Kalkofes letzte Worte
Scheiß ’95 1995 geht zu Ende – und das ist auch gut so … Endlich vorbei das doofe Jahr! Was hat...
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Kalkofes letzte Worte
Scheiß ’95 1995 geht zu Ende – und das ist auch gut so … Endlich vorbei das doofe Jahr! Was hat es denn schon Tolles gebracht? Okay, Cindy Crawford trennt sich endlich von ihrem Schmier-Gigolo Richard Gere – schön. Und hat sie sich bei mir gemeldet? Nein! Aber so sind die Frauen. Sieht man ja auch an Claudia Schiffer – fällt auf den erstbesten schleimigen Jahrmarkt-Gaukler rein, der ein paar Zaubertricks aus dem Yps-Heft kennt und ihr einen BigMac herzaubern kann. Und was gab’s sonst? Grinskopp Michi Schumacher fährt Auto wie eine gesengte Sau, streicht Kohle ein für Geschwindigkeitsübertretungen und sorgt dafür, daß der aufgerichtete Daumen nicht mehr „Alles super!“ bedeutet, sondern „Ich hab’ mein Hirn im Kofferraum vergessen!“. Fresse-Einhauer Heini Maske dreht komplett durch und fängt an, jedesmal wenn er in den Ring steigt oder aufs Scheißhaus geht, Vangelis zu spielen. Es bleibt zwar wie vorher der gleiche optische Eindruck eines Hämorrhoiden-geplagten OrangUtans im Frotteebademantel aus dem Eduscho-Shop, aber der Welt ist ein an sich putziges Musikstück auf ewig versaut. Ach ja, und dann war da ja noch diese Kreativitätsschmiede namens Fernsehen! Die ARD läßt teure Sendezeit anbrennen und verfilmt Alf Bioleks langweiligsten Mikrowellengerichte in „Bioleckemio“ – na super! Da kann ich ja gleich mit der Videokamera aufnehmen, wie mein Opa Ravioli kocht! Obwohl … immer noch spannender als das sogenannte „TV-Ereignis des Jahres“: Michael Jackson, der weiße Neger mit den tausend Nasen, haut sich bei „Wetten, daß … ?“ die Klöten wund, hampelt sich die Betroffenheit aus der Hose und geht danach auf irgendeinen Kindergeburtstag. Dazu ein kritischer „Bitte macht die Erde nicht kaputt, wo soll ich mich sonst operieren lassen?“-Song und ein gefiepstes „I love you all!“ (auf deutsch: Kauft meine Platten, ihr Wichser!), und schon steigen die Umsätze wieder. So ist heute das Musikgeschäft. Nehmen wir nur zum Beispiel die Kelly Family, jene musizierende Milbenbatterie mit Klamotten, die sie aus dem Spendensack fürs Rote Kreuz geklaut haben – gehört eigentlich vom Gesundeheitsamt unter Quarantäne gestellt, verdient aber Millionen. Sie sehen – die Welt ist nun mal ungerecht! Und das wird sich auch 1996 nicht ändern. Prost Neujahr!
Kleiner Traum vom großen Glück Jeder Mensch hat einen Wunschtraum. Egal, ob es das eigene Reihenhaus mit Reihenfamilie, der eigene Firmenscheißhausschlüssel oder das eigene Gehirn ist. Und ich habe auch so einen Traum. Ich mache mit als Kandidat beim „Glücksrad“, löse den Satz „Peter Bond hat einen kleinen Pimmel“ und gewinne dadurch den Sonderpreis von 500 Millionen D-Mark. Mit diesem Geld kaufe ich mir Maren Gilzer, die auf ewig in meiner Wohung stehen, schweigen und lächelnd auf meine Einrichtung zeigen muß. Mit der restlichen Kohle eröffne ich den ersten deutschen Volksmusiksender, der entweder HEIMAT-plus, TÜMEL-TV oder STADLSAT heißen soll. Achim Mentzel wird Programmdirektor und Moderationstrainer, Peter Graf Geschäftsführer und Carolin Reiber Klofrau. Das komplette Programm wird ausschließlich von den Mega-Granaten der Trachtenzunft bestritten. Immer zur vollen Stunde gibt es „Nachrichtenstadl“ mit Peter Steiner und ohne Zähne. Marianne und Michael präsentieren „Rummserl-Bummserl!“, ihre ganz persönliche „Explosiv“-Variante. Ab 23 Uhr gibt es Late Night, um Harald Schmidt die Quoten zu mopsen: entweder „Die-Karl-Moik-jakruzifix-ist-das-schonspät-Show“ oder „Die Wildecker Herzstunde“ (selbstverständlich in Breitwandformat). Samstagabends läuft „Na leckst mi!“ mit dem Hias – so eine Art „Wetten daß … ?“ für Heiminsassen mit lustigen Rekordversuchen (z.B.: Ich kann 2000mal mit dem Kopf auf den Tisch hauen und ohne Hose im Stadtpark Polka tanzen), und Heino moderiert ein Jugendmagazin. Für die restlichen Positionen werden nur die allerschlimmsten Vollidioten eingesetzt, die in den einschlägigen Dumpfnasen-Shows zu finden sind. Unfähigkeit ist die beste Garantie für einen Job, Schauze, Minipli und debiles Dauergrinsen für Männer die Einstellungsvoraussetzungen. Wer aussieht, als könne er die Schuhe selber zubinden oder bis 100 zählen, kann gleich zu Hause bleiben. Talent oder Auftritte unter einem gewissen Peilichkeitslevel führen zur fristlosen Kündigung! Und was mache ich die ganze Zeit? Gute Frage! Ich sitze in meinem riesigen, komfortablen Büro, trinke Grappa, zähle Geld und Quotenrekorde und lache wie ein Wahnsinniger. Und liebe das Leben.
Zum Kringeln Oh, du wunderbare Welt der Sprache! Während sich Gelehrte, Politiker und Legastheniker über die geplante Rechtschreibreform streiten und diskutieren, ob man Käfer in Zukunft mit F oder VW schreiben soll, wundert sich niemand, wie sehr sich doch ganz unbemerkt der Sinn von Worten im Laufe der Zeit verändern kann. „Geil“ z.B. war noch vor Jahren ein von der feineren Gesellschaft eher verschmähtes Adjektiv, das eine unschöne, wenngleich auch nicht unbekannte sexuelle Notdurftsituation mit Erregungspotential umschreiben sollte. Heute ist es eine harmlos-knuffige Alltagsfloskel, die nicht mal mehr der Oma des Papstes eine Schamesröte auf die Wangen zaubert, und auch der Heranwachsende wartet bei ihrer Aussprache vergeblich auf eine Ohrfeige aus Mutters liebender Hand. Mit „Tschö“ verabschiedete man sich früher nur, wenn man stark lispelte und deshalb lieber auf den letzten Konsonanten verzichten wollte oder unter enormem Zeitdruck stand. Heute will man damit sagen, das man trotz möglichen Hirnzellen-Mangels verdammt cool ist und schon mal in Köln war. Ganz ähnlich verhält es sich mit „Wellen“.Als ich noch jung war, damals im kulturellen Pleistozän, meinte dieses Wort nichts anderes als bewegtes Wasser. Etwas, das an den Strand plätscherte und wo man Kieselsteine oder alte Batterien reinwarf. Man konnte ihnen lauschen, sich dabei entspannen und zuschauen, wie sie dem Menschen eine frische Brise, Schlick oder halbverweste Seehunde an Land brachten.„Reiten“ konnte auf ihnen nur der braungebrannte Surf-Lehrer mit Genital-Goldkettchen und Drei-Tage-Brusthaar, und das auch nur, um dadurch möglichst viele Mädels für private Nachhilfestunden im heimischen Kopulationszentrum gewinnen zu können. Eine Welle machten beizeiten auch mal ein paar tausend besoffene Schalke-Fans im Stadion oder in der Schlange bei Aldi, und mancher ließ sich beim Friseur eine Dauerselbige machen, um das Haar zu kringeln. Heute sind Wellen in erster Linie eine unsichtbare Macht des fortschreitenden Kommunikationszeitalters, ein mysteriös körperloses Transportmedium, das uns Radioprogramme mit ewig gleicher Kaufhaus-lala in das Küchenradio beamt, Maren Gilzer beim Buchstabenumdrehen auf den Schirm zaubert oder uns bei anderen Leuten unwichtige Nachrichten auf Anrufbeantworter sprechen läßt. Man surft auf Datenwellen durch das Internet, klinkt sich online beim Metzger ein und ruft sich die aktuellen Jagdwurstangebote ab oder grillt über CDROM.
Die ganze Welt ist voller Wellen; es gibt welche der Empörung, der Entrüstung, der Begeisterung, Wellen, die plätschern ebenso wie jene, die überschwappen, es gab die neue deutsche oder die aus Blech, die Welle, die abebbt, und die, die das Faß zum Überlaufen bringt, und in der Bibel steht: „Deine Welle geschehe!“. Sogar die Luft ist voller Wellen, aber keiner sieht sie und keiner fühlt sie, jedenfalls nicht bewußt. Wer weiß aber, ob nicht gerade eine Ätherwelle mit dem Bild von Ilona Christensen mit Waschmittelpackung durch meine Unterhose schwappt. Kein Wunder, wenn dann die Blase drückt. Und wer ahnt schon, wieviel Handy-Benutzer mit ihrem tragbaren „Zur Zeit kein Netzaufbau möglich“-Display direkt durch meinen Kopf hindurch mit ihrer ExFrau die Anwaltstermine absprechen. Ganz ehrlich – das ist keine schöne Vorstellung.
Dieser Text ist nur gelogen Pfui Fernsehen! Was muß ich da hören? Bei Dir wird geschummelt? Okay, im Alltag kennen wir das ja, wenn die fette Schlachtersfrau mit dem ärmellosen Polyesterkittel ihre noch verbliebenen drei Finger mit in die Waagschale wirft, oder die zierliche Brünette mit der Modelfigur beim Ablegen ihres Wonder-Korsetts zur Miß Übergröße mutiert. Aber im Fernsehen? Meinem väterlichen Freund in Zeiten der Lethargie und Einsamkeit? Unserem Fenster zur Realität? Dem Arbeitgeber selbstloser Philanthropen, die die Menschheit hier mit bildungsfördender Information, dort mit zerstreuender Unterhaltung beglücken wollen? Wie unfair! Jahre aufopfernder Schufterei für das seelische Wohlbefinden des Menschen hinter der Quote – und dann kommt ein dahergelaufener Hollywood-Schönling angeschissen, macht ’nen Quiz-Skandalfilm, und schon wird in den Medien die Redlichkeit des deutschen TVs mit schmutzigen Verdächtigungen besudelt. „Die Gäste bei Schreinemakers sind nicht echt!“ – Na und? Die Zähne von Heinz Schenk doch auch nicht, und trotzdem war immer der Bembel voll. „Bei Ulla-Knapp-imSchritts 100000-Kracher-Show werden die Spiele manipuliert.“ – Gott sei Dank, sonst wäre die Sendung wahrscheinlich noch beschissener. Oder ist etwa wirklich ALLES nur Täuschung? Besteht das Publikum bei „Der Preis ist heiß“ gar nicht aus echten Freigängern der geschlossenen Psychiatrie, sondern nur aus gedopten Statisten vom Club der Anonymen Vollidioten? Spendet die GEZ heimlich ihre Millionen an hungernde Kinder? Kann Maren Gilzer sprechen und hat Stummelbeine? Ist Barbara Eligmann gar nicht Barbara Eligmann? Mein Weltbild zerbröselt. Vielleicht ist Lippert in Wirklichkeit auch gar kein schlechter Moderator und spielt uns allen nur etwas vor. Wäscht Ilona Christen ihre Schlüpfer privat gar nicht mit Ariel? Wäscht sie sie überhaupt? Iiiiih … nein danke, ich möchte gar nicht weiter darüber nachdenken. Niemand wagte damals zu hinterfragen, wie Jesus es wohl geschafft hat, Wasser in Wein zu verwandeln. Vielleicht hatte Petrus ja einen Getränkemarkt? Fernsehen ist Glauben. Üben wir uns in Demut.
Schatz, ich glaub’, ich krieg nen Sender „Mama, wo kommen eigentlich die vielen kleinen Sender her?“ Schluck! Einer der Momente, die eine Mutter neben den Fragen „Was ist Sex?“ und „Kannst du eigentlich noch was anderes kochen außer Dosensuppe?“ wohl am meisten fürchtet. Wie erklärt man es seinem Kind? Da gibt es die Blumen und die Bienen, die Quoten und die Werbung, die Antenne und das Kabel … nein, nicht gut: Irgendwann war auf der Erde alles voller Schleim, aus dem erhoben sich die ersten Showmaster, grinsten und forderten die Primaten auf, sich gegenseitig mit der Keule auf den Kopf zu hauen, bis das Publikum lacht und dann … Mist, geht auch nicht. Nun, da war der liebe Gott, und der … nein, den wollen wir da lieber nicht mit reinziehen: Lassen wir also das unsinnige Erklären, hauen dem vorlauten Balg recht und links eine runter für die dumme Frage und freuen uns einfach, daß es das Fernsehen gibt. Und jeden Tag wird es mehr. Wo einst nur zwei Sender mit ein paar verwandten Kleinstatiönchen eine glückliche Ätherfamilie bildeten, tummeln sich nun dutzende von Programmen. Es gibt etwas für jeden Geschmack und sogar für Geschmäcker, die es selbst noch gar nicht gibt. Und während wir so die Gedanken fliegen lassen, wird uns plötzlich alles klar, und wir erkennen eines der größten Wunder der Natur: Fernsehsender sind die erste Spezies, die sich durch Selbstbefriedigung fortpflanzt. Siehe RTL – das Luxemburger Elterntier ist derart in ich selbst verliebt, daß es sich niemals um einen Befruchtungspartner kümmern würde. Und trotzdem plupste irgendwann der kleine RTL2 aus der Mama – und schon bald kommt ein Brüderchen, Super RTL. Heißa, da wird Papa Thoma aber gucken, wenn die zwei Racker ihren ersten Kindergeburtstag feiern und all die anderen kleinen Sender einladen. ARD plus, Mega-mdr, Sat-Sat, PRO8 bis PRO14, ZDF2, VIX und VOXI, Alzheimer 1 – der Seniorenkanal, der Frauenkanal, Schuh-TV … Bleibt die Frage: Wie verhütet man bei Selbstempfängnis? Bei dem Narzißmus der Sender ist damit zu rechnen, daß wir in ein paar Jahren wahrscheinlich mehr Programme haben als Zuschauer! Dürre, kleine Fernsehstationen, die hilflos nach Quoten japsen und elendig verhungern. Ein trauriges Bild. Einziger Vorteil für den Konsumenten: Er kann die GEZ-Gebühren als Spende absetzen!
Mama, darf ich zu SAT.1? „Nein, Oliver, du bleibst schön hier und machst deine garstige Sendung!“ – „Aber Mama, die anderen dürfen auch alle … der Harald, der Thomas … “ – „Na gut, aber erst schreibst du deine Kolumne zu Ende – und wasch dir die Hände, bevor du da hingehst!“ Tja, jetzt ist es raus – SAT1 kauft alle Häuser leer! Gut, RTL stellt sich noch doof („Gott – wer ist weg? Ach der blonde Abzocker mit der RudiVöller-Frisur? War der überhaupt bei uns? Wenn ja, dann hätten wir ihn sowieso gefeuert, den mögen wir gar nicht!“), und in der ARD wird man nur wie bei jeder Krise sehr betroffen sein, drei Tage heulen und dann versuchen, Radio Bremen dichtzumachen. Aber bei all dem Trubel merkt keiner, was wirklich dahintersteckt – der „PlanPlan“ von SAT1, um vom ewigen Zweiten zum Endlich-mal-Ersten oder Endgültig-Dritten zu mutieren: alle wichtigen Stars vom Markt wegkaufen und in die Speisekammer sperren, bis der kalte Wind der Geisterstädte über die Redaktionsflure der gegnerischen Sender bläst und Dr. Thoma vor dem Kölner Dom Würstchen mit RTL-Logo verkaufen muß. Und jetzt geht’s natürlich erst richtig los – die Panik greift um sich! Wen holen sie sich als nächstes? „Äm, Herr Wickert, mit wem haben Sie denn da eben telefoniert? – Aha, Ihre kranke Tante … nicht SAT1? … Ach so …“ Keiner bleibt mehr, wo er war. Elstner geht zu VOX, denen ist sowieso inzwischen alles scheißegal, Linda de Mol zum ZDF (Licht ausmachen und noch mal mit dem Lappen über die Tische wischen), und Schreinemakers verläßt SAT1, nur um sich wieder zurückkaufen zu lassen. Und wer nicht geholt wird, ruft selbst an. „Guten Tag, Lippert, ich bin hier ganz allein. Ich glaub, man hat mich vergessen, und da wollte ich nur mal fragen, ob ich nicht auch kommen kann … Zwei Millionen? Ja, ich denke, das kann ich aufbringen!“ Sie lachen? Von mir aus – aber stellen Sie sich erst einmal vor, was passiert, wenn bei den teuer eingekauften Altstars die ersten Fehler und Quotenbrüche auftreten und Opel mit den Öffentlich-Rechtlichen eine Rückrufaktion für Show-Moderatoren einleiten muß! Das wird ein Chaos!
Müsse mer se reinlasse? Mia fällt oin Oi aus meine Hos – die Jecke, die sind wieder los! Tätä tätä tätä! Herzlich willkommen zur gefährlichsten Jahreszeit – dem Karneval.Volle Straßen mit noch volleren Menschen, die sich knollige, rote Papprunkeln in die Fresse flantschen, den Schlüpfer über die Rübe ziehen und laut an der Tankstelle „Ole, wir fahren in’n Puff nach Barcelona“ grölen, während sie mit dem Oberkörper schon über dem Ölauffangbecken hängen. Frustrierte Sparkassenangestellte schütten sich so lange „SchlüpferStürmer“, „Sockenqualmer“ oder andere Phantasie-Alkoholika auf Spiritusbasis in den Hals, bis man mit ihrem Blut ein Moped antreiben könnte. Egal, ob einem gerade der Dackel vom Balkon gefallen ist, das rechte Bein amputiert wurde oder man einfach nur aus Gründen der Individualitätspflege nicht am kollektiven Frohsinnsdiktat teilnehmen möchte – wer dieser Tage die Straße allein und nicht in einer Pollonäse überquert, ist ein doofer Spielverderber und stinkt. Und schon jetzt läuft mir ein Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke, wie oft man mir wohl in dieser Woche im Fernsehen vorsingen, wird, daß „der Erwin der Heidi von hinten an die Titten“ faßt (Ja, es sind die Titten, nicht die Schultern, bitte glauben Sie mir.)! Auf jedem Sender wird ein HumorExekutions- Kommando namens Elferrat tagen, die Köpfe bedeckt mit diabolisch dreizackigen Witzableitern. Mainz wird leider weiter Mainz bleiben, selbst wenn dort schon lange keiner mehr singt oder lacht. Und auch dieses Jahr werden wir – wahrscheinlich – noch einmal den Dom in Kölle lassen. 10000mal wird ein ulkiges Tätä als Satzabschlußzeichen ertönen, was in Wirklichkeit nicht mehr bedeutet als „Hallali, der Witz ist tot“. Keine Kugel, kein Knoblauch und kein Kruzifix kann uns helfen, wenn die Zombies der Heiterkeit einmal im Jahr aus ihren miefigen Gräbern der Bürgerlichkeit aufsteigen, um uns in ihr Reich zu schunkeln. Wenn Sie es überstehen wollen: Verhalten Sie sich unruhig, lassen Sie zur Tarnung eine Luftschlange aus der Hose hängen und beten Sie, daß uns die Regierung niemals den Aschermittwoch wegkürzt.
Scheiß Wochenende! Gottverdammt, es ist Freitag! Es gibt kein Entrinnen. Der Nachmittag naht, die Stifte plumpsen aus den Griffeln, die Kaffeemaschine bläht ein letztes „Pffft!“ in die stinkende Büroküche, und garantiert entbindet sich irgendein dämlicher Kollege nicht, die Frage zu stellen: „Na, was machst du denn am Wochenende? Ich fahr’ mit Caro, dem Model aus’m Pupasch, nach Paris, Hühnerfüße essen beim Pierre-Olaf im Chez Pipi, ein bißchen dancen und relaxen. Und du?“ Gute Frage. Zu faul zum Reisen, zu dick zum Tanzen, zu häßlich zum Frauen-Aufreißen, zu doof zum Eierlegen – also, was tun als alleinstehender Durchschnittsversager? Klar, man flanscht sich wie jede Woche mit einem Kasten Bier und einer Dose Gurken ins Sofa und guckt sich in der Glotze an, wie romantisch die anderen leben. Freitag zum Beispiel im ZDF: Sascha Hehn, der sprechende Schmalzkringel, als Frauenarzt in „Beine breit, Frau Stirnima – Ein Gynäkologe zum Knutschen!“ – die Serie zum Einlauf. Geschlechtsverkehr auf Krankenschein, garantiert noch schmieriger als ein platzendes Eiterfurunkel im Wartezimmer – wunderbar geeignet als Apéritif zum obligatorischen Knatterstreifen-Marathon zur Mittermacht auf SAT l: „Zwei Titten im Dreivierteltakt“, „Hurra – die Hose klemmt“ und zum Ende „Sechs Möpse im Schwedenheim“ mit Gottlieb Wendehals als notgeiler Pauschalreisen-Animateur, der mit einem Gummihuhn verlobt ist. Der ideale Trost für alle Alleingebliebenen, denn wer einmal Zachi Noy und Bea Fiedler beim Begattungsversuch gesehen hat, der ist froh, ein Single zu sein. Am Samstag gibt es dann den Zwangsverkupplungs-Overkill. Egal, ob „Traum oder Abend“, „Flitterliebe“ oder „Geldhochzeit“. Hilflos muß man mitansehen, wie unschuldige Beziehungsteilnehmer dem Quotengott dargeboten und in zukünftige Scheidungsopfer verwandelt werden. Oder man guckt die Kotzbrockenparade „Mann-oh-Mann“, in der aufgebrezelte Chauvi-Schnitten im Schaumwein-Koller aus einer Horde selbstverliebter Männer-Parodien die Arschgeige des Abends wählen. Womit man sich den Abend auch vergeigt. Am Sonntag ist man reif für das Zölibat, verbringt den Tag zitternd in einem Bett nahe der Toilette und zählt die Stunden bis zum Montag, wenn man endlich wieder arbeiten darf und nicht mehr fernsehen muß. Vielen Dank!
Sind Kinder wirklich doof? Möglich. Aber sind sie auch so doof, wie das Fernsehen es uns weismachen will? Finden sie es wirklich cool, wenn hoppelnde Pubertätsverweigerer aus Gewissensgründen mit verkehrtrum aufgesetzter Baseballmütze auf dem Bildschirm versuchen, ihre schlechten Noten im Mündlichen zu verbessern? lst es spannend, wenn über Telefon die zugeknisterte Stimme eines lispelnden Gehirn-Azubis mit Betonspange in der Fresse verrauschte „Hoch- runter“ Befehle stottert, während wir die neuesten Verbrechen der Videospiel-lndustrie miterleben müssen? Und fahren die Kids überhaupt noch ab auf Spiele wie „Schweineschlachten mit den Mario-Brüdern“, „Erbsen zählen mit dem KnightRider“ oder „Eierschaukeln mit Donkey Kong“? Vorbei scheint auch die schöne Zeit, als harmlos in die Luft gesprengte Miezekatzen und von Felsen zermalmte Kojoten die Zeichentrickserien verschönten – heute sind es entweder atombombenbeladene MutantenToaster aus Japan oder kulleraugige Knuddelmöpse aus der DisneyLegebatterie für Kuscheltier-Vermarktung. Keine Ahnung, was davon widerlicher ist. Doch welcher Jugendliche entwickelt wohl keine Gewaltphantasien, wenn in einer ihm zugedachten Sendung ein fledermausohriger Cartoon-Eumel namens „Hugo“ mit fettem Arsch und Riesenmauken durch die Gegend hüpft und körperlich schmerzende Schüttelreime aus dem Lyrik-Nirvana daherbrabbelt? Oder wenn in „X-Base“ grobmotorische Backfische crazy gut drauf sind, mit den Armen fuchteln wie Joe Cocker bei der Krankengymnastik und dabei pseudocooles Mantafahrer-Englisch speaken wie ein StraßenRapper aus ’ner Ummelner Reihenhaussiedlung? Und reicht eine siffige Strickmütze über dem gelbbesprühten Schmierhaar denn heute wirklich schon aus, um aus einer koksnasigen Mitesserplantage einen Teenie-Schwarm zu machen, Herr Bokelberg? Aus Kindern werden Leute. Das ist zu befürchten. Nur, was für welche, bei der Vergangenheit? Ein weiser indianischer Redakteur sagte einmal selbstkritisch: „Wir machen Sendungen, als hätten wir noch ein paar Kinder im Kofferraum.“ Ein Gedanke, der betroffen macht.
Gib der Quote keine Chance! Ein lautloser Killer geht um! Keiner hat ihn je gesehen, keiner weiß, wie er aussieht. Aber er tötet erbarmungslos. Sein Name ist Quote, Einschalt-Quote. Er befällt Sendungen und ist quasi der Aids-Virus der Fernsehlandschaft. Kurios: Je weniger er erscheint, desto gefährlicher ist er. Das Heimtückischste an ihm: Es gibt keinen Schutz. Er wird automatisch via Äther übertragen und befällt seine Opfer bei der Erstausstrahlung. Ist der Patient Sendung infiziert, so muß garantiert sein, daß die Quotenkörperchen bei der täglichen Arbeit einen bestimmten Wert nicht unterschreitet – sonst Exitus. Grausam, nicht wahr? Und täglich lesen wir in der Bildzeitung von neuen Opfern: OJE – ELSTNER SCHON WIEDER KAPUTT! OOPS – BECKMANN ZERBRÖSELT! IGITT – CARELL JUCKT DER SACK! Aber erst wenn wir weiterlesen, entdecken wir das wirklich Perfide: Wir SELBST sollen die Quote sein! Das heißt, nicht wirklich wir, sondern inzwischen 4400 repräsentative Wirs, die im Auftrag der GfK (Gesellschaft für Kwotenmessung) als lebender Durschnitt für uns die Verantwortung übernehmen müssen. Sich ihrer Macht wahrscheinlich nicht bewußt, entscheiden die kleinen Halbgötter in Jogginghosen daheim aus dem Sofa zwischen der dritten Tüte Chips und dem zwölften Furz über Leben und Tod. Gleichzeitig sagen sie uns, was WIR mögen, denn sie sind Ihre und meine gesetzlichen Vertreter am Meßgerät. Wenn ich die Ergebnisse richtig deute, heißt das für mich: Ich liebe Hans Meiser, informiere mich über neue Wörter im „Glücksrad“, krieg ’nen Ständer bei Ilona Christen und tanze auf dem Tisch beim „Musikantenstadl“. Mhm … war mir noch gar nicht aufgefallen. Aber es kann auch sein, daß durch Zufall 4400 Vollidioten mit dem Quotenmesser ausgerüstet wurden? Das ist statistisch gesehen unwahrscheinlich? Okay, in Edemissen auf dem Gemeindfest beim Sackhüpfen vom Blitz getroffen zu werden ist es auch – und trotzdem ist es wahrscheinlich schon mal passiert. Nun, was auch immer – eines ist klar: Keine Sendung kann ohne Quote leben. Das Fernsehen braucht uns. Wer nicht guckt, tötet. Darum: Retten Sie Leben! Schalten Sie niemals ab!
Sie blödes Arschloch! Oje, sind Sie jetzt beleidigt? Hey, nicht weinen, ich meinte doch gar nicht Sie, sondern den doofen Typen der das Heft vor Ihnen gekauft hat! Der so nach Fisch roch und beide Beine nachzog. Wieder alles okay? Gut, das war aber knapp – denn derart plakative Aphorismen, egal wie lieb gemeint, können ganz schön teuer werden. Ich erinnere mich da an den Fall eines befreundeten TV-Satirikers, der kürzlich einen nordischen Schunkelkomiker ob seiner ehemaligen Pummeligkeit mit einem unförmigen Bratfleischgericht verglich und ihm aufgrund dieser unfairen Verbalinjurie eine Sühnezahlung von mehreren tausend Talern entrichten sollte. „Recht so!“, werden Sie vielleicht sagen. „Das blöde Schwein soll bluten, wenn es nicht seine unhöflich gehässige Schnauze halten kann!“ Andererseits: Als Kind ging man weitaus vernünftiger mit solchen Angriffen um. Sagte einer „Doofmann“, erwiderte man spitzbübisch „Selber Doofmann!“, und wie ein Bumerang kehrte die sprachliche Schandtat zum Verbalverbrecher zurück und besudelte sein Antlitz. Als Erwachsener hingegen verklagt man ihn und finanziert sich mit dem Schmerzensgeld den Urlaub. Wenn Sie also Kohle brauchen, gehen Sie einfach im Hochsommer in einen überfüllten Bäckerladen, und furzen Sie heimlich so 30- bis 50mal, bis es irgendeiner nicht mehr aushält und schreit: „Sie alte Sau!“ Bingo – 2000 DM. Doch da stellt sich mir eine andere Frage: Sollte wirklich nur der Beleidiger verklagt werden dürfen? Und was ist mit dem Verursacher? Beschimpft man beispielsweise Max Schautzer als „eierköpfiges GrinseZäpfchen mit dem Charisma eines angelutschten Hustenbollchens und Träger der Peter-Maffay-Gedächtniswarze“, so wäre dies fraglos gemein, aber inhaltlich ja nun auch nicht völlig falsch. Oder wie lange darf zum Beispiel die bedirndelte Carolin Reiber GEZ-Gebühren in den Gulli grinsen und mit ihren Moderationen aus dem „Labern nach Zahlen“Buch die Intelligenz der Zuschauer beleidigen, bis man gefahrlos sagen darf, daß das alles gequirlte Scheiße ist? Wissen SIE es? Nein? Sie wissen aber auch gar nichts, Sie dämliche Arschgeige … Oops!
Eine Ode an die Frau im Fernsehen Ich möchte Maren Gilzer heiraten. Sie hat tolle Beine, lächelt immer und schmutzt nicht.Vor allem aber ist sie stumm und hat einen festen Job beim Fernsehen. Gut, sie dreht nur Buchstaben um, aber immer noch besser als Autos aufbrechen oder mit Drogen handeln. Und bestimmt kann sie auch bügeln. Und kochen. Oder wenigstens die Nummer vom Pizza-Dienst wählen. Ich glaube, ich bin verliebt. Ist so die „deutsche Frau“? Man kommt ja kaum noch raus, da muß man sich ein wenig auf das verlassen, was im Fernsehen als repräsentativer Querschnitt gezeigt wird. Sind die Straßen demnach also wirklich voll von schlanken, mandelnasigen Schönheiten, mit der attraktiven Leere im Kopf und dem verlockenden „Besorg’s mir, ich bin dumm wie Brot“-Blick in den Augen? Oder sind sie doch mehr wie Ilona Christen? Dann bleibe ich lieber drinnen. Die sieht aus wie’ne Gouvernante mit Designerbrille und guckt immer so, als wolle sie sagen: „Na, kleiner Mann, weißt Du eigentlich, daß ich viel smarter bin als Du? Und übrigens – welche Erfahrungen hast Du denn mit Ariel futur gemacht?“ Nein danke, da wasch ich mir die Hemden lieber selber. Aber was für eine Art Frau könnte es denn sonst geben? Ach ja, da ist noch die dusselige Kuh, die morgens ihrem Lover telefonisch einen Anschiß verpaßt, weil er ihre dämliche Drecksmargarine aufgefressen hat! Und Witta Pohl. Für diesen Typus ist ja meines Wissens nach mal der Ausdruck „Schreckschraube“ geprägt worden. Die robuste Übermutter, die mit beiden Stützstrümpfen voll im Leben steht, wenn es sein muß auch mal eine Kuh K.o. schlägt und jeden Sohn lieber schwul werden läßt – aber nach Feierabend ist sie doch ganz „Frau“ und macht Werbung für Geschirrspülmittel. Soll das wirklich schon alles sein? Und falls nicht – warum beschwert sich keiner? Haben etwa die weiblichen Bevökerungsteilnehmer resigniert das Handtuch geworfen und vor der Blödigkeit der Medien kapituliert? Oder sind die Erfolge der Emanzipation bereits wenige Jahre vor der Jahrtausendwende von schleimiggrinsenden Fernsehredakteuren in die Flucht geschlagen worden? Keine Ahnung. Ich bleibe ratlos und bete zum lieben Gott, daß die echten Frauen niemals zu solchen Parodien ihres eigenen Geschlechts werden, wie sie uns täglich vom Fernsehen vorgegaukelt werden.
Die Gehirnfresser kommen! Kennen Sie auch diese gruseligen Science-Fiction-Filme, in denen quaddelnde Schleimbeutel vom Saturn oder angebrannte Pizzataschen vom Mars auf der Erde landen und die Körper der Menschen übernehmen, bis alle mit dösigem Blick rumlaufen wie ein Schalterbeamter in der Mittagspause? Nun, ich befürchte, diese Horrorvision ist bereits Realität geworden. Die Außerirdischen haben unsere Fernsehstationen besetzt, sie moderieren Gameshows und ernähren sich vom Gehirn der Kandidaten und Zuschauer. Eine einzige Folge von „Der Preis ist heiß“ entspricht beispielsweise der Wochenration einer Großfamilie extraterristischer Cerebrum-Schlürfer: Ein Diätpulver-verseuchter Holländer, ein durchgeknallter Marktschreier, bescheuerte Kandidaten, die mit ihrem Vollidioten-Wissen um die Preise aus den letzten Aldi-Prospekten protzen, und jubelndes Publikum aus der geschlossenen Abteilung, das in orgiastische Ekstase gerät, wenn Opa Knorpelsack auf der Bühne den richtigen Verkaufswert einer Packung Schmelzkäse errät – da muß doch vorher einer den Leuten am Kleinhirn gelutscht haben! Oder die „100000-Mark-Show“. Vier Pärchen müssen tierisch gut drauf sein und sich dabei ein Loch ins Knie bohren, den Kopf aufsägen oder eine Handgranate in den Hintern stecken. Wer sich am lächerlichsten macht, hat gewonnen – Doofheit siegt! Und wer einmal gesehen hat, wie bei „Peter Steiners Gerontenstadl“ die Zuschauer im Saal klatschend ein kafkaeskes Zombie-Ballett in die Sitze schunkeln, während sich vorne grinsende Homo-sapiens-Parodien mit fetten Ärschen in engen Lederhosen die Klöten dickjodeln, der weiß, daß dies nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Was soll das also alles? Will das Fernsehen uns zeigen, daß die Geschichte der Zivilisation darin mündet, daß letztendlich Blödheit belohnt wird? Daß debile Dorftrottel, die ihre Hose nur mit Hilfe eines Zivildienstleistenden zukriegen, im Fernsehen zu Helden der Moderne erhoben und innovative Denker zu langweiligen Stinkern degradiert werden? „Aha, schön, Sie haben ein Mittel gegen Krebs erfunden. Nett – aber wissen Sie auch, was diese rosa Frottee-Schlüpfer mit Eingriff kosten? Nicht? Dann verpiß Dich, Versager!“ – Nein, danke. Beam mich weg hier, Scotty!
Ein bißchen Malta Wissen Sie schon, was man am 13. Mai 2045 in Deutschland feiern wird? 50 Jahre „Letzter Platz beim Grand Prix“! Huarrhahahahahaha! Och, denken Sie sicher, was ist der Kalkofe doof und macht sich lustig über so eine alte Kamelle, ist doch schon Wochen her. Hihi – aber das ist ja der Witz! Gerade jetzt, wo langsam die Schmach schwindet und das grandiose Loser-Duo „Stone & Stone“ (oder war es „Asche zu Asche“?) sich endlich wieder ohne die Papiertüte über dem Kopf zum Einkaufen traut, hole ich gemeiner Hund noch einmal die Häme aus der Hose. Welch ein Spaß! Oh, was war das für eine Nacht: Allemagne – pas de points! Von keinem! Eine ehrliche Niederlage, aufrecht in die Schnetzelmaschine hüpfend, heroisch vergeigt im Orchestergraben der Geschichte. Doch dann plötzlich: der finale Rettungspunkt von Malta! War es Gnade? Sarkasmus? Oder sind die Malteser einfach nur nette Leute mit einem Scheiß-Geschmack? Was auch immer – auf jeden Fall verdarben sie uns doch ein wenig die schönste Pleite der Schlager-Historie, und das nehme ich ihnen übel. Doch wie kam es zu dem Lala-Debakel? Bisher mußte das TV-Publikum selbst aus einem Haufen trällernder Flitzpiepen auswählen, welche Versager beim Nulpen-Contest wohl am wenigsten Schaden anrichten würden. Wenn dann von den Trotteln wie üblich alle Siegeschancen in die Rabatten geträllert wurden, konnten sich die Redakteure überheblich zurücklehnen und sagen: „Wußt’ ich’s doch, die Zuschauer sind ganz einfach zu blöd!“ Tja, diesmal aber wollten die grinsenden Programmverbrecher das Schicksal selbst in die Flop-erprobten linken Hände nehmen, wählten höchstpersönlich aus, und schon war die Kacke am Dampfen, daß man nicht mal mehr die Notspülung drücken konnte, ohne sich die Griffel zu verbrennen. Huhuhaha … Entschuldigung! Okay, hören wir auf, immer nur zu spotten, und fangen wir an, konstruktiv zu sein. Hier mein Vorschlag für den garantierten Sieg im nächsten Jahr: Ein zwölfjähriges blindes Mädchen ohne Füße, aber mit viel Sonne im Hacken, auf dem Arm einen angefahrenen Zwergbernhardiner, begleitet von einem taubstummen StreicherQuintett, singt „Ein bißchen Friede, ein bißchen Freude, ein bißchen Eierkuchen“ – und wenn Malta uns die 12 gibt, fängt Ralph Siegel an zu weinen. Ich freu’ mich drauf.
Ferien auf Sagrotan Pralle Hintern wölben sich in engen Shorts, bleiche Häute erröten pustelnd in den ersten Sonnenstrahlen und pappende Einweg-Kameras klicksen Bilder von grinsenden Dorftrotteln vor taubenschißverzierten Ortseingangsschildern: Es ist Urlaubszeit! Horden entseelter Pauschal-Idioten zwängen sich in fliegende Sitzbatterien, um in zubetonierte Arschloch-Ghettos transportiert zu werden, wo sie ihr alltägliches Spießerleben mit Sonnenöl und Jägerschnitzel bei 30 Grad im Schatten in gewohnter Tumbheit fortsetzen und das Bild des Deutschen im Ausland um ein paar Dutzend Peinlichkeiten anreichern. Andere sagen: „Wozu in die Ferne scheißen, wenn das eigne Klo so nah?“ – und kaufen sich ein sogenanntes „Ferienappartement“. Meist eine mickrige Karnickelbutze mit rustikaler Einrichtungsparodie, Kochnische und Naßzellen in einem 34-Parteien-Betoncontainer im Gewerbegebiet von Cotzhaven oder Bad Leckmichdoch. Diese muffigen Existenzgruben sind gewöhnlich noch häßlicher und deprimierender als die jeweiligen Hauptwohnsitze der bedauernswerten Gestalten und würden von Amnesty International noch nicht einmal als Einzelhaft-Zelle für Kriegsverbrecher zugelassen, gelten ob ihrer höchst zweifelhaften Lage beim stolzen Besitzer aber als Ort der Entspannung. Genauso gut kann man ein Furunkel am Arsch als Schönheitsfleck verkaufen. Aber andererseits – was soll man sonst während der Ferienmonate tun? Fernsehen ist ja quasi unmöglich, da alle Sendungen Sommerpause machen. Maggie Schreinemakers läßt sich in der Karibik die Hühneraugen wegschmirgeln, Carrell fliegt zum Ideenklauen in die Staaten, und Maren Gilzer erkundigt sich erst einmal, wieviel Konsonanten in URLAUB sind. Ein Blick auf die Uhr, ein „Huch, es ist ja schon Sommer“, und der Star wird zum Beamten, läßt die Griffel fallen und verpißt sich. Der zurückgebliebene Zuschauer aber macht das Gerät an, sieht das Gebißwackeln von Peter Steiner als 17. Wiederholung und denkt: „Mein Gott – muß ich schon sterben und sehe die schlimmsten Shows noch einmal an meinem geistigen Auge vorbeiziehen?“ Da nimmt man dann doch lieber die paar Wochen Abschiebehaft nach Mallorca in Kauf.
Die Zukunft des Fernsehens Die Geschichte des Fernsehens ist eine Geschichte voller Mißverständnisse. Dabei hat dieser kleine Kasten vielleicht mehr für die Verblödung der Menschheit getan als jedes andere Medium. Doch wie wird seine Zukunft aussehen? Was wird unser flimmernder Lebensabschnittsgefährte beispielsweise im Jahr 2000 zu bieten haben? So viele neue Sackgassen stehen ihm offen – für welche wird er sich entscheiden? Betrachtet man Entwicklungen wie die des Resteverwerters Super RTL, der „innovativ“ für eine Ferkelei hält und 100% seines Programms aus der Tubberschale des Muttersenders bestückt, scheint seine Zukunft ja mehr im Futur II („Ich werde es schon mal gesehen haben“) zu liegen. „Interaktives Fernsehen! Der Zuschauer wird aktiv in das Geschehen auf dem Bildschirm eingreifen können!“, hört man die Medien-Visionäre allerorten aus dem Kaffeesatz fabulieren. Wie soll ich das verstehen? Ich kann von meinem Sessel aus Ilona Christen einen Eimer über den Kopf stülpen? Bei Alfredissimo in die Suppe spucken? Derrick einen Stuhl anbieten? Oder kann ich nun endlich bei Hans Meiser ganz laut „Schnauze, ihr Idioten!“ in das Studio brüllen? Keine Ahnung, wahrscheinlich wieder mal gar nichts davon. Das Interaktivste wird auch in hundert Jahren noch bleiben, den Abschaltknopf zu drücken oder beim PuppenTheater „Vorsicht, Kasper, das Krokodil!“ zu rufen. Wo sich allerdings einiges tun wird, ist der Bereich Game-Show. Da es döfer als heute ohnehin nicht mehr geht und man außer den Goldreserven von Fort Knox bereits alle möglichen Geldpreise verballert hat, werden Leben und Gesundheit an erster Stelle stehen: „Operier mir!“ – die lustige Transplantations-Show mit acht bleichen Kandidaten am Gute-Laune-Tropf, die um eine Spenderniere spielen. „TraumSelbstmord“: vier Suizid-Kandidaten im Depressions-Contest auf dem Dach eines Wolkenkratzers – der Gewinner wird geschubst. Oder auch „Familien-Duell 2000“: „Werner, ich setze meine Schwägerin und meinen zweiten Sohn!“ – „Spannend, Helga – das ist eine Master-Frage! Wenn Du die falsch beantwortest, müssen wir sie leider erschießen!“ Und falls die Quoten sinken, nehmen die Sender Geiseln:„Bleiben Sie dran – oder wir jagen einen Kindergarten in die Luft!“ Brave New Bullshit.
Wuff! „Lassie hat Durchfall – ich glaube, irgendwo bricht wieder ein Staudamm!“ Welchem Kind fiel vor 20 Jahren wohl nicht vor Spannung die Zahnklammer in den Plantagentrunk, wenn die amerikanische Mutter Beimer ihrem kotzniedlichen Klischee-Fratzen Timmy beim selbstgebackenen Apfelkuchen diese Hiobsbotschaft überbrachte. Gut, dem kindlichen TV-Konsumenten sei es nachzusehen, daß er den IQ der sabbernden Chappi-Freßmaschine mit dem eines Atomphysikers gleichsetzte. Erschreckend aber ist, daß sogenannte Erwachsene es heute noch genauso tun: „Ein Hund ist mir lieber als mancher Mensch. Meine Frau hat mich betrogen, aber mein kleiner Furzel noch nie!“ Okay, unser schwanzwedelnder Freund trägt auch keine kurzen Röcke und kann die Tür nicht öffnen, wenn der Postbote klingelt – aber wenn nur einer seiner Kläffer-Kumpel im Scheidungsrecht bewandert wäre, würde er seinem Herrchen den Arsch aus der Hose klagen, das ist mal sicher. Fragt man sich, was dann diese ganzen Viecher-Serien im Fernsehen so attraktiv macht. Die Erkenntnis, daß die meisten Menschen doofer sind als ein Meerschweinchen vor der Mittelschule? Quatsch, um das zu erfahren, kann ich auch das „Glücksrad“ gucken. Außerdem sind die gar nicht so clever – wir hatten früher auch einen Dackel, aber da mußten wir schon applaudieren, wenn er beim Pinkeln nicht auf die Fresse fiel. Trotzdem entblöden sich die deutschen Serien-Produzenten nicht, als neueste Mode sogar knifflige Mordfälle von den filzigen ZeckenWohnheimen aufklären zu lassen: „Kommissar Rex“, „Zwei Partner auf sechs Pfoten“, „Trio mit zwei Hirnen“ oder wie immer diese WauwauThriller heißen mögen … und wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis Derrick auch seinen Treppenterrier Harry an der Leine führt: „Ich glaube, ich muß mal, Stephan!“ – „Ich weiß, Harry! Wir gehen gleich am Tatort Gassi!“ Und was passiert, wenn Mopsy Mops als Berater des Präsidenten out ist und sogar Flipper, die freiwillige Thunfischeinlage, keinen Job mehr als Gehirnchirurg bekommt? Dann sind die Randgruppen dran: Karlotta, die Killer-Kuh – Agent Alfonso, Amöbe im Dienst des FBI – Henry: ein halbes Hähnchen dreht durch – usw. Aber eins verspreche ich: Spätestens, wenn „Kommissar Bandwurm – zwei Partner und ein Lokus“ kommt, melde ich mein Gerät ab!
Die spinnen, die Gallier! Wir befinden uns im Jahr 1995 nach Christus. Ganz Frankreich ist von intelligenten Lebewesen besetzt … Ganz Frankreich? Nein! Eine von unbeugsamen Größenwahn besessene Regierung hört nicht auf, der Vernunft Widerstand zu leisten … So oder ähnlich werden wahrscheinlich in 50 oder 100 Jahren die lustigen ComicAbenteuer des Galliers Jacqcherax beginnen, der ganz allein gegen den Rest der Welt um das Recht auf die individuelle Entfaltung seines ganz persönlichen Irrsinns streitet. Sein Plan: Stück für Stück die Erde um Frankreich herum wegzusprengen – nicht aus Bosheit, sondern einfach, weil er meint, das nun mal zu dürfen. Unterstützt wird er von einer Handvoll debiler Abgeordneter, seinem dickwanstigen deutschen Freund Kohlix (der seinen Plan zwar eigentlich gar nicht gutheißt, aber zu einfältig ist, ihm diesen auszureden) und dem zwirbelbärtigen Troubadour Möllemax (der einfach alles mitmacht, solange er am lautesten singen darf). Wäre ein schönen Comic – aber gibt es ja leider schon in der Realität. Ein kleiner Franzos’ schnappt sich eine faul im Ozean herumlümmelnde Insel, schwingt gebieterisch sein Baguette-Zepter und beschließt, dort Hiroshima als Musical aufzuführen. „Je le bomb kaputt!“ feixt er mit einem keck-gewitzten „Na und – ich will aber!“ Gut, einem Kind hätte man dieses trotzige Verhalten kurzerhand aus dem Arsch herausversohlt, aber was macht man mit einem ja doch schon mehrfach volljährigen Staatspräsidenten? Boykott der franzigen Verkaufsartikel? (Keine Gefahr, der Deutsche kann nicht lange ohne überbackenen Camembert leben.) Etwa lasterweise Empörungskarten schreiben? (Da lacht sich der Jacques ein Geäst, zündet alle an und trägt dabei ein „Ich hasse Altpapier“-T-Shirt!) Nicht mehr bei Shell tanken? (Warum nicht? Das hat schon einmal geklappt!) Am schönsten wäre es natürlich, man könnte die Froschmampfer anhand gefälschter Straßenkarten dazu bringen, aus Versehen den Louvre, Chiracs Schrebergarten oder die Provence wegzusprengen, aber da spielt der ADAC nicht mit. Sollte jedoch wirklich gar nichts funktionieren: Wie wär’s denn mit ein paar zünftigen Atomtests im „Musikantenstadl“? Die sind dort so fröhlich, die merken das gar nicht und würden sich sogar noch über die Bombenstimmung freuen. Und das Tollste: Kein Mensch würde protestieren!
Wehe, wenn es klingelt! Ding-Dong! Es klingelt. Wer mag das nur sein? Ein Glücksbote, der einen Millionengewinn überbringt? Aber Walter Sparbier ist tot. DingDong! Schon wieder. Der Briefträger klingelt immer zweimal, das weiß ich aus dem Kino, und meistens gibt es dann Sex auf dem Küchentisch. Vielleicht sollte ich doch lieber aufmachen … Andererseits habe ich gar keinen Küchentisch. Ding-Dong! Seien wir mal ehrlich – wer könnte schon um diese Zeit bei mir klingeln? Kaum jemand, der Nettes mit sich bringt. Früher konnte man trotzdem ruhig aufmachen. Das Schlimmste, was einem damals bei unvorsichtigem Öffnen der heimischen Eingangsschranke entgegenlächeln konnte, war vielleicht die vollgeschmierte Spachtelfresse der dicken AvonBeraterin oder das leicht deformierte Gesichtsübungfeld eines mehrfach gesetzes- und nasenbrüchigen jungen Mannes mit einem tätowierten Schweinekotelett auf der Schulter, der fragte, ob man etwa was gegen die Wiedereingliederung ehemaliger Strafgefangener hätte. (Sagte man ja, war man ein blödes Schwein, bei nein ein guter Mensch mit einem Dutzend neuer Zeitschriften im Abonnement.) Manchmal standen da auch zwei leicht debil lächelnde Wachturm-Halter in korrekter 70er-Jahre-Vertreterkleidung und fragten, ob man nicht vielleicht Lust hätte, zusammen mit ihnen und Jehova in einem günstigen Mietparadies die Ewigkeit zu verbringen und Löwen im Orangenhein zu kraulen. Ding-Dong! Aber so harmlose Leute klingeln heute nicht mehr. Statistisch gesehen erwartet einen in 80% der Fälle ein Kamerateam von RTL oder SAT.1 vor der Tür, das eine knuffige „Verzeih mir“- oder „Besorg’s mir“-Botschaft überbringen will – und neun von zehn der Leute, bei denen sie gerade bimmeln, waren gerade kacken. Ding-Dong! Ding-Dong! Oh, mein Gott – jetzt weiß ich, wer es ist: Ilona Christen! Haben Sie nicht auch die Werbung gesehen? Da flattert die knallkompetente Enthüllungsjournalistin derzeit wie ein auf Drogen gesetzter Zitronenfalter von Ort zu Ort und zwingt die Bevölkerung zu Aussagen darüber, wie sie mit Arschi-Futur oder so ähnlich selbst die hartnäckigsten Flecken aus der Unterhose gekriegt haben. Ding-Dong! Nein, das ist mir zu riskant. Und selbst auf die Gefahr hin, daß es mal wieder doch nur Cindy Crawford ist, die mich fragt, ob ich ihr eine Tasse Zucker borgen oder etwas gegen ihre sexuelle Frustration tun könnte – ich mach’ nicht mehr auf!
Was wäre, wenn … … Maren Gilzer häßlich wäre und kurze Beine hätte? Würde sie zum Buchstabenumdrehen auf einen Küchenhocker klettern und einen Sack über dem Kopf tragen müssen – oder wäre sie dann sowieso nur Fleischereifachverkäuferin geworden? Was wäre, wenn Dieter Thomas Heck damals nach seiner Ausbildung Gebrauchtwagenhändler geblieben wäre? Wäre er heute Schmier-Dealer des Monats in Harrys Autoschieber-Basar, oder müßte er aus Geldmangel inzwischen statt klobigem Goldkettchen die dicken Armreifen aus dem KaugummiAutomaten am Handgelenk schütteln? Vor allem: Würden Sie ihm einen Opel Corsa abkaufen? Und wäre Matthias Steinbrück – Gott hab ihn selig – in der Lindenstraße nicht von pfannenschwingenden jugendlichen Maniacs kaputtgekloppt worden, würde er in der nächsten Folge mit beherzter Betroffenheit Holzkreuze an Bayerns Schultüren nageln oder würde er betrübt mit einem Windbeutel im Hintern zu Hause eine weitere Kerbe in seine Abfuhr-Latte schnitzen? Ich weiß das alles nicht. Aber ich mache mir halt so meine Gedanken. Auch wenn sie vielleicht etwas zu philosophisch sind.Aber stellen Sie sich doch mal vor, Ilona Christen wäre ein Mann. Gut, da würde sich wahrscheinlich nur die Kleidung ändern, das war ein schlechtes Beispiel. Aber stellen Sie sich vor, Max Schautzer hätte drei Köpfe. Müßte ich mich dann bei der „Goldenen Eins“ deswegen immer dreimalübergeben oder wie sonst nur einmal? Und was, wenn David Letterman nie geboren worden wäre? Wer wäre dann Thomas Koschwitz? Fragen über Fragen. Wahrscheinlich habe ich nur was Falsches gegessen. Aber mal grundsätzlich: Hätte man das Fernsehen nie erfunden – wo würde man dann „Raumschiff Enterprise“ wiederholen? Und was wäre, wenn ich diesen Text gar nicht erst geschrieben hätte? Sie hätten eine tolle freie Seite für eigene Notizen gehabt. Und einige Dutzend kulturbewußter Menschen müßten sich jetzt nicht hinsetzen und erboste, wenngleich notwendige Leserbriefe darüber schreiben, was für einen hanebüchenen Schwachsinn dieser dümmliche Kalkofe-Tölpel da wieder verzapft hat. Viel Mühe und Porto hätten gespart werden können. Es ist alles meine Schuld. Es tut mir leid.
Apokalypse Moik! Die Welt ist in Gefahr. Ein Invasion steht unmittelbar bevor. Der Moik und seine untoten Volksmutanten sind aus dem Hades der Unterhaltung aufgestiegen, um die Menschheit zu verblöden. Ihre Waffe: debile Fröhlichkeit. Ihre Mission: Jodeling all over the world. Erste Etappenziele auf dem Weg zur Weltherrschaft: Der Musikantenstadel marschiert in Australien ein und die Lustigen Masturbanten in Michigan/USA. Weitere Einsatzbefehle sollen folgen, drohen ARD und ZDF. Warum machen die das? Soll auf der anderen Hälfte der Erdkugel eine Armee schuhplattelnder Monster-Känguruhs gezüchtet werden? Planen Marianne und Michael den Bau einer Ranch für schunkelnde KrachlederCowboys? Oder tun sie es aus purer Gemeinheit, um das Bild des Deutschen im Ausland endgültig zur bratwurstfressenden Biersaufmaschine zu degradieren? Denn mal ganz ehrlich: Was soll der unbedarfte Ausländer wohl denken, wenn ihm im KulturAustauschprogramm als germanisches Kleinod eine Batterie doppelt gelifteter Gute-Laune-Zombies aus der intellektuellen Sahel-Zone präsentiert wird? In zugekitschten Trachtenfummeln, die nicht mal die Milka-Kuh auf dem Tuntenball der Farbenblinden anziehen würde? Wer einmal in Bush Gardens, Disneyland oder einem der anderen amerikanischen Heideparks gewesen ist und sich dort im Euro-Park die deutsche Ecke angucken durfte, der weiß, daß der Plan aufgeht. Im Auge des durchschnittlich gebildeten US-Bürgers, der Holland für die Hauptstadt von London hält, ist Deutschland eine Mischung aus geschlossener Psychiatrie und Schlumpfendorf, wo alle Bewohner in einer Form nie enden wollenden epileptisch-masochistischen Ausdruckstanzes mit permanenter Alkoholvergiftung johlend und kreischend versuchen, die Evolutionsgeschichte ad absurdum zu führen. Hätten wir nicht die Autobahnen, wären wir bei denen völlig unten durch. Obwohl das Image des lustigen Doofmanns auch insofern von Vorteil sein kann, als niemand mehr Interesse hat, uns zu erobern – wer will schon ein Land voller Pflegefälle einnehmen? Andererseits könnten demnächst ausländische Handelspartner anfangen, uns in Glasperlen zu bezahlen. Man sollte halt doch etwas genauer nachdenken, wen man ausreisen läßt.
