Claudia Schaaff Verwertungsquoten von Grundpfandrechten
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Claudia Schaaff Verwertungsquoten von Grundpfandrechten
GABLER RESEARCH ifk edition Herausgegeben von: Prof. Dr. Andreas Pfingsten, Universität Münster
Band 21
Die ifk edition macht bankwissenschaftliche Forschungsergebnisse einer breiten Leserschaft zugänglich. Die Beiträge der Schriftenreihe zeichnen sich durch die wissenschaftliche Qualität ihrer theoretischen und empirischen Analysen ebenso aus wie durch ihren Praxisbezug.
Claudia Schaaff
Verwertungsquoten von Grundpfandrechten Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Andreas Pfingsten
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Münster, 2009 D6
Die Bände 1-4 sind im LIT Verlag, die Bände 5-17 im Fritz Knapp Verlag erschienen.
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Claudia Jeske | Nicole Schweitzer Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2023-2
Geleitwort Das Kreditgeschäft der Banken ist risikobehaftet. Deshalb ist die Stellung von Sicherheiten seit langem ein wichtiger Vertragsbestandteil. Sicherheiten sollen zum einen den Kreditnehmer zu Wohlverhalten im Sinne des Kreditgebers veranlassen und zum anderen im Insolvenzfall die Höhe des Kreditausfalls für den Kreditgeber verringern. Für die Vorkalkulation von Krediten und damit allgemein für die Konditionenpolitik, aber auch für Berechnungen des regulatorischen und des ökonomischen Kapitals, ist die Kenntnis der aus Sicherheiten erlösten Werte von großer Bedeutung. Natürlich gibt es hierzu bereits einige wissenschaftliche Arbeiten, aber insgesamt lässt sich sagen, dass dieser Themenkomplex im Vergleich zu seiner Relevanz noch vergleichsweise wenig empirisch untersucht worden ist. Einer der Hauptgründe dafür dürfte sein, dass Wissenschaftler nur selten Zugang zu den benötigten Daten bekommen. In der vorliegenden Arbeit grenzt die Verfasserin die Fragestellung auf die Verwertung von Grundpfandrechten ein. Die verwendeten Daten hat sie bei einer auf die Abwicklung leistungsgestörter Kredite spezialisierten Bank erhalten bzw. selbst erhoben. Gerne nutze ich die Gelegenheit, der BAG Hamm, namentlich Herrn Udo Wittler als ihrem Vorstandsvorsitzenden, für die außerordentlich angenehme Zusammenarbeit herzlich zu danken. Ein erster wesentlicher Beitrag der Autorin besteht darin, eine Vielzahl möglicher Einflussfaktoren auf die Verwertungsquote von Grundpfandrechten in einer sehr ansprechenden Weise nach ihrer zunehmenden Spezifität zu strukturieren. Vermutete Wirkungszusammenhänge werden dabei im weiteren Verlauf der Arbeit intuitiv begründet. Die geschaffene Datenbasis ist deutlich größer als in verwandten Untersuchungen. Mit diversen deskriptiven Statistiken und Grafiken wird sie durchsichtig aufbereitet und verschafft dem Leser einen trefflichen Eindruck von der Grundlage der späteren statistischen Untersuchungen. Anfänglich abgeleitete Hypothesen werden in vielerlei Weise statistisch untersucht. Mosaikartig fügen sich viele Einzelerkenntnisse zu einem Bild zusammen, das unser Verständnis der Bestimmungsgründe für Verwertungsquoten ebenso verbessert wie unsere Kenntnis über die Wahl spezieller Verwertungsformen.
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Mit der intelligenten und akribischen Erstellung einer großen Datenbasis und deren anschließender Auswertung gibt die Autorin eine Benchmark vor, an der sich zukünftige Analysen messen lassen müssen. Von der Lektüre, die ich allen Interessierten wärmstens empfehle, werden sowohl die Praktiker als auch die Wissenschaftler erkennbaren Nutzen haben.
Prof. Dr. Andreas Pfingsten
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Vorwort Vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2008/2009 von der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität als Dissertation angenommen. Die Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kreditwesen (ifk) bei Herrn Prof. Dr. Andreas Pfingsten. Mein erster und großer Dank gilt daher Herrn Prof. Dr. Andreas Pfingsten für die stets engagierte fachliche Betreuung der Arbeit. Seine umfassende Diskussionsbereitschaft sowie die bei der Forschung eingeräumten Freiheiten haben sehr zum Erfolg der Arbeit beigetragen. Zu Dank verpflichtet bin ich ebenfalls Herrn Prof. Dr. Thomas Langer für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens sowie für wertvolle Hinweise und Anregungen. Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen einer Kooperation mit der Bankaktiengesellschaft Hamm (BAG) entstanden. Daher bedanke ich mich herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mein Forschungsprojekt jederzeit tatkräftig unterstützt haben. Frau Ramona Krumböhmer, meinem Mann sowie meinen Eltern danke ich für das Korrekturlesen. Für die angenehme Zusammenarbeit und konstruktive Arbeitsatmosphäre am ifk gilt mein Dank meinen früheren Kolleginnen und Kollegen Herrn Sven Bornemann, Herrn Dr. Rolf Böve, Herrn Burkhardt Döge, Herrn Frederik Hesse, Frau Prof. Dr. Susanne Homölle, Herrn Carsten Hubensack, Herrn Dr. Andreas Kamp, Herrn Hannes Klein, Herrn Christian Kuklick, Herrn Dr. Norbert Sträter, Herrn Sebastian Suhr, Herrn Dr. Daniel Thiry und Frau Dr. Irmhild Wrede. Eine besondere Freude ist es mir, an dieser Stelle meinem lieben Mann Michael zu danken. Er hat trotz eigener großer berufsbedingter Belastungen durch seine stetige Hilfsbereitschaft und seinen moralischen Beistand erheblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen und jederzeit Verständnis für die mit einer Dissertation einhergehenden Entbehrungen gehabt. Zu unendlichem Dank bin ich meinen lieben Eltern Maria und FranzJosef Berg verpflichtet, die mir während meiner Ausbildung jede erdenkliche Unterstützung und stets neue Kraft und Motivation gegeben haben. Auf ihre liebevolle Förderung
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konnte ich mich immer uneingeschränkt verlassen. Meinem Mann und meinen Eltern ist daher diese Arbeit gewidmet.
Claudia Schaaff
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/LWHUDWXUEHUVLFKW %HGHXWXQJGHU%HVLFKHUXQJYRQ.UHGLWHQYRUGHU.UHGLWNQGLJXQJ 7KHRULHRULHQWLHUWH8QWHUVXFKXQJHQ 6RUWLHUXQJVIXQNWLRQ $QUHL]VWHXHUXQJVIXQNWLRQ .RPELQDWLRQGHU6RUWLHUXQJVXQG$QUHL]VWHXHUXQJVIXQNWLRQ .ULWLVFKH'LVNXVVLRQ (PSLULVFKH8QWHUVXFKXQJHQ %HXUWHLOXQJGHU8QWHUVXFKXQJHQ %HGHXWXQJYRQ.UHGLWVLFKHUKHLWHQQDFKGHU.UHGLWNQGLJXQJ 7KHRULHRULHQWLHUWH8QWHUVXFKXQJHQ]XU.UHGLW9HUZHUWXQJVTXRWH (PSLULVFKH8QWHUVXFKXQJHQ]XU.UHGLW9HUZHUWXQJVTXRWH %HXUWHLOXQJGHU8QWHUVXFKXQJHQ]XU.UHGLW9HUZHUWXQJVTXRWH 6LFKHUKHLWHQ9HUZHUWXQJVTXRWHLPHQJHUHQ6LQQ /HDVLQJVLFKHUKHLWHQ .UHGLWVLFKHUKHLWHQ
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3 Grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten....................... 49 3.1 Grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten vor der Kreditkündigung .............. 49 3.1.1 Bankbetriebswirtschaftliche Grundlagen................................................49 3.1.2 Bedeutung grundpfandrechtlicher Kreditsicherheiten in Basel II ..........54 3.1.3 Bedeutung grundpfandrechtlicher Kreditsicherheiten in der SolvV.......55 3.1.4 Bedeutung grundpfandrechtlicher Kreditsicherheiten in den MaRisk ...61 3.2 Grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten nach der Kreditkündigung............ 64 3.2.1 Bankbetriebswirtschaftliche Grundlagen................................................64 3.2.2 Grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten in der Zwangsvollstreckung .66 3.2.2.1 Zwangsverwaltung..................................................................... 66 3.2.2.2 Zwangsversteigerung ................................................................. 67 3.3 Besonderheiten der Sicherheiten-Verwertungsquote von Grundpfandrechten ......................................................................................... 72 3.3.1 Ausfallzeitpunkt......................................................................................73 3.3.2 Einzahlungen ..........................................................................................76 3.3.3 Auszahlungen..........................................................................................77 3.3.4 Wert des Sicherungsobjekts....................................................................78 3.3.4.1 Wertbegriffe bei Immobilien ..................................................... 80 3.3.4.2 Wertermittlungsmethoden bei Immobilien................................ 83 3.3.5 Diskontierungszinssatz ...........................................................................90
4 Hypothesen zu möglichen Einflussfaktoren ..................... 92 4.1 Basis-Faktoren ................................................................................................ 94 4.1.1 Makroökonomische Faktoren .................................................................94 4.1.2 Faktoren aus Verhaltensrisiken des Kreditnehmers................................97 4.2 Kreditnehmerbezogene Faktoren.................................................................... 99 4.2.1 Branchenzugehörigkeit ...........................................................................99 4.3 Kreditengagementbezogene Faktoren........................................................... 100 4.3.1 Besicherung des Kreditengagments......................................................101 4.3.2 Rang der Grundschuld-Besicherung.....................................................103 4.3.3 Dauer der Kreditbeziehung ...................................................................104 4.4 Sicherheitenbezogene Faktoren .................................................................... 106 4.4.1 Art der Immobilie .................................................................................106
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4.4.2 Standort der Immobilie .........................................................................107 4.5 WOP-bezogene Faktoren.............................................................................. 109 4.6 Zusammenfassung der Hypothesen .............................................................. 114 4.7 Mögliche kontrollierbare Einflüsse .............................................................. 117 4.7.1 Kreditnehmerbezogene Kontrollmöglichkeiten....................................117 4.7.2 Kreditengagementbezogene Kontrollmöglichkeiten ............................118 4.7.3 Sicherheitenbezogene Kontrollmöglichkeiten......................................119 4.7.4 WOP-bezogene Kontrollmöglichkeiten................................................120 4.8 Zusammenfassung der möglichen Kontrollvariablen ................................... 121
5 Empirische Vorüberlegungen zur Analyse der Verwertungsquote von Grundpfandrechten.................. 123 5.1 Auswahl der Daten........................................................................................ 123 5.1.1 Auswahl des Projektpartners ................................................................123 5.1.2 Auswahl der Untersuchungsobjekte .....................................................126 5.2 Datenerhebung .............................................................................................. 127 5.3 Datenkorrekturen .......................................................................................... 130 5.4 Fehlende Informationen................................................................................ 131 5.5 Beschreibung der potenziellen Einflussfaktoren .......................................... 132 5.5.1 Basis-Faktoren ......................................................................................132 5.5.2 Kreditnehmerbezogene Faktoren..........................................................133 5.5.3 Kreditengagementbezogene Faktoren...................................................137 5.5.4 Sicherheitenbezogene Faktoren ............................................................143 5.5.5 WOP-bezogene Faktoren......................................................................147 5.6 Beschreibung der möglichen Kontrollvariablen ........................................... 150 5.6.1 Kreditnehmerbezogene Kontrollmöglichkeiten....................................150 5.6.2 Kreditengagementbezogene Kontrollmöglichkeiten ............................153 5.6.3 Sicherheitenbezogene Kontrollmöglichkeiten......................................155 5.6.4 WOP-bezogene Kontrollmöglichkeiten................................................158 5.7 Untersuchung der Zusammenhänge.............................................................. 160 5.7.1 Korrelationsanalyse ..............................................................................160 5.7.1.1 Methodik.................................................................................. 161
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5.7.1.2 Korrelationen zwischen Einflussfaktoren und Kontrollvariablen ..................................................................... 163 5.7.2 Kontingenzanalyse................................................................................169 5.7.2.1 Methodik.................................................................................. 169 5.7.2.2 Kontingenzanalyse für Einflussfaktoren und Kontrollvariablen ..................................................................... 171
6 Empirische Analyse der Verwertungsquoten von Grundpfandrechten.......................................................... 173 6.1 Definition der zu untersuchenden Verwertungsquoten ................................ 173 6.2 Deskriptive Analyse...................................................................................... 174 6.2.1 Werteinschätzungen..............................................................................174 6.2.2 Verwertungsquoten...............................................................................177 6.2.2.1 VWQ I...................................................................................... 178 6.2.2.2 VWQ II .................................................................................... 181 6.2.2.3 VWQ III................................................................................... 183 6.2.2.4 VWQ IV................................................................................... 186 6.2.2.5 Ausgewählte Spezialfragen...................................................... 189 6.3 Begründung der Fokussierung auf die VWQ I ............................................. 194 6.4 Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse ........................................ 195
7 Empirische Analyse der Einflussfaktoren auf die Verwertungsquoten von Grundpfandrechten................ 199 7.1 Methodische Vorüberlegungen und Voranalysen......................................... 199 7.1.1 Korrelationsanalyse ..............................................................................199 7.1.1.1 Methodik.................................................................................. 199 7.1.1.2 Korrelationen mit möglichen Kontrollvariablen...................... 200 7.1.2 Mittelwertvergleiche.............................................................................203 7.1.2.1 Methodik.................................................................................. 203 7.1.2.2 Mittelwertvergleiche bei möglichen Kontrollvariablen........... 207 7.1.3 Zusammenfassung der univariaten Ergebnisse für mögliche Kontrollvariablen ..................................................................................210 7.1.4 Multivariate lineare Regressionsanalyse ..............................................211
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7.1.4.1 Datenselektion ......................................................................... 212 7.1.4.2 Vorgehen der Modellspezifikation .......................................... 213 7.1.4.3 Kritische Diskussion der Regressionsannahmen ..................... 215 7.1.4.4 Zusammenfassung und Konsequenzen.................................... 223 7.2 Analyse der Hypothesen zu Einflussfaktoren auf die Verwertungsquote von Grundpfandrechten ....................................................................................... 224 7.2.1 Basis-Faktoren ......................................................................................224 7.2.1.1 Korrelationsanalyse metrisch skalierter Basis-Faktoren.......... 224 7.2.1.2 Mittelwertvergleiche kategorial skalierter Basis-Faktoren...... 227 7.2.1.3 Kombinierte Regressionsanalysen........................................... 228 7.2.2 Kreditnehmerbezogene Faktoren..........................................................229 7.2.2.1 Mittelwertvergleiche kategorial skalierter kreditnehmerbezogener Faktoren.................................................................. 229 7.2.2.2 Kombinierte Regressionsanalysen........................................... 231 7.2.3 Kreditengagementbezogene Faktoren...................................................233 7.2.3.1 Korrelationsanalysen metrisch skalierter kreditengagementbezogener Faktoren.................................................................. 233 7.2.3.2 Mittelwertvergleiche kategorial skalierter kreditengagementbezogener Faktoren.................................................................. 235 7.2.3.3 Kombinierte Regressionsanalysen........................................... 238 7.2.4 Sicherheitenbezogene Faktoren ............................................................241 7.2.4.1 Korrelationsanalyse metrisch skalierter sicherheitenbezogener Faktoren.................................................................. 241 7.2.4.2 Mittelwertvergleiche kategorial skalierter sicherheitenbezogener Faktoren.................................................................. 243 7.2.4.3 Kombinierte Regressionsanalysen........................................... 247 7.2.5 WOP-bezogene Faktoren......................................................................250 7.2.5.1 Korrelationsanalyse metrisch skalierter WOP-bezogener Faktoren ................................................................................... 250 7.2.5.2 Mittelwertvergleiche kategorial skalierter WOP-bezogener Faktoren ................................................................................... 252 7.2.5.3 Kombinierte Regressionsanalysen........................................... 254 7.2.6 Vertiefung ausgewählter Regressionsanalysen.....................................258
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7.2.6.1 Analyse kombinierter Regressionsmodelle ............................. 258 7.2.6.2 Besonderheiten für andere Verwertungsquoten-Definitionen . 270 7.2.6.3 Robustness-Checks .................................................................. 275 7.2.7 Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse ................................279 7.3 Multivariate logistische Analyse: Durch welche Einflussfaktoren wird ein positiver Zahlungseingang determinert?....................................................... 288 7.3.1 Methodische Vorüberlegungen.............................................................288 7.3.2 Einflussfaktoren auf den absoluten Verwertungserfolg........................292 7.3.3 Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse ................................299 7.4 Kontingenz- und Diskriminanzanalyse: Durch welche Merkmale lassen sich die unterschiedlichen Verwertungsformen klassifizieren?.................... 301 7.4.1 Methodische Vorüberlegungen.............................................................301 7.4.1.1 Kontingenzanalyse................................................................... 303 7.4.1.2 Diskriminanzanalyse................................................................ 305 7.4.2 Einfluss kategorialer Merkmale auf die Verwertungsform ..................306 7.4.3 Einfluss metrischer Merkmale auf die Verwertungsform.....................317 7.4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse........................................................324 7.5 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ableitung erster Handlungsempfehlungen .............................................................................. 325
8 Zusammenfassung ............................................................ 331
Anhang………………………………………………………..339 Literaturverzeichnis……………………...…………………..353 Verzeichnis der Rechtsquellen………………........................375
XIV XIV
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Die Rolle von Kreditsicherheiten bei der Ermittlung des Kreditrisikos..... 8 Abbildung 2: Modelltheoretische Forschung für externe Kreditsicherheiten. ............... 24 Abbildung 3: Modelltheoretische Forschung für interne Kreditsicherheiten. ................ 24 Abbildung 4: Zusammensetzung der RR von ausgefallenen Leasingverträgen. ............ 43 Abbildung 5: Überblick über vertragliche Kreditsicherheiten. ...................................... 49 Abbildung 6: Struktur von Verwertungsquoten.............................................................. 73 Abbildung 7: Schematischer Ablauf der Ermittlung des Grundpfandrechtswerts. ........ 79 Abbildung 8: Schematischer Ablauf des Vergleichswertverfahrens. ............................. 85 Abbildung 9: Schematischer Ablauf des Ertragswertverfahrens.................................... 87 Abbildung 10: Schematischer Ablauf des Sachwertverfahrens...................................... 89 Abbildung 11: Anatomie potenzieller Einflussfaktoren auf die Verwertung immobiler Sicherheiten........................................................................... 92 Abbildung 12: Anatomie potenzieller Einflussgrößen und Kontrollmöglichkeiten auf die Verwertung immobiler Sicherheiten......................................... 117 Abbildung 13: Deskriptive Statistik „Kooperativer Kreditnehmer – eigene Einschätzung“. ...................................................................................... 132 Abbildung 14: Deskriptive Statistik „Weitere Sicherheiten vorhanden?“.................... 137 Abbildung 15: Valutierende Vorlasten in T-Euro. ....................................................... 141 Abbildung 16: Dauer der Kreditbeziehung in Monaten. .............................................. 143 Abbildung 17: Deskriptive Statistik „Insolvenz anhängig?“........................................ 150 Abbildung 18: Deskriptive Statistik „Persönliche Haftung?“. ..................................... 152 Abbildung 19: Deskriptive Statistik „Kundenart“. ....................................................... 152 Abbildung 20: Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro............................................ 154 Abbildung 21: Deskriptive Statistik „Kreditnehmer gleich Sicherungsgeber?“. ......... 155 Abbildung 22: Wohn-/Nutzfläche in qm. ..................................................................... 156 Abbildung 23: Objektalter in Jahren............................................................................. 157 Abbildung 24: Auf-/Abwertung in T-Euro................................................................... 159 Abbildung 25: Letzte Bewertung der abgebenden Bank in T-Euro. ............................ 175 Abbildung 26: Gerichtlicher Verkehrswert in T-Euro.................................................. 176 Abbildung 27: Wert des technischen Büros in T-Euro................................................. 176 Abbildung 28: VWQ I. ................................................................................................. 179
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Abbildung 29: VWQ I (ohne Vorlasten). ..................................................................... 180 Abbildung 30: VWQ II (alle Fälle)............................................................................... 182 Abbildung 31: VWQ II (Fälle ohne Vorlasten). ........................................................... 183 Abbildung 32: VWQ III (alle Fälle). ............................................................................ 184 Abbildung 33: VWQ III (Fälle ohne Vorlasten)........................................................... 185 Abbildung 34: VWQ IV (alle Fälle). ............................................................................ 187 Abbildung 35: VWQ IV (Fälle ohne Vorlasten). ......................................................... 188 Abbildung 36: VWQ I Endwert (alle Fälle). ................................................................ 192 Abbildung 37: Verwertungsquoten im Zeitablauf. ....................................................... 194 Abbildung 38: Anatomie potenzieller Einflussgrößen und Kontrollmöglichkeiten auf die Verwertung immobiler Sicherheiten......................................... 213 Abbildung 39: Art des Zahlungseingangs und Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers (eigene Einschätzung). ................................................. 308 Abbildung 40: Kanonische Diskriminanzfunktionen (Ex-ante Betrachtung)............... 322 Abbildung 41: Kanonische Diskriminanzfunktionen (Ex-post Betrachtung)............... 324
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Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Ausgewählte empirische Ergebnisse zur Kreditbesicherung......................... 28 Tabelle 2: Ausgewählte Studien zur Höhe der RR 1994-2000....................................... 37 Tabelle 3: Ausgewählte Studien zur Höhe der RR 2001-aktuell.................................... 38 Tabelle 4: Überblick über Spezifika der Grundschuld. .................................................. 53 Tabelle 5: Einzahlungsarten eines Grundpfandrechts. ................................................... 77 Tabelle 6: Hypothesen zu potenziellen Einflussfaktoren auf die SicherheitenVerwertungsquote........................................................................................ 114 Tabelle 7: Empirische Ergebnisse zu potenziellen Einflussfaktoren auf die KreditRR/Sicherheiten-Verwertungsquote. ........................................................... 116 Tabelle 8: Kontrollmöglichkeiten sonstiger potenzieller Einflussfaktoren für die Sicherheiten-Verwertungsquote.................................................................. 121 Tabelle 9: Empirische Ergebnisse zu möglichen Kontrollvariablen für die Sicherheiten-Verwertungsquote................................................................... 122 Tabelle 10: Deskriptive Statistik „Branche der gewerblichen und selbstständig tätigen privaten Kreditnehmer“. ................................................................ 135 Tabelle 11: Deskriptive Statistik „Art der Besicherung außer der untersuchten Grundschuld“. ............................................................................................ 138 Tabelle 12: Deskriptive Statistik „Art der Grundschuld“............................................. 139 Tabelle 13: Deskriptive Statistik „Valutierende Vorlasten in T-Euro“. ....................... 140 Tabelle 14: Deskriptive Statistik „Dauer der Kreditbeziehung“. ................................. 141 Tabelle 15: Deskriptive Statistik „Art der Immobilie“................................................. 143 Tabelle 16: Deskriptive Statistik „Objektstandort“. ..................................................... 145 Tabelle 17: Deskriptive Statistik der metrisch skalierten sicherheitenbezogenen Variablen.................................................................................................... 145 Tabelle 18: Deskriptive Statistik „Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank“. .................................................................................... 146 Tabelle 19: Deskriptive Statistik metrisch skalierte WOP-bezogene Faktoren............ 147 Tabelle 20: Deskriptive Statistik „Zahlungseingang aus …“. ...................................... 148 Tabelle 21: Deskriptive Statistik „Persönliche Haftung?“. .......................................... 151 Tabelle 22: Deskriptive Statistik „Kundenart“. ............................................................ 152 Tabelle 23: Deskriptive Statistik „Grundschuldbeträge in T-Euro“. ............................ 153
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Tabelle 24: Deskriptive Statistik der metrischen sicherheitenbezogenen Kontrollvariablen. ...................................................................................... 155 Tabelle 25: Deskriptive Statistik „Eigennutzung des Objekts durch Sicherungsgeber“. ...................................................................................... 158 Tabelle 26: Deskriptive Statistik „Auf-/Abwertung in T-Euro“................................... 158 Tabelle 27: Teil I - Korrelationen zwischen potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen. .................................................................... 165 Tabelle 28: Teil II - Korrelationen zwischen potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen. .................................................................... 166 Tabelle 29: Teil III - Korrelationen zwischen potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen. .................................................................... 167 Tabelle 30: Teil IV - Korrelationen zwischen potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen. .................................................................... 168 Tabelle 31: Werteinschätzungen der Grundpfandrechte............................................... 174 Tabelle 32: Deskriptive Statistik „Verwertungsquoten“. ............................................. 177 Tabelle 33: Deskriptive Statistik VWQ I (Basis: Letzte Bewertung der abgebenden Bank).......................................................................................................... 179 Tabelle 34: Deskriptive Statistik VWQ II (Basis: Gerichtlicher Verkehrswert). ......... 181 Tabelle 35: Deskriptive Statistik VWQ III (Basis: Wert des technischen Büros)........ 184 Tabelle 36: Deskriptive Statistik VWQ IV (Basis: Nomineller Grundschuldbetrag ./. Vorlasten). ............................................................................................. 186 Tabelle 37: Deskriptive Statistik „Gewichtete Verwertungsquoten“. .......................... 190 Tabelle 38: Deskriptive Statistik „VWQ I Endwert“.................................................... 191 Tabelle 39: VWQ I und VWQ I (Endwert) im Zeitablauf............................................ 192 Tabelle 40: Vergleich der Verwertungsquoten unterschiedlicher Studien. .................. 195 Tabelle 41: Korrelationen zwischen Sicherheiten-Verwertungsquoten und möglichen Einflussfaktoren. ...................................................................... 202 Tabelle 42: Mittelwertvergleiche der VWQ I bei kategorialen kreditnehmerbezogenen Kontrollvariablen..................................................................... 207 Tabelle 43: Mittelwertvergleiche der VWQ I bei kategorialen möglichen kreditengagement- und sicherheitenbezogenen Kontrollvariablen........... 209 Tabelle 44: Zusammenfassung der univariaten Ergebnisse für die möglichen Kontrollvariablen. ...................................................................................... 211
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Tabelle 45: Datenselektion in der zufälligen Stichprobe.............................................. 213 Tabelle 46: Korrelationsanalyse – Sicherheiten-Verwertungsquoten und Basis-Faktoren. .......................................................................................... 225 Tabelle 47: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Basis-Faktoren. .......................................................................................... 227 Tabelle 48: Regressionsanalysen – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Basis-Faktoren. .......................................................................................... 228 Tabelle 49: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Branchen. ................................................................................................... 230 Tabelle 50: Regressionsanalysen – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und kreditnehmerbezogene Faktoren................................................................ 232 Tabelle 51: Korrelationsanalyse – Sicherheiten-Verwertungsquoten und kreditengagementbezogene Faktoren. ....................................................... 234 Tabelle 52: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und sonstige Sicherheiten. ................................................................................ 236 Tabelle 53: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Rangfolge des Grundpfandrechts............................................................... 237 Tabelle 54: Regressionsanalysen – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und kreditengagementbezogene Faktoren. ...................................................... 239 Tabelle 55: Korrelationsanalyse – Sicherheiten-Verwertungsquoten und sicherheitenbezogene Faktoren.................................................................. 242 Tabelle 56: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Objektart. ................................................................................................... 243 Tabelle 57: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Objektstandort nach Bundesländern. ......................................................... 245 Tabelle 58: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Objektstandort nach Ost-/Westdeutschland/Berlin.................................... 246 Tabelle 59: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank. ...................... 246 Tabelle 60: Regressionsanalysen – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und sicherheitenbezogene Faktoren.................................................................. 248 Tabelle 61: Korrelationsanalyse – Sicherheiten-Verwertungsquoten und WOPbezogene Faktoren. .................................................................................... 251
XIX
7DEHOOH0LWWHOZHUWYHUJOHLFKH±6LFKHUKHLWHQ9HUZHUWXQJVTXRWH9:4, XQG $UWGHV=DKOXQJVHLQJDQJV 7DEHOOH0LWWHOZHUWYHUJOHLFKH±6LFKHUKHLWHQ9HUZHUWXQJVTXRWH9:4, XQG $UWGHV=DKOXQJVHLQJDQJVLPSDDUZHLVHQ9HUJOHLFK*UXSSHQ)DOO 7DEHOOH5HJUHVVLRQVDQDO\VHQ±6LFKHUKHLWHQ9HUZHUWXQJVTXRWH9:4, XQG :23EH]RJHQH)DNWRUHQ 7DEHOOH5HJUHVVLRQVDQDO\VHQ±*HZHUEOLFKHV.UHGLWHQJDJHPHQW9:4, 7DEHOOH5HJUHVVLRQVDQDO\VHQ±3ULYDWHV.UHGLWHQJDJHPHQW9:4, 7DEHOOH5HJUHVVLRQVDQDO\VHQ±([$QWH)DNWRUHQ9:4, 7DEHOOH5HJUHVVLRQVDQDO\VHQ±)DNWRUHQIUHUIROJUHLFKH9HUZHUWXQJHQ 9:4, 7DEHOOH=XVDPPHQIDVVXQJ(UJHEQLVVHIUGLHSRWHQ]LHOOHQ%DVLVXQG NUHGLWQHKPHUEH]RJHQHQ(LQIOXVVIDNWRUHQ 7DEHOOH=XVDPPHQIDVVXQJ(UJHEQLVVHIUGLHSRWHQ]LHOOHQNUHGLWHQJDJHPHQW VLFKHUKHLWHQXQG:23EH]RJHQHQ(LQIOXVVIDNWRUHQ 7DEHOOH=XVDPPHQIDVVXQJ(UJHEQLVVHIUGLHP|JOLFKHQ.RQWUROOJU|HQ 7DEHOOH9HUJOHLFKGHU(UJHEQLVVHGHUYRUOLHJHQGHQ$UEHLWPLWDXVJHZlKOWHQ VRQVWLJHQ6WXGLHQ 7DEHOOH/RJLVWLVFKH5HJUHVVLRQVDQDO\VHQ±9:4,0RGHOOH,ELV9 7DEHOOH/RJLVWLVFKH5HJUHVVLRQVDQDO\VHQ±9:4,0RGHOOH9,ELV,; 7DEHOOH=XVDPPHQIDVVXQJGHU(UJHEQLVVHGHUORJLVWLVFKHQ5HJUHVVLRQHQ IUGLHSRWHQ]LHOOHQ(LQIOXVVIDNWRUHQ 7DEHOOH=XVDPPHQIDVVXQJGHU(UJHEQLVVHGHUORJLVWLVFKHQ5HJUHVVLRQHQ IUGLHP|JOLFKHQ.RQWUROOYDULDEOHQ 7DEHOOH0LWWHOZHUWYHUJOHLFKH±6LFKHUKHLWHQ9HUZHUWXQJVTXRWH9:4, XQG $UWGHV=DKOXQJVHLQJDQJV 7DEHOOH9HUZHUWXQJVIRUPYHUVXV(LJHQQXW]XQJ 7DEHOOH9HUZHUWXQJVIRUPYHUVXV2EMHNWVWDQGRUWLQ2VWGHXWVFKODQG RKQH%HUOLQ 7DEHOOH9HUZHUWXQJVIRUPYHUVXV6LFKHUXQJVREMHNWLP(LQ]XJVJHELHW 7DEHOOH9HUZHUWXQJVIRUPYHUVXVÄ.UHGLWQHKPHU 6LFKHUXQJVJHEHU³ 7DEHOOH=XVDPPHQIDVVXQJGHU.RQWLQJHQ]DQDO\VHIUGLHHUIROJUHLFKHQ 9HUZHUWXQJVIRUPHQ
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;;,
Symbolverzeichnis bj
Diskriminanzkoeffizient für Merkmalsvariable j
b0
Konstante
BewK
Bewirtschaftungskosten
BW
Bodenwert
Cov(ut,us)
Kovarianz zwischen den Störgrößen ut,us
df
degrees of freedom (Freiheitsgrade)
eij
erwartete Anzahl
EW
Ertragswert des Grundstücks
E(ut)
Erwartungswert der Störgröße ut
H
Kruskal-Wallis Teststatistik
I
Zeilenanzahl
J
Spaltenanzahl
k
Anzahl der Gruppen/Stichproben
n
Stichprobenumfang
n
Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen
ni
Anzahl der Beobachtungen in der i-ten Gruppe/Stichprobe
nij
beobachteter des j-ten Merkmals in der i-ten Gruppe
N
Fallanzahl
N(0, 1)
Normalverteilung mit einem Erwartungswert von 0 und einer Standardabweichung von 1
rx,y
Korrelationskoeffizient
rg(x)
mittelerer Rang aller Beobachtungen für die Variable X
rg(y)
mittelerer Rang aller Beobachtungen für die Variable Y
rg (x)
Rang der x-ten Beobachtung
rg (y)
Rang der y-ten Beobachtung
Ri
Summe der Ränge der i-ten Gruppe/Stichprobe
RoE
Jahresrohertrag
R²
Bestimmtheitsmaß
Rkorr²
korrigiertes Bestimmtheitsmaß
t
Anzahl der Störgrößen 1, …, T
tolX
Toleranzkoeffizient XXIII
ut
Störgröße
var(ut)
Varianz der Störgröße ut
xi
Merkmalsausprägung der Variable X
x
Mittelwert der Variable X
Xj
Merkmalsvariable j (j = 1, 2, …, J)
yi
Merkmalsausprägung der Variable Y
y
Mittelwert der Variable Y
Y
Diskriminanzvariable
z
Liegenschaftszinssatz
J0
Parameter
ij
Phi-Koeffizient
V²
Varianz der Störgröße ut
T
Median
Tj
Median der j-ten Gruppe
Ȥ²
Chi-Quadrat Teststatistik
XXIVXXIV
Abkürzungsverzeichnis abg.
abgebenden
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
AGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen
a.n.g.
(soweit) anderweitig nicht genannt
BAG
Bankaktiengesellschaft Hamm
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BLUE
best linear unbiased estimator
BVR
Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken e.V.
BW
Barwert
bzgl.
bezüglich
DEM
Deutsche Mark
EAD
Exposure at Default
EFH
Einfamilienhaus
e.G.
eingetragene Genossenschaft
EK
Einkaufmann
EL
Expected Loss
ETW
Eigentumswohnung
e.V.
eingetragener Verein
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GDP
Gross Domestic Product
ggf.
gegebenenfalls
ggü.
gegenüber
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GS
Grundschuld
ID
Identifikationsnummer des Grundpfandrechts
i.d.R.
in der Regel
ifo
Institut für Wirtschaftsforschung (ifo: Akronym aus Information und Forschung)
i.H.v.
in Höhe von
IKT
Informations- und Kommunikationstechnologie
XXV
IRB
Internal-Rating-Based
IRBA
Internal-Rating-Based Approach/Ansatz
KE
Kreditengagement
KG
Kommanditgesellschaft
KM
Kapitalmarkt
KN
Kreditnehmer
KSA
Kreditrisiko-Standardansatz
LGD
Loss Given Default
M
Maturity
MFH
Mehrfamilienhaus
nom.
nominell
OHG
Offene Handelsgesellschaft
OLG
Oberlandesgericht
OLS
Ordinary Least Squares
PD
Probability of Default
PKW
Personenkraftwagen
RLZ
Restlaufzeit
RR
Recovery Rate
S&P
Standard & Poor’s
SCHUFA
Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung
sig.
signifikant
sonst.
sonstige(r)
T-Euro
Tausend Euro
TL
Time Lag
UL
Unexpected Loss
VDH
Verband Deutscher Hypothekenbanken
vdp
Verband deutscher Pfandbriefbanken
VWQ
Verwertungsquote
WOP
Workout-Prozess
XXVIXXVI
1
Einleitung
1.1
Motivation
Lange Zeit hat sich die Bankbetriebslehre ausführlich mit der Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten beschäftigt.1 Seit einigen Jahren tritt die Erforschung potenzieller Einflussfaktoren auf die Wiedergewinnungsquoten (Recovery Rate [RR]) ausgefallener Kredite in den Fokus wissenschaftlicher Arbeiten.2 Dies hat vielfältige Gründe: x
Die Höhe der RR ist bedeutend für die grundsätzliche Kreditvergabeentscheidung sowie für die Gestaltung der Kreditkonditionen – sowohl bei der Kreditvergabe als auch während der Laufzeit. In diesem Zusammenhang gewinnen Kreditsicherheiten an Relevanz. Diese wurden in der Vergangenheit häufig nur als willkommene Ergänzung zur Abrundung der Kreditwürdigkeit eines Kunden herangezogen. Inzwischen sind sie aufgrund ihres empirisch vielfach bestätigten, positiven Einflusses auf die RR eines Kredites ein wesentlicher Bestandteil bei der Festsetzung risikoadäquater Kreditkonditionen geworden.3
x
Bei wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers oder des Wertes der zur Verfügung gestellten Kreditsicherheiten stehen den Banken im Allgemeinen ein Nachbesicherungsrecht sowie ein Kündigungsrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)4 und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Banken zu.5 Zur korrekten Bewertung und eventuellen Ausübung dieser Optionen ist ein Wissen um die Einflussfaktoren und die geschätzten Höhen der Sicherheiten-Verwertungsquoten wichtig.
x
Mit dem Inkrafttreten der Baseler Eigenkapitalvereinbarungen in deutsches Recht durch die Solvabilitätsverordnung (SolvV) am 01.01.2007 wurde den Banken ermöglicht, zur Bestimmung der Kapitalunterlegungspflicht eigene Schätzungen des Kreditrisikos vorzunehmen. Ein wichtiger Parameter, der von
1
Vgl. exemplarisch Beaver 1966, Altman 1968, Altman/Haldemann/Narayanan 1977, Ohlson 1980. Die vorliegende Arbeit bezieht sich grundsätzlich auf den Rechts- und Informationsstand per November 2008. 3 Vgl. Creditreform 2007a, S. 50. 4 Siehe §§1133 (Nachbesicherung) und 490 Abs. 1 (Kündigungsrecht) BGB. 5 Siehe AGB Nr. 13 (Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten) sowie Nr. 19 Abs. 3 (Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist). 2
1
den Banken im fortgeschrittenen Ansatz selbst geschätzt werden muss, ist die Verwertungsquote des Kredits bei Kreditausfall. Die Rahmenvereinbarungen des Baseler Ausschusses sprechen umgekehrt vom „Verlust gegeben einen Kreditausfall“ (Loss Given Default [LGD]),6 die Solvabilitätsverordnung nutzt den Begriff „prognostizierte Verlustquote“.7 Trotz der dargestellten Bedeutung der Verwertungsquote bleiben auf dem Gebiet der Erforschung von RRs, ihrer Determinanten und ihrer Bedeutung in Kreditrisikomodellen noch weite nicht analysierte Bereiche. Insbesondere hinsichtlich empirischer Arbeiten besteht erheblicher Nachholbedarf. Die Betreiber der Homepage defaultrisk.com, die auf ihrer Website mehr als 1.000 theorie- und praxisorientierte Arbeiten zum Ausfallrisiko bereitstellen, formulieren die Situation zur Erforschung des LGD wie folgt: “This model parameter is equally as significant to the accuracy of a default risk model as is the default likelihood […], but there is by its nature less data with which to construct a good model. Thus the majority of papers are theoretical rather than data based and there is still a great need for good predictive models.”8 Als ein wichtiger Parameter der RR hat sich in bisherigen Studien die Besicherung des Kredits herausgestellt.9 Alle der Autorin bekannten Arbeiten berichten von einem positiven Zusammenhang zwischen der Kreditbesicherung und der Verwertungsquote bei Kreditausfall. Es ist jedoch auffällig, dass bisher kaum Bemühungen festzustellen sind, diesen wichtigen Einflussfaktor der Besicherung detaillierter aufzuschlüsseln und zu untersuchen. Zumeist wird die Besicherung lediglich als binäre Variable (z.B. Sicherheiten vorhanden? Ja/Nein) in die empirischen und theoretischen Analysen integriert. Dabei ist unbestritten, dass vielfältige Formen der Kreditbesicherung existieren, die sich durch eine stark unterschiedliche Relevanz sowie deutlich verschiedene Werthaltigkeiten im Insolvenzfall auszeichnen.10 Auf dem deutschen Kreditmarkt besitzen Grundpfandrechte (Hypotheken und Grundschulden) eine herausragende Stellung. Laut der aktuellen Bankenstatistik der Deutschen Bundesbank hat der Bestand an Krediten an inländische Unternehmen und Pri6
Vgl. Basel Committee on Banking Supervision 2005a, Par. 286ff. Siehe §92 SolvV. Vgl. im Internet URL: http://www.defaultrisk.com/papers.htm [2008-10-14]. Im Original teilweise durch Unterstreichung hervorgehoben. 9 Vgl. Abschnitt 2.2.2. 10 Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 66ff., oder Grunert 2005, S. 161ff., sowie Abschnitt 2.3.2 dieser Arbeit. 7 8
2
2
vatpersonen im Juni 2008 eine neue Höchstmarke erreicht und betrug insgesamt 2.333.834 Millionen (Mio.) Euro. Hiervon entfielen 910.257 Mio. Euro (39,00%) auf Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke, 185.748 Mio. Euro (7,96%) waren für sonstige Wohnungsbaukredite ausgeliehen.11 Diese Immobilienkredite sind regelmäßig mit Grundpfandrechten auf das finanzierte Objekt besichert. Darüber hinaus werden Grundpfandrechte aber auch in nicht immobilienbezogenen Finanzierungen häufig und gerne verwendet. Franks/deServigny/Davydenko 2004 stellen in ihrer Analyse von Verwertungsquoten deutscher Bankkredite heraus, dass 49% aller besicherten Kreditengagements durch Grundpfandrechte hinterlegt waren. Diese Grundpfandrechte haben sich in ihrer Analyse als überdurchschnittlich werthaltig herausgestellt.12 In der Folgestudie von Davydenko/Franks 2008 wird die Dominanz von Grundpfandrechten bestätigt. 55% aller Sicherheitenwerte sind Grundpfandrechte.13 Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Grunert 2008a, der mittels einer Umfrage unter allen genossenschaftlichen Bankvorständen die Bedeutung (verstanden als Häufigkeit der Hereinnahme) und die Werthaltigkeit verschiedener Sicherheitenarten untersucht. Grundpfandrechte werden dabei mit großem Abstand als die am häufigsten vereinbarten Kreditsicherheiten genannt. Darüber hinaus werden Grundpfandrechte, insbesondere solche auf Wohnimmobilien, bei Ausfall des Kreditnehmers auch als überdurchschnittlich werthaltig eingestuft.14 Die Bedeutung von Grundpfandrechten wird auch im Sicherheitenportfolio derjenigen Bank deutlich, mit der im Rahmen der vorliegenden Arbeit kooperiert wurde und die Daten zu den untersuchten Grundpfandrechten zur Verfügung gestellt hat. Der wertmäßige Anteil von Grundpfandrechten im Gesamtbestand aller Sicherheitenwerte beträgt
11
Vgl. Deutsche Bundesbank 2008a, S. 34. Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 74 und 82f. Hinsichtlich der quantitativen Bedeutung weit abgeschlagen folgen nach Grundpfandrechten mit 15% staatliche oder Bank-Garantien/-Bürgschaften sowie mit 12% Individual- oder Firmenbürgschaften, wobei letztere sich in der Studie allerdings als nicht werthaltig herausgestellt haben. Im Mittelwert erzielen Grundpfandrechte auf gewerbliche Immobilien eine Erlösquote von 75,0% (Median 75,0%), solche auf Wohnimmobilien 71,7% (Median 94,3%). Die durchschnittliche Erlösquote über alle Sicherheiten liegt bei nur 68,7% im Mittel (Median 85,0%). Für mehr Details vgl. auch Abschnitt 2.3.2). 13 Vgl. Davydenko/Franks 2008, S. 586f. 14 Vgl. Grunert 2008a. Die durchschnittliche Erlösquote von Grundpfandrechten wird von der Bankpraxis wie folgt eingeschätzt: 81,00% bei Grundpfandrechten auf Wohnimmobilien, 77,79% bei Grundpfandrechten auf baureife Grundstücke, 68,71% bei Grundpfandrechten auf landwirtschaftlich genutzte Grundstücke und 65,00% bei Grundpfandrechten auf gewerbliche Immobilien (vgl. Tabelle 6). 12
3
dort ca. 75% (Stichtag: 07.03.2008). Alle anderen Sicherheitenarten (Zessionen, Bürgschaften, Pfandrechte und Sicherungsübereignungen) machen zusammen nur ein Viertel des Gesamtwerts aller verfügbaren Sicherheiten aus. Unter allen zur Verfügung stehenden Kreditsicherheitenarten spielen zusammenfassend die Grundpfandrechte eine herausragende Rolle – sowohl hinsichtlich der Häufigkeit ihrer Hereinnahme im Rahmen des Kreditvergabeprozesses oder von Kreditnachverhandlungen als auch bezüglich ihres wertmäßigen Umfangs und ihrer Werthaltigkeit bei Kreditausfällen. Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt nicht auf der Analyse von Grundpfandrechten im Allgemeinen, sondern auf ihrer besonderen Bedeutung als Teil der Wiedergewinnungsquote von ausgefallenen Krediten. Dieser Aspekt besitzt allerdings nur dann Relevanz und Aktualität, wenn nicht unerheblich viele Kredite tatsächlich ausfallen und Grundpfandrechte somit nicht nur eine Verwertungsoption bleiben, sondern tatsächlich verwertet werden. Das Volumen notleidender Kredite ist in Deutschland erheblich und birgt ein umfangreiches Geschäftspotenzial. Insgesamt sind inländische Unternehmen und Privatpersonen – wie oben geschildert – in Höhe von ca. 2.333 Milliarden (Mrd.) Euro gegenüber der deutschen Kreditwirtschaft verschuldet. Der Anteil der Kredite an Privatpersonen betrug im Juni 2008 ca. 1.010 Mrd. Euro (43,29%).15 Prüver 2007 stellt fest, dass die Schätzungen zum Anteil notleidender Kredite am gesamten Kreditvolumen in Deutschlang zwischen fünf und zwölf Prozent schwanken.16 Etwa 20 Mrd. Euro der Kreditforderungen gegen inländische Unternehmen und Privatpersonen gelten somit als notleidend. Das Institut für Finanzdienstleistungen schätzt darüber hinaus, dass im Jahr 2006 in den Bilanzen deutscher Banken „faule Kredite“ in Höhe von 150 Mrd. Euro schlummern.17 Somit ist ein erheblicher Teil des ausgegebenen Kreditvolumens potenziell ausfallgefährdet. Zugehörige Sicherheiten würden mit hoher Wahrscheinlichkeit in Anspruch genommen werden. Die Zahl notleidender Kreditengagements wird sich in Zukunft durch die momentane Finanzkrise und die damit verbundene Rezessionsgefahr für die Realwirtschaft tendenziell nicht verringern.
15 16 17
4
4
Vgl. Deutsche Bundesbank 2008a, S. 35. Vgl. Prüver 2007, S. 18. Vgl. Heumann 2007, S. 29.
Der hohe Bestand an notleidenden Krediten bei deutschen Banken resultiert aus verschiedenen Ursachen. Die schwache Konjunktur und eine steigende Anzahl von Insolvenzen18 haben seit Mitte der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu einer steigenden Anzahl von notleidenden Kreditengagements geführt. Gleichzeitig ist der Wert der Kreditsicherheiten verfallen. Dies ist insbesondere auffällig bei Krediten zur Finanzierung von Immobilienkäufen in Ostdeutschland, die mit Grundpfandrechten auf diese ostdeutschen Objekte besichert worden sind. Aufgrund des Einbruchs des Immobilienmarkts in Ostdeutschland haben derartige Immobilien massiv an Wert verloren.19 Der von Institut der deutschen Wirtschaft im Jahr 2008 veröffentlichte Immobilienpreisindex mit 1990 als Referenzjahr (100,0%) zeigt für Eigentumswohnungen in Ostdeutschland im Jahr 2007 einen Indexwert von 97,3%. Bei Büromieten beträgt der Indexwert in 2007 lediglich 55,9%.20 Ein Indiz für die gewachsene Relevanz von Immobilienverwertungen ist auch die stark gestiegene Zahl der Zwangsversteigerungen, die eine von mehreren Möglichkeiten der Verwertung von grundpfandrechtlichen Kreditsicherheiten darstellen. Im Jahre 1996 waren insgesamt 32.200 Zwangsversteigerungstermine in den deutschen Amtsgerichten anberaumt. Diese Anzahl hat sich bis 2007 auf 91.788 Termine nahezu verdreifacht.21 Die Summe der amtlich festgesetzten Verkehrswerte hat sich seit 1996 von 8,23 Mrd. Euro auf 16,53 Mrd. Euro in 2007 dagegen nur annähernd verdoppelt. Insbesondere seit 2004 ist der Rückgang der festgesetzten Verkehrswerte um mehr als 2 Mrd. Euro bei gleichzeitig relativ konstanter Anzahl von Zwangsversteigerungsterminen auffällig.22 Bis zum Ausbruch der derzeitigen Finanzkrise, die ihren Ausgangspunkt im Niedergang des amerikanischen „Subprime-Loan“-Segments im Sommer 2007 genommen hat,23 hatte sich der Handel mit Portfolios notleidender Kredite in Deutschland neu etabliert. Noch im April 2007 erteilte Stefan Schäfer von der DB Research dieser neuen Assetklasse ein positives Zwischenzeugnis und hob vielfältige Vorteile für die Marktteil18
Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft 2008, S. 51. Vgl. o.V. 2008. Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft 2008, S. 60. 21 Der höchste Anstieg ist in den Jahren 2000/2001 zu verzeichnen: von 57.600 Terminen in 2000 auf 79.800 Termine in 2001. Seit 2003 liegt die Anzahl der anberaumten Termine konstant bei gut 90.000. Vgl. im Internet URL: http://www.immobilien-versteigerungen.de/statistik_zwangsversteigerung_ 2007.109.html [2008-10-13]. 22 Vgl. im Internet URL: http://www.immobilien-versteigerungen.de/statistik_zwangsversteigerung_ 2007.109.html [2008-10-13]. 23 Eine ausführliche Darstellung der Ursachen der „Subprime“- und Finanzkrise sowie der Rolle von Forderungsverbriefungen hierbei und der möglichen Konsequenzen für die Bankenaufsicht bietet Hartmann-Wendels 2008. 19 20
5
nehmer hervor. Kreditinstitute konnten durch den Kreditverkauf bspw. das Servicing bzw. die Abwicklung von gekündigten Krediten und damit verbundenen Sicherheiten an externe Dienstleister auslagern.24 Darüber hinaus betonte Schäfer 2007 den volkswirtschaftlichen Nutzen, denn der Kreditportfoliohandel verbessere die Allokation von Risiken und Kapital.25 In immer neuen Kombinationen und Bündelungen wurden (vor allem Immobilien-) Kredite in Wertpapieren verbrieft und gehandelt.26 Am Ende wusste – ähnlich wie bei einer russischen Matrjoschka-Puppe – kaum jemand mehr, welche Risiken welcher Banken wo steck(t)en. Der Zusammenbruch des amerikanischen Hypothekenmarkts führte sodann zu einem enormen Abschreibungsbedarf auf derartige Wertpapiere. Banken vertrauten untereinander nicht mehr, da nicht absehbar war (ist), welche Risiken aus Wertverlusten derartiger Instrumente noch in den (oder außerhalb der) Bilanzen der Kreditinstitute schlummern. Im Zuge der daraus resultierenden Vertrauens- und Liquiditätskrise ist der Markt für verbriefte Kredite nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Kreditinstitute werden daher in Zukunft wieder häufiger selbst die Verwertung von gekündigten Krediten und damit verbundenen Kreditsicherheiten übernehmen müssen. Ein weiterer Grund für die wieder an Bedeutung gewinnende eigene Abwicklung ist die Vermeidung eines Reputationsverlustes, der in den letzten Jahren mit den teilweise nicht sehr sanften Inkasso- und Verwertungsmethoden professioneller Verwerter einherging.27 Das Wissen um die Höhe der erreichbaren Erlösquoten aus Kreditsicherheiten und deren mögliche Einflussfaktoren wird damit auf breiter Front für viele Kreditinstitute an Bedeutung gewinnen und nicht mehr nur für die Bewertung zu (ver)kaufender Kreditportfolios relevant sein.
24 Banken können durch den Verkauf von (notleidenden) Kreditengagements des Weiteren die Struktur ihrer Aktiva und den Einsatz ihres Kapitals optimieren. Der Verkaufserlös kann darüber hinaus neuinvestiert werden und der zukünftigen Ertragssteigerung dienen (vgl. Schäfer 2007, S. 4). Das Geschäftsmodell der Käufer von Kreditportfolios wird oftmals mit dem Satz „Der Gewinn liegt im Einkauf“ umschrieben. Sie kalkulieren damit, dass der Barwert der Zahlungsströme aus den übertragenen Krediten höher ist als der gezahlte Einkaufspreis. Längerfristig orientierte Investoren spekulieren darüber hinaus möglicherweise auf Wertsteigerungen der zugrunde liegenden Kreditsicherheiten (vgl. Schäfer 2007, S. 6). 25 Vgl. Schäfer 2007, S. 1. 26 Für eine Übersicht über Verkäufe von privaten und gewerblichen Immobilienkrediten in Deutschland zwischen 2003 und 2007 vgl. Gerth 2008, S. 127. 27 Vgl. Gerth 2008, S. 127.
6
6
1.2
Forschungsfragen
Mit der vorliegenden Untersuchung sollen die aufgezeigten „dunklen Flecken“ in der Forschung über Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten zumindest ein wenig aufgehellt und die folgenden Fragen beantwortet werden: I. Wie hoch sind die Verwertungsquoten von Immobiliensicherheiten? II. Durch welche makroökonomischen, anreiz- bzw. verhaltenswissenschaftlichen sowie kredit-, sicherheiten- und Workout-Prozessbezogenen Determinanten werden die Sicherheiten-Verwertungsquoten in welchem Ausmaß beeinflusst? Für Kreditinstitute, die auch die Verwertung von Grundpfandrechten aus gekündigten Kreditengagements selbst bearbeiten, sollen anhand der Ergebnisse erste Handlungsempfehlungen für den Workout-Prozess (WOP) der Sicherheitenverwertung entwickelt werden.28 Die Verwertungsquote wird hierzu im Sinne einer WOP-bezogenen Definition errechnet. Die Sicherheiten-Verwertungsquoten setzen sich dann zusammen aus den Einzahlungen aus der Verwertung des entsprechenden Sicherungsobjekts abzüglich der notwendigen Auszahlungen im WOP, die ins Verhältnis zum ex-ante geschätzten Wert der Kreditsicherheit gesetzt werden. Je nach Definition der Sicherheiten-Verwertungsquote kommen hierzu unterschiedliche Werteinschätzungen in Betracht. Unter Umständen werden die Zahlungsströme noch auf- bzw. abgezinst auf den Ablauf der regelmäßigen Bearbeitungsdauer. Unter Bezugnahme auf die aufstrebende Forschung zur LGD-Schätzung ist die Hoffnung, den unzweifelhaft wichtigen Einflussfaktor „Besicherung“ hinsichtlich der wichtigen Grundpfandrechte detaillierter aufzuschlüsseln und verstehen zu können. Auf diese Weise können vorläufige Ansätze für die Erweiterung und Weiterentwicklung bestehender Kreditrisikomodelle generiert werden. Sicherheiten sollen nicht ein eindimensionaler „single factor“ in Kreditrisikomodellen bleiben, sondern im Sinne eines „multi-factors“ mit ihren vielfältigen Einflussgrößen erfasst werden können.
28
Vgl. Abschnitt 7.5.
7
1.3
Abgrenzungen und Einschränkungen des Themenbereichs
Es ist zu betonen, dass das Management von Kreditsicherheiten, welches hier im Sinne der Verwertungsquoten von Grundpfandrechten verstanden wird, begrifflich getrennt werden muss von der Sicherheitspolitik eines Kreditinstituts, die Rudolph 1984 definiert als “die Politik der Festlegung der Mindestbonitätsanforderungen an Kreditnehmer“29. Im Folgenden wird dargestellt, welche Forschungsbereiche mit dem beschriebenen Thema eng verwandt, aber dennoch nicht Inhalt dieser Untersuchung sind. Vielmehr können die nachfolgenden Ausführungen als Anregungen für zukünftige wissenschaftliche Arbeiten verstanden werden.
Input:
default rates volatilities
Stage 1: What is the frequency of default? Stage 2:
exposures recovery rates What is the severity of default?
- Kreditnehmereigenschaften - Geschäftsbeziehung - Ökonomische Faktoren - Spezifika des Kreditengagements
Höhe der Besicherung ausstehender Kreditbetrag Dauer des WOPs Kosten des WOPs Kreditlaufzeit Syndizierung Rang
distribution of default losses
Abbildung 1: Die Rolle von Kreditsicherheiten bei der Ermittlung des Kreditrisikos. (Eigene Darstellung unter Bezugnahme auf Schmit 2003, S. 7, und Grunert 2005, S. 97).
Aus der immensen Fülle von Literatur im Bereich der Kreditrisikomodellierung30 ist unter der Fragestellung der Verwertung von Kreditsicherheiten – wie in Abbildung 1 dargestellt – besonders die Forschung zur Sicherheiten-RR relevant.31 Ziel dieser Arbeit ist es aber nicht, neue mathematisch-statistische Kreditrisikomodelle mit einer expliziten Berücksichtigung von Verwertungsquoten aus grundpfandrechtlichen Sicherheiten zu entwickeln oder bestehende Kreditrisikomodelle entsprechend zu modifizieren. Insbesondere soll kein theoretisches Kreditrisikomodell (weiter)entwickelt werden, in dem
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Rudolph 1984, S. 25. Für eine Übersicht über bestehende Kreditrisikomodelle vgl. exemplarisch Crouhy/Galai/Mark 2000, Gordy 2000, Giesecke 2004. 31 Für einen Überblick zur Behandlung der RR und ihres Zusammenhangs mit der PD in bestehenden Kreditrisikomodellen vgl. Altman/Resti/Sironi 2004 und aktualisiert Altman 2006. Neuere Modellierungen der RR liefern bspw. Frye 2000a/2000c/2003, Gupton/Gates/Carty 2000, Gupton/Stein 2002, Jokivuolle/Peura 2003, Pykhtin 2003, Acharya/Bharath/Srinivasan 2004, Tasche 2004, Altman et al. 2005, Bakshi/Madan/Zhang 2006, Gürtler/Heithecker 2006, Rösch/Scheule 2006, Bruche/González-Aguado 2008. Für einen Literaturüberblick zur empirischen Evidenz von RR vgl. Altman/Resti/Sironi 2004, S. 194-198, Grunert 2005, S. 92-95, und Altman 2006, S. 23-29. und die dort zitierten Studien. Einen Überblick über die existierende Literatur zur RR bietet die Internetseite http://www.defaultrisk.com/ ps_recoveries.htm [2008-11-08]. 30
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der Verwertungserlös von Sicherheiten bzw. ihre Einflussfaktoren mit der Ausfallwahrscheinlichkeit oder sonstigen Größen korrelieren. Diese Arbeit liefert keine zusätzlichen Erkenntnisse zu bestehenden Untersuchungen bezüglich der Optimierung der Anrechnung von Kreditsicherheiten (insbesondere bei Mehrkreditbeziehungen) im Rahmen von Basel II.32 Denn bei derartigen Forschungen wird aus einer Ex-ante-Perspektive vor Kreditausfall davon ausgegangen, dass der Wert der jeweils optimierten Sicherheit eindimensional und sicher ist. Außerdem wird auf die Minimierung der Eigenkapitalanforderungen während der Kreditlaufzeit abgestellt und nicht auf die Funktion von Sicherheiten nach Eintritt des Ausfallereignisses. Gerade weil das Thema Kreditsicherheiten und insbesondere deren Verwertung in der wissenschaftlichen Literatur vor allem von Juristen besetzt wird, kann und will diese Arbeit des Weiteren keinen Beitrag zur rechtswissenschaftlichen Diskussion um aktuelle, sicherheitenrelevante Spezialaspekte von Grundpfandrechten in der Kreditverwertung liefern.33 Vielmehr sollen Erkenntnisse aus der Rechtswissenschaft als Rahmenbedingungen bzw. exogene Einflussfaktoren in der hier vorliegenden Analyse von Kreditsicherheiten aus bankbetriebswirtschaftlicher Sicht genutzt werden. Mit anderen Worten: Kreditsicherheiten werden nicht im Sinne des „Rechts der Kreditsicherheiten“ behandelt, sondern als „Vehikel zur Erreichung ökonomischer Ziele“34. Basis ist dabei das deutsche Recht der Kreditsicherheiten, insbesondere das BGB, die Insolvenzordnung (InsO), die Zivilprozessordnung (ZPO) und verwandte Gesetze und Ausführungsverordnungen, wie bspw. das Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG).35
32 Vgl. hierzu exemplarisch Beckmann/Papazoglou 2004, Gürtler/Heithecker 2005a, Hailer/Loch/Stork 2002. 33 In der Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (BKR) der Jahre 2003 bis 2006 wurden beispielsweise folgende sicherheitenrelevante und teilweise grundpfandrechtsbezogene Themen und Gerichtsentscheidungen diskutiert: „Das Gesamtpfandrecht als Kreditsicherheit bei der Finanzierung eines Unternehmenskaufs“ (Schrell/Kirchner 2003), „Einflussmöglichkeiten von Banken bei der Auswahl des Insolvenzverwalters“ (Bales 2003b), „Praktische Rechtsfragen der Sicherungsgrundschuld“ (Freckmann 2005), „Die Sittenwidrigkeitsrechtsprechung des BGHs bei „Angehörigenbürgschaften“ unter besonderer Berücksichtigung der Möglichkeit der Restschuldbefreiung“ (Unger 2005), „Sicherungszweckvereinbarung als zentraler Bestandteil aller Kreditsicherheiten: Probleme aus AGB-Kontrolle und Akzessorität“ (Rösler/Fischer 2006). 34 Rudolph 1985, S. 503. 35 Besonderheiten im Unterschied zum amerikanischen Recht sind bspw., dass es in Deutschland kein öffentliches Verzeichnis für Mobiliarsicherheiten gibt, sondern nur für Grundpfandrechte. Vgl. Drukarczyk/Duttle/Rieger 1985, S. 23 (Zum Begriff der Mobiliarsicherheit vgl. S. 21). Für Details zu Grundpfandrechten sowie zum öffentlichen Verzeichnis des Grundbuchs vgl. exemplarisch Richard et al. 1999, S. 555ff., Wurm/Wolff/Ettmann 1999, S. 351ff., oder Grill/Perczynski 2008, S. 429ff.
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Es muss an dieser Stelle außerdem betont werden, dass die vorliegende Analyse nur den relativen, Cashflow-bezogenen Verwertungserfolg von Grundpfandrechten im Vergleich zur letzten Bewertung aus einer bankbetrieblichen Perspektive untersucht. Ziel ist es, Informationen für die Kredit-, Sicherheiten- und Verwertungsprozesse von Banken zu erarbeiten. Aussagen über die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt im Allgemeinen sowie über mögliche Einflussfaktoren auf die Preisbildung auf dem Immobilienmarkt in Deutschland sind hier nicht möglich und nicht zielführend.36 Neben diesen grundsätzlichen, wegweisenden thematischen Klarstellungen werden in der Arbeit des Weiteren spezifische inhaltliche Einschränkungen gemacht. Die Analyse setzt zeitlich grundsätzlich bei der Verwertung der Kreditsicherheiten durch das kooperierende Institut an, d.h. es erfolgt keine explizite Betrachtung eventueller Stundungs- oder sonstiger Nachverhandlungen bei drohender Insolvenz. Hierin eingeschlossen kann der rechtliche Prozess bis zur Erlangung der tatsächlichen Verfügungsmacht am immobilen Sicherheitenobjekt sein. Die Konzentration dieser Arbeit auf Grundpfandrechte hat den Vorteil, dass die Fälle wesentlich homogener sind als bei einer undifferenzierten Analyse über alle Sicherheitenarten. Mögliche Einflussfaktoren auf die Verwertungsquote von Immobiliensicherheiten können auf diese Weise einfacher und deutlicher herausgearbeitet werden. Gleichzeitig bedeutet dies aber eine wesentliche Einschränkung für die Interpretierbarkeit der Ergebnisse. Abgesehen davon, dass der Datensatz nicht repräsentativ für alle in Deutschland vereinbarten Grundpfandrechte ist,37 gelten Ergebnisse dieser Arbeit ausschließlich für Grundpfandrechte nach deutschem Recht. Analysen der Höhe und Einflussfaktoren sonstiger Sicherheitenarten (z.B. von Zessionen, Pfandrechten, Sicherungsübereignungen oder Bürgschaften) sowie von Grundpfandrechten in anderen Ländern sind Gegenstand zukünftiger Forschungsarbeit.
36 Eine ausführliche Untersuchung der Immobilienwirtschaft Deutschlands in Zahlen liefert das Statistische Bundesamt (Statistisches Bundesamt 2007, S. 53ff.). Besonders detaillierte Informationen liegen zu Kaufwerten für landwirtschaftliche Grundstücke und für Bauland (53ff.) sowie zu Baupreisen und Baukosten für Wohn- und Nichtwohngebäude (S. 59ff.) vor. Allerdings liegen in den amtlichen Statistiken noch keine Informationen zur Preisentwicklung von gebrauchten Wohnimmobilien vor (S. 67). 37 Für eine Diskussion der Beschränkungen des untersuchten Datensatzes vgl. Abschnitte 5.1 und 5.4.
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1.4
Praktische Relevanz der Forschungsergebnisse
Eine ausführliche Weiterentwicklung der Forschung auf dem Gebiet der SicherheitenVerwertungsquoten ist nach Auffassung der Autorin für diverse Institutionen wichtig und relevant. Im Rahmen der Basel II-Reform, die seit Beginn 2007 u.a. durch die Solvabilitätsverordnung (SolvV) in der deutschen Bankwirtschaft umgesetzt ist, müssen Kreditinstitute – sofern sie sich für die Anwendung des fortgeschrittenen IRB-Ansatzes entscheiden – eigene LGD-Schätzungen vornehmen. Sie stecken daher zurzeit viel Arbeit in den Aufbau von RR-Prognosemodellen. Grundsätzlich wurde in vielen empirischen Studien bestätigt, dass eine Besicherung tendenziell positiv auf die Höhe der RR wirkt. Um jedoch eigene, präzise Modelle für die aggregierte RR-Prognose erstellen und kalibrieren zu können, ist eine Datenerhebung der relevanten Einflussfaktoren aus der Vergangenheit der ausgefallenen Kredite erforderlich – auch hinsichtlich der Einflussfaktoren auf den relevanten Zahlungsstrom aus der Sicherheitenverwertung, der maßgeblich zur Gesamt-RR beiträgt. Zur Verringerung des hierfür erforderlichen Aufwands der historischen Datensammlung ist es sinnvoll, vorab Informationen über potenzielle, werttreibende Faktoren der Sicherheiten-Erlösquote zu besitzen. Hierzu soll die vorliegende Arbeit beitragen. Darüber hinaus betont der Baseler Ausschuss, dass Banken interne Richtlinien an das Sicherheitenmanagement, die operativen Verfahren, die Rechtssicherheit und den Risikomanagement-Prozess entwickeln müssen, wenn deren LGD-Schätzungen das Vorhandensein von Sicherheiten berücksichtigen.38 Für die Entwicklung dieser Prozesse durch die Kreditinstitute ist ein tiefgehendes Verständnis von Verwertungsquoten der Kreditsicherheiten unabdinglich. Dies gilt natürlich in gleichem Maße für die Regulatoren, die die selbst entwickelten Prozesse zum Sicherheitenmanagement von Banken beurteilen und evaluieren müssen. Daher liefert diese Arbeit sowohl für Banken als auch für Regulatoren wertvolle Einsichten. Erkenntnisse über die Wertveränderungen von Sicherheiten sind für Kreditinstitute insofern wichtig, als dass ihnen bei erheblichen Wertminderungen der gestellten Sicherheiten gemäß den AGB Nr. 13 Abs. 2 die Möglichkeit zusteht, eine Verstärkung der Sicherheiten zu verlangen. Außerdem steht den Instituten in diesem Zusammenhang 38
Vgl. Basel Committee on Banking Supervision 2005a, Par. 468-473.
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i.d.R. ein außerordentliches Kündigungsrecht zu.39 Um diese Handlungsalternativen, die im ökonomischen Sinne wertvolle Realoptionen darstellen, richtig bewerten und in die Kreditgeschäftskalkulation einbeziehen zu können, ist das Verständnis werttreibender Faktoren von Sicherheiten erforderlich.40 Die Kenntnis der eigenen Verwertungsquoten von Sicherheiten (und damit verbunden des Kreditengagements insgesamt) ist als Entscheidungsgrundlage für einen eventuellen Forderungsverkauf an spezialisierte Verwertungsbanken oder -unternehmen wichtig.41 Wichtige Basis für die Prognose zu erwartender Rückflüsse aus gekündigten Krediten ist die aktuelle Bewertung von Sicherheiten. Da diese in Abhängigkeit der zu untersuchenden Einflussfaktoren teilweise erheblichen Wertschwankungen unterliegt, ist ein systematischer Vergleich der bei Kreditausfall vorliegenden Bewertung und der tatsächlichen Realisierung von Rückflüssen bei historischen Sicherheitenverwertungen erforderlich. Auf Basis dieser empirisch ermittelten Rückflussquoten können in Zukunft Entscheidungen über das optimale Management der fälligen Sicherheiten noch genauer und schneller getroffen werden. Insbesondere lassen sich aus der Untersuchung der vorliegenden Arbeit u.U. Gestaltungsempfehlungen dahingehend ableiten, auf welche Faktoren bei der Beurteilung der Verwertbarkeit vor und im Verwertungsprozess besonders zu achten ist. Hinsichtlich bestimmter Charakteristika der beliehenen Immobilie oder anderer bereits bei der Kreditvergabeentscheidung bekannter Merkmale können unter Umständen auch erste Erkenntnisse für die bestmögliche Besicherungspolitik abgeleitet werden, die im Rahmen zukünftiger Forschung ausführlich zu vertiefen sein werden. Des Weiteren ergeben sich neue Ansätze für die theoretische Forschung. Viele Modelle zur Rolle von Kreditsicherheiten in Finanzverträgen basieren bisher auf der Annahme, 39
Siehe AGB der Banken Nr. 19 III. Die Berücksichtigung von Kündigungsrechten im Kreditgeschäft, d.h. bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers und bei erheblicher Wertminderung der gestellten Sicherheiten, als wertvolle Realoptionen ist in der wissenschaftlichen Literatur bisher kaum beachtet worden, so dass hier noch erheblicher Forschungsbedarf besteht. 41 Diese werden teilweise auch „Bad banks“ genannt und bieten u.a. den kompletten Forderungsverkauf von Non-Performing-Loan-Portfolien an. Dessen juristische Einwandfreiheit war aufgrund der Vorschriften zum Bankgeheimnis und des Datenschutzes lange Zeit nicht unumstritten (vgl. exemplarisch Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer 2005, Glos 2006, Windhöfel 2006 und Aldenhoff/Bremkamp 2007). Mit Urteil vom 27.02.2007 hat der Bundesgerichtshof jedoch bestätigt, dass eine Abtretung grundsätzlich möglich ist (vgl. Köchling 2008, S. 106). Regelmäßig wird von spezialisierten Verwertungsbanken und -unternehmen auch ein Outsourcing der Non-Performing-Loan-Bearbeitung nach den einschlägigen aufsichtsrechtlichen Bedingungen des §25a II Kreditwesengesetz (KWG) und den darauf aufbauenden Regelungen angeboten. Bei dieser Variante verbleibt die Forderung inkl. des Risikos in der kreditgebenden Bank, während das Inkassounternehmen bzw. die “Bad Bank“ gegen absolute oder relative Bearbeitungsgebühren die Service- und Dienstleistungsfunktion übernimmt. 40
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dass im Insolvenzfall ein bestimmter, wertmäßig vorab definierter Betrag dem bevorrechtigten Kreditgeber zufließt. Diese Annahme gilt es in Zukunft zu variieren bzw. neu zu modellieren. 1.5
Aufbau der Untersuchung
Zur Beantwortung der im Abschnitt 1.2 genannten Fragestellungen wird ein achtstufiger Aufbau der Untersuchung gewählt. Im Abschnitt 2 werden die theoretischen Grundlagen für die Arbeit gelegt. Hierzu wird im Abschnitt 2.1 zunächst herausgearbeitet, welche Bedeutung Kreditsicherheiten vor der Kündigung eines Kredites zukommt. Abschnitt 2.2 untersucht die Bedeutung von Kreditsicherheiten als Instrument zur Verringerung des Kreditausfalls nach einer Kreditkündigung, bevor Abschnitt 2.3 die existierenden Untersuchungen zu Sicherheiten-Verwertungsquoten im engeren Sinne vorgestellt. Da es in der bisherigen wissenschaftlichen Literatur keine Arbeiten mit Fokussierung auf Grundpfandrechte als spezielle Kreditsicherheiten gibt, liegt die Betrachtungsebene dieses Kapitels auf Kreditsicherheiten im Allgemeinen. Kapitel 3 legt die begrifflichen Grundlagen für die empirische Analyse von Grundpfandrechten im Speziellen, indem die für die Thematik bedeutsamen Termini eingeführt und spezifiziert werden. Hierbei geht es um die bankbetriebswirtschaftliche Relevanz von Grundpfandrechten vor und nach der Kreditkündigung (Abschnitte 3.1 und 3.2). Die einzelnen Bestandteile der Sicherheiten-Verwertungsquote von Grundpfandrechten stellt Abschnitt 3.3 detailliert dar. Kapitel 4 dient der theoretischen und intuitiven Begründung von Hypothesen über die Einflussfaktoren auf die grundpfandrechtliche Sicherheiten-Verwertungsquote. Dies erfolgt zunächst für die fünf Strukturebenen potenzieller Einflussfaktoren, die zwischen Basisdeterminanten (Abschnitt 4.1), kreditnehmerbezogenen (Abschnitt 4.2), kreditengagementbezogenen (Abschnitt 4.3), sicherheitenbezogenen (Abschnitte 4.4) und Workout-Prozess-bezogenen (Abschnitt 4.5) Determinanten differenzieren. Abschnitt 4.6 fasst die vermutete Wirkung dieser Faktoren zusammen, bevor die Abschnitte 4.7 und 4.8 sich abschließende mit den möglichen Einflüssen von kontrollierenden Variablen für die Variabilität der Sicherheiten-Verwertungsquote beschäftigen. Kapitel 5 widmet sich dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Datensatz sowie empirischen Vorüberlegungen zur Untersuchung der entsprechenden grundpfandrechtlichen
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Sicherheiten-Verwertungsquote. Im Detail geht es um die Diskussion der konkreten Datenauswahl (Abschnitt 5.1), die Beschreibung der Datenerhebung (Abschnitt 5.2) sowie die Vorstellung der notwendigen Datenkorrekturen (Abschnitt 5.3) und fehlenden Informationen (Abschnitt 5.4). Die potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen werden in den Abschnitten 5.5 und 5.6 ausführlich beschrieben, bevor Abschnitt 5.7 ausgewählte Zusammenhänge zwischen den Daten analysiert. Kapitel 6 widmet sich der ersten Forschungsfrage zur Höhe der Verwertungsquote von grundpfandrechtlichen Kreditsicherheiten. Hierzu stellt Abschnitt 6.1 zunächst verschiedene Definitionen einer Sicherheiten-Verwertungsquote vor. Im Abschnitt 6.2 werden diese Definitionen intensiv beschrieben. Abschnitt 6.3 begründet den Fokus auf eine spezielle Definition der Sicherheiten-Verwertungsquoten für die späteren multivariaten Analysen. Abschließend werden im Abschnitt 6.4 die Ergebnisse zur ersten Forschungsfrage zusammengefasst und mit vergleichbaren, bisherigen Studien verglichen. Im Kapitel 7, das sich der Beantwortung der Forschungsfrage II widmet, wird zunächst ein kurzer Überblick über die uni- und multivariaten statistischen Verfahren zur Untersuchung der Fragestellung gegeben (Abschnitt 7.1). Mittels eindimensionaler Analysen (Korrelationsanalysen und Mittelwertvergleichen) wird dann die isolierte Bedeutung einzelner Variablen für die Höhe der Sicherheiten-Verwertungsquote untersucht. Die Analysen werden erweitert durch eine vertiefte, mehrdimensionale Analyse mit Hilfe multivariater Regressionsverfahren (Abschnitt 7.2). Die Abschnitte 7.3 und 7.4 behandeln ausgewählte Spezialfragestellungen zu immobilen Sicherheiten-Verwertungsquoten, bevor Abschnitt 7.5 mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und dem Versuch einer Ableitung von Handlungsempfehlungen endet. Die Untersuchung schließt mit einer Schlussbetrachtung in Kapitel 8. Dort erfolgen die zusammenfassende Beantwortung der im Abschnitt 1.1 gestellten Forschungsfragen und die Darstellung der wesentlichen Ergebnisse der theoretischen und empirischen Analyse.
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Literaturübersicht
Bevor die bankbetriebswirtschaftlichen Eigenschaften von Grundpfandrechten als einer spezifischen Form von Kreditsicherheiten dargestellt werden (Kapitel 3) und deren Verwertungsquoten bei Ausfall des Kreditnehmers in ihrer Höhe und hinsichtlich der möglichen Einflussfaktoren (Kapitel 4 bis 7) untersucht werden, sind zunächst grundlegende Funktionen von Kreditsicherheiten im Allgemeinen herauszuarbeiten. Es ist wichtig zu verstehen, warum es Kreditsicherheiten gibt und welche Aufgaben Kreditsicherheiten in den unterschiedlichen Stadien einer Kreditbeziehung zugeschrieben werden. Abschnitt 2.1 untersucht die Funktionen vor einer Kreditkündigung.42 Abschnitt 2.2 stellt dar, welche theoretischen und empirischen Forschungsergebnisse zur Funktion nach der Kreditkündigung existieren. Nach der Untersuchung der Bedeutung von Kreditsicherheiten für die allgemeine Verwertungsquote von Krediten wird anschließende auf die spezielle Frage eingegangen, wie hoch Verwertungsquoten von Sicherheiten sind und von welchen Faktoren sie abhängen (Abschnitt 2.3). 2.1
Bedeutung der Besicherung von Krediten vor der Kreditkündigung
Unter der Annahme symmetrischer Informationsverteilung gibt es keinen theoretischen Grund für die Existenz von Kreditsicherheiten, da sie im Allgemeinen keine besondere Funktion haben. Rudolph 1984 bezeichnet Kreditsicherheiten daher als irrelevant.43 Die Existenz von Kreditsicherheiten im engeren Sinne44 wird aus theoretischbankbetriebswirtschaftlicher Sicht i.d.R. unter der Annahme asymmetrischer Informationsverteilung herausgearbeitet.45 Unter dieser Annahme erfüllen Kreditsicherheiten – 42 Vor der Kreditkündigung kann noch zwischen den Zeiträumen vor und nach der Kreditvergabeentscheidung unterschieden werden. Diese Unterscheidung wird im Folgenden durch die Begriffe ex-ante und interim deutlich gemacht. 43 Vgl. Pfingsten 2000, S. 694f., der die Irrelevanz von Kreditsicherheiten bei symmetrischer Information anhand eines Beispiels erläutert. 44 Unter Kreditsicherheiten im engeren Sinne werden in der wissenschaftlichen Literatur unmittelbar auf Zahlungsmittel gerichtete Ansprüche verstanden. Hierunter fallen einerseits Personensicherheiten (bspw. Bürgschaften und Garantien), andererseits Sach-(Real-)Sicherheiten (bspw. Pfandrechte, Sicherungsübereignungen, Grundschulden). Kreditsicherheiten im weiteren Sinne umfassen zusätzlich alle mittelbar auf Zahlungsmittel gerichtete Ansprüche (bspw. zum Abbau des Informationsdefizits des Gläubigers) durch Handlungsbeschränkungen des Kreditnehmers und Einwirkungsrechte des Gläubigers. Vgl. Rudolph 1984, S. 19ff., Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 575. Die letzten beiden werden als Covenants bezeichnet. Hierzu vgl. ausführlicher exemplarisch Drukarczyk 1993, S. 328-334, Hartmann-Wendels/ Pfingsten/Weber 2007, S. 174-177. 45 Für einen Überblick über die umfangreiche Literatur vgl. Kürsten 1995 und 1997, Pfingsten 2000, S. 695ff., und Bigus/Langer/Schiereck 2005. Im Unterschied zu theoretischen Ansätzen, die die Existenz von Kreditsicherheiten aus bankbetriebswirtschaftlicher Sicht durch die Risikoreduzierung unter asymmetrischer Information für den Gläubiger ableiten – auf deren Sichtweise im Folgenden fokussiert wird –,
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ohne Bezug zur bei Kreditausfall bestehenden, alternativen Möglichkeit zur Befriedigung aus der Sicherheitenverwertung – verschiedene Funktionen. So x
dienen sie vor Abschluss eines Kreditvertrags (ex-ante) als Separationsmechanismus, da gute Kreditnehmer durch die Offerierung von Sicherheiten ihre Qualität als Kreditnehmer signalisieren können (Sortierungs- bzw. Selektionsfunktion).46
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disziplinieren Kreditsicherheiten47 während der Kreditlaufzeit (interim) den Kreditnehmer, sich vertragsgemäß zu verhalten, da eine Insolvenz den Verlust der Sicherheiten zur Folge hätte (Anreizsteuerungsfunktion).48
Die bisherige wirtschaftswissenschaftliche Literatur ist sowohl im theoretischen, als auch im empirischen Bereich zu diesen Funktionen sehr vielfältig und spezialisiert.49 Die Ansätze stützen sich dabei insbesondere auf die Erkenntnisse der Neuen Institutionenökonomik.50
erklärt Scott 1977 in einem anspruchsvollen mathematischen Modell Kreditsicherheiten erstmals dadurch, dass die besicherte Verschuldung den gesamten Firmenwert steigern kann – sogar ohne Unternehmenssteuern. Dies liegt daran, dass die Unternehmensinhaber bei einer besicherten Kreditaufnahme nicht nur ein Versprechen auf die zukünftige Zahlung von Zinsen und Tilgung geben, sondern auch das Recht auf die bevorrechtigte Befriedigung dieser Zahlungen im Insolvenzfall vergeben. Dieses wertvolle Recht können die Eigentümer aufgrund der rechtlichen Bestimmungen des Unternehmensrechts nicht ausüben, so dass es für sie optimal ist, dieses Recht zu verkaufen (Scott 1977, S. 13). 46 Vgl. exemplarisch Jaffee/Russell 1976, Chan/Kanatas 1985. 47 Genauer gesagt interne Sicherheiten, die sich direkt auf das Vermögen des Kreditnehmers beziehen. Für externe Sicherheiten, bei denen Ansprüche gegen dritte Personen oder fremdes Vermögen bei Kreditausfall haften, gilt diese Argumentation nur indirekt; für eine Abgrenzung zwischen internen und externen Sicherheiten vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2005, S.576. 48 Vgl. exemplarisch Chan/Thakor 1987, Boot/Thakor/Udell 1991. 49 Übersichten bieten u.a. Bigus/Langer/Schiereck 2005 zur theoretischen Sicherheitenforschung und Bigus/Langer/Schiereck 2004 zu empirischen Erkenntnissen. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht beschreibt Adams 1980, S. 104ff., den Aufgabenbereich von Sicherungsrechten bei fehlendem Leistungswillen des Schuldners, d.h. vor der Kreditkündigung. 50 Für eine übersichtliche Darstellung der Neuen Institutionenökonomik vgl. Göbel 2002 oder Richter/Furubotn 2003.
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2.1.1 Theorieorientierte Untersuchungen51 2.1.1.1 Sortierungsfunktion Vor Vertragsabschluss können Kreditnachfrager ihre Kreditwürdigkeit bzw. die Erfolgsaussichten (bspw. in Form zukünftiger Zahlungsüberschüsse) des zu finanzierenden Projekts i.d.R. besser einschätzen und beurteilen als mögliche Kreditgeber. In vielen theoretischen Modellen wird vereinfachend sogar angenommen, dass potenzielle Gläubiger überhaupt nicht – oder nur in diskreter Form52 - zwischen unterschiedlichen Kreditwürdigkeiten oder Projektausgängen unterscheiden können.53 Die meisten Modelle54 zur ex-ante Selektionsfunktion von Kreditsicherheiten kommen zu dem Ergebnis, dass gute Kreditnachfrager Sicherheiten anbieten, da ein Kreditausfall und damit die Verwertung von Sicherheiten bei ihnen unwahrscheinlich ist. Schlechte Kreditnehmer müssen dagegen mit höherer Wahrscheinlichkeit mit einer Inanspruchnahme ihrer Sicherheiten rechnen und werden daher ungesicherte und dafür höher verzinste Verträge bevorzugen. Zur Verdeutlichung dieser Argumentation zur ex-ante Selektionsfunktion von Kreditsicherheiten sei hier kurz und exemplarisch das Papier von Jaffee/Russell 197655 vorgestellt. Die Auswahl dieses Modells resultiert aus folgenden Gründen: x
Der Aufsatz von Jaffee/Russell 1976 war eines der ersten modelltheoretischen Papiere, die die informationsökonomischen Probleme von adverser Selektion und Moral Hazard auf die Kreditvergabe übertrugen, und schuf so einen Ankerpunkt für die nachfolgende Forschung.
51 Einen knappen, zusammenfassenden Überblick hierzu bietet in anderer Form Coco 2002. Dieser untersucht die bestehenden theoretischen Erklärungen für die Existenz von Sicherheiten auf Kreditmärkten und verknüpft diese mit der empirischen Evidenz hierfür. Sicherheiten dienen demnach als „Screening“ oder „Incentive“-Mittel auf Märkten, die durch verschiedene Formen von asymmetrischen und verzerrten Informationen gekennzeichnet sind. Die empirische Evidenz ist dabei inkompatibel mit der Signalisierungsfunktion von Sicherheiten bezüglich der Projektqualität, geht aber konform mit theoretischen Überlegungen zur Anreizfunktion und zur Projektbewertung. 52 In diesem Fall kann der potenzielle Gläubiger zwischen verschiedenen Klassen von Kreditwürdigkeiten unterscheiden. 53 Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 579. 54 Für einen Literaturüberblick vgl. Abbildung 2 und Abbildung 3 oder Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 579ff. 55 Eine ausführliche Erläuterung des Modells von Jaffee/Russell 1976 erfolgt bei Terberger 1987, S. 130ff. Eine theoretische Weiterentwicklung mit expliziter Integration von Kreditsicherheiten ist Rudolph 1982.
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Das Modell von Jaffee/Russell 1976 ist relativ einfach strukturiert und erlaubt so ein grundlegendes Verständnis für das zugrunde liegende informationsökonomische Problem.
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Im Unterschied zu den meisten anderen kredittheoretischen Modellen erfolgt die Kreditvergabe hier nicht zur Finanzierung eines Investitionsprojekts mit unsicherem Ertrag, aus dem der – annahmegemäß meist vermögenslose – Kreditnehmer die Zins- und Tilgungsleistungen generiert. Vielmehr geht es um die Kreditaufnahme unter Sicherheit an unterschiedliche Arten von Kreditnehmern zur Vorziehung von Konsummöglichkeiten von t1 nach t0. Somit bildet das Modell deutlicher als andere die Kreditbeziehungen von Privatpersonen ab, die im später untersuchten Datensatz ein erhebliches Gewicht haben.
Grundsätzlich unterscheiden Jaffee/Russell 1976 zwischen ehrlichen und unehrlichen Kreditnehmern, die die kreditvergebende Bank nicht identifizieren kann. Ehrliche Kreditnehmer vereinbaren ausschließlich Kreditverträge, von denen sie glauben, dass sie diese erfüllen können. Diese Verträge erfüllen sie annahmegemäß vollständig. Unehrliche Kreditnehmer entscheiden sich dagegen für einen Kreditausfall, wenn ihre individuellen Kosten des Kreditausfalls ausreichend gering sind, d. h. unterhalb ihrer Ausfallkosten liegen.56 Die Kreditnehmer besitzen ein sicheres Einkommen in der aktuellen und der folgenden Periode. Durch eine Kreditaufnahme hat der Kreditnehmer die Möglichkeit, sein Konsumeinkommen in der aktuellen Periode zu erhöhen. Sein Konsumeinkommen in der Folgeperiode, wenn er den Kredit endfällig zurückzahlen muss, verringert sich entsprechend um den vereinbarten Rückzahlungsbetrag. Im Falle eines Kreditausfalls in der Folgeperiode entstehen dem Kreditnehmer konstante Kosten, die ebenso seinen Konsum verringern. Diese Ausfallkosten fallen nicht dem Kreditgeber zu, sondern sind wertvernichtend und insgesamt wohlfahrtsmindernd, bspw. in Form von Rufschädigung oder Gefängnisstrafen.57 Die bisherigen Erläuterungen führen zu dem Ergebnis, dass alle unehrlichen Kreditnehmer, die sich – von der Bank nicht beobachtbar – eindeutig von den ehrlichen Kreditnehmern unterscheiden, aufgrund der konstanten Ausfallkosten bei den gleichen Kreditverträgen in die strategische Insolvenz gehen.
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Vgl. Jaffee/Russell 1976, S. 651f. Vgl. Jaffee/Russell 1976, S. 652ff., oder Terberger 1987, S. 130ff.
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Zur realitätsnäheren Modellierung weichen Jaffee/Russell 1976 diese Annahme nun in der Hinsicht auf, dass alle Kreditnehmer potenziell ausfallen können. Ob es zu einem Kreditausfall kommt, hängt dann wiederum von den Ausfallkosten ab, die nun konstant, aber kreditnehmerindividuell und vom Kreditgeber nicht beobachtbar sind. Alle Kreditnehmer, deren individuellen Ausfallkosten größer als die Rückzahlungsverpflichtung sind, werden also den Kredit zurückbezahlen (da sie annahmegemäß jederzeit zahlungsfähig sind). Eine Zahlungseinstellung ist insbesondere bei großen Krediten von Vorteil, auf deren Vergabe daher unter der angenommenen Qualitätsunsicherheit verzichtet wird.58 Interessant ist im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit die Bedeutung von Kreditsicherheiten. Ob der Kreditnehmer die „ehrliche“ Handlungsalternative wählt, hängt maßgeblich von seinem individuellen Z-Wert, d.h. seinen persönlichen Kosten eines Kreditausfalls, ab. Diese individuellen Kosten können durch die Stellung von Kreditsicherheiten erhöht werden. Bei Kreditausfall verlöre der Kreditnehmer auf diese Weise bei Sachsicherheiten neben den normalen Kosten des Ausfalls (bspw. durch Reputationsverlust, Gefängnisstrafen) zusätzlich einen Teil seines sonstigen Vermögens oder würde bei Personensicherheiten, wie bspw. bei einer Bürgschaft, eine neue Verpflichtung gegenüber dem Bürgen aufnehmen. Durch die Sicherheitenstellung signalisieren die Kreditnehmer ihren gesteigerten Rückzahlungswillen, ihre Bonität. So werden die Z-Werte individuell erhöht und das Kreditangebot kann zur Annäherung an das paretooptimale Gleichgewicht erweitert werden. Auf Basis des zweiperiodigen Ansatzes von Jaffee/Russell 1976 zeigt Rudolph 1982 eine andere Wirkung einer Kreditbesicherung. Sicherheiten existieren hierbei in Form der Abtretung des Einkommens der folgenden Periode, so dass sich für den Kreditnehmer die Kosten der Zahlungseinstellung entsprechend erhöhen.59 Insgesamt (sowohl bei sicheren als auch bei unsicheren Erwartungen) „erfolgt durch die Sicherheitenbestellung eine Ausdehnung des risikoprämienfreien Bereichs der Kreditangebotskurve und damit eine Erweiterung des Kreditangebots, d.h. eine Abschwächung der Rationierung.“60 Allerdings räumt Rudolph 1982 ein, dass sein Ansatz wesentlichen Beschränkungen unterliegt, die eine Ableitung konkreter Vorschläge für die Praxis nur bedingt möglich
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Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 579. Vgl. Rudolph 1982, S. 336. Für Erläuterungen vgl. auch Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 580. Rudolph 1982, S. 336.
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macht.61 So werden bspw. die Transaktionskosten der Besicherung und die Möglichkeit einer wiederholten Verschuldung vernachlässigt. Im Rahmen eines umfassenderen Modells könnte darüber hinaus überprüft werden, „welche Vermögensgegenstände als Kreditsicherheiten besonders geeignet erscheinen, ein finanzwirtschaftliches Wohlverhalten abzusichern, ohne dass wesentliche Inflexibilitätskosten in Kauf genommen werden müssen.“62 2.1.1.2 Anreizsteuerungsfunktion Nach Vertragsabschluss bestehen Informationsdefizite des Kreditgebers, die der Kreditnehmer in vielfältiger Weise opportunistisch63 zu seinen Gunsten ausnutzen kann. Bigus/Langer/Schiereck 2005 klassifizieren aus der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur die folgenden fünf Arten von Fehlanreizen: x
„Strategische Auslösung der Insolvenz bei unbeobachtbarem Projektüberschuss,
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Risikoanreizproblem: das Risiko des Investitionsprogramms wird erhöht,
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Arbeitseinsatzproblem: unzureichender Arbeitseinsatz des Schuldners,
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Unterinvestitionsproblem: lukrative Projekte werden nicht durchgeführt,
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Liquidation der Unternehmensaktiva und Ausschüttung des Erlöses an die Eigner.“64
Die Androhung der Verwertung von Kreditsicherheiten kann in diesen Kategorien disziplinierend wirken, wenn der Kreditnehmer durch die von ihm zur Verfügung gestellten internen Sicherheiten für solche Kreditausfälle haftet, die auf sein eigenes opportunistisches Verhalten zurückzuführen sind. Dies kann durch monetäre Konsequenzen im
61
Vgl. Rudolph 1982, S. 337f. Rudolph 1982, S. 338. Das Menschenbild der Ökonomik im Allgemeinen und der Neuen Institutionenökonomik im Speziellen ist grundlegend durch die Eigenschaft des „Opportunismus’“ charakterisiert. Göbel 2002, S. 27, bezeichnet mit diesem Begriff „eine allgemeine Neigung des Menschen zu List und Betrug“. Picot/Dietl/Franck 2008, S. 32, definieren „Opportunismus“ unter Bezugnahme auf Williamson 1975 als „Handlungsweisen, bei denen ein Akteur zur Durchsetzung eigener Interessen die mögliche Schädigung anderer Akteure bewusst in Kauf nimmt“. Richter/Furubotn 2003, S. 587, schreiben im Glossar zu ihrem Standardwerk zur Neuen Institutionenökonomik – ebenfalls unter Bezugnahme auf Williamson „Als Opportunismus oder auch opportunistisches Verhalten wird von den Vertretern der Neuen Institutionenökonomik die Verfolgung des Eigeninteresses unter Zuhilfenahme von List verstanden“. Als Beispiele nennen sie „offener Wortbruch, verzerrte Weitergabe von Informationen“ und unterscheiden ausführlich zwischen Opportunismus vor und nach Vertragsabschluss (S. 587). 64 Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 586f. Sie liefern in den Fußnoten 33-37 Beispiele für entsprechende Aufsätze zu den einzelnen Klassen. Dazu vgl. auch Abbildung 2. 62 63
20
20
Sinne eines Eigentumsverlusts an Vermögenswerten oder durch die Beschränkung des (unternehmerischen) Handlungsspielraums aufgrund der drohenden Abgabe der tatsächlichen Verfügungsgewalt an einem Recht oder Objekt65 erfolgen. Bei externen Sicherheiten, die durch Dritte bereitgestellt werden (bspw. Bürgschaften), besteht der Fehlanreiz grundsätzlich weiter, es sei denn, mit der Verwertung der Sicherheiten sind in dieser Konstellation ausreichende Kosten (bspw. Reputationsverluste, neue Verbindlichkeiten gegenüber dem Bürgen) verbunden. Hieraus wird allgemein gefolgert, dass es unter dem Gesichtspunkt der Anreizsteuerung aus Sicht der Banken sinnvoll ist, mehr Sicherheiten von den schlechten Kreditnehmern zu fordern, während die guten Kreditnehmer nicht unbedingt durch (zusätzliche) Sicherheiten diszipliniert werden müssen.66 Zur Verdeutlichung dieser Argumentation seien an dieser Stelle die wesentlichen Argumentationen des Papiers von Chan/Thakor 1987 vorgestellt. Die Auswahl dieses Papiers wird aus folgenden Gründen vorgenommen: x
Die Annahmen des Modells sind einfach strukturiert und somit gut zu verstehen. Es wird angenommen, dass es keine Unterschiede in der Bewertung der Sicherheit durch die Bank oder die Kreditnehmer gibt und keine sicherheitenspezifischen Transaktionskosten existieren. Des Weiteren sind die Sicherheitenwerte in diesem Modell nicht stochastisch und dem Kreditnehmer stehen unbegrenzte Ressourcen zur Sicherheitenstellung zur Verfügung. Um außerdem auf die Anreizsteuerungsfunktion von Sicherheiten fokussieren zu können und nicht die offensichtliche Eigenschaft der Risikoteilung zwischen Bank und Kreditnehmer in die Analyse mit einzubeziehen, sind die Kreditnehmer hinsichtlich des Projekt-
65 In diesem Fall wirken interne Sicherheiten faktisch ähnlich wie vertragliche Handlungsbeschränkungen (Covenants). Siehe hierzu ausführlicher Pfingsten 2000, S. 700ff., oder Hartmann-Wendels/ Pfingsten/Weber 2007, S. 174f. 66 Im Unterschied hierzu diskutieren Manove/Padilla/Pagano 2001 verschiedene Gründe, warum das uneingeschränkte Vertrauen in Sicherheiten möglicherweise einen negativen Einfluss auf die Kreditmarkteffizienz hat. Insbesondere verringern Kreditsicherheiten den Anreiz für Banken zu einer sorgfältigen Projektevaluierung, da Sicherheiten und die Projektevaluierung aus Bankperspektive Substitute sind. Vom sozialen Gesichtspunkt sind sie jedoch nicht äquivalent. Da die Projektevaluierung ein komparativer Wettbewerbsvorteil von Banken ist, wäre eine Durchführung durch die Kreditinstitute wohlfahrtsfördernd. Die Sicherheitenbereitstellung ist dies nicht, da sie lediglich einen Transfer von Wohlfahrt vom Kreditnehmer auf die Bank im Insolvenzfall ermöglicht.
21
ausgangs annahmegemäß risikoneutral. Lediglich ihr Reservationsnutzen kann kreditnehmerindividuell schwanken.67 x
Nach der oben genannten Klassifizierung von Bigus/Langer/Schiereck 2005 gehört das Modell von Chan/Thakor 1987 zum Bereich der Arbeitseinsatzprobleme. Demnach unterliegt ein (stark) verschuldeter Kreditnehmer dem Fehlanreiz, einen zu geringen Arbeitseinsatz zu leisten, da er alleine die zusätzlichen Mühen der Arbeit trägt, die positiven Konsequenzen im Sinne eines verringerten Projektrisikos oder eines erhöhten Projektausgangs aber mit dem Kreditgeber teilen muss.68 Dies erscheint im Rahmen dieser Arbeit, deren Schwerpunkt auf ausgefallenen Krediten an private und wirtschaftlich selbstständige Privatpersonen sowie kleine Unternehmen liegt, angemessener als eine Betrachtung der anderen Modellklassen.
Im Grundmodell von Chan/Thakor 1987 existieren auf dem Kreditmarkt viele risikoneutrale Banken und viele risikoneutrale Kreditnehmer (KN). Zur Finanzierung eines unteilbaren Projekts, das im Erwartungswert zu einer Auszahlung über der Marktverzinsung führt, benötigt der Kreditnehmer zu Periodenbeginn einen Kredit. Für diesen stellt der Kreditnehmer u.U. Sicherheiten zur Verfügung. Der Projektrückfluss ist eine Zufallsvariable, die von einer exogenen Marktentwicklung und einer vom Kreditnehmer beeinflussbaren Variable (interpretierbar als Arbeitsanstrengung oder Kreditnehmerbonität) abhängig ist. Annahmegemäß erhöhen eine größere Arbeitsanstrengung oder eine bessere Kreditnehmerbonität (oder eine Kombination aus beidem) die Erlösverteilung, verringern aber den Erwartungsnutzen des Kreditnehmers. Die Nutzenfunktion des Kreditnehmers wird positiv beeinflusst durch den Projekterfolg/-ausgang und negativ beeinflusst durch einen möglichen Verlust der gestellten Sicherheiten sowie durch die Arbeitsintensität. Der Nutzen der Bank bestimmt sich rein monetär aus den erwarteten Zahlungseingängen in Höhe des vereinbarten Rückzahlungsbetrags oder der Kreditsicherheiten (falls das Projekt misslingt).69 Chan/Thakor 1987 definieren auf dieser Basis zwei Marktstrukturen (kompetitiv und monopolistisch). Im kompetitiven Fall stehen die Banken im Wettbewerb um die Vergabe von Krediten. Das Marktgleichgewicht wird durch die Maximierung des Erwar67 68 69
22
Vgl. Chan/Thakor 1987, S. 347. Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 593. Vgl. Chan/Thakor 1987, S. 348.
