Duell der Giganten
Zweikampf um die Macht in der Schwarzen
Galaxis von Marianne Sydow
Atlan - König von Atlantis - N...
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Duell der Giganten
Zweikampf um die Macht in der Schwarzen
Galaxis von Marianne Sydow
Atlan - König von Atlantis - Nr. 482
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In das Geschehen in der Schwarzen Galaxis ist Bewegung gekommen – und schwerwiegende Dinge vollziehen sich. Da ist vor allem Duuhl Larx, der verrückte Neffe, der für gebührende Auf regung sorgt. Mit Koratzo und Copasallior, den beiden Magiern von Oth, die er in seine Gewalt bekommen hat, rast er mit dem Organschiff HERGI EN durch die Schwarze Galaxis, immer auf der Suche nach weiteren »Kollegen«, die er ihrer Lebensenergie berauben kann. Der HERGIEN folgt die GOL'DHOR, das magische Raumschiff, mit Koy, Kolphyr und vier Magiern an Bord. Die Pthorer sind Duuhl Larx auf der Spur, um ihm seine beiden Gefangenen abzujagen, und nähern sich dabei dem Zentrum der Schwarzen Galaxis. Atlan und Razamon sind in Etappen ebenfalls in die Nähe des Ortes ge langt, an dem die Geschicke der Schwarzen Galaxis gelenkt werden. In der Lebensblase, in die sie sich in höchster Not retten konnten, wer den sie zu Zeugen dramatischer Ereignisse. Der Arkonide und der Berser ker erfahren zuerst die Entstehungsgeschichte des Dunklen Oheims – dann erleben sie das DUELL DER GIGANTEN …
Die Hautpersonen des Romans:
Vaalyn - Eine weiße Alvin im Bann des Dunklen Oheims.
Kil'Dhun - Der Hornige faßt einen schweren Entschluß.
Ruxur - Kil'Dhuns Vertrauter.
Der Dunkle Oheim - Das schwarze Ungeheuer ist stärker als je
zuvor.
Vamyn - Ein körperloses Wesen auf Kontaktsuche.
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1.
Kil'Dhun beobachtete voller Entsetzen die Alven, die kaum hundert Meter von ihm entfernt miteinander kämpften. Ihm war nicht klar, worum es bei diesem Kampf ging. Die beiden Gruppen waren aufeinandergetroffen und ohne weitere Umstände übereinander hergefallen. Vielleicht handelte es sich um die Bewohner von Dörfern, die schon seit längerer Zeit miteinan der verfeindet waren, aber er glaubte nicht daran. Er meinte spüren zu können, daß die dunkle Wesenheit, die man einmal als YEPHENAS II bezeichnet hatte, sich dem Planeten weiter genähert hatte. Von diesem Ding ging etwas Böses aus, das alle Wesen streitsüchtig werden ließ. Der Hornige wertete den Kampf der Alven als ein Indiz da für, daß der Einfluß dieser Wesenheit auf den Planeten Ritiquian stärker geworden war. Obwohl es völlig sicher war, daß die Alven ihn nicht sehen konnten, wenn er es nicht wollte, zog Kil'Dhun sich hinter einen verwitterten Felsen zurück. Er konnte die Bilder des Schreckens nicht ertragen. Voller Sehn sucht dachte er an die Vergangenheit und an das Leben auf den Inseln. Er hatte das Spiel verloren, ehe es noch recht begonnen hatte. Im Nach hinein war ihm klar, daß die Seele von Pthor es von Anfang an gewußt hatte: Es war absolut sinnlos, den Versuch zu unternehmen, irgend etwas ändern oder verhindern zu wollen. YEPHENAS II hatte sich von dem po sitiven Teil der Superintelligenz, zu der die schwarze Wesenheit gehört hatte, getrennt und ging nun ihren eigenen Weg. Es schien, als gäbe es nichts, wodurch sie sich aufhalten ließ. Er war in der Hoffnung nach Riti quian gekommen, daß es ihm gelingen würde, die Alven gegen die bösarti ge Ausstrahlung zu immunisieren. Er selbst war unempfindlich gegen das, was von der schwarzen Wesenheit ausging. Sollte es nicht auch anderen Intelligenzen möglich sein, sich YEPHENAS zu widersetzen? Aber als er Pthor endlich verlassen konnte, hatte sich die Wesenheit schon seit Wochen in diesem Sonnensystem aufgehalten. Es war zu spät gewesen. Die Schreie der Alven erstarben. Kil'Dhun zwang sich dazu, um den Felsen herumzugehen und nach unten zu sehen. Es war ein schlimmer Anblick. Die kleinen Zweibeiner hatten sich ge genseitig umgebracht. Keiner war davongekommen. Mutlos wandte Kil'Dhun sich wieder ab. Ratlos sah er sich um. Seit mehreren Tagen befand er sich auf der Suche nach dem pyramidenförmi gen Beiboot, mit dem er nach Ritiquian gekommen war. Er hatte auf die sem Planeten nichts mehr verloren. Es war Zeit, zu den beiden Inseln zu rückzukehren. Allerdings hatte er nicht die Absicht, wieder nach Pthor zu
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gehen. Er wollte den Steuermann dazu überreden, ihn auf der zweiten In sel abzusetzen, deren Namen er nicht kannte. Vielleicht gab es dort noch andere Hornige, die wie Kil'Dhun immun waren und mit denen er sich ver bünden konnte. Aber er fand das Boot nicht. Dabei hatte er sich so genau wie möglich an den Weg gehalten, auf dem er den Landeplatz verlassen hatte. Am Abend war er an Charrans zerstörtem Dorf vorbeigekommen. Er erinnerte sich genau an die Form der beiden Felsen, an denen er vorbeigekommen war, ehe er dieses Dorf vor einigen Tagen entdeckt hatte. Aber als er die Felsen erreicht hatte und in die Richtung blickte, in der das Beiboot stehen mußte, hatte er es nicht sehen können. In den nächsten Stunden suchte er die ganze Gegend ab. Ritiquian be fand sich nahe dem galaktischen Zentrum. Der Himmel wurde nachts nie mals dunkel. Es war hell genug, daß man alles deutlich erkennen konnte. Kil'Dhun fand die Spuren, die der weiße Alve mit seinen Begleitern hin terlassen hatte, als er das Dorf verließ, aber das Boot war und blieb ver schwunden. Schließlich sah er ein, daß es keinen Sinn hatte, der Wahrheit aus dem Wege zu gehen. Er näherte sich den Felsen und wanderte dann zu der Stel le, wo das Beiboot hätte stehen müssen. Im sandigen Boden zeichneten sich noch immer die Abdrücke ab, die das Boot hinterlassen hatte: Kil'Dhun suchte vergeblich nach einer Bot schaft des Steuermanns. Dieses seltsame, künstliche Wesen hatte es nicht für nötig gehalten, Kil'Dhun von dem bevorstehenden Start zu verständi gen. Der Hornige starrte in den sternklaren Himmel hinauf. Er fühlte sich entsetzlich einsam. »Irgendwann werden Tapheen hier landen«, sagte er zu sich selbst. »Dann kann ich Ritiquian verlassen.« Er klammerte sich an diesen Gedanken, denn er wollte sich nicht damit abfinden, daß er dazu verurteilt war, sein Leben auf dem Planeten der Al ven zu beenden. Ich muß in eines der großen Dörfer gehen, von denen Charran mir er zählt hat, dachte er. Dahin, wo die weißen Alven hausen. Bei ihnen werden die Tapheen zuerst auftauchen. Er rief sich alles ins Gedächtnis, was Charran über diese großen Dörfer berichtet hatte. Sie sollten ebenfalls an den Ufern des Binnenmeers liegen. Charran hatte jedoch nie gesagt, in welche Richtung man sich wenden mußte. »Ich habe Zeit«, murmelte Kil'Dhun vor sich hin. »Ich werde diese Dör fer finden.« So verließ er den Landeplatz und wanderte parallel zum Ufer des Bin
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nenmeers nach Norden, viele Tage hindurch. Manchmal stieß er auf kleine Ansiedlungen – überdachte Mulden, in denen die kleinen Häuser der Al ven vor dem Licht der Sonne geschützt waren. Aber alle Dörfer, die er fand, waren verlassen. Häufig entdeckte er die Spuren furchtbarer Kämpfe, aber niemals sah er tote oder verletzte Alven. Als er schon glaubte, daß die Zweibeiner sich unter dem Einfluß der schwarzen Wesenheit vollständig ausgerottet hatten, erspähte er ein klei nes, schwarzes Segel weit draußen auf dem Wasser. Er beobachtete es ge spannt. Es wurde größer, und bald konnte er die Stelle ausmachen, an der das Schiff landen würde. Er verschwendete keinen Gedanken an die Möglichkeit, daß ihm von den Alven Gefahr drohen könnte, sondern lief zu dem voraussichtlichen Landeplatz, stellte sich auf einen Felsen, nahm eine auffällige Färbung an und winkte heftig. Das Schiff kam auf Rufweite an das Ufer heran. Eine Ankerkette rassel te, dann tauchte eine ätherisch wirkende, bleiche Gestalt an der Reling auf. »Wer bist du?« rief der weiße Alve. »Was tust du in dieser Gegend?« Kil'Dhun winkte wieder, antwortete aber nicht. Der weiße Alve zögerte. Schließlich entfernte er sich von der Reling, dann sprangen drei schwarze Alven in ein kleines Boot, das am Heck des Schiffes befestigt war, und ru derten auf den Felsen zu. Kil'Dhun wartete geduldig. »Wer bist du?« fragten auch sie. »Woher kommst du? Was willst du von uns?« »Nehmt mich mit«, bat der Hornige. »Es gibt kein Leben mehr an dieser Küste. Die Einsamkeit ist unerträglich.« Die Alven lebten in Sippenverbänden. Selbst vor den boshaften Göttern, von denen sie sich beherrscht glaubten, hatten sie nicht soviel Angst wie vor der Einsamkeit. Kil'Dhun wußte das und hatte sein Argument danach gewählt. Es verfehlte denn auch seine Wirkung nicht. Einer der Alven streckte ihm die Hand hin und half ihm an Bord. Wenig später stand er dem weißen Alven gegenüber. Er war weiblichen Geschlechts und hatte eine fast durchscheinende Haut und ein zartes Ge sicht, das von riesigen, schwarzen Augen beherrscht wurde. »Ich bin Vaalyn aus Armaklyr«, sagte die Alvin mit einer seltsam wei chen Stimme. »Einen Fremden wie dich habe ich noch niemals gesehen. Woher kommst du?« »Ich bin Kil'Dhun von den Inseln«, erklärte der Hornige höflich. »Wo befinden sich diese Inseln? Wo lebt dein Volk?« Kil'Dhun wußte, daß es keinen Sinn hatte, der Alvin erklären zu wollen, daß er aus dem Weltraum gekommen war. »Die Inseln sind sehr weit entfernt«, wich er aus. »So weit, daß kein Al ve sie jemals gesehen hat. Ist Armaklyr eine Stadt?«
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»Du mußt wirklich von sehr weit her kommen, wenn du das nicht weißt«, sagte die Alvin lächelnd. »Armaklyr ist die Stadt der Bleichen Al ven. Sie liegt dort im Norden, ein paar Tagesreisen von hier entfernt. Es ist …«, das Gesicht Vaalyns verdüsterte sich, »… es war eine schöne und große Stadt, ehe der Wahnsinn dort Einzug hielt. Kannst du mir berichten, wie es hier an der Küste aussieht?« Man konnte die Alven nicht unbedingt als ein sanftmütiges Volk be zeichnen, aber sie waren auch alles andere als kriegslüstern gewesen, be vor die schwarze Wesenheit sie beeinflußt hatte. Ritiquian war eine harte, rauhe Welt. Die Alven hatten es niemals nötig gehabt, sich gegenseitig zu dezimieren, denn die Natur selbst sorgte dafür, daß sie sich nicht ins Ufer lose vermehrten. »Wie äußerte sich der Wahnsinn, der Armaklyr erfaßte?« erkundigte sich Kil'Dhun. Vaalyn wandte sich ab. »Die Alven fielen übereinander her«, sagte sie so leise, daß der Hornige sie kaum verstehen konnte. »Viele starben schon während der ersten Wel le. Andere töteten sich selbst, als sie wieder zu sich kamen und sahen, was sie angerichtet hatten. Dann kam die zweite Welle, und die Überlebenden von Armaklyr zogen aus, um sich unsere Welt Untertan zu machen. Sie brachten Tausende von Gefangenen in die Stadt. Dann kamen die Riesen von den Sternen. Sie nennen sich Tapheen. Sie brachten Waffen mit, ge gen die selbst die wilden Völker der südlichen Sümpfe sich nicht werden wehren können.« »Die Tapheen sind also schon gelandet!« stieß Kil'Dhun hervor. »Ja. Sie hausten furchtbar unter den Gefangenen. Sie sehen aus wie wir, aber sie sind so entsetzlich groß … und sie sind wahnsinnig! Sie verlan gen, daß die Leichen aller im Kampf getöteten Alven zu ihnen gebracht werden.« »Was machen sie damit?« »Ich weiß es nicht. Sie haben Schiffe, mit denen sie zu den Sternen flie gen können. Sie laden die Leichen ein und fliegen damit davon – niemand weiß, wo ihr Ziel liegt.« Kil'Dhun dachte voller Schrecken an die Experimente, die die Tapheen unternommen hatten, bevor sie mit YEPHENAS II zu dieser langen Reise aufgebrochen waren. Sie hatten versucht, mechanische Geräte durch orga nische Einheiten zu ersetzen – wahrscheinlich war auch das auf den Ein fluß der dunklen Wesenheit zurückzuführen. »Wenn der Wahnsinn sie befällt«, fuhr Vaalyn fort, »dann stürzen sie sich auf alles, was sich bewegt. Sie töten mit den bloßen Händen, sie durchstoßen Wände und zerschlagen Türen. In diesem Stadium sind sie ra sende Bestien.«
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»Ja«, murmelte Kil'Dhun deprimiert. »Dieses schwarze Ding hat sie verändert. Sie waren schon früher keine besonders angenehmen Zeitgenos sen, aber seit der Reise mit YEPHENAS …« »Wer ist YEPHENAS?« wollte Vaalyn wissen. »Eine Wesenheit«, antwortete Kil'Dhun und war sich dabei der Tatsa che bewußt, daß die Alvin ihn nicht verstehen würde. Es mußte zwangs läufig über den Verstand dieses Wesens hinausgehen, daß da draußen et was existierte, das sich aus den Bewußtseinen von Abermillionen Indivi duen zusammensetzte und sich dennoch als eine Persönlichkeit empfand. »Ein Ding, das riesengroß und schwarz ist. Es ist mächtiger, als alle eure Oheime zusammen. Es wird euch vernichten.« »Da braucht es nicht mehr viel zu tun«, meinte Vaalyn nüchtern. Kil'Dhun wurde von der Sehnsucht nach den Inseln fast überwältigt. An Bord des alvischen Schiffes herrschte zwar Frieden, aber er spürte nur zu deutlich, daß dies kein stabiler Zustand war. Schon die nächste Welle der bösartigen Impulse mochte auch Vaalyn und ihre Leute mitreißen. »Wenn es so mächtig ist«, sagte Vaalyn nachdenklich, »dann ist es si cher einer von den Göttern.« »Nein«, sagte Kil'Dhun heftig. »Es ist kein Gott. Es ist der negative Bruchteil eines uralten Volkes.« »War der andere Teil gut?« »Ich glaube schon.« »Kann man diesen guten Teil herbeirufen?« Kil'Dhun schimpfte sich später einen Narren, daß er die Gefahr nicht er kannt hatte, aber in diesem Augenblick hatte er nichts als die Vergangen heit und die Inseln im Kopf. »Er ist zu weit von uns entfernt, in einer anderen Welt. Nur mit den In seln könnten wir zu ihm gelangen, und es ist zweifelhaft, ob uns das wei terbringen würde. Dieser gute Teil ist zu Höherem berufen. Möglicherwei se hat er sich schon in eine Materiequelle verwandelt. Mit so einem Gebil de kann man nicht mehr reden. Es hat keine Verbindung mehr zu unseren Problemen.« »Und das andere … Wesen, von dem du gesprochen hast – wird das auch in diese andere Welt gehen?« Kil'Dhun stutzte. »Es wäre möglich«, sagte er überrascht. »Ja, mehr als das! Es wird sich in eine Materiesenke verwandeln. Wenigstens nehme ich das an. Die Fra ge lautet nur: Wie lange dauert das?« Vaalyn wandte sich ab. »Wir segeln weiter!« rief sie den anderen Alven zu. »Beeilt euch!« »Wohin fahren wir?« fragte Kil'Dhun. »Nach Süden«, erwiderte Vaalyn.
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»Und was tun wir dort?« »Ich werde diesen schwarzen Gott beschwören.« »Das geht nicht. Es ist kein Gott, und du wirst ihn nicht beeinflussen können.« Die Alvin warf stolz den Kopf zurück. »Ich bin Vaalyn«, verkündete sie, und ihre Stimme klang lauter als sonst. »Mir gehorchen alle Götter von Ritiquian.« Kil'Dhun fühlte sich plötzlich schwindlig. Er schob es darauf, daß der Boden unter seinen Füßen schwankte. Vaalyn war offenbar kein Name im eigentlichen Sinne, und die Planeta rierin war auch keine gewöhnliche weiße Alvin. Sie war vielmehr so etwas wie eine Hohepriesterin. Es wurde eine ziemlich anstrengende Reise. Das Binnenmeer war sehr seicht, und die häufig auftretenden, heftigen Stürme wühlten das Wasser so stark auf, daß wandernde Schlammbänke entstanden. Unter diesen Um ständen war es den Alven nie gelungen, zuverlässige Schiffsrouten zu er kunden. Außerdem waren sie miserable Seefahrer, und das Schiff ent sprach ihrem Können – es war schwer zu manövrieren, krängte bei jeder Gelegenheit so stark, daß Kil'Dhun um sein Leben fürchtete, und zeigte ei ne fatale Neigung, sich bei stärkerer Belastung in seine Einzelteile aufzu lösen. Der Hornige hatte schon bald das Gefühl, daß bestenfalls die eine Hälfte der Mannschaft nach ihrem seemännischen Können ausgesucht wurde. Bei der anderen Hälfte kam es wohl mehr darauf an, daß sie aus möglichst flinken Handwerkern bestand. Das Schiff hielt sich stets in der Nähe der Ufer, und je weiter sie nach Süden vordrangen, desto häufiger sahen sie kleine Häfen mit Fischerboo ten darin – aber keinen einzigen lebenden Alven. Ein paarmal gingen sie an Land, und Kil'Dhun ließ sich anfangs die Gelegenheit nicht entgehen, sich ebenfalls umzusehen. Dabei spielte für ihn auch das Motiv eine große Rolle, endlich wieder einmal festen Boden unter den Füßen zu spüren. Aber so angenehm das auch sein mochte – bald verzichtete er auf diese Wohltat, denn die Bilder des Schreckens wurden immer unerträglicher. Wenn YEPHENAS II so weitermachte, würde das Volk der Alven aus sterben. Schon jetzt waren viele Landstriche völlig entvölkert. Die Überle benden verließen ihre geschützten Dörfer und zogen raubend und plün dernd durch das Land. Wo solche Gruppen sich begegneten, kam es zu mörderischen Auseinandersetzungen. Für Kil'Dhun wurde es immer deutlicher, daß die Alven selbst dann, wenn genug von ihnen überlebten und die schwarze Wesenheit sie – frei willig oder gezwungen – aus ihrem Einfluß entließ, für immer durch diese schrecklichen Ereignisse geprägt sein würden. Er hoffte nur, daß sie nicht ähnlich wie die Tapheen reagierten.
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Seltsamerweise blieben Vaalyn und ihre Mannschaft normal. Es gab Streitigkeiten an Bord, aber sie hatten ganz triviale Ursachen, und niemals kam es dabei zu ernsten Folgen. Das gab ihm zu denken. Während um sie herum ein ganzer Planet im Chaos versank, bildete das Schiff eine Insel des Friedens. Er begann sich zu fragen, ob Vaalyn vielleicht doch eine ge heime Kraft besaß, mit deren Hilfe sie sich und ihre Leute vor dem Ein fluß der Wesenheit bewahrte. Endlich, es mochte der zwanzigste Tag der Reise sein, tauchten weit vor ihnen pilzähnliche Gebäude auf, mit riesigen Dächern, die aus Sumpfgrä sern geflochten waren, und Mauern aus gebranntem Lehm. »Das ist Gorgossul«, erklärte Vaalyn, die neben Kil'Dhun an der Reling stand. »Dort werde ich den Dunklen Oheim beschwören.« »Wen?« fragte der Hornige verblüfft. »Den Dunklen Oheim«, wiederholte Vaalyn geduldig. »Ich habe das finstere Wesen so genannt. Es braucht einen Namen, damit ich es rufen kann, und der Name muß zu ihm passen und ihm gefallen.« Kil'Dhun sah beklommen zum nächtlichen Himmel auf, und er erschrak, als er mitten in dem Gewimmel der unzähligen Sterne einen schwarzen Fleck entdeckte. Es war widersinnig und unglaubwürdig – aber fast wollte es ihm schei nen, als sei YEPHENAS II auf dem Wege nach Ritiquian, um Vaalyns Be schwörungen huldvoll entgegenzunehmen.
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2.
Die Wesenheit hatte sich niemals darüber Gedanken gemacht, woher die Energie kam, die sie brauchte. Solange sie nur ein Teil der Superintelli genz YEPHENAS gewesen war, hatte sie das auch gar nicht nötig gehabt. Sie nahm sich, was sie brauchte. Woher der Nachschub kam, ging sie nichts an. Aus einem geheimen Reservoir floß ihr Lebenskraft zu. Sie verbrauchte die meiste Energie dazu, in der Mächtigkeitsballung für Unfrieden zu sor gen. Sie fühlte sich wohl, wenn Krieg zwischen den Sternen herrschte, wenn lebende Wesen litten und haßten, und wenn sie sich wohl fühlte, wuchsen ihre Kräfte – sie hatte das jedoch nie in einen logischen Zusam menhang gebracht. Jetzt bedauerte sie es, daß sie all das als selbstverständlich hingenom men hatte. Sie hätte beizeiten nachforschen sollen, woher sie nach der Trennung das nehmen konnte, was sie am Leben erhielt und ihr half, ihre Form zu bewahren. Allerdings hatte die Wesenheit flüchtig an dieses Pro blem gedacht, es jedoch als nicht dringlich verdrängt. Sie war so unvor stellbar groß und so sehr mit Energie angefüllt, daß es ihrer Meinung nach sehr lange dauern würde, bis sie in Not geriet. Dabei hatte sie jedoch eines nicht bedacht: Sie hatte nicht nur ihre Exi stenz zu erhalten, sondern mußte darüber hinaus die beiden Dimensions fahrstühle beeinflussen. Sie hatte die beiden Inseln mitgenommen, weil ein seltsamer Instinkt ihr dazu riet. Insgeheim hatte sie gehofft, daß die We sen, die die Inseln bevölkerten, sie mit jener Atmosphäre von Haß und Verzweiflung zu versorgen vermochten, in der sie sich so besonders stark fühlte. Aber irgend etwas war schiefgegangen. Auf der einen Insel hatten die Tapheen wie die Wilden gehaust und so viele Inselbewohner getötet, daß die Zahl derer, die danach noch fähig waren, Haß zu entwickeln, sehr gering anmutete. Immerhin war diese Insel aber doch von allerlei bösarti gen Gefühlen überschwemmt worden. Die andere dagegen erwies sich als nutzloser Ballast. Schon seit einiger Zeit hatte die Wesenheit bemerkt, daß ihre Kräfte nachließen. Es wurde Zeit, diese Reise abzubrechen. Dennoch floh sie im mer weiter, getrieben von der Angst, von dem gutartigen Teil der Superin telligenz verfolgt zu werden. Dann aber kam der Augenblick, der alles entschied. Die Wesenheit tauchte mit den beiden Inseln aus einem Dimensionskor ridor auf und spürte einen Sog, der aus ihr selbst heraus zu kommen schi en. Etwas zerrte an ihr, wollte sie zusammendrängen, bis sie nur noch ein punktförmiges Gebilde in der Unendlichkeit war.