Geschnitten oder am Stück? Beim Metzger wird man wenigstens gefragt. Da kann man selbst entscheiden, ob man die tote Sau gern komplett oder in Scheiben mit Pilzen und lustigen Clownsgesichtern haben möchte. Beim Fernsehen nicht. Da kriegt man fast alles nur noch in kleine Teile geschreddert vorgesetzt, voll fettig-sehniger Werbung, die man nicht mal ausspucken und an den Tellerrand legen kann. Okay, manch einer sagt, diese Produkt-Informations-Unterbrechungen seien überaus praktisch für die Befriedigung des Harndrangs oder für eine kurze Stuhlpflege, aber so oft, wie die heute in den durchschnittlichen Spielfilm gepumpt werden, gilt dies Argument nur noch für Konfirmanden mit Blasenentzündung oder für Leute mit einem Mega-Dünnschiß. Was allerdings noch sehr viel schlimmer zu ertragen ist als alle 20 Minuten Steffi Grafs verschwundene Achselnässe im Kurzfilmformat, sind die dilettantischen Schnippeleien dümmlicher Redakteure. Früher kürzte man nur aus Gründen der Moral oder des Jugendschutzes und sah verblüfft: Na, es geht doch – die Handlung von Emmanuelle versteht man genausogut, wenn man die Nacktszenen rausnimmt! Heute allerdings bedarf der Schnitt keiner inhaltlichen Begründung mehr. Längst ist es üblich, den Abspann wegzuhacken und mit der Einfühlsamkeit eines Magengeschwürs ein Promo-Jingle in den letzten Satz zu hauen. Auch sind kleine Korrekturen von zwei bis fünf Minuten zugunsten der werbetreibenden Industrie inzwischen normal. Gut, da fällt beim Krimi vielleicht mal die Auflösung unter den Tisch, aber dafür erfährt man ja, warum sich Janine, 27, mit Binde beim Damensitzfußball viel sicherer fühlt als beim Bungee-Jumping ohne Tampon. Auch interessant. Da der durchschnittliche Fernsehredakteur Nachdenken sowieso scheinbar als Behinderung empfindet, kann er sich halt auch nicht vorstellen, daß sich ein Regisseur bei seinem Werk vielleicht etwas gedacht hat. Und wenn man nun mal schon Macht und Schere innehat – wo ist der Sinn, wenn man nicht zeigen darf, wie toll man damit etwas kaputtmachen kann? Aber vielleicht handelt es sich bei all dem ja doch nicht nur um das Gestümper unsensibler Formatspriester mit dem Kunstverständnis eines kackenden Wildschweins, sondern um die Kompensierung eines alten Beschneidungstraumas: Lieber kastriere ich den Film, als daß der Programmdirektor mir an die Eier packt! Das wäre noch zu verstehen.
Bitte halten Sie die Schnauze! Am Anfang war das Wort – und eine halbe Stunde später gab es die erste Konferenz darüber. Das war vor Millionen von Jahren, noch lange vor Erfindung der Tolerenz oder der Redezeitanteile. Damals gab es noch kein „Du, laß doch den Heiner mal ausreden!“ – stimmte man mit dem Gegrunze des Vorredners nicht überein, donnerte man ihm einfach mit der Keule über die Faselrübe. Und keiner sagte: „Du, den Heiner tothauen, das finde ich jetzt nicht so gut!“ Heute ist das anders. Wir labern uns zu Tode. Die Sammler und Jäger wurden zu Stammlern und Schwätzern. Kein Tag ohne Sitzung, keine Firma ohne Besprechungstisch, kein Thema ohne Podiumsdiskussion. Man traut sich nicht mal mehr zu furzen, aus Angst, daß dann eine Expertenrunde zusammentritt. Und im Fernsehen erwartet einen der Talkshow-Terror. Früher gab es mal gerade Blacky Fuchsbergers mitternächtliche Plauderblasen, und meistens kam es vor lauter selbstverliebtem Pfeifengenuckel ohnehin zu keinem richtigen Gespräch – aber heute? Nichts ist uninteressant genug, als daß man ihm nicht eine Sendung widmen könnte. Heute bei Ariela Christen: „Böse Schwiegermütter – wenn einem beim Kaffee das Tortenstück umkippt!“ Eine Stunde früher, bei Bärbel Schläfer: „Ich hab’ nur eine Unterhose – Und keine Waschmaschine“ – das ist ein bißchen jünger und frivoler. Wer es ganz peinlich braucht und einen Hörschaden oder Gleichgewichtsprobleme hat, der guckt allerdings Arabella! Der ultimative Tummelplatz der Arschgeigen, hier darf nur mitmachen, wer zum Hoseöffnen Hilfe benötigt und Hirn für einen Geschmacksverstärker im Hundefutter hält. Die Themen rangieren irgendwo zwischen „Ja wirklich, ich hab’ schon mal“ – „Ja richtig, ich könnt’ schon wieder“ und „Ja, ein Freund von mir hat auch schon mal ganz anders“. Hauptsache, es hat mit Sex zu tun. Allerdings finden manche Leute so was auch ferkelig, für die gibt’s den Betroffenheits-Brummer Fliege, die fleischgewordene Beileidskarte. Dort kommen die Randgruppen zu Wort, die so langweilig sind, daß man sie im Privatleben nur noch unter Androhung von Prügeln den Mund aufmachen läßt. All die Leute, deren unverwertbaren Meinungsmüll man dadurch zu entgehen versuchte, daß man nicht mehr Straßenbahn fuhr oder nur noch mit Ohropax zum Friseur ging, sieht man dafür heute im Fernsehen. Wann kommt endlich die Show, in der ein paar Leute eine Stunde gemütlich dasitzen und einfach die Fresse halten? Ich warte!
Wo ist Arpad, der Zigeuner? Das frage ich mich schon lange. Einst jagte dieser schmucke Hallodri im roten Pluderfummel verwegend lachend durch die Puszta und narrte mit seinen Mannen den einen um den anderen Husaren im Nachmittagsprogramm des ZDF. Doch seit ungefähr zwanzig Jahren ist es zappenduster um ihn.Was macht er heute? Letztens glaubte ich ihn in der Fußgängerzone vor Horten alte PeterMaffaySchlager fiedeln zu sehen, dann dachte ich zeitweise, er sei der Vater der KellyFamily. Diese Ungewissheit macht mich ganz hibbelig. Alles wird wiederholt, nur nicht „Arpad, der Zigeuner“! Warum? Etwa immer noch Vorurteile gegen das fahrende Volk oder übertriebende Rücksichtnahme? Wir können doch den Titel übermalen und ihn „Arpad, den Sinti“ nennen! Oder erinnern sie sich auch noch an „Time Tunnel“? Zwei trottelige Wissenschaftler im Rollkragenpulli wirbeln durch die Jahrhunderte und vergurken alle wichtigen Augenblicke der Weltgeschichte. Ist auch seit den Siebzigern nicht mehr gelaufen. So viele Helden und Begleiter meiner Kindheit, die ich nie wiedersah und deren Schicksal mich ins Grübeln bringt. Wo ist der „Spatz vom Wallraffplatz“? Überfahren von einem Praline-lesenden holländischen Lkw-Fahrer mit der Hand in der Hose? Von einem mißgünstigen WDRRedakteur? Und wie geht es „Plumpaquatsch“? Das war so ein breitmauliges grünes Labervieh mit Zottelhaaren aus der Remitendenkiste der ARDPuppenmacher, irgendwo zwischen Kermit und Heike Makatsch, das gleichsam seinem menschlichen Co-Moderator wie auch die Zuschauer nervte. „Hase Cäsar“ war auch so ein Fürst. Der wurde irgendwann in Rotwein serviert, glaube ich – oder wohnt in einem Rammler-Seniorenheim in der Hasenheide und erzählt den 124 Enkeln von seiner Zeit als Fernsehstar. Fragen, die mich beschäftigen. Was macht die „Invasion von der Wega“? Ist sie noch im Gange oder gab es eine außerirdische Rückrufaktion? Wie ist das Leben dieser Tage im „Big Valley“? Immer noch morgens Indianer erschießen und nach dem Essen ein paar Pferde zureiten, oder steht da schon ein Einkaufszentrum? Jeder Mist wird wiederholt – warum nicht dieser? Bitte, Arpad – komm zurück! Und jag die dicken Drombuschs in die Pampa!
Und was macht der Tchibo-Mann? Wenn man einmal damit anfängt, kann man nicht mehr damit aufhören. Seit ich das letzte Mal darüber sinnierte, was wohl aus Arpad und anderen Granaten meiner Kindheit geworden ist, läßt mich die Frage nicht mehr los. Wie geht es zum Beispiel dem mysteriösen Tchibo-Mann? Jahrelang tatterte sich ein schwarz gekleideter Greis, Typ „Der freundliche Kolonialherr von nebenan“, durch die Kaffeeplantagen Südamerikas, steckte unaufgefordert seine ungewaschenen Hände in Säcke mit frisch geernteten Kaffeebohnen und hielt sich diese unter die triefende Rübennase. Niemand wußte, wer er war oder wo er herkam, die Indios zollten ihm aber uneingeschränkten Respekt. Vielleicht, weil der freundliche HutOpa ihnen in seiner Freizeit beim Bau von Volkshochschulen oder Espresso-Maschinen half, vielleicht, weil er nachts besoffen mit seinem Jeep in ihre Dörfer bretterte, die Kaffeepflücker auspeitschte und deren Töchter und Lamas vergewaltigte. Alles ist möglich. Kann sein, daß er heute friedlich in einem Seniorenheim für ausgemusterte Werbefressen sein Spargelcremesüppchen löffelt, aber auch, daß er von aufständigen Rebellen samt Schnurrbart und Zahnersatz in den Kaffee gebröselt wurde und als „Tchibo dicke Bohne“ im Sonderangebot landete. Oder erinnern Sie sich noch an diese Szene? Eine junge Frau kommt in ein Restaurant, setzt sich an den Tisch der feisten Miss Tilly und startet ein unverfängliches Gespräch über Kartoffelsalat, worauf jene ihr plötzlich lachend offenbart: „Kartoffelsalat? Sie baden gerade ihre Hände in Kartoffelsalat!“ (Wahlweise gab es diesen Werbespot übrigens auch mit Hühnerbrühe, Batteriesäure oder einem Geschirrspülmittel namens Palmolive, welches auf wundersame Weise gleichsam verdreckte Teller reinigen und kratzigen Spühlhänden zu alter Geschmeidigkeit verhelfen sollte). Was nun aus Miss Tilly wurde, ist nicht bekannt. Allerdings vermute ich folgendes: Mit 27 mußte sie feststellen, daß sie zwar Hände wie Samt besaß, ihr Gesicht aber verschrumpelt war wie ein faltiger SeniorenSack. Daraufhin beschloß sie, den Kopf in eine Schüssel ihres Spülmittels zu tunken – und wahrscheinlich wäre sie bei diesem Versuch ertrunken, wenn das ätzende Zeug nicht ihren Schädel binnen kurzem komplett aufgelöst hätte. Wie gesagt, alles Hypothesen. Aber ich werde weiterforschen. Versprochen!
Wenn’s denn sein muß: Frohes Fest! Weihnachten steht vor der Tür! Und egal, ob Sie die Pforte höflich öffnen oder sie mit Brettern und eingelegten Schweinehälften vernageln: Sie können ihm nicht entkommen! Niemand entkommt Weihnachten. Dem Terminator vielleicht, sogar der Steuer oder den Zeugen Jehovas soll schon der eine oder andere entflohen sein, aber dem Weihnachtsfest noch keiner! Egal, wohin Sie flüchten, wenn Sie dort ankommen, ist trotzdem Weihnachten. Selbst im tiefsten Dschungel werden Sie irgendwo einen Elefanten mit Glöckchen am Rüssel entdecken, und auch falls Sie bei einem sympathisch-unzivilisierten Kannibalenvölkchen im Kochtopf landen, wird man dieser Tage einen Mistelzweig mit in die Brühe werfen und beim Umrühren „Jingle Bells“ pfeifen. Da können Sie noch so viel daherschwatzen, von wegen das sei alles zu kommerziell und Sie würden das sowieso nicht mitmachen – Blödsinn! Auch der unsentimentalste Skeptiker wird sich irgendwann besinnlich schwankend an einer Glühweinbude wiederfinden oder in der Fußgängerzone dem Mann mit ohne Beine verschämt-wohlwollend ein blinkendes Fünf-PfennigStück in die Schale werfen. Millionen intellktuell elitärer Studenten werden Nietzsche mal im Sack lassen und dafür „HoHo-Ho“ rufend im roten Fummel durch die Wohnungen degenerierter Mittelstandsfamilien ziehen, um sich für ein paar Silberlinge vor verwöhnten dicken Kindern zum Affen zu machen. Angeschossene Soldaten werden im Lazarett ein Lebkuchenherz auf dem Kopfkissen finden, und sogar der nette Gewalttäter von nebenan wird sanft lächelnd „Weihnachten mit Roger Whitaker“ in den CD-Player legen, wenn er das nächste Mal seine Frau verprügelt. Es ist halt eine besondere Zeit. Mütter werden heulend Nervenzusammenbrüche kriegen beim Versuch, den Heiligen Abend ganz besonders schön zu gestalten. Familien werden sich zerstreiten, falls jemand wirklich die Abmachung einhält, „sich dieses Jahr einmal nichts zu schenken“, und überall werden sich Menschen vor Schmerzen über Toilettenschüsseln krümmen, weil sie sich höllisch überfressen haben. Und trotzdem werden es alle wie immer doch irgendwie lieben. Ich wahrscheinlich auch. Und das gibt mir zu denken.Aber wenn’s denn also wirklich sein muß – auch von mir: Frohes Fest!
Schalt doch mal ab! „Die neue Gebührenordnung der Telekom ist gar nicht so schlecht wie Sie denken – sie ist noch schlechter!“ Mit Sätzen wie diesem oder „Wir haben nicht die Gebühren erhöht, nur die Sprechzeiten pro Einheit verkürzt. Sie müssen nicht mehr bezahlen – reden Sie doch einfach weniger!“ versuchen die gewitzten MarketingAmöben der Kohlekom, uns dumme Verbraucher zu beruhigen, während sie kichernd im neuen ZweiSekundentakt die 30 Silberlinge pro Einheit in die prallen Taschen klackern ließen. Okay, zugegeben – Kunden bescheißen, die sich nicht wehren können, ist schon ulkig. Und einer simplen Tätigkeit wie dem Telefonieren durch ein paar irrwitzige Gebühren-Umstrukturierungen einen Hauch von Dekadenz und Luxus zu verleihen, ist auch eine schöne Idee. „Bist Du eigendlich auch im Golfclub, Sven-Heiner?“ „Nein, ich telefoniere regelmäßig.“ „Oh, der Herr muß es aber dicke haben!“ – Ein Dialog, den man in Zukunft wahrscheinlich öfter hören wird. Frage ich mich nur: Warum hören die cleveren Einheiten-Einheimser gerade da auf, wo der Größenwahn anfängt, Spaß zu machen? Nur weil irgendein humorloser Richter mit Moralvergiftung ihnen verboten hat, für geplantes Leuteverarschen auch noch Werbung zu machen? Kein Grund, den Schwanz einzukneifen, egal wie klein! Jetzt erst recht! Wenn man schon „Tele“ im Namen hat, warum nicht gleich auch die unprofessionellen Handtaschendiebe der GEZ entmachten und neue Fernsehgebühren erhaben? Ungefähr so: Für Filme, die in der näheren Umgebung des eigenen Wohnortes spielen, gilt der City-Tarif von einer Einheit für 12, 7 Sekunden, der aber schon alle 8, 3 Sekunden abgebucht wird. Abschalten kostet 50 Einheiten und amerikanische Spielfilme können nur noch über Auslandsvermittlung angeschaut werden. Einmal alle zehn Jahre gibt es den verbilligten „Privatzuschauer-Tag“, an dem aber nur Werbung und Bildstörungen gezeigt werden. Fernsehen nach Sendeschluß zum sogenannten „Mondkalb-Tarif“ wird günstiger, ebenso Zuschauen nur mit Ton ohne Bild („Stevie-Wonder-Tarif“). Regelmäßig alle sechs Monate entschuldigt man sich für den ganzen Murks mit ganzseitigen Anzeigen und Werbe-Zeppelinen mit „Oops sorry“Aufdruck. Das ist zwar schweineteuer, kann Gebührenerhöhung finanziert werden.
aber
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Das ABC der Fassenacht ZOTE, DIE: (siehe auch „Versauter Witz“) schmieriger Scherz aus dem UroGenitalbereich, bevorzugt vorgetragen von besoffenen Messegästen oder verklemmten Spießbürgern, dis sich nicht trauen, laut das Wort „ficken“ auszusprechen und deshalb ihre Umwelt mit schlüpfrigen Zweideutigkeiten belästigen. TUSCH, DER: akustische Aufforderung zu künstlichem Gelächter und Zwangsapplaus. Markiert die Stelle im Text, wo eine Pointe hätte sein können. SCHUNKELN: Tätigkeit. Arhythmisches Hin- und Hergeruckel nebeneinandersitzender Gummizellenbewohner (siehe auch „Rinderwahnsinn“): Erinnert an ein Altenheim zur Mittagszeit, in dem 80% der Patienten der Katheter geplatzt ist. RIO DE JANEIRO: zauberhafter Ort aus der Sagenwelt, an dem nach der Vorstellung lüsterner Abteilungsleiter das ganze Jahr über nackte Exotinnen durch die Fußgängerzone tanzen, die vom Sex mit dicken Touristen träumen. KONFETTI, DAS: bunte Jeckengehirn-Nachbildung in Orginalgöße. (Querverweis „Gehirn: rudimentär entwickeltes Restorgan im Schädel, ungefähr 15 cm über der Bier-Einfüllöffnung. Funktion unbekannt.“) GOTTLIEB WENDEHALS, DAS: tragische Figur aus der griechischen Mythologie, in karrierter Jacke mit Bratenfett im Haar, der für die Erfindung der Polonäse Blankenese von den Göttern dazu verflucht wurde, bis ans Ende aller Tage auf dem Boden herumzurutschen und doofe Lieder zu johlen, die niemand hören möchte. Eng befreundet mit einem Gummihuhn. FUNKENMARIECHEN: als Tanzdarbietung getarnte Aufgeilmöglichkeit für sabbernde Päderasten. Blutjunge Mädchen präsentieren Bein und Schlüpfer zu flotter Marschmusik. In kinderarmen Regionen häufig ersetzt durch überbreite Hausfrauen mit Plockwurststelzen in Satin-Pelle.
Volle Hose – volles Programm Ich bin ein erwachsener Mann – und vor meinen Augen sehe ich einen durchgeknallten Knetgummi-Wecker auf dem Tisch tanzen, der blöde lachend mit den Zeigern herumfuchtelt und seinen kleinen fetten UhrenArsch in die Kamera schaukelt, während mir ein auf Drogen gesetzter Gospelchor aus dem Sauerland mit bebender Stimme ins Ohr gröhlt: „Volle Stunde – volles Programm!“ Jetzt sagt doch mal ehrlich, liebe Jungs von SAT.1: Für wie dämlich haltet Ihr uns denn? Schon früher, als Ihr uns fernsehglotzenden Dummerles den Film-Film als wöchentlichen Leckerbissen in den televisionären Schweinetrog warft, stellte ich mir die Frage, was wohl so bei Euch im Kopf-Kopf rumgeht. Aber nachdem ich feststellen mußte, daß Ihr trotz Doppelnennung den besagten Film doch immer nur einmal ausstrahlt, fand ich es eigendlich nur sehr amüsant, eine komplette Trailer-Strategie auf dem offensichtlichen Sprachfehler des Image-Beraters aufzubauen. Inzwischen allerdings würde ich doch dringend dazu raten, Eure stotternden Kreativ-Granaten mit Vorliebe für tanzende Gebrauchsgegenstände ganz schnell noch mal mit einer frischen Packung Wachsmalstifte in einen Marketing-Kurs der Volkshochschule zu schicken. Okay, ich gebe zu, die Jingle-Pest grassiert nicht nur bei Euch. Auch RTL 2 wollte uns jahrelang mit einem einfach guten McDonald’s-Gejaule vorsingen, daß ihr gesendetes Super-Spar-Menü „einfach Spaß macht“. Ich dachte jedoch immer: Das klingt mir eher nach einem schwulen Eunuchen-Chor beim Flaschendrehen, wo sich alle Zuckerwatte in den Hintern schieben – das kann doch wirklich nicht so toll sein. Aber wenn man sich bei RTL 2 nun mal das unter Spaß vorstellt – okay. Wenn ich ehrlich bin, fällt mir eigentlich kein einziger all jener Ihr-glaubtjanicht-wie-geil-wir-sind-Jingles ein, der nicht erstunken und erlogen ist. Selbst das öffentlich-rechtlich eingestaubte Schmankerl „Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe“ müßte ja eigentlich heißen: Bei uns kriegen Sie einen steifen Hals und Nackenstarre. Denn mal unter uns: Wer geht denn schon ins Kino in die erste Reihe? Höchstens ein kurzsichtiger Maulwurf, dem irgendein Idiot auf die Kontaktlinsen getreten ist. Aber wir sollen das toll finden. Ihr spinnt doch!
Das Wort zum Wort zum Sonntag Liebe Leser, als ich heute morgen aufstand und in mein Badezimmer fuhr, da fragte ich mich: „Wo um alles in der Welt bin ich nur – und wer waren diese drei schlafenden Blondinen?“ Da plötzlich sah ich vor mir ein kleines unschuldiges Häschen über die Straße hoppeln und mußte lächeln, denn als ich es überfuhr, dachte ich mir: „Hasen sind irgendwie wie Menschen – wenn man über sie drüberfährt, gehen sie tot.“ Sie haben es natürlich erkannt: Dieses kleine Gleichnis war mein bescheidener Versuch einer Hommage an „Das Wort zum Sonntag“! Fernsehen, wie man es sich wünscht: Unterhaltung mit Verstand, Belehrung mit Esprit, Verstaubtheit mit Schmackes.Als Kind ließ ich mich noch ein wenig vom Titel in dir Irre führen und wartete jedesmal gespannt darauf, was denn wohl diesmal das Wort zum Wochenabschluß sein würde: Barmherzigkeit? Brustwarze? Religionsverdrossenheit?Oder gar Reiserücktrittsversicherung? Nein, schnell sah ich ein: „Das Wort zum Sonntag“ ist mehr als nur ein Wort. Geschichten, die zwar kaum zum Zuhören, dafür aber zum Nachdenken anregen, vorgetragen von charismatischen KirchenKleindarstellern, ästhetisch in die Filmsprache transportiert mit oftmals bis zu einer Kameraeinstellung, aber vor allem: kein Fernsehballett! Und seien wir mal ehrlich: Wie oft hätten wir uns wohl in den letzten 40 Jahren beim Spätfilm der ARD in die Hosen gemacht, hätte uns die klerikale Standup- Comedy nicht vorher die Gelegenheit zum entspannten Strullen oder gar zur schnellen Stuhlpflege gegeben? Doch frag ich mich: Wo bleibt die „Wort zum Sonntag“-Late-Night-Show? Inquisition, Kreuzzüge, Hexenverbrennung – das zeigt, daß die Kirche ja schon Ahnung hat vom Entertainment. Warum läßt sie sich gerade im Fernsehen so einfach abspeisen? Okay, sie haben uns Fliege in den Nachmittag geschmuggelt, das war unfair und pfiffig, jedoch weit unter ihren Möglichkeiten. Wenn es schon „Hamster-TV“ gibt, warum nicht auch „Zölibat und Liebe?“, die „Versteckte Kamera im Beichtstuhl“, „Ministranten-Stadl“ oder „Abendmahlissimo“? Denn eins sollte man bei all der schönen Langeweile und behaglichen Betulichkeit nie vergessen: Der liebe Gott sieht alles – wir aber können abschalten!
Sackratten-TV Haben Sie schon mal „Hamster TV“ gesehen? Ultraschweinelustiger Untertitel: „Die oberaffengeile Tiershow mit Thomas Koschwitz“, der dabei ungefähr so verkrampft dasteht wie Schweinchen Dick im Konfirmationsanzug und uns spielerisch demonstriert, wie grottenlangweilig die Tierwelt sein kann. Gut, spätestens seit dem „Börsenmagazin“ und „Mona Lisa“ wissen wir, daß heute wirklich jede noch so unbedeutende Randgruppe ein recht auf eine eigene Fernsehsendung hat. Aber mal ehrlich: „Hamster TV“? Ich glaube da bohnert mein selbiger! Warum nicht gleich „Toastbrot TV“ oder „Die rattenscharfen Turbo-Show für linkshändige Sozialpädagogen mit heftiger Gesichtsakne“? Und zudem kommt außer Koschwitz gar kein Hamster darin vor! Ich war jedenfalls enttäuscht. Welch lustige Spiele hätte man sich für diese verkorkste Viecherparade ausdenken können – Mäuse melken, Schweine kastrieren, Dackel aussetzen … Doch was zeigt man uns? Knuffiges Schildkröten-Rennen, wo umgedrehte Aschenbecher mit Stummelbeinen ängstlich die Tischkante entlangrennen, damit sie keiner in die Suppe bröselt! Oder Terrier-Tennis mit doofen Kötern, die mit der Schnauze Bälle von Frauchen auffangen müssen. Klasse, so was Spannendes sieht man sonst nur bei Omas Geburtstag, wenn sie nach der zwölften Tasse Eierlikör Waldi den Katheterbeutel apportieren läßt! Da kann man gratulieren: Mit etwas Glück hat SAT.1 („Volle Stunde – leere Köppe“) es endlich geschafft, die wahrscheinlich überflüssigste Show dieser Erde zu fabrizieren. Wahrscheinlich ist irgendwem da einmal zu oft der Hüpfball an die Omme gedonnert … aber andererseits setzt ja RTL mit dem Hirn voll Chappi zur gleichen Zeit auch voll auf die quotenstarken Zeckenteppich-Inhaber mit „Rudis Hundeshow“, von Horse-Face Carrell so gelangweilt moderiert, daß man ihn zur Strafe in Käse-Scheibletten auszahlen sollte. Und als Krönung danach auch noch „Natürlich“, so eine Art „Explosiv“ für Vierbeiner mit Désirée (who the fuck was Désirée?) Nosbusch als dröger Infotainment-Eule. Nein wirklich – bevor ich mir diese Grütze noch mal antue, filme ich doch lieber meinen Nachbarn beim Fischeausnehmen oder seh’ mir im Kinderprogramm an, wie Lassie mit dem Schniedel in der Bärenfalle hängenbleibt. Das ist wenigstens lustig.
Ich verstehe keinen Spaß Palim-palim, ich hätte gerne eine Flasche Pommes Frites, höhö … “ – wer erinnert sich nicht gern mit leichter Gänsehaut an den „gespielten Witz“ mit Dieter Hallervorden, diesen Klassiker der Fernsehunterhaltung aus der präpubertären Holzhammer-Ära des 70er-Jahre-TVs. Eine Zeit, als man sich noch darüber kringelig lachte, wenn Ilja Richter schlecht gereimte Pointen-Killer in die Kamera näselte, oder wenn Ingrid Steeger bei Klimbim im Schnellvorlauf die Möpse aus der Bluse hüpften. Was für ein Spaß … nun, diese Zeit schien mir zurecht begraben und vergessen – doch plötzlich holt die ARD den Spaten aus dem Schuppen und buddelt den alten Didi wieder aus! Und als wäre er der Ötzi der Flimmerkiste, pfeffern sie den Urzeit-Witzbold ruckzuck in die Mikrowelle und servieren ihn lauwarm in einer bereits mehrfach zu Tode gekochten Fertig-Show. „The Return of Verstehen Sie Spaß?“ oder auch „Jurassic Joke“ – die ARD als „Heiße Hexe“ des Humors. Da schläft man in der ersten Reihe (sowie in allen dahinter). Doch das Schlimmste: Wer überhaupt zehn Minuten mittelmäßiger Überraschungsfilmchen mit der verfickten Kamera sehen will, muß dafür zur Strafe mindestens anderthalb Stunden der schlechtesten Sketche des ausgehenden Jahrhunderts von und mit Dieter Halbverstorben ertragen. Nein danke, dann doch lieber wieder den grinsenden Kurt Felix mit der Hand am Hintern von Paola – die wußten wenigstens, daß sie langweilig waren. Also, liebe ARD: Was ist los mit Euch? Habt Ihr einfach keinen Bock mehr? Ihr seid ja schon über 40, da beginnt die Midlife-crisis – wollt Ihr die Brocken hinschmeißen und ’nen Ökosender im Kabelnetz eröffnen? Seid doch endlich mal ehrlich und gebt zu, daß die Rundfunkgebühren ohnehin nichts anderes sind als eine Art Zuschauer-Solidaritätszuschlag zur Finanzierung der Therapiemaßnahmen für geisteskranke Fernsehredakteure. Aber fragt uns nie wieder mit so einem Samstagabend-Sendeloch, ob wir Spaß verstehen – das ist Volksverarschung. Kauft Euch von mir aus noch eine Flasche Pommes Frites oder eine Dose Kleinhirn, aber vergeßt niemals: Lügen haben kurze Beine … und so wie Ihr das Publikum bescheißt, müßte Euch schon der Sack am Boden scheuern.
Vorsicht, Senderwahn! Es ist doch erschütternd! Heute kann man nicht mal mehr in Ruhe ein gutes Stück Fernsehen genießen, ohne Angst haben zu müssen, sich mit irgend etwas zu infizieren. Seit vor allem die Privaten vor ein paar Jahren anfingen mit B.S.E. (Billigen Scheiß Einkaufen), besteht ja quasi überall Verblödungsgefahr. Und wie die ersten tragischen Fälle von klinischer Vokalarmut oder Menschen, die in der Fußgängerzone um Konsonanten und einen Extradreh betteln, ja deutlich beweisen, ist Senderwahn sehr wohl auf Zuschauer übertragbar. Dabei beschränkt sich die Gefahr ja schon längst nicht mehr nur auf einzelne Sender – keiner kann letztendlich mehr herausfinden, aus welcher Station welche Show in Wirklichkeit an den Rezipienten vor der Mattscheibe geliefert wurde. Nimmt man z.B. eine Serie wie „Klinik unter Palmen“ oder „Durchfall unter Ulmen“ oder wie dieser Murks noch mal hieß. Klaus-Bärbel Wussow als schwarzwaldgeschädigtes Halbhirn in Weiß, der doofen Eingeborenen zeigt, daß eine halbe Aspirin im Whisky immer noch besser wirkt als zwölf Voodoo-Nadeln im Hintern. Lief in der ARD, hatte gewissermaßen den kulturellen Unbedenklichkeitsstempel – aber wer sich diese verschnarchte Schmalz-Schmonzette wirklich bis zum Ende reinzog, merkte sehr bald, daß sich ihm das Denkorgan im Schädelinneren vor Schmerz zur Größe einer Trockenpflaume zusammenschrumpelte. Wissenschaftler fanden nun heraus, daß es sich bei diesem bebilderten Sendeloch eigentlich um den Inhalt eines alten Groschenromans aus der Serie „Dr. Grabbel, Hodenarzt aus Hoyerswerda“ handelt. Ein zugekokster RTL-Redakteur hatte es für teures Geld von seinem zurückgebliebenen Schwager gekauft und aus Frust gefressen, als sich herausstellte, daß dieser Palmenquark selbst für Wörthersee-infizierte RTL-Voyeure nicht zu ertragen wäre. Als der Flop aufflog, landete er in der Thoma’schen Knochenmühle und später mit ein paar Sägespänen in einem lauwarmen Nowottny-Burger in der WDRKantine, wo er nun über die Nahrungskette in das öffentlichrechtliche Verdauungssystem aufgenommen und auf dem Bildschirm ausgeschieden wur de. Und der unschuldige Zuschauer guckt es und wird blöd. So ungerecht kann die Natur sein!
Schreinemakers ist ein Mann! Ja wirklich, ich habe das letzte Woche selbst gesehen! Sie ist ein Er, grinst immer etwas schwul, trägt bunte Jacken und heißt eigentlich Jörg Woronta oder Camorra oder so. Irgendwer sagte mir allerdings, ich würde mich irren. Auch wenn es einem nicht unbedingt gleich ins Auge fällt, Schreinemacke ist sehr wohl eine Frau: Sie hat zwar eine Stimme wie ein kaputter Cassettenrecorder, viel zu großes Zahnwerk und kurzes Stoppelhaar am Kopfende, aber dafür heult sie andauernd wie Oma Walton beim Zwiebelschneiden und ist immer ein paar Monate im Jahr ziemlich schwanger. Dieser andere Typ, Wumbumba oder wie der noch mal heißt, ist nur so eine Art Praktikant oder Urlaubsaushilfe der SAT.1-Jobvermittlung und hat sogar selbst eine Sendung, in der man flennen kann. „Bitte melde mich“ soll die heißen oder „Bitte melde Dir“ und handelt von Leuten, die eigentlich auch gar nicht mehr da sind. Ich verstehe das allerdings nicht so richtig – warum macht der Typ eine Show, die so heißt wie jemand ganz anderes? Ist das auch bei anderen Sendungen so? Ist Ilona Christen in Wirklichkeit Hans Meiser? Gottschalk seine eigene Friseuse? Fliege doch ein Mensch? Und wenn Wontorra doch er selbst ist und Schweinebackers nicht Barbara Eligmann, warum nennt er dann seine Sendung nach einer fremden schwangeren Frau? Ist er der Vater? Will er anonym bleiben und die ganze Schuld für die vergeigte Show auf eine andere abwälzen? Ich finde das ein bißchen feige und sehr verwirrend. Was kann man dem Fernsehen dann überhaupt noch glauben? Will es gar nicht wirklich nur dem Zuschauer dienen, auf daß dieser aufs Feinste unterhalten werde? Arbeiten bei den Öffentlich-Geizigen gar nicht alle ehrenamtlich, trotz Finanzierung durch GEZ-Spenden? Faßt Lippert doch nicht jedem gleich an die Hose? Und haben Vulkanier vielleicht gar keine spitzen Ohren? Ach, das ist doch alles Blödsinn … demnächst erzählt mir noch irgendwer, daß da gar kein Pferd auf dem Flur steht, die Wildecker Herzbuben unter Magersucht leiden oder die Kelly Family dieses Jahr schon duschen war. Nein, ganz ehrlich, liebe Medien – alles lasse ich mir von Euch auch nicht erzählen!
Jetzt schon an Weihnachten denken! Nennen Sie mich einen verstaubten Bürokraten, einen voreiligen Naseweis oder auch einfach einen drömeligen Furzknoten, aber ich habe meinen Weihnachtsbaum schon jetzt aufgestellt, geschmückt, umtanzt, zersägt und bereits wieder an den Straßenrand gestellt. Alles in nur zwei Tagen. Okay, Weihnachten, jetzt kannst du von mir aus ruhig vor der Tür stehen – ich hab’s dir schon besorgt! Während sich im Dezember die anderen Herden-Hirnis in den Kaufhausschlangen die Arschbacken wundstehen, sitze ich gemütlich daheim, bemale schmunzelnd das ein ums andere Osterei und murmle bewundernd zu mir selbst: „Junge, was bist du doch verdammt crazy drauf!“ Sie glauben, jetzt bin ich endgültig verrückt geworden? Okay, Freund Neunmalklug, dann sprechen Sie doch mal mit der ARD: Dort arbeiten – angeblich – kluge Leute, nach eigenen Angaben tun die sogar noch viel klüger sein als die bei RTL und den doofen Privaten, und die haben vor knapp einem Monat auch einfach schon mal die Weihnachtsfolge der finalen Rettungswitz-Serie „Familie Heinz Becker“ gesendet. Na also – was die schlauen Schrumpfköpfe aus der ersten Reihe der Versagerkolonie können, kann ich schon lange. Dabei ist das ja gar nicht mal so blöd von denen, wie es auf die ersten Blicke aussieht. Jetzt gibt es Sendeplätze, das Thema ist noch unverbraucht, und die ARD kann endlich mal wieder sagen, sie hätten ein interessantes Sujet noch viel dolle früher als alle anderen behandelt. Von wegen verschnarchter Beamtensender! Haha – den Spöttern ins Gesicht gelacht und gleich hinterdrein noch im Juli die Silvestergala ausgestrahlt. Und wenn die zweiten bis achtundzwanzigsten Programme dann lahmarschig am 31.12. angekleckert kommen und die gammeligen Hecks und Steiners für ihr Feuerwerk der Rohrkrepierer aus der Urne kratzen, schlägt sich die Intendanz schelmisch auf die Schenkel, zündet sich eine Zigarre an und lächelt überlegen: „Das Thema ist doch durch, das hatten wir schon vor einem halben Jahr!“ Sehen Sie selbst: Die ARD ist ihrer Zeit halt immer etwas voraus … Jetzt hat sie sogar schon den Verstand verloren, bevor andere ihn überhaupt gefunden haben!
Die Werbung lügt! Das ist nichts Neues, das weiß jeder. Geisteskranke Frauen, die wirklich glauben, das mit ihrem Nachbarn würde nur wegen der speckigen Weingläser nicht klappen, kann ich nur auslachen. Und Männer, die sich früh am Morgen von ihrer bekloppten Freundin aus dem Schlaf jagen lassen, um sich anzuhören, daß die Lätta alle ist, kann ich nur bedauern. Soll die blöde Kuh doch neue kaufen und sich in die Haare schmieren, aber mich nicht wecken! Ich ruf ja auch nicht nachts beim Papst an und erzähl’ ihm, daß ich kein Klopapier mehr habe! Als Kind ließ ich mich von den Produktionsinformationen allerdings noch ganz schön verscheißern, das muß ich zugeben. Ich glaubte wirklich, meine Zahnpasta würde von umgeschulten Bibern hergestellt. Was aber richtig gemein war: In der prä-nutelleralen Ära gab es kotfarbene Nuß-Kobalt-Cremes namens „XOX“ und „Käpt’n Nuß“, die behaupteten, der Verzehrer der braunen Zuckerschmiere würde durch sie schier unmenschliche Superkräfte erhalten. Ich fraß das Zeug kübelweise, wurde aber nur immer kleiner und fetter. Und der blöde Käpt’n Nuß konnte sich durch meine Kohle bald den Arsch vergolden lassen, der doofe Sack. Heute lasse ich mir so leicht nichts mehr erzählen. Ich weiß, daß man mit einer Dose Heringsfilet keine schöne Frau in die Wohnung lockt (ich habe alle Sorten durchprobiert!), und daß Götz George sich nie im Leben für eine billige Flasche Schaumwein vom Geländer schwingen würde. Gut, Werbung ist also unehrlich, akzeptiert. Das nehme ich ihr nicht mehr übel. Aggressiv werden kann ich allerdings, wenn sie uns für absolute Volltrottel hält. Wen ich z.B. richtig hasse, sind diese neunmalklugen Arschgeigen, die andauernd Kaugummi fressen und dann „eine pfiffige Idee haben“. Zu blöd zum Geradeauspissen, aber kaum haben sie einen Freshmaker im Hals, wird ihr IQ zweistellig. Ein pickeliger Furzknoten, der eine Pocket-Kamera um seinen Hühnerhals hängt und sich so auf eine Pressekonferenz schmuggelt, ein kleines Sackgesicht, das im Stau einfach crazy durch ein Auto durchlatscht – mein Gott, warum haut denen nicht endlich mal einer in ihre grinsende Fresse? Auf die Idee müßte man doch eigentlich auch ohne Kaugummi kommen!
Morgen werd’ ich Pop-Star! Das habe ich mir fest vorgenommen. Pop-Stars haben es gut, die haben ein tolles Leben. Sie sind reich, berühmt, verrückt und werden mit Teddybären beworfen (quasi die Visitenkarte des weiblichen Groupies unter 14). Manchmal benennt man sogar VWs nach ihnen – nach mir bisher noch nicht mal einen Fiat Panda oder eine Mofa. Das ist doch ungerecht! Was tun diese Typen schon dafür? Gar nichts! Dieser weiße Neger zum Beispiel – packt sich an die Klöten, fiepst wie ein Hamster, der sich den Schwanz im Laufrad eingeklemmt hat, und läßt sich jeden zweiten Montag liften. Na toll! Ab und zu flüstert er noch durch die Gasmaske, daß er alle liebt, aber wegen der Bakterien lieber nicht anfassen möchte, und daß er das ganze Elend auf der Erde irgendwie gar nicht so superklasse findet, was ihn und seinen Affen bisweilen sehr betroffen macht. Von Zeit zu Zeit unterhält er sich auch mit Staatsanwälten, wobei es sich thematisch meistens um seinen Schniedel dreht – entweder hat irgendein Kind zuviel oder seine Ex-Beinahe-Frau zuwenig davon gesehen. Mal ganz ehrlich – das kriege ich auch noch hin! Oder nehmen wir nur mal diese ganzen widerlichen Boy-Groups: jeweils vier bis sechs junge Ärsche, die geschult wurden, selbige immer gleichzeitig von links nach rechts zu schieben und sich nie das Hemd zuzuknöpfen. Einzige Bewerbungskritierien: Sie müssen blöd genug sein, absolut jeden Scheiß mit sich machen lassen und zusammen auf ein Bravo-Poster passen. Ob die sich dann „Leck That“, „Kack in the Eck“ oder „Brains Apart“ nennen, ist vollkommen egal. Hauptsache, sie fallen beim Tanzen nicht allzu oft hin. Vielleicht gehe ich aber doch lieber in die Techno-Szene. Da muß ich nur laut eine Handvoll englischer Wörter aus dem Langenscheidt auf ein Humpta-HumptaBett brüllen und fertig. Okay, für eventuelle Interviews und Live-Auftritte müßte ich mir noch ein paar Teile des Gehirns veröden und etwas Hoden- und Zungenpiercing machen lassen. Dann hüpfe ich nur noch auf der Stelle und fuchtele mit den Armen, während vollbusige Exotinnen in periphär angedachten Ideen von Kleidung um mich herumtanzen und mich um etwas Hilfe bei ihrer sexuellen Befriedigung anbetteln. Gut, man ist ja auch kein Unmensch … Danach muß ich nur noch die Millionen kassieren und einmal im Monat ein Hotelzimmer demolieren. Ach, wird das herrlich!
Der Sender zur CD Die Öffentlich-Rechtlichen haben es schon schwer. Während die bösen Privaten ihre Filme auch noch abends nach jedem dritten Satz für finanzträchtige Blasentee-Werbung unterbrechen dürfen, können sie lediglich die GEZ-Gebühren erhöhen und über den fortschreitenden Verfall der Medienkultur jammern. Aber ganz blöd sind die Abzocker aus der ersten Reihe ja auch nicht. Das Zauberwort für Kohle aus der Gesäßtasche der Werbewirtschaft heißt „Sponsoring“. Das bedeutet einfach, man läßt die „Tagesschau“ von „Salmonella“, dem Vanille-Eis mit herzhafter Fischglasur, präsentieren oder „aspekte“ von „Drink & Go“, dem ersten Kaffee, mit dem man sich auch die Haare waschen kann. Dazu kommt das überall beliebte „Merchandising“. Zu jeder noch so stinklangweiligen Vorabendserie, sei es über triebgestörte BWLStudenten auf dem Ponyhof oder debile Schweinehirten im Alten Land, gibt es das Buch zur Serie bzw. zum Wegwerfen. Dazu die Tasse und die Kappe und das Zäpfchen. Aber noch viel besser ist ja die sogenannte „CD zur Sendung“ – und in dieser Marktnische scheint sich das ZDF neuerdings zu einer Art MTV der Frührentner zu mausern! In der Zeitung steht z.B.: „Das Beste von Judith und Mel“! Aha, welch lustiger Antagonismus, denkt man sich, etwa wie „Das Schönste aus offenen Geschwüren“ – und man erwartet eine Stunde gewohnt gruseliger Gesangsattentate der Gandersheimer Gesichtsbarracken. Doch plötzlich merkt man, daß in Wirklichkeit nur ein Tonträger, der schon durch seine schiere Präsenz dem Kunden in der HiFi-Abteilung das Blut im Hirn gefrieren läßt, vom ZDF ein 60-Minuten-PromotionVideo geschenkt bekommen hat. Nette Geste. Oder noch besser: die Flippers! Zwei grinsende Schlagermumien im Glitzerfummel, die für mich immer aussehen wie ein farbenblindes Friseurpärchen aus Bottrop, die den Altkleidersack von Siegfried und Roy gemopst haben, begleitet von Schweinchen Dick mit Dauerwelle an der Kindertrommel. Und kaum haben die ihre CD „Liebe ist … “ ( … eine Flipperflosse auf der Pizza Tonno) auf den Markt geschmissen, finanziert das ZDF dem Thunfisch-Trio auch noch ihren Sommerurlaub und läßt die drei Kitsch-Kasper Bella Italia volljohlen, bis den Einheimischen die Tomatensoße von der Nudel rutscht. Und alle zwei Minuten hält einer die CD in die Kamera und grinst wie ein zugekokster Gebrauchtwagenhändler. Für die einen war es so eine Art Sendung, für die anderen der längste Werbespot der Welt! Mir war einfach nur schlecht.
Möchte noch jemand Eis? Wer ins Kino geht, muß damit rechnen, sich aufzuregen. Egal, ob über den ZweiMeter-Riesen mit Bischofsmütze, der sich auf den letzten freien Platz vor dich setzt, den Fußpilz-Züchter im Rücken, der seine schuhlosen Schweinemauken auf deiner Kopfstütze plaziert oder über die sprechende Amöbe im Stimmbruch, die in hirnlosem Eifer und megaphonischer Lautstärke absolut jede Szene kommentiert, unwissend, daß seine dämliche Drecksmeinung weniger interessiert als der Furz einer kretanischen Bergziege bei Sonnenaufgang. Okay, all diese Übel lassen sich mit einer vernünftigen Konversation oder einem gezielten Schlag aufs Maul notfalls noch beheben – aber einem Übel kann niemand entfliehen: der obligatorischen LangneseWerbung! Selbst wenn man das Eis mag und vielleicht sogar kaufen wollte: Die Doofenfilme aus dem Haus der Hirnschmelze verderben einem auch den letzten Rest Appetit! Like Scheiß in the Sunshine – ulkige Klischee-Vollidioten am Strand fressen Eis und haben Spaß. Mann, haben wir gelacht – allerdings nur einmal. Beim zweitenmal noch geschmunzelt, beim dritten gegähnt und beim viermillionstenmal in Agonie geschrien! Eine Werbung, die mehr über ihr Publikum aussagte als über ihr Produkt, denn man wußte immer: Wer sich hierbei noch die Schenkel klopft, ist entweder rettungslos verblödet oder seit der Premiere von „Quax, der Bruchpilot“ nicht mehr im Lichtspieltheater gewesen. Anyway, dachten sich die klugen Kreativ-Cornettos, wer sich hundertmal den gleichen Flutschi-Finger in den Hals steckt, kann auch tausendmal den gleichen Witz ertragen. Selbst den von dem ach so witzigen Fettwanst, der sich im HawaiiHemd durch die Programme zappt, bis ihn seine noch fettere Frau wieder zurückholt. Unlustig bis zur Schmerzgrenze – aber so schmeckt nun mal der Sommer: nach Schweiß, Sonnenöl und Mückensalbe. Lecker. Kurze Zeit vorher gab es auch mal putzige Buschmänner, die für Massa Zuschauer schönes Langnese-Film auf Elefantenleinwand abspielten. Ja, weißer Eismann sein gut zu dummer Schwarzhaut! Wahrscheinlich auch gar nicht rassistisch gemeint, und irgend jemand hatte in Nogger nur den ersten Vokal verwechselt … Die Krönung aber der Nachfolger „Cool Kisses“ – zwei quietschfidele Yuppies zum Knutschen mit der Großhirnmasse eines Eiskonfekts feiern Hochzeit und erleben dabei Ulkiges. Da lachte keiner mehr. Man wollte nur noch schießen. Ich und mein Magnum – für die einen ist es Gewalt, für die anderen die kürzeste Scheidung der Welt!
In diesem Sinne: Leckt mich doch!
Nachts, wenn die Sender schlafen … Was geschieht eigentlich im Fernsehen, wenn die kleinen Sender müde sind, sich ihre Äuglein reiben und die MAZ ausknipsen? Was gähnen ZDF und RTL in den Äther, wenn der Sandmann Stolte in sein Bettchen gebracht und Thoma den Nuckeldaumen in den Mund gestopft hat? SAT. 1 und RTL z.B. versuchen uns weiszumachen, daß echte Helden gar keinen Schlaf benötigen und sie deshalb rund um die Formatuhr für ihr hochgeschätztes Publikum auf den Beinen sind. Was natürlich Quatsch ist, denn aus den Gräbern der Geschmacksverwesung steigen nach Mitternacht lediglich ausgelutschte Laber-Zombies in erbarmungslos blutleeren Talk-Show-Wiederholungen, denen ob ihrer geistigen Totenstarre nicht einmal mehr ein Holzpflock durch die Fernbedienung etwas anhaben kann. Ganz anders das ZDF, wo stundenlang ein orientierungsloser Praktikant über öde Landschaften juckelt und einen Parkplatz sucht.Vergeblich wird man darauf warten, daß er mal lachend einen Blumenkübel ummöllert, hupend am Krankenhaus vorbeirast oder eine alte Oma in den Graben drängt, denn schließlich ist man beim ZDF (Züchtige Deutsche Fahrschule), da bremst man auch für Schwarzseher und hält nicht mal zum Pinkeln an. Da ist man bei VOX schon kreativer, läßt nach Sonnenuntergang selbige wieder aufgehen und zeigt die Urlaubsvideos des Kameramanns aus Miami Beach. Ab und zu kackt ein Hund in die Brandung oder es wird eine tote Robbe angeschwemmt. Aber sonst nichts als leere Strände und wohliger Wellengang – quasi „Baywatch“ ohne Titten, aber zum Glück auch ohne Hasselhoff. Ähnlich entspannend ist es bei Super RTL – man läßt einfach den Kamin brennen, grillt mal ein Würstchen oder wirft etwas Geld in die Flammen, gibt sich aber sonst der knisternden Langeweile hin. Nur unmerklich spannender als eine abgefilmte Zentralheizung, dafür aber nicht so nervenaufreibend wie die LiveÜbertragung aus dem Aquarium im Offenen Kanal. Eine Handvoll Fischstäbchen im Rohzustand schwimmen von links nach rechts, wenn sie ganz crazy drauf sind, sogar mal von rechts nach links. So realistisch, daß es bereits häufig zu Beschwerden der Zuschauer wegen des strengen Fischgeruchs in ihrer Wohnung kam – was allerdings nicht am Offenen Kanal, sondern meistens nur an der offenen Hose lag. Na dann gute Nacht!
Micky Maus hat keinen Pimmel! Donald Duck übrigens auch nicht. Sonst könnte die alte Pottsau sicher auch nicht den ganzen Tag ohne Hose durch Entenhausen laufen. Minnie und Daisy scheint die Genitalarmut ihrer Partner seltsamerweise herzlich wenig zu stören. Früher dachte ich eine ganze Zeit lang, sie hätten ein Verhältnis und ließen sich heimlich von Kater Karlo nageln, aber das stimmt nicht. In ganz Eunuchenhausen läuft zwischentierlich absolut null! Okay, niemand weiß, was wirklich abgeht, wenn die Lichter ausgeknipst und die lustigen Taschenbücher zugeklappt sind. Vielleicht schwingt sich Donald dann mit erigiertem Bürzel in seinen Latex-Matrosenanzug und läßt sich von Tick, Trick und Track in Dagoberts Geldspeicher auspeitschen, vielleicht gehen die Panzerknacker auch gemeinsam duschen, aber das bleibt reine Spekulation. In der Disney-Welt ist eben alles anders. Da haben sich alle lieb, aber ohne anfassen, Schweine können sprechen und nicht nur faul auf dem Teller in der Soße liegen, und Pluto pinkelt nie auf den Teppich. Niemand muß jemals traurig sein, denn wenn man den Krebsbefund bekommt, tanzt dazu ein heiteres Mäuseballett. Das Leben kann so schön sein, wenn es gemalt ist! Und gegen ein bißchen käuflichen Optimismus ist ja auch wahrscheinlich nichts einzuwenden. Ich habe als Kind auch lieber „Das Dschungelbuch“ gesehen als jede noch so gut gemachte „SPIEGEL-TV-Reportage“, und das geht mir heute eigentlich immer noch so. Inzwischen allerdings scheint den malenden Kommerzkaspern aus dem kulturellen Disneyandertal ja wirklich absolut keine Peinlichkeit mehr plump genug zu sein. Nach „Pocahontas“, der pastellfarbenen Aufarbeitung der Indianervertreibung, folgt nun – kein Scherz! – die Zeichentrickversion von „Der Glöckner von Notre Dame“! Ein Sackgesicht zum Knutschen verknallt sich unglücklich in die scharfe Wuchtbrurnme Esmeralda, bimmelt sich den Buckel schief und am Ende singt das lustige Depri-Monster mit ihr und dem sprechenden Mauervorsprung „I’m Too Sexy“. So kann man ein gotisches Drama natürlich auch interpretieren. Auf Erden klingeln die Kassen, und im Himmel zertrümmert Victor Hugo schreiend seine Harfe, während auf CD die Musical-Version von „Les Misérables“ läuft. Wie wär’s denn vielleicht als nächstes mit „Walt Disney’s Holocausty“ (Alternativtitel: „Goofys Liste“) oder „Tschernobilly, der auseinanderfallende Elefant“? Es lebe die Trivialität des Tragischen!
Mission: Recycable! Hurra, Flipper ist wieder da! Und sogar im Kino. Na gut, nicht der ganz echte von damals, der ist schon längst zu dreimal Mittagstisch in der Pizzeria Pinocchio verarbeitet worden. Ist jetzt halt ein anderer Schauspieler, aber er riecht immer noch nach Fisch, ist glitschig und kann gerufen werden, indem man mit einer Blechtröte ins Wasser furzt. Nennen Sie mich von mir aus einen verschnarchten alten Zauselsack – aber irgendwie finde ich es schön, wenn man seine Fernsehhelden von damals heute im Kino wiedersehen kann. Der ewig läufige Richard Kimble, der dicke Captain Kirk, der fledermäusige Flatterheini Batman – sie alle kamen zurück. Sogar den ollen Zossen Black Beauty ließ man letztens noch einmal ein paar Pferdeäpfel auf die Leinwand abseilen, bevor er zu seiner letzten Autogrammstunde in die Freibank trabte. Aber warum klappt das TV-Recycling eigentlich nur im Ausland? „Mission: Impossible“ wird ein Mega-Hit auf der ganzen Welt – aber wo bleibt zum Beispiel „MS-Franziska – Der Film“? Oder „Manni, der Libero, returns“? Haben wir Deutschen etwa keine weggeworfenen Serien, die es wert wären, wiederverwertet und nostalgisch gehuldigt zu werden? Okay, wir waren immer etwas betulicher als die anderen. Während in den USA „Starsky & Hutch“ mit gespannter Knarre einen Flickflack über das Autodach machten, schnallte sich hier „Der Bastian“ die Fahrradklammern um die Cordhose. Na und? Jedes Land bekommt das, was es verdient! Die Amis hatten „Bonanza“, aber wir „Die Hesselbachs“! Und was ist schon „Der weiße Hai“ gegen einen „Blauen Bock“? Ein paar lustige Homos ins Drehbuch und wir haben einen Nr.-1Hit mit „Neues aus Schwulenbusch“! Und mit Til Schweiger und Katja Riemann als Ratz und Rübe könnte man sogar „Rappelkiste“ zum Kinohit machen! Sollte das alles trotzdem nicht hinhauen, dann hilft nur noch eine CoProduktion aus Hollywood. Es muß ja nicht gleich „Speed 2 im Kli-KlaKlawitterbus“ oder „Nightmare on Forellenhof“ sein, aber die „Addams Family“ hätte man doch in Deutschland mit anderen Namen hervorragend als „Diese Drombuschs“ verkaufen können. Und warum verfilmt Quentin Tarantino nicht „Derrick“ mit Clint Eastwood und John Travolta als Harry? Ich jedenfalls plane schon heute die Spielfilmversion von „Kalkofes Mattscheibe“ mit Bruce Willis als sympathisch-schüchternem Fernsehkritiker, der allein mit zwölf GEZ-Fahndern im Fernsehturm eingeschlossen wird. Titel: „Kalk Hard – Ihr mich auch“! Wir sehen uns im Kino!
