OTTO ZIERER
BILD DER J A H R H U N D E R T E EINE "WELTGESCHICHTE IN 19 EINZEL- UND 11 DOPPELBÄNDEN
SIEG
DES
KREUZE...
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OTTO ZIERER
BILD DER J A H R H U N D E R T E EINE "WELTGESCHICHTE IN 19 EINZEL- UND 11 DOPPELBÄNDEN
SIEG
DES
KREUZES
Unter diesem Titel ist soeben der elfte Band der neuartigen Weltgeschichte erschienen. Der Band behandelt das vierte nachchristliche Jahrhundert
Der Geist der Antike, der in Hellas und Rom lebendig war, liegt im Todeskampf. Germanen überfluten die nördlichen Provinzen, Orientalen dringen aus dem Osten ein. Gleichzeitig mit diesen äußeren Vorgängen vollzieht sich der entscheidende Wechsel im seelischen Lebensraum der alten Welt. Die Lehre Christi, noch unter Diokletian furchtbar verfolgt, wird Staatsreligion; eine neue Weltepoche nimmt ihren Anfang
Auch dieser Band ist in sich vollkommen abgeschlossen und enthält wieder ausgezeichnete Kunstdrucktafeln und zuverlässige historische Karten. Er kostet in der herrlichen Ganzleinenausgabe mit Rot- und Goldprägung und farbigem Schutzumschlag DM 3.60. Mit dem Bezug des Gesamtwerkes kann in bequemen Monatslieferungen jederzeit begonnen werden. Auf Wunsch werden auch die bereits erschienenen Bücher geschlossen oder in einzelnen Bänden nachgeliefert. Erschienen ist seit Dezember 1950 monatlich ein Band. Prospekt kostenlos vom
VERLAG SEBASTIAN LUX • MURNAU/MÜNCHEN Beachten Sie bitte die dritte Umschlagseite
KLEINE B I B L I O T H E K DES WISSENS
LUX-LESEBOGEN NATUR-
UND
K U LT U R K U N D LI C H E
HEFTE
Kurt Vethake
DER M A N N VON SOLFERINO Henri Dunant
VERLAG SEBASTIAN LUX • MURNAU/MÜNCHEN
XII H e i d e n
Im Asyl
Habermann am 5. Als Doktor Alois wobnten Stunde das Juni 1889 zur getrat, um, wie es seit Asyl in Heiden bezwei Jahren zu seinen Obliegenheiten gehörte, den Insassen des Altersheimes einen Besuch abzustatten, ahnte er nicht, welche Überraschung ihn an diesem Nachmittag dort erwarten würde. Das heißt, eigentlich war es nichts Überraschendes, nichts, was nicht zu den alltäglichen Vorgängen im Hause gehörte, das Ungewöhnliche sollte sich erst nach Tagen daraus entwickeln; aber es nahm von den Ereignissen dieses Nachmittags seinen Ausgang. Es war ein sonniger Vorsommertag, der das Kurstädtchen im Schweizer Kanton Appenzell heiß überstrahlte. Der kleine, dicke Herr mit dem weißen, zurückgekämmten Haar und dem vergoldeten Kneifer ging keuchend und ein wenig atemlos die schmale Treppe zum oberen Stockwerk des Asyls hinauf; unaufhörlich wischte er mit einem Tuch den Schweiß von den klopfenden Schläfen. Dr. Habermann hatte den Behandlungsraum im oberen Stockwerk erreicht und trat, wie gewöhnlich, mit einem freundlichen „Na, Anton, was gibt's Neues?" ein. Der Armenpfleger erhob sich von seiner Arbeit und kletterte von dem hohen Pultsitz. „Eine Neuaufnahme, Herr Doktor!", sagte er, während ihm der Arzt freundschaftlich die Hand reichte. „Befund?", fragte Dr. Habermann; dabei ließ er sich umständlich hinter dem kleinen Schreibtisch am Fenster nieder und griff in alter Gewohnheit nach dem dicken Journal, das dort lag und in das alle Neuaufnahmen eingetragen wurden; denn er liebte es, sich die nötigen Angaben von dem Pfleger mündlich machen zu lassen, während seine Augen, wie zur Kontrolle, über die entsprechenden Spalten des Journals glitten. „Er wurde obdachlos und krank auf der Straße aufgefunden!", sagte der Armenpfleger. „Papiere?" , 2
