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Digitally signed by Mannfred Mann DN: cn=Mannfred Mann, o=Giswog, c=DE Date: 2005.04.10 18:56:32 +01'00'
EINE HEYNE-ANTHOLOGIE
In gleich'er Ausstattung wte der vorliegende Band erschienen als Heyne'Anthologien Banil 2 20 SCIENCE FICTION-STORIES Band 3 21 WESTERN-STORIES
13 KRIMINAL STORIES E L L E R Y QUEEN'S KRIMINAL-ANTHOLOGIE
WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN
HEYNE-ANTHOLOGIEN 1
Aus dem Amerikanischen übertragen von Hans P. Thomas
Copyright 1963 der deutsdien Ausgabe betet Wilhelm Heyne Verlag, München ßopyright © 1962 by Davis Pnbhcatlons, Inc., New YoA Printed in Germany 1963 Umschlag: Heinridis & Piloty Gesamtherstellung: Ebner, Ulm/Donaa
INHALT
REX STOUT
Der Doppelgänger Seite 7 RUFUS K I N G
Die y=förmige Narbe Seite 56 THOMAS WALSH
Cop Calhouns dienstfreie Nacht Seite 77 ANTHONY BOUCHER
Ein Fall für kluge Leute Seite 95 H U G H PENTECOST
Mord beim Golftumier Seite 96 JACK LONDON
Der weise Schamane Seite 147 MACKINLAY KANTOR
Der Anfänger Seite 161 ELLERY QUEEN
Die drei Witwen Seite 179
CHARLOTTE
ARMSTRONG
Die Hecke Seite 186 L E S L I E CHARTERIS
Der Mann mit den grünen Scheinchen Seite 220 G E O R G E HARMON C O X E
Die
Sterbeurkunde Seite 244
J O H N D. M A C D O N A L D
Immer diese ganz Schlauen Seite 266 J O H N D I C K S O N CARR
Das verschlossene Zimmer Seite 278
Rex Stout
Der Doppelgänger
Am Morgen des Tages, in dessen weiterem Verlauf ihn die tödliche Kugel traf, stattete er uns einen Besuch ab. Ben Jensen war Verleger, Politiker, und - meines Erachtens - ein Dummkopf. Ich hege noch heute den stillen Verdacht, er hätte das Armeegeheimnis, das CaptainRoot ihm seinerzeit zum Kauf anbot, eigentlich recht gerne gekauft — wäre er bloß imstande gewesen, sich einen Weg auszudenken, wie er es verwenden könnte, ohne da= bei Kopf und Kragen zu riskieren. Doch dann hatte er seinen Part bei dieser Sache auf ganz sicher ge= spielt und -- von Kopf bis Fuß loyaler Staatsbürger - brav und gewissenhaft mit Nero Wolfe zu» sammengearbeitet, der vom Penta° gon mit der Entlarvung des ver»
räterischen Captains beauftragt worden war. Root wurde überführt und von einem Militärgericht zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt. Das lag einige Monate zurück. Jetzt, an diesem Dienstagmorgen, rief Ben Jensen an und bat um eine Unterredung mit Wolfe. Als ich entgegnete, daß Wolfe, wie üblich, bis um elf Uhr im Gewächs» haus auf dem Dach mit den Orchideen beschäftigt sei, schien er zunächst leicht verstört, erklärte dann aber/erwerde also um Punkt elf Uhr bei uns sein. Er erschien jedoch fünf Minuten vor dieser Zeit. Ich empfing ihn im Büro und forderte ihn höflich auf, sein langes Knochengestell in einem der rotledernen Besuchersessel un« terzubringen. Sobald er saß, fixierte
Rex Stout er mich und sagte: »Ich kenne Sie trug in Blockbuchstaben die An" doch. Sind Sie nicht Major Goodschrift Ben Jensens. Der ziemlich win?« kleine Zettel war offenbar mit einer »Ja.« Schere oder einem scharfen Messer »Aber warum sind Sie nicht in aus einem Magazin geschnitten. Uniform?« Der gedruckte Text des Zettels lau» »Ich stelle fest«/ erwiderte ich, »daß tete: Sie werden sterben, und ich Sie sich eigentlich mal wieder die zverde Sie sterben sehen! Haare schneiden lassen sollten. In Wolfe wandte sich an Jensen: Ihrem Alter und bei grauem Haar »Und, Sir?« sieht es sauber geschnitten besser »Ich kann Ihnen«, warf ich ein, aus. Mindestens gepflegter... Wol= »kostenlos verraten, woher das len wir den Austausch persönlicher stammt.« Bemerkungen fortsetzen/ Sir?« »Sie meinen - wer das geschrieben Ehe Jensen antworten konnte, hat?« fragte Jensen. klappte draußen in der Halle die »Nein. Für eine derartige Auskunft Tür von Wolfes Privatlift. Einen würde ich Bezahlung verlangen Moment später trat Wolfe ein, müssen. Aber dieser Satz stammt wechselte einen kurzen Gruß mit aus einer Reklameseite für den dem Besucher und placierte seine Centuryfilm >Begegnung im Mor" zweihundertsechzig Pfund würde" gengrauem. Ich sah die Reklame» voll in seinen thronartigen Schreib" seite im >American Magazine< und sessel. denke -« Ben Jensen sagte: »Ich muß Ihnen Wolfe unterbrach mich mit einer etwas zeigen, Mr. Wolfe. Erhielt Handbewegung und wiederholte, es heute mit der Frühpost.« Er zog an Jensen gewandt, etwas unge= ein Briefkuvert aus der Tasche, duldig: »Und, Sir?« stand auf und überreichte es »Was soll ich tun, Mr. Wolfe?« Wolfe. fragte Jensen. Wolfe warf einen Blick auf das »Das weiß ich nicht. Haben Sie eine Kuvert und entnahm ihm einen Ahnung, wer der Absender ist?« Zettel, den er ebenfalls eines kur= »Nicht die geringste.« Jensens zen Blickes würdigte, ehe er beides Stimme klang bekümmert. »Ver= zu mir herübergab. Das Kuvert dämmt, die Sache gefällt mir nicht!
Der Doppelgänger lauben konnte, Jensens Ansuchen Das hier ist mehr als die übliche Warnung irgendeines anonymen abzulehnen. Jensen zeigte sich daraufhin be= Strolches! Es ist absolut unmißver» greiflicherweise verärgert, und ständlich, das werden Sie zugeben müssen! Ich denke, jemand beab» Wolfe riet ihm schließlich, er solle sichtigt mich umzubringen. Und doch versuchen, die Polizei für sei» ich weiß nicht, wer und warum und nen Fall zu interessieren oder eins wann und wie! Der Absender dürfs der größeren Detektivinstitute, die ihm zwei oder drei oder gar vier te kaum zu ermitteln sein. Was ich brauche, ist persönlicher Schutz! Mann als Leibwächter zur Verfü= gung stellen könnten, sofern er Von Ihnen, Mr. Wolfe!« Ich hob eine Hand, um mein Gäh" genug bezahle. Jensen erwiderte, nen zu verdecken. Ich wußte Be» selbst sechs Mann würden seinem scheid - kein Fall, kein Honorar, Bedürfnis nach Schutz nicht genü= aber auch keine Aufregung. Im gen, denn was er in erster Linie Lauf der Jahre, die ich als Chefs brauche, sei Wolfes Scharfsinn. assistent bei Nero Wolfe gearbeitet Wolfe zog ein Gesicht und schüt» hatte, waren gewiß an die fünfzig telte den Kopf. Nun wünschte Jen» Personen jeden Alters und Standes sen zu wissen, was denn mitGood» erschienen, jede behauptete, in un= win wäre. Wolfe sagte, Major mittelbarer Lebensgefahr zu sein, Goodwin sei Offizier der United und Nero Wolfe hatte ihnen allen States Army. geantwortet, daß, wenn jemand »Er ist nicht in Uniform«, grollte ihnen ernstlich nach dem Leben Jensen. trachte, dieser Jemand vermutlich Wolfe war geduldig. »Offiziere des Erfolg haben werde. Hin und wie» Military Intelligence Service«, er« der, wenn er dringend Einnahmen klärte er, »genießen bei Bearbeibenötigte, hatte sich Wolfe herbei' tung von Spezialfällen besondere gelassen, diesen oder jenen seiner Vorrechte. Major Goodwin wurde freien Mitarbeiter gegen einen um mir als Assistent zugeteilt, um hundert Prozent erhöhten Tages" mich bei der Aufklärung versdiie» satz als Leibwächter zu vermieten. dener Fälle zu unterstützen, die mir Doch zur Zeit war sein Bankkonto die Armee übertragen hat. Ich habe ansehnlich genug, daß er sich er» jetzt nur wenig Zeit, midi um pri=
Rex Stout vate Aufträge zu kümmern. Aber ich denke, Mr. Jensen, Sie sollten sich in den nächsten Wochen recht vorsichtig verhalten. Zum Beispiel beim Anlecken der Gummierung auf Briefkuverts. Nichts ist leich» ter, als solche Gumnüerung mit Gift zu versetzen. Und wenn Sie eine Tür öffnen - treten Sie zur Seite und stoßen oder ziehen Sie dann die Tür mit einem Ruck auf, ehe Sie die Schwelle überschreiten. Lauter solche Sachen - verstehen Sie?« »Gütiger Gott!« sagte Jensen. Wolfe nickte. »Ja, so ist das nun mal. Vergessen Sie nicht, daß die» ser Bursche sich eindeutig festge» legt hat. Er behauptet, er werde Sie sterben sehen. Das setzt ihm Gren» zen hinsichtlich der Methode und Technik - er muß dabei sein, wenn es geschieht. Deshalb rate ich Ihnen zu Vorsicht und erhöhter Wach» samkeit. Strengen Sie Ihren Ver" stand an und geben Sie den Ge= danken auf, sich den meinigen zu mieten. Sie haben keinen Grund zur Panik ... Archie, wie viele Menschen haben in den letzten zehn Jahren gedroht, mich zu be= seitigen?« Ich spitzte die Lippen. »Oh, etwa zweiundzwanzig.« 10
»Pfui!« Wolfe blickte mich finster an. »Mindestens hundert! Trotz» dem lebe ich noch, Mr. Jensen.« Jensen steckte Zeitungsausschnitt und Kuvert ein und verabschiedete sich. Außer dem Hinweis auf Gift in Briefkuvertgummierungen und auf Vorsicht beim Türenöffnen hatte ihm sein Besuch nichts ein» gebracht. Da er mir ein bißchen leid tat, wünschte ich ihm, wäh= rend ich ihn zur Haustür begleitete, viel Glück und riet ihm, falls er am Ende doch einen Leibwächter ha= ben wolle, sich an das Detektiv» Institut Comwall & Mayer in der 42. Straße zu wenden. Dann kehrte ich ins Büro zurück, nahm vor Wolfes Schreibtisch Auf» Stellung, straffte die Schultern und reckte die Brust heraus. Ich nahm diese Haltung ein, weil ich Wolfe einige Neuigkeiten beibringen wollte und mir dachte, es könne nützlich sein, wenn ich dabei mög» liehst offiziersmäßig aussähe. »Ich habe«, begann ich, »am Don= nerstag früh neun Uhr in Wa" shington eine Verabredung mit | General Carpenter.« Wolfes Augenbrauen hoben sich um einen Millimeter. »Wirklich?« »Jawohl, Sir. Auf mein Ersuchen. Ich beabsichtige, um Versetzung
Der Doppelgänger auf einen Posten des Military In= telligence Service in Europa zu bit» ten.« »Nonsens«,
entgegnete
starrte mich an. Der bloße Gedan» ke an Zucker in seinem Bier machte ihn sprachlos ,.,
Wolfe
milde. »Ihre drei bisherigen Ver» setzungsersuchen wurden abge» lehnt.« »Ich weiß, Sir.« Ich behielt meine stramme Haltung bei. »Doch das geschah durch alte Obersten. Ge° neral Carpenter wird mein Ver" langen verstehen. Ich gebe zu, daß Sie ein großer Detektiv, der beste Orchideenzüchter von New York, ein Champion im genußvollen Es= sen und Biertrinken und ein Genie sind. Aber ich habe nun jahrelang für Sie gearbeitet, und das ist in einer so turbulenten Epoche nicht der richtige Zeitvertreib für einen tatendurstigen Offizier der ameri= kanischen Armee. Das will ich Ge= neral Carpenter erklären. Natür= lieh wird er Sie antelefonieren. Ich appelliere nun an Ihre Vaterlands» liebe, Sir, an Ihre besseren Instink» te, an Ihre Abneigung gegen den Kommunismus! Wenn Sie Carpen» ter einreden wollen, daß Sie ohne mich nicht zurechtkommen können, dann werde ich Ihnen das Essen versalzen und Zucker ins Bier schütten!« Wolfe öffnete die Augen und
Das war am Dienstag. Am nächsten Morgen, Mittwoch, brachten die Zeitungen dicke Schlagzeilen über den Mord an Ben Jensen. Ich hatte den Bericht in der New Yorfc Times kaum zur Hälfte gelesen, als die Haustür» kimgel ertönte. Ich ging hin, fand auf der Schwelle unseren alten Freund, Inspektor Cramer vom Morddezernat Manhattan West, begrüßte ihn und ging mit ihm hinauf zu Wolfes Schlafzimmer im ersten Stock. Ihn sehen und sofort zu erklären »Weder interessiert noch beteiligt, noch neugierig«, war eins für Wol» fe. Er bot einen interessanten Anblick, als er da mit dem Frühstückstablett im Bett saß. Weisungsgemäß hatte ihm Fritz, der Dienerkoch, um acht Uhr das Frühstück ins Zimmer zu bringen. Jetzt, um 8 Uhr 15, waren bereits die Pfirsiche mit Sahne, der größere Teil des gebratenen Specks und zwei Drittel der Rühreier ver= tilgt, ganz zu schweigen vom Kaffee und der grünen Orangenmarme» lade. Übrigens bedurfte es schar» 11
