottomotor beEinspritzdüse sitzt der Dieselmotor keine Zünd kerze und keinen Vergaser. Vielmehr wird die im Zylinder an Luft -- IlllllllllIIIIIIii~ i '-'-~~= gesaugte Luft so stark verdichtet, dass ihre Temperatur auf 500 oe bis 700 oe steigt. Bei dieser Temperatur wird der Tre ibstoff (Diesel) mithilfe einer Einspritzpumpe in den Au slassZylinder eingespritzt. Der Treibventi l stoff entzündet sich und verbrennt. Die nachfolgenden Sk izzen zeigen die p rin zipielle Wirkungsweise eines Viertakt-Dieselmotors. J
Einsp ri tzdüse Einlassventil
Au slassventil
~~~- Ab9'"
Luft --- ---~ il J ~-t-'
t Ansaugtakt (1. Takt )
Verd ichtungstakt (2. Takt)
+
'i"
Arbeitstakt (3. Ta kt)
Dampfmaschine
• JAMES WATI erfand
u. a. den Fliehkraftregler, den Kondensa tor zur Abkühlung des Dampfes und ein Getriebe zur Umwandlung der Hinund Herbewegung in ein e Drehbewegu ng .
Eine historisch bedeutsame W ärmekraftmaschine ist die Dampfmaschine, die von dem Engländer JAMES WAD (1776- 1819) so weiterentwickelt wurde, dass sie als An triebsmaschine genutzt werden konnte. Umfangreich verwendet wurde sie z. B. bei Dampflokomotiven, aber auch als Antriebsma schine in Fabriken, im Bergbau und bei Schiffen .
1~;
Au spufftakt (4. Takt)
Hauptsätze der Thermodynamik
------------------------------
_ _ _ 197 J
3.4.3 Der 2. und 3. Hauptsatz der Thermodynamik Reversib le und irreversible Vorgänge In einem Gedankenexperiment lassen wir zwei verschiedene Ku geln aus der gleichen Höhe zu Boden fallen. Die eine Kugel bestehe aus völlig elastischem Gummi, die andere aus Knetmasse . Während die eine Kugel annähernd wieder ihren Ausgangszustand erreicht, b leibt die andere Kugel am Boden liegen.
elasti sch e Gummikug el
Kug el aus Kn etmasse
-----0 ~I
o
Vorg änge in Natur und Technik, die von einem Ausgangszustand aus von allein wieder zu diesem Ausgangszustand führen, bezeichnet man als reversible Vorgänge.
Die Bewegung der Kugel aus elastischem Gummi, die Schwingungen eines Federschwingers über einen kürzeren Zeitraum hinweg oder die Bewegung der Erde um die Sonne sind Vorg änge, bei denen nach einer bestimmten Zeit der Ausgangszustand von allein wieder erreicht wird. Es sind näherungsweise reversible Vorg änge . Neben diesen reversiblen Vorgängen gibt es auch viele Prozesse, die von selbst nur in einer bestimmten Richtung ablaufen. Ein Beispiel ist die oben dargestellte Kugel aus Knetmasse: Es ist nie beobachtet worden, dass eine unelastisch verformte Kugel von allein wieder ihre ursprüngliche Gestalt annimmt und in die Ausgangslage zurückkehrt. Vorgänge in Natur und Technik, die von einem Ausgangszustand aus unbeeinflusst in einer bestimmten Richtung ablaufen und bei denen von allein der Ausgangszustand nicht wieder ereicht wird, nennt man irreversible Vorgänge.
Die Fotos zeigen Beispiele für solchen irreversiblen Vorgänge.
i Statt von reversibl en Vorg ängen spricht man auch von umkehrbaren Vorgängen. Würd e man einen solchen Vorg ang filmen und den Fi lm rückwärts ablauf en lasse n, d ann w ürd e man kein en Unterschi ed zum t atsächlich en Vor ga ng erk enn en .
•
I
Statt von irreversiblen Vorg äng en spricht man auch von nicht umkehrbaren Vorgängen. Solch e Vorg änge sind imm er mit ein er Abg abe von W ärm e an die Umg ebung verbund en .
I
198
Thermodynamik
Ein Auto bremst ab ( / Bild S. 197). Die an den Bremsbacken freig esetzte Reibungswärme wird an die Umgebung abgegeben. Aber noch nie wurde beobachtet , dass die Bremsen des Fahrzeuges aus der Umgebung W ärme aufnehmen und diese in Bewegungsenergie des Fahrze uges umwandeln . Eine Tasse mit heißem Tee (/ Bild S. 197) kühlt langsam ab. Auch dabei wird W ärme an die Umgebung abgegeben. Der umgekeh rte Prozess - die Aufnahme von Wärme aus der Umgebung und die Erw ärmung des Tees über die Umgebungstemperatur - tritt nicht auf.
• Fü r reversib le Vorgä nge gi lt de r Energieerhaltungssatz der M echan ik. Genauere Unt ersuch ungen zeigen abe r: Reversible Vorgä nge treten nu r als Grenzfäl le irreversi bl er Vo rgä nge auf.
Auch bei irreversiblen Vorgängen lässt sich der Ausgangszustand wieder herst ellen. Beim Auto müsste man Kraftstoff verbrennen, um es zu beschleunigen. Beim Tee müsste Wärme zugeführt werden. Das sind abe r Vo rgänge, die nicht von allein erfolgen. Betrachtet man reversible und irreversible Vorgänge aus ene rgetischer Sicht, dann gilt: Alle d iese Vo rgänge genügen dem Energieerhaltungssatz und speziell dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik. Es gilt aber auch : Der Energieerhaltungssatz erlaubt keine Entscheidung darüber, ob ein Vorgang reversibel oder irreversibel ist. Um die Irreversibilität eines konkreten Prozesses genauer beschreiben zu können, ist die Einführung einer neuen physikalischen Größe erforderlich .
• Der Beg riff Entropie w urd e 1865 vo n RUDOLF CLAU SIUS (1 822- 1888) in die Physik e ing efü hrt. Abg eleitet ist er vom gri echi schen entrepei n = um w end en, um wa ndeln . CLAUSIUSselbst nutzt e f ü r di e Größe auch den Term inus Verwandlungswert.
Die Entropie Die Entropie ist eine Größe, die für die Beschreibung von Vorg ängen eine ähnliche Bedeutung w ie die Energie hat. Die Entropie ist eine physikalische Größe, mit deren Hilfe man die Irreversibilität eines Vorganges kennzeichnen kann . Formelzeichen: 5 Einheit: ein Joule durch Kelvin (1 ~)
Zur Klärung d es Begriffsinhalts betrachten wir folgenden Modellversuch :
v,
199
Hauptsätze der Thermodynamik
In dem mittels einer Trennwand abgegrenzten Volumen V, befinden sich sehr vi ele Gasteilchen. Nach Entfernen der Trennwand werden sich die Gasteilchen im gesamten Volumen V2 ausbreiten, wobei eine Gleichverteilung (/ S. 170 f.) die wahrscheinlichste Verteilung ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich alle Teilchen wieder im ursprünglichen Volumen V, versammeln, ist äußerst gering. Ein zufällig herausgegriffenes Teilchen befindet sich mit einer Wah rscheinlichkeit von w 2 = 1 im Gesamtvolumen V2. Die Wahrscheinlich keit, es im halb so großen Volumen V, anzutreffen, ist nur w, = ~ . Dasselbe gilt auch für ein beliebiges zweites Teilchen. Die W ahrscheinlichkeit, beide Teilchen gleichzeitig in V, zu finden, beträgt dann nur noch: oder Für N Teilchen wäre diese Wah rscheinlichkeit:
w,= Gf
•
w,
Allgemein gilt: Ist die Wahrscheinl ichkeit für einen Ausgangszustand und w 2 die Wahrscheinlichkeit für einen Endzustand, dann gibt das Verhältnis W = w 2/w, an, wie viel ma: wahrscheinlicher der Endzustand als der Ausgangszustand eintreten wird. Die Wahrscheinlichk eit W = wiw, ist ein Maß für die Irreversibilität eines Prozesses. Je größer sie ist, desto unwahrscheinlicher ist die Rückkehr in den Ausgangszustand.
Der Term
w=
w 2 ::? 1 w1 wird auch als thermodynamische Wahrschein lichkeit bezeichnet, w eil er si ch auf Prozesse der Thermodynamik bezieht .
Dieser Zusammenhang wird zugleich für die Definition der physikali schen Größe Entropie genutzt. Je größer für ein System die Wahrscheinlichkeit W = w2/W, ist, desto größer soll die Änderung der Entropie L1S des Systems sein, wenn es vom Ausgangszustand in den Endzustand gelangt. Es gilt: L15 - In W
Der oben beschriebene Modellversuch ergibt eine anschauliche Deutung der Entropieänderung: Vergrößert sich die Wahrscheinlichkeit des Zustandes eines Systems, so vergrößert sich auch seine Entropie, indem es von einem Zustand höherer Ordnung in einen solchen geringerer Ord nung übergeht. Damit ergeben sich für einen irreversiblen Vorgang drei Merkmale: 1. Wä rme wird an die Umgebu ng abgegeben. 2. Das System gelangt in einen Zustand größerer Unordnung . 3. Die Energie und die Teilchen des Systems streben der wahrscheinlichsten Verteilung, der Gleichverte ilung, zu.
Aus verschiedenen Gründen hat man sich entschlossen, nicht die Wahrscheinlichke it W; sondern den natürlichen Logarithmus von Wals M aß für die Irreversibilit ät eines Prozesses zu nutzen.
• Im 19. Jahrhundert wurde breit die Frage diskutiert, ob das Universum einen Wärmetod erleidet.
Thermodynami k
Messung der Entropie Bei dem beschri ebenen Vorg ang erfol gt eine isot herm e Expa nsion .
Den Zusammenhang .15 - In W kann man zwar für quantitative Betrachtungen, nicht aber f ür prakt ikable Messungen der Ent ropieänderung verwenden. Eine M essvorschrift ergibt sich aus folgender Überlegung : Ein heißer Körper der Temperatur T gibt Wärme an ein Gas in einem Zylinder ab. Der frei bewegliche Kolben versch iebt sich. Die Gasteilchen verteilen sich auf einen größeren Raumbereich , die Entropie n immt zu . Je mehr W ärme vom Gas aufgenommen wird , desto weiter dehnt sich das Gas aus und desto stä rker nimmt seine Entropie zu . Es gilt: .15 -
• Bei hoher Tem pe ratur verg röße rt sich das Gasvolu me n bei Zufuhr ein er bestimmte n W ärme 0 we ni ge r stark als bei ni edrigerer Te mpe rat ur.
0
Dabei sind zwei Umstände besonders zu beacht en : - Die Volumenänderung im Gas hängt davon ab, bei welcher Temperatur T die Wärme zugeführt wird. Deshalb wird die Wärme auf die jeweilige Temperatu r bezogen, also statt der Wä rme 0 der Quoti ent aus Wärme und jeweiliger Temperatur OfT betracht et. - Der Vorgang muss sehr langsam ablaufen, damit keine Reibungswä rme entsteht und die Wärmebilan z ve rfälscht. Der Vorgang ist somit reversibel. Insgesamt kann man die Ent ropie änderung du rch die Gleichung .15 -- Q T ermitteln, wobei 0 die Wärme ist, die das Syst em bei einer bestimmten Temperatur T aufnimmt ode r abgibt .
• Der Term In W ist ein e reine Zahl, die Einh eit von O/T ist J/K (Joul e/Ke lvin). Beid e Darst ellung en lassen sich durch ei nen Proport ion alitätsf akt or k in Übereinstimmung bring en. Di eser ist nach dem öste rrei chi sch en Physike r LUDWIG BOLTZMANN (1844- 1906) benannt w ord en. Es ist die BOLTZMANN-Kon sta nte:
k = 1,38 1 . 10- 23 J. K- 1
Man kann die Entropieänderung einerseits durch den Term OfT, an dererseits durch die Proportionalität zu In W kennzeichnen. Für die Änderung der Entropie .15 gilt: .15
k W
=k · In W
oder
BOLTZ MANN -Konstante Wahrscheinlichkeit
o T
Wärme abso lute Temperatur
Wie verändert sich die Entropie eines Körpers beim Schmelzen bzw. beim Erstarren? W ährend sich beim Schmel zen der Ordnungszust and der Teilchen verringert, vergrößert er sich beim Erstarren. Für die Ent ropie bedeut et das: Beim Schmel zen ve rgrößert sich die Entropie des Kö rpers um den Betrag .15 = OsfTs, be im Erstarren ve rringert sie sich um eben diesen Betrag . Os ist die Schmel zwärm e, Ts die Schmelztemperatur.
------•
Haupt sätze d er The rmodynami k
201
Wie groß ist die Entropie ä nderung beim Schmelz en von 1 kg Eisen? Analyse:
Eisen schmilzt bei einer Temperatur von 1 540 oe. Während des Schmelzens bleibt seine Temperatur konstant. Die zum Schmelzen erforderliche Wärme ist die Schmelzwärme, die m it der Gleichung Os = qs . m berechnet werden kann . Gesucht: Gegeben :
LlS !~
m qs
= 1 540 oe -7 T = 1813 K = 1 kg = 275 kJ/kg
•..
Es muss imm er di e absolute Tem perat ur (in Ke lvin) genutzt we rden: O°C = 273K
Lösung:
Für die Entropieänderung gilt die Gleichung: LlS
LlS LlS
Q
=T
275 kJ . 1 kg kg · 1 8 13 K
= 0,15 kJ/K
Ergebnis: Beim Schmelzen von 1 kg Eisen erhöht sich seine Entropie um 0,15 kJ/K .
..
Der Temperaturausgleich Zwei Körper unterschiedlicher Temperatur werd en in engen Kontakt miteinander gebracht. Dann erfolgt ein Temperaturausgleich, wobei die Wärme immer vom heißeren zum kälteren Körper fließt .
Die gesamte Entropieänderung beträgt für den Beginn des Wärmeausgleichs: LlS = LlS1 + LlS2 = -
~ Tl
+
~ T 2
=
0 1 (.l _.l) T Tl 2
Da T1 > T2 ist, folgt für LlS > O. Die Entropie nimmt also beim Temperaturausgleich zu. Der Zust and der Gleichverteilung der Temperatur ist der wahrscheinlichste . In einem beliebigen Raumbereich können dann aber trot zdem statistische Schwankungen der Temperatur auftreten.
Weitere Beispi ele fü r Vorg änge mit Ent ropi ezun ahm e sind das Si eden von Stoffen, d ie Durchmi schung (Diffusion) von Stoff en od er di e Volum envergröß erun g.
.. Fü r di e W ärm ebet räge gi lt:
10 11= 1021
202
Thermodynamik
Der 2. Hauptsatz der Thermod ynamik Während der 1. Hauptsatz d er Thermodynam ik eine Aussage über energetisch mögliche Prozesse macht, gibt der 2. Hauptsatz der Thermo dy namik Auskunft über die Richtung von Prozessen in abgeschlossenen Systemen, die sich selbst überlassen sind . Er lautet:
i Gehen in einem System keine oder nur revers ibl e Vorg änge vor si ch, dann ist 5 = O. Bei beli ebigen irreversiblen Vorg ängen ist L\S > O.
• Im Unterschied zum Perpetuum mobile 1. Art (/ S. 180 f .) ist ein Perp etuum mobil e 2. Art mit dem Energi ee rh altungssatz und damit mit dem 1. Hauptsatz vereinbar, wid erspricht aber dem 2. Hauptsa t z der Th ermodyn amik .
In einem abgeschlossenen System kann sich die Entrop ie niemals verkleinern. Sie kann nur konstant bleiben oder zunehmen: L\5 ~ O.
In der Literatur findet man auch viele andere Formu lierungen dieses 2. Hauptsatzes der Thermodynamik, die aber alle gleichwertig sind: - Die historisch älteste Formulierung geht auf RUDOLF CLAUSIU5 ( 1822- 1888) zurück und lautet: Wärme kann niemals von se lbst aus einem Körper niederer Temperatur in einen Körper höherer Temperatur übergehen. Eine weitere, ebenfalls auf R. CLAU51US zurückgehende Formulierung heißt: Die Energie eines Körpers kann nicht a ll ein an W ert gewinnen. Es gibt die Tendenz zu r Entwertung der Energie. MAX PLANCK (1858-1947) formulierte den 2. Hauptsatz folgenderma ßen: Es ist unmöglich, eine periodisch arbeitende Maschine zu bauen, d ie nichts weiter bewirkt, als eine Last zu heben und einen W ärmespeicher abzukühlen . Eine solche Maschine nennt man ein Perpetuum mobile 2. A rt. Kürzer ist dann die folgende Formulierung des 2. Hauptsatzes: Ein Perpetuum mobile 2. Art ist unmöglich.
Schließlich formulierte LUDWIG BOLTZMANN (1844- 1906) den 2. Hauptsatz folgendermaßen : Die Natur strebt aus einem unwahrscheinlicheren dem wahrscheinli cheren Zustand zu .
Der wahrscheinlichste Zustand ist immer der der größtmög lichen Unord nung .
• Dieser 3. Hauptsatz der Thermodynamik wurde erstmals 1906 von dem deutschen Phys ikochemiker WALTHER NERNST
(1864- 1941) formuliert.
Der 3. Hau ptsatz der Thermodyn ami k Der 3. Hauptsatz der Thermodyn ami k, auch nern stsches W ärmet heore m genannt, macht eine Aussage über das Verhalten vo n Stoffen in unmittelbarer Nähe des absoluten Nul lpunktes, also von 0 K. Nach H. A. LOR ENTZ ( 1853- 1921 ) kann man diesen Ha u ptsatz folge ndermaßen formul ieren: Es ist unmöglich, durch irgendeinen Vo rgang den absoluten Nullpunkt zu erreichen.
Temperaturstrahlung und Strahlungsgesetze
3.5
203
Temperaturstrahlung und Strahlungsgesetze
Temperaturstrahlung
Die Alltagserfahrung besagt: W ärme wird nicht nur bei direktem Kont akt von Körpern übertragen, sondern auch durch elektromagnetische Strahlung (/ S. 309) . Elektromagnetische Strahlung, die ein Körper aufgrund seiner Tem peratur aussendet, wird als Temperatur- oder Wärmestrahlung bezeichnet. Temperaturstrahlung wird nicht nur von der Sonne ( / Bild links) oder von sehr heißen (glüh enden) Körpern abgegeben, sondern z. B. auch vom Menschen und anderen Lebewesen, wie die thermografische Aufnahme eines Pferdes (/ Bild rechts) zeigt.
• Temperaturstrahlung kan n mit Strahlungspyrometern , Therm osäu len oder durch fotografisc he Verfah ren (Infrarotfotografie, Thermografie) regist riert, gemesse n od er sichtbar gemacht werden .
• Dabei fließt W ärme in Form von Temperaturstrahlung immer so, dass der resultierende Wärmefluss vom heißen zum kalten Körper gerichtet ist, wie das die Darstellungen unten zeigen . Wie intensiv ein Körper mit best immter Temperatur Strahlung aussendet oder aufnimmt, hängt vom Stoff (Material), seiner Oberfl ächenbeschaffenheit und vom untersuchten Wellenl ängenbereich der Strahlung ab. Helle und glatte Oberflächen nehmen wenig Strahlung auf und geben auch wenig ab. Schwarze und raue Oberfl ächen dagegen nehmen vie l Wärmestrahlung auf und geben auch viel ab.
Die Hauptbereich e der Temperaturstra hlun g der Sonn e si nd infra rotes, sichtbares und ultravio lettes Licht. Ihr Antei l an der Sonnenstrahlung beträgt ca. 93 % (48 % sichtbares Licht, 38 % IR, 6,8 % UV) .
Erde
----10 1/ WS
IOI/Ws.
--- ~
T z 260 K
204
Thermodynamik
•
Der schwarze Körper
Modelliert werden kann ein schwarzer Körper durch ei nen innen m it Ruß oder matter schwarzer Farbe versehen en Hohl körper mit kleiner Öffnung, der gegen di e Um gebung wärmeisoliert ist.
\
Bei der Formulierung der Strahlungsgesetze geht man von einem ideali sierten Körper aus, d er Temperaturstrah lung mit der höchstmöglichen Intensität emittiert (aussendet ) und der die gesamte einfallende Strah lung absorbiert (auf nimmt) . Dem zufolge würde ein solcher Körper schwarz erscheinen . Man nennt ihn deshalb schwarzen Körper oder schwarzen Strahler_ Ein solcher schwarzer Körper ist ein Modell. Emissions- und Absorptionsvermögen von Körpern Man charakterisiert das Vermögen von Körpern, Strahlu ng zu emittieren bzw. zu absorbieren, durch den Emissionsgrad e bzw. den Absorptionsgrad a. Ist Ps die Strahlungsleistung, die ein schwarzer Körper der Temperatur T emittiert, und Pe die Strahlungsleist ung eines realen Körpers mit der gleichen Temperatur, dann gilt für den Emissionsgrad e eines Körpers:
An alog gilt für den Absorpt ionsgrad a eines Körpers:
Fü r den schwarzen Körper gilt: e
=a = 1.
Das kirchhoffsche Strahlungsgesetz Em issionsgrad e und Absorptionsgrad a eines realen Körpers hängen von der Beschaffenheit des j eweilige n Körpe rs, seiner Temperatur und dem untersuchten Well enl ängen bereich ab. KIRCHHOFF stellte fest : Für einen beliebigen Körper sind Em issionsgrad e und Absorptionsgrad a gleich groß: e = a Unter Einbezieh ung der oben genannten Terme kan n man für einen beli ebigen Körper als ki rchhoffsches Strahlungsgesetz auch f ormulieren : u nd GUSTAV ROBERT KIRCH HOFF (1824- 1877) entdeckte 1859 das nach ihm benannte Strahlungsgeset z. Die Herleitung di eses Geset zes ist auf CD zu fin den.
Dunkl e und raue Oberfl ächen haben einen großen Absorptionsgrad, neh men also viel W ärmestrah lung auf. Das gilt z. B. für dun k le Kleidungsstücke ebenso wie für Asphaltstraßen . Das Strahlungsgesetz von STEFAN und BOlTZMANN Bei Untersuch u ngen zur Temperaturst rahlu ng entdeckte der österreichi sche Physiker JOSEPH STEFAN (1835 - 1893) im Jah re 1879 einen Zusammenhang, der von seinem Landsman n LUDWIG BOlTZMANN (1844- 1906) theoretisch begr ündet wurde und deshalb heute die Bezeichnung Strahlungsgesetz von STEFAN und BOLTZMANN trä gt.
205
Temperaturstrahlung und Strahlung sgesetze
Die Strahlungsleistung eines schwarzen Körpers hängt nu r von der Größe seiner Oberfläche und von seiner Temperatur ab. Es gilt: P (J" ' A . T 4
=
= 5,67 . 10- 8 W
(J"
A
. m- 2 . K- 4
Di e Konstante (J wird als STEFANBOLTZMANN-Konstante bezeichnet.
Oberfl äche, von der Strahlung ausge ht absolute Temperatur
T
Aus dieser Gleichun g ergibt sich: Die Verd opplung der Temperatur eines St rahlers f ührt zu einer 16fachen Strahlu ngsleistung.
Die mittlere Temperatur an der Erdoberfläche beträgt + 15 oe. Welch e Temp eratur würde an der Erdob erfläch e h errschen, wenn kein Treibhauseffekt vorhanden wäre? Analyse: Die Erde befindet si ch in einem Strahlungsgleichgewicht ( / S. 203). Die auf die Erde treffende Stra hlungsleistung der Sonne beträgt P,., = A . 5, wobei A die Qu ersc hnittsfläc he der Erde und 5 die Sol arkonstante sind. Da ca . 30 % der einfallenden Strahlung sofort re flektiert werden, dürfen für das Strahlung sg leichgewicht nu r 70 % der e infallenden St rahlung berücksichtigt werden . Die von d er Erde abgege bene Strahlung PE kann mit dem Gesetz von STEFAN und BOLTZMANN berechnet werden. Gesucht: Gegeben:
TE 5
A AE (J"
= 1370 W = Jr' r E2
· m- 2
2 =4Jr· r E
=
5,67 · 10-8 W · m- 2 . K- 4
Lösung: Im Strahlungsglei chgewicht gilt:
0,7 P 0,7 A . 5
= PE = A E • TE4 (J" .
Stellt man nach TE um und setzt man für A und A E d ie angegebenen W erte ein, so erh ält man:
TE TE
=~ 4cr = 1/0.7 . 1370 · 1Q 8 W
m 2 . K4 4· 5,67' m 2 . W
TE = 255 K Ergebnis: Ohne Atmosphäre hätte die Erdob erfläche eine durchsch nittl iche Temperatur von 255 K od er - 18 oe. Da s wäre ei ne Temperatur, bei der sich kein Leben h ätte entwicke ln könn en.
• Die Atmosphäre schützt die Erdoberfläche und damit das Leben auf ihr ni cht nur vor schädlicher Strahl ung, sondern bewirkt auch den natiJrlichen Treibhauseffekt, ohne den sich kein Leben auf der Erde entwickelt hätte. Davon zu unterschei den ist der zusät zliche oder anthropogene Treibhauseffekt, der durch das Wir ken des Menschen hervo rgerufen wird und der Anteil an der allmäh lich en Erwärmung der Erde hat, die mit gravierenden Folgen verb unden sein kann.
206
Thermodynamik
Das wiensche Verschiebungsgesetz Dieses Gesetz wurde von dem deutschen Physike r WllHELM WIEN (1864-1928) im Jahre 1896 entd eckt.
Glühende Oberflächen senden eine aus vielen Wellenlängen zusammengesetzte elektromagnetische St rahlung aus. Die in tensivste Strahlung des Körpers ergibt sich aus dem wienschen Verschiebungsgesetz, das rechts im Diagramm dargestellt ist. Es lässt sich auch in Form einer Gleichung angeben.
Amax in nm 1000
500
2000
4000
6 000 Tin K
Die W ellenlänge der intensivsten Strahlung hängt nur von der Tem peratur des schwarzen Körpers ab. Es gilt: Amax =
~
b = 2,90 ' 10- 3 m . K (wiensche Konstante) Amax Wellenlänge der intensivsten Strahlung T
absolute Temperatur So hat beispi elsweise die Sonn e eine Oberflächentemperatur von etwa 5800 K. Damit ergibt sich als Wellenlänge für die intensivste St rahlung: Amax
=
2,90 m . K = 500 . 10- 9 m 3 10 · 5800 K
= 500 nm
Das ist sichtbares Licht im grünen Bereich. Bei der W endel einer Glühlampe mit einer Temperatur von etwa 2300 oe liegt die Wellenlänge der intensivsten Strahlung mit 1 260 nm im infraroten Bereich. Das plancksche Strahlungsgesetz "'lA PlA' (1858- 1947) t rug die theoretische Begründung se ines Strahlungsgeset zes am 14. Dezember 1900 in einer Sitzu ng d er Physika lischen Gese ll schaft in Berlin vor. Dieser Tag gilt als Geburtstag der ..)u< ntcnthloril ( / S. 356 ff.).
Das plancksche Strahlungsgesetz beantwortet die Frage, welchen Antei l die einzelnen Wellenlängen zur Energie der gesamten Strah lung eines schwarzen Körpers bei tragen . Besonders anschaulich lässt sich das in der grafischen Darstellung erkennen (s. Bild rechts): Je höher die Temperatur eines schwarzen Körpers ist, umso intensiver gibt er bei einer bestimmten Wellenlänge Energie ab. Außerdem nimmt der Anteil der kurzwelligen Strahlung mit wachsender Temperatur zu. Die mat hematische Formulierung dieses Gesetzes ist recht kompliziert. Au f ihre Angabe wird hier deshalb verzichtet.
ELEKTRIZITÄTSLEHRE UND MAGNETISMUS
4
208
Elektrizitätslehre und Magnetismus
-----
• Die Bezeichnung en plus (+, positiv) und minus (- , negativ) gehen auf den amerikanisch en Wi ssen sch aftler und Staat sma nn BENJAMIN FRANKLIN
(1706- 1790) zur ück.
• Teilchen, d ie elekt risch geladen sind, beze ich net man auch als Ionen . Negativ geladene Ion en heißen Anionen, positiv geladene Ion en Kationen.
4.1
Das elektrische Feld
4.1 .1
Elektrische Ladungen
Alle Körper sind aus Atomen bzw. Molekülen aufgebaut. Atome wiederum best ehen aus einer Atomhülle mit negativ geladenen Elektronen und einem Atomkern, der u. a. positiv geladene Protonen enthält. Ein Atom, das d ie gleiche Anzahl von Protonen im Atomkern und Elektronen in de r Atomhülle besitzt, ist elektrisch neutral. Auch ein Körper, der insgesamt genau so viele Protonen wie Elektronen hat, ist elektrisch neu tral. Durch unterschiedliche Vorg änge können Elektronen von einem Atom bzw . Körper auf ein anderes Atom bzw . Körper übergehen. Bei der Dissoziation (/ S. 267) von Kochsal z (NaCI) b ilden sich Ionen. Ein Chloratom wird durch die Aufnahme eines Elektrons zu einem negativ geladenen Chlorid -Ion.
Ein Natriumatom wird durch die Abgabe eines Elektrons zu einem positiv geladenen Natrium- Ion . Abg abe des - Auß enel ektrons
• Die Ladungstrennung durch elektrochemische Vorg äng e wird bei galvanischen Elementen un d bei Ak kumulatoren genutzt. ReibungselektrizItät wi rd bei Bandg eneratoren und Influ enzmaschinen zur Ladun gstrennung verw endet.
Eine Ladungstrennung kann durch elektrochemische Vo rgänge (s. oben), durch das Berühren oder Reiben von Körpern aneinander, durch thermoelektrische Vorgänge oder durch Influenz ( / 5.212) erfolge n. Es gibt positive und negative elektrische Ladungen . Ein elektrisch neutraler Körper hat gleich viele Elektronen und Protonen . Negativ geladene Körper haben einen Elektronenüberschuss, positiv geladene Körper einen Elektronenmangel.
elekt risch neut raler Körp er
o
negativ ge ladener Körp er H
o
positiv geladener Körper (+)
o
So lche Ladungstrennungen und die damit verbundene elektrische Aufladung von Körpern t reten auch in der Natur auf. So kommt es z. B. in Gewitterwolken aufgrund von Reibungseffekten zur Ladungstrennung, die so stark sein kann, dass ein Ladungsausgleich in Form von Bl itzen erfolgt.