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Die Wesenheit erschrak. Instinktiv wußte sie, was dieser Vorgang zu bedeuten hatte. Sie stand im Begriff, sich in eine Materiesenke zu verwandeln. YEPHENAS I hatte es ihr prophezeit. Sie hatte geglaubt, sich durch die Trennung und die Flucht diesem Schicksal entziehen zu können. Nun mußte sie erkennen, daß ihr positiver Gegenspieler recht behalten würde. Wie hatte der Raumfahrer vom Volk der Inselbewohner eine Materie senke beschrieben? »Eine Materiesenke ist ein Gebiet, aus dem nichts mehr herauskommt, weil es nichts mehr in ihm gibt. Eine absolute Leere, in der selbst die Zeit aufhört, zu existieren.« Erst jetzt begann die Wesenheit zu ahnen, was das bedeutete. Wenn sie dem Sog erlag, würde alles in ihr zum Stillstand kommen. Sie würde nicht mehr fähig sein, zu denken und zu handeln, und es würde keine Möglich keit mehr für sie geben, auf das Geschehen in ihrer kosmischen Umge bung Einfluß zu nehmen. Mehr noch – die Zone der Stille würde sich bis zu einem bestimmten Punkt ausdehnen und die Wesenheit endgültig vom Universum isolieren. Das gewaltige schwarze Gebilde wurde von Panik erfaßt. Es versuchte, dem Sog entgegenzuwirken und sich auszudehnen. Anfangs ging das rela tiv leicht, und die Wesenheit triumphierte bereits – da wurde der Sog stär ker, und sie begann erneut, in sich selbst zusammenzustürzen. Verzweifelt kämpfte der negative Teil der Superintelligenz YEPHEN AS gegen das unerbittliche Schicksal an. Es pulsierte förmlich in dem Verlangen, den grauenerregenden Sog zu überwinden. Dabei schleuderte es haßerfüllte Impulse um sich, die den Planeten Ritiquian ergriffen. Es war reiner Zufall, daß dort ein Volk wohnte, das auf diese Impulse spontan reagierte. Die Alven gerieten in Raserei. Die Gefühle, die sie da bei entwickelten, bildeten ein Echo zu den Impulsen, die die Wesenheit aussandte. Und da diese alvischen Gefühle besonders stark in der Phase der Kontraktion auftraten, gelangten sie beinahe automatisch mit der schrumpfenden bösartigen Aura in die Nähe der Wesenheit. Anfangs begriff YEPHENAS II nicht, was da geschah. Er spürte ledig lich, daß er nach jeder Phase des Kampfes stärker wurde. Er versuchte, in einer dieser Phasen mit den Inseln zu fliehen, denn er glaubte noch, daß das Auftreten des Soges mit dem Sonnensystem zusammenhing, in dem er gelandet war. Aber als er sich langsam von seinem Standort entfernte, blieben die stärkeren Impulse aus, und fast hätte er es nicht mehr ge schafft, sie wiederzufinden. Von da an war er vorsichtiger. Er erkannte den Planeten Ritiquian als Quelle jener Kräfte, die ihm half, dem Sog zu widerstehen, und er steuerte den Planeten an. Um sich so schnell wie möglich Klarheit über die Her
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kunft der Impulse zu verschaffen, sandte er eines der würfelförmigen Kon taktelemente aus, damit es den Planeten erforschte. Eine Gruppe von Ta pheen erhielt die Aufgabe, den Roboter an sein Ziel zu bringen. Während die Tapheen mit einem ihrer Beiboote starteten, löste die We senheit sich von den beiden Inseln, ohne ihnen indessen die Freiheit zu schenken. Aus der schwarzen Hülle, die die Dimensionsfahrstühle fast lückenlos umschlossen hatte, wurde ein mächtiger Ring, der sich um den Planeten schlang. Die Wesenheit hätte gerne auch diese Welt ganz und gar eingehüllt, denn nur so konnte sie sicher sein, daß keiner der wertvollen Impulse ihr entging. Aber die Bildung einer Kugelschale, die den Planeten in sich ein schloß, überstieg bereits ihre Möglichkeiten. Sie hätte zu viel Kraft verlo ren. Die Ringgestalt dagegen bot viele Vorteile. Voller Unruhe wartete die Wesenheit auf das, was das Kontaktelement über die Bewohner des Planeten zu berichten hatte. Voller Entsetzen sah Kil'Dhun den schwarzen Ring entstehen. Er befand sich noch immer auf dem Schiff, das mittlerweile in einem kleinen, natür lichen Hafen in der Nähe der pilzförmigen Gebäude festgemacht hatte. Die Alven waren fast vollzählig an Land gegangen. Der Hornige hörte manch mal ihre Stimmen. Sie durchstöberten die Gebäude und die sich an den Tempelbezirk anschließende Stadt. Es war Nacht, und die unzähligen Ster ne des galaktischen Zentrums spendeten ein milchiges Licht, in dem die Tempelgebäude wie urweltliche Riesenpflanzen aussahen. Kleine Wellen liefen träge den sandigen Strand hinauf. Dann aber verdunkelte sich der Himmel. Die Sterne wurden zu düster glimmenden Punkten. Kil'Dhun spähte beunruhigt zu ihnen hinauf. An fangs glaubte er noch, daß Wolken die Verfinsterung verursachten. Erst als die rußige Schwärze sich zusammenzog und sich allmählich über dem Gebiet des Äquators konzentrierte, begriff er, was da geschah. Vom Ufer drang wüstes Geschrei zu ihm herüber. Er ahnte, daß nun auch Alven von der Schiffsmannschaft von der Raserei ergriffen wurden, die die schwarze Wesenheit durch ihr bloßes Vorhandensein auslöste. Er hielt es nicht länger auf dem Schiff aus. Vorsichtig kletterte er über Bord. Direkt neben der Schiffswand begann ein Weg, der ans Ufer führte. Dieser Weg bestand aus großen Ballen von weichen, schwimmfähigen Wassermoosen, die mit Stricken verschnürt und mit schweren Steinen am Boden verankert waren. Der kleine Hornige hörte das Wasser unter seinen Füßen glucksen, als er über diese schwankende Fläche eilte. Er konnte zwar schwimmen, aber er mochte das nasse Element nicht. Er fürchtete, in der immer undurchdringlicher werdenden Finsternis den Weg zu verfeh len, aber er gelangte trockenen Fußes an den Strand. Lauschend blieb er stehen. Das Geschrei schien von allen Seiten gleich
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zeitig zu kommen. Allmählich hörte er jedoch heraus, daß es in der Nähe der Tempelgebäude besonders laut zuging. Der Boden war sandig und naß. Der Hornige arbeitete sich mühsam durch ein Labyrinth von kleinen Vegetationsinseln, zwischen denen schmale Trampelpfade hindurchführten. Nur einmal versuchte er, den Weg abzukürzen und eine der Inseln zu durchschreiten. Er stellte fest, daß die Pflanzen in kleinen, schlammigen Wasserlöchern wuchsen und stachlige Halme besaßen, die scharf genug waren, um selbst seinen hornigen Panzer zu zerkratzen. Er hatte kaum die Hälfte der Entfernung zu den Tempelgebäuden zu rückgelegt, als am Himmel ein pulsierender Lichtpunkt auftauchte. Kil'Dhun blieb wie erstarrt stehen. Winzige Tiere krochen aus dem feuch ten Boden und stiegen an ihm empor, um sich an den Panzerrändern fest zusetzen und sein Blut zu trinken – er spürte es nicht. Er sah nur diesen Punkt, der suchend hin und her glitt und immer näher kam, sich dann her absenkte und zu einem leuchtenden Quadrat anwuchs. »Die Tapheen!« flüsterte Kil'Dhun, und er schwankte zwischen über schäumender Freude und lähmendem Entsetzen. Das landende Raumschiff bot ihm die Chance, Ritiquian zu verlassen und zu den Inseln zurückzukehren. Gleichzeitig aber bedeutete die An kunft der Tapheen, daß die schwarze Wesenheit auf die Alven aufmerk sam geworden war. Ein hohles Rauschen erfüllte die Luft, und ein plötzlicher Windstoß beugte die Halme der Pflanzen fast bis zum Boden herab, als das Raum schiff landete. Kil'Dhun erkannte, daß es sich um ein Beiboot handelte. Das hieß, daß nur wenige Tapheen gekommen waren. Die anderen waren oben auf der Insel Pthor geblieben. Das bedeutete, daß die Insel immer noch nicht frei war, garantierte aber auch, daß das Boot nach Pthor zurückkehren würde. Kil'Dhun lief so schnell er konnte auf den Landeplatz zu. Die stachel übersäten Kanten der Halme rissen blutende Wunden in die weiche Vor derseite seines Körpers, aber er achtete nicht darauf. Erst in unmittelbarer Nähe des Bootes verlangsamte er sein Tempo. Als er schließlich das Raumschiff vor sich sah, hätte er beinahe einen triumphierenden Schrei ausgestoßen. Die Rampe war leer. Niemand hielt Wache. Kil'Dhun schlich vorsichtig an Bord. Hinter der Schleuse fand er einen Raum, in dem er Kontakt zum Steuermann aufnehmen konnte. »Du bist Kil'Dhun«, stellte das Kunstwesen fest. »Ich habe dich zu die sem Planeten gebracht.« Der Hornige war überrascht darüber, daß das Wesen dies so unumwun den zugab.
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»Warum bist du gestartet?« fragte er vorwurfsvoll. »Du solltest auf mich warten.« »Es ging nicht«, behauptete der Steuermann lakonisch. »Und warum nicht?« »Die Tapheen haben uns bedroht«, gab der Steuermann widerwillig zu rück. »Wir sind eine Gemeinschaft, mußt du wissen. Ich bin nur ein Teil unseres Körpers. Die Tapheen hätten die anderen Teile vernichtet, wenn ich nicht ihren Befehlen gehorcht hätte.« Kil'Dhun sah den weißlichen Organklumpen, der zwischen zwei Gerä ten hervorgequollen war, betroffen an. Er war sich der Tatsache bewußt, daß er nur einen winzigen Teil des Steuermanns sah. Der Rest des künstli chen Wesens steckte überall im Schiff. Aber auch wenn der Hornige be reits gelernt hatte, diese Teile ebenfalls als Steuermann anzuerkennen, fiel es ihm schwer, sich ein Wesen vorzustellen, das nicht nur in unzählige Fä den aufgeteilt war, sondern sich auch noch in den anderen Schiffen fort setzte. »Das wußte ich nicht«, murmelte er hilflos, und bitterer Zorn erfaßte ihn. »Ich hoffe, daß die Tapheen für das, was sie dir angetan haben, büßen müssen. Was für eine Existenz!« Er sprach es nicht aus, aber er fand, daß die Vernichtung, der Tod auf jeden Fall das kleinere Übel im Vergleich, mit dieser Art zu leben, war. »Es ist halb so schlimm«, behauptete der Steuermann jedoch. »Ich hän ge an meinem Leben. Was willst du von mir?« »Ich verlange nichts von dir«, versicherte Kil'Dhun hastig. »Ich möchte mich nur an Bord verstecken und bitte dich, mich nicht an die Tapheen zu verraten.« »Das kann ich nicht tun.« »Aber dieses Boot ist meine einzige Chance, nach Pthor zurückzugelan gen!« »Du irrst dich«, widersprach der Steuermann gelassen. »Es fliegen häu fig Schiffe zwischen diesem Planeten und Pthor hin und her. Sie holen die toten Alven ab und bringen sie auf die Insel.« Kil'Dhun stellte bestürzt fest, daß er über seiner Aufregung ganz verges sen hatte, was Vaalyn ihm erzählt hatte. »Was fangen die Tapheen mit den Alven an?« wollte er wissen. »Sie werden aus ihrer Körpermasse andere künstliche Wesen herstel len«, erklärte der Steuermann ungerührt. In Kil'Dhun rastete etwas aus. »Und das laßt ihr zu?« schrie er empört. »Was sollen wir sonst tun?« »Ihr könnt den Gehorsam verweigern. Die Tapheen haben sich von euch abhängig gemacht …«
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»Wir werden nicht mehr einsam sein. Sie werden weitere Steuermänner schaffen, mit denen wir in Verbindung treten können. Das ist wichtig für uns.« »Was für ein Wahnsinn!« stöhnte Kil'Dhun auf. »Dieser verdammte YEPHENAS!« »Er hat nichts damit zu tun«, behauptete der Steuermann. »Es ist ein Plan, den die Tapheen ohne seine Hilfe geschmiedet haben. YEPHENAS ist unzufrieden mit seinen Dienern, und sie wollen seine Gunst zurückge winnen.« »Sie sind ihm treu ergeben.« »Offenbar nicht treu genug. Warum sollte YEPHENAS sich wohl sonst für die Bewohner dieses Planeten interessieren? Ich hatte ein Kontaktele ment an diesen Ort zu bringen. Es ist die erste Mission, die von der We senheit direkt angeregt wurde.« Kil'Dhun sah sich erschrocken um. »Wo ist das Kontaktelement?« fragte er. »Draußen.« »Was tut es dort? In welche Richtung hat es sich gewandt?« »Ich weiß es nicht. Wenn du es erfahren willst, solltest du es suchen. Wenn du aber hier im Schiff bleibst, werde ich den Tapheen deine Anwe senheit melden müssen. Sie haben mir verziehen, aber dich werden sie zur Rechenschaft ziehen. Sie waren sehr wütend über den Diebstahl des Schif fes.« Kil'Dhun wandte sich schweigend ab. Er verließ das Schiff, und von der Rampe aus sah er hellen Feuerschein in der Nähe der Tempelgebäude. Schreie klangen aus dieser Richtung herüber – Schreie, bei denen ihm das Blut in den Adern gefror. Schwankend stand er am oberen Rand der Rampe. »Ich muß wieder hineingehen«, sagte er zu sich selbst. »Ich muß den Steuermann zwingen, mir zu gehorchen. Ich weiß, daß ich es kann. Sie werden die anderen Teile dieses Wesens nicht vernichten, denn dadurch lähmen sie sich selbst, und daran kann auch das schwarze Monstrum nicht interessiert sein. Aber ich bin dann frei. Ich muß heraus aus dieser Hölle.« Er erschrak über sich selbst. Wie kam er auf diese Idee? Hatte der Einfluß dieses schwarzen Unge heuers seine Gedanken bereits vergiftet, ohne daß er den Wechsel bemerkt hatte? Unsicher blickte er zu der undurchdringlichen Schwärze auf, die hoch über ihm die Sterne verdeckte. »Nein«, murmelte er verbissen. »Ich werde nicht auf dich hereinfallen, und diese bedauernswerte Kreatur wird nicht meinetwegen noch mehr lei den müssen!«
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Entschlossen setzte er sich in Bewegung. Im Norden und im Süden waren wieder die Sterne zu sehen. Die Schwärze bildete jetzt eine fest umrissene Zone, einen gewaltigen Balken, der sich von einem Horizont zum anderen erstreckte. Kil'Dhun wußte, was das bedeutete: YEPHENAS II hatte nach langer Zeit wieder Ringgestalt angenommen. Aber während der ursprüngliche YEPHENAS einen erhe benden Anblick geboten hatte, war diese schwarze Form unheimlich und abstoßend. Ein leichter Wind erhob sich und trug Gerüche zu ihm herüber, vor de nen er zurückschreckte. Es roch nach Rauch und Blut. Gleichzeitig wurde es sehr still. Als er die letzte Vegetationsinsel umrundete und die frei Fläche zwi schen den hohen Tempelbauten vor sich sah, blieb Kil'Dhun stehen. Was er sah, traf ihn so schwer, daß er nicht einmal mehr fähig war, Entsetzen zu empfinden. Innerlich stumpf und taub ging er schließlich weiter, an den lodernden Feuern vorbei, zwischen denen die Alven lagen, deren Schreie er gehört hatte. Zuerst dachte er noch, daß wieder einmal die Raserei über sie hereinge brochen war, aber schon bald erkannte er seinen Irrtum. Diese Wesen hat ten sich nicht gegenseitig getötet. Keines von ihnen hatte eine Waffe ge tragen. Mit leeren Händen waren sie zum Tempel gekommen – und geop fert worden. Man hatte ihnen das Ende nicht leicht gemacht. Von dem Platz mit den Feuern führte ein gepflasterter Weg zum höch sten der fünf Tempelgebäude. Im flackernden Feuerschein sah Kil'Dhun düsterrote Flecke auf dem grauen Stein. Er folgte der Spur und gelangte an ein Tor. Er legte die Hand auf den Griff und stieß das Tor auf. Eine Halle lag vor ihm voller Rauch. Er hörte das dumpfe Pochen einer Trommel und sah, wie durch dichten Nebel hindurch, die Silhouetten von Alven, die um ein großes Feuer im Mittelpunkt der Halle tanzten. Eine klagende Stimme erhob sich zu einem seltsamen Singsang. »Vaalyn!« flüsterte Kil'Dhun und stürmte vorwärts. Er erreichte den Platz in der Mitte der Halle gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie die weiße Alvin den rechten Fuß auf die unterste Stufe des Podests setzte, auf dem das Feuer brannte. Sie hörte auf zu singen, und die Tänzer standen ganz still. Kil'Dhun sah Vaalyn von der Seite, und er er schrak, als er das trunkene Lächeln auf ihrem Gesicht entdeckte. Gleich zeitig begriff er, was als nächstes geschehen würde. »Nein!« schrie er wild. Seine Stimme ging unter in einem gewaltigen Dröhnen. »Nein!« sagte auch eine andere Stimme, die den ganzen Tempel erbe ben ließ. »Haltet sie auf!« Die Tänzer wirbelten herum und sprangen zu Vaalyn hinauf, die im Be
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griff stand, sich in das Feuer zu stürzen. Sie rissen die weiße Alvin zurück. Vaalyn blieb benommen auf der untersten Stufe des Podests liegen. Kil'Dhun wich erschrocken zurück, als er das würfelförmige Ding sah, das durch die Rauchschwaden glitt und erst vor Vaalyn anhielt. »Wenn ihr alle sterbt«, sagte das Kontaktelement der schwarzen Wesen heit, »dann ist der Dunkle Oheim ohne Diener. Darum soll es für heute ge nug sein. Ihr werdet weitere Opfer beschaffen, aber sie sollen nicht aus dieser Stadt stammen.« Vaalyn richtete sich auf, aber nur um sich vor dem Roboter zu Boden zu werfen. »Wir gehorchen!« rief sie, und Furcht schwang in ihrer Stimme mit. »Der Dunkle Oheim«, fuhr das Kontaktelement fort, »wird die anderen Götter verbannen. Ihr braucht euch von jetzt an nicht mehr um sie zu küm mern.« »Wir danken dem Dunklen Oheim!« antwortete Vaalyn. »Wir werden ihm dienen. Sage uns, was wir tun sollen!« »Ihr werdet alle Alven zu seinen Dienern machen«, verkündete das Kontaktelement. »Ihr werdet keinen Widerspruch dulden und jeden, der sich dem Dunklen Oheim widersetzt, bestrafen.« »Wir werden es tun!« versprach Vaalyn feierlich. Kil'Dhun beobachtete die Szene wie betäubt. Jetzt hat YEPHENAS es begriffen, dachte er. Er weiß, woher er neue Kräfte beziehen kann. Er wird die Alven nie mehr aus seinen Klauen las sen. Diese armen, unwissenden Kreaturen werden bis in alle Ewigkeit kei ne andere Aufgabe haben, als seinen Hunger zu stillen. Ich kann nichts mehr tun. Der Bund ist besiegelt.
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3.