Mathe, Deutsch und Fernsehen Noch nie habe ich verstanden, warum es mich als präpubertären Pennäler interessieren sollte, mit wieviel Ärmchen das fummelfreudige Sauerstoffatom nach dem schüchternen Wasserstoff grabscht, damit sie zusammen ein Bächlein machen können. Auch wollte ich nie wissen, wieviel die dritte Wurzel aus 729 ist. Ich fand immer, das ging höchstens die dritte Wurzel von 729 was an, vielleicht noch ihre Familie, aber sicher nicht mich. Und welche Farbe der Bauch des StichlingMännchens annimmt, wenn er scharf auf irgendeine vorbeischwimmende Makrele ist, war mir, mit Verlaub gesagt, extrem scheißegal. Wenn der böde Fisch unbedingt ficken will, dann soll er, aber möglichst leise – und wenn er sich dazu die Plauze anpinseln, die Schuppen fönen oder sich gegrillt auf ein Toastbrot legen muß, ist das seine Sache. Mich tangierte das nicht einmal peripher, ich wollte vielmehr wissen, was HopSing denn den Cartwrights diese Woche wohl Seltsames gekocht hatte und warum es auf Ponderosa keine Katzen gab. Oder wieso auf allen fremden Planeten, die das Raumschiff Enterprise ansteuerte, die Außerirdischen ihre Felsen von innen mit bunten Glühbirnen beleuchteten wie beim Laternenfest der Kreissparkasse. Aber das erklärte mir niemand. Wieso eigentlich nicht? Warum gab es „Fernsehen“ nicht endlich als Schulfach? Die armen Kinder müssen lernen, wie man auf Lateinisch eine Vanillemilch bestellt oder häßliche Linoldrucke aus alten Küchenfliesen zusammenpanscht, aber keiner meiner knorrigen Lehrerinnen hat mir je erläutert, wie man einen Videorecorder programmiert oder was man tun soll, wenn zwei tolle Filme gleichzeitig laufen. Da versagt das deutsche Schulsystem. 82% der Kids heutzutage wissen noch nicht einmal, daß es auf ihrer Fernbedienung überhaupt einen Abschaltknopf gibt, irgendwo zwischen RTL und Lauterstellen. Warum gibt es kein Fach, in dem man den jungen Menschen erklärt, daß David Hasselhoff lediglich ein sprechendes Brusthaartoupet und „Baywatch“ nur Fiktion ist, normalerweise an den Stränden nur dicke Frauen mit geröteter Speckschwarte liegen und daß die Titten von Pamela Anderson nur mit einer chirurgischen Fahradpumpe aufgemopst wurden, allerdings explodieren können, wenn man zu stark rubbelt? Solange die Medienpädagogen nur mit dem erhobenen Zeigefinger in der Nase bohren und über den schädlichen Einfluß der Glotze jammern, wird bei ihrer Arbeit außer dicken Popeln jedenfalls nichts herauskommen.
Kopulier mir! Ganz ganz früher, so gegen damals, war alles einfacher. Wenn der Mann eine Lebensabschnittsgefährtin suchte, die ihm die Fellunterhosen bügeln und die Höhle klinkern sollte, schlurfte er – sofern er das Aufrechtgehen bereits beherrschte – einfach zum Dinosaurier-Grillplatz, grunzte zweimal und donnerte dem nächstbesten Nichtschwänzler seinen Holzprügel auf die Omme. Ein paar Jahrhunderte später mußte er sich schon etwas Mühe geben. Zusammengelogene Komplimente und geklaute Blumen, ein Kniefall und Geschmeide – der güldene Verlobungsring wurde zur Keule des modernen Mannes. Doch es sollte nur wenige Jahrzehnte dauern, da war es die Frau sogar selber, die – sofern auch sie schon aufrecht gehen konnte – am Samstagabend mit Mini-Pli und Mini-Rock loswackelte, um sich ihren Begattungshelfer höchstpersönlich zu erwählen. All diese hübschen Formen des spontanen Kennenlernens scheinen heute jedoch ausgestorben zu sein. Wer dieser Tage was zum Anfassen sucht, der geht ins Fernsehen. Denn töffelig herumgebaggert wird längst nicht mehr nur in der verwarzten Vorstadt-Fummeldisco, sondern auch auf dem Bildschirm. Wo einst nur die ARD ein hagerer Holländer gelangweilt aufgebrezelte Bürokauffrauen fragte, welche der drei pomadebeschmierten Arschgeigen denn nun ihr Herzblatt sein sollte, kamen schon bald die Quoten-Trüffelschweine der übrigen Sender aus ihren modrigen Kreativ-Katakomben gekrochen und jagten gleich dutzendweise fröhliche Geschlechtsverkehr-Vorbereitungs-Shows durch den Äther. Von Verzeih mirbis Besorg’smirund Verpiß Dir, von SommersuchtSprossebis FischsuchtDoseund RedakteursuchtGehirn– in jeden Topf paßt ein Deckel, und Quote bringt es außerdem. Wer zu dösig ist, eine „FrustrierterErdkundelehrermitEinbaukücheundeigenerCordhose sucht junge Thailänderinmit viel Toleranz“-Anzeige aufzugeben, meldet sich halt bei Nur die Liebe zähltoder Wen die Pflaumequältoder läßt sich gleich von Linda, der sprechenden Scheiblette, zum zukünftigen Scheidungsopfer machen. Kein Aspekt der gescheiterten Zwischenmenschlichkeit, der noch nicht im Werberahmenprogramm zu sehen ist. Obwohl, – MordoderScheidungals Nachfolger von Geld oder Liebe, Flitterfickelnoder Die Onan-und-Wixie-Showkönnte ich mir schon noch vorstellen.
Das Glüxrat nahch der Rechtschraibrevorm Zweimal täglich nach dem Essen frage ich mich selbst: Was bringt uns die Rechtschreibreform? – Bisher jedoch ohne befriedigende Antwort meinerseits. Okay, vielleicht darf man jetzt „furzender Fickfrosch“ mit „V“ schreiben, aber ehrlich gesagt sollte man das als anständiger Mensch ohnehin lieber gar nicht zu Papier bringen. „Die armen Schüler müssen nicht mehr soviel Rechtschreibung büffeln!“ mag ein pelziger Pullunder-Pädagoge sich aus dem Marmeladeverklebten Vollbart nuscheln, aber weiterhin frage ich, wozu das gut sein soll! Damit die faulen Bratzen jeden Tag noch zwei Stunden mehr mit InLine-Skatern in der Fußgängerzone Omas über den Haufen fahren können? Glauben Sie ja nicht, die kleinen Mitesserplagen würden einem das alles danken! In Zukunft wird jeder Erwachsene, der „fotografieren“ in alter Tradition des Absurden noch mit „ph“ schreibt, von vorlauten Rotznasen öffentlich ausgelacht und als altmodisch-verkalkter Schnarchsack denunziert werden. Und das alles nur, weil wir einen Kanzler haben, der im Diktat immer eine Fünf hatte, und in Bonn jeder zweite Abgeordnete ein abgeschlossenes Legasthenie-Studium vorzuweisen hat. Und weil es denen peinlich ist, ohne Sekretärin nicht einmal den Einkaufszettel für den Aldi fehlerfrei auf die Küchenrolle kritzeln zu können, spülen sie eben mal fix unsere seit Jahrzehnten mühsam verkorkste Rechschreibung in das imaginäre große Klo. Aber hat sich schon mal jemand darüber Gedanken gemacht, was das für Konsequenzen für das Fernsehen hat? Wie schreibt man beispielsweise in Zukunft ZDF? Oder Ilona Christen? Und was wird überhaupt aus dem „Glücksrad“? Ich sehe schon jetzt vor meinen geistigen Augen, wie Maren Gilzer panisch zwischen Vokalen und Konsonanten umherzappelt, bis ihr die Laufmaschen in die Strümpfe schießen und sie vor Angst zu sprechen anfängt, wenn sie bemerkt, daß plötzlich die Gesetze der Rechtschreibung außer Kraft getreten sind. Und schon heute freue ich mich darauf, wie sich bei Meißner das Gehirn auf „Bankrott“ dreht und Peter Bond das versteinerte Grinsen in die Unterhose poltert, wenn der erste Kandidat nach der Auflösung zu diskutieren beginnt, ob man „Wer das liest, ist doof“ nicht hinten auch anders schreiben kann. Mm … könnte zum ersten Mal spannend werden!
Sättigungsbeilage Fernsehen Reden wir heute mal über das Essen. Um den leeren Magen in den Zustand unangenehmer Völle zu verhelfen, plazierte die clevere Hausfrau früher noch die gemeine Salzkartoffel mit Petersilie-Schuppen neben die irre Rinderroulade. Oder Papa bröselte sich längs des Zigeunerschnitzels überlegen den nicht klumpenden Kunstreis aus Onkel Toms Tüte auf den weißen Teller. Heute jedoch bleibt die Küche kalt, da wird einfach die Sättigungsbeilage aus der Kiste angeknipst. Zu jeder Tageszeit gibt es das passende Fernsehgericht. Während sich bei Sonnenaufgang der noch dösende Darm zu vereinzelten müden Morgenmagazinen recht angeregt entleeren läßt, wird bei den meisten anderen Sendern entweder die passende Seifenoper zum Duschen gereicht oder noch mal schnell der kalte Kaffee vom Vorabend aufgebrüht. Durch den verschnarchten Restmorgen plaudert sich danach das sympathische Schwiegersohn-Model „Kerner“ mit sanft einlaufenden Plaudereien, auf daß ja niemandem beim Frühstück die Eier zu hart werden – wobei zum Abschrecken selbiger anschließend die schrill durch das Studio keifende „Vera am Mittag“ als Appetithemmer über den Bildschirm walzt. Wenn sich gegen eins die gebeutelte Bürokauffrau ihre Diätsuppe anrührt, läuft gewöhnlich irgendeine amerikanische Krimiserie, wo ein tölpeliger Killer versucht, in einer einsamen Tiefgarage eine kreischende Blondine im Regenmantel auf den Frauenparkplatz plattzufahren. Zum Käffchen dann ein bißchen „Bärbel“ oder ein kleinen Fliegenschiß Betroffenheit, zum Kuchen aber auf jeden Fall eine Portion Ilona, denn die ist noch banaler als Schlagsahne und macht nicht mal dick, höchstens doof. Zwischen den Mahlzeiten gibt es nichts, höchstens als kleinen Snack etwas Gemümmel von „Hans Meiser“ oder ein bißchen bewegtes Brusthaar mit silikongefüllter Bikinibeilage in „Baywatch“. Lecker wird es erst wieder zum Abendbrot. Da wirbeln im „Glücksrad“ bunte Buchstaben durch leere Köpfe, da sagt uns Babara Eligmann, wie sie heißt, und in „Beschissene Zeiten – Schlechte Zeiten“ stümpern sich hoffnungslose Schauspielschul-Abbrecher durch gequirlte DrehbuchKacke. Es ist eben nicht zu verhindern im Zeitalter der multimedialen Überfütterung: Das Auge ißt nun einmal mit – auch wenn das Gehirn
meist hungrig vom Tisch aufstehen muß. Und geguckt wird, sonst gibt es schlechtes Wetter und Bildstörungen. Na dann Mahlzeit – aber für mich bitte keinen Nachtisch!
Gibt es intelligentes Leben im All? Gute Frage, bisher habe ich noch nicht einmal hier welches entdeckt. Obwohl … haben Sie „Independence Day“ gesehen? Von einem deutschen Regisseur, so eine Art intergalaktische Beziehungskomödie: Ein Kegelclub extraterrestrischer Schleimbeutel, ich glaube gespielt von Katja Riemann, macht eine Butterfahrt auf die Erde, bombt sich einmal quer durch die Botanik und wird dann von einer Handvoll fuckin’ cooler Americans wieder zurück zu Mama auf den Mars geschickt. Für mich persönlich einer der realistischsten Filme der letzten 200 Jahre. Stellen Sie sich mal vor, Sie wären ein Außerirdischer und würden von Riegel 7 aus unsere TV-Satelliten anzapfen. Ich schwöre es Ihnen – eine Woche mit Carolin Reiber, „Traumhochzeit“ und öffentlichem Schwanzmessen bei Bärbel Schäfer, und Sie würden auch herkommen, um alles wegzusprengen. Das zeugt sogar von großer Intelligenz – und ist eigentlich reine Notwehr, so was hält doch kein Alien aus! Wobei mir langsam auch klar wird, warum die meisten Raumschiffe bisher um diese Welt einen so großen Bogen gemacht haben: aus nackter Angst, beim Kontakt mit uns Menschen vollständig zu verblöden! Andererseits – wer weiß, was uns die Regierung nicht alles verschweigt. Wahrscheinlich hat man dort bereits eine X-Akte zur Kelly-Family angelegt: Sind sie Nachfahren des ausgestorben geglaubten Homo syphilis oder außerirdischer Herkunft (siehe auch UFO = Ungewaschenes Filziges Objekt)? Was ist mit dem mutantisch grinsenden Max Schautzer – hat eigentlich irgend jemand gesehen, wie er geboren wurde? Oder ist er vielleicht einem Alien-verseuchten ARDRedakteur beim Mittagessen aus dem geplatzten Blähbauch gesprungen? Und wer kann schon bei den Darbietungen der „Lustigen Musikanten“ sagen, ob es sich dabei um die satirische Umsetzung urdeutscher Brauchtümer handelt oder um ein klingonisches Fruchtbarkeitsritual? Vielleicht kommt ja auch Ilona Christen in Wirklichkeit vom Planeten Ariel – und irgendwie warte ich schon seit Jahren darauf, daß eines Tages Patrick Lindner beim Lächeln die Fönfrisur verglüht und ihm auf offener Bühne die Batterien aus dem Hintern rutschen. Und unser Kanzler … mal ganz ehrlich: Ist der wirklich so dick oder brütet er? Vielleicht bin ich auch der einzige noch existierende Mensch auf der Erde und werde vom Weltall aus mit einer versteckten Kamera gefilmt für die Jupiter-Ausgabe von „Bitte lächeln“. Aber egal – eines Tages kommt „Independence Day II – Der Tag, an dem die Zuschauer
zurückschlagen!“ Und bis dahin kann ich jedem nur raten: Trauen Sie niemandem – denn der Wahnsinn ist irgendwo dort draußen!
Auch Claudia Schiffer muß mal kacken! Fiel mir nur gerade so ein. Weiß auch nicht, warum. Zugegeben, egal wie liebreizend so ein frisch gezapfter Schiffer-Dödel auch sein mag – es ist keine schöne Vorstellung, wenngleich auch eine unumstößliche Tatsache. Den Mageninhalt vom Vortag kann selbst David Copperfield nicht wegzaubern, da bleibt nur der Stuhlgang. Ich weiß, bestimmt würden Sie jetzt am liebsten hochroten Kopfes einen zu Recht erbosten Leserbrief über den zunehmenden Niveauverlust dieser sonst so heiter anmutenden Kolumne schreiben. Aber denken Sie vorher noch einmal zurück an heute morgen im Badezimmer – und beschweren Sie sich dann lieber bei der Natur, nicht bei mir! Ich nenne nur Fakten! Der liebe Gott hatte nun mal keine Designer-Ausbildung – er erschuf Cindy Crawford und die Sonne mit der gleichen Freude wie Ernst Mosch und Hämorrhoiden. Keiner kann umhin, im Leben auch jene ästhetisch weniger ansprechenden Dinge zu tun, von denen er seinen Armanium häkelnden Kollegen von der Kreativ-Agentur und deren aufgebrezelten Grinse-Schnittchen mit dem Knackarsch im Lackschlauch nur ungern beim Prosecco-Schlürfen auf der SonntagsVernissage erzählen würde. Ich glaube, Carolin Reiber hat unter ihrem Dirndl schon mal während der Sendung einen fahren lassen, was aber vom Publikum wahrscheinlich nur für ein verstimmtes Alphorn gehalten wurde. Sollte ich mich irren, betrachten Sie den letzten Satz als gegenstandslos. Glauben Sie mir: Auch wenn wir die großen Geschäfte auf den bundesdeutschen Aborten am liebsten verschwiegen unter den Kanalisationsdeckel kehren würden – wir alle betreiben sie. Sogar die ganz, ganz Wichtigen – auch im Fernsehen! Um ganz ehrlich zu sein: Mehr als 60% der existierenden TV-Shows wurden auf dem Klo erfunden – und mindestens 90% gehören dort auch schnellstens wieder runtergespült! Warum aber schreibe ich das eigentlich alles? Nun, es ist nicht mein primäres Ziel, Ihnen, werte Leser, durch einen Text voller böser PfuiWorte den Appetit auf Ihre wohlverdienten Königsberger Klopse zu verderben – vielmehr möchte ich auf Dinge aufmerksam machen, die im argen liegen, zum Nachdenken anregen und kritisieren, ohne zu ermahnen … Gut, Sie haben recht – wahrscheinlich bin ich aber einfach nur eine alte Pottsau! Bitte verzeihen Sie mir.
Kaffee, Koks & Kinderschokolade Soweit zum Inhalt der Pausenbrottasche eines durchschnittlichen VivaModerators. Und das muß auch gar keine dicke Mami am Suppentopf überraschen, die all diese grünhaarig nasengepiercten Hibbelköppe mit dem debilen Dauergrinsen bisher immer für ganz anständige Furzknoten gehalten hat. So ist das nun mal in den Medien. Ohne Drogen läuft da nix. Oder glauben Sie etwa, all diese irrwitzigen Game-Shows mit Gehirntod als Hauptpreis sind nach einer Tasse Hagebutten-Tee entstanden? Soviel Wahnsinn kann kein Mensch erfinden, wenn er nicht vorher wenigstens mal kurz mit der Nase über den Schreibtisch geschliddert ist. Es gibt Kölner Sender, da werden die kleinen weißen Kreativ-Linien so natürlich ungezwungen ausgeteilt, daß Besucher häufig unwissend davor stehenbleiben, weil sie sie für Zebrastreifen halten. Und wer von uns hat nicht mit einer Mischung aus Sensationsgier, Ekel und Langeweile in den Trash-Gazetten die Geschichte des frisch verknackten HobbyKoksers Konstantin Wecker verfolgt? Wenn man denen glauben darf, muß der sich ja das Designer-Prickel-Pit säckeweise durch jede nur erdenkliche Körperöffnung gejagt haben, bis er irgendwann gutgelaunt mit einem Strohhalm im Hintern von der Polizei erwischt wurde. Doch wenn erst mal Gras über die ganze Sache geraucht ist, wird auch er auf der Bühne wieder klavierspielend mit der Sucht kokettieren können wie Juhnke mit der Whisky-Flasche. Denn so ist das Show-Business – und dem Publikum ist es ehrlich gesagt auch scheißegal, womit sich der ulkige Wicht im Scheinwerferlicht sein Leben versaut, Hauptsache, man hat was zu lachen. Aber was ist denn eigentlich mit den Medien selbst? „Religion ist Opium fürs Volk!“ hat mal irgendein schlauer Apotheker gesagt – aber wenn das stimmt, dann ist Fernsehen das Kokain für Sozialhilfeempfänger! Obwohl man natürlich schon unterscheiden muß: Wo ein bißchen Viva noch harmlos ist, quasi der Red Bull im Kabelnetz, oder MTV vielleicht vor der Disco statt Crack oder Speed genommen wird, kann man das ZDF höchstens als eine apothekenpflichtige Dosis Valium durchgehen lassen. Viva II und VH-1 sind der selbstgewickelte Althippie-Joint, Kabel 1 ist Klebstoffschnüffeln und die ARD ist kalter Kaffee. Doch egal, ob man sich Sat.1 drückt, RTL einwirft oder auf das Methadon-Programm Video umsteigt – gesund ist das alles nicht!
Frohe Ostern! Warum eigentlich nicht! Mir ist jedenfalls jetzt nach Ostern! Ich möchte Hasen jagen, Lämmer essen und bei meinem Nachbarn bunte Eier gegen die Fenster werfen. Ich möchte über die Felder hüpfen, auf Krokusse treten und im Gras gefärbte Hundeköttel verstecken. Darauf hätte ich jetzt Lust. Aber nein – ich muß Weihnachten feiern! Nur weil „alle“ das jetzt tun, und in den Kaufhäusern die länglichen Schokoladen-Skulpturen zur Zeit einen dicken roten Bierbauch-Seppl auf dem Staniolpapier haben anstatt eines fröhlichen Karnickels mit Eiern im Rucksack. Ja, wer bin ich denn? Muß ich mir von anderen vorschreiben lassen, welches Fest ich zu feiern habe und in welcher Stimmung ich sein muß? Ich will aber nicht wie ein Schaf der Herde zur Krippe folgen oder mich wie ein Lemming vor den Rentierschlitten werfen. Ich möchte auch nicht mehr in einen Supermarkt gehen, um 100 Gramm Mortadella zu kaufen, nur um dort ohne Pause mit Weihnachtsliedern von Roger Whitaker berieselt zu werden und meinen Aufschnitt in Geschenkpapier verpackt bekommen. Zu einer Zeit, wo jede Ansammlung von zwei Fischbuden mit einer silbernen Lamettakette in der Auslage zum Weihnachtsmarkt mutiert, jeder Furz nach Spekulatius riecht und sich die Kollegen im Büro billigen Tüten-Rotwein mit Süßstoff in der Mikrowelle warmmachen und einem als Glühwein anbieten, da wäre es doch eigentlich ganz erfrischend, beispielsweise zum obligatorischen Betriebskomasaufen in der Firma mal nicht mit roter Zipfelmütze, sondern wuscheligen Hasenohren an der Rübe hereinzuhoppeln. Arbeitet man in der Hierarchie eher im Parterre der Erfolgspyramide, wird man als endgültig durchgeknallter Vollidiot gelten – gehört man zur Führungsebene, wird man die innovative Weitsicht eines Mannes bewundern, der schon immer seiner Zeit ein paar Monate voraus war. Und erst das Fernsehen: Schon jetzt graut mir davor, daß im Dezember in jeder großen Show irgendein längst vergessen gehoffter Promi am Ende als Weihnachtsmann verkleidet seinen Sack ausschütteln wird, am zweiten Feiertag wie immer doofe „Stars in der Manege“ alberne Pferde im Kreis laufen und Äpfel abdrücken lassen werden und kein Advent vergehen wird, ohne daß auf mindestens vier Sendern ein Wiener Jungeunuchen-Chor „Stille Nacht“ gesungen hat. Ohne mich! Singt Halleluja beim Wasserlassen, hackt Bäume um und behängt den toten Torso mit farbigen Plastik-Kitsch und packt den Verstand in Goldpapier – ich geh’ jetzt Eier bemalen!
Prösterchen! Das ist schon ziemlich ekelig … „Prösterchen!“ Das klingt nach Reihenhaussiedlung am Nachmittag, nach dicklichen Dauerwell-Damen mit einer aufgeschraubten Piccolo, einem Zwergpudel in der Achselhöhle und angetrockneter Zitronencremetorte im Mundwinkel. Noch schlimmer ist aber „Stößchen“! Wer das beim SchaumweinZuprosten sagt, vielleicht noch mit abgespreizten Fingerchen und dem koketten Lächeln einer naßforschen Chefsekretärin kurz vor der Gehaltserhöhung, dem darf man getrost ein- bis zweimal ohne Vorwarnung in die Fresse hauen. Trotzdem sehe ich es schon auf uns alle zukommen – am Silvesterabend zur Mitternacht werden Millionen von Menschen den Kopf in die Konfetti-Schale halten und sich mit billigem Sekt vollschütten, „Prost Neujahr!“ gröhlen und versuchen, aus kleinen krumpeligen Bleiklumpen mit der Form eines kackenden Kormorans die zu verkorksende Zukunft zu deuten. Und für ein paar Minuten werden sie sich der schalen Illusion hingeben, mit dem Rauchen aufhören zu können oder daß das neue Jahr vielleicht ja mal nicht ganz so beschissen werden könnte wie das letzte. Vor allem aber wird das Fernsehen sich nach Kräften bemühen, uns den ohnehin bekloppten Abend vollends zu versauen. Nicht „Gaudi-Tretminen und Blödel-Napalm“, sondern „Lachsalven und Juxraketen“ – hihi, so nennt der spaßvogelige ARD-Redakteur seine Ansammlung totgelachter Rohrkrepierer aus der Sketch-Retorte öffentlich-rechtlicher Heiterkeitsattentate. Und während sich im Ersten der Moik im „Silvesterstadl“ die Luftschlange aus der Hose schunkelt, fummelt uns im Zweiten der grinsende Grabbelzoni Lippert in das neue Jahr. Aber nichts gegen Sat.1: Die haben erst Juhnke mit der Promille-Gala und danach zwei Affen beim Sackentlausen in „Die superoberaffengeile Silvesterparty mit Schimpy und Paviani!“ Mal unter uns – für so einen Titel wäre man früher noch ausgepeitscht oder von der Mutter des Programmdirektors in den Arsch getreten worden! Und für die Idee von RTL, um Mitternacht das Kölner Silvester-Feuerwerk von Bärbel Schäfer live kommentieren zu lassen, hätte man in der guten alten Zeit dem zuständigen Redakteur ohne Worte eine Handvoll China-Böller in die Unterhose gesteckt. Okay, Hans Meiser liegt zu der Zeit schon in der Heia, und Ilona Christen ist da immer noch beim Vorwaschgang, aber des Schäfers Bärbel, die Knallfrösche interviewt? Nein danke, da besauf ’ ich mich lieber doch selber, fresse alte Berliner, bis mir der Puderzucker aus den Ohren
staubt und spreng’ den Fernseher in die Luft. Prost, du blödes neues Jahr – und Stößchen!
Bitte behalten Sie Ihr Geld! Spenden Sie nichts mehr! Schluß mit dem pharisäischen PhilanthropenGeheuchel – der Monat der kollektiven Warmherzigkeit ist vorüber, Sie dürfen endlich wieder Schwein sein und sich für Ihr Geld selber was kaufen. Vorbei die Zeit, in der jeder Sender zwischen die Werbung für Weihnachts-Mon-Chéri, Gänsestopfleber und Tosca, den Süßstoff-Duft für die Hausfrau über drei Zentner, noch schnell einen schwermütig gehauchten Spendenaufruf der Moderatoren dazwischenschob. Nicht etwa, daß es auch nur einen Jung-Yuppie-Redakteur ’nen feuchten Schiß interessierte, ob irgendwem in Afrika der Kopp abfault oder in China ’ne Ratte ins Chop-suey fällt, aber wer in der Vorweihnachtszeit keine Benefiz-Aktion laufen hat, ist nun mal ein gefühlloses Schwein – und eine Schachtel plakatives Mitgefühl für benachteiligte Randgruppen bringt Sympathie und zeigt auch mal den Menschen hinter der Jahresbilanz. Was wirklich aus der Kohle wird, geht komplett am Armani-Arsch vorbei, Hauptsache man hat medienwirksam gesammelt. Was zählt, ist die Aktion, und wichtig nur eins: Wer hat die ärmsten Schweine zum Vorzeigen? Je fertiger das Opfer, desto besser für das Image. Ausgesetzte Hunde ziehen mehr als Obdachlose, das ist klar, verhungern allein ist langweilig, aber ein todkrankes Kind schlägt Kriegsopfer mit ohne Arme, tipptopp, so ist das Auto-Quartett der Betroffenheit, weinende Mütter sind immer eine sichtbare Bank, und wenn sich der Show-Master irgendwo noch eine Aids-Schleife anclipsen kann, ist das sogar modisch hip. So trendy kann Wohltätigkeit sein. Und wenn man mal so richtig zeigen will, wie menschlich man drauf ist, dann macht man noch so eine schicke „Wir blasen die Kohle in den Schornstein“-Gala und läßt Promis auf die Torwand schießen, jeder Schuß ein Tausi oder mehr oder gar nix. Der Witz: Das Geld ist irgendwie ja schon da, es liegt im Safe oder in der Portokasse, aber ein bißchen darum spielen, ob die Opfer draußen es auch kriegen, gibt schließlich erst den Kick – das wußten schon die alten Römer! Tod und Spiele, Schnittchen für die Welt und Brot für die Quote – auch Fernsehmacher haben Herz und Pansen! Aber was soll man machen? Wir brauchen nun einmal für jede Emotion einen offiziellen Anlaß. Ohne Karneval und amtliche Pappnase trauen wir uns nicht zu lachen, zum Totensonntag ist man traurig, und ohne Weihnachten wäre keine Zeit für Mitgefühl. Der Mensch ist eben blöd. Stempel drauf, abheften!
Mein Vater hat ein Schwein geschlachtet Kennen Sie dieses Spiel? Außer mir scheint niemand je davon gehört zu haben, dabei war es ein Klassiker meiner Kindheit – und zudem pädagogisch höchst wertvoll. Irgendwie mußte man sagen „Mein Vater hat ein Schwein geschlachtet“ und dann aufzählen, was Papa aus dem kaputten Vieh so alles rausgehobelt hat – Schinken, Leber, Pfannengyros, Putenschnitzel, usw. – und wie von Metzgerhand lernte man dabei spielerisch die faszinierende Anatomie der Mastsau. An mehr kann ich mich nicht erinnern – aber es würde bestimmt eine tolle GameShow abgeben! In Sat.1 könnte z.B. Elmi Hörig endlich diesen „Fick den Zonk!“-Krempel aufgeben und damit seinen 25. vergeblichen Show-Versuch feiern, im ZDF müßte natürlich Dito Heck ran mit „Schweinehälften für Millionen“ zugunsten „Leberwurstbrot für die Welt“, und in der ARD hieße sie „Die Sendung mit der Sau – Lach- und Schlachtgeschichten mit Max Schautzer“, der ja sowieso immer grinst wie ein frisch geschlüpftes Ferkel kurz nach dem Schwänzchenringeln. Gut, mögen Sie sagen, unterhaltsam, aber nichts für Vegetarier – und recht haben Sie. Aber egal, ob „Dalli Dalli – the Next Generation“, „Die 100 000-Lire-Show“ oder „Käsehochzeit“ – 97% der lustigen Kandidatenspiele im Fernsehen stammen sowieso aus dem Handbuch „So wird’s ein schöner Kindergeburtstag“ von 1954. Wieso nicht gleich ehrlich dazu stehen und große Shows aus dem Beklopptenkram machen? Zugegeben, uns fehlen die Stars wie in Amerika – „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ mit O. J. Simpson wird es hier leider nie geben, auch nicht „Ich sehe was, was du nicht siehst“ mit Stevie Wonder. Schade! Aber vielleicht ja „Topfschlagen“ mit Dieter Bohlen und Verona Feldbusch als Topf. Und „Eierlaufen“ könnte ich mir ohne weiteres als Alternative zu „Wetten, daß … !?“ vorstellen … oder wenn es sein muß auch „Eierkraulen“, falls mal wieder Genscher oder Gorbatschow zu Gast ist. Koschwitz wäre die Idealbesetzung für „Der Plumpsack geht rum“ und Grabbelbrille Lippert für „Blinde Kuh – Tatsachen ohne Tabu für die Aktion Sorgenkind“. Und warum macht man eigentlich nicht „Fischlein im Dunkeln“ mit Hera Lind? Wenn die olle Krickel-Trulla auftritt, platzen sowieso vor Eitelkeit die Glühbirnen, alle Gäste dürfen sich dann vor ihr verstecken, und wer gefunden wird, muß sich zur Strafe eine halbe Stunde von der blonden Konsalikin anhören, was für ein imponierendes Superweib sie doch ist.
Okay, toll klingt das alles nicht – aber immer noch besser als das echte Programm!
Heute schon gekotzt? Kochen ist Kult. Längst vorbei ist die Zeit, in der es sich dabei lediglich um eine Beschäftigungstherapie für gelangweilte Mütter und Ehefrauen handelte, die versuchten, aus alten Tierkadavern, Spanplatten und einem halben Brühwürfel für Papa eine möglichst schmackhafte Mahlzeit zuzubereiten. Heute ist Kochen einfach chic. Wenn man früher keine Zeit hatte, schüttete man sich schon mal einfach eine kalte Dose Pichelsteiner Eintopf auf ex in den Rachen, oder man ließ sich als Student in der Mensa aufgewärmte ErbrochenesImitate auf den Plastikteller schaufeln, wenn die Kohle fehlte. Inzwischen ist so etwas undenkbar! Kochen ist ein Ausdruck von Savoirvivre, ein Zeichen von Kultur. Mit einer einfachen Einladung zu einem romantischen Fischbrötchen bei Kerzenschein am Ufer der Seine bekommt man heute keine Friseuse mehr auf die Matte – der moderne Mann muß selber kochen! Und wenn er bei Mama damals nicht gelernt hat, wie man das Schlemmerfilet warmmacht oder die Petersilie auf das Katzenfutter prokelt, gibt’s halt nix zu poppen! Wen wundert es also, daß Kochen im Fernsehen neuerdings Hochkonjunktur hat? Kein Sender mehr ohne lustigen Ravioli-Erhitzer aus irgendeiner Drei-Sterne-Frittenschmiere, der uns vormacht, wie man eine Scheibe Toast belegt. Alles ist vertreten, von Lirum-LarumLöffelstiel für Kinder über Diri-Dari-Drehspieß für unsere griechischen Mitbürger bis hin zu Tri-Tra-Trockenbrot für Volltrottel, die zu blöd zum Kochen sind! Besonders beliebt: die Nahrungszubereitung mit lockeren Prominenten! Genauso grottenöde wie damals die olle Trockenpflaume aus dem Dr.Oetker-Versuchslabor für sich-selbst-verdauenden Fertigkuchen, aber erfolgreich, weil es immer Spaß macht, zu sehen, wie andere in der Küche schuften. Neben Bioleks Beschissimo-Brutzeleien jetzt ganz neu am Quotenherd der ARD: Christiane Herzog, die Frauenbeilage des Bundespräsidenten! Egal ob Bulettenkneten mit Ulli Wickert, Fischstäbchenbraten mit Nelson Mandela oder Wodka abschmecken mit Boris Jelzin – man kann gar nicht soviel kochen, wie man vor Langeweile reihern möchte! Und wenn nicht bald mal endlich bei einer dieser SchnittenschmiererShows die Quoten anbrennen, dann weiß ich schon, was als nächstes kommt: Picobello – 90 Minuten abwaschen mit Hera Lind im Stützkorsett und danach Bohlemia – beim Kochen zugucken mit Dieter Bohlen, und
wenn’s nicht schmeckt, gibt’s einen an die Glocke! Mir ist jetzt schon schlecht!
Ich fühle nichts! Auch wenn ich eigentlich eher ein Freund der filigranen Sprache und lyrischen Prosa bin, ein offenes Wort sei mir hier gegönnt: Verdammte Scheiße, geht mir das verfickte Wetter auf den Sack, das glaubt man gar nicht! Genauer gesagt: der Umgang mit selbigem in den Medien ist es, der in mir den Wunsch erweckt, den nächsten grinsenden Wettermann mit einer abgesägten Schrotflinte über seine dahingekrickelten Tiefdruckwirbel zu verteilen, noch bevor er seine selbstgereimte Bauernregel zu Ende gestümpert hat. Einst war das Wetter das, was es ist: ein Naturereignis, ein klimatischer Zustand, mal so, mal so – es war halt einfach da. Erforscht und erkundet wurde es von verschrobenen Meteorologen, tanzenden Medizinmännern und dicken Laubfröschen auf Leitern in Einmachgläsern. Wenn man wissen wollte, wie das Wetter war, schaute man aus dem Fenster oder fragte den Nachbarn. Heute aber ist es der wichtigste Infotainment-Bestandteil einer jeden Nachrichtenshow und beansprucht 60% des Wortanteils aller bundesdeutschen Radiostationen. Keine Stunde vergeht, ohne daß man zwischen Phil Collins und Genesis von einem berufsverblödeten Moderator mit hirnrissigem Informationsmüll belästigt wird und erfahren muß, wie letzten Freitag um zwölf die Ortstemperatur der unbedeutendsten Plätze zwischen Harsewinkel und Hundeweiler waren. Selbst die Nennung der Schuhgrößen aller Frührentner in Bottrop wäre noch sinnvoller, aber für das bescheuerte Wetter gibt es inzwischen sogar einen ganzen Kanal, wo rund um die Uhr erzählt wird, ob es im Emsland schifft oder auf Kreta nieselt. Um der Dummheit der Welt aber die Krone ins Gesäß zu bohren, gibt es jetzt auch die gefühlten Temperaturen! Ja meine Fresse – von wem denn gefühlt? Von einem arbeitslosen polnischen Gebrauchtwagenhändler nackt auf einem Kartoffelacker oder von Tante Trulla mit Persianer-Schlüpfer und dem Arsch auf der Heizung? Da man Temperaturen nur messen, aber nicht fühlen kann, wahrscheinlich ermittelt von freiwilligen Hämorrhoiden-Patienten mit Barometer im Hintern und Thermometer am Schniedel, die dann nach Hause faxen, daß es nachts kälter ist als draußen. Als nächstes: die geahnte Temperatur, die befürchtete Temperatur, die Vorhersage für die Werte von gestern, das Wetter für Tiere, für Kinder, für Frauen und für Schnauzbartträger, vorgetragen als Schüttelreim von einem einarmigen Jongleur mit Sprachfehler und lustigem Partyhütchen. Ich gebe zurück in die Anstalt, weiter mit dem Wetter!
Was vom Wahnsinn übrigblieb … Es ist vorbei. Fast schon vergessen. So scheint es jedenfalls. Die Welt ist am Ende, der Humor getötet. Mehr als drei Wochen ist es nun bereits her, aber noch immer habe ich den bitteren Geschmack von Konfetti und Luftschlangen im Mund. Rieche den fauligen Mief von schalem Scherz und abgestandenem Witz. Karneval wird nie wirklich vorüber sein, auch nicht am Aschermittwoch. Er schläft nur. Es ist ein Virus, das nie besiegt werden kann, eine fieberhafte Verblödung, ein periodisch wiederkehrender Wahnsinn. Während die letzten Überlebenden der Stimmungskatastrophe noch aufatmen und die verbleibenden Gehirnzellen ordnen, wird andernorts bereits neues Grauen geplant, neue Idiotie geboren. Und schon am 11.11. werden die Armeen des Frohsinndiktats erneut aufmarschieren, im Gleichschritt durch die Straßen ziehen und jeden, der es wagt, gegen den Strom zu schunkeln, mit dreifach donnerndem Helau niederstrecken. Das erbarmungslose Heiterkeitsregiment der elf Monkeys – oder auch „Elferrat“, wie sie sich selber nennen – wird wieder alle Mitinfizierten der Faschingskrankheit dazu aufrufen, sich in bizarr anmutenden Gruppentherapien namens Prunksitzung zu treffen und diese möglichst auch noch im Fernsehen übertragen zu lassen. Dort wird es wie immer gelingen, durch sterile Ausgelassenheit streng nach den Statuten der großdeutschen Witzordnung das Aufkeimen jeglichen spontanen Frohsinns im Keim zu ersticken. Gelacht werden darf nur, wenn etwas nachweisbar nicht lustig war, und auch dann nur nach Ertönen des akustischen Befehlssignals. Aber wir alle haben selber schuld. Keiner von uns hat die Krankheit ernst genommen. Nicht einmal die häßlichen Straßenumzüge, in denen die Betroffenen zu Verständnis und Mitgefühl aufriefen und Solidaritätskamelle in das Publikum warfen, ließen uns verstehen. Als die Infektion zum ersten Mal bei englischen Rindern, außerirdischen Beamten und Kölner Sparkassenangestellten auftrat, lachten wir nur über die Symptome: akne-artiger Pappnasenwuchs, maßloser Alkoholkonsum in der Hoffnung, die Überträger abtöten zu können, sowie unkontrollierbarer Drang zu Polonäsenbildung mit anderen Patienten. Wir hätten es erkennen müssen. Wir hätten reagieren müssen. Wir hätten reagieren müssen! Vielleicht hätte man die Ausbreitung des Virus verhindern können, wenn man rechtzeitig Köln und das Rheinland gesprengt hätte … Tusch. Narrhallamarsch.
Warum? Diese Frage stellt man sich heutzutage viel zu selten. Irgendwie scheinen wir einfach alles hinzunehmen, ohne jemals nach dem Grund zu fragen. Früher in den Sechzigern, ja da war man noch rebellisch und kritisch, da war Fragen so wichtig, daß sogar die Antwort egal war. In den Siebzigern fragte man auch noch so einiges, meistens allerdings nur „Haste Bock?“ und danach „Warum denn nicht mit mir?“, und in den Achtzigern wurde nicht nur simpel gefragt, sondern meistens sogar noch hinterfragt! Aber in den Neunzigern kaufte sich dann jeder ein Handy und alles war vorbei. Warum? Weiß ich auch nicht, hat wahrscheinlich auch gar nichts miteinander zu tun. Dabei gibt es so viele Warums auf der Welt, die mich beschäftigen, und auf die ich einfach keine Antwort finde. Warum zum Beispiel fällt Dolly Buster nicht vornüber, wenn sie steht? Warum macht Jürgen Fliege eine Fernsehsendung und steht nicht mit dem Wachturm vor Karstadt? Warum verzettelt sich Hera Lind mit soviel verschiedenen Tätigkeiten und wird nicht gleich Gott? Warum wird die Warze von Peter Maffay immer größer, er selbst aber immer kleiner? Warum macht Ilona Christen Werbung für Waschmittel, aber Vera am Mittag nicht für Winterreifen? Warum kann Kommissar Rex verzwickte Kriminalfälle lösen, aber noch nicht einmal allein eine einfache Dose Chappi öffnen? Warum werden in England Millionen wahnsinniger Rinder geschlachtet, aber hier nicht ein Teilnehmer am Kölner Karneval? Warum kocht Biolek immer im Fernsehen und kauft sich nicht endlich eine eigene Küche? Warum gibt es draußen nur Kännchen? Warum hat SAT.1 bald mehr tägliche Talk-Shows als Zuschauer? Warum macht man doofe Blondinen-Witze, obwohl Verona Feldbusch dunkelhaarig ist? Warum wiederholt Barbara Eligmann täglich zwölfmal, daß sie Barbara Eligmann heißt, obwohl das noch nie jemand wirklich angezweifelt hat? Warum guckt Ulrich Meyer immer so verkniffen, als ob er eine zu enge Unterhose anhätte? Warum ist Handtaschenraub strafbar, die GEZ aber legal? Warum wird in Kneipen um 23 Uhr die Kaffeemaschine ausgestellt? Warum lernt keiner, wie man sie wieder anmacht? Warum können Frauen äußerst anmutig gehen, aber nicht unfallfrei fahren? Warum halten mich jetzt schon wieder viele für einen miesen Chauvinisten, wo ich doch nur Fakten nenne? Warum kann Dieter Bohlen sprechen, ein Cockerspaniel aber nicht? Warum ist meine Kolumne schon zu Ende, obwohl ich noch so viele Fragen habe? Und warum gehe ich nicht endlich in Therapie, anstatt immer so einen Müll zu schreiben?
Ich weiß es wirklich nicht.
Es wird Frühling! Ich weiß nicht, aber irgendwie glaube ich, Dolly Busters Knödel sind größer geworden! So kommt mir das jedenfalls vor. Ich kann mich auch irren, möglicherweise ist ja nur ihr T-Shirt eingelaufen. Vielleicht sollte ich mich mit meinem Fernglas auch nicht immer so dicht vor den Fernseher setzen, das verzerrt, und außerdem ist dann immer der ganze Bildschirm voll Sabber. Aber ohne Scheiß – ich glaube, das liegt am Frühling, daß die Busterschen Bollermänner sich aufgepustet haben. Das macht die Jahreszeit – da rasseln die Hormone, da schwellen die Drüsen, da bläht das Silikon. Röcke werden kürzer, Hosen an manchen Stellen enger, und manch einer will wieder viel öfter, als er kann. Mindestens genauso deprimierend wie im Herbst, wo man immer kann, aber eigentlich gar nicht will. Doch ich schweife ab. Im Frühling wachsen allerdings nicht nur die Krokusse und keckes Kopulationsbegehren, sondern auch jede Menge neuer Sendungen aus dem Düngeteppich der medialen Schrebergärtner. RTL zum Beispiel gräbt seit einiger Zeit die fauligen Uraltwitze aus, die bei „Samstag Nacht“ auf den Müllhaufen geschmissen wurden, läßt sie von ein paar ulkigen Knallnasen unlustig heruntereiern und nennt das moderige Scherz-Recycling „Happiness“. Clever kalkulierter Comedy-Kompost, stinkt aber trotzdem. Die erst kürzlich eingepflanzten Laber-Show-Ableger blühen auch schon ganz erquicklich. Auf Pro Sieben dümpelt „Talk X“ – eine Mischung aus überirdischen Phänomenen und unterirdischem Schwachsinn –, und der rotschopfige BärbelKlon „Sonja“ komplettiert mit seinem Pumuckl-Talk hinter „Kerner“ und „Schwera“ auf dem Drücker-Sender Sat.1 den ultimativen Schwafel-Show-Hattrick. Apropos: Vera Ammittag (blöder Name!) keimt jetzt auch abends mit einem neuen „Verarschte-Verbraucher-lassen-mal-so-richtig-Dampf-ausder-Bluse-Magazin“ mit dem selbstreferentiellen Titel „Jetzt reicht’s!“ Gut, uns schon lange, aber sie hört trotzdem nicht auf. Auf der gleichen Welle wuchert auch wieder die propere Britta von Mopsjewski mit einem weiteren unerwünscht überflüssigen Spieleabend für die ganze doofe Familie. So eine Art kotzniedlicher KnuddelfamilyContest aus dem KäsefondueSet von John de Mol namens „Junges Glück“: Würgfröhliche Jung-Yuppie-Rudel messen sich im Eierlaufen ohne Löffel und schleimen um die Wette – und die, bei denen einem vor Ekel am übelsten wird, zocken noch ein volles Sparbuch für den nervigen Nachwuchs ab.
Wahrscheinlich eine Dauerwerbesendung für Empfängnisverhütung. Hoffentlich wird’s bald Winter!
Mittel
zur
Die üblichen Verdächtigen Kennen Sie diese Situation: Sie wollen sich einen lauwarmen Kaffee aus der betrieblichen Herstellungsanlage für Magenkrebsgeschwüre holen, treffen dort einen weitläufigen Kollegen und beginnen eine jener unverbindlich sinnentleerten Konversationen – auch liebevoll „Pläuschchen“ oder „dummes Geschwätz“ genannt –, um auf heitere Weise die quälend lange Zeit der plörrigen Tassenfüllung zu überbrücken. Da plötzlich, zwischen „Wie geht’s?“ und Wetter, fällt der Satz: „Gestern lief vielleicht ein Scheiß im Fernsehen!“ – und ohne weitere Information denkt man: „Hat der Koschwitz denn schon wieder eine neue Show?“ Das ist eine ganz einfache Assoziationskette, wie bei Pawlows Köter: schlechte Show, Koschwitz, „Hamster TV“, Schwindelgefühl, Klingeln im Kopf, Speichelfluß – und schon steht man da, sabbert auf den Teppich und hat Appetit auf Würstchen. Dabei weiß man gar nicht, ob er die erwähnte Sendung wirklich begangen hat. Vielleicht hat Koschi ja ein Alibi, saß zu Hause und stopfte sich Erdnüsse in die Backen. Aber man vermutet es erst einmal, nur weil er wegen diverser minderer Unterhaltungsverbrechen vorbestraft ist. Das ist unfair. Tragischerweise leiden viele unter solchen Vorurteilen. Wenn einer sagt: „RTL hat so eine gefloppte Show abgesetzt“, lautet die Erwiderung: „Was hat Frank Elstner denn schon wieder gemacht?“ Meint jemand: „Ich habe am Wochenende , Verstehen Sie Spaß?‘ mit Hallervorden gesehen“, antwortet man betroffen: „Oh mein Gott, das tut mir leid.“ Und wenn ein Mann behauptet: „Verona Feldbusch, das ist doch eine charmante, clevere junge Dame!“, dann weiß man über ihn: geil und taub, aber gute Augen! Selbst wenn die brünette Blondine eines Tages durch Zufall beim Kochkurs die Formel für Gold aus Pfanni-Knödeln entdeckte, niemand würde ihr glauben – nur weil es nicht ins Klischee paßt. Von Lippert erwartet man einfach dusseliges Grinse-Gebrabbel mit gelegentlichen Grapschgriffeinlagen, da wäre man enttäuscht, wenn der die Hand in der eigenen Hose ließe. Man wäre als Zuschauer irritiert, von Elmi Hörig einen Witz mit Pointe zu hören oder von Babsi Eligmann eine Geschichte, die wahr ist. Stellen Sie sich nur einmal vor, das ZDF würde eine Sendung machen für Leute unter 75, die ARD nicht über Geldmangel jammern oder Jürgen Fliege nicht pausenlos schleimige Betroffenheit heucheln – dann könnte man den ollen Schweinepriester
wahrscheinlich überhaupt nicht mehr ertragen! Manchmal können Klischees eben auch schützen.
Singen für Gott und Vaterland Wer früher auf dem Feld der Ehre fiel, der tat dies durch die bleierne Kugel aus einer schurkischen Haubitze, im Scharmützel gegen die Armeen des Feindes, ehrenvoll für Freiheit und Vaterland. Man war tot, aber trotzdem gut drauf, denn es war ein ehrenvoller Abgang. Wer heute für sein Land in den Wettkampf schreitet und verliert, der überlebt vielleicht, fühlt sich aber beschissen. Wie beispielsweise beim „Grand Prix de la Chanson“: Nennen Sie mir einen Künstler, der sein furioses Vergeigen im internationalen LalaMessen aufrecht überstanden hätte! Gut, da war Nicole, das goldgelockte Frollein-Wunder der aufblühenden Achtziger, mit ihrer gesungenen Anfrage nach einer Tüte Frieden, die uns damals den verdienten Sieg des Kitsches in die Wohnzimmer brachte und das rührselige Herz des germanischen Schlageranbeters zu Butter in der Hose schmelzen ließ. Aber sonst? Man erinnere sich nur an Stone & Stone, die uns 1995 den legendären MaltaPunkt des Mitgefühls erjammerten und daraufhin vom enttäuschten Publikum mit kommerzieller Nichtachtung gestraft wurden. Oder der arbeitslose FriseurAzubi Leon im letzten Jahr – eigentlich hatte er alles, was einen Grand-Prix-Hit ausmacht: ein aufgewecktes Grinsen, zottelige Pudelfransen, einen Titel mit plumper Öko-Message und einen albernen Zappeltanz wie der Michael-JacksonImitator im Heidepark Soltau. Aber dann ließ man ihn an der Euro-Hundeshow noch nicht einmal teilnehmen! Das ist bitter, selbst für Lassie. Dieses Jahr versuchte er es dann noch einmal mit dem Titel „Meine kleine Taschenlampe habe ich immer dabei“ (auf deutsch: Mein Pimmel leuchtet im Dunkeln). Und während man hoffte, er würde dieses Mal die Vorausscheidung gewinnen und uns damit Schlimmeres ersparen, wurde er von „Bianca“ überholt – dem frischgeklonten Nicole-Ableger aus der bewährten Siegel- und Meinunger-Schmiede des Retorten-Singsangs. Möglicherweise lag es am Teilnehmer-Abo der beiden, vielleicht aber auch einfach an der Veranstaltung selbst: „Vorausscheidung zum Grand Prix“ … „Vorausscheidung“ – ich glaube, das kommt aus dem Medizinischen und hat irgend etwas mit Inkontinenz zu tun. Oder Inkompetenz, genau weiß ich das nicht mehr. Auf jeden Fall wird gedrückt, bevor die Hose unten ist – und am Ende hat Deutschland wieder einmal verkackt. Scheiß-Patriotismus!
Das Fernsehen stinkt! Der Mensch hat so ungefähr Pi mal Daumen fünf Sinne. Er kann sehen, hören, tasten, schmecken und riechen, letzteres sogar schlecht oder gut, macht schon sechs. Das ist für einen Außenstehenden erst einmal beeindruckend. Aber der Mensch an sich ist nun mal ein ganz toller Hecht, und auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung beschloß er daher, etwas zu erfinden, das ihn sowohl auf nostalgisch-charmante Weise ein paar Stufen in der Evolutionsgeschichte zurückführen als auch auf einen Schlag möglichst alle seiner Sinne ansprechen sollte: das Fernsehen! Man kann es sehen und hören, wenn man will sogar gleichzeitig, und wer Hera Lind kennt, der weiß, daß das unbedingt ein Vorteil sein muß. Man kann den Tastsinn auf der Fernbedienung spazierenführen und sich dabei fühlen wie Lippert im siebten Fummelhimmel, und wenn die Programme nicht allesamt so geschmacklos wären, könnte man sogar den Gaumen mit ihnen verwöhnen. Nur mit dem Riechen klappt es noch nicht so ganz. Wieso eigentlich nicht? Ich erinnere mich daran, daß RTL einst versuchte, bei „Tutti Frutti“, dem vitaminreichen Tittenmagazin für Hobby-Onanisten, die Möpse sogar in 3D wippen zu lassen. Wie schön wäre es doch gewesen, hätte es dem Zuschauer beim unkoordinierten Kleiderabwurf der frischen Fruchtsalat-Frauen auch noch den passenden Duft von Kiwi, Erdbeere, Rettich oder Makrele in die offene Hose geweht. Doch andererseits: Was wäre dann mit Hugo Egon Baldrian gewesen? Wie riecht Langeweile? Oder Dummheit? Wahrscheinlich irgendwie nach Geld, und das stinkt bekanntlicherweise nicht. Aber egal, stellen Sie sich mal vor, was noch alles möglich wäre. Man könnte die Zwiebel im Ausschnitt von Schreinemakers riechen, wenn die Krokodilstränen sie benetzen, oder diese bekannt lieblich-muffige Mischung aus Haftcreme, Mon Chéri und Mottenkugeln, wenn Hans Meiser in die Kamera haucht. Ich erinnere mich auch, daß ich einst nach einem verdienten Scherz über Viva von einem kleinen Pubertätsanwärter gefragt wurde: „Sag mal, die Heike Makatsch, stinkt die?“ – „Nur wenn sie Zeit hat“, antworte ich, hatte es aber eigentlich nur geraten. Je mehr ich darüber nachdenke … möchte ich eigentlich wirklich, daß meine ganze Wohnung nach altem Käse und DeKuyper müffelt, wenn ich versehentlich Carrell gucke? Oder nach läufigem Puma, wenn bei Bärbel Schäfer das Deo versagt? Oder daß Vera am Mittag aus der Werbepause zurückkehrt mit den Worten „Entschuldigen Sie, aber ich habe gerade gepupt?“ Ich glaube, ich muß mal lüften …
Die Entstehung des Fernsehens Schon ganz früher, als die Erde sich gerade aus ein paar ziellos durchs Weltall streunenden Atomen selbst geknallt hatte, und noch lange bevor alleinstehende Einzeller frustriert zu den ersten „Fisch sucht Fahrrad“Partys im Urschlamm aufriefen, hockten ein paar bekiffte Amöben beieinander und überlegten, ob es nicht lustig wäre, anderen doofen Amöben Produkte zu zeigen und sie die Preise raten zu lassen. Da es aber noch keine Holländer gab, konnte die Idee vorerst nicht realisiert werden. Trotzdem ahnte die Welt bereits damals, daß es eines Tages das Fernsehen geben würde. Niemand wußte genau, wann und wie der mediale Evolutionsblocker in Erscheinung treten würde, aber jeder wollte vorbereitet sein. Adam und Eva verließen den Garten Eden nicht wegen jenes kleinen KernobstFauxpas an Mutterns Obsttag, sondern weil der Kabelanschluß fehlte. Die Ägypter bauten ihre spitzen Bungalows nicht als Besenkammer für die abgenibbelten Pharaonenwickel, sondern als steinerne Satellitenanlagen. Kaiser Nero gar ließ ganz Rom niederbrennen, während er in seinem Palast schmutzige Lieder sang und auf das Team von „Explosiv“ wartete. Und vermutlich saß zur gleichen Zeit ein Urururenkel von Thoma lachend im Colosseum beim ChristenAlfredissimo, senkte seinen Daumen und plante die erste „100000-MarkShow“ sowie die Verleihung des Goldenen Löwen. Medien-Anthropologen glauben, die Entstehung der Laute und der Sprache beruhe letztendlich auf der simplen Tatsache, daß das „Glücksrad“ ganz ohne Vokale auf Dauer einfach zu langweilig gewesen wäre. „Ereignis mit elf Buchstaben – Grmgftlbmpf“ macht nun mal nicht viel her für die Werbekunden. Und falls Sie sich fragen, wie wohl die ersten Versuche des Homo sapiens aussahen, halbwegs aufrecht zu gehen, dann schauen Sie sich einfach mal Dieter Bohlen beim Gitarrespielen an. Die Menscheit erhob sich aus dem Schleim, errichtete Kathedralen, erfand den Buchdruck, den Eierkocher und das Fernsehen – alles in nur wenigen tausend Jahren. Von der Amöbe zum Holländer war es letztendlich nur ein kleiner Schritt, die Pest wurde besiegt, aber dafür kamen die Gameshows. Alle Visionen von einst sind inzwischen Realität, der Wahnsinn kann via Ätherwellen die Welt umwandern, und in nur einer einzigen Folge der „Volkstümlichen Hitparade“ ist es dem Zuschauer heute sogar möglich, die gesamte Evolutionsgeschichte noch einmal rückwärts zu durchleben.
Lang lebe das Fernsehen!