209
Das elektrische Feld
Die Größe elektrische ladung Wie stark ein Körper elektrisch geladen ist, wird durch die physikalische Größe elektrische ladung beschrieben. Die elektrische ladung eines Körpers gibt an, wie groß sein Elektronenüberschuss oder sein Elektronenmangel ist. Formelzeichen: Q Einheit: ein Coulomb
(1 C)
• Di e Einheit der Ladung ist nach dem französischen Naturforscher CHARLES Au GUSTIN OE COULOMB
Jede elektrische Ladung ist ein Vielfaches der Elementarladu ng e: e = 1,602 . 10- 19 C. Sie kann in unterschiedlicher Weise bestimmt werden.
(1736- 1806) benannt. Für die Einheit gilt: 1C = lA · s
Die elektrische Ladung eines Körpers kann berechnet werden mit der Gleichung : N
Q=N ' e
e
Je nachdem, ob ein Körper positiv oder negativ geladen ist, kann man dem Zahlenwert der Ladung ein positives oder ein negatives Vorzeichen geben.
Anzahl der ladungen Elementarladung
ladung wird auch bei Stromfluss durch ei nen Leiter oder einen Elektrolyten transportiert. Wie viel Ladung durch die Qu erschnittsfläche hindurchtritt, hängt von der Stromstärke und der Zeit des Stromflusses ab. Stromstärke I
=konsta nt
Stromstärke I :t. konstant
~
o
,
,
Q = I . t1t
beliebig:;-~
Gl üh lampe oder anderer Leiter im Gleichstromkreis
Entladen eines Kondensators, Aufladen eines Akkumulators
Üb lich ist auch di e Schreibweise 0 = I · t. Mit t ist dann die Zeit gemeint, in der ein Strom konstanter Stärke fließt.
Elektrizitätslehre und Magnetismus
210
Di e Dat en von Glühlampen und Leuchtst offlampen w erden meist in der genannt en Form ang egeben. Di e Stromstärke bei Betri ebsspannung kann man aus Leistung und Spannung ermitteln:
P= U · / und dam it /=
Eine Taschenlampe mit einer Glühlampe 6 V/2,4 W wird drei Minuten lang genutzt. Wie viele Elektronen bewegen sich dabei durch einen Leiterquerschnitt des Stromkreises? Analyse: Es wird bei einer batteriebetriebenen Taschenlampe von einer konstanten Spannung der Batterien und damit von einer konstanten Stromstärke ausgegangen . Die Stromstärke kann man aus Leistung und Spannung ermitteln .
Gesucht: Gegeben:
ß
N (Anzahl der Elektronen) U 6V
P
= = 2,4 W
t = 3 min = 180 s
e
= 1,6 . 10- 19 C
Lösung: Für die Ladung Q gilt bei / = konstant:
Q = /"M Mit Q = N· e und 1= N·e
= E.U
1C = 1A ·s Damit erh ält man insgesa mt für di e Einheit en: ~ = V· A ·, = 1
v·c
V A ,
Das Erg ebn is ist also eine Zahl.
U 'e 2,4 W · 180 s 6 V' 1, 6' 10- 19 C
N
1W = 1V ·A
N
' ,M
p. L1t
N Für di e Ein heiten gi lt:
t erhält man:
= 4,5.
1020
Ergebnis: Bei einem Stromkreis mit einer Glühlampe 6 V/2,4 W fließen bei Bet ri ebsspannung in drei Minuten 4,5 . 1020 Elektronen durch den Lei terquerschnitt. In einer Sekunde wären das 2,5 ' 10 18 Elektronen.
Elektrischer Strom als bewegte Ladung
Der Zusammenhang zwischen der elektrischen Ladung und der Stromstärke kann auch zur Definition der Stromstärke genutzt werden . Die Stromstärke ist der Quotient aus der durch einen Leiterquerschnitt hindurchtretenden elektrischen Ladung und der Zeit. 1= L1Q M
oder
1= dQ dt
Q
elektrische Ladung Zeit
Bei einer Stromstärke von 1 A bewegen sich in einer Sekunde ca . 6 . 10 18 Elektronen durch ei nen Leiterquerschnitt.
212.J
Das elektrische Feld
Verhalten geladener Körper Zwischen elektrisch geladenen Körpern wirken anziehende oder abstoßende Kräfte. Gleichartig geladene Körper stoßen einander ab.
Ungleichartig geladene Körper ziehen einander an.
Der Betrag der Kraft zwischen zwei geladenen Körpern hängt von der Größe der Ladungen und vom Abstand der Körper voneinander ab. Die Zusammenhänge sind im coulombschen Gesetz erfasst. Unter der Bedingung näherungsweise punktförmig geladener Körper gilt für die an ziehenden oder abstoßenden Kräfte die Glei chung : F = __'__ . 0 1 . O2 4 1t · 100 ' er
01
(2
F
+ ---
-F
• Gefunden wu rd e d iese r Zu sa mm enh ang von dem französischen Naturforsch er CHARLES AUGUSTIN DE COULOMB
co cr
0"
elektrische Feldkonstante Permitt ivitätszahl oder Dielektrizitätszahl (für Luft: cr = 1) 0 2 Ladungen der beiden Körper Abstand der Massenmittelpunkte
Mit Elektronen oder Ionen wird auch elektrische Ladung übertragen. Dabei kann es zu Ladungsverschiebung, Ladungstrennung, Ladungsteilung oder Ladungsausgleich kommen . Lässt man eine leitende Kugel zwi schen zwei unterschiedlich geladenen Platten hin- und herpendeln, so erfolgt allmählich ein Ladungsausgleich zwischen den beiden Platten. Die Ladung wird "porti onsweise" zwischen den Platten verschoben. Ein solcher Ladungsausgleich kann auch in anderer Weise erfolgen.
(1736 - 1806) . Das cou lombsch e Geset z weist An alogien mit dem Gravitationsgesetz ( / S. 117) auf. Di e elektri sch e Feldkonsta nte hat ein en W ert von f O=
8,854 · 1O- 1 2 : ~ .
Elektrizitätslehre und Magnetismus
--------------------------------
• Durch einen Blitz erfo lgt ein Ladungsa usgl eich zwi sch en ge ladenen Wolk en bzw . Wolk e und Erd e.
Verbindet man zwei untersch iedlich geladene Platten mit einen Leiter, dann erfolgt in kürzest er Zeit ein Ladungsausgleich .
• In Leitern sin d frei beweg liche un d damit verschiebbare La dungsträger (El ektronen) vo rha nden.
Influenz und dielektrische Polarisation Bringt man einen geladenen Körper in die Nähe eines leitenden, nach außen ungeladenen Körpers, so wirken zwischen den Ladungen Kräfte. Sie bewirken auf dem leitenden Körper eine Ladungsverschiebung und damit eine Ladungstrennung, die als Influenz bezeichnet wird.
Leit er
+
• Die Beze ichnung Influenz ist abgeleitet von influ ere (Iat .) = hinei nfli eße n.
• Nähert man z. B. einen negativ ge lad enen Kun st stoffst ab Papie rschnitze ln, so tri tt dort dielektrische Polarisation auf. Die Papie rschnitze l w erden angezoge n.
Influenz ist der Vorgang der Ladungstrennung bei einem leitenden Körper unter dem Einfluss eines anderen geladenen Körpers aufgrund der zwischen Ladungen wirkenden Kräfte. Bringt man einen geladenen Körper in die Nähe eines Isolators, so kommt es auf grund der Kraftwi rkungen zwischen Ladungen zu ei ner Ausrichtung der gebundenen Ladungen. Es bilden sich kleinste elektrische Dipole. Damit kann sich die Oberfläche eines Isolators z. B. positiv (s. Sk izze) aufladen.
Der Vorgang der Ladungsverschiebung auf Isolatoren unter dem Einfluss eines anderen geladenen Körpers auf grund der zwischen Ladungen wirkenden Kräfte wird als dielektrische Polarisation bezeichnet.
213
Das elektrische Feld
Gesetz von der Erhaltung der ladung Ähnlich wie für Energie, Impuls, Drehimpuls oder Masse gilt auch für die elektrische Ladung ein Erhaltungssatz. In einem abgeschlossenen System bleibt die Gesamtladung erhalten: n
0= 0 , + O2 + ... + On =
L 0i = konstant
o
i =1
Oi
Erhaltungssätze machen eine Aussage über die Kon stan z ei ner physikalischen Größe in einem abgesch lossenem System .
Gesamtladung Teilladungen
Dieses Gesetz gilt insbesondere auch für Prozesse der Ladungstrennung . Die Gesamtladung ändert sich nur dann, wenn Ladungen durch die Oberfläche des betrachteten Volumens hindurchtreten, also ein Strom fließt. Nachweis und Messung von ladung Ein Gerät zum Nachweis elektrischer Ladung ist das Elektroskop ode r Elektrometer. Kommt ein geladener Körper mit dem Metallstab eines Elektroskops in Berührung, so findet zwischen beiden ein Ladungsausgleich statt. Metallzeiger und Metallstab laden sich dabei gleichartig auf. Es kommt infolge von abstoßenden Kräften zum Zeigerausschlag . negativ geladenes Elektroskop
Spitze des M etallstabes Gehäuse
Bei einem Elektroskop kann es auch infolge von Influenz zu einem Zeigerausschlag kommen. Dies kann man beobachten, wenn in die Nähe der Spitze des Metallstabes ein geladener Körper gebracht wird . Dann kommt es infolge Influenz zu einer Ladungstrennung und damit zu ei nem Zeigerausschlag.
positiv geladenes Elektroskop
Elektronenbewegung
• Ein mit Skala versehenes Elektroskop wird auch als Elektrometer bezeichnet. Es gibt sie in unterschiedlichen Bauformen. Die Ladungsmessung kann man auch mithilfe einer Stromstärkemessung ( / S. 209) oder eines Galvanometers durchführen .
I------------------------------214 Elektrizitätslehre und Magnetismus ---------------4.1.2 Elektrische Felder
•
Kennzeichnung, Nachweis und Arten von Feldern
Läng ere Zeit war umstritten, ob geladene Körper aufgrund ihrer Ladung unmittel bar aufei nander wirken (Fernwirkungstheorie) od er ob das elektrische Fe ld ein es Körpers ein en and eren geladenen Körper beeinflusst (Nahwirkungstheorie).
Im Raum um einen elektrisch geladenen Körper werden auf andere elektrisch geladene Körper Kräfte ausgeübt. Dieser Raum befindet sich in einem besonderen Zustand. In ihm existiert ein elektrisches Feld. Wir betrachten nachfolgend zeitlich konstante elektrische Fel der (statische Felder). Bandgenerator '--_ _ __ -'
Ein elektrisches Feld ist der Zustand des Raumes um einen elektrisch geladenen Körper, in dem auf andere elektrisch geladene Körper Kräfte ausgeübt werden .
• Das Modell der Fe ldli ni en wurde von MICHAEL FARADAY
(1791 - 1867) in die Physik eingeführt. Er erwa rb sich große Verdienste um di e Physik der Felde r.
Ein elektrisches Feld ist nur an seinen Wirkungen erkennbar und nach weisbar. Elektrische Felder können mithilfe von Feldlinienbildern dargestellt werden. Ein Feldlinienbild ist ein Modell für das elektrische Feld. Es macht Aussagen über Beträge und Richtungen der Kräfte auf Probekörper im elektrischen Feld. Für das Feldlinienbild als Modell des elektrischen Feldes gilt: - Je größer die Anzahl der Feldlinien in einem bestimmten Gebiet des Feldes ist, desto stärker ist die dort wirkende Kraft auf einen geladenen Körper.
Di e Ri chtung der Fe ldlin ien verläuft vere inbarungsgemäß von + nach - .
/
+ /
~ /
/
- Die Richtung der Feldlinien gibt die Richtung der wirkenden Kraft auf einen geladene Körper an. Dabei ist die Art der Ladung zu beachten.
Feldlinien lassen sich auch experimentell veranschaulichen, wenn sich Grieskörnchen in Öl in ein em elektrischen Fe ld befinden . Unter der Wirkung des elektri schen Feldes kommt es zur elektrischen Polarisation (/ S. 212) . Die Grieskörnchen richten sich in Richtung der Feldlinien au s. Man unterscheidet homogene und inhomogene Felder. Ein homogenes Feld liegt vor, wenn es an allen Stellen gleich stark ist, also die Kraft auf einen Probekörper überall gleich groß ist. Ein inhomogenes Feld liegt vor, wenn es von Ort zu Ort unterschiedlich stark ist, die Kraft auf einen Probekörper also verschieden ist.
Das elektrische Feld
homogenes Feld
inhomogene Felder
Feld zwischen zwei ungleichartig geladenen Platten
Feld zwischen zwei geladenen Kugeln
215
Feld um eine geladene Kugel (Punktladung)
+
Das Feld zwischen zwei ungleichartig geladenen Platten ist nur im Bereich zwischen den Platten homogen . Das inhomogene Feld um eine Punktladung wird auch als Radialfeld oder als radialsymmetrisches Feld bezeichnet. Feldlinien beginnen und enden an Ladungen, die auch - wie bei dem oben dargestellten Radialfeld - weit entfernt sein können . Dabei treten die Feldlinien aus Lei teroberflächen im elektrostati schen Gleichgewicht immer senkrecht ein oder aus. Wäre das nicht der Fall (siehe untere Feldlinie), dann würde eine tangentiale Kraftkomponente solange eine Verschiebung der Ladung hervorrufen , bis auch 3 senkrecht zur Oberfläche wirkt . Nach dem Verlauf der Feldlinien von Ladung zu Ladung kann man ein elektrisches Feld auch folgendermaßen chara kterisieren:
• Im Modell Feldlinienbild gilt: In ein em homogenen Feld verlaufen di e Feldlini en parall el zuein ander, in einem inhomogenen Feld dagege n nicht.
F
Ein statisches elektrisches Feld ist ein wirbelfreies Quellenfeld.
Wirbelfrei bedeutet, dass d ie Feldlinien keine geschlossene Linien sind, sondern Anfang und Ende haben. Die Quellen des Feldes sind die elektrischen Ladungen. Für die Wirkungen von Feldern gilt: - Auf einen geladenen Körper wird im elektrischen Feld eine Kraft ausgeübt. - Bei Stoffen im elektrischen Feld tritt Influenz ( / S. 212) oder dielektrische Polarisation ( / S. 212) auf. - In geschlossenen Stromkreisen bewirkt ein elektrisches Feld die gerichtete Bewegung von Ladungsträgern (Stromfluss) .
• Im Unterschi ed dazu ist ein magnetisches Feld ( / 5. 231) ein qu ell enfreies Wirbe lf eld . Das bedeutet: Die Feldlini en sind dort geschlossene Linien ohne Anfang und Ende.
Elektrizitätslehre und Magnetismus
216
----------------------------------------
Abschirmung elektrischer Felder
• Bei vielen Kabeln erfolgt ei ne Abschirmung elektrischer Felder durch eine metallische Hül le od er durch ein Drahtgeflecht.
Elektrische Felder können mithilfe von Leitern abgeschirmt werden. Bereits M ICHAEL FARADAY (1791 - 1867) wies 1836 nach, dass eine solche Abschirmung nicht nur durch massive Leiter, sondern auch durch MetalIgitter und -streben erfolgt. Eine Anordnung von Le itern , durch die ein Raum von elektrischen Feldern abgeschirmt wird, nennt man faradayschen Käfig . Ein Beispiel für einen solchen faradayschen Käfig ist die Karosserie eines Autos . Auch einem Blitzeinschlag bei bleibt der Raum im Inneren feldfrei. Personen sin d damit geschützt. Das gilt selbst für Cabrios bei geschlossenem Dach . Faradaysche Käfige nutzt man auch, um Kabe l oder elektronische Geräte vor störenden elektrischen Feldern abzuschirmen.
•
Die elektrische Feldstärke
Der Betrag der Kraft hängt von der Stärke des Feldes im betreffenden Punkt und von der Lad ung des Probekörpers ab . Die Richtung der Kraft wird durch di e Feldrichtung und di e Art der Ladung bestimmt.
Zur genaueren Kennzeichnung elektrischer Felder kann man Betrag und Richtung der Kraft bestimmen, die auf einen geladenen Körper in diesem Feld wirkt.
Di e Stä rke und die Richtung des elektrischen Feldes kann durch die Größe elektrische Feldstärke beschrieben werden. Für die Einheit gilt:
1 t!.= 1 ~ C
S2 .
A ·5
=1
V ·A ·s A s·m
=1
'm !..
Di e elektr ische Fe ldstärke in einem Pu nkt gibt an, w ie g roß d ie Kraft je Lad u ng in d iesem Pun kt ist. Formelzeichen: E Einheit en : ein Newton du rch Coulomb ei n Volt d urch M eter
( 1 y. ) m
Das elektrische Feld
Die elektrische Feldstärke kann berechnet werden mit der Glei ch ung:
- =Q F E Q
Kraft auf einen positiv geladenen Körper Ladung dieses Körpers
Bei ei nem homogenen elektrischen Feld ist die elektrische Feldstärke an allen Stellen gleich groß . Sie hängt bei einem elektrischen Feld zwischen zwei parallel zueinander stehenden Platten (Pl attenkondensator) nur vom Abstand der Pl atten und der Spannung zwischen ihnen ab.
u F
.:tt-+
• M it diese r Festlegung stimmt di e Ri chtung der Feldstärke in einem Pun kt mit der Richtung der Fe ldlinie durch d iesen Punkt überein. Di e Kraft F, di e auf einen geladenen Körpe r in ein em Feld wirkt, wird auch als Feldkraft bezeichn et .
Q
d
Für das homogene Feld im Innern eines Plattenkondensators kann die elektrische Feldstärke berechnet werden mit der Gleichung :
E
=~
U d
Spannung zwischen den Platten Abstand der Platten
Zwischen zwei Kond ensato rplatten mit einem Abstand von 3,2 cm liegt eine Spannung von 1,5 kV. Wie groß ist die Kraft auf ein en Körper mit ein er Ladung von 2 0 nC? Analyse: Zur Berechnung können die oben genannten Gleichu ng en für die elektrische Feldstärke genutzt werden. Gesu cht: Gegebe n:
F d = 3,2 cm = 0,032 m U = 1,5 kV= 1500V Q = 20 nC = 2 . 10- 8 C
Lösung: Aus F = Q . E und E = ~ erhä lt man: F = Q .~ F
= 2 . 10- 8 C .
F
= 9,4 . 10- 4 N
Für die Einhe iten gilt: 1~ = lA ·s·V m m
1 500 V 0,032 m Nm
Ergebnis: Au f den geladenen Körper wi rkt ei ne Kraft von 9,4 . 10- 4 N.
m
=N
und Magnetismus - 218 - - - - - - - -Elektrizitätslehre -Elektrische Feldstärke und dielektrische Versch iebung Bringt man einen elektrischen Leiter in ein elektrisches Feld, so erfolgt Influenz ( / S. 212). Sie ist umso stärker, je stärker das Feld ist. Den Zusammenhang zwischen der Feldstärke und der durch Influenz hervorgerufenen Ladung kann man fo lgendermaßen untersuchen : Zwei ungeladene metallische Blättchen der Fläche A werden aneinan der liegend in ein elektrisches Feld gebracht. Dort werden sie voneinander getrennt und anschließend ihre Ladung gemessen .
A
jT§
+
l]
J
Genauere Untersuchungen in unterschiedlichen Feldern zeigen: Die auf einer bestimmten Fläche A durch Influenz hervorgerufene Ladung Q ist proportional zur elektrischen Feldstärke .
• In der Literaturf indet man für diese Größe auch die Beze ichnung elektrische Verschiebungsdich te, Flächenladung sdichte od er elektrische Flussdichte in An alogie zu ein er entsprech enden Größe zur Ch arakteris ierun g des mag net ischen Fel des ( / S. 233).
Damit hat man eine weitere Möglichkeit zur Kennzeichnung der Stärke eines elektrischen Feldes durch die Größe Q/A. Die dielektrische Verschiebung ist ein Maß für die auf einer Fläche durch Influenz hervorgerufenen Ladung und damit zugleich ein Maß für die Stärke des betreffenden elektrischen Feldes. Formelzeichen : D Einheit:
ein Coulomb durch Quadratmeter ( 1 ~2 ) m
Durch die elektrische Verschiebung und die elektrische Feldstärke wird ein und dasselbe Objekt - ein elektisches Feld - charakterisiert. Demzuf olg e muss es zwischen den Größen einen engen Zusammenhang geben . Zwischen der dielektrischen Verschiebung D und der elektrischen Feldstä rke E besteht folgender Zusammenhang :
B = EO· Er· E
EO Er
I
I
elektrische Feldkonstante Permittivitätszahl ~
Elektrische Feldstärke eines Rad ialfeldes Die elektrische Feldstärke eines Radialfeldes ( / S. 215) kann man folgen dermaßen ermitteln : Um eine geladene Kugel mit der Ladung Q werden zwei große Halbkugelschalen mit dem Radius r gelegt. Die durch Influen z auf den Halbkugelschalen hervorgerufene Ladung ist genau so groß wie die Ladung der Kugel.
Das elektrische Feld
219
Dann gilt für die dielektrische Verschiebung (/ S. 218): D =Q=~ A
4rr' ( 2
Setzt man den Ausdruck für D in den / S. 218 genannten Zusammenhang zwischen D und E ein und stellt die Gleichung nach E um, so erhält man für die elektrische Feldstärke eines Radialfeldes die Gleichung : E= - '-
4rr . Fa .
· 9. Fr
(1)
(2
Befindet sich in einem Radialfeld mit der felderzeugenden Ladung 0, ein geladener Körper mit der Ladung O2 , dann beträgt die Feldkraft auf diesen geladenen Körper: F = E · 0 2 oder mit Gleichung (1)
Auch um die Erd e besteht ein elektri sch es Feld, das zur Erd e gerichtet ist. Die Erde trägt eine negative Ladung. Im Idealfall (ebene, unbebaute und unbewachsene Fläche) ist das Erdfeld ein Radi alfeld . Durch Bäume oder Häuser treten erhebliche Deformation en des Fe ldes auf. Di e durchschnittliche elektrische Feldstärke in der Nähe des Erdbodens beträgt etwa '30 V/m oSie kann in w eiten Grenzen schwanken .
F= __'__ . 0, · O2 4rr· Fa'
Fr
(2
Das ist das / S. 211 genannte coulombsche Gesetz. W irken auf einen geladenen Körper mehrere elektrische Felder, dann gilt für die resultierende Kraft das Superpositionsprinzip. Beim Wirken mehrere Felder ergibt sich die resultierende Kraft auf einen geladenen Körper als Vektorsumme der einzelnen Feldkräfte.
•
Arbeit im elektrischen Feld Bewegt man einen elektrisch geladenen Körper unter Kraftaufwendung in einem elektrischen Feld oder wird er infolge der Feldkraft bewegt, so wird an dem geladenen Körper mechanische Arbeit verrichtet. Heben eines Körpers im Gravitationsfeld
Bewegen einer Ladung im elektrischen Feld
I
Weg s
11
- Fo
0
I 0
I
1 +
Diese Arbeit kann in einfacher Weise berechnet werden.
Das Bewegen eines geladenen Körpers im elektrischen Feld ist vergleichbar mit dem Heben eines Körpers im GravitCltl onsfeld ( / S. '19). In beiden dargeste llten Fällen wird Arb eit im Feld verrichtet.
I
220
Elektriz itätslehre und Magnetismus
In einem homog enen elektrische n Feld ( / S. 214) ist die Feldkraft auf ei nen geladenen Körper konstant. Si e ergibt sich aus der Gleichung für die Feldstärke (/ S. 217) zu F = Q . E. Damit erhä lt man für die Arbeit im Fe ld:
Ana log dazu wird die mechanische Arbeit bei konstanter Kraft und bei Kraft in Wegrichtung berechn et mit der Gl eichu ng:
Bei der Bewegung eines geladenen Körpers in Richtung der Feldlinien beträgt die im homogenem elektrischen Feld oder vom homogenem elektrischen Feld verrichtete Arbeit: W
=Q . E . 5
oder
Q
E
W = Q ·U
5
U
W = F· s
Ladung des Körpers konstante Feldstärke Weg parallel zu den Feldlinien Spannung zwischen Ausgangspunkt und Endpunkt
Bei der Bewegung ein es geladenen Körpers in ein em beliebigen inhomogenen Fe ld ist die Feldkraft nicht konstant. Liegt ein Radialfeld vor, dann kann die Arb eit äh nlich wie im Gra vitati on sfeld der Erde f olg endermaßen berechnet werden: W
• Für die Arbeit im Gra vitationsfeld gilt eine analoge Beziehung (/ 5.1 21 ).
=
f
F(r) dr
(, Unter Nutzung des cou lombschen Gesetzes ( / S. 21 1) erhä lt man (2
W
= 4rr· ~f.ldr t· . Er ( 2 o
=
~(.l _ (.l) 2
4rr· F O . t· r ( ,
(,
Unabhängig von d er Art des elektrischen Fel des gilt: Die im elektrischen Feld oder von ihm verrichtete Arbeit an einem geladenen Körper hängt nur vom Anfangspunkt und vom Endpunkt der Bewegung ab. Sie ist unabhängig von der Bahn zwischen diesen beiden Punkten .
• Es muss zwischen der Energ ie ein es Körpers im elektrischen Feld und de r Energie des Fe ldes se lbst (Feldenergi e) untersch ieden werden.
Energie im elektrischen Feld Auch für Bewegungen von Körpern im elektrischen Feld gilt der allgemein e Zusammenhang zwischen A rbe it und Energ ie, so wie er bereits in der Mechanik dargestellt wurde ( / s. 88): Die von einem Körper oder an einem Körper verrichtete Arbeit ist gleich der Änderung seiner Energie: W= ,1E
Das elektrische Feld
Wird z. B. ein positiv geladener Körper mit der Ladung 0 entgegen der Richtung der Feldlinien eines homogenen Feldes der Feldstärke Eden Weg 5 entlang bewegt, so wird die Arbeit W = 0 . E . 5 verrichtet. Die potenzielle Energie des geladenen Körpers im elektrischen Feld vergrößert sich um den gleichen Betrag. Entsprechend verkleinert sie sich bei Bewegung in entgegengesetzter Richtung. Bei beliebigen elektrischen Feldern wird als Bezugspunkt häufig ein Punkt im Unendlichen gewählt und die Arbeit an einem positiv geladenen Körper betrachtet. In diesem allgemeinen Fall gilt für die potenzielle Energie eines Körpers der Ladung 0 in einem Abstand r von einer felderzeugenden Ladung:
E pot =
f
- 0 E(r) dr
221
• W ie in der Mechani k wird die poten ziell e Energie auch im elektrischen Feld auf ein besti mmtes Nivea u bezogen. Das kann z. B. eine bestimmte Äquipoten zialfl äch e (s. u.) sei n.
Das elektrische Potenzial und die elektrische Spannung Ähnlich wie beim Gravitat ionsfeld ( / 5.122) wird auch beim elektrischen Feld ein Potenzial definiert. Unter dem elektrischen Potenzial cp eines Punktes in einem elektri schen Feld versteht man den Quotienten aus der potenziellen Energie des Körpers im Feld und der Ladung dieses Körpers.
•-
Fü r die Einheiten gilt:
1~
Formelzeichen: cp Einheit: ein Joule durch Couloumb ( 1~ )
= lv~A/ 1V
• In einem homogenen elektrischen Feld beträgt demzufolge das Potenzial in einem Punkt P, :
cp
= O p ·E·s = E ' 5,
P,
Op
1' -
wenn man im Ausgangspunkt das Potenzial Po mit null annimmt. In einem Radialfeld wird als Bezugspu nkt für das Nullpotenzial meist ein Punkt im Unendlichen gewählt. Dann beträgt das Poten zial im Abstand r von einer felderzeugenden Ladung ,
cp
0
= 4 1l' co ' Fr .
Manchmal ordnet man, ähn lich wie beim Gravitationsfeld, auch beim elektrischen Feld der Erdoberfläche das Potenzial null zu.
U ----'I
t +-,
+
0 0p
:"-5 -.: I
:",
"'/
: : /0
Lin ien oder Fl ächen gl eichen Potenzials nennt man Äquipo tenzia llinien od er Äquipotenzia lfläehen. Si e stehen st ets senkrecht zu de n Fe ldli nien.
•a Das Potenzial in einem Punkt hängt nur vom Ort und von der elektr ischen Feldstärke (Größe der f eld erzeug end en Ladung) ab. Es ist unabhäng ig von der Probeladung Op.
Elektrizitätslehre und M agnet ismus
222
Die elektrische Spannung zwischen zwei Punkten eines elektrischen Feldes ist gleich der Potenzialdifferenz .
• Für ein h omog enes Fe ld im Inn eren ein es Platte nkon de nsators mit dem Plattenabsta nd d gilt: U =E · d
U
=d({J = Cf>2 -
({J,
({J,
Cf>2
Potenzial im Punkt 1 Potenzial im Punkt 2
Die Potenzialdifferenz und damit die Spannung ist unabhängig davon, welcher Bezugspunkt als Null-Potenzial gewählt wurde. Liegen zwei Punkte auf einer Äquipotenzialfläche, so ist die Spannung zwischen ihnen null. Zwischen den beiden Platten eines Plattenkondensators liegt eine Spannung von 22,5 V. Der Abstand zwischen den Platten beträgt 3,0 cm. a) Wie groß ist die elektrisch e Feldstärke zwischen den Platten ? b) Ein positiv geladener Körper mit ein er Ladung von 6 . 10- 8 C wird um 2,0 cm parallel z u den Feldlinien verschoben. Wie groß ist die Änderung sein er potenziellen Energie? c) Wie groß ist das Potenzial der positiv geladenen Platte, wenn man das der negativ geladenen Platte null setzt? Ana lyse: Beim elektrischen Feld eines Plattenkondensators handelt es sich um ein homogenes Feld . Es können die dafür geltenden Zu sammenhänge angewendet werden .
