7 | 11 41. Jahrgang Deutschland EUR 8,00
WAZ-Gruppe Hauen und Stechen im Medienclan Ökowahn Die Angst um den Industries...
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7 | 11 41. Jahrgang Deutschland EUR 8,00
WAZ-Gruppe Hauen und Stechen im Medienclan Ökowahn Die Angst um den Industriestandort
Business Hall of Fame: DIE LAUREATEN
2011
APPLE DIE ARROGANZ DER MACHT
Österreich EUR 8,50 • Schweiz sfr 14,50 • Benelux EUR 8,80 • Frankreich, Italien, Portugal, Spanien EUR 9,50
Powerfrauen Was machen eigentlich die Ehemänner?
Champions
EDITORIAL
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Standort im Stresstest Schulden, Euro Krise und jetzt noch die Energiewende. Wer soll das bezahlen? ARNO BALZER, CHEFREDAKTEUR
SELTEN WAREN die Rahmenbedingungen so wacklig wie derzeit. Beiderseits des Atlantiks braut sich ein perfekter Sturm zusammen: Die Schuldenkrise im Euro-Land und in den USA droht fundamentale ökonomische Gewissheiten zu zerstören. Bemerkenswert, dass die Bundesregierung ausgerechnet jetzt dem Land eine überstürzte und kostspielige Energiewende verordnet. Wie reagieren die Unternehmen? Droht gar eine De-Industrialisierung? Die mm-Redakteure Michael Kröher und Dietmar Student reisten quer durchs Land, sprachen mit großen Energieverbrauchern wie BASF und HeidelbergCement. Ihr Fazit: Schon jetzt leiden die Unternehmen unter gestiegenen Energiekosten und Netzschwankungen – und das ist erst der Anfang. Als Kröher und Student Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) trafen, erlebten sie einen Mann, der von der Richtigkeit des Kurses restlos überzeugt zu sein scheint: „Wir haben ein einzigartiges Zukunftsprojekt auf den Weg gebracht.“ Die positive Grundstimmung verflog allerdings schnell, als die mmRedakteure Röttgen mit der Kritik aus der Wirtschaft konfrontierten, wo man eine Abwanderung der Industrie befürchtet. Da hatte er keine große Lust mehr, das Gespräch fortzusetzen, keilte dann aber doch entsprechend zurück („Angst- und Panikmache“, „Horrorszenarien“). Den Artikel und das Interview lesen Sie ab Seite 90.
Die Wettbewerbsposition verbessern, Kosten senken, gebundenes Kapital reduzieren, zusätzliche Mengen- und Preispotenziale erschließen – das ist Wertschöpfung at it‘s best. Unsere Berater machen Ihre Value Chain immer noch ein Stück besser – und Ihr Unternehmen ein ganzes Stück wertvoller. Wir nennen diesen Ansatz „Value Oriented Consulting“. Dieser wertorientierte Beratungsansatz bringt unseren Klienten einen hohen Return-on-Consulting und macht uns erfolgreich.
SO WEIT VERBREITET die Produkte mit dem angebissenen Apfel als Markenzeichen auch sind – Apple selbst gilt als einer der verschlossensten Konzerne der Welt. Jahrelang drang kaum etwas aus der Firmenzentrale in Cupertino/Kalifornien, selbst Geschäftspartner und ehemalige Apple-Manager schwiegen aus Angst vor AppleGründer und -Herrscher Steve Jobs. Doch diese Zeiten sind vorbei, wie die manager-magazin-Redakteure Astrid Maier und Christian Rickens bei ihren Recherchen zu unserer Titelgeschichte feststellten. Sie trafen auf IT-Vorstände, die berichteten, wie Jobs ultimativ innerhalb von 24 Stunden ihren besten Entwickler verlangt habe; ansonsten gebe es keinen Deal. Sie sprachen mit Spitzenmanagern, die von Jobs beschimpft wurden („Ihr Typen, ihr seid furchtbar“). Sie tranken Kaffee mit einem Vorstandschef, den Jobs in seinem Haus in Kalifornien empfing (eine geschmackvolle Villa im normannischen Landhausstil), bevor er ihm seine Geschäftsbedingungen diktierte. Sie fanden frühere Apple-Größen, die von Kontrollwahn, Perfektionismus und Herablassung erzählten, kurz: von einer „Arroganz der Macht“. Das mm-Autorenduo sieht erste, ganz konkrete Folgen dieses rüden Geschäftsgebarens: „Viele Apple-Partner suchen nach Alternativen, die Konkurrenz gewinnt an Boden, der Kultkonzern hat seinen Zenit überschritten“ (Seite 36).
manager magazin 7/2011
So erfolgreich, dass wir uns als „Beste Managementberatung für Supply Chain Prozesse“ inzwischen auch Champions nennen dürfen. Wollen Sie mehr über Value Oriented Consulting und Value Chain Champions erfahren? www.jnm.com
3
INHALT
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TITEL 36 Apple Die rüden Methoden des FOTO: JIM WILSON / THE NEW YORK TIMES / REDUX
Kultkonzerns verärgern zunehmend Geschäftspartner und Wettbewerber. Hat die weltweit erfolgreichste Firma der letzten Jahre ihren Zenit überschritten? 39 Springer-Chef Döpfner über seine
Hassliebe zu Apple. 42 Die Warnzeichen für Apples
Abstieg. 36 Vorbeter: Apple-Boss Steve Jobs – genial, arrogant, machtversessen
heimdarlehen im Medienkonzern.