Männer Männer sind schon was Tolles. Ich weiß, wovon ich rede, ich bin selbst einer. Männer sind stark, können Auto fahren, anderen Männern eins aufs Maul hauen, wenn sie aufmucken – und nichtsdestotrotz können sie auch Gefühle zeigen und sentimental sein. Schade nur, daß sie dafür meistens singen müssen, denn das können die meisten von ihnen nun mal leider nicht. Nehmen wir z.B. mal Heini Lauterbach, den sympathischen Mega-Macho mit dem Dreitagehirn und der sexversprühenden Halbglatze über der Charakterfresse. Ein guter Schauspieler, keine Frage, ein passabler VielFrauen-Begatter, das liest man – aber wo sind die Emotions, die Feelings, die weiche Delle unter der rauhen Schale? Um auch mal diese gefühlvolle Seite aus der Hose zu lassen, muß er halt eine CD machen. Und wenn er dann so auf dem aufgeplatzten Barhocker sitzt, mit rauher Zärtlichkeit an seinen whiskygewichsten Stimmbändern zupft und dabei zärtlich den Mikrofonständer begattet, dann schaut sicherlich so manche Frau auf den fetten Sack, der neben ihr furzend das Bier über das Sofa schüttet, und denkt: „Was für ein uninteressantes Arschloch ich doch habe!“ Okay, Heintje Lausebach nimmt auch Männlichkeitspillen und wirbt dafür sogar seitenweise in der „Bild“, aber selbst ohne SchwanzusLongus-Kapseln bereichert seine windbeutelige Westernhagen-Parodie sein Image doch um jenen gewissen soften Touch, der das coole Arschloch vom richtigen Mann unterscheidet. Das wissen wir echten Kerle spätestens seit Grönemeyer, der seine Filmkarriere sogar zugunsten des Knödelrockens komplett an den Nagel hängte. Und inzwischen hat ja fast jeder Schauspieler schon seine hormonelle Notenfolter auf CD gewürgt, von Volker „Ich mag Caro-Kaffee“ Lechtenbrink über Uwe Ochsenzoll bis zu jedem dritten Schleimspacken aus „Beschissene Zeiten – Schlechte Zeiten“. Männer, die singen, beißen nicht – das fühlt auch die Frauenwelt, und das macht sie scharf. Balladen hüsteln oder Schweiß abrocken, das ist für den gefühlsgebeutelten Typen quasi das Gleiche wie der Klöppelkurs oder die Tupperparty für die frustrierte Hausfrau, nur halt etwas lauter. Schön, wenn man sich so ausleben kann. Gerade als Mann. Und wenn es irgend jemandem nicht gefällt, kann man dem immer noch eins aufs Maul hauen!
Frauen Glaubt man der Bibel, so war die Frau im großen Schöpfungsplan zuerst gar nicht vorgesehen. Der Mann allein hätte eigentlich vollkommen ausgereicht, um alles zu vergeigen, aber leider wurde ihm langweilig und er hatte einfach keinen Bock mehr, andauernd nur an sich selbst herumzugrabbeln. Deshalb schnippelte er flinkerhand eine überzählige Rippe aus seiner Seite und bestellte sich dafür aus Thailand eine Frau. So oder ähnlich soll es gewesen sein. Allerdings war der liebe Gott mit dieser Sonderlieferung am Wochenende wohl doch ein wenig überfordert, denn er sandte Freund Adam eine noch ziemlich unausgegorene Mensch-Variante als Partner: ein Pimmel zu wenig, viel zuviel Brüste und genetisch bedingte Wahnvorstellungen, wie z.B. der Irrglaube, in der Fußgängerzone tot umzufallen, wenn man nicht mindestens zehn Minuten an jedem Schuhgeschäft stehenbleibt. Ein Blick auf die weiblichen Chromosomen beweist auch heute noch ganz eindeutig die Mangelhaftigkeit des Modells: zweimal X, das heißt zweimal durchgestrichen – sollte also eigentlich noch mal überarbeitet werden. Trotzdem schaffte es die Frau, ihren Platz auf der Welt zu behaupten. Konnte der Mann schon immer besser gucken als denken, so machte sie sich diese Schwäche zunutze und konnte schon bald besser aussehen als Auto fahren. Mit ein paar gezielten Pinselstrichen um Mund und Augen und der Erweiterung des Dekolletés in reziprokem Verhältnis zur Kürzung der Rocklänge gelang es ihr, selbst die verschachtelten Gehirnwindungen eines Nobelpreisträgers in Sekundenschnelle auf einen einzigen rudimentären Rammelimpuls zu reduzieren. Es läßt sich halt nicht leugnen – jeder Mann guckt ab und zu mal „Baywatch“, aber der Intellektuelle dreht wenigstens den Ton ab! Inzwischen hat die Frau den Mann auf der Erfolgsspur längst überholt. Verona Feldsalat hat gezeigt, wie man durch einfaches Nicht-kochenkönnen und Sichscheiden-lassen zum Medienstar werden kann. Ein Supermegaweib wie Hera Lind kann gleichzeitig Kuchen backen, eine Talk-Show leiten, ein Buch schreiben und Zwillinge gebären. Und der tschechische Nuklear-Tittenbomber Dolly Buster beweist, wie leicht man defizitäre Schulbildung durch ein paar Zentner Silikon in der Bluse wieder ausgleichen kann. Akzeptieren wir es: Männer werden nicht mehr wirklich gebraucht. Frauen können allein ihr Geld verdienen, ohne unsere Hilfe Bier trinken, Fußball gucken und im Notfall sogar einen fahren lassen. Und irgendwann – nur um uns endgültig zu demütigen – werden sie anfangen, im Stehen zu pinkeln. Frauen können so gemein sein …
Kinder Wer eines Tages einmal eine erfolgreiche Frau mit nahezu unfühlbarsportiver Slipeinlage, den weltweiten Wetterverhältnissen strotzender Dauerwelle und eigenem Business-Handy werden möchte – oder auch ein erfolgreicher Mann mit nahezu spürbar-soft-shavender Doppelklinge, animalisch geil-machendem Achselschweißhemmer in der Armbeuge und einer eigenen Frau mit coolcoloriertem Fun-Handy – der muß auf dieser Erde zuvor eine langjährige Existenzlehre namens „Kindheit“ hinter sich bringen. Denn wie beim Fliesenleger und Bankkaufmann handelt es sich auch bei der Menschwerdung im Grunde genommen um einen klassischen Ausbildungsberuf. Achtzehn Jahre dauert die Daseins-Schulung bis zum Volljährigkeitsdiplom. Angefangen vom simplen Einführungskurs „Wie kriege ich den Brei in die Einfüllöffnung ohne zwei Drittel der Plörre auf meiner Rübe zu verteilen?“ über das „Aha, so geht also die Hose auf und den Videorecorder an!“-Seminar bis hin zum häufig überschätzten Pupertätspraktikum, während welchem vom Probanden vor allem die effektive Verwendung eigener bislang eher unspektakulär genutzten Körperregionen und das geräuschlose Ausdrücken von Gesichtsakne gelernt wird. Scheint das minderjährige Lebewesen in vielerlei Hinsicht für große Teile der industriellen Welt der Großen und Bedeutenden auf den ersten Blick eher uninteressant, so ändert sich dies spätestens durch seinen Eintritt in die Fernbedienungsreife. Ist das Kind erstmals in der Lage, von selbst die „Bumskopp-Rangers“ oder die aufgeblasenen Entenärsche im „Disney-Club“ anzuzappen, kann man es wenigstens zur Quotenproduktion gebrauchen und ihm außerdem noch das kleine Knuddelhirn schnell und einfühlsam mit überflüssigen Werbebotschaften vollknüppeln. So sitzen denn also desillusionierte Frührentner, alkoholsüchtige Sozialpädagogen und geschiedene Redaktionsassistentinnen zusammen und grübeln zwischen den Kaffeepausen, wie man erfolgreich die Kleinen verarschen kann. Und ehe Mama dreimal gekräht hat, daß „Die Sendung mit der Maus“ doch viel lehrreicher ist, liegt schon Barbies neues Freibankpony oder die dritte „Schlümpfe spielen Rachmaninow“-CD im Einkaufswagen. Aber eins sollte man bedenken: Elefanten vergessen nie – und Kinder haben auch ein ganz gutes Gedächtnis. Der hilflose Konsum-Knirps, der heute vom profitgeilen Programm-Macher verblödet wird, ist vielleicht
schon morgen dessen Sachbearbeiter beim Ausfüllen des Rentenantrages! Gerechtigkeit braucht manchmal eben etwas Zeit …
Im Namen der Gerechtigkeit Jedes Land der Erde hat seine eigenen Gesetze. Wenn in Bagdad im Aldi ein arbeitsloser Großvesir eine Dattel vom Grabbeltisch mopst, so darf man ihm dafür zwanzig Minuten lang eine Standpauke halten und danach beide Hände abhacken. Wenn hingegen in Amerika ein Mann einem anderen beim Boxen nicht, wie es sich unter zivilisierten Menschen gehört, eins in die Schnauze haut, sondern ihm schwuchtelig am Ohr knabbert, so ist dies zwar eine Unverschämtheit, andererseits aber doch nur Mundraub, insofern er wirklich Hunger hatte. In Frankreich darf man sogar ungestraft stehend in Löcher im Boden kacken. Bei uns würde dies zumindest als eine Sauerei angesehen, dort drüben ist man schon froh, wenn die Bürger überhaupt allein die Hose aufkriegen. Nennen Sie bei uns eine Game-Show aus dem Souterrain des menschlichen Kreativzentrums, in welcher ein schizoid kreischendes Publikum im Herdenwahn trampelnd Kandidaten applaudiert, die den korrekten Preis einer Tüte Kartoffelpüree erraten können, eine „Idiotensendung“, so vermag dem inhaltlich kaum jemand zu widersprechen. Trotzdem kann diese persönliche Einschätzung der Realität ausreichen, um die Zeit der Gerichte einige Instanzen lang von wichtigeren Problemen abzuhalten. Seltsamerweise ist es im Gegenzug aber nicht möglich, den Produzenten oder Moderator, der einem mit seiner beschissenen Sendung kostbare Freizeit gestohlen hat, wegen unterlassener Qualitätsleistung zu belangen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit? Wann werden die Zuschauer endlich beginnen, die Fernsehsender für ihren geistigen Sondermüll wegen intellektueller Umweltverschmutzung anzuzeigen? Wird es jemals erlaubt sein, den Spastlruther Katzen für ihr winselndes Gejaule die Klöten abzuknipsen oder die Kelly Family auf einem öffentlichen Marktplatz zu waschen und zu seifen? Gibt es keine rechtlichen Mittel gegen einen medialen Affenfurz wie „Kommissar Schimpanski“? Und wieso kann ich einen Radiosender, der mir alle zehn Minuten zwischen seinen musikalischen Dinosaurierknochen aus dem Paleozän damit in den Ohren liegt, daß er die tollsten Superhits der letzten 10000 Jahre hat, nicht gerichtlich dazu zwingen, auch mal einen davon zu spielen? Darf die Intelligenz des Publikums wirklich auf ewig ungestraft beleidigt werden? Justitia, die blinde Kuh mit der kaputten Fleischerwaage und dem Duschvorhang über der Schulter, hat den Überblick verloren, und als Selbstjustiz bleibt nur der Abschaltknopf. Die Welt ist nun einmal nicht gerecht. Einspruch abgewiesen!
Wenn die liebe Sonne lacht … Dann werden die Menschen seltsam. Horden bleicher WohnzimmerZombies mit eingecremten Nasen und kneifenden Khaki-Hosen verlassen ihre liebevoll eingemüffelten Butzen, um mit ihrem Anblick die Natur zu erschrecken und bei entspannenden Spaziergängen vielleicht noch ein paar alte Batterien zu entsorgen. Am schorfigen Strand des zugestrullten Baggersees liegen sie rotglühend auf alten Küchenhandtüchern, schmieren sich parfümiertes Schweinefett mit Sonnenstichfaktor 2000 auf die schwitzigen Körper oder spielen Wasserball mit Opas aufgeblasenem Katheterbeutel. Auf den Terrassen der Konditoreien riecht die Luft wieder nach Kölnisch Wasser, und alte Damen in luftundurchlässigen Sommerkostümen versuchen, Wespen von der Sahnetorte zu verscheuchen und zu begreifen, warum sie draußen nur noch Kännchen serviert bekommen. In zu Reisebussen umfunktionierten Viehtransportern mit defekten Chemie-Toiletten werden Hunderte Hobby-Alkoholiker zu den Talsohlen der menschlichen Zivilisation gekarrt, um sich dort mit Gleichgesinnten an klebrigen Strandbars das Resthirn aus dem Schädel zu fluten. Sogar die Fernsehmacher zieht es nach draußen. Wer nichts zu wiederholen hat und zu blöd ist fürs Testbild, der macht eine Open-air-Show nach dem Motto „Langeweile unter freiem Himmel“, denn irgendwie scheint man dem Irrglauben erlegen zu sein, daß Konzeptlosigkeit an der frischen Luft nicht ganz so auffällt wie drinnen. „Sommer, Sintflut, SAT.1“ heißt beispielsweise der peinliche Grillabend der Kogel-Knirpse mit Moderationswürstchen Jörg Wontorra, der am Strand von Weißnichwo einmal mehr seine grellen Sakkos spazieren führt und dabei hofft, endlich ins Guinness-Buch der Rekorde für „die meisten überflüssigen Sendungen, die ganz schnell wieder eingestellt wurden“ zu kommen. Kräuterhexe Ramona Leiß gräbt wie schon seit hundert Jahren jeden Sonntag zur AltenheimPrimetime den „ZDFFernsehfriedhof“ um, trampelige Trachtengruppen süddeutscher Eingeborenendörfer veranstalten Fruchtbarkeitstänze zur Sonnenjodelwende, selbst Trommelfell-Domina Arabella lädt zum „Beach-Talking“ und bräunt sich mit ihren Gästen bei zwang- bis hirnlosen Plappereien über Pimmelpiercing und Tittenlifting. Sie sehen: Selbst im Urlaub ist niemand mehr sicher! Vielleicht lauert schon hinter der nächsten Palme Carolin Reiber im Kokosschalen-BH oder Koschwitz im Bananen-Tanga mit einem SAT.1-Team – denn wenn Sie nicht freiwillig zuschauen, dann kommt das Fernsehen zu Ihnen!
Eine Welt ohne Fernsehen „Oh, wie herrlich das doch wäre!“ jauchzen da die zauseligen Kulturpessimisten und recken frohlockend ihre Rollkragenhälse aus den Strickjacken. „Endlich keine mediale Verdummung der nach Bildung dürstenden Massen mehr! Laßt uns selbst für Unterhaltung sorgen und auf der Flöte blasen zu satirischen Schelmenliedern des Mittelalters!“ Zugegeben, das klingt klasse, aber wären wir ohne Fernsehen nicht auch viel ärmer? Wir hätten keine Morgenmagazine mit holperig verreimten Wettervorhersagen und Performance-Künstlern aus der Schlager-AG der Deutschen Stümpergilde, keine Dauerwerbesendungen, in denen wir die Vorteile von Po-Trimmern, HirnEnteisern, Sack-Liftern und Angelködern für die Mikrowelle kennenlernen, und keine arschwitzigen Filme von Promis beim Nasepopeln mit versteckter Kamera. Ohne unsere täglichen Vor-, Während- und Nachmittags-Talkshows wüßten wir gar nicht, wie furzlangweilig und erschreckend uninteressant doch das Leben der anderen ist und wieviel kleine geile LatexTeufelchen in der Hirnschale des durchschnittlichen Filialstellenleiters schlummern. Gesellschaftliche Klüfte wären ohne Gameshows größer denn je, denn nie wäre es möglich gewesen, daß arbeitslose Kindergärtner, übergewichtige Metzgersgattinnen und wohlsituierte Gesäß-Chirurgen mit Adelstitel Seite an Seite durch explodierende Schleimtunnel robben, um eine Reise ins Sauerland zu gewinnen. Gäbe es keine Fernsehkrimis, würde man denken, die Polizei bestände ausschließlich aus schnauzbärtigen Männern und Frauen in kantigen C&A-Uniformen, die wegen chronischer Lethargie und schlechter Deutsch-Noten vorzeitig die Schule verlassen mußten – aber niemand wüßte, daß es dort auch coole Typen wie Kommissar Rex oder Stephan Derrick gibt. Sogar die Emanzipation hätte vielleicht inzwischen über die rüde Männerwelt obsiegt, wären da nicht Brustgeschwader wie Verona Feldbums oder DollyBoom-Boom-Buster auf den Bildschirm geflogen, um zu beweisen, daß die meisten der doofen Chauvie-Klischees nun mal doch der Wahrheit entsprechen. Sehen wir es endlich ein: ohne Fernsehen wäre die Erde trostlos und leer! Rentner und Hausfrauen würden einsam verkümmern. Eltern müßten sich wieder um ihre Kinder kümmern, und den meisten programmverantwortlichen Redakteuren bliebe nichts anderes übrig, als wie früher als Dorftrottel zu arbeiten.
Beten wir, daß wir das Fernsehen nie verlieren!
Ficken! Ficken! Ficken! Vielen Dank. Ich wollte nur Ihre Aufmerksamkeit. Jetzt können wir uns ja ruhig anderen Themen zuwenden. Aber wer weiß, ob Sie ohne das böse F-Wort diese Zeilen überhaupt gelesen hätten! Ein reißerischer Titel aus dem weiten Feld des Geschlechtsverkehrs ist nun einmal unerläßlich dieser Tage. Niemand würde auch nur eine einzige Folge von „Vera am Mittwoch“ oder „Analbella“ gucken, wenn die Themen nicht „Mein Schwanz ist 100 Meter lang“ oder „16, blond und spitz wie Lumpi!“ hießen, sondern wahrheitsgemäß „Bleichnasige Arschgesichter langweilen das tumbe Publikum mit ihren erbärmlich primitiven Knatterphantasien“. Das Wichtigste ist, die Zuschauer so scharfzumachen, daß sie einschalten. Was dann folgt, ist völlig egal – und solange alle auf die gleiche Art bescheißen, braucht man auch keine Angst zu haben, die Konkurrenz könne vielleicht wirklich etwas Interessantes senden. Da es in der großen Masse der aufgeschlossenen, intelligenten Rezipienten unseres Landes aber eine ganze Menge zu geben scheint, die diese offensichtliche Verblödungstaktik aus Mitleid mitspielen, um die unbedarften Programm-Macher nicht zu enttäuschen, macht jene gezielt verborgene Inhaltslosigkeit sogar Quote. Auch dumme Hunde kriegen Knochen! So kommt es, daß beispielsweise Kulturprogramme wie Sat.1 endlich die beinahe vergessene Kunstform des „saudämlichen deutschen Titels“ wiederentdeckt haben, die seit den späten 70er Jahren fast ausgestorben schien. Wer erinnert sich nicht an Kreativleistungen zugekiffter Filmverleiher wie „Oscar, der Granatenköttel“, „Zwei Himmelhunde hauen sich in die Fresse“ und „Frau Wirtin bläst auch ohne Tuba“ oder wie die alle hießen. Heute gibt es dafür „Blutjung, geschändet und lebendig gefressen“ für Dokumentationen über Angelköder oder „Nackt und gierig in die Hölle“ für die TV-Movie-Version von „Adam und Eva“. Und irgendwann, da bin ich sicher, werden auch die öffentlich-rechtlichen Sender dieses Spiel mitmachen. Nicht mehr lange und die ARD-„Tagesschau“ wird umbenannt in „Sperma, Blut und Massenmord – Alltagshorror zum Abendbrot“ zumindest im Untertitel! Und sollte eines Tages „Das Wort zum Sonntag“ zu den Privaten wechseln, wird man es wahrscheinlich wiederfinden als „Wasser, Wein und wilde Wunder – Die Jesus-X-Akten“. Bleibt nur die Frage, wann endlich die Sender selbst sich trauen, ihre abstrakten Kürzel Sat.1, RTL oder Pro Sieben abzulegen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, wie z.B. Hirnlos-TV oder Blöd-undgeldgeil-aber-Mörder-Titten. Dann würde ich auch wieder einschalten!
Die neuen Fremdwörter sind da! Die deutsche Sprache lebt! Ganz im Gegensatz zum mausetoten Latein, das nur noch von einer Handvoll klug gemeinter Sätze lebt, die ein paar in Laken gewickelte Schlaumeier vor über zweitausend Jahren am Stammtisch daherschwatzten. Und gäbe es nicht immer noch die vom Aussterben bedrohte Art des dahinstaubenden Lateinlehrers, der für andere Arten der Schülerfolter zu einfallslos ist, würde sich heute auch kein Schwein mehr für Cäsars Kriegspossen und Internatstagebücher interessieren. Unsere Sprache aber ist putzmunter. Das sieht man schon daran, daß übereifrige Reformbeamte mit einer Deutsch-Fünf im Mittelschulabschluß emsig versuchen, sie wenigstens in der Schriftform totzukriegen. Man erkennt es aber auch an den vielen neuen Wörtern, die jedes Jahr in den lebendigen Sprachgebrauch einfließen, und nicht wenige davon kommen aus dem Bereich der Medien. Allein durch die Pimmel-und-Möpse-Talkshow „Peep!“ sind uns drei neue Begriffe geschenkt worden. Das Verb „feldbuscheln“ beispielsweise, häufig für junge Teenie-Backfische im Hormonkoller gebraucht, bedeutet soviel wie „ständig debil kichern und grinsen, ohne etwas Vernünftiges zu sagen zu haben“, in der Schule auch gleichbedeutend mit „den Unterricht stören“. Neu ist in diesem Zusammenhang auch „jemandem eine bohlen“ – quasi „einen an die Omme donnern“. Beispielsatz: „Koch endlich, oder ich bohl dir eine!“ Und Veronas Kollegin BoomBoom-Buster sorgte für das neue Adjektiv „dolly“, meist in Verbindung mit fühlen: „Ich fühl mich heute dolly!“ heißt übersetzt ungefähr: „Irgendwie kann ich heute nicht denken, aber ficken würde ich schon gern!“ Jemanden „koschwitzen“ stammt aus dem Bereich des „Mobbing am Arbeitsplatz“ und will sagen, einen Mitarbeiter so lange mit den letzten Drecksjobs zu unterfordern, bis er unvermittelbar ist oder freiwillig die Brocken hinschmeißt. Wenn ein Mädchen „schreinemakert“, dann bedeutet es, daß sie andauernd aus reiner Berechnung heult, nur um Geschenke, Quoten oder Süßigkeiten zu bekommen. Kollege Hörig schenkte uns das Adjektiv „elmi“ – jedoch nicht zu verwechseln mit der adverbialen Form „ganz schön moik aussehen“. Ein bißchen „kernern“ ist dasselbe wie „etwas plappern und grinsen“, und sagt jemand zu einem „Sei nicht so , fliege‘!“ meint er, man solle nicht so hinterfotzig heuchlerisch herumschleimen. „Hör auf zu , meisern‘!“ heißt allerdings nichts anderes als „Stell dich nicht blöder als du bist, Opa, und nimm gefälligst den Fuß von der Treppe!“
Soweit vorerst zu den wichtigsten sprachlichen Neuerungen. Den Rest können Sie ja selbst im Duden oder im Wickert nachlesen.
Na, wie war Ihr Urlaub? Beschissen, nehme ich mal an. Urlaube waren meistens beschissen, wenn man fragt. Oder „einfach herrlich, aber leider viel zu kurz“. Absurd, doch in der öffentlichen Meinung ist nun einmal selbst ein furchtbarer Urlaub immer noch erstrebenswerter als eine angenehme Arbeit. Auf jeden Fall ist mir „furchtbar“ als Antwort immer noch wesentlich lieber als „einfach herrlich“! Denn darauf folgt gewöhnlich ungefragt die Präsentation einiger Dutzend verschwommener Experimentalfotos von den jeweils uninteressantesten Ansichten der bereisten Örtlichkeit, meist sogar noch mit dem Präsentator persönlich doof grinsend in einer schiefen Ecke des Bildes hängend. Wenn man aber ganz großes Pech hat oder in einem früheren Leben ein Schwerverbrecher war, wird man zu einem Dia-Abend eingeladen. Dia-Abende sind die Strafe der Götter für den Hochmut des modernen Menschen, ihre Existenz anzuzweifeln. In manchen Mythologien auch der Vorhof zur Hölle – und auf Erden nicht selten das Ende einer wunderbaren Freundschaft. Ohnehin erscheint dem aufmerksamen Beobachter das Phänomen Urlaub als Paradoxon. Nur die wenigsten nutzen ihn zur angedachten Ruhe und Rekreation des Geistes, sondern im Gegenteil vielmehr zur gezielten Betäubung desselbigen und zur Schaffung unbedeutender Erlebniswerte, mit denen man danach die Arbeitskollegen vollsülzen kann. Ein Großteil der Menschen begeht ihn lediglich, um an einem fernen Ort nach möglichst viel von dem zu suchen, was man auch zu Hause hat. Der deutsche Mallorca-Besucher ist beispielsweise stets bemüht, sich im Ausland genauso peinlich zu benehmen wie daheim, einen gewissen erlernten Promille- und Jägerschnitzel-Level nicht zu unterschreiten und jeden Morgen die gleichen Kopfschmerzen zu haben wie am Wochenende nach dem Pupasch. Wichtig ist auch, möglichst immer die Bild-Zeitung zu bekommen, um das Informationsdefizit mit den Landsleuten auf gleicher Ebene zu halten und selbst im Ausland das heimische Fernsehprogramm zu empfangen. „Home is where Hans Meiser is“, sagt ein altes Sprichwort – und ganz ohne Frage fühlt man sich irgendwie geborgen, wenn man nach einer vergeigten Begattungsanbahnung in der spanischen Ruckeldisse im Hotelzimmer die bleichnasig sackgepiercten Leidgenossen bei „Arabella“ sehen kann, bevor man sich übergeben geht. Aber egal, wieviel man später auch arbeitet, um die Katastrophen der Zwangsfreizeit zu vergessen – der nächste Urlaub kommt bestimmt.
Die dumme Seite der Macht „Der größte Trick des Teufels war es, die Menschen glauben zu lassen, daß er nicht existiert“, lautet ein Zitat, doch ich bin da anderer Meinung: Satans größte Täuschung bestand darin, so zu tun, als sei er intelligent! Denn nicht das Böse ist es, was wir Menschen zu fürchten haben, sondern die Dummheit. Bosheit ist wenigstens berechenbar. Ein intelligenter Gegner ist selbst bei moralischen Defiziten zumindest eine kalkulierbare Größe, da er sein Ziel mit Vernunft verfolgt! Nicht so der Idiot! Er ist unberechenbar, ziellos und überaktiv. Sein Weg wird selbst ohne bösen Willen von Leichen gepflastert sein, denn der professionelle Blödkopp kachelt unbedarft heiter und unkoordiniert durch das Leben wie ein Blinder im Lkw durch die Fußgängerzone. Wären jene Menschen, die sich – höflich ausgedrückt – an Intellekt und Talent nicht gerade einen Bruch heben können, nur beim Bulettenkneten im Schmierimbiß anzutreffen, würde sich das Chaos unter Umständen noch in Grenzen halten. Da sich zur Dämlichkeit aber meist auch ein aus hirnloser Selbstüberschätzung geborener Wunsch nach Macht gesellt, findet man jenen Typus besonders häufig beim Militär, in Chefetagen oder auf dem Weg dorthin wieder. Das läßt sich auch im Bereich der Medien beobachten: An oberster Stelle sitzt gewöhnlich eine Herde periodisch wechselnder Programmverantwortlicher, angetrieben von Krawattenzwang und bohrender Illusionslosigkeit. Stets bemüht, sich von dubios-diabolischen Beratern erklären zu lassen, wie dumm doch das Publikum sei, versuchen sie, das Programm ihrer eigenen Dumpfheit anzugleichen. Der Idiot, der im Rausch der Phantasielosigkeit gern von sich auf andere schließt, beginnt dann eifrig, das Land mit seiner Leere zu füllen, und wundert sich, warum statt Gold nur heiße Luft dabei herauskommt. Als Folge davon sind wir alle inzwischen unbarmherzig vom Wahnsinn umzingelt wie General Custer von den Indianern. Widerstand zwecklos! Fernsehsender schleimen uns voll damit, daß man sie knuddeln und drücken soll, Radiostationen haben einem nichts mehr zu sagen und prahlen minütlich mit ihren angeblichen Superhits wie ein pubertierender Furzknoten beim Lümmelzeigen. Geschirrspülmittel-Werbungen geben uns Tips fürs NachbarnFlachlegen, und ich kann nur noch schreien: Fresse, ihr Idioten! Macht’s Euch doch selber! Ich bin nicht so blöd, wie Ihr das gern hättet! Und jetzt schalt ich ab!
Keine Ahnung, ob das wirklich hilft … aber auf jeden Fall fühlt man sich danach viel, viel besser!
Das Leben aus der Steckdose Die Japaner hatten irgendwie schon immer einen an der Waffel. Sie sprechen hibbeliger als ein Cassettenrecorder im Schnellrücklauf, essen lieber rohen Fisch als ein gut zerkochtes Schlemmerfilet und sind im Durchschnitt nicht größer als Peter Maffay. Ihre einzigen kulturellen Geschenke an die Welt waren Godzilla und der Mazda 323. Aber auch, wenn sie überall ungefragt ihre Schuhe ausziehen, Atomtests durchführen oder sich gegenseitig fotografieren – auf technischem Gebiet sind sie ungeschlagen! Fernseher, Videorecorder, Kameras, Eierkocher … das alles war nur der Anfang! Denn jetzt ist es Frankenstein-San und seinen gelben Igors sogar gelungen, künstliches Leben zu erschaffen! Tamagotchi heißt die batteriebetriebene Kreatur, und sie ist ungefähr das gleiche wie ein elektronischer Hamster zum Mitnehmen. Ein kleines buntes Ei mit einem häßlich dahingekrakelten Computervieh, das durch Betätigen einiger Tasten gefüttert, geknuddelt oder den Hintern abgewischt bekommen muß. Wenn nicht, nibbelt es ab … oder pißt einem in die Jackentasche. Kümmert man sich nicht um das Teil, wird es depressiv und später mal ein drogensüchtiger Schwerverbrecher. Ich warte schon heute auf den Tag, an dem mich ein heruntergekommenes Tamagotchi am Bahnhof um eine Mark anbettelt … und dabei will es in Wahrheit doch nichts als einen Knopfdruck Liebe! Glauben Sie mir – nicht mehr lange, und es wird die ersten lebenden Fernsehgeräte geben. TV-Gotchi werden sie heißen, und ihre Sendungen werden sich nicht wie bisher lediglich von Einschaltquoten ernähren, sondern von der Zuwendung und Zärtlichkeit der Zuschauer. Wenn wir in den Urlaub fahren, müssen wir den Fernseher mitnehmen oder an der Autobahnraststätte aussetzen. „Du hast wieder nicht Schreinemakers geguckt! Margarethe hat die ganze Nacht geweint!“ wird eines morgens auf dem Bildschirm stehen. „Gib über Videotext ein, daß du sie liebhast!“ Wir werden dann via Fernbedienung Hans Meiser füttern, Hera Lind loben, Vera wiegen, Koschwitz die Glatze streicheln, Arabella den Mund zuhalten und Dolly Buster befummeln müssen, wenn wir sie nicht auf dem Gewissen haben möchten. Sehen wir nicht genug fern, wird der Apparat verkümmern und nur noch Volksmusik-Shows abspielen, bis er wieder gut drauf ist. Und falls wir zu oft „Fliege“ oder „Geliebte Schwestern“ gucken, macht er endgültig Schluß und zieht sich selbst den Stecker raus. Bis dann – wir sehen uns auf dem Fernseh-Friedhof!
Mein Beileid! Liebe Fernsehgemeinde, der Anlaß, aus dem wir uns heute vor dieser Kolumne versammelt haben, ist ein trauriger. Eine geliebte Sendung hat uns verlassen.„Der Preis ist heiß“ existiert nicht mehr. Der Preis ist jetzt kalt. Viel zu früh ist sie von uns gegangen … nein, lassen Sie mich korrigieren: Viel zu früh war sie zu uns gekommen, doch nach acht Jahren wurde dem Leiden der Zuschauer nun ein Ende bereitet. Plötzlich und unerwartet wurde sie aus dem Programm gerissen, trotz ordentlicher Gesundheit und immer noch meßbarer Zuschauerzahlen. Eine höhere Macht hat ihr Schicksal bestimmt. Der Thoma hat sie uns gegeben, der Thoma hat sie uns auch wieder genommen. Es ist nicht an uns, ihn dafür zu tadeln, und einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Der Verlust für unsere Fernsehlandschaft ist in seiner gesamten Tragweite jetzt noch nicht abzuschätzen. Wie wird das Programm das Verschwinden dieser intellektuellen Luftblase verkraften? Jene Dauerwahnsinnssendung erhitzte nicht nur die Preise, sondern erwärmte auch unsere Herzen, denn es war die einzige Show, die den durchschnittlichen Volltrottel von nebenan zum Helden der Moderne erheben konnte, wenn dieser den Verkaufswert einer Tüte Kartoffelsuppe erriet. Wenn solch ein kulturelles Wurmloch verschwindet, so ist es, als ob in der Gemeinde der Dorftrottel stirbt oder in der Schule der Klassendoofste sitzenbleibt. Irgendwie hat man nichts mehr, worüber man lachen kann, und plötzlich ist man gezwungen, sich mit der eigenen Inkompetenz auseinanderzusetzen. Doch dies soll nicht die Zeit sein zu trauern über das, was einmal war. Keine Sendung stirbt für immer. Ihr Irrwitz wird weiterleben, in einem anderen Format, auf einer anderen Station vielleicht, doch sicherlich über Kabel empfangbar. Und da TM3 – der Sender für die emanzipierte Frau von heute, die schon allein mit der Fernbedienung umgehen kann und Spaß hat an verfilmten Aldi-Prospekten – bereits begonnen hat, die alten Folgen zu wiederholen, wird die Erinnerung niemals verblassen. So wollen wir also beten. Für den Preis, der einst so heiß war, und alle Shows, die ähnlich ihm den frühen Quotentod starben. Und wenn sie uns begegnen, die Helden von damals, der quirlige Walther vielleicht beim Bananenverkaufen auf dem Fischmarkt oder der dicke Harry beim Käsestreicheln im Supermarkt, so laßt uns auf sie zugehen, sie liebevoll umarmen und sie den Preis unserer Unterwäsche erraten. Ruhet in Frieden!
Lieber reich und tot als arm und krank John Lennon ist tot. Bob Marley auch. Bata Illic nicht, der sieht nur so aus. Sonst hätte man auch viel mehr von ihm gehört in letzter Zeit. Sobald ein Star abnippelt, stürmt er schließlich erst einmal die Charts – denn nur der Tod macht unsterblich und versöhnt die Kritiker. Elvis würde lebend heute vielleicht nur noch als Cover-Model für „Die 100 besten Fetten-Witze“ arbeiten oder mit den Wildecker Herzbuben auf holländischen Kaffeefahrten Heideschinken verkaufen und den Schwabbel-Rock singen. Queen hat natürlich früher auch bessere Alben gemacht, aber keiner meckert, denn für einen toten Sänger ist es halt doch ganz ordentlich. Und selbst James Dean, der coolste Fluppenlutscher und VivaModerator der 50er, hätte sein vergnatztes Konterfei niemals auf Millionen von Untersetzern, Aschenbechern und krakeligen Pop-artPostern gebracht, wenn er nicht ohne Stuntman seinen Porsche an den Baum gesemmelt hätte. Der gewitzte Knochenhändler weiß: auch ohne Krematorium kann man aus einem verblichenen Künstler jede Menge Asche machen. Und man muß dazu noch nicht mal warten, bis die Leiche kalt ist – im Gegenteil! Je schneller man als moralischer Nachlaßverwalter des Dahingerafften auf der Bildfläche erscheint, desto glaubwürdiger kann man mit einer Träne im Scheckbuch die Trauer-T-Shirts bei der Beerdigung verscherbeln. Und als ob Totsein nicht eigentlich schon deprimierend genug wäre, muß das Opfer sich von nun an auf ewig kommerziell bedauern lassen, ohne sich wehren zu können. Sonst hätte der Geist von Lady Di bestimmt längst die Kerze aus dem Luftzug genommen und all den Redakteuren in den heuchlerischen Hintern gerammt, die sich im kulturellen DianaOverkill täglich mit neuen Science-fictionBiographien über sie ihr Kondolenz-Koks finanzieren. Vielleicht aber macht der gepflegte Abgang auch Schule, und die Fernsehsender beschließen, im Falle von klinischem Quotenmangel einer Show zukünftig statt mühsamer Änderungen lieber die finale Rettungs-PR am Moderator durchzuführen. Sollte beispielsweise demnächst Maggie Schreinemakers beim Joggen in Belgien von sechs liebestollen Groupie-Rentnern mit Pocket-Kameras um den Hals verfolgt werden, dabei gegen ein Garagentor laufen und sich die Stimmbänder zerren, und sollte kurz darauf Patrick Lindner beim Haarefönen „Mei’ Kerzerl steht im Wind“ singen – glauben Sie ja nicht an einen Unfall.
Eine Weihnachtsgeschichte Und so begab es sich also zu einer Zeit, daß ein neues Gesetz erlassen wurde von den Königen der GEZ, auf daß ein jeder einzelne sich zählen lasse, und wenn er nur einer sei, er doch ruhig der eitlen Mathematik zum Trotze für zwei Gebühren zahlen solle. Zu gleicher Zeit verspürte an einem anderen Orte eine blutjunge Endvierzigerin, deren Name Hera war, ein schwänglerisches Rumoren in ihrem Bauche, und weil sie wahrlich ein Superweib war – das wußte niemand so gut wie sie selbst –, so ahnte sie, daß dieses Kind von ganz oben, Programdirektor oder sogar noch höher, gesandt sein mußte. Davon erfuhr auch Jürgen, ein windiger Wanderprediger mit dem wachsamen Blick eines eingeschläferten Cockerspaniels, und da er sich dem lieben Gott als guter Kumpel und Berater wähnte, die blonde Hera aber keineswegs angepackt hatte, vermutete er seine irdische Vaterschaft, denn etwas Ähnliches hatte er schon einmal in seinem dicken Buch gelesen. So machte Jürgen die Fliege, verließ betroffen seine aufatmende Gemeinde und zog mit Hera durch Lind und Land auf der verzweifelten Suche nach einer Talkshow, die sie als Gäste aufnähme und in der sie den Menschen all das erzählen könnten, was diese gar nicht wissen wollten. Doch es war Weihnachten und alle Sendungen – von Vera am Mittag „Die Wessis haben krumme Pimmel“ über Arabella „Ich nagel gern gepiercte Pferde“ bis zu Schäfers Bärbel „Wenn ich so oft könnte, wie ich wollte, dann würde ich viel öfter!“ – waren bis zur Antennenspitze gefüllt. Selbst bei „Wetten, daß … ?“, wo Michael Jackson wegen einer Hodenzerrung seinen Auftritt abgesagt hatte, verschloß man die Türe vor dem armen Paar und holte sich zum Adventssingen lieber Die Prinzen mit dem Neubrandenburger Tuntenchor im Fistel-Kanon. Doch als Heiligabend PR-mäßig schon gelaufen schien, da fanden sie Unterschlupf in einem umgebauten Sendestall vom Offenen Kanal, wo Hera gebar einen strammen Stoß heißer Luft und ein gar dickes Buch, was ihr schon lange auf Herzblatt und Magen gedrückt hatte. Und als die Kunde eines neuen Werks zur Erleuchtung frustgeplagter Fremdsprachen-Sekretärinnen und Friseur-Mätressen um die Erde ging, da kamen sie alle, um der Mutter werbewirksame Gastauftritte darzureichen, profitable Verlagsverträge und altbackene ArschgeigenVerkupplungs-Shows zum Kaputtmoderieren. So jauchzten alle glücklich, und ein Frohlocken ging um die Erde, denn wenn schon nicht ein neuer Erlöser erschienen war, so doch wenigstens
ein ordentlicher Reibach, was ja auch ganz schön war, gerade zum Fest. Frohe Weihnachten!
Wenn ein Jahr zu Ende geht … … dann werden die Menschen albern. Sie gedenken all der güldenen Hoffnungen, die sie genau ein Jahr zuvor hegten, sowie das davor und all die anderen vor eben jenem. Sie erinnern sich an die wahnwitzig verwegenen Pläne, an deren Realisierung sie im schwiemeligen Taumel billigen Schaumweins zur mitternächtlichen Jahreswende für ein paar Minuten wahrhaftig beinahe schon selbst geglaubt hatten. Und wenn der freundliche dicke Abreißkalender beginnt auszusehen wie Kate Moss nach der Wurmkur, wird ihnen plötzlich gewahr, daß sie wieder einmal alles gründlich verbockt haben. Wie auch das Jahr zuvor, das davor und all die anderen vor eben jenem. Dies ist gewöhnlich der Zeitpunkt, an dem die sogenannte präsilvesterliche Depression einsetzt. Man begegnet dieser häufig mit gesundheitlich bedenklichen Kaufrausch-Aktionen, post-weihnachtlichen Besäufnissen oder dem Aufstellen neuer wahnwitziger Zukunftspläne, die häufig den verwegenen Strategien der Vorjahre nicht unähnlich sind. Der Versuch sämtlicher Fernseh- und Radiostationen, uns in der Adventszeit vorübergehend mit tragischen menschlichen Schicksalen zu konfrontieren, insofern diese in das Format passen und mit dem Spendenaufruf eines betroffen dreinblickenden Hausmoderators inklusive Senderkennung kombiniert werden können, führt beizeiten sogar noch zusätzlich zu Anflügen ungesunder Selbstkritik oder gar schlechten Gewissens. Verschwommen kehrt der Moment zurück, in dem man sich beim Festtags-Sodbrennen vorgenommen hatte, auch mal etwas Selbstloses zu tun, wenn es sein muß sogar, ohne es überall zu erzählen. Immer tiefer zieht den Grübelnden der Strudel seiner Versäumnisse, immer enger legt sich ihm die Schlinge der eigenen Unfähigkeit um den Hals, in welchem ihm gerade davor das selbstgefällige Grinsen der Sommermonate steckengeblieben war. Und wenn man dann auch noch den Fehler macht, am Silvesterabend auf der verzweifelten Suche nach seelischem Heiterkeitsbeistand durch die Fernsehkanäle zu pilgern, dabei aber statt einer Anleitung zum selbstständigen Fröhlichsein nur genau die gleichen abgewrackten Schnarchnasen und vollgesoffenen Polonäsenzombies entdeckt, über die man schon im Jahr zuvor nicht lachen konnte – genau wie in dem davor und all den anderen vor eben jenem –, spätestens dann beginnt man zu verstehen, was mit einem sogenannten Déjà-vu-Gefühl gemeint ist. Und wenn man ehrlich ist, wird einem sogar der Kater am nächsten Morgen irgendwie bekannt vorkommen.
Bis zum nächsten Jahr!
Alles wird gut! Glauben Sie mir. Nina Ruge sagt das zwar auch immer, bevor sie pullern geht, aber die hat ja nun mal überhaupt keine Ahnung. Ich bin mir wirklich sicher, daß in diesem Jahr endlich alles besser wird. Der Winter wird mild, der Sommer herrlich, der Grand Prix scheißenlangweilig und Peter Maffays Hosen immer enger, was ihn aber auch nicht größer macht. Twix wird wieder Raider heißen und Eros Ramazzotti endlich Averna. Kerner geht zum ZDF, Beckmann zur ARD und Heribert Faßbender zu VIVA. Margarethe Schreinemakers hört auf und muß endlich nicht mehr soviel weinen, Karl-Eduard Zimmermann hört auf und darf endlich wieder lachen, Derrick hört auf und darf sich endlich wieder bewegen. Das „Glücksrad“ wird eingestellt, Vokale kosten keine 500 Mark mehr, und auch die Armen können sich wieder eine anständige Artikulation leisten. Maren Gilzer meldet sich beim Arbeitsamt, gilt als schweigende Buchstaben-Hosteß jedoch bis zur Entscheidung über die Rechtschreibreform als unvermittelbar, Frederic Meißner bekommt sein eigenes Ende vor lauter Grinsen gar nicht mit, und Peter Bond kehrt zurück zu seinen Anfängen mit dem neuen Bahnhofskino-Klassiker „Mein Pimmel steht auf Extra-Dreh!“ Im Sommer beginnt die heißersehnte Fußball-WM, allerdings durch ein Versehen exklusiv übertragen vom Tortensender TM3. Gesponsert von „o.b. – Einer geht noch rein!“ und moderiert von Hera Lind, Ilona Christen und Witta Pohl, wird es ein großer Spaß – wenn auch die DeutschlandKämpfe als einzige nicht übertragen werden, weil die Spieler der anderen Mannschaften einfach viel süßer aussehen! Michael Jackson läßt sich die Hoden bleichen und sieht danach fast aus wie Peter Hahne. Der wiederum verläßt das „heute-journal“, um zukünftig „Peep!“ zu moderieren, wird beim Casting aber von Christiane Herzog ausgestochen, die erst nach zwölf Folgen merkt, daß in der Sendung gar nicht gekocht wird. Hauser und Kienzle nehmen endlich Schauspielunterricht, Heiner Brehmer heiratet seinen Teleprompter, und Schumi verliert erneut den Grand Prix, weil sich in der Kurve sein Kinn am Lenkrad verkantet. Vertrauen Sie mir – im nächsten Jahr wird wirklich alles gut. Oder wenigstens recht amüsant!
Galeria Fernsehen Januar ist der Monat des Kassenbons. Das heilige Fest des Geschenkeaustauschens ist lang schon vorbei, der einst so prachtvolle Christbaum fault kleingehackt als Sperrmüll am Straßenrand, und der Festschmaus wird bereits zum zweiten Mal erfolglos abgehungert. Also Schluß mit dem sentimentalen Mumpitz – jetzt kommt die Frage nach dem Bon! „Du, vielen Dank noch mal für dein tolles Geschenk, wirklich super … aber, sag mal, hast du eigentlich noch die Quittung?“ So beginnen dieser Tage Millionen von Gesprächen, und an den Sammelkassen der mehrstöckig aufgeblasenen Kaufmannsläden wiederholen sich noch einmal die vorweihnachtlich ausgedehnten Kundenschlangen, nur mit umgekehrtem Begehr. Ähnlich ist es beim Fernsehen. Zwar war der planlose SAT.1Räumungskauf aller Öffi-Stars vor knapp zwei Jahren eine bittere Lehre, und täglich gemahnen uns Remittenden-Shows wie „Flacher Witz mit Egners Fritz“ und „Elmis schweineulkige Heizdecken-Parade“ an: Vorsicht beim Star-Transfer, aber trotzdem: Im November und Dezember herrscht noch die irrwitzige Kauflust, der verschwenderische Größenwahn. Jeder Sender möchte unter dem Christbaum seines Programmdirektors etwas protzen, jeder will nach dem ModeratorenShopping stolz mit dem teuersten Kassenzettel vor der Presse herumwedeln. Das ZDF streicht das Kinderprogramm und kauft sich von dem Geld Johannes B. Kerner als ultimative Unterhaltungswaffe und Entertainment-Landmine im Kampf gegen den privaten Quoten-Endsieg. „Scheiße“, denkt sich da die ARD, „haben wir alten Säcke doch wieder mal gepennt! Die blöden Mainzer holen sich den Dauergrinser und wir gucken in die Röhre!“ Also werden flugs ein paar geheime GEZ-Sparschweine geschlachtet und mit einigen Federstrichen in den Anstalts-Scheckbüchern wird keck der Reinhold Beckmann gezockt! Der ist auch von „ran“, trägt aber sogar ’ne Brille, das gibt fünf Kompetenz-Punkte extra! Und während zur gleichen Zeit bei Disney jemand Pluto heimlich den Knochen klaut, um Fusselkopp Gottschalk für eine neue LateNight-Talkshow im Entenhausen-TV anzuheuern, sucht Dr. Thoma bei RTL verzweifelt in der Portokasse nach dem Kassenbon von Schreinemakers. Wo doch jeder weiß, daß Ware vom Grabbeltisch vom Umtausch ausgeschlossen ist!
Traum oder Wirklichkeit? Kennen Sie nicht auch diese Situation: Sie stehen beim Bäcker, der Laden ist rappelvoll, und während der picklige Konditormeister versonnen lächelnd Popel in die Rosinenbrötchen knetet, übt eine fette Fliege bedrohlich summend Landemanöver auf Ihrer schweißnassen Stirn. Plötzlich beginnen die anderen Kunden, trotz quälender Stille, Walzer zu tanzen, und ein Mann mit zwei Hüten holt einen toten Fisch aus seiner blaßlila Cordhose. Doch erst, als alle Anwesenden sich spöttisch lachend im Kreis um Sie gruppieren, merken Sie, daß Sie völlig nackt sind. Und verschämt errötend denken Sie, wie schön es wäre, wenn es sich hierbei nur um einen Traum handeln würde! Gut, manchmal hat man Glück und es ist auch einer, aber trotzdem bleibt es oft schwer, Realität und Traumwelt auseinanderzuhalten. Wie oft saß ich schon während „Fliege“ auf meinem Sofa und kniff mir die Arme blutig in der Hoffnung, endlich aufzuwachen. Oder grübelte bei einer Sendung der „Lustigen Masturbanten“, ob es sich dabei um eine leibhaftige Show-Attacke aus der Talsohle des großdeutschen Jodelimperiums handelt oder um einen kafkaesken Alptraum nach einem sehr fetten Essen. Kommt Carolin Reiber wirklich aus dem Land, wo Weißwurst und Wahnsinn sich gute Nacht sagen, oder aus jenem hinter dem Regenbogen, wo böse Hexen und bierbäuchige Zauberer mit PublikumsHologrammen um die Wette schunkeln? Ist Dolly Buster echt oder lediglich die Phantasie eines pubertierenden Zwölfjährigen? Und sieht „Vera vom Mittag“ nicht jenem Monster ähnlich, welches man als Kind unter seinem Bett wähnte? Und was, wenn das Fernsehen die wahre Wirklichkeit ist und wir Zuschauer nur geträumt sind? Verschwinde ich, wenn Ilona Christen aufwacht? Endet das Universum nach dem Abspann von „Raumschiff Enterprise“? Sind wir alle nur Schöpfungen aus den Schlafvisionen eines übermüdeten ARD-Redakteurs – oder eine Wunschvorstellung von Sat.1, wo man sich mit uns die erhofften Quoten zusammenträumt? Denken Sie mal drüber nach – aber bleiben Sie wach!
Wie wird man so was? Eine Frage, die ich mir oft stelle. Wie wird man beispielsweise Schlachter? Geht man zur Berufsberatung und sagt: „Ich haue gern Tiere tot, hätten Sie da was?“ Wann in der Kindheit entsteht zum ersten Mal der Wunsch, das Meerschweinchen zu pürieren und in eine Wurstpelle zu drücken? Oder Beamter in der Stadtverwaltung: Zu welchem Zeitpunkt faßt man den Entschluß, vom Leben nichts mehr zu erwarten außer einem eigenen Drehstuhl und einer Schublade voller Bleistifte? Wer sich die Krawatte selber binden kann, geht zur Sparkasse, wer sich die AcrylHemden noch von Mama rauslegen läßt, der geht zum öffentlichen Dienst – so sagt man im Volksmund, aber das erklärt auch nicht alles. Aus welchem Grund wird ein gesunder Mensch hauptberuflich Politiker? Weil alles besser ist als Volksschullehrer? Oder weil man zum Rockstar zu alt und zum Rentner zu jung ist, aber trotzdem auch mal Alkoholsucht und Sex-Affären kennenlernen möchte? Ich weiß es nicht. Und Gameshow-Moderator? Wenn man Holländer ist, kann man ja nichts dafür, das liegt in den Genen, irgendwo zwischen Käserollen und Gurkenzüchten – aber wieso tun andere es sogar freiwillig? Bei Maren Gilzer war es sicher einfach der Wunsch, sich auch und gerade als Frau künstlerisch auszuleben, aber Kai Pflaume macht die „Glücksspirale“ bestimmt nur, weil er als Kind immer geschlagen wurde. Aus welch einem zerrütteten Elternhaus muß man aber erst stammen, um aus freien Stücken einem Karnevalsverein beizutreten? Wie sehr muß man die Zivilisation und den Humor hassen, um Mitglied im Elferrat zu werden oder unschuldige Passanten mit Kamelle zu bewerfen? Ein solcher Mensch muß viel durchgemacht haben. Aber entstehen die Rosenmontagsumzüge wirklich nur aus Bosheit? Ist der Tanz der Funkenmariechen reines Teufelswerk? Mit Sicherheit muß hier zuerst die Frage des Vorsatzes geklärt werden. Andererseits – wie weit sollte das Verständnis gehen? Faschingsprinzen gehören neben dreibeinigen Dackeln und „Fliege“-Talk-Gästen fraglos zu den bedauernswertesten Kreaturen der Erde – aber entschuldigt das alles? Barmherzigkeit ist angebracht, auch sollte man therapiewilligen Jecken die Möglichkeit zum Entzug nicht verweigern. Und doch ist es verständlich und legitim, wenn man ihnen nach dem zwölften Tusch aus Notwehr die Pappnase aus der Fresse haut. Und sollte gerade noch ein Pantomime in der Nähe sein, kann man dem auch gleich noch eins aufs Maul geben. Mitgefühl ist gut, aber alles hat schließlich seine Grenzen!
Foltern für den Frohsinn Anderen Menschen ein bißchen Schmerz zuzufügen, war schon immer sehr ulkig. Bereits die antiken Italiener schlugen sich in ihren Forumslogen die Schenkel vor Gaudi, wenn unten im Römer-Roncalli muskulöse Gladiatoren sich gegenseitig Mistgabeln in die Gedärme pieksten oder zappelige Christen von prachtvollen Löwen verspachtelt wurden. In den Burgen des Mittelalters war die Folterkammer quasi der Ersatz für das Kaminzimmer, und oft versammelte man sich dort nach dem Essen zu einer Runde Pferde-Quartett, während der heitere Henker quietschend das Glücksrad an der Streckbank drehte. Selbst heute noch ist in vielen Ländern das Foltern politischer Gegner auf dem Marktplatz ebenso alltäglich wie bei uns das schiefe Geflöte des peruanischen Panflöten-Trios in der Fußgängerzone. Und es läßt sich nur schwer entscheiden, welche der Darbietungen die grausamere ist. Doch auch der brachiale Knecht der Qualen hat sich im Jahrhundert der Moderne ein Stück weiterentwickelt. Das rein physische Zufügen von Pein in verschwiegenen Katakomben ist out – richtig Spaß macht es nur, wenn es an die Psyche geht und auch alle dabei zugucken. Und wenn man es im Fernsehen tut, unter dem Deckmantel der Volksbelustigung und mit ein paar popeligen Preisen als Lockmittel, kommen die doofen Opfer sogar freiwillig angelaufen! Fröhlich wie Lemminge am Wandertag spazieren sie gleich hundertfach in die Falle, lassen sich belabern, belachen und belästigen und glauben sogar noch, daß sie es witzig finden. Da hilft kein Amnesty International, wenn RTL zur „100000-QualenShow“ bittet oder Fritz Egner einem ungefragt die versteckte Kamera in die Hose hält. Und wenn Kai Pflaume von der „Schmerzspirale“ kommt, hilft sowieso nur noch beten. Mit dem selbstsicheren Lächeln eines Heiratsschwindlers kommt er charmanten Schrittes angewatschelt und konfrontiert ahnungslose Zwangsteilnehmer mit ihren größten Ängsten. Wer mit gequältem Grinsen die Psycho-Folter übersteht und alles macht, was der adrette Einpeitscher fordert, dem spendet die Zwetschgenlotterie in überlegener Gutsherrenmanier einen hübschen Preis – wer aber stolz gesenkten Hauptes seine Phobien akzeptiert, sich nicht ohne Narkose mit einem stumpfen Löffel den Blinddarm rausnehmen läßt und dem geleckten Kernobst-Kai einen Korb gibt, der kriegt nix. Denn nur, wer lustig für das Fernsehen leidet, darf später auch selbst lachen! Sat.1 – drück Dich doch selber!