„Schweizer Paß. Das heißt, die erste Seite davon." „Name?" „Henri Dunant, geboren am 8. Mai 1828 zu Genf." Bisher waren Fragen und Antworten schnell aufeinander gefolgt, so, wie es jahrelange Zusammenarbeit mit sich bringt; jetzt Mickte der Doktor auf: „Polizeilich gemeldet?" „Nein", sagte der Pfleger. „Also ein Fremder!" Dr. Habermann schaute fragend in das nachdenkliche Gesicht seines Gehilfen: „Noch etwas?" „Ich weiß nicht, Herr Doktor", erwiderte der Pfleger zögernd, so, als überlege er, was er sagen solle, „der Kranke sieht so . . . seltsam aus . . ., so . . ." „Vermutlich ein Landstreicher?", warf der Doktor ein. „Eben nicht!", sagte der Armenpfleger, „der Mann macht trotz seiner zerrissenen und abgetragenen Kleidung einen so . . . " Hier machte der Sprecher zum zweiten Male eine Pause, als zögere er, das Folgende zu sagen; endlich fuhr er fort: „Der Patient macht mit seinem silbergrauen Patriarchenbart eher einen würdigen Eindruck und — Sie mögen mich auslachen, Herr Doktor — dieser Mann gehört nicht in ein Asyl!" Aber Dr. Habermann sagte nur: „Hm .. .!", sonst nichts. Der Armenpfleger ließ sich nicht beirren: „Manchmal denke ich, daß er ein berühmter Arzt oder ein großer Forscher ist. Irgendwann habe ich seinen Namen auch schon mal gehört, . . . H e n r i Dunant!" Er sprach den Namen laut vor sich hin; so, wie man zuweilen den Namen eines ganz Großen nennt, langsam und nachsinnend; dann lauschte er seinem Klang nach. „Na . . ., dann will ich mir den geheimnisvollen Patienten mal genauer ansehen!", meinte endlich der Doktor und erhob sich. „Zimmer sechs!", sagte der Pfleger. Und beide traten auf den Gang hinaus.
* Seitdem fragte Dr. Habermann täglich bei seinem Eintritt in den Behandlungsraum des Asyls: „Nun, Anton, wissen Sie etwas Neues über unseren Patienten?" Und der Armenpfleger schüttelte jedesmal stumm den Kopf. So waren fünf Tage vergangen, während derer der Kranke ohne zu sprechen in seinem Bett gelegen hatte. „Ich weiß nicht", sagte der Doktor an diesem Nachmittag nach der Visite, „Sie haben mich angesteckt, Anton! Auch mir geht der Name Henri Dunant nicht mehr aus dem Kopf. Selbst in der Nacht,
vorm Einschlafen, höre ich ihn; es ist, als ob ihn mir jemand aus dem Dunkel zuriefe: Henri Dunant . . .! Henri Dunant . . .! Und weiß Gott, ich muß ihn kennen! Aber ich habe die Lexika durchgesehen, ich finde nichts!" Der Doktor beendete seine Rede mit einem müden Schulterzucken. „Vielleicht sollten wir den Kranken doch selber befragen?", schlug der Pfleger vor. „Ausgeschlossen!", rief der Doktor, „ich habe Ihnen schon gesagt, das geht nicht! Das wäre eine Kränkung für ihn, wenn