Kil'Dhun blieb. Er hätte sich an Bord eines der Schiffe schleichen können – nachdem er wußte, daß die Steuermänner ihn verraten würden, wäre es ihm sicher gelungen, sich selbst vor ihnen verborgen zu halten. Aber er tat es nicht. Er wollte wissen, was geschah, wie es weiterging. Vaalyn gewöhnte sich schnell daran, die Befehle des Kontaktwürfels zu befolgen. Erstaunlich schnell, wie Kil'Dhun fand. Er hätte die Alvin anders eingeschätzt, stolzer und unabhängiger. Während der Reise war er zu dem Schluß gelangt, daß Vaalyn sich den Impulsen der schwarzen Wesenheit entziehen konnte und daß sie gerecht war. Jetzt geriet diese Überzeugung ins Schwanken. Irgendwann in diesen Jahren hörte man endgültig auf, von »weißen Al ven« zu reden. Man nannte sie die »Bleichen Alven« – als passe diese Verbindung besser zum Dunklen Oheim, dem man huldigte. Aber es war kein so großer Unterschied mehr zwischen den weißen und den schwarzen Zwergen vorhanden. Die Unterteilung lief allein darauf hinaus, daß es gute Diener des Dunklen Oheims gab, aber auch solche, die Fehler begingen. Unter Vaalyns Herrschaft beging ein Alve nur einmal einen Fehler. Da nach war er dazu nicht mehr imstande. Es wurden Eroberungsfeldzüge durchgeführt. Noch immer gab es Land striche, in denen intakte Dörfer existierten, Dörfer, in denen noch die alte Ordnung herrschte. Dort stand ein Oheim einer großen Sippe vor. Die Oheime waren die ersten, die starben. Die damit führerlosen Sippen brauchten Jahre, um sich soweit zu erholen, daß sich einige Angehörige auf die überlieferten Sitten besannen. Anfangs suchte Kil'Dhun solche Al ven und unterstützte sie. Es war nicht sein Werk, wenn sie rebellierten, aber er fühlte sich trotzdem schuldig, wenn er vor ihren Überresten stand, denn ohne ihn hätten sie meistens weit früher die Waffen gestreckt. Er begann Vaalyn zu hassen. Er sah sie oft von weitem, und es waren nie erfreuliche Anlässe, aus denen heraus sie an die Öffentlichkeit trat. Binnen weniger Jahre wurde sie zur unumschränkten Herrscherin von Riti quian. Den einzigen Alven, der ihr hätte Einhalt gebieten können – jenen Oheim, der ihre Sippe anführte –, brachte sie eigenhändig dem Dunklen Oheim zum Opfer dar. Und sie mordete weiter, bis die Sippe einem Mann Gehorsam schuldete, der niemals stark genug sein würde, sich gegen Vaa lyn zu wenden. Rund fünfzig Inseljahre später war Vaalyn eine Greisin, aber sie regierte immer noch, Kil'Dhun dagegen spürte, daß es Zeit für ihn wurde. Schon vor sehr langer Zeit hätte er seinen Nachfolger gebären sollen, je nen Hornigen, der wie er und doch ein wenig anders war. Er hatte den
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Zeitpunkt immer wieder hinausgeschoben. Nun aber hatte er die Wahl, entweder ohne Nachfolger zu sterben oder die Fortsetzung seiner eigenen Existenz in diese von Blut, Haß und Verzweiflung beherrschte Welt zu stoßen. Er fragte sich, ob je zuvor ein Horniger eine so entsetzliche Entschei dung hatte treffen müssen. Wie gelähmt saß er auf einem Hügel, als er spürte, daß sein Körper ihm den Gehorsam zu verweigern begann. Er wuß te, was das bedeutete. Er mußte sich entscheiden, oder die Zellen nahmen die verjüngende Teilung ohne seine Einwilligung vor. Dann aber würde es ihm nicht gelingen, seinem Nachfolger sein Wissen, seine Meinungen, sei nen Glauben und seine Hoffnungen zu übermitteln. Es würde kein Nach folger werden, sondern ein ganz neues Wesen, das unwissend und verletz lich in diese Welt trat. Der Gedanke erschreckte ihn so sehr, daß er einen schweren Entschluß faßte. Er war fast so schwer wie der, endgültig sterben zu wollen. Er verließ den Hügel und ging davon, auf die pilzförmigen Silhouetten zu, die sich am Horizont erhoben. Vaalyn hatte diesen Ort zu ihrer Residenz erhoben. Die Tempelbauten waren erneuert und erweitert worden, aber an ihrer ursprünglichen Form hatte sich wenig geändert. Als Kil'Dhun den Platz vor den Bauten betrat, loderten dort Feuer – ihm schien, als wären sie seit jener schrecklichen Nacht niemals erloschen. Er gelangte in den Palast, ohne von einem Alven gesehen zu werden. Wie ein Schatten schlich er durch Gänge, deren Böden mit kostbaren Tep pichen belegt waren. An den Wänden hingen Lampen, die ein mildes Licht verbreiteten. Es waren elektrische Lampen, von Tapheen produziert und installiert. Und die Fallen, die Vaalyn vor unerwünschten Besuchern schützen sollten, stammten ebenfalls von Tapheen. Kil'Dhun achtete kaum auf die Fallen. Er kannte jede einzelne von ih nen, denn sie waren schon in derselben Bauweise in den Raumschiffen der Tapheen enthalten gewesen. Geduldig wartete er vor Vaalyns Tür, bis ein paar Alven kamen und Speisen und Getränke brachten. Blitzschnell huschte er hinter ihnen durch die offene Tür und verbarg sich abermals, diesmal in einem hinten offenen Behälter, der riesige, zusammengerollte Zeichnungen enthielt. Es dauerte lange, bis Vaalyn endlich allein in ihren Gemächern war. Kil'Dhun spähte zwischen den Rollen hindurch und sah sie am Fenster ste hen und auf den See hinausblicken, und er wunderte sich darüber, daß sie sich noch immer so gerade hielt und so elastisch wirkte. Nur der fast kahle Schädel deutete das hohe Alter Vaalyns an. Er trat vorsichtig aus seinem Versteck hervor. »Ich könnte dich jetzt töten!« sagte er. »Du bist ohne deine Wächter,
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und die Flucht aus diesem Palast wäre ein Kinderspiel für mich.« Vaalyn hatte sich hastig umgedreht und starrte den kleinen Hornigen mit brennenden Augen an. Sie schien aber keine Angst vor ihrem Besu cher zu haben. »Dein Volk würde deinen Tod feiern«, fuhr Kil'Dhun fort. »Du legst of fenbar keinen großen Wert darauf, dich bei den Alven beliebt zu machen!« Vaalyn schien ihn nicht gehört zu haben. Sie streckte dem Hornigen die Hände hin und kam mit schnellen Schritten auf ihn zu. »Kil'Dhun!« rief sie verwundert. »Ich hatte dich schon fast vergessen – oder besser gesagt: Ich hatte angenommen, daß du auf dem schnellsten Wege in deine Heimat zurückgekehrt bist.« Der Hornige wich zur Seite aus. Er sah die Hände der Alvin und dachte daran, wie viele ihrer Artgenossen durch sie den Tod gefunden hatten. Es ekelte ihn vor diesen Händen. Vaalyn blieb stehen und runzelte die Stirn. »Ich hätte dich für vernünftiger gehalten«, sagte sie vorwurfsvoll. Kil'Dhun fand, daß diese Begegnung eine Form annahm, die er nicht hatte vorhersehen können und die ihm nicht gefiel. Aber er mußte sich um seines Nachfolgers willen Gewißheit verschaffen. »Warum bist du so grausam?« fragte er. »Handelst du aus eigenem An trieb so, oder richtest du dich nach Befehlen, die der Dunkle Oheim dir gibt?« Vaalyn lachte nervös auf, drehte sich abrupt um und kehrte zum Fenster zurück. »Das ist es also«, murmelte sie. »Du bist nicht einverstanden mit der Art und Weise, in der ich dem Dunklen Oheim diene, nicht wahr? Wie würdest du es tun?« »Mit einem solchen Wesen macht man keine Geschäfte!« »Das ist keine Antwort, Kil'Dhun. Warum versuchst du nicht, dich in meine Lage zu versetzen? Für den Dunklen Oheim wäre es leicht, mein Volk auszurotten. Keiner von uns würde überleben. Soll ich eine solche Katastrophe heraufbeschwören, indem ich dem Dunklen Oheim den Ge horsam verweigere?« »Er würde euch nicht töten. Er braucht euch.« »Was für ein Unsinn! Er ist mächtig. Er würde einfach weiterziehen und sich ein anderes Volk von Dienern suchen!« Kil'Dhun spürte die Schwäche in seinem Körper. Er war nicht in der La ge, sofort zu antworten. Vaalyn legte sein Schweigen falsch aus. »Das macht dich nachdenklich, wie?« fragte sie spöttisch. »Was hast du eigentlich von mir erwartet? Daß ich alles bereue und gelobe, von nun an um das Leben jedes einzelnen Alven zu kämpfen? Die Opfer, die der Dunkle Oheim uns abverlangt, können die Existenz unseres Volkes nicht
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gefährden …« »Ihr macht euch zu Handlangern einer unvorstellbar bösen Macht!« stieß Kil'Dhun hervor. »Es wäre besser, zu sterben, als sich diesem … die sem Ding zu unterwerfen!« »Oh nein, Kil'Dhun«, erwiderte Vaalyn lächelnd. »Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Der Dunkle Oheim ist mächtig, das stimmt, aber ob er auch böse ist … Unsere alten Götter haben uns nicht gerade verwöhnt. Solange wir ihnen dienten, ist unser Volk kaum gewachsen, und es hatte auch kaum Zeit, etwas dazuzulernen. Der Oheim dagegen sorgt für uns.« »Ja«, sagte Kil'Dhun bitter. »Ich habe gesehen, wie er das tut und auch, wie du ihm dabei hilfst. Wie denken eigentlich deine Opfer darüber, wenn du sie quälst, anstatt ihnen wenigstens einen schnellen Tod zu gewähren? Aber wahrscheinlich irre ich mich auch da, und die Schreie, die aus dei nem Tempel dringen, sind in Wirklichkeit Lobeshymnen an den Dunklen Oheim.« »Spott paßt nicht zu dir«, stellte Vaalyn fest. »Und was die Opfer be trifft, so wird es nicht mehr lange nötig sein, Alven zu töten.« »Was um alles in der Welt habt ihr vor?« rief Kil'Dhun bestürzt. »Was hat dieses Ungeheuer euch versprochen?« Vaalyn ging lächelnd zu dem Kasten, hinter dem Kil'Dhun sich verbor gen gehalten hatte, und zog eine der Rollen heraus. Sie löste eine dünne Kordel, und das dicke Papier aus dem Mark der Sumpfgräser entrollte sich träge. Kil'Dhun starrte benommen auf das, was mit sorgfältigen Strichen darauf gezeichnet war. »Ein Raumschiff!« flüsterte er. »Das darf nicht wahr sein!« »Es ist ein Raumschiff«, bestätigte Vaalyn ruhig. »Ein solches Schiff wird in einer von den Tapheen geleiteten Werft auf der anderen Seite des Sees gebaut. Es ist bald fertig. Weitere Schiffe werden folgen.« »Aber ihr seid noch nicht soweit. Ihr könnt keine Raumschiffe bauen. Ihr habt eine so hohe Technologie noch gar nicht entwickelt!« Er schwieg erschrocken, und in Vaalyns Augen blitzte es zornig auf. »Wir können es durchaus!« sagte sie hart. »Die Tapheen bringen uns al les bei, was wir wissen müssen. Vielleicht werden die ersten Versuche nicht sehr erfolgreich sein, aber wir werden es schaffen.« »Ja, natürlich«, lenkte der Hornige ein. »Und was dann? Wollt ihr an Bord der Schiffe fliehen?« »Sei nicht albern! Wir werden nur wenige Schiffe bauen können, weil es uns an Rohstoffen fehlt. Dieser Planet ist keine sehr reiche Welt. Die Schiffe werden außerdem verhältnismäßig klein sein. Sie sollen vorerst nur unsere kosmische Umgebung erkunden. Sie werden andere Planeten finden, auf denen es ebenfalls intelligente Wesen gibt und die reichere Vorkommen an Bodenschätzen aufweisen. Auf diese Welten werden wir
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Alven entsenden, die diese Wesen zwingen, größere und bessere Schiffe für uns zu bauen, und diese Wesen werden es auch übernehmen, die Opfer für den Dunklen Oheim zu stellen.« Kil'Dhun schwieg lange Zeit, und auch Vaalyn sagte vorübergehend kein Wort mehr. Sie schien von der Zukunft zu träumen. »Ihr wollt fremde Völker versklaven«, sagte Kil'Dhun schließlich. »Begreifst du überhaupt, was dieser Plan bedeutet?« »Ich glaube schon«, murmelte Vaalyn spöttisch. »Ihr stellt euch auf eine Stufe mit diesem Monstrum. Man wird den Pla neten verfluchen, auf dem ihr entstanden seid.« »Wir werden über dieses Sternensystem herrschen!« versetzte Vaalyn ärgerlich. »Nur der Dunkle Oheim wird über uns stehen. Wir werden je dem anderen Volk überlegen sein.« »Was für ein Wahnsinn!« sagte Kil'Dhun leise, und er sprach mehr zu sich selbst als zu der Alvin. »Wie konnten die Mächte unseres Universums es nur zulassen, daß ein solches Monstrum entstand? Warum halten sie es nicht wenigstens jetzt auf und verwandeln es in das, was es zu werden hat – in eine Materiesenke? Vielleicht ist es ihm wirklich gelungen, sich sei nem Schicksal zu entziehen – das wäre furchtbar!« »Der Dunkle Oheim wird ewig leben!« versicherte Vaalyn mit so viel Ehrfurcht, daß ihre Stimme zu vibrieren begann. »Ich kann nur hoffen, daß du unrecht hast«, flüsterte Kil'Dhun. Vaalyn lächelte spöttisch. Sie wandte sich zur Seite und blickte auf einen Vorhang, hinter dem der Eingang zu einem Nebenraum verborgen war. »Was soll ich mit ihm anfangen, Gylarph?« fragte sie laut. Kil'Dhun erschrak fast zu Tode, als er den würfelförmigen Roboter er blickte, der sich hinter dem Vorhang hervorschob. Er schalt sich einen Narren, daß er nicht alle Räume gründlich durchsucht hatte, ehe er sich hervorwagte. Entsetzt spürte er die bösartige Ausstrahlung der Maschine. »Schon wieder du«, sagte der Kontaktwürfel in der Sprache der Inselbe wohner. »Ich habe mir bereits gedacht, daß wir uns noch einmal sehen würden. Dein Versuch, die Alven gegen mich aufzuhetzen, hat mich sehr amüsiert, Kil'Dhun. Du hast deine Sache gut gemacht.« Der Hornige kämpfte verbittert um seine Fassung. Er wußte, daß nicht die Maschine zu ihm sprach, sondern der Dunkle Oheim selbst. Dennoch verspürte er das dringende Bedürfnis, sich auf den Kontaktwürfel zu stür zen und ihm den Spott auszutreiben. »Du bist alt geworden«, fuhr der Dunkle Oheim fort. »Du hast noch kei nen Nachfolger hervorgebracht. Oh, ich weiß, warum du es bis jetzt ver mieden hast: Du wolltest es nicht auf diesem Planeten tun. Das Warten hat sich gelohnt, Horniger. Du wirst diese Phase des Lebens so beenden, wie
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es sich gehört – unter Freunden. Ich brauche die zweite Insel nicht mehr, sie ist ein nutzloses Land, ausschließlich von Narren wie dir bewohnt.« »Du willst die Inseln freigeben?« fragte Kil'Dhun fassungslos, und er wußte nicht, ob dies nicht vielleicht nur ein Traum war. »Nur eine davon«, korrigierte der Dunkle Oheim. »Pthor soll mir auch weiterhin zur Verfügung stehen. Vielleicht interessiert es dich, daß von den Inselbewohnern keiner mehr am Leben ist. Ich habe sie gebraucht. Verstehst du? Ja, ich sehe, daß du verstehst. Die Tapheen haben sie umge bracht. Sie sind zwar durch die Veränderung, die mit ihnen vorgegangen ist, nicht mehr für alle Zwecke brauchbar, aber in anderer Hinsicht sind sie nützlicher als je zuvor. Sie wirken furchteinflößender, und das gefällt mir. Pthor soll ihnen gehören. Sie würden sich mit den Alven nicht gut vertra gen, und ich brauche beide Völker gleich dringend.« »Du bist ein Scheusal«, flüsterte der Hornige. »Die Inselbewohner wa ren ein uraltes, kluges Volk. Sie liebten den Frieden …« »Genau das war ihr Fehler«, stimmte der Dunkle Oheim zu. »Aber jetzt kann ich mich nicht mehr um dich kümmern. Die Tapheen sind unterwegs zu der zweiten Insel. Da gibt es noch ein paar von diesen friedlichen Nar ren. Ich brauche auch sie. Nur die Hornigen werden übrigbleiben.« »Warum quälst du uns?« fragte Kil'Dhun verzweifelt. »Warum tötest du uns nicht auch, damit es ein Ende hat?« Der Dunkle Oheim lachte. »Eure Verzweiflung tut mir gut«, erklärte er gelassen. »Ihr sollt am Le ben bleiben und auch weiterhin versuchen, meine Pläne zu stören. Ihr wer det niemals Erfolg haben. Aber jede eurer Niederlagen wird mich stärker werden lassen.« »Dann müssen wir es selbst tun!« »Das bringt ihr nicht fertig. Glaubst du, ich hätte nicht an alles gedacht? Du enttäuschst mich, Horniger. Ich dachte, gerade du würdest meine Moti ve verstehen und einsehen, daß ich euch unendlich überlegen bin.« »Du bist arrogant und böse«, schrie Kil'Dhun. »Je mehr ich von dir er fahre, desto stärker hasse ich dich.« »Um so besser. Bringe auch deine Artgenossen dazu, mich so zu has sen, und du rettest einigen Alven das Leben.« »Glaubst du, daß sterbende Alven und der Haß von ein paar Hornigen dich davor bewahren werden, zur Materiesenke zu werden?« Für einen Augenblick blieb es still. »Ja«, antwortete der Dunkle Oheim schließlich. »Ich glaube es nicht nur, sondern ich weiß es. Noch spüre ich den Sog, aber ich werde von Tag zu Tag stärker – es fällt mir leicht, zu widerstehen. Leb wohl, Kil'Dhun!« Der Kontaktwürfel legte eine kurze Pause ein. Dann wandte er sich an Vaalyn. Aber die bösartige Ausstrahlung verschwand, und der Hornige
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wußte, daß der Dunkle Oheim sich zurückgezogen hatte. »Die Tapheen werden ihn übernehmen«, sagte der Roboter zu der Al vin. »Sie werden bald hier sein. Kümmere dich inzwischen um ihn. Der Dunkle Oheim wünscht, daß du alle seine Fragen gewissenhaft und wahr heitsgetreu beantwortest.« Die Maschine glitt davon. Die Alvin war sprachlos vor Staunen, und Kil'Dhun hoffte, daß dieser Zustand noch möglichst lange anhalten möge. Er hatte keine Zeit mehr für weitere Fragen. Er mußte Ordnung in seine Gedanken bringen und eine Entscheidung treffen.
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4.
Die Insel hieß Luckirph. Als Kil'Dhun von den Tapheen dort abgesetzt wurde, hatte er für einen Augenblick das Gefühl, in ein Paradies gelangt zu sein. Luckirph stand zwischen Ritiquian und der hellen, gelben Sonne. Der Wölbmantel sorgte dafür, daß nicht mehr Licht und Wärme die Oberfläche der Insel erreichen konnten, als ihren Bewohnern zuträglich war. Das Land war grün, und blühende Bäume schmückten die sanften Hügel. Aber als der Hornige sich von dem Ort der Landung entfernte, stieß er schon bald auf die Spuren dessen, was hier geschehen war. Der schöne Schein trog. Luckirph war ein Land des Todes. Kil'Dhun stieß auf die Leichen vieler Inselbewohner, und die kleinen Aasfresser, die man vor langer Zeit auf die Insel geholt hatte, waren fett und faul gewor den. In der ersten Stadt, zu der Kil'Dhun kam, fand er ein paar Hornige, die benommen durch die Straßen gingen. Andere hatten sich draußen in der Wildnis versteckt. Kil'Dhun suchte sie zusammen und scheute keine Mü he, ihnen immer wieder zu erklären, worum es ging. Dann kam der Tag, an dem ihm keine andere Wahl mehr blieb. Sein Körper verlangte nach der Verjüngung. Kil'Dhun verbarg sich in einem der hellen, hohen Häuser, und er dachte an die Gesetze, denen die Hornigen stets gehorcht hatten. Er hatte damit gerechnet, jene Vorschrift brechen zu müssen, nach der jeder Hornige einen Nachfolger zu erzeugen hatte, aber daß er noch weit Schlimmeres tun mußte, machte ihm schwer zu schaffen. Sein Körper war so hungrig auf die Veränderung, daß der Prozeß der Verjüngung sich fast explosionsartig vollzog. Das kam den Absichten Kil'Dhuns sehr entgegen. Dem jüngeren Körper blieb keine Zeit, eine ei gene Persönlichkeit zu entwickeln. Die Zellen seines Körpers teilten sich. Die eine Hälfte enthielt alles, was alt und verbraucht war, die zweite Hälfte dagegen war jung und stark. Die verbrauchten Hälften wurden zum Teil abgestoßen und ausgeschieden, zum Teil dienten sie jedoch auch dem jungen Organismus als erste Nah rung. Normalerweise dauerte es viele Inseltage, bis dieser Prozeß abgeschlos sen war. In dieser Zeit übertrug der alte, sterbende Hornige auf seinen Nachfolger all sein Wissen, sofern es wert war, aufbewahrt zu werden, und einen kleinen Teil seiner Persönlichkeit. In Kil'Dhuns Fall ging alles viel schneller, und anstatt einer sorgfältig ausgewählten Kette von Gedanken und Erkenntnissen auf das Gehirn des Nachfolgers zu übertragen, ließ sich
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der Hornige von diesem jungen Gehirn völlig aufsaugen. Er fühlte sich wie ein Mörder, als er vor der toten Hülle stand, in der er so lange gelebt hatte. Hastig wandte er sich ab und verließ das Haus. Die Hornigen ahnten vermutlich, was geschehen war, als sie Kil'Dhun schon nach so kurzer Zeit zurückkehren sahen. Falls einer von ihnen es noch nicht begriffen hatte, so mußte es ihm spätestens in dem Augenblick klar werden, als Kil'Dhun seine Arbeit an der Stelle wieder aufnahm, an der er sie zuvor niedergelegt hatte. Er versuchte, die Hornigen dazu zu animieren, daß sie diese Stadt mit neuem Leben erfüllten. Er beschwor sie, die Inselbewohner und die Zeit der Partnerschaft zu vergessen. Er hatte lange genug ohne Partner leben müssen. Er wußte, daß es nicht immer angenehm war – aber es ging. De nen, die daran zweifelten, berichtete er, wie es ihm ergangen war, und je ne, die zwar guten Willens waren, aber an den zahllosen Schwierigkeiten zu scheitern drohten, überhäufte er mit Arbeit, um sie abzulenken. In dieser Zeit zogen Gruppen von Hornigen durch die ganze Insel und suchten die versprengten Artgenossen zusammen. Die Stadt füllte sich, und neues Leben erwachte in den prächtigen Straßen. Die Hornigen be gannen sich an ihre neue Existenz zu gewöhnen. Ab und zu, in klaren Nächten, saß Kil'Dhun stundenlang auf dem Dach seines Hauses und starrte zum Wölbmantel hinauf. Er konnte Ritiquian nur selten sehen – das Land nahm eine ungünstige Position für solche Beob achtungen ein –, und noch viel weniger vermochte er die winzigen Schiffe der Alven zu erkennen. Aber er stellte sich vor, wie diese Schiffe davo neilten und fremde Planeten überfielen, die Bewohner zu Sklaven machten und einzelne von ihnen nach Ritiquian schafften, um sie dort dem Dunklen Oheim zu opfern. Dann erwachte der Zorn in ihm, und er zerbrach sich den Kopf darüber, was er dagegen unternehmen konnte. Die Jahre vergingen, und Luckirph zog noch immer seine Bahn um die Sonne von Ritiquian. In all der Zeit sahen und hörten die Hornigen von den Tapheen, den Alven und dem Dunklen Oheim nichts. Sie verfügten über kein einziges raumtüchtiges Fahrzeug. Sie lebten im wahrsten Sinne des Wortes auf einer Insel, abgeschlossen von allem, was draußen in die ser Galaxis geschah. Einige Hornige ließen sich von diesem Frieden täu schen. Sie wollten nicht glauben, daß es den Dunklen Oheim immer noch gab. Sie forderten, daß man zur Seele von Luckirph hinabsteigen sollte. Vielleicht, so argumentierten sie, war es doch möglich, Luckirph zu steu ern und zu dem alten Treffpunkt aller Inseln zurückzukehren. Kil'Dhun weigerte sich entschieden, ein solches Risiko einzugehen. »Natürlich kann man Luckirph steuern!« sagte er zu den ungeduldigen Hornigen. »Aber der Dunkle Oheim hat uns freigegeben, und das macht mich mißtrauisch. Es paßt nicht zu ihm. Er will, daß wir das Ritiquian-Sy