E ist sowohl das Kurzzeichen f ür die elekt ri sche Feldst ärke als auch fü r die Energie. Es ist nur aus dem Zusa mm enhan g erke nnbar, we lche Größe j ew eil s gemei nt ist.
Gesucht: Gegeben:
E, d Epot =
U
d s Q
W.
= 3,0 cm = 0,030 m = 2,0 cm = 0,020 m = 6 . 10- 8 C
Lösung: a) Für die Feldstärke im homogenen elektrischen Fe ld gilt:
E -- ~d
-
Für d ie Ein hei ten gilt: 1(. V . m= 1CV m
= 1 A · s· V = 1 Ws = 1Nm
({J
= 22,5 V
E
= 0,030 22, 5 V = 750 m
Y...
m
b) Die Änderung der Energie ist gleich der verrichteten Arbeit: d Epot = W = Q . E . s d Epot = 6 . 10- 8 C . 750 ~ . 0,020 m = 9 . 10- 7 Nm c) Das Potenzial ergibt sich aus Feldstärke und Plattenabstand: ({J = E · d (P = 750 Y... . 0,030 m = 22,5 V m
= 1J
Ergeb nis: Die elektrische Feldstä rke zwischen den Platten des Kondensators beträgt 750 V/m, die Änderung der potenz iellen Energie bei Verschiebung eines Körpers im elektrischen Feld 9 . 10- 7 J und das Poten zial der positiv geladenen Platte 22,5 V.
223
Das elektrische Feld
Kondensator als Ladungs- und Energiespeicher
•
Ein Kondensat or ist ein Bau element zur Speicherung elektrischer Ladung bzw . elektrischer Energi e. Er besteht aus zw ei leitenden Schichten, die durch einen Isolator, Dielektrikum genannt, von einander getrennt sind . Di e einfachste Bauform ist ein Plattenkondensator.
--
+
Ce] +
Plat tenkondensator mit Luft als Dielekt ri k um
- -
A bge leitet ist der Begri ff Kondensator von cond ensa re (I at.) = verd ichten. Weite re Bauformen von Kondensatoren sin d W icke lkond ensatoren , Ke ram ikk o ndensato re n, Drehkondensato ren un d Elektrolytko ndensatoren.
-
elektrisches Feld ei nes Plattenkondensa tors
Schaltzeichen eines Kondensators
Wird ein Kond en sato r an eine Gleichspannungsquelle angeschlossen, so fließt ein Ladestrom, beim Entladen ein Entladestrom. Schaltung
Verlauf der Spannung
:GJ
Verlauf der Stromstärke
u
I
Laden I I I
Laden :
I I I I I I I I
Entladen
I
Die Speicherfä higkeit eines Kondensators f ür elektrische Ladung wird durch die physikalisch e Größe Kapazität ang eg eben. Die Kapazität eines Kondensators gibt an, wie viel elekt rische La dung der Kondensator bei einer Spannung von 1 V speichern kann . Formelzeichen:
C
Einheiten:
1 Farad
(1 F)
1 Coulomb durch Volt
(1 ~ )
v
Sie kann berechnet werden mit der Gleichung : C= Q
u
0
U
elektrische Ladung elektrische Spannung
Bei einem Plattenkondensator ist die Kapaz ität umso größer, j e größer di e Flächen der Pl atten und je k leiner der A bst and zwischen ihnen ist.
•
l
A bge leitet ist der Beg riff Ka paz ität von ca pacitas (I at .) = Au f na hmef ähigke it, Fassung svermögen.
• Di e Ein heit 1 Fist nach de m englischen Naturforsche r M ICHAEL FARADAY
(17 91- 1867) benannt. Für die Ein heiten gilt : 1F = 1 ~
Ä/
I
224
Elektrizitätslehre und Magnetismus
-----------------------
• Die Permittivitätszahl, auch Dielektrizitätszahl gen annt, ist eine M ateria lkonstante, die die Beeinflussung der Kapazi t ät durch das Die lektrikum an gibt. Für Luft gilt: Er = 1 Be i Verwen dung von spez iell en kerami schen Werkstoffen kan n sich di e Speic herfähigkeit bei gleicher Pl attenfläche und gleichem Abstand um den Faktor 10 ... 10000 erhöhen.
-----------------------------------
Die Kapazität eines Plattenkondensators kann berechnet werden mit der Gleichung:
A d EO Er
Fläche einer Platte Abstand der Platten elektrische Feldkonstante Permittivitätszahl
Für die Schaltung von Kondensatoren gelten folgende Gesetze: Parallelschaltung
Reihenschaltung
U
U
EBC:J U
= U, = U2 = ... = Un
o = 0, + O2 + ... + On
~----------------
u
= U, + U, + ... + U,
o = 0 , = O2 = ... = On
Das Aufladen eines Kondensators bedeutet das Aufbauen eines elektrischen Feldes zwischen seinen Platten . Dazu ist Energie erforderlich, die dann nach dem Energieerhaltungssatz im elektrischen Feld gespeichert ist. Allgemein gilt: Ein elektrisches Feld besitzt Energie . Sie wird als Feldenergie bezeichnet. Wie viel Energie z. B. im Feld eines geladenen Kondensators gespeichert ist , hängt von seiner Kapazität und der Ladespannung ab .
• Im U-Q-Di ag ram m ist die Fläche unter dem Graphen gleich der beim Au f laden verrichteten Arbeit und damit auch gleich der im Feld gespeicherten Energie.
u ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
U; ~ IIIIIII LlQ
'0
Beim Aufladen wird Ladung zu den Platten transportiert. Für ein La dungselement L10 ist diese Arbeit:
Die Gesamtarbeit ergibt sich aus der Summe aller Teilarbeiten.
225
Das elektrische Feld
Für den dargestellten speziellen Fa ll ergibt sich : W = 10· U und mit 0 = 2
W
c ·U
Allgemein gi lt: Q
= 12 (. U2
W =
f
U dQ
o
Da die verrichtete Arbeit gleich der Energieänderung ist, gilt: Die in einem Kondensator gespeicherte Feldenergi e kan n berechnet werden mit den Gleichungen:
E
= 10 2
'U
0
E = 1C· U2
U C
2
Ladung des Kondensators Spannung am Kondensators Kapazität des Kondensators
Bei Blitzgeräten von Fotoapparaten werden Kondensatoren als Energiespeicher genutzt. a) Wie groß ist die im Konden sator gespeich erte und beim A uslösen des Blitzes fre i werdende Energie, wenn der ein geba u te Kondensator ein e Kapa zität von 100 pF hat und die Ladespa nnung 6 V beträgt? b) Warum kann ein zwe iter Blitz erst nach einer b estimm te n Zeit ausgelöst werden? Analyse: a) Di e im Kondensator gespeicherte Energie kann aus Kapazität und Ladespannung berechnet werd en.
Gesucht: Gegeben:
E C = 100
J..l F =
10- 4 F
U = 6V
Für die Einheit en gilt:
1 F . v2 = 1 ~ . V2
Lösung: E
= 1(. U2 2
E
= 1. 10- 4 2
E
= 1,8 mJ
= 1 A· s· =1J
V
F. (6 V) 2
Ergebnis: Im Kondensator des Blitzgerätes ist eine Energ ie von 1,8 mJ gespeichert.
b) Unmittelbar nach dem Zündvorgang ist der Kondensator entladen. Die Feldenergie ist null. Für den erneuten Aufladevorgang ist eine bestimmte Zeit erforderlich, die vo n der Kapazität des Kondensators und vo m ohmschen W iderstand im Stromkrei s abhäng ig ist. Er~t nach vollständig em Aufladen ist das Blitzgerät wieder betriebsbereit.
• Die im Kond ensator gespeicherte Energi e wird bei ein em Blitzgerät e in se hr kurzer Zeit freig eset zt . Nimmt man als Entl adezeit beim Blit ze n 0,1 ms an, so beträgt di e Leistung: p = 1 8 mJ = 18 W 0,1 ms
226
Elektrizitätslehre und Magnetismus
4.1.3 Geladene Teilchen in elektrischen Feldern
• Die Elementarladung e ( / S. 209) hat einen Wert von
e = 1,602 . 10- 19 C. Sie kan n mithilfe des MILlIKAN-Versuches bestimmt werden.
Befinden sich geladene Teilchen in einem elektrischen Feld, 50 wirkt auf sie eine Feldkraft F = E . Q. Da es sich bei den geladenen Teilchen meist um Elektronen mit der Elementarladung e handelt, werden alle nachfolgenden Betrachtungen darauf bezogen. Elektronen im homogenen Längsfeld Befindet sich ein Elektron in einem homogenen elektrischen Feld, 50 wirkt die konstante Feldkraft:
• Die Beschleunigung geladener Teilchen nutzt man be i Elektronenstrahlröhren und Beschleu nigern
Der Term ~ wird als m spezifische Ladung bezeichnet. Für Elektronen gilt:
F
+
e
Freie Beweglichkeit vorausgesetzt, wird das Elektron entgegen der Feldrichtung beschleunigt. Fü r die Beschleunigung gilt:
Dabei wird Feldenergie in kinetische Energie des Elektrons umgewandelt. Beträgt die Beschleunigungsspannung zwischen zwei Punkten des elektrischen Feldes U, 50 gilt:
~ = 1,759 · 10 11 .f. m
= E·
U · e = 1m . v2
kg
2
Löst man die Gleichung nach der Geschwindigkeit auf, dann erhält man:
Besitzen die Elektronen bereits eine An fangsgeschwindig keit, so gilt für die Gesa mtg eschwind igkeit vG:
In einem homogenen Längsfeld hängt die Geschwindigkeit von Elektronen von der Beschleunigungsspannung und der spezifischen Ladung ab. Es gilt:
v =
J2U ' ~
U
Beschleunigungsspannung
!i
spezifische Ladung des Elektrons
m
vG = vo + v
Beträgt z. B. in einer Elektronenstrahlrähre die Beschleunigungsspann ung 25 kV, dann erhält man für die Geschwindigkeit der Elektronen nach Durchl aufen dieser Spannung: Für die Einheiten gilt:
N
=
JV'k~' s
=~
=
Jk9.m
=~
=
kg .
v v
2
s2
= J2 U'~ =v = J'2-.-2-5 -. -10--'3::-V- . 1-,-7-59- . -10-1-1~ kg
v
[!]
s
Das ist immerhin eine Geschwindig ke it , die ca. 30 % der Va kuumlichtgeschwindigkeit beträgt.
227__
Das elektrische Feld
Elektronen im homogenen Querfeld
va
Tritt ein Elektron mit einer Anfangsgeschwindigkeit senkrecht zu den Feldlinien in ein homogenes elektrisches Feld ein, dann wirkt ebenfalls eine konstante Feldkraft mit dem Betrag F = E . e = ~ . e. Diese Feldkraft bewirkt eine Ablenkung des Elektrons aus der ursprünglichen Ausbreitungsrich tung . Das Elektron bewegt sich auf einer parabelförmigen Bahn. Die Ablenkung kan n mith ilfe von Gesetzen ermittelt werden . y
+
1 d
I
Die Bewegung des Elektrons ist vergleichbar mit der Bewegung eines Körpers beim waagerechten Wurf (/5.69). Dort wirkt die konstante Gewichtskraft.
+
-~
f-~
i
F f.--'f.--' y""-- -
Vc
T Y2
~--~ L
I
.
5
I
x
Leuchtschi rm
Innerhalb des Feldes überlagert sich eine gleichförmige Bewegung in xRichtung mit einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung in y-Rich tung : x = va . t (1) Y = la·t2 = lE ·~· t2 = 1!d.· ~ ·t2 (2 ) 22m
2d
m
Eliminiert man aus den Gleichungen (1) und (2) den Parameter t, so erhält man:
• Die Herleitung der Gl eichung ist ana log zur Herleitung der Bahnkurve beim waa gerechten Wurf (/5. 69).
• Die Ablenkung Yl ergibt sich mit x
= I zu:
Die Ablenkung Y2 auf einem Leuchtschirm beträgt dann: Y2
= ~m . !d.d . J..(1 + 5) v2 2 a
Setzt man die Geschwind igkeit va Y2
=
-2' .
-dU'
= J2U B . ~ ein, so erhält man:
...l ( 1 + 5) U 2 s
Die Ablenkung eines Elektronenstrahls hängt bei gegebener Dirnen sionierung der Ablenkplatten von der Ablenkspannung U und von der Beschleunigungsspannung UB (Geschwindigkeit der Elektronen) ab. Sie ist unabhängig von der spezifischen Ladung.
Di e Gl eichunge n für die Ablenkung von Ladungsträgern im elektrischen Feld können in unterschiedli cher Art und W eise hergeleitet werden.
228
i Elektronenstrahlröhren werden nach ihrem Erfinder eARL FER· DINAND BRAUN (1850- 1918) auch als braunsche Röhren beze ichn et. Bei Oszillografen bildröhren nutzt man meist die elektrostatische Ablenkung, bei Fernsehbildröhren die Abl enkung durch magnetische Felder (/ S. 236).
Elektrizitätslehre und Magnetismus
Genutzt wird die A blenk ung von Elektronen in homogenen Querfeld ern in Elekt ronenstra hlröhren, insbesondere in Bildröhren von Oszi llografen. Die Skizze zeigt den Aufbau einer solchen Röhre . Ablenksystem
Wehneltzy linder
Elektronenstrahl
Katode
Leuchtschirm
•
Elektronen mit einer Energie von 420 eV treten senkrecht zu den Feldlinien in ein homogenes elektrisches Feld ein. Dieses Feld existiert zwischen zwei Platten, die 5,0 cm lang sind und einen Abstand von 2,6 cm voneinander haben. a) Welche Geschwindigkeit haben die Elektronen beim Ein tritt in das elektrische Feld? b) Wie groß muss die Ablenkspannung sein, dam it die Ablenkung des Elektronenstrahls am Ende der Ablenkplatte 1, 8 mm beträgt?
A nalyse: Wir gehen vo n einer ungehinderten Bewegung der Elektronen aus. Die Geschwindigkeit der Elektronen ergibt sich aus ihrer Energie. Die Ablenkspannung kann aus der Ablenkung ermittelt werden . Gesucht: Gegeben:
• Ein Elektronenvolt (1 eV) ist die Energie, die ein e Elektron nach Durchl aufen einer Spannung von 1 V besitzt. 1 eV = 1,602· 10- 19 Ws
V,
E d
U
= 420 eV = 2,6 cm
= 5,0 cm y, = 1,8 mm
Lösung: a) Aus der Definition der Einh eit Elektron en volt ergibt sich: U = 420 V. Dam it erhält man als Geschwindigkeit der Elektronen:
v
= J2U .~ = J2 . 420 V . l,579 . 1011 ~ = 1, 2 . 107 ~
b) Durch Umstell en der /' S. 227 genannten Gleichung erhält man:
U
= 2.1 ,8 . 10- 3 m ·
( 1 2· 107 !!!) 2 1 . kg · 0 026 m · ' S 1,759 ' 10 11 C ' (0,05 m)2
= 27 2 V __ '_
Ergeb nis: Elektronen mit einer Energie vo n 420 eV besitzen eine Geschwin digkeit vo n 1,2 . 10 7 Bei einer Ablenkungspannung von etwa 27 V beträgt die Ablenkung im Feld 1,8 mm.
T'
229
Das magnetische Feld
4.2
Das magnetische Feld
4.2.1
Magnetische Felder von Dauer- und Elektromagneten
Das Phänomen des Magnetismus ist schon seit dem Altertum bekannt. Elektromag netismus wurde erstmals 1820 durch den dänischen Physiker HANS-CHRISTIAN OERSTED (1777-1851 ) nachgewiesen. Magnete sind Körper, die andere Körper in ihrer Umgebung (Körper aus Eisen, Nickel oder Cobalt, stromdurchflossene Leiter) magnetisch beeinflussen .
Dabei wird zwischen Dauermagneten und Elektromagneten unterschieden. Dauermagnete bestehen aus ferromagnetischen Stoffen. Sie weisen winzige Strukturen auf, die sich wie k le ine Magnete verhalten. Im unmagnetisierten Zustand sind diese Elementarmagnete ungeordnet. Unter dem Einfluss eines Magneten können sie sich ausrichten. Der betreffende Körper wird selbst zum Magneten. 1
000 • ••
• •• •••
Dauermagnete unterschiedlicher Form
=~B~~
a
:f~~~ ~~
b
===== = ==== ===== =====
•
I
HANS CHRI5TIAN
entd eckt e 1820, dass ein strom durchflossener Leiter eine Magnetn adel beei nfl usst . OERSTED
• Dauer- oder Permanentmagnete werden heute meist aus Legierungen und Oxid werkstoffen (Bariumund Eisenoxid, Neodym) hergestellt. Sie können in beliebige Formen gebracht werden.
~cPt7=B ~
Unm agnetisie rtes (a) und magnetisiertes (b) Eisen im Modell --1
i Eine magnetische Wirkung tr itt auch um stromdurchflossene Leiter, insbesondere stromdurchflossene Spulen auf. Solche Anordnungen werden als Elektromagnete bezeichnet. Ein Magnet übt auf andere Magnete und auf Körper aus ferromagneti schen Stoffen Kräfte aus. Die Bereiche mit der größten magnetischen Kraft werden als Magnetpole bezeichnet. Gleiche Magnetpole stoßen sich ab.
IN
51
8
8
8
8
15
NI
=
=Q
=
=Q
Ungleiche Magnetpole ziehen sich an.
IN
8
8
(.)
(.)
15
51
== =4]
NI
== =4]
In der Technik genutzte Elektromagneten bestehen zumeist aus einer Spule mit Eisenkern.
•
l
Körper aus ferro mag net ischen Stoffen w erd en von ei nem Magneten angezogen. Drehbare Kö rpe r rich ten sich im Bereich eines Magneten in bestimmter W eise aus.
Elektrizitätslehre und Magnetismus
230
-----------------------------------
---------
Au ch w enn ma n einen M agn eten ze rte ilt, hat je der Teil wi eder zw ei Pol e, einen Nordpol und einen Südpol. Keramisch e M agnet e könn en auch mehr al s ein Pol paa r haben, wi e das Feldlinienbild des M agneten aus einem Fahrraddynamo zei gt.
Jedem Magneten kann mindestens ein Nordpol und ein Südpol zugeordnet werden . Der Raum um einen Magneten, in dem auf andere Magneten oder auf Körper aus ferromagnetischen Stoffen Kräfte ausgeübt werden, befindet sich in einem besonderen Zustand . In ihm existiert ein magnetisches Feld. Ein magnetisches Feld ist der Zustand des Raumes um einen Magneten, in dem auf andere Magnete bzw. Körper aus ferromagnetischen Stoffen Kräfte ausgeübt werden. Ein magnetisches Feld ist nur an seinen Wirkungen erkennbar und nachweisbar. Magnetische Felder können wie elektrische Felder mithi lfe von Feldlinienbildern dargestellt werden (/ S. 214). Ein Feldlinienbild als Modell des magnetischen Fe ldes macht A ussagen über die Kräfte auf Probe kö rper (z. B. kleine M agnete). Dabe i gelten analoge Au ssagen wie für Feldlini enbilde r elektrischer Felder (/ S. 214) . Der Verlauf von Feldlin ien lässt sich experimente ll mithi lfe kleiner Magnete oder mithilfe von Eisenfei lspänen darstellen. Kleine Magnete richten sich im Magnetfeld aus.
....
\ \ I ..;---~,,-\ \ I I I J .,.r .... \ I I ; ... I \ f
\
'-
"-
... .;
;
.;
"
Eisenfeilspäne ordnen sich im Magnetfeld zu Ketten an.
I
/
....
,
;
;
.I
\
.... / f f \
'".......... - ...... / ;
,
\,
"-
,
; + \. ;
Ein Feldlinienbild ist ein Modell des real existierenden magnetischen Feldes. Kl ein e M ag netnade ln richten sich im mag netischen Feld so aus, dass si e parall el zu den Feldlinien sind. Di e Richtung der Feldlini en gibt bei Perm anentm agneten die Richtung der Kraft auf ein en magneti sch en Nordpol an.
Feldlinienbild eines Stabmagneten
Feldlinienbild eines Hufeisenmagneten
Das magnetische Feld
Feldlinienbild um einen stromdurchflossenen Leiter
Feldlinienbild einer stromdurchflossenen Spule
+
N
+
Magnetische Feldlinien sind im Unterschied zu elektrischen Feldlinien geschlossen. Sie haben keinen Anfang und kein Ende. Deshalb kann man nach dem Verlauf der Feldlinien ein Magnetfeld im Unterschied zu einem elektrischen Feld ( / S. 215) auch folgendermaßen charakterisieren:
231
Di e Richtung der Feldlinien ergibt sich aus fo lgender Regel: Zeigt der Daumen der linken Hand in Richtung des Elektronen strome s (von - nach + ), dann geben die gekrümm ten Finger die Richtung der Feldlinien an.
Das magnetische Feld ist ein quellenfreies Wirbelfeld . Diese Aussage gilt auch für Permanentmagnete, selbst wenn man dort aus Gründen der Zweckmäßigkeit meist keine geschlossenen Linien zeichnet. Das Magnetfeld der Erde Die Erde ist ein großer, wenn auch relativ schwacher Magnet. Die magnetischen Pole liegen in der Nähe der geografischen Pole, wobei sich im Norden der magnetische Südpol und im Süden der magnetische Nordpol befinden. Die Lage der Pole ändert sich mit der Zeit. In Erdnähe ist die Form des Erdmagnetfeldes vergleichbar mit dem Magnetfeld eines Stabmagneten ( / S. 230). Untersuchungen mithilfe von Satelliten haben ergeben, dass das Erdmagnetfeld durch die von der Sonne ausgehende Strahlung von geladenen Teilchen (Sonnenwind) erheblich deformiert wird und dass es auf der sonnenabgewandten Seite weit in den Raum hinausreicht. Das Erdmagnetfeld beeinflusst erheblich die Bewegung geladener Teilchen ( / S. 239). Magnetfeld der Erde in Erdnähe
Ursachen des ErdmagnE tfeldes si nd Ströme im Erdinn eren, die durch eine Art selbsterregten Dynamo zustande kommen.
Magnetfeld der Erde in größerer Entfernung von ihr
Durch den Sonnenwind wird das Erdmagnetfeld in Richtung Sonne regelrecht "zusammengedrückt". Der Schweif in Gegenrichtung reicht weit in den Weltraum hinaus.
232
Elektrizitätslehre und Magnetismus
4.2.2 Beschreibung magnetischer Felder durch Feldgrößen Die Richtung der Kraft kann mithi lfe der Linke-Hand-Regel ( / S. 236) bestimmt w erden : Zeigt der Daumen der linken Hand in Rich tung des Elektron enstromes und der Zeigefinger in Richt ung des magnetischen Feldes, so gibt der M itte lfinger d ie Richtu ng der Kraft an. Richtung der Kraft
El ektronenstrom Richtung des Magn etfeldes Mitunter nutzt man statt der Linke-HandRegel auch die RechtI
;t, Phosphor-Ionen
- Elektronen
Untersucht man experimentel l die Stromstärke in Abhängigkeit von einer außen anliegenden Spannung, dann zeigt sich : - Liegt am p-Le iter der Pluspol der Span Du rchlassnungsquelle, 50 fließt bei geringer richtung Spannung zun ächst kein Strom. Das Diffusionsfeld (/ S. 274) wirkt dem äuSperrrichtung ßeren Feld entgegen. Ab der Schwellenspannung Us übero u wiegt das äußere Feld. Der pn -Übergang wird mit Ladungsträgern überschwemmt. Die Diode ist in Durchlassrichtung geschaltet. - Liegt am p-Le iter der Minuspol der Spannungsquelle, 50 wirken Diffu sionsfeld und äußeres Fe ld in gleicher Richtung. Der an Ladungsträgern verarmte pn-Übergang wird breiter. Di e Diode ist in Sperrrichtung geschaltet. Eine Diode lässt den elektrischen Strom nur in einer Richtung, der Durchlassrichtung, f{indurch.
Diode in Durchlassrichtung
Diode in Sperrrichtung
p-Leiter n-Leiter
n-Leiter
+ -
+~-
-
o,~ /, !
l>!
'l
Gleich ri chterdiod en sind Bauelemente mit einem pn -Übergang, die in Sperrrichtung einen großen und in Durchlassrichtu ng einen kleinen Widerstand haben.
Leuchtdioden, z. B. aus GaAs, werden in Durchlassrichtung betrieben. Bei der Re kom bination im pn-Übergang wird Energie frei, die in Form von Strahlung abgegeben wird.
Fotod iode
Fotoelement, Solarzelle
l>! Fotodioden werden in Sperrrichtung betrieben. Bei Beleuchtung des pn-Übergangs mit Licht erfolgt eine Paarbildung. Die Stromstärke steigt an.
Sol arze llen sind flächenhafte Ano rd nungen von Fot oe le menten . Bei einem Fotoelement entsteht bei Lichteinstrahlung zwischen pund n-Anschluss eine Spannung.
bipolarer Transistor
unipolarer Transistor
G-@=~ '-
0
G -1 :~ - 5
Bipolare Transistoren sind Bauelemente, bei denen ein Arbeitsstromkre is durch einen Steuerstromkreis beeinflusst wird . Sie werden als Schalter und Verstärker genutzt.
Unipolare Transistoren sind Ba uelemente, bei denen durch ein elek tri sches Feld ein Arbeitsstromkrei s beeinflusst w ird. Si e w erd en als Schalter und Verstä rk er g enutzt.
L 280
Elektrizitätslehre und Magn etismus
------------------
• Allg eme in ist ein Signal eine durch Messoder Nachwe isgeräte erfassbare Veränderung einer physikali sche n Größe.
------------------------------------
4.5.6 Analoge und digitale Signalverarbeitung In Nat ur und Technik ändern sich viele Größen kontinuierlich, z. B. die Temperatur der Luft oder die Helligkeit im Freien. Die Messung solcher Größen ergibt stetige Verläufe . Man spricht von analogen Signalen. Die Gesamtheit der Verfahren und Geräte, bei denen analoge Signale verwendet werden , bezeichnet man als Analogtechnik. Für die Übertragung und Verarbeitung von Signalen ist es häufig günstiger, mit digitalen Signalen zu arbeiten, also mit Signalen, die durch zwei Zustände gekennzeichnet sind . Die Übertragung solcher Signale ist weni ger störempfindlich als die analoger Signale. Darüber hinaus ist eine einfache Weiterverarbeitung mit Computern möglich .
• Die zwei Zustände bei digitalen Signalen werden unterschiedlich bezeichnet, gemeint ist aber inha ltlich das Gl eiche: - ein oder aus - high (h) od er low(l) - L od er 0 - 1 od er 0
Die Gesamtheit der Verfahren und Geräte, bei denen digitale Signale verwendet werden, bezeichnet man als Digitaltechnik.
I
analoge Signale
digitale Signale
sind durch kontinuierliche Änderungen gekennzeichnet.
sind durch zwei Zustände gekennzeichnet.
U
u -,
__ ei n
I
aus
Welche Signale man jeweils erhält, ist weitgehend von den genutzten technischen Geräten abhängig. Analoge und digitale Signale können aber ineinander umgewandelt werden.
• •
AD-Wandler und DAWandler sind kom pl exe Schaltungen, die sich in unterschiedlich er Wei se realisieren lassen.
• Zur Verstärkung schwacher Signale nutzt man häufig Operationsverstärker (OV).
Die Umwandlung analoger in digitale Signale erfolgt mithilfe von Analog-Digital-Wandlern (AD-Wandler), die von digitalen Signalen in analoge durch Digital-Analog-Wandler (DA-Wandler). Bei vielen modernen Messgeräten werden nichtelektrische Größen in elektrische Größen, insbesondere in Spannungs- oder Stromstärkewerte, umgewandelt. Bei elektrischen Thermometern bewirkt eine Temperaturänderung eine Änderung der Stromstärke, die ihrerseits in eine digitale Anzeige umgesetzt wird. Helligkeitsschwankungen werden in einem Belichtungsmesser in Spannungsschwankungen umgewandelt. Bei automatischen Türöffnern ergibt ein Druck eine Spannungsänderung.
Elektrische Leitungsvorg änge
281
In der Messtechnik erfolgt die Erfassung solcher Größen, wie der Temperat ur, der Masse, der Geschwindigkeit, der Helligkeit, des Druckes oder der Feuchtigkeit durch Sensoren. Sensoren sind Bauelemente zur Messwert- und Datengewinnung, bei denen nichtelektrische Größen in elektrische Signale umgewandelt werden.
Sensoren sind meist mit kompl exen elektronischen Schaltungen kombi niert, die in Abh ängigkeit vorn Verwendungszweck sehr unterschiedlich aufgebaut sein können . •
Pflanzen in Gewächsh äusern brauchen für das optimale W achstum ei ne bestimmte Bodenfeuchtigkeit , die man automatisch regeln kann. Die Skizze zeigt eine einfache Reglerschaltung . Magnetventil
Beregnungsanlage
R
Der W iderstand zwischen den beiden Elektroden hängt von der Bodenfeuchtigkeit ab. Er beeinf lusst zugleich die Spannung zwischen Basis und Emitter des Transistors.
• Bei feuchte r Erde ist der Wid erst and kle in. Die Spannung sin kt unter die Schwe ll en spa nnung ( / S. 275). Das Magnetventil im Kollektorstrom kreis wird geschlossen. Beim Trockne n de r Erde verg röße rt sich der Wid erstand und damit auch die BasisEmitter-Spann ung. Mit Erre ichen der Schwe llenspannung f ließt im Kollektorstromkreis ein Strom, der das Öffnen des Magnetventils bew irkt. Di e Beregnungsa nl age wird w ir ksa m.