Rex Stout fer Augen, um genau zu erkennen, Das werden Sie nicht abstreiten.« wo die gelbseidene Steppdecke auf= »Ich habe Ihnen bereits am Telefon hörte und der gelbseidene Pyjama gesagt, weshalb er kam«, erwiderte begann, mit dem Wolfe sich des Wolfe höflich. »Er hatte diesen Nachts umhüllte. Außer Fritz und Drohbrief bekommen und wollte zu mir hatte ihn bisher niemand in seinem Schutz meinen Scharfsinn dieser Aufmachung zu sehen be= engagieren. Ich lehnte ab, und er kommen. Inspektor Cramer hätte ging. Das war alles.« es sich als Ehre anrechnen dürfen, »Warum haben Sie abgelehnt, für eine Ausnahme zu sein. Doch dar» ihn zu arbeiten? Was hat er Ihnen an schien der Inspektor nicht zu getan?« »Nichts.« Wolfe schenkte sich Kaf° denken. »In den vergangenen zwölf Jahren, fee ein. »Ich befasse mich nicht mit Mr. Wolfe«, sagte er in seinen ge" derartigen Dingen. Ein Mann, der wohnten Knurrtönen, »haben Sie eine anonyme Todesdrohung er= mir, wie ich schätze, die runde Zahl hält, ist entweder überhaupt nicht von zehn Millionen Lügen aufge= gefährdet, oder die Gefahr ist so akut und so stark, daß seine Lage tischt.« Die Kommata wurden durch Kauen als hoffnungslos gelten muß. Im auf der unangezündeten Zigarre übrigen kannte ich Mr. Jensen nur markiert. Wie immer, wenn er eine flüchtig. Er hatte ganz am Rande Nacht durchgearbeitet hatte, wirkte mit dem Fall des Captains Root zu tun, den ich vor einigen Monaten Cramerverdrossenundaufgebracht, aber leidlich beherrscht, ausgenoms bearbeitete. Meine damalige Lei= men seine Haare, die sich gegen den stung imponierte ihm wohl. Ver= mutlich kam er deshalb zu mir, als Scheitel sträubten. Wolfe, der beim Frühstück kaum er jetzt Hilfe brauchte.« aus der Ruhe zu bringen ist, ver= »Dachte er denn, daß der Drohbrief zehrte einen Toast mit Marmelade, von jemandem kam, der mit Cap= nahm einige Schlucke Kaffee und tain Root in Zusammenhang stand?« »Nein. Root wurde nicht erwähnt. ignorierte die Beleidigung. Jensen sagte, er hätte keine Ahnung, »Jensen kam gestern vormittag zu Ihnen«, fuhr Cramer fort, »zwölf wer ihm nach dem Leben trachten Stunden bevor er ermordet wurde. könnte.« 12
Der Doppelgänger Cramer räusperte sich. »Genau das hat er auch zu Tim Comwall ge= sagt. Cornwall meint. Sie hätten die Sache abgelehnt, weil Sie wuß= ten oder ahnten, daß sie gefährlich werden würde. Cornwall ist jetzt natürlich sauer. Hat seinen besten Mann verloren.« »Wirklich?« äußerte Wolfe unge= rührt. »Wenn das sein bester Mann war...«
»Comwall sagt es«, beharrte Cra» mer. »Und der Mann ist tot. Hieß Doyie. War seit zwanzig Jahren im Fach und hatte sich stets bewährt. Nach unseren Feststellungen trifft ihn keine Schuld am tödlichen Ver° lauf der Sache. Jensen kam gestern gegen Mittag zu Cornwall & Mayer, und Cornwall gab ihm Doyie als Leibwächter mit. Wir haben jede ihrer Bewegungen zurückverfolgt nichts Besonderes. Abends warJen= sen mit Doyie im Midtown Klub. Sie verließen den Klub um elf Uhr zwanzig und begaben sich offenbar direkt, entweder mit der Unter' grundbahn oder mit dem Bus, zu Jensens Wohnhaus in der Dreiund» siebzigsten Straße. Um elf Uhr fünf« undvierzig wurden siebeide tot vor dem Hauseingang gefunden. Jeder mitHerzdurchschuß aus einem Acht= unddreißig^r - Doyie von hinten,
Jensen von vom. Keine Pulve spuren, nichts. Die Geschosse ha ben wir allerdings.« \ Wolfe murmelte ironisch: »Mr.! Comwalls bester Mann!« »Da gibt es nichts zu spotten«, knurrte Cramer. »Doyie wurde in den Rücken geschossen! Dicht ne» ben dem Tatort mündet ein schma» ler Durchgang, in dem sich der Tä° ter verborgen haben kann. Oder die Schüsse kamen aus einem vorüber' fahrenden Auto. Oder von der an= deren Straßenseite. Wir haben noch niemanden, der die Schüsse hörte. Der Portier war zur fraglichen Zeit im Keller mit der Zentralheizung beschäftigt. Der Liftmann fuhr einen anderen Mieter zum zehnten Stock hinauf. Die Leichen wurden von zwei Frauen entdeckt, die von einem Kinobesuch nach Hause ka= men. Die Sache mag sich nur eine oder zwei Minuten vor dem Er= scheinen der beiden Frauen zuge» tragen haben, aber sie waren eben erst an der Eckhaltestelle aus dem Bus gestiegen und haben natürlich nichts gesehen oder gehört.« Wolfe erhob sich aus dem Bett ein Schauspiel für Götter. Er warf einen demonstrativen Blick auf die Nachttischuhr; es war 8 Uhr 55. »Ich weiß, ich weiß«, knurrte Cra= 15
Rex Stout
per gereizt, »Ihr Stundenplan! Sie müssen jetzt Toilette machen und sich anziehen. Und dann müssen Sie hinauf in die Gewächshäuser zu den Orchideen! Aber hören Sie noch dies - der Mieter, der im Lift nach oben fuhr, ist ein angesehener Arzt, der Jensen kaum vom Sehen kann» te. Die beiden Frauen, die die Lei= chen entdeckten, sind Mannequins - sie hatten noch nie von Jensen gehört. Der Liftmann arbeitet seit zweiundzwanzig Jahren im Haus und gilt als unbedingt verläßlich. Jensen bedachte ihn übrigens im= mer reichlich mit Trinkgeldern. Der Portier ist ein fetter, gutmütiger Tölpel, der erst vor zwei Wochen eingestellt wurde und bisher nicht einmal die Namen der einzelnen Mieter kennt, weil er fast nur mit der Heizung zu tun hat. Über diese fünf Personen hinaus hätten wir gegebenenfalls noch die gesamte New Yorker Bevölkerung zuzüglich der Tag und Nacht hier eintreffen» gen Fremden! Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen, Mr. Wolfe! Ge= ben Sie mir um Himmels willen alle Informationen, die Sie haben! Sie sehen, wie dringend ich sie brau= ehe!« »Mr. Cramer -«, der Fleischberg in gelber Pyjamaseide setzte sich in 14
Bewegung, »ich wiederhole-ich bin weder interessiert noch beteiligt, noch neugierig.« Mit diesen Wor» ten näherte sich Wolfe der Bade» zimmertür. Cramer stürzte von dannen, kopf= los vor hilfloser Wut. Und ich be° gab mich ins Büro. Dort fand ich die Frühpost vor und sah fast den ganzen Stapel durch, ohne auf irgend etwas Interessan= tes zu stoßen. Doch dann schlitzte ich einen der letzten Briefe auf und da war es! Ich starrte es an. Ich nahm das Ku= vert nochmals zur Hand und starr= te es ebenfalls an. Ich spreche nicht oft mit mir selbst, aber dieses Mal sagte ich laut genug, daß ich es hören konnte: »Grundgütiger Gott!« Ich ließ die Frühpost liegen und rannte mit dem einen Brief in der Hand die drei Treppen zum Dach hinauf, wo die Gewächshäuser sind. Dort traf ich Wolfe, wie er mit Theodor Horstmann, seinem Or= chideenspezialgärtner, eine soeben eingetroffene Zuchtknollensendung begutachtete. »Was gibt's?« fragte er ohne jede Spur von Freundlichkeit. »Ich weiß, daß ich Sie hier nicht stören soll«, erwiderte ich. »Aber ich fand etwas in der Post, das
Der Doppelgänger Ihnen bestimmt Vergnügen berei» kann ich nicht. Ich bin mit einem ten wird.« Damit legte ich beides General verabredet. Und weshalb nebeneinander vor ihn auf den Ar= überhaupt?« Ich deutete auf das beitstisdi - das Kuvert mit Wolfes Kuvert und den Zeitungsausschnitt. Namen und Anschrift und den Zei= »Wegen dieses dummen Zettels tungsausschnitt mit dem fatalen etwa? Kein Grund zur Panik. Ich Satz: »Sie werden sterben, und ich bezweifle, daß Gefahr für Sie be= steht. Ein Mann, der einen Mord werde Sie sterben sehen!« »Sicher ein Zufall«, sagte ich und plant, verschwendet seine Energie wohl nicht auf das Zurechtschnip= grinste Wolfe ermutigend an. »Ich werde mir«, erklärte er völlig sein von Zeitungsausschnitten, unbeeindruckt, »die Post, wie üb= und -« »Sie fahren also nach Washings lieh, um elf Uhr ansehen.« Er erklärte es gelassen und sehr ton?« von oben herab. Ich erkannte, daß »Jawohl, Sir. Ich habe eine Verab» im Augenblick nichts mit ihm an= redung. Freilich könnte ich General zufangen war, nahm wortlos Ku= Carpenter anrufen und ihm sagen, vert und Zeitungsausschnitt wieder daß Ihre Nerven ein wenig an= an mich und kehrte ins Büro zu= gegriffen sind, weil Sie einen rück. anony —« Punkt elf Uhr kam Wolfe herunter »Wann fahren Sie?« und begann seine Routinearbeiten, »Ich habe mir im Sechs=Uhr=Zug ohne mich eines Blickes oder einer einen Platz reservieren lassen.« Ansprache zu würdigen. Erst nach» »Gut. Dann haben wir noch genug dem Fritz ihm das gewohnte Bier Zeit. Ihr Notizbuch.« serviert und er es zur Hälfte ge» Wolfe lehnte sich nach vorn, um ein trunken hatte, lehnte er sich in sei= Glas Bier einzugießen und zu trin» nem thronartigen Schreibtischsessel ken, dann lehnte er sich wieder zu= zurück und bemerkte, während er rück. »Ein kiemer Kommentar zu mich aus halb geschlossenen Augen Ihren Scherzen. Als Mr. Jensen ge= fixierte: »Archie, Sie werden Ihre stem kam und uns die Drohung Reise nach Washington verschie= zeigte, hatten wir keine Ahnung ben.« vom Charakter und dem wirklichen Ich markierte Überraschung. »Das Vorhaben des Absenders. Es hätte 15
Rex Stoul sich um das Werk eines geschmack» losen Spaßvogels handeln können. Daß es dies nicht war, ist uns nun bekannt. Der Absender des Droh" briefes hat nicht nur Mr. Jensen, sondern auch Mr. Doyie getötet, dessen Anwesenheit nicht vorher' zusehen war. Wir wissen jetzt, daß der Absender kaltblütig, rücksichts» los, schnell entschlossen im Denken wie im Handeln und krankhaft ego= zentrisch ist.« »Jawohl, Sir. Völlig Ihrer Meinung. Wenn Sie sich ins Bett legen und vor meiner Rückkehr aus Washing» ton außer Fritz keine Menschen' seele in Ihr Zimmer lassen, wird es mir zwar nicht gelingen, späterhin meine Zunge Ihnen gegenüber im Zaum zu halten. Dennoch würde ich Ihr Verhalten verstehen und niemand anders davon erzählen. Etwas Ruhe täte Ihnen ohnehin gut. Aber lecken Sie während die» ser Zeit keine Kuvertgummierun» gen an.« »Bah.« Wolfe machte eine indi» gnierte Handbewegung. »Nicht Sie haben diesen Brief erhalten. Ver= mutlich stehen Sie gar nicht auf der Vormerkliste des Absenders.« »Das hoffe ich, Sir.« »Der Kerl ist gefährlich und erfor= dert Beachtung.« 16
»Völlig Ihrer Meinung, Sir.« Wolfe schloß die Augen. »Scha Machen Sie ein paar Notizen... D| der Absender der Drohung mir ge genüber genauso vorzugehen beab sichtigt, wie er es gegenüber Mi Jensen getan hat, ist anzunehmen! daß er in irgendeiner Beziehung zi Captain Root steht. Denn nur in Fall Root bin ich mit Mr. Jensen ir Berührung gekommen ... Steller Sie fest, wo Captain Root sich zi Zeit befindet.« »Das Militärgericht verurteilte il zu fünf Jahren Gefängnis.« »Ich weiß. Aber in welchem Ge»| fängnis sitzt er? Und wie steht es| mit dieser jungen Lady, seiner Ver"| lobten, die sich damals so sehr üb< die Sache erregt hat? Sie hieß Jar Geer.« Wolfes Augen öffneten sie einen Moment. »Sie haben dockj die Gewohnheit, den Aufenthalt ort attraktiver junger Ladies unve züglich herauszubekommen. Sind Sie dieser hier in letzter Zeit nodi begegnet?« »Gewiß/ichhabe sie ein wenig kerfJ nengelernt«, antwortete ich besehe» den. »Und ich denke, ich kann mich wieder mit ihr in Verbindung se^ zen. Aber ich bezweifle —« 1 »Sie setzen sich mit ihr in Verbirg düng! Ich wünsche diese Miss G(
Der Doppelgänger zu sehen ... Entschuldigen Sie die Unterbrechung, aber Sie müssen ja den Sechs=Uhr=Zug erwischen... Informieren Sie Inspektor Cramer über die neueste Entwicklung der Dinge. Raten Sie ihm, sich für Cap= tain Roots Vergangenheit, seine Verwandten und seine intimen Freunde zu interessieren - ausge= nommen Miss Geer. Dieser Lady wünsche ich selbst auf den Zahn zu fühlen ... Rufen Sie General Fite an. Er wird Ihnen sagen, in welchem Gefängnis Captain Root unterge= bracht ist. Sorgen Sie dafür, daß er mir Root zur Befragung herbringen läßt... Wo ist der Zeitungsaus= schnitt, den Mr. Jensen gestern in seinem Brief erhielt? Fragen Sie Mr. Comwall und Inspektor Cra» mer danach. Vielleicht handelt es sich bei diesem hier nicht um einen zweiten, sondern um denselben Ausschnitt.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Dieser hier ist auf der rechten Seite etwas knapper ausgeschnitten.« »Das habe ich auch bemerkt. Fra= gen Sie trotzdem, der Ordnung hal= b e r . . . Überprüfen Sie die Sicher' heitsketten an den Haustüren und den Nachtgong in Ihrem Zimmer... Wann kommen Sie aus Washing» ton zurück?«