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stem verlassen. Was immer sich damit verbindet – es kann nichts Gutes sein. Wir werden stillhalten und warten.« Die Hornigen aber hatten es satt, immer nur zu warten. Insgeheim sehn ten sie sich noch immer danach, neue Partnerschaften eingehen zu können. Die ideale Partnerschaften aber gab es nur zwischen Hornigen und Insel bewohnern, und die konnte man erst dann treffen, wenn man den langen Weg durch die Dimensionskorridore in umgekehrter Richtung zurückleg te. Für Kil'Dhun wurde die Lage kritisch. Nur wenige hielten zu ihm. Zum erstenmal in der Geschichte der Hornigen gab es Zank und Streit unter den Angehörigen dieses Volkes. »Das ist für mich das sicherste Zeichen dafür, daß der Dunkle Oheim noch immer existiert«, erklärte Kil'Dhun seinem Vertrauten Ruxur gegen über. »Sein Gift wirkt auch auf uns. Wir reagieren eben langsamer als an dere Wesen.« Ruxur schwieg lange Zeit. »Sie werden es bald merken«, murmelte er schließlich. »Es wird etwas geschehen. Ich spüre es.« Ruxur war manchmal etwas seltsam, darum dachte sich Kil'Dhun nichts bei dieser Bemerkung. Ruxur war der Nachfolger eines Hornigen, dessen Panzer nicht voll ausgebildet gewesen war, und bei Ruxur hatte sich dieser Körperfehler noch verschlimmert. Als hätte die gnädige Natur einen Aus gleich schaffen wollen, war Ruxur außerordentlich intelligent, manchmal schien es beinahe, als könne er die Zukunft voraussehen. Am Tag darauf verfinsterte sich die Sonne Ritiquian. Dunkelheit senkte sich über das Land. Aus unbekannten Gründen reagierte der Wölbmantel nicht auf diese Lichtschwankungen. Anstatt einen Ausgleich herzustellen, wurde er ungewöhnlich klar, so daß man fast glauben konnte, er würde sich auflösen. Unter den Hornigen brach eine Panik aus, die sich noch verschlimmerte als sie endlich erkennen konnten, was mit der Sonne geschah: Ein giganti scher schwarzer Ring schlang sich um das Gestirn. Kil'Dhun stand regungslos mitten im Getümmel und starrte den Dunklen Oheim an. Die Wesenheit war stärker geworden. Er spürte es, obwohl der Wölb mantel die bösartige Ausstrahlung weitgehend ausschaltete. »Was hat das zu bedeuten?« rief Ruxur ihm zu. Kil'Dhun drehte sich um und sah, wie der andere sich zwischen Horni gen hindurchdrängte, die ziellos durch die Straßen rannten. Plötzlich dach te er wieder an das, was der Dunkle Oheim ihm gesagt hatte. »Hört auf damit!« schrie er seine Artgenossen an. Er packte den, der ihm am nächsten war, am Arm und hielt ihn fest. »Bleib stehen! Du mußt
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die Furcht unterdrücken. Du mußt hoffen und daran glauben, daß es immer noch einen Ausweg gibt, oder du hilfst diesem Monstrum. Unser aller Angst läßt den Dunklen Oheim immer stärker werden!« Der Hornige riß sich los und verschwand im Gewühl. Ruxur war end lich heran und deutete auf die Sonne. »Warum mag er den Platz gewechselt haben?« fragte er. »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Kil'Dhun, »aber es kann eigentlich nur eine Antwort geben: Er ist nicht mehr nur auf Ritiquian angewiesen. Er bezieht seine Nahrung nun auch von anderen Planeten.« Gleichzeitig wurde ihm bewußt, was das bedeutete: Die Alven hatten Erfolg gehabt. Ihre kleinen, erschreckend unvollkommenen Raumschiffe hatten den Abgrund zwischen den Sternen überwinden können, und den kleinen Zweibeinern war es gelungen, fremde Völker zu unterjochen. »Und sie werden weitermachen!« sagte Kil'Dhun entsetzt. »Vaalyn hat te recht – sie werden nach und nach diese Galaxis für den Dunklen Oheim erobern.« Er ließ Ruxur stehen und ging davon. Als er den Zugang zur Seele von Luckirph erreichte, mußte er feststellen, daß andere Hornige weit schneller gewesen waren. Enttäuscht ging er auf eine seltsam flache Gestalt zu, die vor dem Eingang stand und sich bemüh te, ein wenig Ordnung in das Durcheinander zu bringen. »Du bist also auch hier, Ruxur«, sagte er. »Ich hätte dich für vernünfti ger gehalten.« »Ich wußte, daß du kommen würdest«, erwiderte Ruxur. »Du wolltest die Seele warnen, nicht wahr?« »Ja. Sie darf Luckirph nicht aus dem Ritiquian-System hinaussteuern.« »Du hättest dir den Weg sparen können«, murmelte Ruxur bitter. Er nahm Kil'Dhuns Arm und zog ihn vom Eingang weg. »Die Seele weigert sich, Kurs auf den Treffpunkt zu nehmen«, berichte te Ruxur, als sie eine ruhige Ecke erreichten. »Chemman und ein paar an dere wollen sie zwingen, es trotzdem zu tun. Sie sind unten und bereiten die Sprengungen der Anlage vor.« »Diese Wahnsinnigen!« fuhr Kil'Dhun auf. »Ich muß es verhindern!« »Warte!« rief Ruxur. »Ich begleite dich.« »Nein, du bleibst hier. Diesmal habe ich eine Ahnung, Ruxur. Dir darf nichts geschehen, denn du bist sehr wichtig für die Zukunft unseres Vol kes.« Ruxur setzte sich schweigend in Bewegung. Kil'Dhun wußte, daß er keine Zeit mehr verlieren durfte. Er durfte sich unter diesen Umständen nicht auf Diskussionen einlassen. Zum erstenmal in seinem Leben wandte er Gewalt an: Er drehte sich um und rannte auf Ruxur zu, so schnell, daß der andere viel zu spät begriff, was Kil'Dhun im
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Schilde führte. Ruxur prallte rücklings gegen einen Felsen und brach auf der Stelle zu sammen. Kil'Dhun hoffte, daß er den Freund nicht ernsthaft verwundet hatte. Er fühlte sich elend, als er Ruxur verließ. Er hatte den Zugang zur Seele fast erreicht, da kamen Hornige aus der dunklen Öffnung gerannt. Kil'Dhun erkannte Chemman, kümmerte sich aber nicht um ihn, sondern rannte geradewegs in die Öffnung hinein. »Komm zurück!« hörte er Chemman schreien. Eine Druckwelle erfaßte ihn und schleuderte ihn ins Freie. Er prallte ir gendwo auf und hielt sich fest. Der Boden unter ihm schüttelte sich, und Blitze zuckten vom Wölbmantel herab. Das ganze Land geriet in Vibratio nen, und die herrlichen, alten Städte zerfielen. Als Luckirph sich wieder beruhigte, rannte Kil'Dhun erneut in den Schacht hinein. Der Zugang war fast vollständig verschüttet, aber der Hor nige fand einen Spalt, durch den er sich zwängen konnte. Wenig später stand er da, wo sich vor der Katastrophe die Seele manifestiert hatte. Er rief nach ihr, aber sie antwortete nicht. Schlimmer noch: Er spürte nichts von ihrer Anwesenheit. Er wartete geraume Zeit, und als sich nichts änderte, kehrte er mutlos und enttäuscht zur Oberfläche zurück. Vor dem Eingang traf er auf Chemman. »Wie sieht es aus?« fragte Chemman. Er bemühte sich, forsch und selbstsicher zu wirken, aber Kil'Dhun sah deutlich, daß der andere seine Furcht nur mit Mühe im Zaum hielt. »Sie ist tot«, sagte Kil'Dhun. »Ihr habt die Seele von Luckirph getötet.« Chemman wich entsetzt zurück. »Das wollten wir nicht«, flüsterte er. »Wir wollten ihr nur Angst einja gen, damit sie uns endlich gehorchte.« »Es ist jetzt nicht mehr wichtig, was ihr wolltet und was ihr nicht woll tet«, stellte Kil'Dhun nüchtern fest. »Es ist geschehen und läßt sich nicht mehr rückgängig machen. Die Auswirkungen der Explosion beweisen, daß das Signal gegeben wurde. Wir können nur noch hoffen, daß sich keine andere Insel außer Pthor in unserer Nähe befindet, vor allem nicht in ei nem Dimensionskorridor.« Auch diese Hoffnung war vergebens. Es war, als hätte sich alles gegen sie verschworen. Schon wenige Tage später tauchten gleich zwei Inseln im Ritiquian-Sy stem auf. Sie kamen, um zu helfen, aber sie liefen dem Dunklen Oheim ahnungslos in die Falle. Bevor sie jedoch den Dimensionskorridor verlassen hatten, hatten sie den Alarm weitergegeben, und andere Inseln kamen, um nachzuforschen, und auch sie wurden gefangen. »Er wird sie nicht lange festhalten können«, meinte Chemman hoff
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nungsvoll. »Sie sind zu zahlreich und zu stark für ihn.« Kil'Dhun sah zu dem schwarzen Ring auf, der die Sonne umschlang und sich langsam bewegte. »Die Inseln sind machtlos gegen den Dunklen Oheim«, sagte er leise. »Machen wir uns nichts vor – sie haben keine Chance. Er wird sie alle ver sklaven, und ihre Bewohner wird er umbringen, wenn sie sich ihm nicht beugen. Wir müssen Luckirph verlassen, bevor wir an der Reihe sind, und wir müssen auch die anderen Inseln warnen.« »Luckirph verlassen?« fragte Chemman fassungslos. »Wohin sollen wir denn gehen, und wie kommen wir überhaupt von der Insel weg?« »Bevor ich dir darauf eine Antwort gebe«, sagte Kil'Dhun langsam, »muß ich einem Nachfolger ins Leben helfen.« »Aber das ist viel zu früh«, stieß Ruxur, der hinter Chemman stand, her vor. »Du hast doch gerade erst die Verjüngung vollzogen. Du wirst am Le ben bleiben, und es wird zwei von euch geben.« »Das wollen wir hoffen«, erwiderte Kil'Dhun ernst. »Komm mit, Ruxur, ich brauche deinen Rat.« Diesmal dauerte es lange, bis Kil'Dhun zu seinen Artgenossen zurück kehrte. Sein Nachfolger ging neben ihm. Die Hornigen wandten sich ha stig ab, wenn sie dieses mißgestaltete, panzerlose Wesen erblickten. Sein Körper war fast dreieckig, und es hatte keinen erkennbaren Kopf. Die win zigen Ärmchen schienen nur nutzlose Anhängsel zu sein, und die Beine fehlten ganz und gar. An ihrer Stelle dienten dünne, fransenähnliche Aus wüchse zur Fortbewegung. Kil'Dhun aber schien stolz auf seine Fehlschöpfung zu sein, denn er zog seinen Nachfolger mit sich auf die Treppe, die den Hornigen nun schon seit vielen Jahren als Rednerpodium diente. »Wir Hornigen«, sagte Kil'Dhun laut, »sind anscheinend die einzigen Wesen, die dem Einfluß des Dunklen Oheims nicht unterliegen – wenig stens die einzigen unter jenen Völkern, die es bis jetzt mit dem schwarzen Ungeheuer zu tun hatten. Daraus ergibt sich für uns die Verpflichtung, da für zu sorgen, daß die Freiheit in dieser Galaxis nicht ganz und gar in Ver gessen gerät. Gegen den Dunklen Oheim selbst können wir mit unseren bescheidenen Kräften nichts ausrichten, aber wir können die Durchfüh rung seiner Pläne behindern. Dazu müssen wir uns in den Schiffen einni sten. Wir Hornigen können uns in engen Spalten verbergen – aber das kostet uns Kraft. Diejenigen, die heimlich an Bord der alvischen Schiffe leben wollen, werden sich fast ausschließlich in noch engeren Hohlräumen auf halten müssen – oder man wird sie entdecken, und darüber, was dann mit ihnen geschieht, brauche ich euch wohl nichts mehr zu sagen.« Ein schwaches Gemurmel erhob sich. Kil'Dhun lächelte seinem Nach
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folger zu. »Das Gesetz lautet, daß wir unsere Gestalt nicht ohne zwingenden Grund ändern dürfen«, sagte er zu den anderen. »Aber es verbietet uns nicht, uns den Verhältnissen anzupassen. Unsere Nachfolger sollen so be schaffen sein, daß ihre Überlebenschance möglichst groß ist. Ein Wesen mit Hornpanzer und einem Wasservorrat, mit Beinen, die für die Fortbe wegung auf unebenem Boden gedacht sind, und Armen, die uns zum Fest klammern an unseren Partnern verliehen wurden, hätte an Bord eines alvi schen Schiffes nur kurze Zeit zu überleben. Aus dieser Erkenntnis heraus habe ich meinem Nachfolger eine Form verliehen, die eure Augen belei digt, ihm aber dennoch ein hohes Maß an Sicherheit verleiht, und ich habe ihn zu einem Zeitpunkt entstehen lassen, an dem mein eigenes Leben noch längst nicht beendet ist. Ihr alle solltet meinem Beispiel folgen.« Die Hornigen sprangen auf und schrien durcheinander, und der Nachfol ger faßte mit seiner winzigen Hand hilfeheischend nach Kil'Dhuns Arm. »Fürchte dich nicht«, sagte Kil'Dhun sanft. »Versuche lieber, sie zu ver stehen. Ich verlange von ihnen nichts anderes, als daß sie eine viele Jahr tausende alte Tradition aufgeben. Das ist nicht leicht, mein Freund.« Aus dem Chaos am Fuße der Treppe erhob sich eine laute Stimme, die Ruhe forderte. Chemman kämpfte sich durch die Reihen der Hornigen und trat auf die unterste Treppenstufe. Er wies anklagend auf Kil'Dhuns Nach folger. »Wir werden das nicht tun!« rief er. »Wir wollen das bleiben, was wir immer waren, und wenn wir sterben müssen, dann wollen wir es in der Gestalt tun, die wir schon vor unserer Ankunft auf den Inseln hatten.« »Du weißt nicht viel vom Sterben«, sagte Kil'Dhun traurig. »Es gab nur wenige Hornige, denen ein unabwendbares Ende gesetzt wurde. Aber das bedeutet dir jetzt nicht viel. Ich hoffe, daß einige von euch sich eines Bes seren belehren lassen.« Als die Versammlung sich aufgelöst hatte, standen Kil'Dhun, Ruxur und der Nachfolger immer noch auf der Treppe. Das dreieckige Wesen blickte Kil'Dhun ängstlich an. »Kümmere dich nicht um sie«, bat Kil'Dhun das Wesen, das er geschaf fen hatte. »Denke immer an das, was du von mir erfahren hast. Bist jetzt gibt es nur dich. Ruxur hat vielleicht eine Chance, ich aber habe keine. Wenn du merkst, daß es nur noch dich gibt, daß alle anderen Hornigen tot sind, dann streiche alles aus deinem Gedächtnis, was du heute an diesem Ort gehört hast. Ich habe dir absichtlich keine Kenntnisse über die alten Gesetze gegeben. Du darfst dich nicht nach ihnen richten. Du mußt dir so viele Nachfolger schaffen, wie es dir eben möglich ist, damit sie sich auf viele Schiffe verteilen können, und wenn du merkst, daß diese Form nicht ideal ist, dann ändere sie! Man wird euch wie Ungeziefer verfolgen, aber
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ihr dürft niemals euren Auftrag vergessen.« »Ich hoffe, daß du mit mir überlebst«, sagte der Nachfolger. Kil'Dhun schwieg und blickte Ruxur beklommen an. Noch in derselben Nacht landeten im Norden, von Luckirph Raumschif fe. Alven kamen daraus hervor und nahmen alle Hornigen gefangen, die sie finden konnten. Niemand erfuhr jemals, was aus ihnen wurde. Die Überlebenden erkannten, daß Kil'Dhun recht gehabt hatte, und sie folgten seinem Beispiel. Aber nur wenige konnten Nachfolger schaffen, die geeignet waren, sich in den Schiffen für lange Zeit verborgen zu hal ten. Diese wenigen gingen heimlich an Bord eines alvischen Transporters. Ruxur führte sie an. Kil'Dhun wartete, bis er seinen Nachfolger in Sicher heit wußte. Er hörte die Alven, die sich ihm näherten. Als sie ihn erreichten, war Kil'Dhun tot. Kil'Dhuns Nachfolger aber und die, die mit ihm in das fremde Schiff ge gangen waren, vermehrten sich, wie man es ihnen aufgetragen hatte. Sie verteilten sich über viele andere Schiffe, und aus Dankbarkeit Ruxur ge genüber, der – leider für viel zu kurze Zeit – ihr Anführer und Lehrer ge wesen war, nannten sie sich von nun an »Volk von Ruxur« oder einfach nur »Rux«. Sie richteten Schaden an, wo es ihnen nur möglich war. Sie kämpften zäh und verbissen gegen das Übel an, das sich schier unaufhalt sam über die Galaxis verbreitete, und sie erwiesen sich im Lauf der näch sten paar Jahrtausende als so gefährlich für die Pläne des Dunklen Oheims, daß man sie schließlich zum ganz gewöhnlichen Ungeziefer er klärte. Von da an wurden sie gejagt, noch intensiver als vorher und ohne jenen letzten Rest von Achtung, den man auch dem verhaßten intelligenten Geg ner entgegenbringt. Die Rux überlebten in wenigen Exemplaren. Unterworfen wurden sie nie, aber von Bedeutung waren sie fortan auch nicht mehr.
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5.
Viele Jahrtausende vergingen. Die Alven stießen in immer entferntere Be reiche der Galaxis vor. Die Inseln, die nunmehr nur noch als Dimensions fahrstühle bezeichnet wurden, waren zunächst entvölkert worden. An ihren Bewohnern hatte der Dunkle Oheim jenen Hunger gestillt, der aus dem noch immer bestehenden Sog resultierte. Nach wie vor nagte es an ihm, und nur die immer stärker werdende Zufuhr von negativer Lebensenergie schien es verhindern zu können, daß aus YEPHENAS II das wurde, was aus ihm laut YEPHENAS I werden sollte. Aber der Wille des Oheims, diesem Schicksal zu entgehen, war unbän dig stark. Je weiter die Alven in seinem Auftrag vorstießen, desto geringer wurde die direkte Kenntnis des Oheims, was das Schicksal der eroberten Völker betraf. Die Galaxis war für ihn nur noch ein Acker, den man optimal bestellen mußte, damit die Ernte gut ausfiel. Er selbst war der Gutsherr, und die Al ven waren seine Pächter, die gerade eroberten Völker seine Knechte. Was es an guten, positiven Kräften gab, das war wie Unkraut, das man ausrot ten mußte. Aber so, wie ein kluger Bauer hier und da auch dem Unkraut Raum gibt und ein Feld brachliegen läßt, ließ auch der Dunkle Oheim bis weilen die positiven Kräfte ins Kraut schießen. Eine gewisse Portion Un kraut hält den Boden gar und bindet die Schädlinge, stützt empfindliche Kulturpflanzen und bietet ihnen Halt, wenn der Wind sie niederdrücken will. Eine kleine Ration von positiven Kräften übte in den Augen des Oheims dieselbe Wirkung aus. Nichts erzeugt so großen Haß und so ab grundtiefe Verzweiflung, wie enttäuschte Hoffnung es zu tun vermag. Re bellen, die man fast bis ans Ziel gelangen ließ und dann erst aufhielt, de nen man zu verstehen gab, daß man schon seit langem über sie Bescheid gewußt hatte – sie lieferten naturgemäß viel mehr Nahrung als ein gehor samer Untertan, der sein Lebtag die Gesetze befolgt hatte und sein Dasein auf natürliche Weise beendete. Der Dunkle Oheim durchschaute diese Zusammenhänge beizeiten. An fangs mochte er es auf die totale Unterjochung seiner Untertanen abgese hen haben. Schon bald aber erkannte er, daß die totale Sklaverei sein Pro blem nicht lösen konnte. Es gab in seiner Galaxis kein einziges Wesen, das imstande war, ausschließlich zu hassen oder zu verzweifeln. Er be griff, daß entgegengesetzte Gefühle sich nicht immer widersprechen müs sen. Das Gegenteil von Liebe, so lernte er, ist nicht der Haß, sondern Gleichgültigkeit. Um Haß von der allerhöchsten Reinheit zu erzielen, mußte er die, die er zu ernten beabsichtigte, zur Liebe erziehen – und sie dann der tiefsten Enttäuschung aussetzen. Um Verzweiflung zu erhalten,
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hatte er die Hoffnung zu schüren, und so weiter. Er fand es amüsant, all das zu lernen. Es lenkte ihn von Problemen ab, die sich nicht so leicht lösen ließen. Da war die stete Angst, doch noch zu einer Materiesenke zu werden. Schon lange, bevor die Alven noch die Grenzen der Galaxis erreichten, be gann der Dunkle Oheim, seine weiteren Schritte zu planen. Der zweite Punkt, der ihm Sorgen bereitete, betraf YEPHENAS I. Der Dunkle Oheim war überzeugt davon, der weitaus stärkere Teil der Superintelligenz gewesen zu sein. Er hatte – so meinte er – alles, was wertvoll und stark war, mit sich genommen. YEPHENAS I hatte ihn zie hen lassen, und es hatte sich den Anschein gegeben, als wäre es noch froh darüber, diese negativen Bestandteile loszuwerden. Was, wenn die Superintelligenz es sich anders überlegte? Der Dunkle Oheim sah es förmlich vor sich, wie seine »bessere Hälfte« sich mit den widerwärtig friedfertigen Inselbewohnern einigte und sich in diese Galaxis führen ließ. Einige Dimensionsfahrstühle fehlten offenbar noch. Sie konnten ohne weiteres am Treffpunkt stehen und warten. Die Alven hatten mittlerweile gelernt, Raumschiffe zu bauen, die weite Entfernungen zurücklegen konnten, und sie hatten Waffen, die jeden Geg ner im Bereich dieser Galaxis das Fürchten lehrten. Aber so ein Dimensi onsfahrstuhl ließ sich mit einem einfachen Raumschiff nicht vergleichen. Die einzige wirksame Waffe gegen eine solche Insel, schloß der Dunkle Oheim, war eine andere Insel. Längst hatte er gelernt, die Seelen zu be herrschen. Die Dimensionsfahrstühle bewegten sich so, wie er es wollte. Darüber hinaus hatte er auf ihnen Angehörige von Völkern angesiedelt, die ihm – gemessen an seinen Bedürfnissen – als besonders vielverspre chend erschienen. Der Dunkle Oheim sah eine Chance, sich über die Gren zen seiner Galaxis hinweg auszubreiten – wenn auch in sehr bescheidener Form. Aber dabei mußte es ja nicht bleiben. Und das tat es auch nicht, denn es kam ein Faktor ins Spiel, mit dem der schwarze Ring nie zuvor gerechnet hatte. Es begann damit, daß der Dunkle Oheim sich zum erstenmal satt fühlte. Ja, er gelangte in ein Stadium, in dem er die überreichlich anfallende nega tive Energie nicht mehr aufzunehmen vermochte. Aber er mußte es tun. Er war wie ein Schwamm, der diese Energie an sich sog, selbst dann noch, wenn er zu zerplatzen drohte. Der Dunkle Oheim hatte viel Zeit gehabt, über seine Existenz nachzu denken. Er wußte, daß er sich nicht zu eng zusammenziehen durfte, denn dann wurde der Sog stärker. Dehnte er sich dagegen zu weit aus, dann machte sich der Umstand bemerkbar, daß der geistige Inhalt sich aus Mil liarden von Bewußtseinen zusammensetzte. Diese Bewußtseine, die mitt
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lerweile völlig auf einer Welle lagen und sich als eine Person verstanden, verloren durch zu viel dazwischengeschobene Energie den Kontakt zuein ander. Das Ergebnis war ein totales Chaos. Der Dunkle Oheim verbrauchte die auf ihn einströmende Energie, in dem er gegen den in seinem Innern bestehenden Sog ankämpfte. Das ge schah inzwischen automatisch und war den rein vegetativen Funktionen eines materiellen, organischen Wesens vergleichbar. Ein gesunder Alve, der nicht überaltert war, brauchte keinen Gedanken daran zu verschwen den, wieviel Energie das Schlagen seines Herzens verbrauchte. Genauso erging es dem Oheim mit dem Sog, der ihn in eine Materiesenke verwan deln wollte. Wie man überschüssige Energie loswurde, demonstrierten die Tapheen immer aufs neue. Der Dunkle Oheim geriet allmählich in eine Situation, in der er am liebsten auch blindlings zugeschlagen hätte. Aber er war kein Tapheo. Wenn er zuschlug, dann starben Milliarden, und das mochte auf Jahrhunderte hinaus die Ernte gefährden. Noch stärker aber als die Qual, die ihm die überschüssige Energie bereitete, war die Furcht vor dem Hun ger, den er gelitten hatte. Er erreichte einen Punkt, an dem er wirklich glaubte, daß es ihn zerrei ßen würde. Gleichzeitig war ihm völlig bewußt, mit allen Konsequenzen, daß er weite Teile seiner Galaxis von allem intelligenten Leben entblößen würde, wenn er versuchte, sich Luft zu verschaffen. Es war eine Zeit der Krisen. Das von den Alven geschaffene Sternen reich erbebte. Seuchen, die man nie zuvor gekannt hatte, brachen plötzlich aus, Kriege flackerten auf, die man nicht geplant hatte. Eine sehr große Gruppe von Rebellen, fast schon eine Armee, gelangte bis an die Grenzen des Ritiquian-Systems, und unter den Alven breitete sich eine epidemische Hysterie aus. In diesem Chaos, unter Krämpfen, die die halbe Galaxis erschütterten, spaltete der Dunkle Oheim seinen ersten kleinen Ring ab. Als es vorüber war, tastete er starr vor Staunen dieses unglaublich win zige, zarte, aber dennoch unverkennbar bösartige Gebilde ab. Er erkannte, daß es nicht lebte, aber auch nicht tot war. Es war nicht mehr als ein Keim. Im ersten Augenblick wäre er fast zersprungen vor Stolz. Er fühlte sich leicht und beschwingt, und er spürte, wie die Ordnung in seinem Reich sich fast von selbst wieder einstellte. Dann kam die Ernüchterung. Der Keim würde wachsen und Ansprüche steilen. Der Dunkle Oheim aber konnte so etwas nicht gebrauchen. Dieses kleine Ding mußte verschwinden. Er hätte es wieder aufsaugen können, denn es enthielt viel weniger Energie, als er abgegeben hatte. Aber die Vorstellung, sich selbst reproduzieren zu können, war allzu reiz voll.