22
tungsnutzens des Kreditnehmers unter der Nebenbedingung des Nullgewinns der Bank abgeleitet. Im monopolistischen Fall bestimmt die Bank den Preis bzw. Kreditzinssatz und maximiert ihren Erwartungsnutzen unter der Teilnahmebedingung, dass der Kreditnehmer genau seinen Reservationsnutzen erzielt.70 Chan/Thakor 1987 ermitteln unter verschiedenen Annahmen bezüglich der Informationsverteilung ex-ante und des Risikos unbeobachtbaren Verhaltens ex-post die entsprechenden Marktgleichgewichte unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der Sicherheiten.71 Sie kommen zu dem Ergebnis, dass es im kompetitiven Fall – solange Sicherheiten unbegrenzt und kostenfrei zur Verfügung stehen – zu keiner Kreditrationierung kommt und voll besicherte Verträge sinnvoll sind, da auf diese Weise das Problem mangelnden Arbeitseinsatzes vollständig und kostenlos beseitigt werden kann.72 Im monopolistischen Fall kann es dagegen zu Marktunvollkommenheiten und Kreditrationierung kommen. Gute Kreditnehmer können dann trotz unbegrenzter Sicherheiten keinen Kredit zur Projektfinanzierung aufnehmen.73 2.1.1.3 Kombination der Sortierungs- und Anreizsteuerungsfunktion Bei der Kombination der Selektions- bzw. Sortierungsfunktion und der Anreizsteuerungsfunktion von Kreditsicherheiten im Modell74 treten Interaktionseffekte auf, die die Ableitung von eindeutigen Aussagen und Handlungsempfehlungen unmöglich machen. Vielmehr wird das optimale Besicherungsvolumen dann stark von den Modellparametern getrieben. Insbesondere ist zu beachten, dass die Klassifikation in gute und schlechte Kreditnehmer ex-ante und ex-post nicht identisch sein muss. So kann jemand, der seine Kreditwürdigkeit glaubhaft und wahrheitsgemäß vor Vertragsabschluss darstellt, nach Vertragsabschluss aus verschiedensten Gründen (bspw. aufgrund der Verschlechterung seiner Vermögenslage oder plötzlicher Arbeitslosigkeit) bei Unsicherheit seinen Handlungsspielraum trotzdem opportunistisch ausnutzen.
70
Vgl. Chan/Thakor 1987, S. 349. Vgl. Chan/Thakor 1987, S. 350ff. Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 593. 73 Vgl. Chan/Thakor 1987, S. 360f. 74 Vgl. exemplarisch Boot/Thakor/Udell 1991, Chan/Thakor 1997, Stiglitz/Weiss 1986. 71 72
23
Die folgende Abbildung 2 und Abbildung 3 geben einen zusammenfassenden Überblick über die theoretischen Modelle der Kreditbesicherungsforschung für externe und interne Kreditsicherheiten. Verhaltensunsicherheit
Qualitätsunsicherheit Qualität als persönliche Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers z.B. Jaffee/Russell 1976, Rudolph 1982 Qualität als Projektqualität Höherer erwarteter Kapitalwert bzw. Mittelwert z.B. Besanko/Thakor 1987a, 1987b, Chan/ Kanatas 1985 Geringere Varianz der Projektrückflüsse z.B. Bester 1985, 1987a, Hellwig 1988, Kürsten 1996, Schmidt-Mohr 1997
Strategische Insolvenzauslösung z.B. Barro 1976, Benjamin 1978, Bester 1994 Risikoerhöhung z.B. Bester 1987a, 1987b, Bester/Hellwig 1989, Kürsten 1997, Bigus 1999 Unzureichender Arbeitseinsatz z.B. Chan/Thakor 1987, Langer/Waller 2003
Simultane Qualitäts- und Verhaltensunsicherheit z.B. Boot/Thakor/Udell 1991, Chan/Thakor 1987, Edelberg 2004
Unterinvestitionsproblem z.B. Stulz/Johnson 1985, Kürsten 1997 Liquidation und Ausschüttung z.B. Bitz/Hemmerde/Rausch 1986, Ewert 1986, Terberger 1987
Gute Kreditnehmer offerieren Sicherheiten als Qualitätssignal
Schlechte Kreditnehmer müssen Sicherheiten als Disziplinierungsmaßnahme stellen
Sortierungsfunktion
Anreizsteuerungsfunktion
Keine eindeutigen Ergebnisse
Abbildung 2: Modelltheoretische Forschung für externe Kreditsicherheiten.
Qualitätsunsicherheit
Verhaltensunsicherheit
Argumentation grundsätzlich ähnlich wie bei monetären Konsequenzen aus externen Sicherheiten Sicherheitenwert besser einschätzbar als Kreditwürdigkeit des KN z.B. Drukarczyk 1993
Einschränkung des Handlungsspielraums des Kreditnehmers in Abhängigkeit von der Art der Sicherheit (alternativ: Vereinbarung von Covenants oder Zinsanpassungsklauseln) z.B. Bebchuk/Fried 1996, Scott 1997
verursachen außerdem Interessenkonflikte zwischen Gläubigern mit unterschiedlichen Rängen z.B. Rudolph 1982, Picker 1992, Bigus 2002, 2004 Abbildung 3: Modelltheoretische Forschung für interne Kreditsicherheiten.
24
24
2.1.1.4 Kritische Diskussion Bigus/Langer/Schiereck 2005 stellen u.a. folgende umstrittene Prämisse theoretischer Forschung zur Sortierungs- und Anreizsteuerungsfunktion heraus, die Ansatzpunkt für eine mögliche mangelhafte Erklärungskraft obiger Modelle sein könnte: „Der Verwertungserlös aus der Sicherheit ist sicher.“75 Dies richtet den Blick unmittelbar auf die dritte Funktion von Sicherheiten – die Ausfallverminderungsfunktion, die im folgenden Abschnitt 2.2 erläutert wird. Darüber hinaus ist in den zwei vorgestellten modelltheoretischen Strängen der Sicherheitentheorie die Bedeutung von Kreditsicherheiten bei Privatpersonen bzw. persönlich haftenden Personengesellschaften kaum thematisiert worden. Ob aber die Erkenntnisse aus dem Firmenkundenbereich problemlos auf Konsumentenkredite übertragbar sind, bleibt fraglich und untersuchungswürdig. Da Privatpersonen bzw. persönlich haftenden Personengesellschaften sowieso aufgrund ihrer Rechtspersönlichkeit mit ihrem gesamten Vermögen haften, ermöglicht eine Besicherung lediglich den bevorrechtigten Zugang zu Vermögenswerten vor anderen Gläubigern. Dieser bevorrechtigte Zugriff ist aus ökonomischer Sicht eine wertvolle Realoption. In der Praxis scheinen Verträge mit Personen bzw. Personengesellschaften häufiger und in einem höheren Ausmaß besichert zu sein als solche mit Kapitalgesellschaften,76 was im Abschnitt 2.1.2 dargestellt wird. Außerdem gibt die wissenschaftliche Literatur zur Sortierungs- und Anreizsteuerungsfunktion von Sicherheiten mit ihren Ergebnissen letztlich widersprüchliche Handlungsempfehlungen für die optimale Gestaltung von Kreditsicherungsvereinbarungen. Exante offerieren gute Kreditnehmer verstärkt Kreditsicherheiten, da die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme bei ihnen ohnehin gering ist. Zur Sicherstellung einer Anreizwirkung während der Kreditlaufzeit sollten Banken dagegen besonders die schlechten Kreditnehmer zu Sicherheitenvereinbarungen zwingen, da diese durch den potenziellen Sicherheitenverlust zusätzlich zur Vertragserfüllung bewegt werden müssen. Dabei sind ex-ante gute Kreditnehmer nicht immer identisch mit ex-post guten Kreditnehmern.
75 76
Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 607. Vgl. exemplarisch Machauer/Weber 1998, Lehmann/Neuberger 2001, Elsas/Krahnen 2002.
25
Die teilweise widersprechenden und unvollständigen Ergebnisse der theoretischen Forschung leiten über zur Frage, welche empirischen Ergebnisse es zur Kreditbesicherung in der Praxis gibt: In wieweit können die theoretischen Thesen durch welche praktischen Befunde unterstützt werden? Wovon hängt die vereinbarte Kreditbesicherung tatsächlich ab? Welche Funktion von Sicherheiten vor der Kreditkündigung steht dabei im Vordergrund? 2.1.2 Empirische Untersuchungen Bigus/Langer/Schiereck 2004 stellen heraus, dass die empirischen Ergebnisse der bisherigen Forschung zur Kreditbesicherung nicht die These unterstützen, dass Kreditsicherheiten dazu dienen, besser zwischen guten und schlechten Kreditnehmern zu unterscheiden. Die These, dass durch die Stellung von Sicherheiten der Anreiz zur Kreditbedienung verbessert wird, kann nur teilweise gestützt werden.77 In
der
Zusammenschau
bisheriger
empirischer
Forschung
berichten
Bi-
gus/Langer/Schiereck 2004, dass umso eher Kreditsicherheiten gestellt werden, „(a) je jünger und je kleiner das Kredit nachfragende Unternehmen ist, (b) je länger die Kreditlaufzeit und je höher der Kreditbetrag sind, (c) je geringer der Wettbewerb am Bankenmarkt und je schlechter die gesamtwirtschaftliche Lage sind.“78 Außerdem stellen die Autoren dar, dass Kreditinstitute mit Hausbankfunktion mehr Sicherheiten zu halten scheinen als andere Kreditgeber und dass besicherte Kredite tendenziell höhere Zinsen aufweisen.79 Keine einheitlichen empirischen Ergebnisse gibt es hinsichtlich der Bedeutung des Kreditrisikos. Dieser Zusammenhang würde auf die Geltung oder Ablehnung der theoretischen These zur Sortierungs- bzw. Anreizfunktion hindeuten. Wie im Abschnitt 2.1.1 dargestellt, sollte ein inverser Zusammenhang zwischen Ausfallrisiko und Besicherung 77
Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2004, S. 465. Bigus/Langer/Schiereck 2004, S. 465. Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2004, S. 468f. Ein höherer Zinssatz für besicherte Kredite wird als Unterstüzung der Anreizsteuerungsfunktion von Sicherheiten interpretiert. Die tendenziell erhöhten Besicherungsquoten von Hausbanken werden mit dem Ausnutzen von Insiderinformationen über die Schuldnerqualität durch die Bank erklärt. Da der Schuldner nicht kostenlos zu anderen Kreditgebern wechseln kann, da außenstehende, uninformierte Kreditgeber bestenfalls von einer durchschnittlichen Kreditwürdigkeit ausgehen, hat die Hausbank Spielräume, die Kreditkonditionen in Form höherer Zinsen oder höherer Besicherungsquoten zu verschärfen. 78 79
26
26
bestehen, wenn gute Kreditnehmer aus Signalisierungs- bzw. Sortierungsgründen bereit sind, Sicherheiten zu stellen, um sich niedrige Zinsen zu sichern. Will die Bank dagegen mit Hilfe der Besicherung dem Kreditnehmer einen Anreiz zur vertragsgemäßen Kreditbedienung setzen, sollten umgekehrt besonders die riskanten Kreditnehmer (mit höherer Risikoprämie oder niedrigerem Rating) besichert sein, so dass ein positiver Zusammenhang zwischen Kreditzins und Besicherung zu erwarten ist.80 Einige wenige Studien81 finden einen negativen Zusammenhang zwischen Kreditrisiko und Besicherung, wobei die bei Vertragsabschluss geforderte Risikoprämie oder das Unternehmensrating als Indikator für das Ausfallrisiko verwendet werden. Keinen signifikanten Unterschied finden dagegen Drukarczyk/Duttle/Rieger 1985 und Harhoff/Körting 1998. Die meisten Studien82 berichten – teils mit deutlichen Differenzierungen in der Art der Untersuchung und der festgestellten Stärke des Zusammenhangs – von positiven Korrelationen.83 In Tabelle 1 sind die Ergebnisse ausgewählter empirischer Studien zu den Einflussfaktoren der Besicherung zusammengefasst.
80
Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2004, S. 468. Vgl. Degryse/van Cayseele 2000, Lehmann/Neuberger 2001. Vgl. Berger/Udell 1995, Shockley/Thakor 1997, Machauer/Weber 1998, John/Lynch/Puri 2003, Gonas/Highfield/Mullineaux 2004, Jiminez/Salas/Saurina 2004. 83 Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2004, S. 467ff. 81 82
27
Autoren
Jahr Daten aus Variable
Hester
1979
USA
Drukarczyk/Duttle/Rieger
1985
D
Scott/Smith
1986
USA
Leeth/Scott
1989
USA
Berger/Udell
1990
USA
Petersen/Rajan
1994
USA
Berger/Udell
1995
USA
Rajan/Winton Avery/Bostic/Samolyk
1995 1998
USA USA
Harhoff/Körting
1998
D
Machauer/Weber
1998
D
Degryse/vanCayseele
2000
USA
Lehmann/Neuberger
2001
D
Elsas/Krahnen
2002
D
Gonas/Highfield/Mullineaux
2004
USA
Jimenz/Salas/Saurina
2004
E
Booth/Booth
2006
USA
Kreditlaufzeit Kreditbetrag Ausfallrisiko Unternehmensalter Unternehmensalter Kreditlaufzeit Kreditbetrag Kreditlaufzeit Kreditbetrag Dauer der Geschäftsbeziehung Dauer der Geschäftsbeziehung Unternehmensgröße Ausfallrisiko gesamtwirtschaftliches Umfeld Unternehmensalter Unternehmensalter Haftungsbeschränkung Ausfallrisiko Dauer der Geschäftsbeziehung Anzahl der Gläubiger Haftungsbeschränkung Ausfallrisiko Hausbankbeziehung Ausfallrisiko Hausbankbeziehung Unternehmensgröße Unternehmensalter Haftungsbeschränkung Ausfallrisiko Hausbankbeziehung Unternehmensgröße Haftungsbeschränkung Ausgaben für F&E Hausbankbeziehung Anzahl der Gläubiger Unternehmensgröße (in Umsatzzahlen) Börsennotierung Kreditlaufzeit Unternehmensrating Eigenkapitalquote der Bank Unternehmensalter Kreditlaufzeit Ausfallrisiko Anzahl der Gläubiger gesamtwirtschaftliches Umfeld Intensität des Banken-Wettbewerbs Ausfallrisiko
Wirkung auf Besicherung
+ ? + + + ? + + ? + + + + + + + + + + + + +
Tabelle 1: Ausgewählte empirische Ergebnisse zur Kreditbesicherung.
Im inhaltlichen Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit sind die empirischen Ergebnisse zur Beliebtheit und Wertbeständigkeit unterschiedlicher Sicherheitenarten von
28
28
besonderer Bedeutung.84 Der Wert einer Sicherheit im Insolvenzfall kann sich im Vergleich zum Zeitpunkt der Kreditvergabeentscheidung bzw. der Vereinbarung als Kreditsicherheit deutlich verändert haben: durch Änderungen des Marktpreises, durch normale Abnutzung bzw. Alterung oder durch nicht vertragskonformes Verhalten des Sicherungsgebers (bspw. durch Entwenden/Verkauf des Sicherungsgutes, mangelhafte Behandlung und Wartung des Objekts, Nichtzahlung vereinbarter Versicherungsprämien oder mehrfache Verpfändung/ Sicherungsübereignung).85 Eine Mehrfachbesicherung ist in Deutschland insbesondere bei Mobiliarsicherheiten nicht auszuschließen, da – im Unterschied zu den USA – kein öffentliches Register hierüber existiert.86 Bei Grundschulden und Hypotheken existiert dagegen mit dem Grundbuch ein Verzeichnis, in dem bestehende Rechte am Objekt eingetragen sind und das öffentlichen Glauben genießt.87 Auch Immobiliensicherheiten sind aber dem opportunistischen Verhalten des Sicherungsgebers durch unsachgemäße Nutzung oder Nicht-Versicherung ausgesetzt. Mester/Nakamura/Renault 2002 berichten in ihrer Analyse der Betriebsmittelkredite einer kanadischen Bank von Bewertungsabschlägen von bspw. 25-33% auf den Nominalwert der Forderungsbestände und sogar 60-75% auf den Buchwert der Lagerbestände, um dieses Problem abzubilden. Mann 1997 berichtet von zusätzlichen Bewertungsabschlägen auf Forderungsbestände, wenn die Lage des Kreditnehmers finanziell angespannt ist.88 Bei Immobiliensicherheiten sind Bewertungsabschläge üblich und in umfangreichen Vorschriften festgelegt.89 2.1.3 Beurteilung der Untersuchungen Nicht unproblematisch ist – neben den bereits in Abschnitt 2.1.1.4 beschriebenen kritischen Aspekten – in der bisherigen empirischen und theoretischen Literatur insgesamt, dass fast ausschließlich der Fall einer Kreditvergabe an eine Kapitalgesellschaft unter-
84
Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2004, S. 472f. Vgl. Adams 1980, S. 119ff. für eine detaillierte Untersuchung der Sicherungskraft unterschiedlicher Sicherheitenarten bei Konkurs des Kreditnehmers. 86 Drukarczyk/Duttle/Rieger 1985, S. 92 und 132f., berichten, dass bei mobiliargesicherten Bankkrediten in 26,0% der Fälle die bankeigenen Ansprüche auf das Sicherungsgut mit solchen anderer Gläubiger kollidieren. In 14,6% der Fälle war das Sicherungsgut gar nicht mehr vorhanden. 87 Siehe §§892, 1138 BGB. 88 Vgl. Mann 1997, S. 18. 89 Siehe §§14, 16 II Satz 1 bis 3 PfandBG i. V. m. der BelWertV vom 12. Mai 2006 (BGBl. I S. 1175), §§35, 159 SolvV sowie Abschnitt 3.3.4.2. 85
29
sucht wird.90 Der u.U. wesentliche Unterschied zur Kreditvergabe an Privatpersonen oder Personengesellschaften mit persönlich unbeschränkter Haftung von natürlichen Personen bleibt bislang weitgehend unberücksichtigt. Außerdem wird bei der Beurteilung der Rolle von Kreditsicherheiten überwiegend angenommen, dass der geschätzte Wert einer Sicherheit im Kündigungsfall auch uneingeschränkt zur Verfügung steht. Dies ist aber nicht immer sichergestellt. 2.2
Bedeutung von Kreditsicherheiten nach der Kreditkündigung
Es ist unbestritten, dass trotz der beschriebenen Funktionen von Sicherheiten vor der Kreditkündigung Kreditausfälle existieren und gemanagt werden müssen.91 Insbesondere seit den Diskussionen um Basel II sowie den Implementierungen der neuen Regelungen durch das KWG, die SolvV und die MaRisk ist das Kreditrisiko – und dessen Verminderung durch die Vereinbarung von Kreditsicherheiten – in den besonderen Fokus von Banken gerückt. Die differenzierte, risikoorientierte Unterlegungspflicht schafft Anreize für Kreditinstitute, sich intensiver mit dem Sicherheitenmanagement zu beschäftigen und hierdurch unter bestimmten Voraussetzungen, die im Folgenden erläutert werden, den LGD eines Kredits zu mindern. In der bankbetriebswirtschaftlichen Forschung und Praxis wird bereits seit Jahrzehnten sehr ausführlich die Vorhersage von Ausfallwahrscheinlichkeiten (probability of default = PD) behandelt.92 In den letzten Jahren wird verstärkt die Verlustquote im Insolvenzfall des Schuldners diskutiert.93 Positiv ausgedrückt wird von der Wiedergewinnungs-
90 Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2004, S. 466, Fußnote 2. Bei Kapitalgesellschaften ist die Unterscheidung zwischen internen (Haftungsmasse im Unternehmensvermögen) und externen (Haftungsmasse außerhalb des Unternehmens) Sicherheiten möglicherweise relevant. 91 Insbesondere die Ver- und Überschuldung privater Haushalte ist in den letzten Jahren ständig gestiegen. Hierzu schreiben Kothe/Ahrens/Grote 2006, S. 39-40: „Die Verlockung zum Konsum ist durch großzügig eingeräumte Kreditierungsmöglichkeiten der Kreditinstitute und Anbieter stetig größer geworden. Die bargeldlose Zahlung insbesondere durch den Einsatz von EC- und Kreditkarten verringert dabei die Hemmschwelle zum Konsum. [...] Verschuldung für Konsumgüter ist in der modernen Industriegesellschaft selbstverständlich geworden. [...] Nach einer neueren Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft hat in Deutschland jeder vierte Haushalt einen Konsumentenkredit aufgenommen (Wochenbericht 17/04, www.diw.de). [...] Die durchschnittliche Höhe der Verschuldung allein für Konsumentenkredite beträgt pro Haushalt ca. 23.000 Euro. [...] Nicht erfasst hiervon ist die nicht unerhebliche Verschuldung bei Versandhäusern und Warenliefereranten sowie Dienstleistungsanbietern, insbesondere im Bereich der Telekommunikation. [...] Während die Verschuldung für die Anschaffung von Konsumgütern gesellschaftlich erwünscht ist, ist die Überschuldung die zwingende, aber problematische Schattenseite der modernen Konsumgesellschaft.“ Genauere Daten zu Insolvenzen liefert das Statistische Bundesamt unter http://www.destatis.de [2008-11-05]. 92 Vgl. exemplarisch Beaver 1966, Altman 1968, Altman/Haldemann/Narayanan 1977, Ohlson 1980. 93 Für eine Übersicht zum aktuellen Stand der LGD-Forschung vgl. Schuermann 2004.
30
30
quote bzw. Recovery Rate (RR = 1 – LGD) gesprochen.94 Die intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex verwundert insoweit nicht, als dass die Bedeutung – wie im Abschnitt 1.1 dargestellt – für die Bankpraxis enorm ist. Obwohl theoretisch jeder materielle Vermögenswert oder jedes Recht auf die Generierung von Cashflows als Kreditsicherheit verwendet werden könnte, unterliegt die Funktion von Kreditsicherheiten zur Verlustverringerung bzw. Risikominderung laut Koch 1995 drei kritischen Anforderungen:95 x
Der Wert der Sicherheit muss zu jedem Zeitpunkt den ausstehenden Kreditbetrag übersteigen: einerseits um im Insolvenzfall zur Verringerung des Kreditausfalls beitragen zu können, andererseits um positive Verhaltensanreize für den Kreditnehmer zu schaffen. Im Fall eines Kredits zur Finanzierung eines Autokaufs hätte der Kreditnehmer bspw. einen strategischen Anreiz zur Insolvenz, falls der Wert des sicherungsübereigneten Autos geringer ist als die ausstehende Zahlungsverpflichtung.96
x
Im Insolvenzfall muss die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt am Sicherungsgut schnell auf den Kreditgeber übertragbar sein und ein funktionierender Markt zum Verkauf desselbigen existieren.97
x
Aus dem vorherigen Punkt folgt des Weiteren, dass der Kreditgeber seinen Anspruch auf eine Kreditsicherheit jederzeit genau spezifizieren und dokumentieren können muss, um seinen Anspruch rechtlich und tatsächlich schnell durchsetzen zu können.
Wenn Kreditsicherheiten diese Anforderungen erfüllen und ihre Existenz in der Praxis als Instrument zur Verringerung des Kreditausfalls unbestritten ist, stellt die Liquidierung von Sicherheiten doch immer nur die zweitbeste Möglichkeit zur Kreditrückzah94 Vgl. exemplarisch Grunert/Weber 2005, S. 5, und die dort zitierte Literatur. Für die Schätzung von LGDs sind grundsätzlich zwei verschiedene Vorgehensweisen möglich. Beim Bottom-Up-Ansatz werden die LGDs aus historischen Ausfallraten bestimmt, die sich aus bankinternen Aufzeichnungen ergeben. Der Top-Down-Ansatz schätzt LGDs dagegen auf Basis von Marktdaten über Unternehmensanleihen (vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 448). 95 Vgl. Koch 1995, S. 667f. 96 Diese Problematik wird bei Hypothekarkrediten bspw. regelmäßig dadurch überwunden, dass Immobilienfinanzierungen nur bis zu 60% oder 80% des Beleihungswerts des Objekts kreditfinanziert werden und der Rest sowie die Nebenkosten verpflichtend aus Eigenkapital (oder aus Krediten mit deutlich schlechteren Konditionen) zu finanzieren sind. Bei Autokrediten schützten sich Banken bspw. gegen den relativ hohen Wertverlust des Pkws zu Beginn des Kredits durch einmalige Sonderzahlungen. 97 Auf diesen Aspekt wird im Konsultationspapier des Baseler Ausschusses besonders eingegangen, wie in Abschnitt 3.1.2 erläutert werden wird.
31
lung da. Dies liegt an den meist nicht unbeträchtlichen Transaktionskosten im Zusammenhang mit der Verwertung, bspw. in Form von Mitarbeiterstunden, Gerichtskosten o.Ä. Außerdem existiert nach der Insolvenz bis zur Inbesitznahme von Sicherheiten durch die Bank ein Zeitraum, in dem der Sicherungsgeber den Wert des Sicherungsguts ohne direkten persönlichen Schaden98 verringern kann.99 Durch die Verwertung von Sicherungsgütern wird dem Kreditnehmer wirtschaftlich eventuell die Möglichkeit einer geschäftlichen und persönlichen „Wiederauferstehung“ aus der Insolvenz genommen.100 Darüber hinaus stellen Freixas/Rochet 1998101 heraus, dass Liquidationskosten bei der Sicherheitenverwertung existieren, die dazu führen, dass der Erlös für die Bank geringer als der Verlust für den Sicherheitengeber ist. Neben den bereits von Koch 1995 erwähnten Transaktionskosten bei der Liquidierung können diese Kosten aus ungünstigen Marktbedingungen, Spezifika des Verkaufs (bspw. weniger Handlungsspielräume und geringerer Erlös bei Zwangsversteigerungen im Vergleich zum freihändigen Verkauf) oder daraus resultieren, dass der Kreditnehmer eine emotionale Bindung an das Sicherheitsobjekt hat. Diese persönliche Bindung bzw. Spezifität verleiht dem Sicherungsobjekt nur in der Eigentümerschaft des Kreditnehmers einen Wert.102 Die Sicherheitenverwertung kann somit – gesamtwirtschaftlich betrachtet – zu einer Wohlfahrtsvernichtung führen. Als sinnvoller Beitrag für die Untersuchung der Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten wird in den folgenden Abschnitten die wissenschaftliche Literatur zu RRs von Bankkrediten und Forderungspapieren analysiert. Die Kreditbesicherung wird hierbei durch eine binäre Variable (Besicherung ja-nein) oder eine metrische Besicherungsquote gemessen. Die Darstellung der Literatur zu Verwertungsquoten von Krediten geschieht aus folgenden Gründen: x
Die Höhe der Besicherung wird – wie in der ganz rechten Spalte von Tabelle 2 und Tabelle 3 dargestellt – in den meisten Untersuchungen als bedeutsame, signifikante Einflussgröße von RRs herausgestellt. Die empirische Bedeutung von
98 Ein indirekter Schaden könnte daraus resultieren, dass der Kreditnehmer nach Abzug des verminderten Sicherheitenwerts auf einer Restschuld sitzen bleibt. 99 Bei Immobiliensicherheiten teilweise darüber hinaus, wenn der Kreditnehmer in der selbstgenutzten Immobilie wohnen bleibt. 100 Vgl. Koch 1995, S. 668. 101 Vgl. Freixas/Rochet 1998, S. 120. 102 Beispiel hierfür sind ein repräsentatives (Firmen-)Auto, eine spezielle Maschine, eine selbsterstellte und eigengenutzte Privatimmobilie oder auf spezifische Betriebszwecke zugeschnittene Hard- und Softwareinvestitionen.
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Kreditsicherheiten in ihrer Ausfallminderungsfunktion ist somit bestätigt. Es gilt zu untersuchen, ob der Einfluss des Faktors „Besicherung“ in den einzelnen Studien detailliert aufgespalten wird und auf diese Weise Hinweise für Einflussfaktoren von Sicherheiten-Verwertungsquoten erkennbar sind. x
Die wertbeeinflussenden Faktoren von RRs bei Bankkrediten und Forderungspapieren stimmen möglicherweise – v.a. in den Bereichen übergeordneter Faktoren, wie bspw. hinsichtlich der makroökonomischen Größen oder der Eigenschaften des Kreditnehmers – mit denen von Kreditsicherheiten überein. So können diese Studien u.U. wertvolle Hinweise für die Erarbeitung von Einflussfaktoren in der vorliegenden Arbeit liefern.
Die Literatur zu RRs kann dabei grundlegend in zwei Bereiche strukturiert werden: x
Abschnitt 2.2.1: Theorieorientierte Untersuchungen zur Schätzung der RR.
x
Abschnitt 2.2.3: Empirische Untersuchungen zur Höhe der RR.
Abschnitt 2.2.3 zieht abschließend einige kritische Schlussfolgerungen aus der Literatur zu Kredit-Verwertungsquoten. 2.2.1 Theorieorientierte Untersuchungen zur Kredit-Verwertungsquote Modell von Gürtler/Heithecker 2006 Unter Bezugnahme auf die Kreditrisikomodelle von Vasicek 1987 und 1991 entwickeln Gürtler/Heithecker 2006 eine Berechnungs- bzw. Schätzvorschrift für den LGD, die die Anforderungen von Basel II erfüllt und eine angemessene Berücksichtigung von Sicherheiten ermöglicht. Das von ihnen entwickelte Kreditrisikomodell agiert auf Kreditportfolioebene und will die Abhängigkeit zwischen LGD und PD untersuchen.103 Ihr Modell basiert vereinfacht auf folgender Situation.104 Ein Kreditinstitut hat an eine bestimmte Anzahl von Unternehmen Kredite vergeben. In einem zukünftigen Zeitpunkt bestehen Gesamtverbindlichkeiten der Kreditnehmer in Höhe der Summe der unternehmensindividuell vereinbarten Rückzahlungsbeträge. Mit den unsicheren Einzahlungsüberschüssen bedienen die Unternehmen die Zins- und Tilgungsverpflichtungen gegenüber der Bank. Ein Kreditausfall tritt also ein, wenn die jeweiligen Einzahlungs103 104
Vgl. Gürtler/Heithecker 2006, S. 558, Fußnote 17. Vgl. Gürtler/Heithecker 2006, S. 558ff.
33
überschüsse geringer als der vereinbarte Rückzahlungsbetrag sind. Zur sachgerechten Modellierung eines Kreditausfalls gemäß Basel II ist zwischen dem unsicheren Marktwert der Sicherheiten und dem Marktwert des Kredits zu unterscheiden.105 Ersterer hat für den Eintritt des Ausfalls keine Bedeutung, sondern wird erst bei der Befriedigung der Gläubiger relevant. Es wird angenommen, dass beide Werte jeweils einer geometrisch Brownschen Bewegung folgen. Im Ergebnis stellen Gürtler/Heithecker 2006106 eine linkssteile Verteilungsdichte der bedingten erwarteten Verlustquoten dar. Des Weiteren arbeiten sie heraus, dass „die in der Praxis verbreitete einfache Schätzung des LGDs als langfristige ausfallgewichtete Verlustquote eines Kredits bei Ausfall nur dann ein richtiges Vorgehen darstellt, wenn Ausfallwahrscheinlichkeit und Verlustquote bei Ausfall als untereinander unabhängig verteilt angenommen werden. Genau diesen Sachverhalt bezweifelt eine Vielzahl empirischer Studien.“107 Als für die vorliegende Arbeit problematisch bleibt an dem Modell insgesamt festzuhalten, dass der Marktwert der Sicherheiten eindimensional modelliert ist und dessen Zusammensetzung nicht genauer thematisiert wird. Modell von Frye 2000 Ähnlich ist das Modell von Frye 2000a/2000b. Dieser bezieht die Korrelation zwischen PD und LGD durch einen gemeinsamen, systematischen Faktor mit in das Kreditrisikomodell ein und nimmt an, dass die Rückzahlungsverpflichtung des Schuldners ausschließlich durch die Sicherheit erfüllt werden kann.108 Er betont und modelliert den Effekt, dass unter wirtschaftlich schlechten Rahmenbedingungen der Kreditgeber einem doppelten, sich verstärkenden Ausfallrisiko ausgesetzt ist. Sowohl die Ausfallwahrscheinlichkeit als auch die Verlustquote bei Insolvenz steigen. Auch mit diesem Modell ist die Frage nach den Einflussfaktoren des Werts verschiedener Arten von Sicherheiten noch nicht gelöst.
105
Vgl. Gürtler/Heithecker 2006, S. 559-560. Vgl. Gürtler/Heithecker 2006, S. 569. Gürtler/Heithecker 2006, S. 556-557. Bspw. stellen Hu/Perraudin 2002, Frye 2000/2003, Düllmann/Trapp 2004 und Altman/Brady/Resti/Sironi 2005 heraus, dass LGD und PD von denselben wiederkehrenden Eigenschaften abhängen. 108 Dies ist der wesentliche Unterschied zum Modell von Gürtler/Heithecker 2006, die – wie dargestellt – zwischen besicherten und sonstigen Krediten unterscheiden. 106 107
34
34
Zusammenfassend bleibt zu den theoretischen Kreditrisikomodellen hinsichtlich LGD bzw. RR festzuhalten, dass diese i.d.R. zwar die Bedeutung der Kreditbesicherung erkennen. Aber eine genauere Modellierung der Einflussgröße Besicherung in multiplen Einzelfaktoren, die über die Unterscheidung von besichert/unbesichert und vorrangige/nachrangig hinausgeht, existiert nach bestem Wissen der Autorin bisher nicht. 2.2.2 Empirische Untersuchungen zur Kredit-Verwertungsquote Viele Papiere, die sich mit der empirischen Schätzung von RRs für Bankkredite beschäftigen, betonen die Bedeutung der Sicherheiten bzw. der Besicherungsquote. Eine Untersuchung des Verbands Deutscher Hypothekenbanken (VDH) zwischen 19771991 für die sogenannten 60%-Hypotheken109 ermittelte Verlustquoten in Höhe von 0,046% bei Wohnungsbauhypothekarkrediten (unter Einschluss von Selbstnutzern und des Mietwohnungsbaus) sowie von 0,054% bei gewerblichen Hypothekarkrediten. Dabei ist zu beachten, dass diese Daten Bilanzwerte repräsentieren, d.h. die Inanspruchnahme von Wertberichtigungen aus einer Stichprobe von 26 Hypothekenbanken.110 Die jährlichen Inanspruchnahmen werden jeweils durch die ausstehenden Kredite in der jeweiligen Kreditkategorie des laufenden Jahres geteilt, entsprechen also der Summe aus erwarteten und unerwarteten Verlusten. Interessant sind die Erkenntnisse über einige systematische Einflussfaktoren dieser Verlustniveaus. So wird bspw. für die Wohnungsbaukredite eine zeitverzögerte Beziehung zwischen Zinsniveau und Verlustquoten beobachtet. Außerdem besteht ein Zusammenhang zwischen Verlustquote und Entwicklung der Wohnungspreise. Gerade Anfang der 80er Jahre waren Kreditnehmer sowohl mit erheblichen Wertverlusten der Immobilien als auch mit einem gesteigerten Marktwert ihrer Hypothekenschulden konfrontiert. Diese Keilsituation erhöhte die Ausfälle und in der Folge die Verluste im Wohnungsbaukredit gegen Mitte der 80er Jahre stark.111 Seit 2001 führt die Hyp Real Estate Rating Services GmbH (HypRating), eine 100%ige Servicegesellschaft des Verbands der Pfandbriefbanken (vdp), der die Nachfolgeorganisation des VDH ist, einen umfangreichen Datenpool zur Erstellung von Bewertungsska109
Vgl. Dübel/Pfeiffer 1996. Hypotheken, die mit Grundschulden bis zu einer Höhe von 60% des ermittelten Werts beliehen werden. Vgl. Dübel/Pfeiffer 1996, S. 112ff. 111 Vgl. Dübel/Pfeiffer 1996, S. 113f. Der gesteigerte Marktwert der bestehenden Hypothekenkredite (mit langfristigen Festzinsvereinbarungen) wird mit fallenden Hypothekenzinsen am Kapitalmarkt erklärt. Gleichzeitig verringerte sich das Preiswachstum für Neubauwohnungen erheblich. 110
35
len für die Messung des Verlustes im Verzugsfall bei Immobilienfinanzierungen im Wohn- und Geschäftsbereich. Ziel ist es, den angeschlossenen Pfandbriefbanken bei der institutseigenen Schätzung der LGDs im Rahmen des fortgeschrittenen IRB-Ansatzes zu unterstützen und ihnen auf diese Weise einen positiven Effekt auf die Kapitalunterlegungspflicht zu ermöglichen.112 Bei der Schätzung der LGDs sind insbesondere zwei kreditinstitutsübergreifende Parameter bedeutsam: die Erlösquote und die Abwicklungsdauer.113 Die Erlösquote ist hierbei definiert als der Verwertungserlös aus den Immobiliensicherheiten in Relation zum aktuellen Marktwert. Die Abwicklungsdauer beinhaltet den Zeitraum vom Eintritt in die Abwicklung bis zur abgeschlossenen Immobilienverwertung. Die Ergebnisse dieser LGD-Ratings werden nicht veröffentlicht, sondern stehen ausschließlich den beteiligten Pfandbriefbanken zur Verfügung. Folgende allgemeine Informationen sind hierzu auf der Internetseite von hyprating.de erhältlich: „Die Analysen der über 14.000 abgewickelten Darlehen zeigen bei den Erlösquoten für unterschiedliche Segmente (differenziert nach Immobilientyp, Lage, Objektcharakteristika, etc.) Unterschiede in der Höhe der Erlösquoten. Die höchste Erlösquote im Wohnbereich war fast doppelt so hoch wie die des schlechtesten Segments. Bei den gewerblichen Segmenten liegt die höchste Erlösquote fast 60 Prozent über der niedrigsten Erlösquote. Die mittlere Abwicklungsdauer beträgt für ausgewählte Clusterungen zwischen 21 und 34 Monate.“114 Über diese praxisorientierten Analysen für den Immobilienkreditbereich hinaus gibt es eine Vielzahl von empirischen Studien zur Höhe der Recovery Rate von Kapitalmarktpapieren und Bankkrediten sowie zu deren bedeutenden Einflussfaktoren. Tabelle 2 und Tabelle 3 fassen diese Studien und ihre jeweiligen Ergebnisse in chronologischer Reihenfolge hinsichtlich der Relevanz der Einflussgröße „Besicherung“ zusammen.
112
Vgl. Abschnitt 3.1. Außerdem vertreibt die HypRating GmbH die in Zusammenarbeit mit dem vdp und Standard & Poors Risk Solutions erstellten PD-Rating-Templates (Probability of Default) für die Portfolios „Lokale und Regionale Gebietskörperschaften (LRG)“, „Banken“, „Staaten“ und „Kommunalnahe Unternehmen“. Vgl. http://www.hyprating.de [2007-10-24]. 113 Weitere Parameter (bspw. Abwicklungskosten, Refinanzierungskosten, Abwicklungs-, Vergleichsund Sanierungsraten) müssen von den Instituten selbst auf Basis ihres eigenen Bestandes geschätzt werden. 114 Vgl. im Internet URL: http://www.hyprating.de/hyp/pages/projects/LGD [2009-07-27].
36
36
Autoren
Jahr
Land
Daten
Zeitraum
RR in % (Mittelwert)
Umfang
Bedeutung der Besicherung
Fons
1994
USA
KM-Daten
1970-1993
64,6
437
nicht untersucht
Asarnow/Edwards
1995
USA
Bankdaten
1970-1993
65,2
831
nicht untersucht nicht untersucht
Asarnow/Edwards
1995
USA
Bankdaten
1970-1993
87,3
89
Altman/Kishore
1996
USA
KM-Daten
1978-1995
41,7
728
nicht untersucht
Carty/Lieberman
1996
USA
KM-Daten
1989-1996
71,0
58
nicht untersucht
Carty/Lieberman
1996
USA
KM-Daten
1990-1996
79,0
229
nicht untersucht
Grossman/Brennan/Vent o
1998
USA
KM-Daten
1991-1997
82,0
60
+
Grossman/Brennan/Vent o
1998
UK
KM-Daten
1991-1997
68,1
14
nicht untersucht
Izvorski
1997
USA
KM-Daten
1983-1993
35,4
153
nicht untersucht
Hurt/Felsovalyi
1998
LA
Bankdaten
1970-1996
68,2
1149
nicht untersucht
Eales/Bosworth
1998
AUS
Bankdaten
1992-1995
69,0
5782
+
Carty et al.
1998
USA
KM-Daten
1986-1997
87,0
200
+
Carty et al.
1998
USA
KM-Daten
1986-1998
70,0
98
nicht untersucht
Van de Castle/Keisman
1999
USA
KM-Daten
1987-1997
84,5
258
+
Thorburn
1999
SWE
KM-Daten
1988-1991
35,2
210
+
Altman/Cooke/Kishore
1999
USA
KM-Daten
1978-1998
42,5
> 800
+
Bartlett
2000
UK
KM-Daten
1992-2000
76,5
55
nicht untersucht
Gupton/Gates/Carty
2000
USA
KM-Daten
1989-2000
69,5
181
nicht untersucht
VandeCastle/ Keisman/Yang
2000
USA
KM-Daten
1987-1996
83,5
264
+
Tabelle 2: Ausgewählte Studien zur Höhe der RR 1994-2000.
37
Autoren
Jahr
Land
Daten
Zeitraum
RR in % (Mittelwert)
Umfang
Bedeutung der Besicherung
Hamilton/Gupton/ Berthault
2001
USA
KM-Daten
1970-2000
34,1
k.A.
+
Hamilton/Gupton/ Berthault
2001
USA
Bankdaten
1970-2000
58,5
k.A.
+
Hamilton et al.
2002
EU
Bank-/KMDaten
1985-2001
22,0
34
+
Hamilton et al.
2002
USA
Bank-/KMDaten
1985-2001
42,8
1416
+
Schmit/Stuyck
2002
EU
Leasingdaten
1976-2002
n/a
37259
+
Varma/Cantor/Hamilton
2003
weltweit
KM-Daten
1982-2003
33,8
2611
nicht untersucht
Schmit
2003
EU
Leasingdaten
1990-2000
93,0
3242
nicht untersucht
LaPorta/LoepzdeSilanes/Zamarripa
2003
MEX
Bankdaten
1995-1999
79,2% bzw. 49,1%
679
+
Altman/Fanjul
2004
USA
KM-Daten
1978-2003
65,5
1926
nicht untersucht
Acharya/Bharath/ Srinivasan
2004
USA
KM-Daten
1982-1999
42,0
645
+
Araten/Jacobs/Varshney
2004
USA
KM-Daten
1982-1999
60,2
3761
+
Covitz/Han
2004
US
KM-Daten
1983-2002
40,0
1348
+
Franks/deServigny/ Davydenko
2004
UK
Bankdaten
1984-2003
75,0
1418
+
Franks/deServigny/ Davydenko
2004
F
Bankdaten
1984-2003
52,9
586
+
Franks/deServigny/ Davydenko
2004
D
Bankdaten
1984-2003
61,4
276
+ nicht untersucht
Schmit
2004
EU
Leasingdaten
1990-2000
67,9
46732
Grunert
2005
D
Bankdaten
1992-2003
72,5
120
+
HartmannWendels/Winter
2005
EU
Leasingdaten
1993-2004
68,3
39952
+
Varma/Cantor
2005
US/CAN
KM-Daten
1983-2003
39,5
1084
+
Dermine/NetodeCarvalho
2006
POR
Bankdaten
1995-2000
71,0
374
+
Hamilton et al.
2006
USA
KM-Daten
1982-2005
37,7
k.A.
nicht untersucht
Hartmann-Wendels/Honal
2006
EU
Leasingdaten
1993-2004
68,4
53944
+
Altman/Karlin
2008
US
KM-Daten
1978-2007
62,5
2196
+
Davydenko/Franks
2008
UK
Bankdaten
1984-2003
74,0
1418
+
Davydenko/Franks
2008
F
Bankdaten
1984-2003
54,0
586
+
Davydenko/Franks
2008
D
Bankdaten
1984-2003
61,0
276
+
Tabelle 3: Ausgewählte Studien zur Höhe der RR 2001-aktuell.
Die große Spannbreite der empirischen Ergebnisse mag auf den ersten Blick überraschen. Hierin drücken sich bspw. Unterschiede in den Berechnungsarten des LGDs aus. Es wird zwischen einer Market-LGD, einer Workout-LGD und einer Implied-MarketLGD differenziert:
38
38
x
„Market LGD: observed from market prices of defaulted bonds or marketable loans soon after the actual default event
x
Workout LGD: The set of estimated cash flows resulting from the workout and/or collections process, properly discounted, and the estimated exposure
x
Implied Market LGD: LGDs derived from risky (but not defaulted) bond prices using a theoretical asset pricing model.”115
Daneben sind bei den genannten Studien weitere wichtige Parameter nicht eindeutig bzw. gleichartig definiert, die einen Teil der unterschiedlichen Ergebnisse erklären können, bspw. der Zeitpunkt des Ausfalls und der damit verbundene EAD,116 der zugrunde liegende Diskontierungszinssatz117 sowie die Berücksichtigung von Ein- oder Auszahlungsströmen.118 Anzumerken ist des Weiteren, dass die untersuchten RRs meist über das Intervall von 0% bis 100% nicht gleich verteilt sind. Market-RRs sind vielfach durch eine Beta-Verteilung approximierbar, wohingegen Workout-RRs i.d.R. zweigipfelige Verteilungen mit hohen Konzentrationen bei 0% und 100% aufweisen,119 was in der Berechnung der durchschnittlichen Recovery Rate zu Verzerrungen führen könnte. Gemeinsam ist aber allen Studien ohne Ausnahme, dass – sofern untersucht – ein positiver Einfluss der Besicherung auf die RR festgestellt wird. Interessant sind für die vorliegende Arbeit insbesondere Studien, die RRs als Quotient der Summe der erwarteten, diskontierten Ein- und Auszahlungen – u.a. aus der Verwertung von Kreditsicherheiten 115
Schuermann 2004, S. 6. Für eine ausführlichere Diskussion der einzelnen Berechnungsmethoden vgl. Schuermann 2004, S. 6-8. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 449-450, unterscheiden lediglich zwischen Workout Recovery (auf Basis der tatsächlich an den Gläubiger geflossenen Zahlungen) und Market Recovery (auf Basis der Marktpreise von Anleihen und Krediten 30 Tage nach Eintritt der Insolvenz). Sie stellen heraus, dass bei einem Vergleich beider Methoden die Workout-RR tendenziell höher als die Market-RR ist. 116 Grunert/Volk 2008 stellen in ihrer Arbeit heraus, welche Ausfalldefinition den wichtigsten empirischen Kredit-RR-Papieren zugrunde liegt, und testen, welchen Einfluss die Ausfalldefinition auf die Höhe der Kredit-RR hat. 117 Araten et al. 2004 verdeutlichen in ihrem Papier eindrucksvoll die Rolle des Diskontierungszinses für die Variation der Ergebnisse (Grunert 2005, S. 94, Fußnote 161). Eales/Bosworth 1998, S. 64, diskutieren die verschiedenen Möglichkeiten zur Bestimmung eines Diskontierungszinssatzes. Hierzu vgl. Abschnitt 3.3.5. 118 So beziehen sich bspw. Hartmann-Wendels/Winter 2005 bei ihrer Untersuchung von europäischen Leasingraten auf die RR vor Kosten, wohingegen Grunert 2005 alle entstehenden Auszahlungsströme vollständig berücksichtigt. 119 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 450, oder exemplarisch für Workout-RRs Eales/Bosworth 1998, S. 61.
39
– und dem geschätzten Wert im Zeitpunkt des Kreditausfalls (oder zu einem anderen Zeitpunkt) definieren. Kredite, die ganz oder teilweise mit Sicherheiten hinterlegt sind, haben dann eine signifikant höhere RR aufgrund der Erlöse aus der Verwertung der Sicherheiten. Bei einer durchschnittlichen Besicherungsquote von 30,62% bei 120 Firmenkunden einer großen deutschen Bank ermitteln Grunert/Weber 2005a eine mittlere Work-OutRR von 72,45%.120 Andere mögliche Einflussgrößen als die Besicherung sind in der beschriebenen Literatur teilweise ausführlich diskutiert worden.121 Es bleibt aber festzuhalten, dass eine intensive Analyse der Verwertungsquoten von Sicherheiten und deren potenzieller Einflussfaktoren – im Sinne einer Anatomie des Werts von Kreditsicherheiten im Verwertungsfall – bisher noch nicht existiert, obwohl der Einfluss von Sicherheiten auf die RR unbestritten und empirisch ausführlich bestätigt ist. Die wenigen Arbeiten und Ansätze, die zu diesem Thema existieren, werden im Abschnitt 2.3 vorgestellt. Eine Lücke in der bisherigen, dargestellten Kreditrisiko/RR-Forschung resultiert neben der fehlenden Aufschlüsselung der Besicherung aus der Fokussierung auf börsennotierte Anleihen122 oder Groß-/Firmenkundenkredite von Banken (commercial and industrial banking). Das Immobilien-Kreditgeschäft von Banken, das durch Finanzierungen von Wohn- und Gewerbeimmobilien gekennzeichnet ist, ist in bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen nach bestem Wissen der Autorin nicht ausführlich (bspw. zahlungsstromorientiert und hinsichtlich der detaillierten Betrachtung spezifischer Eigenschaften von Sicherungsobjekten) behandelt worden. 2.2.3 Beurteilung der Untersuchungen zur Kredit-Verwertungsquote Die Berechnung von Standardrisikokosten auf Basis der erwarteten Verluste (expected loss = EL) erfolgt durch Multiplikation des geschuldeten Kreditbetrags (exposure at
120
Vgl. Grunert/Weber 2005a, S. 19. Vgl. exemplarisch Grunert/Weber 2005a, S. 9, die hierbei grundlegend zwischen Charakteristika der Kreditnehmers, der Geschäftsbeziehung, des Kredits und makroökonomischen Faktoren unterscheiden. 122 Vgl. Friedman/Sandow 2003, S. 69. Diese kritisieren außerdem an der Verwendung von Börsenwerten, die zeitlich kurz nach der Insolvenzveröffentlichung realisiert wurden, dass „these trading prices are heavily influenced by market expectations of ultimate recovery values.“ 121
40
40
default = EAD123) mit der Ausfallwahrscheinlichkeit (probability of default = PD) und der Verlustquote: EL = PD • EAD • LGD.
(1)
In der empirischen Forschung hat sich zusammenfassend herausgestellt, dass der LGD positiv durch eine Kreditbesicherung beeinflusst wird. Es wird aber bisher i.d.R. außer Acht gelassen, ob die Sicherheiten im Zeitpunkt der Insolvenz wirklich den bei Kreditantragstellung bzw. den in regelmäßigen Abständen während der Kreditlaufzeit festgestellten Wert haben. Außerdem ist fraglich, ob sich dieser als fix modellierte bzw. angenommene Sicherheitenwert einerseits rechtlich durchsetzen und andererseits bei der tatsächlichen Verwertung am Markt tatsächlich erzielen lässt, um auf diese Weise den Verlust aus dem individuellen Kreditausfall zu verringern. Theorieorientierte und empirische Papiere lassen bisher unberücksichtigt, welchen systematischen und nicht-systematischen Wertschwankungen der Verwertungserlös unterschiedlicher Sicherheitenkategorien unterliegt. Diese Lücke soll mit Hilfe der vorliegenden Arbeit teilweise geschlossen werden. 2.3
Sicherheiten-Verwertungsquote im engeren Sinn
Nach dem Überblick über die allgemeine Bedeutung von Kreditsicherheiten aus theoretischer und empirischer Perspektive vor und nach einer Kreditkündigung werden nunmehr ausgewählte Untersuchungen der Sicherheiten-RR im Speziellen vorgestellt. Einerseits wird die RR von Leasingobjekten betrachtet, die als spezifische Sicherheiten einem Leasingvertrag zugrunde liegen. Andererseits wird herausgearbeitet, welche Ergebnisse es bezüglich der Verwertungsquoten von Sicherheiten aus Kreditverträgen in der bisherigen Literatur gibt.
123
Der EAD wird bei Krediten in dieser Arbeit verstanden als Summe aus dem Barwert der noch ausstehenden Zinszahlungen, der Restschuld des Kredits im Zeitpunkt des Ausfalls sowie den aufgezinsten überfälligen Zins- und Tilgungszahlungen.
41
2.3.1 Leasingsicherheiten Ausführliche Arbeiten zu LGDs von Mobilien-Leasing-Verträgen124 stammen aus dem Forschungsinstitut für Leasing der Universität zu Köln. Dort werden u.a. die Verwertungsquoten einzelner Leasingobjekte genauer untersucht. So berichten HartmannWendels/Winter 2005 auf Basis eines umfangreichen Datensatzes von knapp 40.000 ausgefallenen Leasingvereinbarungen aus den Jahren 1993 bis (Anfang) 2004 von Verlustquoten vor Kosten zwischen 10,5% bei Werkzeugmaschinen und 61,8% bei Gütern der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Der durchschnittliche LGD aller Leasingkontrakte beträgt 31,7%, was einer RR von 68,3% entspricht.125 Aufschlussreich ist die Zerlegung der RR vor Kosten in die Bestandteile Verwertungserlöse und sonstige Zahlungseingänge. Bspw. konnten bei Nutzfahrzeugen 63,3% der ausstehenden Forderung (EAD) durch die Verwertung des Leasingobjekts vereinnahmt werden, bei Personenkraftwagen (PKW) waren es 61,7%, bei IKT-Gütern nur 15,7%. Daraus folgern die Autoren, dass der Wert eines Sicherungsgutes nicht nur von der Verwertbarkeit (bspw. dem Innovationsgrad der Güterkategorie), sondern auch von der Bedeutung bzw. Wichtigkeit des Gutes im Geschäftsverkehr und dem „Drohpotenzial, das mit dem Aussonderungsrecht des Leasing-Gebers verbunden ist“, determiniert wird.126 Die Zusammensetzung der RR von ausgefallenen Leasingverträgen in Abhängigkeit der Objektkategorie ist in Abbildung 4 veranschaulicht. Die Autoren stellen Schwankungen der Sicherheiten-LGD vor Kosten im Zeitablauf heraus, wobei keine einheitliche Entwicklung der Verlustquoten in den unterschiedlichen Objektkategorien festzustellen ist.127 Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass
124
Die Studien zur RR von Leasingverträgen unterscheiden i.d.R. zwischen den Erlösen, die ausschließlich aus der Verwertung des Leasingobjekts zugeflossen sind, und den Erlösen, die aus der Objektverwertung und sonstigen Quellen (bspw. Bürgschaften, sonstige Sicherheiten und Zahlungen des Leasingnehmers nach Eintritt des Ausfalls) stammen. Im Folgenden werden ausschließlich die rein objektbezogenen Verwertungsquoten betrachtet, da diese am ehesten mit den in dieser Arbeit untersuchten Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten vergleichbar sind. (Die in der Tabelle 2 und Tabelle 3 angegebenen RRs aus den leasingbezogenen Aufsätzen von Schmit 2003 und 2004, Schmit/Stuyck 2004 und HartmannWendels/Winter 2005 kennzeichnen dagegen die (ungewichtete) RR des gesamten Leasingvertrags (d.h. Erlöse aus dem Leasingobjekt und sonstigen Zahlungseingängen), da diese mit der dort analysierten Kredit-RR vergleichbarer sind. 125 Vgl. Hartmann-Wendels/Winter 2005, S. 125f. Bemerkenswert sind die relativ niedrigen LGDs vor Kosten (EAD-gewichtet) für Pkw (22,6%) und Nutzfahrzeuge (16,3%). 126 Hartmann-Wendels/Winter 2005, S. 126. Da das Equipment aus dem Bereich IKT unverzichtbar für die Unternehmensfortführung ist, vermuten Hartmann-Wendels/Winter 2005, dass Leasing-Raten für derartige IKT-Leasingobjekte im Insolvenzfall so lange weitergezahlt werden, wie noch irgendeine Hoffnung auf Unternehmensfortführung besteht. 127 Vgl. Hartmann-Wendels/Winter 2005, S. 126.
42
42
makroökonomische Faktoren keinen bzw. nur einen geringen Einfluss auf die RR haben.128
IKT
15.7%
Druckmaschinen
22.5%
61.8%
47.4%
12.5%
43.5%
sonstige Objekte Flotte
40.1%
25.5% 55.8% 61.7%
PKW Baumaschinen
20%
14.6%
42.0%
45.1%
10%
16.3%
26.9%
47.6%
Gesamt
17.4%
20.5%
58.5%
Werkzeugmaschinen
22.6%
28.1%
63.3%
Kunststoffmaschinen
28.3% 15.7%
54.5%
Nutzfahrzeuge
0%
31.0% 16.0%
23.2%
30%
40%
Verwertungserlöse
50%
60%
Zahlungseingänge
10.5% 31.7%
70%
80%
90%
100%
LGD vor Kosten
Abbildung 4: Zusammensetzung der RR von ausgefallenen Leasingverträgen. (Quelle: Hartmann-Wendels/Winter 2005, S. 125).
Als mögliche Einflussfaktoren auf die Verwertungsquoten von Leasingobjekten werden von Hartmann-Wendels/Winter 2005 „die Liquidität der Sekundärmärkte, die damit verbundene Spezifität, d.h. Marktgängigkeit der Objekte, und die Abschreibungsmodalitäten genannt, die durch einen geringen Buchwert schnell zu Recovery Rates von mehr als 100% führen.“129 Auf Basis des gleichen Datensatzes wie in Hartmann-Wendels/Winter 2005 untersuchen Hartmann-Wendels/Honal 2006 die Verwertungsquoten von Leasingverträgen unter besonderer Berücksichtigung des makroökonomischen Umfelds. Die durchschnittliche Verlustquote für die untersuchten Leasingkontrakte beträgt 31,59% (Standardabweichung 56,22%). Hierbei sind aber wiederum deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Objektkategorien feststellbar: Die durchschnittliche Verlustquote im Bereich IKT liegt bei 61,84%, bei Fahrzeugen lediglich bei 20,51%.130
128
Zu diesem Ergebnis eines nicht feststellbaren Einflusses makroökonomischer Faktoren kommen auch Grunert/Weber 2005a bei der Untersuchung von ausgefallenen Firmenkundenkrediten einer großen deutschen Bank. 129 Vgl. Hartmann-Wendels/Winter 2005, S. 128. 130 Vgl. Hartmann-Wendels/Honal 2006, S. 10.
43
Weitere Arbeiten zu Verwertungsquoten von Leasingobjekten und Leasingverträgen veröffentlichte Schmit.131 Auf der Basis eines Datensatzes von 46.732 abgeschlossenen Leasingverträgen zwischen 1990 und 2000 einer großen europäischen Leasinggesellschaft berechnet Schmit 2004 die Verwertungsquoten von Leasingsobjekten/-verträgen für Automobile, Büroausstattung (insbes. Computer), medizinische Ausstattung und sonstige Ausstattung. Die durchschnittliche RR aller Leasingkontrakte beträgt in dieser Studie 74%. Wenn nur die Zahlungseingänge aus der Verwertung des Leasingobjekts in die Berechnung einfließen, liegt die durchschnittliche RR bei 64%, d.h. der Zahlungsstrom aus dem Verkauf des Leasingobjekts ist ursächlich für 86,5% der RR des gesamten Leasingvertrags. Wie bereits in der Studie von Hartmann-Wendels/Winter 2005 sind die gewichteten Verwertungserlöse bei Automobilen (68,9%) im Durchschnitt höher als bei Büroausstattung/Computern (33,9%). Nur medizinische Geräte erzielen mit 71,9% (ohne sonstige Zahlungseingänge) eine höhere spezifische RR. Auf ähnlich umfangreicher Datenbasis (37.259 ausgefallene Leasingverträge, die zwischen 1976 und 1990 abgeschlossen wurden, von zwölf europäischen Finanzierungsinstitutionen aus sechs verschiedenen Ländern) untersuchen Schmit/Stuyck 2002 die Höhe und die Einflussfaktoren von LGDs in der Leasingindustrie. Neben den Bereichen „Automotive“132 und „Equipment“133 untersuchen sie – auf verminderter Datenbasis von nur noch 108 ausgewählten Leasingverträgen aus vier europäischen Ländern – die Verwertungsquoten von „Real-Estate“-Leasingkontrakten. Die durchschnittliche, ungewichtete RR des immobilen Leasingobjekts liegt bei 55,1% in Österreich, 64,0% in Italien und 99,3% in Belgien. Werden die sonstigen Erlöse des Leasingkontrakts in die RR-Berechnung miteinbezogen, so betragen die ungewichteten Gesamt-RRs 71,3% (Österreich), 72,0% (Italien) und 100,7% (Belgien). Der Anteil, den die Verwertung des „Real-Estate“-Objekts an der Gesamt-RR hat, liegt somit bei 77,3% (Österreich), 88,9% (Italien) bzw. 98,6% (Belgien). Diese Gewichte sind bei einer Diskontierung der Ver131
Vgl. Schmit/Stuyck 2002, Schmit 2003 und Schmit 2004. Vgl. Schmit/Stuyck 2002, S. 11ff.: Die gewichtete, undiskontierte RR aus dem „Automotive“Leasingobjekt betrugen – je nach Land – im Mittelwert zwischen 48,6% (Frankreich) und 85,8% (Österreich). Im Verhältnis zur Gesamt-RR, die auch die Erlöse aus Garantien, Sicherheiten und sonstigen Einzahlungen einbezieht und zwischen 69,2% (Italien) und 98,5% (Österreich) liegt, machen die Erlöse aus der Objektverwertung zwischen 63,5% (Frankreich) und 99,8% (Schweden) der gesamten RR aus. 133 Vgl. Schmit/Stuyck 2002, S. 17ff.: Die gewichtete, undiskontierte RR aus dem „Equipment“Leasingobjekt beträgt – je nach Land – im Mittelwert zwischen 15,1% (Österreich) und 73,9% (Schweden). Im Verhältnis zur Gesamt-RR, die zusätzlich die Erlöse aus Garantien, Sicherheiten und sonstigen Einzahlungen einbezieht und zwischen 48,8% (Luxemburg) und 88,5% (Frankreich) liegt, machen die Erlöse aus der Objektverwertung zwischen 29,0% (Österreich) und 98,8% (Schweden) der gesamten RR aus. 132
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wertungserlöse mit einem Diskontierungszinssatz von 10% robust. Schmit/Stuyck 2002 können mit Hilfe des Kruskal-Wallis Tests keine statistische Relevanz makroökonomischer Faktoren feststellen. Diese Ergebnisse gelten unter der Einschränkung der unzureichend kleinen Datenbasis.134 Die Verwendung dieser Arbeiten aus dem Bereich Leasing als Vergleichsmaßstab ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu Kreditsicherheiten aufgrund der folgenden spezifischen Besonderheiten des Leasinggeschäfts nicht unproblematisch: x
Wichtige Sicherheiten des Kreditgeschäfts (bspw. Abtretung von Forderungen oder Wertpapieren) werden im Leasinggeschäft nicht dargestellt. Immobile Leasingobjekte werden in den vorhandenen Studien nur selten berücksichtigt.
x
Leasinggesellschaften sind Profis in der Verwertung von Sicherheiten, da das Leasingobjekt i.d.R. nach Ende der Grundmietzeit zurückgegeben wird und daher grundsätzlich verwertet werden muss. Die Verwertung von Kreditsicherheiten ist dagegen kein Kerngeschäft von Banken und generell die letzte Möglichkeit zur Verringerung des Kreditausfalls, nachdem Möglichkeiten zur anderweitigen Schuldentilgung oder zur Sanierung o.ä. fehlgeschlagen sind.
x
Im Leasinggeschäft sind RRs größer als 100% bzw. negative LGDs möglich, die es bei der Kredit-RR definitionsgemäß nicht geben kann.
x
Die Verwertungsdauer der Leasingobjekte ist vergleichsweise kurz. Da das Leasingobjekt aufgrund der rechtlichen Struktur von Leasingverträgen im Eigentum der Leasinggesellschaft verbleibt, hat die Leasinggesellschaft im Insolvenzfall ein kurzfristig durchsetzbares Aussonderungsrecht (§47 InsO). Sicherheitenverwertungen können sich dagegen – auch aufgrund der rechtlich unterschiedlichen Stellung des Gläubigers – über lange Zeiträume hinziehen.
Aus diesen Gründen können die Verwertungsquoten aus dem Leasingbereich nicht eins zu eins auf Kreditsicherheiten übertragen werden. Eine eigenständige, umfassende Betrachtung relevanter Kreditsicherheiten ist notwendig.
134
Vgl. Schmit/Stuyck 2002, S. 22ff.
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2.3.2 Kreditsicherheiten Eine Analyse der RRs von Kreditsicherheiten ist Teil der Standard & Poor’s Risk Solution von Franks/deServigny/Davydenko 2004, in der die RRs aus Bankdaten von insgesamt zehn Banken aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland untersucht werden. In Kapitel 7135 analysieren die Autoren die Relevanz von Kreditsicherheiten für die umfassende Kredit-RR und betrachten hierzu Verwertungsquoten unterschiedlicher Sicherheitenarten. Bei einem Vergleich der Sicherheiten-Verwertungsquoten (= Sicherheitenrealisierung Sicherheitenwert bei Insolvenz über alle Sicherheitenarten) stellt sich heraus, dass in Großbritannien mit im Durchschnitt 88% die höchsten Sicherheiten-Verwertungsquoten erzielt werden (Median 79%), gefolgt von Deutschland mit durchschnittlich 73% (Median 77%). Signifikant geringere Sicherheiten-Verwertungsquoten (Konfidenzniveau 1%) hat Frankreich mit 35% im Mittel bzw. nur 22% im Median. Diese großen Länderunterschiede werden durch die unterschiedlichen rechtlichen Stellungen des Gläubigers im Insolvenzfall und durch verschiedene Intensitäten des Konservatismus bei der Bewertung von Kreditsicherheiten erklärt.136 Neben
der
konkreten
Höhe
der
Sicherheiten-Verwertungsquoten
arbeiten
Franks/deServigny/Davydenko 2004 auch heraus, wie hoch der geschätzte Sicherheitenwert im Verhältnis zum gesamten ausstehenden Kreditbetrag war. Bei der Untersuchung dieser Besicherungshöhe fällt für deutsche Kredite auf, dass mehr als 45% des Kreditvolumens nicht durch Sicherheiten hinterlegt war, d.h. es existierten gar keine Sicherheiten für den ausgefallenen Kredit oder den vorhandenen Sicherheiten wurde
135
Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 66ff. Interessantes Ergebnis neben den im Folgenden vorgestellten Verwertungsquoten unterschiedlicher Sicherheitenarten ist folgender Punkt: Deutschland hat im Vergleich zu Großbritannien und Frankreich signifikant geringere Besicherungsquoten (= Sicherheitenwert/ausstehender Kreditbetrag bei Insolvenz). Im Durchschnitt liegt die Besicherungsquote zum Insolvenzzeitpunkt in Deutschland bei 60%, in Großbritannien bei 112% und in Frankreich bei 124%. Dies könnte einerseits daran liegen, dass deutsche Banken schon vor der eigentlichen, formellen Insolvenz des Kreditnehmers einen Teil der Sicherheiten verwerten. Als weiterer möglicher Grund wird angeführt, dass es in Deutschland implizite (Über-)Besicherungsgrenzen durch die Rechtsprechung bezüglich der Sittenwidrigkeit von Sicherungsvereinbarungen bei Knebelung des Kreditnehmers gibt. Außerdem könnten einige Sicherheitenarten (bspw. Privat-Bürgschaften) regelmäßig nicht bewertet worden, obwohl sie vorhanden und u.U. durch dritte Sicherheiten werthaltig ge- bzw. besichert sind (vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 69f.). 136 Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 70.
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kein Wert beigemessen. Das ist deutlich mehr als in den anderen beiden europäischen Staaten, bei denen nur jeweils ca. 20% des Kreditvolumens ohne Besicherung waren.137 Im Vergleich unterschiedlicher Sicherheitenkategorien bei Kreditausfällen deutscher Banken erzielen „State/bank guarantees“ mit 90,6% im Mittel (Median 100%) die höchsten Verwertungsquoten, gefolgt von „Marketable securities (incl. listed shares)“ mit 90,4% im Mittel (Median 123,3%) und „Cash“ (Mittelwert 83,2%, Median 100,0%). Danach folgen grundpfandrechtliche Sicherheiten. „Commercial real estate“ erzielt im Mittelwert eine Verwertungsquote i.H.v. 75,0% (Median 75,0%), „Residential real estate“ i.H.v. 71,7% (Median 94,3%). Am schlechtesten lassen sich „Stocks“ (Mittelwert 27,7%, Median 1,6%) verwerten.138 Die Verteilung der Sicherheiten-Verwertungsquoten von „Real Estate“ (commercial und residential zusammen) hat ihre höchste Dichte bei 100%. Bei knapp 30% der Grundpfandrechtsverwertungen konnte der gesamte geschätzte Immobilienwert zum Insolvenzzeitpunkt tatsächlich erlöst werden. In ca. 17% der Fälle konnte dagegen gar keine Einzahlung erzielt werden. Zwischen 0% und 100% sind die ImmobilienVerwertungsquoten relativ gleichverteilt, Grundpfandrechts-Verwertungsquoten größer 120% sind selten.139 Besonders weisen Franks/deServigny/Davydenko 2004 darauf hin, bei der Interpretation der Ergebnisse – insbesondere aufgrund der hohen Volatilität der SicherheitenVerwertungsquoten – die unterschiedlichen Bewertungszeitpunkte und -methoden zu beachten.140 In einer Folgestudie von Davydenko/Franks 2008, die auf dem gleichen Datensatz beruht, aber einen anderen inhaltlichen Schwerpunkt hat, berichten die Autoren – ohne Unterscheidung zwischen commercial und residential real estate – von einer Sicherheiten-Verwertungsquote für Grundpfandrechte in Deutschland von 72%. Im Vergleich zum gesamten Verwertungserlös eines ausgefallenen Kredites sind die Zahlungseingänge aus Grundpfandrechtsverwertungen besonders bedeutend: 42,3% aller Erlöse stammt
137
Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 70f. Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 71ff. Ein Grund bzw. eine Erklärung für das schlechte Ergebnis von Stocks ist nicht ersichtlich. Insgesamt ist diese Sicherheitenkategorie (n = 19) von einer großen Bandbreite der Ergebnisse gekennzeichnet (Standardabweichung = 170,2%), die eine Interpretation erschweren. 139 Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 73. 140 Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 73ff. 138
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aus der Sicherheitenverwertung, mehr als 50% hiervon aus verwerteten Grundpfandrechten (insgesamt 24% aller Erlöse).141 Ein weiterer Ansatzpunkt für die Analyse der Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten ist die Arbeit von Grunert 2005 (Kapitel 7).142 Auf Basis von 132 Kreditsicherheiten von 52 Kreditnehmern aus den Jahren 1992 bis 2003 werden hierin Einflussfaktoren auf die Erlösquote von Sicherheiten getestet. Im Mittel errechnet Grunert 2005 für die Workout-Sicherheiten-Erlösquote einen mittleren Wert von 60,59% (Median 53,46%). Allerdings ist die Bandbreite der realisierten Erlösquoten extrem weit (Standardabweichung 46,05%) und reicht von 0% bis ca. 250%.143 Als statistisch signifikante Einflussfaktoren144 auf dem 1% Konfidenzniveau (***) werden nur zwei Größen identifiziert: der Sicherheitenwert zum Ausfallzeitpunkt (-)*** und die Einschätzung der Verwertbarkeit als leicht (+)***. Weitere wichtige metrische Größen, die bei einem Konfidenzniveau von 5% (**) bzw. 10% (*) signifikante Einflüsse aufweisen, sind die Bilanzsumme des ausgefallenen Unternehmens (-)**, die Anzahl der Sicherungsgeber je Sicherheit (-)** und die Verwertungsdauer (-)**. Bei einem Mittelwertvergleich von potenziellen kategorialen Einflussgrößen kristallisieren sich die folgenden Faktoren auf einem Niveau von 5%(**) oder 10%(*) als signifikant heraus: Einschätzung der Verwertbarkeit als „schwer“ (-)**, Sicherheitenart Lebensversicherung (+)**, Fortführung des Unternehmens (-)**, Mehrkreditbeziehung (-)*, Sicherheitenart Forderungen (+)*, Sicherheitenart Festgeld (+)*. Ohne statistisch feststellbaren Einfluss sind dagegen bspw. die Bonität des Kreditnehmers, der Rang der Besicherung oder makroökonomische Faktoren. Aufgrund der geringen Spezifität der Untersuchung (z. B. keine Unterscheidung zwischen den RRs unterschiedlicher Sicherheitenkategorien145) und des geringen Umfangs des Datensatzes wird weiterer Forschungsbedarf gesehen – insbesondere bezüglich der Erklärung von Einflussfaktoren auf die Verwertungsquote.
141
Vgl. Davydenko/Franks 2008, S. 587f. Vgl. Grunert 2005, S. 161ff. Vgl. Grunert 2005, S. 169. 144 Vgl. Grunert 2005, S. 170f. In Klammern ist jeweils die Richtung des festgestellten Zusammenhangs angegeben. 145 Untersuchte Sicherheitenarten sind (die Werte in Klammern bezeichnen jeweils die Anzahl der analysierten Objekte): Grundstücke und Gebäude (62), Lebensversicherungen (2), Forderungen (8), Kraftfahrzeuge (8), Festgelder (6) sowie Mobilien (17). Vgl. Grunert 2005, S. 165. 142 143
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Grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten
Vor der ausführlichen Analyse der Verwertungsquoten von grundpfandrechtlichen Kreditsicherheiten, ist es notwendig festzulegen, was unter dem Begriff der (grundpfandrechtlichen) Kreditsicherheit subsumiert wird. Es wird dargestellt, wie grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten in der bankbetrieblichen Praxis verwendet werden. Hierzu wird zwischen den Zeiträumen vor (Abschnitt 3.1) bzw. nach (Abschnitt 3.2) der Kreditkündigung unterschieden. Grundsätzlich sollen Kreditsicherheiten in dieser Arbeit im engen Sinne verstanden werden. Sie bieten dem Kreditgeber die Möglichkeit, sich aus der Verwertung von Sicherheiten zu befriedigen, wenn der Kreditnehmer seine Zahlungsverpflichtung (Zins und Tilgung) nicht anderweitig erfüllen kann. Abschnitt 3.3 fokussiert auf diese Betrachtungsweise und arbeitet die einzelnen Bestandteile einer Sicherheiten-Verwertungsquote unter besonderer Berücksichtigung von Grundpfandrechten detailliert heraus. 3.1
Grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten vor der Kreditkündigung
3.1.1 Bankbetriebswirtschaftliche Grundlagen Vertragliche Kreditsicherheiten unmittelbar auf Zahlungsmittel gerichtete Ansprüche (Kreditsicherheiten i.e.S.)
Personensicherheiten
mittelbar auf Zahlungsmittel gerichtet - Abbau des Informationsdefizits des Gläubigers
Sach-/Realsicherheiten
- Bürgschaft
- Handlungsbeschränkungen des Kreditnehmers - Einwirkungsrechte des Gläubigers
- Garantie - Wechselbürgschaft - Patronatserklärung an beweglichen Sachen - Eigentumsvorbehalt - Pfandrecht - Sicherungsübereignung
an unbeweglichen Sachen (Grundpfandrechte) - Grundschuld
an Rechten - Pfandrecht - Forderungszession
- Hypothek
Abbildung 5: Überblick über vertragliche Kreditsicherheiten. (Quelle: Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 575).
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Nach dem Kriterium „Sicherungsart“ wird zwischen Personal- bzw. Personensicherheiten und Real- bzw. Sachsicherheiten unterschieden.146 Personensicherheiten bezeichnen schuldrechtliche Ansprüche gegen dritte Sicherungsgeber (Bürgen, Garanten, Schuldmitübernehmer). Diese haben die Gewähr dafür übernommen, dass die Verpflichtungen des Kreditnehmers erfüllt werden. Sachsicherheiten bestehen in dinglichen Verwertungsrechten an beweglichen oder unbeweglichen Sachen (Grundstücken) und an anderen Rechten. Sicherungsgeber kann der Kreditnehmer oder ein Dritter sein. Bei Nichterfüllung der Kreditverpflichtungen kann sich die Bank durch Verwertung der Sache bzw. des Rechts befriedigen.147 Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf Sachsicherheiten in Form von Grundpfandrechten, überwiegend als Grundschulden. Nach dem Kriterium „Grad der Abhängigkeit von der gesicherten Forderung“ wird zwischen akzessorischen und fiduziarischen (bzw. abstrakten) Sicherheiten unterschieden.148 Bestand, Umfang und Dauer akzessorischer Sicherheiten sind unabdingbar an Bestand, Umfang und Dauer der besicherten Forderung gebunden. Ohne eine zugrunde liegende Schuld kann das Sicherungsrecht nicht begründet werden. Ist die Kreditschuld vollständig getilgt, so ist die Sicherheit unwiederbringlich erloschen. Es besteht somit eine untrennbare Verknüpfung zwischen Schuld und Sicherheit. Zu den akzessorischen Sachsicherheiten gehört bspw. die Hypothek. Bei fiduziarischen Sicherheiten, bspw. Grundschulden, ist der Sicherungsnehmer im Außenverhältnis zu Dritten voll- und selbstständig berechtigter Inhaber der Sicherheit, ohne dass seine Stellung grundsätzlich durch Bestand, Umfang oder Höhe der besicherten Forderung eingeschränkt wird. Somit ist die Grundschuld sehr flexibel übertragbar und der Standard bei Immobilienfinanzierungen in Deutschland.149 Der Sicherungsnehmer ist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben bei abstrakten Sicherheiten jedoch verpflichtet, die Interessen des Sicherungsgebers zu beachten. In der Praxis wird dies durch eine besondere Sicherungsabrede (Sicherungsvereinbarung) erreicht, die eine Verbindung zwischen Forderung und Sicherheit hergestellt.150 Die Sicherungsabrede kann engen oder weiten Cha146
Vgl. exemplarisch Pfingsten 2000, S. 697ff., Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 575, Perridon/Steiner 2007, S. 376f., Grill/Perczynski 2008, S. 371. Vgl. Grill/Perczynski 2008, S. 371. 148 Vgl. exemplarisch Jäger/Voigtländer 2006, S. 29, Perridon/Steiner 2007, S. 377, Grill/Perczynski 2008, S. 371. 149 In den angelsächsischen und skandinavischen Ländern sind ebenso nicht-akzessorische/fiduziarische Sicherungsrechte bei Immobilienfinanzierungen vorherrschend. In südeuropäischen Ländern überwiegen dagegen traditionellerweise akzessorische Hypotheken. Vgl. Jäger/Voigtländer 2006, S. 29. 150 Vgl. Grill/Perczynski 2008, S. 371. 147
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rakter haben. Von einer engen Sicherungsabrede wird gesprochen, wenn die vereinbarte Sicherheit ausschließlich zur Besicherung des spezifisch gekennzeichneten Kredits verwendet werden soll. Bei einer weiten Sicherungsabrede sind die Verwertungsmöglichkeiten nicht auf den Ausfall eines bestimmten Kredits beschränkt. Vielmehr besichern diese Sicherheiten dann alle bestehenden und zukünftigen Forderungen gegen den Kreditnehmer. Darüber hinaus ist bei Kapitalgesellschaften, deren Eigentümer nicht unbeschränkt persönlich haften, die Unterscheidung nach der Quelle der Haftungsmasse zwischen internen und externen Sicherheiten erforderlich.151 Interne Sicherheiten beziehen sich auf bevorzugte Rechte am Unternehmensvermögen, wie bspw. eine Sicherungsübereignung betrieblicher Maschinen/Anlagen oder eine Grundschuld/Hypothek auf ein Gebäude aus dem Betriebsvermögen. Interne Sicherheiten schränken den Handlungsspielraum der Unternehmung ein, ohne dass die Haftungsmasse des Kreditgebers im Insolvenzfall quantitativ erweitert wird. Lediglich die Zugriffsrechte im Insolvenzfall werden qualitativ verbessert, d.h. der Kreditgeber hat vor allen anderen Insolvenzgläubigern ein Recht auf Verwertung des besicherten Objekts.152 Im Unterschied hierzu ermöglichen externe Sicherheiten Zugriff auf Haftungsmassen, die nicht zum Unternehmensvermögen zu rechnen sind, d.h. auf Teile des Privatvermögens oder das gesamte Vermögen des Schuldners oder anderer Bürgen bzw. Garantiegeber. Im Rahmen einer Verlustübernahmevertrags oder einer Patronatserklärung wird eine eventuell vorhandene Muttergesellschaft für die Kreditverbindlichkeiten mitverpflichtet. Im Insolvenzfall führen externe Sicherheiten somit nicht direkt, sondern nur mittelbar zu monetären Konsequenzen für den Kreditnehmer.
151
Vgl. Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 576. Bei Einzelunternehmungen, Personengesellschaften oder Privatpersonen ist diese Unterscheidung nicht relevant. Aufgrund der persönlichen Haftung des Eigentümers für die Verbindlichkeiten der Einzelunternehmung/Personengesellschaft ist die Grenze zwischen Betriebs- und Privatvermögen praktisch aufgehoben. Laut Bigus/Langer/Schiereck 2005, S. 578, Fußnote 13, werden in der „Finance“-Literatur überwiegend externe Kreditsicherheiten betrachtet. Dagegen wird im Forschungsstrang „Law and Economics“ v.a. auf interne Sicherheiten fokussiert. Nach Einschätzung der Autoren verlaufen beide Forschungs- bzw. Literaturstränge zurzeit leider noch weitgehend unabhängig voneinander. 152 Rechtlich werden diese bevorrechtigten Zugriffsmöglichkeiten im Insolvenzfall als Aus- oder Absonderungsrechte bezeichnet. Hierzu siehe insbesondere §§47-48, 49ff. InsO.
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Besonderheiten von Grundpfandrechten Als Möglichkeiten der grundpfandrechtlichen Besicherung von Krediten stehen Banken die Hypothek153 und die Grundschuld154 zur Verfügung.155 Der Schwerpunkt dieses Abschnitts liegt dabei – entsprechend der Bedeutung in der Bankpraxis und im untersuchten Datensatz – auf der Grundschuld.156 In Tabelle 4 werden die Besonderheiten von Grundschulden als besonderer Form einer abstrakten, grundpfandrechtlichen Sachsicherheit vorgestellt. Die Erläuterung von Hypotheken als weiterer Möglichkeit einer grundpfandrechtlichen Besicherung ist grundlegend identisch zu der einer Grundschuld. Wichtigster Unterschied ist, dass es sich bei der Hypothek um eine akzessorische Sicherheit handelt, d.h. Höhe, Umfang und Bestand der Sicherheit sind abhängig von Höhe, Umfang und Bestand der besicherten Forderung. Aus diesem Grund spielt die Hypothek – entgegen des landläufigen Sprachgebrauchs – in der Kreditpraxis eine stark untergeordnete Rolle. Lediglich als Zwangssicherungshypothek157 erlangt das Konstrukt der Hypothek in seltenen Fällen eine Bedeutung bei der Kreditverwertung. Sowohl Grundschulden als auch Hypotheken können nicht nur durch einen freihändigen Verkauf oder durch die Ablösung des Grundpfandrechts durch den Sicherungsgeber verwertet werden. Die zwangsweise Versteigerung des Objekts spielt bei Grundpfandrechten eine herausragende Bedeutung. Daher wird später im Abschnitt 3.2.2.2 der rechtlich stark reglementierte Prozess der Zwangsversteigerung, der primär im ZVG geregelt ist, vorgestellt werden und um einige Ausführungen zur Zwangsverwaltung ergänzt werden.
153
Siehe §§1113 bis 1190 BGB. Vgl. Preißler 2005, S. 333f. Siehe §§1191 bis 1198 BGB. Vgl. Preißler 2005, S. 334ff. Für das Instrument der Rentenschuld vgl. Richard et al. 1999, S. 579, oder Preißler 2005, S. 332. Die Rentenschuld ist vergleichbar mit der Grundschuld. Der Unterschied ist jedoch, dass auf die Rentenschuld immer nur eine regelmßig wiederkehrende Rente zu zahlen ist (siehe §§1199ff. BGB). Daher ist die Rentenschuld als Kreditsicherheit nicht geeignet. 156 Vgl. Preißler 2005, S. 336. Im recherchierten Datensatz lauten die Bezeichnungen der Variablen ebenfalls aus Vereinfachungsgründen ausschließlich auf Grundschulden (z.B. Grundschuldbetrag), auch wenn nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann, dass es sich um eine Hypothek handelt. 157 Siehe §§1184ff. BGB. Vgl. Preißler 2005, S. 336. 154 155
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Art der Sicherheit Exemplarisch für Typischerweise reservierte Vermögensgegenstände158 Zustandekommen des Sicherungsrechts Interne/externe Sicherheit? Erhöhung der verfügbaren Haftungsmasse Personen-/Sachsicherheit? Akzessorisch/abstrakt? Wertbeeinflussende Faktoren (sicherheitenspezifisch) Existenz eines liquiden Sekundärmarkts Zeitlicher Wertverfall
Rechtliche Grundlagen
Praxisrelevanz in der Kreditbesicherung „Strategische“ Bedeutung für Sicherungsgeber/Kreditnehmer Welche rechtlichen Voraussetzungen hat eine Verwertung im Insolvenzfall? Aufwendigkeit der Erfüllung der rechtlichen Vorraussetzungen Wie erfolgt die Verwertung im Insolvenzfall?
Grundschuld Verpfändung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten Grundstücke und Gebäude (gewerblich, wohnwirtschaftlich und gemischte genutzte Immobilien, baureife/landwirtschaftliche Grundstücke, …), Schiffe Einigung, Auflassung159 und Eintragung im Grundbuch bzw. Schiffsregister Beides möglich Bei internen Sicherheiten: Nein Bei externen Sicherheiten durch Drittsicherungsgeber: Ja Sachsicherheit Abstrakt Größe, Lage, Art, Zustand und Ausstattung der Bebauung usw. Bedingt, u.a. abhängig von Objektart, -ausstattung und -standort Bei Grundstücken i.d.R. kein zeitlicher Verfall, bei Gebäuden tendenziell geringer zeitlicher Wertverfall (bei Gebäuden können jährlich zwischen 2 und 4% des Objektwerts als Abschreibungsaufwand gegen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gegengerechnet werden, siehe §7 Abs. 5 EStG) §§1113-1203 BGB bezüglich der Art und Vereinbarung von Grundschulden; ZVG bezüglich der zwangsweisen Verwertung durch Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung; §§49ff. InsO bezüglich der bevorrechtigten Absonderung im Insolvenzfall; Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) bezüglich der Ermittlung von Beleihungswerten; Wertermittlungsverordnung (WertV) bezüglich der Ermittlung von Verkehrswerten Hoch, einer der am häufigsten verwendeten Sicherheiten160 aufgrund der „Greifbarkeit“ und Werthaltigkeit161 von Immobilien und der möglichen Standardisierung von Vereinbarung und Verwertung (siehe BGB, ZVG) Mittel bis hoch aufgrund der wirtschaftlichen Nutzung und/oder wegen emotionaler Bindung an ein Objekt Zwangsvollstreckung in das Grundstück des Schuldners (siehe Abschnitt 3.2.2) Mittel bis hoch (sehr komplexe rechtliche Prozesse und Verfahrensvoraussetzungen) Freihändiger Verkauf bzw. Versteigerung von Grundstück und Gebäude, Grundschuldablösung durch den Sicherungsgeber
Tabelle 4: Überblick über Spezifika der Grundschuld.
158
Vgl. Bitz/Stark 2008, S. 55. Siehe §925 BGB. Als Auflassung wird die dingliche Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber über den Eigentumsvorgang bezeichnet. In der Praxis wird die Auflassung i.d.R. mit in den Grundstückskaufvertrag mit aufgenommen (vgl. Preißler 2005, S. 315, Grill/Perczynski 2008, S. 430). 160 In einer Befragung von Bankpraktiker durch Grunert 2005, S. 174ff., werden Grundpfandrechte auf Wohn- und gewerbliche Immobilien am häufigsten als sehr praxisgängig bezeichnet. 161 Laut Grunert 2005, S. 177f., spielen Grundpfandrechte nicht nur eine wichtige Rolle in der Kreditvergabepraxis der Banken, sondern werden von Bankpraktikern bei Ausfall des Kreditnehmers als sehr werthaltig eingestuft. Diese Einschätzung bestätigt sich teilweise in der empirischen Untersuchung von Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 74f., die für Wohn- und gewerbliche Immobilien im Mittelwert höhere Verwertungsquoten als im Mittel aller Sicherheitenarten feststellen. 159
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3.1.2 Bedeutung grundpfandrechtlicher Kreditsicherheiten in Basel II Um mit dem begrenzten und teuren Gut des Risikodeckungskapitals möglichst hohe Erträge zu erzielen, müssen Banken darauf achten, dass einzelne Geschäfte das Risikokapital nicht zu stark belasten. Es steigt die Wichtigkeit, Risikominderungsinstrumente (z.B. Sicherheiten) effizient einzusetzen, um damit eine optimale Ausnutzung des Risikokapitals (im Sinne einer hohen Belegung durch effektive Kreditvolumina) zu ermöglichen.162 Wenn es im Folgenden um die Einflussfaktoren auf den Wert einer Sicherheit bzw. den Prozess der Sicherheitenverwertung von immobilen Wirtschaftsgütern geht, ist es daher sinnvoll, vorab zu erläutern, ob bzw. welche Möglichkeiten der Berücksichtigung von Sicherheiten, insbesondere von Grundschulden, als kreditrisikomindernde Faktoren laut SolvV gegeben sind und welche qualitativen und quantitativen Anforderungen bei anerkennungsfähigen Sicherheiten an die Wertermittlungsverfahren und Verwertungsprozesse von Seiten der Bankenaufsicht gestellt werden. Ohne dem Ergebnis vorauszugreifen, ist durch die Betrachtung des Ziels von Basel II – der risikosensitiveren Eigenkapitalunterlegung und der damit verbundenen Annäherung des regulatorischen an das ökonomische Kapital – klar, dass das Sicherheitenmanagement zukünftig nicht mehr nur für Controller und das Meldewesen von Bedeutung ist, sondern im Rahmen einer risikound ertragsorientierten Banksteuerung viele Mitarbeiter betreffen wird.163 Es ist unstrittig, dass Sicherheiten durch die Option auf ihre Verwertung bei Kreditausfall zu einer Reduktion des Ausmaßes/der Severity des Adressenausfallrisikos beitragen können.164 Diesen Gesichtspunkt spiegeln die „alten“ bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften (Grundsatz I) nicht in tatsächlichem Umfang wider.165 Fraglich ist, wie die Überarbeitung der bankaufsichtsrechtlichen Regelungen die Herausforderung der Annäherung der Sicherheitenberücksichtigung an die ökonomische Risikominderung gemeistert hat. Hierzu werden zuerst die Regelungen der „Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten“ (SolvV) durchleuchtet, die seit dem 01.01.2007 die weltweit geltenden Empfehlungen der quantitativen Säule 1 von Basel II in nationales, deut162
Vgl. Achtelik/Drexler/Flach 2007b, S. 86. Vgl. Achtelik/Drexler/Flach 2007b, S. 86. Vgl. Abschnitt 2.2. 165 Vgl. Flach 2007, S. 3. 163 164
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sches Recht umsetzen. Danach erfolgt die Betrachtung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) als Konkretisierung der qualitativen Säule 2 unter besonderer Berücksichtigung von Grundschulden. 3.1.3 Bedeutung grundpfandrechtlicher Kreditsicherheiten in der SolvV Durch die Umsetzung der ersten Säule von Basel II in deutsches Recht, die durch das Inkrafttreten der SolvV erfolgt ist, ergeben sich für die Kreditinstitute vielfältige Änderungen für das Management von Kreditsicherheiten. Zwar konnten bereits im Grundsatz I166 Grundpfandrechte auf bestimmte Wohn- und Gewerbeimmobilien eigenkapitalmindernd berücksichtigt werden. Im Vergleich zu den bisherigen Regelungen des Grundsatzes I ist der Kreis der anerkennungsfähigen Sicherheiten unter der SolvV aber erheblich ausgeweitet worden und die Methoden zur Messung des Ausmaßes der Kreditrisikominderung sind wesentlich verfeinert worden.167 Dies gilt allerdings nur bei Einhaltung vielfältiger Mindestanforderungen. Daher werden im Folgenden zuerst die allgemeinen Mindestanforderungen an die Berücksichtigung von Kreditrisikominderungstechniken vorgestellt, bevor auf die speziellen Mindestanforderungen für Grundpfandrechte auf Immobilien eingegangen wird. Dabei wird zwischen dem KreditrisikoStandardansatz (KSA) und den auf internen Ratings basierenden Ansätzen zu differenzieren sein. Allgemeine Anforderungen an die Verwendung von Kreditrisikominderungstechniken regeln §§154 Abs. 1 Satz 2 und 172 SolvV.168 Nach §154 Abs. 1 Satz 2 müssen berücksichtigungsfähige Sicherheiten während der gesamten Laufzeit des zugrunde liegenden Kreditengagements rechtlich wirksam und durchsetzbar sein. Dies wird in §172 SolvV konkretisiert. Danach muss ein Institut nachweislich über angemessene Risikosteuerungsprozesse zur Kontrolle der mit Sicherheiten verbundenen Risiken verfügen (§172 Abs. 1 SolvV), auch für Positionen, für die es Kreditrisikominderungstechniken anrechnungserleichternd berücksichtigt. Bei diesen Risiken kann es sich nicht nur um die später gesondert erwähnten rechtlichen Risiken handeln, sondern auch um operationelle, Marktpreis- oder Liquiditätsrisiken. Des Weiteren ist das Institut verpflichtet, eine vollständige Kreditrisikobeurteilung der besicherten Position durchzuführen (§172 Abs. 2 SolvV) sowie die rechtliche Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Sicherheit festzu166 167 168
Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 539ff. (insbesondere Tabelle K5-3, S. 543). Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 544. Vgl. Hahn 2007, S. 140.
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stellen und fortlaufend zu prüfen bzw. sicherzustellen (§172 Abs. 3 SolvV). Diese Prüfungen können von bankinternen oder externen Stellen durchgeführt werden. Die Hinweise des Fachgremiums Sicherheitentechniken, die die allgemeinen Anforderungen der SolvV erläutern und kommentieren, lehnen sich hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen teilweise an die MaRisk an und präzisieren zusätzlich diese zu erfüllenden Standards.169 Hinsichtlich der besonderen Anforderungen an die Verwendung von Kreditrisikominderungstechniken ist grundsätzlich zwischen den drei verschiedenen Ansätzen zur Ermittlung der Eigenkapitalunterlegungspflicht zu unterscheiden. Wie bereits beim ehemaligen Grundsatz I werden durch Immobilien besicherte Kredite im KSA unter bestimmten Voraussetzungen einer speziellen Forderungsklasse („durch Immobilien besicherte Positionen“) zugeordnet, aus der direkt ein Risikogewicht abgeleitet wird.170 Bei den auf internen Ratings basierenden (IRB-)Ansätzen wird dagegen zwischen dem Kreditrating und dem immobilienwirtschaftlichen Objektrating unterschieden. Grundpfandrechte sind als „sonstige berücksichtigungsfähige Sicherungsinstrumente“ anerkennungsfähig.171 Die Anerkennung möglicher immobiler Sicherheiten erfolgt aber trotzdem aufsichtsrechtlich unter den identischen speziellen Mindestanforderungen wie im KSA, die im Folgenden erläutert werden.172 Konkretisierte Voraussetzungen für Wohnimmobilien und privilegierte Gewerbeimmobilien – sowohl für die Berücksichtigung im KSA als auch im IRB-Ansatz – sind gemäß §§158, 159 SolvV i.V.m. 35 Abs. 2-3, jeweils Satz 1 SolvV: x
Der Wert der Immobilie ist nicht erheblich von der Bonität des Kreditnehmers abhängig, d.h. der Wert der Sicherheit darf nicht wesentlich mit der Kreditqualität des Kontrahenten positiv korreliert sein.
169
Vgl. Protokoll des Fachgremiums Sicherungstechniken vom 22.04.2004. Online unter URL: http:// www.bundesbank.de/download/bankenaufsicht/pdf/fgsicherheiten_protokoll_endfassung.pdf [2008-0206]. Für eine ausführliche Diskussion, Interpretation und Kommentierung dieser allgemeinen Mindestanforderung nach rechtlicher Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit vgl. Achtelik 2007, S. 76ff. 170 Siehe §25 Abs. 1 SolvV i.V.m. §25 Abs. 11 SolvV. 171 Siehe §154 Abs. 1 SolvV i.V.m. §§158-161 SolvV. 172 Vgl. Achtelik/Drexler/Flach 2007b, S. 83ff.
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x
Die Anforderungen des §20a Abs. 4-8 KWG173 und des §172 SolvV werden eingehalten.
x
Das Grundpfandrecht sichert sämtliche Zahlungsverpflichtungen des Schuldners aus der grundpfandrechtlich besicherten Position ab.
x
Bei nicht im Inland gelegenen Immobilien (für Gewerbeimmobilien auch im Inland) ist die Zahlungsfähigkeit des Schuldners nicht erheblich von der wirtschaftlichen Entwicklung der verpfändeten Immobilie oder dem Projekt abhängig, zu dem die Immobilie gehört, sondern von seiner Fähigkeit, die Zahlungsverpflichtungen aus anderen Quellen zu bedienen.174
Auf die letzte Anforderung kann in Deutschland für Wohnimmobilien grundsätzlich verzichtet werden, da diese als anerkennungsfähig definiert sind. Bei gewerblichen Immobilien ist der Verzicht auf die letzte Anforderung möglich, wenn der sogenannte Hard-Test erfüllt ist. Dieser belegt – als Nachweis eines liquiden Markts –, dass bestimmte Höchstverlustgrenzen nicht überschritten werden.175 §175 SolvV, der die spezifischen Mindestanforderungen für die Berücksichtigung als Sachsicherheit im fortgeschrittenen IRB-Ansatz definiert (bspw. für nicht privilegierte Gewerbeimmobilien), legt außerdem fest, dass x
der Wert der Sicherheit mindestens jährlich überwacht werden muss (Nr. 3),
x
das Institut die Verfahren zur Bestimmung der angemessenen Sicherheitenhöhe im Verhältnis zum Kreditbetrag eindeutig und überprüfbar in internen Kreditgrundsätzen und -verfahren dokumentieren muss (Nr. 6),
x
das Institut berechtigt sein muss, die Sicherheit vor Ort zu besichtigen (Nr. 8) und
173
Kurz zusammenfasst ist in den genannten Rechtsquellen Folgendes festgelegt: §20a Abs. 4 KWG regelt, dass die Grundschuld rechtlich durchsetzbar und in angemessener Zeit verwertbar sein muss. §20a Abs. 5 KWG legt fest, dass die Immobilie von einem unabhängigen Sachverständigen zu begutachten ist und maximal der Marktwert als Deckungswert dienen darf. §20a Abs. 6 KWG besagt, dass der Wert der Immobilie in regelmäßigen, festgelegten Abständen überprüft werden muss. In §20a Abs. 7 KWG wird bestimmt, dass Richtlinien zur Kreditvergabe gegen Grundpfandrechte existieren müssen. §20a Abs. 8 KWG legt fest, dass die Bank eine ausreichende Versicherung der verpfändeten Immobilie gegen Schäden sicherstellen muss. §172 SolvV beinhaltet die Pflicht zu angemessenen Risikosteuerungsprozessen zur Kontrolle der mit der Verwendung von Kreditrisikominderungstechniken verbundenen Risiken, zu einer Kreditrisikobeurteilung der besicherten Position durchführen sowie zu einer Feststellung und fortwährenden Sicherstellung der rechtlichen Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit des Grundpfandrechts. 174 Vgl. Hahn 2007, S. 143. 175 Vgl. Hahn 2007, S. 143f. Die Institute müssen die zur Erfüllung des Hard-Tests notwendigen Angaben jährlich der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht melden.
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x
das Institut überwachen muss, dass die berücksichtigte Immobilie angemessen gegen Schäden versichert ist (Nr. 9).
Es wird insgesamt deutlich, dass die Anforderungen sehr umfangreich, aber gleichzeitig wenig konkret sind. Die Handlungsspielräume der Kreditinstitute werden daher erst in Zukunft durch praktische Ausübung, Empfehlungen des Fachgremiums Sicherungstechniken bei der Deutschen Bundesbank und Überprüfung der Verfahren durch selbige offensichtlich werden.176 Im KSA werden Grundpfandrechte auf Immobilien rein formal nicht als Kreditsicherheiten im engeren Sinn, die den Verlust im Insolvenzfall verringern, behandelt. Vielmehr führen Grundpfandrechte dazu, dass der besicherte Forderungsanteil in die spezielle Forderungsklasse „durch Immobilien besicherte Forderungen“ eingeordnet wird. Der Wert, mit dem eine Immobilie hierfür angerechnet werden darf, ergibt sich aus dem sogenannten Realteil: x
60% des Beleihungswerts für wohnwirtschaftliche Immobilien (§35 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SolvV i.V.m. §14 Abs. 1 Pfandbriefgesetz) und
176
Im Rahmen eines EUROFORUM-Seminars „Management von Kreditsicherheiten“ am 22./23. Februar 2007 wurden die allgemeinen Anforderungen wie folgt konkretisiert: Die Überprüfung der rechtlichen Durchsetzbarkeit nach §§154 Abs. 1 S. 2 und 172 Abs. 3 SolvV kann sowohl bankintern durch ausreichend qualifizierte Personen als auch durch einen externen Dritten (bspw. eine Formularkommission oder Anwaltskanzlei) erfolgen. An die organisatorische Einbindung der überprüfenden Stelle gibt es keine konkreten Anforderungen. Die Anforderung an die rechtliche Durchsetzbarkeit gilt gleichermaßen für Standardverträge, bei denen ein (Muster-)Vertrag zu überprüfen ist, wie ebenso für Individualverträge, die alle überprüft werden müssen. Bei Poolverträgen wird es keine gesonderte Behandlung geben. Die Anforderung an die rechtliche Durchsetzbarkeit gilt für alle einschlägigen Rechtsordnungen gleichermaßen. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Überprüfung wurde Folgendes klargestellt: Die rechtliche Überprüfung muss bei erstmaliger Verwendung des Vertrags erfolgen und ist soweit nötig zu wiederholen, um die jederzeitige Durchsetzbarkeit sicherzustellen (anlassbezogene Überprüfung infolge von Rechtssprechungs-/Gesetzesänderungen). Die bankinternen Prozesse müssen hierzu zumindest folgende Bereiche abdecken: kontinuierliche Beobachtung der Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Identifizierung der von einer Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen betroffenen Verträge. Hinsichtlich der Anforderungen an wohnwirtschaftliche Immobilien für die Berücksichtigung als verminderte KSA-Risikogewichte für durch Immobilien besicherte Positionen (siehe §35 Abs. 2 SolvV) wurde Folgendes festgestellt: Die in Nr. 1 geforderte Unabhängigkeit von Objektwert und Kreditnehmerbonität bzw. die mit dieser Bedingung in enger Beziehung stehende Veräußerbarkeit des Objekts wird im deutschen Beleihungswertkonzept als ausreichend berücksichtigt angesehen. Ein gesonderter Nachweis der Unabhängigkeit ist daher wegen ihrer untergeordneten Bedeutung nicht gefordert. Bei der in Nr. 4 geforderten Unabhängigkeit zwischen Kreditnehmerbonität und Zahlungen aus dem Objekt wurde vom Fachgremium Sicherheiten das Wahlrecht, auf diese Anforderung zu verzichten, ausgeübt. Nach Meinung dieses Fachgremiums ist mit dem in Deutschland implementierten Konzept der Beleihungswertermittlung eine ausreichende Übersicherung gewährleistet. Bei gewerblichen Realkrediten gilt hinsichtlich §35 Abs. 3 Nr. 1 SolvV grundsätzlich das Gleiche wie bei den gerade beschriebenen wohnwirtschaftlichen Realkrediten. Es ist hierbei zu beachten, dass durch die vorausgesetzte Drittverwendungsfähigkeit die Unabhängigkeit zwischen Objektwert und Kreditnehmerbonität i.d.R. erfüllt ist. Zusätzlich muss die Bank jedoch interne Prozesse vorhalten, um zu prüfen, ob dieses Kriterium im Einzelfall erfüllt ist.