»Meine Verabredung ist um neun Uhr früh. Also sollte ich eigentlich den Mittagszug erreichen und um fünf Uhr nachmittags wieder hier sein können. Falls ich mit General Carpenter wegen meiner Verset= zung klarkomme, werde ich ihn bit= ten, mich zu Ihrer Verfügung zu belassen, bis der Zeitungsaus' schnittversender gefaßt ist.« »Von mir aus brauchen Sie sich we= der mit der Rückkehr zu beeilen noch Ihre Pläne zu ändern. Ihr Ge= halt wird ja von der Regierung be= zahlt.« Wolfes Ton war trocken, scharf und eisig. »Rufen Sie jetzt bei General Fife an. Wir wollen zunächst wissen, wie es mit Cap= tain Root steht...« Alles klappte wie am Schnürchen, bis auf die Sache mit Jane Geer. Wäre Jane Geer nicht gewesen, hätte ich meinen Zug ohne weiteres erreicht. General Fife telefonierte binnen zwanzig Minuten zurück und teilte mit, daß Captain Root genauer gesagt, Ex=Captain Root baldigst nach New York transpor» tiert würde, damit Wolfe ihn ver= nehmen könne. Cornwall erklärte, er habe den von Jensen erhaltenen Zeitungsausschnitt nebst Kuvert an Inspektor Cramer weitergegeben, 17
Rex Stoul
und Cramer wiederum bestätigte, beides zu besitzen. Nachdem ich Cramer die neue Situation erläutert hatte, ließ er ein leises Lachen hö= ren und äußerte anzüglich: »Mr. Wolfe ist ja weder interessiert, noch beteiligt, noch neugierig.« Ich wuß= te, daß Wolfe nunmehr wieder mit Cramers Besuch rechnen durfte. Und das war, wenigstens nach Wol= fes Gesichtspunkt, nicht erfreulich. Mit Jane Geer klappte es, wie ge= sagt, nicht so recht. Als ich gegen Mittag die Werbe» agentur anrief, für die sie tätig ist, wurde mir mitgeteilt, sie sei zur Zeit bei einem Kunden auf Long Island. Erst nach vier Uhr gelang es mir, sie zu erreichen. Sie zeigte sich geschmeichelt, weil ich seit Mittag ihretwegen fünfmal telefo= niert hatte, was sie als Offenbarung meiner wahren Gefühle zu bewer« ten schien, war aber zu einem Be» such in Wolfes Haus nur unter der Bedingung bereit, daß ich sie vor= her zu einem Cocktail einlud. Ich traf sie also kurz nach fünf Uhr im Stork Klub. Sie hatte ein anstrengendes Tage" werk hinter sich, doch wenn man sie ansah, konnte man meinen, sie wäre erst vor einem halben Stund» chen von einem ausgiebigen Nach" 18
mittagsschlaf aufgestanden. Sie blitzte mich aus ihren braunen Augen an und sagte: »Lassen Sie mich einen Blick auf die Spitze Ihres rechten Zeigefingers tun.« Ich hielt ihr den Finger hin. Sie be= fühlte ihn vorsichtig. »Ich wollte«/ sagte sie, »nur mal sehen, ob sich da keine Schwiele gebildet hat, weil Sie doch innerhalb von vier Stun= den fünfmal meine Nummer wäh= len mußten.« Dann nippte sie an ihrem Cocktail, und dabei rutschte ihr eine Locke über das rechte Auge. Ich langte hinüber, um den Haarkringel wie« der hochzuschieben. »Diese Frei» heit«, erläuterte ich, »nahm ich mir, um einen ungehinderten Blick auf Ihr hübsches Gesicht zu haben. Ich möchte nämlich sehen, ob Sie jetzt blaß werden.« »Wegen Ihrer Nähe?« »Nicht deshalb. Momentan dürfte ich sowieso nicht anziehend wirken. Denn ich bin wütend, weil ichihreb» wegen meinen Zug versäumen werde.« »Dieses Mal habe nicht ich Sie an» gerufen, sondern Sie mich.« »Stimmt.« Ich nahm einen Schluck. »Sie sagten mir am Telefon, daß Sie Nero Wolfe noch immer nicht leiden können und daß Sie nicht in
Der Doppelgänger sein Haus kämen, es sei denn. Sie wüßten vorher, weshalb, und viel» leicht selbst dann noch nicht. Hier ist der Grund: Nero Wolfe will Sie fragen, ob Sie die Absicht haben, ihn eigenhändig umzubringen, oder ob Sie sich der gleichen Bande be» dienen wollen, durch die Jensen und Doyie beseitigt wurden.« »Merci, Monsieur!« Sie betrach» tete mich nachdenklich. »Ihr Hu= mor läßt zu wünschen übrig.« Ich zuckte die Schultern. »Tut mir leid. Normalerweise wäre es mir ein Vergnügen, ein wenig mit Ihnen zu plänkeln. Aber ich kann Ihretwegen nicht alle Züge versau» men. Da Wolfe auf dieselbe Art bedroht wurde wie Jensen, ist an= zunehmen, daß es sich bei Jensens Ermordung um eine Rache für das handelt, was Jensen als Hauptbe» lastungszeuge mit Root gemacht hat. Und weil wir uns recht gut an Ihr Verhalten bei Roots Festnahme und während der Gerichtsverhand= hing erinnern, liegt es nahe, daß wir erfahren möchten, was Sie in letzter Zeit angestellt haben.« »Denkt denn dieser Nero Wolfe wirklich, ich hätte das getan?« »Das habe ich nicht gesagt. Wolfe will nichts, als mit Ihnen über die Sache sprechen.«
Ihre Augen funkelten, und ihre Stimme wurde scharf. »Ja, und. dann kommt die Polizei! Hat Wolfe es so vorbereitet, daß ich nach dem Gespräch mit ihm abgeführt wer= de?« »Oh, hören Sie, liebe Jane! Ich habe Ihnen die Situation erläutert. Ihr Name wurde bisher nicht er= wähnt, obwohl die Polizei bereits bei uns war. Doch da die Polizei nun einmal über die Zusammen' hänge im Fall Root unterrichtet ist, wird sie natürlich früher oder spä= ter auch bei Ihnen erscheinen. Und deshalb möchte Wolfe sich vorher vergewissern, daß Sie keiner Fliege etwas zuleide tun können.« »Und wie will Wolfe das ma= chen?« Sie schnaufte verächtlich. »Sicher wird er mich fragen, ob ich schon einmal einen Mord began= gen habe. Und wenn ich lächelnd verneine, wird er sich entschuldi= gen und mir eine Orchidee sehen» ken — wie?« »Nicht ganz. Er ist ein Genie. Er stellt Ihnen einfache Fragen - zum Beispiel, ob Sie beim Angeln den Köder eigenhändig auf den Haken spießen. Und mit der Antwort ent' hüllen Sie ihm Ihr ganzes Innen» leben, ohne es zu merken.« »Das klingt faszinierend.« Der 19
Rex Stout Ausdruck ihrer Augen und der Ton ihrer Stimme veränderten sich plötzlich. »Ja - ich überlege.« »Was denn? Sagen Sie es mir, und wir werden gemeinsam über» legen.« »Selbstverständlich.« Der Aus= druck ihrer Augen war noch sanf= ter geworden. »Sagen Sie - verfol= gen Sie bei dieser Sache vielleicht ein ganz persönliches Interesse? Sie haben/ wie es heißt, so viele Freun= dinnen, daß Sie einen präzisen Stundenplan führen müssen, und finden doch so viel Zeit für mich? Sollte etwa diese ganze idiotische Beschuldigung -« »Lassen Sie das«, unterbrach idi, »oder ich werde anfangen, auch meinerseits Verdacht gegen Sie zu schöpfen. Sie sind eine geschickte Werbeberaterin und haben mir da= zu verholten, meine Vorliebe für bestimmte Formen, Farben und so= gar Parfüms zu präzisieren. Dafür bin ich Ihnen dankbar - aber das ist alles.« »Ha, ha.« Sie stand auf; ihre Au= gen begannen wieder zu funkeln, und als sie sprach, hatte ihre Stim= me wieder den scharfen Ton von vorhin. »Ich werde also zu Nero Wolfe gehen. Ich begrüße die Ge= legenheit, diesem Genie mein In= 20
nenleben zu enthüllen. Muß ich alleine gehen, oder begleiten Sie mich?« Ich sagte, selbstverständlich würde ich sie begleiten. Ich zahlte; dann gingen wir hinaus und nahmen ein Taxi. Aber Jane Geer kam nicht dazu, Wolfe zu sprechen. Da Wolfe angeordnet hatte, die Haustür mit der Kette zu sichern, konnte ich sie mit dem Schlüssel nicht öffnen und mußte Fritz her= ausklingeln. Ich hatte eben auf den Klingelknopf gedrückt, als hinter uns kein anderer die Vortreppe her» aufkam, als jener Armeeoffizier, der von allen Rekrutierungsplaka= ten herablächelt und in jedem Be= trachter die Überzeugung festigt, daß das männlich hübsche Äußere der Soldaten viel dazu beiträgt, die United States Army unüberwind» lieh zu machen. Zugegeben-er war ein verdammt gut aussehender Bursche. Er wirkte etwas gedanken» verloren, doch das hinderte ihn nicht, Jane Geer mit einem recht intensiven Blick zu bedenken. Im nächsten Moment wurde die Haustür geöffnet. »Danke«, sagte ich zu Fritz. »Ist Mr. Wolfe im Büro?« »Nein. Er ist in seinem Zimmer.«
Der Doppelgänger Fritz verschwand in Richtung Kü° ehe. Ich betrat die Haustürschwelle und wandte mich an den Uniform' mannequin: »Bitte, Major? Hier wohnt Mr. Nero Wolfe.« »Das weiß ich.« Die Baritonstimme paßte zu seiner Erscheinung. »Ich möchte Mr. Wolfe sprechen. Mein Name ist Emil Jensen. Ich bin der Sohn von Ben Jensen, der gestern abend ermordet wurde.« »Oh.« Viel Ähnlichkeit mit sei= nem Vater hatte er nicht. »Mr. Wolfe hat eine Verabredung. Es wäre gut, wenn ich ihn über den Zweck Ihres Besuches informieren könnte.« »Ich - nun ja, das sagte ich schon - ich möchte ihn sprechen. Wenn Sie gestatten, würde ich vorziehen, ihm den Zweck meines Besuches persönlich zu erklären.« Er lächelte liebenswürdig, um es keinesfalls kränkend klingen zu lassen; an= scheinend war er auch in Psycholo° gie gedrillt. »Verstehe. Bitte, treten Sie ein.« Ich gab Jane den Eingang frei, und Emil Jensen folgte ihr. Nachdem ich die Tür zugemacht und die Kette wieder vorgelegt hatte, geleitete ich die beiden ins Büro, forderte sie zum Platznehmen auf, ergriff den Hörer des Telefons auf meinem
Schreibtisch und verband mich mit Wolfes Zimmer. »Ja?« knurrte es über die Leitung. »Archie Goodwin hier. Habe Miss Geer mitgebracht. Außerdem ist Major Emil Jensen soeben hier ein= getroffen. Er ist Ben Jensens Sohn und möchte Sie sprechen, zieht es aber vor. Sie über den Zweck sei= nes Besuches persönlich zu unter' richten.« »Sagen Sie den beiden, daß ich be= daure. Ich bin beschäftigt und kann niemanden empfangen.« »Wie lange werden Sie beschäftigt sein, Sir?« »Das ist nicht vorherzusehen. In dieser Woche kann ich keine Ver= abredungen mehr treffen.« »Aber vielleicht erinnern Sie sich -« »Archie! Sagen Sie ihnen das, bit= te.« Die Verbindung wurde abge= brochen. Also sagte ich es ihnen. Sie waren nicht entzückt. Insbesondere nicht Jane Geer, und wer weiß, was für eine Szene sie aufgeführt hätte, wäre sie nicht durch die Anwesen» heit eines Fremden genötigt gewe= sen, ihr Temperament zu zügeln. Bei der anschließenden kurzen Un= terhaltung, die natürlich zu gar nichts führte, bemerkte ich, daß sie sich gegenseitig mit immer freund» 21
Rex Stout lidler werdenden Blicken betrach" teten. Ich dachte, diese schnell entflammte Sympathie werde mir helfen, die beiden recht bald loszuwerden, und sagte mit effektvoller Betonung: »Miss Geer - das ist Major Jen" sen.« Jensen sprang auf, verbeugte sich wie ein Mann, der weiß, wie man sich zu verbeugen hat, und mur= melte: »Sehr erfreut, Miss Geer.« Nach einer zweiten, etwas geringe' ren Verbeugung fügte er weltmän» nisch hinzu: »Sieht leider aus, als wäre es hoffnungslos, wenigstens für heute. Vor dem Haus wartet ein Taxi auf mich, Miss Geer, und es würde mir ein Vergnügen sein, Sie heimzufahren.« Jane Geer willigte huldvoll ein, und sie verabschiedeten sich. Ich beglei» tete sie zur Haustür und bemerkte noch, wie er ihr auf der Vortreppe den Arm bot. Ging wirklich rasch mit den beiden. Schließlich war ich ja auch Major ... Ich zuckte resigniert die Schultern, machte die Tür hinter ihnen zu, stieg in den ersten Stock hinauf, klopfte an Wolfes Tür, hörte seinen brummigen Hereinruf, trat ein und fand ihn mit eingeseiftem Ge= sieht, das altmodische Rasiermesser 22
in der Hand, auf der Schwelle zum Badezimmer. Er blickte mich an und fragte barsch: »Wie spät ist es?«
»Sechs Uhr achtundzwanzig.« »Wann geht der nächste Zug?« »Punkt sieben Uhr. Aber zur Hölle mit der Reise nach Washington! Offensichtlich gibt es hier eine Menge Arbeit. Ich kann die Fahrt auf nächste Woche verschieben.« »Nein. Die Sache spukt Ihnen im Kopf herum. Sie fahren mit dem Sieben=Uhr=Zug.« Ich versuchte es noch einmal. »Mein Motiv ist selbstsüchtig, Sir. Wenn ich morgen früh bei General Car« penter sitze und wir die Nachricht von Ihrem Tode erhalten oder viel» leicht auch nur von einer mehr oder weniger schweren Verwundung, dann wird Carpenter mir die Schuld daran geben. Und das ertrüge ich nicht. Deshalb sind es rein selbst» süchtige Beweggründe, die mich veranlassen —« »Zum Teufel!« brüllte Nero Wol» fe. »Sie werden auch den Sieben» Uhr=Zug versäumen! Ich habe nicht die geringste Absicht, mich töten zu lassen! Und nun hinaus mit Ihnen!« Ich verschwand...