12 Ergo Konzernchef Oletzky patzt
im Umgang mit der Rotlichtaffäre. 14 Lufthansa Unmut über Schweizer
eine Ära. Die Japaner sind nicht mehr die Besten. Hat Konzernchef Akio Toyoda den Kampf um die Weltspitze aufgegeben?
16 Deka Der Chef hat Geldprobleme. 20 UBS Der deutschen Nieder-
lassung laufen die Banker davon.
66 Reeder Die Schifffahrtsbranche
20 Ferrero Die Nachfolge beim
fährt in ihre nächste Krise, und keine Nation hat so viele neue Frachter im Bau wie die deutsche. Ein gewagtes Spiel, bei dem einige Reeder untergehen könnten.
Süßwarenriesen ist geregelt. 22 Audi Der vertrauliche
Strategieplan der Edelmarke. 25 Drahtzieher Ex-Metro-Primus
Körber greift bei Esprit durch.
72 Mode Mit Marken wie Zara ist der
spanische Inditex-Konzern zum größten Bekleidungshaus der Welt aufgestiegen. Nun tritt der Firmenpatriarch ab – ein Inside-Report.
26 Commerzbank Blessing bekommt
die Eurohypo nicht in den Griff. 30 Deutsche Annington Das Geld
31 PwC Wirtschaftsprüfer im Verdacht. 32 IBM Aderlass in Deutschland. 32 Metro Warum Kaufhof-Vize
Pütmann ging. 34 Umfrage Kein Vertrauen in die FDP. 34 Konjunkturindikator Wachstum
bei fast 4 Prozent. 4
manager magazin 7/2011
▼
im Wohnungskonzern wird knapp.
31 In Berlin Schäuble allein zu Hause.
90 Energie Spezial I Die
Planwirtschaft lässt grüßen: Die abrupte Abkehr von der Atomkraft bringt die deutsche Industrie in Bedrängnis – durch massiv steigende Kosten und rigide staatliche Eingriffe in die Stromversorgung.
56 Toyota In der Autoindustrie endet
Mandate von Flugkapitän Franz.
Chemie- und Pharmafirmen sehen.
46 WestLB Sie ist die erste
Landesbank, die abgewickelt werden muss. Die Schlussbilanz zeigt: Schuld am Fall des einst mächtigen Geldhauses tragen vor allem die selbstsüchtigen Eigentümer.
11 VW Winterkorn plant Billigauto.
30 Studie Wie Manager deutsche
TRENDS ▼
8 WAZ Gesellschafterkrach um Ge-
UNTERNEHMEN
78 Hall of Fame manager magazin
hat zwei neue Mitglieder in die Ruhmeshalle der deutschen Wirtschaft aufgenommen. 80 Gerd Krick – der Manager, der
Fresenius zum Weltkonzern formte. 84 Günther Fielmann – der Unter-
nehmer baute ein Imperium auf, das sich sehen lassen kann.
▼
▼
NAMEN + NACHRICHTEN
100 Energie Spezial II „Kein Pappen-
stiel“: Umweltminister Norbert Röttgen über die Energiewende in Deutschland und den Dumpingstrom aus Frankreich. 104 Arabien Revolutionen und
Bürgerkriege verändern die Region rapide. Als Geschäftspartner werden die Länder immer interessanter – und risikoreicher. 110 Technologie Der Widerstand
gegen Innovation und Technik wächst. Wie sollten Unternehmen und Forschungsinstitute den verbreiteten Ängsten begegnen? 112 Interview: Stuttgart-21-Schlichter
Heiner Geißler über Wege aus der Tech-Blockade. 114 Kommentar Warum der Euro
ökonomisch keine gute Idee war.
FOTO: BÄRBEL MIEBACH FÜR MANAGER MAGAZIN
FOTOS: WOLFGANG WILDE UND THOMAS DASHUBER FÜR MANAGER MAGAZIN
78 Vorbilder: Laureaten Fielmann und Krick
140 Mannsbilder: Gatten der Karrierefrauen
KARRIERE
RUBRIKEN
116 St. Gallen Die Kaderschmiede
für Topmanager profitiert von den Schwächen vieler deutscher Universitäten. Was machen die Schweizer besser? 128 Kolumne Peter Rölz über die
Risiken der neuen Bonusregeln für Bankmanager.
DUOMÈTRE À QUANTIÈME LUNAIRE
3 Editorial 124 Bücher 150 Briefe 151 Impressum 152 Firmen- und Personenregister 154 Was macht eigentlich ... ▼
Bob Lutz?