Sensor
zu messende Größe
Einflussgröße
Nutzung
Thermistor (/ S. 274)
Temperatur
Wid erstand
Temperaturmessung, elektrische Thermometer
Fotowid erstand, Fotodiode (/ S. 274)
Helligkeit (B eIeuch tungsstärke)
Wide rstand
Be lichtungsmesser, Sch alter für Straßen beleuchtung
Dehnungsmessstreife n (DMS, / S. 73)
Kraft, Druck
Wi dersta nd
Kraftmesser, Druckm esser
Bimetallstreifen
Temperatur
Länge
Bimetallsch alter
Thermoelement
Temperatur
Spannung
Temperaturm ess ung, Strahlungsm ess ung
Drehwiderstand
Winkel
W iderstand
Win ke lmessung
Piezokrista II
Druck
Spannung
Druckm essung
282
Elektrizitätslehre und Magnetismus
4.6
Der Wechselstromkreis
Das Stromversorgungsnetz, an das Haushalte und Industriebetriebe angeschlossen sind, wird vorrangig durch Generatoren gespeist. In ihnen werden Spannungen infolge der Rotation von Spulen induziert. Bei der gleichförmigen Rotation einer Spule oder einer Leiterschleife in einem homogenen magnetischen Feld entsteht eine sinusförmige Wechselspannung (/ S. 253). Die Sp annung ändert periodisch ihre Polarität; der durch sie hervorgerufene Strom wechselt daher ebenfalls periodisch seine Richtung . Allgemein gilt:
• St rom gl eicher Flussricht un g wird dag ege n als Gleichstrom beze ichnet. Es ist auch dann ein Gl eich st rom , we nn sei ne Stärke n icht konsta nt ist, wie d as z. B. bei p uls ieren dem Gl eichst rom bei einer einfachen Gleichrichterch"ltung der Fall ist.
Strom, der seine Flussrichtung periodisch wechselt, wird als Wechselstrom bezeichnet. Ob es sich bei einem geg eben en Strom um Gleich- oder Wechselstrom hand elt, lässt sich anh and d es Stromstärke-Zeit-Diagramms erkennen (s. Ski zzen) .
(b)
(a)
Im Unterschied zu r Gleichst romstärke I und zur Gl eichspannung U bezeichnet man d ie betreffe nden Größe n im W ec hse lstrom kreis mit i und u.
Beim Beispiel (a) handelt es sich um Gleichstrom, (b) ist kein W echsel strom im gen annten Sinne, da keine Periodi zität vorliegt . Bei (c) handelt es sich um sinusförmigen Wechselstrom, so wie er auch im Stromnetz vo rliegt. Möglich sind aber auch andere Formen, z. B. Wechselstrom mit rechteckförmigem zeitlichen Verlauf, der in der Digitaltechni k eine wich t ig e Rolle spielt.
4.6.1
Net zw ech se lspannung hat ein e Frequ enz von 50 Hz = 50 S- l und d amit e in e Schwing ungsd auer von
T = 0,02 s.
(c)
Größen zur Beschreibung eines sinusförmigen Wechselstromes
Für einen f este n Ort im Stromkreis verhält sich ein sinusf örmige r Wechselstrom wie eine Schwingung . Daher kann man zu seiner Beschreibung viele Größ en nutzen, die auch in der Schwingungsleh re bei mechani schen Schwingungen ( / S. 128 ff. ) verwendet werden . Nachfolgend sind die wichtigsten Größen zur Beschreibung von sinusförmigen Wechsel ström en und Wechselspannungen dargestellt. Die Frequenz f des Wechselstromes gibt an, wie viele Perioden je Sekunde durchlaufen werden . Es gilt:
f
= 1T
T
Dauer einer Periode
Der Wechselstrom kreis
283
W ie bei jedem sinusförmigen Zeitverlauf kann man auch d ie Änderungen von Spannung und Stromstärke als Projektion einer gleichförmigen Kreisbewegung auffassen ( / 5.129). Diese bei mechanischen Schwingungen nahe li egen de Betrachtungsweise ist für den W echselstrom zwa r unanschaulich, ermöglicht aber seine einfache mathematische Darstellung m it h ilfe der Größe Kreisfrequenz und die A rbeit mit Zeigerdiagrammen (/ s. 289f.). Die Kreisfrequenz ist ein Maß für die Schnelligkeit der Änderung der Stromstärke bzw. der Spannung. Formelzeichen: cu Einheit: eins durch Sekunde (1 5- 1) Sie kann berechnet werden mit der Gleichung:
cu= 2rc · f= ~ T
f T
Frequenz Schwingungsdauer
Der zeitl iche Verlauf von Sp annung und Stro mstärke lässt sich analog zu harmonische n mechanischen Schwingungen ( / S. 129 f. ) m ithilfe der Sinus- bzw. der Kosinusfunktion beschre iben. Die Maximalwerte von Spannung und Stromstä rke entsprechen der Am plitude, ihre Momentanwerte der jeweiligen El ong at ion (Auslenkung). Für die Spannung im W echselstromkreis gilt: U = u max . sin (vt Für die Stromstärke erhält man: i = i max . sin cut In der angegebenen Form haben Spannung und Stromstärke zur gleichen Zeit ih re maximalen W erte. Die Phasenverschiebung rpzwischen ihnen ist nul l. Sie ka nn aber au ch einen anderen W ert haben. Dann sind z. B. die Maximalwerte von Spannung u nd Stromstärke gegeneinander versch oben . So gilt für die Spannung im untenstehende n Fall (rechts): U
= u max . sin (cut -
cp)
I Das Produkt aus Kreisfrequen z und Zeit ergibt einen Win kel in Bogen maß (/5.129): (j).
t=?f . t= (p
Damit ka nn in der Zeigerdarstellung CU auch als Win ke lgeschwindigkeit gedeutet werden , mit der der Zeiger rotiert.
284
Elektrizitätslehre und Magnetismus
Typische Frequenzen tür Wechsel ströme in der Technik Frequenzbereich
o Hz- 20 kHz 20 kHz - 300 kHz
1 300 kHz- 3 GHz
L: 3 GH z
I
Bezeichnung
technische Nutzung
N;ederfrequenz
Energieversorgung (Netzfrequenz: 50 Hz)
1
I Mittelfrequenz
I
I Hochfrequenz
lI
Langwellen-Rundfunkempfänger, Quarzuhren
- computer, Rundfunk- und Fernseh technik, Mikrowellengeräte
Höchst_f _ re_q_u_e_n_z__-_-_-_-_-_
Nach richtensateil iten
Mittelwerte und Effektivwerte tür Stromstärke und Spannung Im Wechselstromkreis ist für Stromstärke und Spannung zwischen Maximalwerten, mittleren Werten und Effektivwerten zu unterscheiden . Mittlere Werte und Effektivwerte ergeben sich aus unterschiedlichen Überl egungen. Die mittlere Stromstärke hängt eng mit der transportierten Ladung 0 zusa mmen. In einem I-t-Diagramm entspricht die Ladung der Fläche unter dem Graphen (s. Skizzen) . W echselstromkreis
Gl eichstromkreis
0= / . \t
T
"2 Betrachtet man in einem Wechselstromkreis nur die positive Halbwelle und ermittelt durch Integration die Fläche, die der Ladung entspricht, so erhält man:
•-
Es gilt:
f
sin wtdt
= _ .1 . coswt w
o=f i
max . sin
.
(vt dt = I _/max . (t)
T
COS
wtl 2 0
w
o Dividiert man 0 durch die Zeitdauer einer Halbwelle, so erhält man die mittlere Stromstärke:
T = 0,64 imax
Der Wechselstromkrei s
Für die mittlere Stromstärke im Wechselstromkreis gilt:
T = ~ . imax = 0,64 im ax
im ax Maximalwert der Stromstärke
Auf eine analoge Weise lässt sich eine mittlere Spannung berechnen. Für diese erhält man: -
U
2 =H . U max = 0,64 u max
Für den leistungsumsatz im Wechselstromkreis, z.B. an einem ohmschen Widerstand, sind die Effektivwerte von Stromstärke und Spannung maßgeblich . Es sind diejenigen Werte für Stromstärke und Spannung im Wechselstromkreis, bei denen die gleiche Leistungsabgabe erfolgt wie bei eben diesen Werten im Gleichstromkreis.
285
i Di e mittl ere Stromstärke entspricht der Stromstärke von gleichgerichtet em Wechselstrom . Man bezeichnet sie dah er auch als Gleichrichtwert.
i Dam it gilt für die Leistung im Gleichstromkreis und im Wechsel stromkreis ohne Pha senverschiebung:
Für die Effektivwerte von Stromstärke und Spannung gilt: ' 1 = i max '" 07 , 'max
J2
U = u m ax '" 07 , u max
J2
p= u·/
Die Abl eitung für die Effektivwerte ist auf der CD zu finden.
Um einen Wechselstrom zu kennzeichnen , nutzt man in der Regel die Effektivwerte U und I. •
So beträgt in Deutschland die Netzwechselspannung U = 230 V. Das ist der Effektivwert der Spannung . Der Maximalwert beträgt dem zufolge: U max = 230 V . J2 = 325 V
4.6.2 Ohmsehe, induktive und kapazitive Widerstände im Wechselstromkreis Ohmsehe Widerstände Ohmsche Widerstände bewirken sowohl im Gleichstromkreis als auch im Wechselstromkreis eine Umwandlung von elektrischer Energie in thermische Energie, die in Form von Wärme oder Licht an die Umgebung abgegeben wird. Man bezeichnet sie deshalb als Wirkwiderstände, die in ihnen umgesetzte Leistung als Wirkleistung. Bei einem Drahtwiderstand hängt der frequenzunabhängige Widerstand bei bestimmter Temperatur nur vom Stoff, von der Länge des Drahtes 1 und von seiner Querschnittsfläche A ab. Es gilt:
Der Widerstand ist im Gleichstromkreis genau so groß wie im Wechselstromkreis, wenn man den induktiven und den kapazitiven Widerstand vernachlässigt, der bei realen ohmschen Widerständen vorhanden sein kann. Zwischen Spannung und Stromstärke tr itt keine Phasenversc hi ebung auf.
•
l
Der effektive Wert der Netzspannung darf zw ischen + 6 % (243 V) und - 10 % (207 V) schwa nken . Innerhalb dieser Grenzen funktionieren auch all e mit Netzspannung betriebenen Geräte sicher.
i Benannt sind diese Widerstände nach dem deutsch en Lehrer und Physik er GEORG SIMON OHM
(1789 - 1854) .
286
Elektrizitätslehre und Magnetismus
Induktive Widerstände Der Draht einer Spule besitzt auch immer einen ohmschen Wid erstand, der im Gl ei chstromkreis und im Wechselstromkreis gl eich groß ist. Ohmseher und induktiver Wid ersta nd der Spul e ergebe n deren Gesamtwi dersta nd im Wechselstromkreis ( / S. 289). In der Regel ist der induktive Widerstand einer Spule wesentlich größer als ihr ohmscher Widerstand.
All e Aussag en zu den Wechselstromwiderständen beziehen sich auf rei ne ohmsehe, indukti ve und kapazitive Widerstände. Reale Bauelemente haben nu r näherungsweise solche reinen Wid erstä nd e.
Untersucht man experimentell den Widerstand einer Spule im Gleichund Wechselstromkreis, dann zeigt sich: Der elektrische Widerstand ist im Wechselstromkreis wesentlich größer als im Gleichstromkreis. Ursache dafür ist die Selbstinduktion ( / S. 250). Die Selbstinduktionsspannung ruft nach dem lenzschen Gesetz ( / S. 248) einen Induktionsstrom hervor, der der Ursache seiner Entstehung entgegengerichtet ist. Damit wirkt eine Spule im Wechselstromkreis wie ein Widerstand. Der im Wechselstromkreis aufgrund der Induktivität L wirkende Wechselstromwiderstand wird als induktiver Widerstand bezeichnet. Formelzeichen: XL Einheit: ein Ohm (1 Q)
Im Unterschied zum ohmschen Widerstand, bei dem elektrische Energie in andere Energieformen umgewandelt wird, geht bei einem induktiven Widerstand jeweils kurzzeitig folgender Prozess vor sich: Elektrische Energie wird in Energie des Magnetfeldes umgewandelt und umgekehrt. Insgesamt bleibt die Energie im Stromkreis erhalten . Man bezeich net deshalb einen solchen Widerstand auch als Blindwiderstand . Der induktive Widerstand einer Spule kann berechnet werden mit der Gleichung : XL = 2rr· f . L = co· L
f co L
•
Frequenz des Wechselstromes Kreisfrequenz Induktivität der Spule (/ S. 251 )
J
Eine Spule mit einer Induktivität von 4 H wird an Netzwechselspannung angeschlossen. Wie groß ist ihr induk tive r Widerstand? Analyse: Netzwechselspannung hat eine Frequenz von SO Hz. Der induktive Wid erstand kann nach der oben genannten Gleichung berechnet werden. Gesucht: XL Gegeben: f = 50 Hz L = 4H
•..
Lösung:
Für die Einheiten gilt: 1 Hz· H
= 1 Y...:..l = s· A
1* =1Q
XL = 2rr· f · L XL = 2rr' 50 Hz . 4 H = 1260 Q
Ergebnis: Die Spule hat einen induktiven Widerstand von etwa 1260 Q.
287
Der Wechselstrom kreis
Kapazitive Widerstände Ein Kondensator ist für Gleichstrom ein unendlich großer Widerstand. Legt man Wechselspannung an, so kommt es zu einem ständigen Au fund Entladen des Kondensators. Der Kondensator verhindert den Stromfluss nicht mehr, er wirkt vie lmeh r wie ein endlicher Wid erstand. Der in einem Wechselstromkreis aufgrund der Kapazität C wirkende Wechselstromwiderstand wird als kapazitiver Widerstand bezeich net. Formelzeichen: Xc Einheit: ein Ohm (1 Q)
Wie beim induktiven Widerstand wird elektrische Energie kurzzeitig in Energie des elektrischen Feldes umgewandelt und umgekehrt. Der kapazitive Widerstand ist deshalb ebenfalls ein Blindwiderstand, der ebenso wie der induktive W iderstand frequenzabhängig ist. Der kapazitive Widerstand eines Kondensators kann berechnet werden mit der Gleichung : X = __1 _ _ 1_ f Frequenz des Wechselstromes c 2rr · f · ( OJ · ( OJ Kreisfrequenz Kapazität des Kondensators C
• Bei sehr hoh en Frequenzen ist der ka paz itive Wid erst and ein es Kondensators vern achl ässigbar klein.
Phasenverschiebungen im Wechselstromkreis Untersucht man den Verlauf der Spannungs- und der Strom stärkekurve, dann ze igt sich: - An einem ohmschen W iderstand sind Sp annung und Stromstärke in Phase. Die Phasenverschiebung ist null. - An einer Spul e eilt die Spannung der Stromstärke um 90 ° voraus. - An einem Kondesator eilt die Stromstärke der Spannung um 90 ° voraus. Dieser Sachverhalt lässt sich auch mithilfe von Zeigern darst ellen, so wie das in den Skizzen unten dargestellt ist. ohmscher Widerstand
induktiver Widerstand
(p= 0
(p =+ ~ (+90°,
+f)
kapazitiver W iderstand
(p = -~ (-90°,
I I
Hinw eise zur Zeig erda rstellung sind / S. 134 zu find en.
umax1 L:? _C[' J ---1--_ __ U ml
-f)
Elektrizitätslehre und Magnetismus
--------------
-----------
Widerstände im Wechselstromkreis (Alle Aussagen beziehen sich auf reine ohmsche, induktive und kapazitive Widerstände.) ohmseher Widerstand
induktiver Widerstand
~ktri::e-r-gi-e-E---fI
~
kapazitiver Widerstand
- Helektrische Energie E
elektrische Energie E
Energie des magnetischen Feldes Emag
Energie des elektri schen Feldes Eelektr
\
Wärme, Licht
E H Eelektr (Wi rkwide rstand)
(Blindwiderstand)
(B Iindwidersta nd)
I XL = ~
R = !:! I
I -
metallischer Leiter:
I R =P . ~
Spule:
(bei 19 = konstant)
[Rl-
I
XL
= W· L
Kondensator: Xc
=(v_ 1_- (
!t~~ ~~~ -~ X'~ _~
L _______________ ~====~==-.
f
R ist unabhängig von f. Zwischen Spannung und Stromstärke tritt keine Pha senverschiebung auf: (p= 0
Xc -
----------. ~
---- -------- --------Di e Span nung eilt der Strom - Die Stromstärke eilt der Spannung um ~ voraus: stärke um ~ voraus:
(p = + ~
(p= -~
u, i
u, i U
289
Der Wechselstromkreis
4.6.3 Zusammenwirken von Widerständen im Wechselstromkreis In vielen Stromkreisen sind ohmsche Widerstände, Spulen und Kondensatoren vorhanden, die in Reihe oder parallel zueinander geschaltet sein können . Für solche Schaltungen von ohmschen, induktiven und kapazitiven Widerständen gelten im Wechselstromkreis andere Gesetze als für Widerstände im Gleichstromkreis. Reihenschaltung von ohmschem, induktivem und kapazitivem Widerstand Bei einer Reihenschaltung hat die Stromstärke bei allen Bauteilen den gleichen Betrag. Die Spannun gen an der Spule und am Konden sator sind aber um 180 0 gegeneinander phasenverschoben und heben sich teilweise oder ganz auf. Die resultierende Gesamtspannung ergibt sich somit nicht durch Addi t ion der Teilspannungen, sondern in einem Zeigerd iagramm durch vektorielle Addition unt er Berücksichtigung der Phasenversch iebung. Für die Gesamtspannung U erhält man damit:
•
Damit kann man den Wechselstromwiderstand Zfür eine solche Reihenschaltung, auch Scheinwiderstand genannt, berechnen :
Z = !d = I
Ju~ + (U
L-
Uc)
Sch on bei ei ner realen Spul e ist zu beacht en, dass sie im Wech seistromkreis nicht nur ein en indu ktiven , sond ern auch einen ohmschen Wid erstand bes itzt. Si e kann aufgefasst w erden als eine Reih ensch altung von reinem ohmschen und rein em indu ktiven Widerstand.
Diese Phasenbeziehungen si nd / S. 287 f . darge stellt.
2
I
Setzt man für die Spannung das Produkt aus jeweiligem Widerstand und Stromstärke ein, so erhält man: oder Diese Beziehung ergibt sich auch unmittelbar aus dem Zeigerdiagramm für die Widerstände (Skizze rechts) bei Anwendung des Satzes des PYTHAGORAS. Mit XL = W · L und Xc = ~ erhält man für den GesamtvJlderstand Z bei der Reihenschaltung den Ausdruck:
2 Z= J R + ( w · L _ ~ C) 2 (j) '
Z
= JR2 + X2
mit X
= XL -
Xc
XL XL _ \(
x
Der Wechs Istro mw idersta nd w ird auch als SthClI1widcl st.md Z b L i Im t. Er ist vom Wlrkwld t' l ,t,md R und von d n Illtndwldll \1 IIUIe 11 XL und Xc zu unterschci den.
Elektrizitätslehre und Magnetismus
290
•
Parallelschaltung von ohmschem , induktivem und kapazitivem Widerstand
Für d ie Gesamtstro mstärke gilt ähnlich wie für die Gesamtspannung bei der Reihensch altung: 1=
J/ ~ + (J e
Bei einer Paral lelschaltung liegt an jedem Bauteil die gleiche Span nung an. Am ohmschen Widersta nd sind Spannung und Strom stärke in Phase, die Ströme durch Spule und Kondensator sind um 180 0 gegeneinander verschoben. Damit erhält man die Gesamtstromstärke analog zur Gesamtspannung bei der Reihenschaltung (/ S. 289). Aus der Zeigerdarstellung (Skizze rechts) kann man entnehmen, dass für den Scheinwiderstand Z gilt:
, L) 2
Der Scheinwi derstand erg ibt sich aus:
Xc
z= ~
C
\-------'
1
R
oder
Z
= -;========0; 1 )2
1 (1
i?2 + Xc - X;:
Die Phasenverschiebung cp ergibt sich ebenfalls aus dem Zeigerdiagramm für die Widerstände. Zusammenfassend gilt: Größe
Parallelschaltung
Re ihenschaltung
1=.1..+.1.. R R, R2
Wirkwiderstand R
.1.=0)·C- _ 1_
X=0) · L - -1-
Blindwiderstand X
2
Scheinwiderstand Z
Z= J R +X
w· L
X
w · (
Z= __1_
2
f1;1
~ R2
Phasenverschiebung qJ
tan cp = XL -
R
•
I
Wi chtige Formen solches Filter si nd z. B. der RC-Hochpass, der RL-Hochpass, der RCTiefpass und der RL Tiefpass. Da die Ausgangsspannung freque nzab hängig ist, spricht man auch von frequenzabhängigen Spannungsteilern.
1w· L - w · (
Xc
R
T
X2
tan cp = R
(J... _...L) =R (0). C __1_L ) Xc
XL
{().
Durch ei ne Kombination vo n ohmschem Widerstand und Spule bzw. Kondensator erhält man Schaltungen, die Wechselspannungen bzw. Wechselström e eines bestimmten Frequenzbereiches entweder stark dämpfen oder möglichst ungehindert hindurch lassen. So lche Schaltun gen wi rke n somit als Filter, wobe i man zw ischen Hochpass und Tiefpass unterscheidet. Bei einem RC-Tiefpass (s. Skizze) g ilt für die Spannungen: U aus
1
Uein
J 1 +(0) . R . C )2
Das bedeutet: Je höher die Frequenz ist, desto kleiner ist die Ausgangsspannung am Kondensator.
2~
Der Wechselstromkreis
•
Eine Glühlampe 230 V/75 W ist mit einem Kondensat or von 6 !1F in Reihe geschaltet. An der Schaltung liegt Netzspannung. a) Ermitteln Sie den Blindwiderstand und den Scheinwiderstand der Schaltung! b) Wie groß sind Stromstärke und Spannungen an den Bauteilen? c) Ermitteln Sie aus dem Zeigerdiagramm die Phasenverschiebung! Analyse: Es liegt eine Reihenschaltung von ohmschem und kapaziti vem Widerstand vor. Der in duktive Widerstand ist null. Damit kann man die Gesetze des Wechselstrom kreises auf diesen spezi ellen Fall anwenden.
Gesucht: Gegeben:
Net zspannung hat in Deutschl and ein e Frequenz von 50 Hz, der Effektivwert der Spannung beträgt R
230 V.
Xc. Z, I, UR, U c, Cf> U = 230 V
=
f
6 ~IF = 50 Hz
P
=75W
C
Lösung: a) Der Blindwiderstand ist der kapazitive Widerstand des Kondensators :
-'- -'2rr ·f · (
Für di e Einh eiten gilt:
w' (
, Hz
= 531
2rr'5 0H z' 6 ~F
=,
5- 1
'!1F = 10- 6 F = 10- 6
Q
A/
Für den Scheinwiderstand Z erhält man:
Z
= JR2 +X/
Xc ist bekannt. R ergibt sich aus R = ~ mit 1 =
R
=
!:!!. P
V zu:
= (230V) 2 = 705 Q 75W
Damit erhält man für den Scheinwiderstand: Z
= J (705Q)2 + (531 Q) 2 = 883 Q
b) Die Stromstärke ergibt sich aus dem Scheinwiderstand Z und der in einem unverzweigten Stromkreis konstanten Stromstärke zu: = !:!. = 230 V = 0 26 A Z
883
n
'
.
Die jeweilige Teilspannung erhält man aus der Stromst ärk e und dem betreffenden Widerstand.
Fü r dic Einh itc n g ilt:
, v = , VI\ = 1 A 11
v
292
Elektrizitäts lehre und M agnetismus
•
• Di e Phasenverschiebung kann man auch berechn en mit den Gl ei chung en: t an
(2 ~ a > ß Das Licht wird zum Lot h in gebroch en . Luft- Gl as Luft- Wa sse r
Das
Uch~';"~ vo:' l~t aG weite Strecken kaum geschwächt wird. Durch den Glasfasermantel wird errei cht , dass das Licht an den Ränd ern total reflektiert wird und damit in der Glasfase r verbleibt. In d er Medizin und in der Technik werden biegsame Gl asfaserkabel in Endoskopen verwendet, um durch eine natürliche oder operativ erzeugte Körperöffnung das Licht einer Lichtquelle ins Körperinnere und umgekehrt Bilder aus dem Körperinneren nach außen zu transportieren . Die Nachrichtentechnik wurde durch die Nutzung von Glasfaserka beln regelrecht revolutioniert. Das Grundprinzip der Nachrichtenübertragung mit Glasfaserkabeln besteht darin, dass digitale elektri sche Signale in Licht impulse umgewandelt, diese Impulse mit Glasfaserkabeln übertragen und dann wieder in digitale oder analoge elektrische Signal e zurückgewandelt werden .
321
Ausbreitung des Lichtes in St offen und im Vakuum
Brechung an Prismen Dreiseitige Prismen aus Glas, die zumeist regelmäßig oder rechtwinklig sind, werden zur Umlenkung von Licht genutzt. Umlenkprisma mit zweifacher Brechung
•
Umlenkprisma mit Totalreflexion
/ /
Prismen werden auch genutzt, um weiß es Licht infolge Dispersion in seine farbigen Bestandteile zu zerl egen (/ 5. 31 7) .
• Bei symmetrischem Strahlengang erhält man die kleinste Ablenkun g . Fürden Ablenkungswink el gilt: E = 2(a- ß)
Bei symmetrischem Stra hl enga ng beträgt die Ablenkung 90 °. Es gilt:8=90 o- a a muss größer als der Gren zwinkel der Totalreflexion sein.
Für den W inkel E. gilt: f
= 180 · = 180 · -
8 (180 ° - 2 y)
= 2 y = 2(a- /3 )
Pr ismen, bei denen die Lage von einfallenden und reflektierten Strahlen gerade umgekehrt ist, nennt man auch Umkehrprismen. Umkehrprisma mit zweifacher Totalreflexion
Umkehrprisma mit zweifacher Brechung und Totalreflexion
• Die gezeichneten Strahlenverl äufe in den Skizzen gelten nur für einfarbiges Licht. Bei Verwendung von weißem Licht kann zusätzlich Dispersion auftreten ( / S. 317).
Prismen werden vo r allem bei Ferngläsern und Fotoapparaten genutzt.
•
- Film, CCD-Chip Schwingspiegel
Links ist ein geo ffn et es Minif rn g lds l11il zw ei Prism n, r chlS das Ulllkehrpli~l11 kl '.
Optik
350
Optisch aktive Stoffe
Bestimmte Stoffe, z. B. Zuckerlösung oder Milchsäuren, drehen die Schwingungsebene des durch sie hindurchgehenden linear polarisierten Lichtes. Man nennt solche Stoff optisch aktiv. Nachweisen kann man den Effekt mithilfe der skizzierten Experimentieranordnung.
• Polarisator und Analysator sind Pol arisationsfilter bzw. Pol arisationsfolien.
Die Anordnung wird zunächst ohne den zu untersuchenden Stoff so eingestellt, dass Polarisator und Analysator gekreuzt sind und damit durch den Analysator kein Licht hindurchtritt. Bringt man einen optisch aktive Stoff zwischen zu untersuchender Stoff Schirm Polarisator und Analysator, so ist auf dem Schirm eine Aufhellung zu beobachten. Durch Drehung des Analysators kann man wieder Dunkelheit erreichen . Der Drehwinkel ist vom Stoff, von der Länge des Lichtweges durch den Stoff und von dessen Konzentration abhängig.
~U~
Da sich der Drehwinkel leicht messen lässt, nutzt man das beschriebene Herangehen z. B. zur Messung der Konzentration von Zuckerlösungen.
• Lin ksdrehend bzw. rechtsdrehend bezieht sich immer auf die Blickri chtung entgegeng eset zt zu r Ausbreitun gsrichtung des Lichtes, also in Ri chtung Li cht quell e.
• LCD ist die Abkürzung für das engli sche liquid cristal display.
I
••• -.--
Optisch aktive Stoffe können die Schwingungsebene des Lichtes nach links oder nach rechts drehen . Man spricht dann von linksdrehenden bzw. rechtsdrehenden Stoffen. Rohrzucker ist rechtsdrehend, Fruchtzucker dagegen linksdrehend. Besonders interessant verhalten sich Milchsäuren. Trotz völlig iden tischer chemischer Zusammensetzung gibt es linksdrehende und rechtsdrehende Milchsäuren. Der menschliche Organismus erzeugt nur rechtsdrehende Milchsäuren. Bakterien, mit denen z. B. Joghurt hergestellt wird, erzeugen je nach Art des Bakteriums links- oder rechtsdrehende Milchsäuren. Die Werbung für bestimmte JoghurtArten nutzt die Tatsache, dass rechtsdrehende Milchsäuren leichter verdaulich sind als linksdrehende. Flüssigkristallanzeige (LCD)
Bei Handys, Taschenrechnern, Thermometern oder digitalen Zeitmessern nutzt man heute Flüssigkristallanzeigen. Flüssigkristall befindet sich in sieben getrennt schaltbaren Segmenten zwischen zwei abgeschlossenen Glasplatten, die mit gekreuzter Polarisationsfolie beklebt sind. Das einfallende Licht wird von einem Spi egel reflektiert . Ohne Spannung wird einfallendes Licht durch den Polarisator linear polarisiert, durch den Flüssigkristall 90 0 gedreht, durchläuft dann den Analysator, wird reflektiert und durchläuft die Anordnung in umgekehrter Richtung. Das Display erscheint hell; das Licht ist linear polarisiert. W ird an Segmente eine Span nung gelegt, dann dreht der Flüssigkristall die Schwingungsebene nicht mehr. Die entsprechenden Stellen erscheinen dunkel.
Licht und Farben
5.6
351
licht und Farben
5.6.1 Spektren und Spektralanalyse Newtonsche Versuche IS AAC NEWTON (1643- 1727) hat auch umfangreiche Untersuchungen zur Natur des Lichtes vorgenommen und dabei grundlegende Versuche zu Farben durchgeführt. 1. newtonscher Versuch: Fällt weißes Licht auf ein Prisma, so entsteht farbiges hinter dem Prisma ein Farbband Licht (Spektru m), die entstehenden Farben heißen Spektralfarben. Ursache für die Auffächerung des lichtes ist die Dispersion (/ S. 317). Prisma
• Die sechs Spektralfar· ben sind die Farben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett.