Der Doppelgänger Manchmal denke ich, die Mentalität der Generale sollte reformiert wer» den. Das, was mir mit General Car" penter passierte, passiert andau» emd unzähligen anderen Offizieren mit allzuvielen anderen Generalen. Ich bin ja bloß Major. Und saß also am Donnerstagmorgen stramm und unbequem auf der Kante des Be« suchersessels in General Carpen» ters Dienstzimmer, immer wieder Jawohl sagend, während der Gene» ral mir darlegte, er habe mir die Unterredung nur gewährt, weil er glaubte, ich wolle ihm etwas von besonderer Wichtigkeit unterbrei» ten, aber mein Versetzungsgesuch sei völlig indiskutabel, und ich hätte weiterhin dort Dienst zu tun, wo ich für die United States Army von größtem Nutzen sei. Zum Schluß bemerkte er, daß ich, da ich nun einmal in Washington wäre, mit einigen Offizieren seines Stabes über den Stand mehrerer bisher unerledigter Fälle sprechen und mich zu diesem Zweck zunächst bei Colonel Dickey melden solle. Das tat ich und geriet damit in einen Strudel. Ein Colonel reichte mich immer zum nächsten weiter. Die Gentlemen hielten mich mit ihren Besprechungen den ganzen Donnerstag und auch noch den
Freitagvormittag fest, und ich saß die ganze Zeit wie auf glühenden Kohlen. Infolgedessen wäre ich beinah ver= sucht gewesen, mit dem nächsten Flugzeug nach New York zurückzu» kehren, als ich am Donnerstag» abend im Hotel eine Anzeige im New York Star las: Hilfskraft gewünscht, männlich, Alter 50-55, Gewicht, 260-270 Pfund, Größe ca. 1.80, normale Gesichtsfarbe, sicheres Auftre= ten. Nur vorübergehend. Ge» fährliche Tätigkeit. 100 Dollar pro Tag, 'Bildojferten an Box 202 Star. Ich las die Anzeige viermal, dachte zwei Minuten lang darüber nach, ging zum Telefon und ließ mich mit New York verbinden. Fritz Bremer meldete sich und versicher» te, bei Wolfe sei alles in Ordnung. Nachher, beim Zubettgehen, über» legte ich, inwiefern mir, wenn ich den Plan gefaßt hätte, Wolfe um» zubringen, ein Mann von Nutzen sein könnte, der Wolfe in mancher» lei Hinsicht ähnlich war. Da mir keine befriedigende Lösung einfal» len wollte, streckte ich mich im Bett aus, löschte die Nachttischlampe und schaltete die Gedanken ab. 25
Rex Stout Im Laufe des nächsten Nachmittags beendete ich die Besprechungen in Washington und fuhr nach New York zurück. Kurz vor elf Uhr abends stand ich vor Wolfes Haus in der Fünfunddreißigsten Straße und gab das vereinbarte Klingel» zeichen - dreimal kurz. Fritz kam und ließ mich ein. Wolfe schien im Büro zu sein, denn durch den Tür= spalt schimmerte Licht. Ich eilte hin, stieß die Tür auf und trat ein. »Man hat mich also weiterhin zum Stubenhocken verdammt«, begann ich munter. Dann brach ich jäh wie= der ab. In Wolfes thronartigem Schreibtischsessel, der unter kei= nen Umständen von irgend jemand anders benutzt werden durfte, hockte ein fetter Fleischberg von quasi menschlicher Form, mit an= deren Worten - ein dicker, entfernt wolfeähnlicher Mann, aber nicht Wolfe selbst. Ich hatte diesen Mann noch nie gesehen. Fritz, der die Türkette vorgelegt hatte, folgte mir ins Büro. Der Mann im Sessel sprach nicht und rührte sich nicht, sondern starrte mich nur an. Fritz sagte mir, daß Mr. Wolfe in seinem Zimmer wäre. Dann hüstelte der Dicke im Sessel und bemerkte mit heiser krächzen= der Stimme: »Schätze, Sie sind 24
Goodwin. Archie. Hatten Sie eine gute Reise?« Ich glotzte ihn an. Teils wünschte ich, ich wäre noch in Washington, zum anderen wünschte ich, ich wäre früher zurückgekommen. Der Dicke sagte; »Fritz, bringen Sie mir noch einen Highball.« »Sehr woM, Sir«, erwiderte Fritz. Der Dicke blickte mich an undfrag= te abermals: »Hatten Sie eine gute Reise, Archie?« Das reichte mir. Ich machte kehrt, verließ das Büro, stieg zum ersten Stock hinauf, klopfte an Wolfes Zimmertür und rief: »Archie hier.« Wolfes Stimme forderte mich zum Eintreten auf. Der echte Wolfe saß im Klubsessel unter der Lampe und las ein Buch. Er war vollständig angekleidet, und nichts deutete darauf hin, daß er den Verstand verloren hätte. Natürlich gönnte ich ihm nicht die Genugtuung, mich verblüfft zu se= hen und sich darüber zu amüsieren. Daher sagte ich in beiläufigem Ton: »Nun bin ich wieder da. Aber wenn Sie schläfrig sind, können wir uns ja morgen früh unterhals ten.« »Ich bin nicht schläfrig.« Er legte einen Finger in das Buch und klappte es zu.
Der Doppelgänger Ich setzte mich und sagte: »Es war arbeitsloser Architekt namens H. recht interessant in Washington. H. Hackett, zur Zeit völlig mittel» Doch im Augenblick ist es mir eine los. Darüber hinaus ist er ein un° große Erleichterung, Sie wohlauf glaublicher Einfaltspinsel mit den zu finden.« Manieren eines Ochsenfrosches. Ich »Warum auch nicht? Haben Sie ins suchte ihn unter sechs Bewerbern Büro geschaut?« heraus, weil er äußerlich am besten »Ja. Demnach haben Sie selbst die» paßte. Außerdem war er der ein= se Anzeige im Neu? Yorfc Star aufs zige, der ohne alles Feilschen dar= gegeben. Hundert Dollar Tagessatz auf einging, für hundert Dollar am - noble Sache. Wie bezahlen Sie Tag sein Leben zu riskieren.« den krächzenden Fleischberg eigent= »Wenn er mich weiterhin Archie lieh - jeden Tag in bar? Haben Sie nennt, geht er ein zusätzliches Ri= auch Steuern, Versicherung und siko ein.« sonstige Abgaben genau ausge= »Bitte!« Wolfe hob einen mahnen' rechnet? Er gleicht Ihnen so weit» den Finger. »Meinen Sie, für mich gehend, daß ich zuerst dachte. Sie wäre es ein erhebender Gedanke, wären es wirklich. Ich setzte mich diesen Popanz in meinem Sessel an meinen Schreibtisch und begann sitzen zu haben? Vielleicht ist er zu berichten, bis er Fritz auftrug, morgen oder übermorgen schon tot ihm noch einen Highball zu brin= - das habe ich ihm gesagt. Heute gen. Da merkte ich, daß Sie es nicht nachmittag fuhr er in einem Taxi waren. Ich weiß doch, wie sehr Sie zu Ditsons Blumenhandlung, besah Highballs hassen. Eine delikate Si= sich dort einige Orchideen und tuation. Erinnert mich an den Tag, brachte der Echtheit halber dann als Ihre Tochter aus Jugoslawien gleich zwei Töpfe mit. Morgen eintraf.« nachmittag werden Sie ihn einige »Archie! Halten Sie den Mund!« Stunden spazierenfahren. Mit mei= Wolfe legte das Buch aus der Hand nem alten hellen Mantel, einen und rutschte im Sessel herum, bis meiner Hüte auf dem dummen er wieder bequem saß. Dann sagte Kopf, sieht er mir so ähnlich, daß er: »Nähere Einzelheiten über ihn er. Sie ausgenommen, sicherlich finden Sie auf einem Zettel in Ihrer alle Leute täuscht.« Schreibtischschublade. Er ist ein »Gewiß, Sir. Aber weshalb diese
Rex Stout
Umstände? Weshalb können Sie nicht einfach im Haus bleiben/ wie Sie es ohnehin meistens tun, und gut aufpassen, wer ins Haus zu kommen versucht? Bis -« »Bis was?« »Bis der Bursche geschnappt ist, der Jensen und Doyie auf dem Ge= wissen hat.« »Bah!« Wolfe bedachte mich mit einem mißbilligenden Blick. »Von wem geschnappt? Von Cramer? Was, meinen Sie, tut Cramer jetzt wohl? Major Jensen, Ben Jensens Sohn, ist vor fünf Tagen auf Ur= laub gekommen, aus Europa. Das erste, was er hier erfuhr, war, daß sein Vater sich von seiner Mutter scheiden lassen wollte. Das führte zu einem Streit zwischen Vater und Sohn - an sich nichts Außerge" wohnliches. Aber unser cleverer Mr. Cramer hat nun fünfzig Mann angesetzt, die Beweise aufstöbern sollen, damit Major Jensen des Mordes an seinem Vater überführt werden kann! Ein kompletter Blöd= sinn! Denn welches Motiv könnte Major Jensen haben, auch midi zu töten?« »Nun«, ich hob die Augenbrauen, »diese Idee würde ich nicht ohne weiteres verwerfen, Sir. Vielleicht setzt der Major voraus, daß, wenn 26
er Ihnen den gleichen Drohbrief schickte, jedermann fragen würde, welches Motiv er denn habe könn= te, auch Sie zu töten.« Wolfe schüttelte den Kopf. »Nein, das hat er nicht vorausgesetzt. Es . sei denn, er wäre ein ausgemachter Narr. Es würde ja nicht genügen, daß er mir den Drohbrief schickt. Nein - er müßte die Drohung auch verwirklichen! Und bisher hat er keinen Versuch unternommen, mir irgendwie nach dem Leben zu trach» ten. Ich bezweifle sehr/daß er diese Absicht überhaupt hegt. General Fife hat sich, auf meine Bitte hin, Major Jensens Unterlagen ange= sehen ~ danach ist Jensen ein ab= solut einwandfreier Mensch. In° spektor Cramer vergeudet also seine Zeit, die Energien seiner Män° ner und das Geld der New Yor= ker Steuerzahler. Meine Lage ist schwierig. Wie Sie recht gut wie" sen, steht mir zur Zeit keiner mei" ner bewährten Mitarbeiter zur Ver= fügung. Cather und Durkin werden nach ihrem verdammten Autoun° fall von voriger Woche noch min» destens zehn Tage im Hospital bleiben müssen. Panzer und Keems verfolgen in Honolulu die kompli= zierte Angelegenheit mit den ver= schobenen Allisonmillionen. Und
Der Doppelgänger Sie wollen mich verlassen, weil Sie nur an Ihre Karriere denken. So bin ich an dieses Zimmer gebun» den und meinen Grübeleien ausge» setzt, während draußen ein blut= durstiger Irrer herumschleicht und auf eine Gelegenheit lauert, mich umzubringen.« Vermutlich war dies wieder mal eine seiner beliebten Übertreibun= gen. Aber ich hütete mich, Zweifel zu äußern - ich hatte meine Erfah= rungen mit ihm und seiner Emp= findlichkeit. Außerdem übersah ich die Situation nicht genau genug, um zu erkennen, wie weit er eigent= lieh übertrieb. Deshalb fragte ich nur: »Wie steht es mit Captain Root? Hat man ihn hergebracht?« »Ja, man hat ihn mir gebracht. Heute vormittag. Und ich habe mich mit ihm unterhalten. Er sitzt seit seiner Verurteilung im Ge= fängnis und versichert, diese Sache könne unmöglich mit ihm zu tun haben. Von Miss Geer hat er an= geblich seit fast zwei Monaten nichts mehr gehört. Seine Mutter ist Lehrerin in Danforth, Ohio. Cramer stellte fest, daß sie seit Monaten den Ort nicht verlassen hat/da der Unterricht sie sehr stark beansprucht. Vater Root, der frü° her in Danforth eine Tankstelle
betrieb, hat Frau und Sohn vor zehn oder elf Jahren verlassen und soll jetzt irgendwo in Oklahoma leben. Frau und Sohn ziehen es vor, nicht über ihn zu sprechen. Geschwister sind nicht vorhanden. Wie Ex=Captain Root behauptet, gäbe es auf der ganzen Welt kei= nen Menschen, der ihm zuliebe einen Doppelmord verüben wür= de.« »Vielleicht stimmt das.« »Nonsens! Abgesehen von meiner Verbindung zu Root gab es für mich keinen weiteren Berührungs» punkt mit Jensen! Ich habe Gene» ralFife gebeten, Root ein paar Tage in New York zu behalten. Inzwi= sehen sieht sich der Gefängnisdi= rektor Roots persönliche Sachen ein wenig genauer an.« »Nun, wenn Sie sich einmal in eine Idee verrennen -« »Das tue ich nie! Nicht so/wie Sie es meinen. Aber ich passe mich den Umständen an. Und hierbleibt mir ohnehin keine andere Wahl. Der Mensch, der Jensen und Doyie er» schössen hat, ist verwegen. Wahr= scheinlich wird er sich veranlaßt sehen, sein Programm fortzuset» zen ...« Ich wünschte Gute Nacht und ging in mein Zimmer, wo ich den Nacht»
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gong einschaltete und mich von seinem Funktionieren überzeugte. Dieser Nachtgong ist ein unter meinem Bett angebrachter Apparat Nero Wolfescher Konstruktion, der mich alarmieren soll, wenn sich des Nachts jemand der Tür zuWol= fes Zimmer nähert. Er war vor drei Jahren nach einem Vorfall erson= nen und installiert worden, in des= sen Verlauf Wolf e mit einem Dolch angegriffen wurde, und bisher noch nie im Ernstfall erklungen. Und ich hatte oft genug Zweifel gehabt, ob er sich jemals als nützlich erweisen würde. Doch in dieser Nacht, mit dem wolfeähnlichen Fremden im Haus, war ich zufrieden, daß es ihn gab ... Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, verbrachte ich eine Stunde bei Wolfe im Orchideen» gewächshaus auf dem Dach. Wir besprachen die Einzelheiten. Jane Geer schien zu einer Plage geworden zu sein. Jetzt verstand ich, weshalb Wolfe sich am Mitt= wochnachmittag geweigert hatte, sie zu empfangen. Denn nachdem er mich losgeschickt hatte, sie zu holen, war ihm der geniale Einfall mit dem Double gekommen, und nun wünschte er begreiflicherweise 28