er wirklich das ist, was wir annehmen. Nein, wir müssen versuchen, es selbst herauszubekommen." Wenige Tage später betrat Anton Waibl, der Armenpfleger, in sichtlicher Erregung den Behandlungsraum von Dr. Habermanns Praxis: „Herr Doktor!", rief er gleich bei seinem Eintritt, „Herr Doktor . . . ! Ich weiß, wer der Neue ist!" Dr. Habermann blickte überrascht auf: „Wer?", fragte er dann. „Der Dunant?" „Ja", sagte der Pfleger und hatte vor Aufregung rote Flecken im Gesicht. „Los, erzählen Sie, Anton!", rief Dr. Habermann, „berichten Sie! Was ist mit Henri Dunant?" Der Armenpfleger, der wußte, daß der Doktor um diese Stunde ein wenig Zeit hatte und gerade deshalb gekommen war, nahm nmständlich Platz und legte ein Buch vor sich auf den Tisch. Er blätterte darin, schlug das Titelblatt auf und reichte die geöffnete Schrift Dr. Habermann herüber. „Ich entdeckte das Buch gestern in der Stadtbücherei: ,Eine Erinnerung an Solferino'. Lesen Sie den Verfasser! Es ist unser Henri Dunant, der Alte von Zimmer sechs. Ich habe das Buch gelesen. Ich weiß, wer Henri Dunaut ist, ich kenne sein ganzes Leben!" Der Armenpfleger sah stolz zu Dr. Habermann hinüber. Der Arzt ahnte die Zusammenhänge und saß in gespannter Aufmerksamkeit im Lehnstuhl. Anton Waibl, der Armenpfleger, hatte das Buch wieder an sich genommen und barg es in seinen Händen. Er bedachte sich eine Weile. In die Stille klangen die Stundenschläge der nahen Turmuhr. Dann begann Anton Waibl zu berichten, ein Leben, groß und seltsam, erschütternd in seinem Auf und Ab, ein Leben, das weit in die Jahrhunderte wirken sollte, war wie eine Chronik aufgeschlagen. Dieses aber ist die Geschichte des Asylpfründners von Heiden, die Geschichte eines allzu lange Vergessenen. 4
Apostel der Barmherzigkeit Mit rauhgepflasterten Gassen steigt die Altstadt von Genf vom Gestade und Hafen in das Grün der Hügel, die der Genfer See hier an seinem Westende gesammelt hat. Hoch vom Himmelsrande gleißen die Gletscher und ragen schneebedeckt die mächtigen Gebirgsgruppen des Montblanc und der wild zerklüfteten Dents du Midi. Die Stadt, beherrscht vom Getürm der Kathedrale St. Peter und den grauen Basteien, hat sich ihr Herz in vielen Jahrhunderten bewahrt. Viel feindliche Überfälle, blutige Wirren, geistige Fehden sind über sie hingegangen, aber immer wieder fand sie zu sich selber zurück und entfachte ihre weltbewegenden Gedanken; Calvin, Rousseau, Pestalozzi trugen von dieser Stadt aus ihre aufrüttelnden religiösen, geistigen und sozialen Ideen hinaus in die große Welt. Aus dieser Stadt regen Gewerbefleißes und großen Reichtums stammt Jean Henri Dunant. Als er am 8. Mai 1828 geboren wurde, war sein Vater einer der angesehensten Bürger von Genf, Mitglied des Rats, Pflegevater der Waisen, Kaufmann und Patrizier. Die gütige Mutter hatte ihren ererbten Landsitz elternlosen Kindern zur Erholung zur Verfügung gestellt und ging den Pfad ständigen Wohltuns. Der Knabe Henri trat schon früh in ihre Fußtapfen. Er schloß sich der „Almosen-Gesellschaft" an, ging in