PRIVATE BANKING
Titelthemen
130 Geldkrise Sparer im Stresstest:
Anleger fürchten sich vor Staatsbankrott und Inflation. Wohin jetzt mit dem Geld? Ein Leidfaden. 138 Steuern Künftig bittet der
deutsche Fiskus auch in der Schweiz zur Kasse.
▼
MANAGER PRIVAT 140 Partnerschaft manager magazin
hat sich auf die Suche nach einer noch raren Spezies gemacht: dem Ehemann der erfolgreichen Karrierefrau. Einige Exemplare wurden gesichtet. HABEN SIE JEMALS EINE RICHTIGE UHR GETRAGEN?
146 manager unterwegs
„Villa Abion“, Berlin. 148 Autotest BMW 640i.
manager magazin 7/2011
www.jaeger-lecoultre.com 5
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NAMEN + NACHRICHTEN
Wie geschmiert WAZ-GRUPPE Geheimverträge, 85 Millionen Euro und ein anonymer
Eines Morgens im Wonnemonat Mai der Funke Familiengesellschaft (FFG) migkeitsprinzip gelte (worauf die Grotsteckte in den Briefkästen der Familien gebrochen, sondern sich obendrein noch kamps bestehen) oder nicht (wie die Schubries und Grotkamp, die beide am dem Verdacht ausgesetzt, sich ihr Wohl- anderen behaupten). Essener Zeitungskonzern WAZ beteiligt verhalten bezahlen zu lassen, kurz: Im Leitstand des Zeitungsriesen sind, etwas Anstößiges, Empörendes, ja geschmiert worden zu sein. Holthoff- herrscht Alarmbereitschaft: Ohnehin Schockierendes: In einem Umschlag Pförtner widerspricht energisch: Die nicht die besten Freunde, werden Chrisohne Absender klemmte ein Konvolut Vorwürfe seien unberechtigt, träfen ihn tian Nienhaus (51), Vertreter der Funkevon Papieren, 55 Seiten dick, Verträge aber sozusagen ins Mark, „weil Loyalität Fraktion, früher Generalsekretär von offenkundig, 3 an der Zahl. Schon nach für mich ein hoher Anspruch ist, an dem Springers Straßenkreuzer „Bild“, und Bodo Hombach (58), einst SPD-Kanzlerwenigen Zeilen sprang den Empfängern ich mich auch messe“. der Verdacht entgegen: Verrat! Verrat! Man ist einigen Zoff gewöhnt aus dem amtsminister, EU-Balkan-Beauftragter Einer der Uns’rigen hat uns verraten. Hause WAZ, seit Jahrzehnten wogt es und heute das Kraftwerk der Brosts, auf Renate Schubries (74) und Petra hin und wider. Giftig und scheelsüchtig Geschäftsreisen auch in Zukunft keine Grotkamp (67), Töchter des verstorbewachen die Familien über Parität und Doppelzimmer buchen. In der Essener nen WAZ-Mitgründers Jakob Funke, tei- Gleichgewicht und dass kein Gramm Friedrichstraße 34–38 regiert Managelen sich die Hälfte des Medienkonzerns verrückt würde. Mit Adoption und Ein- ment by Misstrauen. mit ihrer Schwester Gisela Holthoff (83). heirat wurde schon gearbeitet. Durch die jetzt aufgeflogenen HoltDoch die hatte mit einem ihrer Söhne, In den Gesellschafterverträgen wird hoff-Verträge drohen weitere Verzögedem Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner besonderes Gewicht darauf gelegt, dass rungen bei der Strapaze, dem nur schwer (63), ein geheimes Abkommen mit der nichts durcheinandergerate, damit die fassbaren Familienbetrieb ein zeitgemäFamilie Brost getroffen, der ßes Gefüge zu verleihen. Die die andere Hälfte des UnterBörseneinführung von 49 ProPari-pari in Essen nehmens gehört. zent der Anteile, internen Wem gehört die WAZ, und wer hat das Sagen? Das Bündnis wurde in eiPapieren zufolge bis 2016 als nem Pakt besiegelt, der das Option ins Auge gefasst, geGisela Petra Renate Drei Enkel des Datum vom 12. November rät in Verzug. Die EntrümHolthoff Grotkamp Schubries Mitgründers Erich Brost 2008 trägt. Und dieser Pakt pelung der Firma mit ihren 100 % 33,3 % 33,3 % 33,3 % steckte nun eines Maienungezählten Unter-GmbHs morgens im Briefkasten. muss aus Steuergründen bis Brost Holding Funke Familiengesellschaft Aus den Schriftstücken 2012 vollendet sein. Sonst ging hervor, dass sich wird es teuer. Auch ein CFO 50 % 50 % Holthoff-Pförtner, in akuwird gesucht. ter Geldnot befindlich, 85 Doch die Funke-Seite hat WAZ Mediengruppe Millionen Euro von der (im