nicht mehr/daß sieden echten Nero Wolfe noch einmal zu sehen be= käme, weil sie dann kaum noch auf das Double hereinfallen würde. Inzwischen hatte sie mehrmals an= telefoniert und war am Freitaga morgen sogar persönlich erschie= nen, um eine Unterredung mit Wolfe durchzusetzen; hierbei wa= ren volle fünf Minuten vergangen/ ehe es Fritz gelang, sie durch einen Spalt der kettengesicherten Haus= tür von der momentanen Aussichts= losigkeit ihres Bemühens zu über» zeugen. Doch jetzt hatte Wolfe wieder einen seiner brillanten Ein= fälle - ich sollte Jane Geer anrufen und sie auf sechs Uhr nachmittags zu Wolfe bestellen, um sie dann, wenn sie kam, ins Büro zu führen, wo das Double auf Wolf es Schreib» tischsessel thronen würde. Wolfe wollte Hackett auf diese Unterres düng vorbereiten. Ich zog ein skeptisches Gesicht. »Es mag ihr Gelegenheit geben, Mr. Hackett umzubringen«, sagte Wolfe. Ich schnaufte verächtlich. »Und meine Aufgabe wäre es dann wohl, ihr zu sagen, wann sie das Feuer einstellen kann?« »Zugegeben, es wäre nicht schön. Aber ich könnte sie dabei sehen
Der Doppelgänger und hören. Ich würde am Guck= loch sein.« Das also hatte er im Sinn! Er wür= de sich im Alkoven aufhalten und durch das Guckloch spähen, das im Büro durch ein von hinten durch= sichtiges Bild getarnt ist. Er liebte es, sich Vorwände für die Benut= zung des Guckloches auszudenken. Major Jensen, offenbar weit weni= ger hartnäckig als Jane Geer, hatte inzwischen nur einmal angerufen und dabei die Auskunft erhalten, daß Wolfe noch immer beschäftigt sei. Als ich ins Büro kam, saß Mr. H. H. Hackett in Wolfes Sessel, knab= berte Kekse und verstreute die Krümel über den ganzen Schreib= tisch. Ich setzte mich an meinen Schreib' tisch' und rief Jane Geer in ihrem Büro an. »Hier Archie«, meldete ich mich. Sie fauchte: »Welcher Archie-eh?« »Oh, seien Sie nicht gleich unge= mütlich! Immerhin haben wir Ihnen die Polizei nicht auf den Hals ge= hetzt. Nero Wolfe möchte Sie se= hen.« »Möchte er das? Ha, ha. Bisher benahm er sich aber nicht danach.« »Er hat es sich anders überlegt. Ich zeigte ihm ein Bild von Elsa Max=
well und sagte, das wären Sie. Jetzt will er nicht einmal mehr erlauben, daß ich Sie in einem Taxi abhole.« »Das erlaube ich auch nicht.« »Gut. Aber Sie kommen? Seien Sie um sechs Uhr da, und Sie werden bestimmt empfangen. In Ord° nung?« Sie sagte zu. Ich führte noch ein paar Telefon' gespräche und erledigte einige an» dere Arbeiten. Dabei fiel mir ein irritierendes Geräusch immer mehr auf die Nerven. Schließlich fragte ich den Mann in Wolfes Sessel: »Was für Kekse essen Sie denn da?« »Gingersnaps.« Anscheinend war das heisere Gekrächze seine nor= male Stimme. »Oh. Ich wußte gar nicht, daß wir Gingersnaps im Hause haben.« »Hatten wir auch nicht. Ich fragte Fritz. Er schien Gingersnaps über» haupt nicht zu kennen. Deshalb ging ich zur Neunten Avenue hin» über und kaufte mir welche.« »Wann? Heute früh?« »Ja. Eben vor einem Weilchen.« Ich nahm den Telefonhörer, ver= band mich mit dem Gewächshaus und sagte, nachdem Wolfe sich ge= meldet hatte: »Mr. H. H. Hackett knabbert Gingersnaps. Eben vor
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einem Weilchen ist er zur Neunten Avenue spaziert, um sich diese Gingersnaps zu kaufen. Wenn er das Haus ganz nach eigenem Be= lieben verläßt und wieder betritt welche Gegenleistung bekommen wir dann eigentlich für unsere hun= dert Dollar pro Tag?« Wolfe drückte sich sehr präzise aus. Ich hörte es mir an, legte auf und drückte mich ebenfalls sehr präzise aus. Hackett durfte verein» barungsgemäß das Haus nur ver« lassen/wenn er von Wolfe oder von mir die Genehmigung dazu erhal« ten hatte. Das brachte ich ihm in Erinnerung. Er schien nicht beson' ders beeindruckt. »Schon gut«, krächzte er, »wenn das so ist, werde ich die Abma» chung einhalten. Aber die Abma= chung hat zwei Seiten. Es ist ver» einbart, daß ich täglich im voraus bezahlt werde. Und für heute habe ich noch nichts bekommen. Hun= dert Dollar netto, bitte. «Er streckte eine unglaublich dicke Hand aus. Ich entrahm der Spesentasche fünf Zwanzigdollarnoten und gab sie ihm. »Ich muß gestehen«, bemerkte er, während er die Banknoten faltete und in seine Brieftasche schob, »daß dies eine großzügige Bezahlung für 50
so geringfügige Arbeit ist. Aller" dings ist mir klar, daß ich vielleicht einmal - äh - ganz plötzlich und unerwartet allerhand dafür leisten muß.« Er lehnte sich ein wenig nach vorn. »Aber ich möchte Ihnen anvertrauen, Archie, daß ich nicht damit rechne. Ich bin Sanguiniker von Natur.« »Sicher«, brummte ich. »Ich auch.« Dann öffnete ich die Schublade meines Schreibtisches, in der die Schußwaffen verwahrt werden, holte mein Schulterhalfter heraus und wählte von den drei Schieß» eisen meine eigene Pistole; die bei= den anderen Schießeisen gehören Wolfe. Im Magazin meiner Pistole steckten nur drei Patronen; ich zog die Schublade etwas weiter auf und entnahm der Patronenschachtel vier Patronen, um das Magazin zu füllen. Nachdem ich das Halfter angelegt und die Pistole darin untergebracht hatte, warf ich zufällig einen Blick auf Hackett und sah, daß er ein ganz verändertes Gesicht zeigte seine Lippen waren zusammenge= kniff en, in seinen Augen lag einun« mißverständlicher Ausdruck wach« samer Furcht. »Hab' das bisher nie bedacht«, krächzte er, und ich merkte, daß
Der Doppelgänger auch sein Tonfall verändert war. »Dieser Mr. Wolfe ist wohl eine große Nummer, und Sie sind sein Mann. Ich habe den Job in dem Glauben übernommen, daß plötz= lieh jemand auftauchen, mich für Mr. Wolfe halten und versuchen könnte, mich über den Haufen zu schießen. Aber ich habe nur Mr. Wolfes Wort, daß die Situation wirklich so ist. Sollten die Dinge anders liegen, vielleicht so, daß Sie die Absicht hegen, mich eigenhän= dig zu erschießen - dann möchte ich allerdings betonen, daß dies nicht fair wäre.« Ich lächelte ihm zu und erkannte, daß es ein Fehler gewesen war, in seiner Gegenwart mit der Pistole herumzuspielen. Der Anblick der Waffe und der Patronen hatte ihm Furcht eingeflößt. »Hören Sie«, sagte ich ernst, »vor wenigen Minuten erklärten Sie, daß Sie nichts Ernstliches befürch= ten. Vielleicht haben Sie recht. Ich bin eigentlich auch der Meinung, daß Ihnen keine Gefahr droht. Für den Fall aber, daß doch jemand eine Dummheit versuchen sollte, habe ich hier dieses nette kleine Ding bereit.« Ich klopfte mit der flachen rechten Hand vertrauener" weckend auf die Stelle, an der das
Schulterhalfter saß. »Und zwar zu doppeltem Zweck bereit! Erstens, um zu verhindern, daß Ihnen ein Leid geschieht. Zweitens, falls Ihnen doch ein Leid geschieht, detti Täter ein noch größeres Leid zuzufügen.« Dies schien ihn zu beruhigen, denn seine Züge entspannten sich wie» der. Mit den Gingersnaps beschär» tigte er sich allerdings nicht mehr. Soviel hatte ich immerhin ers reicht ... Um die Wahrheit zu sagen - als der Nachmittag vorüber war und ich H. H. Hackett nach unserer Spazierfahrt wieder glücklich im Hause hatte, bedurfte es solcher Kleinigkeiten wie der Gingersnaps und seiner Gewohnheit, mich Ar» chie zu nennen, um zu verhindern, daß ich eine Art Bewunderung für ihn empfand. Auf unserem ausgedehnten Trip hatten wir das Metropolitan Mu= seum, den Botanischen Garten und drei oder vier Geschäfte besucht. Im Auto hatte H. H. Hackett, ge= nau wie sonst Wolfe, wuchtig und pompös auf einem der Fondsitze gesessen, aber weit mehr Interesse für den Anblick aller möglichen Dinge gezeigt, als Wolfe dies zu 51
Rex Stout tun pflegte. Doch wenn wir irgend» wo anhielten, ausstiegen und den Gehsteig überquerten, war er groß= artig; er hastete nicht, und er trö= delte nicht, sondern schritt würde= voll, wie es einem reputierlichen Mann von zweihundertsechzig Pfund geziemt. Mit Wolfes Hut, Mantel und Spazierstock hätte er sogar mich täuschen können. Ich mußte zugeben, daß er sich tadellos verhielt. Dennoch wollte mir die Sache mit dem Double nicht gefal= len; ich hielt sie für den größten Blödsinn, den Wolfe bisher ausge= heckt hatte. Nach Hause zurückgekehrt, steuer= te ich H. H. Hackett ins Büro und ging in die Küche, wo Wolfe am großen Tisch saß und Bier trank. Ich markierte Haltung und be= richtete im Rapportton: »Ohne Zwischenfälle von befohlener Un= ternehmung zurück. Nichts Ver= dächtiges beobachtet. Versuchs» person hat sich an Drehtür bei Rustermans unbedeutende Prel= lung des linken Ellbogens zuge= zogen, ist aber sonst wohlauf.« Wolfe, der meine militärischen Mätzchen nicht schätzte, warf mir einen mißbilligenden Blick zu und brummte; »Wie hat er sich benom= men ter da sitzen konnte. Er würde ir= gend etwas Verrücktes tun, wenn er wieder warten mußte. Nach kur= zem Zögern nahm er seinen Hut und folgte dem Doktor in den Hof hinaus, wo ein Ambulanzwagen wartete. »Mr. Calhoun kommt mit«, sagte Dr. Minacom beim Einsteigen zu dem Fahrer. »Fahren wir, Eddie.« Auf dem Vordersitz gegen den Doktor gedrängt, wurde es Cal= houn sofort klar, daß er lieber nicht hätte mitfahren sollen. An= genommen, sie telefonierten in diesem Moment, und er wäre nicht da. Angenommen, Ellen verlangte ihn zu sehen, und sie müßten ihr sagen, er sei fortgegangen, er habe — Die Fünfminutenfahrt schien kein Ende zu nehmen. Sobald Eddie den Wagen an der Bordschwelle stopp» te, war Calhoun als erster draußen - um diese Sache so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. »Dreiunddreißig«, sagte Minacom mit einem forschenden Blick auf die Reihe der billigen Wohnhäuser
Cop Calhouns dienstfreie Nacht vor ihnen, »das ist dieses zweite dort, mit den Mülltonnen davor. Sagten sie, was los ist?« »Nein«, erwiderte der Fahrer, »ich bekam nur die Adresse.« Es war eine düstere Straße, erfüllt von schweren Schatten. Calhoun folgte ihnen um die Mülltonnen herum in einen verwahrlosten Hausflur und eine hölzerne Treppe hinauf. Auf dem ersten Treppen» absatz schaute Minacorn umher. »Kein Name angegeben, Eddie? Diese Leute denken nie -« Kopf und Oberkörper eines Jun= gen erschienen an dem Geländer über ihnen. »Hier oben ist es«, sagte der Junge. »Noch eine Treppe, Mister.« Minacorn eilte mit flinken Beinen hinauf. »Und was ist los?« fragte er. »Wer ist krank?« »Pietro«, antwortete der Junge und blickte aus dunklen Augen zwi= sehen ihnen hin und her. »Er wohnt bei meiner Mutter. Er ist da drin= nen, hinter dieser Tür.« Eine grauhaarige Frau mit einen! Schal um die Schultern, die aus einer anderen Tür aufgetaucht war, sprach in ratterndem Italienisch auf den Jungen ein. Der Junge blickte zu ihnen empor und leckte sich die Lippen,
»Sie sagt, sie will ihn nicht mehr hier haben. Sie hat Angst vor ihm. Sie sagt. Sie müssen ihn fortbrin» gen.« »Zuerst sehen wir ihn uns mal an.« Minacorn näherte sich der Tür, die der Junge bezeichnet hatte. »Da drinnen ist er, sagtest du?« »Vorsicht, Mister!« warnte der Junge. Die Frau begann wieder auf italie» nisch zu rattern; ihre Stimme war schrill. »Schweigen Sie!« sagte Minacorn scharf und mit einer entsprechens den Handbewegung. »Wir tun ihm nicht weh.« Er riß die Tür auf. Über Minacorns Schulter hinweg sah Calhoun in der hellerleuchteten Küche einen Mann stehen, der ihnen entgegenstarrte - einen ma= geren, großen Mann mit wirrem schwarzem Haar und glitzernden schwarzen Augen, aus denen der Wahnsinn leuchtete. Er hielt ein Gewehr in den Händen. »Was, zum Teufel -«, keuchte Eddie, sprang zur Seite und warf die Tür zu, unmittelbar bevor der Mann feuerte. Dr. Minacorn, der bereits einen Schritt weit in der Küche war, hatte keine Chance, wieder herauszu= kommen. Er konnte sich nur noch 85
Thomas Waish vor der Kugel ducken, die dicht die Mutter gepreßt; sein kleines über seinem Kopf durch die Rauh» Gesicht war weiß wie Papier, glasscheibe der oberen Türhälfte Calhoun sah einen Moment zu ihm pfiff. Calhoun hatte Minacoms hinab, dann blickte er den Fahrer Schatten über die Rauhglasscheibe an. »Irgendwer muß da hineinge= huschen sehen; im nächsten Mo» hen«, knurrte er. ment erlosch das Licht in der »Ich nicht«, keuchte Eddie und ging Küdhe. rückwärts zwei oder drei Stufen die Flach gegen die Wand gedrückt, Treppe hinab. »Ich nicht. Für so starrte Eddie aus schreckgeweiteten etwas muß ein Überfallkommando Augen auf Calhoun. Der Junge und her. Ich habe sein Gewehr gese= seine Mutter standen zusammen» hen.« geduckt zwischen ihnen und hiel» Calhoun rieb sich das Kinn und ten sich umarmt. Die Stimme des schaute umher. Aus den meisten schwarzhaarigen Mannes kreischte Türen des Etagenflurs spähten ver° irr aus der dunklen Küche. ängstigte Gesichter, oben und un= »Er ist verrückt«, wisperte der ten auf den Treppenpodesten Junge. »Er war die ganze Woche drängten sich fluchtbereite Gestal= seltsam und zeigte mir Löcher in ten in Nachtgewändem. Aus der der hölzernen Balkonbrüstung - Küche ertönte noch immer die von den Kugeln, die seine Feinde Stimme des Verrückten. auf ihn geschossen hätten. Heute »Was sagt er jetzt?« fragte Cal" abend, als er plötzlich mit einem houn. Gewehr herumhantierte, bekam Der Junge lauschte zitternd. »Er Mama Angst. Ich mußte Sie anru» sagt, er weiß, wer er ist und er wird ihn umbringen. Er sagt, er fen.« Jenseits der Tür sagte Dr. Mina= soll sich hinknien.« corn etwas, aber seine Stimme war Calhoun sah zu der Tür, aus der so leise und unsicher, daß Calhoun die Frau gekommen war - sie führ« die Worte nicht verstand. Sofort te in ein neben der Küche gelegenes antwortete der andere Mann mit schmales Zimmer mit einem Tisch, auf dem eine Lampe brannte; am grellem Italienisch. »Jetzt sagt er, er wird ihn umbrin= Ende des Zimmers war eine halb gen«, flüsterte der Junge, eng an geöffnete Tür, die in einen unbe° 86