Geht bald die Erde unter? Seit diese Welt besteht, existieren auch Menschen, die stets prophezeien, daß die Kacke gehörig am Dampfen und bald schon alles vorbei sei. Die Einfallslosen krakeln die genaue Zeitangabe des Weltuntergangs auf ein Warnplakat, schlurfen bis zum angegebenen Datum durch die Fußgängerzone und ärgern sich am Tag darauf über ihr unplanmäßiges Weiterleben. Wer zum Schwarzsehen neigt, aber die Geselligkeit liebt, der gründet eine Sekte und plant einen spirituellen Pauschalurlaub mit kollektivem Gruppensuizid, um das eigene Schicksal zu übertölpeln und der nahenden Katastrophe keck ein Schnippchen zu schlagen. Ein pfiffiger Plan, wenn auch sehr ungesund. Im Moment mache auch ich mir Sorgen. Wir alle kennen die apokalyptischen Vorhersagen des Nostradamus, der Bibel, des Wachturm oder der Bunten: Erdbeben, Flüsse treten über die Ufer, der Himmel wird sich verfinstern, Modern Talking werden sich wiedervereinigen usw … Spätestens diese Nachricht machte mich nachdenklich. Schon als ich das diabolische Duo in meiner Jugend das erste Mal auf einer Bühne funkeln sah, unbewußt seiner Bedeutung für den Untergang der deutschen Pop-Kultur, hatte ich ein Gefühl der Furcht empfunden. Der schwarze Cocker mit dem Nora-Halsband kam mir vor wie ein schwuler Damenfriseur, der sich gerade einen Fön in den Hintern geschoben und auf Stufe drei gestellt hat, der blonde Gitarrenschänder neben ihm schien mir zu grinsen, als wäre er nicht von der Muse geküßt, sondern als hätte er jene gerade vergewaltigt. Obwohl dies nur die Assoziationen eines verwirrten Teenagers waren, bleibt die Frage: Wird diese ungewollte Komik sich noch einmal wiederholen lassen? Und ist dies wirklich ein Zeichen für das drohende Ende? Es gab kürzlich derer noch viel mehr. Ralph Siegel z.B. vergeigte nicht erst den Grand Prix, sondern bereits die deutsche Vorentscheidung – ein Hinweis dafür, daß die Natur nicht mit sich im Einklang ist. Verona Feldbusch bekommt eine Late Night bei RTL, wahrscheinlich die erste Talkshow ohne Ton – ein weiteres Indiz dafür, daß der Irrsinn zerstörerische Ausmaße angenommen hat. Bleiben Sie wachsam: Spätestens, wenn Dolly Buster die Tagesthemen moderiert, Heiner Bremer freies Sprechen lernt und Kerner nicht mehr lächelt, sollten Sie anfangen zu beten!
Der Feind im Haus Die Lage ist ernst. Unsere Funkhäuser sind vom Bösen unterwandert. Eine unheimliche Macht hat sie infiltriert und stört den reibungslosen Sendeablauf. „Inhalt“ nennt sich der getarnte Dämon, im Radio einfach „Wort“. Dreist und unverfroren schmuggelt er sich zwischen die Werbung und den Trailer, und wenn die Verantwortlichen nicht aufpassen wie die Schießhunde, dann ist ganz schnell mal ein fast ungekürzter Film über den Bildschirm gelaufen, ohne daß der Sender darin mehrfach auf seine Pracht und Herrlichkeit verweisen oder für telefonische Kopulationsdienste werben konnte! Von Interesse im sogenannten Onanie-TV dieser Tage ist längst nicht mehr der einzelne Programmpunkt, sondern nur die Frage, wieviel wirtschaftlich gesponserte Produkt-Informationen und ästhetisch anspruchsvolle Eigenlob-Kurzfilme man über ihn transportieren kann. Vorbei ist die Zeit, in der Sender versuchten, durch Inhalte zu überzeugen – wichtig ist lediglich, möglichst häufig zu behaupten, man hätte überhaupt noch welche. Um dies zu ermöglichen, gibt es in den Redaktionen mittlerweile jede Menge gelernter Metzger im Designeranzug, die mit fleischwölfischer Sensibilität die auszustrahlenden Produkte zerhacken, Stücke rausreißen und zu sendbarem Formfleisch verarbeiten, in das man jede Menge wabbeliges Werbefett stopfen kann. Denn auch in einem van Gogh kann man Fisch einwickeln – das lernt man in der Medien-YuppieSchule noch vor „Der Inhalt ist der Feind des Programms“! Die Einstellung der Sender zu ihrem Publikum schwankt – je nach Stimmung und Quotenlage – von Verachtung über blanken Hohn bis zu purem Haß. Ein Spruch wie „Wir zeigen’s Ihnen“ ist da noch relativ sympathisch, denn er liegt irgendwo zwischen „Rutsch rüber, Mädel!“ und „Fick dich ins Knie, Alter!“ und ist somit nicht gelogen. Doch wer nimmt schon einer selbsternannten Drücker-Kolonne den herzlichen Knuddelfaktor ab? Welcher Zuschauer möchte auf dem Abspann von „Magnum“ den Hinweis von Hans Meiser hören, daß heute nachmittag bei ihm wieder Gebiß-Tauschbörse mit Gruppenlabern zu erwarten ist und daß das ganz toll wird? Und wer wird wohl nicht aggressiv, wenn die gleiche wichsige Schleimerstimme, die kurz zuvor noch bücklings mehrfach „Gute Unterhaltung“ wünschte, einem jetzt genau diese mutwillig zerstört, indem sie lauthals über das Filmende darüberschwafelt wie Oma Kalkleiste auf Heimurlaub?
Liebe Sender – hört doch endlich auf, uns zu verarschen, laßt die Filme und Serien gleich ganz weg und bringt nur noch eure eigenen PromoJingles, präsentiert von Binding Lager! Das wäre wenigstens ehrlich!
Zu schön für diese Welt Ich glaube, ich habe einen neuen Traumberuf: Ich möchte Model werden! Nicht irgendein Model, nicht so eins, das aufgedonnert wie eine Friseuse im Pupasch in die Kamera grinst und dabei lasziv triefende Tiefkühlpizza durch die roten Knutschlippen schlabbert oder sich nackt und lüstern im Autozubehörkatalog auf der Kühlerhaube eines VW Jetta rekelt, um gegen Kolbenfresser zu demonstrieren. Nein, ich möchte ein sogenanntes Top-Model werden! Eins von denen, das mit keckem Hüftschwung auf den Laufstegen der Pariser „KleineTitten-in-teurenKlamotten“-Präsentationen herumstolziert und von der eigenen Schönheit gelangweilt von glänzenden Magazin-Covern lächelt. Models sind der Schmuck der Erde, vom lieben Gott gesandt als Entschädigung für all die gruseligen Gestalten, die uns sonst in der Fußgängerzone begegnen. Sie sind den ganzen Tag lang ohne Pause einfach schön und lassen sich dabei fotografieren. Das ist übrigens gar nicht so schwierig, wie es sich anhört. Hungern und Darben ist überflüssig – die meisten Models leben so wie Du und ich und essen dasselbe wie ein durchschnittlicher westfälischer Lkw-Fahrer. Manche von ihnen mogeln freilich und stecken sich auf dem Klo im Wienerwald gleich nach dem Gaumenschmaus das abgelutschte Hühnerbein in den Hals, um sich dadurch hübschzukotzen. Allerdings sind das Ausnahmen, und die meisten davon werden schließlich auch ganz blaß und dürr und sehen dann zur Strafe aus wie ein darmkranker Zombie nach der Brigitte-Diät. Positiv für Neueinsteiger ist auch, daß eine übertriebene Schulbildung nicht unbedingt erforderlich ist – oder glauben Sie, irgend jemand hätte Claudia Schiffer in der letzten Zeit nach einer Kopie ihrer Mittleren Reife gefragt? Der erfahrene Fotograf weiß, daß eine charmante Leere im Kopf die Augen um so mehr zum Glänzen bringt. Schönsein ist nun mal ein anstrengender Vollzeitjob. Wer sich die Wimpern tuscht, kann schließlich nicht gleichzeitig „Krieg und Frieden“ lesen. Dazu ist später noch genug Zeit, denn wenn so mit Ende Zwanzig die samtene Haut sich der heimischen Rauhfasertapete angleicht und das Silikon langsam unter die Kniescheibe rutscht, ist ohnehin alles vorbei, und man muß alberne GymnastikVideos für dicke Hausfrauen in Leggins-Würsten produzieren. Genießen wir also die Schönheit, solange sie blüht, und zerstören wir sie nicht mit der müßigen Suche nach ihrem Sinn und Verstand. Häßliche Doofe gibt es schließlich auch genug – und da wundert sich keiner drüber!
Eine Minute Mitgefühl Um mehr möchte ich heute gar nicht bitten – einen kurzen Moment der kollektiven Besinnung. Denn wir sollten bei aller Freude niemals vergessen, daß es irgendwo in unserem Land auch Menschen gibt, denen es nicht so gut geht wie uns, die traurig sind und unsere Unterstützung brauchen. Und deswegen möchte ich nun mit Ihnen zusammen eine Minute des Schweigens einlegen, für einen, der gerade eine schwere Zeit durchmacht – für Ralph Siegel. (Bitte legen sie jetzt für 60 Sekunden diese Zeitschrift zur Seite, schließen Sie die Augen und summen Sie leise mit einem Hauch Betroffenheit zweimal den Refrain von „Ein bißchen Frieden“. Vielen Dank.) Ich denke, diese Geste war wichtig. Denn Sie haben es ja wahrscheinlich mitbekommen: Der Grand Prix Eurovision delaChansonblablatäteräAllemagnepasdepoint – jener kulturelle Schlagerabtausch internationalen Irrsinns, dieser prachtvolle Austragungsort erhabener europäischer Peinlichkeiten – ist seiner Seriosität beraubt. Nichts wird mehr so sein, wie es einmal war. Kein offiziell versiegelter Retorten-Schlager aus dem Rezeptbuch für einen erfolgreichen Grand-Prix-Flop wird unser Land dieses Jahr im fernen England vertreten, keine Schar jugendlich strahlender Herrenmenschen mit herzerfrischend einstudierten Tanzeinlagen und auch keine brave blonde Jungfrau mit nachdenklich stimmendem Streichorchester, sondern ein sympathisch durchgeknallter Zottelsänger im selbstgenähten Rüschenfummel. Was soll da das Ausland von uns denken? War unsere Nation bislang ob ihres wahnwitzigen Ernstes und ihrer lockeren Spießigkeit gefürchtet, wegen ihrer unreflektierten Liebe zu Normen und rigorosem Regelwerk beizeiten sogar bewundert, so überrascht sie nun plötzlich mit ihrer artfremden Selbstironie und fatalistischen Coolneß. Wahrscheinlich werden wir in Birmingham mit null Punkten überschüttet und triumphal verlieren – aber wir werden es erhobenen Hauptes tun! Und selbst wenn darüber irgendwo in unserem Land am 9. Mai ein paar kleine salzige Siegeltränen über die Hügel der Humorlosigkeit rollen sollten – diese Niederlage wird das ehrenhafteste Ergebnis sein, das Deutschland je nach Hause brachte! Zum ersten Mal haben wir den Mut, zu zeigen, daß uns dieses ganze geleckte Möchtegern-Spektakel mit seinen geklonten Schmalzvisagen mal kreuzweise kann! Gewinnen haben wir nämlich überhaupt nicht nötig – Hauptsache wir haben Spaß! Denn mit Würde zu verlieren, anstatt sich kriecherisch verbissen dem
sinnlosen Wettstreit zu stellen, das ist wahre Größe! Und darauf können wir wirklich einmal stolz sein.
Bei uns ist es am schönsten Die Welt ist groß und in der Regel rund. Der Länder gibt es viele, und die Menschen, die in ihnen wohnen, sind schon rein zahlenmäßig auch nicht gerade wenig. Sie unterscheiden sich in Sprache, Form und Farbe, wie auch in ihren ritualisierten Verhaltensmustern voneinander. Der Asiate beispielsweise ist klein und gelb, kann keinen Cappuccino kochen und zieht überall ungefragt die Schuhe aus. Weil viele Leute das ziemlich asozial finden, muß er Karate können. Der Indianer ist stolz und rot und tapfer und stirbt immer im dritten Teil. Manchmal merkt er aber auch, daß er eigentlich noch gar nicht tot war, geht zum ZDF und kehrt zurück – dann ist er ein peinlicher alter Tattergreis und spricht aus Frust nur noch mit schwuchtelig französischem Akzent. Der Europäer ist im Grundton hell, zwischen käsig und angebrannt – je nach Anbaugebiet – und auch sonst regional sehr verschieden. Der Italiener zum Beispiel ist trotz Goldkettchen eher gelassen, hat eine lange Nudel und beendet fast jedes Wort mit einem „e“ („Eine Grappa aufe Hause?“). Der Franzose hingegen ist immer hektisch, raucht dabei selbstgedrehte Fluppen und denkt pausenlos nur ans Ficken, was ihn in eine ständige Existenzkrise führt. Dem Holländer ist absolut alles scheißegal, deshalb züchtet er Tomaten ohne Geschmack und entwickelt Fernseh-Shows. Der Deutsche letztendlich ist ganz anders. Er ist überdurchschnittlich intelligent, gutaussehend und glaubt das meistens sogar wirklich. Häufig ist er aber auch etwas klein und gedrungen, doch das akzeptiert er mit Würde. Früher versuchte er einmal, groß und blond zu sein, aber das ging in die Hose. Dafür ist er aber korrekt, fleißig und kommt stets pünktlich, selbst wenn er gar nicht weiß wohin. Wenn der Deutsche nach dem Sinn des Lebens sucht, füllt er ein Formular aus oder klemmt Zettel an die Windschutzscheibe von Falschparkern. Grundsätzlich ist er eine Frohnatur, aber alles hat seine Grenzen. Ironie hält er für eine Krankheit, und Humor macht ihm angst, außer er kennt die Pointe. Deshalb versucht er seit Jahrzehnten, ihn mit Sketchparaden, Karnevalsumzügen und SchmunzelShows, in denen spaßige Sparkassenangestellte antike Witze erzählen, endgültig auszurotten. Wenn gar nichts mehr klappt, hört er Blasmusik oder häkelt lustige Hütchen für sein Toilettenpapier. Aber manchmal lächelt er auch heimlich, und das macht ihn sympathisch … und uns alle ein klein wenig stolz, daß wir dazugehören dürfen!
Bröööööööööööööööööm! Oh, wie habe ich dieses Geräusch vermißt! Brööööööööööm – jenes samten dahinscheppernde Röhren des elektrischen Rasenmähers, der in stoischer Gelassenheit das aufmüpfig sich reckende Gras liebevoll auf germanische Einheitshöhe heruntersäbelt. Brööööööm … stundenlang! Manchmal auch Bröhöhöhöhöööööööm, wenn noch irgendwo ein schlafender Igel rumlag. Ja, so klingt der Sommer! Nicht das semantisch wirre Gezwitscher übermütiger Vögel, das nervige Sirren hibbeliger Grillen oder das verschissene Gewummer überdrehter Autoradios durch heruntergekurbelte Opel-Fenster kündigt uns Menschen das Herannahen der sonnigen Jahreszeit an, sondern vor allem das dumpfdösige Brööööööm, der motorisch dröhnende Brunftschrei des wackeren Vorgärtners! Gleich hundertfach knattert er dieser Tage durch die betonverzierten Wohngebiete und möchte uns stolz verkünden, daß der Reihenhaussiedler sich tapfer dem wild wuchernden Wahnsinn der Natur entgegenstellt! Sollen sie nur kommen, die Grillsaison und der Sonnenschein – er ist bereit, auch draußen zu essen, denn sein Rasen ist jetzt genauso hoch wie der maschinengeknüpfte Velour-Teppich im Wohnzimmer. Selber schuld, der grüne Taugenichts, wenn er nicht nach DINNormen wachsen will, dann hilft halt nur Gewalt – zapzapzap, die Rübe ab! Schließlich sind wir in Deutschland und nicht Wolkenkuckucksheim, da muß man sich halt anpassen … oder angepaßt werden! Bröööööm. Gewisse Regeln sind nun einmal notwendig, zu jeder Jahreszeit. Im Sommer gibt es draußen nur ein großes Bier und Kännchen, Holzkohle kauft man ausschließlich nach Feierabend an der Tankstelle, der Fernseher steht schräg, damit man auch vom Balkon aus gucken kann, T-Shirts trägt man bei starkem Übergewicht mindestens zwei Nummern kleiner. Wenn man regelmäßig mit öffentlichen Verkehrsmitteln reist, benutzt man kein Deo, warme Wochenenden verbringt man in kleinen Wagen in großen Gruppen in langen Staus auf der Autobahn – oder mit großen Hintern auf kleinen Handtüchern an zugestrullten Baggerseen. Das einzige sommerliche Lebensziel der Frau besteht im Erringen der nahtlosen Bräune, was sie in wahnhaftem Eifer dazu verpflichtet, jede freie Sekunde möglichst viele Körperteile mit grillhähnchengleicher Grazie in die Sonne zu halten. Der Mann hingegen sieht seine Aufgabe vor allem in der Vernichtung gewaltiger Mengen kühlen Biers in Verbindung mit apathischem Verharren auf hölzernen Gartenbänken … hinter der Leere des Blickes allerdings mit wachsamen Augen das Gras beobachtend, den Rasenmäher im Anschlag.
Warte nur, Du grünes Früchtchen … noch ein halber Zentimeter und dann … brömbrömbröm …
Kein Wort über Fußball! Versuchen Sie mal, in diesen Tagen eine mittelschwer-schwafelige Konversation zu führen, ohne das böse F-Wort zu benutzen. Nein, nicht „Ficken!“ – das können Sie von mir aus den ganzen Tag lang aus vollem Halse grölen und dabei nackt die Rolltreppe bei Karstadt rauf- und runterhopsen. Ich meine „Fußball!“ Es wird Ihnen nicht gelingen. Sie können schon stolz sein, wenn Sie nicht irgendwann durchdrehen und schreiend jeden niederschlagen, der sein Gespräch mit „Hast du gestern das Spiel gesehen?“ anfängt. Aber König Fußball kann bis Mitte Juli niemand entfliehen, nirgendwo auf dieser Erde. Selbst wer sich morgen im tiefsten Dschungel halbgar im Suppentopf eines vergessenen Kannibalenvölkchens wiederfindet, wird zu seiner letzten Salzung die munteren Buschmänner mit Rudi-VöllerFrisuren „Einer geht noch, einer geht noch rein!“ grölen hören. Sogar die Frau scheint sich vorübergehend nicht mehr ausschließlich über ihre Fachgebiete hochhackige Schuhe, flache Schuhe, teure Schuhe und das Problem viel zu kleiner Schuhschränke zu unterhalten, sondern heuchelt plötzlich Interes se für den professionellen Ledersport. Meist allerdings nur, um die Männer zu ärgern oder in den Wahnsinn zu treiben, denn für die Damenwelt gibt es offensichtlich nichts Befriedigenderes, als zu sehen, wie die geschwollenen Adern an den Schläfen ihres puterroten Lebensabschnittsverschönerers gefährlich unter den Haarwurzeln pochen, wenn sie in den bedeutendsten Momenten des Spiels mal fragt, was eigentlich Abseits bedeutet oder welche Farbe noch mal die deutsche Mannschaft anhat. Häufig überreizt sie den Spaß aber auch, z.B. mit Sätzen wie: „Ich bin nicht für Deutschland, ich bin einfach dafür, daß die bessere Mannschaft gewinnt!“ Nicht selten können solche Worte zu den berühmten letzten werden, und nicht weniger selten erkennen die Gerichte hier auf Notwehr statt Totschlag. Die sensible Psyche des Mannes ist während der WM nun einmal äußerst zerbrechlich und befindet sich permanent im Schwebezustand zwischen Kleinkind, Weltherrscher und Norman Bates. Das hemmungslos weinende Elendshäufchen auf dem Sofa und der frohgesoffene Siegertyp im Opel sind oft nur einen Freistoß voneinander entfernt. Aber wir sollten darüber nicht spotten oder in unsportlicher Überheblichkeit das Kleinhirn rümpfen – freuen wir uns lieber, daß
wenigstens alle vier Jahre auch uns Männern einmal das Gefühl gegeben wird, wahrhaft große und ehrliche Gefühle zu zeigen.
Arabella enteiert! Igittigitt, ojemine, was muß ich da hören! Unsere schönen NachmittagsTalkshows sollen sich viel zuviel nur noch um Schweinkram drehen! Vor allem um so Sachen mit Geschlechtsverkehr und so … Pfui, das finde ich ja nun mal gar nicht schön. Aber trotzdem Hut ab, daß das nach 20 Jahren jetzt doch schon einem aufgefallen ist! Und plötzlich ereifern sich alle, diskutieren und behaupten, nichts davon gewußt zu haben. „Ach so – ich dachte, der nette Mann bei Vera in diesem schwarzen Gummi-Anzug mit dem Würgehalsband, den Nippelklemmen und der Gasmaske wäre nur der Bewährungshelfer von der halbnackten jungen Dame mit der Peitsche gewesen, die ihn die ganze Zeit an der Leine hatte!“ behauptet man jetzt schnell, um nicht nachträglich als triebgeiler Glotzer oder Volltrottel dazustehen. Die labertreibende Industrie selbst bleibt natürlich auch nicht untätig. „Zugegeben, wir haben über Sadomaso-Puffmütter im Kindergarten, satanische Sexorgien im Altenheim und Schweinenageln im Bergischen Land berichtet … , aber wir konnten ja nicht ahnen, daß so früh am Tag schon Minderjährige zugucken, die sollten da ja eigentlich in der Schule sein!“ versucht man sich herauszureden und gelobt Besserung. Großes Ehrenwort: keine sogenannten Schmuddel-Themen mehr, weniger Kreuz- und Quer-Gerammel und politisch ausgewogenere Perversionen – jedenfalls so lange, bis sich die vertrockneten Moralspießer wieder beruhigt haben. Aber seien wir doch mal ehrlich – was soll denn dann noch übrigbleiben? Die Rechnung ist doch ebenso einfach wie bekannt: „Arabella“ minus „Ficken“ = „leeres Studio“! Wer will schon eine kastrierte Sabbel-Sendung sehen? Wenn da keine Bekloppten und Perversen mehr auftreten, keine affenhirnigen SolariumSackgesichter mehr mit ihren imaginären Sex-Eskapaden prahlen und plötzlich vernünftige Menschen richtige Konversationen führen, ja wo ist dann der Spaß? Das wäre ja wie „Fliege“ ohne Dackelblick, „Ilona“ ohne Ariel oder „Sonja“ mit Hauptschulabschluß! Daily Talks, wie man das serienmäßige Schwachsinnsgeschwafel gern cool in der Branche nennt, sind schließlich dazu da, damit genau die uninteressanten Fusselfressen sich für umsonst mal so richtig einen ablabern dürfen, die sich einen teuren Therapeuten oder Friseur sonst nicht leisten können. Außerdem wissen wir: Für die meisten Männer endet der Horizont ohnehin gleich hinterm Pimmel, für die Frau rein anatomisch schon viel früher. Was für Gesprächsthemen soll man denn da schon erwarten?
Meine erste Trillion Wer zuviel fernsieht, verliert – kostbare Zeit, Freunde, den Verstand. So ist es nur recht und billig, daß das Fernsehen sich bemüht, diese Räuberei zumindest an einigen der geplünderten Zuschauer wiedergutzumachen. „Game Show“ nennt sich im Amtsdeutsch jener außergerichtliche Vergleich der Medien mit dem Publikum, in welchem der Sender ausgewählten Opfern eine gewisse finanzielle Rückerstattung für erlittene Qualen angedeihen läßt. Die Höhe der Abfindung für den gepeinigten Konsumenten variiert zwischen „schade, aber schön, daß Sie mitgespielt haben“ über „popelig“ bis zu „unermeßlichem Reichtum“. In den Gründerjahren des Fernsehens regierte noch der gesunde Geiz. Als Gast der ARD konnte man sich schon glücklich schätzen, wenn man wenigstens eine Handvoll Heiermänner in einer häßlich bepinselten Porzellansau mit nach Hause nehmen konnte. Etwas mehr gab es bei den öffentlich-lehrreichen OberlehrerSchnarch-Shows, in denen gute alte deutsche Tugenden wie Fleiß, Schulbildung und Langeweile belohnt wurden. Doch irgendwann kam dann der luschige Holländer in die Unterhaltung einmarschiert und beschenkte plötzlich auch die lustigen Leute ohne Abitur mit ganzen Laufbändern voller Toaster, Rattan-Sesseln und Schaumgummi-Fragezeichen. Die Inflation ist unaufhaltsam. 100000 Mark sind inzwischen normal – womit also kann man das verwöhnte Pack am Bildschirm überhaupt noch begeistern? „Oh, wenn wir nur halb so viele Ideen hätten wie Geld“, jammern jetzt die Programmgötter im Tele-Olymp und protzen sich im Kreativ-Vakuum gegenseitig die Sendeplätze mit gigantomanischen Gewinn-Absahne-Shows voll, bis ihnen der Pürzel in der Hose schwillt wie Dagobert Duck im Geldspeicher. Heute, wo täglich jeder Furzkopp beim lokalen Dödelradio noch vor dem Frühstück einen Schnösel-Corsa oder Fiat Tunta abzocken kann, steht das Fernsehen ziemlich belemmert da. Also muß die dicke Marie regieren! Trara, jetzt kommt die Lotto-Show ohne Plan, aber mit einer Million als Hauptgewinn – haha, zu spät, hier ist schon vorher die SKL mit 1, 5 Millionen und noch weniger Konzept – nein, stopp, wir machen die Rubbel-Los-Gala mit fünf Fantastillionen und gar keinem Inhalt … oder halt, wir lassen für die Glücksspirale einfach, einfach ein paar Leute Tausendmarkscheine fressen und schieben ihnen Goldbarren in den Hintern, bis sie platzen … und verlosen für die Zuschauer ein Gebirge, zwei Ozeane und ein paar Planeten. Geil!
Denn seien wir mal ehrlich – wofür braucht man Ideen, wenn man genug Kohle hat, hm?
Drei Wochen später … Gestern war es. Aber wenn Sie diesen Text lesen, ist es bereits drei Wochen her. Mindestens. Drei Wochen, daß unsere Nationalelf vorzeitig die WM verließ – und die Trauer sich wie ein düsterer Nebel über das deutsche Land legte. Ich schäme mich meiner Tränen nicht, wenn ich heute, The Day After, hier an meinem Computer sitze und versonnen darüber philosophiere, was sich für Sie wohl alles in diesen vergangenen drei Wochen getan haben mag. Sitzt der Schmerz noch tief? Natürlich tut er das, dumme, unsensible Frage … Wie hat die Welt sich seitdem verändert? Kann man als anständiger Deutscher noch nach 22 Uhr sicher auf die Straße gehen, ohne von vorbeifahrenden Kroaten im Cabrio verspottet und ausgelacht zu werden? Hat die Börse gelitten? Sind wir noch eine Demokratie? Ist die Familie des Schiedsrichters, die zweifelsohne von kroatischen Terroristen gefangengehalten wurde, um ihn zur roten Karte gegen unsere Mannschaft zu zwingen, inzwischen befreit worden? Können Sie schon wieder das Wort „Viertelfinale“ aussprechen, ohne dabei zu stottern und zu heulen wie ein pubertierendes Backfisch-Weibchen bei der Trennung von „Take That“? Haben Sie seit damals wenigstens wieder einmal lachen können? Ja? Sie glücklicher, gefühlloser Bastard! Jedes große Land hat seine mindestens ebenso großen Tragödien. England hat Lady Di, die USA haben Vietnam und die Niederländer die Holländer. Unsere Tragödie aber ist viel schlimmer, denn sie war unverdient! Nach einem großen Kampf wurden unsere verbliebenen zehn Restspieler heimtückisch niedergemäht von elf zahlenmäßig haushoch überlegenen kruden Kroaten, dem dreckigen Dutzend für mathematisch Unbegabte! Erbarmungslos geschrubbt und eingetütet am 4. Juli 1998, das Ende einer Ära – so wird es in der nächsten Auflage der Schul-Geschichtsbücher stehen. Für die Amerikaner ist der 4. Juli nichts weiter als irgend so ein piefiger Unabhängigkeitstag mit der Lizenz zum Truthahnfressen, für Deutschland aber war es der Verlust des Stolzes, des sportlichen Mythos’ und des Glaubens an das Gute. So wie jeder Ami auch heute noch traumatisch genau weiß, was er gerade tat, als er von den Schüssen auf JFK oder auf J.R. hörte, so wird jeder kleine Germane sich dereinst an den Moment des barbarisch grausamen 3:0 gegen Bertis Buben erinnern. Doch wichtiger ist: Wird unsere Nation an dieser Katastrophe zerbrechen? Oder sich mutig aufrappeln wie nach den zwei Toren Rückstand gegen Jugoslawien? Erbarmt der liebe Gott sich unser? Gibt
es ein Leben nach der WM? Bedeutende Fragen, aber Sie haben die Antwort schon jetzt – ich erst in drei Wochen!
Glotze aus, alter Sack! Alte Leute sind ein seltsames Produkt. Der Markt ist voll mit ihnen, aber niemand stellt sie her oder will sie wirklich haben. Sie sind irgendwie nicht mehr ganz frisch, etwas knittrig und nur begrenzt haltbar, versaufen unsere Rentengelder mit Blasentee und Klosterfrau, verbrauchen dutzendweise Zivis und verzögern ihren Kindern die Erbschaft. Vor allem aber tun sie auch absolut nichts Produktives für die Gesellschaft! Rein wirtschaftlich gesehen sind sie ein Flop. Die einzige Arbeit, die sie noch ausdauernd und zuverlässig erledigen können, ist die Herstellung von Einschaltquoten durch aktives Fernsehen – doch selbst dafür will sie jetzt keiner mehr haben! Schätzten sich RTL & Co. früher noch glücklich, daß überhaupt eine Zielgruppe den ganzen Murks ohne Murren über sich ergehen ließ, so möchten sie heute am liebsten nur noch besserverdienende Yuppies, reiche Kids und mittelständische Jungfamilien vor dem Gerät wissen. Der Wert des Zuschauers wird nun einmal gemessen an seiner potentiellen Kaufkraft. Was soll man schließlich als hip-dynamischer Sender mit einem Haufen alter Zausel anfangen, die zwar glotzen bis zur Verwesung, aber danach all die tollen Sachen, die man ihnen in den Werbe-Movies so schön präsentiert hat, gar nicht kaufen wollen? Von den Runzelnasen sagt schließlich keiner nach „Hans Meiser“ zum Pfleger: „Junge, bring mir heute mal keinen Streuselkuchen mit, hol mir lieber den neuen Audi … oder zwei Twingos.“ Die holen sich im Supermarkt höchstens mal eine zweite Tüte Zwieback, wenn sie crazy drauf sind, oder leisten sich zum Geburtstag ein paar Dörrpflaumen und eine Tube Haftcreme mit Sekundenkleber. Nee, das popelige bißchen Gerontenkohle lohnt die teure Werbezeit wirklich nicht – und erst recht nicht die tolle bunte Sendung drumrum. Der ehemalige Schwiegermutterbeschwörer SAT.1 – (jetzt der aufstrebend frische Family-Entertainer mit dem bunten SympathieHüpfball) – reagierte schnell und ohne falsche Scheu: „Glücksrad“, „Der Bergdoktor“, „Bitte melde Dich“ und andere RentnerRenner wurden offiziell wegen zu alter Zuschauer vom Bildschirm wegpensioniert. Respekt! Soviel unverhohlen zugegebene Publikumsverachtung hätte man den uns sonst so brav ergebenen Schleimern gar nicht zugetraut! „Glücksrad gucken nur so olle Humpel, die wollen wir gar nicht haben!“ – das zeugt von ehrlichem Zynismus und Mut zur Arroganz! Und vielleicht heißt es ja schon bald bei einem freundlichen Sender Ihrer Wahl: „Arbeitslos? Für Euch Versager gibt’s kein Programm mehr!“ oder „Die Show schießen wir ab, die gucken nur Neger und Schwule!“ Denn
Fernsehen ist schließlich nicht einfach so für jeden da – das muß man sich verdienen!
Prominente Möpse Überall liegen sie dieser Tage herum. Berühmte Brüste mit jungen Mädels oder reifen Stars drumrum, uns allen mit Sachen an wohlbekannt aus dem Fernsehen, aber plötzlich im Grunde völlig unbekleidet. Splitterfasernackicht quasi, ohne fesches Kostüm, ohne Ansteckmikro und ohne Stichwort-Kärtchen – einfach so, wie der liebe Gott sie schuf und wie sie bisher höchstens ihr Arzt und ein paar wichtige Produzenten gesehen haben. Die Magazine sind voll mit entblätterten Tele-Tanten. Sie räkeln sich in Essig und Öl gesalbt am Strande der Seychellen oder reiten am ganzen Körper mit PlakaFarben bemalt auf einem texanischen Zuchthengst durch die Wüste von Nevada, manchmal sitzen sie auch einfach nackt mit High Heels in einem amerikanischen Diner, in der Oper oder in der Schlange vorm Arbeitsamt. Knatterscharf, aber natürlich immer sehr ästhetisch! Außer Ilona Christen ohne Brille in der Herrensauna sind inzwischen eigentlich alle zu sehen gewesen: Quasseltitte Arabella, Ex-BravoBackfisch Jasmin, ganze Rudel unbekannter Soap-Susen, sündige Sportlerinnen, ungepoppte Pop-Sternchen usw. usw. Sie alle wollen es uns zeigen – wenn schon nicht, was sie können, dann doch wenigstens, was sie haben! Irgendwie muß die ganze Erotik ja auch raus, sonst platzt vor Frust noch die Bluse – und ich persönlich finde das absolut gut, daß wir uns da nicht falsch verstehen! Schließlich bin auch ich nur ein schwacher Mann mit zwei gesunden Augen. Ich bin lediglich verwundert, wie sich die grundsätzliche Einstellung zur textilfreien Promi-Präsentation in den letzten Jahren verändert hat. Früher war das fotografisch festgehaltene Möpse-Outing einer holden Jungfrau meist lediglich als lukrative Ferienjob-Alternative zur Finanzierung des Philosophie- und Handarbeitsstudiums zu verstehen, wenn man nicht wochenlang in irgendeiner Frittenschmiede kellnern wollte. Im besten Fall dienten diese Bilder als Sprungbrett zu einer Art Karriere – meistens aber schämte man sich ihrer nur ganz furchtbar, wenn sie später von irgendeinem windigen Käseblatt wieder ausgebuddelt wurden. Heute ist das vollkommen anders – ist man bekannt, sind ein paar heiße Fotos irgendwann einfach Pflicht, wenn man nicht als verklemmte Zicke gelten will. Doch warum eigentlich nur bei Frauen – was ist mit den Männern? Auch wir haben Gefühle und so eine Art Sexualität, auch wir können uns sehen lassen. Horst Tappert nur mit Krawatte und GenitalHandschellen lüstern auf der Rezeption im CVJM, Ulrich Wickert eingeölt
und hosenlos am Ufer der Ostsee oder Karl Moik mit Strapsen beim Voltigieren auf einem Südtiroler Grubenpony – das klingt doch schon geil, oder? Also, ich würd’ mir das Heft kaufen!
Wirb langsam Erinnern Sie sich noch an die legendäre Ilona Christen? Nein, nicht ihre Performance als avantgardistisch bebrillte Laber-Dompteuse bei diesem täglichen Heizdecken-Plausch, das läuft ja immer noch – ich meine die Ilona von einst, als Clementines schwuler Bruder in der Ariel-Werbung, oder was auch immer sie dort darstellen sollte! Ich finde, das war ihre schönste Rolle, wie damals „Sissi“ für Romy Schneider, so werden wir sie auf ewig in unseren Herzen behalten: leicht zickig, journalistisch wenigstens bemüht und trotzdem nicht sonderlich sympathisch. Das war klasse! Jetzt macht das ja Roberto Blanco für Vizir, steht den ganzen Tag sambatänzelnd an der Waschtrommel und animiert, animalisch mit den Augen rollend, vorbeischlendernde Frauen dazu, sich doch mal probeweise ordentlich durchschleudern zu lassen.Wenn danach die rote Bluse „wieder blanco ist“, lacht er sich ob dieses infantilen Wortwitzes im Schonwaschgang vor Freude die Lunge aus dem Leib wie Fozzy-Bär auf Ecstasy, und als Zuschauer wünscht man sich doch allen Ernstes die Zeit zurück, in der er einfach nur laut doofe Lieder gesungen hat. Werbung mit produktfreundlichen Berühmtheiten liegt aber trotzdem weiterhin voll im Trend. Dank diverser Konsum-Kurzfilme wissen wir inzwischen, daß Boris Becker gar keine Sommersprossen hat, sondern eingetrocknete NutellaSprenkel, und daß die deutsche Nationalelf wahrscheinlich nur deshalb die WM vergeigt hat, weil alle anstatt zu trainieren die ganze Zeit kistenweise Bier gezischt und mit dem Handy irgendwelche Telefon-Fickel-Tanten angerufen haben. Und der Spot, in dem Berti Vogts beim Obstgartenschlecken clevere Spielstrategien entwickelt, läuft meines Wissens auch nur noch bei „Pleiten, Pech und Pannen“ in Kroatien! Schade ist allerdings, daß die Firmen immer auf die gleichen familienfreundlichen Schleimnasen zurückgreifen, um ihre Ladenhüter zu präsentieren. Es gäbe noch so viele andere, die ich mir hervorragend als Werbeträger vorstellen könnte – z. B. Jürgen Fliege für Pray & Go, Haarpflege und Gebet in einem, das erste Shampoo, das auch betroffen macht! Wontorra wäre mein Kandidat für extradicke Damenbinden – das ist jedem anderen peinlich, gibt aber ’ne Menge Kohle. Dolly Buster könnte hervorragend werben für verbotene Atomtests mit dem Satz „Meine Möpse glühen auch im Dunkeln“, Peter Maffay wäre ideal für Pickelcremes mit Wachstumshemmer, und Heiner Bremer müßte man einfach so wie immer leicht dösig dastehen lassen, eine Tasse in die Hand drücken und darübertexten: „Jacobs Krönung – nie mehr ohne Koffein!“ Wir sehen uns in der CannesRolle!
Die Zeit der großen Birnen Wir sollten sie wirklich genießen, die letzten Tage vor der großen Wahl! Schon bald sind sie vorbei, die beruhigenden Wochen der angenehm hohlen Versprechungen und der unbegründeten Hoffnung auf imaginäre Verbesserungen. Dann wird einfach wieder nur von irgendwem aus irgendeiner Ecke belanglos in der Gegend herumregiert, und alle Träume des Wählers sind dahin. Vorüber ist dann auch die Zeit der blassen Personality-Ästhetik und der Verschönerung unserer schmucklosen Straßen mit opulent aufgeblasenen Politikerfressen. Denn irgendwie ist es doch genau das, was wir alle an der Vorwahl-Periode am meisten lieben: die immerwährende visuelle Präsenz der tapferen Männer und MännerInnen, die unser Land so aufopfernd klasse regieren bzw. es doch ganz gern einmal würden, wenn wir sie nur ließen. Es vermittelt einem einfach ein Gefühl von wohliger Geborgenheit, wenn man beispielsweise vom Arbeitsamt mit dem Antrag auf Sozialhilfe in der Tasche gemütlich im überfüllten Bus nach Hause tuckert, und auf der ganzen Strecke von jenen riesigen schmiergeleckten Scheitelvisagen siegessicher angegrient wird, als wollten sie einem sagen: „Kopf hoch, Junge, wenn du mich wählst, dann hätte ich gern Sex mit dir!“ Als Bürger weiß man ja doch schon die gute Absicht zu schätzen. Allerdings würde ich als Partei offensiver und ehrlicher an das Volk herantreten. Nehmen wir nur mal die CDU: Dort wirbt man mit einem Foto des scheidenden Kanzlers, der dem Betrachter in all seiner üppigen Körperlichkeit feist-fröhlich aus dem Plakat entgegenprotzt. Die Message „Weltklasse wählen“ soll dabei wahrscheinlich die Assoziation zu einem überbreiten Mercedes in Kipplage wecken, aber in Wirklichkeit denkt jeder, es handle sich um den Starschnitt einer Endmoräne oder eine neue Werbekampagne der Metzgerinnung. Warum packt man den regierenden Sumo-Ringer nicht einfach mit voller Wucht auf das Poster und schreibt darunter: „Ich sitz’ euch alle platt!“ oder „Haha! Versucht mal, mich hier wegzukriegen!“ Auch Schröder würde ich völlig anders präsentieren – nicht so gewollt seriös und mit aufgebürsteten Augenbrauen wie Vater Uhu bei der Weihnachtspredigt. Einfach stolz lachend mit einer Hand im Schritt und den Worten: „Ich hatte mehr Weiber als Clinton!“ Für die Grünen vielleicht ein leeres Plakat und ein Schild „In vier Jahren zurück! Sind gerade tanken!“, bei Guido Westerwelle ein schönes Porträt und dazu „Versprochen: 5 Prozent und ich hör’ auf, so doof zu grinsen!“ – und bei der DVU einfach irgendeinen ihrer nationalistischen Nullköppe mit der Botschaft „Wähl mir, ich tu deutsch sein!“ Aber wahrscheinlich
würde man so viel Ehrlichkeit einem Politiker schon gar nicht mehr glauben …
Schalt mal die Zeitschrift aus Damals in grauer Vorzeit, als die Frauen noch Schwänze hatten, die meisten Männer auch und viele von beiden zudem noch funktionierende Gehirne, da erfand der Mensch das Lesen. Er schrieb Romane auf Höhlenwände, meißelte Geschichten in Granit und kloppte ganze Wälder zu Kleinholz, um Papier für romantische Gedichtbände und tolle bunte Supermarkt-Wurfsendungen herstellen zu können. Informative Tageszeitungen und farbenfrohe Magazine, manche davon sogar mit angenehm schweinischen Fotos, kamen auf den Markt und begeisterten die Freunde des Alphabets mit wöchentlich wechselndem Textmaterial. Das Fernsehen, jener anspruchslose Brägen-Befeuchter, der unsere deaktivierten Köpfe ohne eigene Anstrengung mit flackernden Bildern überflutet, gesellte sich erst viel später zur großen Familie der Massenmedien. Mit Werken der Schriftkunst hatte er im Grunde herzlich wenig zu tun. Zappt man sich jedoch heute durch die Kanäle, kommt es einem häufig so vor, als erlebte man eine Live-Übertragung von der Auslagetheke im Bahnhofskiosk: Spiegel-TV, Stern-TV, Max-TV, AmicaTV, Bravo-TV, Brigitte-TV, Ikea-Katalog-TV usw. usw. Wie es scheint, gehört dies zu den großen Opfern der Menschheit an die Moderne: So wie heute jeder Arsch ein Handy, jeder Fischhändler eine Homepage im Internet und jeder Kinderschänder seine eigene E-MailAdresse besitzt, gibt es – außer der Bäckerblume und den Lurchi-Heften – auch kaum noch eine Zeitschrift, die keine ihr zugehörige Fernsehsendung vorzuweisen hat. Warum eigentlich, wo man mit einer TV-Show doch nicht mal einen Hering einwickeln, eine Fliege totschlagen oder den Hintern abputzen kann? Auch erscheint es einem nicht, als hätten die Glimmerformate uns irgendwie mehr zu sagen als ihre Druckversion oder als könnten sie die Zuschauer durch mehr beeindrucken denn durch fehlende Existenzberechtigung. Und überhaupt – warum geht die Entwicklung immer nur in die eine Richtung? Wär’ doch klasse, wenn es auch umgekehrt das Print-Pendant zu jedem Sender gäbe, z.B. die öffentlichrechtliche ARD-Postille! Dann könnte man auch gleich von allen, die lesen können, eine Grundgebühr einziehen und verlangen, daß man seine Augen bei der GEZ anmelden muß! Dazu vielleicht noch ein Fan-Magazin für die Zuschauer vom ZDF – oder könnten wir „Das Goldene Blatt“ schon gelten lassen? Schön wären auch ein monatliches Malbuch für das mdr-Publikum und vielleicht ein paar gebundene leere Blätter als regelmäßiger Informationsdienst über
alle neuen Ideen bei SAT.1! Das könnte man wenigstens alles wegschmeißen!
Zurück in die Zukunft Wir schreiben Monat eins nach Helmut. Eine Epoche ist beendet, ein neues Zeitalter bricht an. Die „Ära Kohl“, wie alle einst spottenden Journalisten die Vergangenheit nun respektvoll heuchelnd nennen, ist vorüber, der Wal gestrandet. Der massige Golem aus Oggersheim hebt gramgebeugt den Hintern vom Thron, den er längst fälschlicherweise für sein eigenes Körperteil gehalten hatte. Deutschland muß nun ohne ihn sehen, wo es bleibt. Die 16 fetten Jahre sind vorbei, jetzt ist es Zeit, den Gürtel der Geschichte enger zu schnallen und endlich mal jemand anders alles vermurksen zu lassen. Die Arroganz im Koffer, räumen die entamteten Götter fassungslos das Feld der Macht und treten zurück ins wahre Leben, von der Respektlosigkeit der Menschen schwer enttäuscht. Nie hätten sie gedacht, daß eine simple Wahl der Sterblichen sie so einfach aus dem Olymp vertreiben würde, das war bislang nicht üblich gewesen. Aber die Welt ist nun mal ungerecht … Und jetzt? Wird alles besser? Vielleicht sogar schlimmer? Oder bleibt die Scheiße einfach so dick wie sie immer war und klebt von jetzt an nur wem anders am Hacken? Wahrscheinlich letzteres, aber einiges wird sich schon ändern. Ich habe zwar wie alle anderen das letzte Sechzehnteljahrhundert im Schatten des Kolosses verbracht, quasi meine ganze Kindheit, aber ich kann mich noch gut erinnern, wie es früher war, in den sozialistischen Siebzigern. Um über die wieder lachen zu können, brauchte man über zwanzig Jahre! Heute findet man es vielleicht kultig, wenn in alten „Tatort“-Folgen verklemmte Gesamtschullehrer mit Hornbrille auf Bonanza-Rädern zum DiskussionsTee fahren, in dessen Anschluß sie sich aus Frust im Matratzenkeller von einer frühreifen Gymnasiastin verführen lassen und diese dann aus Versehen mit einem Räucherstäbchen erstechen. Damals war das aber gar nicht lustig. Überhaupt wird es mit dem Humor schwierig werden, denn über wen soll man als Kabarettist von jetzt an seine Witze machen? Sozialdemokraten kann man nur schwerlich verspotten, und wenn, merken sie es meist noch nicht einmal. Allgemein sind sie eher unlustig und bestechen mehr durch grimmig-blinden Aktionismus bei moralisch einwandfreier Unfähigkeit als durch bräsige Arroganz, gepaart mit skrupellos egoistischem Dilettantismus wie ihre Gegner – was nun einmal wesentlich leichter zu enttarnen ist. Und was das Fernsehen angeht … nun, ich freue mich schon heute auf die Renaissance des Drögen und die Rückkehr der „Rappelkiste“ – wenn nicht als sozialpädagogisches Kinderprogramm, dann doch wenigstens
als Live-Übertragung aus dem Bundestag! Schließlich ist die Zukunft meist ja doch nichts anderes als die Wiederholung der Vergangenheit – nur mit anderen Schauspielern.
Ich gestehe! Es ist wahr. Ich kann es nicht länger leugnen. Ich habe das Vertrauen meiner Fans und Freunde übel mißbraucht. Von der Schande der Wahrheit gebeutelt, trete ich mit dem letzten Rest meiner jämmerlich entweihten Menschenwürde vor die erhabene Grand Jury des Publikums und gebe es zu: Ja, es stimmt! Meine erste selbstgekaufte Single war „Ich möcht’ der Knopf an Deiner Bluse sein“ von Warzenkopp Bata Ilic! Nicht weil ich dachte, in zwanzig Jahren könnte das schon wieder kultig sein, auch nicht aus Mitleid oder als Bügelspende für den knittrigen Schlagerlurch – nein, ich fand das Lied einfach klasse! Gut, ich war noch klein, ein unschuldiges Kind, mein juveniles Hirn war leicht zu erweichen … Zu jener Zeit fand ich schließlich auch die „Graf Bobby“-Filme mit Peter Alexander megawitzig, hatte Angst vor dem Medium-Terzett und hielt Godzilla für einen hervorragenden Schauspieler. Ich weinte sogar ein wenig, als in den Bergen Jugoslawiens Winnetou von irgendeiner germanischen Knallcharge mit Platzpatronen aus seinen kitschigen Mokassins geschossen wurde und lachte immer ganz herzlich über Eddi Arent als ulkigen Butler in den Edgar-Wallace-Filmen. Freiwillig verpaßte ich keine Folge vom „Verrückten Paar“, sah immer „Musik ist Trumpf“, und einmal stand ich stundenlang an für ein Autogramm von Mike Krüger! Wenn ich mich nicht irre, habe ich irgendwann sogar mal ein „Hanni und Nanni“-Buch gelesen … Heute ist mir das alles entsetzlich unangenehm. Ich schäme mich heftig und überlege wahrlich, mich meines eigenen Amtes zu entheben, aber noch scheue ich vor dem ganzen Papierkram zurück. Zu meiner Entlastung kann ich sagen, daß ich die Paarung mit der Peinlichkeit in meiner Jugend glücklicherweise nicht bis zum kompletten Koitus vollzogen habe, denn wenigstens habe ich mir nie eine Platte von Modern Talking gekauft – aber habe ich nicht zumindest einen Meineid begangen? Heute über so vieles zu lästern, was ich einst noch reinen Herzens mochte? Ist das mein berufliches Ende? Bei den doofen Amerikanern reicht schließlich schon ein popeliger ZigarrenQuickie mit Mister President, um daraus eine Staatsaffäre und das ganze Land zum Affen zu machen! Well, psychologisch ist das bei den verklemmt-konservativen US-Pharisäern natürlich nachvollziehbar, denn wer selbst immer den Schwanz einzieht, der gönnt halt auch seinem Präsidenten keinen fröhlichen Lümmel! Aber andererseits – was ist schon das harmlose Praktikantinnen-Petting eines sexuell unterforderten Politikers gegen die intime musikalische
Beziehung eines kulturgeschädigten Knaben zu Bata Ilic? Ich kann nur hoffen und beten, daß die Welt mir verzeihen möge. Und Gott schütze Amerika.
Manchmal kommen sie wieder Haben Sie das auch gesehen vor ein paar Wochen in der ARD – J.R.s Rückkehr? Zuerst dachte ich, es sei ein Amateurfilm von irgendeinem texanischen ZombieKlassentreffen, oder Peter Steiners Theaterstadl spielt „Oklahoma“ – aber es sollte wirklich eine ernsthafte „Dallas“-TVMovie-Fortsetzung sein! Von der Spannung her so eine Art Marienhof im Wilden Westen, aber man hatte dafür extra noch mal den kompletten Bodensatz der scheintoten Ewing-Sippe aus der Urne gekratzt, jedem einen riesigen Cowboyhut auf die faltige Runzelrübe geschraubt und dann die ganze Knallchargen-Herde 90 Minuten lang über die Ölfelder getrieben. Das traurige Ende einer Legende – der einst so kraftvoll diabolische J.R. schlich debil kichernd durch die muffigen Hallen von Southfork wie ein Catweazle mit Blasenentzündung, und der kernige Bobby sah eher aus wie Patrick Lindner beim Ponyreiten. Das wäre einem gern erspart geblieben … Aber in den Medien kennt man keine Gnade – wenn etwas erfolgreich war, muß es irgendwann auch fortgesetzt werden, egal wie blöd die Idee oder wie tot die Hauptperson. Ist der weiße Hai kaputt, müssen halt in den nächsten Folgen seine geisteskranken Zwillingsbrüder oder Flippers mutierter Schwager den rachsüchtigen Mörderhering mimen. Der abgelederte Häuptling Winnetou beispielsweise wurde vom ZDF einfach ungefragt mit einer Doppelladung GEZ-Gebühren wiederbelebt – dann könnte doch auch der mit der Titanic abgesoffene Leonardo Di Karpfenkopp theoretisch in letzter Sekunde noch Käpt’n Iglo ins Fischstäbchennetz geschwommen und von herzensguten Krabbenpulern und einer Kieler Matjes-Mamsell wieder gesundgepflegt worden sein! Alles klar für Titanic II – Schiffe kann man schließlich reparieren, und Eisberge gibt’s auch genug! Selbst das ewig vergötterte SchnulzenMonument „Casablanca“ fiel nun nach über 50 Jahren der Ruhe noch der literarischen Kulturschändung zum Opfer. Aber wer möchte denn schon freiwillig lesen, wie Rick’s Café in ein griechisches Restaurant mit Karaoke-Bühne umgewandelt wurde, Bogart nach dem Krieg als illegaler Gabelstaplerfahrer in Mexiko jobbte und Ingrid Bergman unter dem Namen Helga Beimer in Deutschland ein neues Leben begann? Warum nicht gleich eine Fortsetzung des überaus erfolgreichen BundesbahnKursbuchs vom Sommer 1982 oder Dr. Schiwagos zweite Karriere als Surflehrer und Freizeit-Gynäkologe am Strand von Malibu? Wann kommt Heiner Brehmer in „The Return of Derrick – diesmal bewegt er sich!“ oder Berti Vogts im Kinderhörspiel „Die Rache des Fußballschlumpfs“? So was zerstört doch jede Illusion!
Bitte meldet Euch! Wenn die Tage kürzer werden, die Nächte dunkler und die Hosen enger, wenn die Luft nach warmem Fusel riecht und wir von überall her durch zuckrige Bilder von familiärer Glückseligkeit unter zugehängten TannenTorsos daran gemahnt werden, Herz und Brieftasche zu öffnen, ja dann gedenken wir immer wieder gern all derer, die uns lieb sind, es waren oder aus verwandtschaftlichen Gründen sein müssen. Doch was ist mit all jenen, die wir eigentlich weder persönlich kennen noch wirklich mögen, die aber trotzdem unser Leben entscheidend mitgeprägt haben? Was ist beispielsweise mit der Bac-Familie, jener extrem widerwärtigen Sippe der 70er, deren Angehörige sich im Werbeprogramm darum ankeiften, wer als letzter das müffelige Armschweiß-Sprühfix in den Griffeln hatte? „Mein Gott, ihr spießigen Scheißtypen, könnt Ihr Euch denn keine zweite Dose von dem puffigen Schwitzhemmer leisten?“ wollte man ihnen jedesmal entgegenbrüllen, doch schon erschien der nächste Spot, in dem eine schmerzhaft unsympathische Mutti ihrer verzogenen Göre die Rübe ins Handwaschbecken tunkte und darüber schwadronierte, wieviel kräftiger doch ihr Haar geworden sei, seit sie täglich eine Tasse SchaumaShampoo trinkt! Und noch bevor der Brechreiz eine Chance bekam, saß im nächsten Werbefilm bereits der doofe Persil-Mann in väterlicher Arroganz am Schreibtisch, um uns mit Barbara Eligmannscher Cartoon-Kompetenz über die Wunderwelt der Buntwäsche zu berichten wie ein RTL-2Reporter beim Seriositätstraining. Mit etwas Glück erlebte man den Super-Gau und stieß danach noch auf Frau Sommer: eine schnippische Nervzicke aus reichem Hause, frustriert und gelangweilt, die ihren gesamten Tag damit verbrachte, im schicken Kostümchen einen halbvollen Einkaufswagen rund ums Jacobs-Regal zu schieben, um dann nichtsahnende Kundinnen aus dem Hinterhalt zu überfallen und ihnen aus reiner Bosheit irgendeine Kaffeeplörre aufzuschwatzen, von der ihr selbst immer schlecht wurde. Aber auch wenn man froh ist, diese ganze Zunft besserwisserischer Sackgesichter nicht mehr sehen zu müssen, so überwiegt doch die Neugier: Was wurde aus der BacFamilie? Ein Haufen zerrütteter Sozialfälle, Elternmörder und bettelnder Deo-Junkies? Ertränkte die Schauma-Tochter irgendwann ihre nervige Mutter mit einer Flasche Apfel-Shampoo im Folterbecken? Erlitt Frau Sommer einen Koffein-Kollaps und fuhr hysterisch lachend mit dem Einkaufswagen den PersilMann tot? So lang, wie ihr uns genervt habt, könnt Ihr Euch ruhig mal wieder melden – Hauptsache nur, Ihr kommt nicht wieder!