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Der Dunkle Oheim sah die Universen vor sich, in die er durch die Inseln gelangt war, und er stellte sich vor, wie sie aussehen würden, wenn sie erst von Millionen und Abermillionen schwarzer Ringe durchsetzt waren – von Ringen, die samt und sonders dem Sog trotzten. Wer sagte, daß die negativen Superintelligenzen zu Materiesenken wer den mußten? Er würde dem Gesetz trotzen. Der Gedanke berauschte ihn. Der kleine Ring sollte leben und jede nur denkbar Chance erhalten, sich Macht zu verschaffen. Aber das änderte nichts an der Tatsache, daß dieses winzige Ding ihn störte. Es gehörte nicht hierher. Nicht einmal im abgelegensten Teil dieser Galaxis durfte es wachsen und stark werden. Der Dunkle Oheim dachte an die Dimensionsfahrstühle, und er wußte, wo die Lösung des Problems lag. Er rief die Alven, und sie waren gehor sam zur Stelle. Es gab Zeiten, in denen Vamyn sich in ihr altes Dasein zurücksehnte. Es war gut und schön, zu den Körperlosen zu gehören und im Nichts zu schweben, aber das Nichts hatte die Eigenart, manchmal schier unerträg lich leer zu sein. Das heißt, es war natürlich immer so, aber ab und zu fiel es Vamyn stärker als sonst auf. Die Körperlosen verloren sich regelrecht in der Unendlichkeit. Man kam nur selten miteinander in Kontakt, es sei denn, man suchte die Gesellschaft. Vamyn hielt es nicht mehr aus. Sie begab sich auf die Suche und fand schließlich einen Körperlosen, der bereit war, sie anzuhören und über ihre Sorgen nachzudenken. »Es ist ganz klar«, sagte Larma nach einiger Zeit. »Du bist der Leere überdrüssig. So etwas geschieht hin und wieder.« »Und was soll ich tun?« erkundigte sich Vamyn. »Es gibt einen Ort, zu dem wir Körperlosen uns in solchen Augen blicken begeben können«, erklärte Larma. »Eine Galaxis, die leicht er reichbar ist. Sie ist gleichzeitig der einzige Ort, an dem uns die körperliche Existenz möglich ist. Ich werde dir den Weg zeigen.« »Nicht so schnell«, rief Vamyn. »Wie soll ich mich in dieser Galaxis verhalten, und wie kann ich hierher zurückkehren?« »Du wirst den geeigneten Augenblick zur Rückkehr erkennen, sobald es soweit ist«, versicherte Larma. »Und was dein Verhalten betrifft – handle so, wie es unseren Gesetzen entspricht. Komm jetzt!« Vamyn hätte gerne noch weitere Fragen gestellt, aber sie schämte sich vor Larma und wollte ihm ihre Gefühle nicht zeigen. Er hätte am Ende noch gedacht, daß Vamyn ihm nicht vertraute. So verließ sie an seiner Seite das vertraute Nichts. In diesem Augen blick spürte sie zum erstenmal seit langer Zeit wieder die Faszination, den
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dieser Ort auf sie ausübte. Am liebsten wäre sie umgekehrt. Larma jedoch zog sie unbeirrbar weiter, und plötzlich gab er sie frei. »Den letzten Schritt mußt du allein tun«, sagte er. »Ich sehne mich nicht nach der Welt der Körperlichen, und es würde mir schaden, wenn ich trotzdem dorthin ginge. Geh jetzt, ich werde auf dich warten.« Vamyn zögerte noch, gab sich dann aber einen Ruck – und stand plötz lich auf festem Boden. Es war ein seltsames Gefühl. Sie hatte schon fast vergessen, wie be drückend und eng die Welt der Sterblichen war. Sie hing in einem Körper fest, den sie zögernd als den erkannte, in dem sie existiert hatte, bevor sie zu den Körperlosen gelangte. Wieviel Mühe hatte sie darauf verwendet, diesem Gefängnis aus Fleisch und Blut zu entrinnen – und nun kehrte sie freiwillig zurück. Sie spürte die Schwerkraft, die wie ein unerträglich hohes Gewicht an ihr hing, und als sie die Augen öffnete, sah sie grelles Licht. Sie wünschte sich augenblick lich in die samtene Dunkelheit zurück, aber dieser Wunsch allein reichte offenbar nicht, um die Veränderung einzuleiten. Es dauerte geraume Zeit, bis Vamyn sich fähig fühlte, sich aufzurichten und ihre Umgebung in Augenschein zu nehmen. Sie befand sich mitten in einer Wildnis. Unter ihren Füßen war Gras, von winzigen Blüten durchsetzt. Um sie herum raschelten Blätter im Wind. Sie blinzelte gegen die grelle Helligkeit des Himmels und stellte verblüfft fest, daß es dort oben eine Grenze gab, eine milchige Schicht, wie sie sie nie zuvor gesehen hatte. Sie arbeitete sich mühsam aus dem Dickicht heraus. Jenseits der Büsche erhob sich ein lichter Wald. Vamyn wanderte unge fähr eine Stunde lang unter den Stämmen dahin, und allmählich gewöhnte sie sich an die Schwere, mit der dieses Dasein verbunden war, an das Licht und die Geräusche, und sie gewann dem körperlichen Leben sogar ein paar Reize ab. Ja, wenn man es genau nahm: Sie begann sich dafür zu begei stern. Als ihr Magen ihr mit lautem Knurren zu verstehen gab, daß ihr Körper eine andere Nahrung brauchte als die, an die Vamyn sich während ihres Aufenthalts im Nichts gewöhnt hatte, suchte sie sich eine kleine Quelle und legte sich auf die Lauer. Sie war immer eine geschickte Jägerin gewe sen. Es dauerte nicht lange, da kam beinahe lautlos und mit großer Vorsicht ein Tier zur Quelle, und als es sich zum Wasser bückte, sprang Vamyn. Es ging schnell. Eine halbe Sekunde jähen Schreckens, als der große, dunkle Körper durch die Luft flog, dann ein lautloser Blitz, der das Bewußtsein des Tieres durchzuckte – und aus. Vamyn trug ihre Beute von der Quelle fort, erreichte eine kleine, grasi
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ge Lichtung und bereitete dort ihre Mahlzeit vor. Ein wenig traurig sah sie auf ihre Beute nieder. Sie hätte es vorgezogen, diesen Körper auf andere Weise zu ernähren. Sie beneidete jedes Wesen, wenn es imstande war, Pflanzen zu verzehren und zu verdauen. Ihr war das leider nicht möglich. Sie hatte es probiert, aber es ging nicht. Immerhin konnte sie aber von sich sagen, daß sie keines ihrer Opfer jemals länger als für die Dauer eines Herzschlags der Todesangst überlassen hatte. Als sie ihre Mahlzeit beendet hatte, reckte Vamyn sich ausgiebig. Schließlich setzte sie ihren Weg fort. Der Wald schien sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken. Bäume und Sträucher, wohin sie auch blick te. Die Bäume waren merkwürdig klein. Zwar überragten die meisten Wipfel Vamyn um ein beträchtliches Stück, aber sie hätte es kaum wagen dürfen, an einem der Stämme hinaufzusteigen. Als die untergehende Sonne die Wipfel rötlich zu färben begann, er reichte Vamyn eine größere Lichtung und blieb erstaunt am Waldrand ste hen. Sie hatte bereits damit gerechnet, auf dieser fremden Welt nur Tieren zu begegnen, nun aber sah sie eine Stadt vor sich. Es war eine seltsame Stadt. Kleine, eckige Häuser zogen sich an den Hängen eines bemerkenswert regelmäßig geformten Hügels hinauf. Ganz oben stand ein Bauwerk, das im wesentlichen aus verschieden hohen Säu len zu bestehen schien. Treppen führten von einem Haus zum anderen. Der ganze Hügel wurde von einer hohen Mauer umgeben. Das einzige Tor war verschlossen. Vamyn fand, daß der Ort verlassen aussah. Dennoch trat sie an das Tor und klopfte höflich. Sie wartete, aber niemand kam, um sie einzulassen. Da kletterte sie kurzentschlossen an der Mauer empor. Auf der Mauerkrone hielt sie an und blickte auf die schmalen Straßen hinab. Aus der Nähe wirkte die Stadt ungepflegt. Die Straßen waren zwar sau ber gepflastert, aber zwischen den Steinen hatte sich Unkraut festgesetzt. An einigen Stellen schoben sich mächtige Pilze aus dem Boden und sprengten das Pflaster auf. Ein paar Tiere huschten ängstlich davon, als Vamyns Schatten sie traf. Sie war ein wenig enttäuscht, denn sie hatte gehofft, hier auf intelligente Wesen zu stoßen. Sie hätte zu gern endlich erfahren, wie die Welt, auf der sie angekommen war, hieß und wo sie sich innerhalb der von Larma er wähnten Galaxis befand. »Vielleicht ist doch noch jemand da«, sagte sie zu sich selbst. »Ich wer de eben nachsehen müssen.« Während sie die Mauer hinunterstieg, lauschte sie auf die Laute, die aus dem Wald drangen – ein ständiges Knacken und Knarren, Flüstern und
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Rascheln, Murmeln und Kreischen. Vamyn durchstreifte die Stadt von einem Ende bis zum anderen, und al les, was sie fand, waren ein paar Fetzen von einem seltsamen Material, die neben einem Brunnen an einem Faden hingen. Sie betastete das Zeug vor sichtig. Die Fetzen fühlten sich feucht an, als hätten sie kurz zuvor noch im Wasser gelegen. Aber wie kamen sie dann an diesen Faden? Vamyn sah nichts und niemanden, der sie dorthin gehängt haben könnte. Das Gebäude auf dem Gipfel des Hügels hob sie sich bis zum Schluß auf. Als sie die breite Treppe hinaufstieg, zerbrach sie sich den Kopf dar über, wozu ein solches Bauwerk überhaupt gedient haben sollte. Zwischen den Säulen gab es keine Wände, und Wind und Regen konnten ungehin dert eindringen. Sie blieb vor der ersten Säule stehen und betrachtete mißtrauisch das Dach, das ihr keinen sehr zuverlässigen Eindruck machte. Und dann hörte sie die Stimme. Sie drang aus dem Innern des Gebäudes: Eine dünne, hohe Stimme, die verzweifelt und flehend klang. Vamyn holte tief Luft. Sie hatte es ja geahnt. Etwas stimmte in dieser Stadt nicht. Die Durchgänge zwischen den Säulen waren zu eng für Vamyn. Offen bar waren es ziemlich kleine Wesen, die diese Stadt erbaut hatten, denn auch bei den Häusern war es Vamyn aufgefallen – die Gebäude waren so niedrig, daß sie fast zum Schornstein hätte hineinsehen können. Nur die Treppen ergaben ein ganz anderes Bild, wenngleich sie auch eine Beson derheit hatten, die Vamyn nicht verstand: Die Stufen waren auf der Ober seite nicht gepflastert. Statt dessen hatte man nur senkrechte Mauern hoch gezogen und die Zwischenräume mit lockerem Boden aufgefüllt, in dem üppige Pflanzen wucherten. Vamyn sagte sich jedoch, daß es sich bei den ehemaligen Bewohnern der Stadt um ungewöhnlich sprungkräftige Zwer ge gehandelt haben mochte. Jedenfalls kam sie in das Säulengebäude nicht hinein. Sie versuchte es, aber die ganze Konstruktion begann zu wackeln und zu beben, und große Teile der Decke fielen krachend herab. Das Geschrei des Fremden kletter te zum Diskant, und dazwischen vernahm Vamyn jetzt ein seltsames Dröhnen. Vamyn umfaßte zwei Säulen und stieß sie um. Das Dach drohte herab zufallen, aber sie hob einen Arm und hielt es fest. Jetzt konnte sie wenigstens den Kopf in die unter dem Dach herrschen de Dämmerung stecken, aber von dem schreienden Fremden sah sie nichts. Dafür entdeckte sie, daß es weiter drinnen doch noch Wände gab. Zwei davon bildeten einen schmalen Gang, der offenbar um die Ecke führ te, denn von der Seite her fiel flackernder Feuerschein auf den Gang hin
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aus. Vamyn stieß ärgerlich die Säulen von sich und warf jenen Teil des Daches, der ihr daraufhin auf den Rücken hinabrutschte, ebenfalls ab. Dann schob sie sich weiter, vorsichtig zwar, aber entschlossen, sich durch nichts mehr aufhalten zu lassen. Das Geschrei hörte sich ganz danach an, als täte Eile Not, und jemand bedürfe der Hilfe. Die Wände des Ganges sanken zur Seite. Vamyn stemmte den Rücken gegen das Dach. Hinter ihr brach alles zusammen, aber das kümmerte sie nicht. Endlich erreichte sie die Stelle, an der der Gang abknickte, und sie er starrte, als sie sah, was sich in dem darunterliegenden Raum zutrug. Der Fremde, der so fürchterlich schrie, stand vor einem in die Wand eingelassenen Stein von glänzend schwarzer Farbe, hatte die Arme hoch über den Kopf erhoben und schrie den Stein an. Dabei schwenkte er ab wechselnd einen brennenden Stab und eine schmale Keule. Der brennende Stab erzeugte den flackernden Lichtschein, die Keule dagegen das Dröh nen, denn sie traf in rhythmischen Abständen auf eine schwingende Me tallplatte. Vamyn begriff. Er ruft seine Götter an, das ist alles! dachte sie. Zunächst war sie enttäuscht, denn sie hatte sich bereits an den Gedan ken gewöhnt, den Fremden retten zu können. Aber dann sagte sie sich, daß dieses kleine, zerbrechliche Wesen die Götter gewiß nicht ohne Grund an rief. Sie schob sich vorsichtig aus dem Gang hinaus und in die Halle hinein. Die Wände des Ganges fielen endgültig um, und das Wesen vor dem Stein brach in die Knie und ließ eine Serie von durchdringenden Heultönen er schallen. Dabei drosch es wie besessen auf die Metallplatte ein. Vamyn spürte die Angst in diesem fremden Körper, aber sie kam nicht darauf, daß diese Angst ihr und ihrem Eindringen in den Tempel galt. In dem Bemühen, den Fremden zu beruhigen, schob sie sich vorsichtig noch näher an ihn heran. Sie ging in die Knie und kauerte sich ganz tief auf den Boden, um dem Fremden ins Gesicht schauen zu können, sobald er sich umdrehte. »Ich bin hier«, sagte sie ganz sanft. »Und ich werde dir helfen. Sage mir, was du für Sorgen hast!« Das Wesen fuhr herum. Es riß die Augen weit auf, und ein gurgelnder Schrei drang tief aus seiner Brust. Dann warf es die Arme hoch, der Feuer stab wirbelte durch die Luft, und gleichzeitig brach der Fremde zusam men. Vamyn tastete den zerbrechlichen Körper vorsichtig ab. Erschüttert stellte sie fest, daß das kleine Wesen tot war. Sie hockte sich daneben, sah es immer wieder an und wollte lange Zeit die Hoffnung nicht aufgeben,
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daß das Bewußtsein des Fremden Verbindung zu ihr aufnahm. Aber offen sichtlich hatte der Fremde die entsprechende Stufe der Entwicklung noch nicht erreicht. Vamyn gab ihre Totenwache schließlich auf. Sie verließ die Stadt und wandte sich nach Norden. Es war finster geworden, und zum erstenmal sah Vamyn die Sterne der fremden Welt. Sie erschrak bei diesem Anblick. Larma hatte gesagt, daß sie in einer Galaxis herauskommen würde. Ent weder handelte es sich jedoch um eine sehr seltsame Galaxis, oder es war etwas schiefgegangen. Es gab nämlich fast keine Sterne. Nur fünf oder sechs flimmernde Punkte standen im Zenit. Nach längerem Hinsehen ent deckte Vamyn im dunklen Teil des Himmels noch einige verwaschene Lichtfleckchen. Fremde Galaxien, dachte sie erschrocken. Wo bin ich? Niemand gab ihr eine Antwort. Ihre Sehnsucht nach der Begegnung mit intelligenten Wesen, die ihr al les erklären konnten, wurde immer stärker. Sie mußte sich bezähmen, um nicht blindlings loszustürmen. Sie befand sich immer noch im Wald, und jeder unbedachte Schritt mochte Leben auslöschen. Als es wieder hell wurde, hatte sie jedoch die Grenze des Waldes er reicht. Vor ihr erstreckte sich eine weite Ebene. Vamyn legte ein schnelles Tempo vor und rannte los. Das Gras war so kurz, daß es sich unter ihren Füßen wie ein samtiger Teppich anfühlte. Sie berauschte sich an ihrer eigenen Schnelligkeit, und sie spürte den Wind, der unzählige Gerüche herantrug. Sie hatte das Gefühl, bis in alle Ewigkeit so laufen zu können. Dann nahm sie eine schwache Bewegung wahr und hielt ernüchtert an. Aufmerksam beobachtete sie ein grünliches Wesen, das längst nicht so groß war wie sie, sich aber dennoch in deutlich drohender Weise näherte. »Bleib stehen, kleiner Bruder«, bat sie. »Ich will dir nicht weh tun müs sen.« Der »kleine Bruder« schob sich unbeeindruckt näher, und plötzlich raste er wie von der Sehne geschossen auf Vamyn zu. Wie von Sinnen stürzte er sich auf die Körperlose, und wenn Vamyn ihm nicht ausgewichen wäre, hätte er sich möglicherweise den Schädel eingerannt. So aber wurde er vom eigenen Schwung an ihr vorbeigetragen. Sie unternahm noch einen Versuch, das Tier zur Vernunft zu bringen, aber sie hatte keinen Erfolg damit. Als es sich wieder auf sie stürzen woll te, rannte sie einfach davon. Als sie wenig später eine kleine Gruppe von dreieckigen Gebäuden vor sich sah, beschleunigte sie ihr Tempo noch. Sie rannte auf das höchste der Gebäude zu und hielt kurz davor an. Verblüfft sah sie den Wesen nach, die eben noch dagewesen waren. Auch sie waren Zwerge, aber sie waren
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flink. Vamyn hatte kaum sehen können, wohin sie sich gewandt hatten, so schnell waren sie verschwunden. »Warum versteckt ihr euch?« rief sie, der Verzweiflung nahe. »Kommt doch heraus und laßt uns miteinander reden.« An der rechten Kante des dreieckigen Bauwerks gab es eine kurze Be wegung. Etwas blinkte, und dann schoß ein blasser Lichtstrahl der Körper losen entgegen. Instinktiv wich sie aus. Der Lichtstrahl streifte sie und rief ein unangenehmes Prickeln auf der Haut hervor. Vamyn schüttelte sich und stieß versehentlich eine runde Scheibe an, die auf dem Boden stand. In der Scheibe hatten sich drei Zwerge verborgen gehalten. Als die schwach gewölbte Scheibe umkippte, fielen die drei vor Vamyn in den Sand. Sie versuchten sofort, auf die Beine zu kommen und davonzulaufen. Zweien gelang das auch, der dritte aber hatte sich verletzt. Vamyn konnte es nicht mitansehen, wie er sich quälte. Sie hob ihn vorsichtig hoch. Der Fremde schrie auf und verlor das Bewußtsein. »Kommt her und helft ihm!« rief sie den anderen zu, und sie kamen wirklich – aber nicht, um zu helfen. Sie hielten lauter seltsame Dinge in den Händen. Blasse Lichtstrahlen fuhren über Vamyns Haut, und dazu schleuderten andere Zwerge spitze Stäbe, die zwar wirkungslos an ihrer Haut abprallten, ihr aber endlich klar machten, wie die Dinge lagen. Der Schock war viel größer als das Unbehagen, das von den Lichtstrah len ausgelöst wurde. Die Zwerge hielten Vamyn für ein feindliches, ge fährliches Wesen! Dabei hatte sie keinen von ihnen angegriffen oder ver letzt – sie hätte so etwas nie getan. »Hört auf!« bat sie. Die Zwerge dachten überhaupt nicht daran, ihrer Bitte zu folgen. Statt dessen warfen einige ihre Waffen weg und stürzten sich brüllend mit blo ßen Händen auf die Körperlose. In ihren Händen steckte mehr Kraft als in den Waffen, deren sie sich bedient hatten. Vamyn spürte, wie Finger sich in ihr Fleisch bohrten. Schmerzgepeinigt preschte sie los. Fast hätte sie ei nes der kleineren Bauwerke über den Haufen gerannt. Als sie einen Haken darum schlug, wurden die Fremden, die immer noch an ihr hingen wie lä stige Parasiten, davongeschleudert. Vamyn verließ diese ungastliche Stätte und blieb erst stehen, als sie sich wieder in der Steppe befand. Zitternd kauerte sie sich zu Boden – und dann hörte sie plötzlich Larmas Stimme. »Du bist am falschen Ort gelandet«, wisperte es in ihrem Kopf. »Du be findest dich nicht in der Galaxis, die dein Ziel sein sollte, sondern in einem kleinen Sternensystem außerhalb davon. Du befindest dich auch auf kei nem der Planeten, auf denen wir uns sonst zu erholen pflegen. Das Land, das du siehst, ist eine von den Inseln.«
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Vamyn erstarrte vor Schreck und Ehrfurcht, denn von den Inseln hatte sie bereits gehört. Dann kam ihr in den Sinn, daß diese Insel nicht gerade dem entsprach, was sie sich bisher darunter vorgestellt hatte. »Es leben aber keine Wesen hier, wie ich sie erwartet habe!« sagte sie. »Das habe ich auch schon festgestellt«, wisperte es zurück. »Vamyn, du mußt zu den Zwergen zurückkehren. Etwas stimmt nicht. Die Galaxis ist für uns nicht mehr erreichbar. Etwas unvorstellbar Böses und Mächtiges hat sich dort festgesetzt, und ein Teil davon ist unterwegs zu dieser Insel.« »Ich will aber nicht«, protestierte Vamyn bebend. »Ich will zurück in die Höheren Welten. Hole mich zu dir, Larma!« »Nur Mut, Kleines!« wisperte Larma beruhigend. »Sie können dir nichts anhaben, ihre Waffen wirken nicht auf dich.« »Oh doch. Es tut weh.« »Unsinn. Du hast es völlig unverletzt überstanden. Jeden anderen hätte es umgebracht.« »Was soll ich überhaupt bei den Zwergen?« »Du mußt herausbekommen, was auf dieser Insel vorgeht, was das Böse ist, woher es kommt und was es beabsichtigt.« »Dazu bin ich nicht klug genug«, behauptete Vamyn. »Rede dir nur noch mehr solchen Unfug ein!« »Aber ich kann mit den Zwergen nicht reden! Ich habe das Gefühl, daß sie mir auch dann nicht zuhören würden, wenn sie mich verstehen könnten – und offenbar verstehen sie mich wirklich nicht. Ich begreife das nicht.« »Es liegt bestimmt nicht an dir.« »Vielleicht doch«, sagte Vamyn nachdenklich. »Larma – kannst du mich sehen? Kannst du mir sagen, wie meine Gestalt auf dich wirkt?« »Ich kann dich nicht sehen, aber das ist auch völlig unwichtig. Nicht die Gestalt zählt, sondern einzig und allein das, was dein Bewußtsein aus macht. Warum fragst du?« »Ich habe das Gefühl, daß die Bewohner dieser Welt sich vor mir fürch ten.« »Vor dir? Verzeih mir, Vamyn, aber der bloße Gedanke bringt mich zum Lachen! Du solltest diese Befürchtungen schleunigst vergessen und dich um diese Zwerge kümmern. Die Lage ist ernst. Vergiß nicht: Nur die se eine Galaxis bietet uns die Möglichkeit, ab und zu in stofflicher Form zu existieren. Wir brauchen solche Phasen, und daran wird sich nicht so schnell etwas ändern.« »Na gut«, sagte Vamyn zögernd. »Aber wenn es zu gefährlich wird – hilfst du mir dann heraus?« »Natürlich werde ich das tun«, versicherte Larma beruhigend. »Aber jetzt geh und beeile dich, sonst kommst du zu spät.« Larma zog sich zurück, und Vamyn blieb beklommen stehen und warte
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te, aber da er sich nicht wieder meldete, besann sie sich endlich, ging zö gernd auf die dreieckigen Bauten zu und näherte sich den Zwergen lang sam und vorsichtig. Trotzdem sah sie sich bald einigen von diesen aggres siven Kreaturen gegenüber. Sie blieb ratlos stehen und betrachtete die Zwerge. Als sie noch überlegte, was sie tun sollte, hörte sie plötzlich ein hohles Rauschen. Gleich darauf glitt etwas Dunkles über sie hinweg, und dann landete vor den dreieckigen Gebäuden ein erstaunliches Gebilde. Auf den ersten Blick dachte sie, es mit einem Lebewesen zu tun zu ha ben. Dann aber erkannte sie, daß es aus Metall bestand, und sie schloß dar aus, daß es nicht natürlichen Ursprungs war. »Das ist es, Vamyn!« drang Larmas Stimme zu ihr vor. »Du mußt näher heran!« Vamyn zögerte kaum eine Sekunde lang, dann sprang sie über die an greifenden Zwerge hinweg. »Was ist das für ein Ding, Larma?« fragte sie, während sie die Zwerge mühelos abhängte. »Erkennst du es nicht?« fragte Larma überrascht. »Es ist ein Raum schiff.« »Was ist ein Raumschiff?« »Ein Fahrzeug, mit dem man von Stern zu Stern reisen kann.« »Wir hatten so etwas nie«, sagte Vamyn verwundert. »Dann warst du noch nie auf einem dir fremden Planeten?« »Oh doch. Ich habe mein Bewußtsein dorthin geschickt.« »Bist du in die Körper fremder Wesen geschlüpft?« »Wie hätte ich mich sonst mit ihnen verständigen sollen?« »Das läßt die Sache natürlich etwas anders erscheinen«, murmelte Lar ma. »Was meinst du damit?« »Nichts. Kannst du schon erkennen, was für ein Schiff das ist?« Vamyn ließ sich ablenken. Sie war dem Schiff um eine beträchtliche Strecke näher gekommen. Deutlich sah sie, wie eine Öffnung in der metal lenen Wand entstand. Etwas schob sich daraus hervor und verband die Öffnung mit dem Boden. Dann tauchten winzig kleine Gestalten auf und gingen auf die Zwerge zu, die in hellen Scharen herbeiströmten. »Die sind ja noch kleiner!« rief Vamyn verblüfft. »Kümmere dich nicht darum!« empfahl Larma, und die Stimme in Va myns Kopf klang merkwürdig. »Geh noch näher heran!« Vamyn gehorchte. Die Zwerge und die Winzigen sprachen aufgeregt miteinander. Die Neuankömmlinge schienen gute Nachrichten zu über bringen, denn unter den Zwergen brach heller Jubel aus. Im nächsten Au genblick aber warfen sich diese seltsamen Wesen zu Boden. Vamyn wun
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derte sich darüber, dann aber sah sie weitere Winzige, die etwas aus dem Schiff herausbrachten. Dieses Etwas war tiefschwarz und sehr groß. Um es aus dem Schiff zu befreien, mußte man die ganze Längswand öffnen. Vamyn konnte nicht wissen, was das bedeutete: Dieses Schiff würde lange Zeit nicht durch den Weltraum fliegen können, falls es überhaupt gelang, den Raumer zu repa rieren. Sie ahnte auch nicht, daß die Alven sich während der gesamten Flugdauer auf diesen Augenblick vorbereitet und dabei stets den Tod vor Augen gehabt hatten. Der mächtige Ring – in Wirklichkeit nicht mehr als ein winziger Keim seltsamen Lebens – quoll förmlich aus der metallenen Hülle heraus. Er wurde immer größer. Als er endlich frei in der Luft hing, schien er sich zu recken und zu strecken, als sei er froh, der qualvollen Enge entkommen zu sein. Vamyn war so fasziniert von diesem Anblick, daß sie die Zwerge, die ihr auf der Spur waren, fast vergessen hatte. Erst das triumphierende Ge schrei warnte sie. Sie sprang ein Stück vorwärts und drehte sich blitz schnell um, um sich verteidigen zu können. Dabei überschritt sie eine un sichtbare Grenze. Die bösartige Ausstrahlung traf sie wie ein Hammerschlag. Sie krümm te sich zusammen und schrie ihre Qualen laut heraus. Irgendwo im Hinter grund ihres Gehirns wisperte Larma beschwörende Worte, aber sie war nicht fähig, zu verstehen. Undeutlich sah sie die Zwerge vor sich auftau chen. Sie hatten sich allem Anschein nach mit neuen Waffen versehen. Die Lichtstrahlen, die diesmal auf Vamyns Körper trafen, bereiteten ihr je denfalls nicht nur ein bißchen Unbehagen. Sie fühlte eines ihrer Beine nicht mehr und stürzte kopfüber in den Sand. Mühsam richtete sie sich auf. Ein neuer Lichtstrahl, und ein zweites Bein war von einem Augen blick zum anderen verschwunden. »Hilf mit, Larma!« wimmerte sie in hilflosem Entsetzen. »Ich komme!« schrie Larmas Stimme in ihrem Gehirn. Einer der Zwer ge drehte sich abrupt um, richtete die Waffe auf die eigenen Artgenossen, brach dann aber mit einem lauten Schrei zusammen. »Larma!« rief sie entsetzt. »Hole mich heraus. Ich sterbe!« Sie erhielt keine Antwort mehr. Zwei der Lichtstrahlen vereinigten sich in ihrem Kopf. Der Körper starb sofort, und ihr Bewußtsein löste sich von dieser Hülle. Sie war so schnell bei Larma, daß dieser es nicht mehr schaffte, das Bild aus seiner Erinnerung zu verbannen. Vamyn sah, wie ihr Kampf gegen die Zwerge sich den Augen des Alten dargeboten hatte, als er sich für einen Augenblick im Körper eines der Fremden aufhielt. »So ist das also«, sagte sie wie betäubt.