alle Gespräche mit der WirtGeschäftsführer (Brost Holding) Geschäftsführer (Funke Gruppe) vergangenen September verschaftskanzlei Linklaters abBodo Hombach Christian Nienhaus storbenen) Gründerwitwe gesagt, die an der neuen Grafik: manager magazin Quelle: mm-Recherche Anneliese Brost geliehen, ihr Unternehmensverfassung ardafür seine Kooperationsbeitet: Der Umbau von einer bereitschaft zugesagt und als Sicherheit 50-Prozent-Anteile einheitlich verwaltet GmbH & Co. KG in eine KGaA ist nur bei eine Option auf die Hälfte der Holthoff werden. Es herrscht strenges Vorkaufs- klaren Eigentümerverhältnissen akzepzugehörigen Beteiligung an der WAZ in recht innerhalb jeder Gruppierung. Ent- tabel. Pessimisten im Hause sprechen Höhe von 8,3 Prozent hinterlegt hatte. scheidungen im Hause WAZ fallen ent- von einem „Desasterszenario“, OptimisNach einhelliger Meinung ihrer weder einstimmig – oder gar nicht. ten von einer „totalen Blockade“. Schwestern und Schwager beziehungsDie Verträge, die Gisela Holthoff und Hinter dem aktuellen Eklat treten weise seiner Tanten und Onkel hatten selbst die Händel zurück, die die Funke- ihr Adoptivsohn Stephan Holthoff-Pförtsich Gisela Holthoff und ihr Filius nicht Geschwister untereinander ausfechten: ner heimlich mit Anneliese Brost genur in die Hände der Gegenseite begeben So liegt beim BGH in Kürze ein Fall zur schlossen haben, weisen in der Tat alle und geltendes Satzungsrecht innerhalb Klärung vor, ob in der FFG das Einstim- Ingredienzen einer Verschwörung auf. 8
manager magazin 7/2011
FOTOS: TORSTEN SILZ / DAPD / DDP IMAGES, VOLKER HARTMANN / DAPD / DDP IMAGES
Verräter: Beim Essener Medienkonzern ist mal wieder der Teufel los.
Stephan Holthoff-Pförtner („SHP“) lieh sich Geld von der Mitgesellschafterin Anneliese Brost („AB“) und steht bei WAZChef Hombach nun mit 85 Millionen Euro in der Kreide
Kraftwerk und Stratege Bodo Hombach
FOTO: MARC DARCHINGER
FOTO: ANDREAS TEICHMANN / LAIF
Das Abkommen besteht aus drei geschickt ineinandergreifenden Teilen: Der Darlehensvertrag regelt die Bedingungen, zu denen Holthoff-Pförtner sein Geld erhielt, das er vollständig am 15. Januar 2017 zurückzahlen muss: „Herr SHP (Stephan Holthoff-Pförtner) ist verpflichtet, auf entsprechendes Verlangen von Frau AB (Anneliese Brost) jederzeit Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.“ Als Sicherheit wurde ein Optionsvertrag (24 Seiten) aufgesetzt, der Anneliese Brost eine Kaufoption über „50 Prozent der Beteiligungen der Frau GH (Gisela Holthoff) an den WAZ-Gesellschaften“ einräumt: „Der Kaufpreis“, heißt es in Punkt 7.1.2., „beträgt mindestens 85 Millionen Euro zuzüglich auf Veräußererseite ausgelöster Steuer.“ Der Fiskus dürfte sich mit rund 40 Millionen Euro an dem Geschäft beteiligen und den Preis für die infrage stehenden 8,33 Prozent auf 125 Millionen Euro treiben. Anneliese Brost hatte sich mehr als großzügig gezeigt und einen Firmenwert von 1,5 Milliarden Euro veranschlagt. Aber auch Holthoff-Pförtner zeigte Entgegenkommen und akzeptierte einen Kooperationsvertrag, der auf 21 Seiten unter anderem festlegte, dass „Frau GH und Herr SHP ... Frau AB laufend über alle die GH-Beteiligungen betreffenden Umstände und dabei insbesondere die Ge-
FOTO: HENNING KAISER / DDP IMAGES
Namen + Nachrichten
Anneliese Brost steckte dem klammen Anwalt Geld zu
schäftslage der WAZ-Mediengruppe unterrichtet halten“. Und unter Punkt III. 2.4. gaben die Holthoffs die Hoheit über ihre WAZ-Beteiligung praktisch auf: „Alle Verfügungen über die GH-Beteiligungen bedürfen der Zustimmung von AB.“ Alle Mitteilungen und Benachrichtigungen, heißt es weiter, „sind an Frau AB zu Händen von Bodo Hombach zu richten“, und zwar an seine Privatadresse in Mülheim an der Ruhr, Mendener Straße. Was hat den Advokaten Stephan Holthoff-Pförtner, der einst Altkanzler Helmut Kohl in der Spendenaffäre vertreten hat, dazu veranlasst, seine Mitgesellschafter zu hintergehen? Wofür brauchte er das Geld? Und hat er sich im Gegenzug gefügig gezeigt? Er habe die Summe beschaffen müssen, sagt er, um seinen Bruder Frank Holthoff (56) auszubezahlen. Der war entschlossen gewesen, seinen Anteil zu verkaufen, notfalls auch an die Grotkamps. Dies aber wollte Holthoff-Pförtner verhindern, angeblich weil er die