Cop Calhouns dienstfreie Nadit leuchteten Korridor zu münden tür passieren, und dabei würde die schien; gewiß gab es im Zimmer verwünschte Tischlampe seinen noch eine weitere Tür zur Küche, Schatten auf der Rauhglasscheibe aber das konnte Calhoun von dort, erscheinen lassen. Hinter der Lampe wo er stand, nicht erkennen. Ohne konnte er nicht vorbeigehen, denn einen klaren Plan zu haben, nä" der vermeintliche Tisch, auf dem sie stand, war in Wirklichkeit eine herte er sich der Zimmertür. »Machen Sie hier draußen Lärm, an die Wand gerückte Kommode. soviel Sie können, damit er mich Er hätte die Lampe ausschalten nicht hört«, raunte er über die können, gewiß. Doch das wäre dem Schulter zu Eddie. »Ich will versu" Wahnsinnigen in der Küche be» chen, von einer anderen Seite in stimmt nicht entgangen - ebenso» gut hätte er anklopfen und fragen die Küche zu kommen.« »Die Küche hat drei Türen«, jappte können, ob er eintreten dürfe. der Junge atemlos, »die zweite ist Nein, die Lampe konnte er nicht dort im Zimmer, die dritte hinten berühren; er mußte sie brennen lassen, wenn er in die Küche ge= im Korridor.« Eddie begann auf den Treppenstu» langen wollte, ehe der irrsinnige fen herumzustampfen, laut zu re- Pietro merkte, daß er kam. den und in die Hände zu klatschen. Auf Händen und Knien kroch er Calhoun erreichte das Zimmer und an der Lampe vorbei und erreichte fand bestätigt, was er nach den den Korridor jenseits des Zimmers. Worten des Jungen vermutet hatte Die Tür zwischen Korridor und - der Tisch mit der brennenden Küche, ebenfalls mit einer Rauh= Lampe befand sich genau gegen» glasscheibe versehen, die hinab bis über der zweiten Küchentür, und ins unterste Türdrittel reichte, war die Rauhglasscheibe dieser Tür nur angelehnt. reichte bis ins unterste Türdrittel Dicht hinter dieser Tür stehend, hinab. konnte Calhoun in der Küche nicht Er hatte sich für die Benutzung der viel mehr wahrnehmen als bläu= dritten Küchentür entschieden, der liehe Dunkelheit, geradeaus und Tür zwischen Küche und Korridor; auf der rechten Seite ein wenig auf= aber um dorthin zu kommen, muß» geheilt durch das matte Licht, das te er zunächst die zweite Küchen» durch die Türen zum Treppenflur 87
Thomas Waish und zum nebenanliegenden Zim» mer fiel. Von Doc Minacorn und Pietro war nichts zu sehen. Aber die Stimme des Wahnsinnigen verriet seinen ungefähren Stand» ort. Hätte man Calhoun in diesem Mo= ment gefragt, weshalb er eigentlich in die Küche wollte, wäre er wahr» scheinlich nicht imstande gewesen, eine logisch begründete Antwort zu geben. Irgend jemand, würde er vielleicht gesagt haben, mußte ja dort hineingehen. Und wer könnte es versuchen, wenn nicht er? Die» ser Eddie? Calhoun wußte, daß es an ihm war und an keinem ande» ren. Er versuchte in die Küche zu kommen, genauso wie Dr. Mina= corn nach dem Handgelenk eines Patienten gefaßt haben würde, um den Puls zu fühlen. Nicht nur des» wegen, weil er ein Cop war, und ganz bestimmt nicht deswegen, weil es sich um Dr. Minacorn han= delte, der da drinnen in Nöten war - Calhoun hätte es auch für einen völlig fremden Mann versucht. Das einzige, worüber er sich im Moment Gedanken machte, war die Frage, ob der wahnsinnige Pietro nicht etwa doch ahnte oder gemerkt hatte, daß er kam, und nun versuchte, ihn in eine Falle zu 88
locken. Aber die Antwort auf diese Frage konnte er nur finden, indem er weiterging. Behutsam machte er sich daran, die angelehnte Tür zu öffnen. Seine Augen, inzwischen an die Dunkel= heit gewöhnt, begannen Gegen= stände in der Küche zu unterschei= den - einen Stuhl, einen Tisch, dann eine Gestalt mit einem Köf= ferchen in der Hand. Und die wei= ßen Hosenbeine unter dem dünke len Mantel verrieten, daß es Dr. Minacorn war. Aus der Art, wie Minacorn den Kopf hielt, konnte Calhoun schlie= ßen, wo der Wahnsinnige stand irgendwo rechts neben der Tür zum Durchgangszimmer, wahr= scheinlich bis in die äußerste Ecke der Küche zurückgezogen. Da wür» den also drei bis dreieinhalb Me= ter zu überwinden sein, und es müßte verdammt schnell geschehen; aber Calhoun glaubte, er könnte es scharfen. Selbst Minacorn hatte ihn noch nicht bemerkt; Minacorn stand neben dem Tisch, steif und reglos, als wäre er zu Stein er= starrt. »Nun hören Sie doch«, sagte er mit einer Stimme, die sich trotz al° ler Anstrengung nicht ruhig halten ließ, »ich bin gekommen, um Ihnen
Cop Calhouns dienstfreie Nacht zu helfen. Ich bin Arzt. Versuchen Sie, das zu verstehen - ja? Ich bin nicht Ihr Feind. Ich will Ihnen nichts zuleide tun. Wenn Sie nur einfach versuchen wollten zu ver= stehen -« Seine Worte erreichten den Wahn= sinnigen nicht. Dr. Minacorn sah das und empfand furchtbare Angst; seine bleichen Wangen hoben sich deutlich aus der Dunkelheit ab, deutlicher beinah, als die schwa= chenLichtreflexe auf seinen Brillen= gläsern. Oft zuvor hatte er den Tod gesehen, ohne ihn jemals für etwas allzu Wichtiges oder beson= ders Schreckliches zu halten. Wenn Männer oder Frauen, deren Namen er kaum kannte, in dieser oder je= ner Station des Hospitals starben, taten sie ihm natürlich leid. Aber was hatte das mit ihm zu tun, dem jungen kerngesunden Dr. med. Kevin S. Minacorn, der eben am Anfang einer erfolgverheißenden Laufbahn stand und den besten Teil des Lebens noch vor sich hatte? Was ging es ihn an? Irgendwann, in weit entfernter Zukunft, würde allerdings auch seine Stunde schla= gen - das war unvermeidlich, selbst für ihn. Na und, hatte er gedacht, der junge Dr. Minacorn mit seiner verheißungsvollen Zukunft, bis da»
hin bleibt noch eine halbe Ewig= keit, und was macht es mir dann? Doch jetzt, da die halbe Ewigkeit so erschreckend zusammenge» schrumpft schien, machte es einen großen Unterschied. Hinten, in der dunkelsten Ecke der Küche, konnte er das Gesicht des Wahnsinnigen sehen, der ihn belauerte wie ein mörderisches Tier - er konnte die Umrisse dieses Gesichtes sehen, lang und fahl, und die Augen, die selbst in dieser Finsternis noch glitzerten. Aber am klarsten von allem, am schärfsten von allem, konnte er das Gewehr sehen. Und er, der junge Dr. Minacorn, wünschte nicht auf solche Art zu sterben - blöd und närrisch, ohne den geringsten Sinn; es gab so viele Dinge, die er noch zu erledi» gen hatte. Irgendwann, natürlich, irgendwann einmal mußte der Tod kommen. Aber nicht jetzt, nicht jetzt! Weshalb überhaupt gerade jetzt? Er war doch dieses Mannes Freund, er wollte ihm doch helfen. »Nun hören Sie doch, versuchen Sie doch zu verstehen -« Er wagte nicht, sich zu bewegen, nicht einmal seine Arme; er wußte, daß der Wahnsinnige sofort auf ihn schießen würde, wenn er nur die geringste Bewegung machte.
Thomas Waish Vielleicht bloß noch ein paar Se= zuständige Streifenpolizist oder künden/ und er wäre tot. Niemand sonst jemand, der ihm wenigstens würde ihm helfen - weder Eddie ein bißchen helfen würde? Ja, ver» noch Calhoun, noch sonst irgend" dämmt -• warum sollte er nicht ein" wer. Weshalb sollten sie? Wenn er fach abwarten, wie sich Minacom draußen wäre/ würde er auch nicht aus der Affäre zöge? Was ging es hereinkommen. Aber Schmach und ihn überhaupt an? Nicht mal leiden Schande über sie, weil sie ihn im konnte er diesen Burschen. Stich ließen, dachte er unlogisch; Aber diese Gedanken schlugen oh, Schmach und Schande über sie! keine Wurzeln in seinem Sinn. Er war der gutgläubige Narr gewe" Hier durfte keine Zeit mehr ver» sen; er war als erster hineingegane schwendet werden; er mußte sich gen und in die Falle geraten. beeilen, daß er ins Hospital zurückCalhoun sah ihn dastehen und käme. Vielleicht war das Kind jetzt lautlos die Lippen bewegen. Was schon da - sein Kind. versuchte er zu sagen? Calhoun Sein Kind. Eine merkwürdige Vor° Stellung. Irgendwie unbegreiflich. konnte es nicht ausmachen. Calhoun bereitete sich auf den An« Calhoun fuhr mit der Zungenspitze griff vor, einen sehr vehementen über seine trockenen Lippen und Ansturm über zwei oder dreiein» schob sich wieder einen Zentimeter halb Meter Distanz, den er übri= weiter durch die offene Tür. Sein gens nicht als eine Sache empfand, Kind! für die er bezahlt wurde. Nicht weil Vielleicht war es dieser Gedanke, er ein Cop war, würde er sich auf der ihn zurückgehalten hatte, aber den Wahnsinnigen stürzen, son= nur für einen Moment. In Wirk" dem weil es von Jugend auf irgend lichkeit wußte er die ganze Zeit, etwas in ihm gab, das ihn dazu was er zu tun hatte. Da hinten in zwang, anderen zu helfen - das= der Küchenecke war ein verrückter selbe Gefühl vielleicht, das ihn ver= Mann, der vielleicht schon in der nächsten Sekunde einen anderen anlaßt hatte, ein Cop zu werden. Doch etwas hielt ihn zurück. Er Mann töten konnte. Calhoun mußte fragte sich, warum er nicht stehen» ihn aufhalten. bleiben könne, wo er stand, bis das So sprang er vollends durch die Überfallkommando käme oder der Tür und vergewisserte sich im 90
Cop Calhouns dienstfreie Nacht Sprung, wo Pietro tatsächlich stand. Minacorn sah ihn, und Pietro sah ihn auch. Das Gewehr schwang zu Calhoun herum, als er herange= stürzt kam, geduckt und mit halb ausgebreiteten Armen wie ein Rug= byspieler, der sich ins Gedränge stürzen will. Aber der Wahnsinnige schwenkte das Gewehr nur ein kleines Stück herum, und dann drückte er zwei= mal auf den Abzug. Fast im selben Sekundenbruchteil war Minacorn neben ihm, schlug ihn mit seinem wild geschwunge= nen Köfferchen nieder, riß das Ge= wehr an sich und schmetterte ihm den Gewehrkolben mehrmals ge= gen den Kopf. »Eddie«, schrie er mit einer Stimme, so schrill wie die Stimme einer hysterischen Frau, »Eddie.« Der Wahnsinnige war zusammen' gebrochen und rührte sich nicht. Nach einem Weilchen kam Eddie sehr vorsichtig herein und knipste das Licht an. Dr. Minacorn saß auf einem Stuhl, und die Muskeln sei= ner Beine zuckten und hüpften, als wären sie auf eigene Art lebendig geworden. Calhoun lag reglos da, ausgelöscht wie von einem letzten stillen Zau= ber, mit friedlichem Gesicht.
»Ist er -«, fragte Eddie heiser. »Tot«, sagte Dr. Minacorn. Seine Stimme klang jetzt wieder forsch, und er wußte, daß er sich in einer Minute vollständig erholt haben würde. Denn es war nicht jetzt, sondern irgendwann in femer Zu» kunft, in so ferner Zukunft, daß es ein ganz anderer Minacorn sein würde, dem die Einsicht käme - ein alter Minacorn, philosophisch und müde geworden. Er saß da und starrte auf den reg= losen Calhoun. Er war so glücklich, noch zu leben, daß er sich nicht be» wegen konnte. Der Tod war wie= der fern, unpersönlich. Morgen würde er nie Angst gehabt haben. Sogar jetzt schon fing er an zu den» ken, daß es gar nicht mal so schlimm gewesen wäre. Calhoun konnte nicht das geringste gespürt haben. NurAls die knochendürre Schwester sah, daß der Warteraum leer war, ging sie hinüber zu Miss Biddles Schreibtisch. »Wo ist dieser große Bursche?« fragte sie. »Calhoun?« Miss Biddle stand auf und streckte sich; es versprach eine lange Nacht zu werden. »Sie meinen den Cop, den legali= 91
Thomas Waish gierten Gangster? Er ist mit Windy Minac weggefahren.« »Ah, ein Cop ist er«, sagte die kno= chendürre Schwester. »Wissen Sie - eigentlich sieht er auch so aus.« »Ja, groß und dumm«, gähnte Miss Biddle, »und doch irgendwie ganz nett. Sie hätten den Vortrag hören sollen, den Windy mir über Cops gehalten hat. Kann mich kaum
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noch zur Hälfte daran erinnern.« »Wer kann das schon bei Windys Vorträgen?« äußerte die knochen= dürre Schwester. »Ach so, ja - ]'e= derzeit nach drei Uhr können Sie diesen Calhoun hinaufschicken. Seine Frau hat einen Jungen. Ich glaube, er wird ihn sehen wollen.« »Das glaube ich auch«, sagte Miss Biddle...