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»Du mußt zurückgehen!« mahnte Larma. »Wir wissen noch nicht ge nug.« »Das ist eine Ausrede!« rief die Körperlose bestürzt. »Ihr wollt mich nicht mehr in den Höheren Welten haben – jetzt, wo ihr wißt, wie ich aus sehe!« »Das ist nicht wahr«, widersprach Larma beschwörend. »Deine Gestalt spielt für uns überhaupt keine Rolle. Viele von uns sehen seltsam aus …« »Seltsam!« »Nun gut, es mag nicht der passende Ausdruck sein, aber … Dieses grünliche Wesen, das dich angegriffen hat, hätte einer meiner Nachkom men sein können, so ähnlich sah es dem Körper, in dem ich gelebt habe.« »Ich hätte gewiß Angst vor dir gehabt«, bemerkte Vamyn bitter. »Du nicht«, stimmte Larma sanft zu. »Aber die Zwerge hätten mich ge nauso erbittert bekämpft, wie sie es bei dir getan haben. Vamyn, wir ver lieren Zeit.« »Ich gehe nicht zurück. Geh selbst!« »Das hätte ich längst getan, wenn ich es könnte. Dieses schwarze We sen ist so bösartig, daß es mir nicht gelingt. Ich würde sterben – und zwar wirklich sterben – wenn ich es noch einmal wagen wollte.« »Dann soll ein anderer diese Aufgabe übernehmen.« »Die meisten haben es schon versucht. Es scheint, als wärst nur du wi derstandsfähig genug.« »Dann werde ich warten, bis auch der Rest dies bestätigt«, wehrte Va myn trotzig ab. Sie spürte, daß Larma nach weiteren Argumenten suchte, und er tat ihr leid. Dennoch konnte sie ihm nicht helfen. Sie wollte die Insel niemals wieder betreten. »Du wirst es tun müssen«, mischte ein anderer Körperloser sich in das Gespräch. »Wer bist du?« fragte Vamyn erschrocken. »Athyrl.« Einer der Uralten, der allerersten Körperlosen, die jemals in die Höhe ren Welten gelangt waren. »Es tut mir sehr leid, Vamyn«, fuhr Athyrl fort. »Aber mir bleibt nichts anderes übrig, als dich auf die Insel zu schicken.« Vamyns Gefühl der Verehrung dem Körperlosen gegenüber verflog. »Was tust du, wenn ich mich weigere?« fragte sie. »Werde ich dann be straft?« »Das wird nicht nötig sein. Du bist eine der jüngsten in unserer Gemein schaft. Gerade du brauchst die Phasen körperlicher Existenz besonders dringend. Niemand wird mehr als du darunter leiden müssen, daß diese böse Kraft uns den Weg zu den Welten der Galaxis versperrt.«
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Vamyn erkannte, daß der Uralte die Wahrheit sagte, und ihr Widerstand brach zusammen. »Gut«, sagte sie. »Ich gehe. Aber wenn die Insel nun die Nähe dieser Galaxis verläßt und ich irgendwo dort draußen keinen Körper mehr finde, in dem ich weiterexistieren kann …« »Die Welt, auf der du geboren bist, liegt unendlich weit von diesem Ort entfernt, und du bist trotzdem zu uns gekommen. Du wirst den Weg auch ein zweites Mal finden.« Vamyn vollzog den Schnitt schnell und konsequent. Sie wußte, daß sie Larma damit weh tat, aber sie hatte nicht mehr die Kraft, sich von ihm zu verabschieden. Sie ahnte, daß es sehr lange dauern würde, bis sie in die Höheren Welten zurückkehren konnte. Sie konnte sich nur in begrenztem Maße aussuchen, in welchem Körper sie sich einnisten wollte. Schuld daran war die Ausstrahlung des schwar zen Ringes. In körperlosem Zustand war diese Kraft noch schwerer zu er tragen. Aus lauter Verzweiflung schlüpfte sie in den erstbesten Körper, den sie in ihrer Nähe spürte. Sie hatte sich ausgerechnet einen der Alven ausgesucht, ein winziges, schwarzes Wesen – aber für seine Artgenossen war es normal. Ein Instinkt hatte sie darüber hinaus in einen weiblichen Körper geführt, worüber sie sehr froh war. Alles andere war weniger erfreulich. Zum erstenmal sah sie ihren bisherigen Körper direkt und nicht auf dem Umweg über Larmas Erinnerungen. Sie wunderte sich nicht länger dar über, daß die Zwerge sich ihr gegenüber so aggressiv verhalten hatten, und sie begriff, daß der arme Mann, der in der verlassenen Stadt die Götter um Beistand gegen eine Bestie angefleht hatte, vor Furcht gestorben war. Die ursprüngliche Vamyn war nichts anderes als eine gigantische, spin nenähnliche Kreatur. Niemand hätte in diesem dunklen, behaarten Wesen das sanfte, friedfertige Bewußtsein der Körperlosen vermutet. Die mächti gen, mit Stacheln und Krallen bewehrten Beine schienen einzig und allein zum Töten geschaffen zu sein, und die glänzenden Saugzangen, auf denen zehn Alven bequem nebeneinander hätten sitzen können, verstärkten die sen Eindruck noch. Vamyn lächelte ein wenig wehmütig bei dem Gedanken, daß sie einst bei ihren Artgenossen als ausgesprochen zierlich und hübsch gegolten hat te. Das Lächeln übertrug sich auf die Alvin, deren Bewußtsein sie vorüber gehend gelähmt hatte, um es behutsamer auf die Erkenntnis der Wahrheit vorbereiten zu können. »Was stehst du da herum und träumst, Sillir?« rief eine Stimme. Vamyn entnahm dem Gedächtnis der Alvin, daß diese Frage ihr galt. Sie drehte sich um und sah einen weißhäutigen Alven, der gerade aus ei nem scheibenförmigen Fahrzeug stieg. Sie verstand mühelos jedes Wort,
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und ebenso mühelos gelang es ihr, zu antworten. »Ich frage mich, ob wir sie nicht falsch eingeschätzt haben«, sagte sie. »Sie hätte viele von den Tapheen töten können, wenn sie es gewollt hät te.« »Du denkst doch nicht etwa, daß sie friedlich war?« fragte der Alve sar kastisch. Die Körperlose entnahm dem Gedächtnis ihrer Wirtin, daß er den Namen Gelaror trug. Sie entdeckte noch etwas, das sie zuerst erschreckte, bis sie begriff, daß es sich dabei um eine jener Informationen handelte, die sie sammeln sollte. »Wir hätten ihnen befehlen sollen, sie in Ruhe zu lassen«, sagte sie. »Dem Dunklen Oheim hätte sie sicher gefallen.« Gelaror stutzte. »Möglich«, murmelte er. »Aber jetzt ist es zu spät. Komm schon, besei tigen wir dieses Monstrum. Die verrückten Tapheen bringen es sonst noch fertig, das Ding auszustopfen und mitten in ihrer Festung aufzustellen.« Er holte etwas aus dem Fahrzeug. Als Vamyn erkannte, wozu die Kap sel diente, war sie drauf und dran, den Körper der Alvin zu verlassen. »Was ist denn mit dir los?« fragte Gelaror verblüfft. »Willst du ohn mächtig werden? Dann geh mir wenigstens aus dem Weg.« Vamyn fing sich. Auch wenn es sich um ihren eigenen, echten Körper handelte – er war tot, und es spielte keine Rolle mehr, was damit geschah. Gelaror kroch völlig ungeniert unter den toten Körper und befestigte die Kapsel dort. Dann kam er zurück, und Vamyn stieg zu ihm in das Fahr zeug. Als sie weit genug entfernt waren, zündete der Alve die Kapsel. Bin nen weniger Sekunden setzte der Zerfall ein. Vamyns Körper löste sich in feinen Staub auf. Gelaror wartete das Ergebnis der Aktion nicht ab, son dern kehrte eilig zu dem kleinen, dunklen Ring zurück. Vamyn wußte alles, was auch die Alvin Sillir über den Dunklen Oheim, den jungen Ring und die bevorstehende Mission wußte. Sillirs Wissen war längst nicht vollständig, aber für die Körperlosen hätte es gereicht. Ehe Vamyn sich jedoch von der Alvin lösen konnte, glitt das Land Pthor mit seiner unheimlichen Fracht in einen Dimensionskorridor, und die Körper lose mußte feststellen, daß sie vorerst gefangen war. Auch später wagte sie es nicht, Sillir zu verlassen, denn sie mußte erkennen, daß es unmöglich war, sich mit deren Bewußtsein zu arrangieren. Hätte sie es trotzdem gewagt, so hätte Sillir eilends alles preisgegeben, was sie zwangsläufig während der Zeit des Zusammenlebens in ein und demselben Körper über Vamyn im speziellen und die Körperlosen im all gemeinen erfahren hatte. So machte Vamyn mehrere Reisen des Dimensionsfahrstuhls mit. Während der ersten Reise ließ man den jungen Ring noch frei in Pthor herumschweben. Dabei stellte es sich heraus, daß sich durch die bloße An
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wesenheit dieses Keimes Lebewesen aller Art veränderten. Tiere wurden zu reißenden Monstren, die Tapheen gerieten vorübergehend völlig aus der Kontrolle, und selbst die Pflanzen verwandelten sich. Nur die Alven blieben das, was sie immer gewesen waren, seit sie in die Gewalt des Rin ges geraten waren. Pthor materialisierte auf einem jungfräulichen Planeten. Allein die An kunft löste gigantische Katastrophen aus. Die Eingeborenen, behaarte Zweibeiner, die den Tapheen ähnelten, wurden beinahe ausgerottet. Die Überlebenden verfielen in dumpfe Furcht, und der junge Ring reagierte mit offensichtlichem Wohlbehagen darauf. Man ließ den Keim zurück und war wenig später mit einem zweiten Wesen dieser Art unterwegs. Auch andere Inseln reisten bereits im Auf trag des Oheims durch Zeit und Raum, und sie alle hatten nur eine Aufga be: die Brut des Dunklen Oheims über unzählige Welten zu verteilen. Eines Tages kehrte Pthor zu jenem ersten Planeten zurück – und fand keine Spur mehr von dem jungen Ring. Die Natur hatte erstaunlich schnell alle Wunden geheilt, die die erste Materialisation des Dimensionsfahr stuhls ihr geschlagen hatte. Die behaarten Eingeborenen, immer noch kaum mehr als Tiere, lebten wieder friedlich in Sippenverbänden zusam men und hatten inzwischen eine einfache Sprache entwickelt. Pthors zwei te Ankunft richtete noch größeren Schaden an, und Vamyn zweifelte dar an, daß dieser Planet jemals wieder zur Entwicklung intelligenten Lebens ansetzen würde. Bei der Rückkehr in die Galaxis des Dunklen Oheims erlebten die Be wohner des Dimensionsfahrstuhls eine Überraschung. Sie materialisierten wie immer in angemessener Entfernung zur Sonne Ritiquian. Aber diese Sonne hatte sich verändert: Sie besaß einen schwarzen Kern, eine seltsame Zone der Finsternis, die – wie Vamyn sofort erkannte – psionischer Natur war und die Energieabgabe der Sonne nicht im geringsten beeinträchtigte. Unwillkürlich atmete sie auf. Von nun an würde es nicht mehr nötig sein, die Ableger des Oheims in ferne Galaxien und fremde Dimensionen zu verschleppen. Der Dunkle Oheim hatte gelernt, seine Energie auf ande re Weise zu verwenden. Von jetzt an konnte er diese Energie in nahezu unbegrenzter Menge speichern, denn Sonnen gab es wahrhaftig genug. Aber die Körperlose hatte sich zu früh gefreut. Sie war dabei, als Gelaror, der die Stufen des Erfolgs emporgeklommen war, dem Dunklen Oheim Bericht erstattete. Ein würfelförmiger Roboter, ein Gersa-Predogg, was in der Sprache der Alven soviel wie »Bote der Finsternis«, gleichzeitig aber auch »Verkünder der Macht« hieß, diente als Dolmetscher. Der Dunkle Oheim vernahm, was mit seinem ersten Sprößling gesche hen war, und er reagierte beunruhigt. Offenbar hatten andere Dimensions
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fahrstühle ähnliches zu berichten gehabt. Pthor bekam keinen neuen Auftrag. Lange Zeit stand es an den Grenzen des Ritiquian-Systems, und immer mehr Dimensionsfahrstühle trafen ein, die ebenfalls warten mußten. Schließlich war auch der letzte Bericht ein gegangen. Kein einziger junger Ring hatte sich zu einem Wesen entwickelt, das dem Dunklen Oheim vergleichbar war. Vamyn war wie benommen vor Freude und Erleichterung. Sie ließ sich aus diesen Gefühlen heraus dazu hinreißen, etwas zu tun, was sie nie zu vor zu versuchen gewagt hatte: Sie nahm Verbindung zu den Höheren Welten auf. Sie war selbst überrascht, als es ihr gelang. »Er kann sich nicht fortpflanzen!« rief sie denen, die wie sie den Weg in das Nichts gefunden hatten, triumphierend zu. »Sucht nach einer anderen Galaxis, in der ihr stofflich existieren könnt, oder zerstört ihn, wenn ihr es könnt. Es wird immer nur ihn geben, niemals einen zweiten Oheim!« Es war Larma, der ihr antwortete. »Es gibt keine andere Galaxis«, sagte er sanft. »Das kann ich nicht glauben«, protestierte Vamyn. »Ich habe Tausende gesehen, und ich weiß, daß es noch viel mehr gibt. Es müssen unvorstell bar viele sein!« »Nicht für uns. Dennoch – oder gerade deshalb – werden wir kämpfen, so gut wir es können.« Vamyn schwieg bedrückt. Ihr wurde plötzlich bewußt, wie wenig die Körperlosen gerade dazu taugten – sie konnten nicht kämpfen. »Leb wohl, Vamyn«, sagte Larma. »Du hättest nie wieder zu uns Ver bindung aufnehmen dürfen. Ich werde für dich tun, was immer ich zu tun vermag.« Der Kontakt riß ab. Da erst wurde Vamyn gewahr, daß ein Gersa-Pre dogg vor ihr stand.
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6.
Er hätte mich zu keinem besseren Zeitpunkt erwischen können, dachte Va myn bitter. Der Körper der Alvin war tot. Gelaror selbst hatte ihn getötet, als so wohl der Gersa-Predogg als auch der jüngste Ableger des Dunklen Oheims dazu bereit waren, die Körperlose in Empfang zu nehmen. Nun saß sie in dem dunklen Ring gefangen, und zum erstenmal konnte sie den Oheim verstehen, ohne daß ein Gersa-Predogg seine Sprechmembrane zur Verfügung stellen mußte. »Du wirst wachsen«, sagte der große Ring zu seinem Ableger, und es klang beschwörend. »Dich werde ich nicht fortschicken, wie ich es mit den anderen gemacht habe, und ich werde noch mehr solche Bewußtseine heranschaffen. Ich selbst bin aus einer positiven Wesenheit entstanden. Du dagegen bis von Anfang an wie ich, aber wenn du diese Spur von positi vem Gedankengut in dir hast, wird das auch deinen Lebenswillen stär ken.« Der kleine Ring war in keiner Weise fähig, auf diesen Appell zu reagie ren, und der Dunkle Oheim wußte das mit Sicherheit. Dennoch fuhr er fort: »Ich habe es immer für erstrebenswert gehalten, einzigartig zu sein, aber ich habe nicht bedacht, wie einsam man dann ist. Ich will, daß Wesen ent stehen, die mir ebenbürtig sind. Auch wenn es jetzt so scheinen mag, als ließe sich dieser Wunsch nicht erfüllen – ich werde nicht aufgeben. An geblich war es mein unabwendbares Schicksal, als Materiesenke zu enden, aber ich habe mich dagegen gewehrt und bin stärker als je zuvor gewor den. Ich werde es auch schaffen, mir Nachkommen zu erziehen. Du wirst der erste sein, und wenn du wächst und stark wirst, werde ich dich an einen Ort bringen lassen, an dem du ein Reich errichten kannst, das dem meinen gleicht. Viele andere werden dir folgen, bis das Universum voll von uns ist und die Macht des Negativen auch in der entferntesten Galaxis triumphiert. Niemand wird uns besiegen können, denn wir sind stärker als alle positiven Mächte, die es jemals gab.« Und dann ließ er die Alven nach Rebellen fahnden, nach sanftmütigen, friedfertigen Völkern, die sich selbst durch den schlimmsten Terror nicht von ihrer Gesinnung abbringen ließen. Ihrer aller Bewußtseine traten den Weg in den kleinen Ring an. Da sie aber keine Körperlosen waren und ih re Bewußtseine nicht ohne die stofflichen Hüllen zu existieren vermoch ten, lösten sie sich alsbald auf. Dem kleinen Ring war äußerlich keine Veränderung anzumerken, und nicht zuletzt Vamyn selbst war es zu verdanken, daß nicht einmal der
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Dunkle Oheim frühzeitig bemerkte, was er da heranzog. Wieder vergingen Tausende von Jahren, und der Dunkle Oheim wurde ungeduldig. Inzwischen gab es bereits viele Sonnen, die schwarze Kerne in sich bargen. Der Oheim verfügte über Energiereserven, die es ihm er möglichten, in ganz neuen Maßstäben zu denken. In dieser Situation griff er abermals auf die Dimensionsfahrstühle zurück. Sie standen immer noch im Ritiquian-System, beziehungsweise an des sen Grenzen. Auf Pthor lebten noch Tapheen, aber sie hatten kaum noch etwas mit jenem Volk gemein, von dem sie stammten, und ihre Zahl sank. Andere Völker kamen und breiteten sich auf den Inseln aus. Sie wurden von den Alven herbeigeholt, und der Dunkle Oheim überschüttete sie mit seiner Ausstrahlung und ließ jene, die ein gewisses Maß an Bösartigkeit erreichten und nachweislich negativ reagierten, zu Planeten bringen, die außerhalb der Grenzen des bisher direkt beherrschten Gebietes lagen – die Galaxis, die man zu diesem Zeitpunkt bereits die »Schwarze« zu nennen begann, wurde zwar theoretisch vollständig vom Oheim beherrscht, aber die Alven waren gar nicht imstande, auf jedem einzelnen Planeten zu lan den. Durch die Statthalter, die man als »Neffen« bezeichnete, dehnte sich das unmittelbar kontrollierte Gebiet schnell weiter aus. Dadurch wuchs die Zahl der Sonnen, die schwarze Kerne in sich trugen, und gleichzeitig ver fügte der Oheim über noch mehr Energie. Er begann erneut, Ringe abzuspalten. Da die Alven den Zenit ihrer Ent wicklung bereits überschritten hatten und ihm nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung standen, wählte der Oheim aus der Fülle der neuen Inselbe wohner besonders geeignete Individuen aus und machte sie zu fast unum schränkten Herrschern über die Dimensionsfahrstühle. Er befahl ihnen, die jungen Ringe zu fremden Welten zu bringen, sie diesmal aber nicht ein fach abzusetzen, sondern vorher den Boden für sie zu bereiten. Aus den Inseln wurden Instrumente des Schreckens, und die Herrscher überboten sich gegenseitig in Einfällen, wie man die Arbeit noch wirksa mer erledigen könne. Dabei entwickelten sie bald solche Fähigkeiten in der Kunst der Erzeugung negativer Energien, daß der Oheim eigene schwarze Kerne kleineren Formats im Innern der Dimensionsfahrstühle schuf. Auf diese Weise wurden nicht nur die Bewohner der Inseln zu po tentiellen Nahrungsspendern für den Ring, sondern auch der Akt der Brut pflege selbst, die Zerstörung fremder Kulturen, setzte Energie frei. So ent wickelten sich die Dimensionsfahrstühle zu einem der wichtigsten Macht mittel, über die der Oheim verfügte. Den kleinen Ringen bekam das negative Klima, das fortan auf den In seln herrschte, und sie gelangten in kräftigem, durchaus lebensfähigem Zustand an ihre Ziele. Wurden sie dann auf ihre neue Welt gebracht, so fanden sie dort die denkbar günstigsten Voraussetzungen für ihre weitere