Günther Grotkamp will Holthoff-Pförtner feuern
Vorherrschaft der Grotkamps fürchtete, namentlich ihres Matadors Günther Grotkamp (84), der jahrzehntelang die WAZ gemeinsam mit dem 2007 verstorbenen Erich Schumann geführt hatte und kein Kind von Traurigkeit ist. Ende 2008 war es freilich schwierig, so viel Geld von einer Bank zu bekommen. Deshalb hatte sich Holthoff-Pförtner zunächst an den Zweig der Brosts in München gewandt, wo die Enkel des Gründers leben. Doch die Bayern zeigten an dem windigen Geschäft kein Interesse. Als Anneliese Brost erfuhr, dass der klamme Rechtsvertreter aus dem gegnerischen Lager in München vorstellig geworden war, soll sie die Initiative ergriffen und ihm angeboten haben, ihm mit Geld aus ihrem Privatvermögen aus der Klemme zu helfen. Doch warum unterschrieb HolthoffPförtner noch zusätzlich einen Kooperationsvertrag? „Im Gesellschafterkreis der WAZ“, sagt Holthoff-Pförtner, „wuchs seit Jahren die Erkenntnis, dass im Inter-
Abstiegssorgen beim Europa-Meister Die WAZ-Gruppe zieht sich aus dem Balkan zurück Die WAZ-Gruppe ist mit einem Umsatz von rund 1,1 (Vorjahr: 1,29) Milliarden Euro einer der größten Regionalzeitungsverlage Europas. Sie gehört zu gleichen Teilen den Nachfahren der Gründer Erich Brost und Jakob Funke. Neben der namensgebenden „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ verlegen die Essener die „Neue Ruhr Zeitung/Neue Rhein Zeitung“, die „Westfälische Rundschau“ und 24 weitere Tages- sowie 13 Wochenzeitungen, dazu 99 Anzeigenblätter und 400 Kundenzeitschriften. Auch der Gong-Verlag („Bild + Funk“) in Ismaning befindet sich im Besitz der WAZ. In Österreich und Osteuropa verfügen die Westdeutschen über eine prägnante 10
manager magazin 7/2011
Stellung, bauen auf dem Balkan ihre Engagements aber bereits wieder ab. Die Verlage in Rumänien und Bulgarien wurden verkauft, auch aus Ungarn, wo Pressefreiheit wenig zählt, will man sich verabschieden. Serbien (Hombach: „Politische Zusagen sind nichts wert“) und Mazedonien bereiten seit Jahren Verdruss. Die WAZ gehörte jahrzehntelang zu den bestverdienenden Verlagshäusern des Kontinents. Doch die Strukturkrise der Branche hat das verschachtelte und aufgrund der paritätischen Besitzverhältnisse schwer zu führende Unternehmen in Mitleidenschaft gezogen. Hunderte von Stellen wurden abgebaut, weitere „Umstrukturierungen“ stehen bevor. Intern gilt die Umsatzrendite der
„Braunschweiger Zeitung“ in Höhe von 20 Prozent als Richtgröße. Die „Thüringer Allgemeine“ kommt dem Anspruch mit 18 Prozent nahe, im Kernland NRW dagegen quälten sich die WAZ-Titel zuletzt auf enttäuschende 8 Prozent.
Die größten Verlagshäuser Rang/Verlag
Umsatz 2010 (in Mrd. Euro)
1. Axel Springer Verlag
2,9
2. Gruner + Jahr
2,6
3. Verlagsgr. Georg von Holtzbrinck
2,2
4. Bauer Media Group
2,0
5. Hubert Burda Media
1,7
6. WAZ Mediengruppe
1,1
Quelle: Unternehmensangaben
Namen + Nachrichten
esse der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens die strenge Trennung nach den beiden Gesellschaftergruppen gelockert werden soll. Diesem Ziel dient der Kooperationsvertrag. Daher haben ihn beide Seiten gewollt.“ Einen Vorteil bot er nur den Brosts, in Sonderheit ihrem Vertreter in der Führung, Bodo Hombach, damals Bevollmächtigter Anneliese Brosts und heute ihr Testamentsvollstrecker. Selbst im eigenen Lager heißt es: „Die wollten Holthoff-Pförtner kaufen, ganz klar.“ Gegen die Unterstellung, „abhängig zu sein“, wehrt sich Holthoff-Pförtner vehement: „Keine einzige Entscheidung wäre ohne die Verträge anders ausgefallen.