Lichtqu elle
2. newtonscher Versuch: Blendet man eine Spektralfarbe aus und lässt sie wieder auf ein Prisma fallen, dann wird Licht einer Spektral farbe nicht weiter zer legt. Spektralfarben sind nicht aus anderen Farben zusammengesetzt. Es sind Grundfarben. 3. newtonscher Versuch: Führt man das im ersten newtonsehen Versuch entstehende farbige Licht durch eine Sammellin se wieder zusammen, dann entsteht weißes Licht. Die Summe aller Spektralfarben ergibt Weiß.
4. newtonscher Versuch: Blendet man einzelne Farben aus dem Spektrum aus und vereinigt das restliche Licht, so erhält man eine Mischfarbe. Solche Paare von ausgeblendeter Farbe und Mischfarbe des restlichen Spektrums nennt man Komplementärfarben.
• weißes Licht
grünes Licht
Blende
farbiges Licht
Auf der Grundlage seiner Untersuchungen entwarf I. NEIfI TorI eine Farb 111 h 'e. Eine völlig andere Auffassung über das Zustandekomm en von Farben entwicke lte JOHANN WOlf GANG VON GOE· TI (1749 - 1832) in seiner 'arbenleh 'e
Prisma
• Blende
Die Zerlegung von weißem Licht in seine farbigen Anteile führt zu einem kontinuierlichen Spektrum, das die Spektralfarben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett umfasst. Das Licht einer Spektralfarbe ist nicht weiter zerlegbar. Die Mischung aller Spektralfarben ergibt wieder weißes Licht.
Das Wort " kompl ementär" ist abge l itet vom lat ein ischen campi ere = erc an zend. Die B z ich nung w urd c 9 ' w " hlt. w eil i h di bN fCf· f nd n Fa rb n t U W iß crg f1 l f1 , So sind z. l3 . Ro t und G fUfl
f
()fllp(' 111"
11(, 11 (
5. 35 ),
I
I 352 Optik ------------------- -----------Arten von Spektren Spektren kann man nach der Art ihres Zustandekommens und nach ih rem Aussehen einteilen. Prismenspektrum Bei Verwendung von Gittern ist eine höhere Auflösung erre ichbar. Beim Prisma wird Blau, beim Gitter Rot am stä rk sten abgelenkt.
• Kontinuierliche Spektren werden von glühenden festen Körpern sowie von Gasen unter hohem Druck ausg esendet. Linien spektren senden heiße Gase von geringerer Dichte aus. Ihr Zustandekommen lässt sich durch Vorgänge im Atom erk lären ( / S. 39 1 f. )
®
Gitterspektrum
~
JOSEPH VON FRAUENHO-
(1787- 1826) entdeckt und werden als fraunhofersche linie n bezeichnet.
FER
Lichtquelle
-=- ___........ Gitter
Das Spektrum entsteht durch Brechung und Dispersion . Es wird deshalb auch als Dispersionsspektrum bezeichnet .
Das Spektrum entsteht durch Beugung und Interferenz. Es wird deshalb auch als Beugungsspektrum bezeichnet.
kontinu ierliches Spektrum
Linienspektrum
400 nm 500 nm 600 nm 700 nm A
I
I
I
400 nm
500 nm
600 nm
700 nm I,
I Na
11
1
lil
Hg
1
111
1111
ii
Ne
Das Spektrum umfasst den gesamten sichtbaren Bereich oder Teile davon ohne Lücken .
Das Spektrum besteht aus einzel nen, scharf begrenzten Linien, denen eindeutig eine bestimmte Wellenlänge zugeordnet werden kann.
Emissionsspektrum
Absorptionsspektrum
• Ein Emissionsspektrum wird z. B. von der Sonn e ausgesendet. Beim Durchlauf en der kühleren Gashülle der Sonne werden Teil e des Spektrums abso rbiert. Diese dunklen Absorptionslinien im Sonnenspektrum wurde 1814 von
®
lichtquelle
Natriumdampflampe
_1-
Gitter
-=-=----------=--- ••• - - -=-=-- -
Es wird das Licht zerlegt, das von einer Lichtquelle emittiert wird . Ein Emissionsspektrum kann ein kontinuierliches oder ein linienspektrum sein.
weißes Licht
111111
Natrium. ,- - dampf
Gitter ...... • iL_
•
___________
-=---=-=-
Es wird das Licht zerlegt, das von einer Lichtquelle kommt, vor der Zerlegung aber noch durch einen nicht selbst leuchtenden Stoff hindurchgeht.
353
Licht und Farben
Die Spektralanalyse Jedes Gas erzeugt entsprechend seiner Glühtemperat ur, seinem Druck, seiner Dichte und seiner chem ischen Zusammensetzung ein ch arakteristisches Spektrum . Durch dessen Analyse kan n man deshalb Rückschlüsse auf die Zusammensetzung von St offen ziehen, von denen das Licht ausgegangen ist oder die es durchlaufen hat. Das ist das Wesen der Spekt ralanalyse. Insbesondere ermöglicht d ie Spektralana lyse A ussagen über die physika lischen Bedingu ngen und chemischen Eigenschaft en an der Oberfl äche oder in der Atmosph äre von Himm elskörpern. So wurde z. B. das Helium, benannt nach dem griechischen "helios" für Son ne, 1868 im Sonnenspektrum entdeckt und erst 1894 auf der Erde nachgewiesen.
i GUSTAV ROBERT KIRCH -
(1824- 1887) begrü ndete zu sammen mit ROBERT WllHELM BUNSEN (1811 - 1899) die Spektralanalyse mit der Arb eit "Chemische An alyse durch Spektralbeobachtun gen ".
Die Untersuchungen von Spektren erfolgt mithilfe von Spektralapparate n. Das Foto zeigt einen Prismenspektralapparat. Das zu untersuche nde Licht wird zerlegt und die Spektrallinien ausgemessen. Anhand von Vergleichsspektren kann man ermitteln, welche Stoffe an der Entstehung des Spektrums beteiligt waren.
HOFF
5.6.2 Mischung von Farben
•
In unserer Umgebung gibt es nicht nur Lichtquellen, die verschi edenfarbiges Li cht aussenden . Auch Körper reflektieren meist nur Teile des Licht es, das auf sie fäl lt . Es kommt damit ständig zu einer Misch ung von verschiedenfa rbig em Licht. Komplementärfarben Nach dem 4. newt onsehen Versuch (/ S. 35 1) sind Komplementärfarben so lche Farben, die zusammen wieder Weiß ergeben . In der nebenstehenden Übersi cht sind die jeweiligen Komplementärf arben in den Zeilen angeordnet. Mischt man z. B. Gelb und Viol ett oder Grün und Rot, so erhält man jeweils weißes Licht. Dabei ist zu beachten: Rot beispielsweise kann eine reine Spektralfarbe oder eine Mischfarbe aus anderen Spektralfarben se in.
Ausgeblendete Spektra lfarbe
Mischfarbe des restlichen Spektrums
Rot
Grün
Orange Gelb Grün Blau Vi o lett
--
Blau
I I
Vio lett Rot Orange
- 1
Gelb
---
--
Die Farbe, di e ei n Körper hat, ne nnt m an Körperfarbe. Ein Körp er hat die Farbe, d ie sich aus d er M ischung des von ih m reflektierten bzw. h indu rchg elassenen Lichtes ergibt .
• Au ch d as Rot, d r s w ir w ahrn hm n, kann physik, lisch ine Sp k lral rarb (Li hl in s k i in 11 Wellenl ( ngenbel eiches) od er i ne Mi.,chf,lrbl' (Li ht se hr unterschi ed li cher W ell en lang en) sein .
354
Optik
Die additive Farbmischung
• Mithilfe der dre i Grundfarben und eines Farbenkreises (rechts) lassen sich die Gesetze der additiven Farbmischung formulieren . Als Mischfarben ergeben sich :
Bei einer additiven Farbmischung wird das Licht verschiedener Farben auf dieselbe Stelle gelenkt und übereinander gelagert (addiert) . Dies ist z. B. beim Farbsehen, beim Farbfernsehen oder bei der Überlagerung von verschiedenfarbigem Scheinwerferlicht der Fall. Da man durch additive Mischung der Farben Blau, Grün und Rot alle an deren Farben erhalten kann , werden diese Farben als Grundfarben der additiven Farbmischung bezeichnet.
G + R = Gelb B + G = Cyan B + R = Magenta B + R + G = Weiß Die Farben werden auch als RGB -Farben bezeichnet.
Werden Farben durch Addition gemischt, so gilt:
F. r ml c lungen kann man auch am Computer mithilfe eines Zeich en programms selbst ausprobi eren .
• Di e sub trdkt lve fa rbm bf hung wird bei Farbdias und beim Malen genutzt. Für die subtra kti ve Farbmisch ung gilt: G + M = Rot C + G = Grün C + M = Blau C + M + G = Schwarz
- Gegenüberliegende Farben des Farbenkreis ergeben beim Mischen Weiß (Komplementärfarben). - Jede Farbe des Farbenkreises kann man durch Mischen der beiden benachbarten Farben erhalten. - Alle Farben des Farbenkreises kann man durch Mischen der Grundfarben Rot, Grün und Blau erhalten. - Durch Mischen aller drei Grundfarben erhält man Weiß.
Die subtraktive Farbmischung Bei einer subtraktiven Farbmischung wird das Licht verschiedener Farben durch Farbfilter ausgeblendet oder durch Farbstoffe absorbiert (subtra (Pigmente) hiert). Das restliche Licht bildet eine Mischfarbe. Grundfarben der subtraktiven Farbmischung sind Gelb, Magenta (Purpur) und Cyan (Blaugrün).
Werden Farben durch Subtraktion (Ausblenden) gemischt, so gilt: - Alle Farben des Farbenkreises kann man durch Mischen der Grundfarben Gelb, Purpur (Magenta) und Blaugrün (Cyan) erhalten . - Durch Mischen aller Farben erhält man Schwarz.
QUANTENPHYSIK
6
~---
i Der Begründer d er Quantentheorie ist MAX PLANCK
(1858- 1947), der 1900 als Professo r für theoretische Physik an der Berliner Un iversität wirkte.
Quantenphysik
6.1
Die Quantenphysik oder Quantentheorie ist ein relativ junges Teilgebiet der Physik, das das Verhalten von Quantenobjekten (z. B. Photonen, Elektronen, Atomen ) beschreibt. Damit ist die Deutung vieler Effekte mög lich, die von der klassischen Physik nicht erklärt werden können oder die gar den klassischen Vorst ellungen widersprechen. Die Bezeichnung "Quantenphysik" rührt daher, dass viele physikalische Objekte und Größen in der Mikrophysik nur port ionsweise, also gequantelt, vorkommen . Als Geburtsst unde der Quant enphysik gilt der 18.Dezember 1900. Das ist der Tag, an dem der deutsche Physiker M AX PLAN CK (1858 - 1947) auf einer Sitzu ng der Berliner Physikalischen Gesellschaft seine Strahlungsformel (/ S. 206) theoretisch begründete und dabei die f undamentale Naturkonstante h. das plancksche Wirkungsquantum, in die Physik einführte.
6.1.1
• Entd eckt wurde der äußere lichtelektri sche Effekt im Jahr 1888 durch WILHELM HALLWACHS
(1859 - 1922). Er wird deshalb manchmal auch als HALLWACHSEffekt beze ichn et .
Quanteneffekte bei elektromagnetischer Strahlung
Der äußere lichtelektrische Effekt
Der äußere lichtelektrische Effekt, auch äußerer Fotoeffekt genannt, war einer der ersten Effekte, der die Anwendbarkeit des Wellenmodells bei Licht infrage stellte. Er wurde bei der Bestrahlung von geschmirgelten Zinkplatten mit unterschiedlichem Licht entdeckt. Experimentelle Untersuchungen zeigen: - Bestrahlt man eine negativ geladene Zinkplatte mit ultraviolettem Licht (U V-Licht), dann wird die Platte entladen. Zu erklären ist das damit, dass durch die UV-Strahlung Elektronen aus der Zinkplatte herausgelöst werden und sich damit die negative Ladung der Platte verri ngert.
Zink-Platte - - - - - - - - - - - - - - - - .. UV-Strahlu ng
-
• Inneren lichtelektrischen Effekt nennt man dagegen die Erscheinung, dass durch den Einfluss von Strahlung Ele ktron en im Inn eren eines Festkörpers ihre Bindung verlasse n und dann als Lei tung selektro nen zur Verfügung stehen .
-
--
---
---
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---
-
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_ _ ~~ ~~I~s~~s_ E~~~r?!' _..
- Nutzt man statt UV-Licht sichtbares Licht, so wird die negativ geladene Zink-Platte nicht oder nur sehr wenig entladen, selbst wenn man die Lichtintensität sehr hoch wählt. - Bestrahlt man eine positiv geladene Platte mit beliebigem Licht, so tritt kein Effekt auf. Die Erscheinung, dass bei Bestrahlung mit Licht aus der Oberfläche von Festkörpern Elektronen austreten können, wird als äußerer lichtelektrischer Effekt bezeichnet.
Quanteneffekte be i elektromagnetischer Strahlung -----Genauere Untersuchungen zeige n: - Zur Ablösung von Elektronen aus einem Festkörper ist eine bestimmte A rbeit erforderlich, d ie als Austrittsarbeit WA oder auch als Abl öseenergie bezeichnet wird . Licht mit hoher Frequenz (kleiner W el len länge), also z. B. UV-Licht, gibt seine En ergie in größeren Portionen (Q uanten) ab als Licht ni edrigerer Frequenz (größ erer W ellen länge), also z. B. sichtbares Licht. Ist die Energieportion des Lichtes größer als die Austrittsarbeit für ein Elektron, so ist die restliche Energie gleich der kinetische n Energie dieses herausgelösten Elektrons. Für die Energiebilanz beim äußeren lichtelektrischen Effekt gilt:
E = WA + Ekin
E WA
Ekin
Energie eines Lichtquants (/ S. 360) Austr ittsarbeit kinetische Energie der Elektronen
Energieportion E des Lichtes ist größer als die Austrittsarbeit
Ene rgi eportion E des Lichtes ist gleich der Austrittsarbeit
Energieportion E des Lichtes ist k leiner als die Austrittsarbeit
UV-Licht (fuv groß)
b laues Licht (fblau < f uv )
gelbes Licht (fge lb < f bla u )
357
• UV-Li cht bes it zt größere Energi e portion en als sich tb ares Licht und des halb auch ei ne größere bio logi sche Wirksa mke it . So wird z. B. durch überm äßige UV-Bestrah lung ein Sonn enbra nd hervorgerufen. Durch sichtbares Licht pass iert das nicht.
i Ein Teil der Energie des Lichtes kann auch an die Atome des Festkörpers abgegeben werden. Wi r betrachten hier den Fall, dass d ieser Anteil null ist und damit die kinetische Energie der Elektron en den maxi mal möglich en Wert hat.
Die Austrittsarb eit ist eine materialabhängige St offkonstante, hängt also vom verwendeten Stoff ab. Bestimmung des planckschen Wirkungsquantum s Mit hilfe einer Vakuum -Fotozelle kann man quantitativ untersuchen, Licht wie di e kinet ische Energie d er ElekRing an od e t ronen vo n der Frequenz des ve r.-~-~ A r-----------~ wendeten Lichtes abhängt. Licht fällt auf eine Katode aus Alkalimetall. Die austretenden Elektronen besitze n eine bestimmte maximale ki netische Energie Ekin- Es fließt ein 0 - -- - ' Strom. Vergrö ßert man die Gegen- + spannung zwisc hen Katode u nd Anode, so werden die Elektronen in dem Geg enfe ld abgebremst. Wenn die kinetische Energie der Elektronen nicht mehr ausreicht, um das Gegenfeid zu überw inden, ist d ie Stromstärke null.
• •
A lkal im eta ll e haben eine relat iv ge rin ge Au st rittsa rb eit, so da ss sc hon bei sicht barem Li cht I~ I ktro nen us der Kr to el austre ten ko nn en.
358
Quantenphysik
Für diesen Grenzfall gilt:
e . U = Ekin Die beschri ebene Methode wird als Gegenfeidmethode bezeichnet.
=~
m . v2
Dabei ist U die Spannung zwischen Anode und Katode bei 1=0 und damit e . U gleich der Arbeit gegen das elektrische Feld. Bestrahlt man die Katode der Fotozelle mit Licht verschiedener Frequenz, dann erhält man einen Zusammenhang zwischen Energie und Frequenz, der als EINSTEINGerade bezeichnet wird und der in der nachfolgenden grafischen Darstellung für die Alkalimetalle Natrium und Caesium dargestellt ist. e . U = Eki n in eV
Es gilt: 1 eV = 1,602 · 1Q- 19 Ws Ein El ektron besitzt diese Energie, wenn es aus dem Ruhe zustand eine Spannung von 1 V durchl äuft.
2
-2
I Ein Produ kt aus Energie und Zeit wird in der Physik häufig als Wirkung bezeichn et . Dahe r stammt die Bezeich nung "Wirku ng sq uantu m " für die Konstante h.
• Diese Gl eichung wurd e zuerst von ALBERT EINSTEIN
(1879 - 1955) im Jahr 1905 ang egeben. M an ne nnt sie auch einsteinsche Gleichung für den Fotoeffekt.
Der Anstieg der Geraden ergibt sich als Quotient L1E : M. Er ist für alle Festkörper gleich und wird als plancksches Wirkungsquantum oder als PlANCK-Konstante bezeichnet. Das plancksche Wirkungsquantum h ist eine fundamentale Naturkonstante. Sie hat einen Wert von h = 6,626 . 10- 34 J . s. Di e Achsenabsch nitte auf der Ordinatenachse sind die stoffabhängigen Austrittsa rbeiten WA. Damit lautet die Geradengleichung : Ekin = h . f - WA Ein Vergleich mit der Energiebilanz Ekin = E - WA ( / S. 357) zeigt: Die Energieportionen von Licht der Frequenz f betragen E = h . f. Damit gilt: Die Energiebilanz beim äußeren lichtelektrischen Effekt lautet:
h f WA Ekin
plancksches Wirkungsquantum Frequenz des Lichtes Austrittsarbeit kinetische Energie der Elektronen
359
Quanteneffekte bei elektromagnetischer Strahlung
Der Schnittpunkt der Geraden mit der f-Achse ist diejenige Frequen z, die Licht mindestens haben muss, um Elektronen aus dem jeweiligen Metall herauszulösen. Sie wird als Grenzfrequenz bezeichnet. Die Grenzfrequen z f G ergibt sich aus der stoffabhängigen Austrittsarbeit:
W A Austrittsarbeit h plancksches Wirkungsquantum Für spezielle Anwendungen nutzt man Stoffkombinationen mit besonders geringer Austrittsarbeit und damit auch kleiner Grenzfrequenz, z. B. Barium auf Wolframoxid (fG = 3,1 . 10 14 Hz) oder Caesium auf Wol fram (fG = 3,4 . 10 14 Hz).
Die Grenzfrcquc>nz ist damit ebenfal ls mat erialabh ängig . Si e beträgt z. B. für Natrium 5,5 . 10 14 Hz (grünes Licht) und für Caesium 4,7 · 10 14 Hz (rotes Licht).
Ist es möglich, aus einer Wolframkatode durch Bestrahlung mit Licht einer Wellenlänge von 410 nm Elektronen herauszulösen? Analyse: Damit Elektronen aus Wolfram herausgelöst werden, muss das Licht mindestens die für diesen Stoff erforderliche Grenzfrequen z besitzen . Diese ergibt sich aus der oben genannten Gl eichung, wobei der Wert für die Austrittsarbeit einem Tabellenwerk zu entnehmen ist. Die Frequenz des verwendeten Lichtes kann man aus Wellenlänge und Lichtgeschwindigkeit mit der Gleichung c = f· A. berechnen. Gesucht: Gegeben:
fG.f A. h
=410nm = 6,626 . 10- 34 J . S
W A = 4,54 eV (Tabellenwert) = 300000 km · S- 1
c
Lösung: Für die Gren zfreque nz von Wolfram erhält man:
WA =/1 _ 4,54 . 1,602 . 10- 19 J 6,626 . 10- 34 J . S
= 1,1 . 10 15 Hz Als Frequenz des verwendeten Lichtes ergibt sich:
_ c
f
- J:
f
= 4103 . .1010- 9mm
f
=7,3 · 10 14 Hz
8
Ergebnis: Da die Frequenz des verwendeten Lichtes mit 7,3 ' 10 14 Hz klein er ist als die Grenzfrequenz für Wolfram (11 10 14 Hz), werden aus d er Wolframkatode durch dieses Licht keine Elektronen herausg elöst.
Für die Einh eite n gi lt: 1 eV = 1,602 . 10 -19 J
1 = 1 Hz s
360
-----
Quantenphysik
6.1.2 Energie, Masse und Impuls von Photonen Wenn man Licht immer schwächer macht, zeigt sich, dass sich seine Energieportionen nicht weiter unterteilen lassen als in die Portionen h . f. Lässt man Licht z. B. auf eine Glasplatte fallen, 50 wird ein Teil des Lichts durchgelassen, der Rest wird reflektiert. Lässt man sehr schwaches Licht auf die Glasplatte fallen, so wird stets eine ganze Portion durchgelassen oder eine ganze Portion reflektiert.
Licht einzelne Photon en
Derartige Versuche zeigen: Licht wird nicht nur in Portionen absorbiert. Es ist auch in Portionen unterwegs ( / 5. 357) . Wi r nennen diese Portionen Lichtquanten oder Photonen. Es gilt allgemein: Licht besteht aus Photonen (Lichtquanten). Die Energie eines Photons beträgt:
h f
E= h· f
Für d iese Äq uivalenz gilt di e berü hmte, 1905 von ALB ERT EIN · STEIN (1879- 1955) angegebene Beziehu ng E = m·( 2.
plancksches Wirkungsquantum Frequenz
Nach der speziellen Relativitätstheorie sind Energie und Masse äquiva lent ( / 5.440). Kennt man die Energie eines Photons, so ka nn man auch die dazu äquivalente Masse angeben . Die Masse eines Photons hängt von seiner Energie ab. Es gilt:
m=.f=~= ~ (2 (2 C,A
f E A
Frequenz Energie Wellenlänge
vorh er Der Phot onen-Impul s ist auch für den " Sonnenwind " verantwortlich . Dessen Wirkung zeigt sich z. B. in der Krümmung von Kom eten schweifen und in der Verformung des Erd magnetfeldes.
~',~ ,'- !
5pl, g, '
c h
nachher
:~
Lichtgeschwindigkeit plancksches Wirkungsquantum
Phot on en breit en sich stets mit Lichtgeschwindigkeit aus. Ihre Ruhemasse (/ S. 439) ist null. Dennoch haben Photonen einen Impuls, der sich experimentell nachweisen lässt.
Der Impuls eines Photons beträgt: p = f. = ~ = C
C
q Il
Quanteneffekte bei elektromagnetischer Strahlung
Ein Laser sendet Lichtblitze mit einer Wellenl änge von 630 nm und einer Energie von 100 J aus. a) Wie viele Photonen enthält ein solcher Lichtblitz? b) Wie groß ist der Impuls eines Photons?
361
• Lase, licht ist Licht einerWell en länge b7W. Frequenz ( / S. 400) .
Analyse: Die Anzahl der Photonen ergibt sich aus der Energie eines Photons und der Energie des Lichtblitzes. Der Impuls eines Photons kann mit der auf S. 360 genannten Gleichung berechnet werden .
Gesucht: Gegeben :
An zah l n der Photonen, p A = 630 nm EB = 100J h = 6,626 . 10- 34 J . S C = 300000 km . s
Lösung: a) Ein Photon hat die Energie E = h . f = h . die Anzahl n der Photonen:
X. Damit erhält man für Für die Einheiten g ilt: 1 L2 =1 kg · m 2 5 m
n
52 .
m
9
100J · 630 · 1O- m · s = 3,2 . 1020 6.626 . 10- 34 J . S . 3 . 10 8 m
b) Der Impuls eines Photons ergibt sich zu : _ h
P - ;: P _ 6.626 · 10 ·34 J . S = 1 1 . 10- 27 ~ 630 . 10 9 m ' s
Ergebnis: Ein Lichtblitz mit einer Energie von 100 J enthält bei Licht mit einer Wellenlänge von 630 nm (rotes Licht) etwa 3,2 . 10 20 Photonen. Das einzelne Photon hat dabei einen Impuls von ca. 1,1 . 10- 27 k9s' m .
Bei einer Reflexion oder einer Absorption erzeugen Photonen wegen ih res Impulses einen Druck, der als Strahlungsdruck bezeichnet wird. Das Licht, das von einer Lichtquelle ausgeht, kann man sich damit als einen Strom einer riesigen Anzahl von Photonen vorstellen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit von der Lichtquelle weg bewegen . Die Sonne gibt in jeder Sekunde eine Energie von etwa 3,8 . 10 26 J ab. Diese Energie ist auf eine große An za hl von Photonen unterschiedlicher Wellenl ängen verteilt. Geht man von einer mittleren Wellenläng e von 600 nm aus, dann w ären das in jeder Sekund e etwa 1,1 . 10 45 Photonen, die in den Raum abgestra hlt w erden. Ein Teil davon gelangt bis zur Erd oberfläch e. Bei einer 100-W -Glühlampe sind es bei der gleichen Well enl änge immer noch etwa 3 . 1020 Photon en je Sekunde, die abgestrah lt w erden .
. ..'.
. .
.,
.
.
:-..
.
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· 1tI " j
•
••
362
• Erst ab etwa 5 Photonen rea giert eine Lichtsinneszelle mit eine m Sign al an das Gehirn .
Quantenphysik
Interferenz einzelner Photonen Experimente am Doppelspalt, so wie sie /' S. 337 f. beschrieben sind, kann man auch mit einzelnen Photonen durchführen. Ein einzelnes Photon ist mit den Augen nicht wahrnehmbar. Einzelne Photonen können allerdings in Halbleitern Elektron-Loch -Paare hervorrufen ( /' S. 272 f.). Durch Verstärkung kann daraus ein messbarer Stromimpuls erzeugt werden. Baut man viele solcher Halbleiterelemente zusammen, so erhält man ein Feld von Photonendetektoren . Man nennt ein solches Feld CCDArray. Die Sk izzen zeigen die prinzipielle Versuchsanordnung.
• CCD-Arrays werden z. B. auch in Nachts ichtgerät en oder zur Aufnahme sehr lichtschwacher Obj ekte in der Astronomie verwendet . Die Abkürzung CCD erg ibt si ch aus der englischen Bezeich nung Ch arge-Compl ed-Device (l ad ungsgekoppeltes Halbleiterba uelement).
Doppelspa lt
CCD-Array
Quelle f ür einzelne Phot onen
Doppelspalt
CCD-Array
Qu ell e für einzelne Photonen
möglicher Auftreffort ei nes Photons
Experimente ergeben folgende Resultate: - Jedes Photon wird stets nur an einer Stelle nachgewiesen. - Es gibt Stellen, an denen besonders viele Photonen nachgewiesen werden . Dies sind genau die Maxima-Stell en des Doppelspaltversuchs mit normaler Lichtintensität ( /' S. 337f.). Registriert man viele Photonen hinter einem Doppelspalt, so stellt man ein typisches Interferenzmuster fest . Photonen zeigen Weileneigenschaften.
6.1.3 Röntgenstrahlung
• Entdeckt wurde diese Strahlung im Jahr 1895 durch den deutschen Physiker WILHELM CONRAD RÖNTGEN (1 845 - 1923), der 1901 dafür den erste n Nobelpreis f ür Physik erhi elt.
Entstehung von Röntgenstrahlung Wenn elektri sche Ladungen beschleunigt oder abgebremst werden, entsteht elektromagnetische Strahlung ( /' S. 297) . Je größer die Beschleunigung ist, umso größer ist die Frequenz der entstehenden Stra hlung . Lässt man Elektronen mit großer kinetischer Energie (mehrere keV) auf eine Metalloberfl äche, die Anode, auftreffen, so werden sie abrupt abgebremst. Es entsteht kurzweilige elektromagnetische Strahlung, die Röntgenstrahlung. Wenn Elektronen stark abgebremst werden, entsteht die kurzweilige Röntgenstrahlung .
Quanteneffekte bei elektromagn etisch er Strahlung
Die Skizze zeigt den prin zipiellen Aufbau einer Röntgenröhre, mit der Röntgenstrahlung erzeugt wird. Die von einer Glühkatode emittierten Elektronen werden im elektrischen Feld zwischen Katode und Anode beschleunigt und beim Auftreffen auf die Anode stark abgebremst. Es entsteht Röntgenstrah lung (Bremsstrahlung). Röntgenstrahlung kann ähnlich wie radioaktive Strahlung mit einem Zählrohr (/ S. 407) nachgewiesen werden . Am "Kn acken" des Zählrohrs kann man erkennen :
363
RÖNrGfN se lbst b zeich net e di VO ll ihm entdeckte Str, hlu n als X-St rahlung . Im englischsprachig en Raum spricht man auch heute von X-rays.
•
Die Röntgenstrahlung gibt ihre Energie wie Licht in Quant en ab. In Röntgenröhren werden die Elektronen meist mit elektrischen Spannungen im kV-Bereich beschleunigt. Die Frequenz der entstehenden Röntgenstrahlung erstreckt sich über einen we iten Bereich . Es gibt jedoch eine obere Gren ze, die Grenzfrequenz f G . Sie ist umso größer, je größer die Beschleunigungsspannung UB ist. Um dies zu verstehen, wird der Entstehungsprozess als umgekehrt er Fotoeffekt gedeutet: Die bei einem Abbremsvorgang frei werd ende Energie erwärm t z. T. die Anode, z. T. wird sie von Photonen davongetragen . Im Ext remfall wi rd die gesamte kinetische Energie des Elektrons auf ein einzig es Röntgen -Photon übertragen. Die maximale Photonenenergie beträgt dann al so e . U B• Daraus können die Gren zfrequenz f G und die Gren zwellenl änge A.G berechnet werden .