Fangt schon mal ohne mich an! Es tut mir leid, aber ich glaub’, ich schaff ’ es diesmal wirklich nicht! Wenn wir Heiligabend ein klein wenig nach hinten schieben könnten, so auf Mitte März, Anfang April vielleicht, dann könnte es unter Umständen noch klappen, aber jetzt im Dezember – no way! Wann soll ich das alles machen: Eine stolz gewachsene Edeltanne umsägen, eine junge Gans erwürgen und enthaupten, Lebkuchenberge fressen, bis mir die Oblaten aus den Ohren quellen – das krieg’ ich schon rein zeitlich nicht mehr gebacken. Und erst recht Geschenke einkaufen – ich hoffe, ich finde überhaupt die Muße, meine alle auszupacken! Ich hab’ jedenfalls keine Zeit für eine Woche Christmas-Shopping in New York, ich wär’ schon glücklich über eine halbe Stunde Fußgängerzone in Bad Lauterberg oder eine durchgehend geöffnete Tankstelle ohne Nachtschalter. Dabei sind diese Yuppie-Reisen ja ohnehin alle nur Tarnung – da wird höchstens noch kurz vor dem Rückflug für Mutti im Duty-free ein Schmuck-Karton 4711 mit kostenloser Nasenklammer gekauft – in Wirklichkeit fliehen alle nur davor, zu Hause jeden Tag zwei Dutzend mal irgendeinem entfernten Bekannten „Schöne Feiertage“ wünschen zu müssen – oder sie reisen, um offiziell entschuldigt dem ganzen Streß mit den Weihnachtskarten zu entgehen! Allein das Lesen – vor allem, wo doch sowieso überall das gleiche steht. Es wünscht einem ja kaum einer mehr schriftlich zum Fest die Pest an den Schritt und daß einem beim Kacken der Hintern wegfaule oder so was … das wäre ja auch noch schöner. Ich selbst schreib’ sowieso keine Weihnachtspost mehr – ich setze einfach voraus, daß meine Freunde intelligent genug sind, zu wissen, daß ich ihnen logischerweise ohnehin nur Gutes wünsche! Alles andere wäre auch blöd, denn wenn es ihnen schlecht geht, kommen sie ja doch nur und jammern einem davon vor – und dafür hab’ ich momentan erst recht keine Zeit. Mir reicht schon der ganze Trubel mit Weihnachten … dabei hab’ ich noch nicht mal Ostern richtig verarbeitet! Ich glaub, ich stehe noch einige Paletten bunter Eier in der Bringschuld … ganz zu schweigen von all den Geburtstagen, die ich wie immer vergessen habe. Ich glaube, es wäre sowieso ein großer Fehler, Weihnachtspost zu verschicken. Wahrscheinlich würden sich dadurch nur alle daran erinnern, wie lange ich mich vorher nicht mehr gemeldet hatte und wären dann erst recht sauer. Undankbares Pack! Am besten, sie denken weiterhin, ich wäre tot oder beim ZDF oder beides oder König im Taka-Tuka-Land. Also, feiert ruhig schon mal ohne
mich – ich komm’ dann später nach. Irgendwann. Vielleicht. Ach, und bevor ich es vergesse: Schöne Feiertage!
Der letzte Rutsch Es ist soweit. Wir alle müssen nun tapfer sein, denn bald schon heißt es Abschied nehmen. Unser schönes Jahrtausend nippelt langsam ab. Wenn man den Ärzten und Kalenderfetischisten glauben darf, dann kneift das alte Schlachtroß in 12 Monaten den Arsch zu. Klappe zu, Affe tot. Doch heißa, laßt uns nicht lange traurig sein, denn schon bald beginnt dafür die Zukunft! Die Zeit, die wir bisher nur aus „Raumschiff Enterprise“ kannten, das neue Millennium, wie der eitle Fremdwörter-Duden-Leser es gern nennt. Da wird sich dann einiges ändern, soviel ist mal sicher. Viele vermuten ja, die Menschheit wird endgültig komplett wahnsinnig. Andere befürchten sogar das Schlimmste – daß alles so bleibt, wie’s ist. Hobby-Pessimisten und Katastrophenfreunde erwarten ungeduldig den bereits so lange prophezeiten Weltuntergang und üben schon jetzt ihr letztes triumphales Lachen, wenn die launische Kugel zum Jahrtausendwechsel endlich explodiert.Andere glauben, daß die finsteren Mächte des Hades zum dreinulligen Neujahrsfest den Globus erobern und die Erde in Zukunft von Immobilienmaklern, VivaModeratoren und Parkplatzwächtern regiert werden wird. Genaues weiß man allerdings nicht, vielleicht siegt auch das Gute, SAT.1 wird verschlüsselt, und Modern Talking trennen sich wieder. Es könnte ebenso passieren, daß auf Initiative von RTL der Tag um sechs Stunden verlängert wird, um nach Birte Kastratus, Ilona Christus und Coitus Interruptus Zeit für ein paar neue Talkshows zu gewinnen – oder daß das ZDF zur Strafe „Mensch Ohrner!“ hundert Jahre in einer Endlosschleife sendet, bis es endlich einer guckt. Möglich ist aber auch, daß man dort eines Tages plötzlich merkt, daß inzwischen 93% aller Sendungen von Johannes B. Kerner moderiert werden und daraufhin frustriert den Betrieb einstellt. Am wahrscheinlichsten allerdings ist, daß beim Sprung in das neue Zeitalter lediglich ein paar teure Computersysteme abkacken, ein paar Millionen Fertiger am 01.01.00 breit wie die Otter über der Kloschüssel hängen und ansonsten alles genauso beschissen bleibt, wie es schon immer war. Kümmern wir uns also lieber nicht um die Frage nach Silvester 1999 – das werden wir im nächsten Jahr ohnehin mindestens 364 Tage lang tun – sondern genießen wir am 31.12.98 den letzten Rutsch in die Vergangenheit, den nostalgischen Schritt zurück nach vorn in die finalen Zuckungen der ausgehenden Epoche. Feiern wir diese Vorspeise zur Henkersmahlzeit einer verblassenden Ära mit Würde und billigem
Schaumwein, und knallen wir uns lieber so dermaßen die Birne dicht, daß der Kater den Rest des Jahrtausends reicht. Das hätte wenigstens Stil. Prost Neujahr!
Ab jetzt in Farbe! Cool, oder? Total spacig und irre schrill – das kommt voll fett, echt suppengeil! Nur so kann man Texte heute noch schreiben im Hinblick auf das neue Jahrtausend – Color ist die Future, Baby! Nicht mehr nur so öde aneinandergepappte Buchstaben in black & white, nix mehr alles blanco – Worte müssen auch optisch ansprechen! Jedenfalls wenn man die hippen jungen Leute der braingepiercten Malbuch-Generation dazugewinnen möchte, die außer dem Lesen der BoygroupNamen unter den Zappelvideos bei Viva und der Sprechblasen in der BravoFotoRammel-Story noch nicht so wahnsinnig viel mit Literatur zu tun gehabt haben. Die Fernsehsender haben den Trend zur Mehrfarbigkeit schon längst durchschaut – nur ein paar alte Schnarchstationen der Öffis und die Kabelrestfilmverwerter, die sich keine Vollzeit-Färbung leisten können, bringen noch diese ganze verkalkte Schwarzweiß-Grütze.Von wegen „Klassiker“ und all der Mumpitz – verscheißern kann ich mich selber! Wenn sie die Knete hätte, würde die ARD ja wohl auch nicht zum siebenhundertsten Male „Casablanca“ einfach so stumpf wiederholen, sondern schnell auf dem Laptop nachcolorieren oder mit Klausjürgen Wussow und Witta Pohl neu verfilmen. Sogar der kommerzielle Arte-Ableger Pro 7 hat letztens lange mit sich ringen müssen, ob er denn wohl eine Sonderfolge der amerikanischen Buntserie „Akte X“ ausstrahlen könne, die aus einem künstlerischen Versehen heraus in s/w produziert worden war – aber die Münchener Medien-Cascadeure ließen sich auf dieses waghalsige Experiment ein. Respekt vor soviel Mut! Man stelle sich nur all die kulturinteressierten Zuschauer vor, die – bei der farbenprächtigen „Arabella“ vor Aufregung eingenickt und während der grauen Grusel-Show jäh erwacht – weinend ihr TV-Gerät zertrümmerten oder am nächsten Morgen verwirrt zum Optiker rannten, um sich neue Batterien für ihre Kontaktlinsen zu kaufen! Was soll’s – wir leben nun mal in den 90ern, dem Zeitalter der bunten Blödigkeit, der Dekade, in der nach langem Kampf die Form endgültig über den Inhalt triumphiert hat. Wissen ist Qual, Design ist Macht, und wer sich beim Kaufen eines Rahmens noch um die Größe des Bildes schert, ist ein Idiot. Bleibt nur die Frage: Welche Farbe hat eigentlich die Dummheit? BlauRot-Gold wie die Nationalflagge von RTL, quer durch den Regenbogen wie der Hämorrhoiden-Hüpfball von SAT.1 oder einmal in den Tuschkasten gepißt wie der Hintergrund bei Premiere? Und wie bunt muß man eigentlich sein, um die eigene Farblosigkeit nicht mehr zu
bemerken? Manchmal beneide ich wirklich Hunde – die sehen zwar nur Schwarzweiß, können Scheiße aber auf Anhieb riechen!
Ein Jahr voll gar nichts Selten hat ein Jahr mich schon am Anfang so gelangweilt wie dieses. 1999 – was für eine lächerliche Zeitverschwendung, das Jahr nimmt doch niemand ernst! Die ganze Welt bereitet sich auf 2000 vor und ist zudem noch völlig damit beschäftigt, das aufregende 1998 mental zu verarbeiten. Mann, da ging vielleicht die Luzie ab: Titanic, Viagra, Godzilla, Trapattoni, Guildo Horn, Berti Vogts, Modern Talking – was da nicht alles passiert ist! Und auch noch ein neuer Kanzler, sogar einer aus Hannover, die Stadt hatte man ja schon fast vergessen. Und demnächst ist sie schon wieder in aller Munde, vor allem in den Verkehrsnachrichten, wenn dort diese komische Expo beginnt (so eine Art „Heim und Hund“ für die ganze Welt) – aber das ist auch erst im nächsten Jahr. In diesem passiert eigentlich überhaupt nichts Spannendes. Dafür hätte man gar nicht erst Silvester feiern müssen! Schade um die teuren Kalender. 2000, okay, da ist wieder so einiges im Busch: die Olympiade irgendwo, bestimmt ein paar von diesen dösigen Landtagswahlen, die Europameisterschaft, bei der unsere Nationalelf beweisen muß, daß sie auch ohne Berti scheiße spielen kann – das wird sicherlich aufregend. In dem Jahr wird sowieso jeder Trottel, der noch kriechen kann, irgendein großartig überflüssiges Ereignis zur Jahrtausendwende planen und jedes noch so kleine Arschjucken stolz „Hämorrhoiden 2000“ nennen. Darauf habe ich ehrlich gesagt auch keinen Bock, aber immer noch besser als die verschnarchten Monate, die jetzt auf uns warten. Da will sich ja lieber keiner verausgaben für 1999, die Kräfte kann man ein paar Monate später sicher viel besser brauchen! Zum Beispiel, wenn die ganzen dämlichen PCs zum Millenniumswechsel aus dem Pantoffel kippen und die Computer sich die Mousepads von unten betrachten, weil sie die Datumsumstellung nicht gewuppt kriegen. Oder wenn der blöde Euro angeschissen kommt, den ohnehin keiner haben will – allein dafür muß man sich jede Menge Energie zum Meckern und Jammern beim Umrechnen aufheben. Das heißt im Klartext: 365 Tage den Stillstand genießen und geduldig den Finger in den Hintern stecken, bis es wieder weitergeht. Ungerade Jahre sind ohnehin nie so doll, machen wir uns nichts vor. Aber vielleicht passiert ja doch noch irgendwas … Gottschalk geht zum Friseur … Peter Maffay wird Warzenminister in Sachsen-Anhalt … oder Peter Hahne hört auf so zu grinsen, als würde ihm die ganze Zeit ein Frettchen an den Nüssen knabbern. Mal schauen. Aber ich persönlich erwarte eher gar
nichts. Also dann … legen Sie sich ruhig wieder hin! Ich weck Sie im nächsten Jahr!
Ein Dank an die Werbung Werbung ist schon etwas Wunderbares. Vor allem im Fernsehen. Sie zeigt uns anhand von informativen Kurzfilmen, wie wir mit wenigen ausgesuchten Produkten unser verkorkstes Leben wieder in den Griff bekommen können. Oft ist es nämlich nur eine Frage der richtigen Sorte Halbfettmargarine, ob eine Beziehung funktioniert oder nicht. Wählt man die empfohlene Tiefkühlpizza, nagelt man problemlos die schärfsten Tussen auf die Matratze, mit einer Tasse Tüten-Cappuccino beschert man im Falle der korrekten Marke multiple Orgasmen, und gönnt man sich mal das gute Hundefutter mit Extra-Knorpel, wird man selbst spitz wie Nachbars Lumpi. Das war mir vorher nicht bewußt. Hätte ich schon früher die Werbung etwas aufmerksamer verfolgt, wäre meine Jugend wahrscheinlich aufregender verlaufen. Vielleicht hätte ich sogar damals, als ich noch schlanker war und man an alle Teile rankam, über eine Geschlechtsumwandlung nachgedacht, nur um auch mir einmal all die Momente süßer Wonne und ausgelassener Lebensfreude zu ermöglichen, die eben nur eine Frau während ihrer Regel mit einer besonders dünnen Binde fühlen kann. Am liebsten sehe ich Werbung allerdings nachts. Da werden die uninteressanten Spülmittel- und Schlemmerjoghurt-Spots gleich weggelassen, und man konzentriert sich auf das Wesentliche: schmutziger Sex mit telefongeilen Nymphomaninnen! Endlich mal eine wirklich konsumorientierte Angebotspalette. Wem zuckt nicht der Zeigefinger in Richtung Sprechgerät, wenn ein magersüchtiges SMTeenie-Luder mit schiefen Zähnen und Wasserleichen-Make-up sich breitbeinig vor die Kamera stellt und mit knallender Ochsenpeitsche um einen Anruf bittet? Oder wenn olle Schabracken sich im Morgenmantel auf dem Futon lümmeln und ihre ausgetretenen Latschen ablecken, um für die Konversation mit reifen Frauen über vierzig zu werben? Also mich reizt das schon, vielleicht hat Tante Schlabbermauke ja etwas wirklich Wichtiges zu sagen, wenn sie mal kurz zu stöhnen aufhört und die Stiefelette aus dem Mund nimmt, wer weiß das schon … Außer fernmündlichen Kopulationskontakten im Onanier-Tele-Shop wird nach Mitternacht ja überraschend wenig angepriesen, höchstens noch ein paar Boulevard-dokumentarische Video-Editionen über „Die 100 schönsten Vernichtungskriege“ oder das Dritte Reich privat mit „Hitler, die Stimmungskanone“ und „Goebbels, der Gemütsmensch“. Denken die beim Fernsehen etwa, daß so spät ohnehin nur noch alleinstehende militante Perverslinge vor der Glotze hocken? Oder möchte man einfach,
daß sich tagsüber bei den Daily-Talk-Shows wenigstens in den Werbeblöcken mal nicht alles nur ums Ficken dreht? Verständlich wäre beides.
Berufsberatung Fernsehen! Irgendwann im Leben, wenn sich in der Schule beim besten Willen einfach keine Klasse mehr wiederholen läßt und sogar die Eltern bemerken, daß sie einen, rein rechtlich gesehen, nicht mehr einspruchslos unter ihrem Dach ertragen müssen, stellt sich bei den meisten Menschen gezwungenermaßen die Frage nach der adäquaten Berufswahl. Doch wofür soll man sich entscheiden? Aus der persönlichen Erfahrung weiß man bis dahin nur, daß man niemals Lehrer werden möchte – und andere Tätigkeiten kennt man höchstens aus dem Fernsehen! Für Jungen sieht Privatdetektiv in der Glotze gut aus, nichts als schnelle Autos, scharfe Weiber und schicke Klamotten – in der Realität muß man dafür jedoch eher Zahntechniker, BertelsmannManager oder Jungredakteur einer RTL-Show werden … und schon ist die Enttäuschung groß! Polizist oder Kommissar kommt auch nicht in Frage, da wird man beschissen bezahlt und muß den ganzen Tag lang nur plörrigen Kaffee trinken, mürrisch gucken und die schlecht sitzenden Anzüge vom Vorgänger auftragen. Soviel also zum Berufsziel „Gerechtigkeit“ – bleibt oft nur die Gegenseite: Also wird man Anwalt, am besten in den USA. Smart lächelnd mit Designerpelle in der Kanzlei hocken, möglichst oft „Einspruch“ rufen und mit ernster Miene die Seidenkrawatte zurechtruckeln, das läßt sich schon eher ertragen. Oder man wird gleich Arzt – obwohl das Fernsehen in diesem Falle ja oft abschreckend wirkt, denn dort kommt der sympathische Gynäkologe vor lauter Arbeit bisweilen nicht mal zum pünktlichen Golfspielen oder nimmt sich sogar für Kassenpatienten richtig Zeit. Aber das ist natürlich nur Fiktion zur Abschreckung, damit nicht gleich jeder Medizin studiert! Um so mehr verwundert es, warum immer nur einige bestimmte Berufsgruppen zu heroischen Serienstars, andere hingegen einfach totgeschwiegen werden. Frauen-, Kinder- und Notärzte gibt es z.B. haufenweise – aber kaum Proktologen! Oder Hautärzte. „Dr. Benjamin Schorf – zwischen Ekzem und Exzeß. Eiter-besinnliche Geschichten zum Jucken und Kratzen“ – wär’ bestimmt was für SAT.1. Oder coole Bullen auf Hollandrädern in „SK Pizza-Blitz – die Bringdienst-Cops“. Eine Spezialeinheit, die ich noch nie gesehen habe. Ebensowenig wie „Gammateam – Die Putzkolonne im OP – Wer die ganze Sauerei nachher saubermacht“. Und was spricht gegen „Das Schwarzwaldschlachthaus“ mit Klaus-Jürgen Wussow als gütigem Metzgermeister, der mit Humor und sanfter Hand die Ferkel aufschlitzt, und Sascha Hehn, der charmant die Wurst in den Naturdarm drückt? Das ginge sogar fürs ZDF.
Genauso wie „Ein Karussellbremser auf Rügen“, „Bookwatch – Die Steuerprüfer von Malibu“ oder „Alarm für Pudel 112 – Die Autobahnfriseure“! Kreativität ist gefragt!
Back to the Nineties (Part I) Ladies and Gentlemen, liebe Frauen, stolz erkläre ich ihn für eröffnet, den coolsten Trend des ausgehenden Jahrtausends: das Revival der Neunziger! Schweinekultig und hip wie Nachbars Lumpi! Warum immer erst lange warten, bis eine Dekade abgenibbelt und von den Überlebenden mental halbwegs verarbeitet ist, bevor man sie reanimiert? Wieso beginnt man die Wiederentdeckung der Vergangenheit nicht einfach, wenn diese noch die Gegenwart ist? Das ist doch viel einfacher! Simpel und dennoch wirkungsvoll: Im Jetzt leben, aber so tun, als hätte man es schon längst hinter sich! So läßt sich vieles leichter ertragen. Stets im Bewußtsein, daß sich in zehn bis zwanzig Jahren sowieso jeder darüber kaputtlacht. Nehmen wir nur das Tamagotchi, dieses doofe unselbständige Computer-Krakelküken, das andauernd aus den Latschen kippte, wenn man es nicht rund um die Uhr verhätschelte wie eine alternde Operndiva. Eine der blödesten Erfindungen der Geschichte und zugleich die späte Rache Japans an der westlichen Welt: Millionen ehemals denkender Menschen vernachlässigten Schule, Beruf, Beziehungen und jegliche Form vernunftbegabten Denkens und Handelns zugunsten eines häßlich dahingekrickelten Suppenhuhns in einem batteriebetriebenen Überraschungsei! Die dabei vergeudete Zeit hat die Entwicklung der Zivilisation um mindestens zwei Jahre zurückgeworfen. Inzwischen zu Recht vergessen und so gut wie ausgerottet, findet das animierte Chicken-McNugget heute nur noch Anwendung in der Psychoanalyse oder als Beschäftigungstherapie für unterbeschäftige ARD-Redakteure, in ein paar Jahren jedoch wird es wieder trashig und kultig sein. Mit der richtigen Einstellung geht das aber auch schon jetzt – und heute bezahlt man noch keine Sammlerpreise! Oder Tattoos, ein typischer Modeschnickschnack der Neunziger – in den 70ern gab es als Körperschmuck nur das gegenseitige Bemalen mit Fingerfarben im Gruppensexzentrum. Tätowierungen fand man höchstens noch in Form von kiffenden Totenschädeln unter der feuchten Achsel eines verfilzten MöchtegernRockers mit Mofa-Führerschein oder als fauchende Drachenköppe, die Feuer von der einen zur anderen Fernfahrer-Arschbacke spiehen. Heute verziert ein Schmetterling jeden zweiten Model-Hintern, und so manche schöne Frauenfessel wird duch ein eingraviertes Blumenband umgarnt. Spätestens in zehn Jahren und zwanzig Kilos, wenn die Kinder rufen: „Mama, Du hast ja ’ne Gürtelrose an der Mauke“, wird allerdings
auch hier verschämt die dicke Socke drübergestreift. Außer natürlich, man läßt sich gleich den ganzen Body mit Brandzeichen vollschmieren, um sich selbst als Hommage an die Trends der Gegenwart zu präsentieren. Dann sieht man zwar aus wie ein lebendes Löschblatt, kann aber nicht als stillos gescholten werden. Nur eine von vielen Ideen, die Neunziger zu feiern!
Back to the Nineties (Part II) Schon jetzt das Neunziger-Jahre-Revival feiern, bereits heute den Irrsinn der Gegenwart als Vergangenheitskult der Zukunft begreifen! Cooler geht’s nicht – der Zeit um Jahre vorauseilen, ohne sich dabei selbst vom Platz zu bewegen. Und außerdem ermöglicht es einem, selbst dem bescheuertsten Trend unserer Tage mit ironischer Selbstsicherheit gegenüberzutreten. Stehengeblieben war ich im letzten Heft beim „Tattoo“, dem modischen Körpergraffiti für ihr und ihm. Ziemlich hip, die bläulichen Hautkritzeleien – aber natürlich kein Vergleich zum Piercing! Ohne Frage ist das BodyLochen junger Backfisch-Girlies und im Herzen minderjährig Gebliebener die angesagteste Körperverunstaltung unserer Dekade. Nicht, daß es wirklich gut aussähe, sich als künstlichen Akne-Ersatz alte Druckknöpfe in die Visage zu flantschen oder gebrauchte Duschvorhangringe durch die Nase zu jagen. Auch bleibt einem der Sinn verschlossen, warum es die Erotik steigern soll, wenn man sich Schrauben in die Hoden dreht, Briefbeschwerer an die Brustwarzen hängt oder Reißzwecken auf die Genitalien nagelt. Vielleicht verschafft es einem ja ein gewisses Kribbeln, wenn der Rost einsetzt, vorher bleibt man höchstens an den dümmsten Stellen mit der Zahnspange hängen. Obwohl einem das ja nicht peinlich sein muß – im Gegenteil! So hat man wenigstens was zu erzählen – bei Arabella. Denn das ist schließlich das wichtigste in diesem Jahrzehnt: den Rest der Welt am eigenen popeligen Leben teilhaben zu lassen! Otto Normalverbraucher, der lustige Bursche, hat längst erkannt, daß das Fernsehen keine elitäre Macht hinter der Flimmerkiste mehr ist, sondern vielmehr die Summe aller Trottel, die sich dort präsentieren. Nicht mehr lange, und in Deutschland gibt es mehr Talkshows als Einwohner – und fast alle kennt man nur mit Vornamen! Da sind natürlich Themen gefragt! Sex ist immer ein todsicherer Ankommer, aber weil man letztendlich auch etwas Besonderes zu bieten haben muß, fühlen sich die meisten armen Schweine dieser Tage dazu gezwungen, sich durch die seltsamsten und unbequemsten ÖmmelVarianten zu quälen, nur damit es überhaupt jemanden interessiert! Ein „Ja gut, ab und zu mach’ ich das mal, wenn ich Glück hab’, sogar mit jemand zusammen, aber unter uns gesagt, haut einen das nicht vom Hocker … “ ist zwar ehrlich, bringt einen aber noch nicht in die Glotze, da muß man es schon mindestens achtmal täglich mit zwölf an die Küchenspüle gefesselten Schafen in Latex-Kniestrümpfen treiben – oder es wenigstens behaupten.
In den Sechzigern wurde die eigene Sexualität entdeckt, in den Siebzigern ausgelebt, in den Achtzigern als bekannt vorausgesetzt und in den Neunzigern im Privatfernsehen ausdiskutiert. Wär’ doch blöd, wenn man da nicht mitmacht – wer weiß, wann es in der Zukunft noch mal so angesagt sein wird, sich selbst zu blamieren!
Back to the Nineties (Part III) So hip sein, daß man vor seiner eigenen Coolheit erschaudert – wer möchte das nicht? Wer in den Siebzigern rumlief wie Lullemann, mit kotbeiger Schlaghose, Hodenkoteletten und vollgekrickelter Jeansjacke, der war nichts weiter als ein Trottel von vielen. Wer die gleiche visuelle Gemeinheit knapp 20 Jahre später am Körper trug, war voll abgefahren und ziemlich kultig drauf. Also was soll’s? Dann kann man doch auch einfach jetzt schon so tun, als hätte man die übliche Geschmackstoleranzphase bereits hinter sich – und plötzlich macht der ganze Irrsinn Spaß! Tamagotchis, Tattoos, Piercings und Talkshows haben wir schon behandelt – alles wunderschön alberne Gelegenheiten, die Trends der ausgehenden Neunziger zu feiern. Aber auch der ungeahnte Sexboom durch das akustische Laientheater im 0190Telefon-Puff, die vermietbaren Grillrost-Batterien zum BodyBräunen in den Happy-SB-Solarien und die verzweiflungsgeilen Beißmich-zupf-mich-ziehmich-Partys mit Lack-&-Leder-Messe in jeder dritten Dorfdisco sind typisch für unsere dekadente Dekade. Der gewöhnliche Zappelschuppen zum Hüpfen und Grabbeln ist ohnehin längst out – Events sind in! Die große 80s-Revival-Fummelnight, die Hering-suchtDose-zum-Kennenlernen-Party oder die Sauf-and-DanceMillennium-Fete, so was zieht heute, wenn sich dabei auch Zweck, Inhalt und körperlicher Zustand der Teilnehmer am Morgen über die Jahre eigentlich kaum verändert haben. Zudem ist es für jeden selbstbewußten Discjockey inzwischen zur Pflicht geworden, sich ein ultracooles Pseudonym zuzulegen, so eine Art Doktortitel für Doofe. Stand früher noch fröhlich wippend der Heinzi aus Cuxhaven am Plattenteller und drehte fix die Scheiben um, so lassen sich heute DJ Fuck You, Grandmaster Wixkopp oder MC BitchBuster-Arschface-WestbamboomAlabama als Möchtegern-Megastars feiern. Doch meist reicht schon ein bißchen Speed und ’ne Cola oder ein Red Bull mit Fanta, und selbst das sieht alles ganz normal aus. Ach ja, was könnte man nicht alles noch erzählen über die ulkigen 90er … der Lifestyle-Wahn, der dem Durchschnittsmenschen vor lauter Anleitungen zur Steigerung der Lebensfreude schier in den Selbstmord treibt; das Surfen im Internet, der Kontaktbörse für Stubenhocker; die Wiederentdeckung des deutschen Schlagers als das, was er wirklich war und ist: melodramatisch vorgetragener Mumpitz, aber ein Heidenspaß, wenn man sich dabei die Glocke flutet; das erste Jahrzehnt ohne die
Zone, aber mit vielen lustigen neuen Bundesländern, und so weiter und so weiter. Doch leider reicht der Platz dazu nicht – und ein bißchen was können Sie ruhig auch selbst herausfinden. Ein paar Monate haben Sie ja noch.
Jetzt haben wir den Salat! Schöner Mist! Unser aller Lieblingsgeilkörper Verona Feldbusch, das nette ProfiNaivchen mit dem angeborenen Grammatikfehler, moderiert nicht mehr „Peep!“ Okay, eigentlich hat sie das noch nie wirklich getan, aber sie saß zumindest in ihren wenigen engen Sachen zwischen den häßlichen Gästen herum und kicherte. Doch jetzt ist sie sogar physisch nicht mehr dabei – und warum? Weil sie plötzlich erkennen mußte, daß es sich in der Sendung thematisch hauptsächlich um Schweinkram handelt! Stellen Sie sich diesen bitteren Moment einmal vor: Ein ganz normaler Tag, Verona sitzt in der Garderobe, rasiert sich die Beine und denkt an gar nichts, erst recht an nichts Böses … Da schnürt sie versehentlich das Mieder etwas zu eng, im Kopf macht es Blub!, und dildogleich schiebt sich ihr die Erkenntnis in den Schädel, daß „Ficken“ ja eigentlich das gleiche ist wie „Geschlechtsverkehr“! Oh Gott, was muß das für ein Schock gewesen sein, nach so vielen Jahren plötzlich zu erkennen, über was für Ferkeleien man sich die ganze Zeit unterhalten hat – und das auch noch im Fernsehen! Leider passiert so etwas häufig, auch in den Medien: Man ahnt nichts Böses, wird von den Kollegen getäuscht und muß eines Tages erkennen, daß man ungewollt und ohne Schuld gehörige Scheiße gebaut hat.Weinend und wild um sich klagend mußte „Tagesschau“Hübschchen Susi Stahnke mit ansehen, daß das stolze Ausposaunen einer möglichen Karriere als Hollywood-Strapslady sehr wohl auch ironische Kommentare provozieren kann. Die Welt ist schlecht. Auch hätte ja nun wirklich jemand Reinhold Beckmann mal vorher sagen können, daß – selbst wenn das Konzept sehr pfiffig klingt – es eine Sendung mit einer Bühne und ein paar Hockern, auf denen Leute vor einer urbanen Nightline-Kulisse sitzen und von einem nachdenklich guckenden Mann belanglose Fragen gestellt bekommen, doch bereits schon mal gegeben hat! Eine nette Geste wäre auch ein vertraulicher Tip an den „Ghost of Pop“ Michael Jackson gewesen, daß ein durchgeknallter „Wetten, daß … ?“-Auftritt höchstens noch von Freunden des Absurden bejubelt wird, wenn man dort nur als leuchtende Geistererscheinung dummes Zeug vor sich hin piepst wie ein atomar verstrahltes Meerschweinchen. Wo bleibt ein guter Rat, wenn man ihn braucht? Hätte doch nur ein guter Freund Oskar Lafontaine einmal gesagt, daß es leider viele geizige Menschen gibt, die ihr Geld lieber selbst behalten als es dem Staat zu geben. Oder dem närrischen EUElferrat, daß Korruption und Faulheit in
der Öffentlichkeit gar nicht mehr so angesagt sind wie noch vor ein paar hundert Jahren – viele beleidigte Rücktritte wären dann vielleicht vermieden worden. Okay, Denken vor dem Handeln kann hilfreich sein, aber seien wir doch mal ehrlich: Wer hat dafür schon Zeit?
„Temporarily not available“ „The person you have called is temporarily not available.“ Das heißt übersetzt ungefähr das gleiche wie früher:„Nee, der Heinz kann jetzt nich’, der is’ gerade am Kacken!“ Doch wo einst noch hurtig die genervte Ehefrau aus der Küche eilte, um in solch prekären Situationen den Anruf entgegenzunehmen, säuselt uns heute nur noch die gefühlskalte NetzSekretärin ihren Merksatz durch die Muschel. Oder aber Heinz kann das Gespräch doch direkt vom Scheißhaus führen, denn das ist schließlich der große Vorteil des Handys: Jeder Idiot kann endlich jederzeit und überall von jedem anderen Idioten erreicht werden! Die Gnade der technischen Schöpfung ist damit allerdings noch längst nicht erschöpft, denn dank des drahtlosen Portablephons kann endlich auch die gesamte Umwelt dazu gezwungen werden, an den eigenen sinnlosen Konversationen teilzuhaben! Vor zwanzig Jahren gelang es einem höchstens mal bei schönem Wetter den Nachbarn zu nerven, wenn man sich so weit, wie es das Kabel zuließ, an die offene Balkontür reckte und dazu möglichst laut in den Hörer bölkte – aber wenn man ehrlich ist, war das doch auf Dauer etwas anstrengend. Dieser Tage ist das glücklicherweise kein Problem mehr, denn jetzt haben wir die Chance, uns direkt in das Zentrum jeder gewünschten Menschenansammlung zu begeben, das Handy für einen kleinen Plausch zu zücken und auf einen Schlag allen Anwesenden tierisch auf den Sack zu gehen! Wer dabei besonders viel Sinn für Humor beweisen möchte, der programmiert seinen kleinen Quatschkameraden zusätzlich auf einen ulkigen Klingelton, wobei sich schwungvoll dahingepimpelte Operettenmelodien als besonders pfiffig erwiesen haben. Die krönende perfide Pointe bei der öffentlichen Handy-Nutzung ist allerdings, daß sie es dem telefonierenden Nervenarsch ermöglicht, sich mit einem Hauch künstlicher Wichtigkeit zu schmücken, anstatt einfach sofort eine aufs Maul zu bekommen. Denn wider besseres Wissen denkt man als Zeuge solcher Szenen meist immer noch freundlich: Oh, das ist bestimmt wichtig, denn sonst würde der blöde Arsch das Gespräch doch sicher in seiner zugefurzten Muffelbude erledigen, der dumme Pisser! Doch Pustekuchen, also erkennen wir lieber die Realität: Für den HandyBesitzer ist die Welt nichts weiter als eine riesige Telefonzelle! Der Fluch der ewigen Erreichbarkeit ist für ihn ein Heidenspaß, überglücklich nimmt er jeden noch so unwichtigen Anruf überall entgegen, denn das ständige Bimmeln in der Hose gaukelt ihm vor, wenigstens noch für irgendwen von Interesse zu sein. Und sollte man vor lauter Labern die Gegenwart verpassen – die kann man sich ja auf die Mailbox sprechen lassen!
Die Generation der Schlaumeier Es ist ein schöner Zug von den Medien, jeder Generation ungefragt einen albernen Namen zu verpassen. Da gab es irgendwann mal die wilden 68er, die Flowerpower-Knilche, die No-Future-Kids, die Schlaghosen-Luder und was weiß ich noch alles. Manchmal reicht es aus Kostengründen allerdings nur für einen einzelnen Buchstaben. Die Blagen unserer Tage sind beispielsweise die Generation Y, wie man unlängst herausfand, die Backfische und -innen davor gehörten noch zur Gruppe X. Rein alphabetisch gesehen, folgt danach Z – aber dann ist erst mal Schicht! Von da an müssen sich die armen Kleinen quasi ohne einen dazugehörigen Identifikationsbuchstaben durchs Leben mogeln, außer man nimmt die Umlaute mit, was wiederum ziemlich tuckig klingt. Andererseits kann ich mich auch nicht mehr so recht an die Generation W erinnern, die muß ja rein rechnerisch so gegen Ende der 80er ihre Pubertät durchlitten haben. Wahrscheinlich hat die aber gar keiner bemerkt, weil alle nur vor der Glotze gesessen und Knight Rider geguckt haben.Vielleicht sind mit X und Y aber auch nur die Chromosomen gemeint, was nun einen deutlichen Hang zum Männlichen in Richtung Vernunft bedeuten würde – allerdings hielte ich dies für ziemlich frauenfeindlich! Irgendwie hat sich aber schon eine Menge verändert, wenn man die Buben und Mädels dieser Tage so betrachtet. Früher waren sie noch auf unterhaltsame Weise rebellisch und auf globaler Ebene desillusioniert. Egal, worum es ging, man war auf jeden Fall erst mal nicht dafür, und man organisierte großangelegte Demonstrationen gegen alles, was nicht schnell genug laufen konnte. Das war nicht immer klug, zugegeben, aber es machte wenigstens Spaß! Heute müssen sich die Kids vornehmlich gegen die ehemalige Aufmüpfigkeit ihrer Eltern auflehnen und dabei aufpassen, vor lauter Coolheit nicht zum Spießer zu mutieren. Die Welt ist wirklich nichts Großes mehr, sie paßt auf einen simplen PCBildschirm, das Internet läßt spirituelle Reisen in Regionen zu, die vor ein paar Jahren noch nicht mal im Schüleratlas standen. Wenn die Erde auf Kinderzimmergröße zusammenschrumpft und man glaubt, alle ihre Geheimnisse bereits auf RTL gesehen zu haben, wird der eigene Mikrokosmos zum Mittelpunkt des Universums. Plötzlich ist es hip, der Klassenbeste zu sein, denn das erhöht die Chancen auf einen lukrativen Arbeitsplatz und einen soliden Platz im Leben. Zu meiner Zeit wäre man in der Schule für solch zukunftsorientiertes Denken als Streber in jeder Pause vermöbelt worden, in der großen sogar zweimal! Aber so ist das mit den Schlaumeiern: Wer lange genug
vorgibt, klug zu sein, der ist irgendwann auch dumm genug, es selbst zu glauben!
Alles für die Frau! Langsam reicht es mir als Mann aber wirklich – immer kriegen die doofen Torten eine Extrawurst gebraten! Frauen haben „ihre“ Tage, ihre Beauftragten, ihre eigenen Ärzte mit besonders ulkigen Stühlen – und sogar ihre ganz persönlichen Fernsehsender! „TM3“ – das klingt zwar mehr wie der neue Gillette-Ladyshaver, ist aber so eine Art richtiger Sender und bringt seit längerer Zeit viele tolle Sachen nur für Mädels: aktuelle Schuh-Berichterstattungen, leckere Kochtips, NähmaschinenWettknattern, Boygroup-Poster angucken mit Gruppenkreischen und was die Damenwelt sonst noch so fasziniert. Leider geschah dies bislang weitgehend unbemerkt, denn trotz aller Frauenfreundlichkeit – ohne uns Jungs gibt’s nun mal keine anständige Quote. Schon allein, weil die Ladies ohne Hilfe ja nicht so ganz mit der Fernbedienung zurechtkommen. Deshalb beschlossen die schlauen Programmverantwortlichen und lichInnen schnell, sich inhaltlich nun doch auch den schwanztragenden Randgruppen zu öffnen. Zuerst nur mit alten Bud Spencer/Terence Hill-Schmonzetten (für die Frauen eine schöne Gelegenheit, sich mal wieder 90 Minuten um den brachliegenden Haushalt zu kümmern), später vor allem mit durchgenudelten Soft-sex-Filmchen aus den erschlafften Endsiebzigern (aus reiner Bosheit, um uns Männer damit zu demütigen, daß wir zum Wichsen jetzt den Weiberkanal einschalten müssen!). Jetzt allerdings haben die zickigen Medien-Mäuse es bei aller Liebe doch etwas übertrieben! Kaufen dem coolen Kerle-Kanal RTL einfach die ChampionsLeague-Rechte unter der haarigen Nase weg! Pfui Spinne! Fußball im Titten-TV, so weit sind wir also gesunken! Stellen Sie sich nur mal die Spiele vor: kommentiert von Verona Feldblubb (quasi Wontorra mit Titten), Blümchen als Studioexpertin und in der Halbzeit Alfredissimo! Tore werden nur gezeigt, wenn sie auch von wirklich süßen Typen geschossen werden und die Kamerafrau nicht gerade fort ist, um das Bügeleisen auszumachen! Was folgt als nächstes? Die Sportschau überträgt Ilona Christen? „ran“ kauft die Rechte für den Bingo-Worldcup? Hauser & Kienzle wechseln zum Kinderkanal? Okay, das würde sogar passen – aber warum eigentlich das ganze Chaos? Nur weil der australische Medien-Moloch Murdoch mit dieser Terroraktion Unruhe in unsere sauber geharkte Medienlandschaft bringen will, bis kein deutscher Zuschauer mehr weiß, ob er Männlein oder Weiblein ist? Und sobald die Quote erigiert ist, holt das listige Kabel-Känguruh die Kündigungen aus dem Beutel, und ruckzuck steht TM3 anstatt für „Tele-Muschis“ wieder für „Testikel-Mafia“.
Tja, reingelegt – aber Frauen sind halt so naiv …
Die Leere zwischen den Ohren Einen wunderschönen Tag! Sie lesen Ihre Hit-Kolumne „Kalkofes letzte Worte“ mit den Superworten der 70er, 80er und 90er und den besten Buchstaben von heute sowie den Top-Klassikern des Alphabets im Mega-Mix mit bis zu vier Supersatzzeichen am Stück und mehr Abwechslung mit dem ewig gleichen Gelaber.Viel Spaß und allzeit Sonne im Hacken bei jedem Wetter und den geilsten Ortstemperaturen der letzten 200 Jahre! Na, war dieses Intro nicht cool? Also, ich persönlich fand es richtig scheiße, aber wenn man den gewitzten Medienprofis der modernen Hitand-Fun-Rundfunkanstalten glauben mag, so sollte es Ihnen eigentlich ganz superdufte gefallen haben, oder? Falls doch nicht, dann haben Sie es wahrscheinlich nur noch nicht oft genug gelesen – probieren Sie doch mal, die Sätze mehrfach stündlich vor sich hin zu sprechen oder im DreiMinuten-Takt laut und lustig vorlesen zu lassen! Klingt blöd, müßte aber klappen – schließlich funktioniert heute beinahe der komplette Radiomarkt nach diesem Muster! „Wenn man die gleiche Scheiße nur oft genug wiederholt, dann hört sie irgendwann auf zu stinken!“ lautet die pfiffige Theorie der Verantwortlichen dahinter. Und da der Hörer aus ihrer Sicht ohnehin bescheuert ist, muß man ihm nur so lange mit formatierter falscher Fröhlichkeit auf die Eier gehen, bis seine letzten noch aktiven Denkzellen in der Rübe freiwillig den Löffel abgeben. In der Praxis funktioniert das folgendermaßen: erstens die Reduktion des Moderatoren-Wortschatzes auf den eines mäßig begabten Dreijährigen, zweitens das unverschämt dreiste Abnudeln einer sich niemals ändernden Musikauslegeware und drittens die so penetrant häufig in den Äther geblähte Behauptung, einfach der megageilste Möderlullen-Schuppen aller Zeiten zu sein, bis sich keiner mehr zu widersprechen traut! Das Endziel ist es schon längst nicht mehr, seine Konsumenten zu unterhalten, sondern vielmehr das so lange gnadenlose Einpeitschen der jeweiligen selbstreferentiellen Werbesprüche, bis auch der letzte nachts aus dem Schlaf gerissene Trottel fehlerfrei im Delirium aufsagen kann, welche Superhits aus welchem Jahrzehnt bei welchen Temperaturen auf welchem Sender laufen, und ob er dabei viel Spaß, gute Fahrt oder mehr Abwechslung versprochen bekommt! Akzeptieren wir die Realität: Das kreative Radio von einst befindet sich in der Gewalt von Machern, die für dieses Medium und sein Publikum nur noch eine Mischung aus Gleichgültigkeit, Haß und Verachtung empfinden. Aber bevor es ihnen nicht gelungen ist, daß jeder Tag klingt
wie seine eigene Wiederholung, und wir bereit sind, das ewige Rauschen der Leere zwischen ihren Ohren für einen Superhit zu halten, werden sie ihre Geisel nicht freigeben! In diesem Sinne – gute Unterhaltung. Und herzliches Beileid.
Spul zurück im Zorn Eine der letzten kulturellen Begegnungsstätten, die man noch im ballonseidenen Trainingsanzug aufsuchen kann, ohne unangenehm aufzufallen, ist die Videothek. Treffpunkt wagemutiger Individualisten, die nichts dagegen haben, sich den Abend durch romantisch flackernde Fernsehbilder versauen zu lassen, dabei allerdings durch das nur begrenzte Minderwertigkeiten-Menü der Sendeanstalten nicht in ihrem Recht auf freie Wahl der Sinnesfolter eingeschränkt werden möchten. Hier im Palast der zurückspulbaren Scheußlichkeiten bekommt der geneigte Schund-Liebhaber für wenig Geld in großer Zahl all jene mühevoll vergeigten Zelluloid-Verschwendungen aus dem Rinnstein der Filmkunst angeboten, die ihm zuvor im Nachtprogramm von RTL 2 als Weltpremiere zu erhaschen gelangen.„Kennst du den hier?“ – hört man die Experten plaudern – „‚Zärtliche CrazyKnallköppe zum Knutschen‘. Von 1982, mit Thomas Gottschalk und Gottlieb Wendehals beim Möpsekneten auf Ibiza – die Fortsetzung von ‚Zwei durchgestrullte Supernasen drücken einen ab‘. Is’ was zum Lachen!“ Es läßt sich nicht bestreiten: schlechte Filme – in Maßen genossen – können enorm wohltuend sein! Wenn der belgische Fressepolierer JeanClaude Van Darm als knallharter New Yorker Karate-Cop aus Rache für seinen ermordeten Partner gestreckten Beines einem Dutzend grimmiger Finsterlinge seine sockenlose Mauke unter den Schnurrbart semmelt und dabei so verbissen guckt, als würde ihm die Unterhose die Testikel abschnürren, dann ist dies schon grandiose Komik. Und wenn großtittige Kreischpunzen in viel zu engen feuchten T-Shirts aufgebracht durch dunkle Gänge hasten, auf der sinnlosen Flucht vor Talent und einem viertklassigen Alien-Klon aus Knetgummi, dann freut man sich doch – selbst wenn man gar nicht genau weiß, warum eigentlich. Dabei sollte man die Bedeutung wirklich beschissener Filme für Industrie und Publikum keinesfalls unterschätzen! Sie bringen den menschlichen Verstand an seine eigenen Grenzen, sie testen unser Durchhaltevermögen und stärken die intellektuellen Abwehrkräfte.Vor allem aber könnte man sich ohne all die schaurigschönen verkackten Gurkenmovies überhaupt nicht mehr angemessen über die guten Filme freuen! Nur wer alle sieben Teile „Police Academy“ durchlitten hat, weiß einen „Fisch namens Wanda“ wirklich zu schätzen. Und nur wer schon einmal 90 Minuten den wippenden Pferdeschwanz der kloppenden Hackfresse Steven Seagal ertragen mußte, kann den
Löchern im Unterhemd von Bruce Willis mit der gebührenden Ehrfurcht begegnen. Qualität muß nun mal sein – auch wenn sie schlecht ist!
Eine Idee geht auf Reisen Sehr oft, so zwischen täglich und häufig, fragt man sich als Zuschauer, wieso das TV-Programm eigentlich so schweinelangweilig ist und warum niemals etwas Gescheites läuft, wenn man gerade mal ein paar Wochen frei hat. Wehmütig erinnert man sich dann an die anspruchsvollen Qualitätsprogramme aus der eigenen Kindheit: sehbehinderte Löwen in „Daktari“, geistesgestörte Känguruhs in „Trickfilmzeit mit Adelheit“ oder verstockte Torfnasen in „Was bin ich?“, die sogar für das mutwillige Verschweigen ihres Berufes ein häßliches Sparschwein mit Kleingeld für den Zigarettenautomaten vollgestopft bekamen. Das war Unterhaltung mit Schmackes – aber heute? Gibt es etwa keine guten Ideen mehr? Nun, ganz so einfach ist es nicht. Clevere Konzepte existieren schon, aber leider hat Gott vor die Ausstrahlung noch die Sender und ihre Unterhaltungsredaktionen gesetzt – in der freien Medienwildbahn so etwas wie die natürlichen Feinde der Kreativität. Ein Fallbeispiel: Nehmen wir einmal an, SIE hätten eine ganz tolle JahrhundertIdee, so eine zwischen „Wetten, daß … ?“ und „Peep!“ Wem könnte man sie anbieten? Erster Versuch: den Öffentlich-Rechtlichen – und sei es nur, um sich endlich etwas von der jahrelang sinnlos eingezahlten GEZ-Kohle zurückzuholen! Beim ZDF jedoch stoßen Sie auf heftiges Desinteresse – eine innovative Idee würde das Stammpublikum der über 95jährigen nur irritieren und außerdem machen die es sowieso nicht mehr lange, da lohnt sich eine neue Show gar nicht. Also auf zur ARD, der größten Amtsstube Europas – aber dort verbringen Sie allein drei Jahre mit dem Versuch, am Pförtner vorbeizukommen, der erst noch die nötigen Gesprächsanmeldungsbögen, die Ideenvorschlags-Formulare auf freier Gehaltsbasis, den gelben Konzept-Innovationszettel mit dreifachem Durchschlag und die staatlichen Teppich-Mitbenutzungsbögen für die Flurüberquerung zum Intendanten ausfüllen muß. Na gut, dann eben zu den Privaten. Vox und Kabel 1 hätten große Lust, allerdings nur, wenn Sie etwas dazubezahlen. Pro Sieben hat genug Geld, aber leider keine Zeit, und RTL II sagt, es ginge nur, wenn alles thematisch irgendwie mit möglichst perversen GeschlechtsverkehrPraktiken zu tun hätte. So klopfen Sie bei RTL an, wo man Ihr Konzept absolut großartig findet, aber ablehnt, weil es weder aus Holland noch aus Amerika stammt und außerdem noch nicht einmal zwanzig Jahre alt ist. Bei SAT.1 bekommt man Wind von dem Gespräch und kündigt an, sofort mit einer noch bunteren Kopie der Idee auf Sendung zu gehen, obwohl
man keine Ahnung hat, worum es eigentlich geht – Hauptsache man kann alle zwei Minuten einen bunten Hüpfball durchs Bild hoppeln lassen, und Fritz Egner moderiert. Und in dem Fall behalten Sie Ihre Idee doch wohl auch lieber für sich, oder?
Schön und doof Vor den Verstand wurde dem Menschen das Auge gesetzt, meistens sogar zwei, als eine Art optischer Filter für das Gehirn. Sie helfen ihm bei der visuellen Vorselektion der gewonnenen Eindrücke – und das spart enorm Zeit. Allein bei der Wahl des Begattungspartners auf der handelsüblichen „Fisch sucht Fickfrosch“Kennenlern-Fete: Sagt das Auge „Ach du Scheiße, bloß nicht!“, bekommt das Ohr erst gar keine Chance, und das Herz kann sich ohnehin gehackt legen. Diese anatomische Schelmerei macht sich neben attraktiven Frauen vor allem der Berufsstand der Designer zunutze, indem er uns durch schönen Schein vom logischen Denken ablenkt und uns weismacht, alles sei chic, wo irgendein tuckiger Zopfhansel groß seinen Namen draufgekrickelt hat. Mag ja sein, daß ein ChanelHornhauthobel auf der Peeling-Party mehr hermacht als der grobe Maukenraspel von Aldi – aber schmirgelt er deshalb auch wirklich besser die Schorfschicht von den Quanten? Doch wen kümmert’s? Daß in der modernen Welt die Form über den Inhalt siegt, wissen wir nicht erst seit Verona Feldbusch. Design ist der Sieg des Schönen über die Nützlichkeit – es erfreut in erster Linie die Sinne, und in seinen gelungensten Momenten verspottet es gar unsere Intelligenz. Dabei ist der Begriff an sich zuerst einmal wertfrei und umschreibt lediglich die äußere Erscheinung eines beliebigen Objekts, egal ob wunderschön oder so kackenhäßlich, daß es brummt! Auch der Designer an sich ist laut Duden nichts weiter als ein „Formgestalter für Gebrauchsgegenstände“ – quasi das gleiche wie der Arsch vom Huhn für das Ei. Und nicht immer gelingt ihm im Alltag der Triumph der Anmut über das Praktische: Wünschte ich zum Beispiel, meinen Gästen etwas übriggebliebenen Pichelsteiner Eintopf mit nach Hause zu geben, oder verspürte ich auf einer Vernissage den unerwarteten Drang, mich heftig zu übergeben – auch ich würde aller Optik zum Trotz eher zur Tupperschale greifen als zur Alessi-Schüssel. Am meisten aber freut es den konsumfreudigen Verbraucher, wenn Form und Funktion sich freundschaftlich die Hand reichen. Der ArmaniZahnstocher, das Versace-Toilettenpapier, die Boss-Butterdose oder ein Joop-Tampon – das muß man nicht haben, aber das Leben macht damit einfach ein bißchen mehr Spaß! Und es steigert das Selbstwertgefühl, denn wenn sich die Fremdsprachensekretärin zum Mittagessen ihre Unox-Dose mit dem Dosenöffner von Calvin Klein aufmacht, zeigt sie ihren Kolleginnen damit nämlich, daß sie es eigentlich gar nicht nötig
hätte, diese billige Fertigsuppe zu fressen – wenn sie nicht blöderweise das halbe Gehalt für den teuren Dosenöffner ausgegeben hätte! Die Schönheit liegt nun einmal häufig im Absurden.
The Importance of being wichtig Was macht eigentlich manche Menschen wichtiger als andere? Wieso wird der smarte Jungmillionär mit Luxus-Schabracke am Ärmchen auf dem ProseccoEmpfang von jedermann mit einem angedeuteten Diener begrüßt, der nette müffelnde Stretchcord-Rentner mit dem toten Hamster in der Hose dagegen nur mit einem unterkühlten Würgen? Warum kriegt der medienscheue Kinderarzt nach einem anstrengenden Kliniktag keinen Platz mehr in seiner Lieblings-Pizzeria, der 16jährige Daily-SoapDarsteller des blinden kokainsüchtigen Hobby-Gynäkologen in der RTLSerie „Wir von der Eierstock-Farm“ aber den schönsten Tisch mit einem Grappa aufs Haus? Es gibt nun mal kaum etwas Wichtigeres, als irgendwie wichtig zu sein. Oder sich wichtig zu machen. Vor allem aber doch wenigstens so wichtig, daß es möglichst viele mitbekommen und in den Medien davon berichtet wird. Wo früher Titel, Reichtum oder soziale Stellung ausschlaggebend waren, um von der herumwuselnden Masse wahrgenommen und respektiert zu werden, reicht unserer Tage längst schon das stolze Erzählen hochnotpeinlicher Lebenskatastrophen in einer beliebigen Talkshow oder das kurze Blanklüpfen einiger zumindest halbwegs ansehnlicher Brüste oder vergleichbarer Körperteile vor Publikum. Wem es gelungen ist, wenigstens einmal für einen kurzen Moment das Fernsehbild mit seiner Präsenz zu verschönern, der hat es geschafft! Er hat der Welt von seiner Existenz kundgetan. Er hat den Sprung in eine andere Existenz vollzogen, er gehört zu den Auserwählten, die nicht nur zuschauen, sondern aktiv in das Geschehen eingreifen. Zumindest konnte er für einen Augenblick diesen Anschein erwecken, denn selbst wenn sein sprachlich rudimentärer Zwischenruf bei „Sonja“ die Menschheit inhaltlich nicht weiterbrachte als der stille Furz eines Igels im Tannenwald – er war damit im Fernsehen! Nicht mehr die Taten, sondern die Berichte darüber bestimmen den Grad der Wichtigkeit. „Ich werde gesendet, also bin ich“, sagt eine alte existenzphilosophische Fernsehtheorie: die Bedeutsamkeit einer Handlung steht hinter ihrer Medienwirksamkeit weit zurück. Keine genialen, unappetitlich ausschauenden Nobelpreisträger zieren die Magazin-Cover, sondern hübsche, bunte Mops-Miezen, und nicht der Friedensstifter aus dem Kosovo wird von kreischenden Fans umlagert, sondern der auf Bewährung entlassene Turnhosen-Rapper mit Schniedel-Piercing. Wichtig zu sein ist schwer, wichtig zu werden ist leicht. Ist man erst mal jemand, ist es auch egal, wer eigentlich – und irgendwann fragt auch
niemand mehr, wie man es denn geworden ist. Für solch alberne Fragen ist man dann nämlich auch viel zu wichtig!
Die Dummheitsspirale Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen. So wird jedenfalls behauptet. Und mitunter möchte man dies sogar glauben. Er hat das Rad erfunden, die Autobahn und die Geschwindigkeitsübertretung, den Rotwein und die Pastagerichte, er hat die Erde fruchtbar gemacht und das Ozonloch vergrößert, obwohl er gar nicht rankam. Das zeugt von Können und Sachverstand. Den Krieg entwickelte er genauso erfolgreich wie den Frieden und das Penizillin mit dem gleichen Enthusiasmus wie die Dosensprühsahne. Doch war er sich immer der Folgen bewußt? Nehmen wir nur einmal den Bereich Massenmedien. Hätte der Mensch die Tageszeitung erfunden, wenn ihm bewußt gewesen wäre, daß die Männer ohnehin nur die Sportseite lesen? Oder das Telefon, wenn er geahnt hätte, wie sehr dadurch die Frauen von der Haushaltsführung abgelenkt würden? Und wären die ganzen großen TV- und Rundfunkanstalten wohl all die Jahre genauso liebevoll von ihm mit Quoten, Zuneigung und GEZ-Gebühren gefüttert worden, wenn ihm vorher jemand gesagt hätte, welch unsäglichen Scheiß ihm die undankbaren Rotzlöffel eines Tages vor den Latz knallen würden? Ein interessanter Gedanke, der allerdings wieder einmal die Grundfrage aufwirft: Was war eigentlich zuerst da – das Huhn oder das Ei? Belgien oder die Salmonellenvergiftung? Beginnt die Dummheit beim Trottel selbst oder bei dem, der ihn ernst nimmt? Und ist das Fernsehen deshalb so doof, weil man dort zu dusselig ist, es besser zu machen, oder weil man denkt, wer zuguckt, ist ohnehin nur zu blöd zum Abschalten? Glaubt man den zusammengenagelten Analysen jener dubiosen Beraterfirmen aus Holland und den USA, die heute in unbegründeter Arroganz über die Schicksale der modernen Superhit-Radios und Knuddel-TV-Stationen entscheiden, so ist das Publikum nichts weiter als ein sabbernder Haufen manipulierbarer Penner, der so debil ist, daß ihm ihr dahingerotztes Programm eigentlich sogar ganz recht geschieht. Kurz gesagt: ein dummes Pack – leider aber ein für die Quotenmessung als Grundlage für die eigene Gehaltserhöhung unvermeidliches Übel. Zur Strafe dafür muß man ihm nur so lange mit schrillen Jingles aus dem TrendyHandbuch für Formatspießer oder herumhoppelnden FrischFrühlings-Arschgeigen in Kugelzwangsjacken den Schädel zumöllern, bis auch der letzte Hauch Verstand im Brägen aus Verzweiflung freiwillig die Resthirnrinde räumt. Und wie von Zauberhand ist irgendwann wirklich jeder genauso bescheuert, wie er von Anfang an gehalten wurde. Quod erat demonstrandum … was in diesem Zusammenhang ungefähr soviel heißt wie: Dumm fickt gut! Und zwar uns alle!