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x
Minimum aus 50% des Markt-/Verkehrswerts und 60% des Beleihungswerts für gewerbliche Immobilien (§35 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SolvV).177
Die spezielle Forderungsklasse der durch Wohnimmobilien besicherten Kredite erhält dann ein Risikogewicht von 35%, wenn die Forderung vollständig durch Grundpfandrechte/Hypotheken auf Wohnimmobilien abgesichert ist. Die Risikogewichtung für vollständig durch Grundpfandrechte auf Gewerbeimmobilien besicherte Forderungen beträgt 50%.178 Für den IRB-Basisansatz sowie den fortgeschrittenen IRB-Ansatz179 definieren Basel II und die SolvV sogenannte „berücksichtigungsfähige IRBA-Sachsicherheiten“. Dieses sind u.a. bestimmte gewerbliche Immobilien und Wohnimmobilien im engeren Sinn sowie sonstige Sicherheiten, sofern sie spezifische Mindestanforderungen erfüllen.180 Im IRB-Basisansatz, in dem die Kreditinstitute nur die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditnehmers (PD) eigenständig schätzen und die anderen Parameter (LGD, EAD, Maturity M) aufsichtsrechtlich vorgegeben werden, wirken Kreditsicherheiten i.d.R. durch eine Verringerung des LGDs.181 Bei vorrangigen unbesicherten Forderungen wird grundsätzlich ein LGD von 45% vorgegeben.182 Diese kann für den besicherten Teil von vorrangigen Forderungen auf 0% bei anerkannten finanziellen Sicherheiten, 35% bei Forderungsabtretungen und gewerblichen sowie wohnwirtschaftlichen Immobilien183
177
Vgl. Hahn 2007, S. 149. In Ländern, die in ihrem Rechts- und Verwaltungsvorschriften keine strengen Vorgaben für die Bemessung des Beleihungswerts vorgesehen haben, sind generell 50% des Marktwerts anrechenbar. 178 Siehe §35 Abs. 1 Satz 1 SolvV. Die Zuordnung zu einer der Kategorien „Wohnwirtschaftlich/Gewerblich“ erfolgt auf Basis der überwiegenden Nutzung. Hierbei werden im Übrigen nur privilegierte Gewerbeimmobilien anerkannt, die drittverwendungsfähig sind, d.h. für die grundsätzlich eine andere Nutzung oder ein anderer Nutzer gefunden werden kann. Spezifische Objekte, wie bspw. Kühlhäuser und Tankstellen, sind dagegen nur im fortgeschrittenen IRB-Ansatz berücksichtigungsfähig (vgl. Achtelik/Drexler/Flach 2007b, S. 92f.). Im KSA sind neben Grundpfandrechten auf Wohn- und privilegierte Gewerbeimmobilien als Kreditrisikominderungstechniken nur finanzielle Sicherheiten anerkennungsfähig. Finanzielle Sicherheiten bestehen bspw. aus Bareinlagen, Gold, bestimmten Schuldverschreibungen, Investmentfonds und Aktien (für die exakte Definition von finanziellen Sicherheiten siehe §155 SolvV). Für eine beispielhafte Fallstudie zur Eigenkapitalunterlegung eines besicherten Kredits nach dem Basel II-Standardansatz vgl. Gürtler/Heithecker 2005b. 179 Für eine beispielhafte Fallstudie zur Eigenkapitalunterlegung eines besicherten Kredits nach dem IRBAnsatz von Basel II vgl. Gürtler/Heithecker 2005c. 180 Siehe §§159 SolvV. 181 Lediglich Bürgschaften und Kreditderivate sind auf die PD anzurechnen. Vgl. Hahn 2007, S. 153. 182 Siehe §93 Abs. 1 SolvV. Der LGD für nachrangige Forderungen beträgt im IRB-Basisansatz 75%; siehe §93 Abs. 1 Nr. 1 SolvV. 183 Gemäß §338 Abs. 3 SolvV in Deutschland bis zum 30.12.2012 nur 30%.
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und 40% bei sonstigen Sicherheiten gesenkt werden.184 Hierzu bedarf es allerdings eines festgelegten Mindestbesicherungsgrads (= Wert der Sicherheit im Verhältnis zum aktuellen Wert der Forderung), der bei gewerblichen Immobilien und Wohnimmobilien 30% beträgt.185 In einem weiteren Schritt ist der durch die Grundschuld besicherte Kreditbetrag in einen vollbesicherten und einen Blanko-Anteil aufzuteilen. Für den vollbesicherten Teil gilt im Basis-IRB-Ansatz ein LGD von 35%, für letzteren der standardisierte LGD-Wert in Höhe von 45%. Vollbesichert heißt hierbei, dass der Wert der immobilen Sicherheit die aktuelle Kreditforderung mindestens um das 1,4fache (erforderlicher Übersicherungsgrad mindestens 140%) übersteigt.186 Im fortgeschrittenen IRB-Ansatz können die Banken den LGD der Forderung durch bankinterne Schätzungen bestimmen und auf diese Weise die Effekte der (grundpfandrechtlichen) Kreditsicherheiten berücksichtigen. Die Anrechnung von (grundpfandrechtlichen) Sicherheiten kann dabei alternativ sowohl in der PD als auch im LGD erfolgen. Die Verwendung des fortgeschrittenen IRB-Ansatzes, der für die Kreditinstitute aufgrund der umfangreichen Anforderungen an die Systeme zur Schätzung sämtlicher Risikoparameter naturgemäß mit höheren Kosten verbunden ist, wird von der Bankenaufsicht mit einer (voraussichtlich) geringeren Kapitalunterlegung belohnt.187 Da von der Bankenaufsicht angestrebt wird, dass die erforderliche Eigenmittelunterlegung umso geringer ist, je fortgeschrittener das Verfahren zur Kreditrisikomessung ist, können Kreditinstitute durch detaillierteres Wissen über Sicherheiten als Kreditrisiko-
184
Für nachrangige Verbindlichkeiten können die Risikogewichte durch die Anerkennung von Sicherheiten wie folgt gesenkt werden: bis zu 0% bei finanziellen Sicherheiten, 65% bei Immobilien, 65% bei Forderungsabtretungen und 70% bei IRBA-Sachsicherheiten. Siehe §94 Abs. 3 SolvV sowie erläuternd Hahn 2007, S. 153. 185 Siehe §94 Abs. 8 SolvV sowie erläuternd Hahn 2007, S. 149. Zu beachten ist, dass jeder Kredit nur mit einer Sicherheit unterlegt werden kann, so dass Kredite mit mehreren anerkennungsfähigen Sicherheiten in Teilkredite aufzuspalten sind. Auf diese kann jeweils eine Sicherheit angerechnet werden. Zur Lösung diese Optimierungsproblems vgl. Gürtler/Heithecker 2005a und 2005d. 186 Siehe §94 Abs. 7 SolvV. Darüber hinaus gibt es im IRB-Basisansatz bezüglich der durch Immobilien besicherten Forderungen ein alternatives Risikogewicht (siehe §§85 Abs. 5, 100 Abs. 8, 159 Abs. 2 SolvV), das die Maßgabe des Baseler Ausschusses sicherstellt, dass durch Immobilien besicherte Kredite des KSA im IRB-Basis-Ansatz mit maximal 4% Eigenmitteln zu unterlegen sind. Vgl. Hahn 2007, S. 154f. 187 Vgl. Basel Committee on Banking Supervision 2006, S. 1ff. Im Vergleich zu den Eigenmittelanforderungen nach Basel I führt die Einführung des IRB-Basisansatzes laut der fünften Quantitative Impact Study je nach Art der betroffenen Banken zu einer Reduktion von 1,3 bis zu 16,6%. Beim fortgeschrittenen IRB-Ansatz ist eine Reduktion von 7,1% bis zu 29,0% möglich. Ausnahme sind die „other non-G10 Group2“-Banken, die im IRB-Basis-Ansatz von einer Erhöhung um 11,4% sowie im fortgeschrittenen IRB-Ansatz nur von einem Rückgang um 1,0% berichten.
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minderungsmöglichkeiten wahrscheinlich erheblich Eigenkapital einsparen.188 Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, das hierzu erforderliche bankinterne Knowhow voranzutreiben und wertvolle Anregungen zu liefern. 3.1.4 Bedeutung grundpfandrechtlicher Kreditsicherheiten in den MaRisk Die MaRisk, die als Konkretisierung der zweiten, qualitativen Säule von Basel II gelten und die in §25a KWG enthaltene Forderung nach einem angemessenen Risikomanagement konkretisieren, sind der zentrale Regulierungsrahmen für die qualitative Bankenaufsicht in Deutschland. Zu den Rahmenbedingungen der MaRisk zählt grundsätzlich die Formulierung einer Kreditrisikostrategie, in der die Aktivitäten im Kreditgeschäft für einen angemessenen Planungszeitraum konkretisiert werden. Zu berücksichtigen sind hierbei insbesondere die Risikotragfähigkeit des Instituts, die Analyse der geschäftspolitischen Ausgangsposition und die Einschätzung der mit dem Kreditgeschäft verbundenen Risiken.189 Neben den allgemeinen Anforderungen werden bezüglich der Adressausfallrisiken besondere Anforderungen an die Aufbau- und Ablauforganisation im Kreditgeschäft sowie an die Risikosteuerungs- und -controllingprozesse gestellt. Diese beinhalten insbesondere Regelungen zur Funktionstrennung und Votierung sowie zu den Prozessen im Kreditgeschäft.190 Die MaRisk enthalten u.a. Vorschriften zum Management von Sicherheiten. Hierbei treffen die MaRisk keine Unterscheidung nach Art der Sicherheit und enthalten keine besonderen Regelungen für Grundpfandrechte, weshalb die relevanten Vorschriften im Folgenden allgemein vorgestellt werden. Die Anforderungen an die Sicherheiten sind von den Kreditinstituten in einer Sicherheitenstrategie zu dokumentieren. In dieser strategischen Festlegung muss die Bank über Art und Umfang der akzeptierten Sicherheiten sowie insbesondere über die Verfahren zur Wertermittlung dieser Sicherheiten191 entscheiden und ein Verfahren zur Überprü188
Auf diese Weise wird erstens berücksichtigt, dass ein Verlustpuffer in Form von Eigenkapital umso geringer sein muss, je besser und zuverlässiger das Kreditrisiko geschätzt wird. Trotz erhöhter Anforderungen an bankinternes Know-How und Prozesse wird den Kreditinstituten zweitens ein Anreiz gegeben, möglichst fortgeschrittene Berechnungsansätze zu verwenden (vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 544-545). 189 Vgl. Hayn/Holzmayr/Koch 2007, S. 14. 190 Vgl. Hayn/Holzmayr/Koch 2007, S. 27, sowie MaRisk 2007, BTO 1. 191 Vgl. MaRisk 2007, BTO 1.2.1, TZ 4.
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fung, Verwaltung und Verwertung der Kreditsicherheiten festlegen.192 Die Überprüfung bestimmter, unter Risikogesichtspunkten festzulegender Sicherheiten ist außerhalb des Bereichs Markt durchzuführen.193 Vor jeder Kreditvergabe sind Kreditsicherheiten grundsätzlich hinsichtlich ihrer Werthaltigkeit und ihres rechtlichen Bestands zu überprüfen. Hierbei kann bezüglich der Werthaltigkeit auf bereits vorhandene Sicherheitenwerte zurückgegriffen werden, sofern keine Anhaltspunkte für Wertveränderungen vorliegen.194 Für die Feststellung des Sicherheitenwerts bzw. der in Zukunft zu erzielenden Verwertungserlöse sind umfangreiche Informationen erforderlich. Bei Grundpfandrechten sind vielfältige Unterlagen, wie bspw. Objektskizzen, Bautenstandsberichte, Mieterunterlagen, Auszüge aus dem Grundbuch, vonnöten.195 Im Rahmen der Kreditweiterbearbeitung sind die Werthaltigkeit und der rechtliche Bestand der Kreditsicherheiten regelmäßig zu überprüfen. Welche Abstände zwischen den Überprüfungen angemessen sind, muss das Institut in Abhängigkeit der Sicherheitenart und unter Risikogesichtspunkten festlegen.196 Der Turnus für die regelmäßige Überprüfung der Kreditsicherheiten ist in den Organisationsrichtlinien zu fixieren.197 Wenn dem Institut aus in- oder externen Quellen Informationen über eine wesentliche Veränderung der Sicherheiten-Risikoeinschätzung bekannt werden, sind darüber hinaus unverzüglich außerordentliche Überprüfungen der jeweiligen Sicherheiten vorzunehmen. Diese Informationen sind zusätzlich an alle einzubindenden Organisationseinheiten weiterzuleiten.198 Für die außerordentliche Prüfung des rechtlichen und tatsächlichen Sicherheitenbestands können bspw. veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen oder Gerichtsurteile Anlass sein.199
192
Vgl. Hayn/Holzmayr/Koch 2007, S. 8, sowie MaRisk 2007, BTO 1.2, TZ 2. Vgl. MaRisk 2007, BTO 1.1, TZ 7. Im Rahmen der Kleindarlehensgrenze (Darlehensbetrag < 400.000 Euro, inländische Immobilie) ist diese Funktionstrennung zwischen Markt und Marktfolge für die Bewertung bestimmter Immobilien aufgehoben. Gemäß den ergänzenden Erläuterungen kann die Wertgutachtenerstellung auch von fachlich geeigneten Mitarbeitern aus dem Markt übernommen werden, sofern und solange eine marktunabhängige Überprüfung der Wertansätze (materielle Plausibilitätsprüfung) erfolgt. 194 Vgl. MaRisk 2007, BTO 1.2.1, TZ 2. Wird der Wert der Sicherheit maßgeblich von den Verhältnissen eines Dritten beeinflusst (bspw. bei Bürgschaften), ist neben der „normalen“ Kreditwürdigkeitsprüfung eine angemessene Überprüfung der Adressenausfallrisiken des Dritten vorzunehmen (Vgl. MaRisk 2007, BTO 1.2.1, TZ 3). 195 Vgl. Hayn/Holzmayr/Koch 2007, S. 9f. 196 Vgl. MaRisk 2007, BTO 1.2.2, TZ 3. 197 Vgl. Hayn/Holzmayr/Koch 2007, S. 10. 198 Vgl. MaRisk 2007, BTO 1.2.2, TZ 4. 199 Vgl. Hayn/Holzmayr/Koch 2007, S. 11. 193
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62
Für den Fall der Abwicklung eines Kreditengagements ist ein Abwicklungskonzept zu erstellen. In den Sicherheitenverwertungsprozess sind fachkundige Mitarbeiter oder ggf. externe Spezialisten mit entsprechenden Kenntnissen zu integrieren.200 Der in regelmäßigen Abständen – mindestens aber vierteljährlich – zu erstellende Risikobericht, der die wesentlichen strukturellen Merkmale des Kreditgeschäfts enthält und der Geschäftsleitung zur Verfügung zu stellen ist, hat Informationen zu der Entwicklung des Kreditportfolios – bspw. nach Branchen, Ländern, Risiko- oder Größenklassen oder Sicherheitenkategorien – zu enthalten.201 Die Prüfung der Einhaltung der Anforderungen der MaRisk obliegt grundsätzlich der Aufsicht der Deutschen Bundesbank202 und ist außerdem durch den Abschlussprüfer regelmäßig auf Basis eines risikoorientierten Ansatzes zu kontrollieren.203 Laut Hayn/Holzmayr/Koch 2007 werfen die dargestellten Anforderungen der MaRisk für die Abschlussprüfer insbesondere Fragen hinsichtlich x
der Ausgestaltung einer angemessenen marktunabhängigen materiellen Plausibilitätsprüfung,
x
der Festlegung eines akzeptablen Turnus für die regelmäßige Sicherheitenüberprüfung,
x
der adäquaten Behandlung von Sicherheiten in der Problemkreditbearbeitung und
x
der portfoliobezogenen Berichterstattung über Sicherheiten im Rahmen der Risikoberichterstattung
auf. Neben der Überprüfung durch die Deutsche Bundesbank und die Abschlussprüfer hat auch die interne Revision als prozessunabhängiges Element des bankinternen Kontrollverfahrens die Einhaltung und Umsetzung der MaRisk zu überprüfen.204
200
Vgl. MaRisk 2007, BTO 1.2.5, TZ 7. Vgl. MaRisk 2007, BTR 1, TZ 7. Für einen Erfahrungsbericht zur MaRisk-Prüfung durch die Bundesbank vgl. Hayn/Holzmayr/Koch 2007, S. 14ff. 203 Vgl. Hayn/Holzmayr/Koch 2007, S. 27. 204 Vgl. Hayn/Holzmayr/Koch 2007, S. 29f. Die Prüfungsberichte und -ergebnisse der Internen Revision können dabei unter bestimmten Voraussetzungen vom Abschlussprüfer für seine Arbeit verwertet werden. 201 202
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3.2
Grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten nach der Kreditkündigung
3.2.1 Bankbetriebswirtschaftliche Grundlagen Die Verwertung von Kreditsicherheiten, die den empirischen Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit darstellt, wird im Rahmen des passiven Kreditrisikomanagements205 in der Kreditabwicklung nach erfolgter Kreditkündigung relevant.206 Unter Kreditabwicklung wird die vorzeitige Beendigung des Kreditverhältnisses verstanden.207 Die Bank kündigt den Kredit und stellt ihn zur sofortigen Zahlung fällig. Die Gründe für eine Kreditkündigung können vielfältig sein. Beispielhaft seien hier genannt: x
Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder Bonitätsverschlechterung des Kreditnehmers ohne Erfolgsaussichten bei (weiterer) Sanierung,
x
Erhebliche Wertminderung der vereinbarten Sicherheiten (ohne Möglichkeiten einer Nachbesicherung),
x
Nichteinhaltung vertraglich vereinbarter Handlungsbeschränkungen (Covenants).
Im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs (stille Liquidation) kommt es zu einer gütlichen Einigung mit dem Kreditnehmer, wobei der Kreditgeber auf einen Teil seiner Forderung verzichtet, um dem Kreditnehmer (evtl. sogar) die Fortführung seiner Tätigkeit zu ermöglichen. Das Vermögen des Schuldners bzw. die Sicherheiten werden dann – teilweise zusammen mit anderen Gläubigern – freihändig verwertet, wobei die Abwicklung ohne den Eingriff staatlicher Organe von den Gesellschaftern bzw. den privaten Kreditnehmern selbst eingeleitet wird.208 Im Unterschied dazu steht der gerichtliche Vergleich, bei dem zur Verwertung von Sicherheiten bzw. des Kreditnehmervermögens staatliche Organe im Rahmen der
205
Beim passiven Kreditrisikomanagement unterscheiden Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007 zwischen Kreditüberwachung, Kreditsanierung und Kreditabwicklung (S. 525-531). U.U. kann die Verwertung einzelner Sicherheiten, die beim Kreditnehmer nicht zur Fortführung des Geschäftsbetriebes benötigt werden, als Maßnahme der Kreditsanierung verstanden werden. Dies ist dann der Fall, wenn ein notleidender Kredit durch die Zahlungsströme aus der Sicherheitenverwertung wieder in ordnungsgemäße Bahnen geleitet werden kann, d.h. bspw. ausstehende Kreditraten beglichen und/oder zukünftige Raten verringert werden können. Außerdem ist im Rahmen der Kreditüberwachung die regelmäßige Überprüfung der Sicherheitenwerte notwendig, um erhebliche Wertverschlechterungen frühzeitig zu erkennen sowie evtl. eine Nachbesicherung durchführen oder das Kündigungsrecht nach Art. 13 Nr. 2 AGB-Banken ausüben zu können. 207 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 529. 208 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 529f. 206
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64
Zwangsvollstreckung209 beteiligt werden. Voraussetzung hierfür ist ein vollstreckbarer Titel (öffentliche Urkunde), die den Kreditnehmer zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme zwingt und über ein gerichtliches Mahnverfahren oder ein Klageverfahren210 erlangt werden kann. Die Durchsetzung der Zwangsvollstreckung erfolgt durch den Gerichtsvollzieher bei Ansprüchen auf körperliche Gegenstände211 oder durch das Amtsgericht bei sonstigen Ansprüchen212. Sollte die Zwangsvollstreckung nicht erfolgreich sein, kann der Gläubiger vom privaten Schuldner eine eidesstattliche Versicherung (EV)213 verlangen, bei der der Schuldner eine Aufstellung über seine Vermögenswerte erstellt und dessen Richtigkeit an Eides statt versichert.214 Bei kollektiven Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die in Form des gerichtlichen Vergleichsverfahrens und des Insolvenzverfahrens existieren, sind besicherte Gläubiger bevorrechtigt und nicht dem Vergleich unterworfen. Vielmehr haben sie ein Absonderungsrecht auf die besicherten Vermögensgegenstände.215 Gleiches gilt für das Insolvenzverfahren, in dem die Gläubiger – vertreten durch einen zuerst per Gerichtsbeschluss, später per Gläubigerversammlung zu bestimmenden Insolvenzverwalter – die Liquidation des Schuldnerunternehmens betreiben. Besicherte und damit absonderungsberechtigte Gläubiger können sich vorab aus der Verwertung der Sicherheiten befriedigen und nehmen nur in Höhe ihrer danach verbleibenden, unbesicherten Forderung am Insolvenzverfahren teil. Da Banken i.d.R. durch die laufende Konto- und Kreditführung einen sehr guten Überblick über die Kreditwürdigkeit und (zukünftige) Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers haben, kündigen sie gefährdete Kredite häufig frühzeitig und verwerten ihre Sicherheiten, so dass sie nicht mehr bzw. nur in geringem Ausmaß am Insolvenzverfahren teilnehmen.216 Banken müssen bei der Verwertung von Grundpfandrechten i.d.R. den Weg der gesetzlichen
Zwangsvollstreckung,
genauer
gesagt
der
Zwangsverwaltung
oder
209
Siehe §§803ff. ZPO bzw. für den Spezialfall der Zwangsvollstreckung in Grundstücke Abschnitt 3.2.2. Vgl. Richard et al. 1999, S. 639., Wurm/Wolf/Ettmann 1999, S. 342-346, Grill/Perczynski 2008, S. 452ff.. Wurm/Wolf/Ettmann 1999, S. 342 und S. 344 (im Original teilweise hervorgehoben), definieren: „Das gerichtliche Mahnverfahren ist ein formularmäßig durchgeführter, abgekürzter Zivilprozess, der dem Gläubiger (= Antragsteller) schnell und kostengünstig einen Vollstreckungstitel verschafft (§§688703d ZPO). […] Das Klageverfahren (Zivilprozess) ist das ordentliche Verfahren der Gerichte zur Klärung von Rechtsstreitigkeiten und zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen.“ 211 Siehe §§808-827 ZPO. 212 Siehe §§828-871 ZPO. 213 Siehe §§899-915h ZPO. 214 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 530. 215 Siehe §§49-52 InsO. 216 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 530-531. 210
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-versteigerung, gehen. Daher werden diese wichtigen Maßnahmen im Folgenden ausführlich erläutert. 3.2.2 Grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten in der Zwangsvollstreckung 3.2.2.1 Zwangsverwaltung Die Zwangsverwaltung ist neben der Zwangsversteigerung eine selbstständige und gleichberechtigte Art der Zwangsvollstreckung in Grundstücke.217 Ziel ist es, den Gläubiger aus den laufenden Erträgen des Grundstücks zu befriedigen. Bedeutend ist die Zwangsverwaltung insbesondere, falls die Immobilie gesichert, repariert oder fertiggebaut werden soll oder Miet- und Pachteinnahmen vorhanden sind.218 Bei Erfüllung der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen wird die Zwangsverwaltung auf Antrag des Gläubigers durch das Amtsgericht angeordnet. Hierdurch wird das Grundstück zu Gunsten des Gläubigers beschlagnahmt und ein Zwangsverwaltungsvermerk im Grundbuch eingetragen, aus dem ein Veräußerungsverbot resultiert. In der Zwangsverwaltung wird dem Grundstückseigentümer – im Unterschied zur Zwangsversteigerung – durch die Beschlagnahme die Verwaltung und Nutzung des Grundstücks vollständig entzogen. Auf diese Weise kann der Grundpfandrechtsgläubiger die Miet-/Pachtzinsforderungen und die Ansprüche aus den mit dem Eigentum am Grundstück verbundenen dinglichen Rechten auf wiederkehrende Leistungen geltend machen. Hierzu wird vom Amtsgericht ein Zwangsverwalter bestellt, der vom betreibenden Kreditinstitut vorgeschlagen werden kann (sogenannter Institutsverwalter). Die Einnahmen in der Zwangsverwaltung werden zunächst für die Verwaltungs- und Bewirtschaftungskosten, die Verwaltervergütung, die Verfahrenskosten und das bei Wohnungs- oder Teilungseigentum zu bestreitende Wohngeld verwandt. Die verbleibenden Einnahmen werden gemäß einem Teilungsplan auf die Ansprüche der Grundschuldgläubiger verteilt.219 Die Zwangsverwaltung wird durch Beschluss aufgehoben, wenn der betreibende Gläubiger vollständig befriedigt ist, der Gläubiger seinen Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung zurücknimmt oder im parallel verlaufenden Zwangsversteigerungsverfahren ein Zuschlag erteilt wird.220 217
Beide Arten der Zwangsvollstreckung können parallel durchgeführt werden. Vgl. Schmidt 2004, S. 97, Preißler 2005, S. 379. Für die Rangordnung der einzelnen Rangklassen vgl. §10 ZVG. 220 Vgl. Schmidt 2004, S. 97ff. 218 219
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3.2.2.2 Zwangsversteigerung Grundsätzliches Eine Zwangsversteigerungsmaßnahme steht am Ende einer langwierigen Kette von Bemühungen seitens des Gläubigers und des Schuldners, die gescheiterte Finanzierung zu retten und Rückflüsse aus anderen Quellen zu generieren, um die Zwangsmaßnahme – die zwangsweise Verwertung des Objekts – zu verhindern.221 Dies liegt vor allem an dem langandauernden, komplexen und nur bedingt kalkulierbaren Verlauf eines Zwangsversteigerungsverfahrens, das im Folgenden in seinen wesentlichen Zügen aus Sicht der Gläubiger vorgestellt wird.222 Ziel des Verfahrens ist es, die Forderung gegen den Schuldner aus der Verwertung des Grundstücks zu befriedigen. Sollte vor der endgültigen Zwangsversteigerung noch ein anderer Weg der Forderungsbefriedigung gefunden werden, kann das Verfahren zu jedem Zeitpunkt eingestellt werden. Üblicherweise wird der freihändige Verkauf einer Zwangsversteigerung vorgezogen, da die hieraus zu erzielenden Erlöse i.d.R. höher sind,223 die Befriedigung der ausstehenden Forderung sicherer und der Veräußerungsprozess besser steuerbar ist.224 Dies wird allerdings zumeist – insbesondere bei vielen Grundbuchgläubigern – dadurch verhindert, dass beim normalen freihändigen Verkauf alle im Grundbuch eingetragenen Berechtigten und der Sicherungsgeber dem Kaufvertrag zustimmen müssen. Noch selten wird in Deutschland von der weiteren alternativen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Immobilie freiwillig zu versteigern.
221
Mögliche andere Aktionen zur Verhinderung von zwangsweisen Maßnahmen zur Grundpfandrechtsverwertung sind bspw. der freihändige Verkauf, die Vereinbarung von Ratenzahlungen auf die Kreditschuld oder die Ablösung der Grundschuld durch den Sicherungsgeber. 222 Für eine detaillierte Darstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens aus Sicht der Gläubiger, der Bietinteressenten und sonstiger Beteiligter vgl. Knees 2003, Schmidt 2004, S. 88ff., Preißler 2005, S. 377ff., Gerhards/Keller 2006. 223 So berichten Gerhards/Keller 2006, S. 18, davon, dass Eigentumswohnungen in der Zwangsversteigerung im Durchschnitt 60-70% des Verkehrswerts erzielen, Einfamilienhäuser ca. 75-95% desselben. 224 Wenn die eigene Rangstelle im Grundbuch derart günstig ist, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer Befriedigung der eigenen Forderung gerechnet werden kann, wird regelmäßig eine harte Linie gefahren. Bei einem freihändigen Verkauf muss beachtet werden, dass an nachrangige Gläubiger, die bei einer Zwangsversteigerung wahrscheinlich leer ausgegangen wären, mindestens „Lästigkeitsprämien“ bezahlt werden müssen (Gerhards/Keller 2006, S. 20). Da in der Praxis bei einer freihändigen Veräußerung eines Objekts höhere Erlöse in kürzeren Abwicklungszeiträumen erzielt werden als bei einer Zwangsversteigerung nach dem ZVG, sind vorrangige Grundpfandgläubiger regelmäßig bereit, im Falle der Verwertung diese so genannten Lästigkeitsprämien an die nachrangigen Gläubiger bzw. in die Masse zu entrichten. Mit diesen wird die Zustimmung der nachrangigen Grundbuchgläubiger, die in einer Zwangsversteigerung meistens leer ausgehen würden, zu einem freihändigen Immobilienverkauf „erkauft“ (vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 20, Nickert 2006, S. 593).
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Das Zwangsversteigerungsrecht, das grundlegend im ZVG festgehalten ist, wird bestimmt durch den Deckungs- und Übernahmegrundsatz. Demnach sind beim Versteigerungstermin nur Gebote zugelassen, die über dem geringsten, zuvor festgelegten Gebot liegen (Deckungsgrundsatz). Der Ersteher muss außerdem alle im Grundbuch eingetragenen Rechte, die dem bestrangig betreibenden Gläubiger vorgehen, in vollem Umfang dinglich übernehmen (Übernahmegrundsatz). Mit dem Zuschlag erlöschen gleichzeitig das Recht des bestrangig besicherten Gläubigers sowie alle ihm im Range gleichstehenden und nachrangigen Rechte. Diese werden so lange durch den Versteigerungserlös befriedigt, wie dieser ausreicht.225 Als Vollstreckungsgericht fungiert – unabhängig vom Wert des zu versteigernden Objekts – das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die Immobilie befindet.226 Der Verfahrensablauf Die Ernsthaftigkeit einer Zwangsvollstreckungsandrohung im Rahmen einer missglückten Finanzierung wird seitens der Bank durch die Kündigung der Grundschuld und die Zustellung des vollstreckbaren Titels aus der notariell zu beurkundenden Grundschuldbestellungsurkunde bestärkt. Diese wird vom Notar ausgestellt und bspw. durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt.227 Sollte diese Warnung ohne Erfolg im Sinne eines anderweitigen Erfüllens der ausstehenden Forderung oder der Vereinbarung eines entsprechenden neuen Tilgungsplans bleiben, folgt regelmäßig nach einer Wartefrist von zwei Wochen der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung beim zuständigen Amtsgericht. Dieses prüft die eingereichten Unterlagen (Vollstreckungstitel, Forderungsaufstellung, Bezeichnung des Grundstückeigentümers, Grundbuchauszug mit genauer Bezeichnung des Versteigerungsobjekts) und leitet ohne vorherige Anhörung des Schuldners das Zwangsversteigerungsverfahren durch einen Beschluss zur Zwangsversteigerungsanordnung (§§15ff. ZVG) ein. Dieser Beschluss wird dem Schuldner zugestellt, die Grundbuchberechtigten erhalten eine formlose Mitteilung und beim zuständigen Grundbuchamt wird durch Anordnungsbeschluss die Zwangsversteigerung in Abteilung
225
Vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 19f. Vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 28ff. Bei Banken ist es im Rahmen der Grundschuldurkunde üblich, eine Unterwerfungsklausel nach §800 ZPO aufzunehmen, durch die sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen, d.h. auch seiner Immobilie, unterwirft.
226 227
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II des betroffenen Grundbuchs eingetragen.228 Nach §27 ZVG ist es jedem weiteren Grundbuchgläubiger unbenommen, einem bereits laufenden Zwangsversteigerungsverfahren beizutreten.229 Der Zwangsversteigerungsanordnungsbeschluss des Amtsgerichts gilt gegenüber dritten Gläubigern zu Gunsten des Grundschuldgläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks mit der Folge, dass zukünftige Verfügungsgeschäfte des Schuldners über das Grundstück und dessen Zubehör230 zu Lasten der Gläubiger unwirksam sind (Veräußerungsverbot). Die Nutzung des Grundstücks und Gebäudes sowie die nicht von der Beschlagnahmung erfassten Miet-/Pachtzinsforderungen und Ansprüche aus anderen Reallasten stehen dem Schuldner aber weiterhin zu.231 In der Praxis wird daher i.d.R. die Anordnung der Zwangsverwaltung parallel zum Zwangsversteigerungsverfahren beantragt. Im Rahmen der Zustellung des Anordnungsbeschlusses wird der Grundstückseigentümer auf die ihm zustehenden Einspruchsmöglichkeiten hingewiesen, die überwiegend in der ZPO geregelt sind, bspw. Vollstreckungsabwehrklagen (§767 ZPO) Klage gegen die Vollstreckungsklausel (§768 ZPO) oder Einwendungen gegen die Art und Weise der Zustellungen. Diese bedeuten bei Ausübung eine beträchtliche Störung und Verzögerung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Darüber hinaus kann das Verfahren zu jedem Zeitpunkt auf Antrag des Schuldners für maximal sechs Monate eingestellt werden, wenn Aussicht besteht, dass hierdurch die Zwangsversteigerung vermieden werden kann (§30a ZVG). Dies ist bspw. möglich, wenn der Verkauf der Immobilie nachweislich bevorsteht, ein anderes Kreditinstitut eine Umschuldungszusage getroffen hat oder sich wesentliche Einkommens- oder Vermögensverbesserungen abzeichnen. Der Gläubiger kann bis zu zweimal die Einstellung des Verfahrens bewilligen (§30 ZVG). Stimmen nicht alle beteiligten Gläubiger der einstweiligen Verfahrenseinstellung zu, wird
228
Der Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch bewirkt, dass das Veräußerungsverbot vom öffentlichen Glauben des Grundbuchs erfasst wird. Ein gutgläubiger Erwerb des Eigentums am beschlagnahmten Grundstück ist mit Wirksamkeit gegenüber dem Grundschuldgläubiger ausgeschlossen. 229 Vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 31ff. 230 „Zum Zubehör einer Immobilie gehören insbesondere bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteil des Grundstücks zu sein, dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks zu dienen bestimmt sind und in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen, wie bspw. Einbauküche, Büroeinrichtung, Ladeneinrichtung, Baumaterial. Nicht zu verwechseln mit dem Zubehör sind die wesentlichen Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes. Dazu zählen die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.“ Gerhards/Keller 2006, S. 38 [im Original teilweise fett hervorgehoben]. 231 Vgl Schmidt 2004, S. 90, Gerhards/Keller 2006, S. 37f.
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das Verfahren für die anderen Gläubiger fortgeführt, so dass evtl. die Bietzeit und das geringste Gebot geändert werden müssen.232 Zur Festlegung späterer Wertgrenzen im Verfahren wird ein vom Gericht anerkannter Gutachter mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens233 beauftragt. Dieser bestimmt einen Besichtigungstermin, zu dem alle Verfahrensbeteiligten eingeladen werden. Der Schuldner ist allerdings nicht verpflichtet, den Zugang zum Objekt zu ermöglichen.234 Nach Fertigstellung des Verkehrswertgutachtens235 werden die Grundbuchgläubiger und der Schuldner innerhalb einer festgesetzten Frist zur Wertanhörung aufgefordert (§74a Abs. 5 ZVG), bevor das Amtsgericht den Verkehrswertfestsetzungsbeschluss (§§74a, 85a, 114a ZVG) trifft. Jeder Einspruch gegen das Gutachten oder die Anfechtung des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses führt wiederum zu einer Verlängerung des Verfahrens.236 Nach Ablauf der Einspruchsfrist wird der Verkehrswert amtlich und das Amtsgericht bestimmt einen Versteigerungstermin. Hierdurch wird das Verfahren öffentlich, d.h. der Termin wird nicht nur den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt, sondern per Aushang oder Zeitungs- und Internetannonce237 veröffentlicht.238 Im Rahmen der Terminvorbereitung durch die betreibende Bank werden regelmäßig die Forderungsansprüche anderer Gläubiger abgefragt und es wird überprüft, ob die Ablösung eventueller Vorranggläubiger zu einer Verbesserung der eigenen Lage führen könnte.239 Außerdem wird entschieden, ob aus taktischen Gründen eine Selbst-
232
Vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 39ff. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung durch die Härteklausel des §765a ZPO, wenn die Zwangsversteigerungsmaßnahme das schutzwürdige Interesse des Gläubigers verletzten würde. 233 Nach §194 Baugesetzbuch soll der Verkehrswert dem fiktiven Verkaufswert entsprechen, der sich bei einem normalen, freihändigen Verkauf bei vollständiger Konkurrenz auf einem vollständigen Markt ergeben würde. Zu den verschiedenen Methoden der Verkehrswertermittlung vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 49ff. sowie für Bewertungsverfahren im Allgemeinen Dübel/Pfeiffer 1996, S. 135ff. 234 Bei einer nicht erfolgten Innenbesichtigung wird der Sachverständige einen Sicherheitsabschlag auf den Verkehrswert vornehmen. 235 Es ist zu beachten, dass gemäß §56 Satz 3 ZVG aus dem Verkehrswertgutachten bei nachträglicher Feststellung von Mängeln keine Gewährleistungsansprüche gegen das Gericht geltend gemacht werden können. Der Sachverständige haftet im Rahmen des §839a BGB (vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 45ff.). 236 Einwendungen gegen das Gutachten werden vom Amtsgericht im Normalfall zur Stellungnahme an den sachverständigen Begutachter weitergeleitet. Unter Umständen wird ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben. 237 Vgl. beispielhaft folgende URL: http://www.zvg-nrw.de [2008-11-01], http://www.argetra.de [200811-01], http://www.unika.de [2008-11-01] bzw. http://www.zwangsversteigerung.de [2008-11-01]. 238 Vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 53ff. 239 Eine Verbesserung der eigenen Lage könnte sich bspw. durch die Veränderung des Geringsten Gebots, durch die Übernahme möglicher Versagensrechte oder die Prozesssteuerung „aus einer Hand“ ergeben.
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Ersteigerung bzw. ein Rettungserwerb angestrebt werden soll, um das Objekt ohne Druck des Zwangsversteigerungsverfahrens später besser zu verwerten. Hierbei muss die Befriedigungsfiktion gemäß §114a ZVG beachtet werden, d.h. der Gläubiger muss dem Schuldner 70% des gerichtlichen Verkehrswerts gutschreiben, obwohl er eventuell den Zuschlag unterhalb dieses Werts erhält. Des Weiteren wird der Gläubiger einige Wochen vor dem Versteigerungstermin seine Ansprüche und Rechte beim Amtsgericht anmelden, da regelmäßig nicht alle Forderungen aus dem Grundbuch ersichtlich sind. Nach §42 Abs. 2 ZVG verschickt das Amtsgericht dann ca. vier Wochen vor dem Termin eine Mitteilung an alle Beteiligten, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt.240 Im Rahmen des Termins erfolgt dann die Zwangsversteigerung des Objekts im Auktionsverfahren.241 Zuerst wird das geringste Gebot festgestellt. Dieses bestimmt sich in der Weise, dass auf jeden Fall die Rechte, die dem betreibenden Gläubiger vorgehen, und die aus dem Versteigerungserlös vorweg zu entnehmenden Verfahrenskosten gedeckt sind.242 Der Zuschlag erfolgt direkt per Gerichtsbeschluss an den Meistbietenden, sofern keine rechtlichen Versagensgründe (Nichterreichen der 5/10-Grenze = absolutes Mindestgebot im ersten Versteigerungstermin) vorliegen und die Verfahrensbeteiligten keine diesbezüglichen Anträge stellen (bspw. wegen Nichterreichen der 7/10-Regel = relatives Mindestgebot). Der Zuschlag kann auf Antrag von Gläubiger- oder Schuldnerseite für eine begrenzte Zeit (zwei bis drei Wochen) ausgesetzt werden, um eine Nachbesserung des Meistgebots zu erreichen oder den betreibenden Gläubiger anderweitig abzulösen. Der Zuschlagsbeschluss (§82 ZVG) ersetzt den notariellen Kaufvertrag und ist Nachweis der neuen Eigentumsverhältnisse.243 Nach der Versteigerung (ca. sechs Wochen) wird vom Amtsgericht ein Verteilungstermin anberaumt, zu dem alle Gläubiger und Berechtigten ihre tatsächlichen persönlichen Forderungen und Ansprüche anmelden. Diese sind meist nicht identisch mit den im Zwangsversteigerungsverfahren geltend gemachten dinglichen Forderungsanmeldungen. Im Teilungsplan legt der Rechtspfleger daraufhin fest, welcher Gläubiger auf
240
Vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 61ff. Zum Ablauf des Termins selbst vgl. Schmidt 2004, S. 94f., Gerhards/Keller 2006, S. 69ff. Vgl. Schmidt 2004, S. 94. 243 Vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 79ff. 241 242
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Grund welcher Ansprüche wie viel aus dem Erlös (Teilungsmasse §§107, 114 ZVG)244 erhält. Entsprechend der Rangfolge der Ansprüche gemäß §10 ZVG wird zugeteilt, solange Masse vorhanden ist. Nach Durchführung des Teilungsplans erfolgt letztendlich die Berichtigung des Grundbuchs, d.h. insbesondere die Löschung der bisherigen Grundpfandrechte in Abteilung III und die Eigentumsberichtigung.245 3.3
Besonderheiten der Sicherheiten-Verwertungsquote von Grundpfandrechten
Die Verwertungsquote von Sicherheiten wird im Allgemeinen definiert als Barwert (BW) der Rückflüsse aus der Kreditsicherheit im Verhältnis zum Sicherheitenwert:246 Sicherheiten-Verwertungsquote =
BW (Rückflüsse) Sicherheitenwert
(2) .
Die Rückflüsse setzen sich zusammen aus Einzahlungen aus der Verwertung des Objekts und Auszahlungen für die Objektverwertung. Diese Zahlungsströme werden i.d.R. auf den Betrachtungszeitpunkt, bspw. den Insolvenzeintritt, den Kreditkündigungstermin oder einen bestimmten, anderen Zeitpunkt (bspw. ein Jahr nach Kreditkündigung oder den Zeitpunkt der Forderungsübernahme durch eine spezialisierte Verwertungsbank) abgezinst. Der BW der Rückflüsse wird ins Verhältnis gesetzt zum Wert der Sicherheit zum Zeitpunkt des Kreditausfalls, der Neubewertung oder der Übernahme durch eine Verwertungsgesellschaft. Abbildung 6 zeigt die einzelnen Bestandteile der Sicherheiten-RR. Diese Einzelbestandteile der RR werden in den Abschnitten 3.3.1 bis 3.3.5 allgemein diskutiert, bevor in den Kapiteln 4 und 5 auf die konkreten Daten der vorliegenden Arbeit eingegangen wird.
244
Die Teilungsmasse setzt sich zusammen aus dem bar zu zahlenden Betrag des Meistgebots, den Zinsen des Bargebots vom Tage des Zuschlages bis zu dem Tag vor dem Verteilungstermin und dem Erlös aus etwaigen, besonderen Versteigerungen und Zuzahlungen. 245 Vgl. Gerhards/Keller 2006, S. 83ff. 246 Vgl. Grunert 2005, S. 161.
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Diskontierte Einzahlungen aus Verwertung
Verkauf Vermietung Verpachtung
./. Diskontierte Auszahlungen aus Verwertung Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten
Verkauf Vermietung Verpachtung
Kosten für bankeigene Mitarbeiter Gerichtskosten Maklerkosten/Verkaufsprovisionen (Umsatz)-Steuern Zinsbindungskosten
Ertragswert Geschätzter Wert der Sicherheit im Zeitpunkt des Kreditausfalls)
Substanzwert (Ideeller Wert) Bruttowert Nettowert
Abbildung 6: Struktur von Verwertungsquoten.
3.3.1 Ausfallzeitpunkt Ab welchem Zeitpunkt wird in der Banktheorie und -praxis von einem „Default“ bzw. Kreditausfall gesprochen, auf den die Zahlungseingänge aus der Verwertung diskontiert werden? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, wie es scheint. Anstatt eine einheitliche Ausfalldefinition festzulegen, werden üblicherweise verschiedene Ausfallereignisse bestimmt. Der erste Eintritt eines dieser Ereignisse gilt dann als Zeitpunkt des Kreditausfalls.247 So nennen bspw. Eales/Bosworth 1998248 die folgenden drei Kriterien für den Eintritt des Ausfalls eines Kreditnehmers: x
“The reclassification of the loan to doubtful or nonaccrual.
x
The raising of a specific loan loss provision or the write-off of all or part of the loan.
x
A 90-day payment delinquency or ‘account out of order’ classification of more than six months’ duration.”
Auch die Ratingagentur Moody’s definiert unterschiedliche Ereignisse, deren Auftreten einen Ausfall kennzeichnen kann:
247 248
Vgl. Grunert 2005, S. 89. Eales/Bosworth 1998, S. 59.
73
„Moody’s defines a bond default as any missed or delayed disbursement of interest and/or principal, bankruptcy, receivership, or distressed exchange where (i) the issuer offered bondholders a new security or package of securities that amount to a diminished financial obligation (such as preferred or common stock, or debt with a lower coupon or par amount) or (ii) the exchange had the apparent purpose of helping the borrower avoid default.“249 Franks/deServigny/Davydenko 2004 unterscheiden zum Zwecke der Bestimmung des EADs zwischen der Kreditvergabe bzw. der Zeit des „performing loans“ und der endgültigen „emergence (either liquidation or going concern)“ drei verschiedene Phasen: „at distress“, „at default“ (nach Definition von Basel II) und „entry to bankruptcy“.250 Ähnlich argumentieren Dermine/NetodeCarvalho 2006, die drei Default-Definitionen unter den Stichworten „Doubtful“, „In Distress“ und „In Default“ unterscheiden: x
„A loan is classified as ‚doubtful’ as soon as „full payment appears to be questionable on the basis of the available information“ (Hurt/Felsovalyi 1998).
x
A loan is classified as ‘in distress’ as soon as a payment (interest and/or principal) has been missed.
x
A loan is classified as ‘in default’ when a formal restructuring process or bankruptcy procedure is started.”251
Basel II spricht genau dann von einem Kreditausfall (default), wenn der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Dies gilt unabhängig davon, ob auf besondere Maßnahmen, wie bspw. die Sicherheitenverwertung, zurückgegriffen werden muss. Präzisiert wird diese allgemeine Ausfalldefinition bspw. durch die Tatsache, dass eine wesentliche Forderung mehr als 90 Tage überfällig ist.252 Mögliche Indikatoren, die laut Basel II auf eine „unlikeliness to pay“ hindeuten, sind: x
249
„The bank puts the credit obligation on non-accrued status.
Gupton/Gates/Carty 2000, S. 6. Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 35f. Anhand von Beispielen (S. 33f.) machen sie sehr anschaulich, welche Auswirkungen die unterschiedlichen Definitionen des Ausfallzeitpunktes auf die Berechnung der Recovery Rate haben können. 251 Dermine/NetodeCarvalho 2006, S. 1226. 252 Vgl. Basel Committee on Banking Supervision 2005a, TZ 452. 250
74
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x
The bank makes a charge-off or account-specific provision resulting from a significant perceived decline in credit quality subsequent to the bank taking on the exposure.
x
The bank sells the credit obligation at a material credit-related economic loss.
x
The bank consents to a distressed restructuring of the credit obligation where this is likely to result in a diminished financial obligation caused by the material forgiveness, or postponement, of principal, interest or (where relevant) fees.
x
The bank has filed for the obligor’s bankruptcy or a similar order in respect of the obligor’s credit obligation to the banking group. The obligor has sought or has been placed in bankruptcy or similar protection where this would avoid or delay repayment of the credit obligation to the banking group.”253
In Zusammenhang mit verschiedenen Default-Szenarien und -Auslösern differenzieren Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007254 zwischen „Severe Defaults“, zu denen Unternehmensinsolvenzen, Umschuldungen und Forderungsverzichte des Kreditgebers gezählt werden, und „Mild Defaults“, die schwächere Ereignisse wie bspw. Zahlungsverzüge in die Ausfalldefinition einbeziehen.255 Tendenziell gilt, dass der LGD eines Bankkredits umso niedriger ist und die RR umgekehrt umso höher, je weiter die Ausfalldefinition ist.256 Dies ist intuitiv, da sich der Nenner der RR – der Wert des Kredits zum Zeitpunkt der Insolvenz – verringert, je „schwerwiegender“ die finanziellen Probleme des Kreditnehmers sind. Eine ausführliche Analyse der Frage, welchen Einfluss die Ausfalldefinition auf die Höhe der RR von ausgefallenen Bankkrediten hat, liefern Grunert/Volk 2008. In welche Richtung die Ausfalldefinition eine Wirkung auf die Sicherheiten-RR hat, ist dagegen nicht sofort offensichtlich, da der Wert sicherungsübereigneter Gegenstände nicht unmittelbar von den zukünftigen Zahlungsströmen des Kreditnehmers, sondern von den Rückflüssen aus dem Objekt bei Sachsicherheiten bzw. von den persönlichen 253
Basel Committee on Banking Supervision 2005a, TZ 453. Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 449. In der geplanten Reform der Immobilienkreditverkäufe in Deutschland, auf die sich die Regierungsparteien im Sommer 2008 geeinigt haben, ist ebenfalls geregelt, wann ein Kredit als „notleidend“ eingestuft wird und somit von der Bank gekündigt werden kann. Der Kreditvertrag kann demnach nur gekündigt werden, wenn der Darlehensnehmer mit mindestens zwei aufeinaderfolgenden Teilzahlungen und mindestens 2,5% des Nennbetrags des Darlehens in Verzug ist. Vgl. Drost 2008, S. 24. 256 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber 2007, S. 449. 254 255
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Zahlungsströmen des Drittsicherungsgebers bei Personalsicherheiten abhängt. Regelmäßig wird als Maßstab zur Berechnung einer Sicherheiten-Verwertungsquote der Wert des immobilen Objekts zum Zeitpunkt des Kreditausfalls, zum Zeitpunkt der letzten Bewertung oder zum Zeitpunkt der Erstbewertung (d.h. regelmäßig bei Kreditvergabe) verwendet. Dass die gewählte Ausfalldefinition bei der Untersuchung von RRs von großer Bedeutung ist, stellen u.a. Hartmann-Wendels/Winter 2005257 bei der Untersuchung der RR von Leasingkrediten und Grunert 2005258 hinsichtlich der RR von Firmenkundenkrediten heraus. Die Festlegung des Ausfallzeitpunkts ist des Weiteren wichtig für die Entscheidung, auf welchen Zeitpunkt die Zahlungsflüsse aus der Verwertung diskontiert werden. Während es bei Verwertungsquoten von Krediten üblich ist, die Cash Flows auf den Zeitpunkt des Kreditausfalls abzudiskontieren, kommen – insbesondere bei der isolierten Betrachtung der Sicherheitenverwertung – auch andere Zeitpunkte in Frage. Bei spezialisierten Verwertern könnte bspw. die Diskontierung auf den Zeitpunkt erfolgen, zu dem das Kreditengagement samt der verpfändeten Sicherheiten übernommen wurde. Es ist außerdem vorstellbar, dass die Diskontierung auf einen im Voraus festgelegten Zeitpunkt, der das Ende des regelmäßig geplanten WOPs darstellt, erfolgt. Dies hat den Vorteil, dass schneller als vom Controlling geplant erzielte Verwertungserlöse durch Aufzinsung belohnt werden, während verspätete Einzahlungen diskontiert werden. 3.3.2 Einzahlungen Einzahlungen in der Verwertung von Kreditsicherheiten sind aus vielfältigen Quellen möglich. Grundsätzlich kann zwischen wiederkehrenden und einmaligen Einzahlungen sowie zwischen dem Typus des Einzahlers (Kreditnehmer, Drittsicherungsgeber bzw. externe Dritte) unterschieden werden. In Tabelle 5 sind die möglichen Arten von Einzahlungen zusammengefasst. Wiederkehrende Einzahlungen in der Verwertung von grundpfandrechtlichen Sachsicherheiten erfolgen aus der Vermietung und Verpachtung des Sicherungsobjekts (im Rahmen der gesetzlichen Zwangsverwaltung, der kalten Zwangsverwaltung durch den Insolvenzverwalter oder der eigenhändigen Vermietung/Verpachtung durch die Bank). Bei Sicherungsobjekten, die durch Dritte bereitgestellt werden, kann es außerdem vor257 258
76
76
Vgl. Hartmann-Wendels/Winter 2005, S. 127. Vgl. Grunert 2005, S. 110ff.
kommen, dass der Drittsicherungsgeber wiederkehrende Zahlungen an den Gläubiger leistet, um die Verwertung des Objekts zu verhindern. Dies ist bei grundpfandrechtlich
Einmalige Zahlungen
---
Grundschuldablösebetrag
durch den Drittsicherungsgeber
Ratenzahlungen auf die Grundschulden
Grundschuldablösebetrag
Miet- oder Pachtzinsen
Kauf- bzw. Versteigerungsbetrag
durch den Kreditnehmer
Wiederkehrende Zahlungen
durch externe Dritte
beliehenen Immobilien nicht selten.259
Tabelle 5: Einzahlungsarten eines Grundpfandrechts.
Einmalige Einzahlungen werden überwiegend aus dem Verkauf, der Versteigerung oder der Ablösung des Sicherungsobjekts vereinnahmt. Während beim Verkauf oder der Versteigerung die Zahlung durch (externe) Dritte erfolgt, auf die im Nachgang das Eigentum am Objekt übergeht, zahlen bei der Sicherheitenablösung der Kreditnehmer oder Drittsicherungsgeber einen einmaligen Betrag, um das Eigentum bzw. die rechtliche Verfügungsgewalt am Objekt zurückzuerhalten. Dies ist je nach strategischer Bedeutung oder emotionaler Bindung an das Objekt eine wertvolle Option für den Kreditnehmer/Drittsicherungsgeber. Der Kreditnehmer bringt die Ablösungssumme in der Praxis i.d.R. durch eine Umschuldung mit Hilfe anderer Kreditinstitute oder mit Unterstützung von Familie und Bekannten auf. 3.3.3 Auszahlungen Von der erzielten Einzahlung sind „Kosten der Feststellung (Kosten der tatsächlichen Ermittlung des belasteten Gegenstandes und die Prüfung der Rechtsverhältnisse an dem
259
Auch der Kreditnehmer selbst kann regelmäßige Ratenzahlungen erbringen, um die Verwertung der von ihm zur Verfügung gestellten Sicherheiten zu verhindern. Diese werden aber hier nicht als originäre Zahlungen aus der Sicherheit betrachtet, da der Kreditnehmer bereits aus dem Kreditvertrag selbst zu regelmäßigen Tilgungsleistungen verpflichtet ist.
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Gegenstand) und die Kosten der Verwertung (Kosten der Vorbereitung und Durchführung der Verwertung)“260 abzuziehen. Basel II schreibt die Aufnahme direkter und indirekter Inkassokosten in die LGDSchätzung ausdrücklich vor: „[…] When measuring economic loss, all relevant factors should be taken into account. This must include material discount effects and material direct and indirect costs associated with collecting on the exposure. […]“261 Auch nach IAS 39 AG84 ist die Berücksichtigung von direkt zurechenbaren Kosten der Verwertung von Sicherheiten bei der Schätzung von Sicherheitenerlösen vorgeschrieben. In §171 InsO sind für derartige Kosten pauschale Beträge in Höhe von 4% bzw. 5% jeweils vom Bruttoerlös der Verwertung festgelegt. Dies kann als grober Anhaltspunkt dienen
und
sollte
in
jedem
Einzelfall
gesondert
ermittelt
werden.
Ara-
ten/Jacobs/Varshney 2004 berichten, dass sich die Kosten des WOPs ungefähr auf 1% der ökonomischen Verlustquote addieren.262 Ein Grund für den Nicht-Verkauf der Kreditsicherheiten ist die Erhaltung der Option auf Unternehmensfortführung. Durch Vermietung/Verpachtung des gesicherten Gutes kann das Objekt im Besitz (bzw. in der tatsächlichen Herrschaft) des Kreditnehmers/Sicherungsgebers verbleiben. Die Erträge fließen aber dem Kreditgeber zu, der rechtlich die volle Verfügungsgewalt über das Objekt hat und es – bspw. bei Nichteinhalten von Absprachen – kurzfristig verwerten kann. Nach vollständiger Erfüllung der Zahlungsverpflichtung kann der Kreditnehmer wieder die tatsächliche Herrschaft über das Sicherungsgut erlangen und das Sicherungsobjekt auslösen. 3.3.4 Wert des Sicherungsobjekts Grundsätzlich stehen der Bank zur Bewertung von immobilen Kreditsicherheiten verschiedene Konzepte zur Verfügung, die sich nach der Art des zu bewertenden Objekts und dem Ziel der Wertermittlung unterscheiden lassen.263 Die Immobilien- bzw. 260
Richard et al. 1999, S. 644. Basel Committee on Banking Supervision 2005a, Tz. 460. Vgl. Araten/Jacobs/Varshney 2004, S. 29. 263 Bei der Sicherungsübereignung oder Verpfändung von mobilen Wirtschaftsgütern (bspw. Kraftfahrzeuge, Maschinen) existieren i.d.R. liquide Sekundärmärkte, die die Ermittlung eines Marktwerts ermöglichen (bspw. Schwacke-Liste für Kraftfahrzeuge). Von diesem wird – je nach den Richtlinien der Gläubigerbank – ein Abschlag vorgenommen, um Wertschwankungen im Verwertungsfall einzukalkulieren. Ähnliches gilt für die Ermittlung des Beleihungswerts bei Forderungsabtretungen oder der Verpfändung von Guthaben oder Wertpapieren. Während die Guthaben regelmäßig keinen Wertschwankungen unterliegen und daher zu 100% bewertet werden, werden bei (börsennotierten) Wertpapieren je nach Kategorie 261 262
78
78
Grundpfandrechtsbewertung ist mit vielerlei Schwierigkeiten behaftet, weil Immobilien auf Märkten gehandelt werden, die in besonders hohem Maße als unvollkommen gelten müssen.264 In den folgenden Abschnitten 3.3.4.1 und 3.3.4.2 werden verschiedene Wertbegriffe von Immobilien und unterschiedliche Verfahren zur Ermittlung des Objektwerts vorgestellt. Zur Beurteilung eines Grundpfandrechts auf eine Immobilie ist es abschließend nötig, den Objektwert um den Wert möglicher Vorlasten zu berichtigen. Diese können sich aus Abteilung II des Grundbuchs ergeben (bspw. Nießbrauch- oder Wohnrechte)265 und aus vorrangigen Grundpfandrechten in Abteilung III. Erst durch den Abzug dieser werteinschränkenden Vorlasten aus dem Grundbuch ergibt sich der Wert des Grundpfandrechts, der Basis für die Berechnung einer Sicherheiten-Verwertungsquote ist. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 7 dargestellt.
Wert des Grundpfandrechts
Wert der Vorlasten
Wert des Objektes
Ergebnis ist der Sicherheitenwert des Grundpfandrechts
Einflüsse durch Belastungen in Abteilung II (z.B. Nießbrauch) oder Abteilung III (Hypotheken oder Grundschulden)
Einflüsse durch diverse Bewertungsmethoden, Marktumfeld (z.B. Analyse, Hard-Test)
Abbildung 7: Schematischer Ablauf der Ermittlung des Grundpfandrechtswerts. (In Anlehnung an: Achtelik/Drexler/Flach 2007b, S. 89.)
pauschale Abschläge vorgenommen, die die Varianz der Kursentwicklung abbilden sollen. Typische Abschläge sind 20% bei mündelsicheren Schuldverschreibungen, 20% bei reinen Rentenfonds, 40% bei sonstigen börsenfähigen Wertpapieren (Aktien, Industrieobligationen und Inhaberschuldverschreibungen) und 40% bei Investmentzertifikaten (vgl. Grill/Perczynski 2008, S. 389). 264 So liegen bspw. relativ wenige Marktdaten über Immobilien vor, da diese trotz ihrer langen Lebensdauer nur selten gehandelt werden. Außerdem sind Immobilien sehr inhomogene Güter, d.h. sowohl hinsichtlich ihrer Lage als auch hinsichtlich der Ausstattung kaum miteinander vergleichbar. Vgl. Francke/Rehkugler 2005, S. VII. 265 Zur Erläuterung von Nießbrauch, Wohnungsrecht, Dauerwohnrecht und Dauernutzungsrecht vgl. Preißler 2005, S. 328ff., Kleiber/Simon 2007, S. 2692ff.
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Für die Ermittlung und Interpretation einer Verwertungsquote bzw. Sicherheiten-RR ist neben der Art des ermittelten Werts wichtig, zu welchem Zeitpunkt die Bewertung des zu verwertenden Objekts erfolgt ist. Da Sachsicherheiten im Zeitablauf regelmäßig systematischen und unsystematischen Schwankungen unterliegen, ist es wichtig festzuhalten, ob es sich um die Immobilien-Erstbewertung im Rahmen der Kreditvergabeentscheidung oder um eine Folgebewertung, die in regelmäßigen Abständen oder bei Eintritt bestimmter Bedingungen durchgeführt wird, handelt. 3.3.4.1 Wertbegriffe bei Immobilien In Deutschland werden verschiedene Immobilienwertbegriffe unterschieden.266 Bei Immobilien als Kreditsicherheiten sind insbesondere der Verkehrswert und der Beleihungswert relevant.267 Verkehrswert Der Verkehrswert eines Objekts268 ist in §194 Baugesetzbuch (BauGB) definiert: „Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“ Demnach hat der Verkehrswert den Anspruch, frei von subjektiven Betrachtungsweisen allein auf objektiven Wertmaßstäben zu beruhen und einen Zukunftserfolgswert darzustellen. Unter dem Begriff des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs wird der Handel auf einem freien Markt verstanden, bei dem weder Käufer noch Verkäufer unter Zwang,
266
Für die Bemessung der Grundsteuer wird bspw. der Einheitswert ermittelt (vgl. Leopoldsberger/Thomas/Naubereit 2005, S. 464f.), für die Bemessung der Schenkungs- bzw. Erbschaftssteuer sowie der Grunderwerbssteuer erfolgt die steuerliche Bedarfsbewertung (vgl. Leopoldsberger/Thomas/Naubereit 2005, S. 465f.), für Versicherungszwecke wird die Versicherungswertermittlung vorgenommen (vgl. Leopoldsberger/Thomas/Naubereit 2005, S. 463f.). Eine Übersicht über verschiedene Wertbegriffe bei Immobilien liefert Bischoff 2005, S. 407f. 267 Da der Fokus dieser Arbeit sowie der verwendeten Daten in Deutschland liegt, wird in dieser Arbeit ausschließlich auf Bewertungsverfahren im deutschsprachigen Raum Bezug genommen. Für angelsächsische Immobilienbewertungsmethoden vgl. exemplarisch Leopoldsberger/Thomas/Naubereit 2005, S. 497ff. oder Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 419ff. 268 Vgl. auch Bischoff 2005, S. 426ff. Für Informationen zum Verkehrswert unter besonderer Berücksichtigung der Anerkennungsfähigkeit gemäß SolvV vgl. Achtelik/Drexler/Flach 2007b, S. 106f.
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80
Zeitdruck oder sonstigen Nöten stehen.269 Der Verkehrswert ist stichtagsbezogen, da der Zustand und die Lage eines Grundstücks kontinuierlichen Änderungen unterworfen sind. Er soll einen interindividuellen, durchschnittlichen Zeitwert darstellen. Der Verkehrswert ist allerdings unbedingt vom Begriff Preis zu unterscheiden. Der tatsächlich am Markt realisierte Preis ist stets das Ergebnis eines individuellen Verhandlungsprozesses zwischen Käufer und Verkäufer, die jeweils eigene Wertvorstellungen von dem Objekt haben.270 Relevant ist der Verkehrswert, der kreditrisikomindernd berücksichtigt werden kann und Basis für eventuelle freihändige Verwertungsbemühungen ist, bei der Verwertung von immobilen Sicherheiten nicht nur als Maßstab für die Bewertung der Immobilie durch die Bank, sondern auch als der Wert, der bei Zwangsversteigerungsverfahren gemäß §74a Abs. 5 ZVG durch den gerichtlichen Gutachter festgesetzt wird. Dieser gerichtliche Wert ist bspw. wichtig für die 7/10- und 5/10-Grenze, bei der der Grundschuldberechtigte die Versagung des Zuschlags beantragen kann bzw. ein Zuschlag von Amts wegen versagt wird. Für Gutacherausschüsse ist die Wertermittlungsverordnung (WertV) bindend,271 die normierte Verfahren und Methoden zur Ermittlung des Verkehrswerts vorgibt. Hierzu zählen das Vergleichswertverfahren (§§13-14 WertV), das Ertragswertverfahren (§§1520 WertV) und das Sachwertverfahren (§§21-25 WertV).272 Beleihungswert Entgegen dem Verkehrswert, der stichtagsbezogen bspw. für kurzfristig bevorstehende Markttransaktionen ermittelt wird, zielt der zeitraumbezogene Beleihungswert273 auf den Wert einer Immobilie als Sicherheit für ein langfristiges Kreditengagement. Da in269
Vgl. Kleiber 2005, S. 178. Der Verkehrswert ist vergleichbar mit dem international gebräuchlichen Begriff des „Market Value“ und entspricht grundsätzlich materiell dem vom International Accounting Standards Committee definierten „beizulegenden Zeitwert“ (fair value). Die IAS differenzieren auf Basis des Zweckes, zu dem die Immobilie gehalten wird, bei der Bewertung dabei nach Sachanlagen (IAS 16) und langfristigen Finanzanlagen (IAS 40). Vgl. Kleiber 2005, S. 178f. 270 Vgl. Bischoff 2005, S. 406f., Leopoldsberger/Thomas/Naubereit 2005, S. 460f., Kleiber/Simon 2007, S. 116f. 271 Vgl. Bischoff 2005, S. 430ff. In Ergänzung der WertV hat der zuständige Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau so genannte Wertermittlungsrichtlinien veröffentlicht, die Hinweise zur Anwendung der WertV enthalten. Diese sind allerdings keine Rechtsvorschrift oder ein Gesetz und nur verbindlich für die Bundesbehörden und nahezu alle Landesbehörden. 272 Vgl. Abschnitt 3.3.4.2. 273 Für Informationen zum Beleihungswert unter besonderer Berücksichtigung der Anerkennungsfähigkeit gemäß SolvV vgl. Achtelik/Drexler/Flach 2007b, S. 107f.
81
nerhalb der langen Kreditlaufzeit der Immobilienwert erheblichen Schwankungen ausgesetzt sein kann, müssen die zugrunde liegenden Chancen und Risiken in der Beleihungswertermittlung berücksichtigt werden. Weil der Beleihungswert dem Kreditinstitut über die gesamte Laufzeit des Kredits – d.h. auch in schlechten Marktphasen – eine ausreichende Sicherheit bieten soll, wird der Beleihungswert regelmäßig unter dem Verkehrswert liegen.274 Der Beleihungswert berücksichtigt die nachhaltigen und langfristigen Eigenschaften einer Immobilie.275 Die Grundsätze zur Ermittlung von Beleihungswerten wurden aufgrund §16 des Pfandbriefgesetzes276 zum 01. August 2006 in der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) konkretisiert. Die in der BelWertV geregelten Anforderungen gelten nicht unmittelbar im Hinblick auf die Eigenkapitalunterlegungspflicht nach der SolvV. Allerdings verweisen das KWG und die SolvV an verschiedenen Stellen auf die Vorschriften des Pfandbriefgesetzes, so dass hierdurch die BelWertV indirekt relevant wird: x
Eigenkapitalunterlegung nach §10 Abs. 1 KWG i.V.m. §35 SolvV (Standardansatz),
x
Eigenkapitalunterlegung nach §10 Abs. 1 KWG i.V.m. §159 SolvV (IRBAnsatz),
x
Ergänzungskapital (aus stillen Reserven) nach §10 Abs. 2b, Abs. 4a S. 4 und 4b KWG,
x
Kreditunterlagen nach §18 KWG,
x
Begriff des Kredits für §§15-18 KWG nach §21 Abs. 3 Nr. 1 KWG.
In §3 BelWertV wird der Beleihungswert definiert als „Wert der Immobilie, der erfahrungsgemäß unabhängig von vorübergehenden, etwa konjunkturell bedingten Wertschwankungen am maßgeblichen Grundstücksmarkt und unter Ausschaltung von spekulativen Elementen während der gesamten Dauer der Beleihung bei einer Veräußerung voraus274
Vgl. hierzu §16 II Pfandbriefgesetz. Laut Jäger/Voigtländer 2006, S. 31, liegt der Beleihungswert – je nach den Richtlinien des Kreditgebers – ca. 10 bis 15% unterhalb des Marktwerts. Für eine detaillierte Erläuterung des Beleihungswerts unter Berücksichtigung seiner besonderen Bedeutung für den Geschäftszweck von Hypotheken- bzw. Pfandbriefbanken vgl. Rödiger 2007, insbes. S. 395ff. 276 Dieses regelt die Rechte und Pflichten von Pfandbriefbanken und Kreditinstituten, die Pfandbriefe emittieren. 275
82
82
sichtlich erzielt werden kann. Zur Ermittlung des Beleihungswerts ist die zukünftige Verkäuflichkeit der Immobilie unter Berücksichtigung der langfristigen, nachhaltigen Merkmale des Objekts, der normalen regionalen Marktgegebenheiten sowie der derzeitigen und möglichen anderweitigen Nutzungen im Rahmen einer vorsichtigen Bewertung zugrunde zu legen.“ In Teil 3 der BelWertV werden hinsichtlich der Methodik der Wertermittlung das Ertrags- (§§8-13 BelWertV), das Sach- (§§14-18 BelWertV) und das Vergleichswertverfahren (§19 BelWertV) konkretisiert.277 Diese drei Verfahren werden im Abschnitt 3.3.4.2 vorgestellt. Hierzu ist grundsätzlich anzumerken, dass die Methodik bei der Beleihungswertermittlung in den jeweiligen Verfahren mit denen der Wertermittlungsverordnung (WertV) zur Ableitung des Verkehrs- bzw. Marktwerts identisch ist. Allerdings sind bei der Beleihungswertermittlung aus risikopolitischen Gründen formale Einschränkungen zu beachten.278 3.3.4.2 Wertermittlungsmethoden bei Immobilien Die Auswahl eines Bewertungsverfahrens erfolgt regelmäßig nach der Art des zu bewertenden Objekts:279 x
Bei der Ermittlung des Bodenwerts von unbebauten Grundstücken wird im gewöhnlichen Geschäftsverkehr das Vergleichswertverfahren (comparison method) genutzt.280
x
Bei Objekten, bei denen die Verzinsung des investierten Kapitals für die Preisbildung entscheidend ist (insbesondere bei vermieteten Objekten), wird im Allgemeinen das Ertragswertverfahren (rental approach) herangezogen.281
277
Neben einheitlichen und transparenten Regelungen für die Wertermittlungsmethodik regelt die BelWertV u.a. die Anforderungen an die Methodik der Wertermittlung und an die Qualifikation der Gutachter für alle Pfandbriefemittenten. 278 Vgl. Rödiger 2007, S. 403. 279 Vgl. Leopoldsberger/Thomas/Naubereit 2005, S. 471f. 280 Vgl. Bischoff 2005, S. 458 und 460ff., Leopoldsberger/Thomas/Naubereit 2005, S. 472ff. Das Vergleichswertverfahren wird im Übrigen von den IAS, insbesondere IAS 40 (§45) priorisiert (vgl. Kleiber 2005, S. 183). 281 Vgl. Bischoff 2005, S. 458 und 506ff., Leopoldsberger/Thomas/Naubereit 2005, S. 479ff.
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x
Das Sachwertverfahren (cost approach) wird überwiegend auf Objekte angewendet, bei denen es nicht vorrangig auf den Ertrag ankommt, so insbesondere bei selbstgenutzten Ein- und Zweifamilienhäusern.282
Die vielen anderen Verfahren (bspw. Mosaikmethode, Residualwertverfahren, Multifaktorenverfahren) lassen sich (fast) alle auf die genannten drei Grundverfahren zurückführen oder kombinieren die obigen Verfahren – teils hinsichtlich bestimmter Spezialprobleme283 –, so dass im Folgenden nur die drei Grundverfahren vorgestellt werden. Vergleichswertverfahren Zentrales Element des Vergleichswertverfahrens ist der mittelbare oder unmittelbare Preisvergleich. Von einem unmittelbaren Preisvergleich wird gesprochen, wenn der Verkehrswert des Grundstücks aus Preisen von Transaktionen gleichartiger Grundstücke zum gleichen Bewertungsstichtag abgeleitet wird. Da diese Preise gleichartiger Immobilien nur selten vorliegen, wird in der Praxis der mittelbare Preisvergleich genutzt, bei dem auch Transaktionen betrachtet werden, die hinsichtlich der Objektgüte und des Transaktionszeitpunkts nicht mit dem zu bewertenden Objekt identisch sind. Zur Objektbewertung werden dann in Abhängigkeit des Bewertungsstichtags und der Objekteigenschaften Zu- oder Abschläge auf die Vergleichswerte vorgenommen.284 Der genaue Aufbau und Ablauf des Vergleichswertverfahrens ist in §§13, 14 WertV festgelegt und wird in Abbildung 8 grafisch verdeutlicht. Grundsätzlich beginnt es – wie jedes Verfahren zur Verkehrswertermittlung – mit der Festlegung des Bewertungszeitpunkts und der Qualifizierung der zu bewertenden Immobilie. Im zweiten Schritt wird nach Kaufpreisen von vergleichbaren Immobilien gesucht. Anschließend werden eventuelle Abweichungen bezüglich des Immobilienzustands und der allgemeinen Wertverhältnisse am Grundstücksmarkt durch eine Umrechnung der einzelnen Vergleichswerte berücksichtigt. Sind die Vergleichspreise durch den Einfluss ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse verzerrt, sind diese Preise von der Wertermittlung auszuschließen oder entsprechend zu korrigieren. Auf Basis der auf diese Weise vergleichbar gemachten Preise wird der Vergleichswert für die betrachtete Immobilie abgeleitet. Dieser wird durch Wertkorrekturen bezüglich der Lage am 282 283 284
84
84
Vgl. Bischoff 2005, S. 458 und 543ff., Leopoldsberger/Thomas/Naubereit 2005, S. 490ff. Vgl. Bischoff 2005, S. 459, Kleiber 2005, S. 184. Vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 394.
Grundstücksmarkt und die Berücksichtigung eventueller abweichender Ergebnisse aus anderen Verfahren in den Verkehrswert überführt.285 Bodenrichtwert (nur bei unbebauten Grundstücken) § 13 Abs. 2 WertV
Vergleichspreise hinreichend übereinstimmender Vergleichsgrundstücke § 13 Abs. 1 WertV +/-
+/Berücksichtigung von Abweichungen (§ 14 WertV) a) bez. Zustand des Grundstücks b) bez. allgemeiner Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt
Prüfung bez. ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse a) Ausschluss von Vergleichspreisen b) Berücksichtigung des Einflusses nach § 6 WertV = +/-
Heranziehung anderer Verfahrensergebnisse § 7 Abs. 1 Satz 3 WertV
=
Vergleichswert
=
Verkehrswert
+/-
Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt § 7 Abs. 1 Satz 2 WertV
=
Abbildung 8: Schematischer Ablauf des Vergleichswertverfahrens. (In Anlehnung an: Kleiber/Simon 2007, S. 1141.)
Da der Beleihungswert einen langfristig und dauerhaft erzielbaren Wert des Objekts ermitteln soll und nicht stichtagsbezogen ist, macht die BelWertV bei der Anwendung der beschriebenen Methodik aus Risikogesichtspunkten diverse Einschränkungen, die hier beispielhaft genannt seien. So dürfen nur nachhaltige Vergleichspreise in die Analyse einbezogen werden und der Ausgangswert ist um einen mindestens 10%igen Sicherheitsabschlag zu mindern.286 Vorteile des Vergleichswertverfahrens sind die direkte Orientierung an tatsächlich realisierten Marktwerten sowie die relative Einfachheit und intuitive Anschaulichkeit – ver-
285
Vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 394f. Für Details, bspw. hinsichtlich der Vorraussetzungen des Vergleichswertverfahrens, der Datenermittlung, der Berücksichtigung von Abweichungen, vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 395ff. Eine sehr detaillierte Darstellung des Vergleichswertverfahrens findet sich bei Kleiber/Simon 2007, S. 1135ff. 286 Vgl. Rödiger 2007, S. 409. Für Verfahrenserweiterungen vgl. Kleiber 2005, S. 185ff. Für die methodischen Vorgaben und Einschränkungen der BelWertV vgl. Rödiger 2007, S. 409ff. und siehe §19 BelWertV.
85
bunden mit einer hohen praktischen Akzeptanz. Problematisch ist dagegen vielfach die Datenverfügbarkeit bezüglich der Preise, Umrechnungskoeffizienten und Vergleichsfaktoren.287 Ertragswertverfahren Beim Ertragswertverfahren wird der Ertragswert als Summe der Barwerte aller bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung eines Grundstücks nachhaltig erzielbaren Reinerträge inklusive des Barwerts des Bodenwerts berechnet288 und kann formal wie folgt ausgedrückt werden:289 EW = (RoE – BewK – z * BW) * [(1 + z)n – 1)/(1 + z)n * z)] + BW mit
(3)
EW = Ertragswert des Grundstücks, RoE = Jahresrohertrag, BewK = Bewirtschaftungskosten, z = Liegenschaftszinssatz, n = Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen, BW = Bodenwert, [(1 + z)n – 1)/(1 + z)n * z)] = Vervielfältiger.
Das Verfahren zur Ermittlung des Ertragswerts, das grundlegend in §§15-20 WertV geregelt wird, ist in Abbildung 9 schematisch zusammengefasst. Basis der Ertragswertermittlung der baulichen Anlagen (§16 WertV) ist die Schätzung des jährlichen Rohertrags (§17 WertV), der den nachhaltig erzielbaren Miet- oder Pachtzins bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung darstellt. Hiervon werden die Betriebskosten in Abzug gebracht, die sich gemäß §18 WertV aus der Abschreibung,290 den bei gewöhnlicher Bewirtschaftung nachhaltig entstehenden Verwaltungskosten (§18 Abs. 2 WertV), den Betriebskosten (§18 Abs. 3 WertV), den Instandhaltungskosten (§18 Abs. 4 WertV) und dem Mietausfallwagnis (§18 Abs. 5 WertV) zusammensetzen. Der Bodenwert wird im Rahmen des Ertragswertverfahrens getrennt vom Wert der baulichen Anlagen im Vergleichswertverfahren ermittelt (§15
287
Vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 400. Vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 400. Vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 400f. 290 Die Abschreibung wird gemäß §18 Abs. 1 S. 2 WertV durch Einrechnung in den Vervielfältiger nach §16 Abs. 3 berücksichtigt. 288 289
86
86
WertV).291 Aus dem Liegenschaftszins und der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer (§16 Abs. 4 WertV) der zu bewertenden Immobilie wird im folgenden Schritt der Rentenbarwertfaktor bzw. der Vervielfältiger berechnet.292 Außerdem sind – wie bereits beim Vergleichswertverfahren – im vorletzten Schritt sonstige wertbeeinflussende Faktoren durch Zu- oder Abschläge zu berücksichtigen. Unter Beachtung der allgemeinen Lage auf dem Immobilienmarkt wird dann abschließend aus dem Ertragswert der Verkehrswert des Objekts abgeleitet.293 Bodenwert
x
Liegenschaftszins
Jahresrohertrag Bewirtschaftungskosten = Grundstücksreinertrag -
=
Bodenwertverzinsung = Reinertrag der baulichen Anlagen x Vervielfältiger +/Abschläge/Zuschläge wegen sonstiger wertbeeinflussender Umstände =
+
+
Ertragswert der baulichen Anlagen
= +/-
Ertragswert
+/-
Heranziehung anderer Verfahrensergebnisse
=
Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt
=
Verkehrswert
=
Abbildung 9: Schematischer Ablauf des Ertragswertverfahrens. (In Anlehnung an: Kleiber/Simon 2007, S. 1383.)
Aus risikopolitischen Gründen gibt es in der BelWertV zur sachgerechten Ermittlung des Beleihungswerts diverse methodisch einschränkende Vorgaben, die hier nur beispielhaft erwähnt seien.294 Gemäß Anlage 2 der BelWertV ist bei der Berücksichtigung 291
Für eine detaillierte Erläuterung der einzelnen Komponenten der Betriebskosten und der Ermittlung von Bodenwert und Liegenschaftszins vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 402ff. Für eine detaillierte Erläuterung der Ermittlung des Vervielfältigers und der Sensitivität hinsichtlich der Restnutzungsdauer und des Liegenschaftszinses vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 408ff. 293 Für eine beispielhafte Erläuterung möglicher wertbeeinflussender Faktoren sowie für ein Berechnungsbeispiel vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 410f. oder Kleiber 2005, S. 204ff. Kleiber/Simon 2007, S. 1368ff., liefern eine sehr ausführliche Darstellung des Ertragswertverfahrens. 294 Für eine genaue Erläuterung der methodischen Vorgaben und Einschränkungen der BelWertV vgl. Rödiger 2007, S. 409ff. 292
87
der Bewirtschaftungskosten ggf. ein zusätzlicher Abschlag für das Modernisierungs/Revitalisierungsrisiko (Rücklage zur Aufrechterhaltung des Ausgangsmietniveaus) vorzunehmen. Außerdem sind gemäß Anlage 3 der BelWertV folgende MindestKapitalisierungszinssätze vorgeschrieben: Nicht unter 5% bei wohnwirtschaftlicher Nutzung, nicht unter 6% bei gewerblicher Nutzung. Gravierendste Schwachstelle des Ertragswertverfahrens ist – neben den Vorteilen der Marktnähe und Fokussierung auf die Rentabilität eines Objekts – die Unsicherheit der Prognose der künftigen Ertragsentwicklung. Dies gilt insbesondere bei Neubauten mit relativen langen Restnutzungsdauern. Auch die anderen zu schätzenden Faktoren zur Ertragswertermittlung sind erheblichen zeitlichen Schwankungen unterworfen.295 Sachwertverfahren Das Sachwertverfahren, das in den §§21-25 WertV beschrieben wird, ist auf die Ermittlung der (Wieder-)Herstellungskosten ausgerichtet und beinhaltet somit – im Unterschied zu den anderen beiden beschriebenen Verfahren – explizit keine Marktorientierung. Wie in der folgenden Abbildung 10 dargestellt, sind beim Sachwertverfahren der Wert der baulichen Anlagen, der sonstigen Anlagen und der Bodenwert getrennt festzustellen (§21 Abs. 1 WertV). §21 Abs. 2 WertV konkretisiert, dass der Bodenwert nach dem Vergleichswertverfahren zu ermitteln ist. Die Wertermittlung der baulichen Anlagen (Gebäude, bauliche Außenanlangen296, besondere Betriebseinrichtungen297) erfolgt gemäß §21 Abs. 1 und 3, 22 WertV auf Basis der Normalherstellungskosten, die sich aus der Bruttogrundfläche (in qm) oder dem Bruttorauminhalt (in cbm) multipliziert mit den Herstellungserfahrungswerten für die entsprechende Einheit im Bezugsjahr ergeben. Gegebenenfalls sind Zu- oder Abschläge für einzelne Bauteile extra zu bewerten und die Baunebenkosten zu addieren. Hiervon werden Wertminderungen aufgrund des Alters (§23 WertV), aufgrund von Baumängeln oder Bauschäden (§24 WertV) und aufgrund sonstiger Umstände (§25 WertV) in Abzug gebracht.298 Der Sachwert des Objekts ergibt sich insgesamt aus der Summe des Werts der baulichen Anlagen, des Werts 295
Vgl. Kleiber 2005, S. 191f. Für die Beschreibung von Varianten und Spezialfällen des Ertragswertverfahrens vgl. Kleiber 2005, S. 188ff. Außenanlagen umfassen Wege, Stellflächen, Spielplätze, Tore und Türen, Skulpturen, Ver- und Entsorgungsleitungen und Stützmauern (vgl. DIN 276 Teil 2 Nr. 5). 297 Besondere Betriebseinrichtungen umfassen Personen- und Lastenaufzüge, Müllbeseitigungsanlagen, Haussprechanlagen, Förderanlagen, Gleisanlagen u.ä. 298 Für eine detaillierte Erläuterung möglicher wertbeeinflussender Faktoren sowie für ein Berechnungsbeispiel vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 413ff. 296
88
88
der sonstigen Anlagen sowie des Bodenwerts und kann als Substanzwert des Grundstücks interpretiert werden.299 Auch bei diesem Wertermittlungsverfahren macht die BelWertV Einschränkungen hinsichtlich der Bewertung. Bspw. dürfen die Kosten für die Außenanlagen mit nicht mehr als 5% des Herstellungswerts des Objekts berücksichtigt werden und der Ansatz von Baunebenkosten ist auf 20% der alterswertgeminderten Herstellungskosten beschränkt.300 Herstellungswert der baulichen Anlagen
Wert der sonstigen Anlagen
Bodenwert
Herstellungswert der Gebäude
Herstellungswert der baulichen Außenanlagen
Herstellungswert der besonderen Betriebseinrichtungen
Wertminderung wegen Alters Wertminderungen wegen Baumängeln und Bauschäden +/Berücksichtigung sonstiger wertbeeinflussender Umstände
+
= Wert der baulichen Anlagen +
+ =
+/-
Sachwert des Grundstücks
+/Heranziehung anderer Verfahrensergebnisse
Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt =
Verkehrswert
=
Abbildung 10: Schematischer Ablauf des Sachwertverfahrens. (In Anlehnung an: Kleiber/Simon 2007, S. 1817.)
Wie bei den vorherigen Verfahren ergibt sich durch die Berücksichtigung der allgemeinen Lage auf dem Grundstücksmarkt und aus der Heranziehung eventuell anderer Verfahrensergebnisse der Verkehrswert des Objekts.301 Die größte Problematik des Sachwertverfahrens ist seine fehlende Marktkonformität. Wenn zur Ableitung des Verkehrswerts sowieso hilfsweise ein marktkonformes Wert299
Vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 417. Für eine Beispielrechnung vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 417f. Vgl. Rödiger 2007, S. 407. Für eine genaue Erläuterung der methodischen Vorgaben und Einschränkungen der BelWertV vgl. Rödiger 2007, S. 407ff. und siehe §§14-18 BelWertV. 301 Für eine ausführliche Darstellung des Sachwertverfahrens vgl. Kleiber/Simon 2007, S. 1809ff. 300
89
ermittlungsverfahren herangezogen werden muss, ist fraglich, warum überhaupt ein Sachwert ermittelt wird. Dies erscheint nur sinnvoll, wenn tatsächlich die Wiederherstellungskosten relevant sind, bspw. bei der Ermittlung von Versicherungswerten.302 3.3.5 Diskontierungszinssatz Wie bereits in der kritischen Diskussion zu den unterschiedlichen Ergebnissen der empirischen RR-Forschung angedeutet,303 spielt der Diskontierungszinssatz bei der Ermittlung der Workout-RR eine wesentliche Rolle.304 Eales/Bosworth 1998305 nennen als mögliche Kandidaten für den Diskontierungszins: x
0% (keine Diskontierung, statische Betrachtungsweise),
x
den risikofreien Zins,
x
den Zinssatz des zugrunde liegenden Geschäfts (eventuell zeitbezogen gewichtet bei variabler Verzinsung und/oder betragsmäßig gewichtet, wenn eine Kreditsicherheit für mehrere ausgefallene Kredite haftet),
x
den durchschnittlichen Kreditzins für vergleichbare Kredite oder
x
den Eigenkapitalzinssatz.
Die Vorschriften von Basel II machen zur Bestimmung des Diskontierungszinssatzes keine ausdrücklichen Vorgaben: „When recovery streams are uncertain and involve risks that cannot be diversified away, net present value calculations must reflect the time value of money and a risk premium appropriate to the undiversifiable risk.“306 I.d.R. wird der risikofreie Marktzinssatz verwendet. Gemäß IAS 39.63 ist der im Kreditvertrag ursprünglich vereinbarte Effektivzinssatz zu verwenden. Eine weitere Möglichkeit ist, den jeweils aktuell gültigen Refinanzierungszinssatz des Instituts am Kapitalmarkt bzw. über das Mutterinstitut zu verwenden.
302
Vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 418. Vgl. Abschnitt 2.2.2. Problematisch bei vielen empirischen Studien mit Workout-RR ist, dass nicht eindeutig offengelegt wird, welcher Diskontierungszins den Berechnungen zugrunde liegt. Dies erklärt einen Teil der Ergebnisvarianz. 304 Bei Market-RR ist die Dynamik der Rückflüsse bereits im Preis der ausgefallenen bzw. risikolosen Anleihe enthalten. 305 Vgl. Eales/Bosworth 1998, S. 64. 306 Basel Committee on Banking Supervision 2005b, S. 4. 303
90
90
Brady et al. 2007 untersuchen die unterschiedlichen Möglichkeiten der Verwendung eines Diskontierungszinssatzes und entwickeln Vorschläge in Abhängigkeit des Risikos des Zahlungseingangs.
91
4
Hypothesen zu möglichen Einflussfaktoren
Abbildung 11 gibt eine Übersicht über die Struktur und Art möglicher Einflussfaktoren der Sicherheiten-Verwertungsquote, die in fünf Gruppen unterteilt werden können: x
Basis-Faktoren, die auf alle Kreditsicherheiten wirken. Hierzu gehören makroökonomische Faktoren sowie solche, die aus Verhaltensrisiken des Kreditnehmers resultieren (Abschnitt 4.1).
x
Kreditnehmerbezogene Faktoren, die auf alle Kreditsicherheiten eines bestimmten Kreditnehmers wirken (Abschnitt 4.2).
x
Kreditengagementbezogene Faktoren, die für alle Kreditsicherheiten eines bestimmten Kreditengagements eines bestimmten Kreditnehmers relevant sind (Abschnitt 4.3).
x
Sicherheitenspezifische Faktoren, deren Einfluss sich aus den Spezifika der zu verwertenden Kreditsicherheit des Kreditengagements eines bestimmten Kreditnehmers ergibt (Abschnitt 4.4).
x
Faktoren, die Besonderheiten des WOPs der verwertenden Bank für das spezifische Grundpfandrecht des Kreditengagements eines bestimmten Kreditnehmers kennzeichnen (Abschnitt 4.5).
Basis-Faktoren (makroökonomisch, aus Verhaltensrisiken) Kreditnehmerbezogene Faktoren ne Zu
Kreditengagementbezogene Faktoren
en hm
Sicherheitenbezogene Faktoren (Spezifika der Immobilie)
de Sp if ez
t itä
Workout-Prozessbezogene Faktoren
Abbildung 11: Anatomie potenzieller Einflussfaktoren auf die Verwertung immobiler Sicherheiten.
92
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Die möglichen Einflussfaktoren307 und die jeweils verwendeten Indikatoren der empirischen Analyse werden im Folgenden ausführlich erläutert sowie die darauf basierenden Hypothesen vorgestellt und schließlich zusammengefasst (Abschnitt 4.6). Außerdem wird in diesem Abschnitt zu jeder Hypothese der aktuelle Forschungsstand untersucht und dargelegt, zu welchen Ergebnissen empirische Analysen zur Kredit-RR und zu Leasing- und Kreditsicherheiten-Verwertungsquoten bisher gekommen sind.308 Anschließend werden Faktoren vorgestellt, für die in der statistischen Analyse kontrolliert wird, und es wird erläutert, welche möglichen Effekte von diesen zu kontrollierenden Faktoren auf die Verwertungsquote ausgehen (Abschnitt 4.7 und 4.8). Vorab ist anzumerken, dass die Argumentation der Hypothesen bezüglich des Einflusses der untersuchten Variablen auf die Verwertungsquoten überwiegend auf der unterschiedlichen Höhe der Einzahlungen für ein Objekt beruht, also auf der relevanten Größe im Zähler der Verwertungsquote. Dabei wird – soweit nicht anders angegeben bzw. argumentiert – unterstellt, dass die letzte Bewertung der abgebenden Bank oder die sonstigen Werteinschätzungen bezüglich der grundpfandrechtlichen Objektsicherheit im Nenner grundsätzlich korrekt bzw. zumindest keinen systematischen Schwankungen/Endogenitäten mit den untersuchten Variablen unterworfen sind. Diese Annahme ist u.U. nicht unkritisch, wie folgende Überlegungen klarmachen: x
Es könnten Endogenitäten zwischen der letzten Bewertung der abgebenden Bank und den erreichten Zahlungseingängen vorliegen. So ist bspw. vorstellbar, dass sich das verwertende Kreditinstitut besonders intensiv um den Workout einer Objektverwertung kümmert, wenn es sich um ein vergleichsweise hoch be-
307
Bei der Analyse von Einflussfaktoren auf die RR von ausgefallenen Wertpapieren in den USA strukturieren Acharya/Bharath/Srinivasan 2004 die möglichen Determinanten in vergleichbarer Weise in die Gruppen „Industry-specific“, „Firm-specific“ und „Contract-Specific“. Grunert 2005 (S. 163) unterscheidet für die Analyse der Sicherheiten-Verwertungsquote zwischen „Eigenschaften der Kreditsicherheit“, „Geschäftsbeziehung“, „Ökonomischen Faktoren“, „Kreditnehmereigenschaften“ und „Spezifika des Kreditengagements“. 308 Vgl. Abschnitt 2.2.2 (Kredit-RR) sowie 2.3.1 (Leasing-Verwertungsquoten) und 2.3.2 (SicherheitenVerwertungsquoten. In diesen Vergleich mit empirischen Untersuchungen ausgewählter Datensätze von ausgefallenen Krediten bzw. Leasingverträgen nicht einbezogen werden die Ergebnisse einer Befragung zur vermuteten Bedeutung potenzieller Einflussfaktoren auf die Höhe der RR von Bankkrediten an kleine und mittlere Unternehmen (vgl. Grunert/Weber 2007). Grunert/Weber 2007 arbeiten heraus, dass von Bankvorständen besonders folgende Faktoren als maßgeblich eingeschätzt werden: Eigenkapital- und Besicherungsquote, die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditnehmers, die Länge der Geschäftsbeziehung und makroökonomische Effekte. Diese Ergebnisse werden in der vorliegenden Arbeit nicht weiter berücksichtigt, da es sich lediglich um subjektive Einschätzungen ohne unmittelbaren Bezug zu konkreten Verwertungsfällen handelt, die sich zudem auf Kredit-RR beziehen, die andere Spezifika haben können als die untersuchten Sicherheiten-Verwertungsquoten.
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wertetes, teures Objekt handelt. Denn in diesen Fällen führen kleine prozentuale Schwankungen zu absolut größeren Effekten. Dies hätte zur Folge, dass die Verwertungsquote von immobilen Sicherheiten positiv mit der letzten Bewertung der abgebenden Bank korreliert ist. x
Die Einschätzbarkeit des Immobilienwerts und Güte der Bewertung könnte durch die Entfernung des Objekts von der abgebenden Bank abhängig sein. So erscheint es nicht unplausibel, dass Immobilien, die in unmittelbarer Nähe des Hauptsitzes der abgebenden Bank liegen, besser bewertet werden können, da die Marktkenntnis im lokalen Bereich besser ist und das Objekt u.U. besucht oder sogar besichtigt werden kann. Dies würde zu einer höheren Variabilität, systematischen Über- oder Unterschätzung der letzten Bewertungen der abgebenden Bank bei weit entfernten Immobilien führen.
x
Gerade für Sanierungsbanken, die den Großteil der abgebenden Banken im hier untersuchten Datensatz ausmachen, könnte ein Anreiz bestehen, die im Bestand befindlichen, zu übertragenden Grundpfandrechte systematisch überzubewerten. Auf diese Weise würde eine finanziell angespannte Finanzlage in Zahlen (durch geringere Blankokreditanteile) weniger schlimm wirken als bei marktgerechter Bewertung der immobilen Kreditsicherheiten.
4.1
Basis-Faktoren
4.1.1 Makroökonomische Faktoren In einer wirtschaftlichen Aufschwungphase führt eine gesteigerte Produktions- und Investitionstätigkeit zu einer erhöhten Nachfrage nach beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern, die ceteris paribus im Preis steigen. Ob gerade in einem konjunkturellen Aufschwung die Differenzierung zwischen neuen und gebrauchten Wirtschaftsgütern (bzw. Neubauten und Bestandsimmobilien) von Bedeutung ist und den grundsätzlich positiven Preiseffekt für gebrauchte Wirtschaftsgüter vermindert oder sogar umkehrt, bleibt festzustellen. Hypothese H1: Die Sicherheiten-Verwertungsquote ist umso höher, je besser das makroökonomische Umfeld – gemessen am Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIPs), an der Höhe der jährlichen Inflationsrate und der Arbeitslosenquote – ist.
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Der Einfluss der konjunkturellen Entwicklung wird in der theoretischen Literatur anhand verschiedener Indikatoren analysiert, die der wirtschaftlichen Lage vor-, gleichoder nachlaufen. In dieser Arbeit wird die wirtschaftliche Entwicklung durch die folgenden drei Variablen approximiert: x
Entwicklung des BIPs (Wachstumsrate in % p.a.),
x
Arbeitslosenquote in %,
x
Inflationsrate in % p.a.