die Gefängnisse, um den Gefangenen vorzulesen und half den Alten und Gebrechlichen durch manche kleine Dienste. Henri Dunants geistige Haltung wurde in seiner Jugend stark von den Gedankengängen des „Second reveil" beeinflußt, jener großen Erneuerungsbewegung innerhalb des Protestantismus, die im 18. Jahrhundert in England und Schottland entstanden war und auch in Genf viele Anhänger gefunden hatte. Die Forderung dieser Bewegung, Apostel der Barmherzigkeit aus rein religiösen Motiven zu sein, trug zur Gründung des Bundes „Christlicher Verein junger Männer" bei, in dem sich Henri Dunant und eine Schar gleichgesinnter Altersgenossen 1851 zusammenschlössen. Als Vertreter dieses ersten internationalen Jugendbundes unternahm er Reisen nach Frankreich, Belgien und Holland, um auch dort für den Feldzug der Liebe zu werben. In diesem Jahr vollendete er auch seine kaufmännische Ausbildung in einem Genfer Bankhaus und machte im Anschluß daran eine Reise nach Nordafrika. 5
Über seine Erlebnisse in Tunis veröffentlichte Henri Dunant, nach Genf zurückgekehrt, einen Reisebericht, der wertvolle erdund volkskundliche Beobachtungen enthielt, die die „Gesellschaft für Völkerkunde" in Paris veranlaßte, Dunant zum korrespondierenden Mitglied zu ernennen. Viel wichtiger aber für die weitere Entwicklung Dunants war ein in den Reisenotizen enthaltener Abschnitt, in dem er sich sehr eindringlich der Negerarbeiter annahm, die in vielen Ländern noch immer ein Sklavendasein führten. Als Dunant seine Anklage schrieb, stand ihm die mutige Menschenfreundin Harriet Beecher-Stowe vor Augen, deren erregendes Buch „Onkel Toms Hütte" das unwürdige Dasein der nordamerikanischen Negersklaven schilderte und das dann zu deren späterer Befreiung den Anstoß gab. Dunant hatte das Buch gelesen und die Verfasserin im Jahre 1853 bei ihrem Besuch in Genf persönlich kennengelernt. Und noch eine Frau war Dunants bewundertes Vorbild in dieser Zeit: Florence Nightingale, die während des Krimkrieges in den englischen Militärspitälern in Skutari und auf der Halbinsel Krim die Verwundeten pflegte und wegen ihres Opfermutes in aller Welt wie eine Heilige verehrt wurde. Im Jahre 1858 verließ Dunant seine Berufsstellung in Genf und ging mit großen Plänen nach Algier zurück, um dort eine eigene „Finanz- und Industrie-Gesellschaft" zu gründen. Das Unternehmen sollte die ungenutzten Landstriche Nordafrikas erschließen, dort Getreideäcker anlegen und für die Verwertung der Ernte eigene Mühlen errichten. Für diese Unternehmung wollte Dunant den Kaiser Napoleon III. gewinnen. Napoleon III. aber befand sich zu dieser Zeit auf dem italienischen Kriegsschauplatz, wo eben der blutigste Krieg des Jahrhunderts begonnen hatte. Unter Napoleons Führung war ein französisches Heer zu der italienischen Freiheitsarmee gestoßen, um Österreich seine norditalienischen Besitzungen, die Lombardei und Venezien, zu entreißen. Wie zu einem leichten Scharmützel waren die Soldaten aufgebrochen, nicht ahnend, welch furchtbarem Geschehen sie entgegengingen.