Anthony Boudier
Ein Fall für kluge Leute
»Kein Gelehrter kann Anspruch auf absolute Vollkommenheit erheben; aber jede wissenschaftliche Arbeit muß so vollkommen wie möglich sein; jegliche Auslassung verfüg' barer Tatsachen, sei es durch man' gelnde Sorgfalt, durch unzuläng' liehe Forschung oder (am verdam' menswerlesten von allem!) aus per' sonlichen Gründen — zum Beispiel, weil diese oder jene Talsache im Widerspruch zur eigenen Theorie stehen würde - ist schmählichste Sünde gegen das Prinzip der Wis" senschaft...« Solcher Art waren meine Gedan= ken, als ich an der vorvorletzten Fassung meines Werkes Mörde= rische Neigungen bei außergewöhn' lieh Begabten - eine Studie über Mordtaten, begangen von Künst= lern und Gelehrten feilte.
Man schrieb den 21. Oktober 1951; der Schauplatz war mein Studiers zimmer im Universitätsgelände von Wortley Hall. Meine Gedankengänge schienen un= widerleglich: Morde waren verübt worden von überragenden Gelehr= ten (man braucht nur an den Har= vard=Professor Webster zu den» ken) und von bewunderungswür» digen Künstlern (Francois Villon kommt einem als erster in den Sinn). In keinem der zahllosen Fälle jedoch war bislang der Anlaß zur Tat mit der außergewöhnlichen Begabung des Täters in Beziehung gesetzt worden; meine Studie über die Beziehungen mörderischer Nei= gungen zu außerordentlichen Fä= higkeiten wissenschaftlicher oder künstlerischer Art legte, hierbei be= sten wissenschaftlichen Traditionen 95
Anthony Boudier folgend, auf annähernd zweihun= dertfünfzig Schreibmaschinenseiten eindeutig dar, daß de facto keine derartigen Beziehungen bestanden. Punktum.,. Nun geschah es, daß ein gewisser Stuart Danvers mein Studierzim» mer betrat. »Professor Jordan?« fragteer. Seine Aussprache war verwaschen; ich bemerkte befremdet, daß er leicht hin und her schwankte. »Las da im Atlantik Monthly Ihren Beitrag über Villon -«, es klang wie Vil= lain, »und sagte zu mir selbst: >Das ist der Bursche, der dir helfen wird, Stuart Danvers !Ha, mir scheint, ich habe ihn getroff enJaja, Leutnant vorchtes Jahr, da hab' ich mir doch so 'ne kleine Motorsäge jekauft. Un mit der bin ich nu immer rum zu den Camps. Sind doch ville Leute da, wo Feuerholz jeschnitten haben wollen. War auch bei Missis Jrosswalk jewesen. Die brauchte kein Schnittholz. War aber freund" lieh und nett und brachte mir was zum Trinken raus.< Ich warf die Frage ein, wann das gewesen 274
wäre. >Naso irjend» wann um den Siebzehnten nun, jlaube ich - irjendwann um den Siebzehnten rum.< Das war nämlich ein Punkt, bei dem wir vorsichtig zu sein hatten - wir durften das Datum nicht auf den Tag genau festlegen lassen. >Was denn, um den Siebzehnten rum?< sagte ich zu dem vermeint« liehen Motorsägenbesitzer. >Da muß sie doch schon eine Woche oder noch länger tot gewesen sein! Irren Sie sich da nicht mit dem Datum, Boy?< Er schüttelte bedächtig den Kopf und erklärte: >Nein, Leutnant - es war um den Siebzehnten rum! Und von wejen tot — da war sie nicht tot! Höchst lebendig war sie da! Und ich hab ihr nich etwa verkannt. Ich kannte ihr doch, hatte ihr früher schon im Dorf jesehen - so 'ne rundliche, freundliche Frau mit blondem Haar. Nein, nein, das war um den Siebzehnten rum, und da lebte sie noch! Aber wissen Sie was, Leutnant - ich kann ja mal jehen und mein Rech» nungsbuch holen. Da steht's drin, wann ich im Camp beim Bären» tatzensee jewesen bin. Und das war um den Siebzehnten rum!Hallo, stimmt irgend et= was nicht?< Ich glaube, ich antwor= tete:>KommenSie nur ganz schnell herauf. Etwas Schreckliches ist pas= siert.< Er erwiderte nichts, sondern
Das verschlossene Zimmer eilte an mir vorbei die Treppe hin= auf und durch die Bibliothek ins Arbeitszimmer. Ich folgte ihm auf den Fersen. Nachdem er Mr. Seton untersucht hatte, erklärte er, es handle sich um einen mehrfachen Schädelbruch, hervorgerufen durch einige wuchtige Schläge. Ich fragte, ob ich nach einer Ambulanz tele» fonieren solle. Aber er sagte, Mr. Seton dürfe nicht viel bewegt wer= den und wir müßten sehen, daß wir ihn hier im Haus in sein eige= nes Bett schafften. Als wir ihn zu seinem Schlafzim» mer trugen, fielen ihm einige Sa= chen aus den Taschen. Der Schlüs= sei zum Safe, den er stets an der anderen Seite seiner Uhrkette trug, war nicht vorhanden. Den Rest kennen Sie. Der Safe war beraubt worden. Nicht nur das Geld fehlte, sondern auch die bei» den wertvollen Folianten, mit de= nen er jenen alten Büchersammler in Beverly Hills neidisch machen wollte. Anscheinend ein ganz kla= rer Fall - die Leiter vor dem einen Fenster, verregnete Fußspuren in dem Blumenbeet am unteren Ende der Leiter. Ein Einbruch. Es mußte ein Einbruch gewesen sein. Nur-«, Iris hielt inne und räusperte sich, »nur, daß merkwürdigerweise beide
Fenster von innen verriegelt wa= ren.« Dr. Fell brummte. Irgend etwas an dieser Geschichte interessierte ihn sehr. Er hob den Kopf und wechselte einen Blick mit Superintendent Hadley. »Beide Fenster«, knurrte er, »wa= ren also von innen verriegelt. Des» sen sind Sie sicher - eh?« »Absolut.« »Sie könnten sich nicht geirrt ha° ben?« »Ich wünschte nur, es wäre so«, sagte Iris hilflos. »Und Sie wissen ja, was man bei Scotland Yard denkt. Man denkt, Harold Mills und ich hätten Mr. Seton über» fallen und ihm den Schädel ein= geschlagen . . . Es ist so furcht' bar einfach, diese Vorstellung. Harold Mills und ich waren mit Mr. Seton allein im Haus. Wir saßen vor der einzigen Tür zu seinem Arbeitszimmer. Beide Fenster des Arbeitszimmers waren von innen verriegelt. Abgesehen von der Leiter vor einem dieser Fenster gab es keinerlei Anzeichen für einen möglichen Eindringling, und wie hätte ein Eindringling durch diese Fenster entkommen sollen, die sich nur von innen ver= riegeln lassen? Nun, demnach 289
John Dickson Carr konnte es einfach niemand anders gewesen sein als wir beide. Nur waren wir es nicht. Mehr kann ich nicht sagen.« Dr. Fell machte die Augen auf. »Aber, meine werte junge Lady«, widersprach er und pustete dabei Funken aus seiner Zigarre wie ein kleiner Vulkan, »was immer man bei Scotland Yard von Ihnen den= ken mag — ich nehme an, man glaubt nicht, daß Sie verrückt spie= len? Gesetzt den Fall, Sie und Mills hätten diesen Einbruch vor» getäuscht? Gesetzt den Fall, Sie beide hätten die Leiter unter das Fenster gestellt? Würden Sie und Mills dann beschwören wollen, die Fenster seien von innen verriegelt gewesen? Wenn Sie dies täten, würden Sie nur beweisen, daß der andere Teil Ihrer Geschichte nicht wahr sein kann.« »Ich sagte vorhin«, entgegnete Iris mit fester Stimme, »daß ich etwas bemerkt habe, was ich immer wie» der beschwören würde, bis Sie es mir glauben. Und dieses Etwas war -« »Einen Moment bitte«, unterbrach Superintendent Hadley; er war ge= schlagen und wußte es, aber er war fair. »Ich will offen zu Ihnen sein, Miss Lane«, fuhr er fort. »Kurz 290
bevor Sie kamen, erzählte iADok« tor Fell, daß Mr. Seton wieder bei Bewußtsein ist. Er hat zu mir ge° sprechen. Und -« »Und?« »Mr. Seton bestätigt Ihre Ge" schichte in jeder Einzelheit«, sagte Hadley. »Er hat Sie und Harold Mills von jeglichem Verdacht be= freit, in das Verbrechen verwickelt zu sein.« Iris schwieg; ihr Gesicht wurde bleich unter der sonnengebräunten Haut. »Er sagt«, fügte Hadley nach kur= zem Schweigen hinzu, »daß er an seinem Schreibtisch saß, mit dem Gesicht zur Verbindungstür. Er schwört, daß er Sie und Mills in der Bibliothek miteinander reden hörte, obwohl er nicht verstand, was Sie redeten. Er bestätigt, daß die Fenster von innen verriegelt waren - er selbst hatte sie kurz zuvor verriegelt. Einige Minuten nach Elf glaubte er das Geräusch eines Schrittes hinter sich zu hören - eines verstohlenen Schrittes, wie er sagt. Gerade als er sich erheben wollte, traf ihn ein richtiger Schlag über den Schädel, und das war das letzte, dessen er sich erinnert. Demnach scheint es, daß Sie uns die Wahrheit gesagt haben.«
Das verschlossene Ammer »Hummff«, machte Dr. Fell. »Die Zeit ist bald vorbei«, warnte Iris starrte Hadley an. »Dann wer» Dr. Charles Woodhall, der neben de ich also nicht - werden Sie midi dem Bett stand. Die Finger seiner also nicht verhaften?« Rechten lagen an Setons Handge» »Nein, ich werde Sie nicht verhaf= lenk, aber Seton zog die Hand zu» ten«, schnappte der Superinten= rück. dent. »Tut mir leid, sagen zu müs» Hadley war geduldig. »Was ich sen, daß ich nicht sehe, wie ich noch wissen möchte, Mr. Seton/ ist überhaupt irgendwen verhaften folgendes — wann verriegelten Sie kann. Die Fenster waren von innen die beiden Fenster?« verriegelt. Die einzige Tür war be= »Sagte ich Ihnen bereits«, knurrte wacht. Niemand war im Arbeitszim= Seton. »Ungefähr zehn Minuten mer versteckt. Und doch muß, nach bevor dieser Bursche heranschlich Setons eigener Aussage, irgend je» und mich niederschlug.« mand eingedrungen sein und ihn »Aber Sie konnten keinen Blick niedergeschlagenhaben. .. Enver= auf die Person werfen, die Sie nie" flixtes Rätsel, das uns da irgend« derschlug?« wer eingebrockt hat! Ein dreimal »Nein, leider. Sonst würde ich —« verflixtes Rätsel! Und wenn Sie »Ja. Doch weshalb verriegelten Sie mir nicht glauben, kommen Sie mit die Fenster?« und sprechen Sie selbst mit Seton.« »Weil ich die Leiter vor dem redi° ten Fenster entdeckte. Konnte doch Francis Seton lebte - und starb nicht einfach Einbrecher hereinlas» beinah-mit einem gewissen Pomp. sen, nicht wahr?« Sein Schlafzimmer war im schwe- »Sie versuchten nicht herauszufin" ren, dunklen, verschnörkelten Stil den, wer die Leiter dort angelegt des Zweiten Französischen Kaiser" hatte?« reidis gehalten, mit einem gewal' »Nein, dazu hatte ich keine Zeit.« tigen Himmelbett als beherrschen' »Dennoch waren Sie ein bißchen dem Möbelstück. Er lag mit Kopf nervös?« und Schultern auf einem Berg von Während der vorangegangenen Kissen, und sein rotes, rundes Ge= Unterhaltung hatte Iris manchmal sieht glühte aus einer Art Ritter» den Eindruck gehabt, daß Seton heim von Bandagen hervor. wären nicht seine Verletzungen 291
John Dickson Carr gewesen - sich am liebsten auf die Seite gerollt, sein Gesicht in den Kissen versteckt und vor Unge= duld gestöhnt hätte. Aber die letzte Frage entfachte seinen Zorn. »Wer sagt, daß ich nervös war? Nervös! Ich, und nervös! Ich werde niemals nervös! Ich habe keine Nerven im Leib!« Er wandte sich an Dr.Woodhall undHarold Mills. »Habe ich welche?« »Sie haben eine außergewöhnlich starke Konstitution«, entgegnete Dr. Woodhall liebenswürdig. Seton schien eine Ausflucht zu wit° tern. Seine blutunterlaufenen Au= gen wanderten, ohne daß er dabei den Kopf bewegte, von Woodhall zu Mills, kehrten dann aber wie= der zu Hadley zurück. »Nun? Sonst noch etwas, das Sie wissen wollen?« »Nur noch eine Frage, Mr. Seton. Sind Sie absolut sicher, daß nie» mand im Arbeitszimmer oder im Alkoven verborgen war, ehe Sie überfallen wurden?« »Absolut sicher.« »Dann wäre es alles, Sir. Niemand verborgen, weder vorher noch nach= her. Fenster verriegelt, vorher und nachher. Ich glaube nicht an Gei= ster, und deshalb ist die Sache un= möglich.« Hadley sprach sehr ru= 292
hig. »Entschuldigen Sie, Mr. Seton, aber sind Sie sicher, daß Sie wirk» lieh überfallen wurden?« »Und entschuldigen Sie mich«, un» terbrach eine neue Stimme, droh" nend und doch irgendwie entschula digend. Dr. Fell, dessen Gegenwart nur um ein geringes weniger auffal= lend war, als die eines mittelgroßen Fesselballons, hatte seinen unbe= schreiblich verbogenen Filzhut nicht abgenommen — ein Verstoß gegen gute Sitten, der ihm normalerweise nicht unterlaufen wäre. Aber sein Wiederauftreten erfolgte mit einer Vehemenz, die unwillkürlich an den Reitenden Boten des Königs in einer Opernpersiflage denken ließ. Iris Lane konnte sich nicht er° innern, ihn während der letzten acht oder zehn Minuten gesehen zu haben. Er kam durch die offene Tür hereingestapft, in der einen Hand seinen Krückstock, in der anderen einen mit Zeitungspapier umwickelten Gegenstand. »Sir«, begann er, an Francis Setoa gewandt, »ich würde es sehr be= dauern, wenn mein Freund Hadley Sie mit seiner letzten Frage an den Rand eines Schlaganfalls gebracht haben sollte. Daher ist es nur fair, Ihnen mit aller Bestimmtheit zu