Die Veränderung des BIPs und die Arbeitslosenquote werden verwendet, da sie unter den Rahmenbedingungen von Basel II ausdrücklich in der RR-Prognose zu berücksichtigen sind.309 Wirtschaftliche Aufschwung- bzw. Wachstumsphasen sind außerdem tendenziell von Preissteigerungen (einer hohen Inflation) begleitet, die auch die auf dem Immobilienmarkt die erzielbaren Erlöse steigern lassen. Diese Tendenz wird positiv begleitet von einer steigenden Nachfrage nach Gewerbeflächen und -gebäuden und Wohnimmobilien. Bei einer Untersuchung der Inflation als Indikator für die makroökonomische Entwicklung ist zu beachten, dass sich Preisindizes regelmäßig konjunkturell nachlaufend verhalten.310 Grunert 2005 findet keine signifikanten Ergebnisse – hinsichtlich der Kredit-RR und der Sicherheiten-Verwertungsquote.311 Dagegen berichten Franks/deServigny/Davydenko 2004, dass das makroökonomische Umfeld eine entscheidende Rolle für die Verwertung von Sicherheiten spielt: Die Sicherheiten-Verwertungserlöse sind positiv korreliert mit den makroökonomischen Größen.312 In der empirischen Literatur zu Kredit- bzw. Leasing-RRs bestätigen die Ergebnisse überwiegend den positiven Einfluss eines guten makroökonomischen Umfelds. Thorburn 1999,313 Acharya/Bharath/Srinivasan 2004,314 Araten/Jacobs/Varshney 2004,315 309
Vgl. Basel Committee on Banking Supervision 2005a, Tz. 468. Demnach müssen Banken in der RRPrognose schlechte makroökonomische Verhältnisse („economic downturn conditions“) abbilden. Hier sollen gemäß Basel Committee on Banking Supervision2005b, S. 3, die Veränderung des BIPs und die Arbeitslosenquoten genutzt werden. 310 Vgl. Assenmacher 1998, S. 22. 311 Vgl. Grunert 2005, S. 111f. und 170. 312 Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 86f. Dieses Ergebnis ist für Großbritannien und Frankreich sogar signifikant, nicht so in Deutschland. Dies führen die Autoren auf „noise in the collateral realization data“ zurück. 313 Vgl. Thornburn 1999, S. 18f. und 34. Das makroökonomische Umfeld wird in dieser Studie zu schwedischen Insolvenzen zwischen 1988 und 1991 nur als binäre Variable untersucht. Da Schweden 1991 durch eine schwere Rezession gekennzeichnet war, führt die Dummy-Variable FILING91 (Insolvenz im
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Varma/Cantor 2005316 und Hartmann-Wendels/Honal 2006317 finden hypothesenunterstützende Ergebnisse.318 Außerdem ist in dem modelltheoretischen Papier von Shleifer/Vishny 1992 eine finanziell angespannte Lage umso kostspieliger, je schlechter die finanzielle Lage der Wettbewerber ist. Franks/deServigny/Davydenko 2004 stellen dagegen in ihrer Analyse ein negatives Verhältnis zwischen makroökonomischen Daten und Kredit-RRs für Frankreich und Deutschland heraus.319 Dermine/NetodeCarvalho 2006 finden keinen signifikanten Einfluss des GDP-Wachstums auf die Verwertungsquote,320 und auch Davydenko/Franks 2008 stellen für die Kredit-RRs keinen signifikanten Einfluss gesamtwirtschaftlicher Faktoren – gemessen als Höhe des GDPs – fest.321 Covitz/Han 2004 berichten von unterschiedlichen Vorzeichen der Korrelationskoeffizienten zwischen den RRs und dem GDP in Rezessions- bzw. Wachstumsphasen und schließen daraus, dass der Einfluss makroökonomischer Faktoren u.U. nichtlinear sein könnte.322
Jahr 1991 – ja/nein) in der Regression von möglichen Einflussgrößen auf die Recovery Rate zu einem auf dem 5%-Konfidenzniveau signifikanten negativen Koeffizenten. 314 Vgl. Acharya/Bharath/Srinivasan 2004, S. 9f. 315 Vgl. Araten/Jacobs/Varshney 2004, S. 32f. Die Kredit-RRs schwanken in Abhängigkeit vom makroökonomischen Umfeld zwischen 78,6% (1996) in Expansionsphasen und 46,5% (1989) in Rezessionsphasen. 316 Vgl. Varma/Cantor 2005, S. 37ff. 317 Vgl. Hartmann-Wendels/Honal 2006, S. 15ff. Hinsichtlich des Einflusses des makroökonomischen Umfelds stellen Hartmann-Wendels/Honal 2006 deutliche Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Objektarten fest. Leasingkontrakte von Fahrzeugen reagieren sehr stark auf Änderungen der gesamtwirtschaftlichen Situation. Dies erklären die Autoren damit, dass bei Fahrzeugleasingverträgen ein wesentlicher Teil des Verwertungserlöses aus der Objektverwertung stammt. Im Unterschied dazu finden sie keinen makroökonomischen Einfluss bei IKT-Leasingverträgen, da die Verwertungserlöse hierbei überwiegend aus sonstigen Zahlungseingängen (ohne die IKT-Verwertung) resultieren. Bei Maschinen ist ebenfalls kein signifikanter Zusammenhang zur Makroökonomie ermittelbar, obwohl die Einzahlungen aus der Maschinenverwertung die Haupteinnahmequelle für den Gesamt-Verwertungserlös darstellt. Möglicher Grund ist, dass die entsprechenden Sekundärmärkte für Maschinen tendenziell sehr fragmentiert und illiquide sind (S. 27f.). 318 Hypothesenunterstützend in einem weiteren Sinne sind die Ergebnisse von Frye 2003, S. 64f., der den negativen Zusammenhang zwischen Ausfallraten und RR von US-Anleihen untersucht. Gleiche Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Ausfallraten und RR finden sich u.a. bei Frye 2000c, Hu/Perraudin 2002, Altman et al. 2005. 319 Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 84f. In Großbritannien ist kein wesentlicher Einfluss makroökonomischer Größen auf die Kredit-RR ersichtlich. Die Autoren erläutern den überraschenderweise negativen Zusammenhang für Deutschland und Frankreich mit dem Auseinanderfallen des Insolvenzjahres, dessen makroökonomische Daten in der Regressionsanalyse verwandt wurden, und des Jahres bzw. der Jahre, in dem/denen die Verwertungserlöse generiert werden. Insbesondere bei langwierigen Verwertungsprozessen könnte dies eine nicht unwesentliche Rolle spielen. 320 Vgl. Dermine/NetodeCarvalho 2006, S. 1238. Die Autoren erklären das Ergebnis, dass es im Untersuchungszeitraum 1995-2000 in Portugal keine wesentlichen makroökonomischen Schwankungen gegeben hat und dass eine Reorganisation im Verwertungsprozess der untersuchten Bank in 1999 einen möglichen Effekt überlagert. 321 Vgl. Davydenko/Franks 2008, S. 594ff. 322 Vgl. Covitz/Han 2004, S. 14f.
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Für die Bedeutung makroökonomischer Faktoren auf die Kredit-RR spricht, dass Moody’s diese als erklärende Variablen in ihrem Modell LossCalcTM aufgenommen haben. Dieses praxisorientierte Modell zur Bestimmung des LGDs wurde anhand von 1.800 Ausfällen US-amerikanischer Kredite, Anleihen und Vorzugsaktien kalibriert: „Recoveries are lower during economic contraction“.323 Schmit/Stuyck 2002 finden in der Untersuchung der RR von immobilen Leasingobjekten keinen Hinweis auf eine Relevanz makroökonomischer Einflüsse (gemessen durch die Ausfallrate).324 Hartmann-Wendels/Winter 2005 stellen erhebliche Schwankungen der Leasing-Verwertungsquoten im Zeitablauf fest, führen aber keine Analyse hinsichtlich der Abhängigkeit vom makroökonomischen Umfeld durch.325 4.1.2 Faktoren aus Verhaltensrisiken des Kreditnehmers Wertebeeinflussende Faktoren auf die Verwertungsquote von immobilen Kreditsicherheiten resultieren aus Kooperationsproblemen zwischen verwertender Bank und besitzendem Kreditnehmer (und/oder Sicherungsgeber). Zum größten Problem der Immobilienverwertung gehört das Verhaltensrisiko der fehlenden Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers. Dies drückt sich primär darin aus, dass sich der Kreditnehmer/Sicherungsgeber trotz des vorliegenden Vollstreckungstitels der Bank in das Grundstück – also des rechtlichen Anspruchs auf Befriedigung aus der Immobilie – nicht bereit erklärt, eine Verkaufvollmacht zu erteilen, sondern die Bank (und sich selbst) das verfahrenstechnisch komplexe, langwierige und wenig Handlungsspielräume bietende Zwangsvollstreckungsverfahren aufzwingt. In diesem Zwangsvollstreckungsverfahren kann der Kreditnehmer durch diverse Anträge (bspw. zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens gemäß §30a I ZVG) das Verfahren weiter verlangsamen. Außerdem ist er nicht verpflichtet, Zutritt zum Grundstück für die Verkehrswertermittlung oder für mögliche Interessenten zu erlauben, was eine valide Einschätzung des Grundstückswerts und dessen Verwertbarkeit im Prozess erheblich erschweren. Des Weiteren kann er rechtlich das Objekt weiter nutzen, was ihm erhebliche wertbeeinflussende Handlungen ermöglicht, bspw. eine nicht ausreichende Pflege der Immobilie oder eine
323
Gupton/Stein 2002, S. 12. Vgl. auch Gupton/Stein 2002, insbes. S. 10ff., zur Beschreibung der makroökonomischen Faktoren. Vgl. Schmit/Stuyck 2002, S. 23f. 325 Vgl. Hartmann-Wendels/Winter 2005, S. 126. 324
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sonstige missbräuchliche Verschlechterung des Immobilienwerts (bspw. durch nicht sachgerechte Nutzung). Das Problem der fehlenden Kooperationsbereitschaft wird noch dadurch verschärft, dass zwischen Bank und sicherungsgebendem Kreditnehmer eine Informationsasymmetrie hinsichtlich der genauen Objektqualität bzw. hinsichtlich des Objektzustands besteht. Derartige Informationsasymmetrien bei ungleichen Nutzenfunktionen werden theoretisch mit Hilfe des Principal-Agent-Ansatzes untersucht.326 So kann die Bank als Principal, der das verpfändete Objekt bestmöglich verwerten will, u.U. nicht beobachten und/oder verhindern, dass der Kreditnehmer, dessen Nutzenfunktion nicht unbedingt nur von einer bestmöglichen Objektverwertung, sondern auch von Emotions- oder Reputationsfaktoren beeinflusst werden kann, die Verwertungsbemühungen boykottiert327 oder sogar wertverschlechternde Handlungen vornimmt (bspw. durch das Unterlassen notwendiger Reparaturen oder von Verkehrssicherungspflichten). Der Kreditnehmer wird auf diese Weise vorhandene Handlungsspielräume opportunistisch ausnutzen.328 Hypothese H2: Die Sicherheiten-Verwertungsquote ist höher, wenn der Kreditnehmer sich im Verwertungsprozess kooperativ verhält. Die Kooperationsbereitschaft und Kooperativität wird in dieser Arbeit mittels einer Dummy-Variablen (ja, nein) „Kreditnehmer kooperativ?“ untersucht. Die erforderlichen Einschätzungen liegen hierzu von der Autorin nach Durchsicht der elektronischen Kreditakte vor. In der beschriebenen Literatur ist diese Hypothese bisher weder diskutiert noch analysiert worden.
326
Für eine ausführliche Darstellung des Principal-Agent-Ansatzes vgl. Göbel 2002, S. 98ff., Gerster 2005, S. 137ff., Wolferink 2005, S. 37ff. oder Picot/Dietl/Franck 2008, S. 72ff. Bspw. durch Widersprüche im Zwangsversteigerungsverfahren, durch die Nicht-Einwilligung zu freihändigen Verkaufsverhandlungen, durch Informationsverweigerung gegenüber der Bank, möglichen Gutachtern oder Interessenten. 328 Letzteres gilt natürlich ebenso, wenn der sicherungsgebende Kreditnehmer eine Verkaufsvollmacht erteilt hat. Solange er im Besitz des Grundstücks/der Immobilie ist, kann er Wertverschlechterungen herbeiführen, ohne dass die besicherte Bank eine tatsächliche Möglichkeit hätte, dies zu verhindern. 327
98
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4.2
Kreditnehmerbezogene Faktoren
4.2.1 Branchenzugehörigkeit Gewerbliche Kunden verschiedener Branchen sind durch unterschiedliche Unternehmensgegenstände, Bilanzstrukturen (bspw. Anlageintensität), Produktions- oder Dienstleistungsangebote, Spezifität sowie Nutzungsart und -intensität ihrer Produktionsfaktoren – auch Grund und Boden – gekennzeichnet. Hypothese H3: Die Sicherheiten-Verwertungsquoten sind nicht in allen Branchen gleich. Die verschiedenen Branchen der Kreditnehmer werden in dieser Arbeit durch entsprechende Dummyvariablen in die Analyse integriert. Grunert 2005 stellt – trotz anderslautender Hypothese – keinen Einfluss der Branchenzugehörigkeit auf die Sicherheiten-Verwertungsquote und Kredit-RR fest.329 In der übrigen empirischen RR-Literatur sind die Ergebnis nicht eindeutig. Ohne (statistisch signifikante) branchenspezifische Relevanz sind bspw. die Ergebnisse von Thorburn 1999,330 Gupton/Gates/Carty 2000,331 Franks/deServigny/Davydenko 2004332 und Davydenko/Franks 2008.333 Branchenspezifische Unterschiede finden dagegen Altman/Kishore 1996,334 Izvorsky 1997,335 Bartlett 2000,336 Varma/Cantor/Hamilton
329
Vgl. Grunert 2005, S. 111 und 171. Vgl. Thorburn 1999, S. 18 und 34. 331 Vgl. Gupton/Gates/Carty 2000, S. 12f. 332 Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 87f. Die deskriptiven Ergebnisse für Deutschland zeigen teilweise wesentliche Unterschiede in der Höhe der Kredit-RR zwischen Branchen: Die höchste mittlere Kredit-RR (Mittelwert 80%; Median 91%) kann im Bereich „Services“ realisiert werden, die niedrigste Kredit-RR wird in der „Wholesale/retail trade“-Branche erzielt (Mittelwert 51%; Median 50%). Die Autoren führen die geringe Signifikanz der Ergebnisse auf die grundsätzliche Gleichartigkeit der Kreditsicherheiten zurück, deren Wert nach ihrer Meinung branchenunabhängig sei. 333 Vgl. Davydenko/Franks 2008, S. 582 und 594f. Die höchsten RRs werden für Deutschland im Bereich „Services“ ermittelt (Mittelwert 80%, Median 91%), die niedrigsten im Bereich „Wholesale/retail trade“ (Mittelwert 49%, Median 46%). Diese Unterschiede sind aber nicht statistisch signifikant, sondern werden durch die unterschiedliche Höhe der Besicherung in den Branchen erklärt (vgl. S. 585). 334 Vgl. Altman/Kishore 1996, S. 58ff. Altman/Kishore 1996 finden statistisch signifikant höhere RRs für die Branchen „Public utilities“ (70,47%) und „Chemicals, petroleum, rubber and plastic products“ (62,73%). Die niedrigste RR stellen Altman/Kishore 1996 für „Lodging, hospitals, and nursing facilities“ fest (26,49%). 335 Vgl. Izvorski 1997, S. 14. Die niedrigste durchschnittliche RR misst Izvorski 1997 in den Branchen „Air transport, scheduled“ (4,97%) und „Television broadcast station“ (11,15%), die höchsten RRs erzielen die Anleihen von Firmen im Bereich „Plastic products, nec“ (69,20%) und „Paperboard Mills“ (57,51%). 336 Vgl. Barlett 2000, S. 3f. Überdurchschnittlich hohe RRs findet Bartlett 2000 in den Branchen „Banking, Finance and Real Estate (82,2%), Computers and Electronics (77,5%), Healthcare (90,5%), Indus330
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2003,337 Acharya/Bharath/Srinivasan 2004,338 Araten/Jacobs/Varshney 2004,339 Covitz/Han 2004,340 Varma/Cantor 2005,341 Dermine/NetodeCarvalho 2006,342 und Altman/Karlin 2008.343 Im praxisorientierten Modell LossCalcTM zur Kredit-RR-Bestimmung werden zwölf unterschiedliche Branchen unterschieden, da sich diese als signifikant herausgestellt haben.344 4.3
Kreditengagementbezogene Faktoren
Vielfältige theoretische und empirische Literatur existiert über die Bedeutung kreditengagementbezogener Faktoren auf die Ausfallwahrscheinlichkeit von Kreditnehmern im Allgemeinen und Immobilienkreditnehmern im Besonderen. So stellt Ben-Shahar
trial/Manufactoring (79,5%) and Textiles and Furniture (89,3%)“. Die niedrigste durchschnittliche RR weist die “Metals&Mining”-Branche (60,0%) auf. 337 Vgl. Varma/Cantor/Hamilton 2003, S. 10. Signifikant auf dem 5%-Niveau höhere RRs finden Varma/Cantor/Hamilton 2003 in den Branchen „Utility-Gas (51,5%)“, „Oil and Oil Services (44,5%)“, „Hospitality (42,5%)“, „Utility-Electric (41,4%)“, „Miscellaneous (39,5%)“ und „Transport-Ocean (38,8%)“. Auf gleichem Niveau signifikant niedrigere RRs werden in den folgenden Branchen festgestellt: „Consumer Goods (32,5%)“, „Construction (31,9%)“, „Technology (29,5%)“, „Real Estate (28,8%)“, „Steel (27,4%)“ und „Telecom (23,2%)“. Interessant ist insbesondere das vergleichsweise schlechte Abschneiden der Real Estate-Branche. Es könnte vermutet werden, dass diese Branche durch Grundpfandrechte besichert war, die nur geringe Erlösquoten erzielten. 338 Vgl. Acharya/Bharath/Srinivasan 2004, S. 10f. Wie auch bei Altman/Kishore 1996 (vgl. Fußnote 338) stellen Acharya/Bharath/Srinivasan 2004 die höchsten, statistisch signifikant höheren RRs in der Branche „Utilities“ (Mittelwert 68,37%, Median 77,00%) fest. Die RRs der anderen elf Branchen weisen keine statistisch signifikanten Unterschiede auf, wobei in der Branche „Telecommunications“ die niedrigsten RRs gemessen werden (Mittelwert 27,33%, Median 22,31%). 339 Vgl. Araten/Jacobs/Varshney 2004, S. 31f. Unterdurchschnittliche niedrige RRs finden sie – allerdings nicht statistisch signifikant – in den Gruppen “Manufactoring Wholesale” (53,2%), “Consumer Products” (56,3%) und „Retail“ (56,7%), überdurchschnittlich hohe RRs – ebenfalls nicht statistisch signifikant – in den Gruppen „Communications“ (65,6%) und „Business Services“ (64,5%). 340 Vgl. Covitz/Han 2004, S. 22f. 341 Vgl. Varma/Cantor 2005, S. 35ff. Die Autoren untersuchen die branchenspezifischen Unterschiede anhand ausgewählter Merkmale, wie bspw. das „Industry Market-to-Book Ratio“, das „Average Industry Debt Rating“ oder die „Industry Concentration“. Die Ergebnisse für die einzelnen Merkmale sind gemischt. Ein Einfluss des „Industry Market-to-Book Ratio“ ist hoch signifikant, während die „Industry Concentration“ keinen bedeutsamen Effekt zeigt. Besonders betonen Varma/Cantor 2005, S. 37, jedoch die überdurchschnittlichen, statistisch und ökonomisch signifikanten Verwertungsquoten in der Branche „Utilities“. 342 Vgl. Dermine/NetodeCarvalho 2006, S. 1228f. Die höchste Kredit-RR (kumuliert, ungewichtet, 48 Monate nach Ausfall, Bankkreditausfälle zwischen 1995-1996 in Portugal) erzielt der Bereich „Agriculture/fishing“ mit 98,1%, gefolgt von Krediten in der Branche „Mining“ (91,3%). Die niedrigsten Wiedergewinnungsquoten können bei Bankkrediten im Bereich „Retail trade“ (55%) und „Machinery“ (63%) festgestellt werden. 343 Vgl. Altman/Karlin 2008, S. 21f. Die höchsten RR stellen die Autoren für die Bereiche „Energy (52,6%)“, „Utilities (51,8%)“ und „Leisure/Entertainment (49,3%)“ fest. Unter den niedrigsten BranchenRR liegt der Bereich „Real Estate/Construction (28,8%)“ und „Communications (27,1%)“. Die RRs der anderen Branchen schwanken zwischen 33 und 45%. 344 Vgl. Gupton/Stein 2002, S. 10.
100 100
2006345 in einer modelltheoretischen Analyse heraus, dass Immobilienkreditnehmer mit geringer Ausfallwahrscheinlichkeit eher geringe als hohe Loan-to-Value-Ratios346 wählen,347 variable verzinsliche Verträge den festverzinslichen Vereinbarungen vorziehen und sich eher für kurze anstatt lange Kreditlaufzeiten zu entscheiden. Die von BenShahar 2006 untersuchten Merkmale für die Kreditnehmerbonität stehen in dieser Analyse von Verwertungsquoten nicht zur Verfügung, da diese nicht recherchiert werden konnten. Die hier verwendeten kreditengagementspezifischen Einflussfaktoren und ihre vermutete Wirkungsart bzw. -richtung werden in den Abschnitten 4.3.1 bis 4.3.3 vorgestellt. 4.3.1 Besicherung des Kreditengagments Die Besicherung außer des untersuchten Grundpfandrechts spielt insofern eine entscheidende Rolle, als sie der verwertenden Bank zusätzliche Handlungsalternativen bei der Generierung von Einzahlungen zur Tilgung der gekündigten Kreditschulden gibt – d.h. im vorliegenden Datensatz in den Kategorien Bürgschaften, Zessionen, Pfandrechte, Sicherungsübereignungen oder sonstige Grundpfandrechte. Hat die Bank verschiedene Möglichkeiten der Sicherheitenverwertung wird sie u.U. zuerst schneller und leichter liquidierbare Sachsicherheiten oder werthaltige Personalsicherheiten verwerten, bevor immobile Sicherheiten liquidiert werden. Das Vorhandensein alternativer Rückflussmöglichkeiten führt somit tendenziell dazu, dass Grundpfandrechte mit geringerer Intensität und zumindest unter weniger Erfolgsdruck verwertet werden, was sich negativ auf die Verwertungsquote auswirkt. Andere Sicherheiten sind wertvolle Realoptionen. Hypothese H4.1: Die Sicherheiten-Verwertungsquote ist geringer, falls weitere Sicherheiten zur Verfügung stehen. Zur Untersuchung dieser Hypothese wird die Dummy-Variable „Weitere Sicherheit(en) vorhanden?“ verwendet.
345
Vgl. Ben-Shahar 2006. Andere Autoren, die den Zusammenhang zwischen kreditengagementspezifischen Faktoren und den Separationsgleichgewichten guter und schlechter Kreditnehmer bei asymmetrischer Information auf dem Hypothekenmarkt untersuchen, sind Brueckner 2000, Posey/Yavas 2001 und Ben-Shahar/Feldman 2003. 346 Loan-to-Value-Ratio = Beleihungsauslauf. Der Beleihungsauslauf stellt die tatsächliche Ausnutzung der Beleihungsgrenze dar. Anders ausgedrückt handelt es sich um den Betrag oder Prozentsatz, bis zu dem ein Grundstück tatsächlich mit einem Pfandrecht belastet ist (vgl. Schmoll genannt Eisenwerth 2005, S. 653, Grill/Perczynski 2008, S. 364). 347 D.h. Immobilien-Kreditnehmer mit geringerer Ausfallwahrscheinlichkeit finanzieren einen größeren Teil des Immobilienwerts durch Eigenkapital oder mittels sonstiger Finanzierungsmöglichkeiten.
101
In der beschriebenen Literatur ist diese Hypothese bisher weder diskutiert noch analysiert worden.
Die Art der sonstigen Sicherheiten neben dem Grundpfandrecht führt nach Einschätzung der Autorin ebenso zu unterschiedlichen Verwertungsquoten, da den verschiedenen Sicherheitenarten unterschiedliche Werthaltigkeiten und Durchsetzbarkeiten zugeordnet werden und somit auf der Immobilienverwertung ein unterschiedlicher Erfolgsdruck liegt. So sind Bürgschaften, insbesondere von Privatpersonen, nur selten werthaltig, falls sie überhaupt durchsetzbar sind.348 Abtretungen von Forderungen, bspw. aus Konto- oder Bausparguthaben oder Ansprüchen aus Lebensversicherungen, können dagegen relativ zeitnah und normalerweise ohne große prozessuale Schwierigkeiten liquidiert werden. Hypothese H4.2: Die Höhe der Sicherheiten-Verwertungsquote ist abhängig von der Art der sonstigen Sicherheit(en). Die sonstigen Sicherheitenarten werden für den Zweck dieser Arbeit unterteilt in Bürgschaften, Forderungsabtretungen, Pfandrechte, Sicherungsübereignungen und weitere Grundpfandrechte, die jeweils als Dummyvariablen (liegt vor/liegt nicht vor) in die statistische Analyse integriert werden. Hinsichtlich
der
RR
von
kapitalmarktgehandelten
Anleihen
finden
Ara-
ten/Jacobs/Varshney 2004 Unterschiede in Abhängigkeit von der Art der Besicherung. Die geringste RR haben demnach Kredite, bei denen sonstige Sicherheiten vorliegen (47%). Die höchste RR weisen Kredite mit Sicherheiten in Form von „Accounts Receivable“ (64,9%) und „Cash & Marketable Securities“ (64,2%) auf.349 Dermine/NetodeCarvalho 2006 stellen bei der Untersuchung der RR von portugiesischen Bankkrediten einen signifikant positiven Einfluss der Sicherheitenarten „Real estate collateral“, „Physical Collateral“ und „Financial Collateral“ auf die kumulierte 4Jahres-Kredit-RR fest.350
348
Vgl. die juristische Diskussion um die Sittenwidrigkeit von Angehörigenbürgschaften, bspw. bei Unger 2005. Vgl. Araten/Jacobs/Varshney 2004, S. 32f. 350 Vgl. Dermine/NetodeCarvalho 2006, S. 1235f. 349
102 102
4.3.2 Rang der Grundschuld-Besicherung Für die Verwertungsquote von grundpfandrechtlichen Sicherheiten spielt die Rangfolge der Rechte in Abteilung III des Grundbuchs eine wesentliche Rolle. In der Reihenfolge dieser Rechte werden die aus dem Grundstück erzielten Erlöse den Gläubigern zugeteilt.351 Grundsätzlich sollte die letzte Bewertung der abgebenden Bank eventuelle vorrangige Grundschulden – soweit möglich – berücksichtigen. Trotzdem wird vermutet, dass eine Verwertung aus erstrangiger Grundbuchstellung effektiver, einfacher und schneller möglich ist, was zu besseren Verwertungsquoten führt. Außerdem könnte der Wert einer nachrangigen Grundschuld deutlich schwieriger einzuschätzen sein, da die Valuta der vorrangigen Rechte aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist, sondern erst in der Zwangsvollstreckung offenbart wird. So könnten die letzten Bewertungen der abgebenden Bank bei nachrangigen Objekten systematisch zu hoch sein, SicherheitenVerwertungsquoten dementsprechend geringer. Hypothese H5.1: Die Sicherheiten-Verwertungsquote von erstrangigen Grundschulden ist höher als die nachrangiger Grundschulden. Zur Untersuchung dieser Hypothese wird für jede grundpfandrechtliche Sicherheit erfasst, ob diese erst- oder nachrangig (oder eine Kombination aus beiden) ist. In der beschriebenen Literatur wird bisher der Rang des grundpfandrechtlichen Rechts der verwertenden Bank nicht untersucht und analysiert. In den vielfältigen Studien zu Ausfallquoten und RRs von Unternehmensanleihen/-krediten wird jedoch die Rangfolge/Seniorität der Tilgungsansprüche der Gläubiger analysiert. Diese ist vergleichbar mit der grundbuchrechtlichen Reihenfolge in der Immobilienverwertung. Es kann erwartungsgemäß und einheitlich herausgestellt werden, dass die RR mit abnehmender Priorität der Ansprüche sinkt, bspw. bei Altman/Kishore 1996,352 Carty/Lieberman 1996,353 Izvorski 1997,354 Altman/Cooke/Kishore 1999,355 VandeCastle/Keisman 1999,356 Gupton/Gates/Carty 2000,357 VandeCastle et al. 2000,358 Hamilton/Gupton/Berthault 351
Zur detaillierten Reihenfolge von Ansprüchen aus Grundpfandrechten siehe §10 ZVG. Vgl. Altman/Kishore 1996, S. 60. Vgl. Carty/Lieberman 1996, S. 1. 354 Vgl. Izvorski 1997, S. 18f. 355 Vgl. Altman/Cooke/Kishore 1999, S. 6 (Exhibit 5). 356 Vgl. VandeCastle/Keisman 1999, S. 30. 357 Vgl. Gupton/Gates/Carty 2000, S. 9. 352 353
103
2001,359
Hamilton
et
al. 362
rya/Bharath/Srinivasan 2004, TM
LossCalc
2002,360
Varma/Cantor/Hamilton 363
Varma/Cantor 2005
2003,361
Acha-
und Hamilton et al. 2006.364 In
stellt die Seniorität der Ansprüche ebenfalls eine relevante Einflussgröße
auf die Kredit-RR dar.365
Auf Basis der gleichen Argumentation wie in H5.1 wird der Einfluss valutierender Vorlasten (aus den Abteilungen II und III des betreffenden Grundbuchs) untersucht. Die valutierenden Vorlasten drücken den quantitativen Umfang der Nachrangigkeit der Grundschulden aus. Die Begründung eines Einflusses der valutierenden Vorlasten ist identisch mit der Begründung für die Anspruchsrangfolge, die lediglich eine binäre Aggregation der Höhe der valutierenden Vorlasten ist.366 Hypothese H5.2: Die Sicherheiten-Verwertungsquote ist umso geringer, je höher die valutierenden Vorlasten sind. Die Analyse dieser Hypothese basiert auf der Erfassung der valutierenden Vorlasten in Euro.367 4.3.3 Dauer der Kreditbeziehung Die Dauer der Kreditbeziehung bei der abgebenden Bank bis zur Kreditkündigung, d.h. der Zeitraum, in dem der zugrunde liegende Kredit (überwiegend) ordnungsgemäß bedient und noch keine Immobilienverwertung angestrebt wird, könnte in zweierlei Weise Einfluss auf die Sicherheiten-Verwertungsquote ausüben. Erstens steigt mit zunehmender Kreditdauer das Alter des verpfändeten Objekts, für das bei Untersuchung dieses Einflusses zu kontrollieren sein wird, da ein höheres Objektalter durch Abnutzung zu verringerten Verwertungsquoten führen könnte. Außerdem sinkt – zumindest bei Darlehen, die eine gleichmäßige Schuldenleistung und keine endfällige Tilgung vor358
Vgl. VandeCastle/Keisman/Yang 2000, S. 63. Vgl. Hamilton/Gupton/Berthault 2001, S. 24f. Vgl. Hamilton et al. 2002, S. 16. 361 Vgl. Varma/Cantor/Hamilton 2003, S. 4. 362 Vgl. Acharya/Bharath/Srinivasan 2004, S. 11. 363 Vgl. Varma/Cantor 2005, S. 31f. 364 Vgl. Hamilton et al. 2006, S. 12. 365 Vgl. Gupton/Stein 2002, S. 9f. 366 Ist die Höhe der valutierenden Vorlasten gleich Null, so ist die Grundschuld als erstrangig zu betrachten.. Valutierende Vorlasten größer Null kennzeichnen nachrangige Grundschulden. 367 Zur Diskussion und Untersuchung in der Literatur vgl. H5.1. 359 360
104 104
sehen,368 wie sie insbesondere bei privaten Immobilienfinanzierungen häufig anzutreffen sind – mit der Dauer der nicht problembehafteten Kreditlaufzeit die Restschuld des Kreditnehmers.369 Daher werden die Anstrengungen der Bank zur bestmöglichen (teuersten) Verwertung der Immobilie u.U. niedriger sein, da ihr grundbuchlicher Anspruch in Höhe der Restschuld des Kreditnehmers vergleichsweise gering sein könnte, was ebenfalls zu verringerten Sicherheiten-Verwertungsquoten führen würde. Hypothese H6: Die Sicherheiten-Verwertungsquote ist umso geringer, je länger die zugrunde liegende Kreditbeziehung ist. Die Dauer der bisherigen Kreditbeziehung kann in dieser Arbeit nur approximativ als Zeitraum zwischen Grundschuldbestellung und Kreditkündigung in Monaten gemessen werden. Hierzu wird angenommen, dass die Grundschuldbestellung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der zugrunde liegenden Kreditvergabe steht. Dieser zeitlicher Zusammenhang könnte dadurch verzerrt werden, dass 1. Grundschulden erst im Rahmen von Nachbesicherungen (bspw. bei erheblicher Verschlechterung der sonstigen wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers) eingetragen werden oder dass 2. die Kreditvergabe auf Basis von Grundschulden erfolgt, die bereits eingetragen sind und bei denen lediglich eine neue Sicherungsvereinbarung als Verknüpfung zwischen Kredit und Grundschuld abgeschlossen wird.370 Da diese beiden Verzerrungsmöglichkeiten in jeweils entgegen gesetzter Richtung wirken, d.h. einerseits die tatsächliche Kreditbeziehung unter- bzw. andererseits überschätzen, wird angenommen, dass die Verzerrtheit im Ergebnis unsystematisch und somit statistisch irrelevant ist. In der beschriebenen Literatur ist diese Hypothese bisher in dieser Form weder diskutiert noch analysiert worden. Es finden sich lediglich Untersuchungen, die den Einfluss ähnlicher bzw. vergleichbarer Faktoren analysieren. Grunert 2005 findet keinen (statis-
368
Bei diesen Annuitätendarlehen (Tilgungsdarlehen) erfolgt der Schuldendienst des Kreditnehmers über die gesamte Kreditlaufzeit in gleich hohen Raten. Die Tilgungsleistung ist dabei zu Beginn relativ gering, nimmt aber während der Kreditlaufzeit aufgrund der abnehmenden Zinsbelastung kontinuierlich zu. Vgl. hierzu exemplarisch Eichwald/Pehle 2000, S. 766, Bitz/Stark 2008, S. 91f. 369 Für diesen Einfluss kann in der statistischen Analyse leider nicht kontrolliert werden, da hierüber keine Informationen vorliegen. 370 Letzteres ist bspw. möglich bei Grundschulden, die durch bisherige Kredittilgungen „frei“ geworden sind, oder bei Grundschulden, die bei Umschuldungen bisher anderen Gläubigern zustanden und nun abgetreten werden, oder bei eingetragenen Eigentümergrundschulden, die ebenfalls abgetreten werden können.
105
tisch signifikanten) Einfluss des Faktors „Zeit Bewertung-Ausfall“371 auf die Sicherheiten-Verwertungsquote.372 Für Kredit-RRs finden Franks/deServigny/Davydenko 2004, dass die Dauer der Kundenbeziehung373 (gemessen als binäre Variable: länger/kürzer als fünf Jahre) einen positiven Einfluss auf die RR hat: „new customers“ weisen eine niedrigere RR auf (in Deutschland: Mittelwert 59,0%, Median 60,0%) als „old customers“ (in Deutschland: Mittelwert 67,9%, Median 74,0%).374 Dem entgegen steht die Feststellung von Altman/Kishore 1996 und Altman/Cooke/Kishore 1999, die keinen Effekt zwischen dem Emissionszeitpunkt von Anleihen und dem Ausfallzeitpunkt beobachten.375 Keinen signifikanten Einfluss bestätigen Altman/Fanjul 2004. Bei der Untersuchung von 1.800 ausgefallenen Anleihen zwischen 1971 und 2003 liegt der durchschnittliche Preis zum Zeitpunkt des Ausfalls bei 33,63%. In Abhängigkeit der Jahre bis zum Ausfall schwankt dieser Preis unsystematisch zwischen 29,96% (3 Jahre bis zum Ausfall) und 41,47% (6 Jahre).376 Keine statistisch signifikanten Einfluss der bisherigen Geschäftsbeziehung zwischen Kreditnehmer und Bank in Jahren finden auch Dermine/NetodeCarvalho 2006.377 4.4
Sicherheitenbezogene Faktoren
4.4.1 Art der Immobilie Je nach Art der Immobilie und der damit verbundenen Nutzung (wohnwirtschaftlich oder gewerblich) unterscheidet sich die Marktgängigkeit, Spezifität und Umschlagshäufigkeit der zu verwertenden Objekte. Dies führt zu unterschiedlichen Sicherheiten371
Diese Variable kann der hier verwendeten als ähnlich angesehen werden, da mit jeder Grundschuldbestellung regelmäßig auch eine Bewertung des beliehenen Objekts erfolgt. Die Ähnlichkeit wird allerdings dadurch verzerrt, dass nachträgliche Objektbewertungen nicht ausgeschlossen sind. 372 Vgl. Grunert 2005, S. 170. 373 Es ist als nicht unwahrscheinlich anzunehmen, dass die bisherige Kundenbeziehung mit der Kreditbeziehung positiv korreliert ist. Bei Neukunden-Engagements sind diese beiden Variablen sogar identisch, bei Bestandskunden ist eine bestimmte, festgelegte Bankbeziehungsdauer vor der Kreditvergabe (bspw. zum Aufbau von Reputation) nicht unüblich. 374 Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 88f. 375 Vgl. Altman/Kishore 1996, S. 63. Dieses Ergebnis wird lediglich genannt und nicht ausführlich analysiert und könnte u.U. damit zusammenhängen, dass Anleihen im Unterschied zu Krediten meistens endfällig getilgt werden. Bei Altman/Cooke/Kishore 1999, S. 7 (Exhibit 8), sind ebenfalls keine signifikante Unterschiede nach der Zeitdauer bis zum Ausfall der Anleihe feststellbar. Allerdings stellen Altman/Cooke/Kishore 1999 heraus, dass die meisten Anleihen während der Zeit der Zinszahlung ausfallen und nicht erst endfällig, wenn die Tilgung des Nominalbetrags erfolgen muss. 376 Vgl. Altman/Fanjul 2004, S. 8f. und Figure 16. 377 Vgl. Dermine/NetodeCarvalho 2006, S. 1234/1238.
106 106
Verwertungsquoten, wenn diese Faktoren nicht systematisch und richtig in der Bewertung des Grundpfandrechts berücksichtigt sind. Hypothese H7: Unterschiedliche Immobilienarten weisen unterschiedliche Sicherheiten-Verwertungsquoten auf. In der statistischen Analyse werden die Verwertungsfälle zur Untersuchung dieser Hypothese in neun Objektkategorien differenziert. In der beschriebenen Literatur ist diese Hypothese bisher weder diskutiert noch analysiert worden. Ein Hinweis auf die vermutete Gültigkeit dieser Hypothese ist u.U. die unterschiedliche Anrechenbarkeit von Grundpfandrechten auf wohnwirtschaftliche bzw. gewerbliche Immobilien in der SolvV.378 4.4.2 Standort der Immobilie Mit dem Objektstandort unmittelbar verbunden ist die Attraktivität des Objekts sowie mittelbar der Umfang und die Bonität möglicher Interessenten. Daraus resultieren standortspezifische Immobilienwerte,379 die sich sowohl in der Objektbewertung als auch in den erreichten Ist-Werten ausdrücken und somit in der SicherheitenVerwertungsquote bereits internalisiert sind. Trotzdem wird angenommen, dass die Werte von Grundpfandrechten in bestimmten Regionen systematisch überschätzt worden sind bzw. bei der Bewertung nicht auf die allgemeine Marktlage in den Regionen eingegangen oder diese falsch eingeschätzt wurde. Dies betrifft insbesondere Immobilien, die nach dem Sachwertverfahren bewertet wurden,380 welches keinen unmittelbaren Bezug zur regionalen Marktgängigkeit hat.381 Hypothese H8.1: Immobilien unterschiedlicher Standorte weisen unterschiedliche Sicherheiten-Verwertungsquoten auf. Der Objektstandort wird in dieser Studie auf Basis der Zugehörigkeit zu einem deutschen Bundesland untersucht.
378
Vgl. Abschnitt 3.1.3. Informationen über die Preisentwicklung auf den regionalen Wohn- und Gewerbeimmobilienmärkten liefert bspw. der Immobilienverband Deutschland IVD (Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.) in diversen Studien. Die vielfältigen Ergebnisse sind abrufbar auf der Homepage des Verbandes unter der URL: http://www.idv.net [2008-05-22]. 380 Hierfür kann in der folgenden Analyse nicht kontrolliert werden, da eine Information über die Art des jeweiligen Wertermittlungsverfahrens nicht vorliegt. 381 Vgl. Abschnitt 3.3.4.2. 379
107
In der beschriebenen Literatur ist diese Hypothese bisher weder diskutiert noch analysiert worden.
Die Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank könnte insofern relevant sein, als dass sie die Genauigkeit der Immobilienbewertung durch die abgebende Bank beeinflusst. Objekte, die sich in erreichbarer Nähe der Bank befinden, können u.U. zur besseren Werteinschätzung einfacher besichtigt werden als weit entfernte Immobilien. Ob dieser potenzielle Einfluss auf die Bewertungsgenauigkeit positiv oder negativ ist, vermag an dieser Stelle ex-ante noch nicht vermutet werden. Insbesondere ist nicht klar, welche Auswirkungen indirekte Effekte aus der betrachteten Entfernung auf die Verwertungsquote haben. So könnte die Angst um die eigene Reputation der abgebenden Bank bei nahegelegenen Objekten besonders effiziente, aber harte Verwertungsstrategien vor Übertrag des Engagements an die verwertende Bank verhindert haben. Andererseits ist bei kurzen Entfernungen ein schneller Zugriff auf die Immobiliensicherheit nach der Kreditkündigung möglich, was den Verwertungsprozess erleichtern könnte. Hypothese H8.2: Die Sicherheiten-Verwertungsquote hängt von der Entfernung zwischen Bank-Hauptsitz und Objektstandort ab. Zur Untersuchung dieser Vermutung wurde für jedes Verwertungsobjekt die Entfernung in km ermittelt sowie eine binäre Variable abgeleitet, die „1“ ist, wenn sich das Objekt im selben Bundesland wie der Hauptsitz der abgebenden Bank befindet, und sonst „0“ ist. In der beschriebenen Literatur ist diese Hypothese bisher weder diskutiert noch analysiert worden.
Die Einwohnerzahl des Objektstandorts kann als Schätzer für die Anzahl möglicher Interessenten und somit die Marktgängigkeit der Immobilie dienen. Dies könnte die Sicherheiten-Verwertungsquote beeinflussen. So ist zu erwarten, dass Objekte im städtischen Umfeld eine höhere Marktgängigkeit und eine höhere Wiederverwendbarkeit haben als einsame ländliche Objekte mit stark eingeschränktem Interessentenkreis. In städtischen Regionen ist die Fluktuation – und damit verbunden die Liquidität auf dem
108 108
Immobilienmarkt – u.U. höher als im ländlichen Raum. Dieser Effekt könnte bei der Bewertung des Grundpfandrechts systematisch nicht berücksichtigt worden sein (bspw. durch fehlende Auf- oder Abschläge auf den ermittelten Sachwert), so dass sich im Verhältnis zu den erreichten Istwerten insgesamt höhere Verwertungsquoten in (groß)städtischen Bereichen ergeben. Hypothese H8.3: Die Sicherheiten-Verwertungsquote ist umso höher, je größer die Einwohnerzahl des Objektstandorts ist. Hierzu wurde für jedes immobile Verwertungsobjekt die Einwohnerzahl des Objektstandorts recherchiert. In der beschriebenen Literatur ist diese Hypothese bisher weder diskutiert noch analysiert worden. 4.5
WOP-bezogene Faktoren
Die Zeitdauer von der Kreditkündigung bis zum Übertrag an die verwertende Bank (und damit bis zum spätesten Beginn der Verwertung)382 impliziert u.U. wertvolle Zeit, die für eine effiziente Objektverwertung nicht genutzt wurde bzw. aufgrund schwerer Verwertbarkeit nicht genutzt werden konnte. Erstens ist die Zeit von der Kündigung bis zum Übertrag des Engagements an die verwertende Bank ein Indiz für erfolglose Verwertungsbemühungen der abgebenden Bank und eventuell fehlende Marktgängigkeit des Objekts trotz festgestellten Sach- oder Ertragswerts. Je mehr Zeit bis zur Forderungsübernahme vergeht, desto mehr Zeit hat der Kreditnehmer das Objekt opportunistisch zu nutzen,383 was den zuvor geschätzten Objektwert mindern kann. Hypothese H9.1: Die Sicherheiten-Verwertungsquote ist umso höher, je kürzer die Zeitdauer zwischen Kreditkündigung und Übertrag an die verwertende Bank ist. Grunert 2005 findet keinen (statistisch signifikanten) Einfluss dieses Faktors auf die Sicherheiten-Verwertungsquote.384
382
Ob die abgebende Bank vor der Forderungsübernahme durch die verwertende Bank bereits Anstrengungen zur Objektverwertung unternommen hat, ist nicht bekannt. So ist das „Verfallenlassen“ eines Objekts durch den Eigentümer (was bis zu desolaten Objektzuständen führen kann), das Entstehen und Nichtbeseitigen von Mängeln durch nicht ausreichende Objektpflege (bspw. durch Schimmelbefall) oder sogar das Nutzen des verpfändeten Objekts als illegale Müllkippe keine Seltenheit. 384 Vgl. Grunert 2005, S. 170. 383
109
Die WOP-Dauer wird als Schätzer für den Grad der Einfachheit der Sicherheitenverwertung und damit für die Marktgängigkeit des Objekts interpretiert. Hypothese H9.2: Die Sicherheiten-Verwertungsquote ist umso geringer, je länger die Verwertungsdauer der Grundschuld ist. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde die Zeit zwischen Übertrag der Sicherheit bis zum letzten Zahlungseingang aus der entsprechenden Verwertung in Monaten recherchiert. Grunert 2005 findet einen negativen Einfluss dieses Faktors auf die SicherheitenVerwertungsquote, der auf dem 5%-Niveau signifikant ist, sowohl bei der quantitativen Variablen „Verwertungsdauer“385 als auch bei den qualitativen Dummy-Variablen „Verwertbarkeit ‚leicht’“ und „Verwertbarkeit ‚schwer’“.386
Unter dem Stichwort WOP-bezogene Einflüsse werden des Weiteren Überlegungen abgeleitet, die sich aus der unterschiedlichen Art des Zahlungseingangs bzw. der Abwicklungsform ergeben: Zwangsversteigerung, freihändiger Verkauf, Rettungserwerb, Grundschuldablösung, Lästigkeitsprämie,387 Enteignungsverfahrenserlös.388 Die Wahl bzw. Realisierung verschiedener Abwicklungsformen kann hierzu unter Bezugnahme auf den Transaktionskostenansatz untersucht werden, weil sich die Ausprägungen in der Höhe der anfallenden Transaktionskosten unterscheiden. Da die Verwertungsanstrengungen der Bank (bspw. in Form von Mitarbeiterstunden) in der deutschen Rechtsordnung nicht auf den Kreditnehmer übertragen werden können, gehen diese Kosten in jedem Fall negativ in die Ermittlung der Sicherheiten-Verwertungsquote ein.389
385
Vgl. Grunert 2005, S. 170. Vgl. Grunert 2005, S. 171. Die Einschätzung der Verwertbarkeit als „leicht“ führt zu höheren Verwertungsquoten, die sogar auf dem 1%-Niveau statistisch signifikant sind. 387 Vgl. Fußnote 224. 388 Außerdem werden Zahlungseingänge im Rahmen von Vergleichen bezüglich des gesamten Kreditengagements oder durch Ratenzahlungen auf die Kreditschuld erbracht. Diese werden an dieser Stelle aber nicht genauer betrachtet, da bei Existenz einer dieser Zahlungseingänge die Verwertung des Objekts ausgesetzt wird. 389 Zur Höhe der Transaktionskosten von immobilen Sicherheiten ist insgesamt Folgendes festzuhalten. Im Vergleich zu anderen, insbesondere mobilen Sicherheiten beurteilt Adams 1980, S. 120, die Transaktionskosten zur Bestellung eines Grundpfandrechts als „unbedeutend, da Grundstücke hochwertige Güter sind, die nicht dauernd umgeschlagen werden.“ Die Sicherungskraft von Grundpfandrechten wird aufgrund der umfassenden Drittwirkung des Grundbucheintrags weder durch abredewidrige Verfügungen des Schuldners bzw. Objekteigentümers noch durch Maßnahmen anderer Gläubiger negativ beeinflusst. 386
110 110
Ziel des Transaktionskostenansatzes ist es, unter Beachtung dieser Kosten, die abhängig von der Art der Transaktion (beschrieben durch die Ausprägung von Transaktionsmerkmalen) sind, Hinweise auf eine angemessene Form der Organisation der Sicherheitenverwertung zu geben.390 Dies bedeutet, dass aus dem Transaktionskostenansatz Anforderungen für eine effektive und effiziente Verwertung von Kreditsicherheiten bei bestimmten Verfahren (jeweils im Vergleich zu anderen) abgeleitet werden können. Die Art des Zahlungseingangs (Zwangsversteigerung, freihändiger Verkauf, Rettungserwerb, Grundschuldablösung)391 resultiert aus verschiedenen Verwertungsformen, die sich durch unterschiedlich hohe Transaktionskosten differenzieren lassen. Verwertungsformen mit hohen Transaktionskosten weisen geringere Sicherheiten-Verwertungsquoten auf. Daher gilt es im Folgenden eine Strukturierung der Verwertungsformen nach Höhe der mutmaßlichen Transaktionskosten herauszuarbeiten, um hieraus Hypothesen ableiten zu können.392 Grundsätzlich werden die Transaktionskosten der verschiedenen Zahlungseingänge durch die oben beschriebenen Einflüsse aus Verhaltensannahmen, Umweltfaktoren, Transaktionsatmosphäre und -häufigkeit beeinflusst. Die Verhaltensannahmen beziehen sich auf die Handlungsweise der beteiligten Akteure, die begrenzt rational und opportunistisch sein kann. Auf der einen Seite einer Verwertungstransaktion steht das Kreditinstitut. Hinsichtlich der verschiedenen Arten der Zahlungseingänge sind Unterschiede in der Art der beteiligten Akteure auf der Erwerberseite genauer zu untersuchen. Während die Verwertung per Zwangsversteigerung und freihändigem Verkauf an externe Dritte erfolgt, übernimmt die Bank beim Rettungserwerb die Immobilie in den eigenen Bestand. Bei der Grundschuldablösung erfolgt eine direkte Einigung mit dem Sicherungsgeber. Allen Beteiligten wird hierbei Opportunismus zugeschrieben; allerdings wird vermutet, dass relevante Unterschiede hinsichtlich des Grads der Rationalität bestehen. Während es für die Bank bzw. deren Mitarbeiter primär um die Generierung von Einzahlungen aus einem Objekt geht, die täglicher Arbeitsinhalt ist und dementsprechend rational bearbeitet werden kann, hat die Sicherheitenver390
Vgl. Göbel 2002, S. 139. Die Erzielung von Einzahlungen im Rahmen eines Enteignungserlösverfahrens bzw. von Lästigkeitsprämien wird im Folgenden nicht ausführlicher behandelt, da nur ein Datensatz bzw. sieben Datensätze diese Art des Zahlungseingangs aufweisen und daher keine statistisch sinnvolle Überprüfung von Hypothesen möglich ist. 392 Auf Basis der Transaktionskosten bei der Beurteilung der Sicherungskraft unterschiedlicher Kreditsicherheiten argumentiert auch Adams 1980, S. 120ff. 391
111
wertung für den Kreditnehmer bzw. Sicherungsgeber eine emotionale Komponente, die die Rationalität des Handelns beeinflussen kann. Die Sicherheitenverwertung steht immer am Ende eines „Prozesses des Scheiterns“ für den Kreditnehmer und bedeutet i.d.R. den Verlust von Vermögensgegenständen, zu denen er unter Umständen – bspw. durch Eigennutzung – eine emotionale Verbundenheit aufgebaut hat. Im Unterschied dazu sind externe Dritte beim Erwerb einer Immobilie regelmäßig nicht durch emotionale Einflüsse determiniert. Da es sich bei einem Immobilienerwerb um eine seltene, wenn nicht sogar einmalige Transaktion im Leben mit entsprechend hohem finanziellen Aufwand handelt, wird vermutet, dass externe Käufer vergleichsweise rational agieren. Die fehlende Rationalität der Kreditnehmer bei Grundschuldablösungen wird hypothetisch zu höheren Verwertungsquoten führen, da die Banken die fehlende Rationalität der Kreditnehmer/Sicherungsgeber ausnutzen können. Für die Differenzierung zwischen Zwangsversteigerung, freihändigem Verkauf und Rettungserwerb sind im Folgenden die Umweltbedingungen genauer zu analysieren, da bezüglich der Verhaltensannahmen keine Unterschiede hinsichtlich des Grads der Rationalität und des Opportunismus’ zwischen Bank und externen Erwerbern vermutet werden. Die Umweltbedingungen werden beeinflusst durch die Unsicherheit und Komplexität der Transaktion sowie deren Spezifität und strategische Bedeutung. Für einen externen Dritten bzw. durchschnittlichen Immobilieninteressenten, der nur selten Entscheidungen über Immobilientransaktionen zu treffen hat, sind sowohl die Unsicherheit als auch die Komplexität, die Spezifität und strategische Bedeutung als hoch einzuschätzen. Grund hierfür ist die Unerfahrenheit in diesem Bereich und eine verstärkte strategische Bedeutung durch den Umfang der einzusetzenden finanziellen Mittel. Für eine Bank gehören dagegen Immobilienerwerbe und -verwertungen zum alltäglichen Geschäftsgegenstand. Sie hat relativ zur Bilanzsumme über geringe Mitteleinsätze zu entscheiden, so dass die Unsicherheit und Komplexität sowie die Spezifität und strategische Bedeutung der Transaktion vergleichsweise gering sind. Daher wird angenommen, dass bei freihändigen Verkäufen und Zwangsversteigerungen tendenziell höhere Transaktionskosten zu verzeichnen sind als bei Rettungserwerben. Dies führt wahrscheinlich
112 112
zu niedrigeren Verwertungsquoten von Zwangsversteigerungen und freihändigen Verkäufen als von Rettungserwerben.393 Im letzten, direkten Vergleich zwischen Zwangsversteigerungen und freihändigen Verkäufen spielt die dritte Art von Bedingungen auf die Höhe von Transaktionskosten die entscheidende Rolle: die Transaktionsatmosphäre/-häufigkeit. Die Transaktionsatmosphäre bei der Zwangsversteigerung ist im Wesentlichen durch die Regelungen des ZVGs vorgegeben. Der gesetzlich vorgeschriebene Weg ist im Einzelnen nicht abänderbar und kein Gegenstand intensiver Verhandlungen zwischen Verwerter und Erwerber. Vielmehr wird die Unsicherheit durch ein gerichtliches Gutachten vermindert und es finden keine langwierigen Preisverhandlungen, sondern ein einziger Versteigerungstermin statt. Der Versteigerungszuschlag ersetzt die Einigung über den Eigentumserwerb (Auflassung) und den zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrag (bspw. Kaufvertrag), der notariell beurkundet werden müsste. Im Unterschied dazu gibt es beim freihändigen Verkauf keine gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensregelungen, nur Vorschriften hinsichtlich der Formalia der Eigentumsübertragung. Der Prozess der Wertermittlung sowie der Einigung auf einen Kaufpreis und auf sonstige vertragliche Details findet im direkten Kontakt zwischen den Vertragsparteien statt. Aufgrund dieser umfangreicheren Anbahnungs- und Verhandlungskosten beim freihändigen Verkauf wird vermutet, dass die Verwertungsquote von freihändigen Verkäufen geringer ist als die von Zwangsversteigerungen. Zusammenfassend lässt sich aus den obigen transaktionskostentheoretischen Argumentationen also folgende Rangfolge der Verwertungsquoten nach der Art des Zahlungseingangs vermuten (von der höchsten bis zur geringsten durchschnittlichen Verwertungsquote): Grundschuldablösung > freihändiger Verkauf > Zwangsversteigerung > Rettungserwerb. Hypothese H9.3: Unterschiedliche Verwertungsformen/Arten des Zahlungseingangs gehen einher mit unterschiedlichen Sicherheiten-Verwertungsquoten.
393
Das Argument vergleichsweise geringer Transaktionskosten bei Rettungserwerben wird noch dadurch unterstützt und verstärkt, dass bei Rettungserwerben keine langwierigen Preisverhandlungen notwendig sind, sondern dem Kreditnehmer/Sicherungsgeber 7/10 des gerichtlichen Verkehrswerts gutgeschrieben werden müssen (siehe §114a ZVG).
113
Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde in der Datenerhebung festgehalten, wie die Art des Zahlungseingangs war. In der beschriebenen Literatur ist diese Hypothese bisher weder diskutiert noch analysiert worden. 4.6
Zusammenfassung der Hypothesen
Die beschriebenen Hypothesen sind in Tabelle 6 unter Angabe der betreffenden Variablen und der Richtung des vermuteten Zusammenhangs zusammengefasst. Eine detaillierte Definition und Beschreibung dieser Variablen finden sich im Abschnitt 5.5. Insbesondere ist dort angegeben, welche Ausprägungen die Variablen annehmen können.
Einflussfakor
Kreditengagementbezogene Faktoren
BIP-Wachstum p.a. Makroökonomische Inflationsrate p.a. Faktoren Arbeitslosenquote
+ + -
H2
Faktoren aus Verhaltensrisiken des Kreditnehmers
Kooperationsbereitschaft (0, 1) - eigene Einschätzung
+
H3
Branche
diverse Branchen der selbstständigen und/oder gewerblichen Tätigkeit (0, 1)
o
H4
Besicherung außer Grundschuld?
H5
Rang der Grundschuld-Besicherung
H6 H7
Sicherheitenbezogene Faktoren
WOPbezogene Faktoren
H8
H9
ja, nein (0, 1)
-
diverse Arten der sonstigen Besicherung (0, 1)
o
Erstrangige Grundschuldbesicherung (0, 1)
+
Valuta der vorrangigen Rechte in Euro Dauer der bisherigen Kreditbeziehung (GrundDauer der Kreditbeschuldbestellung bis Kreditkündigung) in Monaziehung ten Art der Immobilie diverse Immobilienarten (0, 1)
Lage der Immobilie
Art und Intensität des WOPs
o
Objektstandort (Bundesland) (0, 1)
o
Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km
?
Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank Einwohnerzahl des Objektstandorts Dauer von Kreditkündigung bis Übertrag in Monaten WOP-Dauer in Monaten diverse Arten des Zahlungseingangs (0, 1)
Tabelle 6: Hypothesen zu potenziellen Einflussfaktoren auf die Sicherheiten-Verwertungsquote.
114 114
vermuteter Zusammenhang
H1 BasisFaktoren
Kreditnehmerbezogene Faktoren
Variable
? + o
Die Angabe (0, 1) bedeutet, dass es sich um eine binäre Dummy-Variable handelt, die den Wert 0 annimmt, falls das beschriebene Merkmal nicht vorliegt, bzw. 1, wenn das Merkmal zutrifft. Variablen, zu denen keine (intuitiv oder theoretisch) begründete Vermutung über den Wirkungszusammenhang mit der Verwertungsquote vorliegt – hier für die Entfernung zwischen Hauptsitz der abgebenden Bank und Objektstandort –, sind mit einem „?“ gekennzeichnet. Die bisherigen Ergebnisse empirischer Literatur zum Einfluss der untersuchten Faktoren auf die RR von Krediten (inkl. kapitalmarktgehandelte Schuldverschreibungen) und auf die Verwertungsquote von Kredit- oder Leasingsicherheiten fasst Tabelle 7 überblicksartig zusammen. Für die nicht aufgeführten Hypothesen sind der Autorin bisher keine Untersuchungen bekannt.
115
116 -
kein Einfluss: Grunert 2005
kein Einfluss bzgl. der Dauer "Kdg. bis WOP-Beginn": Grunert 2005 negativer Einfluss der WOP-Dauer: Grunert 2005
Rang der GrundschuldBesicherung
Dauer der Kreditbeziehung
Art und Intensität des WOPs
H5
H6
H9
-
-
kein Einfluss: Altman/Kishore 1996, Altman/Fanjul 2004, Dermine/deCarvalho 2006 positiver Einfluss: Franks/deServigny/Davydenko 2004
kein Einfluss: Thorburn 1999, Gupton/Gates/Carty 2000, Franks/deServigny/ Davydenko 2004, Grunert 2005 branchenspezifischer Einfluss: Altman/Kishmore 1996, Izvorsky 1997, Bartlett 2000, Varma et al. 2003, Acharya/Bharath/ Srinivasan 2004, Araten/Jacobs/Varshney 2004, Dermine/deCarvalho 2006 sicherheitenspezifischer Einfluss: Araten/Jacobs/Varshney 2004, Dermine/ deCarvalho 2006 Einfluss der Anspruchsrangsfolge: Altman/Kishore 1996, Carty/Lieberman 1996, Izvorski 1997, Van de Castle/Keisman 1999, Gupton/Gates/Carty 2000, VandeCastle et al. 2000, Hamilton et al. 2001, Hamilton/Cantor 2002, Varma et al. 2003, Acharya/Bharath/Srinivasan 2004, Hamilton et al. 2006
kein Einfluss: Grunert 2005, Dermine/deCarvalho 2006 positiver Einfluss: Thorburn 1999, Achary/Bharath/Srinivasan 2004, Altman/Resti/Sironi 2004, Araten/Jacobs/Varshney 2004 negativer Einfluss: Franks/deServigny/Davydenko 2004 (modelltheoretisch positiver Einfluss: Shleifer/Vishny 1992)
Untersuchungen zu empirischen RRs von Krediten/ kapitalmarktnotierten Anleihen und Wertpapieren
116 116
Tabelle 7: Empirische Ergebnisse zu potenziellen Einflussfaktoren auf die Kredit-RR/Sicherheiten-Verwertungsquote.
-
Besicherung außer Grundschuld?
kein Einfluss: Grunert 2005
H3 Branche
H4
kein Einfluss: Schmit/Stuyck 2002, Grunert 2005 positiver Einfluss: Franks/deServigny/ Davydenko 2004
Untersuchungen zu empirischen Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten/Leasingobjekten
Makroökonomische H1 Faktoren
Einflussfakor
4.7
Mögliche kontrollierbare Einflüsse
Neben den beschriebenen Einflussfaktoren gibt es eine Vielzahl von Faktoren, deren Effekte auf die Verwertungsquote der immobilen Kreditsicherheiten einwirken könnten und für die in der multivariaten Analyse kontrolliert werden kann. Grafisch kann das Zusammenwirken von potenziellen Einflussgrößen und Kontrollmöglichkeiten wie folgt (Abbildung 12) veranschaulicht werden. Auf diese strukturelle Anatomie wird im Verlauf der vorliegenden Arbeit als Gliederungshilfe zurückgegriffen werden. Basis-Faktoren (makroökonomisch, aus Verhaltensrisiken) Kreditnehmerbezogene Faktoren Kreditengagementbezogene Kontrollmöglichkeiten
Kreditnehmerbezogene Kontrollmöglichkeiten
Kreditengagementbezogene Faktoren Sicherheitenbezogene Faktoren (Spezifika der Immobilie)
Sicherheitenbezogene Kontrollmöglichkeiten
Workout-Prozessbezogene Faktoren Workout-Prozess-bezogene Kontrollmöglichkeiten
Sicherheiten-Verwertungsquote Abbildung 12: Anatomie potenzieller Einflussgrößen und Kontrollmöglichkeiten auf die Verwertung immobiler Sicherheiten.
4.7.1 Kreditnehmerbezogene Kontrollmöglichkeiten Mit zunehmender finanzieller Angespanntheit des Kreditnehmers (KN1), die durch die erfolgte Insolvenzbeantragung ausgedrückt wird, verringert sich tendenziell die Möglichkeit, die Kreditschulden aus anderen Quellen als der Sicherheitenverwertung zu tilgen. Die persönliche Zahlungsfähigkeit ist nicht mehr gegeben. Kurzfristig liquidierbare Vermögensgegenstände sind verbraucht. Daher werden die Anstrengungen der Bank zur Generierung einer Einzahlung aus der ihr verpfändeten Immobilie größer sein, wenn durch ein bestehendes Insolvenzverfahren die finanzielle Angespanntheit des Kreditnehmers groß ist. Ob diese erhöhten Anstrengungen zu Einzahlungen führen, die
117
deutlich höher als erwartet sind, oder ob die erhöhten Auszahlungen im WOP die Sicherheiten-Verwertungsquote überdurchschnittlich verringern, ist nicht erforscht. In der beschriebenen Literatur ist dieser Einfluss bisher weder diskutiert noch analysiert worden. Kreditsicherheiten von Kapitalgesellschaften erzielen möglicherweise aufgrund der fehlenden persönlichen Haftung des Privatvermögens der Gesellschafter und Manager (KN2) eine im Vergleich zu Personengesellschaften höhere Sicherheiten-RR. Da die Bank bei Kapitalgesellschaften nur auf das Vermögen der Gesellschaft und im Zweifelsfall (bei Vermögenslosigkeit der Gesellschaft) nur auf die gestellten Sicherheiten zurückgreifen kann, werden die Anstrengungen zur Generierung einer möglichst hohen Sicherheiten-Verwertungsquote höher sein, als wenn das Kreditinstitut zusätzlich unbeschränkten Zugriff auf das Privatvermögen der Gesellschafter hat, was die alternative Haftungsmasse erheblich erweitert. In der beschriebenen Literatur stellt Grunert 2005 keine statistisch signifikante Relevanz dieser Variablen sowohl bezüglich der Kredit-RR als auch der Sicherheiten-Verwertungsquote fest.394 Die Kundenart (privat oder gewerblich) und der damit verbundene Verwendungszweck des gekündigten Kredits (KN3), zu dessen Sicherung das untersuchte Grundpfandrecht bestellt wurde, könnte ein weiterer Einflussfaktor für die Höhe der Sicherheiten-Verwertungsquote
sein.
Aufgrund
unterschiedlicher
Kreditvergabe-
/Kreditüberwachungs-Richtlinien und -Prozesse für den privaten oder gewerblichen Kreditbedarf könnten Grundpfandrechte mit verschiedener Werthaltigkeit und Sicherungsqualität vereinbart werden, die in deutlich unterschiedlichen Verwertungsquoten resultieren. Araten/Jacobs/Varshney 2004 finden in ihrer Analyse der RR der „JPMorgan Chase wholesale bank“ wesentliche Unterschiede zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen. Kunden des „Investment-Banking“-Bereichs weisen geringere RRs (59,4%) auf als solche der Bereiche „Middle Markets“ (61,3%) und „Private Bank“ (65,5%).395 4.7.2 Kreditengagementbezogene Kontrollmöglichkeiten Der quantitative Umfang der Ansprüche, die ein Grundschuldgläubiger aus einem Grundpfandrecht geltend machen kann, wird durch den nominellen Grundschuldbe394 395
Vgl. Grunert 2005, S. 111 bzw. 171. Vgl. Araten/Jacobs/Varshney 2004, S. 28.
118 118
trag (KE1) (zzgl. der Grundbuchzinsen) festgelegt.396 Es wird angenommen, dass die Sicherheiten-Verwertungsquote umso höher ist, je höher der nominelle Grundschuldbetrag ist. Denn je größer der Anspruch auf den Verwertungserlös eines Objekts, desto höher ist – unter der Bedingung, dass der Sicherheitenrahmen voll ausgeschöpft ist, d.h. die Restschuld größer oder gleich des vermuteten Werts aller zur Verfügung stehenden Sicherheiten ist – der Anreiz für das Kreditinstitut, eine bestmögliche Verwertung herbeizuführen. Denn bei hohen Grundschuldansprüchen führen relativ kleine Schwankungen in den erreichten Istwerten zu hohen absoluten Einzahlungsunterschieden. In der beschriebenen Literatur ist dieser Einfluss bisher weder diskutiert noch analysiert worden. Im Rahmen der Untersuchung kreditengagementspezifischer möglicher Einflussfaktoren der Sicherheiten-Verwertungsquote wird des Weiteren kontrolliert, ob es eine Rolle spielt, dass der Sicherungsgeber (d.h. der Eigentümer des verpfändeten Objekts) mit dem Kreditnehmer identisch ist oder nicht (KE2). Es wird vermutet, dass die rechtliche und tatsächliche Durchsetzbarkeit von dinglichen Ansprüchen gegen den Kreditnehmer einfacher ist als gegen dritte Personen. Die Verwertung in das Vermögen eines Drittsicherungsgebers stößt daher tendenziell auf größere Widerstände und rechtliche Probleme. Daher wird vermutet, dass die Sicherheiten-Verwertungsquote geringer ist, wenn das Grundpfandrecht von einem Drittsicherungsgeber, der nicht Kreditnehmer ist, zur Verfügung gestellt ist. In der beschriebenen Literatur ist dieser Einfluss bisher weder diskutiert noch analysiert worden. 4.7.3 Sicherheitenbezogene Kontrollmöglichkeiten Inwiefern die Objektgröße – gemessen als Wohn- oder Nutzfläche in qm (S1) – eine Rolle für die Verwertungsquote spielt, kann ex-ante nicht eingeschätzt werden. Auch in der beschriebenen Literatur ist dieser Einfluss bisher weder diskutiert noch analysiert worden. Es wird angenommen, dass mit zunehmendem Alter des Verwertungsobjekts (S2) die Restnutzungsdauer, das potenzielle Interesse, die Marktgängigkeit und die Verwertbarkeit abnehmen. Gleichzeitig werden die Informationsdifferenzen zwischen Eigentümer und potenziellen Interessenten, die ein Zustandekommen eines Kaufvertrags oder Ver396
Der vereinbarte/eingetragene nominelle Grundschuldbetrag entspricht in der Bankpraxis i.d.R. dem ausgezahlten Kreditbetrag. Vgl. Salomo/Eisenlohr 2001, S. 842.
119
steigerungszuschlags behindern könnten, größer.397 Außerdem wird mit zunehmendem Alter einer eigengenutzten Immobilie häufig der emotionale Objektwert für den Sicherungsgeber steigen und sich der Widerstand gegen eine Verwertung erhöhen. Daher wird vermutet, dass die Sicherheiten-Verwertungsquote umso geringer ist, je älter das immobile Objekt ist. In der beschriebenen Literatur ist dieser Einfluss bisher weder diskutiert noch analysiert worden. Für den erfolgreichen Verlauf der Sicherheiten-Verwertung ist es u.U. von Bedeutung, ob die Immobilie vom Sicherungsgeber eigengenutzt oder fremdvermietet wird (S3). Es wird angenommen, dass Eigennutzer eine höhere (emotionale) Verbundenheit mit dem Objekt haben und daher besonders widerstandsfähig gegen die Immobilienverwertung sind, was sich auf den WOP über eine verminderte Kooperationsbereitschaft sowohl zeitlich als eventuell auch sachlich negativ auswirkt. Außerdem könnte bei eigengenutzten Objekten die Wieder-/Nachvermietbarkeit für potenzielle Investoren – ebenfalls aufgrund der gesteigerten emotionalen Verbundenheit und spezifischen ExtraInvestition – langsamer und schwieriger hergestellt werden. Dies lässt die Attraktivität eines Objekts sinken. Eigengenutzte Objekte weisen daher wahrscheinlich geringere Sicherheiten-Verwertungsquoten auf als fremdgenutzte Immobilien. In der beschriebenen Literatur ist dieser Einfluss bisher weder diskutiert noch analysiert worden. 4.7.4 WOP-bezogene Kontrollmöglichkeiten Während des WOPs steigt die Einschätzbarkeit der Werthaltigkeit der Kreditsicherheit. Es wird im Laufe der Zeit offensichtlicher, ob der geschätzte Wert erlöst werden kann. Diese gesteigerte Sicherheit hinsichtlich des erwarteten Zahlungseingangs kann während des Verwertungsprozesses mit Hilfe von Auf- oder Abwertungen auf die Bewertung der Sicherheit berücksichtigt werden (W1). Derartige Auf- oder Abwertungen sind vor allem bei besonderen Anlässen (bspw. der Änderung von wesentlichen wertbeeinflussenden Faktoren [Zerstörung o.ä.] oder beim wiederholten Fehlschlagen von Vewertungsbemühungen [erfolglose Zwangsversteigerungstermine o.ä.]) möglich. Daher wird angenommen, dass die Sicherheiten-Verwertungsquote umso höher ist, je geringer die während des WOPs vorgenommenen Abwertungen bzw. je höher die Aufwertungen des
397
Diese Vermutung könnte regional sehr unterschiedlich sein. Insbesondere in Regionen, in denen Neubauten sehr teuer oder kaum verfügbar sind, könnte sich die Nachfrage auch auf günstige Bestandsimmobilien fokussieren.
120 120
Grundpfandrechtswerts sind. In der beschriebenen Literatur ist dieser Einfluss bisher weder diskutiert noch analysiert worden. 4.8
Zusammenfassung der möglichen Kontrollvariablen
In Tabelle 8 sind die möglichen Kontrollvariablen, ihre Bezeichnung und der vermutete Einfluss zusammengefasst. Tabelle 9 veranschaulicht im Überblick die wenigen bisherigen empirischen Ergebnisse hierzu. Kontrollgrößen Finanzielle AngespanntKredit- KN1 heit des Kreditnehmers nehmerKN2 Persönliche Haftung bezogene Variablen KN3 Kundenart/ Verwendungszweck des Kredits Umfang der GrundKreditKE1 schuldbesicherung engagementSicherheitenstellung bezogene KE2 durch DrittsicherungsgeVariablen ber? S1 SicherSpezifika der Immobilie heitenS2 bezogene Art der ImmobiliennutVariablen S3 zung WOPWerthaltigkeit der Imbezogene W1 mobilie Variablen
Variable Insolvenz anhängig (0, 1) persönliche Haftungsform (0, 1) Private Kreditnemer/ Verwendungszwecke (0, 1)
vermuteter Einfluß -
Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro
+
KN gleich Sicherungsgeber (0, 1)
o
Wohn-/Nutzfläche in qm
?
Objektalter in Jahren
-
Eigennutzung (0, 1)
+
Abwertung während des WOPs
-
Tabelle 8: Kontrollmöglichkeiten sonstiger potenzieller Einflussfaktoren für die Sicherheiten-Verwertungsquote.
121
Kontrollgrößen
KN1
Finanzielle Angespanntheit des Kreditnehmers
KN2 Persönliche Haftung Kundenart/Verwendungszweck des Kredits Umfang der GrundschuldbeKE1 sicherung
KN3
Untersuchung zu empirischen Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten/ Leasingobjekten
Untersuchung zu empirischen RR von Krediten/ kapitalmarktnotierten Anleihen und Wertpapieren
-
-
kein Einfluss: Grunert 2005 branchenspezifischer Einfluss: -
kein Einfluss: Grunert 2005 branchenspezifischer Einfluss: geschäftsbereichsspezifischer Einfluss: Araten/Jacobs/Varshney 2004
-
-
-
-
Spezifika der Immobilie
-
-
S3
Art der Immobiliennutzung
-
-
W1
Werthaltigkeit der Immobilie
-
-
Sicherheitenstellung durch KE2 Drittsicherungsgeber? S1 S2
Tabelle 9: Empirische Ergebnisse zu möglichen Kontrollvariablen für die SicherheitenVerwertungsquote.
122 122
5
Empirische Vorüberlegungen zur Analyse der Verwertungsquote von Grundpfandrechten
Bevor auf die konkreten Forschungsfragen nach der Höhe der Verwertungsquote von Immobiliensicherheiten und ihrer Einflussfaktoren eingegangen werden kann, wird im Folgenden zunächst der Prozess der Datenauswahl und -erhebung beschrieben (Abschnitte 5.1 und 5.2) und hinsichtlich notwendiger Datenkorrekturen (Abschnitt 5.3) und fehlender Informationen (Abschnitt 5.4) kritisch diskutiert. Um vor der Datenauswertung im Sinne der Forschungsfragen in den Kapiteln 6 und 7 einen Eindruck von den bisher unbekannten Merkmalsausprägungen und -verteilungen der Variablen zu bekommen, werden auf Basis der in Kapitel 4 erarbeiteten Struktur die potenziellen Einflussfaktoren (Abschnitt 5.5) und möglichen Kontrollvariablen (Abschnitt 5.6) vorgestellt und erste Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren beschrieben (Abschnitte 5.7). Kapitel 5 wird dabei deskriptiv sein, da es lediglich dazu dient, die für die vorliegende Arbeit erfassten Daten darzustellen. Mögliche Erklärungen für festgestellte Effekte und die Beantwortung der Forschungsfragen folgen in den Kapiteln 6 und 7. 5.1
Auswahl der Daten
5.1.1 Auswahl des Projektpartners Im Winter 2006/2007 wurde versucht, Projektpartner zu gewinnen, die bereit waren, notwendige Daten über abgeschlossene Verwertungen von Kreditsicherheiten zur Verfügung zu stellen. Im Dezember 2006 wurde daher der BAG Bankaktiengesellschaft (BAG) das Projektvorhaben vorgestellt. Exkurs: Geschichte und Profil der BAG398 Die BAG ist als Spezialinstitut des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR) spezialisiert auf die Bearbeitung leistungsgestörter Aktiva399 der Mitgliedsbanken.
398 Soweit nicht anders angegeben vgl. hierzu im Internet URL: http://www.bankaktiengesellschaft.de [2008-11-04]. 399 Hierzu gehören neben Krediten auch Tochtergesellschaften oder Immobilien. Vgl. Ostendorf 2006, S. 364.
123
Die BAG ist eine eigenständige AG mit dem BVR als 99,9-prozentigem Aktionär. Sie ist aus einer 1984 aufgetretenen Krise bei einer der damals größten Primärbanken des genossenschaftlichen Bankenverbunds, der ehemaligen Hammer Bank Spadaka eG, entstanden. Eigentlich sollte diese nach ihrem Scheitern vollständig abgewickelt werden. Im Laufe der Zeit erkannten die Verantwortlichen, dass sich dort umfangreiches Know-how rund um die Bearbeitung problematischer Kreditengagements konzentriert hatte. Daher wurde im Jahr 1987 aus der Abwicklungsbank eine eigenständige AG mit Vollbanklizenz.400 Bis 2006 war die BAG überwiegend mit der Unterstützung von Sanierungsbanken beauftragt. Mit ihrer spezialisierten Erfahrung in den Bereichen Abwicklung und Sanierung nahm die BAG somit eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Sicherungseinrichtung des BVR wahr, die den Bestand der genossenschaftlichen Institute sichert und ihnen in Krisenfällen wirtschaftliche Unterstützung – insbesondere bei Gefahr für die Liquidität und drohender Insolvenz – bietet. Finanziert wird die Sicherungseinrichtung401 durch solidarische Beiträge der angeschlossenen Kreditgenossenschaften in Abhängigkeit der Kundeneinlagen. Die Aufgabe der BAG ist es heute (seit 2006), im Wege des Outsourcings oder Forderungsverkaufs betreuungsintensive Kreditengagements für die Partnerbanken im genossenschaftlichen Finanzverbund abzuwickeln und bestmögliche Verwertungsergebnisse zu erzielen.402 Die BAG wurde für die empirische Untersuchung ausgewählt, da sie seit 1987 auf die Bearbeitung von Problemkrediten spezialisiert ist und somit eine umfangreiche Datenbasis zu real verwerteten Kreditsicherheiten vorhanden ist. Die Geschäftstätigkeit der BAG weist diverse Besonderheiten auf, die bei der Analyse der Ergebnisse dieser Arbeit zu beachten sind und die Repräsentativität der Ergebnisse einschränken. Entspre400
Vgl. URL: http://www.bankaktiengesellschaft.de/php_fe/index.php?ID=249&rubrikID=260&menu =offen [2007-08-29] oder Ostendorf 2006, S. 369f. Vgl. Ostendorf 2006, S. 364, Fußnote 7. 402 Im Rahmen des Ankaufs von lediglich ausfallgefährdeten Forderungen zielen die Anstrengungen der BAG auf Sanierung des Kreditnehmers unter Berücksichtigung der genossenschaftlichen Grundsätze. Seit der grundlegenden Änderung des Geschäftsmodells in 2006 ist die BAG nicht mehr mit der Unterstützung von Sanierungsbanken beauftragt (Sanierungsbanken werden seitdem ausschließlich von der Sanierungseinrichtung des BVR unterstützt). 401
124 124
chend dem explorativen Charakter dieser Untersuchung wird eine mangelnde Repräsentativität der Ergebnisse in Kauf genommen, um bei der Analyse erstmalig Zusammenhänge zu erkennen. Die Besonderheiten der Geschäftstätigkeit, die sich auf die Interpretierbarkeit der Daten auswirken, sind: x
Die in der Studie erfassten Sicherheitenverwertungen stammen überwiegend aus Kredittransaktionen vor 2006 von Kreditgenossenschaften, die aufgrund ökonomischer Krisen die Sicherungseinrichtung des BVRs in Anspruch nehmen mussten. Nicht nur die Kreditengagements waren somit problembehaftet, sondern es könnte möglich sein, dass auch die dahinter stehenden Strukturen – bspw. die Kreditvergabe- oder Sicherheitenüberwachungspolitik – der abgebenden Banken fehlerhaft waren. Daraus resultiert eventuell eine negativ verzerrte Selektion von Kredit- und Sicherheitenverwertungsfällen im Vergleich zu „normalen, gesunden“ Geschäftsbanken.
x
Die verwerteten Kreditsicherheiten stammen aus Engagements, die im kreditgenossenschaftlichen Sektor vergeben wurden. Die Kundenstruktur der Kreditgenossenschaften ist traditionell durch Privatpersonen, Kleingewerbetreibende sowie mittelständische Unternehmen geprägt. Großkonzerne werden regelmäßig nicht von den Genossenschaftsbanken vor Ort in ihren Kreditansprüchen befriedigt, sondern in Kooperation mit oder ausschließlich von einer der genossenschaftlichen Zentralbanken. So finden sich in dem recherchierten Datensatz nahezu ausschließlich Sicherheiten aus Krediten an Privatkunden, wirtschaftlich Selbstständige und mittelständische Unternehmen.403
x
Die Daten und Ergebnisse sind durch die Arbeitsstrukturen und -prozesse der BAG geprägt, die u.a. auf die Verwertung von Kreditsicherheiten spezialisiert
403
Laut Zeitreihen-Statistik der Deutschen Bundesbank (im Internet unter URL: http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open=&open_node_id=39390 [2008-02-01]) betragen die wertmäßigen Marktanteile in 2006 der Kreditgenossenschaften (inkl. genossenschaftliche Zentralbanken) am Gesamtmarkt der ausgeliehenen Wohnungsbaukredite für die Kundengruppe „Inländische Unternehmen und selbstständige Privatpersonen“ 12,38% sowie für die „Inländischen wirtschaftlich unselbstständigen und sonstigen Privatpersonen“ 18,68%. Die Marktanteile des genossenschaftlichen Sektors in 2006 für Kredite im Allgemeinen ist fast identisch und beträgt bei „Inländischen Unternehmen und wirtschaftlich selbstständigen Privatpersonen“ 13,78% sowie bei „Inländischen wirtschaftlich unselbstständigen und sonstigen Privatpersonen“ 19,34%.
125
ist. Die Ergebnisse können daher nicht ohne Einschränkung auf andere Geschäftsbanken übertragen werden.404 x
Das Geschäftsgebiet der Volks- und Raiffeisenbanken beschränkt sich auf die Bundesrepublik Deutschland. Dies schließt nicht aus, dass vereinzelte, verwertete Immobilienobjekte im Ausland liegen oder der Kreditnehmer bzw. Sicherungsgeber ausländischer Herkunft ist. Aber eine Übertragung der Ergebnisse auf andere Länder ist nicht möglich, da die institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen von immobilen Sicherheitenverwertungen häufig zu unterschiedlich sind.405
5.1.2 Auswahl der Untersuchungsobjekte Im Mai 2007 wurde aus dem entsprechenden Controllingsystem eine Auswertung erstellt, welche die Daten einer zufälligen Auswahl von Kreditsicherheiten enthielt. Die folgende Liste fasst die relevanten Merkmale der Sicherheiten aus der Controllingliste zusammen: x
„Ankaufsdatum“ – Datum des Ankaufs des zugehörigen Kreditengagements durch die BAG und damit rechtliche Inbesitznahme des Sicherungsguts.
x
„Letzte Bewertung abgebende Bank“ – Letzte Bewertung der Kreditsicherheit durch die abgegebende Bank in Euro.
x
„Zahlungseingang“ – Summe der Rückflüsse aus der Verwertung der Kreditsicherheit in Euro.
x
„Restlaufzeit (RLZ) letzter Zahlungseingang“ – Zeitraum in Monaten, der bei Einbuchung des letzten Zahlungseingangs noch bis zum Ende der von der BAG festgelegten Bearbeitungsdauer (insgesamt 36 Monate nach Kreditankauf) übrig ist (negativer Wert) oder der bei Einbuchung des letzten Zahlungseingangs über den festgelegten Bearbeitungszeitraum hinaus verstrichene Zeitraum (positiver Wert).
404 Dies ist nicht Ziel der vorliegenden Arbeit. Vielmehr geht es darum, eine erste Einschätzung der Verwertungsquote von Kreditsicherheiten zu liefern sowie den Einfluss makroökonomischer, kreditengagement-, kreditnehmer-, sicherheiten- und WOP-bezogener Faktoren zu untersuchen. 405 Für einen beispielhaften Vergleich des Insolvenzrechts in Großbritannien, Frankreich und Deutschland vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 6ff. Die Auswirkungen der unterschiedlichen Rechte der Gläubiger im Insolvenzfall auf das Sicherheitenmanagement und die Höhe der Recovery Rates untersuchen Davydenko/Franks 2008.
126 126
x
„Endwert“ – Summe der Rückflüsse aus der Verwertung der Kreditsicherheit in Euro, ab- bzw. aufdiskontiert auf den Ablauf der internen Bearbeitungsdauer von 36 Monaten nach Ankauf.
Diese Daten wurden zur internen Steuerung und zum Erfolgscontrolling verwendet und werden somit als die validesten und zuverlässigsten zugänglichen Informationen angenommen. Aus dieser zufälligen Liste wurden in einem mehrstufigen Prozess 1.454406 Immobiliensicherheiten identifiziert, deren Verwertungsprozess von der BAG als abgeschlossen eingestuft wurde und denen eine Identifikationsnummer (ID) zugeordnet war. Für eine Auswahl aus dieser selektiven Grundgesamtheit wurden weitere Merkmale im elektronischen Sachbearbeitermodul recherchiert. Von den grundpfandrechtlichen, abgeschlossenen Sicherheitenfällen, denen eine ID zugeordnet war, wurden zunächst all jene 737 Sicherheiten (50,76%) hinsichtlich ihrer spezifischen Merkmale recherchiert, auf deren Wert während des Verwertungsprozesses keine Auf- oder Abwertungen vorgenommen worden sind. Auf- und Abwertungen von (grundpfandrechtlichen) Kreditsicherheiten während der Bearbeitungszeit sind aus vielfältigen, nicht systematisch zu erfassenden Gründen möglich, die eine sinnvolle Interpretation erschweren. Trotzdem können sie eventuell einen noch unbekannten Einfluss auf die Höhe und Verteilung der Verwertungsquote haben. In einem weiteren Schritt wurden von den verbleibenden 715 auf- oder abgewerteten grundpfandrechtlichen Sicherheiten (49,24%) 387 zufällig ausgewählte Fälle hinsichtlich ihrer spezifischen Merkmale recherchiert.407 Dies entspricht einer Erfassung von 54,13% (387 von 715) dieser auf- oder abgewerteten Verwertungsfälle. 5.2
Datenerhebung
Die Erhebung der nachfolgend beschriebenen Daten der ausgewählten immobilen Sicherheitenverwertungen erfolgte zwischen dem Juni 2007 und März 2008.408 Aus der 406
Von den 1.454 Verwertungsfällen wurden zwei Grundpfandrechte ausgeschlossen, die doppelt erfasst waren. Der Umfang dieser 387 recherchierten Verwertungsfälle resultiert aus den zeitlichen Kapazitäten der Autorin. 408 Neben den im Folgenden dargestellten Variablen wurden im Rahmen der Dissertation weitere Merkmale der Sicherheitenverwertung erfasst. Auf deren Darstellung und Analyse wird in dieser Veröffentlichung verzichtet. Dies geschieht überwiegend aus Kapazitätsgründen sowie aufgrund mangelnder Relevanz der Merkmale. 407
127
elektronischen Kreditakte wurden die in den Abschnitten 5.6 und 5.7 dargestellten Variablen nach besten Wissen und Gewissen von der Autorin erfasst. Es kann trotzdem ausdrücklich nicht ausgeschlossen werden, dass der Autorin bei dieser Recherche Fehler unterlaufen sind. Die Primärdaten sowie ihre möglichen Merkmalsausprägungen werden auf Basis der oben erarbeiteten Struktur bzw. Anatomie potenzieller Einflussfaktoren und möglicher Kontrollgrößen vorgestellt. Sollte eine eindeutige Einordnung der jeweiligen Merkmalsausprägung nicht möglich sein, wurde dies mit „nicht bekannt“ gekennzeichnet. Für die Analyse des relativen Erfolgs der Grundpfandrechtsverwertung werden vier Arten von Verwertungsquoten (VWQs) definiert: x
VWQ I = Erreichte Istwerte Letzte Bewertung der abgebenden Bank.
x
VWQ II = Erreichte Istwerte Gerichtlicher Verkehrswert.
x
VWQ III = Erreichte Istwerte Gutachtenwert der BAG Wert bzw. des technischen Büros.409
x
VWQ IV = Erreichte Istwerte [nomineller Grundschuldbetrag ./. Vorlasten].
Die jeweilige VWQ wird auf 0 gesetzt, wenn die erreichten Istwerte, der gerichtliche Verkehrswert, Gutachtenwert des technischen Büros oder der Netto-Grundschuldbetrag und die letzte Bewertung der abgebenden Bank gleich 0 waren. Eine Fixierung auf einen Wert von 1.000 erfolgt, wenn der erreichte Istwert größer als 0 ist und gleichzeitig die letzte Bewertung der abgebenden Bank kleiner als 2 ist.410 Die Fixierung auf 1.000 ist willkürlich vorgenommen und dient ausschließlich dazu, diese Verwertungsfälle einfacher in den folgenden Analysen ausselektieren zu können, da eine Division durch 0 mathematisch nicht definiert ist bzw. Divisionen durch Werteinschätzungen kleiner als 2 zu extrem hohen, stark verzerrenden VWQs führen würden. Für die Berechnung der Statistiken und Grafiken ab Abschnitt 5.7, d.h. für alle Untersuchungen, die sich nicht ausschließlich auf die Datenbeschreibung isolierter Variablen beschränken, sondern kombinierte Zusammenhänge und Effekte analysieren, werden nur solche Sicherheitenverwertungsfälle einbezogen, 409
Das technische Büro der BAG, das mit der Begutachtung der zu verwertenden Objekte beauftragt ist, wurde inzwischen im Rahmen des Outsourcings in eine eigenständige GmbH, die BAG Wert, innerhalb des BAG-Konzerns ausgegliedert. 410 Details zu den unterschiedlichen Definitionen der VWQ vgl. Abschnitt 6.1.
128 128
1) deren VWQ kleiner als 10 ist, 2) die nicht durch einen Vergleich, die Vereinbarung von Ratenzahlungen oder die
Vereinnahmung von Lästigkeitsprämien eingestellt worden sind. Diese zweifache Selektion wird aus folgenden Gründen vorgenommen: Zu 1: Durch diese Einschränkung werden solche Verwertungsfälle ausgeschlossen, bei denen das Objekt von der abgebenden Bank, dem gerichtlichen Gutachter oder dem technischen Büro zu einem extrem niedrigen Wert übertragen/bewertet wurde bzw. die nominellen Grundschulden wesentlich geringer als der erreichte Ist-Wert waren. Vielfach wurden – nach Einschätzung der abgebenden Banken – bereits wertlose Objekte („Letzte Bewertung der abgebenden Bank“ < 0,01) an die BAG übertragen (dies betrifft insgesamt 206 Fälle), bei denen aber dennoch ein Zahlungseingang realisiert werden konnte (51 Fälle), so dass eine Berechnung der Verwertungsquote schon aus definitorischen Gründen (fast) nicht möglich ist. Außerdem wurden weitere Werte > 10 ausgeschlossen, um die statistischen Daten nicht durch diese extremen Ausreißer zu verzerren. Dies betrifft bei der VWQ I 58 von 1.120 Fällen, bei der VWQ II einen von 1.120 Fällen und bei der VWQ IV ebenfalls nur einen von 1.120 Fällen.411 Die Einschränkung greift nicht für die VWQ III, da im extremsten Fall die BAG-Gutachter des technischen Büros den Immobilienwert nur auf ca. 21,05% des dann tatsächlich erzielten Werts geschätzt haben (Verwertungsquote IIIMAX=4,75). Zu 2: Alle Sicherheiten aus Fällen, die mit einer Vergleichs- oder Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen wurden, sind aus der weiteren Analyse der Verwertungsquoten herausgenommen, da in diesen Fällen nicht mehr von einer Sicherheitenverwertung im Sinne eines bestmöglichen Objektumschlages ausgegangen werden kann. Bei einem 411
In der gleichen Weise (Ausschluss aller Fälle mit RR größer als 10) verfahren auch Schmit/Stuyck 2003 bei der Analyse von Leasing-RR. Vgl. Schmit/Stuyck 2003, S. 7. Würde die Grenze der Datenselektion auf eine VWQ von kleiner als 5 festgelegt, würden sich folgende Änderungen ergeben: VWQ I: Wegfall von zwei Fällen (VWQ I = 7,4258 und 5,6471), der Mittelwert der VWQ I sinkt von 0,6185 auf 0,6065, der Median von 0,2772 auf 0,2674, die Standardabweichung von 0,8117 auf 0,7663. Das Maximum läge dann bei 4,9825. VWQ II: Wegfall eines Falles (VWQ II = 5,0000), der Mittelwert der VWQ II sinkt von 0,3835 auf 0,3764, der Median von 0,4402 auf 0,4382, die Standardabweichung von 0,3982 auf 0,3551. Das Maximum läge dann bei 2,4000. VWQ III: Keine Änderungen, da Maximum = 4,7571. VWQ IV: Wegfall von drei Fällen (VWQ IV = 9,98, 8,12 und 7,54), der Mittelwert der VWQ I sinkt von 0,2625 auf 0,2374, der Median von 0,0660 auf 0,0618, die Standardabweichung von 1,0892 auf 0,9889. Das Maximum läge dann bei 4,2310.
129
Vergleichsabschluss (insgesamt 22 Fälle [2,0%]) werden die bestehenden Grundpfandrechte häufig freigegeben. Bei der Vereinbarung laufender Ratenzahlungen (insgesamt 53 Fälle [4,7%]) werden die Verwertungsbemühungen i.d.R. eingestellt. Die Vereinbarung der grundpfandrechtlichen Besicherung bleibt hierbei jedoch häufig bestehen, um dem Kreditnehmer einen Anreiz zur fortlaufenden Einhaltung der Ratenvereinbarung zu geben und im Misserfolgsfall die Befriedigung aus dem Grundstück fortsetzen zu können. Die Fälle der Vereinnahmung von Lästigkeitsprämien (7 Fälle [0,3%]) wurden nicht weiter berücksichtigt, weil diese Fälle selten und schwer interpretierbar sind. 5.3
Datenkorrekturen
An den insgesamt recherchierten 1.124 grundpfandrechtlichen Sicherheiten wurden die folgenden Korrekturen aus sachlogischen Gründen vorgenommen: x
Löschung von doppelten Fällen (2)
x
Löschung der Grundpfandrechte, die bereits vor Übertrag des Engagements durch die abgebende Bank verkauft wurden (2)
Insgesamt verbleiben somit 1.120 Untersuchungsobjekte.
Trotz aller Sorgfalt sowie interner Kontroll- und Überprüfungsmechanismen können Fehler in den verwendeten Informationen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Dies liegt bspw. daran, x
dass bei der EDV-technischen Erstaufnahme eines Kreditengagements Eingabefehler passiert sind,
x
dass der Autorin Erfassungsfehler unterlaufen sind und
x
dass bei geringwertigen Zahlungseingängen kein Abgleich zwischen dem tatsächlichen Zahlungseingang und dem Controllingsystem erfolgt ist.
Die möglichen Fehler sind aber nicht systematischer Natur und können daher bei dem vorliegenden Datenumfang und den verwendeten statistischen Verfahren als nicht grundlegend bedeutsam bewertet werden.
130 130
5.4
Fehlende Informationen
Folgende Informationen zur Verwertung der grundpfandrechtlichen Sicherheiten konnten im vorliegenden Datensatz nicht dargestellt werden, weil sie nicht bzw. mit nicht angemessenem Aufwand recherchierbar waren: x
Geringe Zahlungseingänge, die nicht aus der „endgültigen“ Verwertung stammen, sondern im Rahmen laufender Einnahmen erzielt worden sind, insbesondere Mieteinnahmen aus einer Zwangsverwaltung o.ä.
x
Verlauf des Kreditengagements vor Übertrag an die BAG (bspw. Datum des Kreditvertrags/der Kreditvergabe, ursprünglich vereinbarte Kreditkonditionen und Laufzeit, Eigenkapitalanteil der Finanzierung/Blankokreditanteil, Kündigungsgrund, bisherige Sanierungs- oder Verwertungsbemühungen der abgebenden Bank).
x
Kreditnehmer-Ratings und sonstige bonitätsbeeinflussende bzw. -messende Kennzahlen (bspw. Kapitalstruktur, Anlageintensität, Managementqualität bei gewerblichen Kunden; Einkommens- und Vermögensangaben, höchster Ausbildungsabschluss, SCHUFA- oder sonstige Auskünfte bei Privatkunden).
x
Angaben zum zugrunde liegenden Kreditengagement mit der abgebenden Bank (bspw. Vorliegen einer Mehrkreditbeziehung oder Hausbankbeziehung).
Die erfassten Kreditsicherheiten stammen aus Kreditengagements, die zwischen 1999 und 2005 angekauft bzw. übertragen wurden. Gleichzeitig ist zu Beginn des Jahres 1999 in Deutschland die Insolvenzrechtsreform in Kraft getreten. Deren Anwendung hängt vom Zeitpunkt des Eintritts bzw. der Anmeldung der Insolvenz (früher des Konkurses) ab.412 Da im vorliegenden Datensatz keine Information über diesen Insolvenzzeitpunkt vorhanden ist und zudem nicht in allen Fällen eine Insolvenz vorliegt, kann nicht für den Einfluss der Insolvenzrechtsänderung auf die Verwertungsquoten kontrolliert werden. Dieses Problem muss aufgrund der Datenlage hingenommen werden. Es erscheint vertretbar,
da
bisher
kein
Einfluss
dieser
Rechtsreform
auf
Sicherheiten-
413
Verwertungsquoten festgestellt wurde.
412
Für eine ausführliche Beschreibung erster Erfahrungen und praxisrelevanter Rechtssprechungen bezüglich der neuen Insolvenzordnung vgl. Bales 2001 und Bales 2003a. Vgl. Grunert 2008b, S. 11.
413
131
5.5
Beschreibung der potenziellen Einflussfaktoren
In diesem Abschnitt werden die möglichen Einflussfaktoren auf die Verwertungsquote von immobilen Kreditsicherheiten deskriptiv dargestellt, um einen Eindruck von der Verteilung bzw. Häufigkeit der jeweiligen Merkmalsausprägungen zu erhalten und mit diesem Wissen die uni- und multivariaten Analysen in den Kapiteln 6 und 7 besser verstehen und beurteilen zu können. Gegliedert ist der folgende Abschnitt auf Basis der Anatomie bzw. Struktur potenzieller Einflussfaktoren, wie sie in Kapitel 4 erarbeitet wurde.414 Die deskriptive Untersuchung erfolgt für alle 1.120 erfassten Fälle von immobilen Sicherheitenverwertungen – unabhängig davon, ob während des WOPs eine Auf- bzw. Abwertung vorgenommen wurde und wie die Verwertung abgeschlossen wurde. 5.5.1 Basis-Faktoren H2: Faktoren aus Verhaltensrisiken des Kreditnehmers: kooperativer Kreditnehmer ? – eigene Einschätzung415 6,0% 20,9%
nein ja keine Angabe 73,1%
Abbildung 13: Deskriptive Statistik „Kooperativer Kreditnehmer – eigene Einschätzung“.
Wie in Abbildung 13 dargestellt, liegt in 73,1% aller Fälle nach Einschätzung der Autorin keine Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers zur bestmöglichen Verwertung des verpfändeten Objekts vor. Diese Kooperationsbereitschaft wurde anhand diverser weicher Faktoren eingeschätzt und positiv beurteilt (20,9%), wenn bspw. eine der folgenden Fragen bejaht werden konnte: x 414
Liegt ein Rückzahlungsvorschlag zur Begleichung der Restschuld vor?
Mögliche Abweichungen in den Summen ergeben sich durch Runden der Zahlen. Prozentangaben basieren auf Zahlen mit einer höheren Genauigkeit (bis zu 14 Nachkommastellen) als im Text und in Tabellen angegeben; insofern kann es bei der Berechnung von Prozentangaben auf der Grundlage gerundeter Zahlen zu Abweichungen kommen. Derartige Rundungsdifferenzen sind nicht nur in Kapitel 5, sondern auch in den nachfolgenden Analysen der Kapitel 6 und 7 möglich. 415 Beurteilung des Kooperationsverhaltens des Kreditnehmers durch die Autorin. Mögliche Ausprägungen: 0 = nein, 1 = ja, 99 = keine Angabe.
132 132
x
Wird der verwertenden Bank eine Vollmacht zur freihändigen Veräußerung des Objekts erteilt?
x
Werden eigene Anstrengungen zur bestmöglichen Objektverwertung (bspw. durch Einschaltung eines Maklers) unternommen?
Fehlende Kooperationsbereitschaft, wie sie in 73,1% der Fälle festgestellt wurde, äußert sich bspw. in keinerlei Unterstützung der bankeigenen Verwertungsbemühungen, Verweigerung einer Verkaufsvollmacht, Verweigerung der Objektbesichtigung durch Interessenten oder Gutachter, Nutzung von „Verzögerungstaktiken“ im Zwangsversteigerungsverfahren o.ä.416 5.5.2 Kreditnehmerbezogene Faktoren H3: Branche bei gewerblichen Kunden und selbstständig tätigen Privatkunden Die Kategorisierung der Branchen erfolgte auf Basis der qualitativen Daten der Kreditakten und -protokolle. Zugeordnet wurden – falls die Art der Tätigkeit bekannt war – alle gewerblichen und selbstständig tätigen privaten Kreditnehmer auf Basis der Strukturierung der Kreditnehmerstatistik der Deutschen Bundesbank.417. Keine Kategorisierung nach Art der Branche erfolgte somit bei den abhängig Beschäftigten bzw. den Empfängern von Transferleistungen. In der folgenden Tabelle 10 ist die Verteilung der Kreditnehmer nach der Art der Branche, in der sie tätig sind, in absoluten Fällen und relativ zu allen Fällen dargestellt. Die Tabelle fasst auch die Verteilung der Branchen im Datensatz relativ zu den gewerblichen und selbstständig tätigen Kunden zusammen und vergleicht die Ergebnisse mit dem jeweiligen Anteil der Branche am gesamten Kreditmarkt im Dezember 2004 sowie mit dem prozentualen Beitrag der Branche zur Bruttowertschöpfung im Jahr 2002. Die größte Branchen-Gruppe bilden die Dienstleistungsunternehmen. Hierunter fallen im untersuchten Datensatz bspw. Wohnungsunternehmen, d.h. sämtliche Bauträger für Wohngebäude, Immobilienentwicklungsgesellschaften, Hausverwaltungsunternehmen usw. Eng hiermit verbunden und nicht streng hiervon abzugrenzen sind Kreditnehmer aus dem Dienstleistungsbereich „Sonstiges Grundstückswesen“, zu denen Bauträger für 416 Derartige Hinweise werden nicht explizit in Form von Einzelabfragen in Ja/Nein-Form dokumentiert, sondern implizit in verbal umschreibender Form in den laufenden Kreditprotokollen. 417 Vgl. Deutsche Bundesbank 2007, S. 143ff.