Au ch die M aterie im Weltra um best eht aus geladenen Teil chen. Sie werden hä ufig von Neutronensternen oder von sch warze n Löchern stark beschleun igt . Die dabei entst ehend e Strahlung w ird mit Röntgensatelliten (ROSAT, Chand ra, XMM) nachg ewi esen. A llein der 1990 gestartet e Satellit ROSAT registrierte ca. 120000 Röntgenqu ellen im W elt raum.
Für die maximale Energie der Photonen einer Röntgenröhre gilt: Emax
e
UB h
= e . UB = h . f G = h . -f-
G
Elementarladung Beschleunigungsspannung plancksches Wirkungsquantum
fG c
Grenzfrequenz Lichtgeschwindigkeit A.G Grenzwellenlänge
Wie groß ist die maximale Frequenz der Strahlung einer Röntgenröhre, die mit 20,0 kV betrieben wird? Berechnen Sie auch die zugehörige Wellen länge! Analyse: Die maximale Frequenz (Gren zfrequen z) ergibt sich, wenn man annimmt, dass die gesamte kinet ische Energ ie eines Elektrons, di e es infolge der Beschleunigung im elektrischen Feld zwi sch en Katod e und Anode hat , beim Abbremsen vollständig auf ein Phot on der Röntgenstrahlung übertragen wird .
Bei Spannun g n im kV-B r i 11 kcl nn di anfäng liche' ki ll li sch En I <Ji dei EI k tro n n V rn rl 11 I issig t w rcl n.
Quantenphysik
364
Gesucht: Gegeben:
Lösung: Aus e . Ug
f G, AG UB =20,0 kV e = 1,602 . 10- 19 C h = 6,626 . 10- 34 J . S
= h . f G ergibt sich für die Grenzfrequenz f G: _ e· U s - - h_ 1,602 . 10- 19 C · 2,00 . 10 4 V 6,626 . 10- 34 J . S
=4,8.10 18 Hz
Die Grenzwellenlänge ergibt sich aus c = A.. fzu:
•-
1 Picom eter = 1 pm
= 10- 12 m Ergeb nis: Be i einer Beschleunigung von 20 kV beträgt die maximale Frequenz der abgestrahlten Röntgenstrahlung 4,8 . 10 18 Hz. Das entspricht einer Wellenlänge von 63 pm.
Trägt man die Intensität I der Röntgenstrahlung über der Frequenz f auf, so erhält man das Spektrum der Röntgenstrahlung.
Das Spektrum der Röntg enstrah lung umfasst ein en Frequenzbereich von 3.10 16 Hz bis 5 . 10 2 1 Hz. Das ent· spricht ein em W ell enlängenbereich von 10- 8 m bis 6 . 10- 14 m (/ S. 309).
o o
Linien des cha ra kteri stische n Spektrums kontinui erliches Spektrum
Di e Röntg enstrahlung in der Anode entsteht nur teilweise direkt durch die Ab bremsung der Elektronen . Diesen Anteil im Spektrum nennt man kontinuierliches Spektrum oder Bremsspektrum. Im Experiment beobachtet man zusätz lich ein Linienspektrum, das so genannte charakteristische Spektrum. Das Spektrum einer Röntgenröhre besteht aus einem Bremsspektrum und einem charakteristischem Spektrum .
Quanteneffekte bei elektromagnetischer Strahlung
Das kontinuierliche Bremsspektrum kommt zustande, weil die auf die Anode auftreffenden Elektronen beim Eindringen in die Atomhülle abgebremst werden und einen Teil ihrer Energie in Form elektromagnetischer Strahlung (Röntgenqu anten) unterschiedlicher Frequenz abgeben. Die Entstehung des charakteristischen Spektrums ist f olgendermaß en zu erklären: Aufgrund der großen kinetischen Energie der auftreffenden Elektronen dringen diese bis in die Nähe des Atomkerns vor und heben kernnahe, fest gebundene Elektronen auf ein höheres Energieniveau. Auf den hinterlassenen freien "Platz" können schwach gebundene Elektronen nachrücken . Dabei wird Energie frei, die in Form von Röntgenquanten abgegeben wird und die für das jeweilige Anodenmaterial ch arakteri stisch ist.
freier" Pl atz" des herausgeschlagenen Elektrons
Elektron rückt nach
,r ,
.--------.... r
I
I
o
Energie der im Atom gebundenen El ektronen
cha ra kterist ischer Energieunterschied "'E = h . f
Röntgenstrahlung hat einige spezielle Eigenschaften, die für ihre Anwendung von Bedeutung sind: - Röntgenstrahlung besitzt eine so große Energie, dass Zellen geschädigt und St offe ionisiert werden können. - Röntgenstrahlung durchdringt viele Stoffe und wird durch verschiedene Stoffe unterschiedlich absorbiert. - Röntge nstrahlung schwärzt Filme. - Röntgenstrah lung kann gebeugt werden und interferieren. Aus diesen Eigenschaften ergeben Anwen sich charakteristische dungsmöglichkeiten. In der Röntgendiagnostik wird der Körperteil, der untersucht w erden soll, zwischen Röntgenrö hre und Film gebracht. Da z. B. Knochen Röntgenstrahlung weniger gut hindurchlassen als das umliegende Gewebe, erhält man auf dem Film ein Abbild des Körperinneren. Organe wie Magen oder Darm können durch Verwendung von Röntgenkontrastmitteln dargestellt werden . Die Röntgentherapie wird u.a . dazu angewendet, um Tumorzellen abzutöten. Dabei nutzt man die höhere Strahlungsempfindlichkeit von krankem Gewebe. Bei der Werkstoffprüfung können mithilfe von Röntgenstrah lun g Schweißnähte untersucht oder Werkstücke auf Einschlüsse geprüft w erden. Mithilfe der Röntgenstrukturanalyse V S. 367) ist es möglich, die kristalline Struktur von St offen zu untersuchen und zu erfassen.
365
• Die energetischen Verhältn isse der Elektronen in der Atomhülle lassen sich in einem Energieniveauschema darstellen ( / 5.392) .
• Da Röntgenstrahlen Zellen schädigen kön nen, si nd beim Umgang mit ihnen die Festlegunge n des Strahlensch utzes strikt einzuhalte n.
i In der Rö ntgendiagnostik wird mit Beschleunigungsspannungen von 50 kV bis 150 kV und möglichst kurze n B lichtungsze itc n gca r beitet . In der Röntg enth erapie wend et In n auch enc rgi r ich ' (h r1 1l(' ) Röntg emlt .lh lu n J (200 kV bi s 300 kV) al .
366
• Da die Well enlänge der Röntgenstrahlung in der Größenordnung von Picometern (10- 12 m) liegt, können zu ihrer Interferen z keine gewöhnlichen Doppel spa lte oder Gitter verwenden. Di e Spaltabstände wären viel zu groß . 1912 hatte MAX VON LAUE (1879 - 1960) die Idee, als "Gitter" Kristalle zu verwenden. Den experimentellen Nachweis von Rö ntgenstra hl interferenzen führten se ine A ss istenten WALfllER FRILDRICH
(1883- 1968) und PAUL KNIPPI JG (1883-1935). MAX VON LAU E erhielt 1914 den Nobelpreis für Physik .
Quantenphysik
Interferenz von Röntgenstrahlung
Röntgenstrahlung ist elektromagnetische Strahlung und zeigt Interferenzeffekte ( / S. 336ff.). In Kristallen sind die Ionen in regelmäßigen Abständen d von mehreren 100 pm angeordnet (s. Skizze). Die Röntgenstrahlung wird an den einzelnen Kristallebenen (Gitterebenen, Netzebenen) reflektiert und überlagert sich.
______
Kns tall q ttC' r
----
-:-:~~-Eine Verstärkung von Röntgenstrahlung tritt nur dann auf, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: - Der Winkel Ci ' , in dem die Röntgenstrahlung nachgewiesen wird, muss so groß sein wie der Winkel Ci, mit dem die Röntgenstrahlung auf den Kristall auftrifft. - Es muss eine 1913 von WILLIAM LAWRENCE BRAGG (1890 - 1971) aufgestellte Beziehung gelten, die als BRAGG-Gleichung bezeichnet wird. Maxima bei Interferenz von Röntgenstrahlung an Kristallgittern sind unter folgender Bed ingung zu registrieren:
k . A = 2 d · sin Cik
k
A d Cik
WllllAM LAwRf 'J("
BRAGG (1890- 1971)
erhi elt 191 5 zusam men mit seinem Vate r
Röntgenstrahl ung ~
. 1 ~ j~f~~l ,r --.:;..;
1,2,3, ... Wellenlänge Abstand der Gitterebenen Reflexionswinkel (BRAGG -Winkel)
Diese Beziehung kann genutzt werden , um die Wellenlänge von Röntgenstrahlung zu ermitteln oder um die kristalline Struktur von Stoff en zu untersuchen. Die BRAGG-Gleichung ergibt sich aus einfachen geometrische n Überlegungen.
WllLlAIIJI HENRY BRAGG
(1862- 1942) für die Verdi enste um die Erforschung von Kristallstrukturen m ittels Röntgenstrahlen den Nobelpreis für Physik .
' ~ -----.
- - ------------
Bei Verstärkung muss der Gangunterschied von benachbarten Strahlen A oder ein ganzza hliges Vielfaches von A sein. Bei Reflexion an den Gitterebenen unter einem Win kel Ci beträgt der Gangunterschied zwischen den Strahlen 1 und 2 (s. Skizze) : .1s = 2 d . sin Ci. Mit .1s = k · A (k = 1, 2, 3, .. .) erhält man die oben genannten BRAGG-Glei chung.
Quanteneffekte bei elektromagnetische r Strah lung
367
Röntgenstrukturanalyse
Die Röntgenstrukturanalyse ist ein Verfahren zur Bestimmung der An ordnung von At omen oder Ionen in Kristallen unter Verwendung von Röntgenstrahlung . Dazu kann man unterschiedliche Verfahren anwen den. Beim Drehkristallverfahren wird ein Krista ll einer mon ochromatischen Röntgenstrahlung ausgesetzt. Au f einem dahinter liegenden Detektor w erden die Interferenzmuster registriert. Bei Verwendung von Film würde an Stellen maximaler Verstärkung eine Schwärzung erfo lgen. Film
Röntgenröhre
Film
In der Bio log ie hat man mit der Rö ntgenstruk turanalyse große Erfo lge erzi It. Es wurd e z. B. damit die Doppelh eli xStru ktur der DNA aufgeklärt.
• Für die Maxima gilt die BRAGG-Gleichung (/ S. 366).
Röntgenröhre
Würde der Kristall bei jeder Maximum-Stelle um ei ne zur Verbindungslinie Röntgenröhre-Film parallele Achse gedreht, so erhielte man auf dem Film Maxima in Form konzentrischer Kreise. Beim DEBYE-SCHERRER-Verfah ren wird ebenfalls mit monochromatischer Röntgenstrahlung gearbeitet. Statt eines einzelnen Kristalls nutzt man ein Kristallpulver, in dem sich eine Vi elzahl vo n Kristallen mit unterschiedlichen räumlichen Orientierungen befinden . Damit ist stets für einige die BRAGG -Gleichung erfüllt. Auf einem Film entstehen dann ebenfa ll s Ringe. Die Skizze unten zeigt dieses Ve rfahren. Beim LAuE-Verfahren wird ein Kristall mit Röntgenstrahlung unterschiedlicher Wellenl änge (so genanntem weißen Rönt genlicht) • bestrahlt. Dadurch bekommt man auf einem Film Schwärzungspunkte (M axima ) an verschiedenen Stell en. Ein so lches Bi ld wird als LAuE-Diagramm bezeichnet.
Benannt ist dieses Verfahren nach dem niederländischen Physiker PETH DEBYE (1884- 1966) und dem schweizer Physiker PAUl SCH[RRlf
(1890- 1969), die dieses Verfahren 191 5 entwickelten.
D t kl.o r (Film) Kristallpulver
gebeugt Röntg enstrail lun g
368
Quantenphysik
Der COMPTON-Effekt Entdeckt wurde dieser Effekt 1922 von dem US-amerikanischen Physiker ARTHUR HOLLY COMPTON (1892- 1962). Er erh ielt für di ese wi ssensch aftl iche Leistung 1927 den Nobelpreis für Physik.
Grafit enthält Elektronen mit vernachlässigbarer Au strittsarbeit. M an sagt: Die Elektronen sind frei oder lose gebunden . W enn man Röntgenphotonen an freien Elektronen streut, so haben die Photonen nach der Streuung eine kleine re Frequenz und eine größere W ellenl änge als zu vo r. Die Phot on en haben Energie und Impuls an die Ele ktronen abgegeben . Im Experiment ze igt sich: Je größer di e Richtungsänderung ß des Photons ist, umso mehr nimmt seine W ellenlänge zu, also seine Energie und sein Impuls ab. Man kann sich die Streuung als elastisch en Stoß vo rste llen: vorh er:
Photon mit Well enl äng e A' > A.
nachher:
Photon mit Wellenl änge A
~gg"tOß,n"
Elektron
----C:~ ~:ltron
\Vf\J\PVf\ ..
- .-
Um d ie Änderung der W ellenlänge auszurechnen, wendet man Energieund Impul serhaltungssatz auf das System Photon + Elektron an. Man erhält folgendes Ergebn is:
•
Für die Wellenlängenzunahme L\A. des Röntgenphotons in Abhängigkeit von seiner Richtungsänderung ß gilt:
Di e Ko nstante m h c beze ichn et man ~ uch als COMPTON-Wellenlänge Ac- Si e hat einen Wert von :
Ac = 2,426 · 10- 12 m Damit kann man für die Gle ichung auch schreibe n:
A = A c( 1 - cos !J)
' (1-cosß)
L\A=A' -A= _ hme · C
h me
c
•
=6,626 · 1O- 34 J · s = 9,109 . 10- 31 kg = 2,998 . 108 !:!! s
Ein Phot on habe eine W ellenlänge, die gerade genau so groß ist wie die CO MPTON -Wellenlänge. Es trifft auf Elektronen . Dabei beträgt die Richtungsänderung des Photons gerade 90 °.
Welche Wellenlänge und welche Energ ie hat das gestreute Pho ton? Analyse: Di e W ellenlänge ergibt sich aus der links genannten Beziehu ng . Die Energie des Photons kann man aus Freq uen z, Lichtgeschwindigkeit und planc ksch em Wirkun gsquantum berechnen. Ges ucht: Gegeben:
A', E
A = Ac = 2,426 . 10- 12 m
ß
=90 °
Lösung: Für die Wellenl ängenänderung gilt A' - A = Ac (1 - cosß) und damit: A' = A. c (l - cosß) + A A' = Ac(l - cos90 0) + Ac = 2 Ac = 4,852' 10- 12 m
Quanteneffekte bei elektromagnetischer Strahlung
369
Für d ie Energie erhält man dann:
E = h ·f= h ·
i
E = 6626·1O- 34 J·S· ,
8
31 0 m 4,852.1 0- 12 m · 5
=4,1 · 1O- 14 J
Ergebnis: Das gestreute Ph oton hat eine Wellenlänge von 2 Ac = 4,825 . 10- 12 m und eine Energie von E = 4,1 . 10- 14 J.
Die Quantennatur elektromagnetischer Strahlung Licht und Röntgenstrahlung zeigen ähn liche Eigenschaften: Eigenschaft en
sichtbares Licht/ UV-Licht
Hinweise auf Qu anten (Photon en )
lichtelektrischer Effekt, Strahlteiler (/ S. 360)
COM PTON-Effekt
Beugung an Gittern und dünnen Schichten
Beugung an Kristallen
I Interferenzerschei -
l
nungen
Röntgenstrahlung
GrenZfreqUe~ z, -
--
Sowoh l das sichtbare Licht als auch Röntgenstrah lung sind Te il e des elektromagnetischen Spektrums ( / S. 309). Man kann die Erkenntnisse, die an Licht und an Röntgenstrahlen gewonnen wurden, auf das gesamte elektrom agnetische Spektrum verallgemeinern. Elektroma gnetische St rahlung besteht aus Photonen, die die Energie
h . f tragen. Sie sind keine Teilchen, da sie Interferenzeffekte zeigen. W enn die Strahlung sehr viele Photonen enthält, kann sie mit dem W eIlen modell beschrieben werden. Für eine korrekte Beschreibung aller Effekte sind Elemente aus dem Teilchenmodell und Elemente aus dem WeIlenmodell zu kombinieren: Man erhält die Quantentheorie ( / A bschnitt 6 .2).
Neues Modell : Quantentheorie
Der tatsächliche Weg zur Qu antentheorie und deren Entwicklu ng war sehr vi el komp lizierter und widersprüchlich er, als hier dargestellt w erden kann.
Quantenphysik
370
6.2
Interferenz von Quantenobjekten
Oft ist es zweckmäßig, Elektronen als Teilchen zu betrachten: Sie fließen wie Kügelchen im elektrischen Leiter, man kann sie zäh len (MI LLl KAN-Versuch), wir sehen ihre Bahn im Fadenstrahlrohr (/' S. 237). Zur Beschreibung von Interferenz-Experimenten mit Elektronen ist das Teilchenm odell jedoch nicht geeignet. Elektronen im Doppelspalt-Experiment Eine Elektronenquell e sendet Elektronen mit einheitlicher Geschwindigkeit auf einen Doppelspalt. Die durchgelassenen Elektronen treffen auf einem Schirm auf. Dort wird ihr Auftreffort mit einem Feld von empfindlichen Detektoren registriert. Auftreffort eines El ektron s Wie man für sehr kleine Teilchen erwartet, wird jedes hindurchgelassene Elektron in genau einem Detektor nachgewiesen. Abgesehen davon verhalten sich die Elektronen aber ungewohnt. Doppelspalt
Dieses Experiment wurde erstmalig 1960 von CLAUS JÖNSSON durchgeführt und 1961 veröffentlicht. Ausschnitte aus der Originalarbeit sind auf der CD zu f inden.
Schirm
Nicht-Determiniertheit In der klassischen Physik können wir für ein Objekt in einem beliebigen Experiment vorhersagen, wie es sich verhalten wird, wenn wir nur den Anfangszustand des Obj ekts genau kennen. Man sagt: Das Verhalten der kla ssischen Objekt e ist determiniert (/ S. 13).
• Zufall se rg ebnisse in ein em Feld würd e man auch mit ein er Lottomaschine erh alten, die jeweils ein e Kugel zieht und an schließend automatisch auf dem Lottoschein das Kästchen ankreuzt. 1
2
3
4
5
6
7
8
~
10
11
I? l '
14
18 19 ;>0
21
15
16 17
2}
23 24 25 /6 27 28
29 30 31 37 33 34 3S 36 37 38 39 40 41
42
43 44 4, 4& 47 4H
49
Wenn wir eine Kugel auf einen Doppelspalt schießen, dann können wir vorhersagen, wie die Kugel auf ihrer Bahn beeinflusst wird, durch welchen Spalt sie fliegt und wo sie schließlich auf einem Schirm auftrifft. Dagegen ist das Verhalten der Elektronen nicht determiniert. Selbst wenn man alle Elektronen so gut wie möglich identisch präpariert, vari ieren ihre Auftrefforte stark und zufällig . Der Auftreffort für ein einzelnes Elektron kann nicht vorhergesagt werden. Ein Grund dafür ist, dass man den Anfangszustand der Elektronen nicht genau präparieren kann. Tatsächlich gibt es solche genau bestimmten Anfangszustände für Elektronen gar nicht. Dieses Verhalten hat man auch bei Experimenten mit Neutronen, Protonen, Atomen und Molekülen festgestellt. Auch Photonen gehören zu den Quantenobjekten ( / S. 369). Elektronen, Neutronen, Protonen, Atome und Moleküle nennen wir Quantenobjekte. Das Verhalten einzelner Quantenobjekte kann in der Regel nicht vorhergesagt werden .
Interferenz von Quantenobjekten
371
Interferenz von Quantenobjekten Man könnte versuchen, die Unbestimmtheit der Quantenobjekte zu si mulieren: Ein Schussapparat feue rt Kugeln mit leicht veränderlicher Rich tu ng ab. Wenn man damit häufig durch einen Doppelspalt (z. B. durch einen Bretterzaun mit zwei Lücken) schießt, erwartet man, dass sich die Aufschläge auf dem Schirm auf zwei Streifen häufe n (s. Skizze).
Dagegen zeigt sich bei Elektronen nach vielen Wiederholungen eine Verteilung wie bei Interferenzversuchen mit Licht am Doppelspalt. Interferenz mit Licht am Doppelspalt
mit wenigen Elektronen
mit 100 einzelnen Elektronen
! Hl
L_
Dieses Verhalten kann man nicht beschreiben, wenn man sich Elektronen als Teilchen vorstellt. Man könnte argumentieren, das Muster käme dadurch zustande, dass sich die Elektronen auf ihrem Weg gegenseitig beei nflussen . Es tritt jedoch auch auf, wenn man nach jeder Emission eines Elektrons ein paar Sekunden wartet, sodass sich jeweils nur ein Elektron in der Anordnung befindet. Man sagt deshalb auch : Das Elektron interferiert "mit sich selbst". Derartige Interferenzmuster hat man auch in Experimenten mit anderen Quantenobjekten gefunden. Bei Quantenobjekten kann Interfe renz auftreten. Solche Interferenzen sind im Teilchenmodell nicht beschreibbar. Bei wenigen Elektronen können Auftreffverteilungen entstehen, di e kein e Ähnlichkeit mit dem Interferenzmuster der Optik haben . Je mehr Quantenobjekte aber ein Interferenzexperiment durchlaufen, um so zuverlässiger tritt das Interferenzmuster auf. Dies bedeutet: Für da s einzelne Quantenobjekt kann man keine Vorhersage machen, sehr woh l aber eine Wahrscheinlichkeitsa ussage für eine große Anzahl von ihn en.
• Selbst mit Fullerenen, das sind Kohl enstoffmolekül e m it Fußball struktur, hat man Int erferenz b ob eh t et . In form I ion 11 dazu sind uf d r 0 zu "find en.
1L:72 ____________Quant enphy_s_ik___________________________________________
• A uch f ür d ie auf S. 370 beschriebene Lottom aschin e, die jew eils nur ein Kreuzchen macht, könn en wir W ahrscheinlich ke itsaussagen machen: Nach eine r großen An za hl von Wi ede rholungen erwartet man, dass die Kreuze re lati v gleichmäßig vertei lt sin d.
• Der französisch e Physiker LOUIS OE BROGLI E (1892- 1987) fo rderte 1923 in seiner Do kt o ra rbeit: Wen n Licht mit Elementen des Teikhenrnodells beschrieben werden m uss, dan n sollte auch M ate ri e mit Eleme nten der Well ent heorie zu beschrei ben sei n. Er gab in dieser Arbeit eine Gl eichung fü r d ie Well enl änge vo n Quantenobjekten an. M an spricht in diesem Zusam menhang auch von Materiewellen .
Anders als in der klassischen Physik kann man in der Quantenphysik im Allgemeinen nur Wahrscheinlichkeitsaussagen treffen. So lässt sich für ein Elektron im Doppelspalt-Experiment der Auftreffort nicht vorhersagen. Bei vielen Elektronen regist riert man eine Verteilung, die bis auf statistische Schwankungen der Intensitätsverteilung beim Doppelspalt mit Licht entspricht. Die DE-BROGUE-Wellenlänge von Quantenobjekten Bezeichnet man mit x den Abstand des Auftreffortes von der Mittelachse des Schirms, so gibt es Abstände x M' für die man besonders viele Elektronen erwartet. Wir nen nen diese Stellen w ie in der Optik Maxima. In der Optik kann man aus der Lage der Maxima die Wel lenlänge des verwendeten Lichts berechnen (/ S. 340 f .). Analog dazu lässt sich auch für Quantenobjekte aus den Abständen x M eine x Wellenl änge ausrechnen . Man nennt si e DE-BRoGuE-Wellenlänge. Mit ihr könn en Voraussagen fü r alle Arten von Interferenzexperimenten mit Quantenobjekten gemacht werden. Allerdings darf man das Wort "Wellenl änge" nicht zu wörtlich nehmen: Di e Materie selbst schwingt nicht, der Form alismus enthält lediglich eine Gleichung, die wie eine Wellengleichung aussieht. Für die DE-BRoGLlE-Wellenlänge von Quantenobjekten gilt:
).,=':.p =A m ·v h
p m v
plancksches Wirkungsquantum Impuls des Quantenobjektes Masse des Quantenobjektes Geschwindigkeit des Quantenobjektes
Elektron en w erden du rch eine Spannung von U = 2,0 kV beschleunigt. Welche Wellenlänge ist diesen Elektronen zuzuordnen? Vergleichen Sie diese mit der Wellenlänge von grünem Licht (500 nm)! Analyse: Die Geschwind igkeit der Elektronen kann mit ein em energetischen Ansatz ermittelt w erden . Es gilt: e . U ~ m . v 2 Bei bekannter Geschwindigkeit kann man di e Gle ichung für die DEBROGLlE-Wellenl änge anwenden .
=
Interferenz von Quantenobjekten
Gesucht: Gegeben :
373
A U = 2,0 kV = 2000 V e = 1,602 . 10- 19 C m = 9,109· 10- 31 kg h = 6,626 . 10- 34 J . S
Lösung: Aus e . U = ~ m . v 2 ergibt sich v = Wellenl änge:
A
= __h__ m ·v
h
J·s
6,626 . 10- 34 J . s
F l ,602 .
10- 19 ( .
-
Für die Einheiten gilt:
J 2e· u · m
A A
pe,;, U . Damit erhält man für die
2000 V · 9,109 .
Je ·v 10- 3 1
kg
_ kg -
J.,
.N
A 5 kg
~·s ,2
=2,7 · 10- 11 m
Jk
g2 ,2
m
2
=m
Ergebnis: Bei einer Beschleunigungsspannung von 2,0 kV kann man Elektronen eine Well enlänge von 2,7 . 10- 11 m zu ordnen . Die W ellen länge von grünem Licht ist etwa 20 OOO-mal größer. Die kleine Wellenl änge solcher Elektronen gestattet es, sehr kleine Strukturen aufzulösen, da das Auflösungsvermögen der Geräte von der Wellenlänge abhängig ist ( / S. 342 f.). Das wird bei Elektronenmikroskopen genutzt. lichtmikroskop
Elektronenmikroskop
Elektronenquel le
Kondensor - -
Kondensorspulen
Obj ekt - - -
Objekt
Objektiv
- - -p:::;::T::--,
Zwischenbi ld
Objekt- - - spulen
-t--.~-.
Okular _ _--=~;;::=?L
Auge
-
11
Leuchtschirm mit Bild
• Mithilfe von Elektronenmikroskopen können noch Struktu ren im Nanometerbereich (bis etwa 0,1 nm) aufgelöst werden . Damit ist man bis zum atom aren Bereich vorg edrungen.
374
• Zum Vergl eich: Wenn eine Welle in den Bereich eines Bootshafens kommt, fängt nicht nur ein Sch iff zu schaukeln an .
Quantenphysi k
Aus der Darstellung zur Interferenz von Quantenobjekten könnte man folgern, dass man sich Quantenobjekte als Wellen vorstellen kann. Dagegen spricht: Wenn z. B. ein Elektron eine Welle wäre, dann müssten bei der Ortsbestimmung am Schirm wie bei einer W asserwelle eine ganze Schar von Detektoren gleichzeitig ausgelöst werden. Es spricht jedoch immer nur ein Detektor an. Deshalb gilt allgemein für Qu antenobjekte: Man kann sich Quantenobjekte weder als Welle noch als Teilchen vorstellen. Es gibt zwar Situationen, in denen das Teilchenmodell oder das Wellenmodell eine gute Näherung darstellt. Aber eigentlich hat ein Quantenobjekt stets gleichzeitig - etwas Well iges - etwas Körniges - etwas Stochastisches
• Mit ih ren qu antitati ven Voraussa gen ist di e QUilllll'mhl }ri~ di e erfol g reichst e physikalische Theori e des 20. Jahrhunderts. So konnte n damit Voraussagen gemacht w erd en, di e auf neun Stell en mit den ex perim entellen Erg ebnisse n übereinstimmen .
(was seine Ausbreitung bestimmt), (was sich bei der Ortsmessung zeigt), (was nur Wahrscheinlichkeitsaussagen erlaubt).
Quantitative Beschreibung der Wahrscheinlichkeit P(x) Obwohl man sich Quantenobjekte insbesondere in Interferenzexperimenten nicht vorstellen kann, ist es möglich, quantitative (Wahrscheinlichkeits) -Voraussagen zu machen, die es erlauben, Molekül- und Stoffeigenschaften (in Chemie, Biologie und Medizin) zu erklären und Geräte auf Halbleiterbasis (Computer, Handys usw.), Laser (CD-Spieler, Medizin), Kernspintomografen und vieles andere mehr zu bauen. Um in der Quantentheorie quantitative Voraussagen zu machen, muss man in der Regel Phasen unterschiede berücksichtigen . Dazu eignet sich besonders das Zeigermodell (/ S. 338). Dies wird hier am Beispiel des Doppelspalt-Experiments mit Elektronen demonstriert: x ist wieder der Abstand eines Detektionsortes von der Mittelachse des Schirms. Dann kann man für jeden Abstand x eine Wahrscheinlichkeit P(x) angeben, mit der ein Elektron in diesem Abstand x ankommt. Ist z. B. p(x) für ein x, doppelt so groß wie für ein x2' dann ist die Detektionswahrscheinl ichkeit bei x, im Mittel doppelt so groß wie bei X2' Die Funktion p(x) hat den gleichen Verlauf wie die Intensitätsfunktion I(x) in der Optik. bei Quantenobjekten
bei Licht Für MaximumsteIlen x M ist P(x) besonders groß. Entfernt man sich von der Maximumstelle, so nimmt die Funktion P(x) zu nächst ab, bis sie bei einer Minimumsteile o ist. Dann nimmt sie wieder zu.