“ 144 Beschlüsse, rechnet er vor, seien seit der Vertragsunterzeichnung 2008 gefasst worden, jeder einzelne einstimmig. Im Dezember 2010 indes sprach er sich, zum Erstaunen der eigenen Fraktion, dafür aus, dass die WAZ-Doppelspitze aufgelöst und der gewiefte Bodo Hombach zum Sprecher der Geschäftsführung befördert werden solle. Nienhaus, der sich wiederholt über „die Kungelei der Brosts mit HolthoffPförtner“ beschwert hatte, wie ein Gewährsmann behauptet, stand vor der Entmachtung und vor der Rückkehr zum Springer-Verlag, der ihm damals ein Angebot unterbreitet hatte. Holthoff-Pförtner weist jeden Verdacht der Kungelei von sich: „Herr Hombach ist seit Jahren faktisch Sprecher der Geschäftsführung. Ich würde mich heute wieder für ihn aussprechen – vorausgesetzt, dass Christian Nienhaus weitere eigenständige Zuständigkeiten erhielte.“ Als sich am 10. Juni die Funke-Gesellschafter zur Krisensitzung versammelten, beklagte der amtierende FFG-Geschäftsführer Klaus Schubries (69) den „erheblichen Vertrauensschaden“, der angerichtet worden sei. Holthoff-Pförtner entschuldigte sich bei der Familie Schubries – nicht aber bei den Grotkamps, denn die möchten ihn am liebsten aus dem WAZ-Gesellschafterkreis schmeißen. Günther Grotkamp, ein Mann, mit dem nicht gut Kirschen essen ist, prüft eine Klage auf Ausschluss: Alle Voraussetzungen dafür lägen vor. HolthoffPförtner bestreitet dies: „Es ist zu keinem Zeitpunkt gegen Vertragsrechte der Funke-Gruppe verstoßen worden. Es ist auch kein Schaden entstanden. Unser Ziel war und ist der wirtschaftliche und
publizistische Erfolg der WAZ-Gruppe.“ Dennoch sind Anwälte nun damit beauftragt, sowohl den Kooperations- als auch den Optionsvertrag wieder aufzuheben. Hombach, einer der großen deutschen Netzwerker, ist einverstanden. Laut Protokoll der Funke-Gesellschafterversammlung wollen die Grotkamps nun abwarten, welche Wendung die Affäre nimmt und ob das umfangreiche Vertragswerk, das Holthoff-Pförtner an die Brosts kettet, ohne Weiteres aufgelöst werden kann. Entscheidend sei, ob die WAZ-Beteiligungen als Sicherheiten für das Darlehen herhalten müssten. Denn Hombach – als Testamentsvollstrecker Anneliese Brosts nun Gläubiger seines Gesellschafters Holthoff-Pförtner – hat einen Außenstand von 85 Millionen Euro, der eingetrieben sein will. Schließlich hatte Anneliese Brost in zwei letztwilligen Verfügungen, so in ihrem Testament vom 1. Juli 2010, bestimmt, dass der zurückgezahlte Kredit beziehungsweise der möglicherweise zu übernehmende WAZ-Anteil der Holthoffs der Brost Holding zufließen und „im wirtschaftlichen Interesse der WAZ Mediengruppe eingesetzt“ werden solle. Doch Hombach stünde ohne Sicherheit da, wenn Holthoff-Pförtner der Möglichkeit beraubt ist, den Betrag über einen Anteilsverkauf zu beschaffen: Die Geschäfte seiner Hopf-Holding, die in Immobilien investiert, laufen zwar nicht schlecht, aber auch nicht so gut, dass er bis 2017 die Summe ohne Weiteres aufbringen könnte. Sein Kölner Luxushotel im Wasserturm hat er kürzlich verkauft. Aber nicht nur Anwälte bekommen viel zu tun: Die Auswirkungen des Gesellschafterstreits reichen weit in das Unternehmen hinein. Seit Jahren wird daran gearbeitet, die gegenseitigen Blockaden zu lösen und einen Aufsichtsrat zu installieren mit verbrieften Informationsund Mitwirkungsrechten. Man präferiert ein ähnliches Firmenmodell wie Henkel – börsennotiert und doch unter der Kontrolle der Familie. Aber wieder stocken alle Modernisierungsprozesse. Die WAZ läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Wer der Anonymus war, der eines Tages im Mai zur Post gelaufen war und die Verträge verschickt hatte, will HolthoffPförtner eigentlich gar nicht wissen. „Ich habe die Suche nach dem anonymen Sender nie betrieben, weil so etwas schlimmstenfalls alles vergiftet.“ Klaus Boldt
VOLKSWAGEN Winterkorn
plant Billigauto.