133
Nichtwohngebäude, Grundstücks- und Gebäudeverwaltungen, Immobilienmakler u.ä. gehören.418 Die nächstgrößere Teilgruppe ist die „Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen, a.n.g.“419 Wie der Zusatz „a.n.g.“ bereits ausdrückt, ist diese Branchenklasse sehr heterogen. Unter diesen Teilbereich fallen sowohl Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatungen, Architektur- und Ingenieurbüros, Werbeunternehmen, Wachund Sicherheitsdienste, Gebäudereinigungsbetriebe als auch Personal- und Stellenvermittler. Des Weiteren vertreten ist im Dienstleistungsbereicht die Gastgewerbsbranche, die Hotellerie (inkl. Gasthöfe, Pensionen) und jegliche Art von speisen- oder getränkegeprägter Gastronomie (inkl. Würstchenständen und Eisdielen, Tanzlokalen und Trinkhallen) umfasst.420 In den sonstigen Dienstleistungsfällen sind die Kreditnehmer im Einzelhandel bzw. in der Reparatur von Gebrauchsgütern tätig.421 In jedem achten Verwertungsfall (insgesamt 140 Fälle bzw. 12,5%) ist der Kreditnehmer in der Baubranche tätig. Hierzu gehören laut Statistik der Deutschen Bundesbank422 alle vorbereitenden Baustellenarbeiten, Hoch- und Tiefbau, Bauinstallation, sonstiges Ausbaugewerbe sowie die Vermietung von Baumaschinen und -geräten mit Bedienungspersonal. Im untersuchten Datensatz finden sich in dieser Gruppe sowohl große Bauunternehmen als auch selbstständige Handwerker. Der Anteil des Kreditvolumens von Kreditgenossenschaften an inländische Unternehmen und wirtschaftlich selbständige Privatpersonen im Baugewerbe betrug laut Kreditnehmerstatistik der Deutschen Bundesbank Ende 2006 dagegen nur 7,2%,423 Der Anteil des Baugewerbes am gesamtdeutschen Kreditmarkt lag bei 4,1% im Dezember 2004, der Beitrag zur Bruttowertschöpfung betrug in 2002 4,8%. In 9,3% der Verwertungsfälle (104) sind die Betriebe bzw. die selbstständig tätigen privaten Kreditnehmer im verarbeitenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) tätig.424
418
Vgl. Deutsche Bundesbank 2007, S. 186ff. Vgl. Deutsche Bundesbank 2007, S. 190f. Der Anteil dieser Branche am Kreditvolumen deutscher Kreditgenossenschaften im Bereich Kredite an inländische Unternehmen und wirtschaftlich selbstständige Privatpersonen betrug Ende 2006 laut Kreditnehmerstatistik 5,6% (vgl. Deutsche Bundesbank 2008, S. 47). 420 Vgl. Deutsche Bundesbank 2007, S. 188f. 421 Vgl. Deutsche Bundesbank 2007, S. 179f. 422 Vgl. Deutsche Bundesbank 2007, S. 174f. 423 Vgl. Deutsche Bundesbank 2008b, S. 46. 424 Vgl. Deutsche Bundesbank 2007, S. 168. Am gewerblichen Kreditvolumen deutscher Kreditgenossenschaften machte diese Branche Ende 2006 3,0% aus (vgl. Deutsche Bundesbank 2008b, S. 46). 419
134 134
Erwähnenswert sind des Weiteren 100 Fälle (8,9%), in denen sich der Kreditnehmer mit dem Kraftfahrzeughandel, der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen oder dem Betrieb von Tankstellen beschäftigt.425 Hierunter werden insbesondere sämtliche Autohäuser, Kfz-Händler und Kfz-Reparaturbetriebe subsumiert. Der relative Anteil an den untersuchten gewerblichen bzw. selbständig tätigen Datensätzen (14,9%) ist höher als der Anteil am gesamten Kreditvolumen (11,3%) sowie an der Bruttowertschöpfung (10,1%).
Branchen nach Kategorisierung der Kreditnehmerstatistik der Deutschen Bundesbank
absolute relative Häufig- Häufigkeit im keit im DatenDatensatz in % satz
Anteil in % an den gewerblichen und selbstständig tätigen privaten Kreditnehmern im Datensatz
Anteil Beitrag in % zur Bruttowertam Kredit- schöpfung markt 2002 Dez. in % 2004
Private Kreditnehmer oder gewerbliche Kreditnehmer ohne Branchenzuordnung
411
36,7
1/2
Land- und Forstwirtschaft sowie Energie- und Wasserversorgung, Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden
25
2,2
3,5
2,6
3,4
3
Verarbeitendes Gewerbe (ohne Baugewerbe)
104
9,3
14,7
10,0
17,2
4
Baugewerbe
140
12,5
19,7
4,1
4,8
5
Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und Gebrauchsgütern
100
8,9
14,1
11,3
10,1
6
Verkehr und Nachrichtenübermittlung
19
1,7
2,7
4,7
5,4
7
Finanzierungsinstitutionen und Versicherungsunternehmen
15
1,3
2,1
5,0
1,2
8
Dienstleistungen (inkl. freier Berufe)
306
27,3
43,2
54,2
46,8
1.120
100,0
100,0
91,8
88,8
Tabelle 10: Deskriptive Statistik „Branche der gewerblichen und selbstständig tätigen privaten Kreditnehmer“.426
425
Vgl. Deutsche Bundesbank 2007, S. 176. Dieser relative Anteil der Branche im Datensatz ist verglichen mit dem Anteil am ausgegebenen Kreditvolumen der Kreditgenossenschaften im gewerblichen Bereich unterdurchschnittlich: 15,2% (vgl. Deutsche Bundesbank 2008b, S. 47). 426 Quelle für die Daten zum Anteil der Branchen am Kreditmarkt und zum Beitrag an der Bruttowertschöpfung: Kamp 2006, S. 28. Die Daten in den letzten beiden rechten Spalten addieren sich nicht zu 100% auf, da im untersuchten Datensatz einige Branchen laut Bundesbank-Statistik nicht vorkommen.
135
Die übrigen Branchen treten mit Anteilen von weniger als 3% nur vereinzelt im untersuchten Datensatz auf und werden daher an dieser Stelle nicht ausführlicher beschrieben. Im Vergleich der Struktur des untersuchten Datensatzes mit dem Anteil der Branchen am Kreditmarkt bzw. an der Bruttowertschöpfung fällt zusammenfassend die deutliche Übergewichtung des Baugewerbes in den Verwertungsdatensätzen auf. Fast jeder fünfte Fall (19,7%) aller gewerblich oder selbstständig tätigen privaten Kreditnehmer im vorliegenden Datensatz ist im Baugewerbe zu Hause, während diese Branche nur einen Anteil von 4,1% am gesamten Kreditmarkt und 4,8% an der Bruttowertschöpfung hatte. Deutlich unterrepräsentiert sind im vorliegenden Datensatz dagegen insbesondere Fälle von Dienstleistungsbetrieben. Ein Grund für derartige Unterschiede kann sein, dass auf Ebene des Datensatzes der Anteil der Branche an den vorliegenden Verwertungsfällen mit dem wertmäßigen Anteil am Kreditmarkt und an der Bruttowertschöpfung verglichen wird. Korrekt wäre es, die untersuchten Fälle mit dem ausstehenden Kreditbetrag zu gewichten und daraufhin einen wertmäßigen Vergleich anzustellen. Da Daten zum Kreditbetrag nicht zur Verfügung stehen, muss für die vorliegende Arbeit der obige Vergleich ausreichend sein. Weitere Gründe für die dargestellten Über- und Unterrepräsentationen im untersuchten Datensatz könnten folgende sein:427 x
Die hohe Anzahl der Kreditnehmer im Datensatz, die mit dem Baugewerbe verbunden sind, könnte neben der Struktur des kreditgenossenschaftlichen Kreditportfolios mit der höheren Insolvenzanfälligkeit dieser Branche zusammenhängen. Kranzusch/Günterberg 2001 berichten – in Einklang mit der Übergewichtung der Baubranche in den Daten – in einer Untersuchung der Insolvenzen in Deutschland nach Branchen, dass die Baubranche in Ostdeutschland besonders häufig von Insolvenzen betroffen ist. In 1998 hatte die Baubranche dort einen Anteil von 40% an den Insolvenzen.
x
Des Weiteren werden Kreditmarkt- und Bruttowertschöpfungsdaten aus 2004 und 2002 mit den untersuchten Verwertungen verglichen, bei denen der Zeit-
Beim Anteil an der Bruttowertschöpfung kommt außerdem hinzu, dass ein Teil der Bruttowertschöpfung nicht in die Branchenschlüsselung der Kreditnehmerstatistik einzuordnen ist. 427 Für die deutliche Überrepräsentation des Gastgewerbes liegen der Autorin bisher keine Erkenntnisse vor.
136 136
punkt der Kreditkündigung i.d.R. vor 1999 liegt. Abweichungen aufgrund dieses zeitlichen Problems können nicht ausgeschlossen werden. 5.5.3 Kreditengagementbezogene Faktoren H4.1: Besicherung außer Grundschuld?428 Wie in Abbildung 14 veranschaulicht, stehen in mehr als zwei Dritteln der Immobilienverwertungen (68,4% bzw. 766 Immobilien) neben der untersuchten Grundschuld noch weitere Sicherheiten aus dem Kreditengagement zur Verwertung zur Verfügung. In 28,1% der Fälle (315 Objekte) kann neben der persönlichen Zwangsvollstreckung bzw. der Zwangsvollstreckung in das Unternehmensvermögen ein Erlös für das notleidende Kreditengagement nur aus der betrachteten Objektverwertung erzielt werden. 3,5% 28,1%
nein ja nicht bekannt 68,4%
Abbildung 14: Deskriptive Statistik „Weitere Sicherheiten vorhanden?“.
Von welcher Art die überwiegende Zahl der zusätzlichen Verwertungsmöglichkeiten ist, wird im folgenden Absatz sowie in Tabelle 11 erläutert.
428 Spezifikation, ob das besicherte Kreditengagement neben dem untersuchten Grundpfandrecht zusätzlich durch andere Sicherungsvereinbarungen/Kreditsicherheiten gekennzeichnet ist. Mögliche Ausprägungen: 0 = nein, 1 = ja, 99 = nicht bekannt.
137
H4.2: Art der Besicherung außer Grundschuld?429 Häufigste Art der Besicherung, die neben der untersuchten Grundschuld zur Verwertung vorliegt, ist die Bürgschaft. 409 Fälle (53,4% der 766 sonstigen besicherten Kreditengagements) sind durch Zahlungsversprechen Dritter zusätzlich besichert. Bürgschaft vorhanden? nein ja Zession vorhanden? nein ja Weiteres Grundpfandrecht vorhanden? nein ja Sicherungsübereignung vorhanden? nein ja Pfandrecht vorhanden? nein ja Gesamt
Häufigkeit 357
Prozent 46,6
409
53,4
Häufigkeit 359
Prozent 46,9
407
53,1
Häufigkeit 509
Prozent 66,4
257
33,6
Häufigkeit 589
Prozent 76,9
177
23,1
Häufigkeit 726
Prozent 94,8
40
5,2
766
100,0
Tabelle 11: Deskriptive Statistik „Art der Besicherung außer der untersuchten Grundschuld“.
Die Werthaltigkeit von Bürgschaften ist insbesondere vor dem Hintergrund der juristischen Diskussion um die Sittenwidrigkeit von Angehörigen-Bürgschaften bei einem extremen Missverhältnis zwischen Höhe der übernommenen Verpflichtung und eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen fragwürdig.430 Auch Geschäftsführer429 Spezifikation der zusätzlichen Sicherheitenarten des Kreditengagements (ohne das untersuchte Grundpfandrecht). Mögliche weitere Kreditsicherheiten sind Bürgschaften (von Privatpersonen oder öffentlichen Institutionen), Sicherungsübereignungen (bspw. von Warenlagerbeständen, von Maschinen oder von Kraftfahrzeugen), Zessionen (bspw. Abtretung von Miet-, Pachtzins- oder Kaufpreisforderungen, Lohnund Gehaltsabtretungen, Abtretungen von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen oder aus Versicherungsverträgen), Verpfändung (bspw. von Guthaben auf Konten oder von Wertpapieren, nicht von Immobilien) und sonstige Grundpfandrechte (für eine Beschreibung anderer Sicherheitenarten vgl. Schmoll genannt Eisenwerth 2005, S. 657ff.). Mögliche Ausprägungen jeweils: 0 = liegt nicht vor, 1 = liegt vor. (Falls unbekannt sein sollte, ob noch andere Sicherungsvereinbarungen/Kreditsicherheiten vorhanden sind, bleibt dieses bedingte Merkmal „Art der Besicherung außer Grundschuld“ leer. Gleiches gilt, falls eindeutig recherchiert wurde, dass keine weiteren Sicherheiten zur Verfügung stehen. Somit ist die Variable „Art der Besicherung außer Grundschuld?“ nur eine bedingte Variable der „Besicherung außer Grundschuld?“). 430 Vgl. Unger 2005.
138 138
Bürgschaften sind nicht immer werthaltig, v.a. in Fällen, in denen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bürgen unmittelbar vom Erfolg seiner Tätigkeit als GmbHGeschäftsführer abhängen. Annähernd so häufig wie Bürgschaften sind Zessionen als zusätzliche Sicherheiten. In 407 Fällen bzw. 53,1% der mehrfach besicherten Engagements hat die Bank die Möglichkeit, neben dem Grundpfandrecht eine Zession zu verwerten. Bedeutender Unterfall sind hier Abtretungen von Miet- und Pachtzinsforderungen, die insbesondere bei fremdgenutzten Objekten üblich scheinen. Auch Lohnabtretungen oder Abtretungen von Forderungen gegen Drittschuldner tauchen auf. In ca. einem Drittel der zusätzlich besicherten Kreditengagements (33,6% bzw. 257 Fälle) steht der Bank neben der betrachteten Grundschuld eine weitere immobile Kreditsicherheit zur Verfügung.431 Von geringerer Bedeutung sind Sicherungsübereignungen von beweglichen Vermögensgegenständen (177 bzw. 23,1% der zusätzlich besicherten Fälle). Vernachlässigbar klein ist die Anzahl der durch weitere Pfandrechte zusätzlich besicherten Kreditengagements (40 bzw. 5,2% unter den untersuchten Fällen). H5.1: Rang der Grundschuldbesicherung432 Art des Grundpfandrechts
Häufigkeit
Prozent
erstrangig
646
57,7
nachrangig
298
26,6
erst- und nachrangig (mit Zwischenrängen) nicht bekannt Gesamt
9
0,8
167
14,9
1.120
100,0
Tabelle 12: Deskriptive Statistik „Art der Grundschuld“.
431
Dieses zusätzliche Grundpfandrecht eines Kreditengagements ist im Übrigen nicht ein selbstständiger Datensatz im untersuchten Sample, so dass keine Endogenitäten vorliegen und es sich um wirklich „zusätzliche“ Sicherheiten handelt, die den Sicherungsumfang erhöhen. 432 Spezifikation der Rangfolge der untersuchten grundpfandrechtlichen Besicherung: Steht das Grundpfandrecht der BAG erstrangig oder nachrangig im betreffenden Grundbuch? Oder ist die BAG aus mehreren Grundpfandrechten berechtigt, die im Rang nicht nacheinander stehen (mit Zwischenrängen) und somit nicht addierbar sind? Sind zugunsten der BAG mehrere Grundpfandrechte in Abteilung III des Grundbuchs eingetragen, die im Rang direkt aufeinanderfolgen, so wurde der Anspruch aus diesen Rechten additiv zusammengefasst. Mögliche Ausprägungen: 0 = erstrangig, 1 = nachrangig, 2 = erst- und nachrangig mit Zwischenrängen, 99 = nicht bekannt.
139
Die meisten der untersuchten Grundpfandrechte sind erstrangig.433 In 57,7% bzw. 646 Fällen werden der Wert und der Verwertungsprozess der Immobilie nicht durch vorrangige Grundschulden anderer Gläubiger gemindert bzw. gestört. Nur in ca. jedem vierten Fall (26,6% bzw. 298 Fälle) muss auf vorgehende Rechte Dritter Rücksicht genommen werden, die eine Verwertung der Sicherheit erschweren. In welchem Ausmaß Vorlasten bestehen, wird im nächsten Absatz erklärt. In neun Fällen (0,8%) hat die BAG mehrere Grundpfandrechte auf dem belasteten Immobilieneigentum, bei denen aber in Zwischenrängen die Rechte Dritter zu beachten sind. In 14,9% der Fälle (167) ist nicht bekannt, welcher Art die grundpfandrechtliche Besicherung ist.434 H5.2: Valutierende Vorlasten im Grundbuch in T-Euro435 N Valutierende Vorlasten in T-Euro
906
Minimum 0
Maximum
Mittelwert
ca. 3.000
63
Median 0
Standardabweichung 238
Tabelle 13: Deskriptive Statistik „Valutierende Vorlasten in T-Euro“.
In 634 Verwertungsfällen (56,6%) valutieren keine vorrangigen Grundpfandrechte (Minimum = 0 und Median = 0). Der mittlere Wert der valutierenden Vorlasten (inkl. der Nullwerte bei den erstrangigen Grundpfandrechten) liegt bei 63 T-Euro, wobei die Werte durch eine große Streuung (Standardabweichung 238 T-Euro) zwischen den Extremwerten 0 und ca. 3 Mio. Euro gekennzeichnet ist. Der bedingte Median der Vorlasten der 272 der Höhe nach bekannten nachrangigen Grundpfandrechte (valutierende Vorlasten größer als 0 T-Euro) liegt bei 90 T-Euro, der bedingte Mittelwert bei 210 T-Euro, 433
Erstrangig aus Sicht der BAG ist i.d.R., aber nicht unbedingt identisch mit einer Erstrangigkeit aus Sicht des Grundbuchs. Unter Umständen ist die zu verwertende Grundschuld der BAG zwar an zweiter Stelle der Abteilung III des Grundbuchs eingetragen, die Grundschuld an Nr. 1 valutiert jedoch nicht mehr. 434 D.h. den Kreditprotokollen konnte nicht entnommen werden, ob es sich um eine vor- oder nachrangige Grundschuld handelt, oder die entsprechenden Daten sind aufgrund der Tatsache, dass die Immobilienverwertung als abgeschlossen eingestuft ist, nicht mehr verfügbar. 435 Mögliche Vorlasten bezüglich des Grundpfandrechts, aus welchem die BAG ihren Anspruch ableitet. Diese können sich aus Abteilung II oder Abteilung III des Grundbuchs ableiten. Vorlasten aus Abteilung III resultieren aus vorrangigen Grundpfandrechten und sind mit ihrem nominellen Wert sowie eventuellen Nebenrechten im Grundbuch eingetragen (vgl. Richard et al. 1999, S. 566ff., Wurm/Wolff/Ettmann 1999, S. 359ff.). Vorlasten aus Abteilung II ergeben sich als monetärer Gegenwert von eingetragenen Lasten und Beschränkungen des Grundstücks. Hierzu zählen Grunddienstbarkeiten, beschränkte Dienstbarkeiten (Dauerwohnrecht, Dauernutzungsrecht), Nießbrauch, Reallasten, Benutzungsregelungen (Wegerecht), Erbbaurecht und Vereinbarungen zum Altenteil (vgl. Richard et al. 1999, S. 558ff., Wurm/Wolff/Ettmann 1999, S. 356ff., Kleiber/Simon 2007, S. 2591ff.). Der Wert dieser Vorlasten ist i.d.R. nicht wertmäßig im Grundbuch erfasst, sondern muss gesondert ermittelt werden, bspw. der Wert eines Wohnungsrechts in Abhängigkeit von der Größe des zur Verfügung stehenden Wohnraums und des Alters der berechtigten Person (vgl. Kleiber/Simon 2007, S. 2735ff.).
140 140
was auf eine linkssteile Verteilung der nominellen Vorlastenwerte hindeutet. Abbildung 15 fasst die Verteilung der valutierenden Vorlasten zusammen.
40
Anzahl
30
20
10
100
200
300
400
500
Abbildung 15: Valutierende Vorlasten in T-Euro.
H6: Dauer der Kreditbeziehung N Dauer Grundschuldbestellung bis Kündigung in Monaten
261
Minimum Maximum Mittelwert ca. -110
ca. 285
69
Median 61
Standardabweichung 52
Tabelle 14: Deskriptive Statistik „Dauer der Kreditbeziehung“.
Die Dauer zwischen Grundschuldbestellung und Kreditkündigung ist in Tabelle 14 beschrieben. Diese Variable dient als Schätzer für die Laufzeit des Kreditengagements von der Vergabe bis zum Kündigungszeitpunkt, d.h. für die Dauer der Kreditbeziehung, und liegt im Mittelwert bei 69 Monaten, d.h. knapp sechs Jahren (Median 61 Monate). Unter der Annahme, dass Immobiliensicherheiten als langfristig beständige und werthaltige Sicherheiten für ebenfalls langfristige Kreditengagements vereinbart werden,
141
tritt die Kreditkündigung im Kreditverlauf relativ früh auf.436 Bei einer durchschnittlichen privaten Immobilienfinanzierung, die bei anfänglich 1%iger Tilgung eine Laufzeit von mindestens ca. 30 Jahren aufweist, sind nach fünf bis sechs Jahren erst ca. 2-3,5% der gesamten Kreditschuld getilgt, so dass ein erheblicher Abschreibungsbedarf entstehen würde. Auch Davydenko/Franks 2008 stellen in ihrer Untersuchung von 256 insolventen deutschen Unternehmen eine relativ kurze, durchschnittliche Kreditbeziehung mit der Bank fest. Der Mittelwert liegt bei nur 7,7 Jahren, der Median beträgt sogar nur 3,8 Jahre.437 Im extremsten Fall steht ein Grundpfandrecht fast 285 Monate, d.h. fast 24 Jahre, zur Besicherung eines Kredits zur Verfügung, bevor dieser gekündigt worden ist. Umgekehrt wird im außergewöhnlichsten Fall erst ca. 110 Monate (fast 10 Jahre) nach der Kreditkündigung ein Grundpfandrecht zur Verwertung bereitgestellt. Eine nachträgliche Grundschuld muss nicht auf Freiwilligkeit oder Kooperationsbereitschaft des Schuldners beruhen, sondern kann bspw. aus der Eintragung von Zwangssicherungshypotheken auf ein bislang unbekanntes oder als wertlos eingeschätztes Objekt resultieren. Abbildung 16 veranschaulicht die Verteilung der Variable „Dauer Grundschuldbestellung bis Kreditkündigung in Monaten“.
436
Eine besondere Häufung der Dauer zwischen Grundschuldbestellung und Kreditkündigung nach acht oder wenig mehr Jahren in zeitlichem Zusammenhang mit dem Wegfall einer möglichen Eigenheimzulage (oder in Altfällen der steuerlichen Absetzbarkeit im Rahmen von §7b bzw. 10e Einkommenssteuergesetz [EstG]) ist nicht festzustellen. Nach dem Eigenheimzulagengesetz (BGBl. I 734) vom 26. März 1997, das zuletzt durch das Gesetz zur Abschaffung der Eigenheimzulage vom 22. Dezember 2005 (BGBl. 3680) geändert wurde, hatte jede unbeschränkt steuerpflichtige Person für die Dauer von längstens acht Jahren bei inländischen selbstgenutzten Immobilien und bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen (bspw. Einhaltung von Einkommensgrenzen) Anspruch auf Eigenheimzulage. Der Fördergrundbetrag betrug 1% der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (max. 1.250 Euro) p.a. zusätzlich eventueller Kinderzulagen von 800 Euro p.a. und pro Kind. Mit Wirkung vom 1. Januar 2006 ist die Eigenheimzulage abgeschafft. Die Förderung nach dem Eigenheimzulagegesetz ersetzte historisch die steuerliche Förderung von selbstgenutztem Wohneigentum durch §7b EStG (1949-1986) bzw. §10e EStG (1987-1995). 437 Vgl. Davydenko/Franks 2008, S. 577.
142 142
15
Anzahl
10
5
0 -100
0
100
200
Abbildung 16: Dauer der Kreditbeziehung in Monaten.
5.5.4 Sicherheitenbezogene Faktoren H7: Art der Immobilie Objektart
Häufigkeit
Prozent
Ackerfläche, unbebautes Land (ohne Bauerwartung)
41
3,7
Bauerwartungsland, Baugrundstück
56
5,0
Gewerbeobjekt Industrie
111
9,9
63
5,6
Einfamilienhaus (EFH)
243
21,7
Mehrfamilienhaus (MFH)
130
11,6
Eigentumswohnung (ETW)
219
19,6
Gemischtes Wohn- und Gewerbeobjekt in einem Komplex
148
13,2
Gewerbeobjekt Büro, sonstige Dienstleistungen
Gemischtes Wohn- und Gewerbeobjekt in mehreren Komplexen
50
4,5
Sonstiges
38
3,4
nicht bekannt
21
1,9
1.120
100,0
Gesamt Tabelle 15: Deskriptive Statistik „Art der Immobilie“.
143
Die Verteilung der Merkmalsausprägungen für die Objektart ist in Tabelle 15 zusammengefasst. Die häufigste Verwertungsobjektkategorie ist mit 21,7% der Fälle bzw. 243 Objekten das Einfamilienhaus (EFH, inkl. Reihenend- oder -mittelhaus, Doppelhaushälfte), dicht gefolgt von Eigentumswohnungen (ETWs) mit 219 Fällen bzw. 19,6%. Werden außerdem die Mehrfamilienhäuser (MFHs, ohne Büro- und Geschäftseinheiten) hinzugezählt (130 Objekte bzw. 11,6%), wird deutlich, dass mehr als 50% der untersuchten Grundpfandrechtsobjekte ausschließlich wohnwirtschaftlich genutzt werden bzw. werden können. In 13,2% der Fälle (148) liegen Objektkomplexe mit Wohn- und Gewerbeeinheiten zur Verwertung vor,438 reine Gewerbeimmobilien machen 15,5% (174) der Fälle aus. Ca. zwei Drittel der reinen Gewerbeobjekte (insgesamt 9,9% bzw. 111 Objekte) sind als industriegewerblich zu bezeichnen,439 ein Drittel (insgesamt 5,6% bzw. 63 Objekte) beherbergen Läden, Büros oder sonstige Dienstleistungs- und Handelseinrichtungen.440 Mit Anteilen von bis zu 5% sind – absteigend geordnet – Bauerwartungsland bzw. Grundstücke mit Baugenehmigung (56), gemischte Wohn- und Gewerbeobjekte in mehreren Gebäuden (50),441 unbebautes und unbebaubares Land (41), sonstige Immobilien (38) sowie nicht bekannte Objekte (21) im untersuchten Datensatz vorhanden. H8.1: Objektstandort Tabelle 16 gibt eine Übersicht über die Objektstandorte der im vorliegenden Datensatz untersuchten Immobilien. Die meisten der verwerteten Objekte in der Untersuchung liegen in Sachsen (279 Objekte bzw. 24,9%), gefolgt von Brandenburg mit 14,7% bzw. 165 Fällen und Thüringen mit 12,6% bzw. 141 Fällen. Am seltensten vertreten sind im Datensatz SchleswigHolstein (1,0%, 11 Fälle) sowie Hessen (1,7%, 19 Fälle). Beim Objektstandort wird eine deutliche Übergewichtung des ostdeutschen Raums, insbesondere von Sachsen, Brandenburg und Thüringen, deutlich. Auf 30,4% der gesamtdeutschen Flächen befinden sich 65,5% der verwerteten Immobilien.
438
Hierzu zählen bspw. Wohn- und Geschäftshäuser, Mehrfamilienhäuser mit Büro- oder Gewerbeeinheiten Hierzu zählen bspw. Werk-, Lager und Produktionshallen inkl. eventueller Büro- und Sozialtrakte oder -gebäude, Werkstätten von Handwerksbetrieben, Fabriken. 440 Hierzu zählen bspw. Hotels, Gaststätten, Pensionen, Klinikgebäude, Autohäuser. 441 Hierzu zählen bspw. Wohnhäuser mit gewerblich genutzten Nebengebäuden, Bauernhöfe mit Wohnund Stallgebäuden. 439
144 144
Häufigkeit
Objektstandort
Fläche in km²
Prozent
Anteil in %
Schleswig-Holstein
11
1,0
15.800
4,4
Niedersachsen, Hamburg und Bremen
40
3,6
48.800
13,6
34.086
9,5
Nordrhein-Westfalen
115
10,3
Hessen
19
1,7
Rheinland-Pfalz und Saarland
33
2,9
Baden-Württemberg
33,3
21.115
5,9
22.421
6,3
108
9,6
35.751
10,0
Bayern
47
4,2
70.552
19,8
Sachsen
279
24,9
18.417
5,2
Thüringen
141
12,6
16.172
4,5
Sachsen-Anhalt Brandenburg
26
2,3
165
14,7
65,5
20.446
5,7
29.480
8,3
Berlin
86
7,7
891
0,2
Mecklenburg-Vorpommern
37
3,3
23.182
6,5
357.113
100,0
nicht bekannt und Ausland Gesamt
13
1,2
1.120
100,0
69,6
30,4
442
Tabelle 16: Deskriptive Statistik „Objektstandort“.
Unterrepräsentiert im Verhältnis zur relativen Fläche sind besonders Bayern und Niedersachsen (mit Hamburg und Bremen), während für Nordrhein-Westfalen und BadenWürttemberg der Anteil der verwerteten Immobilien nahezu dem flächenmäßigen Anteil an der Bundesrepublik Deutschland entspricht. H8.2: Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank im km H8.4: Einwohnerzahl des Objektstandorts N Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km Größe des Objektstandorts (Einwohnerzahl)
Minimum
1.089
972
Maximum 0
ca.
100
ca.
Mittelwert
Median
Standardabweichung
900
76
25
140
3.416.255
377.793
18.725
968.761
Tabelle 17: Deskriptive Statistik der metrisch skalierten sicherheitenbezogenen Variablen.
Tabelle 17 gibt einen Überblick über die Charakteristika der beiden metrisch skalierten sicherheitenbezogenen Variablen. Die Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km, die neben anderen Variablen als Proxy für die Einschätzbarkeit der Werthaltigkeit 442
Für die Daten zur Fläche der einzelnen Bundesländer vgl. Institut der deutschen Wirtschaft 2008, S. 118.
145
des Objekts durch die Bank und die Einhaltung ihres Geschäftsgebiets genutzt wird, schwankt insgesamt zwischen 0 km und ca. 900 km. Wie aufgrund des Regionalprinzips der Volks- und Raiffeisenbanken zu vermuten, liegen die meisten als Sicherheiten verpfändeten Objekte jedoch in der näheren Umgebung der abgebenden Bank: 50% der Objekte sind weniger als 25 km entfernt, im Durchschnitt beträgt die Entfernung 76 km. Die Einwohnerzahl am Objektstandort, die als Basis für die Untersuchung des Einflusses von ländlichen bzw. (groß-)städtischen Wohn- und Gewerberäumen dient, liegt – vergleichbar mit der Größe des Wohnorts des Kreditnehmers – zwischen ca. 100 und 3.416.255 Einwohnern. Die Verteilung der Objekte nach Einwohnerzahlen der Objektstandorte ist – wie die der meisten anderen Variablen – stark linkssteil mit einem Median von 18.725 Einwohnern, also einem kleinstädtischen Umfeld. Der Mittelwert ist aufgrund einer Vielzahl von Objekten in Berlin stark verzerrt. Außerdem muss bei der Interpretation der Verteilung dieser Variablen und deren Kennzahlen beachtet werden, dass Einwohnerzahlen von größeren Städten besser recherchiert werden können, während diese bei kleineren Dörfern schlechter nachvollziehbar waren.443 Auf diese Weise sind die Ergebnisse tendenziell nach oben verzerrt. H8.3: Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank444 Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank
Häufigkeit
Prozent
ja
771
68,8
nein
335
29,9
nicht bekannt Gesamt
14
1,3
1.120
100,0
Tabelle 18: Deskriptive Statistik „Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank“.
Die Entscheidung, ob ein zu verwertendes Immobilienobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank liegt, wird aufgrund der Zuordnung zu einem der 16 deutschen Bundesländer getroffen und in Tabelle 18 zusammengefasst. Liegen Sicherungsobjekt und Hauptsitz der abgebenden Bank – wie in 771 Fällen (68,8%) – im selben Bundesland, ist der entsprechende Verwertungsfall mit „Ja“ gekennzeichnet. In 335 Fällen (29,9%)
443
So sind die Einwohnzahlen von (Groß-)Städten weitaus häufiger veröffentlicht bzw. leichter recherchierbar als solche von Kleinstädten oder Dörfern. Ermittlung der Variable „Objekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank“: 0 = nein (falls Bundesland Objektstandort z Bundesland Hauptsitz der abgebenden Bank), 1 = ja (falls Bundesland Objektstandort = Bundesland Hauptsitz der abgebenden Bank), 99 = unbekannt (falls Bundesland Objektstandort oder Bundesland Hauptsitz der abgebenden Bank = 99).
444
146 146
hat sich die abgebende Bank dagegen über das Bundesland ihres Hauptsitzes hinaus engagiert bzw. eine Immobilie übersichern lassen. In 14 Fällen (1,3%) ist entweder die abgebende Bank oder der Standort des Verwertungsobjekts unbekannt. 5.5.5 WOP-bezogene Faktoren H9.1: Dauer zwischen Kreditkündigung und Übertrag des Kreditengagements H9.2: WOP-Dauer Tabelle 19 gibt einen Überblick über die Charakteristika der beiden metrisch skalierten WOP-bezogenen Merkmale. N
Minimum
Maximum
Mittelwert
Median
Standardabweichung
Dauer zwischen Kreditkündigung und Übertrag in Monaten
955
ca. -95
ca. 135
22
16
25
RLZ der KreditengagementBearbeitungsdauer in Monaten (WOP-Dauer)
597
ca. -33
ca. 34
2
0
17
Tabelle 19: Deskriptive Statistik metrisch skalierte WOP-bezogene Faktoren.
Die Restlaufzeit des letzten Zahlungseingangs aus der Immobilie in Monaten zum Zeitpunkt der Objektverwertung (genauer gesagt: zum Zeitpunkt des letzten Zahlungseingangs) drückt die Dauer des gesamten grundpfandrechtlichen WOPs bei der BAG aus. Der geplante Standard-WOP ist gemäß interner Prozesses auf 36 Monate getaktet. Im besten Fall (RLZ - 33 Monate) kann der vollständige Erlös bereits drei Monate nach Übertrag des Objekts erzielt werden. Im längsten Fall dauert es insgesamt 70 Monate (36 + (34) Monate, d.h. fast sechs Jahre), bis die Immobilienverwertung erfolgreich abgeschlossen werden kann. Im Durchschnitt verbleiben die übernommenen Objekte, die schließlich verwertet werden und nicht erfolg- und hoffnungslos abgeschrieben werden, 38 Monate (36 + 2 Monate), ca. drei Jahre, im WOP bei der BAG, wobei die Standardabweichung der Bearbeitungsdauer relativ hoch ist (17 Monate). Keine Restlaufzeit des letzten Zahlungseingangs liegt laut Definition für Grundpfandrechte vor, die nicht verwertet werden können, da es hierbei naturgemäß keinen Zahlungseingang gibt. Die Dauer zwischen Kündigung des Kreditengagements durch die abgebende Bank und dem Übertrag in Monaten kann als derjenige Zeitraum interpretiert werden, in dem die abgebende Bank (erfolglose) Verwertungsbemühungen hinsichtlich des Objekts betrieben hat. Im Minimum beträgt diese Dauer ca. -95 Monate, d.h. das Krediten-
147
gagement wurde ursprünglich ungekündigt an die BAG übertragen und nach fast acht Jahren Bearbeitung durch diese gekündigt. Dies ist allerdings ein Extremwert. Insgesamt gibt es nur sehr wenige Fälle, die erst durch die BAG gekündigt wurden; die anderen Kredite wurden vor Übertrag – d.h. noch durch die Primärbank – gekündigt. Der durchschnittliche Zeitraum bis zur Kündigung durch die BAG beträgt in diesen Fällen 17 Monate bei einem Median von 13 Monaten. Der Fall, der vor Übertrag am längsten als gekündigt in den Büchern der abgebenden Bank gestanden hat, wurde erst nach ca. 135 Monaten, d.h. mehr als elf Jahren, übergeben. Im Durchschnitt sind die Kreditengagements schon bereits 22 Monate gekündigt, bevor die verwertende Bank den WOP übernimmt. In mehr als 50% der Fälle liegt die Dauer von der Kreditkündigung bis zum Übertrag knapp unter 16 Monaten. Die Verteilung dieser Variablen ist daher leicht linkssteil. Die teilweise sehr langen Zeitspannen zwischen Kreditkündigung und Übertrag hängen wahrscheinlich damit zusammen, dass der überwiegende Teil der bearbeiteten Kreditengagements von Sanierungsbanken stammt. Es handelt sich also regelmäßig nicht um kurzfristige Einzelfallentscheidungen für ausgewählte Kreditengagements, sondern um große Übertragstranchen in finanziell angespannten Situationen der Bank. H9.3: Verwertungsform/Art des Zahlungseingangs Die Häufigkeit der verschiedenen Verwertungsformen/Arten des Zahlungseingangs445 verdeutlicht Tabelle 20. Zahlungseingang aus…
Häufigkeit
Prozent
Versteigerungserlös
167
14,9
Rettungserwerb
182
16,3
freihändigem Verkauf
133
11,9
Ratenzahlungen
53
4,7
Vergleich
22
2,0
Grundschuldablösung
53
4,7
7
0,6
458
40,9
Lästigkeitsprämie kein Zahlungseingang nicht bekannt Gesamt
45
4,0
1.120
100,0
Tabelle 20: Deskriptive Statistik „Zahlungseingang aus …“.
445
Je recherchiertem Fall ist nur die Zuordnung zu einer Art des Zahlungseingangs möglich.
148 148
Festzuhalten ist, dass in mehr als vier von zehn Verwertungsfällen (458 bzw. 40,9%) kein Erlös aus dem Grundpfandrecht erzielt werden konnte. Die wichtigste Verwertungsart ist mit 16,3% aller untersuchten Fälle (182) der Rettungserwerb, d.h. die Übernahme des Objekts in den bankeigenen Immobilienbestand unter Beachtung der 7/10-Befriedigungsfiktion gemäß ZVG. Unter marktlichen Gesichtspunkten ist damit noch keine Verwertung des Grundpfandrechts erreicht, da die Immobilie „nur“ von der Bank selbst erworben wurde. Die erfassten Zahlungseingänge, die der Restschuld des Kreditnehmers gutgeschrieben werden müssen, stammen aus der 7/10-Fiktionsbuchung, zu dem das Objekt in den bankeigenen Bestand übernommen wurde. Für die Analyse der Verwertungsquote in den Kapiteln 6 und 7 werden Rettungserwerbe im Datensatz beibehalten und nicht ausgeschlossen, obwohl ihre tatsächliche Verwertung aus Bankensicht mit der Entscheidung zum Rettungserwerb noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Die Beibehaltung der Rettungserwerbsfälle erfolgt aus mehreren Gründen. Von der verwertenden Bank werden grundsätzlich nur solche Objekte in den Eigenbestand genommen, bei denen durch Drittverwendung (d.h. regelmäßig Vermietung) voraussichtlich eine ausreichende Verzinsung des Kapitaleinsatzes gewährleistet ist oder bei denen aufgrund der aktuellen Nachfrage kein externer Erwerber gefunden werden kann, aber davon ausgegangen wird, dass das Objekt in Zukunft umgeschlagen werden kann. Nicht zum Rettungserwerb vorgesehen sind demnach Objekte ohne ausreichende Rendite oder solche, bei denen aufgrund ihres Zustandes (bspw. Schwammbefall, desolater Zustand, Hochwasserschäden, …) realistisch mit keiner weiteren Verwertung gerechnet wird.446 Weitere Informationen zu den Verwertungserfolgen (Dauer der weiteren Verwertung, Höhe des erreichten Zahlungseingangs, …) von Immobilien aus Rettungswerben im bankeigenen Bestand waren nicht verfügbar. Fast genauso viele Objekte, wie in den bankeigenen Bestand übernommen wurden, konnten an externe Dritte versteigert (167 Objekte bzw. 14,9% aller Fälle) oder im freihändigen Verkauf veräußert (133 Objekte bzw. 11,9%) werden. Von untergeordneter Bedeutung sind Vereinbarungen mit dem Sicherungsgeber und/oder Kreditnehmer zur Ablösung der Grundschuld (53 Fälle, 4,7%) sowie erhaltene Lästigkeitsprämien (7 Fäl446
Technisch wird bei einigen multivariaten Analysen eine Dummyvariable, die bei vorliegenden Rettungserwerben den Wert 1 und sonst 0 annimmt, zur Kontrolle des Effekts der Übernahme in den bankeigenen Bestand mitgeführt.
149
le, 0,6%)447 aus dem Verkaufserlös vorrangiger Grundbuchgläubiger. Eingestellt wurden die Verwertungsbemühungen aufgrund der Vereinbarung von Ratenzahlungen mit dem Kreditnehmer/Sicherungsgeber in fast jedem zwanzigsten Fall (53 Fälle, 4,7%) und aufgrund von Vergleichslösungen für das gesamte Kreditengagement in 22 Fällen (2,0%). 5.6
Beschreibung der möglichen Kontrollvariablen
In den folgenden Abschnitten 5.7.1 bis 5.7.4 werden Variablen beschrieben, die als mögliche
Kontrollgrößen
auf
die
Einflussfaktoren
für
die
Sicherheiten-
Verwertungsquote dienen. 5.6.1 Kreditnehmerbezogene Kontrollmöglichkeiten KN 1: Insolvenz anhängig?448 In gut der Hälfte der untersuchten Verwertungsfälle (54,7% bzw. 613 Fälle, vgl. Abbildung 17) ist über den betroffenen Kreditnehmer während der Verwertungszeit des Kreditengagements das Insolvenzverfahren eröffnet (oder bereits mangels Masse abgelehnt)449 worden. 11,3% 33,9%
nein ja nicht bekannt 54,7%
Abbildung 17: Deskriptive Statistik „Insolvenz anhängig?“.
Sowohl Firmen (juristische Personen) als auch natürliche Personen können ein Insolvenzverfahren durchlaufen. Dies ist für die Grundpfandrechtsverwertung insofern relevant, als dass während des Insolvenzverfahrens – nach der Anmeldung der Forderungen beim Insolvenzverwalter und der eventuellen Freigabe von Sicherheiten aus Aus- oder
447
Für eine Definition von „Lästigkeitsprämie“ vgl. Fußnote 224. Spezifikation, ob über das Vermögen des Kreditnehmers vor oder während der Objektverwertung ein Insolvenzverfahren eröffnet bzw. beantragt und/oder mangels Masse abgelehnt wurde (siehe §26 InsO). Mögliche Ausprägungen: 0 = nein, 1 = ja, 99 = nicht bekannt. 449 Siehe §§26, 207 InsO. 448
150 150
Absonderungsrechten450 – keine Zwangsvollstreckungen gegen den Insolvenzschuldner in die Insolvenzmasse oder das sonstige Vermögen des Schuldners vorgenommen werden dürfen.451 Ist der Schuldner eine natürliche Person, so wird er nach Maßgabe der §§287 bis 303 InsO nach einer Wohlverhaltensperiode von sechs Jahren ab Eröffnung von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit. In 33,9% (380 Fällen) muss bei der Objektverwertung nicht auf ein parallel laufendes Insolvenzverfahren Rücksicht genommen werden. In 127 Fällen (11,3%) ging aus den elektronischen Kreditakten keine Information über das (Nicht-) Vorliegen eines Insolvenzverfahrens vor. KN2: Persönliche Haftung? Persönliche Haftung?
Häufigkeit
Prozent
ja
184
16,4
nein
309
27,6
Kundenart privat
598
53,4
nicht bekannt Gesamt
29
2,6
1.120
100,0
Tabelle 21: Deskriptive Statistik „Persönliche Haftung?“.
Die Unterscheidung zwischen persönlicher Haftung von gewerblichen Kunden ist in Tabelle 21 und Abbildung 18 zusammengefasst. Insgesamt sind in fast 70% der Fälle (598+184=782 Fälle; 53,4%+16,4%=69,8%), in denen der Kreditnehmer entweder eine Privatperson, ein Einzelkaufmann/-frau ist oder eine Privatperson als Gesellschafter persönlich und unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, persönliche Vollstreckungen möglich.452 Lediglich in 27,6% der Fälle (309) kann nur auf die Kreditsicherheiten und das Vermögen des Unternehmens zurückgegriffen werden, wobei letzteres bei notleidenden Schuldnern meist kaum bzw. nicht vorhanden ist.
450
Siehe §§47 ff. InsO. Für die Verwertung von Grundpfandrechten ist insbesondere §49 InsO (Abgesonderte Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen) einschlägig: „Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen zusteht, die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (unbewegliche Gegenstände), sind nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt.“ 451 Siehe §89 Abs. 1 InsO. 452 Hinzu kommen noch mögliche persönliche Vollstreckungen aus Bürgschaften von Privatpersonen.
151
2,6%
16,4%
ja nein
53,4%
Kundenart privat
27,6%
nicht bekannt
Abbildung 18: Deskriptive Statistik „Persönliche Haftung?“.
KN3: Kundenart/Verwendungszweck 0,9%
gewerblich
36,4%
privat nicht bekannt
62,7%
Abbildung 19: Deskriptive Statistik „Kundenart“.
Wie in Abbildung 19 deutlich wird, sind gut ein Drittel aller recherchierten Kredite (36,4%, 408 Fälle) gewerblicher Art, d.h. die Finanzierungen erfolgten entweder direkt an Firmen oder indirekt an wirtschaftlich selbstständige Privatkunden, die die ausgereichten Kreditmittel zu gewerblichen Zwecke verwendeten. In 62,7% aller untersuchten Verwertungsfälle (702) war der Verwendungszweck ursprünglich rein privatwirtschaftlich. 10 Fälle (0,9%) konnten nicht zugeordnet werden. Kundenart
Häufigkeit
gewerblich
408
36,4
privat
702
62,7
nicht bekannt Gesamt
Prozent
10
0,9
1.120
100,0
Tabelle 22: Deskriptive Statistik „Kundenart“.
An dieser Stelle ist es wichtig anzumerken, dass mit dieser Klassifikation der betroffenen Kundenart noch kein Rückschluss auf die Struktur des untersuchten Immobilienportfolios gezogen werden kann. So ist es durchaus möglich und gängig, dass Privat-
152 152
immobilien von wirtschaftlich Selbstständigen oder GmbH-Geschäftsführern für die Verbindlichkeiten der Firma haften, d.h. für gewerbliche Kredite haften. Andersherum verpfänden Privatleute u.U. auch Immobilien, die sie zu gewerblichen Zwecken nutzen (z.B. Büros), für privatwirtschaftliche Kredite, die nicht dem Unternehmenszweck zugeordnet werden. 5.6.2 Kreditengagementbezogene Kontrollmöglichkeiten KE 1: Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro453 N Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro
1.063
Minimum
Maximum
Mittelwert
ca. 1
ca. 22.000
395
Median 143
Standardabweichung 1.197
Tabelle 23: Deskriptive Statistik „Grundschuldbeträge in T-Euro“.
Der Betrag des nominellen Grundpfandrechts, das dem Praxispartner im Mittelwert zur Verfügung steht, beläuft sich auf 395 T-Euro. 50% der Grundpfandrechte umfassen nominell mehr als 143 T-Euro (= Median), 50% entsprechend weniger. Das Minimum liegt bei ca. 1.000 Euro, der maximale nominelle Grundschuldbetrag bei ca. 22 Mio. Euro. Die markante Differenz zwischen Mittelwert (395 T-Euro) und Median (143 T-Euro) beim nominellen Grundpfandrechsbetrag deutet auf eine stark linkssteile Verteilung. Diese bestätigt sich bei Betrachtung des entsprechenden Histogramms in Abbildung 20.
453
Der in Abteilung III des Grundbuchs eingetragene Betrag der Grundschuld ohne eventuelle Nebenkosten und Zinsen in Euro. Die Umrechnung von DEM-Grundschuldbeträgen in Euro erfolgte zum amtlichen Umrechnungskurs von 1,95583 DEM = 1 Euro.
153
60
Anzahl
40
20
0 0,000
250,000
500,000
750,000
1000,000
Abbildung 20: Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro.454
Die teilweise markanten Spitzen im rechten Bereich des Histogramms, bspw. bei 300 bis 310 T-Euro, bei 510 bis 520 T-Euro oder bei 760 bis 770 T-Euro sind auf die „glatten“, gehäuft auftretenden Grundschuldbeträge zurückzuführen, die bereits zu DMZeiten eingetragen wurden: 306 T-Euro entsprachen 600 T-DM, 511 T-Euro waren 1 Mio. Euro und 766 T-Euro entsprechen 1,5 Mio. Euro. Valutierende Vorlasten und der Grundschuldbetrag müssen je Verwertungsobjekt einzeln betrachtet werden. Allgemeine zusammenfassende Vergleiche und Operationen machen aufgrund der Heterogenität der Daten an dieser Stelle keinen Sinn. Erschwert wird ein Vergleich außerdem aufgrund der Tatsache, dass die Vorlasten nur in valutierenden Werten recherchiert werden konnten, während die Grundschuldbeträge in nominellen Werten vorliegen.
454
Die 85 starken Extremwerte mit Werten > 1 Mio. Euro sind in das Histogramm aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit nicht aufgenommen worden. Es sei hierzu angemerkt, dass die Verteilung in diesem Bereich wie folgt aussieht: 55 Grundschulden (64,7% der Ausreißer) sind > 1 Mio. Euro und < 2 Mio. Euro (Median: 1,38 Mio. Euro), 13 Grundschulden (15,3% der Ausreißer) sind > 2 Mio. Euro und < 3 Mio. Euro (Median: 2,56 Mio. Euro), 6 Grundschulden (7,0% der Ausreißer) sind > 3 Mio. Euro und < 4 Mio. Euro (Median: 3,58 Mio. Euro), 2 Grundschulden (2,4% der Ausreißer) sind > 4 Mio. Euro und < 5 Mio. Euro (Median: 4,65 Mio. Euro), 6 Grundschulden (7,0% der Ausreißer) sind > 5 Mio. Euro und < 10 Mio. Euro (Median: 6,39 Mio. Euro) und 3 Grundschulden (3,5% der Ausreißer) sind > 10 Mio. Euro und < 22,11 Mio. Euro (Median: 17,4 Mio. Euro).
154 154
KE 2: Kreditnehmer gleich Sicherungsgeber? 5,4%
15,2% nein ja nicht bekannt
79,4%
Abbildung 21: Deskriptive Statistik „Kreditnehmer gleich Sicherungsgeber?“.
Abbildung 21 zeigt die Verteilung der Frage, ob betroffener Kreditnehmer und Sicherungsgeber identisch sind. In knapp 80% der Fälle (889) ist der Kreditnehmer des notleidend gewordenen Engagements identisch mit dem Sicherungsgeber, d.h. normalerweise mit dem (Teil-)Eigentümer, des Verwertungsobjekts. Nur bei 15,2% (170) der untersuchten Immobilien wurde die Kreditsicherheit von einem Drittsicherungsgeber zur Verfügung gestellt, der einer Grundschuld auf ein ihm gehörendes Objekt zugestimmt hat, obwohl er direkt nichts mit dem zugrunde liegenden Kredit zu tun hat. Dies schließt allerdings eine indirekte Beziehung zu dem Kreditengagement durch familiäre oder gewerbliche Bindungen nicht aus. In 61 Fällen (5,4%) liegen keine Informationen über die (Nicht-)Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber vor. 5.6.3 Sicherheitenbezogene Kontrollmöglichkeiten S1: Wohn-/Nutzfläche in qm S2: Objektalter in Jahren455 N
Minimum
Maximum
Mittelwert
Median
Standardabweichung
Wohn-/Nutzfläche in qm
299
ca. 20
ca. 20.000
379
149
1.342
Objektalter in Jahren
350
ca. 1
ca. 200
56
41
46
Tabelle 24: Deskriptive Statistik der metrischen sicherheitenbezogenen Kontrollvariablen.
455
Das Alter des Objekts bezieht sich auf die ursprüngliche Ersterstellung des Objekts ohne Berücksichtigung eventueller Renovierungs- und/oder Sanierungsmaßnahmen, die nicht recherchierbar sind, im Vergleich zum Zeitpunkt des Übertrags des Kreditengagements.
155
Die Ergebnisse für die zwei metrisch skalierten, sicherheitenbezogenen Kontrollvariablen sind in Tabelle 24 zusammengefasst. Die Wohn- bzw. Nutzfläche der verwerteten Objekte liegt zwischen ca. 20 qm (ETW) und 20.000 qm (Gewerbeobjekt). Der Mittelwert von 379 qm wird insbesondere getrieben von drei Ausreißern i.H.v. ca. 20.000 qm, 10.000 qm und 3.500 qm. Die anderen Objekte haben Wohn- bzw. Nutzflächen von bis zu ca. 2.000 qm. Deren Verteilung im Wertebereich bis 1.000 qm ist im folgenden Histogramm (Abbildung 22) dargestellt. 50% der Objekte besitzen eine Wohn-/Nutzfläche kleiner 149 qm und sind somit plausibel im Vergleich zur Kategorisierung nach Objektarten, gemäß der die Objekte zu ca. 50% aus ETWs, EFHs oder MFHs bestehen.
30
Anzahl
20
10
0 0
250
500
750
1000
Abbildung 22: Wohn-/Nutzfläche in qm.
Das Objektalter aller untersuchten Immobilien zum Zeitpunkt des Kreditübertrags schwankt zwischen einem und ca. 200 Jahren. Im Mittel liegt das Alter bei gut 55 Jahren, der Median bei 40,5 Jahren. In den Altersangaben für die Objekte sind nicht eventuelle Sanierungen und/oder Renovierungen berücksichtigt, so dass das an der durchschnittlichen Nutzungsdauer von Immobilien gemessen hohe Durchschnittsalter teilweise hierdurch erklärbar ist. Dies deutet daraufhin, dass es sich bei einer Vielzahl der zugrunde liegenden Kreditengagements nicht um Baufinanzierungen handelt, sondern
156 156
um Kauffinanzierungen oder um Kreditengagements, deren Zweck ein grundsätzlich anderer war und eine bestehende Immobilie u.U. ohne Bezug zum Kreditverwendungszweck verpfändet wurde. Die meisten Objekte sind entweder Neubauten, die zum Zeitpunkt des Übertrags jünger als 10 Jahre sind, oder Immobilien aus der Zeit um die Jahrhundertwende, die nunmehr ca. 100 Jahre alt sind.
Anzahl
75
50
25
0 50
100
150
200
Abbildung 23: Objektalter in Jahren.
Insbesondere im Vergleich zur durchschnittlichen wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die durch Modernisierungen/Renovierungen verlängert und durch unterlassene Instandhaltung verkürzt werden kann, sind die vorliegenden Altersangaben teilweise sehr hoch. So geht Bischoff 2005456 bei EFHs von einer wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer von 60 bis 100 Jahren aus, bei MFHs als sozialer Wohnungsbau in den alten Bundesländern von 60 bis 80 Jahren und bei MFHs als Plattenbauten in den neuen Bundesländern von 50 bis 80 Jahren. Hinsichtlich moderner Büro- und Verwaltungsgebäude in erstklassiger innenstädtischer Lage, bei denen die Mieter tendenziell erhöhte Ansprüche an die Nutzungsqualität und -flexibilität haben, sprechen Thomas/ Leopoldsber-
456
Vgl. Bischoff 2005, S. 445.
157
ger/Walbröhl 2000457 sogar – ohne umfassende Modernisierungen – nur von einer Marktgängigkeit von 15 bis 20 Jahren.458 S3: Eigennutzung der Immobilie durch Sicherungsgeber?459 Eigennutzung durch SG bei Verwertungsbeginn
Häufigkeit Prozent
nein
544
48,6
ja
488
43,6
nicht bekannt Gesamt
88
7,9
1.120
100,0
Tabelle 25: Deskriptive Statistik „Eigennutzung des Objekts durch Sicherungsgeber“.
Der Anteil der eigen- und fremd- bzw. ungenutzten Objekte im vorliegenden Datensatz ist nahezu ausgeglichen (Tabelle 25). 48,6% oder 544 Immobilien werden/wurden bei Verwertungsbeginn nicht durch den Sicherungsgeber selbst genutzt, d.h. sind/waren entweder fremdvermietet oder ungenutzt/leerstehend. 43,6% bzw. 488 Immobilien werden/wurden durch den Sicherungsgeber gewerblich oder wohnwirtschaftlich selbst genutzt. Bei 88 Verwertungsfällen (7,9%) konnte die Art der Nutzung nicht ermittelt werden. 5.6.4 WOP-bezogene Kontrollmöglichkeiten W1: Auf-/Abwertung in T-Euro N Auf-/Abwertung in T-Euro
1.120
Minimum ca. -1.500
Maximum ca. 1.500
Mittelwert Median 23
0
Standardabweichung 116
Tabelle 26: Deskriptive Statistik „Auf-/Abwertung in T-Euro“.
Eine Auf-/Abwertung des zu verwertenden Grundpfandrechts, deren deskriptive Statistik in Tabelle 26 dargestellt ist, kann durch die BAG dann vorgenommen werden, wenn der WOP oder ein Gutachten eine erhebliche Differenz zu der letzten Bewertung der
457
Vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 409. Da es bei Immobilien – im Unterschied zu anderen Investitions- und Konsumgütern – kein analytischwissenschaftliches Verfahren zur Bestimmung der optimalen Nutzungsdauer gibt, sind die erwähnten pauschalen wirtschaftlichen Nutzungsdauern in der Literatur jedoch Kritik ausgesetzt und werden teilweise scharf kritisiert. Vgl. Thomas/Leopoldsberger/Walbröhl 2000, S. 409. 459 Spezifikation, ob das zu verwertende Objekt vom Sicherungsgeber selbst genutzt wird bzw. zum Zeitpunkt der Kreditkündigung selbst genutzt wurde (bspw. als Betriebs- oder Geschäftsimmobilie). Ist die Immobilie nicht eigengenutzt, so bedeutet dies, dass das Objekt entweder fremdgenutzt (vermietet oder verpachtet) oder leer/ungenutzt ist. Bei der Fremdnutzung ist ebenso der Fall möglich, dass der Sicherungsgeber das verpfändete Objekt an den Kreditnehmer vermietet oder verpachtet hat. Mögliche Variablen: 0 = nein, 1 = ja, 99 = nicht bekannt. 458
158 158
abgebenden Bank ergeben.460 Eine Auf- bzw. Abwertung wurde im vorliegenden Datensatz in 320 Fällen vorgenommen (28,6%). Dabei handelt es sich in 14 Fällen um eine Aufwertung, die im Mittel 241 T-Euro betrug (Median 30 T-Euro), und in 306 Fällen um eine Abwertung (Mittelwert 94 T-Euro, Median 41 T-Euro). Die extremsten Werte liegen bei einer Aufwertung i.H.v. ca. 1,5 Mio. Euro und bei einer Abwertung i.H.v. ca. 1,5 Mio. Euro. Über den gesamten Datensatz betrachtet, beträgt die durchschnittliche Abwertung 23 T-Euro, wobei dieser Wert nicht sinnvoll interpretierbar ist, da der hier untersuchte vollständige Datensatz willkürlich anhand der Auf- bzw. Abwertung zusammengestellt ist.461 Im folgenden Histogramm (Abbildung 24) ist die Verteilung der Abwertungen im Bereich von 0,1 bis 150 T-Euro grafisch veranschaulicht, ohne die 800 Fälle darzustellen, in denen keine positive bzw. eine negative Auf-/Abwertung vorgenommen wurde.
20
Anzahl
15
10
5
0 25,00
50,00
75,00
100,00
Abbildung 24: Auf-/Abwertung in T-Euro.
460 461
Der Betrag der Aufwertung ist negativ definiert, der Betrag der Abwertung entsprechend positiv. Vgl. Abschnitt 5.1.1.
159
5.7
Untersuchung der Zusammenhänge
5.7.1 Korrelationsanalyse Bevor mit Hilfe induktiver Statistik in Kapitel 7 eine Überprüfung der Relevanz, Richtung und Stärke der Wirkung möglicher Einflussfaktoren auf die Verwertungsquote erfolgen kann, werden in diesem Abschnitt die Korrelationen zwischen den metrisch skalierten Variablen (Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen) untersucht. Die Korrelationsanalyse wird einerseits vorgenommen, um die Struktur des selbst recherchierten Datensatzes ausführlicher zu beschreiben. Andererseits ist sie eine Vorstufe der multivariaten Regression und soll eventuell bestehende, relevante Multikollinearitäten462 zwischen den erklärenden Variablen und Kontrollvariablen erkennen helfen.463 In die folgende Korrelationsanalyse gehen 986 der 1.120 Verwertungsfälle ein. Dies sind alle Fälle, in denen die erzielte Verwertungsquote kleiner als 10 ist und bei denen keine anderweitigen Lösungsvereinbarungen im Rahmen von Vergleichs- oder Ratenzahlungsvereinbarungen / Lästigkeitsprämien getroffen werden konnten.464 Um den Einfluss von Extremwerten zu verringern, wird eine Logarithmierung der folgenden erklärenden Variablen vorgenommen: x
Einwohnerzahl des Objektstandorts in 100.000 Einwohnern (H8.3),
x
Wohn-/Nutzfläche in qm (S1).
Diese Logarithmierung wird auch für die nachfolgenden Korrelations- und Regressionsanalysen in Kapitel 7 beibehalten werden. 462
Eine perfekte Multikollinearität zwischen Variablen ist gegeben, wenn eine lineare Abhängigkeit zwischen den exogenen Variablen besteht, d.h. wenn eine Variable als lineare Funktion von mehreren anderen Variablen bestimmbar ist. In der Forschungspraxis ist ein gewisses Maß an Multikollinearität zwischen den Modellvariablen kaum vermeidbar. Daher bedarf es einer Einschätzung der Höhe der Multikollineariäten, um abwägen zu können, ob diese für die Regressionsschätzung problematisch werden können. Zwar bleibt die OLS-Schätzung der partiellen Regressionskoeffizienten bei nicht perfekter Multikollinearität unverzerrt (BLUE), aber mit zunehmender Multikollinearität steigt die Varianz der geschätzten Regressionskoeffizienten, so dass Signifikanztests unzuverlässig werden. Vgl. Urban/Mayerl 2006, S. 225ff. sowie Eckey/Kosfeld/Dreger 1995, S. 82ff., Gujarati 2003, S. 341ff., vonAuer 2007, S. 479ff., Fromm 2008, S. 351ff. 463 VonAuer 2007, S. 486, stellt allerdings heraus, dass außerhalb der Zweifachregression der empirische Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson kein natürlicher Indikator für den Grad an Multikollinearität mehr ist. Im multivariaten Fall mit mehr als zwei exogenen Variablen kann es jedoch vorkommen, dass die exogenen Variablen paarweise einen geringen Korrelationskoeffizienten aufweisen, aber trotzdem stark multikollinear sind. Daher sind weitere Überprüfungen für den Fall der Mehrfachregression notwendig (vgl. vonAuer 2007, S. 487f.). 464 Für eine ausführliche Begründung dieser Selektion vgl. Abschnitt 5.2. Die Selektion wird schon an dieser Stelle verwendet, da die Korrelationsanalyse als Vorbereitung der multivariaten Regressionen dient, die ebenfalls auf der selektierten Datenbasis durchgeführt werden.
160 160
5.7.1.1 Methodik Korrelationen messen die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen X und Y, erlauben aber keine Aussage über die Wirkungsrichtung bzw. die Kausalität des Zusammenhangs. Zur Untersuchung der Beziehungen werden der empirische Korrelationskoeffizient nach Bravais/Pearson und der Korrelationskoeffizient auf der Basis von Rangziffern nach Spearman analysiert.465 Da keine Erwartung über die Art der Zusammenhänge vorliegt, wird die Signifikanz der Ergebnisse mit Hilfe des zweiseitigen tTests beurteilt. Der Korrelationskoeffizient rx,y nach Bravais/Pearson ist definiert als
rx, y
1 ¦ ( xi x )( yi y ) n 1 1 1 ¦ ( xi x ) 2 n 1 ¦ ( y i y ) 2 n 1
(4)
mit n = Anzahl der Beobachtungen xi = Merkmalsausprägung der Variable X yi = Merkmalsausprägung der Variable Y x = Mittelwert der Variable x y = Mittelwert der Variable y
i = 1, …, n Die Kovarianz (Zähler) misst die Stärke und Richtung des linearen Zusammenhangs zwischen den Variablen X und Y in Form eines nicht normierten Maßes. Die geschätzten Standardabweichungen (Nenner) führen zu einer Normierung, so dass der Korrelationskoeffizient rx,y im Falle eines vollkommenen mathematischen Zusammenhangs maximal den Wert 1 annimmt.466 Da der Nenner lediglich der Normierung des Korrelationskoeffizienten dient, ist der Zähler bzw. die Kovarianz zwischen X und Y der interessante Teil der Formel. Der Korrelationskoeffizient wird also besonders groß, wenn die Kovarianz zwischen den untersuchten Variablen X und Y groß ist. Dies ist bei positiven Korrelationskoeffizienten der Fall, wenn eine große Abweichung des xi-Werts zum Mittelwert von x mit einer 465
Vgl. empirisch Grunert 2005, S. 111 und 170, der ausschließlich den Korrelationskoeffizienten nach Bravais/Pearson benutzt, sowie zur theoretischen Fundierung Polasek 1984, S. 206ff., Fahrmeir et al. 2004, S. 147ff. 466 Vgl. Fahrmeir et al. 2004, S. 136ff., oder Janssen/Laatz 2005, S. 389.
161
großen gleichgesinnten Abweichung des entsprechenden yi-Werts vom Mittelwert von y einhergeht. Mit anderen Worten: wenn xi überdurchschnittlich hoch (bzw. gering) ist, muss auch yi überdurchschnittlich hoch (bzw. gering) sein. Bildhaft vorgestellt liegen alle Kombinationspunkte aus X und Y im (xi, yi)-Diagramm auf einer Geraden mit positiver Steigung. Der Korrelationskoeffizient nach Bravais/Pearson misst ausschließlich die Stärke des linearen Zusammenhangs zwischen den Variablen. Laut Fahrmeir et al. 2004 wird bei Werten größer 0,5 für den empirischen Korrelationskoeffizienten von mittlerer Korrelation, bei Werten ab 0,8 von starker Korrelation gesprochen.467 Ähnlich argumentieren Urban/Mayerl 2006,468 wenn sie feststellen, dass Multikollinearitätsgrade bzw. Korrelationskoeffizienten von unter +/- 0,5 in multivariaten Modellen häufig als tolerierbar angesehen werden. Sie untermauern dies mit einer Monte-Carlo-Simulation zur Größe des Standardfehlers von Koeffizientenschätzungen, bei der eine Sprungstelle bei rx,y = 0,5 zu erkennen ist.469 Eine nicht-parametrische Alternative zum empirischen Korrelationskoeffizienten nach Bravais/Pearson ist Spearmans Rang-Korrelationskoeffizient. Dieser misst nicht die Stärke des linearen, sondern des monotonen Zusammenhangs.470 Der Spearman’sche Rang-Korrelationskoeffizient wird berechnet, indem von den ursprünglichen xi- und yiWerten zu ihren Rängen übergeht:471
rx, y
¦ (rg ( x ) r g )(rg ( y ) r g ) ¦ (rg ( x ) r g ) ¦ (rg ( y ) r g i
i
y
2
i
mit
x
x
i
y
)2
(5)
rg (xi) = Rang der x-ten Beobachtung rg (yi) = Rang der y-ten Beobachtung rg(x) = mittelerer Rang aller Beobachtungen für die Variable x rg(y) = mittelerer Rang aller Beobachtungen für die Variable y
i = 1, …, n 467
Vgl. Fahrmeir et al. 2004, S. 138f. Vgl. Urban/Mayerl 2006, S. 230. Die Schätzung des Regressionskoeffizienten der multivariaten OLS-Regression bleibt trotz eventueller Korrelationen zwischen den Einflussfaktoren (Multikollinearität) ohnehin unverzerrt (BLUE), denn aus einer Korrelation von zwei unabhängigen Variablen folgt nicht notwendigerweise eine Kovarianz zwischen der erklärenden Variablen und seinem Störterm. Vgl. Urban/Mayerl 2006, S. 227f. 470 Vgl. Fahrmeir et al. 2004, S. 141ff. 471 Vgl. Fahrmeir et al. 2004, S. 141f. 468 469
162 162
Ein hoher Rang-Korrelationskoeffizient nach Spearman liegt vor, wenn für wachsende x-Werte die y-Werte monoton (nicht zwingend linear) steigen. In Tabelle 27 bis Tabelle 30 sind alle bivariaten Korrelationen zwischen metrisch skalierten Variablen nach Bravais/Pearson und Spearman dargestellt sowie die statistische Signifikanz auf Basis des zweiseitigen t-Tests mit einem (*, 10%-Niveau), zwei (**, 5%-Niveau) bzw. drei (***, 1%-Niveau) Sternchen gekennzeichnet. Die folgenden erläuternden Ausführungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern fokussieren auf wichtige, bedeutsame, relevante oder außergewöhnliche Zusammenhänge. 5.7.1.2 Korrelationen zwischen Einflussfaktoren und Kontrollvariablen472 Interessant ist die deutliche Korrelation473 zwischen den makroökonomischen Größen (H1) BIP-Wachstum (negativer Zusammenhang), Inflationsrate (positiver Zusammenhang) und Arbeitslosenquote (nach Bravais-Pearson negativ) sowie der Dauer des WOPs (H9.2). Ökonomisch interpretiert bedeutet dies, dass der WOP umso länger dauert, je geringer das BIP-Wachstum, je höher die Inflationsrate und je geringer die Arbeitslosenquote ist. Dies erscheint plausibel, da sich besonders bei hoher Verteuerung und schlechtem wirtschaftlichen Umfeld die Realoption „Warten“ lohnen kann. Der mögliche positive Preissteigerungseffekt durch eine gesteigerte Nachfrage und geringeres freies Immobilienangebot in wirtschaftlichen Aufschwungphasen könnte den negativen Diskontierungseffekt aus dem späteren Zahlungseingang überkompensieren.474 Nicht überraschend ist die positive und hoch signifikante Korrelation zwischen dem nominellen Grundschuldbetrag (KE1) und der Einwohnerzahl am Objektstandort (H8.3). In (Groß-)Städten ist die relative Anzahl von großen und damit teuren Immobilien wie MFHs und umfangreichen Gewerbeobjekten höher als im ländlichen Raum, so dass bei diesen Objekten höhere Grundschulden eingetragen werden. Gleiches gilt aber nicht für einen positiven Zusammenhang zwischen der Einwohnerzahlen am Objektstandort (H8.3) und den valutierenden Vorlasten (H5.2), obwohl bei teureren Objek472
Da keine Erwartung über die Richtung des Zusammenhangs zwischen den Einfluss- und Kontrollvariablen vorliegt, wird die statistische Signifikanz der Korrelationskoeffizienten durch einen zweiseitigen tTest untersucht. 473 Statistisch signifikant auf dem 1%-Niveau sowohl nach Bravais/Pearson als auch nach Spearman. 474 Der hoch signifikante Zusammenhang nach Bravais-Pearson zwischen den makroökonomischen Größen und der Wohnortgröße des Kreditnehmers bzw. Größe des Objektstandorts wird getrieben, durch die Vielzahl der Kreditnehmer und Objekte aus bzw. in Ostdeutschland – insbesondere aus Sachsen (18,1% bzw. 24,9%) und Berlin (9,9% bzw. 7,7%). Diese Länder sind durch ein vergleichsweise geringes BIPWachstum, geringe Inflationsraten und hohe Arbeitslosigkeit geprägt.
163
ten in größeren Städten auch für andere Gläubiger mehr und höhere Grundschulden eingetragen werden könnten. Noch stärker positiv (r | 0,60) ist der Zusammenhang zwischen dem nominellen Grundschuldbetrag (KE1) und der Größe der zu verwertenden Immobilie – gemessen als Wohn-/Nutzfläche in qm (S1). Dies ist dadurch erklärbar, dass größere Objekte vergleichsweise wertvoller sind und somit aus ökonomischer Sicht höhere Grundschulden auf diese eingetragen werden können. Interessant ist darüber hinaus der leicht (r | 0,16) positive, bei beiden Korrelationskoeffizienten hoch signifikante Zusammenhang zwischen der Dauer von Kündigung des zugrunde liegenden Kreditengagements bis zum Übertrag (H9.1) und der WOPDauer (H9.2). Ökonomisch heißt dies, dass die Verwertung von Objekten, die bereits von der abgebenden Bank über einen längeren Zeitraum nicht verwertet werden konnten, tendenziell auch beim Praxispartner länger dauert. Die Abwertung eines Objekts während des WOPs (W1) hängt nach dem Koeffizient von Bravais-Pearson und von Spearman signifikant leicht positiv mit dem nominellen Grundschuldbetrag (KE1) zusammen. Dies ist ökonomisch dadurch erklärbar, dass bei teureren Objekten, bei denen höhere Grundschulden eingetragen wurden, naturgemäß absolut höhere Abwertungen vorgenommen werden können. Hervorhebenswert ist die leicht negative und hoch signifikante Korrelation zwischen der vorgenommenen Abwertung eines Verwertungsobjekts (W1) und der WOP-Dauer (H9.2), d.h. Objekte, deren Verwertung langwierig ist, werden tendenziell häufiger bzw. höher abgewertet als schnell verwertbare Immobilien. Dies scheint plausibel, da sich üblicherweise im Laufe eines Verwertungsprozesses die Werthaltigkeit der verpfändeten Immobilie herausstellt und erst nach einigen (erfolglosen) Verwertungsbemühungen eine Abwertung vorgenommen wird.
164 164
165
Inflationsrate in % p.a.
Arbeitslosenquote in % p.a.
Valutierende Vorlasten in T-Euro
Dauer Grundschuldbestellung bis Kündigung in Monaten
H1
H1
H5.2
H6
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
957
-0,018
230
-0,145**
791
-0,039
555
-0,101**
122
0,122
461
-0,015
566
974
566 -0,176***
566 0,081**
1
566
0,117***
Inflationsrate in % p.a.
H1
-0,020
974
1
Wachstum BIP in % p.a.
H1
957
0,022
230
-0,269***
791
-0,066*
974
1
566
-0,095**
974
0,151***
Arbeitslosenquote in % p.a.
H1
Tabelle 27: Teil I - Korrelationen zwischen potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen. (***. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant von Null verschieden; **. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifi kant von Null verschieden; *. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,10 (2-seitig) signifikant von Null verschieden.)
Entfernung Objektstandort H8.2 - Bankhauptsitz in km
Wachstum BIP in % p.a.
H1
Rang-Korrelationskoeffizient nach Spearman (oben/rechts)
Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson (unten/links)
777
-0,020
188
0,040
793
1
791
-0,027
461
-0,017
791
-0,020
Valutierende Vorlasten in T-Euro
H5.2
228
-0,084
230
1
188
0,050
230
-0,167**
122
0,079
230
-0,104
Dauer Grundschuldbestellung bis Kündigung in Monaten
H6
960
1
228
-0,163**
777
-0,035
957
0,006
555
0,044
957
0,131***
Entfernung Objektstandort - Bankhauptsitz in km
H8.2
165
166 N 837
826
0,058*
-0,097*** 920
520
166 166
223
0,082
769
-0,070*
933
-0,112***
536
-0,137***
933
-0,076**
Nom. Grundschuldbetrag in T-Euro
KE1
-0,046
112
-0,117
433
-0,058
532
-0,038
315
0,172***
532
-0,149***
WOP-Dauer in Monaten
H9.2
Tabelle 28: Teil II - Korrelationen zwischen potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen. (***. Der Korrelationskoe ffizient ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant von Null verschieden; **. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant von Null verschieden; *. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,10 (2-seitig) signifikant von Null verschieden.)
Entfernung Objektstandort H8.2 Bankhauptsitz in km
230
694
-0,077**
205
694
0,041
-0,301***
H6
N
836
849
Korrelationskoeffizient
Valutierende Vorlasten in T-Euro
H5.2
N Korrelationskoeffizient
486 0,166***
467 -0,090***
-0,303***
Arbeitslosenquote in % p.a.
H1
N Korrelationskoeffizient
-0,004
836
0,017
-0,258***
849
-0,267***
0,167**
Inflationsrate in % p.a.
H1
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
H9.1
ln(EinwohDauer Kündinerzahl Obgung bis Überjektstandort trag in Monain 100.000 ten Einwohnern)
H8.3
Dauer GrundschuldbestelKorrelationskoeffizient lung bis Kündigung in MonaN ten
Wachstum BIP in % p.a.
H1
Rang-Korrelationskoeffizient nach Spearman
267
-0,144**
69
0,000
230
0,126*
272
0,184***
149
-0,091
272
-0,105*
ln(Wohn/Nutzfläche in qm)
S1
310
-0,017
94
0,043
261
0,038
310
0,202***
171
0,040
310
0,033
Objektalter in Jahren
S2
960
-0,044
230
-0,056
793
-0,098***
974
0,013
566
-0,093**
974
-0,002
Abwertung in T-Euro
W1
167
Objektalter in Jahren
Abwertung in T-Euro
S1
S2
W1
N
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient 933
974
0,034
310
0,056
272
-0,112*
566
-0,005
171
0,022
149
-0,068
536
*-0,075*
315
-0,085**
974
-0,014
310
0,204***
272
0,217***
933
-0,036
532
-0,169***
836
0,149***
849
-0,021
Arbeitslosenquote in % p.a.
H1
Tabelle 29: Teil III - Korrelationen zwischen potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen. (***. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant von Null verschieden; **. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant von Null verschieden; *. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,10 (2-seitig) signifikant von Null verschieden.)
ln(Wohn-/Nutzfläche in qm)
Nom. Grundschuldbetrag KE1 in T-Euro
H9.2 WOP-Dauer in Monaten 532
486 0,205***
-0,149***
836
Korrelationskoeffizient
N
467 0,045
849 0,051
Korrelationskoeffizient
Dauer Kündigung bis H9.1 Übertrag in Monaten
-0,216***
-0,311***
Wachstum InflationsBIP in % p.a. rate in % p.a.
H1
ln(Einwohnerzahl Objekt- Korrelationskoeffizient H8.3 standort in 100.000 EinN wohnern)
Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson
H1
793
-0,001
261
-0,017
230
0,220***
769
0,191***
433
-0,030
694
-0,082**
694
0,064*
Valutierende Vorlasten in T-Euro
H5.2
205
230
-0,007
94
0,062
69
-0,013
223
-0,029
112
-0,049
230
-0,302***
960
-0,052
310
0,002
267
-0,036
920
0,026
520
-0,009
826
-0,019
837
-0,032
Entfernung Objektstandort - Bankhauptsitz in km
Dauer Grundschuldbestellung bis Kündigung in Monaten 0,107
H8.2
H6
167
168
Objektalter in Jahren
Abwertung in T-Euro
S1
S2
W1
N
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient
N
Korrelationskoeffizient 815
852
0,031
272
-0,011
256
0,035
846
-0,066*
277
0,188***
240
-0,005
813
-0,042
468
0,169***
537
-0,128***
199
0,110
191
-0,206***
513
-0,079*
537
168 168
1
468
0,179***
474
-0,067
Tabelle 30: Teil IV - Korrelationen zwischen potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen. (***. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant von Null verschieden; **. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant von Null verschieden; *. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Niveau von 0,10 (2-seitig) signifikant von Null verschieden.)
ln(Wohn-/Nutzfläche in qm)
Nom. Grundschuldbetrag KE1 in T-Euro
H9.2 WOP-Dauer in Monaten 474
846
729
Korrelationskoeffizient 0,143***
1
-0,131***
Korrelationskoeffizient
-0,099**
729
N
-0,114***
1
Dauer Kündigung bis H9.1 Übertrag in Monaten
H9.2
KE1
S1
S2
939
0,100***
301
-0,080
261
0,595***
939
1
513
-0,126***
813
-0,150***
815
0,214***
272
0,065
148
0,289***
272
1
261
0,675***
191
-0,159**
240
-0,072
256
-0,003
312
-0,058
312
1
148
0,296***
301
-0,118**
199
0,145**
277
0,191***
272
0,009
Dauer Kündiln(WohnNom. Grundgung bis Über- WOP-Dauer Objektalter schuldbetrag /Nutzfläche in in Jahren trag in Mona- in Monaten qm) in T-Euro ten
H9.1
852
ln(Einwohnerzahl Objektstandort in 100.000 Einwohnern)
H8.3
ln(Einwohnerzahl Objekt- Korrelationskoeffizient H8.3 standort in 100.000 EinN wohnern)
Rang-Korrelationskoeffizient nach Spearman (oben/rechts)
Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson (unten/links)
986
1
312
-0,001
272
0,126**
939
0,210***
537
-0,213***
846
-0,118***
852
0,063*
Abwertung in T-Euro
W1
Insgesamt lässt sich feststellen, dass zwischen den möglichen Einfluss- und Kontrollvariablen im untersuchten Datensatz wenige Zusammenhänge vorliegen, die über dem von Urban/Mayerl 2006475 als kritisch angesehen Wert von ~r~= 0,5 liegen. Einzige Ausnahme ist die hoch positive Korrelation zwischen der Wohn-/Nutzfläche und dem nominellem Grundschuldbetrag, die in den multivariaten Analysen besonders zu beachten ist. 5.7.2
Kontingenzanalyse
5.7.2.1 Methodik Da
mittels
Korrelationsanalysen
ausschließlich
metrisch
(bzw.
beim
Rang-
Korrelationskoeffizienten nach Spearman zumindest ordinal) skalierte Daten auf Zusammenhänge untersucht werden können, werden im Folgenden ausgewählte Kontingenzen zwischen kategorial bzw. nominal skalierten Merkmalen untersucht.476 Hierbei wird eine willkürliche Auswahl von als relevant und bedeutsam erachteten Zusammenhängen – in der Reihenfolge des Strukturgerüsts der Einflussfaktoren – untersucht. Auch diese Untersuchung wird – wie die Korrelationsanalyse – auf Basis aller 986 recherchierten Verwertungsfälle untersucht, die nicht durch die Vereinbarung von Ratenzahlungen oder den Abschluss von Vergleichsvereinbarungen oder Lästigkeitsprämien beendet worden sind. Statistische Werkzeuge zur Untersuchung der Zusammenhänge sind vor allem deskriptive Kreuztabellen der jeweils interessierenden Variablen. Die statistische Absicherung der betrachteten Zusammenhänge wird mit Hilfe des Chi-Quadrat-UnabhängigkeitsTests untersucht. Der Test basiert auf den Differenzen zwischen beobachteten und bei statistischer Unabhängigkeit zu erwartenden Werten. Hierbei wird die Nullhypothese H0 (es besteht kein Zusammenhang zwischen den untersuchten Variablen) der Alternativhypothese H1 (es besteht ein Zusammenhang zwischen den untersuchten Variablen) gegenübergestellt. Die Prüfgröße Ȥ², die die Stärke der beobachteten Abweichung von der erwarteten Verteilung in einer Kreuztabelle misst, folgt asymptotisch einer Chi-
475
Vgl. Urban/Mayerl 2006, S. 230. Vgl. Hanushek/Jackson 1977, S. 16ff., Backhaus et al. 2006, S. 229ff., Diehl/Staufenbiel 2007, S. 204ff., Akremi/Baur 2008, S. 239ff.
476
169
Quadrat-Verteilung mit den Freiheitsgraden df = (Zahl der Spalten I – 1) * (Zahl der Zeilen J – 1).477
F2
¦ ¦ I
J
i 1
j 1
(nij eij ) 2
(6)
eij
mit nij = beobachtete Anzahl, eij = erwartete Anzahl. Da die Ȥ²-Prüfgröße jedoch keine Aussage über die Stärke des Zusammenhangs treffen kann und zudem vom Stichprobenumfang n abhängig ist,478 wird die Stärke des Zusammenhangs zusätzlich durch Ermittlung und Interpretation des Phi-Koeffizienten (ij) und der Kennzahl Cramer’s-V untersucht. Diese beiden Indikatoren für die Stärke des Zusammenhangs basieren auf der Chi-Quadrat-Teststatistik Ȥ². Je größer der PhiKoeffizient ist, desto stärker ist der Zusammenhang. Phi-Koeffizient: M
Cramer’s-V
F2 n( R 1)
F2 n
.
mit R = min (I, J).
(7) (8)
Als Faustformel geben Backhaus et al. 2006 an, dass ein Wert des Phi-Koeffizients größer als 0,3 eine Stärke der Abhängigkeit anzeigt, die mehr als trivial ist479 und somit einen ökonomisch relevanten Zusammenhang darstellt. Da der Phi-Koeffizient bei Kreuztabellen mit Variablen mit mehr als zwei Ausprägungen Werte größer 1 annehmen kann, wird die Analyse um die Kennzahl Cramer’s V erweitert. Diese stimmt bei binären Kreuztabellen mit dem Phi-Koeffizienten überein und variiert bei mehrdimensionalen Kreuztabellen im Wertebereich zwischen 0 (keine Abhängigkeit) und 1 (vollständige Abhängigkeit).480
477
Vgl. Agresti 2002, S. 78ff., Janssen/Laatz 2005, S. 254ff., Backhaus et al. 2006, S. 240ff. Je größer die Stichprobe, desto eher lässt sich die Signifikanz schwacher Zusammenhänge nachweisen (vgl. Janssen/Laatz 2005, S. 260). Für eine kritische Würdigung des Chi-Quadrat-Unabhängigkeits-Tests vgl. Agresti 2002, S. 84f. 479 Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 244. 480 Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 245. 478
170 170
5.7.2.2 Kontingenzanalyse für Einflussfaktoren und Kontrollvariablen Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers (H2) versus Kundenart (KN3) Es existiert ein sehr schwacher, aber signifikanter Zusammenhang zwischen der Kundenart und der Einschätzung der Kooperationsbereitschaft durch die Autorin im untersuchten Datensatz. Private Kreditnehmer sind tendenziell häufiger kooperativ als gewerbliche Kunden. Dieses Ergebnis ist nicht verwunderlich, da private Kreditnehmer durch die Unterstützung von Verwandten oder berufliche Umorientierungen einen weiteren Handlungsspielraum bei Kreditkündigungen haben als gewerbliche Kreditnehmer, deren Betrieb bei Eintritt in die Insolvenz von einem Insolvenzverwalter geführt wird und die nach Abschluss des Insolvenzverfahrens aufgelöst werden. Die Kontingenz ist jedoch sehr schwach (Phi-Koeffizient = 0,161 / Cramer’s-V = 0,114). Die Signifikanz des Ergebnisses – ausgedrückt durch den Wert für Ȥ² – bleibt zudem nicht erhalten, wenn die Ausprägungen „nicht bekannt“ aus der Kontingenzanalyse ausgeschlossen werden (asymptotische Signifikanz der Chi-Quadrat-Testgröße dann 0,204). Insgesamt kann daher von keinem relevanten Zusammenhang zwischen Kundenart und Kooperativität des Kreditnehmers in den vorliegenden Daten gesprochen werden. Objektart (H7) versus Kundenart (KN3) Der Zusammenhang zwischen der verwerteten Objektart und der Kundenart ist nicht zufällig, sondern unterliegt einer statistisch hoch signifikanten Kontingenz auf dem 1%Signifikanzniveau. Gewerbliche Kreditnehmer stellen vermehrt gewerbliche Objektarten sowie unbebautes Land und MFHs als Sicherheit zur Verfügung, während private Kreditnehmer in den Kategorien EFH und ETW überdurchschnittlich oft vertreten sind.481 Die Stärke dieses Zusammenhangs ist zwar gering, aber nach der Faustregel von Backhaus et al. 2006 nicht unbedeutend: Phi-Koeffizient = 0,332 / Cramer’s-V = 0,234. Objektart (H7) versus Objektstandort (H8.1) Der Zusammenhang zwischen der Objektart und dem Objektstandort ist in hoch signifikanter Weise auf dem 1%-Signifikanzniveau nicht zufällig.482 Die Maßzahlen für den 481
Die statistische Signifikanz ist robust gegen den Ausschluss der Ausprägung „nicht bekannt“ aus der Variablen „Kundenart“ und „Objektart“ sowie gegen die Herausnahme der Fälle, in denen kein Zahlungseingang verbucht werden konnte. Dann gilt: Phi-Koeffizient = Cramer’s-V = 0,229. 482 Diese Aussage ist robust gegen den Ausschluss der Merkmalsausprägungen „nicht bekannt“. Dann ist der Phi-Koeffizient = 0,507 und Cramer’s-V = 0,169.
171
Zusammenhang (Phi-Koeffizient = 0,752 / Cramer’s-V = 0,238) sind vergleichsweise hoch. Folgende Kontingenzen sind im vorliegenden Datensatz besonders erwähnenswert: x
Überdurchschnittlich viele Verwertungsfälle von EFHs stammen aus SchleswigHolstein und insbesondere Brandenburg, vergleichsweise wenige aus Sachsen und Thüringen.
x
Der Anteil der verwerteten ETW-Fälle ist besonders hoch in NordrheinWestfalen, Baden-Württemberg, Bayern und, nicht überraschend, im Stadtstaat Berlin; besonders gering ist er in Sachsen und Brandenburg.
x
Überdurchschnittlich viele zu verwertende Gewerbeobjekte (sowohl Industrieobjekte als auch Büro-/Handelsobjekte) und gemischt genutzte Wohn- und Gewerbeobjekte sind in Sachsen und Thüringen anzutreffen; wenige derartige Fälle gibt es – mit Ausnahmen von Büro- und sonstigen Dienstleistungsobjekten – in Baden-Württemberg.
172 172
6
Empirische Analyse der Verwertungsquoten von Grundpfandrechten
Ziel dieses Kapitels ist die Beantwortung der ersten Forschungsfrage: I.
Wie hoch sind die Verwertungsquoten von Immobiliensicherheiten?
Hierzu werden zunächst die zu untersuchenden Verwertungsquoten (Abschnitt 6.1) definiert. Darauf folgt ein Überblick über die deskriptiven Merkmalsausprägungen und Häufigkeitsverteilungen der unterschiedlichen Werteinschätzungen (Abschnitt 6.2.1) und der entsprechend definierten Sicherheiten-Verwertungsquoten (Abschnitt 6.2.2.1 bis 6.2.2.4) sowie die Untersuchung ausgewählter Spezialfragen zur SicherheitenVerwertungsquote (Abschnitt 6.2.2.5). Abschnitt 6.3 dient dazu, die Auswahl der VWQ I für die späteren multivariaten Analysen in Kapitel 7 zu begründen und kritisch zu diskutieren. In Abschnitt 6.4 wird abschließend ein Vergleich zwischen den Ergebnissen der
vorliegenden
Arbeit
und
bisherigen
Untersuchungen
zur
Sicherheiten-
Verwertungsquote gezogen. 6.1
Definition der zu untersuchenden Verwertungsquoten
Nach der Beschreibung des Datensatzes im Allgemeinen und vor der Untersuchung der einzelnen unabhängigen Variablen im Besonderen werden in diesem Abschnitt die zentralen, abhängigen Untersuchungsgrößen „Verwertungsquote“ vorgestellt. Hierzu werden die folgenden Verwertungsquoten nach der Art der Bezugsgröße bzw. Werteinschätzung unterschieden: x
VWQ I: Erreichte Istwerte Letzte Bewertung der abgebenden Bank.
x
VWQ II: Erreichte Istwerte Gerichtlicher Verkehrswert.
x
VWQ III: Erreichte Istwerte Gutachtenwert der BAG Wert bzw. des technischen Büros.
x
VWQ IV: Erreichte Istwerte [nomineller Grundschuldbetrag ./. Vorlasten].
173
6.2
Deskriptive Analyse
6.2.1 Werteinschätzungen Bevor die Ausprägungen relevanter Kennzahlen und die Verteilung der VWQs I bis IV untersucht werden, beschäftigt sich dieser Abschnitt mit der Analyse der jeweiligen Werteinschätzungen (Tabelle 31),483 d.h. ohne quotenmäßigen Bezug zu den erreichten Istwerten. Dies geschieht, um einen besseren Eindruck von den Daten zu bekommen und die folgenden Auswertungen effektiver beurteilen zu können. N Letzte Bewertung abgebende Bank in T-Euro
Minimum
Maximum
Mittelwert Median
Standardabweichung
1.120
0
ca. 8.000
108
40
322
Gerichtlicher Verkehrswert in T-Euro
666
0
ca. 4.500
251
129
430
Wert des technischen Büros in T-Euro
739
0
ca. 14.000
186
80
581
ca. 1
ca. 22.000
395
143
1.197
Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro
1.063
Tabelle 31: Werteinschätzungen der Grundpfandrechte.
Die Werte der zu verwertenden Immobilien weisen eine große Bandbreite auf. Das teuerste Objekt bewertete die abgebende Bank letztmalig mit ca. 8 Mio. Euro, während das technische Büro den Wert sogar auf ca. 14 Mio. Euro schätzte. Den höchsten gerichtlichen Verkehrswert i.H.v. ca. 4,5 Mio. Euro erhielten zwei Objekte in ostdeutschen Großstädten. Daneben existiert eine Vielzahl von Objekten, die von der abgebenden Bank (206 Objekte [18,39% aller 1.120 Objekte]), durch den gerichtlichen Gutachter im Zwangsversteigerungsverfahren (drei Objekte [0,45% der 666 Objekte mit gerichtlichem Verkehrswert]) oder die Gutachter des technischen Büros (39 Objekte [5,28% der 739 Objekte mit Werteinschätzung des technischen Büros]) als wertlos bzw. mit einem symbolischen Wert bis 10 Euro eingestuft wurden. Die hohe Anzahl von Objekten mit einer letzten Bewertung kleiner als 10 Euro im Vergleich zu den Werteinschätzungen der Gutachter resultiert aus der Berücksichtigung von Vorlasten im Grundbuch, die im gutachterlichen Verkehrswert i.d.R. keine Berücksichtigung finden. 483
Der nominelle Grundschuldbetrag sowie eventuelle valutierende Vorlasten, die u.a. der Berechnung der VWQ IV dienen, werden in Abschnitt 5.7.2 in Zusammenhang mit den anderen möglichen Kontrollfaktoren untersucht.
174 174
Interessant ist die Tatsache, dass Median (129 T-Euro) und Mittelwert (251 T-Euro) der Wertermittlung durch den gerichtlichen Gutachter deutlich höher sind als die durchschnittliche Einschätzung durch die Gutachter des technischen Büros (Median 80 TEuro, Mittelwert 186 T-Euro), obwohl beide Gutachter den grundsätzlich gleich definierten Immobilienwert – nämlich den Verkehrswert eines Objekts484 – ermitteln. Die auffällige Differenz zwischen beiden Werten, die sich auf Ebene der Einzelobjekte überwiegend bestätigt und nicht nur durch wenige Ausreißer getrieben wird, kann einerseits durch unterschiedliche Bewertungszeitpunkte und andererseits durch systematische Über- bzw. Unterschätzungen erzielbarer Ist-Werte erklärt werden. Auf dieses Phänomen wird ausführlich bei der Analyse der Verwertungsquoten eingegangen.485
250
Anzahl
200
150
100
50
0,00
250,00
500,00
750,00
1000,00
Abbildung 25: Letzte Bewertung der abgebenden Bank in T-Euro. (Die 15 Objekte, deren letzte Bewertung durch die abgebende Bank größer als 1 Mio. Euro ist, sind zur besseren Übersichtlichkeit nicht integriert.)
Die Tatsache, dass der Median bei allen drei Werteinschätzungen deutlich geringer als der Mittelwert ist, deutet auf eine rechtsschiefe bzw. linkssteile Verteilung hin, die durch einige wenige Großobjekte nach rechts verzerrt wird. Dies wird durch die Betrachtung der entsprechenden Histogramme (Abbildung 25, Abbildung 26 und Abbildung 27) unterstützt. 484 485
Zur Definition des Verkehrswerts vgl. Abschnitt 3.3.4.1. Vgl. Abschnitt 6.2.
175
40
Anzahl
30
20
10
0,000
250,000
500,000
750,000
1000,000
Abbildung 26: Gerichtlicher Verkehrswert in T-Euro. (Die 23 Objekte, deren gerichtlicher Verkehrswert größer als 1 Mio. Euro ist, sind zur besseren Übersichtlichkeit nicht integriert.)
50
Anzahl
40
30
20
10
0,000
250,000
500,000
750,000
1000,000
Abbildung 27: Wert des technischen Büros in T-Euro. (Die 14 Objekte, deren Wert durch das technische Büro größer als 1 Mio. Euro ist, sind zur besseren Übersichtlichkeit nicht integriert.)
176 176
6.2.2 Verwertungsquoten Die oben definierten und erläuterten Verwertungsquoten von immobilen Kreditsicherheiten sind in Tabelle 32 dargestellt. Wie bereits in Kapitel 5 werden nur Verwertungsfälle betrachtet, die nicht mit Hilfe von Ratenzahlungs-/Vergleichsvereinbarungen oder Lästigkeitsprämien abgeschlossen worden sind. In diesen Fällen werden nämlich regelmäßig die Verwertungsbemühungen hinsichtlich der verpfändeten Immobilie eingestellt. Außerdem werden bei der Untersuchung der einzelnen Definition VWQ I bis VWQ IV und der Berechnung der entsprechenden Kennzahlen jeweils die SicherheitenVerwertungsquoten ausgeschlossen, die größer als 10 sind. Diese Werte würden sonst zu extremen Verzerrungen führen. Die ausführliche Begründung dieser Vorgehensweise kann in Abschnitt 5.2 nachgelesen werden.
VWQ I
N
VWQ II (Gerichtlicher Verkehrswert)
VWQ III (Wert technisches Büro)
VWQ IV (Nom. Grundschulden ./. Vorlasten)
986
654
658
993
Mittelwert
0,6185
0,3835
0,5674
0,2625
Median
0,2772
0,4402
0,5620
0,0660
Standardabweichung
0,8117
0,3982
0,5983
1,0892
Minimum
0,0000
0,0000
0,0000
-23,9540
Maximum Perzentile
7,4258
5,0000
4,7571
9,9789
25
0,0000
0,0000
0,0000
0,0000
50
0,2772
0,4402
0,5620
0,0660
75
1,0384
0,6823
0,9617
0,4811
486
Tabelle 32: Deskriptive Statistik „Verwertungsquoten“.
Die mittleren Verwertungsquoten unterscheiden sich je nach Definition deutlich voneinander. Im Durchschnitt werden 61,85% der letzten Bewertung der abgebenden Bank aus einem immobilen Objekt erlöst, 38,35% des gerichtlichen Verkehrswerts können im Mittelwert erzielt werden. Nach erfolgreichem WOP können ca. 56,74% des durch das technische Büro geschätzten Werts aus der verpfändeten Sicherheit eingetrieben werden. Auf Basis einer Beurteilung der erreichten Istwerte im Verhältnis zu den nominel-
486 Die Anzahl der gültigen Fälle ist neben den oben erläuterten Selektionskriterien (VWQ < 10 und Zahlungseingang nicht aus Ratenzahlungen, Vergleich oder Lästigkeitsprämie) vom Vorliegen der entsprechenden Werteinschätzungen abhängig: Die VWQ II kann naturgemäß nur berechnet werden, wenn ein gerichtlicher Verkehrswert vorliegt, die VWQ III nur bei Vorliegen einer Wertermittlung durch das technische Büro bzw. die BAG-Wert, die VWQ IV nur mit nominellem Grundschuldbetrag und entsprechenden Vorlasten.
177
len Grundschulden (abzüglich Vorlasten) kann durchschnittlich eine Erlösquote von 26,25% realisiert werden. Die entsprechenden Mediane und die 75%-Quartile weichen – mit Ausnahme der VWQ III – deutlich von den Mittelwerten ab, was auf eine schiefe Verteilung hindeutet, die im Folgenden für jede VWQ-Definition im Einzelnen ausführlich untersucht wird. Das Minimum der VWQs und das 25%-Quartil liegen grundsätzlich bei 0, d.h. aus dem Grundpfandrecht kann in mehr als 25% der schlechtesten Fälle kein Erlös generiert werden. Nur bei der VWQ IV ist das Minimum negativ. Eine negative VWQ IV liegt vor, wenn die valutierenden Vorlasten größer sind als die nominellen Grundschulden. Die Maxima der VWQ liegen – beeinflusst durch die willkürliche Einschränkung auf Werte kleiner als 10 – bei 7,4258, 5,0000, 4,7571 und 9,9789. Dies bedeutet exemplarisch, dass im extremsten, besten Fall fast das 5-fache des gerichtlichen Verkehrswerts aus der Immobilienverwertung erzielt werden konnte – genauer gesagt das 4,7571-fache des von den Gutachtern des technischen Büros geschätzten Werts. Im Folgenden (Abschnitte 6.2.2.1 bis 6.2.2.5) werden die einzelnen Verwertungsquoten deskriptiv genauer analysiert. 6.2.2.1 VWQ I Eine detaillierte Betrachtung der VWQ I (Bezug: Letzte Bewertung der abgebenden Bank) führt zu folgendem Histogramm (Abbildung 28) im Wertebereich von 0 bis 5. Die Anzahl der Fälle, in denen kein Erlös aus der Immobilienverwertung erzielt werden konnte und die VWQ I somit 0 ist, geht über den Darstellungsbereich des Histogramms hinaus und liegt bei 458 (46,5%). Der Modus und das 25%-Quartil sind daher ebenfalls 0. Dementsprechend liegt der Median der VWQ I knapp über 0, genauer gesagt bei 0,2772. Im Mittelwert wird eine VWQ I von 0,6185 erreicht, d.h. 61,85% des von der abgebenden Bank geschätzten Werts konnten tatsächlich erzielt werden. Die Differenz zwischen Median und Mittelwert sowie die hohe Standardabweichung von 0,8117 deuten daraufhin, dass es – trotz der Beschränkung auf Werte bis 10 – viele Werte mit relativ hohen Verwertungsquoten gibt.
178 178
458 100
Anzahl
75
50
25
0 1,0
2,0
3,0
4,0
Abbildung 28: VWQ I.
Unter Ausschluss der 458 Fälle, in denen kein Verwertungserlös erzielt werden konnte, ergibt sich die in Tabelle 33 zusammengefasste, deskriptive Statistik. VWQ I N
VWQ I (ohne Nullwerte)
VWQ I (mit Vorlasten)
VWQ I (ohne Vorlasten)
986
528
237
556
0,6185
1,1550
0,3334
0,7436
Median
0,2772
1,0042
0,0000
0,6915
Standardabweichung
0,8117
0,7814
0,6422
0,8294
Minimum
0,0000
0,0000
0,0000
0,0000
Mittelwert
Maximum Perzentile
7,4258
7,4258
3,4119
7,4258
25
0,0000
0,7358
0,0000
0,0000
50
0,2772
1,0042
0,0000
0,6915
75
1,0384
1,3374
0,5591
1,1070
Tabelle 33: Deskriptive Statistik VWQ I (Basis: Letzte Bewertung der abgebenden Bank).