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Entwicklung vor. Schon die ersten Kontrollbesuche zeigten, daß einige von ihnen sich tatsächlich zufriedenstellend entwickelten. Der Dunkle Oheim triumphierte. Zwar war die Erfolgsquote im Ver gleich zur Zahl der ausgesandten Ringe immer noch sehr niedrig, aber er gedachte dies durch die Masse auszugleichen. In dem Bestreben, noch mehr Energie für die Bildung weiterer Sprößlinge zu erhalten, wandte er sich wieder den Verhältnissen in der Schwarzen Galaxis selbst zu. Noch immer gab es erschreckend viele Planeten, die noch keines Alven Fuß betreten hatte, und daran würde sich auch kaum etwas ändern lassen, denn die kleinen Leute verloren langsam aber sicher ihren inneren Schwung. Nur widerwillig erfüllten sie noch ihre alten Aufgaben. Anstatt zu erobern und Kriege zu führen, wollten sie lieber forschen und bauen und neue Erfindungen machen. In mancher Weise ähnelten sie in diesem Stadium den alten Tapheen, und der Oheim machte sich diesen Umstand zunutze. Er entsann sich des uralten Traumes seiner früheren Favoriten, Maschi nen durch organische Gebilde zu ersetzen, ja, sogar lebende Raumschiffe zu bauen. Noch immer lagerten in Pthor die Behälter mit flüssigem Plas ma, und auch der Gersa-Predogg, der die Rolle eines Wächters übernom men hatte, war unbeschädigt geblieben. Der Roboter kannte alle Geheim nisse der Tapheen und gab sie an die Alven weiter, und den Alven glückte das, was die Tapheen vergeblich versucht hatten: Sie schufen das erste Or ganschiff. Es hatte nur einen Fehler: Es war schwer zu dirigieren. Ein Forscher fand schließlich durch einen Selbstversuch heraus, daß sich dieser Mangel durch eine Verknüpfung zwischen dem Schiff und einem intelligenten In dividuum beheben ließ. Allerdings konnte der Alve sich nicht wieder aus diesem System lösen. Als seine entsetzten Artgenossen es mit Gewalt ver suchten, starb er. Um seine Diener zu beruhigen, ließ der Dunkle Oheim Angehörige anderer Welten herbeischaffen, und schon bald brachen die er sten Organschiffe zu ihren Jungfernfahrten auf. Ihr Auftauchen, vor allem der Anblick der mit dem Schiff verbundenen Galionsfiguren in den gläsernen Lotsenkanzeln, löste allerorten Entsetzen aus. Dabei zeigte es sich, daß die Kontrolle über viele Völker noch nicht so perfekt war, wie der Dunkle Oheim es angenommen hatte. Nachdem mehrere Galionsfiguren von ihren Artgenossen aus den Bugkanzeln her ausgeholt und auf diese Weise umgebracht worden waren – was wohl so gar ihnen selbst als die bessere Lösung erschienen war –, erteilte der Oheim den Dimensionsfahrstühlen den Auftrag, von jedem geeignet er scheinenden Volk einige Exemplare mitzubringen, damit man sie als Lot sen verwenden konnte. Um in diesen Gefangenen jeden Gedanken an Re bellion und Flucht auszuschalten und gleichzeitig in erhöhtem Maße für
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die Sicherheit der nun noch wertvolleren Dimensionsfahrstühle zu sorgen, wurden die Wölbmäntel umgestellt. Ursprünglich hatten sie – wenn auch nur sehr behutsam und in geringem Umfang – jeden Besucher im positiven Sinne beeinflußt. Diesen Effekt hatte der Dunkle Oheim längst neutralisieren lassen. Von nun aber raubten die Wölbmäntel jedem Fremden, der nicht aus der Schwarzen Galaxis selbst oder von einem anderen Dimensionsfahrstuhl stammte, das Ge dächtnis. Daß den Schwarzen Kernen auch dabei Energie zufloß, war nur ein willkommener Nebeneffekt. Durch die Organschiffe und die Galionsfiguren ließen sich nun auch Wesen zu Raumfahrern machen, die so gut wie nichts von der notwendi gen Technik verstanden. Sie brauchten sich lediglich einzuprägen, welche Befehle sie den Galionsfiguren im entsprechenden Augenblick zu geben hatten. Den Rest erledigten die Lotsen gemeinsam mit dem Schiff ganz von selbst. Junge, kriegerische Völker traten an die Stelle der Alven, und bald wuchs das Reich des Oheims schneller, als er für weitere Statthalter zu sorgen vermochte. Die Alven, die immer noch mit Herz und Seele dem schwarzen Ring dienten, griffen die Wünsche des Oheims eifrig auf: Man brauchte Wesen, die vom Herrscher der Schwarzen Galaxis völlig abhängig waren, sich leicht kontrollieren und manipulieren ließen, niemals rebellierten und den noch eigene Initiative entwickelten. Die Alven schufen ein solches Wesen. Sein einziger Fehler bestand dar in, daß es extrem kurzlebig war. Schon nach wenigen Tagen starb es, und seinen Nachfolgern erging es nicht besser. Was immer die Alven auch ta ten – sie schafften es nicht, ihren Geschöpfen dauerhaftes Leben einzuhau chen. Ausgerechnet diesen Zeitpunkt suchte der junge Ring, in dem Vamyn noch immer gefangen saß, sich aus, um gegen den Dunklen Oheim aufzu begehren. Der Dunkle Oheim hatte den Ring schon seit langer Zeit kaum noch be achtet. Dabei war das Wesen mittlerweile immerhin groß genug, um den Planeten Ritiquian zu umschlingen. Allerdings verschmähte es jene Art von Nahrung, die der Dunkle Oheim zu sich nahm. Statt dessen sog es alle positiven Bewußtseine auf, die von den schwarzen Kernen der Sonnen in das Ritiquian-System weitergeleitet wurden. Dem Oheim war das nur recht, denn solche Bewußtseine stellten die Spreu in seiner Ernte dar. Was er nicht ahnte, war, daß der junge Ring langsam aber sicher ein eigenes Bewußtsein entwickelte und mit immer größerem Zorn das Treiben seines Erzeugers beobachtete. Immer wieder gelang es Vamyn, den kleinen Ring zu beschwichtigen. »Du bist noch nicht stark genug«, sagte sie zu ihm, wenn er auszubre
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chen drohte. »Er verschlingt dich, wenn du es jetzt versuchst. Warte noch ein wenig.« Als aber die ersten jener Schreckensgestalten, die die Alven erdacht hat ten, auf Ritiquian erschienen, halfen alle beruhigenden Wort nicht mehr. Der kleine Ring durchbrach die Isolation, die er sich freiwillig auferlegt hatte, und überflutete ganz Ritiquian mit positiver Energie. Die Alven erlitten einen Schock, und sie brauchten mehrere Generatio nen, um wieder das zu werden, als was der Oheim sie stets betrachtet hat te. Der Dunkle Oheim reagierte schnell und hart: Er löschte den jungen Ring restlos aus. Nicht einmal Vamyn, deren Bewußtsein doch unsterblich hätte sein sollen, entkam der Rache des großen Ringes. Erst als die Alven wieder bei Vernunft waren und ihre Kreaturen, die im allgemeinen Durcheinander das Weite gesucht hatten, abseits der For schungsstätten wiederfanden, begriff der Oheim, daß sein entarteter Sprößling ihm unwissentlich den Ausweg aus dem Dilemma gewiesen hat te. Diese vorher lebensunfähigen Wesen stapften nämlich jetzt kraftstrot zend dahin. Sie waren friedlicher, als dem Oheim lieb sein konnte – aber sie lebten. So kam der Dunkle Oheim zu seinen Neffen, und mit deren Erscheinen endete die Phase der Expansion. »Das war meine Geschichte«, sagte der Dunkle Oheim zu dem jungen Ring, der mit dem Dimensionsfahrstuhl Dorkh in das Ritiquian-System gelangt war. »Unsere Geschichte, denn du bist von meiner Art. Viele Mil lionen Jahre lang habe ich auf diesen Augenblick gewartet. Alle anderen Pläne gelangen zu meiner vollen Zufriedenheit. Ich schuf einen neuen Ring um Ritiquian und nannte ihn ›Lebensblase‹. Dieser Ring war nie da zu bestimmt, ein Bewußtsein zu entwickeln, und es ist auch nicht gesche hen. Er nimmt die positive Energie auf und erhält die Neffen am Leben. Mit Hilfe der Neffen perfektionierte ich das System, das schon die Alven entwickelt hatten. Die Neffen selbst haben bis auf wenige Ausnahmen stets gehalten, was ich mir von ihnen versprochen hatte. Sie lassen sich be liebig gegeneinander ausspielen und geben sich mit dem zufrieden, was ich ihnen zuweise. Es gibt bitterarme Reviere und Neffen, die ihre Hilfs völker mit Pfeil und Bogen ausrüsten müssen. Aber es gibt auch Neffen, die fast unsterblich sind und über große Macht verfügen, was selbstver ständlich auch die entsprechende Ausrüstung bedingt. Aus den Gegensät zen entstehen Spannungen und Konflikte, die ich schüren oder dämpfen kann. Das System ist perfekt. Es garantiert mir Nahrung und Sicherheit und einen Überschuß, der es mir erlaubt, immer neue Ringe abzuspalten. Aber so viele ich davon auch auf die Reise geschickt habe – es gibt sehr wenig
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über sie zu berichten. Anfangs sah es so, als sollte ich endlich Erfolg ha ben. Als die Dimensionsfahrstühle die nächste Kontrolle durchführten, lebte nur noch eines von meinen Kindern, und es war bereits zum Tode verurteilt. Ich habe es niemals aufgegeben, und jetzt weiß ich, daß ich richtig ge handelt habe. Noch bist du der einzige, der den kritischen Punkt überwun den hat. Nichts kann dich mehr hindern, den Weg zu Ende zu gehen. Ich werde Dorkh untersuchen lassen und herausfinden, was dich zum Leben erweckt hat, und dann werden weitere Ringe die Schwarze Galaxis verlas sen, um an anderer Stelle zu herrschen.« Für einen Augenblick war es sehr still in der Lebensblase. Atlan und Razamon hatten Mühe, das zu verdauen, was sie bisher erfahren hatten, und Yeers und Olken, die beiden Körperlosen, die sicher schon einiges von diesen Dingen gewußt oder wenigstens geahnt hatten, schwiegen ebenfalls. Vielleicht dachten sie an Vamyn. »Du willst mich nicht in deiner Galaxis haben«, stellte der junge Ring fest. »Ich freue mich über deine Anwesenheit«, versicherte der Dunkle Oheim eilig. »Ich wollte, ich könnte dich bei mir behalten und dich alles lehren, was ich je erfahren habe.« »Warum tust du es nicht?« Offene Feindseligkeit schwang in den Impulsen des kleinen Ringes mit, aber der Dunkle Oheim schien es nicht zu spüren. »Es geht nicht«, antwortete der Dunkle Oheim beschwörend, aber auch sanft. »Du wirst wachsen und Raum beanspruchen. Du brauchst Welten, die dir Nahrung liefern, und irgendwann wirst du selbst damit beginnen, Ringe abzuspalten. Du kannst die dafür notwendige Energie nicht von ei nigen Planeten beziehen – du brauchst eine Sterneninsel wie diese hier. Es gibt sehr viele davon, und einige wären leicht zu erobern.« »Wenn es so ist«, sagte der junge Ring kühl, »warum gehst du dann nicht selbst? Du hast lange genug über diese Galaxis geherrscht. Du hast auf mich gewartet und warst bereit, unendlich viel Energie dafür zu op fern, daß wenigstens einer von uns überlebte. Wenn dir wirklich so viel daran liegt, mich auch weiterhin am Leben zu erhalten – warum willst du mich dann einem Risiko aussetzen? Hier wäre ich sicher. Du dagegen hast Erfahrung darin, wie man sich eine Sterneninsel unterwirft.« »Es käme zu Kämpfen und Rebellionen, die über das kontrollierbare Maß hinausreichen. Die Bewohner der Schwarzen Galaxis sind an mich gewöhnt und fürchten mich. Dich würden sie für verletzbar halten. Du bist noch nicht stark genug, um eine Galaxis zu beherrschen. Fange mit einem einzelnen Planeten an und dehne dein Reich aus, wenn deine Kräfte wach sen – alles andere würde deinen Untergang bedeuten.«
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»Wie soll ich in eine andere Galaxis gelangen?« »So, wie du gekommen bist. Es gibt da einen Dimensionsfahrstuhl, der ohnehin unterwegs zu uns ist. Es handelt sich um Pthor, von dem du schon verschiedenes erfahren hast. Die Herren von Pthor haben versagt, und das Land befindet sich in einem chaotischen Zustand. Ich hatte die Absicht, es zu reinigen und neu besiedeln zu lassen, damit es seine Arbeit fortsetzen kann. Ich stelle dir Pthor mit allem, was sich darauf befindet, zur Verfü gung. Jedes meiner Kinder soll einen Dimensionsfahrstuhl bekommen, da mit es zur rechten Zeit dafür sorgen kann, daß unsere Art sich immer wei ter ausbreitet.« Aber während der Oheim sprach, drang etwas durch, das Atlan und den Berserker überraschte. Der gigantische Ring haßte und fürchtete dieses Land. Pthor hatte ent schieden zuviel Unruhe in die Schwarze Galaxis gebracht. Seit Millionen von Jahren hatte der Dunkle Oheim sich bemüht, die positiven Elemente in dieser Sterneninsel kurzzuhalten, jedoch niemals auszurotten. Jetzt fürchtete er, daß Pthor der Katalysator war, der diese Elemente einte und anführte und ihnen zu einem Sieg über den schwarzen Ring verhalf. Ob diese Furcht gerechtfertigt war, konnte der junge Ring nicht beurtei len, aber er spürte die Gefühle, die sein Erzeuger mit dem scheinbar so großzügigen Angebot verband, und er fühlte sich betrogen. »Behalte Pthor!« rief er zornig. »Behalte alles, was du verteidigen kannst – aber kämpfe darum. Hier ist nur für einen von uns Platz. Darin hast du recht. Ich werde dieser Eine sein!« »Oh, du lieber Schrecken«, flüsterte Razamon. »Jetzt geht es los. Kann man nichts dagegen tun? Sie werden alles in diesem System vernichten!« »Der junge Ring hat keine Chance«, behauptete Olken. »Der Oheim ist viel zu stark, als daß sein Ableger ihn schlagen könnte.« »Ich fürchte, dieses junge Ungeheuer ist klüger, als wir alle gedacht ha ben«, murmelte Atlan. »Er hat den Oheim reden lassen und die Zeit ge nutzt. Hier schwirrt bestimmt genug von dieser negativen Energie herum, um ihn zu sättigen. Vielleicht hat er sogar die Verbindungen zwischen Ri tiquian und anderen Sonnen angezapft. Seht ihr, wie schnell er sich be wegt? Er ist flinker als der Oheim.« Die anderen sahen, daß der Arkonide recht hatte. Der kleine Ring hatte sich in Bewegung gesetzt. Er näherte sich dem Dunklen Oheim, obwohl er vorher behauptet hatte, eine Grenze zu spüren, die er nicht überschreiten durfte. »Dieses Ding kann sogar zweideutige Bemerkungen von sich geben«, sagte Razamon verblüfft. »Erinnert ihr euch nicht? Der Dunkle Oheim empfahl ihm, anzuhalten, weil der Kleine sonst sterben müßte. Natürlich war es eine Lüge, wenn der Oheim behauptete, nichts daran ändern zu
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können. Und der Kleine sagte, daß er tatsächlich etwas spürte, was ihn tö ten könnte, und dann ließ er den Alten erzählen. Es war wirklich Absicht, dessen bin ich mir sicher. Der kleine Kerl wollte nur Zeit gewinnen. Wenn er nicht so bösartig wäre, könnte er mir direkt sympathisch werden.« Der Dunkle Oheim versuchte, sich von der Sonne zu lösen, aber der kleine Ring kam ihm zuvor. Für einen Augenblick sah es so aus, als wür den die beiden Wesenheiten aufeinanderprallen. Erst im letzten Augen blick wich der junge Oheim aus. Der große Ring wand sich wie eine Schlange. »Ich habe dich!« rief der Kleine triumphierend. »Du warst dumm und überheblich, begreifst du das jetzt?« Der ältere Ring antwortete nicht, aber auf der bildschirmähnlichen Flä che des »Fensters«, das die Verbindung zwischen dem Innern der Lebens blase und der Außenwelt darstellte, konnte man deutlich beobachten, wie das junge Ringwesen plötzlich davongeschleudert wurde. Es fing sich schnell und raste erneut auf den Dunklen Oheim zu. Bis in die Lebensbla se hinein spürte man den Haß und den Zorn, den beide Ringe während die ses Kampfes verstrahlten. Sie blieben nebeneinander stehen, und ein zähes Ringen, das man nicht sehen, wohl aber erfühlen konnte, begann. »Wir dürfen nicht zu lange warten«, mahnte Olken besorgt. »Der Oheim wird siegen, daran besteht kein Zweifel. Auch wenn der junge Ring noch so viel Energie in sich aufgenommen hat – gegen dieses Ungeheuer kommt er nicht an. Wir müssen euch aus der Lebensblase hinausschaffen, ehe der Kampf vorbei ist.« »Warte noch!« bat Atlan fasziniert. »Siehst du das? Der schwarze Kern der Sonne beginnt zu schrumpfen.« »Der Oheim geht bereits ans Eingemachte«, bemerkte Razamon spöt tisch. »Und wenn es der junge Ring ist, der den Kern aussaugt?« fragte Yeers skeptisch. »So frech dürfte nicht einmal dieses Wesen sein«, bemerkte Atlan. »Außerdem betrifft es auch andere Sonnen.« Er spürte, daß Olken ihn mit sich zu ziehen versuchte, aber er wehrte sich dagegen. Er fragte sich auch nicht lange, wie es möglich war, daß die ses »Fenster« Ereignisse zeigte, die in diesem Augenblick Lichtjahre ent fernt stattfanden. Er sah lediglich, daß immer mehr Sonnen immer heller zu strahlen begannen. Er fragte sich, was geschehen mochte, wenn diese Energie verbraucht war und der junge Ring doch noch siegte. Konnte der kleine Oheim sich auch ohne diese Vorräte am Leben erhalten? Oder war die Schwarze Galaxis dann frei? »Je mehr Energie er zusammenzieht, desto schlimmer werden die Fol gen dieses Kampfes sein«, bemerkte Olken, und Atlan schrak aus seinen
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Gedanken auf. Zum erstenmal seit mehreren Stunden wurde ihm bewußt, in welcher Gefahr sie alle schwebten. »Wenn er gezwungen sein sollte, sogar auf die Lebensblase zurückzu greifen, braucht ihr die große Plejade nicht mehr«, murmelte er besorgt. »Wie stabil ist dieses Gebilde?« »Er wird es nicht zerstören«, versicherte Olken. »Vergiß nicht, daß von hier aus die Neffen am Leben erhalten werden. Aber auf Ritiquian und draußen im Weltraum ist jetzt alles Leben in Gefahr. Komm endlich. Wenn wir euch auf Ritiquian absetzen wollen, müssen wir uns beeilen.« »Warum warten wir nicht, bis das Schlimmste vorbei ist?« fragte Atlan unwillig. »Weil die Gefahr besteht, daß der Dunkle Oheim sich um uns kümmert, sobald er mit seinem Sprößling fertig geworden ist. Er darf euch nicht fin den. Wir setzen euch auf dem Raumhafen in der Nähe des Hortes der Fin sternis ab. Dort seid ihr einigermaßen sicher aufgehoben, und die GOL'DHOR wird keine Mühe haben, euch zu finden.« »Glaubst du wirklich, daß sie kommt?« »Sie ist schon fast hier, und sie hat die große Plejade noch immer an Bord. Ihr werdet nicht lange auf Ritiquian bleiben.« »Du bist dir sehr sicher.« »Ich weiß, wie du darüber denkst. Laß uns nicht mehr darüber reden. Wir verstehen deine Zweifel, aber du wirst uns nicht von unserer Überzeu gung abbringen.« Atlan erkannte, daß es keinen Sinn hatte, weiter auf den Körperlosen einzureden. »Was ist der Hort der Finsternis?« erkundigte er sich, um von dem hei klen Thema abzulenken. »Der Palast des Dunklen Oheims«, antwortete Olken. »Wir wissen nicht viel darüber, nur, daß es eine riesige Anlage ist und daß dort furchtbare Dinge geschehen.« »Das hätte ich mir beinahe denken können«, murmelte Atlan. »Wohin bringst du mich? Sagtest du nicht, daß wir den Ring nur durch das ›Fenster‹ verlassen können?« »Wir wollen euch zusätzliche Energie mit auf den Weg geben. Auch wenn ihr nur eine kurze Strecke überwunden habt und der Weg nach Riti quian ebenfalls nicht weit ist, habt ihr doch eine Menge Kraft verloren. Hier drinnen spürt ihr das nicht, weil es ausschließlich eure Körper be trifft, aber ihr würdet bewußtlos auf Ritiquian ankommen und Stunden brauchen, bis ihr euch wieder erholt habt.« »Und wie geht diese Aufladung vor sich?« »Du wirst gar nichts davon bemerkt haben, glaube ich.«
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»Ist es schon vorbei?« fragte Atlan überrascht. »Ja«, erwiderte Olken knapp – und dann war es, als hätte er dem Arko niden einen harten Stoß versetzt. Atlan spürte, daß er sich rasend schnell durch die formlose Dunkelheit bewegte. »Viel Glück!« rief Olken ihm nach. »Wartet auf die GOL'DHOR!« Dann merkte er, daß Razamon neben ihm war, und Augenblicke später tauchte eine helle Fläche vor ihnen auf. Danach war es schlagartig endgül tig finster um ihn, und er glaubte, in einen endlosen Abgrund zu stürzen. Er hörte nicht mehr, daß Yeers entsetzt schrie: »Halte sie auf, Olken. Etwas stimmt nicht!« Aber Olken hatte es im selben Augenblick gemerkt und war bereits am »Fenster«. »Es ist zu spät«, sagte er niedergeschlagen. »Wir hätten wissen müssen, daß auch solche Transporte jetzt nicht ungefährlich sind. Vielleicht wäre es wirklich besser gewesen, zu warten, bis der Kampf vorbei ist.« »Es scheint sich nur um eine geringe Abweichung zu handeln«, tröstete Yeers. »Sie werden nicht genau da ankommen, wo wir sie hinschaffen wollten, aber es wird ihnen nichts geschehen.« »Und wenn sie nun im Hort der Finsternis landen?« »Wir wollen hoffen, daß das nicht eintritt«, sagte Yeers ernst.
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7.