Up-Date Eine alte Idee bewegt aktuell die Strategen des Automobilbauers Volkswagen: Ein Kleinwagen speziell für die Wachstumsmärkte müsste her. Ein Auto, mit dem man preislich auch gegen chinesische Billiganbieter bestehen könnte – und das den Wolfsburgern Millionen mögliche neue Kunden bringen würde. Der frühere VW-Markenchef Wolfgang Bernhard (50) trieb das Projekt „3K“ voran, er wollte ein Auto für 3000 Euro anbieten. Die Entwickler scheiterten an dem aggressiven Kostenziel. Sechs Jahre später denkt die Konzernspitze unter Martin Winterkorn (64) wieder über ein Billigmodell nach. Und viele Regionen, allen voran Lateinamerika, gieren nach dem für sie konzipierten Kleinwagen. Ursprünglich wollte der Vorstandschef den neuen Mini gemeinsam mit der in Indien überaus erfolgreichen VWBeteiligung Suzuki entwickeln. Doch die Japaner verweigern sich. Also soll VW-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg (61) die Dinge in die Hand nehmen. Die Voraussetzungen sind ungleich besser als 2005. Erstens soll das Vehikel für Märkte wie Lateinamerika und Indien nicht ganz so billig werden. Die Strategen denken über einen Zielpreis von rund 6000 Euro nach. Zweitens gibt es bereits ein Kleinwagenprojekt im Konzern: den Up, ein Minimobil für den europäischen Markt, ab 2013 geplant als VW-Einsteigermodell für Preise ab 10 000 Euro und in billigeren Versionen für die Töchter Škoda und Seat. Drittens forciert Winterkorn derzeit die Arbeit an einem neuen Baukasten auf Basis des Up. Schon 2012 soll diese Kleinversion des für Millionen Fahrzeuge von Polo bis Passat gedachten Querbaukastens fertig sein. Die Baukästen sollen Entwicklung, Einkauf und Produktion rund 20 Prozent billiger machen. Werden die Entwickler rechtzeitig fertig, könnte VW auf die neue Architektur auch die Up-Leger für die Wachstumsmärkte aufsetzen. Michael Freitag manager magazin 7/2011
11
ILLUSTRATION: FRANK HOPPMANN FÜR MANAGER MAGAZIN
Kehraus: Ergo-Primus Oletzky und Aufsichtsratschef von Bomhard
ERGO Konzernchef Oletzky patzt bei der Bewältigung
von Rotlichtaffäre und Riester-Skandal.
„Party total“ Mehr als dreieinhalb Stunden dauerte der außerplanmäßige Termin, zu dem sich der Aufsichtsrat des Düsseldorfer Ergo-Konzerns am Mittag des 8. Juni zusammengefunden hatte. Die Kontrolleure versuchten sich unter anderem über die Folgen eines überschäumenden Betriebsausfluges ihrer Vertreter nach Ungarn klar zu werden. Die Diskussion kreiste um weiße Himmelbetten, die Manager des Versicherungsunternehmens im Budapester Gellert-Bad hatten aufstellen lassen. Es ging um Rechnungen für Hostessen und Prostituierte, die zur Entspannung der ErgoVerkäufer engagiert worden waren und die der Konzern anschließend bezahlt hatte. Man debattierte darüber, warum die Damen nach jeder Serviceeinheit einen Stempel verpasst bekamen und ob es 12
manager magazin 7/2011
nötig war, die für Vorstände und TopVerkäufer reservierten Hostessen mit weißen Armbändchen zu kennzeichnen. Vor allem aber wollten die Kontrolleure wissen, ob denn noch weitere böse Überraschungen drohen. Aufsichtsratschef Nikolaus von Bomhard (54) und Konzernlenker Torsten Oletzky (44) gaben die Aufklärer, zerstreuten Bedenken und wiegelten ab. Etwa als Vorwürfe zur Sprache kamen, dass der Lebensversicherungsarm einem Teil seiner RiesterKunden überhöhte Gebühren in Rechnung gestellt habe. Der Eindruck eines funktionierenden Krisenmanagements hielt gerade mal 24 Stunden. Schon am darauffolgenden Nachmittag musste Oletzky einräumen, dass tatsächlich rund 14 000 Riester-Verträge falsch policiert worden waren. Den
einstelligen Millionenbetrag, den dieser Fehler nach internen Berechnungen kosten dürfte, wird Oletzky leichter verkraften als den fatalen Eindruck, den das Debakel hinterlässt: Ganz offensichtlich hat der Ergo-Chef sein Unternehmen nicht im Griff. Die schlechten Nachrichten kommen allesamt aus der Tochterfirma, in der der einstige McKinsey-Berater seine Konzernkarriere startete und die er heute noch als Aufsichtsratschef kontrolliert: der früheren Hamburg-Mannheimer und heutigen Ergo-Lebensversicherung. Genau dem Geschäftsbereich also, der ohnehin Oletzkys Problemfall schlechthin ist – schwindende Prämien, hohe Kostenquoten und bescheidene Gewinne. Und noch ist völlig unklar, ob es bei der Lustreise nach Budapest und den falschen Riester-Policen bleibt oder ob nicht noch weitere Pannen mit Schlagzeilenpotenzial nach außen dringen. So erscheint es zumindest zweifelhaft, dass die Party in Budapest wirklich die einzige ihrer Art war. Schließlich waren Reise und Festivität der Hauptgewinn eines Verkaufswettbewerbs, der in dieser
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Namen + Nachrichten
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manager magazin 7/2011
LUFTHANSA Konzernchef Franz festigt sein Schweizer
Netzwerk – mit ungewissem Nutzen für die Airline.