Der Mittelwert aller Immobilien, die tatsächlich verwertet werden konnten, liegt bei 1,1550, d.h. das verwertende Kreditinstitut erzielte im Durchschnitt 115,50% der letzten Bewertung der abgebenden Bank. Auch der Median liegt mit 1,0042 leicht über 100%.
179
Neben der ausführlichen Analyse der VWQ I aller tatsächlich verwerteten Immobilien ist die spezifische Auswertung der Fälle mit bzw. ohne Vorlasten interessant.487 Zwar liegen die 25%- und 75%-Quartile der Fälle ohne Vorlasten im Vergleich zu den Gesamtdaten relativ nah beieinander, aber der Mittelwert und Median der 556 Fälle, die nicht durch grundpfandrechtliche Vorlasten eingeschränkt waren, ist mit 0,7436 bzw. 0,6915 höher als in der Gesamtschau der vorbelasteten Grundpfandrechtsfällen. Besonders deutlich ist der Unterschied beim Median. Die 237 Fälle mit valutierenden Vorlasten zeigen dagegen bei allen Kennzahlen deutlich niedrigere Werte. Es ist daher anzunehmen, dass einerseits viele Grundpfandrechte mit Vorlasten zu gar keinen Zahlungseingängen geführt haben bzw. die Verwertung in Fällen mit Vorlasten insgesamt gegenüber erstrangigen Verwertungen erschwert war oder die Existenz von Vorlasten nicht adäquat in der letzten Bewertung der abgebenden Bank berücksichtigt wurde.
198 100
Anzahl
75
50
25
0 1,0
2,0
3,0
4,0
Abbildung 29: VWQ I (ohne Vorlasten).
487 Die Unterfälle mit (237) bzw. ohne (556) Vorlasten addieren sich nicht zu allen 986 Fällen, da 193 Fälle existieren, in denen die Höhe der valutierenden Vorlasten nicht ermittelt werden konnte. Dies ist in Fällen möglich, bei denen der Rang der BAG-eigenen Grundschuld unbekannt, nachrangig oder vor- und nachrangig mit Zwischenrängen ist.
180 180
Abbildung 29 fasst die Fälle ohne Vorlasten in einem Histogramm für die VWQ I im Wertebereich 0 bis 5 zusammen. Trotz erstrangiger Besicherung existieren noch 198 Fälle, in denen kein Zahlungseingang realisiert werden konnte. 6.2.2.2 VWQ II Die VWQ II setzt die erreichten Istwerte ins Verhältnis zum gerichtlichen Verkehrswert und beinhaltet somit nur Fälle, in denen überhaupt ein gerichtlicher Verkehrswert ermittelt wurde. Dies sind Sicherheitenverwertungen, bei denen die Zwangsversteigerung beim zuständigen Amtsgericht beantragt wurde – unabhängig davon, ob und in welcher Form letztendlich eine Verwertung erfolgen konnte. Die Ergebnisse sind in Tabelle 34 abgebildet. Bei Betrachtung aller Fälle (d.h. inkl. aller „Nullwerte“ und sowohl welche mit als auch ohne valutierende Vorlasten) liegt die auf diese Weise ermittelte VWQ II im Mittel bei 0,3835, der Median beträgt 0,4402. Auffällig ist die vergleichsweise geringe Standardabweichung von 0,3982, die aus der geringeren Anzahl und Extremität von Ausreißern in den Verwertungsfällen resultiert. Dies ist auch im folgenden Histogramm (Abbildung 30) im Wertebereich zwischen 0 und 5 erkennbar. VWQ II (Gerichtlicher Verkehrswert) N
VWQ II (ohne Nullwerte)
VWQ II (mit Vorlasten)
VWQ II (ohne Vorlasten)
654
414
156
393
Mittelwert
0,3835
0,6058
0,1805
0,4616
Median
0,4402
0,6521
0,0000
Standardabweichung
0,3982
0,3402
0,4611
0,5926 0,3514
Minimum
0,0000
0,0000
0,0000
0,0000
Maximum
5,0000
5,0000
5,0000
2,3996
25
0,0000
0,4981
0,0000
0,0000
50
0,4402
0,6521
0,0000
0,5926
75
0,6823
0,6963
0,2576
0,6934
Perzentile
Tabelle 34: Deskriptive Statistik VWQ II (Basis: Gerichtlicher Verkehrswert).
Die Anzahl der Fälle, in denen kein Erlös erzielt werden konnte, geht über den Wertbereich des Histogramms hinaus und liegt bei 240 Fällen (36,59% der VWQ II). Bleiben die Fälle unberücksichtigt, in denen keine Zahlungseingänge aus der Grundschuld realisiert werden konnten, ergeben sich naturgemäß höhere Werte in der deskriptiven Statistik (u.a. Mittelwert 0,6058; Median 0,6521).
181
Die auffällige Häufung der realisierten VWQs II im Bereich von 0,7 ist dadurch erklärbar, dass dem Kreditnehmer bei Rettungserwerben gemäß der Befriedigungsfiktion aus §74b ZVG – unabhängig vom tatsächlichen Versteigerungszuschlag – 7/10 des gerichtlichen Verkehrswerts gutgeschrieben werden müssen.
240 150
Anzahl
100
50
0 1,0
2,0
3,0
4,0
Abbildung 30: VWQ II (alle Fälle).
Da der gerichtliche Verkehrswert eventuelle, von der Bank zu beachtende Vorlasten anderer Gläubiger nicht berücksichtigt, sondern nur den Verkehrswert des Objekts zu einem bestimmten Stichtag ermittelt, kann die Aussagekraft der obigen Ergebnisse zur VWQ II beschränkt sein. Daher werden die Unterfälle mit bzw. ohne Vorlasten getrennt analysiert.488 Werden nur die Fälle, in denen keine Vorlasten die Verwertungsquote der Bank negativ beeinflussen können, untersucht, ergeben sich ein erwartungsgemäß leicht höherer Mittelwert von 0,4616 und ein Median von 0,5926. Kaum überraschend verringert sich bei dieser Teilbetrachtung die Standardabweichung geringfügig von 0,3982 auf 0,3514. Trotz erstrangiger Stellung im Grundbuch gibt es auch in dieser Teilstichprobe 105 Fälle (26,72%), in denen das Objekt nicht verwertet werden konnte (VWQ II = 0). Die Ergebnisse der Fälle mit Vorlasten sind erwartungsgemäß deutlich geringer: 25%488 Dass sich die Unterfälle mit bzw. ohne Vorlasten (156 bzw. 393) nicht zur Gesamtzahl der Fälle von 654 addieren, liegt an 105 Fällen, in denen die Höhe der Vorlasten nicht ermittelt werden konnte.
182 182
Quartil und Median haben bei diesen Teilfällen den Wert 0,0000, das 75%-Quartil liegt bei 0,2576. Im Mittel konnten nur 18,05% des gerichtlichen Verkehrswerts erzielt werden.489 Die gesamte Verteilung der VWQ II ohne Vorlasten zeigt Abbildung 31 in Form eines Histogramms.
100
Anzahl
75
50
25
0 1,00
2,00
3,00
4,00
Abbildung 31: VWQ II (Fälle ohne Vorlasten).
6.2.2.3 VWQ III Die VWQ III, der als Basis der Wert des technischen Büros – also der bankinternen Schätzung des Immobilienwerts – zugrunde liegt, kann naturgemäß nur für diejenigen Fälle gebildet werden, in denen das technische Büro mit der Wertermittlung beauftragt wurde (und der ermittelte Wert in den Datenbanksystemen recherchierbar war). Dies verzerrt die Datenauswahl in zweierlei Hinsicht systematisch: erstens wird eine Wertermittlung durch das bankinterne technische Büro nur ab einem bestimmten Mindestobjektwert angefordert; zweitens in bestimmten Wertbereichen nur dann, wenn kein externes Gutachten vorliegt und die letzte Bewertung der abgebenden Bank länger als zwei 489
Die vergleichsweise hohe Standardabweichung ist durch den hohen Ausreißer bei einer VWQ II von 5,0000 zu erklären.
183
Jahre zurückliegt. Daneben kann eine Bewertung durch das technische Büro aus besonderem Anlass angefordert werden. Was diese systematische Auswahl der berechenbaren VWQ III für Auswirkungen hat, lässt sich zu diesem Zeitpunkt der Analyse noch nicht präzisieren.490 Tabelle 35 fasst die deskriptiven Statistiken für die VWQ III zusammen. VWQ III (Wert technisches Büro) N
VWQ III (ohne Nullwerte)
VWQ III (mit Vorlasten)
VWQ III (ohne Vorlasten)
658
410
158
405
Mittelwert
0,5674
0,9106
0,2212
0,6844
Median
0,5620
0,8863
0,0000
Standardabweichung
0,5983
0,5117
0,4439
0,7406 0,5894
Minimum
0,0000
0,0000
0,0000
0,0000
Maximum
4,7571
4,7571
2,7115
4,7571
25
0,0000
0,6150
0,0000
0,0000
50
0,5620
0,8863
0,0000
0,7406
75
0,9617
1,1221
0,2887
1,0303
Perzentile
Tabelle 35: Deskriptive Statistik VWQ III (Basis: Wert des technischen Büros).
248
Anzahl
40
30
20
10
1,0
2,0
3,0
4,0
Abbildung 32: VWQ III (alle Fälle). 490
Es kann herausgestellt werden, dass die Werteinschätzungen des Objekts positiv mit der Verwertungsquote korreliert sind, d.h. teure bzw. für wertvoll erachtete Objekte erzielen tendenziell höhere Verwertungsquoten. Dieses Ergebnis deutet an, dass die VWQ III nach oben verzerrt sein könnte, da regelmäßig nur für Objekte ab einem Mindestwert von 50 T-Euro Gutachten erstellt werden und somit die VWQ III ermittelbar ist.
184 184
Die Untersuchung aller 658 Fälle, in denen das technische Büro einen Wert ermittelte, führt zu einem Mittelwert der VWQ III von 0,5674 und einem Median von 0,5620. Die Standardabweichung ist mit einem Wert von 0,5983 relativ hoch. Wie das 25%Perzentil (0,000) und Abbildung 32 bereits andeuten, gibt es hier ebenfalls eine Vielzahl von Fällen (248, 37,69%), in denen keine Erlöse erzielt werden konnten. Da die Ermittlung des Verkehrswerts durch das technische Büro eventuelle, wertmindernde grundbuchliche Vorlasten nicht berücksichtigt, werden nun ausschließlich diejenigen Fälle betrachtet, in denen keine valutierenden Vorlasten anderer Gläubiger auf dem zu verwertendem Objekt liegen, bzw. ausschließlich Fälle mit Vorlasten.491 Bei fast unveränderter Standardabweichung (0,5894) erhöhen sich der Mittelwert bei den Fällen ohne einschränkende Vorlasten der VWQ III auf 0,6844 und der Median auf 0,7406. Mit Vorlasten verringern sich diese Kennzahlen auf 0,2212 bzw. 0,0000. Die Verteilung der VWQ III ohne Vorlastenfälle ist in Abbildung 33 dargestellt. Es bleibt zu erwähnen, dass es bei Fällen ohne grundbuchliche, valutierende Vorlasten insgesamt 113 Fälle (27,90% der vorlastenfreien Fälle) zu verzeichnen gibt, die keinen Verwertungserlös erzielen konnten (VWQ III = 0,00).
113
40
Anzahl
30
20
10
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
4,5
Abbildung 33: VWQ III (Fälle ohne Vorlasten). 491
In 95 Fällen konnte die Höhe der valutierenden Vorlasten nicht ermittelt werden.
185
Im Vergleich der Mediane, Mittelwerte und Verteilungen der VWQ II und III ist die Tendenz erkennbar, dass die gerichtlichen Verkehrswerte deutlich über denjenigen des technischen Büros liegen. Es wird deutlich, dass beide Expertengruppen den erzielbaren Verwertungserlös aus einer Immobilie tendenziell deutlich überschätzen, d.h. die VWQ II und III liegen im Mittel bei 0,3835 bzw. 0,5674 und damit wesentlich unter 1. Die Mediane liegen unter 60%. Die gerichtlichen Gutachter überschätzen den am Markt erzielbaren, aktuellen Wert dabei wesentlich stärker als die Gutachter des technischen Büros – d.h. die VWQs II sind tendenziell geringer als die VWQs III. Dieses bemerkenswerte Ergebnis ist robust, wenn nur Immobilienverwertungen betrachtet werden, bei denen keine Vorlasten für Drittgläubiger die Verwertung des Objekts beeinträchtigen oder bei denen überhaupt ein positiver Istwert aus der Verwertung erzielt werden konnte. 6.2.2.4 VWQ IV
N
VWQ IV (Nom. Grundschulden ./. Vorlasten)
VWQ IV (ohne Nullwerte)
VWQ IV (mit Vorlasten)
VWQ IV (ohne Vorlasten)
993
556
246
577
Mittelwert
0,2625
0,4688
0,0498
0,3369
Median
0,0660
0,4299
0,0000
Standardabweichung
1,0892
1,4226
2,0709
0,2554 0,3805
Minimum
-23,9540
-23,9540
-23,9540
0,0000
Maximum
9,9789
9,9789
9,9789
2,6404
25
0,0000
0,2225
0,0000
0,0000
50
0,0660
0,4299
0,0000
0,2554
75
0,4811
0,6862
0,0000
0,5424
Perzentile
Tabelle 36: Deskriptive Statistik VWQ IV (Basis: Nomineller Grundschuldbetrag ./. Vorlasten).
Die VWQ IV (Tabelle 36) als Quotient der erzielten Einzahlungen und der nominellen Grundschuld abzüglich eventueller grundpfandrechtlicher Vorlasten ist schwer zu interpretieren: einerseits da nominelle Grundschulden durch Grundbuchzinsen erhöht werden können492 oder durch geringere tatsächliche Forderungen vermindert sein können, andererseits da von diesen nominellen Werten real valutierende Vorlasten in Abzug
492
Daraus können die VWQ IV > 1 erklärt werden, d.h. in diesen Fällen ist mehr erlöst worden, als die nominelle Forderung aus dem Grundbuch vermuten ließe.
186 186
gebracht werden.493 Sind außerdem die Vorlasten höher als die bankeigene, zu verwertende Grundschuld und wurde trotzdem ein Verwertungserlös erzielt, wird die Verwertungsquote automatisch negativ. Dies ist in Abbildung 34 an dem Wertebereich von -5 bis 0 zu erkennen. Die Anzahl der Fälle, in denen keine Erlöse erzielt werden konnten (VWQ IV = 0), übersteigt mit 437 (43,79%) den Wertebereich des Histogramms.
437 100
Anzahl
75
50
25
0 -4,0
-2,0
0,0
2,0
4,0
Abbildung 34: VWQ IV (alle Fälle).
Insgesamt ergibt sich eine vergleichsweise niedrige mittlere Verwertungsquote von 0,2625, der Median beträgt nur 0,0660. Die extrem hohe Standardabweichung (1,0892) resultiert aus der größeren Spannbreite der Werte der VWQ IV, da diese – wie erläutert – auch (hohe) negative Werte annehmen können. Wenn ausschließlich die Fälle mit bzw. ohne Vorlasten analysiert werden,494 liegen Mittelwert bzw. Median nur bei 0,0498 und 0,0000 bzw. 0,3369 und 0,2554. Die VWQ IV liegt damit insgesamt deutlich unter den Ergebnissen der anderen Verwertungsquoten. Selbst das Histogramm ohne valutierende Vorlasten (Abbildung 35) macht deutlich, 493
Diese Definition der VWQ einer Immobiliensicherheit wird an dieser Stelle trotzdem kurz analysiert; einerseits aus Gründen der Vollständigkeit, da die nominelle Grundschuld wie die letzte Bewertung der abgebenden Bank, der gerichtliche Verkehrswert und der Wert des technischen Büros ein Anhaltspunkt für die Werteinschätzung einer Immobiliensicherheit sein können, und andererseits wertvolle Erkenntnisse hinsichtlich des Einflusses von Grundschuldbeträgen und Vorlasten nicht auszuschließen sind. 494 In 175 Fällen konnte die Höhe der valutierenden Vorlasten nicht ermittelt werden.
187
dass in nur sehr wenigen Fällen Verwertungsquoten IV um 1 erzielt werden konnten; in 192 Fällen konnte trotz erstrangiger Ansprüche kein Zahlungseingang festgestellt werden. Die 75%-Perzentile liegen lediglich bei 0,0000 (mit Vorlasten), 0,4811 (alle Fälle) bzw. 0,5424 (ohne Vorlasten). Dies deutet darauf hin, dass der eingetragene Grundschuldbetrag oft weit über dem tatsächlichen Objektwert liegt. Obwohl es allgemein übliche Bankpraxis ist, dass sich der nominelle Grundschuldbetrag eher am Kreditbetrag als an einer Einschätzung des Objektwerts orientiert,495 sind zumindest diese extremen Unterschiede zwischen Einzahlungserlösen und ursprünglicher Grundschuld überraschend.496
192
Anzahl
40
30
20
10
0,00
0,50
1,00
1,50
2,00
2,50
Abbildung 35: VWQ IV (Fälle ohne Vorlasten).
Bei Betrachtung der Fälle, in denen ein positiver Istwert erzielt werden konnte (VWQ IV ohne Nullwerte), erhöhen sich die durchschnittlich erzielten Verwertungsquoten auf 0,4688 im Mittel (obwohl die Minimum- und Maximum-Werte identisch extrem bleiben). In der Hälfte der Fälle ist die Erlösquote allerdings immer noch geringer als
495
Vgl. Salomo/Eisenlohr 2001, S. 842. Teilweise könnte dieser Effekt dadurch erklärt werden, dass die ausstehende Restschuld bei Verwertung geringer ist als der bei Kreditvergabe eingetragene, ursprüngliche Kreditbetrag. Dann existiert im Rahmen der Grundschuld-Verwertung aufgrund des fiduziarischen Charakters der Grundschuld nur ein entsprechend geringerer Anspruch.
496
188 188
42,99% und somit relativ zu den eingetragenen Grundschulden (abzüglich Vorlasten) niedrig. 6.2.2.5 Ausgewählte Spezialfragen Nach dieser ausführlichen Analyse der unterschiedlichen Verwertungsquoten in den Abschnitten 6.2.2.1 bis 6.2.2.4 werden nun drei Variationen bzw. Spezialfragestellungen vorgestellt: 1) Analyse der Verwertungsquoten gewichtet mit ihrem jeweiligen Bezugswert. 2) Analyse der VWQ I mit diskontierten Endwerten anstatt nominellen erreichten Istwerten. 3) VWQ I im Zeitablauf.
1)
Analyse der Verwertungsquoten gewichtet mit ihrem jeweiligen Bezugs-
wert, also mit der letzten Bewertung der abgebenden Bank bei VWQ I, mit dem gerichtlichen Verkehrswert bei der VWQ II, mit dem Wert des technischen Büros bei der VWQ III und mit dem nominellen bankeigenen Grundschuldbetrag abzüglich der valutierenden Vorlasten bei der VWQ IV.497 Wie Tabelle 37 zeigt, liegt die wertmäßig gewichtete VWQ bei fast allen Definitionen deutlich oberhalb der ungewichteten mittleren VWQ (Ausnahme VWQ II). Dies deutet darauf hin, dass die Verwertungsquoten von teuren, d.h. von der abgebenden Bank (VWQ I) oder den Gutachtern des technischen Büros (VWQ III) wertmäßig hoch eingeschätzten Objekten oder solchen Objekten, bei denen netto hohe Grundschuldbeträge zur Verwertung stehen (VWQ IV), tendenziell eine höhere Verwertungsquote erzielen als minderwertige bzw. als minderwertig eingeschätzte Objekte. Grund für diese Feststellung könnte sein, dass die Verwertungsbemühungen bei hochpreisigen bzw. für die Bank wertvollen Objekten höher sind und somit eine höhere Verwertungsquote erzielt
497
Beispielhaft an der VWQ I bzw. der letzten Bewertung der abgebenden Bank erklärt, bedeutet „Gewichtet mit dem jeweiligen Wertmaßstab“ Folgendes: 1. wurde die Gesamtsumme der letzten Bewertungen der abgebenden Bank ermittelt, 2. wurde ein Gewichtungsfaktor als Quotient aus der letzten Bewertung der abgebenden Bank im jeweiligen Fall und der Gesamtsumme aller letzten Bewertungen ermittelt, 3. wurde die vorliegende Verwertungsquote des jeweiligen Falls mit dem in (2) berechneten Gewichtungsfaktor multipliziert und 4. wurde aus allen so ermittelten (Verwertungsquoten * Gewichtungsfaktor) der Mittelwert gebildet.
189
werden kann. Andererseits wäre es möglich, dass hochwertige Immobilien marktgängiger sind und daher häufiger die ursprünglichen Werteinschätzungen übertreffen. Mittelwert VWQ I
0,6185
VWQ I gewichtet
0,8954
VWQ II
0,3835
VWQ II gewichtet
0,3794
VWQ III
0,5674
VWQ III gewichtet
0,6322
VWQ IV
0,2625
VWQ IV gewichtet
0,4287
Tabelle 37: Deskriptive Statistik „Gewichtete Verwertungsquoten“.
Lediglich bei der Berechnung der VWQ II als Quotient der Zahlungseingänge auf eine immobile Grundschuld im Verhältnis zum gerichtlichen Verkehrswert ist kaum ein Unterschied der wertmäßig gewichteten bzw. ungewichteten Verwertungsquoten festzustellen. Mögliche Erklärung hierfür ist, dass im gerichtlichen Zwangsversteigerungsprozess, in dem die meisten dieser Immobilien umgeschlagen werden, unabhängig von der Höhe des Objektwerts von den Bietern Abschläge auf den gerichtlichen Verkehrswert vorgenommen werden. Insbesondere die gesetzlichen Mindestgebote von 50% bzw. 70% des Verkehrswerts sind hierbei relevant.
2) Analyse der VWQ I mit diskontierten Endwerten anstatt nominellen erreichten Istwerten. Um den Effekt des unterschiedlichen zeitlichen Anfalls der Zahlungseingänge aus der Immobilienverwertung abbilden zu können, wird im Folgenden die VWQ I (Basis: letzte Bewertung der abgebenden Bank) nicht aus den nominellen Zahlungseingängen, sondern aus den diskontierten Endwerten berechnet. Die Diskontierung erfolgt hierbei auf den Ablauf der dreijährigen Bearbeitungsfrist nach Übertrag des Kreditengagements. Konnten Zahlungseingänge aus der Immobilienverwertung vor Ablauf von 36 Monaten erzielt werden, werden die Zahlungseingänge entsprechend der Restlaufzeit aufgezinst.
190 190
Erfolgten die Zahlungseingänge dagegen erst nach Ende der 36-Monats-Frist, werden diese auf das Ende der 36-Monats-Frist abgezinst. Wie in Tabelle 38 zu erkennen ist, liegt der Mittelwert der so berechneten VWQ I (Endwert) bei 0,6223. Insgesamt existieren 456 Fälle (46,45%), in denen keine Zahlungseingänge erzielt werden konnten, so dass der häufigste Wert (Modus) sowie das 25%-Quartil bei 0,0000 liegen und der Median 0,2746 beträgt. VWQ I N
VWQ I (Endwert)
986
982
Mittelwert
0,6185
0,6223
Median
0,2772
0,2746
Standardabweichung
0,8117
0,8202
Minimum
0,0000
0,0000
Maximum
7,4258
7,3382
0,0000
0,0000
25 Perzentile
50
0,2772
0,2746
75
1,0384
1,0610
Tabelle 38: Deskriptive Statistik „VWQ I Endwert“.
Verglichen mit den Ergebnissen für die VWQ I mit nominellen Zahlungseingängen lassen sich kaum Unterschiede in den deskriptiven Daten feststellen. Die Mittelwerte, Mediane, Standardabweichungen und sonstigen Kennzahlen unterscheiden sich nur marginal. Ebenso bei Betrachtung des Histogramms der diskontierten VWQ I (Endwert) (Abbildung 36) im Vergleich mit dem der undiskontierten VWQ I (Abbildung 28) sind keine wesentlichen Unterschiede in der Verteilung der Verwertungsquoten zu erkennen. Dies deutet daraufhin, dass sich die Zahlungseingänge in Höhe und zeitlichem Anfall relativ gleichmäßig um das Ende der 36-monatigen Bearbeitungsfrist verteilen, so dass sich Auf- und Abzinsungen ausgleichen.498
498
Trotzdem ist mit dieser rein deskriptiven Analyse der Einfluss des zeitlichen Anfalls der Zahlungseingänge noch nicht eindeutig und vollständig geklärt, da negative Effekte durch „verspätet“ abgeschlossene Workouts durch positive Effekte in „verfrühten Fällen“ ausgeglichen worden sein könnten. In den multivariaten Regressionsanalysen zur Erklärung der Einflussfaktoren der immobilen SicherheitenVerwertungsquote werden Robustness-Checks mit der VWQ I Endwert als abhängiger Variable durchgeführt, um mögliche mehrdimensionale Effekte des zeitlichen Anfalls des Zahlungseingangs zu berücksichtigen.
191
456
Anzahl
40
30
20
10
1,0000
2,0000
3,0000
4,0000
Abbildung 36: VWQ I Endwert (alle Fälle).499
3)
VWQ I im Zeitablauf
Start der Verwertung durch BAG in …
N
WOP-Dauer
VWQ I
VWQ I Endwert
Wachstum BIP ggü. Vorjahr in %
Inflationsrate in % p.a.
Arbeitslosenquote in % p.a. 10,50%
1999
65
-17,1
0,5402
0,5107
2,40%
0,60%
2000
273
-11,9
0,5767
0,5629
2,51%
1,40%
9,60%
2001
121
-2,7
0,7513
0,7173
2,46%
1,90%
9,40%
2002
211
8,1
0,7398
0,7513
1,42%
1,50%
9,80%
2003
183
15,2
0,5392
0,5608
0,85%
1,00%
10,50%
2004
96
19,8
0,5106
0,5586
2,11%
1,70%
10,50%
2005
37
24,0
0,6106
0,6515
1,53%
1,50%
11,70%
Tabelle 39: VWQ I und VWQ I (Endwert) im Zeitablauf.
Anhand der Variable „RLZ letzter Zahlungseingang“ wird in Tabelle 39 deutlich, dass Kredite, deren Verwertung 1999 gestartet wurde, die längsten Bearbeitungszeiten haben: Durchschnittlich konnte erst gut 53 Monate (4 Jahre und 5 Monate) nach WOP-
499
In 456 Fällen konnte kein Zahlungseingang realisiert werden.
192 192
Beginn (36 Monate Bearbeitungszeit + 17,1 Monate RLZ), d.h. in 2003, der Zahlungseingang aus der Immobilienverwertung erzielt werden. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Kredite aus dem Ankaufsjahr 2002 beträgt dagegen nur knapp 28 Monate (36 Monate Bearbeitungszeit – 8,1 Monate RLZ), d.h. zwei Jahre und vier Monate. Dass die durchschnittliche Restlaufzeit in der Tendenz zunimmt, ist nicht verwunderlich. Da nur als abgeschlossen eingeschätzte Verwertungen untersucht werden (Stichtag: Mai 2007), sind unter allen Kreditankäufen aus 2005 bisher nur diejenigen Sicherheitenverwertungen enthalten, die sehr schnell umgeschlagen werden konnte. Ein Großteil dieser Sicherheiten aus 2005 ist noch im laufenden WOP und damit nicht im untersuchten Datensatz enthalten. Dagegen sind seit Ankauf und Beginn des WOPs in 1999 bis zum Stichtag der Datenrecherche bereits fast acht Jahre vergangen, so dass schwer verwertbare Immobilien, die erst nach langem WOP (mit einem Zahlungseingang oder erfolglos) abgeschlossen werden konnten, in diesem Jahrgangs-Sample enthalten sind. Die untersuchte VWQ I unterliegt im Zeitablauf somit deutlichen Schwankungen zwischen ihrem Tiefstmittelwert von 0,5106 in 2004 bis zum Höchstmittelwert von 0,7398 in 2002. Der Effekt der zunehmenden RLZ wird in Abbildung 37 daran offensichtlich, dass die Kurve der VWQ I auf Basis der Endwerte ab 2002 oberhalb der auf Basis der undiskontierten Zahlungseingänge liegt. Darüber hinaus zeigt die Grafik, dass die Kurven der Verwertungsquoten sich relativ parallel zur durchschnittlichen Inflationsrate im gesamten untersuchten Zeitraum bewegen. Hinsichtlich des durchschnittlichen Wachstums des BIPs ergibt sich zumindest für 2000 bis 2003 eine gleichgerichtete Entwicklung. Eine Wirkung der Arbeitslosenquote ist weder in den Daten noch in der Grafik eindeutig zu erkennen.500 Für diesen Effekt wird in den multivariaten Regressionsanalysen zur Erklärung der Einflussfaktoren der Sicherheiten-Verwertungsquote mit Hilfe von Dummyvariable für die 500
Die makroökonomischen Daten beziehen sich hierbei auf das BIP-Wachstum, die Inflationsrate bzw. die Arbeitslosenquote in Gesamtdeutschland (erst in der multivariaten Untersuchung werden die makroökonomischen Daten auf der verfeinerten Basis des Objektstandorts nach Bundesland berücksichtigt). Quelle für das BIP-Wachstum: http://www.vgrdl.de/Arbeitskreis_VGR/ergebnisse.asp#BIP [2008-04-21], Quelle für die Inflationsrate: http://www.ihk-nordwestfalen.de/volkswirtschaft_statistik/bindata/ Inflationsrate_Deutschland.pdf [2008-04-21], Quelle für die Arbeitslosenquote für 1999: Arbeitsmarkt 2001, Seite 166; Tabelle IV.B.2/Tabellenanhang, URL: http://www.pub.arbeitsamt.de/hst/services/ statistik/000100/html/jahr/arbeitsmarkt_2001_gesamt.pdf [2008-04-08], Quelle für die Arbeitslosenquote für 2000-2005: Arbeitsmarkt 2006, Seite 180; Tabelle III.B./Tabellenanhang, URL: http://www.pub.arbeitsamt.de/hst/services/statistik/000100/html/jahr/index.shtml [2008-05-08].
193
entsprechenden Ankaufsjahre kontrolliert werden. Ob darüber hinaus die makroökonomischen Rahmenbedingungen für die Verwertungsquote von Immobiliensicherheiten relevante, d.h. statistische signifikante Einflussfaktoren sind, wird detailliert im Abschnitt 7.2.1 untersucht. 0,80
3,00%
0,70
2,50%
0,60 2,00%
0,50 0,40 0,30
VWQ I VWQ I Endwert
1,50%
Arbeitslosenquote in % p.a.
1,00%
Wachstum BIP ggü. Vorjahr in % Inflationsrate in % p.a.
0,20 0,50%
0,10 0,00
0,00% 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005
Abbildung 37: Verwertungsquoten im Zeitablauf.
6.3
Begründung der Fokussierung auf die VWQ I
Für die folgenden univariaten Mittelwertvergleich und die multivariaten Analysen der potenziellen Einflussfaktoren auf die Höhe und Verteilung der Verwertungsquote wird die Definition der VWQ I (= erreichter [undiskontierter] Istwert Letzte Bewertung der abgebenden Bank) zugrunde gelegt. Dies geschieht aus folgenden Gründen: x
Die Ergebnissteuerung und das Controlling der BAG erfolgen auf Basis dieser Werte, denen somit eine hohe Relevanz und Datenqualität zugeschrieben wird.
x
Allein die Werte für die VWQ I liegen für die untersuchten immobilen Verwertungen vollständig in allen Fällen vor. Dagegen konnten nicht immer die notwendigen Grundschuldbeträge bzw. Werteinschätzungen eindeutig ermittelt werden, oder es lag keine Bewertung durch das Gericht oder das BAG-interne technische Büro vor (bspw. weil kein Zwangsversteigerungsverfahren eingelei-
194 194
tet wurde oder das Objekt aufgrund Geringwertigkeit nicht intern begutachtet wurde). x
Die letzte Bewertung der abgebenden Bank bezieht sich i.d.R. auf den wirtschaftlichen Objektwert, d.h. auf einen Wert abzüglich Vorlasten. Im Unterschied dazu berücksichtigen der gerichtliche Verkehrswert oder der Verkehrswert des technischen Büros die Vorlasten nicht unmittelbar und ein Einbezug durch einfache Subtraktion der zum Zeitpunkt der Verwertung valutierenden Vorlasten führt unter Umständen zu Verzerrungen.
Obwohl diese Vorgehensweise aus den genannten Gründen für die beste Variante gehalten wird, ergeben sich – neben den allgemeinen Anmerkungen zur Datenqualität und fehlenden Daten in den Abschnitten 5.3 und 5.4 – notwendige kritische Hinweise: x
Es ist nicht bekannt, von wann die letzte Bewertung der abgebenden Bank datiert (bspw. aus der Erstbewertung bei Kreditvergabe oder aus Folgebewertungen) und auf welcher Basis bzw. mit welcher Bewertungsmethodik (vgl. Abschnitt 3.3.4.2) diese vorgenommen wurde.
x
Die nominellen Zahlungseingänge berücksichtigen nicht den tatsächlichen Anfall der Zahlungen und den Zeiteffekt. Dies scheint aber aus Vereinfachungsgründen im Rahmen einer grundlegenden Arbeit wie dieser vertretbar, da der Zeiteffekt bei einer Betrachtung der Endwerte im Sinne des 36-monatigen Bearbeitungszeitraums wie oben dargestellt nur marginal ist.501
6.4
Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse
VWQ I
N
Grunert 2005 (alle Sicherheitenarten)
Franks/de Servigny/ Davydenko 2004 (commercial real estate)
Franks/de Servigny/ Davydenko 2004 (residential real estate)
Davydenko/ Franks 2008 (real estate)
986
132
103
19
n/a
Mittelwert
0,6185
0,6059
0,750
0,717
0,720
Median
0,2772
0,5346
0,750
0,943
n/a
Standardabweichung
0,8117
0,4605
0,564
0,403
n/a
Tabelle 40: Vergleich der Verwertungsquoten unterschiedlicher Studien.
501
Außerdem ist der Nutzen einer derartigen Genauigkeit hinsichtlich der Zahlungseingänge fraglich, solange der Zeitpunkt der letzten Bewertung nicht genau ermittelbar ist.
195
Als vergleichbare Studien zur Höhe von Sicherheiten-Verwertungsquoten in Deutschland stehen – wie im Abschnitt 2.3.2 beschrieben – die Arbeiten von Grunert 2005 und Franks/deServigny/Davydenko 2004 zur Verfügung.502 Die Ergebnisse des Vergleichs dieser und der vorliegenden Studien zeigt Tabelle 40. Während in der Studie von Grunert 2005 nicht zwischen den unterschiedlichen Sicherheitenarten unterschieden wird und in den insgesamt 132 Kreditsicherheiten nur 62 Grundpfandrechte enthalten sind,503 beziehen sich die Angaben für die Untersuchung von Franks/deServigny/Davydenko 2004 ausschließlich auf gewerbliche bzw. wohnwirtschaftliche Grundpfandrechte.504 Der Vergleich erfolgt mit Bezug auf die VWQ I, die die erreichten Ist-Werte ins Verhältnis zur letzten Bewertung der abgebenden Bank setzt. Auch die Verwertungsquoten der anderen beiden Studien beruhen auf dem Verhältnis zur Bewertung der kreditvergebenden Bank. Insgesamt steht fest, dass der Mittelwert der Sicherheiten-Verwertungsquote der vorliegenden Arbeit mit 61,79% dem Ergebnis von Grunert 2005 sehr nahe kommt. Dies gilt allerdings nicht für den Median und die Standardabweichung, was auf eine deutlich unterschiedliche Verteilung hindeutet. Während bei Grunert 2005 die Verwertungsquoten insgesamt zwischen 0% und 250% liegen und im Intervall von 0% bis 100% relativ gleichmäßig verteilt sind,505 ist die Spannbreite in dieser Arbeit mit einem Wertebereich zwischen 0% und 742% deutlich höher. Außerdem existiert in dieser Arbeit ein hoher Anteil von „Nullwerten“, bei denen kein Zahlungseingang aus der Grundschuld realisiert werden konnte. Dies erklärt den deutlich geringeren Medianwert von nur 27,11% im Vergleich zu 53,46% bei Grunert 2005. Bei der Interpretation dieser Unterschiede
502
Die Arbeit von Davydenko/Franks 2008 wird nicht in den Vergleich einbezogen, da diese eine Folgestudie zu Franks/deServigny/Davydenko 2004 auf Basis des identischen Datensatzes ist. Es wird lediglich die Höhe der Sicherheiten-Verwertungsquote angegeben (72% für Immobilienvermögen in Deutschland). Ausführliche Informationen (Verteilung, Standardabweichung, usw.) liegen nicht vor. 503 Vgl. Grunert 2005, S. 165. 504 Franks/deServigny/Davydenko 2004 beziehen sich nur auf Grundpfandrechte aus Deutschland (S. 74). Die Informationen für Verwertungen in Frankreich und im Vereinigten Königreich sind an dieser Stelle nicht aufgeführt, da diese nicht unmittelbar mit den deutschen Sicherheiten-Verwertungsquoten vergleichbar sind. Der Grund hierfür liegt laut den Autoren in den unterschiedlichen rechtlichen Stellungen des Gläubigers im Insolvenzfall (S. 6ff.) sowie an verschiedenen Intensitäten des Konservatismus und unterschiedlichen Methoden bei der Bewertung von Kreditsicherheiten. Während die Verwertungsquoten für Deutschland bspw. auf der ursprünglichen professionellen Bewertung des Objekts abzüglich bestimmter „Haircuts“ (Sicherheitsabschläge), d.h. für Grundpfandrechte auf dem Beleihungswert, beruhen, ergeben sich die Sicherheiten-Verwertungsquoten im Vereinigten Königreich aus dem Verhältnis zur professionellen Bewertung (ohne Haircuts) und in Frankreich aus dem Verhältnis zum geschätzten Markt- bzw. Verkehrswert (vgl. S. 69f.). 505 Vgl. Grunert 2005, S. 169.
196 196
darf nicht vernachlässigt werden, dass die Ergebnisse von Grunert 2005 nicht zwischen den Sicherheitenarten unterscheiden und bspw. durch besonders hohe Verwertungsquoten für Lebensversicherungen (174,88%), Festgelder (90,03%) und Forderungen (83,81%) verzerrt sind. Die durchschnittlichen Verwertungsquoten für Grundstücke und Gebäude sind bei Grunert 2005 unterdurchschnittlich und betragen nur 57,6%, ohne dass dieser Wert ausführlicher hinsichtlich Median, Standardabweichung oder sonstigen Verteilungseigenschaften untersucht wird.506 Im Vergleich zu den rein grundpfandrechtlichen Quoten nach Franks/deServigny/Davydenko 2004 sind die Sicherheiten-Verwertungsquoten dieser Arbeit tendenziell niedriger und weisen eine größere Varianz auf. Mit Werten von 75% ermitteln Franks/deServigny/Davydenko 2004 einen deutlich höheren Mittelwert und Median für gewerbliche Grundpfandrechte – bei einer gleichzeitig geringeren Standardabweichung. Für die wohnwirtschaftlichen Immobilien ist der Unterschied für den Median (94,3%) und die Standardabweichung (40,3%) sogar noch deutlicher, obwohl diese Ergebnisse aufgrund der sehr geringen Fallanzahl nicht überbewertet werden sollten.507 Hier ist wiederum der hohe Anteil von Nullwerten in dieser Arbeit eine mögliche Erklärung für die festgestellten Unterschiede. Die Gründe für die erläuterten Differenzen können vielfältig sein. Erstens stammen die Daten
von
Grunert
2005
aus
den
Jahren
1992
bis
2003,
die
von
Franks/deServigny/Davydenko 2004 aus den Jahren 1984 bis 2003 (mit einem deutlichen Schwerpunkt auf 1996 bis 2003). Die Grundpfandrechte dieser Arbeit wurden zwischen 1999 und 2005 von der BAG übernommen. Somit können sich Einflüsse eines unterschiedlichen makroökonomischen Umfelds auswirken. Außerdem ist in diesem Zusammenhang an die Insolvenzrechtsreform zu denken, die zum 01. Januar 1999 in Kraft trat und zu Änderungen hinsichtlich der Stellung des Gläubigers führte. Zweitens könnte es eine wesentliche Rolle spielen, von welcher Bank die untersuchten Daten stammen, da jede Bank u.U. unterschiedliche Regelungen für die Bewertung der Immobilien hat. Hinsichtlich der Daten dieser Studie ist nicht zu vergessen, dass die Grundpfandrechte überwiegend aus Engagements von Sanierungsbanken stammen. Diese Banken haben eventuell besondere Anreize, den Wert „ihrer“ Grundschulden systema-
506 507
Vgl. Grunert 2005, S. 171. Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 74.
197
tisch zu übertreiben, um ihre finanzielle Lage besser erscheinen zu lassen. Des Weiteren sind die Verwertungsergebnisse von den unterschiedlichen WOPs der verwertenden Banken geprägt. Drittens liegen für die Studien von Grunert 2005 und Franks/deServigny/ Davydenko 2004 keine Informationen über die detaillierte Zusammensetzung der verwerteten Grundpfandrechte, bspw. hinsichtlich der Objektstandorte o.ä., vor, so dass Unterschiede in der Struktur der untersuchten Fälle nicht berücksichtigt werden können.
198 198
7
Empirische Analyse der Einflussfaktoren auf die Verwertungsquoten von Grundpfandrechten
Nachdem in den vorherigen Kapiteln mit Hilfe unterschiedlicher Verfahren der deskriptiven Statistik ein Eindruck des untersuchten Datensatzes und dessen Zusammensetzung (Kapitel 5) sowie erste Erkenntnisse über die Höhe und Verteilung der Verwertungsquote gewonnen werden konnten (Kapitel 6), wird der Fokus nun auf den zweiten Teil der Forschungsfrage dieser Arbeit gerückt: Durch welche makroökonomischen, anreiz- bzw. verhaltenswissenschaftlichen sowie kredit-, sicherheiten- und WOP-bezogenen Determinanten werden die Sicherheiten-Verwertungsquoten in welchem Ausmaß beeinflusst? In den folgenden Abschnitten wird zunächst ein kurzer Überblick über die uni- und multivariaten statistischen Verfahren zur Untersuchung dieser Fragestellung gegeben (Abschnitt 7.1). Mittels eindimensionaler Analysen (Korrelationsanalysen und Mittelwertvergleiche) wird dann – gegliedert nach der in Kapitel 4 erarbeiteten Anatomie potenzieller Einflussfaktoren – die Bedeutung einzelner Variablen für die Höhe der Sicherheiten-Verwertungsquote untersucht. Dies geschieht jeweils ohne Kontrolle für sonstige Einflüsse. Alle Interpretationen und Ergebnisse sind daher als vorläufig zu bezeichnen und werden ergänzt durch die vertiefte Analyse im Rahmen der multivariaten Regressionsverfahren (Abschnitt 7.2). In den Abschnitten 7.3 und 7.4 werden ausgewählte Spezialfragestellungen zu immobilen Sicherheiten-Verwertungsquoten behandelt, bevor Abschnitt 7.5 mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse abschließt. 7.1
Methodische Vorüberlegungen und Voranalysen
7.1.1 Korrelationsanalyse 7.1.1.1 Methodik Wie bei der Untersuchung von Einflussfaktoren auf die RR von Firmenkundenkrediten in der Arbeit von Grunert 2005508 wird jeweils im ersten Schritt eine Korrelationsanalyse zwischen metrisch skalierten Einflussfaktoren und Verwertungsquoten vorgenom-
508
Vgl. Grunert 2005, S. 110f. und 170f.
199
men. Zur theoretischen Fundierung der Korrelationsanalyse wird auf Abschnitt 5.7.1.1 verwiesen. Die statistische Signifikanz wird bei Anwendung des t-Tests zum 1%- und 5%-Niveau gemessen. Hierbei wird die Nullhypothese H0: rx,y = 0 (es besteht kein Zusammenhang zwischen den Variablen X und Y) getestet. Liegen keine Erwartung über die Richtung des Zusammenhangs vor, würde die Alternativhypothese als H1: rx,y z 0 formuliert und ein zweiseitiger t-Test durchgeführt.509 Bei den aus Kapitel 4 vorliegenden Erwartungen eines positiven oder negativen Zusammenhangs des Merkmals mit der Verwertungsquote (H1: rx,y > 0 oder H1: rx,y < 0) wird dagegen ein einseitiger t-Test durchgeführt.510 In die univariate Analyse eingeschlossen werden – wie bereits in Kapitel 6 – alle 987 recherchierten Fälle, in denen die Verwertungsquote kleiner 10 ist und keine Lösung durch Vergleichs- oder Ratenzahlungsvereinbarungen erzielt werden konnte. Für eine Begründung dieser Auswahl wird auf Abschnitt 5.3.4 verwiesen. Unter Anwendung der Korrelationsanalyse wird zunächst im Abschnitt 7.1.1.2 der Zusammenhang zwischen den möglichen, metrisch skalierten Kontrollvariablen und den Sicherheiten-Verwertungsquoten analysiert. Diese Untersuchungen gehören nicht unmittelbar zur Erklärung der potenziellen Einflussfaktoren, da zu diesen Merkmalen keine gesicherten Hypothesen vorliegen.511 Gleichzeitig ist eine Analyse aber nötig, um mögliche verzerrende Effekte erkennen zu können und für die spätere Entscheidung über den Einschluss von Kontrollvariablen in multivariate Modelle eine fundierte Basis zu haben. 7.1.1.2 Korrelationen mit möglichen Kontrollvariablen512 Die Höhe der nominellen Grundschulden (KE1), aus denen der Verwertungsanspruch rechtlich abgeleitet wird, steht in einem leicht positiven Zusammenhang mit den untersuchten
VWQs
(r
freihändiger Verkauf > Zwangsversteigerung > Rettungserwerb) kann in der univariaten Analyse nur teilweise unterstützt werden.
Grundschuldablösungen
zeigen
im
Mittel
die
höchsten
Sicherheiten-
Verwertungsquoten. Es folgt – wie vermutet – der freihändige Verkauf.588 Überraschend ist das Ergebnis, dass aus Rettungserwerben wesentlich höhere SicherheitenVerwertungsquoten erlöst werden als aus Zwangsversteigerungen. Dieser Unterschied ist im direkten Vergleich dieser beiden Zahlungseingangsformen bei Anwendung des Wilcoxon-Rangsummen-Tests hoch signifikant auf dem 1%-Niveau und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zufällig. Ein möglicher Grund könnte sein, dass Zwangsversteigerungen überwiegend von „Schnäppchenjägern“ genutzt werden. Häufig werden in zweiten oder dritten Versteigerungsterminen Zuschläge bei Werten erteilt, die nur bei ca. 50% des gerichtlichen Verkehrswerts liegen. Dahingegen müssen dem Kreditnehmer bei Rettungserwerben fiktiv immer 70% des gerichtlichen Verkehrswerts gutgeschrieben werden. Die Signifikanz der unterschiedlichen Mittelwerte/Mediane der VWQ I bleibt auf dem 1%-Niveau beim Kruskal-Wallis H-Test und Median-Test auch bestehen, wenn nur die vier Gruppen „Versteigerungserlös, Rettungserwerb, freihändiger Verkauf und Ablösung Grundschuld“ miteinander verglichen werden. Neben der naturgemäßen deutlichen Unterscheidung von Nullwerten für die VWQ I („Kein Zahlungseingang“) und erfolgreichen Verwertungen, in denen mittels Versteigerungserlös, Rettungserwerb, freihändigem Verkauf oder Grundschuldablösung ein positiver Zahlungseingang erzielt werden konnte, ist also auch die Art des positiven Zahlungseingangs relevant. Wie aus Tabelle 63 ersichtlich ist, unterscheiden sich die Zahlungseingänge aus Zwangsversteigerungserlösen und der Lästigkeitsprämie im paarweisen Vergleich mit den jeweils anderen Verwertungsformen (außer der Gruppe „Nicht bekannt“) als signifikant verschieden. Die divergierenden Ergebnisse für Rettungserwerbe, freihändige Verkäufe und Grund-
588 Im isolierten Vergleich sind die Verwertungsquoten (VWQ I) aus Grundschuldablösungen und aus freihändigen Verkäufen nicht deutlich voneinander verschieden. Die Anwendung des WilcoxonRangsummen-Tests führt zu keinen signifikanten Testergebnissen.
253
schuldablösungen können aus statistischer Sicht (auf Basis des paarweisen WilcoxonRangsummen-Tests) zufällig sein. Versteige- Rettungs- freihändiger Ablösung rungserlös erwerb Verkauf Grundschuld Versteigerungserlös
***
nicht bekannt
***
***
***
-
-
-
***
***
-
***
***
Rettungserwerb
***
freihändiger Verkauf
***
-
Ablösung Grundschuld
***
-
-
kein Zahlungseingang
***
***
***
***
-
***
***
**
nicht bekannt
kein Zahlungseingang
***
** ***
***
Tabelle 63: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Art des Zahlungseingangs im paarweisen Vergleich (2-Gruppen-Fall). (*. Das Ergebnis des Wilcoxon-Rangsummen-Tests ist auf dem 10%-Konfidenzniveau statistisch signifikant; **. Das Ergebnis des Wilcoxon-Rangsummen-Tests ist auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikant; ***. Das Ergebnis des Wilcoxon-Rangsummen-Tests ist auf dem 1%-Konfidenzniveau statistisch signifikant.)
7.2.5.3 Kombinierte Regressionsanalysen Die Ergebnisse der Regressionsanalysen sind in Tabelle 64 zusammengefasst. Durch den Einschluss589 der WOP-bezogenen Einflussfaktoren und der Kontrollvariablen „Auf-/Abwertung“ wird – im Vergleich zu den vorherigen Regressionsmodellen – eine erhebliche Steigerung der Erklärungskraft erreicht. Das korrigierte Bestimmtheitsmaß R²korr liegt im Modell 14 bei 51,0%, d.h. ca. die Hälfte der Variation der VWQ I können aus den einbezogenen Variablen erklärt werden.
589
Im Modell 13 wird die WOP-Dauer aus der Modellspezifikation ausgeschlossen, da diese mit 304 fehlenden Werten die Anzahl der möglichen Fälle am weitreichendsten einschränkt. Im Modell 14 werden die Variablen „Dauer zwischen Kündigung und Übertrag in Monaten“ (91 fehlende Werte) sowie die Objektortgröße (97 fehlende Werte) nicht in die Regressionsanalyse einbezogen.
254 254
Regressionsmodell Konstante BIP-Wachstum p.a. H1 Arbeitslosenquote H2
Dummy Kooperationsbereitschaft liegt vor
H4
Dummy weitere Sicherheiten vorhanden
H5
Dummy Erstrangige Grundschuldbesicherung
H8
Dummy Objektort Ostdeutschland (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km Dummy Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts (in 100.000 Einwohnern)) Dauer von Kreditkündigung bis Übertrag in Monaten
H9
diverse Arten des Zahlungseingangs (0, 1) (Referenzgruppe: Nicht bekannt)
Workout-Prozess-Dauer in Monaten Dummy Versteigerung Dummy Rettungserwerb Dummy freihändiger Verkauf Dummy Grundschuldablösung Dummy Kein Zahlungseingang
KN1 Dummy Insolvenz anhängig KN2 Dummy persönliche Haftung KN3 Dummy Kreditnehmer Privat KE1 Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro KE2 Dummy KN = SG S3
Dummy Eigennutzung
W1
Auf-/Abwertung in T-Euro Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik asymptotische Signifikanz des F-Tests R² Korrigiertes R²
12 1,073*** (0,400) -3,664 (4,440) -6,271*** (2,340) 0,024 (0,138) 0,105 (0,111) 0,117 (0,101) 0,419* (0,230) 0,000 (0,000) -0,027 (0,137) 0,003 (0,030) 0,002 (0,002) -0,003 (0,003) 0,163 (0,193) 0,338* (0,196) 0,630** (0,203) 0,657*** (0,237) -0,823*** (0,268) -0,036 (0,099) -0,122 (0,133) 0,274** (0,126) 0,000*** (0,000) 0,171 (0,127) 0,156 (0,100) -0,001*** (0,000) 284 2,003 0,000 0,269 0,204
13 0,952*** (0,238) -1,813 (2,603) -4,060*** (1,388) 0,019 (0,083) 0,070 (0,062) 0,068 (0,057) 0,300** (0,137) 0,000 (0,000) -0,005 (0,076) 0,003 (0,017) 0,001 (0,001)
14 1,051*** (0,192) 0,031 (2,144) -3,046*** (0,988) 0,025 (0,068) 0,045 (0,051) 0,034 (0,048) 0,215** (0,097) 0,000 (0,000) 0,033 (0,061)
0,178 (0,141) 0,340** (0,143) 0,656*** (0,148) 0,642*** (0,173) -0,739*** (0,132) -0,018 (0,058) -0,061 (0,078) 0,134* (0,074) 0,000*** (0,000) 0,087 (0,070) 0,083 (0,057) -0,001** (0,000) 489 2,011 0,000 0,526 0,503
-0,013 (0,128) 0,187 (0,128) 0,465*** (0,133) 0,360** (0,156) -0,914*** (0,119) -0,027 (0,049) -0,046 (0,066) 0,090 (0,062) 0,000*** (0,000) 0,061 (0,059) 0,079* (0,048) -0,001*** (0,000) 649 2,019 0,000 0,526 0,510
Tabelle 64: Regressionsanalysen – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und WOP-bezogene Faktoren. (Der Wert ohne Klammern stellt den geschätzten Regressionskoeffizienten dar, in Klammern ist die jeweilige Standardabweichung angegeben. Die *-Kennzeichnung bedeutet: *. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2-seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2seitig) signifikant.)
255
Eine besondere Bedeutung590 spielen hierbei die Dummyvariablen „Kein Zahlungseingang“ (-),591 „freihändiger Verkauf“ (+) und „Grundschuldablösung“ (+) sowie die Auf/Abwertung eines Objekts (-). Dies ist ökonomisch nicht verwunderlich und bestätigt die univariaten Ergebnisse sowie die Hypothese H9.3 bzw. die Vermutung für die Kontrollvariable W1.592 Hinsichtlich der Reihenfolge des Verwertungsquotenerfolgs folgen die Regressionsergebnisse – gemessen an der Höhe der unstandardisierten und der standardisierten Regressionskoeffizienten – jedoch nicht vollständig den Hypothesen. Dies hat sich bereits bei der eindimensionalen Mittelwertanalyse angedeutet. Den im Vergleich zur Referenzgruppe „Nicht bekannt“ höchsten Verwertungserfolg haben (außer in Modell 12) Objekte, die im freihändigen Verkauf umgeschlagen werden können, danach folgen die Verwertungsformen Grundschuldablösung und Rettungserwerb. Zwangsversteigerungen sind unter allen Abwicklungsmöglichkeiten diejenigen Fälle, in denen das Verwertungsergebnis im Vergleich zur letzten Bewertung der abgebenden Bank am enttäuschendsten ist. Während die in Hypothese H9.3 nicht vermutete Reihenfolge zwischen Rettungserwerb und Zwangsversteigerung bereits oben im Rahmen der Mittelwertvergleiche thematisiert wurde, überrascht hier, dass freihändige Verkäufe unter Kontrolle für sonstige Einflüsse erfolgreicher als Grundschuldablösungen sind. Eine Erklärung hierfür könnte die Fallauswahl sein. Da in den verschiedenen Regressionsmodellen nur die Fälle integriert werden, bei denen die jeweils untersuchten Merkmale vollständig vorliegen, ergeben sich bei unterschiedlichen Modellspezifikationen differierende Datensätze. Außerdem kann dieses Ergebnis auch auf zufälligen Schwankungen in den Daten beruhen, da bereits im paarweisen Vergleich mit Hilfe des WilcoxonRangsummen-Tests (Abschnitt 7.2.5.2) keine signifikanten Unterschiede zwischen diesen Verwertungsformen bestätigt werden konnten. Andere Begründungen konnten bislang nicht gefunden werden. 590
In Klammern ist jeweils das Vorzeichen des jeweiligen Regressionskoeffizienten, d.h. die Wirkungsrichtung des entsprechenden Einflusses, genannt. Die deutliche statistische Signifikanz der Dummyvariablen „Kein Zahlungseingang“ verwundert nicht, da sich hinter dieser Dummyvariable ausschließlich Fälle verbergen, in denen keine Erlöse generiert werden konnten und die VWQ I Null ist. Somit wird mit Einschluss dieser Dummyvariable für einen Großteil der Variation der VWQ I kontrolliert. Als Alternative werden später in Abschnitt 7.2.6.1 (Modellreihe 18) Regressionsmodelle nur mit solchen Fällen untersucht, in denen ein positiver Zahlungseingang realisiert werden konnte, d.h. alle Fälle mit einer VWQ I = 0 werden aus der Analyse ausgeschlossen. 592 Das negative Vorzeichen des Regressionskoeffizienten für die Kontrollvariable „Abwertung“ stimmt daher mit der Vermutung überein, da Abwertungen mit einem positiven Vorzeichen definiert sind und Aufwertungen umgekehrt mit einem negativen Vorzeichen. 591
256 256
Entgegen der univariaten Ergebnisse und der Hypothesen H9.1/2 liefern der Zeitraum zwischen Kreditkündigung und Übertrag sowie die WOP-Dauer bei gleichzeitiger Kontrolle für andere Einflüsse keinen bedeutsamen Beitrag zur Erklärung der VWQ I. Dies kann daran liegen, dass ihre Einflüsse durch die verschiedenen Arten des Zahlungseingangs überlagert und durch andere Variablen egalisiert werden oder tatsächlich keine wesentliche Bedeutung vorliegt. Aus ökonomischer Sicht ist es bei Ankauf eines grundpfandrechtlich besicherten Engagements irrelevant, wie lange im Vorfeld die Sicherheiten fällig und rechtlich verwertungsfähig waren und wie lange der WOP dauert. Eine Nichtsignifikanz der Ergebnisse kann auch darin begründet sein, dass in den obigen Regressionsmodellen die VWQ I erklärt wird, die auf undiskontierten Zahlungen basiert. Ein möglicher Zeiteffekt durch längere Verwertungsdauern tritt eventuell erst in der Erklärung der VWQ I auf Basis der diskontierten Endwerte zu Tage, die im Abschnitt 7.2.6.2 unter dem Stichwort Robustness-Checks analysiert wird. Auffällig ist, dass der hohe Erklärungswert der Modelle 12 bis 14 überwiegend durch die Dummyvariablen für die Art des Zahlungseingangs und die Abwertungsvariable erzeugt wird. In den bisherigen Regressionsmodellen ohne Einschluss der WOPbezogenen Variablen liegt das korrigierte Bestimmtheitsmaß immer unter 10%. Die Integration der WOP-Variablen hat im Vergleich zu den bisherigen Modellen 1 bis 11 zu einem Anstieg des korrigierten Bestimmtheitsmaßes R²korr um teilweise mehr als 40% (auf bis zu 51,0%) geführt. Dies ist nicht überraschend, da mit Hilfe der Dummyvariablen für die Verwertungsformen die erfolgreichen Verwertungen von den „Nullwerten“ getrennt werden können, was einen Großteil der Varianz erläutert. Die Relevanz der anderen Faktoren tritt dahinter deutlich zurück – auch hinsichtlich der Signifikanz ihrer jeweiligen Regressionskoeffizienten. Lediglich die Arbeitslosenquote, ein ostdeutscher Objektstandort, der nominelle Grundschuldbetrag, eine Einstufung als privater Fall und die Eigennutzung des Objekts zeigen in den Modellen 12 bis 14 neben den WOP-bezogenen Faktoren vereinzelt einen statistisch bedeutsamen Einfluss auf die Variation der VWQ I.
257
7.2.6 Vertiefung ausgewählter Regressionsanalysen 7.2.6.1 Analyse kombinierter Regressionsmodelle Die zur Verfügung stehenden potenziellen Einflussvariablen und möglichen Kontrollvariablen wurden in den vorangegangenen Abschnitten in einem schrittweisen Prozess in die Regressionsmodelle integriert. Gleichzeitig wurden auf dem Weg durch die Kriterienstruktur aus Gründen der Komplexitätsreduktion und der Existenz von fehlenden Werten anscheinend irrelevante Variablen wieder ausgeschlossen. Somit besteht die Gefahr, dass wichtige Einflussgrößen, die erst unter der Kontrolle für strukturell „nachfolgende“ Effekte Wirkung auf die VWQ I entfalten, verloren gehen. Dieser Gefahr wird in diesem Abschnitt entgegengewirkt, indem umfassende Regressionsmodelle mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten durchgeführt werden. Ein Einschluss aller zur Verfügung stehenden Einfluss- und Kontrollvariablen ist nicht möglich, da in zu wenig Fällen alle Merkmale vollständig erfasst werden konnten. Die Modellreihe 15593 stellt den Versuch dar, möglichst alle für einen gewerblichen Kredit zutreffenden Faktoren in die Regressionsberechnung einzuschließen. Hierzu werden nur diejenigen Fälle genutzt, die von der BAG als gewerblich gekennzeichnet sind. Gleiches gilt für die Modellreihe 16 hinsichtlich des Einschlusses von Merkmalen eines privaten Kreditengagements bei Verwertungsfällen, die von der BAG als privat eingestuft werden. Modellreihe 17 betrachtet zur Erklärung des Verwertungserfolgs ausschließlich diejenigen Merkmale des untersuchten Grundpfandrechts, die bereits bei Übertrag des zugrunde liegenden Kreditengagements bekannt sind. In der Modellreihe 18 werden abschließend lediglich die Verwertungsfälle analysiert, die ein positives Verwertungsergebnis und somit eine positive VWQ I erzielen können. Durch den Ausschluss der Fälle mit Nullwerten der zu erklärenden Variablen verändert sich die untersuchte Fragestellung dieses Teils leicht. Statt die gesamte Variation der möglichen Verwertungserfolge zu erklären, wird lediglich untersucht, welche Einflussfaktoren in welcher Stärke auf die positiven Grundpfandrechtsverwertungen wirken. Außerdem wird in den zusammenfassenden Modellen dieses Abschnitts auch für den Zeitpunkt des Kreditankaufs kontrolliert, da sich hieraus ebenfalls Einflüsse auf die
593
Mit dem Begriff „Modellreihe“ wird ausgedrückt, dass mehrere Regressionsmodelle zur selben Fragestellung bzw. zum gleichen Themenblock untersucht werden.
258 258
Verwertungsquoten ergeben können. Diese wurden bereits im Abschnitt 7.1.4.3 diskutiert, auf das an dieser Stelle verwiesen wird. Modellreihe 15: Gewerbliches Kreditengagement594 Die Ergebnisse der Modellreihe 15, die in Tabelle 65 dargestellt sind, decken sich mit den bisherigen, allgemeinen Regressionsmodellen 1 bis 14.595 Werden die WOPbezogenen Einflussfaktoren und die Kontrollvariable „Auf-/Abwertung“ einbezogen (Modell 15A), so zeigen die Dummyvariablen für den freihändigen Verkauf und die Grundschuldablösung einen bedeutsamen, positiven Einfluss auf die Variation der VWQ I. Die negativen Vorzeichen der Regressionskoeffizienten für die Dummyvariablen „Kein Zahlungseingang“ und „Branche Verkehr und Nachrichtenübermittlung/Dienstleistungen (inkl. freie Berufe)“ sowie die Auf-/Abwertung zeigen an, dass bei Vorliegen dieser Merkmale deutlich geringere Verwertungsquoten als im Durchschnitt erzielt werden. Unter Ausschluss der Dummyvariable „Kein Zahlungseingang“ (Modell 15B), die einen Großteil der zu erklärenden Variation aus dem Modell herausnimmt, liefern neben der Auf-/Abwertung und der Zugehörigkeit zur Verkehrsbranche nunmehr alle Dummyvariablen für die unterschiedlichen Verwertungsformen einen Regressionskoeffizienten, der hoch signifikant von Null verschieden ist. Unter Ausschluss der dominierenden WOP-bezogenen Einflüsse und der Kontrollvariablen „Abwertung“ im Modell 15C tritt die Bedeutung des folgenden Merkmals hervor: die Tatsache, ob weitere Sicherheiten vorhanden sind (+). Außerdem haben die Kontrolldummyvariablen „Kreditnehmer = Sicherungsgeber“ und „Eigennutzung“ einen großen positiven Einfluss auf die VWQ I. Allerdings sollte der Kombination von Einflussfaktoren im Modell 15C keine weitere Beachtung geschenkt werden, da das Regressionsmodell insgesamt nur marginal zur Erklärung der VWQ I beitragen kann (R²korr = 0,019). Lediglich mit einer asymptotischen Wahrscheinlichkeit von 31,9% kann nicht ausge594
Einige Variablen werden nicht in die Analysen eingeschlossen, da diese einen hohen Anteil von fehlenden Werten aufweisen, der bei einem kombinierten Einschluss zu einer zu großen Einschränkung der verfügbaren Fallanzahl führen. Dies sind (Angabe in Klammern: Anzahl der fehlenden Werten): Inflationsrate (286), Dauer Grundschuldbestellung bis Kündigung in Monaten (525), Wohn-/Nutzfläche in qm (509), Objektalter (475), WOP-Dauer in Monaten (304). Die Dummyvariable für die Kundenart entfällt naturgemäß, da nur gewerbliche Fälle in die Analyse einbezogen werden. Die Inflationsrate wird außerdem nicht weiter berücksichtigt, da sie nicht nur makroökonomische Effekte widerspiegelt, sondern auch von anderen Effekten beeinflusst wird. Außerdem wird sie von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich nicht als Indikator für die Überprüfung der makroökonomischen Entwicklung empfohlen. 595 Die Angaben in Klammern in den folgenden Ausführungen kennzeichnen das Vorzeichen des entsprechenden Regressionskoeffizienten, d.h. die Wirkungsrichtung des jeweiligen Einflussfaktors.
259
schlossen werden, dass die eingeschlossenen Faktoren gar keinen Erklärungswert haben. Regressionsmodell
15A Regressionskoeffizient
Konstante H1 H2
H3
H4 H5 H7
H8
BIP-Wachstum p.a. Arbeitslosenquote Dummy Kooperationsbereitschaft liegt vor - eigene Einschätzung Dummy Land-/Forstwirtschaft und Energie- und Wasserversorgung Dummy Verarbeitendes Gewerbe (ohne Baugewerbe) Dummy Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und Gebrauchsgütern Dummy Verkehr und Nachrichtenübermittlung Dummy Finanzierungsinstitutionen und Versicherungsunternehmen Dummy Dienstleistungen (inkl. freier Berufe) Dummy Weitere Sicherheiten Dummy Erstrangige Grundschuldbesicherung Dummy Ackerland Dummy ETW Dummy gemischtes Objekt in mehreren Komplexen Dummy Objektort Westdeutschland (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km Dummy Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts (in 100.000 Einwohnern))
0,650
15C
Regressionskoeffizient
Standardfehler
Regressionskoeffizient
Standardfehler
0,485
0,075
0,493
0,884
0,659
4,933 -2,130
4,315 1,978
4,886 -1,914
4,561 2,090
-3,351 -4,209
6,013 2,830
-0,063
0,130
-0,042
0,138
0,115
0,186
-0,174
0,321
-0,157
0,339
-0,195
0,461
-0,010
0,136
0,047
0,143
-0,199
0,192
-0,112
0,138
-0,089
0,146
-0,087
0,197
-0,570**
0,244
-0,618**
0,258
-0,254
0,346
-0,407
0,531
-0,377
0,562
-0,457
0,755
-0,176*
0,106
-0,164
0,112
-0,206
0,149
0,142
0,113
0,160
0,119
0,296*
0,159
0,017
0,077
0,032
0,081
0,062
0,110
0,073 -0,071
0,195 0,133
-0,018 -0,061
0,205 0,140
0,060 -0,123
0,276 0,190
-0,075
0,156
-0,010
0,164
-0,108
0,222
-0,072
0,190
-0,017
0,201
-0,272
0,270
0,000
0,000
0,000
0,000
0,001
0,001
-0,001
0,117
-0,033
0,123
-0,007
0,167
0,001
0,021
0,002
0,022
-0,001
0,030
0,002
-0,001
0,002
-0,003
0,002
0,181 0,186 0,183 0,226 0,165 0,087 0,088
0,681*** 0,830*** 1,078*** 1,423***
0,118 0,121 0,121 0,188
0,007 -0,004
0,092 0,092
-0,030 -0,039
0,123 0,122
0,000
0,000
0,000
0,000
0,000
0,092 0,091 0,000 0,169 0,171 0,175
0,142 0,023 -0,000*** 0,184 0,092 0,244
0,097 0,095 0,000 0,178 0,181 0,185
0,315** 0,227*
0,130 0,128
0,069 -0,053 0,238
0,238 0,243 0,244
Dauer Kreditkündigung bis Übertrag in -0,001 Monaten Dummy Versteigerung 0,063 H9 Dummy Rettungserwerb 0,191 Dummy freihändiger Verkauf 0,454** Dummy Grundschuldablösung 0,813*** Dummy Kein Zahlungseingang -0,721*** KN2 Dummy Insolvenz anhängig 0,058 KN3 Dummy persönliche Haftung 0,045 Nomineller Grundschuldbetrag in TKE1 0,000 Euro KE2 Dummy KN = SG 0,129 S3 Dummy Eigennutzung 0,070 W1 Auf-/Abwertung in T-Euro -0,001*** Dummy Jahr 2000 0,238 Dummy Jahr 2001 0,096 Dummy Jahr 2002 0,284
260 260
15B Standardfehler
Dummy Jahr 2003 Dummy Jahr 2004 Dummy Jahr 2005 Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik asymptotische Signifikanz des F-Tests R² Korrigiertes R²
0,063 0,197 0,272
0,178 0,196 0,268
190 2,134 0,000 0,617 0,527
-0,006 0,088 0,145 190 2,160 0,000 0,569 0,471
0,187 0,206 0,281
-0,080 0,251 -0,122 0,274 -0,012 0,376 190 1,759 0,319 0,175 0,019
Tabelle 65: Regressionsanalysen – Gewerbliches Kreditengagement (VWQ I). (*. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
Würde die Regressionsmethodik vorwärts ausgeführt werden,596 so integriert das Statistik-Programm SPSS aus den möglichen Variablen des Modells 15A nur die fünf Faktoren mit signifikant von Null verschiedenen Regressionskoeffizienten in das Modell (Dummyvariable „Verkehr und Nachrichtenübermittlung“, Dummyvariable „Freihändiger Verkauf“, Dummyvariable „Grundschuldablösung“, Dummyvariable „Kein Zahlungseingang“, Abwertung). Nur mit diesen fünf Merkmalen können insgesamt 54,7% der Variation der VWQ I erklärt werden (R²korr = 0,547). Würde die Dummyvariable „Kein Zahlungseingang“ aus der schrittweisen Analyse ausgeschlossen werden und die Verwertungsformen somit im Vergleich zu der gemischten Referenzgruppe („Kein Zahlungseingang“ und „Art des Zahlungseingangs nicht bekannt“) analysiert werden, so würden erwartungsgemäß die Dummyvariablen „freihändiger Verkauf“, „Rettungserwerb“, „Versteigerung“ und „Grundschuldablösung“ in die Regressionsanalyse einbezogen. Darüber hinaus werden die Abwertung in T-Euro und die Dummyvariable für die Verkehrsbranche integriert. Lediglich diese sechs Variablen erklären dann – gemessen am korrigierten Bestimmtheitsmaß – 49,8% des Verwertungserfolgs der VWQ I; die ersten fünf WOP-bezogenen Variablen bereits 48,7%. Hinsichtlich der neu eingeführten Kontrollvariablen für das Jahr des Ankaufs des zugrunde liegenden Kreditengagements kann festgehalten werden, dass diese keinen bedeutsamen Effekt hatten. So scheint es bei Grundpfandrechtsverwertungen aus gewerblichen Krediten keine relevante Verzerrungswirkung dadurch zu geben, dass in späteren Jahren vor allem schlechtere Objekte zu geringeren Verwertungsquoten umge596
Beim Vorwärts-Verfahren wird aus der Auswahl der möglichen unabhängigen Variablen zuerst diejenige Variable in die Regression einbezogen, die die höchste Erklärungskraft für die Variation der VWQ I hat. Grundlage für die Aufnahme von Variablen in weiteren Schritten ist ein partieller F-Test, der prüft, ob durch die Aufnahme einer zusätzlichen erklärenden Variablen das Bestimmtheitsmaß R² deutlich, d.h. hier um mindestens 5%, erhöht wird. Dies ist gleichzusetzen mit der Prüfung, ob die zusätzliche Variable einen signifikant von Null verschiedenen Regressionskoeffizienten hat. Gleichzeitig wird getestet, ob durch den (Wieder-)Ausschluss einer Variablen das Bestimmtheitsmaß R² signifikant (d.h. hier um mindestens 10%) sinkt. Vgl. Janssen/Laatz 2005, S. 436.
261
schlagen werden als in frühen Stadien des WOPs. Dieses hatte sich bereits durch die statistische Irrelevanz der Dauer des WOPs angedeutet und bestätigt sich auch unter der gleichzeitigen Kontrolle für makroökonomische Faktoren. Insgesamt kann für Grundpfandrechtsverwertungen aus gewerblichen Kreditengagements festgehalten werden, dass die WOP-bezogenen Variablen „Art des/der Zahlungseingangs/Verwertungsform“ und „Abwertung“ für die Erklärung der VWQ I eine sehr dominante Rolle spielen. Denn hierdurch kann insbesondere zwischen erfolgreichen Verwertungen, in denen überhaupt ein positiver Zahlungseingang realisiert werden konnte, und erfolglos abgeschriebenen Objekten, bei denen keine Aussicht auf Verwertung mehr besteht, unterschieden werden. Ohne diese Information in der Dummyvariablen „Kein Zahlungseingang“ und den übrigen Dummyvariablen für die Art des Zahlungseingangs verringert sich die Erklärungskraft der Modelle erheblich. Der Prozess der Verwertung von Grundpfandrechten im gewerblichen Kreditbereich offenbart sich als insgesamt sehr komplex und ist mit den verfügbaren Informationen und Merkmalen insgesamt nicht zufriedenstellend erfassbar. Lediglich einzelne Effekte liefern in der isolierten Betrachtung oder unter Berücksichtigung nur weniger sonstiger Einflüsse sowohl hypothesenbestätigende als auch -widersprechende signifikante Ergebnisse.
Modellreihe 16: Privates Kreditengagement Wie bereits bei den gewerblichen Kreditengagements und im Abschnitt 7.2.5.3 herausgestellt, bestätigt sich naturgemäß auch bei immobilen Verwertungen aus privaten Kreditengagements die Erklärungsdominanz der WOP-bezogenen Faktoren, d.h. der Art des Zahlungseingangs und der Abwertung (vgl. Tabelle 66). Weitere Einflussfaktoren, die trotz dieses überlagernden und stark trennenden Effekts der Verwertungsform relevante Beiträge zur Erklärung der VWQ I leisten, sind nicht zu erkennen. Überraschend sind die deutlichen Einflüsse der Kontrollvariablen für das Vorhandensein eines Insolvenzverfahrens auf die Variation der VWQ I in Modell 16B. Da diese Variable als Indikator für die finanzielle Angespanntheit des Kreditnehmers interpretiert wird, ist ein gleichgerichteter Zusammenhang mit der Verwertungsquote vermutet wor-
262 262
den. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens scheint die Verwertungschancen für die Grundpfandrechte zu verschlechtern und die Verwertungsquote negativ zu beeinflussen, was die Vermutung aus Abschnitt 4.7.1 bestätigt. Auch das Jahr des Ankaufs der zugrunde liegenden Kreditengagements und damit des Verwertungsbeginns für das untersuchte Grundpfandrecht spielen bei privaten Kreditengagements keine deutlichere Rolle als bei gewerblichen. Entgegen der Annahme, dass im Laufe der Jahre eine positive Verzerrung der Verwertungsquoten auftritt, weil „gute“, besonders werthaltige Objekte schneller verwertet werden können, sind die Regressionskoeffizienten der Jahre 2000 bis 2005 im Durchschnitt allesamt (außer für 2004 in Modell 16A und 16B) negativ. Dies kann unterschiedliche Gründe haben. Einerseits könnten in 1999 überdurchschnittlich viele Objekte übertragen worden sein, deren letzte Bewertungen durch die abgebende Bank systematisch unterdurchschnittlich sind und somit im Ergebnis zu hohen Verwertungsquoten führen. Andererseits kann eine positive Selektionsverzerrung tatsächlich nicht existieren und die Verwertungsquoten späterer Jahre sind aufgrund anderer Einflüsse, für die im Modell nicht kontrolliert wird (bspw. Objekte in schlechterem Zustand oder makroökonomische Effekte, die sich nicht im BIP-Wachstum oder in der Arbeitslosenquote widerspiegeln), deutlich schwächer. Statistisch signifikant ist dieser negative Effekt allerdings nicht.
263
Regressionsmodell
16A
16B
16C
RegresStanRegresStanRegresStansionsdardsionsdardsionsdardkoeffizient fehler koeffizient fehler koeffizient fehler Konstante 0,753 BIP-Wachstum p.a. -1,102 H1 Arbeitslosenquote 0,259 Dummy Kooperationsbereitschaft H2 -0,008 liegt vor - eigene Einschätzung H4 Dummy Weitere Sicherheiten 0,073 Dummy Erstrangige GrundschuldbeH5 0,067 sicherung Dummy Ackerland -0,020 Dummy ETW -0,069 H7 Dummy gemischtes Objekt in mehre-0,158 ren Komplexen Dummy Objektort Westdeutschland 0,118 (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank 0,000 in km H8 Dummy Sicherungsobjekt im Ein-0,003 zugsgebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstand-0,019 orts (in 100.000 Einwohnern)) Dauer von Kreditkündigung bis 0,000 Übertrag in Monaten Dummy Versteigerung 0,270 Dummy Rettungserwerb 0,556*** H9 Dummy freihändiger Verkauf 0,692*** Dummy Grundschuldablösung 0,550** Dummy Kein Zahlungseingang -0,751*** KN1 Dummy Insolvenz anhängig -0,097 KN2 Dummy persönliche Haftung -0,052 Nomineller Grundschuldbetrag in TKE1 0,000 Euro KE2 Dummy KN = SG 0,072 S3 Dummy Eigennutzung 0,061 W1 Auf-/Abwertung in T-Euro -0,002*** Dummy Jahr 2000 -0,095 Dummy Jahr 2001 -0,026 Dummy Jahr 2002 -0,121 Dummy Jahr 2003 -0,205 Dummy Jahr 2004 0,011 Dummy Jahr 2005 -0,106 Anzahl der Fälle 280 Durbin-Watson-Teststatistik 2,199 asymptotische Signifikanz des F-Tests 0,000 R² 0,586 Korrigiertes R² 0,536
0,486 3,378 1,706
0,068 -0,384 0,045
0,465 3,466 1,753
0,952 -5,649 -0,884
0,640 4,787 2,434
0,104
-0,023
0,106
0,270*
0,138
0,073
0,077
0,075
0,075
0,104
0,078
0,058
0,080
0,376***
0,105
0,218 0,101
0,045 -0,075
0,223 0,104
-0,391 0,022
0,306 0,139
0,204
-0,104
0,209
-0,135
0,290
0,167
0,106
0,171
0,062
0,236
0,000
0,000
0,000
-0,001
0,000
0,102
-0,022
0,105
-0,123
0,145
0,018
-0,010
0,019
0,022
0,025
0,002
0,000
0,002
-0,001
0,002
0,207 0,210 0,227 0,241 0,194 0,074 0,161
0,972*** 1,254*** 1,392*** 1,237***
0,104 0,110 0,142 0,168
-0,129* -0,049
0,075 0,166
-0,036 -0,165
0,103 0,230
0,000
0,000
0,000
0,000
0,000
0,110 0,083 0,001 0,231 0,240 0,225 0,230 0,232 0,273
0,173 0,153
0,149 0,112
-0,342 -0,113 -0,263 -0,512 -0,265 -0,015 280 1,948 0,030 0,135 0,054
0,318 0,331 0,312 0,316 0,319 0,377
0,107 0,081 0,001 0,225 0,233 0,219 0,223 0,226 0,266
0,103 0,083 -0,002*** -0,051 -0,019 -0,120 -0,202 0,066 -0,036 280 2,206 0,000 0,561 0,510
Tabelle 66: Regressionsanalysen – Privates Kreditengagement (VWQ I).597 (*. Auf dem Niveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant; ***. Auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant. 597
Einige verfügbare Variablen werden nicht in die Analysen eingeschlossen, da diese einen hohen Anteil von fehlenden Werten aufweisen, die bei einem kombinierten Einschluss zu einer sehr großen Einschränkung der verfügbaren Fallanzahl führen. Dies sind (Angabe in Klammern: Anzahl der fehlenden Werte):
264 264
Ohne Einschluss der Verwertungsformen und der Abwertung (Modell 16C) verändern sich die relevanten Einflüsse auf die Verwertungsquote stark. Nunmehr ist die Erstrangigkeit der Grundschuld (+) das wichtigste Merkmal, das die VWQ I positiv beeinflusst. Gefolgt wird die Relevanz dieses Faktors von der Einschätzung der Kooperationsbereitschaft (+). Diese Merkmale sind bereits in den strukturierten Analysen der Abschnitte 7.2.1 und 7.2.4 in gleicher Richtung bedeutsam. Würden bei den im Modell 16C zur Verfügung stehenden Variablen in einem schrittweisen Prozess diejenigen Merkmale ausgewählt, die einen deutlichen Beitrag zur Erklärung der VWQ I liefern, so stellen sich die folgenden Verwertungsmerkmale als bedeutend heraus: die Erstrangigkeit des Grundpfandrechts (+) und die Einschätzung der Kooperationsbereitschaft (+). Mit diesen beiden Faktoren können insgesamt 5,4% (= R²korr) der Variation der VWQ I erklärt werden. Die schrittweise Auswahl relevanter signifikanter Faktoren ist dahingehend erstaunlich, als dass die Einschätzung der Kooperationsbereitschaft und die Erstrangigkeit der Grundschuld in der vollständigen Regressionsberechnung (Modelle 12-14) keine deutlichen Einflüsse gezeigt haben. Insgesamt ist kritisch anzumerken, dass der Wert für das korrigierte Bestimmtheitsmaß mit 5,4% ziemlich schwach ist und keine metrische unabhängige Variable einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Verwertungsquote leistet. Bei einer schrittweisen Vorwärts-Regression der Modellspezifikationen 16A und 16B würden neben den WOP-bezogenen Faktoren, die eine klare Erklärungsdominanz besitzen, keine weiteren Variablen in das Regressionsmodell eingeschlossen. Insgesamt sind Grundschuldverwertungsergebnisse aus privaten Kreditengagements – ebenso wie die aus gewerblichen Kreditengagements – sehr komplex und werden von vielen Faktoren beeinflusst, die außerhalb der möglichen Modellspezifikationen liegen. Allerdings können aus statistischer Sicht mehr bedeutsame Einflüsse herausgearbeitet werden als im gewerblichen Bereich, die aber leicht weniger Erklärungskraft besitzen. Inflationsrate in % p.a. (286), Dauer Grundschuldbestellung bis Kündigung in Monaten (525), Wohn/Nutzfläche in qm (509), Objektalter in Jahren (475), WOP-Dauer in Monaten (304). Die Dummyvariable für die Kundenart entfällt naturgemäß, da nur private Fälle in die Analyse einbezogen werden. Außerdem werden für die unterschiedlichen Standortvariablen sowie für die Objektart nur ausgewählte Dummyvariablen mit in die Analyse einbezogen, um die Anzahl der erklärenden Variablen und die Modellkomplexität überschaubar zu halten. Die Inflationsrate wird außerdem nicht weiter berücksichtigt, da sie nicht nur makroökonomische Effekte widerspiegelt, sondern auch von anderen Einflüssen beeinflusst wird. Außerdem wird sie von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich nicht als Indikator für die Kontrolle der makroökonomischen Entwicklung empfohlen.
265
Ein Grund hierfür könnte eine höhere Heterogenität der Objektverwertungen und eine schwierigere Einschätzbarkeit der Verwertungschancen aus privaten Kreditengagements sein. Modell 17: Ex-Ante Betrachtung Das Modell 17 schließt diejenigen Merkmale in den Versuch der Erklärung der VWQ I ein, die dem Praxispartner regelmäßig bereits bei Ankauf bzw. Übertrag des Kreditengagements vorliegen. So ist bspw. im Vorfeld nicht klar, x
ob sich der Kreditnehmer im WOP kooperativ verhalten wird,
x
ob er im Laufe der Verwertung (Privat-)Insolvenz beantragt,
x
in welcher Form das Objekt letztlich verwertet werden kann oder
x
ob es abgewertet werden muss.
Wohl bekannt sind dagegen Faktoren wie der Objektstandort, die Rangstelle des Grundpfandrechts oder der Umfang der sonstigen Besicherung. Hinsichtlich möglicher Handlungsempfehlungen ist die Beantwortung der Frage nach vorausschauend relevanten Verwertungsmerkmalen wichtig für die Entscheidung, welche ausgewählten Determinanten im Kreditvergabeprozess, bei laufenden Überprüfungen von Kreditengagements oder bei Kreditkündigung bzw. Übernahme von gekündigten Krediten durch dritte Banken oder Finanzinvestoren ermittelt und geprüft werden sollten. Die Beachtung relevanter Faktoren hilft sicherzustellen, dass die verpfändeten Immobiliensicherheiten einen Beitrag zur Verringerung des Kreditausfalls leisten und nicht durch erfolglose Verwertungsbemühungen die Ausfallkosten erhöhen. Tabelle 67 fasst die Ergebnisse zusammen. Im Modell 17 wird wiederum offensichtlich, dass die Erstrangigkeit der Grundschuldbesicherung (+) den wichtigsten Erklärungsbeitrag neben den WOP-bezogenen Merkmalen liefert. Außerdem wiederholt sich in diesem gemischt privaten und gewerblichen Datensatz die deutliche Relevanz der Höhe der nominellen Grundschulden (+). Je höher der nominelle Anspruch durch den eingetragenen Grundschuldbetrag ist, desto höher ist der realisierte Erlös im Vergleich zur letzten Bewertung der abgebenden Bank. Einen positiven Effekt haben außerdem die Tatsachen, dass Kreditnehmer und Sicherungsgeber identisch sind (+) und der Sicherungsgeber das Objekt selbst nutzt (+).
266 266
Regressionsmodell
Konstante BIP-Wachstum p.a. H1 Arbeitslosenquote H4 Dummy Weitere Sicherheiten H5 Dummy Erstrangige Grundschuldbesicherung Dummy Ackerland H7 Dummy ETW Dummy gemischtes Objekt in mehreren Komplexen Dummy Objektort Westdeutschland (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km H8 Dummy Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts (in 100.000 Einwohnern)) H9 Dauer Kreditkündigung bis Übertragung in Monaten KN3 Dummy persönliche Haftung KE1 Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro KE2 Dummy KN = SG S3 Dummy Eigennutzung Dummy Jahr 2000 Dummy Jahr 2001 Dummy Jahr 2002 Dummy Jahr 2003 Dummy Jahr 2004 Dummy Jahr 2005 Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik asymptotische Signifikanz des F-Tests R² Korrigiertes R²
17 Regressionskoeffizient 0,763* -5,029 -2,609 0,121 0,254*** -0,214 0,018 -0,079 -0,020
Standardfehler 0,420 3,783 1,840 0,085 0,077 0,206 0,108 0,180 0,176
0,000
0,000
-0,095
0,109
0,009
0,019
0,000 -0,051 0,000** 0,200** 0,181** -0,016 0,033 0,091 -0,239 -0,055 0,119
0,002 0,084 0,000 0,097 0,084 0,189 0,196 0,189 0,192 0,200 0,251 489 1,895 0,000 0,107 0,065
Tabelle 67: Regressionsanalysen – Ex-Ante Faktoren (VWQ I). (*. Auf dem Konfidenziveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenziveau von 0,05 (2seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenziveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
Insgesamt kann Modell 17 nur 6,5% (= R²korr) der Varianz der VWQ I erklären, was angesichts der Vielzahl der eingeschlossenen Fälle nicht überzeugend viel ist.598 Der Vergleich dieser Ex-ante- und Ex-post-Regressionsmodelle deutet darauf hin, dass außer der realisierten Verwertungsform und eventueller Abwertungen keine nachträgliche Eigenschaft – weder aus den Basis-Faktoren oder kreditnehmer- und kreditengagementbezogen – einen wesentlichen Beitrag zur Erklärung der VWQ I hat.
598 Die vielen einbezogenen Untersuchungsfälle können aufgrund ihrer großen Heterogenität aber auch die Wirkung der Anzahl von Fällen auf das korrigierte R² überkompensieren.
267
Modellreihe 18: Betrachtung der erfolgreichen Verwertungsfälle (ohne Nullwerte) Modellreihe 18 beschäftigt sich mit der Frage, welche Faktoren die Höhe der Sicherheiten-Verwertungsquote von erfolgreichen Verwertungen beeinflussen. Damit sind die Verwertungen gemeint, bei denen ein positiver Zahlungseingang erzielt werden konnte, d.h. keine Nullwerte existieren. Diese positive Auswahl von Verwertungsquoten wurde bereits im Abschnitt 6.2 hinsichtlich der Analyse der Höhe der unterschiedlichen Verwertungsquoten-Definitionen gesondert untersucht. Die zufällige Stichprobe von 693 Verwertungsfällen beinhaltet 375 Fälle, bei denen ein Zahlungseingang realisiert werden kann und deren erklärende Einflüsse an dieser Stelle herausgearbeitet werden.599 Aufgrund der fast halbierten maximal möglichen Fallanzahl im Vergleich zu den bisherigen Regressionsmodellen wird in den Analysen der erfolgreichen Verwertungsfälle nicht zwischen Objekten aus privaten und gewerblichen Kreditengagements unterschieden. Tabelle 68 stellt die Ergebnisse der entsprechenden Regressionsanalysen dar. Im Modell 18A werden solche allgemeinen Merkmalsvariablen integriert, die sowohl für gewerbliche als auch private Verwertungsfälle umfangreich recherchiert sind. Im Modell 18B sind zwecks Erhöhung der verfügbaren Fallanzahl Variablen mit vielen fehlenden Einträgen ausgeschlossen worden. Außerdem sind zur Komplexitätsreduktion die Dummyvariablen für die Objektarten nicht mehr eingeschlossen, da diese sowohl in den vorherigen Analysen als auch im Modell 18A keinen relevanten Einfluss zeigen. Im Modell 18C werden schließlich die Dummyvariablen für das Jahr des Ankaufs des zugrunde liegenden Kreditengagements herausgenommen, da auch diese in den vorangegangenen Regressionsanalysen von minderer und hinsichtlich der Vorzeichen der Regressionskoeffizienten nicht robuster Bedeutung sind.
599
Die zuvor vorgenommene Selektion von Fällen, in denen die Verwertung aufgrund von Ratenzahlungs- oder Vergleichsvereinbarungen bzw. Lästigkeitsprämien abgebrochen wurde oder in denen die realisierte Verwertungsquote größer als 10 ist, wird beibehalten.
268 268
VWQ I Regressionsmodell
Konstante BIP-Wachstum p.a. H1 Arbeitslosenquote Dummy Kooperationsbereitschaft H2 liegt vor - eigene Einschätzung H4 Dummy Weitere Sicherheiten Dummy Erstrangige GrundschuldbeH5 sicherung Dummy Ackerland H7 Dummy ETW Dummy gemischtes Objekt in mehreren Komplexen Dummy Objektort Westdeutschland (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank H8 in km Dummy Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts (in 100.000 Einwohnern)) Dauer Kreditkündigung bis Übertragung in Monaten Dummy Versteigerung H9 Dummy Rettungserwerb Dummy freihändiger Verkauf Dummy Grundschuldablösung KN1 Dummy Insolvenz anhängig KN2 Dummy persönliche Haftung Nomineller Grundschuldbetrag in TKE1 Euro KE2 Dummy KN = SG S3 Dummy Eigennutzung W1 Auf-/Abwertung in T-Euro Dummy Jahr 2000 Dummy Jahr 2001 Dummy Jahr 2002 Dummy Jahr 2003 Dummy Jahr 2004 Dummy Jahr 2005 Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik asymptotische Signifikanz des F-Tests R² Korrigiertes R²
18A Regressionskoeffizient
Standardfehler
0,674 -2,573 -2,395
0,575 4,823 2,477
18B Regressionskoeffizient 0,686 -2,728 -2,756
0,548 4,510 2,403
18C Regressionskoeffizient 0,919* -1,873 -3,494
0,047
0,144
0,093
0,118
-0,019
0,132
-0,032
0,118
0,113
0,114
0,108
0,106
0,111
0,065
0,103
0,075
0,103
-0,048 -0,127
0,350 0,138
-0,140
0,238
0,028
0,242
-0,030
0,238
-0,125
0,213
0,000
0,000
0,002
0,147
0,066
0,115
0,056
0,112
-0,035
0,025
-0,021
0,024
-0,019
0,023
0,002
0,002
0,002
0,002
0,003
0,002
0,198 0,413** 0,639*** 0,648*** -0,031 -0,005
0,197 0,200 0,205 0,240 0,106 0,122
0,134 0,391* 0,570*** 0,632*** -0,054 -0,085
0,189 0,192 0,194 0,229 0,101 0,114
0,160 0,362* 0,587*** 0,632*** -0,065 -0,038
0,189 0,191 0,193 0,229 0,101 0,113
0,000***
0,000 0,229* 0,129 0,086 0,103 -0,001** 0,000 0,113 0,225 0,178 0,244 0,311 0,235 -0,085 0,245 0,329 0,269 0,202 0,319 289 1,931 0,002 0,161 0,085
0,240* 0,098 -0,001**
0,128 0,103 0,000
0,205 0,085 -0,0001*** 0,061 0,076 0,149 -0,230 0,279 0,083 275 2,009 0,000 0,207 0,114
0,134 0,117 0,000 0,238 0,255 0,246 0,257 0,282 0,331
Standardfehler
Standardfehler 0,476 4,137 2,226 0,131
289 1,9 0,002 0,135 0,078
Tabelle 68: Regressionsanalysen – Faktoren für erfolgreiche Verwertungen (VWQ I). (*. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
In Modellen 18A, 18B und 18C sticht der bedeutsame Einfluss der Dummyvariablen für die Verwertungsformen Rettungserwerb, freihändiger Verkauf und Grundschuldablö-
269
sung hervor. Diese Arten des Zahlungseingangs führen im Vergleich zur Referenzgruppe der Fälle, in denen die Verwertungsform nicht bekannt ist, zu deutlich erhöhten Sicherheiten-Verwertungsquoten. Versteigerungen erweisen sich dagegen unter den erfolgreichen Verwertungen nicht als besonders, weder über- noch unterdurchschnittlich, erfolgreich.600 Außer des Einflusses der Zahlungseingangsart bestätigt sich bei der Fokussierung auf die erfolgreichen Verwertungen die Relevanz der Abwertung der umzuschlagenden Immobilien. Je höher die Abwertung während des WOPs ist, desto geringer ist der realisierte Erlös im Verhältnis zur letzten Bewertung der abgebenden Bank. Dies ist nicht überraschend, da durch laufenden Auf- oder Abwertungen auf die Entwicklungen im WOP reagiert werden kann. Dieses Ergebnis unterstützt die Vermutung zu dieser Kontrollvariablen W1.601 Deutlicher und robuster als bisher tritt bei der Untersuchung der positiven Verwertungsquoten die Bedeutung der Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber auf (Modell 18B und 18C). Sind diese beiden Akteure identisch, ist die VWQ I überdurchschnittlich hoch. Die Wirkungsrichtung dieser Dummyvariable ist damit robust im Unterschied zur Untersuchung der gesamten Variation der Verwertungsquote inklusive der Nullwerte. Das Ergebnis unterstützt die Vermutung des Abschnitts 4.7.2, dass die rechtliche und tatsächliche Durchsetzbarkeit von dinglichen, grundpfandrechtlichen Ansprüchen und die damit verbundene Effizienz des Verwertungsprozesses bei einer Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber höher sind. 7.2.6.2 Besonderheiten für andere Verwertungsquoten-Definitionen Unter Verwendung der gleichen Kombinationen von unabhängigen Variablen werden die Regressionsmodelle 15A bis 17 mit den abhängigen Variablen VWQ II (Basis: Gerichtlicher Verkehrswert) und VWQ III (Basis: Wert des technischen Büros) durchgeführt. Die detaillierteren Ergebnisse dieser Regressionen, inkl. Regressionskoeffizienten mit Standardabweichungen und den sonstigen Kennziffern der Modellspezifikation sind in
600
Aufgrund der weiterhin hohen Erklärungsdominanz der verschiedenen Verwertungsformen/Arten des Zahlungseingangs wird dieser Aspekt in Abschnitt 7.4 mit Hilfe der Kontingenz- und Diskriminanzanalyse vertieft untersucht. 601 Vgl. Abschnitt 4.7.4.
270 270
den Anhängen 4 und 5 dargestellt. Die Angaben in Klammern in den folgenden Ausführungen kennzeichnen das Vorzeichen des entsprechenden Regressionskoeffizienten und damit die Wirkungsrichtung des untersuchten Merkmals. Verwertungsquote II (Basis: Gerichtlicher Verkehrswert) Für die gewerblich fokussierte Modellreihe 15 fällt bei den Regressionen für die VWQ II als abhängige Variable besonders auf, dass die Erklärungskraft der eingeschlossenen Variablen insgesamt wesentlich geringer ist als für die Variation der VWQ I. Das korrigierte R²korr liegt im Modell 15A nur bei 23,8% (im Vergleich zu 52,7% für VWQ I) bzw. bei 20,0% im Modell 15B (im Vergleich zu 47,1%). Außer den unterschiedlichen Arten des Zahlungseingangs ist keiner der Regressionskoeffizienten signifikant von Null verschieden.602 Für Objektverwertungen aus privaten Kreditengagements ist dagegen die Erklärungskraft der in der Modellreihe 16 eingeschlossenen Faktoren deutlich höher als bei der Erklärung der VWQ I. Im Modell 16A, das in korrigierten Maßstäben 71,6% der Variation der VWQ II erklärt, sind neben den fünf Dummyvariablen für die Art des Zahlungseingangs die folgenden Faktoren mindestens auf dem 10%-Signifikanzniveau bedeutsam (in der Reihenfolge der abnehmenden Signifikanz der jeweiligen Regressionskoeffizienten): die Arbeitslosenquote (+) und der nominelle Grundschuldbetrag (-).603 Auch Modell 16B zeichnet sich für die VWQ II durch eine sehr hohe Erklärungskraft der Modellspezifikation aus. R²korr liegt mit 66,5% deutlich über den bisher beobachteten Werten.604 Zusätzlich zu den bereits im Modell 16A beschriebenen, relevanten Einflussfaktoren treten nunmehr folgende Faktoren durch mindestens auf dem 10%-Niveau signifikant von Null verschiedene Regressionskoeffizienten hervor:605 Erstrangigkeit der Grundschuld (+) und die Dummyvariable für ein anhängiges Insolvenzverfahren (-). Dies entspricht den in der Hypothese H5.1 und den Ausführungen zu KN1 erarbeiteten Vermutungen. Das positive Vorzeichen für den Regressionskoeffizienten der Arbeitslo602
Modell 15C mit VWQ II als abhängiger Variable wird nicht weiter berücksichtigt, da mit 97,8%iger Wahrscheinlichkeit nicht abgelehnt werden kann, dass die eingeschlossenen Variablen keinen Beitrag zur Erklärung der VWQ III leisten. 603 Die sonstigen Kennzahlen für Modell 16A (VWQ II) lauten: N = 193, Teststatistik Durbin-Watson = 2,085, Asymptotische Signifikanz des F-Tests = 0,000, R² = 0,760, R²korr = 0,716. 604 Die sonstigen Kennzahlen für Modell 16B (VWQ II) lauten: N = 193, Teststatistik Durbin-Watson = 2,134, Asymptotische Signifikanz des F-Tests = 0,000, R² = 0,715, R²korr = 0,665. 605 Im Vergleich zu Modell 16A verliert lediglich die Variable „Nomineller Grundschuldbetrag“ ihre 10%ige Signifikanz knapp.