„Avanti, fratelli!" So begab sich Henri Dunant nach Italien, um den Kaiser in seinem Hauptquartier aufzusuchen. Und damit beginnen die Ereignisse, denen Henri Dunant seine internationale Bedeutung verdankt; oder besser gesagt: in deren 6
Verlauf Henri Dunant zu einem der größten Wohltäter der Menschheit werden sollte. Am Morgen des 24. Juni 1859, einem Freitag, haben die beiden feindlichen Heeresmassen am Fuße der Alpen, in der Nähe des Gardasees überraschend Berührung gefunden. Nach aufreibenden Eilmärschen, ohne ausreichende Verpflegung, rüstet sich die französisch-italienische Streitmacht mit hundertundfünfzigtausend Mann und vierhundert Geschützen eilends zum Sturm auf die Höhen in der Umgebung des Städtchens Solferino, wo sich nach langen erschöpfenden Fluchtwegen hundertsiebzigtausend Österreicher verzweifelt verschanzt haben; seit Stunden sind alle Hügel ringsum mit österreichischen Batterien bestückt. Die Sommersonne brennt trotz der Morgenfrühe grausam auf die Menschen. Die wenigen Wasserstellen und Quellen sind längst versiegt, die verängstigten Bewohner sind aller ihrer Vorräte und allen Viehs beraubt. Sie flüchteten in die Berge oder kauern in Furcht und Schrecken in den Kellern ihrer Behausungen. Die von den Marschällen Baraguey d'Hilliers und MacMahon befehligten Korps haben sich gegen Solferino und Cavriana in Marsch gesetzt. Kaum haben die Spitzen ihrer Kolonnen das Städtchen Castiglione hinter sich gelassen, als sie auch schon auf feindliche Vorposten stoßen, die sich ihrem weiteren Vormarsch in den Weg stellen . . . Zur gleichen Stunde steht Henri Dunant in dem kleinen Gasthof von Castiglione am Fenster, das nach der Straße hinausgeht und schaut nachdenklich auf die vorbeiziehenden Kolonnen, deren vielstimmiges Gelärm ihn schon früh von seinem Lager gescheucht hat. Dunant trägt die weiße Kleidung des Afrikaners. Seine Reise ins Kriegsgebiet sollte ja für ihn nichts anderes sein als eine Geschäftsreise, wie viele andere, die er im Interesse seines nordafrikanischen Unternehmens bereits dahin und dorthin unternommen hat. In seiner Tasche steckt fein säuberlich gedruckt ein genauer Plan mit Zahlen und Tabellen über den Betrieb in Algier, für den er den Kaiser der Franzosen interessieren möchte. Aber hier, in der Gaststube von Castiglione, spürt er, wie jämmerlich sein Anliegen ist. Angesichts der Männer, die sich da unter den Kaiseradlern müde dahinschleppen, überkommt ihn die Ahnung eines furchtbaren Unheils. Der Tod ist angetreten, dreihunderttausend Menschen stehen sich in Erbitterung gegenüber, und Dunant weiß, daß er sich dem Grauen der kommenden Stunden nicht mehr entziehen kann.
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Da reißt ihn die Stimme des Wirtes, der rieben ihm steht und mit glänzenden Augen auf die Marschierenden blickt, aus seinen Gedanken: „Bei der heiligen Madonna! Die werden's den Österreichern heimzahlen!" „Es wird schrecklich sein!", sagt Henri Dunant leise zu sich; so, als fasse er mit 'diesem einen Satz alle seine Gedanken zusammen. „Si, si, Signore!", erwidert der Wirt, der den Ausspruch des Fremden für eine Antwort hält, „wir Italiener haben genug gelitten! Mater dolorosa! Die Hunde müssen raus!" Bei diesen Worten wirft er einen abschätzenden Blick auf seinen Gast: „Ich denke, Signore sind . . ., dem Namen nach . . . auch Franzose?" „Schweizer", sagt Dunant höflich. „Das ist dasselbe!", meint der Wirt zufrieden und wendet sich von neuem den vorbeimarschierenden Soldaten zu: „Bravo! Bravissimo!", ruft er mit lauter Stimme. „Avanti, fratelli! Jagt die Weißröcke aus dem Land!" Und er fügt stolz ein paar aufgeschnappte französische Schlagworte hinzu: „Vive l'Empereur! Vive la libertc! — Es lebe die Freiheit!" Da krachen in der Ferne die ersten Schüsse. In die Kolonnen kommt Bewegung. „Da! — Santa Maria!", ruft der Wirt, zu Dunant gewandt, „was habe ich gesagt?" Draußen kommt ein Korporal auf einem Grauschimmel angesprengt. „He .. ., Bruder, was gibt's?", schreit der Wirt in das lärmende Gewirr von Menschen, Tieren und Fahrzeugen. „Die unsrigen sind auf österreichische Vorposten gestoßen!", ruft der Korporal atemlos. Dann ist er schon vorüber. „Dann ist's so weit!", sagt der Wirt und wendet