Alpen-Connection Christoph Franz (51) ging schon immer
eigene Wege. Als junger Manager verließ er entgegen allen Gepflogenheiten die Lufthansa, um bei der Bahn voranzukommen. Als erfolgreicher Chef der Lufthansa-Tochter Swiss zögerte er seine Berufung in den Konzernvorstand hinaus – andere hätten wohl gedrängt. Jetzt folgt seine Karriere erneut einem individuellen Muster. Franz, seit Jahresbeginn Konzernchef, hat zwei Verwaltungsratsposten in der Schweiz angenommen: beim Pharmariesen Roche und bald auch beim Bahnhersteller Stadler Rail. Und wieder wundern sich nicht wenige Lufthanseaten, darunter auch Aufsichtsratsmitglieder; das Gremium nickte die Nebentätigkeit trotzdem ab. Sein Vorgänger, Wolfgang Mayrhuber (64), hatte nur wenige Aufseherposten außerhalb der Lufthansa. Dessen Vorgänger, Jürgen Weber (69), nahm zwar diverse Mandate an, folgte aber eindeutig dem Kalkül des Nutzens für seinen Arbeitgeber. So wachte Weber über die Deutsche Bank oder die Deutsche Post. Was aber will Franz in der Schweiz? Nachvollziehbar erscheint am ehesten noch der Posten bei Roche. Er bietet dem Lufthansa-Chef die Gelegenheit, einen
Großkunden zu pflegen und Bande zu internationalen Top-CEOs zu knüpfen, wie Nestlé-Vormann Paul Bulcke (56) oder Shell-Chef Peter Voser (52). Der Aufwand ist indes erheblich. So tagen die Roche-Räte sechsmal jährlich, hinzu kommen eine dreitägige Reise zu einer Tochterfirma und ungezählte Stunden des Aktenbrütens. Das Salär, voraussichtlich 330 000 Franken, kann sich aber sehen lassen. Lufthansa-Räte kassieren weniger als die Hälfte. Bei Stadler indes, einem Hersteller von Regional- und Straßenbahnen, wirkt Franz eher im Mittelstand. Allein ein Argument sticht: die persönliche Verankerung in der Schweiz, in der Franz wohnt. Stadler-Chef und -eigner Peter Spuhler (52) mischt einflussreich in der nationalkonservativen Schweizer Volkspartei (SVP) mit. Er pflegt ein dichtes Netzwerk, zu dem zahlreiche Deutsche zählen, etwa der frühere CDU-Politiker Friedrich Merz (55) und Ex-Evonik-Lenker Werner Müller (65), beide Mitglieder seines Verwaltungsrats, sowie Roland-Berger-Chef Martin Wittig (47). Franz und Spuhler kennen einander privat, seit Franz zur Rettung der Swiss antrat – und mental nie mehr abtrat. Michael Machatschke
Christoph Franz pflegt innige Bande zur Schweiz – als sei er noch Swiss-Chef
FOTO: BERT BOSTELMANN
Form auch 2008 stattfand, ein Jahr nach der Orgie in Ungarn. Mit dem Unterschied, dass die Gewinner dieses Mal zwischen einer „Party total“ auf der Sonneninsel Ibiza und einem Apple-Notebook auswählen konnten. Die internen Ermittlungen über den Verlauf dieser Feierlichkeiten sind noch nicht abgeschlossen. Oletzky muss sich vor allem ankreiden lassen, dass er eine Auseinandersetzung mit ehemaligen Vertretern seines Lebensversicherers eskalieren ließ. Seit Jahren streitet er sich mit mehreren Dutzend hochrangiger Ex-Mitarbeiter des konzerneigenen Strukturvertriebs HMI um Abfindungen in Millionenhöhe. Aber statt die Sache diskret beizulegen, ließ er sich auf eine Abnutzungsschlacht ein. Auf der Hauptversammlung der Munich Re im April dieses Jahres holten die einstigen HMI-Leute zum Gegenschlag aus. Am Tag des Aktionärstreffens wurden in einer ganzseitigen Anzeige im Handelsblatt erstmals Vorwürfe ausgebreitet, die Ergo habe ihren Riesterkunden zu hohe Kosten berechnet. In der Hauptversammlung selbst tauchten gezielte Fragen nach der Rotlichtparty im Budapester Gellert-Bad auf. Die Warnschüsse verhallten anscheinend ungehört. Das Mitte Mai einsetzende mediale Trommelfeuer traf Oletzky augenscheinlich völlig unvorbereitet. Auch sein Aufsichtsratschef Nikolaus von Bomhard machte sich mit seiner Replik auf die Rotlichtvorwürfe auf der Hauptversammlung angreifbar. Er gestand zwar mögliche Exzesse auf dem Budapest-Trip ein, gab aber gleichzeitig zu verstehen, dass die für die Sause verantwortlichen Manager das Unternehmen längst verlassen hätten. Womöglich hat er da nicht genau hingeschaut. Denn eine Führungskraft, die 2007 federführend an der Organisation der Party im Gellert-Bad beteiligt war, stand noch bis Mitte Juni 2011 auf der Payroll der Ergo. Der Ergo gilt der Mann zwar nur als ausführendes Organ, diese Behauptung aber wird streitlustige Aktionäre kaum davon abhalten, gegen den Munich-ReChef wegen Verletzung von Paragraf 400 des deutschen Aktiengesetzes vorzugehen. Der bedroht falsche und verschleiernde Aussagen auf einer Hauptversammlung mit bis zu drei Jahren Haft. Dietmar Palan
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