271
senquote verwundert dagegen und widerspricht den bisherigen Ergebnissen für die VWQ I. Selbst ohne den Einschluss der WOP-bezogenen Faktoren können im privaten Bereich im Modell 16C noch 15,3% (= R²korr) der Variation der VWQ II erklärt werden.606 Am stärksten ist – wie auch bei der VWQ I – der positive Einfluss der Erstrangigkeit der Grundschuld (+).607 Zusätzlich weisen die Dummyvariable „Ackerland“ (-), die Entfernung zwischen abgebender Bank und Objektstandort (-) und die Objektortgröße (+) mindestens auf dem 10%-Niveau signifikante Regressionskoeffizienten auf. Für die Modellspezifikation 17608 bestätigt sich die hohe Erklärungskraft der bereits erläuterten Rangfolge des Besicherungsanspruchs (H5.1). Einen mindestens auf dem 5%-Niveau signifikante Regressionskoeffizienten hat nur das Merkmal Erstrangigkeit der Grundschuld (+). Die Signifikanzen für die Regressionskoeffizienten der Dummyvariablen „Kreditnehmer = Sicherungsgeber“, „Eigennutzung“ und des nominellen Grundschuldbetrags verschwinden dagegen im Vergleich zur Erklärung der VWQ I. Die Ergebnisse für die Erklärungsfaktoren der VWQ II sind insgesamt robust. Verwertungsquote III (Basis: Wert des technischen Büros) Für die VWQ III waren neben den Dummyvariablen „Kein Zahlungseingang“ und „Grundschuldablösung“ im Modell 15A609 überraschenderweise keine weiteren Merkmale relevant. Im Modell 15B spielt nur die Dummyvariable für die Eigennutzung des Objekts (-) neben den Dummyvariablen für die Art des Zahlungseingangs eine bedeutsame, mindestens auf dem 10%-Niveau signifikante Rolle. Hinsichtlich dieses negativen Einflusses der Eigennutzung widerspricht das Ergebnis den für die VWQ I bisher beobachteten Effekten, bestätigt aber die in Kapitel 4 gehegte Vermutung, dass eigengenutzte Objekte durch ihre tendenziell höhere Spezifität und aufgrund einer möglicherweise höheren Widerstandskraft des Eigentümers gegen die Verwertung niedrigere Zahlungseingänge erzielen als zuvor anhand des Verkehrswerts geschätzt wurde. Allerdings sollte diese 606
Die sonstigen Kennzahlen für Modell 16C (VWQ II) lauten: N = 193, Teststatistik Durbin-Watson = 1,979, Asymptotische Signifikanz des F-Tests = 0,001, R² = 0,259, R²korr = 0,153. Vgl. die Zusammenfassung zu Abschnitt 7.2.6.2 für eine kritische Diskussion dieses Ergebnisses. 608 Die Kennzahlen für Modell 20 (VWQ II) lauten: N = 337, Teststatistik Durbin-Watson = 1,932 , Asymptotische Signifikanz des F-Tests = 0,036, R² = 0,102, R²korr = 0,040. 609 Die sonstigen Kennzahlen für Modell 15A (VWQ III) lauten: N = 143, Teststatistik Durbin-Watson = 2,154, Asymptotische Signifikanz des F-Tests = 0,000, R² = 0,620, R²korr = 0,491. 607
272 272
Wirkungsrichtung der Variablen „Eigennutzung“ nicht überbetont werden, da es sich um einen nur einmalig signifikanten Effekt handelt.610 Für die Verwertungen aus privaten Kreditengagements (Modellreihe 16) fällt – wie bereits bei der VWQ II – auf, dass die Bestimmtheitsmaße deutlich höher sind als in den Analysen für die VWQ I. Im Modell 16A611 weisen die Dummyvariable „Kein Zahlungseingang“ (-), „Grundschuldablösung“ (+), „Versteigerung“ (+) und „gemischtes Objekt in mehreren Komplexen“ (-) hoch signifikante (5%-Niveau) Regressionskoeffizienten auf. Im Modell 16B612 sind neben den vier Dummyvariablen für die Art des Zahlungseingangs (+) keine weiteren eingeschlossenen Variablen bedeutsam. Im Modell 16C613 bestätigen sich die Dominanz der Erstrangigkeit der Grundschuld zur Erklärung der VWQ III sowie der positive Einfluss der Höhe des nominellen Grundschuldbetrags. Erstmals ist der Regressionskoeffizient für die Variable „Entfernung zwischen Objekt- und Bankstandort in km“ negativ und auf dem 10%-Niveau statistisch signifikant von Null verschieden. Dies würde ökonomisch bedeuten, dass die Verwertungsquoten von weit von der abgebenden Bank entfernt liegenden Objekten bzw. von Immobilien, die nicht im selben Bundesland wie die abgebenden Bank liegen, im Vergleich zur Bewertung durch das technische Büro deutlich unterdurchschnittliche Zahlungseingänge erzielen. Für die VWQ I würde dieses Ergebnis die Hypothese H11.2 bestätigen. Für die VWQ III ist es dagegen überraschend, da die unabhängige Wertermittlung durch Sachverständige des technischen Büros eigentlich Auf- oder Abschläge durch Objektstandorte internalisieren sollte. Entfernungen zur abgebenden Bank sind für die Definition der VWQ III grundsätzlich nicht relevant, da die Expertise des technischen Büros standortunabhängig ist. Dieses Ergebnis wird allerdings aufgrund seines nur einmaligen Auftretens nicht genauer untersucht. In der Ex-Ante-Modellspezifikation (Modell 17) fällt wiederum der deutliche negative Einfluss der Entfernung zwischen Bank- und Objektstandort sowie zusätzlich der Tatsa-
610 Modell 15C mit VWQ III als abhängiger Variable wird nicht weiter berücksichtigt, da mit 46,1%iger Wahrscheinlichkeit nicht abgelehnt werden kann, dass die eingeschlossenen Variablen keinen Beitrag zur Erklärung der VWQ III leisten. 611 Die Kennzahlen für Modell 16A (VWQ III) lauten: N = 175, Teststatistik Durbin-Watson = 2,131, Asymptotische Signifikanz des F-Tests = 0,000, R² = 0,737, R²korr = 0,682. 612 Die Kennzahlen für Modell 16B (VWQ III) lauten: N = 175, Teststatistik Durbin-Watson = 2,023, Asymptotische Signifikanz des F-Tests = 0,000, R² = 0,619, R²korr = 0,543. 613 Die Kennzahlen für Modell 16C (VWQ III) lauten: N = 175, Teststatistik Durbin-Watson = 1,854 , Asymptotische Signifikanz des F-Tests = 0,036, R² = 0,210, R²korr = 0,084.
273
che, ob das Objekt im selben Bundesland wie der Bankhauptsitz liegt, auf, ohne dass hierfür eine ökonomische Erklärung gefunden werden kann.614 Zusammenfassung Insgesamt können die bisherigen Ergebnisse für die VWQ I trotz der unterschiedlichen Definitionen und der damit verbundenen verzerrten Fallauswahl und geringeren Fallanzahl615 teilweise bestätigt werden. Hierzu gehört die grundlegende Erkenntnis, dass ein Großteil der Varianz in der Verwertungsquote durch den Einschluss von Dummyvariablen für die unterschiedlichen Arten des Zahlungseingangs erklärt wird. Des Weiteren kann trotz verschiedener Definitionen der Verwertungsquote bestätigt werden, dass die potenziellen Einflussfaktoren allein ohne die Verwertungsform nur einen sehr geringen Erklärungsbeitrag zur Variation der Sicherheiten-Verwertungsquoten leisten. Vielfach kann – wie auch in den Regressionsanalysen der VWQ I – ohne Einschluss der WOPbezogenen Unterscheidungen mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar nicht ausgeschlossen werden, dass das Bestimmtheitsmaß der jeweiligen Modellspezifikation Null ist. Hinsichtlich der Relevanz einzelner sonstiger Merkmale einer Immobilienverwertung wiederholen sich einige Ergebnisse der Analysen für die VWQ I. Über alle Modelle für die VWQ II und die VWQ III kann der Einfluss der folgenden, nicht-WOP-bezogenen Variable bestätigt werden: Erstrangigkeit der Grundschuld. Die Bedeutung der Erstrangigkeit der Grundschuld – sowohl für die VWQ II als auch für die VWQ III – ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht derart überraschend wie bei der VWQ I. Da die Objekteinschätzung des gerichtlichen Gutachters und des technischen Büros lediglich auf den Verkehrswert zielt und regelmäßig grundbuchliche Vorlasten nicht berücksichtigt, schlägt sich der Einfluss der Vor- bzw. Nachrangigkeit der zu verwertenden immobilen Forderung erst in der Berechnung der relativen VWQ II bzw. III durch. Die VWQs II/III von erstrangig besicherten Immobilien sind daher deutlich höher. 614 Die sonstigen Ergebnisse über die Einflüsse einzelner Faktoren sind sehr ähnlich zu denen für die VWQ I. Die Kennzahlen lauten für Modell 17: N = 335, Teststatistik Durbin-Watson = 2,053, Asymptotische Signifikanz des F-Tests = 0,002, R² = 0,132, R²korr = 0,071. 615 Die Fallauswahl ist verzerrt, weil nur in ausgewählten Fällen eine Bewertung des Objekts durch einen gerichtlichen Gutachter oder das technische Büro vorgenommen wurde (vgl. Abschnitt 6.2.2.3). Insbesondere werden regelmäßig solche Verwertungsobjekte nicht von Externen bewertet, bei denen 1. eine Verwertung von vornherein aussichtslos erscheint (d.h. kein Zahlungseingang erwartet wird), 2. von vornherein ein derart geringer Wert angenommen wird, dass sich eine externe Bewertung bzw. die Einleitung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens aus Kosten-Nutzen-Kalkülen nicht lohnt oder 3. kurzfristig nach Verwertungsbeginn ein freihändiger Verkauf, eine Grundschuldablösung oder ein sonstiger Verwertungserfolg erzielt werden konnte.
274 274
Außerdem kann festgehalten werden, dass für die Erklärung der VWQ II und VWQ III auch gänzlich andere Einflüsse eine Rolle spielen als bei der VWQ I. Für die VWQ III sind z.B. die Variablen zur geografischen Lage der Immobilie bedeutend. Die Erklärungskraft der verwendeten Regressionsmodelle ist überwiegend deutlich größer. Ein möglicher Grund könnte sein, dass die Verwertungsquoten auf Basis des gerichtlichen Verkehrswerts und des Werts des technischen Büros trotz der Nichtberücksichtigung valutierender Vorlasten einheitlicher bzw. in sich homogener sind. Dies hängt möglicherweise damit zusammen, dass für die gerichtlichen Gutachter und die Gutacher des technischen Büros einheitliche, anerkannte Richtlinien zur Verkehrswertermittlung616 existieren und der Verkehrswert generell zeitnah zur Verwertung ermittelt worden ist. Für die letzte Bewertung der abgebenden Bank ist dagegen nicht bekannt, nach welchem Verfahren und zu welchem Zeitpunkt die Werteinschätzung erfolgt ist. Dies erklärt auch die deutlich geringere Standardabweichung für die VWQ II und VWQ III im Vergleich zur VWQ I,617 wodurch die Erklärung möglicher Einflussfaktoren mittels Regressionsanalyse erleichtert wird. 7.2.6.3 Robustness-Checks Im Rahmen der Robustness-Checks zur Erklärung der Verwertungsquote werden die vorgestellten Regressionen am gesamten, willkürlich zusammengesetzten Datensatz aller 986 recherchierten Verwertungsfälle (ohne Rücksicht auf eine möglicherweise vorgenommene Auf- oder Abwertung) durchgeführt.618 Als endogene, zu erklärende Variable wird wiederum die VWQ I verwendet.619 Außerdem werden die Regressionsmodelle 1 bis 14 nochmals auf Basis derselben zufälligen Auswahl von 693 Verwertungsfällen durchgeführt.620 Allerdings wird als zu erklärende, abhängige Variable nicht die undiskontierte VWQ I verwendet, sondern die VWQ I auf Basis der auf- bzw. abgezinsten Endwerte (VWQ I Endwert). Bei dieser Definition der Verwertungsquote werden die erreichten Zahlungseingänge auf den Zeit616
Vgl. Abschnitt 3.3.4.2. Vgl. Abschnitt 6.2.2. Die Standardabweichung beträgt dort für die VWQ I 0,8117; für die VWQ II 0,3982 und für die VWQ III 0,5983. 618 Der Ausschluss der Verwertungsfälle, deren VWQ größer als 10 ist oder die durch Ratenzahlungsbzw. Vergleichsvereinbarungen oder Lästigkeitsprämien gelöst werden konnten, wird beibehalten. Vgl. Abschnitt 5.2. 619 Die detaillierten Ergebnisse der entsprechenden Regressionsanalysen können bei der Autorin angefordert werden. 620 Vgl. Abschnitt 7.1.4.1. 617
275
punkt des Endes des planmäßigen 36-monatigen WOPs diskontiert. Wenn eine Immobilie vor Ende der Bearbeitungsfrist verwertet werden konnte, wird der erzielte Cashflow entsprechend aufgezinst.621 Auf diese Weise soll ein möglicher Effekt des zeitlichen Anfalls der Verwertungseinzahlungen herauskristallisiert werden.622 Überprüfung auf Basis des gesamten Datensatzes (max. 986 Verwertungsfälle) Aufgrund der deutlich erhöhten Fallanzahl, die in die Regressionsanalysen einfließen kann, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich mehr Faktoren als relevant erweisen, weil statistische Signifikanzen aufgrund des höheren Informationsgehalts im Datensatz besser nachweisbar sind. Inhaltlich gravierender sind dagegen „Wegfälle“ von bisher signifikanten Einflüssen. Nicht berichtet werden marginale Änderungen von bereits erläuterten Signifikanzen zwischen 0% und 10% sowie Ergebnisse für die Konstanten der jeweiligen Regressionsgleichungen. Die Veränderungen der Ergebnisse sind im Folgenden stets im Vergleich zu den Analysen auf Basis des zufälligen Datensatzes mit 693 Verwertungsfällen zu verstehen. Wenn von „zusätzlichen“ signifikanten Ergebnissen die Rede ist, handelt es sich dabei um Faktoren, deren Einfluss in der bisherigen Analyse der VWQ I nicht statistisch nachweisbar war.623 x
Im Modell 5 hat ferner die Tatsache, dass der Kredit als privat eingestuft wird, einen negativen Einfluss auf die VWQ I.
x
Im Modell 7 zeigt das Vorhandensein weiterer Sicherheiten keinen auf dem 10%-Niveau signifikant von Null verschiedenen Regressionskoeffizienten.
x
Im Modell 8 stellt sich zusätzlich die Dummyvariable für die Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber (+) als bedeutsam (auf dem 5%-Niveau) heraus.
x
Auch im Modell 10 wiederholt sich die zusätzliche, signifikante Bedeutung der Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber (+).
621
Vgl. Abschnitt 6.2. Die detaillierten Ergebnisse der entsprechenden Regressionsanalysen können bei der Autorin angefordert werden. 623 Aufgrund der sehr schlechten Anpassungsgüte der Gesamtmodelle 4, 6, 9 und 15C, die sich auch in diesen Robustness-Checks bestätigt, werden diese Modelle vernachlässigt. Die Angaben in Klammern beziehen sich im Folgenden auf das Vorzeichen des entsprechenden Regressionskoeffizienten, d.h. auf die entsprechende Wirkungsrichtung des Einflussfaktors. 622
276 276
x
Im Modell 11 ist die Dummyvariable „Objektstandort Ostdeutschland“ nicht mehr bedeutsam. Gleichzeitig ist aber erneut ein auf dem 1%-Niveau signifikanter Regressionskoeffizient für die Dummyvariable „Kreditnehmer = Sicherungsgeber“ (+) feststellbar.
x
Im Modell 12 zeigen sich zusätzlich die Regressionskoeffizienten für die Dummyvariablen „Weitere Sicherheiten vorhanden“ (+), „persönliche Haftung“ (-), „Kreditnehmer = Sicherungsgeber“ (+) und „Eigennutzung“ (+) als auf dem 5%Niveau signifikant von Null verschieden. Nicht mehr bedeutsam ist wiederum die Dummyvariable „Objektstandort Ostdeutschland“.
x
Modell 13 offenbart eine zusätzliche, mindestens auf dem 10%-Niveau signifikante Bedeutsamkeit der Dummyvariablen „Weitere Sicherheiten vorhanden“ (+), „Rettungserwerb“ (+), „Kreditnehmer = Sicherungsgeber“ (+), „persönliche Haftung“ (-) und „Eigennutzung“ (+).
x
In Modell 14 ist zusätzlich die Dummyvariable „Rettungserwerb“ (+) statistisch signifikant sowie die „Kundenart privat“ (+).
x
Auch in der „gewerblichen Modellreihe“ 15 wiederholen sich Effekte der bisherigen Robustness-Checks. Die Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber zeigt einen schwach positiven Einfluss auf die VWQ I (Modell 15A und 15B). Außerdem verstärkt sich die Signifikanz des positiven Regressionskoeffizienten für die Verwertungsform „Rettungserwerb“ im Modell 15A auf eine Irrtumswahrscheinlichkeit von maximal nur noch 5%. Keine statistische Bedeutsamkeit ist mehr nachweisbar für die Branche „Dienstleistungen“ (Modell 15A).
x
Die Ergebnisse für Verwertungsfälle von privaten Kreditengagements (Modelle 16A/B/C) erweisen sich als ebenfalls sehr stabil. Es verstärkt sich die Bedeutung der beiden Regressionskoeffizienten für die Dummyvariable „Eigennutzung“ (Modell 16A/B). Im Modell 16A sind zusätzlich die Dummyvariablen „Insolvenz anhängig“ (-) und „Versteigerung“ (+) auf dem 10%-Niveau signifikant, im Modell 16B die Dummyvariable „Weitere Sicherheiten vorhanden“.
x
Für die Ex-Ante-Modellspezifikationen (Modelle 17) zeigt sich zusätzlich ein auf dem 10%-Niveau signifikant von Null verschiedener Regressionskoeffizient für die Dummyvariable „Objekt Acker“.
277
Die Erklärungskraft der Regressionsmodelle – gemessen durch das (korrigierte) Bestimmtheitsmaß und die Signifikanz des F-Tests – ist im Vergleich zu den Ergebnissen des zufälligen Datensatzes nahezu unverändert. Die (statistische) Relevanz der einzelnen Einflussfaktoren und Kontrollmöglichkeiten sowie die (kombinierte) Erklärungskraft dieser Faktoren auf die Verwertungsquote werden mit diesen Regressionen an der willkürlichen, umfangreicheren Fallbasis somit grundlegend bestätigt. Lediglich einige wenige Faktoren, deren Regressionskoeffizienten auch in den Analysen des zufälligen Datensatzes nur schwach signifikant waren, verlieren diese Relevanz. Die neu auftretende Signifikanz einiger Regressionskoeffizienten (insbesondere der Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber und „Weitere Sicherheiten vorhanden“) verwundert nicht, da in diesen Robustness-Checks ein größerer Datensatz zur Bestätigung eines eventuellen Einflusses im Sinne von statistischer Signifikanz vorliegt und die betroffenen Einfluss- bzw. Kontrollfaktoren schon in den bisherigen Regressionen mit dem zufälligen Datensatz teilweise relevant waren. Insgesamt können die Ergebnisse für die Erklärung der VWQ I somit als robust bezeichnet werden. Überprüfung auf Basis des zufälligen Datensatzes mit VWQ I Endwert624 Bei der Analyse der Regressionsmodelle 1 bis 16 zur Erklärung der diskontierten VWQ I auf Basis der Endwerte der Zahlungseingänge stellen sich die bisherigen Ergebnisse als sehr robust heraus. Die Regressionskoeffizienten sind hinsichtlich Höhe und Vorzeichen nahezu unverändert und variieren überwiegend nur im hinteren Nachkommabereich. Es treten lediglich kleinere Veränderungen der asymptotischen Signifikanzen der Regressionskoeffizienten auf, die nur sehr vereinzelt zu einer Änderung der Klassifizierung anhand der 1%-, 5%- oder 10%-Signifikanzniveaus führen.625
624
Da die diskontierten Endwerte der Verwertungseinzahlungen nicht vollständig recherchierbar waren, umfasst der zufällige Datensatz nicht wie bisher maximal 693 Verwertungsfälle, sondern lediglich 689 Fälle. 625 Neben den Verschiebungen zwischen 1%-, 5%- oder 10%-Signifikanzniveaus kann Folgendes festgehalten werden: Im Modell 7 ist die Dummyvariable „Weitere Sicherheiten vorhanden“ nicht mehr auf dem 10%-Niveau signifikant von Null verschieden. Im Modell 9 ist die Dummyvariable für die Eigenschaft „Kreditnehmer = Sicherungsgeber“ nunmehr auf dem 10%-Niveau signifikant von Null verschieden. Im Modell 11 verschwindet die signifikante Bedeutung der Einwohnerzahl am Objektstandort. Im Modell 12 ist die Dummyvariable „Rettungserwerb“ ohne statistisch signifikanten Einfluss. Im Modell 14 zeigt der Regressionskoeffizient für die Dummyvariable „Eigennutzung“ keinen deutlich positiven Einfluss auf die Verwertungsquote.
278 278
An den Interpretationen und Erläuterungen der vorangegangenen Abschnitte ändert sich durch den Einbezug des Faktors „Zeitpunkt des Zahlungseingangs“ in Form der diskontierten Verwertungsquote nichts. Die bisher getroffenen Aussagen und Interpretationen sind auch für die Erklärung der VWQ I auf Basis der Endwerte gültig. Es kann somit gefolgert werden, dass die Schnelligkeit bzw. Langsamkeit einer Verwertung bei einer Diskontierung zum jeweils gültigen Refinanzierungssatz der verwertenden Bank keinen relevanten Effekt auf die Bedeutung der Einflussfaktoren der SicherheitenVerwertungsquote hat. Dies bestätigt das Ergebnis des Modells 12, in dem der Regressionskoeffizient für die WOP-Dauer nicht statistisch signifikant von Null verschieden ist. Ein Effekt erscheint hierbei nur in der univariaten Analyse (vgl. Abschnitt 7.2.5.1) nachweisbar und verschwindet bei gleichzeitiger Kontrolle für andere Einflüsse. 7.2.7
Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse
In Tabelle 69 und Tabelle 70 sind die Ergebnisse der uni- und multivariaten Analysen für die potenziellen Einflussfaktoren auf die VWQ I zusammengefasst. Die Einschätzung „keine sig. (signifikanten) Ergebnisse“ erfolgt grundsätzlich, wenn die entsprechenden statistischen Tests überwiegend nicht mindestens auf dem 5%-Niveau signifikant sind. Zum gleichen Konfidenzniveau sind die Ergebnisse hinsichtlich negativer (-) und positiver (+) Zusammenhänge sowie hinsichtlich des Einflusses ausgewählter Gruppen des jeweiligen Einflussfaktors bewertet worden. Zeigen verschiedene Tests unterschiedliche Ergebnisse, so ist dies im entsprechenden Feld vermerkt. Vor der konkreten Zusammenfassung der Ergebnisse sei kurz an die Problematik hoher Multikollinearitäten und daraus folgender verzerrter Schätzungen erinnert.626 Geringe Toleranzkoeffizienten sind in dieser Arbeit insbesondere beim Einschluss von Dummyvariablen zu beobachten, welche eine kategoriale Variable aufspalten, so bspw. beim Einschluss der Dummyvariablen für die Objektart (Modell 10) und die Art des Zahlungseingangs (Modelle 12-14). In Modellen mit vielen exogenen Variablen (bspw. Modell 12) ist außerdem der Toleranzkoeffizient für die Arbeitslosenquote regelmäßig kleiner als 0,2. Eine Erklärung für diese Auffälligkeit ist der Autorin bislang nicht ersichtlich. Insgesamt ist das Problem von Multikollinearitäten in dieser Arbeit auf einen Mangel an Informationsgehalt bzw. auf das Verarbeiten vieler kategorialer Merkmale
626
Vgl. Abschnitt 7.1.4.3.
279
durch Dummyvariablen zurückzuführen, für die es keine Lösungsmöglichkeiten durch verbesserte Verfahren gibt. Außerdem ist nochmals zu betonen, dass in der letzten Bewertung der abgebenden Bank „eigentlich“ alle preisbeeinflussenden Faktoren, die bereits vor Übertrag des Engagements vorliegen, richtig abgebildet sein sollten. Bei korrekter Einschätzung der Immobiliensicherheit wäre die VWQ I dann im Mittelwert 1. Um den Wert 1 ergäben sich Über- und Unterschätzen des Grundpfandrechts aufgrund von Faktoren die nicht in der letzten Bewertung berücksichtigt werden können (z.B. der Kooperationsbereitschaft oder der Art des Zahlungseingangs). Dass der vorliegende Datensatz diesem theoretischen Ideal nicht entspricht, ist im Verlauf der Analyse deutlich geworden. Die Ergebnisse der systematischen Einflussfaktoren auf deutlich höhere oder niedrigere VWQs I werden im Folgenden zusammengefasst.
KN-bez. Faktoren
Basis-Faktoren
Einflussfakor
MakroökonoH1 mische Faktoren
Vermuteter Zusammenhang
Vorläufiges Ergebnis der univariaten Analyse (VWQ I)
Ergebnis der multivariaten Analyse (VWQ I)
BIP-Wachstum p.a.
+
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
Inflationsrate p.a.
+
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
Arbeitslosenquote
-
-
-
Faktoren aus Verhaltensrisiken des KreditH2 nehmers: kooperativer Kreditnehmer?
Kooperationsbereitschaft (0, 1) - eigene Einschätzung
+
+
+
H3 Branche
diverse Branchen der selbstständigen und/oder gewerblichen Tätigkeit (0, 1)
o
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
Tabelle 69: Zusammenfassung: Ergebnisse für die potenziellen Basis- und kreditnehmerbezogenen Einflussfaktoren. („-„ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter negativer Einfluss; „+“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter positiver Einfluss; „o“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter Einfluss ausgewählter Gruppen des Einflussfaktors; „kein sig. Ergebnis“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau kein statistisch signifikanter Einfluss.)
Basis-Faktoren Hinsichtlich der makroökonomischen Faktoren (H1) liefert lediglich der Indikator Arbeitslosenquote einen deutlichen Hinweis auf einen negativen und damit hypothesenbestätigenden Einfluss. Das BIP-Wachstum und die Inflationsrate haben im untersuch-
280 280
ten Datensatz keine Bedeutung zur Erklärung der Sicherheiten-Verwertungsquote. Hinsichtlich der Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers (H2) überzeugt die Einschätzung der Autorin auf Basis des Kreditaktenstudiums mit statistisch signifikantem, positivem Effekt. Kreditnehmerbezogene Faktoren Nicht hypothesenunterstützend ist, dass keine signifikanten Unterschiede in den Verwertungsquoten der Kreditnehmer unterschiedlicher Branchen (H3) im Datensatz gefunden werden können. Die bedeutsamen Ergebnisse hinsichtlich der Branche „Verkehr und Nachrichtenübermittlung“ sind zurückhaltend zu beurteilen, da diese nur in Regressionen mit rein gewerblichen Kreditnehmern vorkommen und angesichts der geringen Fallanzahl nur wenig Aussagekraft haben. Kreditengagementbezogene Faktoren Kein einheitlich signifikanter Zusammenhang kann für die Frage festgestellt werden, ob neben der untersuchten grundpfandrechtlichen Besicherung noch weitere und, wenn ja, welche sonstigen Sicherheiten zur Verwertung vorhanden sind (H4). Lediglich das Vorhandensein von Zessionen scheint die Immobilien-Verwertungsquote ohne Kontrolle für sonstige Einflüsse positiv zu beeinflussen. Wie vermutet worden ist, spielt der Rang der grundpfandrechtlichen Besicherung (H5) eine wesentliche Rolle für die Höhe der Sicherheiten-Verwertungsquote. Erstrangige Grundschulden haben hoch signifikant höhere Verwertungsquoten als nachrangige Grundpfandrechte. Univariat kann auch bestätigt werden, dass die Verwertungsquote umso geringer ist, je höher die valutierenden Vorlasten sind.627 Multivariat wiederholt sich dieser Einfluss allerdings nicht in jeder Modellspezifikation. Die
Dauer
der
Kreditbeziehung
(H6)
weist
keine
signifikante
Korrelati-
on(skoeffizienten) mit der VWQ I auf und scheint somit keinen Einfluss auf den relativen Verwertungserfolg zu haben. 627
Dieses Ergebnis ist nicht ganz so trivial, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn eigentlich sollte die letzte Bewertung der abgebenden Bank in der Einschätzung des Grundpfandrechts Vorlasten bereits berücksichtigen, so dass sich im relativen Vergleich zu den erreichten Ist-Werten keine überdurchschnittlich hohen Verwertungsquoten ergeben können. Andererseits muss festgehalten werden, dass, sobald die letzte Bewertung der abgebenden Bank bspw. aufgrund hoher valutierender Vorlasten gleich Null ist und trotzdem Zahlungseingänge realisiert werden konnten, eine Berechnung der VWQ I mathematisch nicht möglich ist. Diese Fälle gehen daher nicht in die Analyse ein, was einen Teil des negativen Effekts erklären könnte.
281
Sicherheitenbezogene Faktoren Für die unterschiedlichen Objektarten (H7), insbesondere für Ackerflächen/unbebautes Land (ohne Baugenehmigung) bzw. ETWs, können deutlich unter- bzw. überdurchschnittliche Verwertungsquoten festgestellt werden. Diese bestätigen sich in den Regressionsanalysen allerdings nur sehr vereinzelt. Die Lage der Immobilie (H8) – ausgedrückt durch den Standort in einem Bundesland bzw. in Ost-/Westdeutschland – ist bedeutend für den relativen Verwertungserfolg. Im Vergleich der Mittelwerte zeigen insbesondere Objekte in Baden-Württemberg (+) und in Sachsen-Anhalt (-) klar andere Verwertungsquoten als im sonstigen Durchschnitt. In den Regressionsanalysen kann aber nur ein signifikant von Null verschiedener, positiver Regressionskoeffizient für die Dummyvariable Ostdeutschland festgestellt werden, obwohl diese univariat einen anderen Eindruck vermittelt hatte. Ein möglicher Grund ist der Einfluss von Rettungserwerben in Ostdeutschland sowie die gleichzeitige Kontrolle für sonstige Effekte, wie z.B. die Arbeitslosenquote und das BIP-Wachstum. Die Entfernung zwischen Objektstandort und Bank-Hauptsitz spielt insgesamt keine bedeutende Rolle für die Variation der Verwertungsquote. Die Einwohnerzahl am Objektstandort zeigt einen monoton positiven, aber keinen linearen Einfluss auf die Sicherheiten-Verwertungsquote. Dies erklärt, warum nur einige Regressionsmodelle einen leicht signifikanten Regressionskoeffizienten berechnen.628 WOP-bezogene Faktoren Hinsichtlich der WOP-bezogenen potenziellen Einflussfaktoren (H9) kann aus der univariaten Korrelationsanalyse ein signifikant negativer Zusammenhang der VWQ I mit der Dauer zwischen Kreditkündigung und Übertrag sowie ein signifikant positiver Zusammenhang mit der WOP-Dauer festgehalten werden. Diese Einflüsse bestätigen sich multivariat – unter Kontrolle für sonstige Effekte – allerdings nicht.
628 Dieser positive Effekt könnte auch durch den Einfluss der Größe des Objektstandorts auf den durchschnittlichen Objektwert hervorgerufen werden, der wiederum hoch mit der Verwertungsquote korreliert ist. Dies ist ein möglicher Grund, warum ein Einfluss in den multivariaten Analysen nicht mehr deutlich auftritt.
282 282
WOP-bezogene Faktoren
Sicherheitenbezogene Faktoren (Immobilie)
Kreditengagementbezogene Faktoren
Einflussfakor
H4
H5
ja, nein (0, 1) Besicherung außer Grund- diverse Arten der sonstigen Besicherung schuld? (0, 1) Erstrangige Grundschuldbesicherung Rang der Grundschuld- (0, 1) Besicherung Valuta der vorrangigen Rechte in T-Euro
VermuVorläufiges Erteter gebnis der uniZusamvariaten Analyse men(VWQ I) hang
Ergebnis der multivariaten Analyse (VWQ I)
-
kein sig. Einfluss
(+)
o
kein sig. Einfluss, außer Zession (+)
nicht untersucht
+
+
+
-
-
kein sig. Einfluss
H6
Dauer der KreditBeziehung
Dauer der bisherigen Kreditbeziehung (Datum Grundschuldbestellung bis Kreditkündigung) in Monaten
-
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
H7
Art der Immobilie
diverse Immobilienarten (0, 1)
o
o insbes. Gruppe Ackerfläche (-), ETW (+)
kein sig. Einfluss
Objektstandort (Bundesland)
o
o insbes. Badenkein sig. Einfluss Württemberg (+), Sachsen-Anhalt(-)
Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km
?
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abg. Bank (0, 1)
+
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts in 100.000 Einwohnern)
+
+
kein sig. Einfluss
Dauer von Kreditkündigung bis Übertrag in Monaten
-
-
kein sig. Einfluss
Workout-ProzessDauer in Monaten
-
+
kein sig. Einfluss
diverse Arten des Zahlungseingangs (0, 1)
o
o
o
H8
H9
Lage der Immobilie
Art und Intensität des WorkoutProzesses
Tabelle 70: Zusammenfassung: Ergebnisse für die potenziellen kreditengagement-, sicherheiten- und WOP-bezogenen Einflussfaktoren. („-„ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter negativer Einfluss; „+“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter positiver Einfluss; „o“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter Einfluss ausgewählter Gruppen des Einflussfaktors; „kein sig. Ergebnis“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau kein statistisch signifikanter Einfluss.)
283
Die unterschiedlichen Arten des Zahlungseingangs erklären naturgemäß den größten Anteil der Variation der VWQ I. Hiermit kann insbesondere zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Verwertungen unterschieden werden, was einen Großteil der Streuung der Verwertungsquote ausmacht. Aber neben der Unterscheidung zwischen Nullwerten und positiven Verwertungsquoten ist auch auffällig, dass die verschiedenen Abwicklungsformen zu deutlich unterschiedlichen Verwertungsquoten führen. Dies gilt – wie in der Modellreihe 18 gezeigt – auch in der Untersuchung der ausschließlich positiven Verwertungsquoten. Mögliche Kontrollvariablen Tabelle 71 fasst die Ergebnisse für die möglichen Kontrollgrößen zusammen. Die kreditnehmerbezogenen Kontrollmöglichkeiten haben insgesamt keinen robusten, deutlichen Einfluss auf die Höhe der Verwertungsquote. Vereinzelte Einflüsse können hinsichtlich der finanziellen Angespanntheit des Kreditnehmers festgestellt werden. Gar keinen Einfluss hat insbesondere die Frage nach der persönlichen Haftung des Kreditnehmers. Die Bedeutung der kreditengagementbezogenen Faktoren ist deutlich stärker ausgeprägt. Insbesondere die nominelle Höhe des grundpfandrechtlichen Anspruchs ist ein deutliches Anzeichen für einen guten Verwertungserfolg. Überdurchschnittliche Verwertungsergebnisse können auch erzielt werden, wenn Kreditnehmer und Sicherungsgeber, d.h. Eigentümer der Immobilie, identisch sind. Die sicherheitenbezogenen Kontrollmöglichkeiten, die das immobile Verwertungsobjekt konkretisieren, spielen für den relativen Verwertungserfolg keine nachweisbare Rolle. Dies lässt vermuten, dass diese Merkmale der Immobilie bereits in der letzten Bewertung der abgebenden Bank (bzw. in den anderen Werteinschätzungen) korrekt berücksichtigt worden sind bzw. zumindest keinen systematischen Über- oder Unterbewertungen unterliegen. Interessant ist die Tatsache, dass die Verwertungsquote positiv von der Tatsache beeinflusst wird, dass ein Objekt eigengenutzt wird. Dieser Effekt wird auch nicht überlagert von der Einschätzung der Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers.
284 284
Kontrollgrößen
Ver muteter Einfluss
Vorläufiges Ergebnis der univariaten Analyse (VWQ I)
Ergebnis der multivariaten Regressionsanalyse (VWQ I)
Finanzielle AngeKN1 spanntheit des Kreditnehmers
Insolvenz anhängig (0, 1)
-
kein sig. Einfluss
(-)
KN2 Gesellschaftsform
persönliche Haftung (0, 1)
-
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
KN3 Kundenart
Privater Verwendungszweck (0, 1)
-
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
Umfang der Grundschuld-Besicherung
Nomineller Grundschuldbetrag in TEuro
+
+
+
Sicherheitenstellung KE2 durch Drittsicherungsgeber?
Kreditnehmer gleich Sicherungsgeber (0, 1)
o
+ kein sig. Einfluss laut Median-Test
(+)
?
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
-
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
+
kein sig. Einfluss
(+)
-
kein sig. Einfluss
-
KE1
S1 S2
Spezifika der Immobilie
S3
Art der Immobiliennutzung
W1
Werthaltigkeit der Immobilie
ln(Wohn/Nutzfläche (qm)) Objektalter in Jahren Eigennutzung (0, 1) Abwertung während des WOP in T-Euro
Tabelle 71: Zusammenfassung: Ergebnisse für die möglichen Kontrollgrößen. („-„ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter negativer Einfluss; „+“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter positiver Einfluss; „o“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter Einfluss ausgewählter Gruppen des Einflussfaktors; „kein sig. Ergebnis“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau kein statistisch signifikanter Einfluss.)
Die WOP-bezogene Auf- bzw. Abwertung, die auf den Objektwert vorgenommen werden kann, spiegelt den relativen Erfolg der tatsächlichen Verwertung richtig wider. Bei hohen Abwertungen können letztlich auch nur schlechte Verwertungsquoten erzielt werden. Aufwertungen führen zu überdurchschnittlich guten Verwertungsergebnissen. Dies bestätigt die Vermutung zu dieser Kontrollvariable und bedeutet, dass das „Gefühl“, welches die mit der Verwertung betrauten Mitarbeiter während des WOPs über den zu erwartenden Erfolg entwickeln, tendenziell richtig ist.629
629
Die Frage, ob die vorgekommenen Auf-/Abwertungen ausreichend sind, ist nicht einfach zu beantworten. Als erste Annäherung an die Beantwortung dieser Frage ist eine neue Variable definiert worden: Bew_Abw_errIst = (Letzte Bewertung der abgebenden Bank) – (Abwertung) – (Erreichte Istwerte). Wenn die Abwertung in jedem Fall exakt richtig ist, so müsste die Variable Bew_Abw_errIst immer den Wert Null annehmen. Tatsächlich liegt auch der Median bei Null, d.h. in 163 von 693 (23,5%) trifft die Abwertung genau die realisierte Differenz zwischen letzter Bewertung und tatsächlich erreichten Istwerten. Der Mittelwert von Bew_Abw_errIst beträgt ebenfalls nur -6,47 T-Euro. Bei dieser Auswertung sind
285
Vergleich mit bisherigen Studien zu Sicherheiten-Verwertungsquoten Tabelle 72 vergleicht die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit mit denen ausgewählter anderer Studien.630
Einflussfakor
H1
Makroökonomische Faktoren
Vermuteter Zusammenhang
Vorläufiges Ergebnis der univariaten Analyse (VWQ I)
Ergebnis der multivariaten Analyse (VWQ I)
+
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
+
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
-
-
-
Ergebnis anderer Studien kein Einfluss: Grunert 2005 positiver Einfluss: Franks/de Servigny/ Davydenko 2004
H3
Branche
o
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
kein Einfluss: Grunert 2005
H7
Dauer der Kreditbeziehung
-
kein sig. Einfluss
kein sig. Einfluss
kein Einfluss: Grunert 2005
-
-
kein sig. Einfluss
H9
Art und Intensität des Workout-Prozesses
kein Einfluss: Grunert 2005
-
+
kein sig. Einfluss
negativer Einfluss: Grunert 2005
Tabelle 72: Vergleich der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit mit ausgewählten sonstigen Studien. („-„ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter negativer Einfluss; „+“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter positiver Einfluss; „o“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikanter Einfluss ausgewählter Gruppen des Einflussfaktors; „kein sig. Ergebnis“ = auf dem 5%-Konfidenzniveau kein statistisch signifikanter Einfluss.)
Die Ergebnisse dieser Arbeit haben bisher ergeben, dass die immobile SicherheitenVerwertungsquote nur bedingt vom makroökonomischen Umfeld (H1) abhängt. Das BIP-Wachstum und die Inflationsrate zeigen keinen bedeutenden Einfluss auf die Variation der Verwertungsquote, wohingegen die Arbeitslosenquote ein (signifikant) negatives Gewicht hat. Grunert 2005 stellt insgesamt keinen Einfluss makroökonomischer Faktoren auf die Sicherheiten-Verwertungsquote (über alle Sicherheitenarten) fest. Hierzu untersucht er die Variablen Veränderung des BIPs, Interbankenzinssatz, Abschreibungsquote der Banken, Ausfallraten nach S&P, ifo-Index und Inflationsrate mit Hilfe einer univariaten Korrelationsanalyse. In einer noch unveröffentlichten Weiter-
alle 693 Verwertungsfälle integriert, d.h. auch die Fälle, in denen keine Auf-/Abwertung vorgenommen worden war. Ohne diese „unveränderten“ Fälle ist der Median ebenfalls bei Null, der Anteil der Nullwerte liegt bei 22,6%. Allerdings wird der Mittelwert durch einen sehr extremen Ausreißer verzerrt. 630 Ein Vergleich mit der Studie Davydenko/Franks 2008 wird nicht vorgenommen, da dieser lediglich die Höhe der Sicherheiten-Verwertungsquote angibt, aber keine Untersuchung der Einflussfaktoren vornimmt.
286 286
entwicklung der Studie631 analysiert er darüber hinaus die Arbeitslosenquote und die regionale Veränderung des BIPs nach Bundesländern, die auch in dieser Arbeit verwendet werden. Mittels Regressionsanalysen unter Kontrolle für die Unternehmensgröße des ausgefallenen Kreditnehmers und den Zeitpunkt des Kreditausfalls (vor/nach der Insolvenzrechtsreform im Jahr 1999) ist auch hierbei kein signifikanter Einfluss messbar.632 Die Studie von Franks/deServigny/Davydenko 2004 stellt dagegen grundsätzlich einen positiven Zusammenhang zwischen den Sicherheiten-Verwertungsquoten und dem makroökonomischem Umfeld fest. Hierzu muss allerdings einschränkend klargestellt werden, dass diese Aussage nur für die Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten aller Art in Frankreich und im Vereinigten Königreich im Rahmen einer univariaten Regressionsanalyse statistisch nachgewiesen werden können. Für Deutschland sind die Ergebnisse einer Regression der „de-trended GDP-levels“ auf die Verwertungsquote – ohne Kontrolle für sonstige Effekte – nicht statistisch signifikant und mit einem Bestimmtheitsmaß von R² = 0,002 nicht überzeugend. Die Autoren führen dieses insignifikante Ergebnis für Deutschland auf „greater noise in the collateral realization data“ zurück.633 Hinsichtlich der Zugehörigkeit des Kreditnehmers zu einer Branche (H3) kann Grunert 2005 – ebenso wie die vorliegende Arbeit mit Ausnahme der Unternehmen im Bereich „Verkehr und Nachrichtenübermittlung“ – keinen signifikanten Einfluss feststellen. Hierzu führt Grunert 2005 einen univariaten Mittelwertvergleich durch und kontrolliert nicht für sonstige Effekte, so dass ein möglicher Einfluss in seinen Daten eventuell überlagert und nicht erkennbar ist.634 Für die unterschiedlichen Zeitdauern, die im Rahmen der Sicherheitenverwertung relevant sind (H6, H9.1, H9.2),635 kann in dieser Arbeit kein signifikanter Einfluss ermittelt werden. Grunert 2005 findet ebenso über alle Sicherheitenarten mit Hilfe der univaria631
Vgl. Grunert 2008b. Die Erklärungskraft der Regressionsmodelle ist mit Werten des Bestimmtheitsmaßes R² zwischen 0,008 und 0,04 ähnlich schwach wie in dieser Arbeit. 633 Vgl. Franks/deServigny/Davydenko 2004, S. 86f. Allerdings sind die Regressionsergebnisse für das Vereinigte Königreich und Frankreich auch nicht wirklich überzeugend: Die Bestimmtheitsmaße liegen bei 0,007 bzw. 0,012. Außerdem verliert der Regressionskoeffizient für die makroökonomische Entwicklung in Frankreich seine Signifikanz, wenn statt des „de-trended GDP-levels“ das GDP-Wachstum als unabhängige Variable in das Regressionsmodell eingeschlossen wird. 634 In dem weiterentwickelten Working Paper Grunert 2008b, das auf demselben Datensatz beruht, wird der Einfluss der Branchenzugehörigkeit nicht untersucht. 635 Dies ist die Dauer zwischen Grundschuldbestellung und Kreditkündigung, die Dauer zwischen Kündigung und Übertrag an die BAG sowie die WOP-Dauer. 632
287
ten Korrelationsanalyse keinen Einfluss des Zeitraums zwischen Sicherheitenbewertung und Kreditausfall sowie zwischen Kreditausfall und Verwertungsbeginn. Lediglich die Verwertungsdauer steht in seinen Daten in einem auf dem 5%-Niveau signifikanten Zusammenhang mit der Verwertungsquote. In der multivariaten Regressionsanalyse636 ist auch der Koeffizient für die Zeitdauer zwischen Kreditausfall und Verwertungsbeginn mit maximal 5%iger Irrtumswahrscheinlichkeit negativ von Null verschieden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die Ergebnisse der anderen Arbeiten zu Sicherheiten-Verwertungsquoten in Deutschland hinsichtlich der gemeinsam untersuchten Einflüsse weitgehend decken. Dies gilt insbesondere für den Einfluss makroökonomischer Faktoren, die Branchenzugehörigkeit, die Entfernung zwischen Kreditnehmer und kreditvergebender Bank sowie die Zeitdauern zwischen Bewertung bzw. Grundschuldbestellung und Kreditausfall. Mögliche Gründe für die teils unterschiedlichen Ergebnisse zwischen Grunert 2005 bzw. 2008, Franks/deServigny/Davydenko 2004 und dieser Arbeit sind vielfältig und wurden bereits im Abschnitt 6.4 ausführlich erläutert. An dieser Stelle seien die wichtigsten Gründe nochmals kurz zusammengefasst: x
Grunert 2005 unterscheidet nicht zwischen unterschiedlichen Sicherheitenarten.
x
Die Daten stammen jeweils aus unterschiedlichen Zeiträumen und von verschiedenen Banken.
x
Zu den Spezifika der Datensätze (bspw. hinsichtlich des Objektstandorts o.ä.) liegen für die anderen Studien keine detaillierten Informationen vor.
x
Einige Analysen, insbesondere bei Grunert 2005, liegen nur in univariater Form vor und kontrollieren nicht für sonstige Einflüsse.
7.3
Multivariate logistische Analyse: Durch welche Einflussfaktoren wird ein positiver Zahlungseingang determinert?
7.3.1 Methodische Vorüberlegungen Bisher sind die Einflussfaktoren und sonstigen Effekte auf die gesamte Spannbreite der Sicherheiten-Verwertungsquote zwischen 0 und 10 untersucht worden. Aus statistischer Sicht ist ein Nachweis von Signifikanzen hierbei schwierig, weil die Streuung der Ver636
Vgl. Grunert 2008b.
288 288
wertungsquote trotz einer Vielzahl von Nullwerten und der Beschränkung auf eine maximal mögliche Quote von 10 sehr hoch ist. Der Mittelwert der VWQ I beträgt 0,6185; die Standardabweichung liegt bei 0,8117. Mittels der Methodik der logistischen Regression637 sollen nunmehr die Einflussfaktoren herauskristallisiert werden, die eine relevante (statistisch signifikante) Wirkung darauf haben, ob überhaupt ein Zahlungseingang durch das Objekt erzielt werden konnte oder die Verwertungsquote mangels Zahlungseingang bei Null liegt.638 Damit wird die einleitende Forschungsfrage wie folgt präzisiert bzw. vereinfacht: x
Durch welche makroökonomischen, anreiz- bzw. verhaltenswissenschaftlichen sowie kreditnehmer-, kreditengagement-, sicherheitenund WOP-bezogenen Determinanten wird die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen einer positiven Verwertungsquote beeinflusst?
Es werden somit keine unmittelbaren „Je-desto“-Zusammenhänge zwischen Sicherheiten-Verwertungsquote und möglichen Einflussfaktoren untersucht, sondern der Zusammenhang zwischen den Merkmalen und der Eintrittswahrscheinlichkeit für einen positiven Zahlungseingang bzw. für eine positive Sicherheiten-Verwertungsquote. Die in Kapitel 4 herausgearbeiteten und im Abschnitt 7.2 analysierten Hypothesen werden aufgrund der veränderten Fragestellung wie folgt verändert.639 Die ökonomischen Begründungen der Hypothesen bleiben – wo nicht anders angegeben – unverändert gegenüber den Überlegungen aus Kapitel 4.640 Die Sinnhaftigkeit der mechanischen Übertragung der Hypothese wird im Licht der Empirie in Abschnitt 7.3.2 diskutiert.
637
Vgl. Agresti 2002, S. 165ff., Backhaus et al. 2006, S. 425ff., Diehl/Staufenbiel 2007, S. 477ff. Die Methodik der logistischen Regression nutzt auch Grunert 2005. Er führt für den Datensatz der Verwertungsquote von Krediten eine Dummyvariable ein, die den Wert 1 annimmt, wenn sich die RR auf über 99% beläuft, d.h. wenn die Bank den ausstehenden Kreditbetrag bei Ausfall des Kreditnehmers (fast) vollständig zurückerhält – sei es aus der Verwertung von Kreditsicherheiten, aus persönlichen Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kreditnehmer oder aus sonstigen Einzahlungen (vgl. Grunert 2005, S. 116f.). Für die Untersuchung der Verwertungsquote von Kreditsicherheiten nimmt Grunert 2005 keine Teilung des Datensatzes durch eine Dummyvariable und entsprechende logistische Regressionen vor (vgl. Grunert 2005, S. 173). 639 Zur Unterscheidung von den Hypothesen aus Kapitel 4, die Basis für die bisherigen Analysen sind, werden die Hypothesen für die Untersuchung des Datensatzes mit Hilfe der logistischen Regression mit einem „*“ gekennzeichnet. 640 Hypothesen H9.2 bezüglich der WOP-Dauer und H9.3 zum Einfluss der unterschiedlichen Arten des Zahlungseingangs/der Verwertungsform machen in der logistischen Untersuchung, die lediglich die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen eines positiven Zahlungseingangs erklären will, keinen Sinn. Die WOP-Dauer liegt definitionsgemäß (als Restlaufzeit des letzten Zahlungseingangs) nur in den Fällen vor, in denen eine positive Verwertungsquote erzielt werden konnte. Die entsprechenden Dummyvariablen für die Art der Verwertungsform haben nur den Wert 1, wenn die zu erklärende Variable ebenfalls 1 ist (d.h. 638
289
Basis-Faktoren: x
H1*:
Die
Wahrscheinlichkeit
einer
positiven
Sicherheiten-
Verwertungsquote steigt, je besser das makroökonomische Umfeld – gemessen am Wachstum des BIPs, an der Höhe der jährlichen Inflationsrate und der Arbeitslosenquote – ist. x
H2*:
Die
Wahrscheinlichkeit
einer
positiven
Sicherheiten-
Verwertungsquote steigt, wenn der Kreditnehmer sich im Verwertungsprozess kooperativ verhält. Kreditengagementbezogene Faktoren:641 x
H4.1*:
Die
Wahrscheinlichkeit
einer
positiven
Sicherheiten-
Verwertungsquote steigt, wenn keine weiteren Sicherheiten zur Verfügung stehen. x
H5.1*:
Die
Wahrscheinlichkeit
einer
positiven
Sicherheiten-
Verwertungsquote ist bei erstrangigen Grundschulden höher als bei nachrangigen Grundschulden. x
H5.2*:
Die
Wahrscheinlichkeit
einer
positiven
Sicherheiten-
Verwertungsquote sinkt, je höher die valutierenden Vorlasten sind. x
H6*:
Die
Wahrscheinlichkeit
einer
positiven
Sicherheiten-
Verwertungsquote sinkt, je länger die zugrunde liegende Kreditbeziehung ist.
eine positive Verwertungsquote vorliegt). Beide Variablen können somit keinen Erklärungsbeitrag liefern. 641 Die Einflüsse der Branchenzugehörigkeit des Kreditnehmers (H3) als kreditnehmerbezogenem Faktor werden aus Gründen der Komplexitätsreduktion in der Fragestellung nach den Determinanten einer positiven Verwertungsquote nicht analysiert. Dies wird als legitim erachtet, da diese Faktoren in den bisherigen Analysen keinen bedeutsamen Einfluss auf die Variation der Verwertungsquote gezeigt haben. Außerdem sind der Einschluss vieler Dummyvariablen und ihre ökonomische Interpretation in der logistischen Regression deutlich schwieriger als in der Kleinste-Quadrate-Regressionsanalyse. Aufgrund der resultierenden hohen Multikollinearitäten sind die logistischen Regressionsschätzungen teilweise auch nach dutzenden wiederholten Iterationen nicht brauchbar. Die Schätzungen werden in SPSS standardmäßig bei Iteration Nummer 20 beendet, weil die Höchstzahl der Iterationen erreicht wird und eine Endlösung nicht gefunden werden kann, da die Parameterschätzer eine zu hohe Streuung haben. Eine Erhöhung der Anzahl der Iterationen führt ebenso zu keinen erfolgreichen Schätzungen. Zu dieser Problematik vgl. Hosmer/Lemeshow 2000, S. 135ff., Diehl/Staufenbiel 2007, S. 486.
290 290
Sicherheitenbezogene Faktoren: x
H7*: Unterschiedliche Immobilienarten weisen unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten einer positiven Sicherheiten-Verwertungsquote auf.
x
H8.1*: Immobilien unterschiedlicher geografischer Standorte weisen unterschiedliche
Wahrscheinlichkeiten
einer
positiven
Sicherheiten-
positiven
Sicherheiten-
Verwertungsquote auf. x
H8.2*:
Die
Wahrscheinlichkeit
einer
Verwertungsquote steigt, je geringer die Entfernung zwischen Bankhauptsitz und Objektstandort ist. x
H8.3*:
Die
Wahrscheinlichkeit
einer
positiven
Sicherheiten-
Verwertungsquote steigt, je größer die Einwohnerzahl des Objektstandorts ist. WOP-bezogene Faktoren: x
H9.1*:
Die
Wahrscheinlichkeit
einer
positiven
Sicherheiten-
Verwertungsquote steigt, je kürzer die Zeitdauer zwischen Kreditkündigung und Forderungsübernahme ist. Das Vorgehen der Modellspezifikation zur Überprüfung der Hypothesen ist in Grundzügen identisch mit dem bisherigen Vorgehen der multivariaten Regression zur Erklärung der gesamten Variation der VWQ I im Abschnitt 7.2. Dieses Vorgehen orientiert sich an der Struktur der möglichen Einflussfaktoren, die mit zunehmender Spezifität zwischen Basis-Faktoren, kreditengagement-, kreditnehmer-, sicherheiten- und WOPbezogenen Faktoren unterscheidet. Differenzen ergeben sich bei den nachfolgenden logistischen Modellen dadurch, dass sich bei der Aufnahme von Einflussfaktoren einer bestimmten Strukturebene andere Variablen als relevant erweisen. Bei dem verwendeten Datensatz handelt es sich – wie bereits in den Regressionsanalysen des Abschnitts 7.2 – um die maximal 786 zufällig ausgewählten SicherheitenVerwertungsfälle.642 Zu erklärende Variable ist wiederum die VWQ I.
642
Vgl. Abschnitt 7.1.4.1.
291
7.3.2
Einflussfaktoren auf den absoluten Verwertungserfolg
Die Modelle I bis III beinhalten ausschließlich potenzielle Basis-Determinanten. Diese werden in den Modellen IV und V um kreditnehmer- und -engagementbezogene Variablen und in den Modellen VI und VII um sicherheitenbezogene Faktoren erweitert. Die Modelle VIII und IX integrieren zusätzlich WOP-bezogene potenzielle Einflussfaktoren und mögliche Kontrollvariablen. Die Ergebnisse der logistischen Regression zur Erklärung einer positiven Verwertungsquote sind trotz der unterschiedlichen Modellspezifikationen und der damit verbundenen divergierenden Fallauswahl sehr robust. Über die meisten Modellspezifikationen hinweg zeigen insbesondere die Erstrangigkeit der betrachteten Grundschuld und die Größe des Objektstandorts einen mindestens auf dem 10%-Niveau signifikanten Einfluss. Ist das zu verwertende Grundpfandrecht erstrangig (Modelle IV-IX), so ist die Wahrscheinlichkeit einer positiven Verwertungsquote im Vergleich zu nachrangigen Grundschulden deutlich erhöht. Hypothese H5.1* wird bestätigt. Dies ist nicht verwunderlich, da bei einer nachrangigen Grundbuchstellung das Risiko hoch ist, dass der Erlös aus einem Objekt nur für vorrangige Gläubiger ausreicht. Ein Einfluss der verwandten Variable „Valutierende Vorlasten“ (H5.2*, Modell V) ist dagegen – wie bereits in den meisten Regressionsanalysen des Abschnitts 7.2 zur Erklärung der gesamten Variation der VWQ I – nicht nachweisbar. Somit scheint sich die Vermutung zu bestätigen, dass lediglich die Erst- bzw. Nachrangigkeit von Grundpfandrechten wichtig für den Verwertungserfolg ist. Unabhängig von der konkreten Höhe der dinglichen Ansprüche Dritter reichen die Erlöse aus der Immobilienverwertung regelmäßig nur aus, den erstrangigen Gläubiger zu befriedigen.
292 292
Regressionsmodell Konstante BIP-Wachstum p.a. H1* Inflationsrate p.a. Arbeitslosenquote
I 1,337** (0,590) -15,726** (7,690) -4,269 (23,471) -4,621* (2,650)
Dummy KooperationsbereitH2* schaft liegt vor - eigene Einschätzung Dummy weitere Sicherheiten H4* vorhanden Dummy Erstrangige Grundschuldbesicherung H5* Valuta der vorrangigen Rechte in T-Euro Dauer Grundschuldbestellung bis H6* Kreditkündigung in Monaten
II 1,342** (0,590) -17,308** (7,770) -8,709 (23,614) -4,626* (2,652)
III 1,424** (0,619) -16,783** (7,810) -6,772 (23,722) -4,531* (2,672)
0,634** (0,305)
0,663** (0,308)
0,012 (0,218) 0,031 (0,315) -0,213 (0,286)
KN 1 Dummy Insolvenz anhängig KN2 Dummy persönliche Haftung KN3 Dummy Kreditnehmer Privat KE1
Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro
KE2 Dummy KN = SG Anzahl der Fälle Pseudo-R²
407 0,025
407 0,040
407 0,044
IV V 0,364** -3,983 (0,718) (3,069) -19,098 -39,528* (8,335) (23,959) -9,094 -53,963 (24,963) (74,315) -4,173 1,838 (2,812) (10,482) 0,583* (0,326)
0,762 (0,946)
0,569** 0,104 (0,235) (0,688) 0,775*** 2,526** (0,220) (1,075) -0,001 (0,002) 0,033*** (0,011) -0,028 1,064 (0,230) (0,730) -0,034 0,448 (0,335) (0,909) -0,127 0,366 (0,309) (0,823) 0,000 0,001** (0,000) (0,000) 0,288 0,612 (0,263) (0,978) 391 78 0,117 0,483
Tabelle 73: Logistische Regressionsanalysen – VWQ I (Modelle I bis V). (Der Wert ohne Klammern stellt den geschätzten Regressionskoeffizienten dar, in Klammern ist die jeweilige Standardabweichung angegeben. Die *-Kennzeichnung bedeutet: *. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2-seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
Mit steigender Größe des Objektstandorts – gemessen in Einwohnerzahlen (H8.3*, Modelle VI, VIII, IX) – steigt ebenfalls die Chance auf einen positiven Zahlungseingang, d.h. in (Groß-)Städten existieren signifikant weniger Objekte, die nicht verwertet werden konnten, als in dörflichen bzw. ländlichen Bereichen. Dieser Einfluss ist bei gleichzeitiger Kontrolle für die Objektarten signifikant. Die Dummyvariablen für die Objektart „Ackerland/unbebautes Land“, die überwiegend im ländlichen Bereich vorkommt,643 und für die Objektart „ETW“, die verstärkt in Städten anzutreffen ist,644 zei643
Der Median der bedingten Objektortgröße für dieses Merkmal ist ca. 5.000 Einwohner. Die Dummyvariable für die gemischt wohnwirtschaftlichen und gewerblichen Objekte in mehreren Komplexen wird zusätzlich aufgenommen, da diese im univariaten Mittelwertvergleich neben Ackerflächen und ETWs im Mittel ebenfalls eine deutlich unterschiedliche Verwertungsquote offenbart. Hinsicht644
293
gen überwiegend keine signifikanten Regressionskoeffizienten, während gleichzeitig die Bedeutung der Objektortgröße erhalten bleibt. Hypothese H7 bezüglich des Einflusses verschiedener Objektarten muss also für die Wahrscheinlichkeit der Realisierung einer positiven Verwertungsquote abgelehnt werden.645 Der deutlich positive Einfluss der Objektortgröße auf die Wahrscheinlichkeit der Realisierung einer positiven Verwertungsquote ist insofern erstaunlich, als dass dieser Effekt für die Variation der exakten Höhe der Verwertungsquote nur in einigen wenigen Modellspezifikationen mindestens auf dem 10%-Niveau signifikant war. Dies kann daran liegen, dass die Lage des Objekts in einer (Groß)Stadt bzw. ländlichen Umgebung lediglich dafür ausschlaggebend ist, ob die Immobilie überhaupt umgeschlagen werden kann. Für die Höhe des dann erzielten Erlöses ist der Einfluss der Objektlage systematisch richtig im Vergleich zur letzten Bewertung der abgebenden Bank eingeschätzt worden. Im Vergleich zu den bisherigen Ergebnissen für die möglichen makroökonomischen Determinanten ist überraschend festzustellen, dass die Arbeitslosenquote häufig keinen bedeutsamen negativen Einfluss hat (Modelle IV-VI und VIII-IX). Neben der fehlenden Signifikanz ist sogar das Vorzeichen des entsprechenden Regressionskoeffizienten nicht einheitlich. Gleiches gilt für den Einfluss des BIP-Wachstums im Jahr des Übertrags des zu verwertenden Objekts (Modelle I-IX). Der in den einfachen Modellen I bis III und V errechnete, mindestens auf dem 10%-Niveau signifikant negative Regressionskoeffizient bestätigt seine Wirkung bei Einschluss weiterer Einfluss- und Kontrollgrößen nicht. Auch die Ergebnisse für die Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers (Modelle II-IX) sind nicht vollständig einheitlich und nur anfangs (maximal auf dem 5%-Niveau) signifikant. Dies deutet daraufhin, dass die makroökonomischen Faktoren (H1*) und die Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers (H2*) nicht ursächlich für den grundsätzlichen Verwertungserfolg eines Objekts sind. Vielmehr entfalten diese Faktoren ihre Wirkung nur hinsichtlich der konkreten Variation der Verwertungsquote, also des relativen Erfolgs einer Verwertung im Vergleich zur letzten Bewertung der abgebenden Bank. Wie auch bei der Erklärung der Variation der Sicherheiten-Verwertungsquote zeigt sich in der logistischen Regression nur ein sehr schwacher Einfluss der Existenz sonslich der Beziehung zur Objektortgröße lässt sich feststellen, dass diese Objekte überwiegend im ländlichen Bereich anzutreffen sind (Median der bedingten Objektortgröße beträgt ca. 8.000 Einwohner). 645 Diese Determinanten der Objektartkategorien sind im Übrigen auch für die Erklärung der gesamten Variation der VWQ I von deutlich untergeordneter Bedeutung.
294 294
tiger Sicherheiten (H6.1*, Modelle IV-IX) auf die Wahrscheinlichkeit, ob ein Objekt verwertet werden kann. Der Regressionskoeffizient ist zwar einheitlich positiv (außer Modell IX), aber nur in den Modellen IV und VI – d.h. ohne Kontrolle für WOPbezogene Einflüsse – statistisch auf dem 5%- bzw. 10%-Niveau signifikant. Die Bedeutung erscheint daher grundsätzlich nicht im Sinne der Hypothese H4.1*, sondern untersützt teilweise die Interpretation aus Abschnitt 7.2.3.3 für einen unterstützenden Effekt weiterer Sicherheiten auf die Höhe der Verwertungsquote. Entgegen der bisherigen Ergebnisse zur Erklärung der gesamten Variation der VWQ I zeigt sich in der logistischen Regression eine positive Wirkung der Dauer der bisherigen Kreditbeziehung. Je länger der Zeitraum zwischen Grundschuldbestellung und Kreditkündigung ist, desto höher ist die Chance auf die Erzielung eines Zahlungseingangs aus der Grundschuld (Modell IX). Dies widerspricht Hypothese H6* und ist insbesondere deswegen verwunderlich, da das Objektalter im Laufe der Zeit steigt und die Möglichkeit der Verschlechterung des Objektszustands zunimmt. Während sich eine Bank zum Zeitpunkt der Grundschuldbestellung i.d.R. keine Immobilie verpfänden lassen würde, die aufgrund eines mangelhaften Zustands nicht veräußerbar ist, nimmt die Gefahr der Wertverschlechterung nach der Grundschuldbestellung zu – sei es durch mangelhafte Pflege des Eigentümers, durch unvorhergesehene, eventuell nicht versicherte Umwelteinflüsse (bspw. Hochwasser) oder durch die gewöhnliche Abwertung durch Abnutzung. Andererseits könnten gerade lang genutzte, gut gepflegte Immobilien häufiger zu Zahlungseingängen als nur kurzfristig beliehene Objekte führen. Neben dieser „Immobilienreputation“ ist ebenfalls denkbar, dass mit der Dauer der bisherigen Kreditbeziehung die erarbeitete Reputation des Kreditnehmers steigt. Diese Reputation ist nicht kurzfristig imitier- oder wiederaufbaubar. Die Wahrscheinlichkeit einer positiven Objektverwertung könnte aus der Bemühung des Kreditnehmers resultieren, seine (Rest-)Reputation im Sinne optimaler Sicherheitenverwertung zu retten.
295
VI 2,068 Konstante (2,632) -12,363 BIP-Wachstum p.a. (10,757) -11,499 H1* Inflationsrate p.a. (29,405) -12,202 Arbeitslosenquote (15,012) Dummy Kooperationsbereitschaft liegt 0,365 H2* vor - eigene Einschätzung (0,402) 0,517* H4* Dummy weitere Sicherheiten vorhanden (0,285) Dummy Erstrangige Grundschuldbesiche- 0,873*** H5* rung (0,257) Dauer Grundschuldbestellung bis KreditH6* kündigung in Monaten 0,210 Dummy Ackerland (0,775) 0,484 H7* Dummy ETW (0,373) Dummy gemischtes Objekt in mehreren 0,487 Komplexen (0,599) -0,912 Dummy Objektort Westdeutschland (1,768) Entfernung zwischen Objektstandort und -0,001 Hauptsitz der abgebenden Bank in km (0,001) H8* Dummy Sicherungsobjekt im Einzugsge-0,327 biet der abgebenden Bank (0,357) ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts (in 0,177** 100.000 Einwohnern)) (0,069) Dauer Kreditkündigung bis Übertragung H9* in Monaten -0,043 KN 1 Dummy Insolvenz anhängig (0,269) -0,427 KN2 Dummy persönliche Haftung (0,401) 0,076 KN3 Dummy Kreditnehmer Privat (0,374) Nomineller Grundschuldbetrag 0,000 KE1 in T-Euro (0,000) 0,277 KE2 Dummy KN = SG (0,305) Regressionsmodell
S2
Objektalter in Jahren
S3
Dummy Eigennutzung
W1
Auf-/Abwertung in T-Euro Anzahl der Fälle Pseudo-R²
VII 20,980*** (7,298) 17,767 (22,000) 44,068 (54,979) -135,384*** (42,498) 0,439 (0,858) 0,486 (0,529) 1,279** (0,523)
VIII 0,842 (2,919) -11,850 (11,357) -7,099 (31,208) -5,697 (16,458) 0,252 (0,396) 0,253 (0,294) 0,883*** (0,272)
2,185* (1,278) 0,206 (0,770) -15,368** (4,884)
0,186 (0,793) 0,309 (0,385) 1,124* (0,665) -0,185 (1,943)
-0,422 (0,552)
0,439 (0,296)
0,470 (0,522) 2,038** (0,787) -0,777 (0,674) 0,001** (0,001) 0,050 (0,599) -0,004 0,006 0,090 0,533
315 0,186
128 0,440
10,174 (0,328) 0,181** (0,072) -0,09 (0,006) -0,073 (0,280) -0,264 (0,406) 0,210 (0,379)
IX 6,947 (10,756) 22,506 (35,371) -264,046* (137,029) 58,145 (64,777) 1,200 (1,394) -1,136 (1,136) 3,740*** (1,319) 0,051*** (0,018) -20,174 (28109,549) 2,093 (1,416) 5,620** (2,256) -4,069 (7,016)
0,291 (0,317)
0,363 (1,499) 0,486* (0,265) 0,060** (0,026) -1,374 (1,379) -2,107 (1,586) 2,820* (1,488) 0,000** (0,000) -0,687 (1,353)
0,334 (0,304) 0,001 (0,001) 291 0,187
-0,523 (0,876) 0,001 (0,002) 74 0,677
Tabelle 74: Logistische Regressionsanalysen – VWQ I (Modelle VI bis IX). (Der Wert ohne Klammern stellt den geschätzten Regressionskoeffizienten dar, in Klammern ist die jeweilige Standardabweichung angegeben. Die *-Kennzeichnung bedeutet: *. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2-seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
296 296
Die unterschiedlichen Objektarten (H7*) spielen zusammenfassend keine besondere Rolle für die erfolgreiche Verwertung einer Grundschuld. Die Verwertbarkeit scheint unabhängig von der Objektart keinen systematischen Verzerrungen unterworfen zu sein. Hinsichtlich der Lage des zu verwertenden Objekts ist insbesondere die herausragende Bedeutung der Größe des Objektstandorts zu erwähnen, die oben bereits interpretiert wurde (H8.3*, Modelle VI, VIII, IX). Die anderen Merkmale, die die Objektlage verkörpern (Modelle VI-IX), haben dagegen eine verminderte, statistisch nicht einheitlich nachweisbare Relevanz für die grundsätzliche Verwertbarkeit des Grundpfandrechts. Die Dauer zwischen Kreditkündigung und Übertrag des Objekts samt Kreditengagement (H9.1*, Modelle VIII-IX) zeigt keinen einheitlichen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer positiven Verwertungsquote. Dass in den multivariaten Regressionen zur Erklärung der gesamten Variation der Verwertungsquote wie in Modell VIII kein bedeutender Effekt festgestellt worden ist, könnte an der Kontrolle für die anderen WOP-bezogenen Faktoren liegen, die hier nicht integriert werden können. Die Ergebnisse für die potenziellen Einflussfaktoren sind in Tabelle 75 zusammengefasst. Hinsichtlich der Kontrollvariablen bleibt festzuhalten, dass sie für die grundsätzliche Verwertbarkeit eines Objekts keine robuste Bedeutung haben. Nur in vereinzelten Modellen zeigt sich eine positive Wirkung der persönlichen Haftung des Kreditnehmers (KN2, Modell VII) sowie des nominellen Grundschuldbetrags (Modelle V, VII und IX). Diese Effekte werden allerdings aufgrund ihres vereinzelten Auftretens und ihrer geringen Signifikanz nicht weiter interpretiert. Die Ergebnisse für die möglichen Kontrollgrößen und ihres Effekts auf die Wahrscheinlichkeit einer positiven SicherheitenVerwertungsquote sind in Tabelle 76 zusammenfassend veranschaulicht.
297
Ergebnis der logistischen Regressionsanalyse (VWQ I)
Einflussfakoren und vermuteter Zusammenhang
H1*
Makroökonomische Faktoren
BIP-Wachstum p.a.
+
(-)
Inflationsrate p.a.
+
kein sig. Einfluss
Arbeitslosenquote
-
(-)
H2*
Faktoren aus Verhaltensrisiken des Kreditnehmers
Kooperationsbereitschaft eigene Einschätzung
+
(+)
H4*
Besicherung außer Grundschuld?
ja, nein
-
(+) +
Rang der Grundschuld-Besicherung
Erstrangige Grundschuldbesicherung
+
H5*
-
kein sig. Einfluss
-
+
H6*
Dauer der Kreditbeziehung
H7*
Art der Immobilie
H8*
H9*
Lage der Immobilie
Art und Intensität des WorkoutProzesses
Valuta der vorrangigen Rechte in T-Euro Dauer der bisherigen Kreditbeziehung (Datum Grundschuldbestellung bis Kreditkündigung) in Monaten diverse Immobilienarten
o
kein sig. Einfluss
Objektstandort
o
kein sig. Einfluss
?
kein sig. Einfluss
+
kein sig. Einfluss
+
+
-
(+)
Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts in 100.000 Einwohnern) Dauer Kreditkündigung bis Übertragung in Monaten
Tabelle 75: Zusammenfassung der Ergebnisse der logistischen Regressionen für die potenziellen Einflussfaktoren.
298 298
Ergebnis der logistischen Regressionsanalyse (VWQ I)
Kontrollgrößen und vermuteter Einfluss
Finanzielle Angespanntheit des Kreditnehmers KN2 Persönliche Haftung KN1
Insolvenz anhängig
-
kein sig. Einfluss
persönliche Haftung
-
(+)
KN3
Kundenart/Verwendungszweck des Private Kreditnehmer/ Kredits Verwendungszwecke
-
kein sig. Einfluss
KE1
Umfang der Grundschuldbesicherung
Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro
+
(+)
KE2
Sicherheitenstellung durch Drittsicherungsgeber?
KN gleich Sicherungsgeber
o
kein sig. Einfluss
Objektalter in Jahren
-
kein sig. Einfluss
S3
Spezifika der Immobilie Art der Immobiliennutzung
Eigennutzung
+
kein sig. Einfluss
W1
Werthaltigkeit der Immobilie
Abwertung in T-Euro
-
kein sig. Einfluss
S2
Tabelle 76: Zusammenfassung der Ergebnisse der logistischen Regressionen für die möglichen Kontrollvariablen.
7.3.3 Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse Die Erklärungskraft der logistischen Regressionsmodelle – gemessen durch das Pseudo-R² nach Nagelkerkes – ist für die Modelle 1 bis 4, die ausschließlich auf Basis- und kreditnehmerbezogenen Einflussfaktoren beruhen, sehr gering. Erst der Einbezug kreditengagementbezogener Merkmale führt zu einer deutlichen Erhöhung der Erklärungskraft. Mit 44,0%; 18,7% bzw. 67,7% für die „vollständigen“ Modelle VII - IX kann die Erklärungskraft als zufriedenstellend bezeichnet werden. Zwar sprechen Backhaus et al. 2006 erst ab Werten von über 50% von sehr guten Ergebnissen.646 Aber im Vergleich zu den Ergebnissen von Grunert 2005, der mit Hilfe der Methode der logistischen Regression das Erreichen einer Kredit-Verwertungsquote von größer bzw. kleiner als 99% sowie von größer bzw. kleiner als 50% untersucht und hierbei Ergebnisse von maximal 32,67% für das Pseudo R² erzielt,647 sind die hier erzielten Erklärungswerte als sehr ordentlich zu beurteilen.
646
Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 449f. Vgl. Grunert 2005, S. 117ff. In einem unveröffentlichten Working Paper untersucht Grunert 2008b auch die Sicherheiten-Verwertungsquoten mit Hilfe der logistischen Regression und analysiert die Einflussfaktoren auf eine sehr hohe und sehr geringe Sicherheiten-Verwertungsquote. Hierzu führt er Dum-
647
299
Ein direkter Vergleich der logistischen Regressionsergebnisse dieser Arbeit mit anderen Studien ist nicht möglich, da es keine bekannte Literatur gibt, die inhaltlich die gleiche Fragestellung untersucht. Ähnlich ist die Analyse von Grunert 2008b in einem noch unveröffentlichten Working Paper. Er untersucht mit Hilfe der logistischen Regression die Einflussfaktoren auf besonders hohe (> 77,46%) bzw. besonders niedrige (< 33,58%) Sicherheiten-Verwertungsquoten (über alle Sicherheitenarten) aus dem Datenbestand einer großen, deutschen Bank. Hierbei kristallisieren sich die folgenden Einflussfaktoren als relevant, d.h. mindestens auf dem 10%-Niveau signifikant, heraus (in Klammern ist die Wirkungsrichtung angegeben): x
Dummyvariable „Mehrkreditbeziehung“ (- für sehr hohe Verwertungsquoten),
x
Dummyvariable „Entfernung zum Kreditnehmer > 150 km“ (+ für sehr geringe Verwertungsquoten),
x
Dauer vom Kreditausfall bis Verwertungsbeginn (- für sehr hohe Verwertungsquoten, + für sehr geringe Verwertungsquoten),
x
Unternehmensgröße (- für sehr hohe Verwertungsquoten, + für sehr geringe Verwertungsquoten),
x
Dummyvariablen für die unterschiedlichen Sicherheitenarten „Grundstücke und Gebäude“ (- für sehr hohe Verwertungsquoten, + für sehr geringe Verwertungsquoten), „Kraftfahrzeug“ (+ für sehr geringe Verwertungsquoten), „Mobilien“ (- für sehr hohe Verwertungsquoten), „Forderungen“ und „Mobilien“ (jeweils + für sehr geringe Verwertungsquoten).648
Für die Wahrscheinlichkeit sehr hoher Verwertungsquoten stellt Grunert 2008b keinen bedeutsamen Effekt makroökonomischer Faktoren fest. Diese operationalisiert er durch das BIP-Wachstum in Gesamtdeutschland und durch das BIP-Wachstum im jeweiligen Bundesland des Objektstandorts, welches auch in der vorliegenden Arbeit verwendet wird, sowie durch die bundesweite Arbeitslosenquote. Bei der logistischen Regression myvariablen ein, die den Wert 1 annehmen, wenn die Sicherheiten-Verwertungsquote größer als 77,46% bzw. kleiner als 33,58% ist. Die hierbei erzielten maximalen Erklärungswerte liegen, gemessen am Pseudo-R², lediglich bei 22% bzw. 24%. 648 Die Dummyvariable „Kraftfahrzeug“ wird für die logistische Regression sehr hoher Verwertungsquoten nicht untersucht. Keinen signifikanten Einfluss hat die Dummyvariable für die Sicherheitenart „Forderung“ bei sehr hohen Verwertungsquoten.
300 300
zur Erklärung der Wahrscheinlichkeit sehr geringer Verwertungsquoten findet Grunert 2008b dagegen einen positiven Einfluss des bundesweiten BIP-Wachstums und der gesamtdeutschen Arbeitslosenquote. Diese Ergebnisse widersprechen denen dieser Arbeit – sowohl hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Wirksamkeit als auch hinsichtlich der Wirkungsrichtung. Mögliche Gründe hierfür können neben Unterschieden in den Datensätzen (Grunert 2008b kontrolliert bspw. nicht für verschiedene Sicherheitenarten) auch Effekte aus den differierenden Verwertungszeiträumen der betrachteten Objekte oder aus den unterschiedlichen Variablen für das makroökonomische Umfeld sein. Kritisch ist bei der Analyse von Grunert 2008b anzumerken, dass die Regressionsmodelle jeweils getrennt für die vier verschiedenen Hypothesen über mögliche Einflussfaktoren spezifiziert werden. Es wird – mit Ausnahme der Unternehmensgröße und der Verwertung vor bzw. nach der Insolvenzrechtsreform im Jahr 1999 – für keine sonstigen Einflüsse kontrolliert. 7.4
Kontingenz- und Diskriminanzanalyse: Durch welche Merkmale lassen sich die unterschiedlichen Verwertungsformen klassifizieren?
7.4.1 Methodische Vorüberlegungen In den bisherigen Analysen649 hat sich herausgestellt, dass insbesondere die verschiedenen Verwertungsformen bzw. Arten des Zahlungseingangs den höchsten Beitrag zur Erklärung der Variation der positiven Sicherheiten-Verwertungsquoten liefern. Daher soll dieser Aspekt im Folgenden ausführlicher untersucht werden. Konkret wird analysiert, x
ob sich die unterschiedlichen Gruppen der Verwertungsformen (Versteigerung, Rettungserwerb, freihändiger Verkauf, Grundschuldablösung) hinsichtlich bestimmter Merkmale signifikant voneinander unterscheiden, oder ob die Art des Zahlungseingangs zufällig bzw. durch Einflüsse, die in dieser Arbeit nicht abbildbar sind, bestimmt wird und
x
welche Variablen (sowohl potenzielle Einflussfaktoren als auch mögliche Kontrollfaktoren) zur Unterscheidung zwischen den Verwertungsformen besonders geeignet sind?
649
Vgl. insbesondere Abschnitt 7.2.6.1 (insbesondere Modellreihe 18).
301
Die Diskriminanzanalyse ist ein multivariates Verfahren zur Analyse von vorgegebenen Gruppenunterschieden.650 Da mit Hilfe der Diskriminanzanalyse aber lediglich die Abhängigkeit einer nominal skalierten Variablen (den verschiedenen Verwertungsformen) von metrisch skalierten Variablen (den Einfluss- und Kontrollvariablen) untersucht werden kann,651 wird die Untersuchung durch eine Kontingenzanalyse erweitert. Diese ermöglicht den Einbezug nominal und kategorial skalierter Merkmale. Zur Analyse wird die selbe zufällig zusammengesetzte Teilstichprobe aus 786 Kreditsicherheiten verwendet, die bereits in den multivariaten Regressionsanalysen aus Abschnitt 7.2 und in den logistischen Regressionen im Abschnitt 7.3 zur Anwendung gekommen ist. Die zu erklärende Verwertungsquote ist wiederum die nach der Definition der VWQ I. Nach dem Ausschluss der VWQs I größer als 10 und den Verwertungen, die aufgrund von Ratenzahlungsvereinbarungen oder Vergleichsergebnissen abgebrochen bzw. Lästigkeitsprämien beendet werden konnten, verbleiben insgesamt maximal 693 Verwertungsfälle. Hiervon konnte in 345 Fällen eine Verwertung in Form einer Versteigerung (111 Fälle), eines Rettungserwerbs (119 Fälle), eines freihändigen Verkaufs (82 Fälle) oder einer Grundschuldablösung (33 Fälle) erzielt werden.652 Vor der eigentlichen Analyse der möglichen Einflussfaktoren auf die unterschiedlichen Verwertungsformen – eine der Hauptdeterminanten der Variation der VWQ I – seien zum besseren Verständnis nochmals die Ergebnisse des univariaten Mittelwertvergleichs aus Abschnitt 7.2.5.2 in Erinnerung gerufen. Ohne Kontrolle für sonstige Effekte erzielen demnach Grundpfandrechtsverwertungen, deren Zahlungseingang aus einer Grundschuldablösung resultiert, im Durchschnitt den höchsten Erfolg im Vergleich zur letzten Bewertung der abgebenden Bank. Danach folgen die Verwertungen, die mittels eines freihändigen Verkaufs abgeschlossen werden können, und solche Immobilien, die im Rahmen eines Rettungserwerbs in den bankeigenen Bestand übernommen werden. Unter der Bedingung, dass überhaupt ein positiver Zahlungseingang erreicht werden kann, erzielen Objekte, die in einer Zwangsversteigerung umgeschlagen werden, die
650
Vgl. Bortz 1977, S. 727ff., Fahrmeir/Häußler/Tutz 1996, S. 357ff., Tabachnik/Fidell 2001, S. 456ff., Backhaus et al. 2006, S. 155ff., Diehl/Staufenbiel 2007, S. 455ff. Im Unterschied zur Diskriminanzanalyse, die vorgegebene Gruppen (hier die verschiedenen Verwertungsformen) untersucht, stehen sogenannte taxonomische (gruppierende) Verfahren, wie bspw. die Clusteranalyse. Diese gehen von ungruppierten Daten aus und erzeugen durch diverse Algorithmen möglichst in sich homogene und untereinander heterogene Gruppen (vgl. bspw. Backhaus et al. 2006, S. 489ff.). 651 Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 156. 652 Vgl. Abschnitt 7.1.4.1.
302 302
geringsten Einzahlungen im Vergleich zur letzten Bewertung der abgebenden Bank.653 Die Unterdurchschnittlichkeit von Verwertungen aus Zwangsversteigerungen ist statistisch signifikant verschieden von den anderen drei Verwertungsformen.
N
Mittelwert
Median
Minimum
Maximum
Standardabweichung
Asymptotische Signifikanz MannWhitney U-Test
Asymptotische Signifikanz KruskalWallis H-Test
Asymptotische Signifikanz MedianTest
Zahlungseingang aus... Versteigerungserlös Rettungserwerb freihändiger Verkauf Ablösung Grunschuld kein Zahlungseingang
154 0,9517 0,9491 0,0000 4,0924
0,5577
0,000***
164 1,2040 1,0380 0,1299 5,6471
0,6949
0,000***
121 1,3363 1,0909 0,0001 7,4258
0,9665
0,000***
49
1,3580 1,1111 0,0002 4,3419
0,9475
0,000***
458 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000
0,0000
0,000***
0,000*** 0,000***
nicht bekannt
40
0,9399 0,8832 0,0000 4,9825
0,8120
Insgesamt
986 0,6185 0,2772 0,0000 7,4258
0,8117
Tabelle 77: Mittelwertvergleiche – Sicherheiten-Verwertungsquote (VWQ I) und Art des Zahlungseingangs. (*. Das Ergebnis des jeweiligen Tests ist auf dem 10%-Konfidenzniveau statistisch signifikant; **. Das Ergebnis des jeweiligen Tests ist auf dem 5%-Konfidenzniveau statistisch signifikant; ***. Das Ergebnis des jeweiligen Tests ist auf dem 1%-Konfidenzniveau statistisch signifikant.)
7.4.1.1 Kontingenzanalyse Die methodischen Grundlagen der Kontingenzanalyse sind im Abschnitt 5.7.2.1 beschrieben, auf das an dieser Stelle verwiesen wird. Die Auswahl der Variablen, deren Zusammenhang mit den unterschiedlichen Verwertungsformen analysiert wird, erfolgt in der Reihenfolge der in Kapitel 4 erarbeiteten Hypothesen zur Höhe der Verwertungsquote und der zur Verfügung stehenden, möglichen Kontrollvariablen. Allerdings gelten nunmehr die erarbeiteten Vermutungen über
653
Besondere Aufmerksamkeit wird auf die Analyse der Grundpfandrechtsverwertungen gelegt, die im Rahmen eines Rettungserwerbs in den bankeigenen Bestand übernommen worden sind. Bei diesen Objekten konnte kein Zahlungseingang im marktlichen Sinne erzielt werden, sondern dem Konto des Kreditnehmers werden gemäß §114a ZVG fiktiv 70% des gerichtlichen Verkehrswerts gutgeschrieben. Auf Basis dieses fiktiven Zahlungseingangs erfolgt die Berechnung der Sicherheiten-Verwertungsquote. Für die Bank ist die Immobilienverwertung somit nicht endgültig abgeschlossen, da kein tatsächlicher Zahlungseingang erzielt werden konnte, sondern lediglich der bankeigene Immobilienbestand vergrößert wird.
303
die Wirkung der Variablen nicht mehr,654 da in diesem Abschnitt nur eine verzerrte Auswahl der Sicherheitenverwertungen untersucht wird – nämlich solche, bei denen ein positiver Zahlungseingang realisiert werden konnte. Um die Frage, nach den Determinanten für die vier Arten möglicher Zahlungseingänge aus immobilen Verwertungen zu untersuchen, werden in den folgenden Zusammenhangsanalysen nur diejenigen 345 zufälligen Fälle analysiert, in denen es zu einer erfolgreichen Verwertung mittels einer dieser Abwicklungsformen gekommen ist. Da dieser Abschnitt somit explorativen Charakter hat, werden die tatsächlichen Zusammenhänge in diesem Abschnitt erst herausgearbeitet und dann interpretiert. Es ist einschränkend festzuhalten, dass mit Hilfe der Kontingenzanalyse lediglich univariate Zusammenhänge zwischen verschiedenen kategorial skalierten Variablen untersucht werden. Eine Aussage über die Wirkungsrichtung des Zusammenhangs kann grundsätzlich nicht getroffen werden. Aus sachlogischer Betrachtung kann aber hervorgehoben werden, dass die realisierte Art des Zahlungseingangs im Prozess der Sicherheitenverwertung zeitlich als letztes determiniert wird. So kann die tatsächliche Verwertungsform, nachdem der WOP abgeschlossen ist, nur von vorher bereits ermittelten bzw. vorliegenden, teils sogar statischen Variablen (bspw. dem Objektstandort)655 beeinflusst werden. Eine umgekehrte Wirkung scheint aus sachlogischen Gründen auszuscheiden. Da der untersuchte Datensatz sehr groß ist und auch schwache Zusammenhänge mittels des Chi-Quadrat-Tests bei steigendem Datenumfang einfach nachgewiesen werden können, wird im Folgenden die Signifikanz der Ergebnisse kritischer als bisher betrachtet, d.h. Ergebnisse, die „nur“ auf dem 10%-Niveau signifikant sind, werden als weniger bedeutsam beurteilt als in den bisherigen Analysen.
654
Daher fallen in der Folge die sonst üblichen Beschriftungen der Variablen mit Hilfe der zugrunde liegenden Hypothesen (H1, H2 usw.) weg. Die anderen zu untersuchenden, nominal bzw. kategorial skalierten potenziellen Determinanten sind: Kooperationsbereitschaft (H2), diverse Branchen der selbstständigen und/oder gewerblichen Tätigkeit (H3), Vorhandensein weiterer Sicherheiten (H4.1), diverse Arten der sonstigen Besicherung (H4.2), Rang der Grundschuldbesicherung (H5.1), diverse Immobilienarten (H7), Objektstandort (H8.1), Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank (H8.3), Insolvenz anhängig (KN1), Persönliche Haftung (KN2), Kundenart/Verwendungszweck (KN3), Kreditnehmer gleich Sicherungsgeber (KE2), Eigennutzung durch Sicherungsgeber (S3).
655
304 304
7.4.1.2 Diskriminanzanalyse Basis der linearen, multivariaten Diskriminanzanalyse656 zur Klassifikation von vorgegebenen Gruppen ist eine Diskriminanzfunktion (Trennfunktion). Diese dient dazu, eine bestmögliche Trennung zwischen den Gruppen (den Verwertungsformen) und eine Überprüfung der diskriminatorischen Bedeutung der Merkmalsvariablen zu ermöglichen. Die allgemeine Form lautet:657 Y = b0 + b1X1 + b2X2 + … + bJXJ mit
(12)
Y = Diskriminanzvariable Xj = Merkmalsvariable j (j = 1, 2, …, J) bj = Diskriminanzkoeffizient für Merkmalsvariable j b0 = Konstante
Die Konkretisierung dieser allgemeinen Diskriminanzfunktion erfordert die Auswahl von Merkmalsvariablen, die mutmaßlich dazu geeignet sind, zwischen den verschiedenen Verwertungsformen zu unterscheiden. Hierzu dienen die metrisch skalierten potenziellen Einflussfaktoren und möglichen Kontrollvariablen. Da dieser Teil der Arbeit explorativen Charakter hat, werden vorab keine neuen Hypothesen erarbeitet, sondern die Relevanz der Faktoren nach ihrer statistischen Untersuchung diskutiert. Nach Definition der Diskriminanzfunktion muss in einem zweiten Schritt ein kritischer Trennwert für den Diskriminanzwert Y festgelegt werden. Auf Basis dieses Trennwerts können im dritten Schritt die Verwertungsfälle den verschiedenen Verwertungsformen zugeordnet werden. Der Trennwert Y ist kein Wert eines bestimmten Merkmals, sondern ergibt sich aus der Zusammensetzung mehrerer gewichteter Kennzahlen.658
656
Neben der multivariaten Diskriminanzanalyse gibt es die univariate Diskriminanzanalyse, die als dichotomer Klassifikationstest bezeichnet wird. Hierbei werden für die Untersuchungsgruppen die Kennzahlenwerte einer einzelnen Kennzahl ermittelt, geordnet, einander gegenübergestellt und ein kritischer Trennwert für diese Kennzahl festgelegt. Letzteres erfolgt i.d.R. durch Probieren. Anhand des so ermittelten Diskriminanzwerts wird die Gruppenzugehörigkeit bisher unbekannter Objekte prognostiziert. Problematisch ist, dass verschiedene univariate Diskriminanzanalysen für unterschiedliche Kennzahlen für identische Objekte widersprüchliche Zuordnungen treffen. Die univariate Diskriminanzanalyse ist zwar leicht zu handhaben, aber es ist davon auszugehen, dass Objekte besser voneinander getrennt werden können, wenn mehrere Kennzahlen gemeinsam verwendet werden (vgl. Hüls 1995, S. 19ff.). Dies ist mit Hilfe der multivariaten Diskriminanzanalyse möglich, die hier angewendet wird. 657 Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 161. 658 Vgl. Hüls 1995, S. 30.
305
Voraussetzungen für die Bestimmung einer optimalen, linearen Diskriminanzfunktion sind die Normalverteilung der Merkmale in den Gruppen, die Trennfähigkeit der eingeschlossenen Variablen, die Unabhängigkeit der Kennzahlen und die Gleichheit der Varianz-Kovarianz-Matrizen der Gruppen. Kann eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt werden, so trennt die Diskriminanzfunktion die zu untersuchenden Verwertungsfälle nur suboptimal. Allerdings kann die Diskriminanzanalyse auch dann angewandt werden, wenn die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Es handelt sich somit um Optimalitätsbedingungen, nicht um Anwendungsvoraussetzungen.659 Ein Maß für die Güte der Trennung der Gruppen ist der Eigenwert. Dieser misst den Wert der Abweichung der Diskriminanzwerte zwischen den Gruppen (erklärte Streuung) im Verhältnis zu den Abweichungen der Diskriminanzwerte innerhalb der Gruppen (nicht erklärte Streuung).660 Ein hoher Wert spricht für eine gute Trennung. Mit dem kanonischen Korrelationskoeffizienten wird ein weiteres Maß verwendet, das die Stärke des Zusammenhangs zwischen den Diskriminanzwerten und den Gruppen zum Ausdruck bringt. Wilks’ Lambda ist das gebräuchlichste Maß für die Güte der Trennung der Gruppen mittels der Diskriminanzfunktion. Da Wilks’ Lambda als nicht erklärte Streuung dividiert durch die gesamte Streuung berechnet wird, spricht ein kleiner Wert für eine gute Trennung der Gruppen. Wilks’ Lambda ist somit ein inverses Gütemaß.661 7.4.2
Einfluss kategorialer Merkmale auf die Verwertungsform
Wenn im Folgenden von einem „unerwartet“ häufigen oder seltenen Vorkommen einer Merkmalsausprägung die Rede ist, ist diese Bewertung ausschließlich aus statistischer Sicht im Vergleich zur Unabhängigkeit der Merkmalsausprägungen vorgenommen und nicht unbedingt aus inhaltlich ökonomischen Überlegungen.
659
Vgl. Hüls 1995, S. 32ff. Mit der erklärten Streuung wird in der Diskriminanzanalyse die Streuung zwischen den untersuchten Gruppen bezeichnet, d.h. konkret die Summe der quadrierten Abweichungen der jeweiligen Gruppenmittelwerte vom Gesamtmittel (gewichtet mit der Gruppengröße). Die Streuung in den Gruppen wird als nicht erklärte Streuung bezeichnet und durch die quadrierten Abweichungen der Gruppenelemente vom jeweiligen Gruppenmittelwert gemessen. Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 165f. 661 Vgl. Hüls 1995, S. 169ff., Janssen/Laatz 2005, S. 485. 660
306 306
Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers662 Abbildung 39 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen der Einschätzung der Kooperationsbereitschaft und den Verwertungsformen grafisch. Die erfolgreichsten Verwertungsformen der Grundschuldablösung und des freihändigen Verkaufs zeichnen sich durch einen deutlich höheren Anteil von kooperativen Kreditnehmern aus, als bei statistischer Unabhängigkeit dieser Variablen und der Zahlungseingangsart zu vermuten wäre. Dies ist nicht verwunderlich, da der Kreditnehmer (als Sicherungsgeber) einem Verkauf des Objekts zustimmen muss bzw. bei Ablösungen selbst einen ausgehandelten Betrag zur Freigabe der Grundschuld zahlt. Dagegen ist bei den Verwertungsformen, die auch zwangsweise durchgesetzt werden können (dem Rettungserwerb und der Zwangsversteigerung), der Anteil kooperativer Kreditnehmer wesentlich geringer. Diese Unterschiede sind – gemessen durch den Chi-Quadrat-Test, der untersucht, ob die Ausprägungen von zwei Merkmalen (hier der Arten des Zahlungseingangs und der Einschätzung der Kooperationsbereitschaft) statistisch unabhängig voneinander sind663 – hoch signifikant auf dem 1%-Niveau. Auch der Phi-Koeffizient zeigt mit einem Wert von 0,373 einen starken, hoch signifikanten Zusammenhang (Cramer’s-V = 0,263).
662
Entgegen der Prämisse, dass aus sachlogischen Überlegungen zuerst die Ausprägung der untersuchten Variablen (hier die Einschätzung der Kooperationsbereitschaft) vorliegt und auf Basis dieses Merkmals eine bestimmte Zahlungseingangsart realisiert wird, ist bzgl. der Kooperationsbereitschaft auch eine umgekehrte zeitliche Kausalität möglich. Wenn ein Kreditnehmer (= Sicherungsgeber) eine Grundschuldablösung anstrebt, ist es für ihn tendenziell sinnvoll, sich kooperativ zu verhalten (auch um evtl. Zeit zu gewinnen). Sieht er keine Möglichkeit das Eigentum durch eine Grundschuldablösung zu retten, so hat er keinen Anreiz, sich kooperativ zu verhalten. 663 Für Details der Konzeption des Chi-Quadrat-Unabhängigkeits-Tests vgl. Abschnitt 5.7.2.1 sowie Backhaus et al. 2006, S. 240ff.
307
100
Kreditnehmer ist kooperativ (eigene Einschätzung)
Anzahl
80
nein ja keine Angabe
60
40
20
0
Versteigerung
Rettungserwerb
freihändiger Verkauf
Grundschuldablösung
Abbildung 39: Art des Zahlungseingangs und Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers (eigene Einschätzung).
Branche der gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit Kein statistisch nachweisbarer Zusammenhang existiert zwischen Branche der gewerblichen bzw. selbstständigen Tätigkeit des Kreditnehmers und der Art des Zahlungseingangs (Phi-Koeffizient = 0,272; Cramer’s-V = 0,157). Weitere Sicherheiten vorhanden? Die Existenz weiterer Sicherheiten spielt für die Art der Verwertungsform keine statistisch nachweisbare Rolle. Laut Chi-Quadrat-Teststatistik kann mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass der Zusammenhang rein zufällig ist. Eine genauere Untersuchung des Einflusses unterschiedlicher Sicherheitenarten erübrigt sich somit. Rangfolge des Grundpfandrechtsanspruchs Die Rangfolge des Grundpfandrechtsanspruchs spielt ebenfalls keine Rolle für die Art des Zahlungseingangs, wenn ausschließlich erfolgreiche Verwertungen untersucht
308 308
werden. Die Erst- oder Nachrangigkeit einer Grundschuld hat keinen Einfluss auf die realisierte Verwertungsform. Objektart Die Objektarten haben für die Fälle einer positiven Verwertung einen deutlichen Einfluss auf die Art des Zahlungseingangs (Phi-Koeffizient = 0,380; Cramer’s-V = 0,219). Dieser Zusammenhang ist mit 1%iger Irrtumswahrscheinlichkeit nicht zufällig. Es wird offensichtlich, dass x
Versteigerungen insbesondere bei ETWs überdurchschnittlich oft vorkommen,
x
Rettungserwerbe unerwartet selten bei EFHs sind, aber vergleichsweise häufig bei gemischten Wohn- und Gewerbeobjekten (in einem Komplex) existieren,
x
freihändige Verkäufe besonders bei industriellen Gewerbeobjekten, EFHs und gemischt wohnwirtschaftlichen und gewerblichen Objekten in mehreren Komplexen unerwartet oft vorkommen und sich besonders bei ETWs nur selten realisiert haben,
x
Grundschuldablösungsvereinbarungen bei EFHs sehr häufig und bei ETWs nur selten erzielt werden.
Dass ETWs besonders gut für Zwangsversteigerungen geeignet sind, kann durch deren hohe Wiederverwertbarkeit erklärt werden. ETWs sind i.d.R. relativ standardisierte Immobilien, die zu wohnwirtschaftlichen Zwecken schnell vermietet werden können. EFHs zeichnen sich dagegen häufiger durch eine hohe Spezifität aus, die den Umschlag an dritte Personen per Zwangsversteigerungszuschlag erschwert.664 Warum industrielle Gewerbeobjekte (und eventuell auch gemischt wohnwirtschaftlichen und gewerblichen Objekten in mehreren Komplexen) überdurchschnittlich häufig freihändig verkauft werden, liegt möglicherweise daran, dass diese Objekte regelmäßig im Rahmen von Insolvenzverfahren gewerblicher Kreditnehmer vom Insolvenzverwalter freigegeben werden, wenn die betreibende Bank ein alleiniges Aussonderungsrecht hat. 664
Bei dieser Unterscheidung zwischen ETWs und EFHs vermag auch die durchschnittliche Größe einer Transaktion von Bedeutung sein. Die erreichten Istwerte liegen für alle 135 recherchierten ETWs, die im Verwertungsprozess umgeschlagen werden konnten (d.h. ohne Nullwerte), im Mittelwert bei 75,92 TEuro (Median 43,00 T-Euro). Der durchschnittliche Umschlagswert der 125 EFHs ohne Nullwerte beträgt im Mittelwert 93,00 T-Euro (Median 60,33 T-Euro). Es könnte angenommen werden, dass Immobilien, die einen geringeren Transaktionswert erfordern, aufgrund der einfacheren, schnelleren Finanzierung und der größeren Anzahl zahlungskräftiger Interessenten häufiger an dritte Interessenten umgesetzt werden können.
309
Die Immobilie kann dann ohne Zustimmung sonstiger Beteiligter verkauft werden, während in „normalen“ Verwertungsfällen der Eigentümer und eventuell vorhandene nachrangige Grundbuchgläubiger in einen freihändigen Verkauf einwilligen müssen. Das Ergebnis für die Grundschuldablösung hängt eng mit der Eigennutzung der jeweiligen Objektart zusammen, die für EFHs weit überdurchschnittlich und bei ETWs deutlich unterdurchschnittlich ist. Nur 24 von 219 ETWs (10,96%) werden vom Eigentümer selbst genutzt (die anderen sind fremdgenutzt, d.h. regelmäßig vermietet, oder leerstehend), während 175 von 243 EFHs (72,02%) eigengenutzt sind. Die Erläuterung zur Eigennutzung wird daher ausnahmsweise – entgegen der Struktur aus Kapitel 4 – vorgezogen. Eigennutzung durch den Sicherungsgeber bei Verwertungsbeginn Hoch signifikant auf dem 1%-Niveau ist der Zusammenhang zwischen der Eigennutzung des Objekts und der realisierten Verwertungsform (Phi-Koeffizient = 0,222; Cramer’s-V = 0,157).665 Tabelle 78 verdeutlicht die Kontingenz zwischen Verwertungsform und Eigennutzung. Eigennutzung durch Sicherungsgeber bei Verwertungsbeginn nein Versteigerung Rettungserwerb freihändiger Verkauf Grundschuldablösung Gesamt
Anzahl
ja
Gesamt
nicht bekannt
70
38
3
111
57,9
46,3
6,8
111,0
61
50
8
119
62,1
49,7
7,2
119,0
40
34
8
82
42,8
34,2
5,0
82,0
9
22
2
33
Erwartet
17,2
13,8
2,0
33,0
Anzahl
180
144
21
345
180,0
144,0
21,0
345,0
Erwartet Anzahl Erwartet Anzahl Erwartet Anzahl
Erwartet
Tabelle 78: Verwertungsform versus Eigennutzung.