Unbemerkt von den Alven, die in diesen Stunden ganz andere Sorgen hat ten, als auf unerwünschte Gäste zu achten, drang ein Organschiff in das Ritiquian-System ein, das hier eigentlich nichts zu suchen hatte. An Bord befanden sich eine Handvoll Ugharten, zwei Magier und ein Neffe, um dessen Verstand es nicht zum Besten stand. Wäre es anders gewesen, dann wäre Duuhl Larx sicher davor zurückgeschreckt, mitten in das Chaos hin einzufliegen. »Wahrscheinlich begreift er gar nicht, was dort geschieht«, sagte Copa sallior leise und zuckte kaum merklich zusammen, als ihm das wahnsinni ge Gelächter des Neffen zu antworten schien. Er drehte sich hastig um. Das Schott zur Kommandozentrale stand wie üblich offen. Die feurige Sphäre, in der der Neffe sich verbarg, füllte die ganze Öffnung aus. Duuhl Larx schwebte herein und hielt vor den beiden Magiern an. »Er hat Schwierigkeiten«, verkündete der Neffe kichernd. »Der Dunkle Oheim ist nicht einmal mehr fähig, in seinem eigenen System für Ordnung zu sorgen. Seht ihr das? Da stoßen Schiffe zusammen, und sie feuern auf einander, und manche explodieren auch einfach ohne Grund. Es wird höchste Zeit, daß ich der Sache ein Ende bereite!« »Was willst du tun?« fragte Koratzo mit gezwungener Ruhe. »Ich werde ihn töten!« stieß der Neffe haßerfüllt hervor. »Ich werde ihn zerreißen – so und so und so!« Seine Stimme schnappte über, und er brach erneut in Gelächter aus. Ko ratzo versuchte sich vorzustellen, wie dieses Wesen in der flammenden Hülle steckte und mit seinen Händen einen imaginären Oheim zerfetzte. Es gelang ihm nicht recht, denn er wußte nicht genau, wie Duuhl Larx aus sah. Er hätte es in diesem Augenblick wahrscheinlich feststellen können, denn er war stärker als je zuvor, und der Neffe würde kaum etwas bemer ken, solange er sich in dieser hysterischen Stimmung befand. Aber er ver zichtete darauf, denn es erschien ihm nicht mehr als so bedeutend wie noch wenige Wochen zuvor. Duuhl Larx beruhigte sich allmählich. »Ich werde die Herrschaft über die Schwarze Galaxis antreten«, erklärte er erstaunlich ruhig. »Glaubst du, daß ich das kann, Koratzo?« »Warum nicht?« fragte der Magier unbewegt. »Wem immer es gelingen mag, den Dunklen Oheim zu besiegen, der ist sein rechtmäßiger Nachfol ger.« »Du hast also nichts gegen meinen Plan einzuwenden?« fragte Duuhl Larx verblüfft. »Das bin ich von dir nicht gewöhnt. Du enttäuschst mich!« »Ich bin ein positiver Magier«, antwortete Koratzo gelassen. »Und der
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Oheim ist ein negativer Herrscher. Wenn ich stark genug wäre und mich auf einen Kampf mit ihm einlassen dürfte, würde ich es versuchen selbst auf die Gefahr hin, daß es mich das Leben kostet.« »Es wäre in deinen Augen ein gutes Werk, ihn zu besiegen?« »Ja.« Der Neffe lachte unbändig. »Ich hätte nicht gedacht, daß ich das noch erleben würde!« behauptete er. Einer der Ugharten, die an den Kontrollen saßen, stieß einen Schrei aus und erregte damit den Unwillen des Neffen. »Stopf ihm das Maul, Koratzo!« befahl er grob. Der Magier schüttelte nur den Kopf. Er ging zu dem Ugharten hin und blickte ihm über die Schulter. Er war mit den Geräten an Bord der HER GIEN mittlerweile vertraut genug, um zu erkennen, daß eines davon völlig absurde Werte anzeigte, aber er wußte andererseits nicht genug, um mit dieser Information etwas anfangen zu können. »Was bedeutet das?« fragte er leise. »Ich weiß es nicht«, stotterte der Ugharte. »Etwas kommt auf uns zu – ein Kraftfeld.« »Können wir ihm ausweichen?« »Ich versuche es die ganze Zeit über, aber es folgt uns.« »Wie kann es uns folgen, wenn es auf uns zukommt?« »Ich verstehe es ja auch nicht. Aber immer wenn ich den Kurs ändere, ist es wieder vor uns.« »Stelle den Antrieb ab.« Der Ugharte sah den Magier entsetzt ab. »Tu, was ich dir sage!« befahl Koratzo, und der Ugharte unterlag der magischen Kraft, die dieser Satz enthielt. Beklemmende Stille breitete sich aus, als die Triebwerke der HERGIEN ihre Arbeit einstellten. In diese Stille hinein erklang die Stimme des Nef fen. »Was soll das?« fragte er ungeduldig. »Warum fliegen wir nicht weiter? Wir haben es eilig.« »Nicht so eilig, daß wir geradewegs in den Tod fliegen müßten«, wehrte Koratzo ab. »Was redest du da für einen Unsinn!« fauchte Duuhl Larx und schwebte herbei. Er kam so nahe heran, daß der Ugharte sich in der Hitze, die von der Sphäre ausging, zu krümmen begann. Koratzo dehnte seine magischen Sperren aus und schloß den Ugharten damit ein, um die Hitze von ihm fernzuhalten. Der Ugharte warf ihm einen dankbaren Blick zu, Duuhl Larx dagegen schien den Vorgang nicht einmal bemerkt zu haben. Noch vor wenigen Tagen hätte Koratzo sein Mitleid mit dem Ugharten teuer bezah
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len müssen. Dann aber hatte der Neffe sich in immer stärkerem Maße mit negativer Energie aufgeladen. Es schien, als hätte der Oheim dafür ge sorgt, daß seine Statthalter so etwas nur bis zu einer bestimmten Grenze taten. Das Zuviel an Energie hatte den Neffen endgültig den Verstand ge kostet. »Ich sehe nichts«, nörgelte Duuhl Larx. »Fliege weiter, Ugharte!« Der Schwarzbehaarte, der noch immer in Koratzos Bann stand, warf dem Stimmenmagier einen fragenden Blick zu. »Nein, wir bleiben!« entschied Koratzo und wandte sich an Duuhl Larx. »Es geschieht zu deinem Besten. Du wirst niemals über die Schwarze Ga laxis herrschen, wenn du jetzt nicht nachgibst. Da draußen ist etwas, das uns gefährlich werden kann. Es ist ein Kraftfeld, das sich bewegt. Wir müssen warten, bis es verschwunden ist.« Copasallior winkte dem Stimmenmagier hinter dem Rücken des Neffen zu. Koratzo konzentrierte sich auf die Gedanken des Weltenmagiers und machte sie für sich hörbar. »Es ist nicht nur ein Kraftfeld«, sagten Copasalliors Gedanken. »Im Zentrum steckt ein Stück Materie. Erinnerst du dich an die Flotte von So tron-Belloskap, aus der Atlan und Razamon die drei Agenten der Schwar zen Galaxis holten? Sie fanden auch einen Klumpen schwarzer Materie, und dieser Klumpen war nachweislich am Verschwinden des Berserkers beteiligt. Ein solcher Klumpen bildet das Zentrum des Kraftfelds.« »Ich will nicht warten!« schrie der Neffe aufgebracht. »Hör nicht hin«, empfahl Koratzo dem Weltenmagier lautlos. »Kannst du das Ding beseitigen?« »Ich werde mich hüten, es auch nur zu versuchen. Der Klumpen besitzt fast dieselben Fähigkeiten wie ich. Er transportiert allerlei Gegenstände nahezu ohne Zeitverlust von einem Ort zum anderen, und er kann den Transport mitmachen, es aber auch bleiben lassen. Ich spüre noch mehr solche Dinger hier in der Nähe. Einige haben sich miteinander vereinigt. Ich nehme an, daß sie für die Explosionen verantwortlich sind. Sie haben nichts anderes im Sinn, als sich mit ihresgleichen zusammenzuschließen, und sie verwechseln Schiffe, die in den Überlichtflug vorstoßen wollen, mit ihren Artgenossen – mir fällt kein anderer Ausdruck ein. Es ist wirk lich, als ob diese Dinger leben. Wenn ich jetzt meine Magie anwende, ha ben wir den Klumpen auf dem Hals. Transportieren kann er uns nicht, da zu ist die HERGIEN zu groß, aber er kann das Schiff zerstören.« »Kommt der Klumpen vom Dunklen Oheim?« fragte Koratzo mit einem verstohlenen Blick auf den Bildschirm, der die Sonne Ritiquian mit den beiden Ringen zeigte – der zweite war so klein, daß man ihn kaum erken nen konnte. »Darauf kannst du Gift nehmen.«
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»Wir müssen warten, bis er das Interesse an uns verliert.« »Ja, das ist wohl das einzige, was wir tun können.« »Träumst du?« brüllte Duuhl Larx den Stimmenmagier an. »Nein«, erwiderte Koratzo gelassen. »Dieses Ding da draußen ist eine Waffe des Dunklen Oheims. Sie kann nicht zwischen Freund und Feind unterscheiden – sonst würden wir längst nicht mehr leben. Es gibt nichts, womit man diese Waffe abwehren könnte. Feinde, die so etwas vor sich sehen, tun gut daran, zu fliehen – so müssen sie jedenfalls denken, und ge nau darauf reagiert das Ding. Wir müssen stillhalten, bis es uns für unge fährlich hält.« Er spürte, daß Copasallior ihn von der anderen Seite der Zentrale aus in tensiv beobachtete, und er ahnte, was den Weltenmagier bewegte. Koratzo hatte noch nie in seinem Leben so unverschämt gelogen wie in diesen Stunden. »Mir bleibt nichts anderes übrig«, sagte er auf die magische, lautlose Weise zu Copasallior. »Ich werde lügen, daß sich die Balken biegen, aber Duuhl Larx darf nicht auf die Idee kommen, daß der Oheim ganz anders aussieht, als er es sich vorstellt. Er wird endgültig durchdrehen, wenn er die Wahrheit erkennt.« »Eine Waffe des Oheims!« stieß der Neffe, der von den lautlosen Unter haltungen der Magier nichts mitbekam, aufgeregt hervor. »So weit von dem Planeten entfernt! Das zeigt, wie groß seine Macht noch immer ist. Du hast recht, Koratzo. Wir werden warten und stillhalten. Wenn wir den Herrscher der Schwarzen Galaxis erreichen, dann wirst du alles vergessen, was ich bisher über meine Pläne gesagt habe. Ich werde ihm helfen. Ja, ich werde die Rebellen niederschlagen, die ihn bedrohen, und er wird erken nen, daß ich der treueste unter seinen Neffen bin. Ich werde ihm zeigen, daß ich der Unsterblichkeit würdig bin, und er wird sie mir verleihen, denn er braucht treue Kampfgefährten. Ich glaube, ich kann mich auf dich ver lassen, Magier. Ich habe nachzudenken.« Damit schwebte er davon, und diesmal hörte man kein Gelächter – was jedoch nicht heißen wollte, daß er etwa seine Vernunft zurückgewonnen hatte. »Er muß blind sein!« stieß Copasallior hervor. »Blind und völlig ver rückt. Wie bringt er es nur fertig, die Wahrheit nicht zu erkennen?« »Ich weiß es nicht«, murmelte Koratzo und stützte sich auf die Lehne des Sessels, in dem der Ugharte saß. »Ist es immer noch da?« »Es scheint sich zurückzuziehen.« »Es ist höchste Zeit, daß es das tut«, flüsterte Koratzo. Copasallior sah den Stimmenmagier erschrocken an. »Was ist mit dir los?« fragte er besorgt. »Ich fühle mich wie zerschlagen«, murmelte Koratzo. »Etwas saugt all
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die Energie weg, die ich im Lauf dieser Reise dazugewonnen habe.« »Der Klumpen ist es nicht«, sagte Copasallior bestimmt. »Was soll es dann sein?« Der Weltenmagier blickte ratlos auf die Bildschirme. Von irgendwoher waren Koratzo neue Kräfte zugeflossen – verschwan den sie jetzt auf dieselbe geheimnisvolle Weise? »Es ist weg!« rief der Ugharte verblüfft. »Einfach verschwunden.« »Gut«, murmelte der Stimmenmagier. »Dann versuchen wir es. Aber sei vorsichtig.« Der Ugharte begab sich an die Arbeit. Copasallior beobachtete das Ge rät, das die Anwesenheit des Klumpens festgestellt hatte. Der seltsam ge formte Zeiger schlug ab und zu aus, zeigte aber keine alarmierend hohen Werte mehr an. Er sah zu Koratzo hinüber, der sich auf die andere Seite der Zentrale zu rückgezogen hatte. Er erwartete, daß der Magier auf lautlose Weise mit ihm Verbindung aufnahm. Als das nicht geschah, ging er besorgt zu ihm hin. »Wird es schlimmer?« fragte er. Koratzo blickte auf. »Nein«, sagte er sarkastisch. »Es ist bereits vorbei.« »Bist du wieder auf dem alten Stand oder darunter?« »Wie soll ich das jetzt feststellen? Dieser verdammte Neffe …« »Wir werden Ritiquian bald erreichen«, tröstete Copasallior. »Wenn er bis dahin immer noch nicht auf die Idee gekommen ist, den Ring dort drü ben mit dem Dunklen Oheim in Verbindung zu bringen, werden wir ihn sehr schnell los sein.« »Und dann?« Copasallior zuckte die Schultern. »Das werden wir sehen, wenn es soweit ist.« Die HERGIEN schlich sich behutsam an den Planeten heran. Auf den Bildschirmen konnte man verfolgen, wie die Ordnung im Ritiquian-Sy stem erschreckend konsequent zusammenbrach. Tausende von Wracks trieben durch das All. Für einen Augenblick sah Copasallior auf einem der Schirme einen gigantischen, an einer Seite abgeflachten Felsbrocken. Eisi ger Schrecken durchzuckte ihn, als er begriff, daß es sich um einen von al lem Leben entblößten Dimensionsfahrstuhl handelte. Aber an einigen cha rakteristischen Zeichen erkannte er, daß er nicht Pthor gesehen hatte. »Da können wir nicht landen!« stieß einer der Ugharten Minuten später hervor. »Nicht jetzt.« Der Ugharte schaltete an seinen Geräten herum, und auf dem größten der Bildschirme wurde Ritiquian sichtbar. Selbst für die Magier, die wenig von der Raumfahrt verstanden und nur
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selten vom Weltraum aus auf einen Planeten geblickt hatten – gleichwohl aber vielen fremden Welten Besuche abgestattet hatten –, war es auf den ersten Blick klar, daß der Ugharte recht hatte. Um Ritiquian drängten sich Raumschiffe in schier unglaublicher Zahl und Vielfalt. Es schien, als versuchte jeder, der sich auf dem Planeten be funden hatte, in den Raum hinaus zu fliehen. Gleichzeitig trachteten die, die den Beginn der Katastrophe hier draußen hatten erleben müssen, nur noch danach, schleunigst auf die Oberfläche Ritiquians hinabzukommen. Dort aber mußte die Hölle los sein. Die Form der Wolken und die Art und Weise, in der sie über die riesige, gewölbte Fläche, als die der Planet sich auf den Schirmen zeigte, hinwegglitten, deutete darauf hin, daß dort unten furchtbare Stürme tobten. Hier und da rissen die Wolken auf. Dann sah man leuchtende Tupfen auf blaugrauem Grund. Copasallior versuchte sich klarzumachen, wie gigantisch die Brände sein mußten, die eine derar tige Erscheinung hervorriefen, aber sein Vorstellungsvermögen streikte. »Du wirst mit ihm reden müssen«, sagte er zu Koratzo. »Ich kann mir denken, wie dir zumute ist, aber er erwartet es von dir. Er würde sofort Verdacht schöpfen, wenn ich mich an deiner Stelle melden wollte. Du weißt, wie er reagiert – wenn er dir etwas anmerkt, wird er der Versu chung nicht widerstehen können, dir ordentlich eines auszuwischen.« Der Stimmenmagier nickte und er hob sich. »Nicht so!« stieß Copasallior hervor, als Koratzo sich einem Bord sprechgerät näherte. Der Magier zögerte, erhob dann aber doch seine Stimme und rief nach dem Neffen. Erleichtert stellte er fest, daß seine magischen Fähigkeiten gar nicht so sehr gelitten hatten, wie es ihm zunächst hatte scheinen wol len. Nur die zusätzliche Energie war verlorengegangen. Er hätte in diesen Augenblicken alles dafür gegeben, zu erfahren, wo er sie zurückbekom men konnte denn er würde sie dort unten dringend brauchen. Es traf ihn wie ein Schock, als er das Echo spürte, das dieser Gedanke weckte. Für die Dauer eines Lidschlags spürte er etwas, das ihm vertraut war – aber gleichzeitig auch unsagbar fremd. Etwas, das freundlich und gut war. Dann war es vorbei, aber er lächelte bei der bloßen Erinnerung daran. »Was ist los?« fragte Copasallior beunruhigt. »Nichts«, murmelte Koratzo. »Außer, daß wir Hilfe bekommen wer den.« »Woher?« »Das weiß ich nicht. Aber es ist etwas in der Nähe, das auf unserer Seite steht.« »Was hältst du von dem dort?« erkundigte sich der Weltenmagier und deutete auf den Ring, der den Planeten umgab.
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»Er ist uns nicht feindlich gesonnen, aber er ist zu passiv. Es muß etwas anderes sein.« Sie kamen nicht dazu, sich weiter über diese Frage zu unterhalten, denn mit vehementem Schwung drang Duuhl Larx in die Zentrale ein. »Warum hast du mich gerufen?« fuhr er dem Stimmenmagier an. »Was suchen wir überhaupt noch hier oben? Hatte ich nicht deutlich genug ge sagt, daß ich auf diesen Planeten gebracht werden will?« »Ich nehme an, du legst Wert darauf, auch lebend unten anzukommen«, bemerkte Koratzo ironisch und deutete auf den Bildschirm. »Wir müssen noch warten.« »Ich denke nicht daran!« schrie der Neffe erbost. »Noch ist der Dunkle Oheim beschäftigt. Ich muß ihn erwischen, ehe dieser Kampf beendet ist, oder ich verliere Zeit. Es steht außer Zweifel, daß ich auch später über ihn siegen werde, aber warum soll ich warten, noch dazu aus einem so nichti gen Grund heraus?« Koratzo kämpfte erbittert gegen den Einfluß des Neffen an. Solange er die zusätzlichen Kräfte in sich gehabt hatte, war es ihm möglich gewesen, Duuhl Larx zu widersprechen, wenigstens ab und zu. Jetzt aber machte sich der alte, verhaßte Zwang wieder bemerkbar. Als könnte Duuhl Larx spüren, daß er wieder die Oberhand gewonnen hatte, wandte er sich an den Ugharten, den der Stimmenmagier diesmal nicht zu beschützen vermochte. »Lande!« befahl der Neffe. Der Schwarzbehaarte krümmte sich zusammen, und der Neffe rückte drohend näher. Hastig beugte der Ugharte sich über seine Instrumente, und seine Artgenossen taten es ihm nach. Weder die Ugharten, noch die Magier hätten später sagen können, wie die HERGIEN es geschafft hatte, an den wild durcheinanderwirbelnden Raumschiffen vorbeizukommen, ohne dabei zerstört zu werden. Viele an dere Schiffe hatten weniger Glück. Am schlimmsten waren diese Minuten zweifellos für die Galionsfigur der HERGIEN. Koratzo dachte voller Bedauern und Mitleid daran, daß es ihm nicht einmal in den letzten Tagen gelungen war, einen Kontakt zu die sem einsamen Wesen herzustellen. Duuhl Larx hatte den Lotsen von An fang an mit besonderer Wachsamkeit vor seinen übrigen »Untertanen« ab geschirmt. Auf geradezu wunderbare Weise gelangte die HERGIEN schließlich in die oberen Schichten der Atmosphäre. Sie schüttelte sich zwar und bockte wie ein junges Yassel, aber sie stieß gehorsam tiefer hinab und strich dann in langsamerem Flug über die Oberfläche des Planeten hin. »Dort ist es!« schrie Duuhl Larx auf, als ein quadratisches Gebilde auf den Schirmen erschien. »Dort werde ich ihn finden!«
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Die Magier fragten sich, wie der Neffe sich seiner Sache so sicher sein konnte. Hätten sie nicht ohne den geringsten Zweifel den schwarzen Ring, der die Sonne dieses Systems umgab, als den Dunklen Oheim identifiziert, so wären sie wahrscheinlich in ihrer Überzeugung wankend geworden. Aber auch so war es gespenstisch, die Veränderung zu sehen, die mit dem Neffen vorging. Duuhl Larx schien anzuschwellen. Sein Sphäre dehnte sich aus und wurde umfangreicher und heller. Gleichzeitig fühlten die Magier sich frei er als je zuvor, als hätte der Neffe jene »dunkle Aura«, mit deren Hilfe er sie und die Ugharten in Zaum hielt, ruckhaft auf sich selbst konzentriert. »Lande!« schrie Copasallior dem Anführer der Ugharten zu. »Schnell, oder es ist aus mit uns!« Dem behaarten Wesen zitterten die Finger. Zwei seiner Gefährten, die dem Neffen sehr nahe waren, brachen lautlos zusammen. Duuhl Larx kicherte vor sich hin und tanzte unruhig auf und ab. Dabei kam er dicht an verschiedene Instrumentenpulte heran. Stichflammen schossen unter den metallenen Abdeckungen hervor, und ein grauenhafter Gestank breitete sich aus. Aus einem Lautsprecher drang ein dünner Schrei – es konnte nur die Galionsfigur sein, die sich auf diese Weise be merkbar machte. Dieser Schrei, so schrecklich er auch war, bewirkte ei nes: Die Ugharten begriffen schlagartig, wie hoch die Gefahr war, in der sie sich befanden. Sie überwanden ihr Entsetzen. »Du mußt stillhalten!« bat Koratzo den Neffen beschwörend. »Du zer störst dich und das Schiff, wenn du dich jetzt nicht zusammennimmst.« »Ich kann nicht«, schrie der Neffe in heller Panik. »Ich will hinaus. Ich muß hinaus! Dort draußen wartet der Dunkle Oheim auf mich. Jetzt ist der richtige Augenblick gekommen, wo ich ihn besiegen kann!« Koratzo warf einen kurzen Blick auf einen Schirm, auf dem noch immer die Sonne mit den beiden Ringen zu erkennen war. Er sah, daß der kleine Ring sich bewegte, und er spürte vage, daß dieses winzige, boshafte We sen triumphierte. Erschrocken erkannte er, daß Duuhl Larx auf diese Ge fühle reagierte. »Bringe uns hinunter!« flüsterte er, und seine Stimme drang direkt in die Ohren des ughartischen Piloten. »Wie, das spielt jetzt keine Rolle mehr.« Die HERGIEN stürzte wie ein Stein in die Tiefe. Koratzo blickte zu dem Weltenmagier hinüber. Copasallior schüttelte schweigend den Kopf – solange sie sich in der Nähe des Neffen aufhielten, war er nicht in der La ge, sich und andere durch schnelle Transmittersprünge in Sicherheit zu bringen. Dem Ugharten gelang es, die HERGIEN dicht über dem Boden abzu fangen. Das Schiff schien aufzuschreien, als es gezwungen wurde, noch
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einmal ein kurzes Stück zu steigen. Dann lag ein Raumhafen unter ihnen. Duuhl Larx stieß wilde Drohungen gegen den Oheim aus. Seine Sphäre glühte grell auf, und sie stieg auf wie ein Ball, dem man einen heftigen Tritt versetzt hatte. Die Ugharten sanken in sich zusammen, und die Ma gier glaubten, daß nun das Ende gekommen sei. Duuhl Larx stand eben im Begriff, die Decke zu durchstoßen und sich förmlich einen Ausgang frei zubrennen, da besann er sich. Er sank wieder herab, und dann raste er da von. Er streifte die Innenkante des Schottes, und ein Teil der Wand löste sich auf. Aus dem Lautsprecher, über den die Galionsfigur mit der Zentrale in Verbindung stand, drang ein seltsamer Laut, halb Weinen, halb Lachen. Die HERGIEN sank erstaunlich sanft auf das Landefeld herab. »Er ist fort«, sagte die Galionsfigur leise. Die Magier sahen über die optischen Einrichtungen einen feurigen Ball, der dicht über dem Boden dahinschoß und in Wolken von Sand und Staub verschwand. Mühsam lösten sie sich von diesem Bild. »Wir müssen weg von hier«, stellte Copasallior fest. »Gegen den Dunklen Oheim können wir nichts ausrichten, aber vielleicht gelingt es uns, Pthor zu warnen.« »Es wird nicht viel nützen«, meinte Koratzo bedrückt. »Vielleicht doch«, widersprach der Weltenmagier energisch. »Bis jetzt weiß man in Pthor nur ganz vage, daß eine Begegnung mit dem Dunklen Oheim unvorstellbare Schrecken mit sich bringt. Aber genau das ist das Schlüsselwort – unvorstellbar. Sie wissen in Pthor nichts damit anzufan gen. Wenn sie erst begreifen, was ihnen tatsächlich bevorsteht, werden sie all ihre Kräfte mobilisieren.« »Was hilft das schon gegen ein Wesen wie diesen Ring?« Copasallior ärgerte sich über den Stimmenmagier. Er hatte Mühe, seine Gedanken zu steuern, und es fiel ihm schwer, sich auf dieses Gespräch zu konzentrieren. Seine Antwort fiel aus diesen Gründen verletzender aus, als es in seiner Absicht lag. »Die Pthorer sind glücklicherweise nicht in deinem Sinn positiv veran lagt«, sagte er zynisch. »Das hindert sie daran, brav den Nacken zu beu gen, wenn der Henker es ihnen befiehlt. Du kannst hierbleiben und auf das Ende warten, das du für unabwendbar hältst, aber hilf mir vorher, die Ug harten auf die richtige Idee zu bringen. Oder gönnst du uns anderen diese Chance nicht?« Koratzo ballte die Fäuste, und der Weltenmagier hielt den Atem an. Aber dann beugte der andere sich über den ersten Ugharten und weckte ihn auf. Wenig später war die HERGIEN startbereit. Es würde ein Risiko sein,
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mit diesem Schiff den Rückflug anzutreten, und zu allem Überfluß wußten sie nicht einmal, wo Pthor sich jetzt gerade befand. Duuhl Larx hatte Tha mum Gha ermordet, und es war anzunehmen, daß der Dunkle Oheim den Dimensionsfahrstuhl daraufhin aus dem Guftuk-Revier herausgeholt hatte. Sie waren sich dieser Probleme bewußt, sprachen aber nicht darüber. Sie spürten die Nähe des Dunklen Oheims. Wenn sie längere Zeit hindurch auf Ritiquian bleiben mußten, würden sie den Verstand verlieren – falls man sie nicht schon lange vorher tötete. Die Ugharten waren mit den Startvorbereitungen beschäftigt, als Korat zo noch einmal nach Duuhl Larx fahndete. Er bediente sich seiner magi schen Sinne, die ihm verraten sollten, wo der Neffe sich herumtrieb. Er spürte zahllose Wesen auf, die sich in panischer Furcht in fragwürdigen Verstecken zusammendrängten. Nur Duuhl Larx schien verschwunden zu sein. Koratzo richtete seine magischen Sinne auf die gigantische, düstere Anlage, die sie kurz vor der Landung gesehen hatten – und schrie über rascht auf. Copasallior fuhr erschrocken herum. Er kannte den Stimmenmagier seit vielen tausend Jahren, aber er hatte ihn nie zuvor so entsetzt und fassungs los gesehen. »Was hast du gehört?« fragte er scharf. Koratzo antwortete nicht. Er war offenkundig nicht fähig dazu. Er öff nete den Mund, aber kein Laut drang über seine Lippen, und auch die gei sterhafte Stimme, mit der er sich selbst über große Entfernungen hinweg zu verständigen mochte, blieb diesmal aus. Copasallior zögerte nicht lange. Er wußte, daß etwas geschehen war, was alle ihre Pläne über den Haufen warf, und er tat etwas, was die Magier sonst peinlichst vermieden – zumindest im alltäglichen Umgang miteinan der: Er berührte Koratzo. Er packte ihn bei den Schultern und schüttelte ihn, bis der seltsame Ausdruck aus den Augen des Stimmenmagiers ver schwand. Dann trat er hastig zurück. Er verschränkte seine sechs Arme vor der Brust und wartete. »Komm!« sagte Koratzo nach einigen Sekunden. Copasallior folgte ihm zur Schleuse. »Was hast du vor?« fragte er. »Wir müssen dort hinüber gehen«, antwortete der Stimmenmagier. »Es ist der Weg, der zum Hort der Finsternis führt – und zu Atlan und Raza mon. Sie sind im Palast des Oheims.« Copasallior blickte in den Sturm hinaus und zog seine magischen Sper ren enger um sich. »Spürst du, was da drüben los ist?« fragte er sehr ruhig. »Ja«, sagte Koratzo leise. »Wir werden mit unseren magischen Künsten nicht viel anfangen können, nicht wahr? Und es wird schlimmer werden,
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je näher wir diesen Mauern kommen. Wenn ich nur wüßte, wo die Kräfte geblieben sind, die ich unterwegs gesammelt habe!« Die GOL'DHOR hätte es ihm verraten können, aber als die beiden Magier die HERGIEN verließen, drang das goldene Raumschiff gerade erst in das Ritiquian-System ein – und es hatte auch sofort mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Etwas schien sich ihm entgegenzustemmen. Es kam nur langsam und qualvoll voran. Daß es der GOL'DHOR überhaupt gelungen war, so weit vorzudringen, hatte sie nur der Energie zu verdanken, die sie – ohne es zu wollen oder den Vorgang steuern zu können – dem Stimmenmagier entzogen hatte. Inzwischen hatte die GOL'DHOR diese neue Energie an die große Ple jade weitergegeben. Die Marmorkugel strahlte so viel positive Kraft aus, daß die Magier sich fluchtartig in den hinteren Teil des magischen Schif fes zurückgezogen hatten. Nur Zwertelis blieb unbeirrbar bei der Plejade. Während die GOL'DHOR sich mühsam ihren Weg erkämpfte, war sie wenigstens noch imstande, ihren Passagieren zu zeigen, was in der Nähe der Sonne geschah. Koy, Kolphyr und die vier Magier wußten inzwischen, was es mit den beiden Ringen auf sich hatte, die dort miteinander kämpften. Schweigend beobachteten sie, wie der Dunkle Oheim sich von der Sonne löste und sei nen Ableger umschlang. Der kleine Ring löste sich auf – der Kampf zwi schen dem Oheim und seinem Ableger war vorüber. Noch immer herrschte das Chaos im Ritiquian-System. Die beiden Kör perlosen, die von der Lebensblase aus die Plejade – und damit auch die GOL'DHOR – zu sich gerufen hatten, schwiegen. Das Schiff selbst beant wortete keine der drängenden Fragen seiner Passagiere. Es kämpfte schweigend gegen jene Kraft an, die es von der Lebensblase fernzuhalten versuchte. Es wurde seltsam ruhig im Ritiquian-System. Die Schiffe der Alven trieben antriebslos dahin, ihr Kurs blieb dem Zufall überlassen. Alles schi en den Atem anzuhalten. Der Dunkle Oheim bewegte sich majestätisch vor dem Hintergrund der plötzlich strahlend hellen Sterne. Langsam und drohend kehrte er an sei nen gewohnten Platz zurück.
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Weiter geht es in Atlan Band 483 von König von Atlantis mit: Hort der Finsternis von Horst Hoffmann
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