Das verschlossene Zimmer bestätigen, daß Sie überfallen wur» den und wuchtige Schläge auf den Kopf erhielten - und zwar von einer hier im Zimmer anwesenden Person. Im übrigen bin ich erfreut darüber, daß die Polizei Ihr Ar= beitszimmer seit jenem Abend ver= schlössen gehalten hat.« Tiefe Stille entstand. Dr. Fell entnahm dem Zeitungs» papier einen Sodawassersiphon und setzte ihn mit einigem Nach= druck auf den Tisch in der Mitte des Zimmers. Es war ein großer, rings mit Metallfäden umwirkter Siphon. Und Dr. Fell trat einen Schritt zu= rück. »Verwünscht, Hadley«, brummte er, »warum haben Sie mir nichts von diesem Siphon erzählt? Zehn Tage in einem geistigen Abgrund, und alles nur, weil Sie mir nichts von diesem Siphon erzählten! Da mußte erst eine junge Lady kom= men und ihn erwähnen!« »Aber ich habe Ihnen von einem Siphon erzählt«, widersprach Had= ley. »Ein dutzendmal habe ich Ihnen davon erzählt!« »Nein, nein, nein«, beharrte Dr. Fell. »Sie sagten ein Siphon. Ein Siphon ist für mich eben nichts als einer jener ganz gewöhnlichen
gläsernen Siphons, unabdingbares Attribut aller englischen Kneipen. Sie sagten nicht, daß es sich um diese besondere Art von Siphon handle.« »Aber was, zum Kuckuck, hat der Siphon überhaupt mit der Sache zu tun?« fragte Hadley. »Mr. Seton wurde nicht mit einem Siphon be= wußtlos geschlagen.« »O doch, das wurde erl« verkün= dete Dr. Fell. Es war plötzlich so sttll, daß man eine Fliege vor einem der offenen Fenster summen hörte. »Sehen Sie«, fuhr Dr. Fell emst= haft und eifrig fort, »die gewöhn» liehen Siphons bestehen aus ein= fächern Glas. Sie sind weder mit solchen über Kreuz gelegten Me» tallfäden umwirkt, noch haben sie solch ein pompös vernickeltes Kopf= teil, das sich abschrauben läßt. Mit anderen Worten - dieses hier ist ein sogenannter Heimsiphon, den man selbst mit klarem Wasser fül= len kann. Die erforderliche Koh° lensäure wird dem Wasser dann aus einer kleinen Metallkapsel zu= geführt, die Sie hier oben im Kopfs teil des Apparates sehen.« Erleuchtung zeigte sich auf Hads leys Zügen. »Ah!« schnaufte Dr. Fell. »Jetzt 295
John Dickson Carr daß die Mickey Firn genannte Be» täubungsdroge bei dem Opfer ge= nau dieselben Empfindungen her= vorruft wie ein heftiger Schlag über den Kopf - den vehementen Schmerz, das Dröhnen in den Oh" ren, die beinah sofortige Bewußt" losigkeit. Mills hatte an jenem Tag ein Dut" zend Gelegenheiten, die Droge in den Heimsiphon zu manipulie" ren. Er wußte, genauso wie Sie es wußten, Miss Lane, daß Mr. Se= ton seinen Whiskysoda, den ein" zigen des Tages, kurz nach elf Uhr abends trinken würde. Das Geld und die beiden wertvollen Folian» ten hatte er sich bereits aus dem Safe geholt, als Mr. Seton sein Nachmittagsschläfchen hielt. Die Leiter, die der Sache den Anschein verleihen sollte, als sei ein Ein= bredier am Werk gewesen, lehnte er kurz nach zehn Uhr abends un" ter das zu dieser Zeit noch offene Fenster, als er angeblich zum Hän° Dr. Fell lachte still in sich hinein, dewaschen hinuntergegangen war. als er wieder in seinem Studio saß. Dabei vergaß er übrigens die »Und Sie sehen immer noch nicht Haustür abzusperren, die Sie, Doktor Woodhall, nachher unver» klar?« fragte er. schlössen fanden. Dann brauchte »Doch«, erklärte Dr. Woodhall. er nur noch zu warten, daß es elf »Nein«, rief Iris Lane. »Der ganze Trick«, fuhr Dr. Fell Uhr würde. fort, »beruht auf der Tatsache, Kurz nach elf Uhr trank Mr. Seton
haben Sie es, Hadley - nicht wahr? Die Polizei wird routinemäßig den Restinhalt jedes Glases, jeder Fla» sehe, jeder Karaffe analysieren, die sie am Tatort findet. Einem Siphon jedoch wird sie kaum einen zweiten Gedanken schen= ken, weil am Inhalt eines norma« len Sodawassersiphons einfach nicht herummanipuliert werden kann. Am Inhalt dieses Siphons aber konnte herummanipuliert werden!« Dr. Fell ging zu dem Tischchen neben dem Bett, nahm ein dort stehendes Wasserglas, brachte es zu dem anderen Tisch, spritzte Sodawasser aus dem Siphon hin= ein, hob das Glas an seinen Mund und berührte den Inhalt vorsieh» tig mit der Zungenspitze. »Ich denke, Mr. Harold Mills«, sagte er, »Sie sollten sich lieber selbst stellen, wegen Diebstahls und versuchten Mordes.«
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Das verschlossene Zimmer
den präparierten Whiskysoda, verspürte jenen furchtbaren Kopf= schmerz, den er für einen Schlag über den Schädel hielt, stieß einen unterdrückten Schrei aus, wollte von seinem Sessel aufspringen, stürzte aber zu Boden und riß da= bei verschiedene Gegenstände mit. Da die Wirkung der Droge auf einem jähen Blutandrang zum Kopf beruht, führt sie bei einem Mann, der sowieso an zu hohem Blut" druck leidet, fast unweigerlich zu Nasenbluten, was der Sache einen realistischen Anstrich verlieh.« Dr. Fell hielt inne, um seine erlo° schene Zigarre wieder anzuzün" den. Dann blickte er zu Iris. »Mills tat nur so, als wäre die Tür verklemmt. In Wirklichkeit war sie es nicht. Durch dieses Manö= ver wollte er dem angeblichen Einbrecher Zeit verschaffen, den Safe zu plündern und zu ver= schwinden. Schließlich bekam er die Tür auf und lief mit Ihnen hin° ein. Als er Mr. Seton herumdrehte, ließ er das bleigefüllte Stück Be= senstiel aus seinem Ärmel gleiten, schob es mit dem Fuß unter Se= tons Körper und lenkte dann durch dramatische Gesten Ihre Aufmerksamkeit auf diesen Ge» genstand.
Danach befühlte er, wie Sie sich erinnern, Mr. Setons Kopf, heu» chelte Entsetzen und schickte Sie fort, um einen Arzt herbeizurue fen. Dies gab ihm Gelegenheit, für einige Minuten allein im Arbeits" zimmer zu sein und -« »Sie meinen«, unterbrach Iris, »daß er diese Gelegenheit be« nutzte, um -«, sie machte einige heftige Armbewegungen. »Ja«, bestätigte Dr. Fell. »Diese Gelegenheit benutzte er zu meh= reren wuchtigen Schlägen auf den Kopf des bewußtlosen Mannes und zu einigen anderen Dingen. Zum Beispiel nahm er den Safe» Schlüssel von Mr. Setons Uhr= kette. Ferner spülte er - für den wahrscheinlichen Fall, daß die Po= lizei sich damit befassen würde das heruntergefallene Whiskyglas im Waschraum sorgfältig ab und goß aus der unversehrt gebliebe» nen Flasche einige Tropfen härm« losen Whisky hinein. Aber er fand keine Zeit mehr, den Inhalt des Siphons zu erneuern, ehe Sie mit Doktor Woodhall ins Arbeitszim» mer zurückkehrten. Er ließ also den Siphon unberührt und sagte sich - nicht ganz zu Unrecht, wie wir wissen, daß ein Sodawasser» siphon wohl kaum das Interesse a.95
John Dickson Cass der Polizei erregen würde. Ein Taschentuch um seine Hand ver» hütete Fingerabdrücke. Aber ein unvorhersehbares Mißgeschick machte ihm einen Strich durch die schlaue Rechnung.« Dr. Woodhall nickte. »Sie meinen den Umstand«, sagte er, »daß Seton die Leiter bemerkte und daraufhin die Fenster verrie= gelte?« »Ja. Und der unselige Mr. Mills entdeckte die verriegelten Fenster erst, als es zu spät war. Miss Lane hingegen ist, wie Sie bemerkt ha= ben dürften, eine sehr umsichtige junge Lady. Sie schaute zu den Fenstern. Sie wußte, daß die Fen= ster von innen verriegelt waren. Sie war bereit, dies vor jedem Ge= rieht zu beschwören. So mußte Mills - ein schwacher, wankelmü= tiger Mensch, der höchstens dann Entschlossenheit zeigt, wenn es um das Aneignen fremden Eigen= tums geht - stillhalten und ab= warten, wie sich die Dinge ent= wickeln würden. Er konnte nicht einmal mehr an jenen verräteri= sehen Siphon gelangen, da die Po= lizei das Arbeitszimmer unter Verschluß hielt. Dennoch hatte er zunächst ein bißchen Glück. Natürlich hat 296
Francis Seton unmittelbar vor dem Überfall niemals das Geräusch eines verstohlenen Schrittes hin» ter sich gehört. Davon kann sich jeder durch einen Blick auf den dicken Teppich des Arbeitszim» mers überzeugen. Ich habe mich manchmal gefragt, ob der gute Mr. Seton in diesem Punkt viel' leicht vorsätzlich geschwindelt hat. Aber unsere kleine Unterhaltung mit ihm zeigte den wahren Grund. Seine vielgerühmte Vitalität wird diesen Mann noch umbringen sie hat ihn in einen Nervenzu» stand versetzt, der ein Jahr Erho= lung in Kalifornien wirklich wün= sehenswert macht. Sobald er die Leiter vor dem Fenster entdeckte und an Einbrecher zu denken be= gann, war er bereit, sich alles ein» zubilden.« Iris blickte aus den Augenwinkeln zu Dr. Woodhall. Woodhall, die unvermeidliche Zigarette zwischen den Lippen, sah sie an. »Ich - ich bringe es nicht eben gern zur Sprache«, sagte Iris. »Aber -« »Mills Vorschlag?« fragte Dr. FeM. liebenswürdig. »Nun, ja.« »Meine liebe junge Lady«, erklärte Dr. Fell mit ähnlich zarter Rucks
Das verschlossene Zimmer sichtnahme, wie sie eine Ladung mehr oder weniger unkritische Ziegelsteine entwickelt, die unver= Stimmung versetzt, die ihm gütige sehens durch ein Oberlichtfenster Nachsicht verschafft, falls ihm gepoltert kommt, »da erwähnen dann doch noch ein Fehler unter» Sie den einzigen Punkt, bei dem läuft. Aber können Sie wirklich Mills wirklich Geschmack bewies. sagen, es täte Ihnen leid, daß man Scharfblick. Raffinement. Ganz Harold Mills in der Grünen Minna nebenher dürfte er allerdings auch fortbrachte?« gemeint haben, daß ein Verbre» Aber Iris und Dr. Woodhall hör= eher, der Heiratsvorschläge macht, ten schon gar nicht mehr auf Dr. die betreffende Lady in eine milde, Fells Worte...
Copyright -Vermerke Rex Stout, Help Wanled, Male Copyright 1946 by Rex Stout, reprinted by pennission of the author John Dickson Carr, The Locked Room Copyright 1945 by The Anierican Mercury, Inc., reprinted by permission of A.« author George Harmon Coxe, Death Certificate Copyright 1947 by George Harmon Coxe, reprinted by permission of Brandt & Brandt Leslie Charteris, The Green Goods Man from the book »The Brighter Buccaneer«, Copyright 1953 by Leslie Charteris, renewed, reprinted by pennission of the author Anthony Boucher, A Matter of Sdiolarship Copyright 1955 by Anthony Boudier, reprinted by permission of Willis Kingslay Wtog Charlotte Armstrong, The Hedge Between Copyright 1955 by Charlotte Armstrong, included in the book »The Albatros« (Coward-McCann, Inc.), reprinted by permission of Brandt & Brandt Thomas Waish, The Night Calhoun Was Off Duty Copyright 1958 by Thomas Waish, reprinted by permission of Littauer & Wilkinson Jack London, The Master of Mystery Copyright 1902 by The Macmillan Company, renewed by Charmian K. London, reprinted by permission of Irving Shepard Hugh Pentecost, Murder Plays Through Copyright 1952 by Judson Philips, reprinted by permission of Brandt & Brandt MacKinlay Kantor, Sparrow Cop Copyright 1955 by MacKinlay Kantor, Copyright © renewed 1961 by MacKinlay Kantor, reprinted by permission of The Worid Publishing Company Rufus King, The Y-Shaped Scar Copyright 1959,1940,1941 by Rufus King, reprinted by permission of Rogers Terrill Literary Agency John D. MacDonald, I Always Get the Cuties Copyright 1954 by Mercury Publications, Inc., reprinted by permission of the author and Littauer & Wilkinson Ellery Queen, The Three Widows Copyright 1950 by Ellery Queen, reprinted by permission of the author
In gleicher Ausstattung wie der vorliegende Band erschien in der Reihe HEYNE-ANTHOLOGIEN:
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SCIENCE F1CTION STOR1ES
THE BEST FROM FANTASY AND SCIENCE F1CTION, Anthony Bouchers große Science Fiction Anthologie, hier erstmals in deutscher Sprache. Die besten Stories aus dem führenden amerikanischen SF Magazin „The Magazin of Fantasy and Science Fiction" l C. M. Kornblut Frederik Pohl Alfred Bester Theodore Sturgeon Arthur Porges Chad Oliver und Charles Beaumont Arthur C. Clarke IsaacAsimov Richard Matheson Ray Bradbury Robert Sheckley Charles Beaumont Daniel F. Galouye Ron Smith Paul Andersen Jay Williams Will Stanton P.M.Hubbard Robert Abernathy C. S. Lewis
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