665
Die Signifikanz des Zusammenhangs zwischen Eigennutzung und Verwertungsform bleibt auch auf dem 1%-Niveau erhalten, wenn die Merkmalsausprägung „Eigennutzung nicht bekannt“ ausgeschlossen wird. Phi-Koeffizient und Cramer’s-V betragen dann 0,198.
310 310
Nutzt der Eigentümer die Immobilie selbst, so kommt es überdurchschnittlich oft zu Grundschuldablösungen (22 statt 14). Dies ist nicht verwunderlich, da Eigennutzer häufig eine höhere Verbundenheit mit dem Objekt haben und eine externe Grundschuldverwertung für sie nicht nur mit einem Eigentumsverlust, sondern auch mit einem Umzug und der Aufgabe des Wohn- oder Arbeitsraums verbunden ist. Zwangsversteigerungen sind bei selbstgenutzten Objekten verhältnismäßig selten (38 statt 46). Dies könnte daran liegen, dass die Eigennutzung ein Hindernis für die kurzfristige Wiederverwertbarkeit ist, was insbesondere potenzielle Ersteigerer vom Eigentumserwerb abhält. Hinsichtlich des Rettungserwerbs und des freihändigen Verkaufs sind keine Auffälligkeiten erkennbar. Objektstandort Der Einfluss des geografischen Standorts auf die Art des Zahlungseingangs ist hinsichtlich des Objektstandorts deutlich. Die Irrtumswahrscheinlichkeit für die fälschliche Ablehnung der Nullhypothese (es besteht kein Zusammenhang zwischen Objektstandort und Verwertungsform) ist kleiner als 1%. Der Phi-Koeffizient und Cramer’s-V betragen beide 0,264. Dummy Objektstandort Ostdeutschland Gesamt (ohne Berlin) nein Versteigerung Rettungserwerb freihändiger Verkauf Grundschuldablösung Gesamt
Anzahl Erwartet Anzahl Erwartet Anzahl Erwartet Anzahl Erwartet Anzahl Erwartet
ja
64
47
111
50,5
60,5
111,0
33
86
119
54,2
64,8
119,0
44
38
82
37,3
44,7
82,0
16
17
33
15,0
18,0
33,0
157
188
345
157,0
188,0
345,0
Tabelle 79: Verwertungsform versus Objektstandort in Ostdeutschland (ohne Berlin).
Eine marktliche Verwertung einer Grundschuld durch eine Versteigerung oder einen freihändigen Verkauf ist in Ostdeutschland unerwartet selten (47 statt 61 Fälle bzw. 38 statt 45 Fälle). Rettungserwerbe, bei denen das Objekt mangels Kauf- bzw. Ersteige-
311
rungsinteresse in den bankeigenen Bestand übernommen wird, sind dagegen überdurchschnittlich häufig (86 statt 65). Grundschuldablösungen lassen keinen relevanten Einfluss des Objektstandorts erkennen. Dies könnte damit zusammenhängen, dass ein bestimmter Anteil der Objekte unabhängig vom Standort durch den Sicherungsgeber „zurückgekauft“ wird. Dabei entscheidend ist wahrscheinlich nicht die Verwertbarkeit im marktlichen Sinne, sondern der Wert der Immobilie für den bisherigen Eigentümer, in den auch emotionale oder sonstige Faktoren einfließen können. Durch diese Kontingenzanalyse wird auch deutlich, warum die Dummyvariable für einen ostdeutschen Objektstandort in den multivariaten Regressionen nicht immer einen signifikanten Effekt zeigt, obwohl unbestritten ist, dass besonders die Verwertung von Ostimmobilien nach dem Nachwendeboom Anfang der neunziger Jahre und dem Wegfall entsprechender steuerlicher Anreize besonders schwierig war. Aber gerade solche Immobilien, für die aufgrund der teilweise nicht vorhandenen Nachfrage in Ostdeutschland kein Erwerber gefunden werden konnte, sind anscheinend häufig im Rahmen von Rettungserwerben in den bankeigenen Bestand übernommen worden. Auf diese Weise tauchen sie trotz erheblicher Verwertungsschwierigkeiten in Ostdeutschland als positive Verwertungsquoten im untersuchten Datensatz auf.666 Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank? Die Frage, ob das zu verwertende Objekt im selben Bundesland wie die abgebende Bank liegt, erscheint unbedeutend für die Verwertungsformen des freihändigen Verkaufs oder der Grundschuldablösung. Die Anzahl der erwarteten und tatsächlich festgestellten Fälle sind ähnlich, wie in Tabelle 80 deutlich wird. Allerdings ist auffällig, dass bei näher gelegenen Objekten die Wahrscheinlichkeit einer Versteigerung deutlich höher ist (87 statt 78 Fälle). Dagegen sind Rettungserwerbe bei Objekten im gleichen Bundesland wie die abgebende Bank unerwartet selten (74 statt 83 Fälle). Aus ökonomischer Sicht ist dieses Ergebnis überraschend. Schließlich wird die Verwertung vom Praxispartner zentral durchgeführt und steht nach Übertrag des Kreditengagements in keinem direkten Zusammenhang zur abgebenden Bank.667 Ein Einfluss der abgebenden 666 In der vorliegenden Arbeit wurde aufgrund dieser Problematik eine Dummyvariable für die Verwertungsform „Rettungserwerb“ in ausgewählte Modellspezifikationen integriert. Im Rahmen zukünftiger Forschung könnten daher die multivariaten Regressionsanalysen ohne die Fälle von Rettungserwerben durchgeführt werden, um einen deutlicheren Effekt des „Ostimmobilien-Problems“ herauszuarbeiten. 667 Auch besitzt die BAG deutschlandweit nur wenige dezentrale Standorte (München, Stuttgart, Berlin, Hamm), so dass kein unmittelbarer geografischer Zusammenhang zur abgebenden Bank bzw. zum Objekt
312 312
Bank und damit der Entfernung dieser zur Immobilie könnte daraus resultieren, dass die Verwertungsbemühungen vor Übertrag begonnen haben und damit möglicherweise in eine bestimmte Verwertungsform gelenkt werden. Der Zusammenhang ist gemessen am Chi-Quadrat-Test auf dem 5%-Niveau statistisch signifikant. Der Phi-Koeffizient (= Cramer’s-V) ist mit 0,152 relativ gering, was aber auch daran liegt, dass ein Zusammenhang nur für die beiden gerichtlichen Verwertungsformen vorliegt.668 Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank? ja Versteigerung
Anzahl Erwartet
Rettungserwerb
Anzahl
freihändiger Verkauf
Anzahl
Grundschuldablösung
Anzahl
Gesamt
Erwartet Erwartet Erwartet Anzahl Erwartet
Gesamt
nein 87
24
111
77,5
33,5
111,0
74
45
119
83,1
35,9
119,0
59
23
82
57,3
24,7
82,0
21
12
33
23,1
9,9
33,0
241
104
345
241,0
104,0
345,0
Tabelle 80: Verwertungsform versus Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet.
Ankaufsjahr Das Jahr, in dem das der Objektverwertung zugrunde liegende Kreditengagement von der abgebenden Bank übertragen worden ist, hat einen gemischten Einfluss auf die Art des realisierten Zahlungseingangs. Es fällt auf, dass die relative Anzahl der Grundschuldablösungen immer im Rahmen der Erwartungen liegen und ein Zusammenhang mit dem Ankaufsjahr nicht offensichtlich ist. Dies könnte – wie bereits oben ausgeführt – daran liegen, dass der Anteil der Grundschuldablösungen unabhängig von marktli-
hergestellt werden kann. Dies gilt umso mehr, da laut Aussage der BAG die Zuordnung der Kreditengagements zu den Filialen überwiegend, aber nicht unbedingt, auf Basis der geografischen Nähe erfolgen. 668 Wird ausschließlich die 2 2-Matrix mit den beiden Verwertungsformen „Versteigerung/Rettungserwerb“ versus „Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet: ja/nein“ auf statistische Unabhängigkeit getestet, so kann die Nullhypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von kleiner 1% abgelehnt werden.
313
chen Entwicklungen und der allgemeinen Immobilienverwertbarkeit ist, da der Sicherungsgeber als Eigentümer ein spezifisches Interesse am Eigentumserhalt hat. Dagegen ist auffällig, dass insbesondere bei Verwertungen, die in den Jahren 1999 und 2000 begonnen werden, wenige Immobilien an externe Dritte versteigert werden können und unerwartet viele Objekte mangels Interesse Externer in den Eigenbestand der Bank übernommen werden. Dieser Zusammenhang ist für die Ankaufsjahre 2002 bis 2005 hinsichtlich der Rettungserwerbe umgekehrt. In den Eigenbestand werden deutlich weniger Immobilien übernommen als bei statistischer Unabhängigkeit erwartet wird. Diese Entwicklung könnte einerseits mit makroökonomischen Faktoren zusammenhängen und/oder andererseits durch eine veränderte Geschäftsstrategie bedingt sein.669 Im Jahr 2002 gibt es zudem unerwartete Verschiebungen bei Versteigerungen und freihändigen Verkäufen. Außergewöhnlich viele Objekte des „Jahrgangs 2002“ können – zu Lasten des Rettungserwerbes und der Ablösungen – versteigert oder verkauft, d.h. marktlich an Dritte verwertet werden. Die beschriebenen Zusammenhänge zwischen Verwertungsformen und Ankaufsjahr (und dem damit verbundenen Verwertungsbeginn) sind nur für die Jahre 2000, 2002 und 2004 auf dem 1%-Niveau statistisch signifikant, für 1999 auf dem 5%-Niveau, für 2003 noch auf dem 10%-Niveau. Keine statistischen Signifikanzen sind für die Jahre 2001 und 2005 nachweisbar. Die Stärke der Zusammenhänge ist insgesamt für alle Jahre jedoch nur sehr schwach (alle Phi-Koeffizienten/Cramer’s-V < 0,300). Finanzielle Angespanntheit des Kreditnehmers Das Vorliegen eines aktuellen Insolvenzverfahrens hat keinen bedeutenden Einfluss auf die Art des Zahlungseingangs. Persönliche Haftung des Kreditnehmers Ein relevanter Zusammenhang zwischen einer persönlichen Haftung des Kreditnehmers und den verschiedenen Arten des Zahlungseingangs ist nicht nachweisbar.
669
Der gesamtwirtschaftliche Einfluss wird im Abschnitt 7.4.3 ausführlicher untersucht.
314 314
Kundenart/Verwendungszweck Die Tatsache, ob der zugrunde liegende Kredit als gewerblich oder privat eingestuft ist, spielt für die realisierte Verwertungsform eindimensional keine Rolle. Kreditnehmer = Sicherungsgeber Kreditnehmer = Sicherungsgeber nein Versteigerung Rettungserwerb
Anzahl Erwartet Anzahl Erwartet Anzahl
nicht bekannt
ja
Gesamt
14
95
2
111
15,1
91,7
4,2
111,0
16
98
5
119
16,2
98,3
4,5
119,0
6
70
6
82
11,2
67,7
3,1
82,0
freihändiger Verkauf
Erwartet
Grundschuldablösung
Anzahl
11
22
0
33
Erwartet
4,5
27,3
1,2
33,0
Gesamt
Anzahl Erwartet
47
285
13
345
47,0
285,0
13,0
345,0
Tabelle 81: Verwertungsform versus „Kreditnehmer = Sicherungsgeber“.
Die Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber ist relevant für die Art des realisierten Zahlungseingangs (Tabelle 81). Der Zusammenhang ist auf dem 1%-Niveau signifikant (Phi-Koeffizient = 0,230; Cramer’s-V = 0,163).670 Es kann festgestellt werden, dass Drittsicherungsgeber – häufiger als bei statistischer Unabhängigkeit zu erwarten wäre (11 statt 5 Fälle) – die Grundschulden auf ihrem Objekt ablösen. Freihändige Verkäufe sind dagegen bei Drittsicherungsgebern relativ selten (6 statt 11). Ein Grund könnte sein, dass Drittsicherungsgeber die erforderliche Zustimmung zu einem freihändigen Verkauf seltener erteilen und einer externen Verwertung insgesamt unkooperativer gegenüberstehen, weil ihr persönliches Eigentum für solche Schulden haftet, die zumindest nicht unmittelbar durch ihr Handeln entstanden sind. Indessen ist das Bestreben überdurchschnittlich hoch, das Eigentum zu erhalten und die Grundschuld zurückzukaufen, weil sich der Sicherungsgeber den „Gesichtsverlust“ einer Immobilienverwertung – insbesondere bei fremden Schulden – ersparen will. Außerdem kön670
Die statistische Signifikanz von 1% gilt auch für den Fall, dass die Merkmalsauprägung „Kreditnehmer = Sicherungsgeber nicht bekannt“ aus der Untersuchung ausgeschlossen wird (Phi-Koeffizient und Cramer’s-V sind dann 0,195). Eine mögliche Verzerrung dieser Ausprägung ist aufgrund ihres seltenen Auftretens unwahrscheinlich.
315
nen Drittsicherungsgeber u.U. Gelder zur Grundschuldablösung schneller bzw. besser aufbringen als Kreditnehmer, die aufgrund des gekündigten Kreditengagements ohnehin in einer finanziell stark angespannten Situation sind. Hinsichtlich der zwangsweisen Verwertungsformen (Versteigerung und Rettungserwerb) sind keine deutlichen Effekte erkennbar.
Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers (eigene Einschätzung) Branche der gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit Weitere Sicherheiten vorhanden Rangfolge der Grundschuldbesicherung
Objektart
Objektstandort in Ostdeutschland (ohne Berlin) Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank Ankaufsjahr Finanzielle Angespanntheit (Insolvenz vorh.?) Persönliche Haftung Kundenart/ Verwendungszweck Kreditnehmer = Sicherungsgeber Eigennutzung des Objekts
Versteigerung
Rettungserwerb
freihändiger Verkauf
Grundschuldablösung
-
-
+
+
kein Zusammenhang
kein Zusammenhang
kein Zusammenhang
kein Zusammenhang
kein Zusammenhang kein Zusammenhang
kein Zusammenhang kein Zusammenhang
ETW+
kein Zusammenhang kein Zusammenhang Industrie+, EFH-, gemischEFH+, gemischte Objekte Objekte in einem Komte in verschieplex+ denen Komplexen+, ETW-
kein Zusammenhang kein Zusammenhang
EFH+, ETW-
-
+
-
kein Zusammenhang
+
-
kein Zusammenhang
kein Zusammenhang
1999/2000 -, 2002 + kein Zusammenhang kein Zusammenhang kein Zusammenhang kein Zusammenhang
1999/2000 +, 2002-2004 kein Zusammenhang kein Zusammenhang kein Zusammenhang kein Zusammenhang kein Zusammenhang
-
kein Zusammenhang kein Zusammenhang kein Zusammenhang
kein Zusammenhang kein Zusammenhang kein Zusammenhang kein Zusammenhang
-
+
kein Zusammenhang
+
2000 -, 2002 +
Tabelle 82: Zusammenfassung der Kontingenzanalyse für die erfolgreichen Verwertungsformen.
Tabelle 82 fasst die kategorialen Einflüsse auf die Art des realisierten Zahlungseingangs zusammen. „+“ bedeutet, dass das Vorliegen des betreffenden Merkmals sich positiv auf die Realisierung der jeweiligen Verwertungsform auswirkt; „-“ kennzeichnet den umgekehrten, negativen Zusammenhang.
316 316
7.4.3 Einfluss metrischer Merkmale auf die Verwertungsform Bevor die Merkmalsvariablen ausgewählt werden, die in den Diskriminanzfunktionen verwendet werden, soll mit Hilfe eines Vergleichs der Mittelwerte, der Mediane sowie der Standardabweichungen der möglichen metrischen Einfluss- und Kontrollvariablen in Abhängigkeit der vier Verwertungsformen untersucht, welche Variablen eindimensional eine deutliche Trennung der vier Zahlungseingangsarten ermöglichen. Die folgenden Angaben in Klammern beziehen sich auf die Nummerierung der Merkmale in Tabelle 83, die die Ergebnisse zusammenfasst. Hinsichtlich der drei Variablen für die makroökonomische Entwicklung unterscheiden sich die Mittelwerte und Mediane des BIP-Wachstums (1) und der Inflationsrate (2) nicht stark. In ähnlicher, aber nicht derart deutlicher Form wiederholt sich dieses Ergebnis für die Variable der Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank (6). Hinsichtlich des Objektstandorts (7) fällt auf, dass Versteigerungen außerdem in Städten stattfinden, die deutlich größer sind als bei Verwertungen in Form von Rettungserwerben, freihändigen Verkäufen oder Grundschuldablösungen. Dies hängt u.U. damit zusammen, dass Zwangsversteigerungen gerade bei ETWs häufig sind. ETWs sind gleichzeitig häufiger in Großstädten als im ländlichen Raum vorzufinden.671
671
Der Median der Einwohnerzahl am Objektstandort beträgt für die 69 ETWs unter den 376 untersuchten Objektverwertungsfällen ca. 50.000. Nur der Median für die 40 MFHs ist mit ca. 55.000 höher. Die 61 EFHs befinden sich an Standorten mit im Median ca. 12.000 Einwohnern.
317
Versteigerung
14 0,0128 0,0125 0,0030 0,0220
0,0056
0,0142
0,0046
0,0128
33 0,0152 0,0184 -0,0137 0,0441
48 0,0138 0,0150 0,0010 0,0220
0,0045
0,0126
82 0,0177 0,0168 -0,0137 0,0441
84 0,0125 0,0150 0,0010 0,0180
119 0,0192 0,0214 -0,0010 0,0441
0,0040
0,0130
0,0467
33 0,1364 0,1580 0,0490 0,2030
0,0483
82 0,1311 0,1580 0,0490 0,2050
0,0343
119 0,1534 0,1700 0,0550 0,2020
0,0487
170
30 48 0 0 ca. 850
55
71 18 0 0 ca. 360
129
101 17 0 0 ca.1.280
59
79
7 99 68 ca. 35 ca. 270
42
16 71 63 ca. 15 ca. 140
58
19 77 73 ca. 10 ca. 280
48
136
31 100 42 ca. 0 ca. 500
156
78 73 17 0 ca. 800
147
117 89 24 0 ca. 600
124
1.067.836
28 391.420 17.495 ca. 1.000 3.416.255
1.015.401
71 409.198 25.357 ca. 1.000 3.416.255
1.128.675
102 494.409 23.035 ca. 100 3.416.255
1.187.641
21
32 18 11 ca. -27 ca. 93
24
73 14 8 ca. -33 ca. 88
18
101 17 13 ca. -21 ca. 81
24
17
32 7 10 ca. -27 ca. 34
16
81 3 2 ca. -31 ca. 30
13
118 -6 -8 ca. -32 ca. 30
17
370
45 331 227 ca. 45 ca. 1.500
579
3.054
32 700 92 ca. 20 ca. 17.400
2.058
60
9 136 120 ca. 65 ca. 250
4.935
80 16 784 1.548 222 198 ca. 15 ca. 30 ca. 14.828 ca. 20.000
848
114 547 231 ca. 31 ca. 6.238
880
318 318
65
11 85 74 ca. 5 ca. 204
49
25 51 32 ca. 2 ca. 155
42
45 53 40 ca. 2 ca. 150
41
15
33 9 0 0 ca. 52
159
82 38 0 ca. -983 ca. 672
256
119 55 0 ca. -1.657 ca. 1.734
134
111 53 3 ca. -28 ca. 1.045
1
BIPWachstum in % p.a.
40 53 39 ca. 3 ca. 142
2
Inflationsrate in % p.a.
46 287 94 ca. 20 ca. 3.500
3 Arbeitslosenquote in % p.a.
110 441 179 ca. 20 ca. 7.669
4 Valutierende Vorlasten in T-Euro
110 4 4 ca. -28 ca. 32
5 Dauer Grundschuldbestellung bis Kündigung in Monaten
97 20 19 ca. -48 ca. 136
6 Entfernung Objektstandort - Bankhauptsitz in km 102 615.474 51.898 ca. 500 3.416.255
7 Einwohnerzahl Objektstandort
109 60 17 0 ca. 800
8 Dauer Kündigung bis Übertrag in Monaten
27 76 75 ca. 5 ca. 230
9 WOP-Dauer in Monaten
89 13 0 0 ca. 500
10 Nom. Grundschuldbetrag in T-Euro
111 0,1291 0,1580 0,0490 0,2010
11 Wohn/Nutzfläche in qm
62 0,0143 0,0150 0,0030 0,0220
12 Objektalter in Jahren
111 0,0175 0,0160 -0,0137 0,0441
13 Auf/Abwertung in T-Euro
Tabelle 83: Deskriptive Vergleiche metrischer Einflussfaktoren und Kontrollvariablen in Abhängigkeit von der realisierten Verwertungsform.
N Mittelwert Median Minimum Maximum Standardabweichung
N Mittelwert Median Minimum Maximum Standardabweichung
N Mittelwert Median Minimum Maximum Standardabweichung
N Mittelwert Median Minimum Maximum Standardabweichung
Rettungserwerb
freihändiger Verkauf
Grundschuldablösung
318
Hinsichtlich der Rettungserwerbe fällt auf, dass diese vermehrt dort vorkommen, wo die Arbeitslosenquote (3) hoch ist. Bei hoher Arbeitslosenquote könnte die Nachfrage nach Immobilien deutlich geringer sein, als bei prosperierender Arbeitsmarktsituation. Unter diesen Umständen ist es schwieriger, ein Objekt an dritte Personen umzuschlagen. Die Übernahme in den Eigenbestand und das Warten auf bessere Vermarktungschancen scheinen dann eine sinnvolle Handlungsoption zu sein. Dies deckt sich auch mit der Erkenntnis, dass besonders in Ostdeutschland, das durch hohe Arbeitslosigkeit gekennzeichnet ist, Rettungserwerbe überdurchschnittlich oft verzeichnet werden. Bei Rettungserwerben ist außerdem auffällig, dass die WOP-Dauer (9) sehr kurz ist. Im Durchschnitt können so verwertete Immobilien gut ein halbes Jahr vor Ende der 36monatigen internen Bearbeitungsfrist umgeschlagen werden. Ein möglicher Grund hierfür ist der nicht-marktliche Charakter von Rettungserwerben, bei denen das Objekt in den bankeigenen Bestand übernommen und nicht an Dritte übertragen wird. Eine Entscheidung über einen Rettungserwerb ist daher nur von der grundsätzlichen Einschätzung der Bank über die derzeitige Rendite und zukünftige Verwertbarkeit des Objekts abhängig und nicht von u.U. langwierigen Verhandlungsprozessen mit dritten Personen. Die Fälle, in denen das Objekt im freihändigen Verkauf verwertet werden kann, zeichnen sich durch eine sehr geringe durchschnittliche Dauer zwischen Kreditkündigung und Übertrag des zugrunde liegenden Kreditengagements (8) aus. Außerdem ist der nominelle Grundschuldbetrag (10) in diesen Fällen vergleichsweise hoch.672 Grundschuldablösungen sind dadurch gekennzeichnet, dass diese Verwertungsfälle vergleichsweise hohe valutierende Vorlasten (4) aufweisen. Des Weiteren ist bei dieser Verwertungsform die Dauer der bisherigen Kreditbeziehung (zwischen Grundschuldbestellung und Kreditkündigung) (5) am längsten. Dies könnte darauf hindeuten, dass bei lang andauernden Geschäftsbeziehungen die Kreditnehmer tendenziell eher zu einer Grundschuldablösung bereit sind, weil x
die noch ausstehende Restschuld bei Annuitätendarlehen im Laufe der Zeit geringer als zu Beginn der Kreditbeziehung ist und eine Grundschuldablösung finanziell somit günstiger wird,
x
im Laufe der Zeit die Bindung an Immobilieneigentum steigt,
672
Die deutlich höhere Wohn-/Nutzfläche von verkauften Objekten wird nicht ausführlicher betrachtet, da es sich hierbei um den Effekt einer extrem großen „Ausreißer“-Immobilie handelt.
319
x
aufgrund eines gesteigerten Vertrauensverhältnisses zwischen Kreditnehmer und Bank im Laufe der Zeit die Verhandlungs- und Kooperationsbereitschaft höher ist.673
Fälle, bei denen die Immobilie vom Sicherungsgeber abgelöst wird, müssen außerdem deutlich seltener und in wesentlich geringerem Umfang während des WOPs auf- oder abgewertet (13) werden. Zusammenfassend ist mit diesen univariaten Aussagen noch keine Beurteilung darüber möglich, welches dieser metrischen Merkmale die vier verschiedenen Verwertungsformen besonders gut trennt, bzw. welches die Art des Zahlungseingangs am deutlichsten beeinflusst. Um diese Frage beantworten zu können, werden im Folgenden die Ergebnisse der multivariaten Diskriminanzanalyse vorgestellt. Weil der Einschluss aller vorhandenen potenziellen Einflussfaktoren und möglicher Kontrollvariablen aus Gründen der Datenverfügbarkeit nicht durchführbar ist,674 die Komplexität der Modelle extrem hoch wäre und statistische Optimalitätsvoraussetzungen soweit möglich eingehalten werden sollen, müssen an dieser Stelle Einschränkungen hinsichtlich der berücksichtigten Variablen vorgenommen werden. Aufgrund des hohen Anteils von fehlenden Werten werden die folgenden metrischen Merkmale nicht verwendet (die Zahl in Klammern gibt jeweils die Anzahl der fehlenden Werte von 345 maximal möglichen erfolgreichen Verwertungsfällen an): Inflationsrate in % p.a. (137), Dauer zwischen Grundschuldbestellung und Kündigung in Monaten (276), Wohn-/Nutzfläche in qm (229), Objektalter in Jahren (224). Kreditengagement aus ex-ante Betrachtung675 Bei Übertrag des Kreditengagements und des dazugehörigen Grundpfandrechts, d.h. vor dem WOP, sind die folgenden metrischen Merkmale bekannt: BIP-Wachstum in % p.a., 673
Dies bestätigt sich im untersuchten Datensatz nicht. Die durchschnittliche Dauer zwischen Grundschuldbestellung und Kreditkündigung liegt für die als kooperativ erachteten Kreditnehmer im Mittelwert bei 63,31 Monaten (Median 62,98), für die als nicht kooperativ eingeschätzten Kreditnehmer bei 79,53 Monaten im Mittelwert (Median 73,20 Monate). Diese Unterschiede sind auf Basis des WilcoxonRangsummen Tests allerdings nicht statistisch signifikant, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit zufällig. 674 Aufgrund der kombinierten fehlenden Werte würden bei Einschluss aller metrischen Merkmale, die in der univariaten Mittelwertanalyse untersucht worden sind, lediglich zwei vollständige Verwertungsfälle zur Untersuchung zur Verfügung stehen, so dass eine Diskriminanzanalyse nicht durchgeführt werden kann. 675 Der wesentliche Unterschied zwischen den folgenden beiden Diskriminanzanalysen liegt in dem Ausbzw. Einschluss der Variablen „WOP-Dauer“ und „Abwertung“, die erst bei Abschluss eines Verwertungsfalls bekannt werden.
320 320
Arbeitslosenquote in % p.a., Höhe der valutierenden Vorlasten in T-Euro, Größe des Objektstandorts, Zeitdauer zwischen Kreditkündigung und Übertrag des Engagements in Monaten sowie die nominelle Höhe des grundpfandrechtlichen Anspruchs. Aus diesen Variablen werden die Diskriminanzfunktionen nunmehr so geschätzt, dass das Diskriminanzkriterium (der Eigenwert = erklärte Streuung nicht erklärte Streuung) maximiert wird. Die Ermittlung der Diskriminanzfunktionen erfolgt schrittweise, so dass der Anteil der erklärten Streuung nachfolgender Diskriminanzfunktionen stets geringer als der vorher geschätzter ist. Mit anderen Worten wird die zweite Diskriminanzfunktion so geschätzt, dass diese den maximalen Anteil derjenigen Streuung erklärt, die nach Ermittlung der ersten Diskriminanzfunktion als Rest verbleibt.676 Die Berechnung der Diskriminanzfunktionen ergibt die in Tabelle 84 dargestellten Ergebnisse. Diskriminanzfunktion BIP-Wachstum in % p.a.
1
2
3
0,114
-0,015
0,543
Arbeitslosenquote in % p.a.
0,930
0,030
0,141
Valutierende Vorlasten in T-Euro
0,044
-0,389
-0,463
Entfernung Bank-Hauptsitz - Objektstandort in km
0,069
-0,251
-0,127
ln (Objektortgröße in 100.000 Einwohnern)
-0,418
0,055
0,670
Dauer Kündigung bis Übertrag in Monaten
-0,224
-0,148
0,339
Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro
0,022
0,910
-0,374
Tabelle 84: Standardisierte kanonische Diskriminanzkoeffizienten (ex-ante Betrachtung).677
Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 1% kann die Nullhypothese, dass sich die Verwertungsformen hinsichtlich der eingeschlossenen Merkmale nicht unterscheiden, abgelehnt werden. Wilks’ Lambda beträgt für die drei Funktionen 0,819, d.h. knapp ein Fünftel (18,1%) der Streuung zwischen den Mittelwerten der Verwertungsformen und dem Gesamtmittelwert kann durch die Diskriminanzfunktionen erklärt werden. Die Analyse der standardisierten, dimensionslosen Diskriminanzkoeffizienten zeigt, dass die Arbeitslosenquote die höchste Trennkraft hat. Es folgen der nominelle Anspruch aus dem Grundpfandrecht und die Größe des Objektstandorts. Die anderen 676
Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 178. Die standardisierten kanonischen Diskriminanzfunktionskoeffizienten sind durch die Multiplikation der Diskriminanzkoeffizienten mit der Standardabweichung der betreffenden Merkmalsvariablen von willkürlichen Skalierungseffekten befreit und auf einen Wertebereich zwischen 0 und 1 fixiert. Für die Beurteilung der diskriminatorischen Bedeutung spielt nur die Höhe des Koeffizienten, aber nicht das Vorzeichen eine Rolle. Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 186f.
677
321
Merkmale leisten keinen relevanten Beitrag zur Klassifizierung und Unterscheidung der verschiedenen Verwertungsformen.678
2
Zahlungseingang Versteigerung Rettungserwerb freihändiger Verkauf Grundschuldablösung Nicht gruppierte Fälle Gruppenmittelpunkte
Funktion 2
1
freihändiger Verkauf Versteigerung Rettungserwerb
0
Grundschuldablösung
-1
-2 -2
-1
0
1
2
Funktion 1
Abbildung 40: Kanonische Diskriminanzfunktionen (Ex-ante Betrachtung).
Die grafische Darstellung der ersten beiden Diskriminanzfunktionen (Abbildung 40) macht deutlich, dass die Unterschiede zwischen freihändigem Verkauf und Versteigerungen wesentlich geringer sind, als die zu Rettungserwerben und Grundschuldablösungen. Die erste Diskriminanzfunktion, in der die Arbeitslosenquote die höchste Trennkraft besitzt, unterscheidet insbesondere die Rettungserwerbsfälle von den anderen Verwertungsformen. Dieser Effekt ist bereits für die univariaten Gruppenmittelwertvergleiche hervorgehoben und diskutiert worden. Für die Klassifizierung der Grundschuldablösungen von den anderen drei Arten des Zahlungseingangs dient deutlicher die zweite Diskriminanzfunktion, deren wichtigste Variable die Höhe der nominellen Grund-
678
Beim univariaten Gleichheitstest der Gruppenmittelwerte der jeweiligen Merkmale sind die Mittelwerte der Arbeitslosenquote derart unterschiedlich, dass mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 0,1% die Nullhypothese abgelehnt werden kann, dass die Gruppen-Mittelwerte identisch sind. Hinsichtlich des nominellen Grundschuldbetrags in T-Euro sind die Gruppenmittelwerte auf dem 10%Signifikanzniveau voneinander verschieden. Die anderen Merkmale weisen keine statistisch relevanten unterschiedlichen Mittelwerte in Abhängigkeit der Verwertungsform auf.
322 322
schulden ist. Dies ist in der univariaten Analyse der Mittelwerte bereits zu erkennen, allerdings nicht derart deutlich, wie es sich hier herausstellt. Kreditengagement aus ex-post Betrachtung In der ex-post Betrachtung der erfolgreichen Kreditengagements, d.h. unter zusätzlichem Einschluss von Auf- bzw. Abwertungen und der WOP-Dauer, zeigen die vier Verwertungsformen wiederum Unterschiede in den eingeschlossenen Merkmalen, die mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 1% nicht zufällig sind. Wilks’ Lambda beträgt für die drei geschätzten Diskriminanzfunktionen 0,754. Knapp 25% der Variation zwischen den jeweiligen Mittelwerten der Variablen in Abhängigkeit der Verwertungsform und dem Gesamtmittelwert dieser Variablen kann durch die Diskriminanzanalyse erklärt werden. Als bedeutendster Faktor zur Trennung der Fälle nach der Verwertungsform stellt sich wiederum die Arbeitslosenquote heraus. Die nach Schätzung der ersten Diskriminanzfunktion verbleibende Variation kann am besten mit Hilfe der Objektortgröße erklärt werden. In der dritten Diskriminanzfunktion ist die Höhe der nominellen Grundschulden am bedeutendsten für die Klassifikation der Verwertungsform. 679 Diskriminanzfunktion BIP-Wachstum in % p.a.
1
2
3
-0,009
0,464
-0,170
Arbeitslosenquote in % p.a.
-0,727
-0,068
0,157
Valutierende Vorlasten in T-Euro
-0,015
-0,346
0,506
Entfernung Bank-Hauptsitz - Kreditnehmer in km
-0,064
-0,055
0,233
ln(Objektortgröße in 100.000 Einwohnern)
0,484
0,615
-0,125
Dauer Kündigung bis Übertrag in Monaten
0,093
0,334
0,074
Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro
0,031
-0,564
-0,800
WOP-Dauer in Monaten
0,669
-0,185
0,140
Ab-/Aufwertung in T-Euro
0,106
0,361
0,081
Tabelle 85: Standardisierte kanonische Diskriminanzfunktionskoeffizienten (ex-post Betrachtung).
679
Beim univariaten Gleichheitstest der Gruppenmittelwerte der jeweiligen Merkmale sind die Mittelwerte der Arbeitslosenquote der verschiedenen Verwertungsformen auch in der ex-post Betrachtung derart unterschiedlich, dass mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 0,1% die Nullhypothese abgelehnt werden kann, dass die Gruppenmittelwerte identisch sind. Hinsichtlich des nominellen Grundschuldbetrags in T-Euro sind die Gruppenmittelwerte wiederum auf dem 10%-Signifikanzniveau voneinander verschieden. Außerdem sind die jeweiligen Gruppenmittelwerte der WOP-Dauer signifikant auf dem 1%-Niveau voneinander unterschiedlich. Die anderen Merkmale weisen keine statistisch relevanten, unterschiedlichen Mittelwerte in Abhängigkeit der Verwertungsform auf.
323
2
Zahlungseingang Versteigerung Rettungserwerb freihändiger Verkauf Grundschuldablösung Nicht gruppierte Fälle Gruppenmittelpunkte
Fu nktion 2
1
Versteigerung
Rettungserwerb 0
Grundschuldablösung freihändiger Verkauf
-1
-2 -2
-1
0
1
2
Funktion 1
Abbildung 41: Kanonische Diskriminanzfunktionen (Ex-post Betrachtung).
Die Grafik der kanonischen, ersten beiden Diskriminanzfunktionen (Abbildung 41) ist der obigen Abbildung ähnlich. Der Einbezug der beiden Merkmale, die erst ex-post – nach Abschluss der Verwertung – bekannt sind, bringt keinen wesentlichen Erkenntnisfortschritt für die Klassifikation der Arten des Zahlungseingangs. Die Arbeitslosenquote bzw. die Höhe des nominellen Grundschuldanspruchs und die Objektortgröße sind nach wie vor die bedeutendsten Merkmale für die Abgrenzung der Zahlungseingangsarten. 7.4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse Die verschiedenen Arten des erzielten Zahlungseingangs erklären einen bedeutenden Teil der Variation bzw. der Höhe der erreichten Verwertungsquote. Die unterschiedlichen Verwertungsformen lassen sich wiederum aus einer Vielzahl von Faktoren erklären. Unter den metrischen Variablen spielen insbesondere die Arbeitslosenquote am Objektstandort sowie der nominelle Grundschuldbetrag und die Objektortgröße eine herausra324 324
gende Rolle. Bei hoher Arbeitslosigkeit ist es wahrscheinlich, dass ein Verwertungsobjekt mangels Drittinteresses vorerst in den bankeigenen Immobilienbestand übernommen werden muss. Zu freihändigen Verkäufen kommt es vermehrt, wenn der grundpfandrechtliche, nominelle Verwertungsanspruch besonders hoch ist. Versteigerungen sind in (groß-)städtischen Räumen häufiger. Bezüglich der kategorialen Merkmale ist besonders auffällig, dass in Ostdeutschland nur selten Verwertungen an Dritte (durch Zwangsversteigerungen oder freihändige Verkäufe) erfolgen – möglicherweise weil die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland hoch ist.680 Für Zwangsversteigerungen sind insbesondere ETWs gut geeignet, während Grundschuldablösungen besonders für die häufig eigengenutzten EFHs sehr wahrscheinlich sind. Darüber hinaus können freihändige Verkäufe und Grundschuldablösungen naturgemäß fast ausschließlich realisiert werden, wenn der Kreditnehmer kooperativ eingeschätzt wird, da seine Mitwirkung Voraussetzung für diese Verwertungsformen ist. Die Ergebnisse des Abschnitts 7.4 sind insbesondere zur Vorhersage der wahrscheinlichen Verwertungsform bei Ankauf notleidender Kreditengagements mit immobilen Sicherheiten wichtig. So kann eine Bank mit den vorliegenden Ergebnissen beispielsweise vorab beurteilen, in welchen Fällen es sich tendenziell lohnt, Bemühungen zur Erzielung eines freihändigen Verkaufs auf sich zu nehmen, und in welchen Fällen ohne Umwege das Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet werden sollte. 7.5
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ableitung erster Handlungsempfehlungen
Insgesamt kann bezüglich der Erklärung möglicher Einflussfaktoren auf die Variation der Sicherheiten-Verwertungsquote (Abschnitt 7.2) festgehalten werden, dass der WOPProzess von Grundpfandrechten sehr komplex ist. Sein Erfolg hängt neben den untersuchten Einflüssen von vielfältigen, anderen Effekten ab, die in dieser Arbeit u.a. aufgrund nicht recherchierbarer Daten nicht integriert werden konnten, wie möglicherweise von
680
Über alle 786 zufällig selektierten Verwertungsfälle des untersuchten Datensatzes liegt die durchschnittliche Arbeitslosenquote in Westdeutschland (ohne Berlin) bei 8,89% im Mittelwert (Median 9,15%). In Ostdeutschland (ohne Berlin) beträgt der Mittelwert der Arbeitslosenquote 17,25% (Median 17,00%).
325
x
Zahlungseingängen, die nicht aus der „endgültigen“ Verwertung stammen, insbesondere aus Mieteinnahmen,
x
dem Verlauf des Kreditengagements vor Übertrag (bspw. den ursprünglich vereinbarten Kreditkonditionen, dem Kündigungsgrund, den bisherigen Verwertungsbemühungen der abgebenden Bank),
x
dem Kreditnehmer-Rating und sonstigen bonitätsbeeinflussenden Faktoren sowie
x
vielem mehr.
Besonders wesentlich könnte ein schlechter Objektzustand sein, der eine mögliche Hauptursache für die grundsätzliche Nichtverwertbarkeit von Immobilien und die daraus resultierenden Nullwerte ist. Es werden viele kategoriale Merkmale untersucht, die eine Vielzahl von Ausprägungen annehmen können, wodurch sich die Komplexität der Modellierung zusätzlich erhöht. Insbesondere die Streuung der Verwertungsquoten ist trotz eines hohen Anteils von Nullwerten und der Eliminierung extremer Ausreißer sehr hoch. Diese Tatsache erschwert einen Nachweis der statistischen Relevanz bestimmter Faktoren erheblich. Die vorgestellten Modelle sind daher unvollständig und erklären die Einflüsse auf die Verwertungsquote nur ansatzweise. Trotzdem lassen sich wichtige und unwichtige Einflüsse herausarbeiten, die im Rahmen zukünftiger Forschungsarbeit intensiv untersucht werden sollten. Verwertenden Banken werden schon jetzt erste Ansatzpunkte für eine eigene, vertiefte Analyse der Verwertungserfolge gegeben. Die im Zuge der folgenden Zusammenfassung der Ergebnisse abgeleiteten Handlungsempfehlungen gelten stets unter der Prämisse, dass die Bank unterschiedliche Immobilienobjekte bei der Kreditvergabeentscheidung oder in der Kreditverwertung zur Auswahl hat. Unabhängig von den hier entwickelten Vorschlägen ist es besser, auch potenziell weniger werthaltige Kreditsicherheiten zu vereinbaren und zu verwerten versuchen, als auf Kreditsicherheiten zu verzichten. Im Vorfeld einer Immobilienverwertung, d.h. falls möglich schon bei der Kreditvergabe, sollten Banken einen besonderen Fokus auf die Erstrangigkeit der grundbuchlichen Besicherung und auf die Art der Objektnutzung legen, weil diese Merkmale große Wirkung auf die tatsächliche Wertbeständigkeit relativ zum geschätzten Immobilienwert 326 326
zeigen. Erstrangige und eigengenutzte Objekte erzielen überdurchschnittlich hohe Zahlungseingänge im Vergleich zur letzten Bewertung der abgebenden Bank. In einigen Modellen bestätigt sich darüber hinaus die Bedeutung der Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber. Demnach ist es für Kreditinstitute besser, Grundpfandrechte auf solche Immobilien einzutragen, die im Eigentum des Kreditnehmers sind. Für die Verwertungsquote von Grundpfandrechten im Insolvenzfall kann – in den erlaubten Grenzen einer Kreditüberbesicherung – prinzipiell empfohlen werden, möglichst mehrere alternative Kreditsicherheiten neben der untersuchten Grundschuld zu vereinbaren. Vom Kreditinstitut nicht aktiv beeinflussbar, aber nicht unwichtig, ist das makroökonomische Umfeld am Objektstandort gemessen durch die Arbeitslosenquote. Die Indikatoren BIP-Wachstum und Inflationsrate sind dagegen nicht als Einfluss- und Prognosefaktoren für die erzielbare Sicherheiten-Verwertungsquote geeignet. Unter Umständen kann es sich für die Bank lohnen, auf wirtschaftlich bessere Zeiten im Sinne geringerer Arbeitslosenquoten zu warten, da dieser positive Effekt eventuell den negativen Einfluss eines späteren Zahlungseingangs überlagert. Banken sollten lernen, Abwarten als eine wertvolle Realoption zu betrachten. In engen Zusammenhang mit dem Einfluss der Arbeitslosenquote steht auch die wenig überraschende Erkenntnis, dass die marktliche Verwertung von ostdeutschen Objekten im untersuchten Zeitraum besonders schwierig war.681 Insgesamt ist für den relativen Erfolg im Vergleich zur letzten Bewertung außerdem wichtig, ob sich der Kreditnehmer im Verwertungsprozess kooperativ verhält und in welcher Form die Immobilie verwertet werden kann. Anstrengungen zur Sicherstellung eines kooperativen Kreditnehmerverhaltens, insbesondere zusätzliche Bemühungen zur Vereinbarung einer Grundschuldablösung oder eines freihändigen Verkaufs, wirken sich anscheinend tendenziell positiver aus als Anstrengungen zur Generierung von Bietinteressenten im Zwangsversteigerungsprozess. Auch eigenes kooperatives bzw. faires Verhalten und das Vermeiden unsanfter Inkasso- und Verwertungsmethoden kann möglicherweise den guten Willen eines Kreditnehmers und somit bessere Verwertungsquoten sicherstellen. Als besonders werthaltig erweisen sich Grundpfandrechte auf „teure“ Objekte, für die ein hoher nomineller Grundschuldbetrag eingetragen wurde. Anstatt sich mehrere klei681
Vgl. o.V. 2008.
327
nere Objekte mit jeweils geringen Beleihungsgrenzen verpfänden zu lassen, erscheint es auf Basis der vorliegenden Ergebnisse eher empfehlenswert, (falls möglich) ein großes, wertvolles Objekt als Kreditsicherheit zu vereinbaren. Diese Strategie würde aber gleichzeitig das Klumpenrisiko in den Verwertungsoptionen aus Kreditsicherheiten erhöhen. Welcher Effekt wirkungsvoller ist – der der erhöhten Verwertungsquoten aus den wenigen, „teuren“ Grundpfandrechten oder der des erhöhten Risikos aufgrund geringerer Granularität –, ist allerdings noch offen. Für die relative Verwertbarkeit eines Grundpfandrechts erscheint es des Weiteren tendenziell leicht unvorteilhaft, wenn der Kreditnehmer – egal ob gewerblich oder privat – vor bzw. während des WOP-Prozesses Insolvenz anmeldet. Dieses Ereignis ist von Banken nicht direkt beeinflussbar. Trotzdem sollten Kreditinstitute mögliche Strategien zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens probieren. Neben einem tendenziell positiven Effekt auf den Verwertungserfolg der als Kreditsicherheit verpfändeten Immobilien ist auch davon auszugehen, dass die gesamte Kredit-RR aufgrund der besseren Handlungsfreiheit des Kreditnehmers höher sein kann. Keine eindeutige und klare Bedeutung für die relative Höhe der SicherheitenVerwertungsquote hat – entgegen der begründeten Hypothesen aus Kapitel 4 – die Vielzahl der im obigen Abschnitt nicht genannten Merkmale: die Höhe der valutierenden Vorlasten in T-Euro, die Dauer der bisherigen Kreditbeziehung (gemessen als Zeitraum zwischen Grundschuldbestellung und Kreditkündigung), die Art der Immobilie (und ihre technischen Spezifika [Größe, Alter]), die Lage der Immobilie im Verhältnis zum Hauptsitz der abgebenden Bank, die Zeitdauer zwischen Kreditkündigung und Übertrag sowie die WOP-Dauer. Die erarbeiteten Hypothesen über die Wirkungsrichtung dieser möglichen Einflüsse können mit den vorliegenden Daten nicht bestätigt, aber auch nicht widerlegt werden. Darüber hinaus erzielt die Untersuchung auch für die Kontrollvariablen „Persönliche Haftung?“ und „Kundenart“ keine bedeutsamen Erkenntnisse. Die letzte Bewertung der abgebenden Bank scheint hinsichtlich der Spezifika der Immobilie (Größe, Alter) keinen systematischen Fehleinschätzungen zu unterliegen. Die Verwertungsquote wird nicht linear von Variationen dieser Größen beeinflusst. Eindeutiger und robuster sind die Ergebnisse der logistischen Regressionen für die Einflussfaktoren des grundsätzlichen Verwertungserfolgs – ohne Berücksichtigung der
328 328
konkreten Höhe der realisierten Verwertungsquote (Abschnitt 7.3). Die deutlichsten Determinanten für die Wahrscheinlichkeit einer positiven Objektverwertung, d.h. für die Realisierung eines Zahlungseingangs aus der Immobilie, sind die Erstrangigkeit der untersuchten Grundschuld sowie ein Objektstandort mit hohen Einwohnerzahlen. Darüber hinaus zeigen die Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers und die Zeitdauer zwischen Grundschuldbestellung und Kreditkündigung (verstanden als Indikator für die bisherige Dauer der Kreditbeziehung) einen signifikant positiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines Verwertungserfolgs. Neben den bereits genannten Handlungsempfehlungen kann mit diesen Ergebnissen befürwortet werden, dass (groß-)städtische Objekte in ihrer Funktion zur Verminderung des Kreditausfalls besser geeignet sind als Immobilien im ländlichen Raum. Wie alle vorherigen Anmerkungen gilt diese Schlussfolgerung lediglich unter der Prämisse, dass Banken tatsächliche Handlungsalternativen hinsichtlich der Auswahl von immobilen Kreditsicherheiten haben. Es ist offensichtlich geworden, dass für den absoluten Verwertungserfolg andere Merkmale der Immobilienverwertung von Bedeutung sind als für den relativen Erfolg im Vergleich zur letzten Bewertung der abgebenden Bank. Dies ist ein interessantes, so nicht erwartetes Ergebnis, das es in zukünftiger Forschungsarbeit zu vertiefen gilt. Die Herausarbeitung derjenigen Merkmale, die eine Klassifizierung der Arten des Zahlungseingangs ermöglichen, führt im Abschnitt 7.4 zu weiteren wichtigen Erkenntnissen, da der Faktor der Verwertungsform sich als sehr wesentlich für die Höhe der Verwertungsquote herausgestellt hat. Es existieren deutliche Erfolgsunterschiede zwischen Zwangsversteigerungen und Rettungserwerben, freihändigen Verkäufen sowie Grundschuldablösungen. Nicht überraschend ist, dass marktliche Verwertungen in Ostdeutschland, wo vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit herrscht, deutlich seltener sind als in Westdeutschland. Die Kooperationsbereitschaft spielt bei der Art der Verwertungsform ebenfalls eine wesentliche Rolle, insbesondere für die Realisierung von Grundschuldablösungen und freihändigen Verkäufen. Hinsichtlich möglicher Handlungsempfehlungen ist deutlich geworden, dass Grundschuldablösungen, die nach Rettungserwerben die höchsten Verwertungsquoten erzielen, besonders häufig sind, wenn Kreditnehmer und Sicherungsgeber identisch sind und 329
selbige das Objekt persönlich nutzen. Auf diese Merkmale, die sich auch in der multivariaten Analyse der Einflussfaktoren auf die relative Höhe der grundpfandrechtlichen Verwertungsquote teilweise als relevant herausgestellt haben, sollte somit bereits bei der Sicherheitenvereinbarung verstärkt geachtet werden. Alle getroffenen Aussagen unterliegen allerdings selbstverständlich den Beschränkungen des verwendeten Datensatzes, für deren Erläuterung auf die Abschnitte 5.1 bis 5.4 (insbesondere Abschnitt 5.1.1 und 5.4) verwiesen wird.
330 330
8
Zusammenfassung
Die Bedeutung des Wissens über Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten nimmt zu. Wissenschaft und Praxis erkennen zunehmend die Relevanz von Kreditsicherheiten als Instrumente zur Verringerung des Kreditrisikos. Seit Jahrzehnten wurden Sicherheiten überwiegend als Werkzeuge verstanden, dem Kreditnehmer vor der Kreditvergabeentscheidung oder während der Kreditlaufzeit Verhaltensanreize im Sinne der kreditgebenden Bank bzw. im Sinne eines wahrheitsgemäßen, vertragskonformen Verhaltens zu geben. Mit dem Aufkommen der wissenschaftlichen Untersuchungen im Bereich der theoretischen und empirischen Kreditrisikomodellierung rückten auch die KreditVerwertungsquoten als ein wichtiger Bestandteil des erwarteten Verlusts in das Blickfeld der bankbetriebswirtschaftlichen Literatur. Die Relevanz des Faktors „Besicherung“ wurde in vielen Studien bestätigt. Erst in den letzten Jahren entstanden Analysen, die sich mit der ausführlichen Untersuchung der Verwertungsquoten von Kreditsicherheiten im Speziellen (ohne Einschluss sonstiger Zahlungseingänge aus der persönlichen Vollstreckung gegenüber dem Kunden) beschäftigen. Analysegegenstand ist hierbei die Höhe der erzielten Zahlungsströme aus der Verwertung der betrachteten Kreditsicherheit im Verhältnis zur (letzten) Werteinschätzung dieses Sicherungsinstruments durch die Bank. Aufgrund der mengen- und wertmäßig herausragenden Bedeutung der grundpfandrechtlichen Besicherung in Deutschland konzentrierte sich die vorliegende Arbeit im empirischen Teil hierauf. Die Forschungsfragen lauteten konkret: I. Wie hoch sind die Verwertungsquoten von Immobiliensicherheiten? II. Durch welche makroökonomischen, anreiz- bzw. verhaltenswissenschaftlichen sowie kredit-, sicherheiten- und WOP-bezogenen Determinanten werden die Sicherheiten-Verwertungsquoten in welchem Ausmaß beeinflusst? Um deskriptive und induktive Aussagen zur Beantwortung der genannten Fragen zu gewinnen, wurden auf theoretischer und intuitiver Basis Hypothesen über die potenziellen Einflussfaktoren entwickelt und diese anhand eines realen, selbst recherchierten Datensatzes einer spezialisierten deutschen Bank empirisch überprüft. Die vorliegende Analyse untersuchte nur den relativen, Cashflow-bezogenen Verwertungserfolg von 331
Grundpfandrechten im Vergleich zur letzten Bewertung der abgebenden Bank oder zu anderen Werteinschätzungen (Gericht, technische Sachverständige) aus bankbetrieblicher Sicht. Aussagen über die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt im Allgemeinen oder Vergleiche mit Immobilienpreisstudien sind nicht möglich. Nachdem in Kapitel 2 und 3 die strukturellen und begrifflichen Grundlagen erarbeitet wurden, erfolgte in Kapitel 4 die Erarbeitung einer Systematik von Einflussfaktoren auf die Sicherheiten-Verwertungsquote. Diese Struktur ist nicht auf grundpfandrechtliche Kreditsicherheiten beschränkt, sondern kann allgemein im Rahmen zukünftiger Forschungsarbeiten zu Verwertungsquoten anderer Sicherheitenarten verwendet werden. Anhand des Kriteriums der zunehmenden Spezifität werden fünf Gruppen von Determinanten der Sicherheiten-Verwertungsquote unterschieden: x
Basis-Faktoren, die auf alle Kreditsicherheiten wirken. Hierzu gehören makroökonomische Faktoren sowie solche, die aus Verhaltensrisiken des Kreditnehmers resultieren.
x
Kreditnehmerbezogene Faktoren, die auf alle Kreditsicherheiten eines bestimmten Kreditnehmers wirken.
x
Kreditengagementbezogene Faktoren, die für alle Kreditsicherheiten eines bestimmten Kreditengagements eines bestimmten Kreditnehmers relevant sind.
x
Sicherheitenspezifische Faktoren, deren Einfluss sich aus den Spezifika der zu verwertenden Kreditsicherheit des Kreditengagements eines bestimmten Kreditnehmers ergeben.
x
Faktoren, die Besonderheiten des WOPs der verwertenden Bank für die spezifische Sicherheit des Kreditengagements eines bestimmten Kreditnehmers kennzeichnen.
Auf Basis der erarbeiteten Anatomie möglicher Einflussfaktoren wurden in Kapitel 4 Hypothesen zu ausgewählten Indikatoren dieser Faktoren erarbeitet. Die Auswahl der Indikatoren erfolgte dabei u.a. aus pragmatischen Gründen anhand der Verfügbarkeit der entsprechenden Daten im verwendeten Datensatz. Auf diese Weise wurden insgesamt neun Indikatoren herausgestellt, deren Wirkung(srichtung)en mit Hilfe von 18 Variablen in Hypothesen begründet und zusammengefasst wurden. Darüber hinaus wurden die weiteren, verfügbaren Variablen, für die keine theoretisch oder intuitiv ein-
332 332
deutig bestimmbaren Vermutungen über deren Einfluss ersichtlich waren, in das Strukturschema von Einflüssen eingeordnet und Mutmaßungen über mögliche Wirkungen diskutiert. Dies geschah, ohne konkret überprüfbare Hypothesen abzuleiten. So wurden acht Indikatoren, die durch neun Variablen verkörpert sind, kritisch erörtert und konnten in den nachfolgenden empirischen Analysen zur Kontrolle möglicher sonstiger Effekte verwendet werden. Bevor auf die empirische Untersuchung der dargelegten Forschungsfragen eingegangen wurde, war es notwendig, den Projektpartner und den selbst recherchierten Datensatz sowie daraus abgeleitete Informationen vorzustellen. Dies war insbesondere deswegen erforderlich, da bisher keine vergleichbaren, wissenschaftlichen Arbeiten zur Verwertungsquote von ausschließlich grundpfandrechtlichen Kreditsicherheiten existierten, die als Anhaltspunkt für den Inhalt, den Aufbau und die Struktur eines derartigen Datensatzes hätten dienen können. So wurde beispielsweise offensichtlich, dass x
in mehr als zwei Drittel der untersuchten Fälle die verwertete Grundschuld aus Kreditengagements von gewerblichen Kreditnehmern stammte (d.h. aus Krediten an Firmen oder selbstständig tätige Privatpersonen für gewerbliche Zwecke),
x
bei diesen gewerblichen Kreditengagements Kunden aus dem Baugewerbe und dem Gastgewerbe im Verhältnis zur allgemeinen Kreditnehmerstatistik aller deutschen Banken überrepräsentiert waren,
x
ein deutlicher Schwerpunkt der erfassten Datensätze auf Immobilienverwertungen in Ostdeutschland lag,
x
der Median des nominellen Grundschuldbetrags über alle Verwertungsfälle knapp 150 T-Euro betrug,
x
mehr als die Hälfte der verwerteten Objekte rein wohnwirtschaftliche Immobilien (d.h. EFHs, MFHs oder ETWs) waren,
x
weniger als die Hälfte der verwerteten Immobilien vom Sicherungsgeber eigengenutzt wurden,
x
die durchschnittliche WOP-Dauer eines Grundpfandrechts bei gut 37 Monaten ab dem Zeitpunkt des Übertrags durch die abgebende Bank lag,
333
x
in mehr als 40% der untersuchten immobilen Verwertungsfälle gar kein Zahlungseingang erzielt werden konnte, d.h. die Objektverwertung wert- und hoffnungslos aufgegeben wurde.
Darüber hinaus wurden relevante Zusammenhänge zwischen den verfügbaren Variablen herausgearbeitet, um ein genaueres Verständnis für die Struktur der Verwertungsfälle zu erhalten und wichtige Vorabinformationen für die empirische Analyse der Einflussfaktoren auf die Sicherheiten-Verwertungsquote zu generieren. Außerdem wurden in Kapitel 5 die Beschränkungen der verfügbaren Daten ausführlich aufgezeigt. Die vorliegende Analyse kann aus diversen Gründen nicht als repräsentativ für grundpfandrechtliche Immobilienverwertungen im Rahmen von Kreditausfällen deutscher Banken angesehen werden. Eine wichtige Einschränkung resultiert aus der Tatsache, dass die verwerteten Immobilien sowie deren letzte Bewertung aus Kreditportfolios fast ausschließlich von Sanierungsbanken stammten, d.h. von solchen Banken, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage auf die Hilfseinrichtung ihres Bankensektors angewiesen waren. Die Möglichkeit, dass sich hierunter Banken befanden, die in der Vergangenheit im Umgang mit Krediten unter Risikoaspekten besonders freigiebig waren oder die verfügbaren immobilen Kreditsicherheiten deutlich im Wert überschätzt hatten, durfte daher in der Interpretation der Ergebnisse nicht vergessen werden. Außerdem waren die Resultate naturgemäß eingeschränkt auf den Untersuchungszeitraum zwischen 1999 und 2005, auf den kreditgenossenschaftlichen Banksektor in Deutschland sowie auf das Verwertungsmanagement und die Sicherheitenpolitik der kooperierenden Bank. Kapitel 6 widmete sich der ersten Forschungsfrage nach der Höhe der Verwertungsquote von Immobiliensicherheiten. Hierzu wurden vier Definitionen der Verwertungsquote unterschieden: x
VWQ I: Erreichte Istwerte Letzte Bewertung der abgebenden Bank,
x
VWQ II: Erreichte Istwerte Gerichtlicher Verkehrswert,
x
VWQ III: Erreichte Istwerte Gutachtenwert des technischen Büros,
x
VWQ IV: Erreichte Istwerte [nomineller Grundschuldbetrag (./. Vorlasten)].
Zwischen den einzelnen Definitionen divergierten die Ergebnisse stark. Die durchschnittliche VWQ I betrug 0,6185 (Median 0,2772), d.h. im Mittelwert aller Verwer334 334
tungsfälle konnten 61,85% der letzten Bewertung der abgebenden Bank aus der Immobilienverwertung erlöst werden. Im Bezug zum gerichtlichen Verkehrswert konnten im Mittel nur Zahlungseingänge in Höhe von 38,35% erzielt werden (Median 44,02%), im Verhältnis zum Gutachtenwert des bankinternen technischen Büros 56,74% (Median 56,20%). Die Verwertungsquote auf Basis des nominellen Grundschuldanspruchs lag im Mittelwert bei nur 26,25% (Median 6,06%). Hierbei musste allerdings erwähnt werden, dass bei der VWQ IV auch negative Verwertungsquoten möglich waren, wenn die valutierenden Vorlasten höher als der nominelle Grundschuldanspruch waren. Hinsichtlich der Verteilung der Sicherheiten-Verwertungsquoten wurde für alle Definitionen festgestellt, dass es sehr viele Nullwerte gab, bei denen keinerlei Zahlungseingang realisiert werden konnte.682 Gleichzeitig gab es einige Werte zwischen 2 und 10, die zu einem weiten Auseinanderfallen von Median und Mittelwert und zu sehr hohen Kennzahlen
für
die
Varianz
und
Standardabweichung
der
Sicherheiten-
Verwertungsquoten führten. Im Wertebereich zwischen 0 und 2 waren die Quoten dagegen näherungsweise glockenförmig verteilt. Kapitel 7 stellte die Beantwortung der zweiten Forschungsfrage in den Mittelpunkt. Hauptsächlich aufgrund der größten Datenverfügbarkeit sowie der höheren Relevanz im bankinternen Management fokussierte die Autorin hierbei überwiegend auf die Definition der VWQ I. Mit Hilfe uni- und multivariater statistischer Verfahren wurde – in der Reihenfolge der Struktur möglicher Einflussfaktoren aus Kapitel 4 – untersucht, welche Merkmale in welcher Wirkungsrichtung und mit welcher Intensität Einfluss auf die gesamte Bandbreite möglicher immobiler Sicherheiten-Verwertungsquoten hatten. Für die folgenden Merkmale bestätigte sich der vermutete Einfluss in der empirischen Analyse klar: x
Die Sicherheiten-Verwertungsquote stieg, je besser das makroökonomische Umfeld – gemessen an der Höhe der Arbeitslosenquote – war.
682
Dieses Ergebnis ist nicht unbedingt so trivial, wie es aufgrund des identischen Zählers bei allen Definitionen erscheinen mag. Aber die Auswahl der Objekte ist insbesondere bei den Definition der VWQ II und VWQ III verzerrt, da diese nur berechnet werden können, wenn ein gerichtlicher Verkehrswert oder ein Gutachtenwert des technischen Büros vorliegt. Die Kosten und den Aufwand des Betreibens eines Zwangsversteigerungsverfahrens oder des Erstellen eines bankinternen Gutachtens sollte eine Bank nur für solche Objekte betreiben, bei denen sie realistisch mit einem positiven Zahlungseingang rechnet. Für die vielen Objekte, die aufgrund ihres mangelhaften Zustands oder aus sonstigen Gründen nicht umschlagbar sind und daher als Nullwert in der VWQ I und IV auftauchen, sollte daher erst gar keine VWQ II / III berechenbar sein.
335
x
Die Sicherheiten-Verwertungsquote war höher, wenn sich der Kreditnehmer im Verwertungsprozess kooperativ verhielt.
x
Die Sicherheiten-Verwertungsquote von erstrangigen Grundschulden war höher als die nachrangiger Grundschulden.
x
Unterschiedliche Verwertungsformen/Arten des Zahlungseingangs führten zu unterschiedlichen Sicherheiten-Verwertungsquoten.
Hinsichtlich der anderen Variablen, für die in Kapitel 4 Hypothesen erarbeitet worden waren, ergaben sich nur vereinzelt deutliche – im Sinne statistisch signifikanter – Ergebnisse. Die Existenz sonstiger Kreditsicherheiten hatte z.B. einen positiven Einfluss auf die Höhe der untersuchten grundpfandrechtlichen Verwertungsquote. Die anderen Merkmale zeigten in der multivariaten Analyse keine bedeutsame Wirkung auf die Immobilien-Verwertungsquote. Dies galt bspw. für die makroökonomischen Indikatoren BIP-Wachstum und Inflationsrate, für die Größe des Objektstandorts, für die Höhe der valutierenden Vorlasten, die Dauer der Kreditbeziehung, die Immobilienarten, die Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank sowie die Merkmale des WOPs. Hinsichtlich der Kontrollvariablen, für die ex-ante keine klar begründete Vermutung über einen Einfluss vorlag, stachen insbesondere die Bedeutung der Eigennutzung des Objekts sowie die Höhe des nominellen Grundschuldbetrags hervor. Eigengenutzte, teure Objekte, auf die ein hoher Grundschuldbetrag für die verwertende Bank eingetragen war, realisierten deutlich über den Erwartungen liegende Zahlungseingänge. Ergänzt und vertieft wurde die Analyse der Einflussfaktoren zur Erklärung der (fast) gesamten Bandbreite der Sicherheiten-Verwertungsquote durch die Untersuchung folgender Spezialaspekte: x
Durch welche Einflussfaktoren wurde grundsätzlich ein positiver Zahlungseingang determiniert?
x
Durch welche Merkmale ließen sich die unterschiedlichen Formen der Verwertung unterscheiden?
Hinsichtlich des ersten Teilbereichs wurde erörtert, dass sich die positive Bedeutung der Erstrangigkeit der betrachteten Grundschuld und der Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers für den Verwertungserfolg bestätigten. Anders als in den Analysen für die 336 336
Höhe der Verwertungsquote war für den grundsätzlichen Erfolg aber auch förderlich, dass sich das Objekt in einem (groß-)städtischen Umfeld befand. Auch hinsichtlich der makroökonomischen Faktoren änderten sich die signifikanten Einflüsse der Variablen. Die Arbeitslosenquote spielte kaum eine Rolle mehr für die Frage, ob ein Objekt verwertet wurde. Deutlicher war der Einfluss des BIP-Wachstums. Die Ergebnisse zur Erklärung des relativen und des absoluten Verwertungserfolgs waren somit nicht vollständig deckungsgleich. Dieses interessante Ergebnis sollte im Rahmen zukünftiger Forschung weiter vertieft werden. In einem weiteren Abschnitt wurden die Merkmale herausgearbeitet, die die verschiedenen Verwertungsformen (Rettungserwerb, Zwangsversteigerung, freihändiger Verkauf oder Grundschuldablösung) charakterisieren bzw. voneinander unterscheiden. Dieser Spezialaspekt war deshalb wichtig, da die unterschiedlichen Verwertungsformen den mit Abstand größten Einfluss auf den relativen Verwertungserfolg hatten. So erzielten Grundschuldablösungen deutlich höhere Verwertungsquoten für Grundpfandrechte als Zwangsversteigerungen. Zusammenfassend wurde mit Hilfe der Kontingenz- und der Diskriminanzanalyse herausgestellt, dass in Regionen mit hohen Arbeitslosenquoten (besonders in Ostdeutschland) die Verwertung an Dritte durch den Zuschlag in einer Zwangsversteigerung oder den freihändigen Verkauf selten war. Vielmehr musste in diesen Regionen das Objekt häufig mangels Alternativen durch einen Rettungserwerb in den eigenen Bestand der Bank aufgenommen werden. Des Weiteren trat zur Klassifizierung der verschiedenen Verwertungsformen ein deutlicher Einfluss der Immobilienart hervor. ETWs, die überdurchschnittlich oft fremdgenutzt waren, eigneten sich eher für eine Verwertung im Zwangsversteigerungsprozess als häufig eigengenutzte EFHs. Sicherungsgeber lösten vergleichsweise oft Grundschulden auf letztere Objekte ab. Abschließend wurden auf der Grundlage der statistischen Ergebnisse erste Handlungsempfehlungen für das Sicherheiten- und Verwertungsmanagement abgeleitet. Es ist demnach sinnvoll, x
auf der Eintragung des Grundpfandrechts im ersten Rang zu bestehen,
x
auf die Eigennutzung des Objekt und die Identität von Kreditnehmer und Sicherungsgeber zu achten,
337
x
besser ein „wertvolles“ Objekt als mehrere kleinere Immobilien als Kreditsicherheit zu vereinbaren,
x
Immobilien in (groß-)städtischen Gebieten gegenüber solchen aus ländlichen Bereichen zu favorisieren und
x
bei der Entscheidung über den Zeitpunkt der Immobilienverwertung die Entwicklung der Arbeitslosenquote einzubeziehen.
Insgesamt sind die Ergebnisse und Aussagen der vorliegenden Arbeit nur unter den erläuterten Einschränkungen zu verstehen. Sie sind nicht unmittelbar auf die grundpfandrechtlichen Sicherheiten-Verwertungsquoten anderer Banken(gruppen), anderer Länder oder eines anderen Zeitraums übertragbar. Die Analyse stellt somit lediglich einen ersten Versuch der Systematisierung allgemeiner Einflussfaktoren auf die Verwertungsquote spezifischer Sicherheitenarten sowie der Überprüfung einleuchtender Zusammenhänge anhand eines ausgewählten Datensatzes dar. Zukünftigen Forschungsbedarf gibt es daher in vielfältiger Hinsicht: sowohl inhaltlich hinsichtlich der Untersuchung anderer Sicherheitenarten oder der vertiefenden Analyse von Grundpfandrechten, als auch methodisch hinsichtlich der verwendeten statistischen Verfahren.
338 338
Anhang 1 Volkswirtschaftliche Daten 1999-2005 QUELLEN: (Letztes Zugriffsdatum - sofern nicht anders angegeben - jeweils 2008-05-01.) Arbeitslosenquote: Arbeitslosenquote in % p.a. 1999: http://www.pub.arbeitsamt.de/hst/services/statistik/000100/html/jahr/arbeitsmarkt_2001_gesamt.pdf, Arbeitsmarkt 2001, Seite 166; Tabelle IV.B.2/ Tabellenanhang. Arbeitslosenquote in % p.a. 2000-2005: http://www.pub.arbeitsamt.de/hst/services/statistik/000100/html/jahr/index.shtml Arbeitsmarkt 2006, Seite 180; Tabelle III.B./ Tabellenanhang. ¨ BIP ggü. Vorjahr in % 1999-2005: http://www.vgrdl.de/Arbeitskreis_VGR/ergebnisse.asp#BIP, Excel-Sheet:Bruttoinlandsprodukt, Bruttowertschöpfung in den Ländern und Ost-West-Großraumregionen Deutschlands, 1991 bis 2006 . Inflationsrate in % p.a. 1999-2005: Gesamtdeutschland: http://www.ihk-nordwestfalen.de/volkswirtschaft_statistik/bindata/ Inflationsrate_Deutschland.pdf Baden-Württemberg: http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de/Konjunkturspiegel/indices.asp Bayern: Berlin: http://www.statistik-berlin-brandenburg.de/daten/daten-verbrpr_be.pdf Brandenburg: http://www.statistik-berlin-brandenburg.de/daten/daten-verbrpr_bb.pdf Bremen: http://www.statistik-bremen.de/aktuelle_statistiken/11a.htm Hamburg: Hessen: http://www.statistik-hessen.de/themenauswahl/preise/landesdaten/verbraucherpreisindex-2000bis-2007/index.html Mecklenburg-Vorpommern: Niedersachsen: http://www.nls.niedersachsen.de/Tabellen/Preise/Preisindex_T1.html Nordrhein-Westfalen: http://www.lds.nrw.de/statistik/datenangebot/daten/m/r323preisindex_aph.html Rheinland-Pfalz: http://www.statistik.rlp.de/pre/tabellen/preisindizes.html Saarland: http://www.saarland.de/dokumente/thema_statistik/staa_PREIS_Verbraucherpreise(10).pdf Sachsen: http://www.statistik.sachsen.de/21/14_02/14_02_01_tabelle.asp Sachsen-Anhalt: http://www.statistik.sachsen-anhalt.de/Internet/Home/Daten_und_Fakten/6/61/611/ 61111/Verbraucherpreisindex_und_Hauptgruppen__Jahresteuerungsrate.html Schleswig-Holstein: Thüringen: -
339
340
Arbeitslosenquote BIP-Wachstum ggü. Vorjahr in % Infaltionsrate
Arbeitslosenquote BIP-Wachstum ggü. Vorjahr in % Infaltionsrate
2000
2001
Arbeitslosenquote BIP-Wachstum ggü. Vorjahr in % Infaltionsrate
6,5%
Baden Württemberg
2,6%
0,8%
6,2%
1,3%
2,4%
1,8%
7,8%
3,0%
7,0%
1,9%
1,2%
6,9%
0,7%
0,8%
1,3%
6,9%
6,2%
1,7%
6,0%
5,4%
2,2%
5,3%
2,8%
4,9%
4,4%
5,5%
3,5%
6,4%
Bayern
4,1%
1,7%
2,8%
5,4%
0,6%
3,2%
Hamburg
Bremen
Brandenburg
Berlin 0,3%
4,0% 0,6%
0,4%
1,5%
3,1% 1,4%
3,5%
2,2%
2,1% 2,0%
2,8%
1,2%
1,4% 1,4%
2,5%
1,0%
0,8% 1,1%
1,8%
1,9%
2,9% 1,6%
1,7%
2,7%
9,7%
1,4%
9,9%
1,5%
9,0%
5,3%
8,3%
2,7%
8,9%
1,0%
1,9%
0,7% 2,3%
-0,5% 2,0%
2,0%
2,6%
19,0% 18,2% 16,8% 11,3%
2,1%
0,5%
17,7% 18,7% 13,2%
0,3%
-0,9%
18,1% 18,8% 13,2%
1,2%
0,0%
16,9% 17,5% 12,5%
1,3%
0,4%
16,1% 17,4% 12,4%
1,2%
0,6%
15,8% 17,0% 13,0%
0,1%
0,5%
15,9% 17,4% 14,3% 10,4%
1,6%
1,1%
9,7%
1,4%
2,0%
8,2%
0,9%
1,8%
7,9%
1,2%
0,9%
7,0%
1,7%
3,5%
6,6%
1,9%
7,3%
4,2%
8,3%
Hessen
340 340
Tabelle A-86: Volkswirtschaftliche Daten nach Bundesländern 1999 bis 2005.
Arbeitslosenquote BIP-Wachstum ggü. 2005 Vorjahr in % Infaltionsrate
2004
Arbeitslosenquote BIP-Wachstum ggü. 2003 Vorjahr in % Infaltionsrate
Arbeitslosenquote BIP-Wachstum ggü. 2002 Vorjahr in % Infaltionsrate
Arbeitslosenquote BIP-Wachstum ggü. Vorjahr in % Infaltionsrate
1999
NordrheinWestfalen
N iedersachsen
MecklenburgVorpommern 1,9%
1,6%
9,6%
1,0%
1,0%
9,6%
1,3%
-0,1%
9,2%
2,1%
1,0%
9,1%
3,0%
9,3%
1,8%
1,5%
1,8%
10,2%
1,2%
0,5%
10,0%
1,3%
1,5%
9,2%
2,0%
1,7%
8,8%
1,8%
9,2%
1,1%
-0,5%
1,7%
2,6%
1,8%
1,6%
20,3% 11,6% 12,0%
2,2%
20,4%
0,9%
20,1%
0,7%
18,6%
2,0%
18,3%
0,9%
17,8%
2,8%
18,2% 10,3% 10,2%
RheinlandP falz 2,1%
1,3%
8,8%
1,6%
3,1%
7,7%
0,9%
0,3%
7,7%
1,5%
2,5%
7,2%
1,9%
0,0%
6,8%
1,3%
2,2%
7,3%
2,7%
8,2%
SachsenAnhalt
Sachsen
Saarland
0,5%
1,5%
1,5%
1,3%
2,0%
1,7%
1,0%
4,0%
0,9%
1,0%
1,5%
2,8%
1,8%
2,6%
17,8% 20,3%
0,8%
2,1%
17,9% 20,5%
0,9%
4,2%
17,8% 19,6%
1,8%
3,2%
17,5% 19,7%
1,5%
0,2%
17,0% 20,2%
0,3%
2,3%
SchleswigHolstein 2,0%
9,8%
1,4%
9,7%
-1,4%
8,7%
2,5%
8,4%
2,4%
8,5%
1,6%
9,4%
2,4%
1,4%
1,4%
9,8%
2,0%
2,5%
9,4%
1,4%
2,5%
9,6%
0,6%
0,9% 1,1%
2,4%
1,6%
2,1%
16,7% 10,5%
2,3%
16,7% 10,5%
1,8%
15,9%
2,6%
15,3%
1,9%
15,4%
3,5%
15,4% 10,5%
Thüringen
2,0%
3,8%
2,2%
-0,3%
2,1%
1,6%
1,1%
0,0%
2,0%
1,5%
10,7% 18,3% 20,2% 11,6% 17,1% 11,7%
1,7%
4,0%
9,2%
1,0%
0,6%
9,5%
1,4%
0,4%
9,1%
1,5%
1,7%
9,0%
3,0%
9,8%
1,3%
10,8% 17,2% 20,3%
Gesamtdeutschland
Anhang 2 Korrelationsanalyse metrisch skalierter Basisfaktoren nach Bravais-Pearson unter Berücksichtigung von Time-Lags
Wachstum BIP in % p.a. (Vorjahr des Übertrags)
-0,122***
-0,117***
-0,041*
-0,045*
Wachstum BIP in % p.a. (Vorvorjahr des Übertrags)
Wachstum BIP in % p.a. (Jahr des Übertrags)
-0,119***
Arbeitslosenquote in % p.a. (Vorvorjahr des Übertrags)
Korrelationskoeffizient N KorrelationsVWQ I Endkoeffizient wert N VWQ II (Ge- Korrelationskoeffizient richtlicher Verkehrswert) N KorrelationsVWQ III (Technisches koeffizient Büro) N VWQ IV Korrelations(Nomineller koeffizient Grundschuldbetrag ./. N Vorlasten) VWQ I
Arbeitslosenquote in % p.a. (Vorjahr des Übertrags)
Arbeitslosenquote in % p.a. (Jahr des Übertrags)
Korrelationen nach Bravais-Pearson
-0,050*
974
974
974
974
974
974
-0,127***
-0,132***
-0,129***
-0,049*
-0,048*
-0,049*
970
970
970
970
970
970
-0,054*
-0,045
-0,005
-0,009
-0,059*
-0,126***
625
625
625
625
625
625
-0,067**
-0,057*
-0,041
0,004
-0,033
-0,096***
631
631
631
631
631
631
-0,041
-0,039
-0,024
-0,018
-0,001
-0,063**
938
938
938
938
938
938
Tabelle A-87: Korrelationsanalyse nach Bravais-Pearson – Sicherheiten-Verwertungsquoten und BasisFaktoren mit Time-Lags. (*. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Konfidenzniveau von 10% (1-seitig) signifikant von Null verschieden; **. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Konfidenzniveau von 5% (1-seitig) signifikant von Null verschieden; ***. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Konfidenzniveau von 1% (1-seitig) signifikant von Null verschieden.)
341
Rang-Korrelationsanalyse metrisch skalierter Basisfaktoren nach Spearman unter Berücksichtigung von Time-Lags
Korrelationskoeffizient N Korrelationskoeffizient VWQ I Endwert N KorrelationsVWQ II (Gerichtlikoeffizient cher Verkehrswert) N KorrelationsVWQ III (Technikoeffizient sches Büro) N VWQ IV (Nomineller KorrelationsGrundschuldbetrag ./. koeffizient Vorlasten) N VWQ I
-0,122*** -0,131*** -0,100*** 974
974
974
-0,124*** -0,133*** -0,109*** 970
-0,070** -0,070** 974
970
970
970
-0,020
-0,071**
625
625
625
-0,113*** -0,103***
-0,043
-0,040
631
631
631
631
-0,101*** -0,099***
-0,049*
-0,075**
938
938
938
938
974
-0,068** -0,071**
-0,135*** -0,125*** 625
Wachstum BIP in % p.a. (Vorvorjahr des Übertrags)
Wachstum BIP in % p.a. (Vorjahr des Übertrags)
Arbeitslosenquote in % p.a. (Vorvorjahr des Übertrags)
Arbeitslosenquote in % p.a. (Vorjahr des Übertrags)
Arbeitslosenquote in % p.a. (Jahr des Übertrags)
Rang-Korrelationen nach Spearman
970 0,124*** 625 0,098*** 631 0,099*** 938
Tabelle A-88: Rang-Korrelationsanalyse nach Spearman – Sicherheiten-Verwertungsquoten und BasisFaktoren mit Time-Lags. (*. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Konfidenzniveau von 10% (1-seitig) signifikant von Null verschieden; **. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Konfidenzniveau von 5% (1-seitig) signifikant von Null verschieden; ***. Der Korrelationskoeffizient ist auf dem Konfidenzniveau von 1% (1-seitig) signifikant von Null verschieden.)
342 342
Anhang 3 Regressionsanalyse metrisch skalierter makroökonomischer Faktoren unter Berücksichtigung von Time-Lags
Regressionsmodell Konstante
TL1
TL2
0842*** (0,110)
0,960*** (0,121)
0,788 (2,368)
Vorjahr des Übertrags BIP-Wachstum
-4,976* (2,655)
Vorvorjahr des Übertrags H1 -1,900*** (0,676)
Vorjahr des Übertrags Arbeitslosenquote
-1,821*** (0,656)
Vorvorjahr des Übertrags 687
687
Durbin-Watson-Teststatistik
1,980
1,982
asymptotische Signifikanz des F-Tests
0,020
0,008
R²
0,011
0,014
Korrigiertes R²
0,009
0,011
Anzahl der Fälle
Tabelle A-89: Modelle TL1- TL2 (VWQ I – Zeitverzögerte makroökonomische Faktoren). (Der Wert ohne Klammern stellt den geschätzten Regressionskoeffizienten dar, in Klammern ist die jeweilige Standardabweichung angegeben. Die *-Kennzeichnung bedeutet: *. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2-seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
343
Anhang 4 Modellreihe 15: Gewerbliches Kreditengagement Abhängige Variable: VWQ II (Gerichtlicher Verkehrswert) Regressionsmodell
15A RegresStansionsdardkoeffifehler zient 1,014* 0,592 -3,480 5,043 -1,364 2,320
Konstante BIP-Wachstum p.a. H1 Arbeitslosenquote Dummy Kooperationsbereitschaft H2 -0,071 liegt vor - eigene Einschätzung Dummy Land-/Forstwirtschaft und -0,104 Energie-/Wasserversorgung Dummy Verarbeitendes Gewerbe -0,134 (ohne Baugewerbe) Dummy Handel, Instandhaltung und -0,253 Reparatur von Kraftfahrzeugen und H3 Gebrauchsgütern Dummy Verkehr und Nachrichten-0,316 übermittlung Dummy Finanzierungsinstitutionen -0,239 und Versicherungsunternehmen Dummy Dienstleistungen (inkl. freier -0,120 Berufe) H5 Dummy Weitere Sicherheiten -0,031 Dummy Erstrangige GrundschuldbeH6 -0,090 sicherung Dummy Ackerland -0,128 -0,041 H8 Dummy ETW Dummy gemischtes Objekt in mehre-0,166 ren Komplexen Dummy Objektort Westdeutschland -0,162 (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort 0,000 und Hauptsitz der abgebenden Bank H9 Dummy Sicherungsobjekt im Ein0,053 zugsgebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts -0,044 (in 100.000 Einwohnern)) Dauer Kreditkündigung bis Übertra-0,001 gung in Monaten Dummy Versteigerung 0,438** H10 Dummy Rettungserwerb 0,141 Dummy freihändiger Verkauf 0,148 Dummy Grundschuldablösung -0,113 Dummy Kein Zahlungseingang -0,466** KN2 Dummy Insolvenz anhängig -0,043 KN3 Dummy persönliche Haftung -0,140 KE1 Nomineller Grundschuldbetrag 0,000 KE2 Dummy KN = SG 0,093 S3 Dummy Eigennutzung 0,059 W1 Auf-/Abwertung in T-Euro 0,000
344 344
15B RegresStansionsdardkoeffifehler zient 0,743 0,595 -4,511 5,144 -1,323 2,375
15C RegresStansionsdardkoeffifehler zient 0,589 0,689 -1,648 5,939 -1,546 2,801
0,176
-0,040
0,179
-0,026
0,210
0,379
-0,136
0,387
-0,455
0,456
0,164
-0,181
0,167
-0,219
0,195
0,175
-0,268
0,179
-0,227
0,207
0,274
-0,392
0,278
-0,115
0,323
0,540
-0,243
0,553
-0,307
0,644
0,130
-0,137
0,133
-0,129
0,154
0,141
-0,042
0,144
0,121
0,168
0,097
-0,065
0,099
0,010
0,116
0,310 0,157
-0,155 -0,040
0,317 0,161
0,011 -0,125
0,361 0,188
0,194
-0,126
0,198
-0,065
0,231
0,230
-0,108
0,234
-0,081
0,276
0,001
0,000
0,001
0,001
0,001
0,136
0,039
0,139
0,159
0,164
0,027
-0,046
0,028
-0,005
0,032
0,002
-0,001
0,002
-0,002
0,002
-0,023 -0,078 0,000 0,142 0,072
0,131 0,122 0,000 0,136 0,133
0,209 0,828*** 0,130 0,209 0,525*** 0,132 0,237 0,518*** 0,181 0,280 0,265 0,234 0,199 0,112 -0,094 0,112 0,103 -0,161 0,106 0,000 0,000 0,000 0,115 0,087 0,118 0,113 0,025 0,115 0,000 0,000 0,000
Dummy Jahr 2000 Dummy Jahr 2001 Dummy Jahr 2002 Dummy Jahr 2003 Dummy Jahr 2004 Dummy Jahr 2005 Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik asymptotische Signifikanz des F-Tests R² Korrigiertes R²
-0,024 0,207 -0,110 0,208 -0,151 0,217 -0,133 0,228 -0,196 0,261 -0,559 0,377 128 2,049 0,002 0,454 0,238
-0,058 0,211 -0,112 0,212 -0,226 0,219 -0,173 0,233 -0,272 0,265 -0,668 0,383 128 2,050 0,007 0,421 0,200
0,108 -0,074 0,050 -0,227 -0,329 -0,260 128
0,241 0,246 0,246 0,269 0,302 0,431
1,900 0,978 0,139 -0,127
Tabelle A-90: Modellreihe 15 (VWQ II). (*. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
345
Modellreihe 16: Privates Kreditengagement Abhängige Variable: VWQ II (Gerichtlicher Verkehrswert) Regressionsmodell
Konstante BIP-Wachstum p.a. H1 Arbeitslosenquote Dummy Kooperationsbereitschaft H2 liegt vor - eigene Einschätzung H5 Dummy Weitere Sicherheiten Dummy Erstrangige GrundschuldH6 besicherung Dummy Ackerland Dummy ETW H8 Dummy gemischtes Objekt in mehreren Komplexen Dummy Objektort Westdeutschland (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank H9 Dummy Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts (in 100.000 Einwohnern)) Dauer Kreditkündigung bis Übertragung in Monaten Dummy Versteigerung H10 Dummy Rettungserwerb Dummy freihändiger Verkauf Dummy Grundschuldablösung Dummy Kein Zahlungseingang KN1 Dummy Insolvenz anhängig KN2 Dummy persönliche Haftung KE1 Nomineller Grundschuldbetrag KE2 Dummy KN = SG S3 Dummy Eigennutzung W1 Auf-/Abwertung in T-Euro Dummy Jahr 2000 Dummy Jahr 2001 Dummy Jahr 2002 Dummy Jahr 2003 Dummy Jahr 2004 Dummy Jahr 2005 Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik asymptotische Signifikanz des F-Tests R² Korrigiertes R²
16A
16B
Regressionskoeffizient
Standardfehler
0,298 1,232 1,451*
0,228 1,514 0,776
Regressionskoeffizient -0,207 1,849 1,580*
-0,067
0,045
0,048
0,033
0,073
16C
0,227 1,641 0,843
Regressionskoeffizient 0,277 0,852 1,680
-0,070
0,049
0,007
0,055
0,035
0,029
0,055
0,034
0,075**
0,037
0,258***
0,056
-0,016 -0,025
0,123 0,047
-0,042 -0,031
0,134 0,051
-0,394* 0,047
0,209 0,078
-0,059
0,076
-0,034
0,082
-0,108
0,130
0,116
0,075
0,127
0,081
0,114
0,127
0,000
0,000
0,000
0,000
-0,000*
0,000
0,000
0,048
-0,014
0,052
-0,097
0,081
0,005
0,008
0,014
0,009
0,037***
0,013
-0,001
0,001
-0,001
0,001
-0,001
0,001
0,087 0,087 0,107 0,118 0,084 0,032 0,075 0,000 0,054 0,035 0,000 0,087 0,088 0,081 0,084 0,088 0,110
0,511*** 0,586*** 0,853*** 0,499***
0,046 0,047 0,080 0,095 -0,007 -0,143 0,000 -0,035 -0,041
0,054 0,127 0,000 0,088 0,058
0,091 0,169* 0,426*** 0,065 -0,466*** -0,052 -0,070 -0,000* 0,008 -0,046 0,000 0,037 0,104 -0,018 -0,019 -0,027 -0,131 193 2,085 0,000 0,760 0,716
Standardfehler
-0,061* 0,035 -0,068 0,081 0,000 0,000 0,040 0,059 -0,027 0,038 0,000 0,000 0,088 0,094 0,130 0,096 -0,003 0,088 -0,003 0,091 0,021 0,095 -0,105 0,119 193 2,134 0,000 0,715 0,665
Standardfehler 0,354 2,570 1,324 0,076
-0,003 0,146 0,155 0,150 -0,034 0,138 -0,092 0,142 -0,117 0,148 0,139 0,182 193 1,979 0,001 0,259 0,153
Tabelle A-91: Modellreihe 16 (VWQ II). (*. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
346 346
Modell 17: Ex-Ante Kreditengagement Abhängige Variable: VWQ II (Gerichtlicher Verkehrswert) 17
Regressionsmodell
Konstante BIP-Wachstum p.a. H1 Arbeitslosenquote H5 Dummy Weitere Sicherheiten H6 Dummy Erstrangige Grundschuldbesicherung Dummy Ackerland H8 Dummy ETW Dummy gemischtes Objekt in mehreren Komplexen Dummy Objektort Westdeutschland (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km H9 Dummy Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts (in 100.000 Einwohnern)) H10 Dauer Kreditkündigung bis Übertragung in Monaten KN3 Dummy persönliche Haftung KE1 Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro KE2 Dummy KN = SG S3 Dummy Eigennutzung Dummy Jahr 2000 Dummy Jahr 2001 Dummy Jahr 2002 Dummy Jahr 2003 Dummy Jahr 2004 Dummy Jahr 2005 Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik asymptotische Signifikanz des F-Tests R² Korrigiertes R²
Regressionskoeffizient
Standardfehler
0,313 0,409 -0,015 0,037 0,139*** -0,207 0,030 -0,037 0,034
0,280 2,473 1,221 0,057 0,052 0,173 0,071 0,114 0,117
0,000
0,000
0,019
0,073
0,019
0,013
-0,001 -0,090 0,000 0,054 -0,018 0,124 0,084 0,038 -0,101 -0,121 0,059
0,001 0,058 0,000 0,068 0,055 0,116 0,122 0,115 0,120 0,128 0,166 337 1,932 0,036 0,103 0,040
Tabelle A-92: Modell 17 (VWQ II). (*. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
347
Anhang 5 Modellreihe 15: Gewerbliches Kreditengagement Abhängige Variable: VWQ III (Wert des technischen Büros) Regressionsmodell
15A Regressionskoeffizient 1,465*** -2,769 -2,538
15B
Konstante BIP-Wachstum p.a. H1 Arbeitslosenquote Dummy Kooperationsbereitschaft liegt H2 0,081 0,138 vor - eigene Einschätzung Dummy Land-/Forstwirtschaft und -0,294 0,363 Energie-/Wasserversorgung Dummy Verarbeitendes Gewerbe (ohne 0,126 0,146 Baugewerbe) Dummy Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und -0,093 0,156 H3 Gebrauchsgütern Dummy Verkehr und Nachrichten0,108 0,306 übermittlung Dummy Finanzierungsinstitutionen und -0,122 0,519 Versicherungsunternehmen Dummy Dienstleistungen (inkl. freier -0,032 0,120 Berufe) H5 Dummy Weitere Sicherheiten -0,059 0,128 Dummy Erstrangige GrundschuldbesiH6 0,047 0,085 cherung Dummy Ackerland -0,183 0,241 Dummy ETW -0,062 0,150 H8 Dummy gemischtes Objekt in mehreren 0,153 0,194 Komplexen Dummy Objektort Westdeutschland -0,110 0,221 (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in -0,001 0,001 H9 km Dummy Sicherungsobjekt im Einzugs-0,130 0,127 gebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts 0,018 0,024 (in 100.000 Einwohnern)) Dauer Kreditkündigung bis Übertra0,001 0,002 gung in Monaten Dummy Versteigerung 0,187 0,190 H10 Dummy Rettungserwerb 0,075 0,186 Dummy freihändiger Verkauf 0,276 0,208 Dummy Grundschuldablösung 0,459* 0,253 Dummy Kein Zahlungseingang -0,779*** 0,168 KN2 Dummy Insolvenz anhängig 0,063 0,102 KN3 Dummy persönliche Haftung -0,080 0,100 Nomineller Grundschuldbetrag in TKE1 0,000 0,000 Euro KE2 Dummy KN = SG -0,016 0,109
348 348
15C
Stan- Regressi- Stan- Regressi- Standardonsdardonsdardfehler koeffizient fehler koeffizient fehler 0,557 0,929 0,594 1,239 0,752 4,499 -2,344 4,910 -7,024 6,112 2,276 -2,192 2,482 -2,933 3,173 0,083
0,151
0,171
0,193
-0,299
0,396
-0,334
0,504
0,164
0,159
-0,015
0,199
-0,108
0,170
-0,051
0,216
0,070
0,334
0,598
0,413
-0,081
0,566
-0,098
0,711
-0,043
0,131
0,017
0,165
-0,044
0,140
0,111
0,175
0,057
0,093
0,050
0,117
-0,329 -0,033
0,260 0,164
-0,130 0,110
0,330 0,207
0,188
0,212
0,195
0,269
-0,027
0,241
-0,095
0,305
-0,001
0,001
0,000
0,001
-0,160
0,138
-0,179
0,176
0,015
0,026
0,011
0,032
-0,001
0,002
0,001
0,002
0,841*** 0,734*** 0,959*** 1,084***
0,138 0,131 0,160 0,234
-0,014 -0,130
0,110 0,109
0,095 -0,131
0,138 0,136
0,000
0,000
0,000
0,000
-0,032
0,118
0,213
0,146
S3 Dummy Eigennutzung W1 Auf-/Abwertung in T-Euro Dummy Jahr 2000 Dummy Jahr 2001 Dummy Jahr 2002 Dummy Jahr 2003 Dummy Jahr 2004 Dummy Jahr 2005 Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik asymptotische Signifikanz des F-Tests R² Korrigiertes R²
-0,110 0,105 0,000 0,000 0,066 0,200 0,182 0,201 -0,137 0,203 -0,254 0,219 0,203 0,278 -0,023 0,303 143 2,154 0,000 0,620 0,491
-0,201* 0,113 0,000 0,000 0,001 0,217 0,163 0,219 -0,230 0,221 -0,350 0,238 0,044 0,301 -0,243 0,327 143 2,047 0,000 0,543 0,394
0,043
0,140
-0,207 0,273 -0,087 0,274 -0,264 0,273 -0,690** 0,298 -0,390 0,373 -0,305 0,412 143 2,208 0,461 0,213 0,003
Tabelle A-93: Modellreihe 15 (VWQ III). (*. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
349
Modellreihe 16: Privates Kreditengagement Abhängige Variable: VWQ III (Wert des technischen Büros) VWQ III 16A Regressionskoeffizient
Standardfehler
1,243*** 0,008 -0,390
0,378 2,458 1,402
16B RegresStansionsdardkoeffifehler zient 0,263 0,428 1,361 2,940 -0,421 1,681
-0,021
0,078
-0,007
0,094
0,148
0,122
-0,030
0,051
-0,023
0,062
-0,044
0,087
0,075
0,057
0,087
0,068
0,309***
0,090
0,029 -0,047
0,195 0,072
0,325 -0,011
0,230 0,087
-0,129 0,057
0,320 0,119
-0,319**
0,132
-0,187
0,157
-0,256
0,220
-0,067
0,133
-0,049
0,159
-0,094
0,221
0,000
0,000
0,000
0,000
-0,001*
0,000
0,023
0,071
-0,025
0,085
-0,192
0,118
-0,007
0,013
0,006
0,016
0,027
0,021
0,000
0,002
Regressionsmodell
Konstante BIP-Wachstum p.a. H1 Arbeitslosenquote Dummy KooperationsbereitH2 schaft liegt vor -eigene Einschätzung Dummy Weitere SicherheiH4 ten Dummy Erstrangige GrundH5 schuldbesicherung Dummy Ackerland Dummy ETW H7 Dummy gemischtes Objekt in mehreren Komplexen Dummy Objektort Westdeutschland (ohne Berlin) Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km H8 Dummy Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts (in 100.000 Einwohnern)) Dauer Kreditkündigung bis Übertragung in Monaten Dummy Versteigerung Dummy Rettungserwerb H9 Dummy freihändiger Verkauf Dummy Grundschuldablösung Dummy Kein Zahlungseingang KN1 Dummy Insolvenz anhängig KN2 Dummy persönliche Haftung Nomineller GrundschuldbeKE1 trag in T-Euro KE2 Dummy KN = SG S3 Dummy Eigennutzung W1 Auf-/Abwertung in T-Euro Dummy Jahr 2000 Dummy Jahr 2001 Dummy Jahr 2002 Dummy Jahr 2003 Dummy Jahr 2004 Dummy Jahr 2005
350 350
16C RegresStansionsdardkoeffifehler zient 0,866 0,591 -3,310 4,114 -0,653 2,354
-0,001
0,001
-0,001
0,001
-0,276** -0,035
0,138 0,135
0,662*** 0,905***
0,087 0,081
-0,085
0,151
0,846***
0,116
-0,355**
0,169
0,533***
0,153
-1,027***
0,128
-0,005 -0,115
0,052 0,114
-0,066 -0,081
0,062 0,136
-0,011 -0,119
0,087 0,190
0,000
0,000
0,000
0,000
0,000*
0,000
0,030 -0,004 -0,001 -0,128 -0,010 -0,073 -0,061 -0,042 0,045
0,079 0,058 0,000 0,146 0,147 0,140 0,148 0,148 0,183
0,049 0,052 0,000 -0,112 -0,024 -0,116 -0,070 0,031 0,128
0,095 0,069 0,000 0,175 0,176 0,168 0,177 0,177 0,219
0,182 0,104
0,130 0,094
-0,363 -0,107 -0,270 -0,217 -0,344 0,086
0,241 0,246 0,236 0,246 0,246 0,307
Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik asymptotische Signifikanz des FTests R² Korrigiertes R²
175 2,131
175 2,023
175 1,854
0,000
0,000
0,036
0,737 0,682
0,619 0,543
0,210 0,084
Tabelle A-94: Modellreihe 16 (VWQ III). (*. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
351
Modell 17: Ex-Ante Kreditengagement Abhängige Variable: VWQ III (Wert des technischen Büros) VWQ III 17
Regressionsmodell
Konstante BIP-Wachstum p.a. H1 Arbeitslosenquote H4
Dummy Weitere Sicherheiten
H5
Dummy Erstrangige Grundschuldbesicherung
H7
H8
Regressionskoeffizient
Standardfehler
0,990**
0,386
-4,440
3,267
-1,040
1,738
0,004
0,075
0,227***
0,066
Dummy Ackerland
-0,287
0,199
Dummy ETW
0,031
0,092
Dummy gemischtes Objekt in mehreren Komplexen
-0,033
0,160
Dummy Objektort Westdeutschland (ohne Berlin)
-0,010
0,166
Entfernung zwischen Objektstandort und Hauptsitz der abgebenden Bank in km
-0,001**
0,000
Dummy Sicherungsobjekt im Einzugsgebiet der abgebenden Bank
-0,155*
0,091
ln(Einwohnerzahl des Objektstandorts (in 100.000 Einwohnern))
0,014
0,016
H10
Dauer Kreditkündigung bis Übertragung in Monaten
-0,001
0,001
KN3
Dummy persönliche Haftung
-0,099
0,073
KE1
Nomineller Grundschuldbetrag in T-Euro
0,000*
0,000
KE2
Dummy KN = SG
0,161*
0,083
S3
Dummy Eigennutzung
0,016
0,072
Dummy Jahr 2000
-0,208
0,159
Dummy Jahr 2001
-0,115
0,162
Dummy Jahr 2002
-0,263
0,158
Dummy Jahr 2003
-0,414**
0,166
Dummy Jahr 2004
-0,362
0,178
Dummy Jahr 2005
-0,119 Anzahl der Fälle Durbin-Watson-Teststatistik
0,225 335 2,053
asymptotische Signifikanz des F-Tests
0,002
R²
0,132
Korrigiertes R²
0,071
Tabelle A-95: Modell 17 (VWQ III). (*. Auf dem Konfidenzniveau von 0,10 (2-seitig) signifikant; **. Auf dem Konfidenzniveau von 0,05 (2seitig) signifikant; ***. Auf dem Konfidenzniveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.)
352 352
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EStG
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SolvV
Solvabilitätsverordnung (Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung (Solvabilität) von Instituten) [Solvabilitätsverordnung vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2926), geändert durch Artikel 2a des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3089 textlich nachgewiesen, dokumentarisch noch nicht bearbeitet)]
VereinsG
Vereinsgesetz (Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts) [Vereinsgesetz vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593), zuletzt geändert durch Artikel 7a des Gesetzes vom 5. Januar 2007 (BGBl. I S. 2 Änderung durch Art. 6 G v. 21.12.2007 I 3198 (Nr. 70) noch nicht berücksichtigt]
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