Die dunklen Seiten ...
des Alltags
Es ist bekannt, daß die Wahrscheinlichkeit, mit der ein herunterfallendes Brötchen ...
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Die dunklen Seiten ...
des Alltags
Es ist bekannt, daß die Wahrscheinlichkeit, mit der ein herunterfallendes Brötchen auf der Butterseite landet ungleich höher ist als die Chance, daß es mit der unbelegten Seite Bodenkontakt aufnimmt. Ähnlich groß ist die Möglichkeit, daß Sie in dem Augenblick, in dem Sie einen Einkaufswagen von der Sicherungskette lösen möchten, gerade keine Mark im Geldbeutel finden. Dies schützt Sie immerhin davor, daß die Kasse, an der Sie sich (theoretisch) angestellt hätten, gerade geschlossen wird, wenn Sie Ihre eingekauften Waren aufs Band legen. Ob Sie nun wieder den Kugelschreiber mit der defekten Mine erwischen, ein Knopf am einzig sauberen Hemd fehlt oder in der gerade erspähten Parklücke ein fremder Autofahrer sein Vehikel schneller plaziert als Sie - das Verlierertum ist uns ein treuer Begleiter, das Pech eine kalkulatorische Größe des Alltags. Im tiefsten Innern sind wir Pessimisten. Haben wir nicht alle ein Warndreieck im Auto, einen Ersatzschlüssel für die Haustür in der Brieftasche, die Telefonnummer der Jugendliebe im Adreßbuch und eine Hausratversicherung ? Wir rechnen halt schon im voraus damit, daß der Motor explodiert, der Hauptschlüssel verlustig geht, der Lebensabschnittspartner etwas besseres findet, und der defekte
Waschmaschinenschlauch werden müssen.
hätte
repariert
Und trotzdem: Obwohl unsere generelle Lebenshaltung offensichtlich auf Verzweiflung und kommendem Elend fußen müßte, läuft immer noch erstaunlich viel Gutgelauntes über diesen Planeten. Speziell jetzt, wo die Temperaturen endlich besser, die Tage in den Biergärten länger und wir in den Nächten breiter werden. Der Optimismus, wie ihn speziell der Rheinländer pflegt, beruht nicht ganz unwesentlich, auf unverdorben-böswilliger Schadenfreude. Denn alles was mir an Unbill widerfährt, passiert auch jedem anderen. Es ist schön, tröstlich und unterhaltsam, zu wissen, daß jedem x-beliebigen Gegenüber beispielsweise das Fehlen von Toilettenpapier dann auffällt, wenn er/sie es gerade am nötigsten braucht. Es beruhigt, daß jede(r) andere auch schon einmal den Muttertag oder Erbonkels Geburtstag vergessen hat. Es motiviert, zu wissen, daß der Unsympath, der genau vor einem in der Schlange die letzte Eintrittskarte zum Kino erworben hat, morgen schon derjenige ist, dessen Auto aus dem Parkverbot abgeschleppt wird. Im Gegensatz zum Glück, das ja nur die Dummen haben, ist das Pech ausgesprochen gerecht und demokratisch: es erwischt jede(n).