sich vom Fenster ab. „Evviva Ilaria! Ehe die Sonne untergeht, werden die Österreicher geschlagen sein!" Von allen Seiten tönen Claironsignale; Trommeln wirbeln zum Angriff. Henri Dunant horcht mit brennendem Herzen in die Ferne, von wo nun heftiges Gewehrfeuer herüberdringt. Jetzt schmettern von da drüben Trompetensignale und helle Hurra-Bufe vermischen sich mit der Unruhe draußen auf der Straße zu einem lärmenden Furioso. „Ehe die Sonne untergeht, wird es viel Leid geben, werden viele Menschen in der Welt weniger glücklich sein, als jetzt .. .", sagt er schaudernd. Aber der andere hört ihn nicht. Die brüllenden Stimmen der heraufkommenden Schlacht verschlucken jedes Wort. 8
Um neun Uhr — glutheiß steht die Sonne über dem Land — ist der Kampf furchtbar entbrannt. Die Österreicher rücken in vollkommener Schlachtordnung langsam auf den gebahnten Straßen vor. Im Zentrum ihrer festgeschlossenen Massen flattern die schwarz-gelben Fahnen mit dem kaiserlichen Adler. Die weißen Waffenröcke sind mit einem Male überall zu sehen. Doch unter allen am Kampf teilnehmenden Korps bietet die französische Garde den farbenprächtigsten Anblick. Das helle Licht spiegelt sich in dem Waffenschmuck der Dragoner, Guiden, Lanziers und Kürassiere. Kaiser Napoleon, der die Nacht in Montechiaro zugebracht hat, ist in aller Eile nach Castiglione unterwegs. Audi der österreichische Kaiser Franz Josef befindet sich seit Beginn des Kampfes mit seinem Generalstab auf dem Wege zum Schlachtfeld; in seiner Begleitung reiten der Großherzog von Toskana und der Herzog von Modena. Die auf den Höhen und Hängen eingegrabene österreichische Artillerie deckt den Vormarsch der eigenen Truppen und richtet ihre Batterien auf die anstürmenden Franzosen. Ein Hagel von Vollkugeln, Kartätschen und Bomben überschüttet die Angreifer. Doch sie trotzen dem verheerenden Feuer der Batterien, die den Tod in ihre Reihen schleudern. Immer von neuem stürmen sie von der Ebene her gegen die schwarz-gelben Kolonnen an. Schon mischt sich in die dichten Wolken des Pulverdampfes der Staub der ausgeglühten Erde, der Wind treibt in der Ebene riesige Rauchwolken vor sich her, sie verdunkeln das Sonnenlicht und nehmen fast jede Sicht. So geht der Vormittag in blutigem Angriff und Gegenangriff vorüber. Als die Mittagsstunde herannaht, ist die Hitze unerträglich geworden. Die Schlacht lodert in einem ungeheuren Brand. Die französischen Truppen nehmen unter dem Gewehrfeuer der österreichischen Infanterie, unter Kartätschenhagel und ohne Rücksicht auf die zerplatzenden Bomben Hang um Hang. Kaum ist ein Hügel in ihrer Hand, kaum sieht man eine Elitekompanie siegreich auf einer der vielen Höhen, so brandet die Heereswoge schon über die Felsen ins jenseitige Tal, verfolgt die weichenden Österreicher in Hohlwege und Gräben und entreißt ihnen Position um Position. Aber die Gegner klammern sich immer von neuem an die ausgezeichneten Deckungen des zerklüfteten Geländes, verteidigen die 9
Häuser und Kirchen von Medole, Solferino und Cavriana und geben keine Stellung anders, als nach wütendem Widerstände auf. Die Franzosen ziehen die Geschütze nach und bestreichen die feindlichen Linien mit verheerendem Feuer. Die nagelnden Geschosse reißen blutige Lücken. Plötzlich wird der Himmel noch dunkler unter aufziehendem, schwarzem Gewölk, ein Sturm bricht los. Wolkenbrüche stürzen über die Kämpfenden, die von Hunger und Müdigkeit erschlafft und von Rauchwolken und beißendem Staub fast erblindet sind. Blitze zucken über den Himmel, dumpf rollen die Donnerschläge. Man kämpft gegen Menschen und gegen die entfesselten Elemente. Gegen Abend verebben die Kämpfe. In der über das Schlachtfeld sich breitenden Dunkelheit weiß niemand mehr, wer Freund oder Feind ist. Das Donnern der letzten Geschütze verklingt wie abziehendes Gewitter in der Ferne. Endlich, um Mitternacht, ist die Schlacht vorüber. Die Österreicher sind vernichtend geschlagen und auf der Flucht. Aber nun erhebt sich der Sturm des Leides über dem Schlachtfeld. Jetzt, in der Stille erst hört man die herzzerreißenden Hilferufe und Schmerzensschreie der Verwundeten, und dieses Klagen ist grausiger, als das Aufbegehren der Natur, erschütternder- als das Getümmel der Waffen.