Das war ja nicht so doll! Da hatte ich mir dann ja doch etwas mehr versprochen von der sogenannten Sonnenfinsternis. Okay, es fing ganz gut an, wie alles immer dunkler wurde und so, aber das Ende fand ich eher schwach, da war die Luft irgendwie raus. Einfach so, hoppla – wieder hell! … da ist denen wahrscheinlich nichts mehr eingefallen. Und die Effekte waren ja nicht gerade supertoll, die hätte ich zu Hause mit ’ner alten Unterhose über der Schreibtischlampe hingekriegt. Aber nur weil die Medien so einen Hype darum gemacht haben, standen alle stundenlang in der Botanik und glotzten mit doofen Blindfisch-Brillen in die Bewölkung. Nur gut, daß es umsonst war, da hätte ich mich sonst echt geärgert. Ich glaube, wenn die eine Fortsetzung machen, guck’ ich mir die gar nicht erst an. Jetzt, wo das Spektakel ein paar Tage zurückliegt, mache ich mir jedoch so meine Gedanken. Vielleicht lag es gar nicht wirklich an der Sonne, die hat ja gut gespielt und sich bestimmt gewundert, warum die Leute so einen Rummel um sie machen, nur weil ihr einmal für ein paar Minuten die Latüchte ausgeht. Wahrscheinlich hatte ich einfach nur vorher schon zuviel gesehen, die besten Szenen waren ja alle im Trailer und in den Zeitschriften, und im Internet gab es längst eine Raubkopie aus den Staaten. Das ist vermutlich dasselbe wie mit dem neuen „Star Wars“-Film: Zuerst wird überall so lange behauptet, daß dies der gigageilste Mega-EventMovie aller Zeiten sein wird, bis sich keiner mehr traut zu fragen, warum eigentlich. Dann wird man derart penetrant mit absolut geheimen Fotos vom Set zugeschissen, daß man am Ende glaubt, laut schreien zu müssen, wenn man nur noch einmal Ewan McGregor im JuteNachthemd mit seinem Neon-Lümmel auf dem Cover der Apothekenzeitschrift sehen muß. Und letztlich wundert man sich dann im Kino, daß ja eigentlich doch nur wie immer ein paar Rudel ComputerEumel durch die Wüste flitzen und sich gegenseitig einen an die Omme donnern. Wäre die Werbung bisweilen ein bißchen subtiler und beim Lügen nicht ganz so laut, oft würde es einem erst gar nicht bewußt, wie beschissen die Produkte in Wirklichkeit sind. Würde beispielsweise Fritz Egner nicht immer derart schmerzhaft penetrant behaupten, die megawitzigsten Witzigkeiten der witzigsten aller Welten zu präsentieren, könnte vielleicht ja sogar mal jemand freiwillig lachen. Oder wenigstens aus Mitleid darüber, daß ein alter Mann wie er so gequält grinsend herumhampeln
muß wie ein motorisch gestörter Teenager mit Juckpulver im Arsch. Weniger ist eben doch manchmal mehr.
Vorsicht, Herbst! Nieseliger Regen pladdert sanft in matschige Pfützen, die geduldig auf das Eintreffen unserer Schuhe warten. Feuchte Kälte stiehlt sich in unwirtliche Regionen klammer Hosen, die besser unentdeckt geblieben wären. Braune Blätter schmeißen sich vom Baum und sind tot. Es ist Herbst. Das Quartal der gepflegten Depressionen und des müßigen Jammerns über zu viele verpaßte Grillabende. Das Ende des Sommers, das Vorspiel zum Winter, der Abschnitt des Jahres, in dem die Natur ihre alten Klamotten in den Recycling-Sack der Erde wirft und sich nackicht neue für den Frühling ordert. Die Zeit des Abschieds. Außer im Fernsehen! Stets bemüht, sämtliche Naturgesetze zu ignorieren, lassen die Sender regelmäßig zur Erntezeit die neuesten Blüten ihrer munteren Kreativlosigkeit auf den Feldern des Irrsinns aufgehen. Ein bunter Strauß frischer Gameshows, knackiger Serien und brandneuer Wiederholungen. Gerade noch rechtzeitig erkannten die Verantwortlichen den auffälligen Mangel an täglichen Talkshows und schickten flink zwei Mann Verstärkung in die Arena der oralen Peinlichkeiten. Mit der Sonne im Hacken verstrahlt Olli Geißen den unlängst freigespülten Ilona-Platz, optisch zwischen Pilawas smarterem Bruder und Pullunder-Model im Otto-Katalog, inhaltlich irgendwo weit hinten im Nichts. Ganz ulkig, aber kein Vergleich zur selbstbekennenden „sensiblen Frohnatur“ Ricky, eine total funny HipHop-Quatschkopp mit die coole Ami-Sound, der sich eine explodierte Ratte auf die Rübe genagelt hat. Und während die genervten Zuschauer noch grübeln, ob sie SAT.1 wegen dieser verunglückten Kreuzung aus Arabella und Roberto Blanco nicht verklagen können, bringen die Sender auch schon diverse Gerichtsshows an den Start. Pfiffige Idee und vor allem ausbaufähig – Michael Schanze singt die Anklage, das Fernsehballett tanzt das Verteidigungs-Plädoyer, das Strafmaß bestimmt das „Glücksrad“, und wer nicht in den Knast geht, gewinnt zur Strafe eine Woche Rudelbumsen auf Ibiza, begleitet von einem RTL-II-Team für eines ihrer zahllosen „Doku-Fick-Reportage mit vielen Titten und seriösem Titel“Magazine. Oder für die neue Staffel von „Peep!“ – jetzt endlich wieder mit einer, die Dieter Bohlen schon testweise angepoppt hat, das war bisher ja immer erfolgreich. Ansonsten haben wir auch noch die Kalte Küche im Heißen Herbst von RTL oder die schmalzige Schmusebacke Andy Türck in der neuen ProSieben-Love-Show für unfähig Verliebte oder endlich die Rückkehr von Alf, der seit Jahren noch nicht weg war oder …
Mein Gott, ich glaube wirklich, ich hasse den Herbst!
Wer hat nur die Geschichte geschrieben? Das frage ich mich wirklich oft, wenn ich abends bei einer Tüte guten Rotweins vor meiner Zentralheizung sitze und interessiert in alten Geschichtsbüchern schmökere. Wer hat diese Storys bloß erfunden? Im Volksmund versteht man unter „Geschichte“ ja quasi all das, was sich seit dem ersten Amöbenschiß und gestern auf unserer Erde so ereignet hat; sie beruht somit gewissermaßen auf einer wahren Begebenheit. Doch wenn wir ehrlich sind, liest sich das meiste schon ziemlich albern. Anfangs schienen sämtliche Völker hauptberuflich in bewaffneten Reisegruppen von Land zu Land zu juckeln, nur um sich zur Begrüßung gegenseitig totzuschlagen oder manchmal auch noch ein bißchen zu schänden und zu plündern, wenn die Zeit reichte. Die Ägypter bauten derweil seltsame spitze Wohnblöcke in ungastliche Wüstenvororte, die außer ein paar toten Pharaonen natürlich kein gesunder Mensch mieten wollte … nicht einmal Studenten. Die Franzosen erfanden die Guillotine, die Deutschen den Weltkrieg und die Griechen das Gyros, alles nicht sehr erfreulich. Aber wieso nur mußte ich schon als Kind unter Qualen die gesammelten Highlights der vermurksten Homo-sapiens-Historie in der Schule lernen, dargereicht von ranzigen Lehrkörpern, deren Absicht es stets schien, die Morbidität des Themas bereits in Kleidung und Körpergeruch auszudrücken? „Damit wir die Fehler von einst nicht wiederholen, sondern möglichst neue, dümmere machen“, war die standardisierte Antwort. Streber glaubten dies willig und bildeten sich weiter mit Hilfe lehrreicher „Was ist was?“-Bände, das normale Kind begnügte sich mit „Asterix“ und „Time Tunnel“. Abgesehen davon wurde damals die Geschichte in den Medien eher zurückhaltend behandelt. Heute ist das anders. History ist in, das Fernsehen ist voll von TVMovies über Gladbeck, die Nationalelf und andere Katastrophen der jüngeren Geschichte. Und von Hitlers Steuerberater bis zu Goebbels’ Gemüsehändler wurde so ungefähr jeder Berufsgruppe des Dritten Reichs eine eigene Doku-Reihe gewidmet. Übrigens: Wer nicht merkt, daß auch die Spätausgabe der „Tagesschau“ im Dritten nur eine zwanzig Jahre alte Wiederholung ist, der wird auf ewig die Ungenauigkeit der Wetterkarte verfluchen und sich viel zu breite Krawatten kaufen. Aber so ist das beim Fernsehen: Irgendwann wird alles wiederholt, manchmal sogar das eigene Leben. Hauptsache man endet nicht als Vorabendserie bei RTL. Bleibt letztendlich also nur die Hoffnung, daß wir
wenigstens in der Zukunft für unsere Geschichte ein paar anständige Autoren finden – von der Regie mal ganz zu schweigen!
Das Recht auf Titten „Jeder Mann sollte das verfassungsmäßige Recht besitzen, sich jederzeit an zahlenmäßig unbegrenzten, paarweise blankgelüpften Frauenmöpsen und überhaupt möglichst vielen nackichten Weibern per se erfreuen zu dürfen, ohne dafür extra bezahlen oder vom Sofa aufstehen zu müssen.“ Als die Väter des Grundgesetzes einst in feuchtfröhlicher Runde diese bedeutsame Rechtsgrundlage diktierten, ahnten sie nicht, daß ihre überempfindliche Zicke von EmanzenStenotypistin noch in derselben Nacht heimlich einige Passagen ausradieren und statt dessen diverse politisch korrekte SchlaftablettenPhrasen wie „Die Würde des Menschen“ und „Gleichberechtigung bla bla“ reinkrickeln würde. Nur wenige Worte, aber ruckzuck war der ganze Spaß aus der Nummer! Da es jedoch so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit gibt, schenkte uns der liebe Gott das Fernsehen. Zuerst ja nur die ÖffentlichGebrechlichen und ihre Dritten, quasi den Zahnersatz der Unterhaltung. Das Erotischste, was die dem unmündigen Zuschauer in seinem medialen Zwangs-Zölibat zumuten wollten, war Carolin Reiber ohne Halskrause, was den Wurm doch recht fix auf Erdnuß-FlipGröße zusammenschrumpeln ließ. Irgendwann aber kam endlich RTL, der private Aufklärungssender für die sexuelle Erwachsenenfortbildung, der uns dank oller BahnhofskinoKamellen intime Einblicke in das Rudelbums-Verhalten aufmüpfiger Klosterschülerinnen der 70er Jahre gewährte. Kaum war allerdings dank der alten Ferkeleien die Marktführerschaft errungen, gab man sich bieder und spezialisierte sich auf piefige Oma-Schmonzetten um vertrauenswürdige Hobby-Gynäkologen vom Wörthersee. Also mußte RTL II her, der kleine schmutzige Bruder mit den klebrigen Wichsgriffeln, um das zu vollenden, was der prüde Papa-Sender sich nicht mehr traute. Und wahrlich, Hut ab! Kaum ein Programmplatz, der nicht doch irgendwie mit Geschlechtsverkehr zu tun hat. Pfiffig ist dabei vor allem die ulkige Tarnung, denn anstatt einfach zu schreiben: „Von früh bis spät: TITTEN!“, denkt man sich clevere Verpackungen für die Ballon-Präsentationen aus, wie z.B.„Die Rammel-Reporter unterwegs: Pauschalfick auf Ibiza. Ob das so richtig ist?“ oder „Sexy Mallorca – Da sieht der Lümmel keine Sonne!“ Um allerdings das onanierfreudige Publikum nicht allzu sehr zu verunsichern, zeigt man manchmal auch ohne Umschweife gepiercte Kanzler-Hupen im Pfui- TV bei Naddel, dem sprechenden Pferd von Didi
Bohlen, oder macht Tutti Frutti im Kornfeld mit der singenden Dauererektion Jürgen Drews. Denn egal, wie schmierig aufgedonnert man auch angegrinst kommt – am Ende des Tages zählt ja doch nur das, was drunter ist!
Zehn Jahre ohne Zone Ach Kinders, wie die Zeit verfliegt! Ein ganzes Jahrzehnt ist es nun schon her, daß dieser skurrile Sachsen-Serengeti seine Mauern öffnete und uns Westgermanen endlich umsonst reinließ. Was auch höchste Zeit war, denn wozu sollte man als Tourist jeden Tag eine Zwangsmenge Spielgeld eintauschen, wenn man ja doch nichts Lustiges dafür kaufen konnte? Nicht mal eine Baseballkappe oder so eins von diesen brotkorbförmigen Papp-Autos, die dort die Mitarbeiter immer fuhren. Das war ein Fehler im Konzept, aber seien wir ehrlich: Sonst war es schon klasse gemacht, auf den ersten Blick fast wie ein richtiges Land! So ähnlich wie das Schlumpfdorf oder eine Art Disney World in popelig: architektonische Puristik, professionelle politische Inkompetenz und tolle Bevölkerungsdarsteller, von denen die meisten einen ziemlich ulkigen Akzent draufhatten. Das brachte uns Kinder damals immer gut zum Lachen. Es gab Gerüchte, daß die Bosse der Anlage so streng zu ihren Mitarbeitern waren, daß sie ihnen bei kritischen Worten die SüdfrüchteRation kürzten oder sie spaßeshalber verhaften ließen. Tja, aber so ist das nun mal im Kapitalismus, wer da nicht funktioniert, wird knallhart abserviert! Und trotzdem, das muß aufregend gewesen sein … damals in der Twilight-Zone. Irgendwie habe ich nie ganz verstanden, wieso gleich am ersten Tag der offenen Tür fast alle von da abgehauen sind. Doch man erzählte sich, die Betreiber des Themenparks seien pleite gewesen und hätten deswegen auf eine kaufmännische List zurückgreifen müssen: keinen Eintritt mehr nehmen, jeden reinlassen, aber für das Ticket eine obligate Grundgebühr von der Steuer einziehen – egal, ob man überhaupt hin wollte oder nicht. Ähnlich wie die GEZ, bei der muß man ja auch dann für das Geseire von ARD und ZDF zahlen, wenn man eigentlich nur die Orgelstreifen auf RTL II guckt. Wahrscheinlich lamentieren deshalb heute eine ganze Menge geiziger Spießbürger, daß sie lieber wieder den Zustand von einst zurückhätten. Kein Sinn für Spaß, einige Leute … Manchmal denke ich mir, wie es wohl gewesen wäre, wenn es dieses zauberhafte Land östlich des Regenbogens und seine Zonis wirklich gegeben hätte. Oder wenn sich die Menschen damals ehrlich wirklich gefreut hätten, als die Kollegen den gemauerten Jägerzaun einrissen. Aber irgendwie war es früher natürlich schon lustiger, als man die armen Ossis nur aus der Ferne bejammern und ihnen Weihnachtspakete mit übriggebliebenen Fertiggerichten und zu eng gewordenen Klamotten
schicken konnte. Wer hätte denn geahnt, dass wir die zur Strafe für unser Mitgefühl dann irgendwann wirklich am Hacken haben! Gutmütigkeit wird eben immer viel zu schnell ausgenutzt.
Die Zeichen der Zeit Wenn eine Kultur erst einmal so weit ist, kollektiv den Löffel abzugeben und eins zu werden mit der schorfig verstaubten Erdkruste, so sollte sie beizeiten daran denken, für die Nachwelt einen kleinen Musterkoffer bedeutsamer Relikte zu packen und in einem Schließfach der Geschichte zu deponieren, auf daß die folgenden Generationen zumindest eine letzte Erinnerung an die Kaputten von anno dazumal überliefert bekommen. Die Ägypter beispielsweise waren so nett, uns ein paar vermoderte alte Rochen im haltbaren Wadenwickel in ihre dreieckigen Besenkammern zu stellen, die Pioniere des frühen amerikanischen Westens hinterließen uns tolle Filme mit John Wayne, und sogar die ersten Prototypen des Homo sapiens vergaßen nicht, uns rechtzeitig vor ihrem Entschluß, doch besser aktiv an der Evolution teilzunehmen, noch ein paar unverständliche Ferkeleien an die Höhlenwände zu schmieren. Seit mir diese Bedachtsamkeit unserer Vorfahren bewußt ist, frage ich mich stets, was in der Zukunft wohl aus unserer Epoche übrig bleibt. Was wäre beispielsweise, wenn die rot-grünen Regierungs-Azubis durch eine weitere Erhöhung der Heizölsteuer eine neue Eiszeit provozieren und wir schon übermorgen alle in einem riesigen Eisblock wieder aufwachen? Ist ja durchaus möglich. Und stellen Sie sich vor, in ein paar Millenniumsen … oder sogar Jahrtausenden … werden wir von einer Horde etymologisch interessierter Aliens bei ihrem Vatertagsausflug durch die Galaxis entdeckt und ausgebuddelt. Werden sie die Größe des menschlichen Geistes erahnen, wenn sie die manuelle Salatschleuder und das elektrische Waffeleisen aufgetaut haben? Was wird ihnen die Analyse der Kräutermischung von Mama Miracoli über unsere Zivilisation erzählen können? Werden sie versuchen, anhand von Bildund Videomaterial das sozialpsychologische Phänomen „Verona Feldbusch“ zu ergründen, oder werden sie sich nur gemeinsam einen orgeln, bis die Nudel „blubb“ macht? Welche Legenden werden sie ersinnen, um zu erklären, warum sich die Humanoiden häufig dadaistische Hütchen für ihr Toilettenpapier häkelten, um die Götter der Diarrhöe zu besänftigen? Könnte es so weit kommen, daß sie Rituale aus unserer Kultur übernehmen und sich in das Heckfenster ihres Raumschiffes einen Wackelkopf-Dackel stellen? Werden sie den Original-Warhol in ihr Museum hängen oder sich doch lieber eine Scheibe Mortadella mit dem ulkigen Clownsgesicht einrahmen?
Und könnte es uns mit ein wenig Nachdenken heute vielleicht sogar noch gelingen, später nicht als komplett Schwachsinnige dazustehen?
Haufenweise Sonderpreise Preise sind etwas Seltsames. Oft sind sie niedrig, meistens aber viel zu hoch und manchmal sogar eine Ehre. In letzterem Fall werden sie verliehen, im ersteren muß man sie bezahlen. Im mittleren sind sie einfach utopisch, kommen von Leo Kirch und verhindern, daß wir die Fußball-Weltmeisterschaft ohne Werbung über Zimmerantenne beim Grillen in der Gartenlaube sehen können. Das ist dann einerseits eine unsoziale Schweinerei, andererseits aber einfach das bittere Gesetz der Marktwirtschaft und somit immer noch besser als früher in der DDR. Ansichtssache, aber wir reden auch nicht über Ostmark. Und nach drüben kann man auch nicht mehr gehen, denn drüben ist ja schon lange hier. Ich bin verwirrt. Wo war ich stehengeblieben? Preise, genau! Früher im ZDF war der Preis noch groß und zu gewinnen, später bei RTL sogar heiß und mußte erraten werden, aber lustig war das beides nicht. Es ist alles sehr kompliziert. Viele Preise bekommt man, ohne daß man weiß, wofür, und ohne daß man danach gefragt hat. Beispielsweise den „Bambi“. Das ist so ein goldgespritztes Rehkitz in Begattungsstarre, trotzdem sehr wichtig, vom Gesichtsausdruck her irgendwo zwischen drohendem Stuhlgang und nahender Kühlerhaube. Niedlich halt. Vergeben wird das lackierte Wildbret für generelles Berühmtsein, aber wirklich genau weiß das keiner. Trotzdem freut sich jeder, der es kriegt, und eines Tages, wenn ich einmal alle Preise habe, außer dem „Bambi“, wird es mir sicher leid tun, daß ich darüber gespottet habe. Beleidige ich lieber auch gleich noch die „Goldene Kamera“, die meines Wissens nach nur vergeben wird an Prominente, die in den letzten zwölf Monaten schon mindestens drei andere wichtige Preise bekommen haben und für zwei Jahre die „Hörzu“ abonnieren. Ich kann mich aber auch irren. Bären und Löwen gibt es auch für irgendetwas. Überhaupt scheinen Viecher als Trophäen ziemlich angesagt zu sein. Außer vielleicht Milben, Sackratten und tanzende BSE-Kühe. Obwohl das eigentlich ein sehr schöner Fernsehpreis wäre. Wahrscheinlich gibt es deshalb so viel TierStatuen, weil man die wenigstens halbwegs erkennen kann. GrimmePreis, Echo und Telestar sehen mehr aus wie das HalbjahresBastelprojekt eines sitzengebliebenen Waldorf-Schülers. So richtig wichtige Auszeichnungen, wie in Amerika den glanzvollen Skinhead „Oscar“, gibt es bei uns ohnehin nicht, wir hätten höchstens noch den „BravoOtto“ für totales Süß-sein und den „Goldenen Werner“ für affenhaft debiles Winken im „Familienduell“, aber den will die UNO
demnächst verbieten lassen. Vielleicht sollte man in manchen Fällen doch besser noch mal über einen Preisnachlaß reden.
Die Politik wird überschätzt! Rein rechtlich gesehen ist eine Partei auch nichts anderes als ein eingetragener Karnevalsverein. Eine Art organisierter Gesinnungspuff zur wohl bezahlten Bevormundung der nach Führung dürstenden Spießbürgermassen, geführt von mäßig begabten Laiendarstellern, die vor den Kameras mit der Professionalität eines vorbestraften Gebrauchtwagenhändlers Interesse an Problemen wildfremder Stimmzwerge heucheln müssen, ohne dabei zu lachen. Das Verständnis für die Schwierigkeit dieser Aufgabe macht sie zwar nicht sympathisch, dafür aber ein Stück weit menschlich. Und hilft uns zu begreifen, wieso die gottesfürchtigen Freunde von der Union all die Jahre ihre Spenden ohne Lohnsteuerkarte zu kassieren versuchten: Den Staat bescheißen (in diesem Fall quasi sich selbst) gehört nun mal zu den Grundbedürfnissen des Homo sapiens. Leicht war das sicher nicht, die viele Kohle so lange an sich selbst vorbeizuschmuggeln, schließlich war man ja nicht dumm – aber der eigenen Skrupellosigkeit war man einfach nicht gewachsen. Da hilft allerdings, daß nur schuldig werden kann, wer sich auch schuldig fühlt – was in der CDU ja keiner wirklich tut. Warum auch? Wer im Staat hätte wohl mehr eine Berechtigung gehabt, Gesetze zu brechen, als diejenigen, die sie gemacht haben? Wahrscheinlich sagte man sich, daß es für die Bevölkerung besser sei, wenn wenigstens anständige, christlich denkende Menschen die Straftaten begingen als irgendwelche türkischen Drogendealer und kriminelle Scheinasylanten. Lieb gemeint! Trotzdem hat die dubiose Kontenführung der Kohl’schen Kegelkassen über fiktive Kindersparbücher verstorbener jüdischer SPD-Wähler in Liechtenstein viel Staub aufgewirbelt. Doch jetzt soll endlich alles anders werden: „CDU – The Next Generation“ heißt das Motto! Und seit bekannt wurde, daß theoretisch „Aktion Sorgenkind“ frei wäre, wird sogar über einen neuen Namen diskutiert. Allerdings bleiben noch die Schulden, denn aller feister Aussitzerei zum Trotz sind nun einige Koffereinheiten Scheine an Strafe fällig – aber woher soll man die nehmen, ohne wieder irgendwen zu bescheißen? Die Lösung liegt, wie so oft, im Fernsehen! Zuerst einmal verschachert man alte Urlaubsvideos von Kanther und Kiep beim Muschel-tauchen an Sat.1 für „Die dümmsten Verbrecher der Welt“ und Roland Kochs gesammelte Untersuchungsaussagen an „Verstehen Sie Spaß?“. Danach schickt man Volker Rühe mit Panzer in die „100000-Mark-Show“, Angela Merkel zu „Geld oder Liebe“ und Schäuble zum „Glücksrad“ (Serengeti für Steuerhinterzieher mit drei Buchstaben: CDU). Und Kohl selbst geht ins ZDF zu Gottschalk mit der Ansage „Wetten, daß ich zwei Zentner Leuna-Akten und illegale
Spenden-Quittungen fressen kann, ohne dabei abzunehmen?“ Top, die Wette gilt!
Big Brother is bored! George Orwell hat Glück. Er ist tot. Und das schon lang. Lang genug, daß er bereits in Frieden zu Staub und Krümelkram in der Erdkruste zerfallen sein mag. Wäre er dies noch nicht, würde er nämlich derzeit im Grab rotieren, daß der Humus qualmt! Denn damals, als er sich hinsetzte, um der Welt den Roman „1984“, seine futuristische Vision über die drohende Gefahr allmächtiger Überwachung und den Verlust der Individualität als Warnung zu hinterlassen, hatte er wahrscheinlich nicht mit der puren Blödheit der Menschen gerechnet. Niemals hätte er sich alpträumen lassen, daß diese einmal so dämlich sein würden, sich sogar freiwillig als Glotzobjekt unter Dauerbetrachtung stellen zu lassen. Und das auch noch von Holländern! Aber damals, zu des alten Orwells Zeiten, da konnte man sich nun einmal noch nicht vorstellen, daß es eines Tages ein Medium geben würde, für das die Bürger sich fast jederzeit und allerorts in Scharen aller Reste humanoider Intelligenz entledigen und zu exponiergeilen Laborratten degradieren lassen würden. So begibt sich denn nun ohne äußeren Zwang und ohne rechtskräftig verurteilt worden zu sein, eine Horde Testpersonen auf Geheiß der kulturellen Tittenstation RTL II in das verwanzte Haus der Käsequäler von Endemol. Hundert Tage lang eingesperrt in das private TVZuchthaus und nonstop kameraüberwacht an absolut jedem Ort, durchleiden die Teilnehmer die Schuld ihres Karmas als Strafe für ungesühnte Verbrechen aus früheren Leben: Big Brother! Und der ist wieder einmal watching – wenn auch wahrscheinlich höchst gelangweilt –, und zwar jeden und alles und das rund um die Uhr. Doch diesmal hat er auch noch seine Fat Sister, das abgestumpfte Peep-Show-Publikum mit Kabelanschluß, mitgebracht, das am Ende zudem entscheiden muß, welches der dumpfnasigen Versuchssackgesichter bescheuert genug war, den Siegertitel zu erringen. Mann, wird das spannend, endlich mal wildfremde Leute beim Kacken zu beobachten! Wow, wenn das keine Quote bringt, dann weiß ich auch nicht. Gestalten, die man weder kennt noch jemals kennenlernen wollte, leben im Fernsehen live die Langeweile nach, über die man selbst immer froh war, daß sie nicht wiederholt wurde. Fragt man sich, ob wir mit der düsteren Orwell-Variante nicht letztendlich sogar besser bedient gewesen wären – da waren die Menschen wenigstens noch bemitleidenswerte Opfer und keine Torfnasen, die auf eigenen Wunsch ihren letzten Rest Freiheit und Würde in den Tele-Gully spülen.Wer weiß, vielleicht ertränken sich ja auch nur deshalb die Lemminge seit
Generationen freiwillig, weil sie glauben, unter Wasser steht eine Kamera. Möglich ist alles.
Mit schlechtem Beispiel voran Unsere armen Kinder! Mein Gott, denkt denn keiner mehr an die Kinder? Wie sollen die heutzutage noch zu anständigen Menschen aufwachsen, bei all dem, was sie alltäglich in den Medien geboten bekommen! Mit welchen Argumenten will man ihnen denn erklären, daß Ehrlichkeit eine Tugend ist und sie in der Schule nicht vom Nachbarn abschreiben sollen, wenn andererseits mindestens die Hälfte der Fernsehmillionen durch Kopieren, Abgucken und Ideenklauen verdient wird? Nehmen wir beispielsweise Jörg Pilawa, der neuerdings nicht nur vormittags als smartgelutschte Laberbacke den Bildschirm vollsabbelt, sondern uns abends als gütiger Quiz-Onkel auch noch den flachgebügelten Pausensnack-Jauch vorkaspert. Oder den schmerzhaft schönen Blitzezahn Holgi Speckhuhn, der als Inselduell-Sekundant im Moderationstanga die wilden Tiere weglächelt und es sogar schafft, uns ein doppelt gemopstes Hirni-Format zu präsentieren, noch bevor das Original anläuft. Das exklusivgeklonte „Blitz“-Magazinchen sollte man wegen seiner brutalen Belanglosigkeit besser gar nicht erst erwähnen. Wer, ohne sich dabei in Grund und Boden zu schämen, mit derart peinlicher Dreistigkeit Sendungen abpaust wie momentan federführend die KreativZombies von Sat.1, der sollte eigentlich den Arsch versohlt kriegen, einen Brief an die Eltern bekommen und bis zum Sendeschluß mit der Eselsmütze auf der leeren Redakteursrübe in der Ecke stehen. Fernsehleute haben da allerdings eine Art Wikinger-Mentalität entwickelt. Das Motto: Formate finden, plündern und vergewaltigen! Das ist immer noch besser als richtig arbeiten oder selber denken. Inzest läßt sich dabei nicht ganz vermeiden, aber auch wenn man sich zuerst freut, daß alle Enkel aussehen wie Papa – zur Strafe hat jede neue Generation noch einen mehr an der Waffel. Trotzdem wird es immer schwerer, unsere Kinder zum Lernen zu motivieren, wenn sie durch all die Zlatki, Veronas und Naddel-Bomber mitbekommen, daß nicht die Eins im Abi Ruhm und Reichtum verspricht, sondern vielmehr das fröhliche Doofsein, so richtig dicke Titten oder sich von Dieter Bohlen nageln zu lassen. Oder man schiebt sich einen Käse in die Hose und behauptet, man wäre Holländer. Hauptsache, man zeigt keine Skrupel. Was man in der Schule gelernt und aus Langeweile versehentlich behalten hat, sollte man besser schnell vergessen, bevor es ernst wird. Wer ein gutes Zeugnis hat, wird jedenfalls große Schwierigkeiten haben, einen Job beim Fernsehen zu bekommen. Solche Querulanten machen dort nur Angst. Schließlich könnten die versehentlich mal eine eigene
Idee haben oder irgendwann merken, wie bekloppt alle in Wirklichkeit sind. Und zu viel Wahrheit ist eigentlich nie gesund.
Das Auge hört mit Eine Frage: Bin ich eigentlich der einzige, dem beim Musikvideo-Gucken auf Viva oder MTV langsam der Eiter aus dem Kleinhirn läuft? Irdendwie kann ich sie einfach nicht mehr sehen, diese geklonten wichshaarigen Latino-Schleimlappen, die mit aufgeplatzter Bluse, breitbeinig im Windkanal stehend ihre froschigen Zahnweiß-Fressen zum Coco-MocoLoco-Paco-an-Saco-Amore-Fici-Fici-Feelings-Playback bewegen, während im Hintergrund kistenweise billige Tischfeuerwerke explodieren und ihnen zwei Dutzend zwangsbekleideter Latten-Models geil sabbernd an den Extremitäten rumschubbern wie ein Rudel spitzer Rammelpinscher auf Tischbeinsuche! Mann, wenn diese ultrasmarten Beauty-Boys schon so kackengeil sind, daß selbst die schärfsten Weiber Schlange stehen, um ihnen stöhnend den Grind unter den Fußnägeln rauslecken zu dürfen – warum können die dann nicht wenigstens eine von den Muttis bitten, ihnen mal kurz neue Knöpfe ans Hemd zu nähen? Oder endlich die dämliche Windmaschine auszuschalten? Coolness und Schönheit können scheinbar manchmal auch hinderlich sein … Aber Neid beiseite – die allesamt ziemlich scheiße aussehenden Nuschel-Rapper aus den HipHop-Versuchsküchen der einheimischen Halbmast-Jogginghosenträger sind ja auch nicht wirklich besser. So originell das beizeiten auch mal war: Ich persönlich hab’ echt keinen Bock, noch mehr blasiert herumzuckenden Rotznasen mit aufgeschraubter Idioten-Mütze, Plastik-Sonnenbrille und der Windel in den Kniekehlen dabei zuzusehen, wie sie auf einem stampfenden Bierzelt-Beat versuchen, mir die Neueintragungen aus ihrem BravoReimlexikon für sprachgestörte Fusselköppe vorzustammeln. Andererseits machen mir aber auch all jene blutjungen, die aufkeimende Geschlechtsreife herbeisingenden Chart-Girlies in ihren hautengen Latex-Zweithäuten zu schaffen, die frisch von der Brustvergrößerung kommend auf die Bühne springen, ihren nach Begattung dürstenden Körper bauch- und sinnfrei durch die Manege zuckeln und dabei irgendeine bedeutungslose Pop-Lala daherpiepsen, auf die sich vor lauter Geilglotzerei sowieso keiner mehr konzentrieren kann. Da hat man als Mann das Problem, daß man die Lieder natürlich zum Kotzen findet, aber andererseits tierisch auf die Tussis abfährt und erst mal die vorgetanzten Schlüsselreize verarbeiten muß, was bei sensiblen Jungs schnell zu einem Gewissenskonflikt führen kann. Wie schön war da doch die Zeit, als man Musik nur hören, aber noch nicht sehen mußte! Fernsehen ist meistens eben doch eine Strafe …
Wo bleibt die Dankbarkeit? Der Zuschauer ist ein undankbares und faules Srück Mistkacke. Tut mir leid, aber das muß hier einfach mal ganz offen gesagt werden, sonst traut sich ja keiner. Die Fernsehstationen sind viel zu höflich, um sich diesen Sachverhalt einmal unverblümt von der Seele zu reden. Aber sie leiden darunter. Täglich opfern dort tausende fleißiger Mitarbeiter ihre Seele auf dem Altar der privatwirtschaftlichen Unterhaltungsindustrie, in der Hoffnung, den nach Abwechselung dürstenden Massen ein bißchen Sonnenschein in ihren tristen Alltag zu bringen. Eine humanitäre Tätigkeit vergleichbar mit der eines UNICEF-Botschafters oder eines RoteKreuz-Pflegers im Kosovo – außer daß die dort wahrscheinlich nicht so eine Schweinekohle verdienen und auch noch den halben Tag saufen, koksen und Praktikantinnen anbaggern. Der Zuschauer hingegen läßt sich in feister Überheblichkeit in seinen Sessel plumpsen, drückt mit fordernden Fingern gierig auf der Fernbedienung herum und wartet darauf, etwas geboten zu bekommen.„Unterhalt mich, du Dreck!“, ruft er dann seinem Gerät zu und bekrittelt mürrisch die Inhalte der um seine Gunst bemühten Programme, falls es diesen nicht gelingt, ihn für einen Moment seine eigene Erbärmlichkeit vergessen zu lassen. Damals im Pleistozän des Fernsehens, so vor 20, 30 Jahren, als es nur ein staatlich organisiertes 2, 5-Programme-Monopol gab, das theoretisch senden konnte, was es wollte, aber es nicht tat – ja, da war der Zuschauer noch dankbar. Er freute sich über alles, was ihm vor die Omme gestrahlt wurde, wie ein Verdurstender, dem man ein Glas Wasser aus dem Nichtschwimmerbecken anbietet. In den Quiz-Shows jener Zeit, vom Entertainment-Faktor irgendwo zwischen Vokabeltest und Nachsitzen, maßen sich unsympathische Streber in eingelaufenen Kordanzügen auf dem Feld der Schlaumeierei, die dafür statt Klassenkeile sogar noch Geld bekamen. Trotzdem freute man sich für sie und fühlte sich unterhalten. Heute hingegen lassen die Sender ihre Kandidaten lachend in Lebensgefahr schweben, bohren spielerisch in Psychosen, sezieren ihr Liebesleben, initiieren Ehen, Scheidungen und permanente Beziehungsunfähigkeit, belagern ganze Häuser und bringen fast jeden dazu, sich öffentlich zum Vollidioten zu machen. Und trotzdem sind wir noch nicht zufrieden! Wie ungerecht! Glauben wir denn wirklich, irgendein Sender würde sich derart demütigen lassen, einen solchen Scheiß freiwillig zu produzieren, wenn es nicht für uns wäre? Für uns kleine Gruppe werberelevanter Zielgruppenmenschen zwischen 14 und 49 und unser bescheidenes Einkommen!
Ehrlich – wenn sich all die Ärsche beim Fernsehen ihre selbigen schon derart aufreißen, nur um uns zu verscheißern, dann sollten wir wenigstens danke sagen.
Protest im Kornfeld So weit sind wir in diesem Land also schon gekommen: das ZDF setzt die Hitparade ab! Nach mehr als dreißig Jahren treuem Lala-Frondienst bei den ÖffentlichRechtlichen – rein arbeitsrechtlich gesehen längst im Beamten-Status der Unkündbarkeit – soll die Mutter aller Musikformate jetzt einfach so aus dem Äther geblasen werden. Das gleicht einer Herzentnahme am offenen Sender! Die Hitparade, Heck hab sie selig, als unerschütterlicher Bewahrer germanischen Liedguts gilt als einer der Grundpfeiler unserer Kultur. Meiner Erinnerung nach wurde das ZDF damals überhaupt nur wegen dieser Sendung gegründet, weil die swingende Deutschnegermusikparade der ARD zu progressiv und frech erschien. Die Reste drumherum verstand ich persönlich lediglich als Sendelochaufschüttung und üblerweiser notwendiges Schlager-Rahmenprogramm zwischen den Hit-Happenings, weil ja die alten Gesangsrochen nach jedem Auftritt immer vier Wochen Ruhe brauchten. Und warum soll diese fundamentale Mitklatsch-Institution unserer Demokratie jetzt plötzlich in die Urne hüpfen? Nur weil sie inzwischen läppische achtzig Prozent weniger Zuschauer hat als im letzten Jahrhundert? Mein Gott, die meisten davon sind halt schon tot, und außerdem reißt man den Kölner Dom ja auch nicht einfach ab, nur weil kein Schwein mehr in die Kirche geht. Gnadenlos ist dabei vor allem die Entscheidung der einäugigen Zweitstation, den leergemobbten Platz mit irgendeiner neuen Serie ausfüllen zu wollen. Aber brauchen wir denn wirklich noch einen weiteren familienfreundlichen 250-Teiler mit Klausjürgen Wussow als 35jährigen katholischen Diplom-Abdecker und Kinderpsychologen, der in seiner Freizeit Mordfälle löst? Und was soll ohne die Hitparade als therapeutisches Auffangbecken für Schlagerstars überhaupt aus all den arbeitslosen Gesangsgranaten aus dem Ghetto der Unterhaltungsbrache werden? Heruntergekommene Kleinkriminelle, die uns nachts in Hauseingängen auflauern und mit „Geld her oder ich gröl dich um!“ bedrohen? Abgewrackte ApplausJunkies, die in den Fußgängerzonen um etwas Gratis-Beifall und Karaoke-CarePakete betteln? So weit darf es nicht kommen! Sex-Jukebox Jürgen Drews hat jedenfalls bereits angekündigt, mit einer Armee Schlagersöldner einen Protestmarsch zum Reichstag zu organisieren und notfalls ganz Berlin in Schutt und Asche zu singen, wenn das ZDF nicht einlenken wolle. Denn wie sagte schon Goethes Halbschwester und Pferdezahnpflegerin Tina York: „Wir lassen uns das
Singen nicht verbieten. Das Singen nicht und auch die Fröhlichkeit.“ Amen. Wär ja auch noch schöner!
Keine Macht den Trainern Man kann es nicht mehr schönreden – der deutsche Fußball ist total im Arsch! Nicht genug, daß unser Krökel-Elferrat noch vor wenigen Monaten nach dem Leder trat wie eine Gruppe einbeiniger, blinder Hausfrauen beim Rückwärts-Einparken – nein, kaum scheinen sich die Jungens durch das Lesen von Tante Käthes alten Knibbelbilder-Alben wieder an die Spielregeln zu erinnern, schon setzten sich die Trainer und Manager breitbackig in sämtliche Fettnäpfe. Die Bundesliga als amüsante Mischung aus absurden Theater und Skandal-Soap: Da wird verleumdet, gemobbt, gesudelt, geklagt und geschlammschlachtet was das Zeug hält! So irgendwo zwischen DivenFightclub und DFB-Big-Brother – eigentlich alles ganz banale Alltagszickereien, aber jetzt endlich auch im Fernsehen. Und ganz plötzlich steht unser schöner, sauberer Fußball, der reine Sport der Götter, jene filigrane Disziplin der Künstler und Kaiser, in der Öffentlichkeit schlimmer als die Ehe von Hera Lind. Dabei ist alles nur wieder mal ein Mißverständnis. Eigenen Dementis zufolge pinkelte Uli Hoeneß, der Ernst August der Bayern, ganz aus Versehen dem designierten Bundestrainer Chrissy Daum ans Bein, indem er in einem Interview aus einer nörgeligen Sektlaune heraus ein paar unbedeutende Gerüchte und Beleidigungen herausplapperte. So in Richtung „Ich hab von irgendwem anders gehört, der Daum, der kokst und hurt und ist doof und stinkt, das sollte man vielleicht mal untersuchen“ – also nichts eigentlich. Das kriegten nun dummerweise ein paar Millionen Leser in den falschen Hals – und schon war das Gezanke groß. Doch dann kam der weise Franz zwischen die Fronten geschwebt und schlug salomonisch vor, der Beschuldigte solle doch einfach zweifelsfrei seine Unschuld beweisen, und alles sei wieder im Lack! Denn zum Glück gibt es inzwischen ja diesen tollen Dopingtest aus dem Gard-Haarstudio – dafür muß man nur mal kurz den Schnauzbart ausbürsten, und wenn da keine Pulver- oder Klebstoffretse drinhängen, darf einen auch keiner mehr einen alten Kokskopp nennen. Also auf zum Stasi-Friseur – aber was, wenn man bei Daum trotz beteuerter Unschuld doch irgendwelche Drogenreste im Haupthaar findet? Könnte das nicht auch am Apfelshampoo aus dem Aldi liegen? Und wer sagt uns eigentlich, daß die Wischmoppwelle von Rudi Völler allein vom Biertrinken kommt? Hoeneß selber hat sogar fast schon eine Glatze – gibt es da etwas zu verbergen?
Deshalb plädiere ich für eine sofotige Sammelurinprobe und Schuppenanalyse sämtlicher Bundesbürger auf Drogen und Doofheit. Ich will endlich Klarheit!
Die Erde aus der Dose Ich weiß nicht, ob Sie es schon mitbekommen haben, aber Hannover, jene beschauliche kleine Messe-Gemeinde im Herzen von Niedersachsen, will demnächst endlich mal so richtig auf die Kacke hauen und voll die Hauptstadt raushängen lassen. Dann ist dort nämlich die Welt zu Gast – und das ist schon mal nicht schlecht für einen, der sonst nicht so oft Besuch bekommt. Außer vielleicht einmal im Jahr von ein paar testosterongefluteten Hobby-Alkoholikern in der Midlife-Crisis, die sich als CeBIT-Vertreter getarnt nachts durch die Fußgängerzone saufen und benehmen wie ein Stoßtrupp pubertierender Klingonen auf Klassenfahrt. Aber jetzt kommt die EXPO, dann ist Schluß mit popelig! Da wird die große Welt aus dem Einmachglas geholt und im Terrarium ausgestellt, damit alle sie mal sehen können, die sonst nicht hinkommen. Jedes Land darf mit dem Wohnmobil anrollen, eine Freßbude aufstellen und eine eigene Folklore-Gruppe um den Grill tanzen lassen. Und alle anderen Nationen dürfen ebenfalls rudelweise anrücken, sich an den Wurstbuden rund um die Erde fressen und darüber lästern, was für dicke Schenkel doch die Tänzerinnen der Nachbarstaaten haben. Tolle Idee! Und wirklich alle machen mit … na gut, außer vielleicht der DDR, aber dafür gibt es ein Videozelt, wo den ganzen Tag „Big Brother“ läuft. Und die USA kommen auch nicht, aber das fällt bestimmt gar nicht so doll auf, wenn man es nicht jedem erzählt und einfach den Globus halbiert. Irgendwie schon schade, aber die Amis waren halt beleidigt, daß man ihnen nicht wie üblich die Exklusivrechte für den Wiederaufbau der Stadt nach der EXPO überlassen wollte. Ja, man wird demnächst eine Menge hören von Hannover, vor allem im Verkehrsfunk. Und natürlich im Fernsehen. Ich freu mich schon auf Fritzi Egners „Die witzigsten Weltausstellungen der Welt-Welt“ bei Sat.1 oder den großen EXPO-Tag bei RTL II: Marathon-knattern-all-over-the-worldfeaturing-die-größten-Titten-der-Nationen. Endlich ist die Welt wieder ein Thema! Bleibt trotz allem die Frage: die Erde gegen Eintritt als Schaubuden-Konzentrat – okay, aber wo ist da die Pointe? Will Hannover wirklich von noch mehr dösigen Touristen heimgesucht und ausgelacht werden? Oder ist der Masterplan einfach, auf einen Schlag soviel Hannoveraner wie möglich zu vergraulen, um endlich einen Neuanfang zu wagen und die Eingeborenen heimlich durch flüchtige Düsseldorfer und ExilHessen zu ersetzen? Keine Ahnung – aber ein Gutes hat es. Sollten in nächster Zeit feindlich gesinnte Außerirdische
landen mit dem Begehr, die Welt zu erobern oder nur mal so zu zerbröseln: Man kann sie einfach nach Hannover schicken!
Dieter Bohlen ist ein Gott Das ist eine Tatsache. Und wir alle sollten der Wahrheit besser ins Auge blicken, auch wenn sie uns noch so dämlich angrinst. Ich möchte einfach nicht mehr so tun müssen, als wäre der Gigant Dieter Bohlen für mich nichts weiter als das strunzdoofe notenfolternde Potenzluder, als das er von der neidisch-bösartigen Boulevard-Journaille immer dargestellt wird. Ich muß meiner Begeisterung für eines der – zumindest seiner eigenen Meinung nach – größten Musikgenies aller Zeiten endlich ungezähmt freien Lauf lassen dürfen. Ich will mich gen Bohlen verneigen, sein Jünger oder auch sein Naddel werden und ihn bedingungslos verehren. Im sackleinenen Verona-Dessous wünsche ich Buße zu tun, indem ich laut Cherry Cherry Lady singe, meinen Pimmel zwischen den Klodeckeln einklemme und mich mit Peitschen aus abgetragenen Nora-Kettchen selbst geißele. Denn betrachten wir die Fakten einmal ganz objektiv: Dieter Bohlen ist ein unerklärbares Phänomen, definitiv eine X-Akte. Mit seinen Goldenen Schallplatten könnte man ein komplettes Teppichlager auslegen. Und dann dort bumsen, bis der kleine Brother Louie qualmt. Sorry, ich komm vom Thema ab. Weltweit hat der Didi bereits Trillionen von Tonträgern verkauft – und trotzdem kenne ich nicht einen einzigen Menschen, der behauptet, seine Musik zu mögen, geschweige denn jemals eine Scheibe von ihm gekauft zu haben. Das bedeutet, die kompletten CD-Pressungen gingen entweder direkt nach Schlumpfhausen, an taube Außerirdische und die unter der Erde lebenden Morlocks, oder all unsere Nachbarn haben heimlich ModernTalking-CDs im Schrank und tanzen dazu bei Vollmond. Gruselige Vorstellung. All dies läßt auf übernatürliche Kräfte schließen. Oder zumindest auf einen mäßig begabten Mittelschüler von einem unbekannten Sternchen des planetaren Egozentriknebels, dem unsere gelbe Sonne besondere Kräfte verleiht, wie z.B. Röntgenhirn, irreale Selbstüberschätzung, Supergeilheit und das Talent schneller Lieder zu komponieren als andere sich übergeben können. Zudem könnte kein normaler Mensch jemals wirklich derart viel Schlagzeilen-Scheiße bauen wie er. So etwas tut man nur, wenn man damit seine wahre Geheimidentität als transzendentales Geistwesen verheimlichen will. Die Wege der Götter sind unergründlich. Schon bald werden wir an Schulen das Bohlen Unser lehren, breitbeinige Denkmäler errichten und Fischmärkte, Güterbahnhöfe und Sonderschulen nach ihm benennen. Denn die Zeit des Dieters wird kommen. Und he can win if he wants. Besser wir sind vorbereitet. Amen.
Unter dem Keller Das Fernsehen wird einfach immer blöder – behaupten viele Menschen dieser Tage. Und es fällt gar nicht so leicht, ihnen zu widersprechen. Trotzdem möchte ich es versuchen, denn mit einer Handvoll Optimismus können wir die ganzen aktuellen Entwicklungen auch durchaus positiv beurteilen. Das Fernsehen wird einfach immer ehrlicher! Chapeau. Kein verlogener Kulturanspruch mehr, vorbei die Zeit des Heuchelns, in der ungeliebte Worthülsen wie Information, Niveau, Kompetenz und Inhalt wie ein intellektuelles Feigenblatt vor das verschrumpelte Gemächt der Sender gehalten wurden! Vive la révolution! Schluß mit Denken, das ist schlecht für den Body, und mit Bildung allein kriegt man auch keinen süßen Typen, wenn ansonsten die Schuhe farblich nicht zum Nippelpiercing passen. Ich kann dieses ganze kritische Klugscheißer-Geschwafel von frustrierten impotenten Stimmungsvermiesern mit Angeber-Abitur nicht mehr hören, ich will Begriffe wie supertoll, echt superspannend oder total superschön, vielleicht auch mal mit mega statt super, wenn es wirklich richtig supersuper war. Ich will auch nicht mehr möchten, ich will endlich wollen. Und zwar das, was schon unsere Vorfahren im Urschlamm wollten: Ficken, Fressen, Fröhlichsein – darin liegt die wahre kulturelle Verbundenheit. Party machen forever. Einfach voll gut drauf sein, auch wenn der Arsch auf Grundeis geht, dann eben gut drauf auf dem Grundeis. Ey Party ey! Wollt Ihr Paartyyy? Klar wollt Ihr, wie sollt Ihr Blödeimer auch wissen, was Ihr sonst noch wollen könntet. So auch im Fernsehen: Girlscamp – voll geil. Der Titten-Gulag von Sat.1, Spaß haben und abfeiern, totales Feeling, Sonne pur. Hauptsache, die Torten sind nicht so verkackte Emanzenlesben, die sich so spießige Bikinis vor die Möpse hängen. Und „Big Brother 3“ mit ohne Duschtür und Gruppen-Liegewiese. Cool. Hoffentlich muß da mal einer ganz dringend poppen, das wär Fun. House of Love – mega-in! Ein spitzer Schnuckelboy und fünf paarungswillige Flachlegehennen in der Luxusbutze und next week umgekehrt. Hey, das geht! Und erst „Der Frisör“ – echt crazy, voll am Labern die Typen beim Schnibbeln, das ist total kraß gut, fette Lebenshilfe mit Waschen und Legen, endlich mal richtig reden und so. Können die ja dann als Fortsetzung „Die Parkuhr“ machen.
Wo sind nur meine Eier? Diese Frage stellen sich dieser Tage viele, und das nicht nur zum Osterfest. Wo sind sie bloß geblieben, die kraftspendenden Testikel der männlichen Durchsetzungskraft? Wo waren sie beispielsweise bei den Programmplanungs-Konferenzen von Sat.1, als dort den illusionslosen Entscheidungslurchen damals das Girlscamp als neuester Quotencatcher präsentiert wurde? Wider besseres Wissen wurde mit höfischer Unterwürfigkeit genickt und zugestimmt, während Mut und Verstand lautlos in die Hose rutschten, um sich dort im versteiften Röhrenschacht der verbliebenen Maskulinität zu einem schwelenden Blutstau zu versammeln. Warum rief niemand beherzt: „Einspruch, Euer Ehren! Dieses Konzept ist krank! Bewegte Onanier-Animationen, schön und gut, dicke Möpse in feuchten Schrumpf-T-Shirts, blendende Idee – aber wir haben doch schon die Werbung nach Mitternacht, und dafür kriegen wir sogar Geld. Und das Playmate des Monats ist nur deshalb so anregend, weil man ihm beim Ausklappen nicht zuhören muß! Wer möchte wohl freiwillig einer Horde debiler Schampus-Schlurf-Tussen bei der PoolPodiumsdiskussion über Schuhreformen, Traumtypen-Notstand und die internationale Genitalpiercing-Problematik zuschauen? Selbst ohne Ton schrumpft einem die Nudel da schnell mal auf die Größe einer Peter Maffay-Warze … Hätte man der Wahrheit halber alles sagen können, um größere Katastrophen für Sender und Zuschauer zu verhindern. Hat aber keiner. Jetzt ist es zu spät, das Luxuscamp steht noch leerer als die Hirne seiner Ex-Bewohner, und die Sat.1-Quote kriegt keinen mehr hoch. Pech. Auch unser volksmusikalischer Wunderbub Stefan Mross hätte einst besser seinen knabenhaften Mann stehen und empört ausrufen sollen: „Ja mei, i lass mir doch keinen blasen net, jedenfalls net von irgend so a bärtigen Trompetenschlumpf hinter der Bühne!“ Nun ist es leider amtlich, selber kann er gar nicht sauber tuten, war alles ein zünftiger Beschiß, und in Zukunft wird man ihn wohl höchstens noch für den nächsten Benjamin-Blümchen-Soundtrack tröten lassen. Und wer weiß schon, was wir alles für tolle Programme im Fernsehen haben könnten, wenn nur bei einem Sender mal jemand den Mumm für die kurze Zwischenfrage aufgebracht hätte: „Ähm, wieso planen wir eigentlich gerade die 732. Multi-Milliardärs-Quiz-Flop-Show mit ohne Jauch, aber gleicher Kulisse in anderen Farben und nicht lieber einfach mal irgendetwas, das die anderen nicht bereits mehrfach haben?“
Doch was helfen einem selbst die dicksten Eier, wenn alle anderen dafür ihren Verstand versteckt haben?