I (x)
P(x)
x
x
Interferenz von Quantenobjekten
375
In der Optik erhält man die Intensität I(x) für einen bestimmten Abstand
x, indem man die Zeiger für die verschiedenen Elementarwellen mit den richtigen Phasenunterschieden addiert ( / S. 338). Das Quadrat des Summenzeigers ist dann ein Maß für die Intensität I(x). Genauso muss man vorgehen, wenn man Vorhersagen für Interferenzexperimente in der Quantenphysik machen will. Allerdings ist das Quadrat des Summenzeigers nun als Maß für die Wahrscheinlichkeit P(x) zu interpretieren. Wir betrachten als Beispiel eine Stelle x2l3' die sich auf zwei Drittel der Strecke zwischen dem Maximum Xo und dem Minimum x m befindet. Die Wahrschein lichkeit, an der Stelle x213 ein Elektron zu detektieren, ist sicher beträchtlich klei ner als an der Stelle xo. Gesucht ist eine präzise Voraussage für das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten P(x2l3 )IP(xo). Die Lösung ist in der folgenden Tabelle ausgeführt:
P(x)
• Man sagt "Maß für die Wahrscheinlich ke it", weil P(x) eigentlich so normiert werden muss, dass die Gesamtwahrscheinlichkeit für eine Detektion auf dem Schirm 1 ergibt.
Xo ist die Stelle, an der sich ein Maximum befindet. Der Phasenunterschied beträgt dort also 0 °. Die Zeiger addieren sich zum roten Sum menpfeil mit maximaler Länge 2. Für P(xo) erhalten wir also 4. x m ist die Stelle des 1. Minimums; hier liegt also ein Phasenunterschied von 180° vor. Folglich ist die Pfeil summe 0 und damit auch die Wahrscheinlichkeit P(x m ) = O.
= ~ xm Der Phasenunterschied an der Stelle x213 beträgt demnach ~ . 180° = 120°. Der Summenzeiger hat die Länge 1, für P(x2l3) erhält man P(x2l3) =1. Also ist P(x2l3) : P(xo) 1 : 4.
X2/3
/\
=
Die Wahrscheinlichkeit ein Elektron am Ort x213 = ~ xl11 zu detekti eren, ist 4-mal kl einer als an der Maximumsstelle xo.
376
Quantenphysik
------6.3
Komplementarität und Unbestimmtheit
Die Unbestimmtheit von Quantenobjekten wird von vielen Physikern als der zentrale Wesenszug der Quantenphysik angesehen. Sie zeigt sich in praktisch allen Quantenexperimenten, also auch im Doppelspalt-Experiment. In den so genannten Unbestimmtheitsrelationen wird die Unbestimmtheit quantitativ gefasst.
6.3.1
Komplementarität bei Doppelspalt-Experimenten
Objektive Unbestimmtheit Wenn man beim Doppelspalt-Experiment, z. B. mit Elektronen, einen Spalt schließt, ergibt sich nach vielen Wi ederholungen die entsprechende Einzelspaltverteilung, so wie sie auch in der Optik registriert wird (/ S. 342). Verteilung bei offenem linken Spalt
..
• •• • •
~ .. •
~.
.......
••• • •• •
•
lID erwartete Verteilung beim Doppelspalt
,;:;::
• •• •• •• •
~
[TI[]
•
-:.• • ...••·fa·· • ••• •
[]]
•
•,/I. • •• •
beobachtete Verteilung beim Doppelspalt P(x)
.'....~~.. ...
.,/1 •
Verteilung bei offenem rechten Spalt
• •• • • • • • • • •
....~.~--? ß-::::~ . ... I
~
...
[TI[]
Komplementarität und Unbestimmtheit
377
----------------------------------
Wenn man beide Spalte öffnet, erwartet man: Das Quantenobjekt geht entweder durch den einen oder durch den anderen Spalt. Es sollte also auch zu einer der beiden Einzelspaltverteilungen beitragen. Man müsste folglich bei zwei geöffneten Spalten eine Verteilung bekommen, die der Summe der bei den Einzelspaltmuster entspricht. Stattdessen erhält man im Experiment das Doppelspalt-Interferenzmuster, wie es auch aus der Optik bekannt ist ( / S. 337). Die Konsequenz, die man daraus zieht, ist: Die Vorstellung, die Quantenobjekte gehen beim Doppelspaltversuch durch den einen oder den anderen Spalt, ist falsch. Durch weIchen Spalt das Quantenobjekt beim Doppelspaltversuch geht, ist objektiv unbestimmt. Der Begriff "objektiv" bedeutet, dass es hier um mehr geht als um subjektive Unkenntnis. Subjektive Unkenntnis wäre: Man weiß zwar nicht, durch welchen Spalt das Quantenobjektjeweils geht, das Quantenobjekt geht aber jeweils durch einen der Spalte. Diese Vorst ellung ist falsch . Wenn jedes Quantenobjekt jeweils durch einen der Spalte gehen würde, sollte es zur Summe der Ein zelspaltmuster beitragen . Dass man nicht weiß, durch welchen Spalt es geht, würde daran nichts ändern. Auch die Vorstellung, dass sich das Quantenobjekt teilt und je ein Teil durch je ei nen Spalt geht, kann widerlegt werden : Man kann rechnerisch zeigen, dass man dann ein anderes Interferenzmuster erhalten müsste.
• Es gibt andere Interpretationen der Quantenphysik, die eine andere Kon sequenz aus dem Versuchsergebnis ziehen.
Jede anschauliche Vorstellung darüber, wie ein Quantenobjekt von der Quelle zum Detektor kommt. führt zu Widersprüchen. Vorstellung
Widerspruch
Quantenobjekt geht durch genau einen der Spalte
Man sollte die Summe der Einzelspaltverteilungen erhalten.
Quantenobjekt teilt sich und geht durch beide Spalte
Man sollte ein anderes Interferenzmuster erhalten.
•
Ortsmessung an den Spalten Man kann durch Messungen feststellen, durch welchen Spalt ein Quantenobjekt im Doppelspalt-Experiment geht. So kann man z. B. Atome verwenden, die mit einem Laser angeregt wurden, sodass sie unmittelbar danach ein Photon emittieren. Diese Photonen kann man in Hohlräumen nachweisen . Hohlräum e ~
(
I
-------- ----R - - ---~ I
Quelle für Atome
~ . ,, ---- --
I Anregu ngslaser
Doppelspalt
Schi rm
Das hier betracht t Experim ent ist ein Gedankenexpl' 11 ment. Di l l so.l hlich du rchgc fuhrl. n Ex pcrim ent e sin d k m pli zi rler. Si 'WLIf I ' Il mil Phol on 11 oder I\lomen ill 1IIIl' lfl' to 111 __h_ _
LJ.v
>
- 4 1T' m ·L\x
6,626· 1O- 34 J · s - 4 1T · 9,109 · 1O- 3 1 kg5 ,29 · 10- 9 m
",, 10 km s
Bei Messungen der Geschwindigkeit von Elektronen würde man also im Schnitt Abweichungen vo n ca . 10 km/s erhalten. Die unterschiedlichen Messergebnisse liegen nicht daran, dass die Elektronen bereits vorher unterschiedliche Geschwindigkeiten haben. Die Geschwindigkeit ist vorher objektiv unbestimmt, genauso wie beim Doppelspalt objektiv unbestimmt ist, durch welchen Spalt das Quantenobjekt geht. Ein Obj ekt hat genau dann eine Bahn, wenn zu jedem Zeitpunkt sein Ort bestimmt ist. Daraus kann man auch die Geschwindigkeit und den Impuls des Objekts zu jedem Zeitpunkt ausrechnen . Wenn Ort und Impuls der Quantenobjekte objektiv unbestimmt sind, kann man auch nicht mehr davon sprechen, dass sie sich auf Bahnen bewegen. Somit gilt: Quantenobjekte bewegen sich nicht auf Bahnen.
Insbesondere bewegen sich die Elektronen im Atom nicht auf Kreis- oder anderen Bahnen, auch wenn das bei manchen Modellen angenommen wird ( / S. 389f.). Di e Frage, wo sich die Elektronen dann im Atom aufhalten , kann nicht beantwortet werden . Auch hier versagt unsere Vorstellung. Interferenzmuster bei makroskopischen Objekten
Interferenzmuster deuten auf die Unbestimmtheit in Spaltexperimenten hin. Sie werden auch bei großen Molekülen, z. B. den Fullerenen, beobachtet. Dagegen wird bei makroskopischen Objekten kein Interferenzmuster beobachtet. Beim Schießen auf eine Torwand mit zwei Öffnungen erhält man mit Sicherheit kein Interferenzmuster hinter der Torwand.
Komplementarität und Unbestimmtheit
Ein Grund dafür ist: Die DE-BROGLlE-Wellenlängen von makroskopischen Objekten sind außerordentlich klein. Der Abstand zwischen den Spalten kann aber nicht kleiner gewählt werden, als der Atomabstand in Kristallen ( / S. 366). Derart kleine Wellenlängen führen dazu, dass die Abstände zwischen den Maxima so klein werden, dass sie nicht beobachtbar sind. a) Wie groß sind die DE-BROGLlE-Welienlängen eines Balls (Masse 1 kg) und eines Staubkorns der Masse 1 f..1g, beide mit der Geschwindigkeit 10 m/s? b) Welcher Abstand zweier Maxima im Doppelspaltmuster ergibt sich jeweils theoretisch, wenn der Spaltabstand 1 nm und der Abstand Spalt-Schirm 10 m betragen? Analyse: Die DE-BROGLlE-Wellenlänge kann mit der betreffenden Beziehung (/ S. 372) berechnet werden, da Masse und Geschwindigkeit bekannt sind. Für den Abstand x zweier Interferenzmaxima gilt beim Doppelspalt wie in der Optik (/ S. 338):
x
=e. g (1)
Dabei ist e der Abstand Spalt-Schirm, A die Wellenlänge und b der Spaltabstand. Gesucht: A, x Gegeben : m1 = 1 kg m2 = 1 ~lg V1 =v2=10m·s- 1 b = 1 nm e = 10,0 m
383
Ein anderer Grun d i ~l. dass die Wechs Iw il kung mit d r Um 9 bung ein Int Ifclelll muster verhind I-l (/ 5.378) . Je größer ein Obj ekt ist, desto schl echter kann es von sein er Umgebung isoli ert
-
Der Abstand zweier Interferenzmaxima ist in der Optik ( / S. 338) sk' In der Quantenphysik wird der Abstand (Ort) mit x bezeichnet. so wie das auch in der M echanik (/ S. 58) üblich ist.
Lösung: a) Für die DE-BROGLlE-Wellenl änge gilt:
= ~
i\.
Bei diesen Größen ordnungen sind grobe Rundung en sinnvoll.
m ·v
Damit erhält man:
A - 6,626 ' 10- 34 J . 5 1-
-
1 kg · 10 m · 5- 1 -
10- 34 m
A 2-
6,626 · 10- 34 J . 5 1 ~lg · 10 m · 5- 1
- 10- 28 m - _ __
b) Für den Abstand zweier Maxima gilt die oben genannte Glei chung (1) . Damit erhält man mit der grob abgeschätzten Wellen länge: x = 10m . 101
34
m .., 10-9 m
10- 24 m
x = 10m . 2
28
m .., 10- 9 m
10-
10- 18 m
Ergebnis:Die DE-BROGLlE-Wellenlängen würden für den Ball etwa 10- 34 mund für das Staubkorn etwa 10- 28 m betragen. Bei Interferenz am Doppelspalt unter den gegebenen Bedingungen würde der Abstand der Interferenzmaxima 10- 24 m bzw. 10- 18 m betragen. Solch fein e Strukturen können mit keiner Messapparatur aufge löst werd en.
Der Grun d f ür di kl einen W II nl an gen ist, dass das pliln(k~( Iw Wu kllny,.qlhllllllill ~o kl ein i t , NUI f ur b jekl , I r n M us deutli ch kl in r Ll is 10 JO kg i l, ex i ~ Li r n Sp IlsyS l m • cli in auf lös bares Inlerfe rc nzmustcr erze uge n.
I
Quantenphysik
384
Unbestimmtheit bei makroskopischen Objekten Makroskopische Objekte bewegen sich auf Bahnen. Für sie ist offensichtlich zu jedem Zeitpunkt Ort und Impuls gleichzeitig bestimmt. Dies steht nicht im Widerspruch zur Unbestimmtheitsrelation. Den Ort eines Balls (m = 1 kg) kann man im besten Fall auf eine Genauigkeit von einem Atomdurchmesser bestimmen . Wenn man also für Ll x = 10- 10 m annimmt, kann man die Unbestimmtheit in der Geschwindigkeit berechnen:
-
Für di e Einh eiten gilt: J 5 = k . m2 · 5 kg · m
52
k g· m
Llv
> __h__ -
Llv
4 Jr· m ·L\x
> 6,626· 10- 34 J . S
= 5 3 . 10- 25
- 4 n:. l kg . 10- 10 m '
= !I!
!!J s
5
Eine derartig kleine Unbestimmtheit in der Geschwindigkeit ist mit keinem Messgerät nachzuweisen . Nur für Objekte, deren Masse deutlich kleiner als 10- 20 kg ist, wird die Unbestimmtheit nachweisbar. Wie bei der Interferenz von makroskopischen Objekten ist es das plancksche Wirkungsquantum h, das dafür sorgt, dass Quanteneffekte unbeobachtbar klein werden.
i Au sna hmen sin d z. B. sup ra leitende Ring e, BOSE-EINSTEIN -ko nd ensierte Gase oder M ik rom ag net e.
• 1 ERWIN SCHRODINGER (1887- 1961) hat sich
di eses Gedankenexperim ent ausgedacht , um anschaulich einen se inem W esen nach un anschaulichen Sachverhalt zu verdeut lich en.
• Wi e man m it Rech nung en ze igen ka nn, wirk en diese W ech selwirk ungen im Endeffekt wi e M ess ungen, indem sie di e Int erfe renz unterdrück en.
Für makroskopische Objekte sind in der Regel keine Quanteneffekte beobachtbar.
Schrödingers Katze
"Eine Katze wird eine Stunde lang in eine Stahlkammer gesperrt, zusam men mit folgender Höllenmaschine ... : In einem Zählrohr befindet sich eine winzige Menge radioaktive Substanz, so wenig, dass im Lauf einer Stunde vielleicht einer der Atomkerne zerfällt, ebenso wahrscheinlich aber auch keiner. Geschieht es, so spricht das Zählrohr an und be tä tigt über ein Relais ein Hämmerchen, das ein Kö lbchen mit Blausäure zertrümm ert Hat man dieses System eine Stunde lang sich selbst überlassen, so wird man sagen, dass die Katze noch lebt, wenn inzwischen kein Atom zerfallen ist Der erste Atomzerfall würde sie vergiftet haben. " Das Paradoxe an der Situation ist der Widerspruch zwischen quantenphysi ka lischer Vorhersage und der Alltagserfahrung : Wenn man beim Doppelspaltversuch keine Messung macht, geht das Quantenobjekt weder links noch rechts durch . Analog gilt für die radioaktive Substanz: Solange man keine Messung macht, befinden sich die Atomkerne in einem Zustand "Weder zerfallen, noch nicht zerfallen" . Diese Unbestimmtheit bei den Atomkernen wird über die "Höllenmaschine" mit dem Zustand der Katze gekoppelt. Nach der Quantenphysik müsste sich die Katze in einem unbestimmten Zust and "weder tot noch lebendig" befinden. Einen solchen Zustand will man aber für ein makroskopisches Objekt, noch dazu für ein Tier, nicht akzeptieren. Aufgelöst werden kann das Paradoxon, wenn man die Wechselwirkung der Katze mit der Umgebung einbezieht: Die Katze hat Wechselwirkung mit ihrer Umgebung. Sie gibt z. B. Wärmestrahlung ab.
ATOM-
ERNPHYSIK
7
386
Atom- und Kernphysik
7.1 Vorste llungen über den AUfbau der Stoff aus kleinsten Teilchen gab es bereits in der Antike . Ein Vertreter dieser Auffassung war der griechische Ph i losoph DEMOKRIT (5 Jh . v. Chr.) . Fundierte Vorst ellung en über Atom e (abgeleitet vom griechischen atom os = das Unteilbare) ent wickelten sich erst ab Beginn des 20 . Jahrhunderts. Für die Entstehung der Atomphysik spiel t en einige Grundexperim ente und Beobachtung en eine herausrag ende Rolle.
Physik der Atomhülle
7.1.1 Grundexperimente der Atomphysik Anzahl. Größe und Masse von Atomen Anknüpfend an antike Vorstellungen entwickelte der eng lische Naturforscher JOHN DALTON (1766- 1844) eine Atomhypothese (/ S. 167) zur Erklärung der Gesetze für chemische Reaktionen. Eine Präzisierung dieser Vorstellungen aus physikalischer Sicht erfolgte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der kinetischen Theorie der Wärme (/ S. 167 f.). Da bei ging es zunächst um die grundlegende Frage, ob es Atome wirklich gibt oder ob sie nur eine hilfreiche Modellvorstellung sind. Diese Frage wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts geklärt. Die Anzahl von Atomen in einer bestimmten Stoffmenge bzw. Masse ergibt sich aus Überlegungen zur Teilchenanzahl ( /' S. 52). Die Anzahl von Atomen je Mol beträgt 6, 022 · 10 23 . In einem Gramm eines Stoffes sind ca . 10 22 Atome enthalten. Die Masse von Atomen kann mithilfe eines Massenspektrografen (/ S. 240) experimentell ermittelt werden. Die Masse von Atomen liegt zwischen 10- 27 kg und 10- 24 kg.
Ein W asse rstoffatom hat eine M asse von etwa einer atom aren M assee inh eit (1 u, /' 5.53) :
1 u = 1,66 . 10- 24 g
M an geht davon aus, dass d ie om dicht gepackt sind .
Der Radius von Atomen kann in unterschiedlicher Weise abgeschätzt werden . Ein NaCI-Kristall (Kochsa lz) besteht aus gleich vielen Natriumund Chlorid-Ionen (s. Skizze). Wie groß ist der Durchmesser eines Natrium - bzw. Chloratoms in einem Kochsa lzkristal/?
Natrium -Ion (Na +) Chlorid-Ion (CI- )
Analyse: Als Modell für die Kristallstruktur verwenden wir den dargestellten Würfel, der aus vielen Elementarwürfeln (4 Na- und 4 CI -Atome) besteht. Kann man die Kantenlänge d eines solchen Elementarwürfels berechnen, so erhält man eine Abschätzung fü r den Durchmesser eines Atoms . Ein Mol Na CI besteht aus NA = 6,022 . 10 23 NaCI-Teil ehen und damit aus 2NA Natrium- und Chloratomen . Ein Elementarwürfel der Kantenlänge d besitzt das Volumen d 3 . Für das Volumen eines Mols NaCI kann man deshalb schreiben V= 2NA · d 3 Ein Mol NaCI besitzt die molare Masse M und damit unter Nutzung der Definition der Dichte p =~ das Volumen V = ~ . Aus den bei den Gleichungen für das Volumen lässt sich d abschätzen.
Physik der Atomhüll e
Gesucht: Gegeben :
d
(Atomdu rchmesser)
M
= 58,45 g . mol- 1 = 2,16 g . cm- 3 = 6,02 . 1023 mol- 1
p NA
Lösung: 3 2 N A' d
• In Gasen kanl man den Atomradiu s / . ß . aus der mittl eren freien Weg länge d r Teilchen erm itteln . In Flüssigkeiten lässt sich der Atomrad ius aus der brown~dH'n Bevvegl ng ableiten oder mithilfe des ( I fltxkv"rs I.h < bestimme n.
=~
d
d
_ 3/ 58,45 g . cm 3. mol - Vmol . 2,16g . 2 . 6,022 . 10 23
d
= 2,82· 10- 8 cm = 2,82' 10- 10 m
387
Ergebnis: Der Durchmesser von Na- und CI -Atomen liegt in einer Größenord nung von 10- 10 m. Dieses Ergebn is lässt sich, wie Untersuchungen an anderen St offen zeigen, verallgemeinern. Der Radius von Atomen liegt in der Größenordnung von 10- 10 m .
•
Streuversuche Ende des 19. Jah rhunderts konstruierte der deutsche Physiker PHILIPP LENARD (1862-1947) eine spezielle Vakuumröhre, mit deren Hilfe er den Durchgang von schnell bewegten Elektronen durch dünne Metall f olien nachweisen konnte. In der lenardschen Röhre wird die Luft durch Auspum Katode pen entfernt. Durch die Spannung zwischen Anode und Katode werden die aus dünne Folie der Katode austretenden Elektronen stark beschleu zur Pumpe nigt. Sie bewegen sich infolge ihrer Trägheit näherungsweise geradlinig in Richtung Fo lie. Dabei zeigt sich : Die nur etwa 1 ~m dicke Aluminiumfolie wird von den schnellen Elektronen durchdrungen. Daraus f ol gerte LENARD, dass man sich Atome n icht als massive Kugeln vorste ll en darf. Der britische Physiker ERNEST RUTHERFORD (1871- 1937) griff den Gedanke n des len ard sch en Experiments auf. Er nutzte bei seinem Vorh abe n aber nicht schnell e Elektronen, sond ern arbeitete mit ex-Te ilchen ( / S. 388). Ein ex-Te ilchen ist rund 7000-mal schwerer als ein Elektron und zweifach posi ti v geladen. Obwohl RUTHERFORDS " Geschosse" viel größer als die von LENARD waren, durchdrangen auch sie die dünnen Folien weitgehend un gehi ndert. Nur wenige von ihnen wurden aus ihrer Flugbahn abge lenkt oder reflektiert (s. Skizze / S. 388 oben).
.-------"~
111 I I L
"J
(1862- 1947) erhielt 1905 für seine Arbei ten über Katoden strahl en (schne ll bewegt e Elektron en) den Nobelpreis für Physik. Er war eine rseits ein hervorragen der Physiker, anderer seits aus antisemitisch en Gründen ein scharfer Gegn er von A.
EINSII tJ
Atom - und Kernphysik
388
Versuchsaufbau von RUTHERFORD
Deutung der Ergebnisse
abgelenkte a-Teilch en
- - - -- Goldfoli e - - - - -
a
0.
•••.-•• • .-•• • .-•• • .-•• • .-•• • • • •
~-~.~
.--.---a.~+- a
~~~._. .la-.~~la~~~- a
L
a Leuchtschirm
Aus RUTHERFORDS Versuchen ergaben sich einige Schlussfolgerungen für den Bau der Atome: - Die weitaus meisten ex-Teilchen passierten die Atome ungehindert. Das massereiche und geladene Objekt im Atom ist daher sehr klein, sein Radius, der Kernradius. etwa 100 OOO-mal geringer als der Atomradius. - Da die relativ massereichen ex-Teilchen in einigen Fällen reflektiert werden, muss ein undurchdringbares Objekt im Atom vorhanden sein . Aus den Stoßgesetzen folgt, dass dieses Objekt viel Masse in sich vereint. - RUTHERFORD entwickelte eine Gleichung, um die Streuung der ex-Teil chen zu berechnen. Aus ihr geht hervor, dass das streuende Objekt im Atom positiv geladen ist .
• ERN[ST RUTHERFORD
(1871 - 1937) erhi elt 1908 den Nobelpreis für Ch emi e für seine Untersuchungen über den Zerfall d er El emente und die Chemie d er radioaktiv en Stoffe.
.,oE o
E In
I
o
Lichtblitz
E o ~
c
W E o ~
..>t.
Im Atom existiert ein sehr kleines Objekt, das positiv geladen ist und praktisch die gesamte Atommasse in sich vereint. Man bezeichnet es als Atomkern. Spektroskopische Versuche Nach der Erfindung der Spektralanalyse durch G. R. KIRCHHOFF (1824- 1887) und R.W.BuNSEN (1811 - 1899) um 1860 (/5.353) bemerkte man bei spektralanalyt ischen Untersuchungen, dass es möglich ist, verschiedene Spektrallinien eines Elements so anzuordnen, dass man so genannte Serienformeln angeben kann . Eine Serienformel ermöglicht die näherungsweise Berechnung der Frequenzen von Spektrallinien. Für das Wasserstoffatom lautet die Gleichung:
Ry ist eine konstante Größe mit dem Wert Ry =3,290 . 10 15 Hz. Man nennt sie RYDBERG-Frequenz. Bei n und m handelt es sich um natürliche Zah len (n, m = 1,2,3 ... mit m > n) . Hält man beispielsweise n = 2 fest und variiert m, so ergibt sich die nach dem schweizer Physiker JOHANN BALMER (1825 - 1898) benannte Formel für die Frequenzen der im sichtbaren Sp ektral bereich liegenden Wasserstofflinien. Diese Formel gab BALMER bereits 1885 bekannt.
Physik der Atomhüll e
Die BALMER-Serienformel für das Wasserstoffatom lautet demzufolge:
f = Ry (L~) 4 m2
mit m
= 3, 4, 5,
...
Neben der BALM ER-Serie gibt es die LYMAN-Serie (n = 1), die PASCH EN -Serie (n = 3), die BRAcKETT-Serie (n = 4) und die PFuND-Serie (n = 5) .
389
• All e Seri en d 5 W iJS se rstoffspek trum s sind nach den Phy ~ i ke rn benannt, di e di betreffenden Seri en erforschte n.
7.1.2 Atommodelle Atomphysikalische Forschungen haben ab etwa dem Jahre 1900 zur Formulierung verschiedener Atommodelle geführt hat. Nachfolgend werden einige dieser Atommodelle dargestellt. Für ihr Verständnis ist unbedingt das Wesen jedes physikalischen Modells zu beachten: Es stimmt nur in einigen Eigenschaften mit dem Original überein, in anderen nicht ( / S. 21) Manche Atommodelle ermöglichen erstaunlicherweise sogar exakte Berechnungen und Vorhersagen , obwohl sie in einigen Aspekten mit Sicherheit nicht der Realität entsprechen. Das rutherfordsche Atommodell Das von dem britischen Physiker ERNEST RUTHERFORD (1871 -1 937) im Jahr 1911 entwickelte Atommodell wird auch als Planeten modell bezeichnet. Um einen positiv geladenen Kern kreisen Elektronen auf elliptischen Bahnen. Die positiven Ladungen des Kerns und die negativen Ladungen der Elektronen kompensieren sich. Das Atom ist nach außen neutral. Fast die gesamte Masse ist im Atom kern konzentriert. Die Gesamtheit der Elektronen bildet die Atomhülle. Mit di eser Annahme von Elektronenbahnen ist aber ein Problem verbunden: Elektronen auf kre isförmigen ode r ellipti schen Bahnen unterliegen der Radialbeschleunigung . Beschleunigte La dungen senden elektromagnetische Strahlung aus ( / S. 297). Die Elektronen müssten daher Energie verlieren und in den Atomkern st ürzen . In der Natur geschieht dies nicht - die meisten Atome sind stabil. Die Vorteile des rutherfordschen Atommodells sind : - Es ermöglicht die Erklärung der Resultate der Streuversuche ( / S. 388) . - Es beschreibt richtig die Masse- und Ladungsvertei lung im At om . Nachteile des Modells sind: - Mit ihm kann die Entstehung der Spektra llinien nicht gedeutet werden. - Es kann die Stabilität der Atome nicht erklären. Das bohrsche Atommodell Der dänische Physiker NIELS BOHR (1885 - 1962) erkannte die Schwäche n des rutherfordschen Modells und stellte im Jahre 1913 ein w eiterentwi cke ltes At ommodell vor, bei dem er das Kern-Hülle-Modell mit Qu anten vorstellungen verband. Die von ihm formulierten Annahmen w erd en als bohrsche Postulate bezeichnet.
i Die Entwicklung der Vorstellungen vom Atom war ein überaus komplizierter und wid ersprüchlich er Prozess, an dem vi ele Physiker mitwirkten.
390
Atom - und Kernphysik
BOHR ging davon aus, dass sich die Elektronen auf bestimmten kreisförmigen Bahnen um den positiv geladenen Kern bewegen . Auf diesen Bahnen können sich Elektronen aufhalten, ohne Strahlung abzugeben . Die Stabilität der Atome wird nach BOHR du rch eine (willkürliche) Forderung garantiert:
Der d änische Physike r
1. Es existieren stabile Bahnen, auf denen die Elektronen kreisen, ohne Photonen abzugeben.
NIElS BOHR
(1885- 1962) war einer d er bedeutendst en Atomphysiker des 20. Jahrhund erts und leistete auch wichtige Beiträge zur Entwicklung der QU::Intenphysik. Er wirkte in Kop enh age n und in den USA. 1922 erhi elt er für se ine Verdienste um di e Erforsch un g der Atome und der von ihnen ausgehe nden Strah lun g den Nobelpreis für Physik.
Nach d em boh rsche n Modell springt bei der Emissio n eines Photons ein Elektron von einer Bahn mit höherer Energie (kernfernere Bahn) in eine solche mit geringerer Energie (kernnähere Bahn). Bei der Abso rption eines Photons erfolgt die Bewegung des Elektrons in umgekehrter Richtung (s. Skizze n / S. 391 oben).
Die Frage, welche Bahnen überhaupt möglich sind und welche nicht, beantwortet BOHR durch Einbeziehung des planckschen W irkungsquantums ( / S. 358) in seine Überlegungen und formuliert als weiteres Postu lat: 2. Der Bahndrehimpuls L eines Elektrons ist ein ganzzah liges Vielfache von -17r. Es gilt: m v r
h n
Masse des Elektrons Geschwindigkeit des Elektrons Bahnradius plancksches Wirkungsquantum Nummer der Bahn (n = 1, 2, 3, ... )
Mit den ganzen Za hl en n werden die im Atom erlaubten Bah nen gekennzeichnet . n bezeichnet man als Haupt quantenzah l. Die beiden genannten Postulate regeln die innere Struktur der Atomhülle. Auf welche Weise das Atom Photonen abgeben oder aufnehmen kann, ist in zwei we iteren Postulaten festgeschr ieben. 3. Die Emission oder Absorption von Photonen erfolgt genau dann, wenn ein Elektron von einer erlaubten Bahn auf eine andere erlaubte Bahn wechselt. Der energeti sche Aspekt eines Elektronenübergangs von einer Bahn zu einer anderen wird in einem letzten Postulat geregelt. 4. Jeder erlaubten Elektronenbahn entspricht eine bestimmte Energie E der Elektronen. Wechselt ei n Elektron die Bahn, so ist die Energie des emittierten bzw. absorbierten Photons gleich der Energiedifferenz dieser Bahnen. Es gi lt : .1E
=h . f
h f
plancksches W irkungsquantum Frequenz der Strahlung
Physik der Atomhülle
Emission eines Photons
391
Absorption eines Photons Die qU dnl ' nll ,l fl LW Da die Zeit in relativ zueinander bewegt en Systemen unterschiedlich schnell verläuft, würd en auch Person en in so lchen Systemen verschiede n schne ll altern. Diese Erscheinung wird als Uhren paradoxon oder Zwillingsparadoxon bezeichnet.