Brot für den Becker Sogenannte Super-Promis haben es nicht leicht. Sie sind schweinemäßig schön, unangenehm reich, bis zur Besinnungslosigkeit berühmt – und dennoch unglücklich! Ihre Intimsphäre gleicht einer öffentlichen Toilette. Sie werden solange von gierigen Society-Vampiren belauert, ausgelutscht und fotografiert, bis ihre Seelen auf Film gebannt und in Klatschmagazine gepreßt sind, sie selbst aber einsam auf dem beheizten Marmorboden ihrer Luxusvilla an emotionaler Unterernährung sterben. Denn das Herz kann man nicht liften lassen. Nur den Arsch, deswegen haben die meisten Promis auch zwei Gesichter. Dem kleinen Mann von der sprichwörtlichen Straße dienen sie als pädagogisches Fabelwerkzeug, denn durch das schäbige Schicksal der Schickeria lernt er, daß Geld allein noch lange nicht glücklich macht, sondern einen das Unglück lediglich etwas angenehmer ertragen läßt.Yellow Press und Boulevard-TV hängen sich den VIPs wie die Blutegel an die Hacken, saugen deren mäßig spannendes Leben in die labberige Hülle ihrer eigenen sinnbefreiten Existenz und präsentieren es mit süffisantem Stolz in der spätpubertären Hoffnung, das öffentliche Sprechen über bekannte Menschen würde einen selbst berühmt machen. Wodurch wiederum die Zuschauer gezwungen werden, sich mit dem Privatleben fremder Dumpfnasen auseinanderzusetzen, die sie bis dato froh waren nicht persönlich zu kennen. Die Prominenten verdienen deshalb unser aller Mitleid. Nehmen wir nur unseren Stammelhelden BoomBoom-Boring Becker. Kaum hat er gelernt, anständig zu sprechen und statt labberigen Tennis-Schlübbern schnieke Designer-Klamotten zu tragen, da macht Babs den Schuh, Anwälte und Fiskus pumpen die Mios vom Sparbuch, und ein dubioses Russen-Mafia-Model stibitzt ihm das Sperma aus der Nudel. So leimt man einen Leimener! Da kriegt der nette Sommersprößling während des Prosecco-Empfangs irgendeiner Stiftung für gefallene Mütter nur mal so höflich in der Wäschekammer einen geblasen – in vielen westlichen Kulturen gewöhnliches Begrüßungsritual für ProfiSportler, wundert sich noch über die ausbleibenden Abschiedsworte des überhastet davonhuschenden Zapfenluders mit den dicken Backen, und neun Monate nach der Ejakulat-Unterschlagung kommt die AlimenteRechnung. Mundraub ist eben kein Kavaliersdelikt. Und obwohl die hilfreiche Natur dem sensationslüsternen Publikum zahlreiche furchtbare Katastrophen zur Ablenkung anbietet, bleibt wochenlang kein Titelblatt frei von dem
melancholischlangweilenden Becker-Lehrling. Als ob es einen wirklich interessieren würde. Wär schön, wenn man das Bobbele endlich in Ruhe ließe... in unser aller Interesse!
Warm ums Bein Es ist schon seltsam. Weihnachten steht wieder einmal vor der Tür, das Fest der Liebe und der Freude und des Wohlgefallens... doch je genauer ich meine erwartungsvoll geschmückte Umwelt betrachte, desto mehr fühle ich mich, als würde mir der spitze Lumpi des Nachbarn schwanzwedelnd und geilhechelnd die Stelze in Richtung Kniekehle hinaufruckeln. Das Herz bleibt kalt, aber das Bein wird immer wärmer, und irgendeine kleine Stimme in mir sagt: Vorsicht – da will dich gerade einer ficken! Und auch wenn der hormonell überreizte Onanier-Lassie beim Schienbeinschubbern so unschuldig guckt, als wolle er eigentlich nur meine Hose bügeln – ich weiß genau, was der blöde Hund will! Für ihn bin ich in dieser Situation nichts als ein fleischgewordenes Tischbein, kurz angerammelt und gleich danach wieder vergessen, ein seelenlos mißbrauchtes Sexobjekt. Genau dieses Gefühl habe ich auch in der Vorweihnachtszeit. Ich trau dem Frieden einfach nicht. Ganz plötzlich sind alle Leute so unangenehm freundlich, lächeln ungefragt und heucheln Interesse an ihren belanglosen Mitmenschen, bevor sie pünktlich zum Ende der Feiertage ihre Ego-Automatik wieder übergangslos in den Arschloch-Modus zurückschalten. Die schmalzbackigen Aufblasmoderatoren der Boulevard-Magazine schnitzen sich ihre jahreszeitlich bedingte Betroffenheitsfurche in die Stirn der hohlen Labermurmel und appellieren an Gefühle, die sie höchstens noch aus den eigenen Programmtrailern kennen. Alle TV- und Radiostationen wetteifern gierig um das furchtbarste Schicksal, das sie in ihrer Güte präsentieren und betreuen können, um dem Publikum zwischen den Werbeblöcken quotenträchtig ihre Nächstenliebe zu beweisen. Sämtliche Hilfsorganisationen der Erde sind gezwungen, sich in wenigen Wochen penetrant den Wolf zu betteln, um durch die kurzlebige saisonale Spendenlaune der Bevölkerung wenigstens halbwegs deren vollkommene Ignoranz in den elf übrigen Monaten auszugleichen. Wieso eigentlich die ganze Mühe? Weshalb tut man Süßstoff in den Wein und macht ihn warm, wenn man sich doch viel billiger mit einem Hammer auf die Rübe hauen kann, wenn man Kopfschmerzen möchte? Und warum wagt kaum jemand, sich im Dezember einfach genauso scheiße zu verhalten wie den Rest des Jahres? Aus Angst, Big Brother Weihnachtsmann könnte das mitkriegen und doch noch eins der Geschenke aus dem Sack nehmen, wenn er die Wahrheit über einen erfährt? Da klemm ich mir doch lieber wieder einen Dackel an die Wade. Trotzdem: frohe Weihnachten! Möglichst das ganze Jahr über.
Olé – Olé – Olympia! Endlich ist es soweit: die olympische Flamme der Sportlichkeit wird entzündet! Wie alle vier Jahre, versammeln sich auch jetzt wieder die professionellen Amateur-Spitzenkräfte in Sachen Leibesübungen der ganzen Erde, um im fairen Wettkampf ohne allzu auffälliges Doping miteinander Kräfte zu messen und der Menschheit ein positives Beispiel zu geben. So irgendwie. Da weiß man plötzlich wieder, welchen Stellenwert das Barrenturnen in Hinblick auf den Weltfrieden hat und warum wir alle Sport in der Schule hatten. Doch bevor Sie grundlos euphorisiert jubelnd vom Hocker hüpfen, denken Sie noch einmal darüber nach, was das eigentlich bedeutet: über zwei Wochen lang in den Medien nichts als Berichte über dynamisch durchtrainierte Siegertypen mit medaillenbehängten Gewinnerhälsen, die allesamt reicher, schlanker und wesentlich erfolgreicher sind als man selbst! Und um diese unsympathischen Angeber beim Triumph im Wettsackhüpfen beobachten zu dürfen, muß man sich auch noch mitten in der Nacht vor die Glotze hocken, weil diese aufgeblasenen Körperertüchtigungskämpfe natürlich nicht in der brüchigen CVJMTurnhalle von Bitterfeld stattfinden, sondern im voll kraß fetten Sydney, Australien. Einem Land, das derart von der Sonne geküßt wird, daß es schon fast an sexuelle Belästigung grenzt und in dem die Bewohner vor lauter ungezähmter Coolness derart gut drauf sind, daß sie nur dann wach sind, wenn alle anständigen Menschen bei uns längst vom Sandmännchen genagelt wurden. Nicht zu vergessen die vierstündige Eröffnungsorgie mit Ländereinlauf, LaberMarathon und Fähnchenparade rund um das langweilige Fackelanzünden, bei der sämtliche pantomimischen Ausdruckstänzer, Weight-Watchers-Jazzgymnastikgruppen und Hausfrauen-SynchronKlöppelvereine Australiens ihre terroristischen Balletteinlagen präsentieren dürfen. Plus die ganzen albernen Disziplinen, von denen noch kein Schwein je was gehört hat: 20-km-Gehen-Damen-Schießen-Sportpistole-LaufendeScheibe, Schnellfeuerpistole-Herren-liegend oder SynchronschwimmenDuett-Technische-Kür. Welch ein Mumpitz! Wieso nicht gleich SchießenBazooka-Fliehende-Passanten50-Meter, 40-km-Synchron-StehenHerren-sitzend, 15-Minuten-Geschlechtsverkehr-Gruppe-liegend und Tischfußball-Damen-einarmig-unfrisiert? Man kann doch wirklich nicht alles als Sport durchgehen lassen!
Wenn Sie mich fragen, ist diese Olympiade auch nichts anderes als früher in der Schule die jährlichen Bundesjugendspiele. Alle schwitzen und finden es eigentlich doof, machen aber trotzdem mit, denn immer noch besser als Unterricht. Doch wer wirklich clever ist, der hat sich rechtzeitig ein Attest besorgt!
Verkifft und zugekokst Da roll mir doch einer eine Tüte – das will ich einfach nicht glauben! Durch eine Runde harmloses Fußball-Mobbing in der Kicker-Mafia werden bei einem hibbeligen Trainer freundschaftlich die Locken durchleuchtet, man entdeckt vermeintliche Spuren von ein paar Eimern weißem Nasenpulver – und ruckzuck wird unser herrliches Vaterland mit seinen sprudelnden Gebirgsbächen der reinen Gesinnung zum Drogensumpf der Drogenjunkies. Quasi über Nacht mutiert die edle Nation der Dichter und Denker zur Heimat der Schniefer und Dealer, und die südamerikanischen Drogenkartelle sehen ihre gefährlichste Konkurrenz plötzlich in der deutschen Bundesliga. Dicht gefolgt von unseren Polikern, seit die knallharten SAT.1Rechercheure auf fast allen Klos des Reichtags Spuren von Kokain festgestellt haben. Zuerst dachte man noch, Daum hätte dort vielleicht einen heimlichen Job als Putzhilfe, aber der war bereits in Florida. Somit blieb es doch recht schockierend, daß es auf den achtbaren Toiletten der seriösen Politik im Grunde nicht anders zugeht als auf dem herkömmlich versifften Meet-and-Greet-Scheißhaus einer durchschnittlichen SzeneBumsdisco. Die CDU konterte clever mit „Das waren bestimmt die Grünen!“, allerdings sind die wahrscheinlich immer viel zu bekifft zum Koksen. Also muss es die SPD gewesen sein, wo man jedoch munkelt, Scharping schnupfe höchstens geriebenes Valium, und wenn sie sich wirklich alle Linien in die Nuschel ziehen täten, würden sie ja wohl kaum eine so langweilige Politik machen. Die PDS kann sich das teure Zeug nicht leisten, bliebe also nur noch die FDP, und da will das vorerst auch keiner dementieren, um die Jungwähler nicht abzuschrecken. Okay, das würde vielleicht sogar den Big-Brother-Auftritt von GuidoWesterwelle erklären, aber anderseits hat man Kokskrümel auf 22 der Reichstagsaborte gefunden – und so viel FDP-Politiker gibt es ja gar nicht mehr. Käme also doch wieder die Union in Frage, und rein logisch spräche vieles dafür: Erstens haben wir gelernt, dass derjenige der am lautesten die Fresse aufreißt, nicht immer unschuldig sein muß, zweitens hat die Partei seit Anfang des Jahres mit dem Schönreden illegaler Aktivitäten bereits einige Erfahrungen gesammelt, und drittens läßt die Frisur von Angela Merkel schon auf Drogenrausch im Endstadium schließen. Aber ich glaube nicht daran. Schließlich sind in Berlin derart viele SAT.1-Teams, RTL-Redakteure und sonstige Medienmenschen unterwegs, daß für die Politiker eingentlich gar kein Koks auf dem Markt
mehr übrig sein dürfte.Vielleicht sollten sich all die coolen InvestigativJournalisten doch besser erst mal an die eigene Nase packen!
The Return Of „Was bin ich?“ Wow – da platzt mir doch glatt die Fernbedienung in der Hose bei diesen ultrafetten Mega-News! Believe it, folks – „Was bin ich?“, die klassische und megacoole Job-Guessing-Kult-Show mit Robert „Bob“ Lembke, soll diesen Herbst endlich durch die Remake-Maschinerie georgelt und back auf den Bildschirm gescreent werden. Great! Für alle, die sich nicht mehr erinnern oder damals immer schon bei IntroGeklimper auf der Pimper-Orgel eingeschlafen sind: eine freundlich vertatterte Jury von Schlaumeiern muss den Beruf irgendeines drögen Schnarchlappens erraten, und für jedes , Nope’ als Antwort steckt Bobby ihm fünf Mark (2, 47 Euro) in ein potthäßliches Keramiksparschwein. Bei einem , Jein‘ wurde der Fünfer allerdings nur quer auf die doofe Sau draufgelegt, man mußte ja sparen. Sounds like fun, Kids, oder? Oder jein? Muß es aber irgendwie gewesen sein, denn jahrzehntelang war das lahmarschige Dussel-Quiz mit der existentialistischen Eingangsfrage DER Renner in der Glotze! Klar, daß man sich so eine Quotengranate für die werberelevante Zielgruppe der 90- bis 95jährigen jetzt zurückholen möchte. Kabel 1 hatte das glückliche Händchen, so wurde vermeldet, und der nonchalante Nuschelbär Björn-Hägar Schlumpf soll dabei den unparteiischen Ferkelstopfer mimen. Diese Nachricht enttäuschte mich. Wie toll hätte man gerade das Format doch auch auf anderen Stationen bringen und dabei charmant die jeweiligen individuellen Senderinteressen mit berücksichtigen können! Im Falle der ARD hätte man nur das alte Studio durchlüften müssen, dann Beckmann als Moderator, die Natural-Born-Jury-Mitglieder Elke Heidenreich, Herbert Feuerstein und Helmut Karasek als Ratevieh, zu jedem vollen Schweinderl ein Los der Fernsehlotterie – und alles wäre geritzt gewesen. Beim ZDF würde es genauso easy funktionieren – nur wären da alle berufstätigen Kandidaten längst pensioniert oder seit 20 Jahren tot. Bzw. arbeitslos und mit abgebrochenem Mittelschulabschluß, falls RTL das Konzept übernommen und Birte Karalus übergeben hätte. Am meisten hätte ich mir allerdings RTL 2 als Sendepartner gewünscht. Präsentiert von Percy „Groovy“ Hoven – der schon allein vom Charisma prima zu den polierten Porzellan-Schweinen passen würde – und einem rolligen Rateteam bestehend aus Retorten-Girlie Sophie Rosentrampler, Nippel-Naddel und DJ Bobo. Klar, die Berufe wären nicht so öffentlichrechtlich angestaubt wie Bäcker, Schuster oder Schornsteinfeger, sondern eher Genitalpiercer im Schwulenkloster, staatlich gepoppter Orgasmusprüfer oder Diplom-Rosettenschleifer im Seniorenpuff. Aber
dafür wären die typischen Handbewegungen lustiger! Ich freu mich jedenfalls.
Ein selten blödes Jahr Das war also 2000! Na vielen Dank. Allen Prophezeiungen zum Trotz machten sich weder Gottes himmlische Heerscharen noch die dunklen Mächte der Finsternis auf, um am Neujahrsmorgen des aufkeimenden Zeitalters über die verkaterte Erde zu wandeln, sondern doch nur wie immer das dumm-trampelige Sondereinsatzkommando der VollidiotenElite. 365 Tage voll dämlicher Hornochsen, die ihr Möglichstes taten, um durch bescheuerte Bekloppten-Aktionen den guten Ruf eines erhabenen Jahrtausend-Jahres in die Wicken zu reiten – und darauf haben wir nun alle zwei Millennien lang gewartet! Wie peinlich. Und wer von uns bescheidenen Alltagstrotteln mag schon darüber urteilen, welches der unsäglichen Schwachkopf-Events die Nummer eins der bodenlosen Doofheits-Skala einnimmt? War es Rammelkönig Ditze Bohlens Pausenfick Interruptus auf Brother Louies Teppichrampe, das vaterlose Wechselbalg vom Ex-Lauterbach-Luder und der dusseligen Big-Brother-Bumsbirne mit den fettigen Schmierhaaren oder doch der pöbelnde Pisseprinz, der hackedicht versuchte, den türkischen ExpoPavillon umzustrullen? Fraglos ganz weit vorne auch der smarte Guido mit der Westerwelle, der die FDP mit den Zeugen Jehovas verwechselte und als cool-gefönter Jungwähler-Missionar am Holland-Container klingelte. Wobei wir keinesfalls die ulkigen UnionsKollegen vergessen sollten, die uns zeigten, daß ein bisschen gepflegte Steuerhinterziehung und Geldwäsche genauso zur deutschen Leitkultur gehören wie fehlendes Unrechtsbewußtsein und potthäßliche Damenfrisuren. Sogar die alte germanische Tugend der freundschaftlichen Verleumdung feierte ein sportlich-spektakuläres Comeback mit der fußballerisch fairen „Denunzieren statt Drogen“-Kampagne und anderen kindischen Haarspaltereien. Doch 2000 hatte noch wesentlich mehr zu bieten: Gelbe Gefahr durch GottschalkAktien, wahlunfähige Ami-Deppen und interessante Neuzugänge in der Krabbelgruppe für versehentlich fruchtbare Promi-Fehlpoppungen. Erfolgreiche Debakel bei Olympia und EM, Husband-Hopping mit Hera Lind, angeleinte Kampfhunde und frei laufende Neo-Nazis. Schiß vor Rinderwahn beim Bratwurstfressen, aber freiwillig Zlatko-CDs kaufen und Pokémon-Bilder sammeln! Boris ist schon drin, Babs wieder draußen und mir eigentlich alles egal. 700 neue Quiz-Shows aus der Kreativ-Mottenkiste und doppelt so viel Reality-Formate um bräsige Inselpuper und debile TeletubbyWGs beim Präsentieren der eigenen Nutzlosigkeit. Also ehrlich, wenn das nächste Jahr genauso beschissen
wird wie dieses, dann warte ich lieber doch auf die Wiederholung vom letzten!
Der Fluch der Fröhlichkeit Der erste April ist ein Feiertag der besonderen Art. Niemand hat frei, der Papst muß keine Rede halten, und keiner braucht Geschenke zu besorgen – trotzdem haben alle Spaß! Es ist der international anerkannte Tag des Scherzes. Selbst der verkniffenste Spießer kann sich des gepflegten Schmunzelns nicht erwehren und verspürt beim Blick auf den Kalender den plötzlichen Drang, einen Ulk zu machen. Vermeintlich offene Hosenställe, fehlendes Toilettenpapier, Steuernachzahlungen und gefälschte Schwangerschaftstests regieren dann die Welt und tragen die Menschen auf einer Woge der Heiterkeit. Ein jeder ist beflissen, dem anderen schelmisch ans Bein zu pinkeln und laut „April, April!“ zu rufen. Danach kringelt man sich dann gewöhnlich und erfreut sich stundenlang über die eigene Pfiffigkeit. Ein herrlicher Tag. Besonders schwierig aber ist es für die Medien, denn selbstverständlich erwartet man auch von ihnen einen gepflegten Possenriß. Doch wie soll man die Leute nur jährlich einmal mit der erwarteten witzigen Falschmeldung erfreuen, wenn das professionelle Verarschen des Publikums ohnehin das alltägliche Ziel der Arbeit ist? Da merkt doch keiner mehr den Unterscheid! Im Radio wäre heute wohl der größte Lacher, einmal einen Moderator zu hören, bei dessen Superlaune man nicht dessen Drogentod durch Überdosis befürchten muß. Und im Fernsehen hat sich jeder Witz ohnehin schon längst selbst überholt, denn 95 Prozent der aktuellen Programminhalte hätte man früher noch nicht einmal als Aprilscherz ernst genommen: Paß auf, irgendwann wird man in Fernsehshows heiraten, mannigfaltige Geschlechtsteile blanklüpfen und Beträge in Lösegeldhöhe gewinnen können.„Ach, verarsch dich doch selber!“, hätte es da geheißen. Eines Tages kommt eine mopsige Freizeitrichterin in Fledermausrobe und schlichtet im Vorabendprogramm unbedeutende Popelfälle von bematschten Kleingärtnerseelen. „Komm, hör doch auf!“, wäre man laut ausgelacht worden. Und wer hätte schon geglaubt, ein Sender würde einmal ernsthaft eine Horde minderbemittelter Mega-Dumpfnasen in ein überwachtes Kotzbrocken-Terrarium einpferchen und so lange beim Geschirrspülen und Bockmistlabern abfilmen, bis selbst der letzte Trottel merkt, daß Langeweile dadurch nicht spannender wird, daß man sie im Fernsehen überträgt. Es klingt absurd, aber irgendwo auf dem Weg zum ultimativen Spaß hat der Humor seine Existenzgrundlage verloren. Inzwischen ist alles und jeder lustig, selbst wenn er es gar nicht merkt. Der erste April ist immer
und überall, und dem Idioten ist es mittlerweile auch egal, ob man mit ihm oder über ihn lacht. So ganz hat er den Unterschied sowieso nie verstanden.Witzig ist das zwar nicht, aber irgendwie schon komisch.
Lieber Weihnachtsmann! Sicher hast du dich schon gefragt, wo denn dieses Jahr eigentlich mein Wunschzettel bleibt. Sonst hast du die erste Fassung ja immer spätestens Ostern schon auf dem Tisch, damit es Heiligabend nicht heißt, da war irgendwas schon ausverkauft. Ich kenn’ die Tricks! Also, laß uns mal lieber keine Zeit verlieren, ich weiß, du hast zur Zeit auch ‘ne Menge an der Backe. Den ganzen Tag mit diesen kitschigen Coca-ColaTrucks bimmelnd durch die Rabatten zu brettern und in der Galeria Kaufhof schlangenweise verwöhnte Bratzen auf den dicken Schenkeln zu schaukeln, ist ja auch kein Zuckerschlecken. Zuerst einmal wünsche ich mir einen Verstärker für mein Handy, möglichst fett, mit geilen Bässen. In letzter Zeit mußte ich immer wieder enttäuscht feststellen, daß es höchstens mal die Hälfte der Gäste im Restaurant mitbekommt, wenn ich es bimmeln lasse, dabei habe ich schon extra die Maxi-Version von „Brother Louie“ als Signalton einprogrammiert. Außerdem habe ich gehört, daß es für Frauen jetzt schon Handys mit integriertem Vibrator gibt, vielleicht existiert da für Männer ja inzwischen was Vergleichbares. Des weiteren hätte ich noch gern fünfzig Kisten Crunchips – das sind diese fettig verbackenen Schweinefutterreste in Knabberoblaten-Form, die in den wahrscheinlich unerträglichsten Werbespots der Welt immer von einem Rudel seelenlos herumzappelnder Jung-Aliens irgendeinem bedauernswerten „Freund“ bei der Cabrio-Reparatur oder beim Auspacken der Umzugskartons unaufgefordert vorbeigebracht werden. Die Pest am Arsch! Das ist so widerlich, daß es wahrscheinlich schon wieder Spaß machen könnte, wenn man sich selbst so eine kleine Eliteeinheit fröhlicher SöldnerChipsYuppies zusammenstellt und andere Nervenärsche heimsucht, wie zum Beispiel die geisteskranken Fruchtzwerg-Muttis, Guido Westerwelle oder den Erfinder des Diddl. Sollte das allerdings nicht klappen, wünsche ich mir stattdessen einen Raketenwerfer, die Adresse der CrunchieKotzköppe und ein gutes Alibi. Dann würde ich auch gern mal zur Punica-Oase reisen und dort gepflegt reinpissen oder auch in den Kühlschrank, wo die ganzen blöden Saftpullen rumstehen und flennen, weil sie von der ekligen Idiotenfamilie nicht ausgesoffen werden. Mann, was für Scheißflaschen, die Memmen würde ich allein schon für ihr dummes Gelabere ins Klo kippen! Zum Schluß, lieber Weihnachtsmann, wünsche ich mir noch ein Praktikum als Silikonprüfer bei „Baywatch“, ein ganz eng gezurrtes Freundschaftsbändchen um die Stimmbänder von Wolfgang Petry und daß ich dem grimmigen Dental-Zombie Dr. Best mal einen Tag lang als
Tomate verkleidet mit einer harten Zahnbürste die Glatze schrubben darf. Das wär’s dann schon für dieses Jahr. Danke, dein Kalki.
Was schenk’ ich bloß? Ojemine! Es geht wieder los: das Einteilen des vertrauten Personenkreises in Familie, enge Freunde, weitläufige Bekannte und unbedeutende Arschgeigen. Ebenso das schwitzige Schlangestehen in dampfenden Wintermänteln an den sporadisch besetzten Kassen sinnfrei überfrachteter Warenhäuser oder das panische Durchwühlen der Schränke nach Sachen, die noch irgendwie einigermaßen neu aussehen, die aber kein vernünftiges Schwein noch haben will. Kurz gesagt: Die Zeit des Schenkens steht vor der Tür. Richtig, jener seltsame Tag naht, an dem man wie ein schwuler Disney-Zwerg blöd grinsend inmitten der modrigen Verwandten hockt, die man das ganze Jahr über erfolgreich gemieden hatte, und vollgefressen einer umgesäbelten Tanne mit tropfenden Aldi-Kerzen dabei zuschaut, wie sie den Teppich vollnadelt. Vor allem aber wartet man auf die Bescherung. Wozu würde man den ganzen Wahnsinn auch sonst freiwillig auf sich nehmen? Allerdings bleibt wie immer die Frage: Was soll man den anderen Doofen bloß schenken? Im Regelfall wußte man ja schon im Vorjahr nichts Gescheites, und dann hat man von den Torfnasen noch nicht mal was Anständiges zurückbekommen. Undankbare Pisser. Prominente haben diese Probleme auch, aber irgendwie ist es für die viel einfacher, ein persönliches Präsent aus der Hüfte zu zaubern. Wolfgang Petry zum Beispiel könnte sich schlicht sein lockiges Läusewohnheim von der Murmel raspeln und daraus einen wunderschönen Bettvorleger weben, und der funny Sat.1-TalkBoy Ricky müßte sich nur jeweils eine bunte Kugel oder ein Glöckchen an die zuppeligen Schwanzausläufer seiner abstrakten Testfrisur-Wucherung hängen, und er könnte sich locker bei Oma als Christbaum in die Wohnung stellen. Ein paar der eigenen Moderationen von Arabella auf Kassette gezogen, und schon hätte sie eine wertvolle Auto-Alarmanlage zu überreichen. Cherno Jobatays Zopf gäbe einen bezaubernden Staubwedel, seine müffelnden Turnschuh-Mauken ein wirksames Ameisengift, und Fliege könnte ein paar seiner überzähligen Heiligenscheine als Serviettenringe verschenken. Umgekehrt wird es schon komplizierter: Was schenkt man einem berühmten Menschen, der ja irgendwie schon alles hat? Nina Ruge einen Duftbaum für ihre Unterwäsche? Jürgen Drews einen Potenzhemmer, damit die Rentnerinnen in der Nachbar schaft mal ruhig durchschlafen können? Einen prall gefüllten Altkleidersack für Naddel, damit sie ihre geblähten Ballonmöpse nicht immer nur nackicht
fotografieren lassen muss? Oder eine Sonnenbrille für Jessica Stockmann, damit sie von ihrer eigenen Schönheit geblendet nicht irgendwann das Augenlicht verliert? Weihnachten wird einfach immer komplizierter!
Endlich Ruhe! Sicher, Klappe zu, Affe tot. Das war’s dann wohl. Tschüs, Jahrtausend, war nett mit dir, aber nun bist du Geschichte, du alter Rochen. Ab jetzt läuft endlich die Zukunft, und wir schreiben uns stolz das Toilettenzeichen als Datumskürzel auf den Briefkopf. Plötzlich befinden wir uns in einer Zeit, die uns bislang nur aus der Science-Fiction bekannt war, in der die logisch denkende Menschheit aus ihren Fehlern gelernt hat, wir alle fliegende Autos fahren und uns in Sekundenschnelle von Ort zu Ort beamen können. Und wie sieht die Realität aus? Die Leute sind alle noch genauso blöd wie vorher, nur arbeiten die Dümmsten davon jetzt beim Fernsehen, wir fahren Autos, die aussehen wie eingeschweißte Brühwürfel auf Rädern, und das pünktliche Ankommen verhindert immer noch die Deutsche Bahn. Wie deprimierend, wenn man erkennen muß, daß die Zukunft plötzlich zur Gegenwart wird und dabei genauso popelig bleibt wie die Vergangenheit. Aber wie soll es jetzt weitergehen? Wahrscheinlich wird zuerst noch mal ein paar Monate lang zurückgeblickt, bis die Schwarte kracht. Nach vorne schauen lohnt sich nicht, da wird man ja doch nur enttäuscht, also betrachtet man lieber mal die Geschichte und schreibt sie so um, daß sie in ein quotenfreundliches TV-Movie paßt. Das schlimme Schicksal der Jeanne d’Arc letztens auf RTL lief ja auch ganz ordentlich, obwohl man dort mit dem Alternativtitel „Johanna läßt den Schlüpfer qualmen“ bestimmt noch mehr Zuschauer gezogen hätte. Daran erkennt man den Kulturwillen, bei Sat.1 wäre es nicht unter „Jungfrau in Frankreich – Zum Krieg verführt und fies verkohlt!“ abgegangen. Kurz davor gab es ja bereits die Arche Noah als amerikanische Titanic-für-Viecher-Version – die ulkige Legende vom kauzigen Sintflut-Käpt’n-Iglo, der mit seinem selbstgehämmerten EndzeitTraumschiff und jeder Menge poppender Tiere durch das Scheißwetter tuckert. So lustig kann eben die Geschichte sein! Aber abgesehen von Balzac, Cleopatra und all den anderen angedrohten PseudoHistory-Schinken: Wann und wie wird man eigentlich die Ereignisse von heute verfilmen? Im Jahr 2083 die OskarLafontaine-Schmonzette als „Zwerg Nase läßt das Sausen nicht – ein Nörgelschlumpf räumt auf“? Weihnachten 2112 die Erfolgsstory von Dieter Bohlen als Mini-Serie „Modern Torture – Ein Leben gegen die Musik“? Oder wäre das zu früh und das Grauen noch zu frisch? Themen gäbe es ja sonst auch genug: Schumi’s Life – die langweiligste Sportlerbiographie aller Zeiten, der teure Verlust der spaßigen Zone, das
vierjährige Regierungspraktikum von Gerhard Schröder … und natürlich „Silvester ’99 – Mann, war das kacke!“ der überbewertetste Jahrtausendwechsel seit mindestens 1000 Jahren. Fresse und Feierabend!
Das TV of Tomorrow Wo liegt die Zukunft des Fernsehens? Oder boulevardjournalistisch ausgedrückt: Was soll der ganze Scheiß eigentlich? Eine gute Frage, die immer wieder in regelmäßig zusammengetrommelten SchlaumeierDiskussionsrunden unsere smarten Medienexperten beschäftigt. Wo steuert sie hin, die gute alte deutsche TVUnterhaltung? Die Antwort ist so simpel wie überzeugend: mit Vollgas an die Wand! Danach den Quoten-ADAC rufen, die Mühle notdürftig betriebsbereit machen lassen, Danke sagen – und mit Karacho noch mal gegen die Mauer. Das kann man dann so lang machen, bis der Vertrag des Programmdirektors ausgelaufen ist oder der Sender zu einem Sportkanal umgewandelt wurde. Am besten beides. Notfalls kann man die Kameras auch einfach alle nach innen richten und eine neue Reality-Show aus der stillgelegten Stümperstation machen. RTL II beispielsweise könnte man großartig umgestalten in „To Fuck“ – eine Bande unfähiger Redaktionsknallchargen mit Hand in der Hose muß ohne Kohle einen peinlichen Fickel-Sender in die Grütze reiten, und in jeder Werbepause wird ein Mitarbeiter rausgewählt. Cool. Das ZDF wäre eine meisterliche Vorlage für das „Gerontencamp“ und die Format-Nachmach-Station Sat.1 gäbe einen idealen Copy-Shop ab. Nun … andererseits ist es aber auch nicht gerade leicht, uns undankbares Publikumspack zu unterhalten. Mehr gleichförmig abgepauste Quiz-Shows gehen einfach nicht mehr, und bald ist auch kein arbeitsloser Moderator ohne Jauch-Parodie-Praktikum mehr übrig. Gut, rechtmäßig abgekackt sind die Teile alle, aber das ist doch längst kein Grund, damit aufzuhören. Ein sechsjähriges Kind erzählt einem ja auch zwölfmal den gleichen Witz, bis man endlich lacht. Oder ihm eine scheuert. Die Reality-Geschichten sind ebenfalls in der Grütze, doch man rechnet fest damit, daß die Zuschauer aus Mitleid bald wieder dorthin zurückfinden. Derzeit sind bei den privaten Ideenverweigerern schleimige Shopping-Shows angesagt, so zwischen Arschkriecher- und Tupperware-TV. Noch billiger als der Rest und so doof, daß es einfach klappen muss! Wahrscheinlich erwartet uns als nächstes ein KnalltütenContainer mit einem Dutzend eingesperrter Popstar-Miezen beim StripQuiz mit Wichser-of-the-Week-Rubbeln als Wochenaufgabe, die bei Unterwäscheverlust spermabeschichtete Pfannensets und Beate-UhsePorzellanpuppen verramschen müssen, während sie nackt die Mitternachts-News in der Karaoke-Version vorlesen. So schlecht sieht die Zukunft also gar nicht aus!
Kalkofes Lexikon Achims Hitparade (MDR) Saufmusik zum Eierabschrecken und freilaufende Ossis, Handelsklasse C bis F. Da flippt das Publikum aus, da bleibt keine Hose trocken. Zonis spielen Volksmusik, und ich wünsche mir den Moik zurück. Denn plötzlich zeigt sich, daß selbst ein Peter Steiner zum Robert de Niro der Berge werden kann, wenn man neben ihn seinen Kollegen aus dem Osten stellt: Achim (siehe Menzel, Achim). Asmussen, Fips auch: Fips Arschmuskel. Sieht aus wie ein geringeltes Zäpfchen mit Minipli. Erzählt Witze vom Bahnhofsklo der Neandertaler. Bingo Lotto (N3) auch: Baldrianparade. Flott vergeigte Kultkamelle mit eindeutigem Partycharakter. Wenn betulich die güldene Sonne hinter dem Altenheim versinkt und im Fernsehen ein dröger, dicker Schnarchsack zu elektronischen Furzgeräuschen Zahlen und Buchstaben über den Äther nuschelt, dann wissen wir, 17.00 Uhr – Bingo-Zeit. Ein hoffnungsloser Tag geht gelangweilt zu Ende, noch bevor er die Chance hatte, überhaupt anzufangen. Lächelnd legen die Zuschauer der Dritten dieselbigen in die Gläser und knipsen ihre Heizdecken aus, denn sie wissen genau, diese Sendung übersteht keiner wach. Es ist Schlafenszeit in Norddeutschland. Willkommen und gute Nacht zu Bingo Lotto, dem garantiert koffeinfreien Heimentertainment mit Michael Türnau (siehe dort), dem sprechenden Gugelhupf. So gnadenlos sieht also die Rache der Öffentlich-Rechtlichen für den Verlust ihrer Unterhaltungskompetenz aus. Angriffsziel Nummer 1: Niedersachsen, das erste Bundesland, das zum flächendeckenden Altennachmittag umgewandelt werden soll, wenn nötig auch mit Gewalt. Private Wohnhäuser werden nach und nach von Kamerateams des NDR (siehe dort) eingenommen und die Einwohner mit vorgehaltenen Michael-Türnau-Autogrammen zum Singen der neuen Besatzungshymne gezwungen. Nach Pershing, Cruise Missile und Rubbellos nun also Bingo Lotto, die neue Gefahr im Kampf gegen die menschliche Intelligenz. Bitte seien Sie vorsichtig! Bitte melde dich (SAT.1) auch: Bitte meide mich. Bohlen, Dieter Mann ohne Stimmbänder. Beweis für die Ungerechtigkeit dieser Welt: Macht Lieder wie andere Leute Malen nach Zahlen, singt wie’n Leck im Heizungsrohr und sieht aus wie der Hustinettenbär nach der Wurmkur – und macht trotzdem Millionen. Bokelberg, Nils Kleines Mützenäffchen.
Bond, Peter Doppel-Null mit der Lizenz zum Buchstabenumdrehen. Der Preis ist heiß (RTL) Wird live vor Publikum in einer geschlossenen Anstalt aufgenommen. Zuschauer und Moderatoren befinden sich in psychiatrischer Behandlung. D.J. Bobo deutsch: „Der einen bissigen Iltis in der Hose hat“. Hüpfender Spargeltarzan. Zu klein für einen Aerobic-Lehrer, zu lange Haare für ’ne Karriere bei der Sparkasse, aber hat zu Hause einen funktionierenden Rhythmus-Computer. Echo der Frau Jetzt in „Echo von die Frau“: Ireen Sheer an ihre Fans: „Bitte nicht bügeln, das sind nur Falten.“ Eisbombe Kati Witt: „Wie ich mal mit dem Arsch volle Möhre aufs Parkett geknallt bin – Mann hat das gezwiebelt.“ Und Charles zu Camilla an Dianas Grab: „Du fährst mir nicht den Mercedes!“ Das und noch weniger jetzt in „Der Frau ihr Echo“. Das würd’ ich gern verpassen. Emmerlich, Gunter auch: Gunter Jämmerlich, König Nuschelbart. Singender Klops. Teil des dynamischen Dickdarmduos (siehe auch „Moik, Karl“). Familienduell (RTL) Willst Du verblöden, so geht das ganz schnell – guck einfach ein paarmal Familienduell. Fischer, Gotthilf Sprechender Pudel aus dem Schwabenland. 60 Jahre und immer noch so eine Scheißfrisur. Fliege, Jürgen auch: Bruder Fliegenschiß. Gildo, Rex Geklonter Exil-Hawaiianer für Pauschaltouristen. Singende Ananas. Früher auch bekannt als „Sexy Rexy“. Dank moderner Gesichts- und Gesäßchirurgie stimmt das ja irgendwie immer noch, auch wenn er manchmal schon ein bißchen ranzig wirkt. Gelbe Haut und weiße Zähne, das ist sein Erfolgsrezept. Ab und zu mal eine kleine Fiesta Mexicana und dann vollgetankt von der Bühne kippen, das hält ihn jung und macht ihm Laune. Graf, Elfi Macht nichts, wenn Sie die nicht mehr kennen. Grand Prix d’Eurovision de la Chanson Austragungsort erhabener europäischer Peinlichkeiten. Drei Stunden gesungene Argumente gegen das vereinte Europa. Angelehnt an Gran Pricos, Gott des Pfannengyros und des schlechten Geschmacks. Dieser soll diese Sendung laut griechischer Mythologie direkt in den Äther geschissen haben. Granufink (-Pipifax). Leckerer Blasendurchpuster für die ganze Familie. Jetzt mit lustigen Pinkelrekorden und Prostatacocktails in jeder Packung. Stärkt die Blase – nicht das Gehirn. Hasselhoff, David Sieht nach überhaupt nichts aus, und singt wie andere Leute kacken. H. als Sänger ist wie Hämorrhoidensalbe als
Brotaufstrich – eigentlich für’n Arsch. Ist so doof, als nächstes singt er wahrscheinlich den Beipackzettel von Durchfallkapseln, Hauptsache, es ist laut. Hellwig, Margot und Maria Bayerische Spice Girls. Hofer, Jan So spritzig wie ’ne drei Tage alte Urinprobe. Hund, der Pinkelnder Bettvorleger. Zeckenteppich-Inhaber. Ilic, Bata So an die 76 Jahre alt. Wahrscheinlich irgendwo aus dem Osten. Das Kalkofe-Team hat ihn an einer Raststätte nahe der polnischen Grenze gefunden, wo er im Abfall nach Grammatik-Büchern wühlte. Jacob Sisters Drei kleine mopsige Tanzklopse mit sächsischem Dialekt. Judith und Mel auch: Gandersheimer Gesichtsbaracken. Haben sich gesagt: „So lange wir noch nicht mumifiziert sind, sind wir für unser Publikum da.“ Kelly-Family, die Singende Altkleidersammlung. Kock am Brink, Ulla auch: Ulla Knapp im Schritt. Kohl, Hannelore auch: Sharon Stone aus Oggersheim. Frau des dicken Häuptlings Sitting Kohl. Lindner, Patrick auch: Patrick Lindwurm. Schleimiger Grinsearsch. Schweineschnulz. Schwarm aller schwulen Schwiegermütter. Soll in Wirklichkeit nur ein genetisch manipuliertes Gesäß mit Dauerwelle sein, aus dem dann unten der schmalzige Grinser herausgewachsen ist. Der einzige Mann, bei dem man beim Zuhören schwanger werden kann. Ist so sülzig, der grinst sogar in Milch. Nur einer der vielen Gründe, die Volksmusik zu hassen. Lippert, Wolfgang Ulkiger Grabbel-Zoni mit Kassenbrille. Alte FummelKrake. Marshall, Tony Trömmeliger Dauerwellenträger. Arschgeige mit Minipli. Glaubt wahrscheinlich ehrlich, daß er alles kann – im Zweifel sogar sprechen. Ist in der Gesangsprüfung durch die Frisurenkontrolle gefallen. Hält sich leider immer noch für die germanische Version des Tigers Tom Jones, es reicht bei ihm allerdings noch nicht einmal für ’nen kastrierten Kater. Menzel, Achim Zottiges Urviech, das beim Hundefriseur keinen Termin bekommen hat. Sieht aus wie eine Kreuzung zwischen Wiesel, Mops und Kaulquappe – ist vielleicht nicht alles echt, und der Praktikant von Frankenstein hat mal wieder seine Kompetenzen überschritten. Erscheint im ersten Augenblick, wie wenn sein Antrag auf Anerkennung zum Homo sapiens noch immer bei der Prüfungsstelle ist. Sein Gesang klingt wie ein Mops beim Hoden-Piercing.
Mikado Drei aufgebrezelte Hoppelschnitten. M. ist zusammengesetzt aus den drei Vornamen: Mistbratze, Kackstelze und Doofmütze. Die 3 Milupa-Girls wurden von Ralph Man-kann-nicht-immer-Siegel-sein beim Steppen an der Wursttheke im LIDL-Markt Osnabrück entdeckt. Moik, Karl auch: Karl Oink, Schweinchen Schlau. Singender Klops. Teil des dynamischen Dickdarmduos (siehe auch „Emmerlich, Gunter“). Fast so eine Art James Bond der Volksmusik: 00 Moik. Tanzt grazil wie einst der junge Gene Kelly in „Ein Wasserbüffel in Paris“, bezirzt die Frauen mit dem unwiderstehlichen Charme eines pensionierten Heiratsschwindlers, hat die Lizenz zum Schunkeln und trägt sein Gehirn geschüttelt, nicht gerührt. Mola Adebisi (VIVA) Stellt im Idioten-Kontest auf jeden Fall eine ernstzunehmende Konkurrenz zu Nils Bokelberg (siehe dort) dar. Beweist: Blödigkeit kennt keine Grenzen und Nationalitäten. LockenstabEigentümer. Musikantenstadl, der (ARD) auch: Mutantenstadl. Abgefilmte Therapiesitzung aus der geschlossenen Abteilung der Klaus-KinskiGedächtnis-Klappsmühle für Geisteskranke, die sich für Künstler halten. NDR Hirntoter Rundfunk Pleiten Pech und Pannen (ARD) auch: Pleiten, Pest und Pocken. Polster, Toni Klischees: Typisch Fußballer, labert wie Schwarzenegger mit Mundfäule und hat ’ne Frisur, als wäre er mit ’nem Cabrio durch die Waschanlage gekachelt. Aber: Einer, der tut sich auch schon mal für die schönen Künste und den Kultur interessieren tun. Vor allem für den Gesang. Puhdys, die Alte Rochen. Fünf Betroffenheitsrocker aus der Zone, die wahrscheinlich schon lange tot sind, es aber im Trubel der Grenzöffnung gar nicht mitbekommen haben. Reiber, Carolin auch: Carolin Reibeisen Sänger, männlich, fortgeschrittenes Alter (sonstige Verhärmter Geronten-Heintje; klappriger Jammerlappen.
Ausdrücke)
Schildkröte, die Umgedrehter Aschenbecher mit Stummelbeinen. Seniorenclub (3SAT) Miefig und aufregend wie eine Laufmasche im Rheumastrumpf. Sergio Singende Sackratte. Sieht aus wie der Sohn eines vergewaltigten Eichhörnchens. Spaß ohne Grenzen (ARD) auch: Spaß ohne Anfang. Großer ARDShowversuch. Perle der Peinlichkeit. Superlachparade, die (ARD) auch: Superbrechparade.
Touch Me (RTL) auch: Betatsch mich. Soundsovielter sinnloser Versuch einer erotischen Gameshow im deutschen Fernsehen. Ausziehen nach Punkten und F … nach Zahlen. Türnau, Michael („Bingo Lotto“, N3): Voluminöser Rentnerquäler. Dröger, dicker Schnarchsack. Sprechender Gugelhupf. und verbindet Dinge, die einfach fest zusammengehören, wie z.B.„Carolin Reiber und Brechreiz“, „Volksmusik und Gummizelle“, „Country-Songs und Impotenz“. Vol ksmusik Macht nicht nur doof, sondern auch stinkreich. XBASE (ZDF) Eine Horde kleiner Popelköppe daddelt dösig vor Zuschauern an irgendwelchen Videospielen rum, wie: „Pickel ausdrücken mit’em Knight Rider“ oder „Super Mario Brothers beim Fliesenlegen“. ZDF Senioren-, Senilen- und Scheintotensender.
Kalkofes Jahresvorschau Januar Das ZDF sinkt zum ersten Mal in der Zuschauergunst unter die Quote von Kabel 1 und fordert zur Strafe eine Gebührenerhöhung. Schuld an diesem Desaster sind die neu gestarteten und voll auf Trend gesetzten Familie-Liebhabe-Serien wie: UNSER LEHRER HAT DEN LÄNGSTEN mit Paul Kuhn als einfühlsamer Sexualkundelehrer in einem Berliner Mädchenpensionat um die Jahrhundertwende und vor allem BEINE BREIT, FRAU STIRNIMA – EIN GYNÄKOLOGE ZUM KNUDDELN mit Sascha Hehn als schmierlappiger Frauenarzt mit Frisurenproblem. Februar Eine ärztliche Untersuchung ergibt, daß der Intelligenzquotient aller VIVA-Moderatoren zusammen unter dem eines geistig zurückgebliebenen Meerschweinchens liegt. Nils Hoppelzwerg, pupsnasiges Backfisch-Idol und bunthaarige Mitesserplantage mit der erotischen Ausstrahlung einer benutzen Konfirmanden-Unterhose, beschließt daraufhin, sein Gehirn der Mikrobiologie zu spenden. Das Angebot muß jedoch abgelehnt werden, weil man es nicht finden kann. März Ferdy Kogel, der Möllemann unter den Programmdirektoren, bietet nach nur einem halben Jahr an, SAT.1 zu verlassen und VOX zum neuen Marktführer zu machen. Sein Angebot, Gottschalks Schwager und Harald Schmidts Nachbarn für nur 12 Trillionen Mark als Zugpferde mitzubringen, um die Konkurrenz ein für allemal wegzublasen, wird abgelehnt mit dem Hinweis, daß dann eine Atombombe doch billiger wäre. April Maggi Schreinemakers präsentiert nach dem Wechsel zu RTL ihre mit Spannung erwartete neue Unterhaltungs-Talk-Show: DANN HEUL DOCH – LIVE. Vorgesehen ist eine anrührende Sendung von 14 Tagen Länge im zweiwöchentlichen Rhythmus, rund um Sachen, die einfach betroffen machen und die möglichst auch noch irgendwie mit Sex zu tun haben. Mai Auf Anraten des deutschen Gesundheitsamts wird die Kelly Family unter Quarantäne gestellt. Das mehrmonatige Auftrittsverbot für die musizierende Mülldeponie wird begründet mit akuter Infektionsgefahr für das Publikum, nachdem sich herausstellte, daß sämtliche
Familienmitglieder Haarewaschen aus religiösen Gründen ablehnen und in ihrer Unterwäsche Pilze züchten. Juni Die ARD brennt! Dr. Alfred Biolek, verfressener Talkmaster und MiktrowellenMagier, läßt in seiner Fertiggerichts-Show MIRACOLISSIMO versehentlich den Herd an, wodurch zunächst die Küche und danach die komplette ARD-Sendeleitung abfackelt. Bio nimmt es gelassen, nennt seine neue Sendung FEURIO BIO und heiratet den Opa aus der KnorrFamilie. Juli Ulrich Wickert hört einfach nicht auf zu schreiben. Nach UND GOTT SCHUF PARIS – UND DANN MURUROA sowie seinen PhilosophieSamplern EHRLICH, ICH BIN IMMER DER DUMME und DAS TEURE BUCH DER TUGENDEN nervt Wicki nun mit der autobiografischen Fortsetzung seines Erstlingsmachwerks: UND GOTT SCHUF MICH UND WURDE NEIDISCH! August Nach Ilona Christens Mega-Erfolg als zickige Clementine-Nachfolgerin in den ARIEL-Spots beschließen nun auch ihre Talk-Kollegen, sich für die jeweils passenden Produkte zur Verfügung zu stellen. Die Highlights: Hans Meiser wirbt für Kukident, Arabella für Plantagentrunk, Bärbel Schäfer für Hakle-feucht, und Jürgen Fliege wird der neue HustinettenBär. September Durch Serien wie KOMMISSAR REX, ZWEI PARTNER AUF SECHS PFOTEN, TRIO MIT ZWEI HIRNEN oder DETEKTIV BANDWURM – ZWEI KUMPEL UND EIN SCHEISSHAUS stellt sich heraus, daß Tiere viel billiger sind als Schauspieler und zudem noch höhere Quoten bringen. Die Folge: Horst Tappert und Fritz Wepper werden ersetzt durch einen altersschwachen Basset und einen kastrierten Langhaardackel, Carolin Reiber durch die Milka Kuh und Maren Gilzer duch einen Begrenzungspfahl mit Mini-Rock. Oktober Erdbeben in Bayern! Durch einen folgenschweren Zufall stürzen gleichzeitig Günther Strack und die Wildecker Herzbuben bei der gemeinsamen Oben-ohneJazz-Gymnastik zu Boden, was ein Beben der Stufe 11 auf der Richterskala zur Folge hat. Tragisch: Der gesamte MUTANTENSTADL versinkt in einer Erdspalte. Erfreulich: Er taucht nicht wieder auf. November
Michael Jackson tritt zum zweiten Mal bei WETTEN DASS auf, da er ohnehin in Deutschland auf einen Kindergeburtstag eingeladen war. Durch ekstatisches Genitalienschlagen beim Tanzen fällt ihm am Ende der Darbietung überraschend ein Ei aus der Hose. Die bleiche SängerKlöte wird meistbietend versteigert und geht für 12 Mark 50 an Patrick Lindner, dem sowieso seit mehreren Jahren zwei fehlen. Dezember Am Heiligen Abend geschieht ein Wunder: Ein Engel steigt vom Himmel und verwandelt alle doofen Showmaster und Schlagersänger in Toastbrot. Vorteil: Niemand auf der Welt muß mehr hungern. Nachteil: Alle überfressen sich und Ulrich Wickerts Buch UND GOTT ERSCHUF DEN DARMVERSCHLUSS hält 16 Monate Platz eins der Bestsellerliste!
Interview mit Oliver Kalkofe FOCUS Online: Der erste deutsche Fernsehstar, der Sie angezeigt hat, war Klaus Baumgart von Klaus & Klaus. Sie nannten ihn vor einem Jahr „Speckboulette“. Wie haben Sie sich mit ihm geeinigt? Kalkofe: Erst kürzlich, außergerichtlich. Ich darf ihn weiter nennen, wie ich will. Ich nehme nichts zurück. Und er kommt demnächst in meine Sendung. Ich hatte ihm ja damals in der Gottschalk-Show angeboten, daß ich mich an den Stuhl fesseln lasse und mir seine neue CD anhöre. FOCUS Online: Mit welchen Prominenten haben Sie sich noch geeinigt? Kalkofe: Mit niemanden. Dieter Thomas Heck hat mal über die Lizenzrechte versucht, mich zu verklagen. Da haben wir uns aber schnell geeinigt. Das hätte auch keinen Sinn für ihn gehabt. Ansonsten war nichts. Es gibt aber positive Geschichten. Marianne und Michael habe ich zum Beispiel mal getroffen. Er war ganz lustig, sie war bestürzt. Er meinte immer: Du mußt doch nicht so böse Sachen sagen. Du bist doch so ein sympathischer junger Mann. Du kannst doch auch was Nettes sagen. Er versuchte mich zu bekehren. Das hat aber nicht ganz geklappt. Dann habe ich Wolfgang Lippert getroffen. Der wußte nicht viel von mir, weil die harten Sachen über ihn im Radio liefen. Ich habe zwei nette Abende mit ihm verbracht. Er hat selbst Bier gezapft, weil die Theke zu war. Er macht immer Scheiß- Sendungen, ist aber ein netter Typ. FOCUS Online: Vielleicht ist ja so mancher Promi froh, in Ihrer Sendung erwähnt zu werden. Motto: Lieber schlechte Werbung als gar keine. Kalkofe: Ja, der Effekt kommt jetzt langsam. Ein nettes Beispiel ist Michael Schanze. Er versuchte mich dauernd privat zu erreichen. Er hatte meine Sendung über seinen „Flitterabend“ gesehen und sich mit seiner Frau richtig darüber amüsiert. Und dann habe ich mich lange mit ihm unterhalten. Er erzählte mir, was er an der Sendung furchtbar findet. Das ist einer, der über sich selber lachen kann. Später kam ich dann mal nach Hause und hatte Michael Schanze auf meinem Anrufbeantworter. Er fragte: Hast Du die Super-Hitparade der Volksmusik gesehen? Ich schicke Dir ein Band, schau Dir das an. Toll! Michael Schanze gibt mir schon Tips. Es kippt so langsam um. Ich habe auch schon was von Koschwitz gehört. So langsam kehrt der Effekt ein, daß die Leute wissen: Was da gesagt wird, ist nicht so ganz ernst zu nehmen. Ich bin sowas wie Tom & Jerry der Medienkritiker. Die Leute kriegen es ja so hart mit dem Hammer, daß man es nicht so ernst nehmen kann. FOCUS Online: Wieso sind Sie TV-Kritiker geworden?
Kalkofe: Erstmal habe ich keine Berufsbezeichnung für mich. Irgendeiner hat mal gesagt, ich sei ein knolliges Furunkel am Arsch der Unterhaltung, und das fand ich eigentlich ganz schön. Ich bin es geworden, weil ich fernsehsüchtig gewesen bin. Ich glaube, ich bin es immer noch. Aber ich sehe mich gerne als Ex-Junkie. Fernzusehen und damit umzugehen ist sozusagen das Methadonprogramm. Ich bin als Kind mit dem Fernsehen aufgewachsen. Ich komme aus Peine, der Stadt des gelebten Mittelmaßes. Fernsehen ist dort das Größte. Man wird ein Leben lang mit der Fernsehware vollgestopft und irgendwann sagt man: Scheiße, was ist denn aus mir geworden? Da bin ich doch nicht alleine Schuld dran. Erst war Frust da, aber ich habe ja nicht aufgehört fernzusehen, nur bestimmte Sachen zu sehen. Dann kam mir die Idee, das Fernsehen mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen. Ich bin unfair, ungerecht und beleidigend.Also alles, was man nicht sein sollte, weil jeder Kritiker versuchen sollte, möglichst Objektivität zu wahren. Und Kritik soll möglichst konstruktiv sein. So ein Quatsch! Meine Zuschauer sollen sich das nur anhören und anfangen zu denken. FOCUS Online: Dann kritisieren Sie doch einmal konstruktiv! Was müssen die Fernsehmacher besser machen? Kalkofe: Wenn es überhaupt noch etwas gibt, für das man plädieren kann, dann nicht für die Anhebung des Niveaus. Das ist ein Wert, den man nicht messen kann. Sondern für Nischen. Oder Mut. Damit kann man auch etwas erreichen. Beides gibt es nicht mehr im Fernsehen. FOCUS Online: Demnächst gibt es Dutzende neuer Digital-Programme. Was glauben Sie, kommt da auf uns zu? Kalkofe: Irgendwie finde ich es natürlich großartig, wenn es einen Angler-Kanal gibt, wo den ganzen Tag einer am Aquarium sitzt und die Rute reinhält. Wenn es irgendwelche blöden Angler gibt, die sich das ansehen – na bitte. Solange sie nicht mit Drogen handeln oder Autos aufbrechen, sollen sie sich lieber anschauen, wie irgendwelche Karpfen totgeschlagen werden. FOCUS Online: Verspricht das interaktive Fernsehen ein besseres Fernsehen? Kalkofe: Das ist ja das Allerschlimmste, wenn Oma Dickarsch aus Bad Salzufflen mir sagt, wie der Krimi ausgehen soll. Der Zuschauer soll zuschauen und nicht Programm machen. Es gab ja schon so etwas Ähnliches: „Stunde der Entscheidung“ auf RTL. Eine groß geplante Serie, die gottseidank nach zwei Folgen abgesetzt wurde. Da hatte jeder 50-Pfennig-Heimatroman mehr inhaltliche Tiefe. Eine Frau, die mit ihrem ekligen, widerlichen, hundsgemeinen Chef schlafen soll, sonst würde er ihrem Mann kündigen und jedes dritte neugeborene Kind in der Stadt umbringen oder so ähnlich. Und da sollten die Zuschauer noch ernsthaft
entscheiden: Soll sie oder nicht? Und was machen die doofen Zuschauer? Sie sind so dumm und moralisch und wollen diese Frau beschützen und sehen dafür den langweiligen Schluß. Anstatt den spannenden Weg zu wählen und sie in ihr Unglück laufen zu lassen. Wenn das die Zukunft des Fernsehens ist – Gnade uns Gott.