Von jedem Inertialsystem aus erscheint die Zeitdauer für einen Vorgang in einem dazu bewegten Inertialsystem gedehnt. Für die Zeitdilatation gilt: t = t' . _
1_
~
,J 1-
= t' . k
~
t Zeit im Inertialsystem S c Lichtgeschwindigkeit t' Zeit im Inertialsystem S' v Relativgeschwindigkeit zwischen Sund S'
Wie groß wäre die Zeitdehnung, wenn sich eine Rakete mit Ionentriebwerk mit halber Lichtgeschwindigkeit bewegen würde? Analyse: Die Relativgeschwindigkeit des Bezugssystems beträgt v = ~c. Faktor der Zeitdehnung ist der Term, der auch als k-Faktor oder als LoRENTz-Faktor bezeichnet wird ( / S. 431). Sein Wert ist zu berechnen. Gesucht: Gegeben:
k
v = !2 c
Relativistisch e Kinematik
•
435
J
Lösung:
k
•
__ 1_
,i/
J1 - ~c2
k = __1 _
1
J1 - c
1
R
2
4c 2
JOjS
1,155
Bei v ist k = 1,005 . Be i " norma len" Geschw indigkeite n (Flug zeug, Auto) ist k vern achlässi gbar (/S.431).
Ergebnis: Bei einer Relativgeschwindigkeit, die gleich der halben Lichtgeschwindigkeit ist, beträgt der Faktor der Zeitdehnung 1,155. Die erste experimentelle Bestätigung des relati vistischen Effekts der Zeitdilatation mit Uhren erfo lgte 1971 durch die beiden amerikanischen Physiker JOSEPH C. HAFELE und RICHARD KEATING mithilfe von Atomuhren . 1985 wurden die Ergebnisse des HAFELE-KEATING-Experiments durch Experimente bei der D1 -Mission mit der Raumfähre " Challenger" bestätigt. Hier wurde der Gang von Atomuhren in der Raumfähre und auf der Erde miteinander verglichen. Eine weitere Bestätigung für den relati vistischen Effekt der Zeitdilatation ist der Zerfall von Myonen . •
Wie groß ist die mittlere Lebensdauer von Myonen für einen Beobachter auf der Erde? Analyse: Die Lebensdauer bezieht sich immer auf ein bestimmtes Bezugssystem . Für die angegebene Lebensdauer von 2,2 lls ist das die Eigenzeit in einem Bezugssystem, in dem das Myon ruht. Gegenüber einem erdgebundenen Beobachter bewegt es sich aber mit einer Geschwindigkeit von 0,9995 c. Der Beobachter registriert demzufolge eine andere mittlere Lebensdauer. Sie kann mithilfe der Glei chung für die Zeitdilatati on ermittelt werden . Gesucht: Gegeben:
i Eine ausführli che Darstellung dieses Experi ments ist unter dem Stichwort HAFELE- KEA · TING -Experiment auf der CD zu finden .
•l Myonen sind Elementarteilchen (/ S. 421). Sie sin d negativ geladen, insta bil und haben eine mittlere Lebensdauer von 2,2 f,1S. Sie bewegen sich näherungsweise m it lichtgeschwi nd igkeit (v = 0,999 5 cl.
L1t V
= 2,2 ps = 2,2 . 10- 6 s =0,9995c
L1 t
=
L1t'
Lösung:
• 6
2,2 . 10- s
J1- ( 0, 9995) 2
'" 69 . 10- 6 S
Ergebnis: In einem Bezugssystem, in dem ein irdischer Beobachter ruht, hat ein Myon eine mittlere Lebensdauer von etwa 69 ps. Dass ist etw a das 30-fache des Wertes in einem System, das sich mit 0,9995 c bew egt.
Das ge nannte Ergebnis wu rd in zwi s h n in v rschiedenen Experime nten mit ein er hohen Genaui gkeit bes tät igt.
I
436
Spezielle Relativitätstheorie
Relativität der längenmessung
In der klassischen Physi k ist die Länge eines Körpers und damit der Abstand zweier Punkte eine invariante Größe. In relativistischer Betrachtungsweise hängt aber die Länge ebenso wie die Zeit von der Bewegung des Bezugssystems ab. Wir betrachten dazu eine sehr schnell fliegende Rakete, die in A und B zwei synchronisierte Lichtuhren (/ S. 432) mitführt. Sie bewegt sich mit ho her Geschwindigkeit gegenüber einem System S, in dem sich eine Lichtuhr C befindet. In diesem System wird die Zeit gemessen.
•a Die Länge, die ein Beobachter in se in em Inertialsystem für eine ruhende Strecke misst, nennt man Eigenlänge .
B
a)
l'
~ ==b
c ~ System S
System S'
b)
System 5'
c!W
• a Abgeleit et ist diese Bezeichnun g von contrahere (Iat .) = verkürze n.
Die Zeit des Vorbeifluges wird in beiden Systemen gemessen. Für S' ergibt sich die Zeit Llt' und damit als Abstand AB = l' = c . Llt'. Für das System S ergibt die Zeitmessung aufgrund der Zeitdilatation (/ S. 434) die kürzere Zeit und damit auch einen kleineren Abstand L= c . Llt.
A
System S
In seinem Ruhesystem hat ein Körper die größte Länge (Eigenlänge) . In einem dazu bewegten System ist die Länge geringer. Dieser relativistische Effekt der Längenverkürzung wird als Längenkontraktion bezeichnet. Mit [' = c . Llt' und L = c . Llt ergibt sich als Verh ältnis der Längen :
1 =L........! = .4! l'
Mit
c . Ll t'
M= M' J1- ~
M'
L=l' ·.4!
oder
erhält man L= l'
M'
J1- ~ .
•
a
Unter den angegebenen Bedingung en gilt immer:
I< l' I' ist die Eigenlänge. Die Beziehung kann auch aus den LORENTZTransformationsgleichungen hergeleitet werden .
Für die Längenkontraktion gilt die Gleichung:
1= ['
l'
J1- ~c
2
= kt
Länge im Inertialsystem S Länge im Inertialsystem S'
c
v
Lichtgeschwindigkeit Relativgeschwindigkeit zwischen Sund S'
Wie die Zeitdilatation ist auch die Längenkontraktion vom k-Faktor (/ S. 431 ) abhängig . Sie ist demzufolge bei "normalen" Geschwindigkeiten vernachlässigbar klein , spielt aber z. B. bei der Bewegung von Elementarteilchen durch Atmosphäreschichten hindurch eine Rolle, wenn sich diese Elementarteilchen mit Geschwindigkeiten nahe der lichtgeschwindigkeit bewegen.
Relativistische Kinem atik
Raum und Zeit
•
In der klassischen Physik existi eren Raum und Zeit als absolute Größ en völlig unabhängig voneinander. Relativität von Zeit- und Läng enmessung belegen : Raum und Zeit sind untrennbar miteinander ve rbunden. So leitete H. MINKOWSKI am 21.9.1908 einen Vortrag mit folgenden Worten ein: "Meine Herren! Die Anschauung über Raum und Zeit, die ich ihnen entwickeln möchte, sind auf experimentell physikalischem Boden erwachsen. Darin liegt ihre Stärke. Ihre Tenden z ist eine radikale. Von Stund an sollen Raum für sich und Zeit für sich völlig zum Schatten herabsinken und nur noch eine Union der beiden soll Selbständigkeit bewahren ". In der speziellen Relativitätstheorie sind Raum und Zeit untrennbar miteinander verbunden . Man spricht deshalb auch von der RaumZeit.
Addition von Geschwindigkeiten
= u' + v
Eine Folgerung daraus ist, dass ein Körper jede beliebige Geschwindigkeit erreichen könnte. Das widerspricht aber der Tatsache, dass di e Vakuumlichtgeschwindigkeit eine Grenzgeschwindig keit ist. In der Relativitätst heorie ist deshalb das genannte Gesetz nicht anwendbar. Für die relativistische Addition von Geschwindigkeiten gilt: u u'
v
Geschwindigkeit im System 5 Geschwindigkeit im System 5' Relativgeschwindigkeit von 5 und 5'
Eine Rakete (5') bewegt sich mit 0,6 c in Richtung Erde (5) und schickt eine Sonde mit 0,5 c relativ zur Rakete in diese Richtung. In der klassischen Physik würde sich u = 1,1 c ergeben, also Überlichtgeschwindigkeit , die physikalisch nicht möglich ist. Die Geschwindigkeit muss relativistisch berechnet werden . Für die von der Erde aus gemessene Geschwindig ke it der Sonde ergibt sich : u =~
1 + !Lx
c2
Ocr deutsche M athematik er HERMANN M INKOWSK I (1 864 - 1909) wa r einer der Lehrer vo n A . EINSTEIN und brachte di e spezie ll e Relativität st heorie um 1908 in di e heute üb lich e mathem at ische Form . Die Begriffe Verg angenh eit, Gege nwart und Zuk unft lasse n sich m it hilfe eines Ereigniskege ls beschreiben.
•
In der klassischen Physi k (v « c) set zen sich die einzelnen Geschwindigkeiten additiv zusammen ( / S. 67 f.). Bei gl eicher Bewegungsricht ung gilt für die Beträge: u
437
0,6c + 0,5c 1 + 0,6c . 0,5 c
-...!.J...L 1 + 0, 30
c2
Die Sond e bewegt sich mit 0,79 c Richtung Erde.
= 0,79 c
u und u' sind die Geschwindig keite n eines Obj ekt es in d en Syst emen S u nd S', v d ie Relativg eschwindig ke it d er bei d en Syst eme zue ina nd er.
• Für kle ine Geschwin dig keit en ist u' ~ v vernachl äss igbar c kl ein . Damit g eht di e Gleichung in u =u ' + v über. Der relativisti sche Zu sam menh ang zwi schen den Geschw indig keit en kann auch aus den LOREN1LTI'i:lllsformiltiollsglei (hungen herg eleit et w erd en.
I
Spezielle Relativitätstheorie
438
Der optische DOPPLER-Effekt In der Akustik hängt die Tonhöhe und damit die Frequenz, die ein Beobachter registriert, von der Geschwindigkeit zwischen Tonquelle und Beobachter ab (akustischer DOPPLER-Effekt, /' S. 144). Eine analoge Erscheinung tritt auf, wenn sich eine Lichtquelle mit hoher Geschwindigkeit von einem Beobachter entfernt, wie das z. B. zwischen Beobachtern auf der Erde und Galaxien der Fall ist. Dieser Effekt wird als optischer oder relativistischer DOPPLER-Effekt bezeichnet.
c Sendet eine Quelle Licht aus und entfernt sie sich mit der Geschwin digkeit vvom Empfänger, so ist die empfangene Frequenz kleiner als die von der Quelle ausgehende Frequenz. Es gilt: Entd eckt wurd e di e Verschi ebung von Spektra llin ie n in Rich tung Rot im Jahr 1929 durch den ameri ka nisch en Astronom en
fE fQ v c
vom Empfänger registrierte Frequenz von der Quelle abgegebene Frequenz Relativgeschwindigkeit Quelle-Empfänger Lichtgeschwindigkeit
EDWIN POWELL HU BBLE
(1889- 1953) bei der Untersu chung des Spektrum s von Galaxien.
Setzt man statt der Frequenz die Wellenlänge ein (A = elf), dann erhält man die Beziehung
Die beim Empfänger ankommenden Wellen haben eine kleinere Frequenz und damit eine größere Wellenlänge als die, die von der Quelle ausgesandt wurden. Da eine größere Wellenlänge eine Verschiebung der Lichtfarbe in Richtung Rot bedeutet, wird dieser Effekt als Rotverschiebung bezeichnet. Als Linienverschiebung im Spektrum ergibt sich
• Die 1963 entd eckt en Quasare se nd en eine st arke Radiostrahlung aus. Es sind w ahrsch-einli ch se hr aktive Kern e jung er Galaxie n. Im Jahre 2000 wurd e ein Quasa r mit = 5,8 entdeckt .
dA
J 1 +V/ c _ 1
I;
J l - V/ C
(1)
Die Linienverschiebung lässt sich messen, wenn man eine bestimmte Spektrallinie auf der Erde mit derjenigen vergleicht, die man aus der Analyse des Spektrums einer Galaxie gewonnen hat. Bei den entferntesten, optisch noch nachweisbaren Galaxien beträgt ,1NA '" 0,7 . Aus der Umstellung der Gleichung (1) ergibt sich als Fluchtgeschwin digkeit v:
v = ( LI AI A.Q + 1 ) 2 - 1 . e (dAlAQ + 1) 2 + 1
v
= (0,7 + 1) 2 - 1 . C = 0,49 e ( 0,7
+ 1) 2+ 1
4}
Die Fluchtgeschwindigkeit dieser Galaxien ist etwa gleich der halben Lichtgeschwindigkeit. Die entfernt esten Quasare weisen eine Rotverschiebung von etwa ,1N A'" 5 auf. Das entspricht einer Fluchtgeschwindigkeit von et wa 95 % der Lichtgeschwindigkeit.
Relativistische Dynamik
8.4
439
Relativistische Dynamik
i
Relativität der Masse In der klassischen Physik ist die Masse als Maß für die Trägheit und die Schwere eines Körpers definiert. Sie wird als konstant angesehen . Für ein abgeschlossenes System gilt der Satz von der Erhaltung der Masse . Diese Aussagen gelten uneingeschränkt für einen Beobachter in einem Inertialsystem mit Körpern, die sich gegenüber dem Beobachter mit Geschwindigkeiten bewegen, die klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit sind.
Die Masse eines Körpers oder Teilchens, die ein Beobachter registriert, der sich in einem Inertialsystem gegenüber den Körpern oder Teilchen in Ruhe befindet, wird als Ruhemasse mo bezeichnet.
Bereits 1904 berech nete der österre ich ische Physik er FRIEDRICH HASENÖHRl (1874- 1915), dass der elektromagnetischen Feldenergie eine Trägheit von f/c 2 entspricht. Wichtig e Vorarbeiten leistete auch de r französische Ma th ematiker und Phys iker JUlES HENRI POINCARE (1854-19 12).
Werden aber z. B. Elektronen durch elektrische Felder auf höhere Geschwindigkeiten gebracht, dann zeigt sich, dass die Masse nicht konstant ist, sondern mit der Geschwindigkeit zunimmt.
•
I
Bei den im Alltag auftretenden Geschwindigkeiten ist die Massezunahme vernachlässigbar. Selbst bei 1/10 der lichtgeschwindigkeit vergröße rt sich die Masse nur um den Faktor 1,005 ( / k-Faktor S. 431), also um 0,5 %.
i Die Masse eines Körpers oder Teilchens nimmt mit seiner Geschwindigkeit zu. Allgemein gilt: m = ~ = k · mo
10 1- -
2
c2
m
Masse des bewegten Körpers oder Teilchens mo Ruhemasse v Geschwindigkeit
Die Masse m eines bewegten Körpers oder Teilchens wird im Untersch ied zur Ruhemasse auch als relativistische Masse oder als dynamische Masse bezeichnet.
Der Zusammenhang zwischen Masse und Geschwindigkcit kann mithilfe des Impulserhaltungssatzcs hergeleitet werden . Experim entell wu rd e di e Vergrößerung der M asse mit der Geschwindigkeit erstmals 1909/1910durch die Physiker KAUFMANN und BUCH ERER bei Elektronen nachgewiesen.
440
----------------
Spezielle Relativitätstheorie
-------
Wie schnell müsste sich ein Körper bewegen, damit seine Masse doppelt so groß wie die Ruhemasse wird?
Gesucht: Gegeben:
• In den meist en Fä ll en ist es ausreich end, m it dem gerund et en Wert c = 300000 km/s = 3 · lOB m/s zu rec hnen.
v m c
= 2 mo = 3 · 108 !:!}s
Lösung: Die Umstellung der Gleichung m
J
o m v
2
nach vergibt:
1 -~
Ergeb nis: Damit die Masse eines Körpers doppelt so groß wie seine Ruhemasse ist, müsste er sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 260000 km/s bewegen . Das sind ca. 87 % der Vakuumlichtgeschwindigkeit.
Die relativistische Massezunahme spielt in der Physik vor allem bei Teilchenbeschleunigern eine Rolle. In solchen Beschleunigern werden Elementarteilchen, z. B. Elektronen oder Protonen, nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Um die Teilchen durch Magnetfelder auf eine Kreisbahn zu zwingen, sind aufgrund der relativistischen Masse entsprechend starke Magnetfelder erforderlich.
• Schon bei einer Beschl eunigung durch ein e Spannung von 10000 V erreichen El ektron en ca. 20 % der lichtgeschwindigkeit . In Berrfi t! auf Prot"lE'nH~ tlt'r thro rtischc·n Physi k angc"tlodt' L 'III'urtlti'. l eb ha~ im :\ bsehJll tt B df'r \'orhl'Sl'odco Abhllml. lunS' nlle fUr uns noti~f'D, lx11 dem Pby~ik{'r lJicht. ls lJ...kunnl \·oraus.zu!:!,t Zt'nu('1l 011.1.111('01:1 1i~rh('n H,U~l1l1 ll (' 1 in n l ~hrl l!' l "in(nclll'r und du rchsichtl~t'r WI·i~ c ('n t " leLf-ll , ltO daU (In St udium IlItl t ilenl& t i ~ c1J('f Litl-I tul (ur da:- \"' I ~ l alldIJl !l Ih.r ~'nrl l('l;l'n,ll'n AbI! nulun~ ni('ht \'rforc.J,·r!J(,: h 1", 1, EndlIc h . " !in tlu'scr Sttlle lhll1kb.'U lII{·in ...~ Fn·undt"" , d ·~ . 1"lJluli tI~/r. GroloSlI1 on , SeOac!JI , der 'llir llurcli :-t,illt' Ifllfi: IItl'ltl IIUf das Slu..JiulII d(·r ('m\'C'hJ ..~I~\'[l nHll) u: mol 1illfl._u LIt\'I" tUI I t "prtrtt-, sOndt111 nlieh D.u('1! Ik' lfll , u('hl.:n nach 111' 11 rdtl ~ldC' t.W .. ~f'n .Jer Gr&\i l ~tion lInt,' I:- lullh'.
Ebenso wi e die spezielle Relativitatstheorie ist auch di e allgemeine Relativitätstheorie grundlegend für das physikalische Weltbild . EINSTEIN ging es mit seiner Theorie wie vielen Erfindern und Entdeckern: "Die allgemeine Relativitätstheorie wurde in ihrer frühen Entwick lungsphase von den zeitgenössischen Physikern völlig ignoriert, wenig verstanden und von niemandem anerkannt". (LEOPOLD INFELD, Erin nerung en an EI NSTEIN)
446
Spezielle Relativitätstheorie
Der zweite Effekt ist die Krümmung von Lichtstrahlen, die von Sternen ausgehen, im Schwerefeld der Sonne.
Weg des Lichtes
Stern
Beobachter auf der Erde
i Die Bestätigung dieser Vorhersage erregte großes Aufsehen und trug entsche idend zum Weltruhm A. EINSTEINS bei.
In zwi sch en kennt man ei ne Reih e kosmischer Obj ekte, die nachweisbar als Gravitationslinsen wirken.
EINSTEIN berechnete eine maximale Ablenkung von 1,7 Bogensekunden. 1919 wurde der Effekt von einer englischen Sonnenfinsternis-Expedition unter Leitung des Astrophysikers EDDINGTON erstmals bestätigt. Eine Bestätigung für die Ablenkung von Licht durch eine große Masse sind die 1979 entdeckten Gravitationslinsen. Das sind massereiche Objekte (z. B. Galaxien), die das Licht eines dahinter befindlichen Objektes ablenken und dadurch Mehrfachbilder oder ringförmige Strukturen hervorrufen. So wirkt z. B. der ext rem massereiche Galaxienhaufen ABELL 2218 als Gravitationslinse für Objekte, die sich von der Erde aus betrachtet hinter ihm befinden . Dadurch kommen die ringförmigen Strukturen zu stande, die auf dem Bild zu erkennen sind.
i Die Existenz von schwarzen Löch ern lässt sich nur indirekt belegen, z. B. dadurch, dass ein anderes kosmisches Obj ekt verschwindet.
• Inzwischen gibt es auch Belege für die Existenz von Gravitationswellen.
Ein w eiterer Beleg für den genannten Effekt ist die Existenz schwarzer Löcher. Das sind extrem massereiche Gebilde, deren Gravitationswirkung so groß ist, dass Licht den betreffenden Bereich nicht verlassen kann. Auch im Zentrum unserer Galaxis, dem Milchstraßensystem, wird ein solches schwarzes Loch vermut et. Der dritte Effekt, den EI NSTEIN nannte, ist die relativistische Rotverschiebung. Auch dieser Effekt ist inzwischen nachgewiesen. So wurde z. B. eine solche relativistische Rotverschiebung bei einem weißen Zwerg (etwa erdgroße Sterne mit einer Dichte von 10 5 bis 106 g/cm 3) gefunden . Im Unterschied zur speziellen Relativitätstheorie hat die allgemeine Relativitätstheorie noch keine direkten Auswirkungen auf unser Leben . Ihre Bedeutung liegt auch nicht in den genannten Effekten, sondern in der Vereinfachung der theoretischen Grundlagen der gesamten Physik und in der Vertiefung des Verständnisses der uns umgebenden Welt.
AUSBLICK AUF WEITERE TEILGEBIETE ~ER PHYSIK
9
Ausblick auf weitere Teilgebiete der Physik
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Ausblick auf weitere Teilgebiete der Physik
• Informationen zu einigen speziellen Themen sind auf der CD zu finden .
• Die newtonsche Mechanik ist ein Spez ialfall der Relativitäts theorie, die Weilenoptik ein Sonderfa ll elektromagnetischer We llen .
• Auch die M agnethüll e der Erde, die M ag netosphäre, gehört zur Geosphäre .
Die Physik ist eine lebendige, ständig voranstrebende Wissenschaft. Untersucht man ihre historische Entwicklung, so fällt ein scheinbarer Gegensatz ganz besonders ins Auge: Einerseits bildeten sich in dem Maße, in dem man immer neue Eigenschaften der Materie untersuchte, auch immer neue Teilgebiete der Physik heraus. Andererseits zeigte sich dabei vielfach, dass ältere, zunächst eigenständige physikalische Teilgebiete in Wahrheit auf identischen oder ähnlichen Grundlagen beruhen und deshalb gar nicht unabhängig voneinander sind. Während im 20. Jahrhundert die Quantenphysik und die Atom- und Kernphysik als "modern" galten, zählen zu dieser Kategorie heute etwa die Festkörperphysik, die Biophysik oder die Elementarteilchenphysik. Nachfolgend werden einige Teilgebiete der Physik überblicksartig vorgestellt. Die Geophysik In der Geophysik befasst man sich mit dem Planeten Erde, seiner Entwicklung, seinen physikalischen Eigenschaften und den vielfältigen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Teilen der Erde. Dabei werden hauptsächlich drei Systeme unterschieden: die Atmosphäre, die Hydrosphäre und der Erdkörper, die zusammen zur Geosphäre gehören.
Physik der Atmosphäre
Physik der Hydrosphäre
Physik des Erdkörpers
Untersuchung
Untersuchung
Untersuchung
- physikalischer Prozesse bei der Wetter- und Klimabildung - der Möglichkeiten zur Wettervorhersage - der Vorg änge in der Hochatmosph äre
- der physikalischen Eigenschaften des Meerwassers - ozeanischer Strömungen und Wellen - des Wärmehaushaltes der Meere - des Grundwassers
- des Aufbaus der Erde, der Erdform und der Erdrotation, - der Verteilung der chemi schen Elemente in der Erde, der Plattentektonik, - der Erdbeben und Vulkane - des Erdmagnetfeldes
verursachte Emission von Treibhausgasen verändert das Weltklima.
Für die Ausbreitung und Entstehung von Flutwellen lassen sich physikalische Gleichungen formulieren.
1
Ein zentrales Problem der Physik des Erdkörpers ist die Vorhersage von Erdbeben oder Vulkanausbrüchen.
Ausblick auf weitere Teilgebiete der Physik
449
J
Physik der kosmischen Strukturen Während man in der klassischen Astronomie nur die Bewegungen und die Positionen der Himmelskörpers studiert, lassen sich durch die Anwendung physikalischer Untersuchungsmethoden auf die Himmelskörper und die von ihnen ausgehende Strahlung Aussagen zur Entwicklung, zu den Eigenschaften und zum Aufbau der kosmischen Objekte und des ganzen Universums treffen. Astrophysik
Kosmogonie
Kosmologie
Untersuchung
Untersuchung
Untersuchung
- der physikalischen Eigen schaften, - der Zustände, - der chemischen Zusam mensetzung von kosmi schen Objekten und Systemen
- der Entstehung, - der Entwicklung einzelner Himmelskörper sowie von Systemen aus Himmelskörpern
- der Entstehung, - der Entwicklung des Weltalls in seiner Gesamtheit
Durch die Anwendung spezieller Filter werden Vorgänge auf der Sonnenoberfl äche in einzelnen Wellenlängen bereichen untersucht. Dabei erkennt man explosionsartige Bewegungsprozesse (Flares, Protuberanzen) .
Im Orionnebel werden Staubscheiben um junge Sterne beobachtet. In einigen dieser Staubsche iben bilden sich wahrscheinlich Planeten. Das Foto zeigt eine Aufnahme des HUBBLE-Weltraumteleskops.
Die Stern systeme ordnen sich haufen-, waben- und zelle nförmig im Universum an. Ei n Hauptproblem der Kosmologie ist, diese Str ukturbildung zu erklären. Das Foto zeigt einen Galaxienhaufen, der die Bezeichnung Stephans Quintett trägt.
Die Festkörperphysik Noch vor 100 Jahren waren Festkörper nur als Werk- und Baustoffe von Bedeutung. Man interessierte sich daher hauptsächlich für ihre Härte, ihre Bruch - und Biegefestigkeit oder ihre thermischen Eigenschaften . Heute hat die Physik der Festkörper ei ne solche Bedeutung erlangt, da ss man sie als eigenständiges Teilgeb iet ansehen darf. Innerhalb dieses Teil gebietes existieren versch iedene Arbeitsbereiche, die aber nicht streng voneinander getrennt sind. Nachfolgend sind nur einige Beispiele angegeben .
Ent scheidend rür di Entwi cklu nc dCI r c~ tkorp c l phY ~ lk war di c Hcrsl Il ung nc u r M aLeri li c n und d ic Nutzun g n u ntdcckt c r Festkorp erph änom ene.
Ausblick auf weitere Teilgebiete der Physik
450
Physik der festkörperstrukturen
Halbleiterphysik
Physik der Supraleitung
Untersuchung
Untersuchung
Untersuchung
- des Aufbaus und der Oberfläche, - der mechanischen, optischen, elektrischen und magnetischen Eigenschaften, - der Wärmeleitfähigkeit fester Körper.
- der elektrischen Leitfähigkeit und ihrer Veränderung durch Dotierung, - der Wechselwirkung von Halbleitern mit elektromagnetischen Feldern oder anderen physikalischen Einflussfaktoren, - der Entwicklung neuartiger Halbleiterbauelemente für die Elektronik.
- der elektrischen und der magnetischen Eigenschaften von Festkörpern, die bei meist niedrigen Tem peraturen ihren elektrischen Widerstand verlieren und ein Magnetfeld aus ihrem Inneren herausdrängen (/ S. 266) .
Spezielle polymere Stoffe ändern ihre farbe unter dem Einfluss von Druck- und Zugkräften oder bei Temperaturwechsel. Dies nutzt man zur Konstruktion einfacher Messgeräte .
Die Entwicklung hochintegrierter Schaltkreise beruht auf den Erkenntnissen der Halbleiterphysik. Das Bild zeigt einen Chip in vielfacher Vergrößerung.
Man kennt heute Stoffe, die bei 130 K supralei tend werden. Kann man Werkstoffe entwickeln, die bei noch höheren Temperaturen supralei t end sind? Dann könnte man einfache verlustlose Stromleitungen bauen .
• Ein spezi eller Bereich ist die Nanotechnologie, bei der Objekte im atomaren Bereich gezielt verändert werden können . Innerhalb der Nanotechnologie dürften die bisherigen Grenzen zwischen der Atom -, Molekül- und Festkörperphysik zumindest teilweise aufgehoben werd en.
Ein wichtiger Forschungsbereich ist die nichtlineare Physik. Ihr kommt unter allen physikalischen Teilgebieten eine besondere Stellung zu, denn bei ihr handelt es sich nicht um ein gesondertes Arbeitsgebiet. Die Erkenntnisse der nichtlinearen Physik kommen in allen anderen physikali schen Teilgebieten zur Anwendung . In der nichtlinearen Physik werden so genannte Rückkopplungssysteme untersucht, die unter gewissen Voraussetzungen ein komplexes zeitliches Verhalten aufweisen und dann sehr empfindlich auf äußere Störungen reagieren. In der Alltagswelt gibt es überraschend viele Systeme, die sich nichtlinear verhalten, beispielsweise die Erdatmosphäre, turbulente Strömungen von Gasen oder Flüssigkeiten oder biologische Systeme. Mithilfe der nichtlinearen Physik kann man Modelle erstellen, die einerseits die Bil dung geordneter Strukturen in der Natur erklären und andererseits den Übergang von geordneten hin zu chaotischem Verhalten beschreiben .
ANHANG
A
452
Anhang
Nuklidkarte (Ausschnitt)
92
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U 222 U 223 1 ~s 18 ~s 8,78
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