Der Manu in Weiß Die ersten Sonnenstrahlen des 25. Juni beleuchten das furchtbare Bild. Das Schlachtfeld ist mit Toten, Sterbenden und Verwundeten bedeckt. 80 000 Menschenleiber sind auf die blutige Erde hingestreckt. Das liebliche Tal, das noch gestern in der prangenden Fülle des Hochsommers stand, ist verwüstet. Frucht und Mais sind niedergetreten, die Wiesen von Pferdehufen zerstampft, die Gärten von den Rädern zermahlen, die Gartenmauern von Vollkugeln zerschmettert, in den weißen. Häusern klaffen Breschen. Hingestreut über die grauenvoll verwandelte Szene liegt die mißhandelte Kreatur: Mensch und Tier. Straßen, Gräben und Bäche sind bedeckt mit verkrümmten und reglosen Leibern. Die Bewohner kommen aus ihren Verstecken. Sie sahen nicht, wie Tausende Hilfloser herantaumelten, sie hörten nicht, wie Tausende nach Ärzten und Obdach schrieen. Henri Dunant aber hat sie gehört. 10
Er, dem Wohltun eine Lebensaufgabe ist, war schon in der Nacht zu den Unglückliehen geeilt und hatte getan, was menschenmöglich war. Jetzt, da der Tag gekommen ist, findet er ein paar ausländische Touristen und richtet mit ihnen in der Kirche Maggiore in Castiglione ein Notspital ein. Sie waischen die blutverkrusteten Leiber, betten sie auf das Lager aus Maisstroh und speisen und tranken die Entkräfteten. Als er sie in guter Obhut weiß, eilt Henri Dunant auf einem gemieteten Karren hinaus in den Morgen, um soviel wie möglich Opfer draußen auf dem Kampffeld zu bergen. Denn noch immer liegen Tausende von Verwundeten im Umkreis des Schlachtfeldes. Alle Vorsorge der Heerführungen hat sich angesichts der furchtbaren Verheerungen als völlig unzulänglich erwiesen. Der glänzenden Waffenausrüstung der Truppen stand eine mehr als klägliche Sanitätsausrüstung gegenüber. Es fehlt an allem; es gibt keine ausreichenden Transportmittel, nicht genügend Unterkünfte, es mangelt an Ärzten und Sanitätern. Die Notspitäler sind bald schon überfüllt; die wenigen Helfer am Ende ihrer Kräfte. Und noch immer liegen Unzählige draußen und rufen um Gnade. Henri Dunant, der Zivilist, der Schweizer, eilt durch die Weingärten und Äcker, die sich an die Häuser von Castiglione anschließen, ein paar rasch zusammengerufene Männer sind ihm gefolgt. Unfaßbar, was sie dort unter Büschen, Bäumen und Gräben entdecken. Mit letzten Kräften hatten sich die Verwundeten, während Schlacht und Unwetter um sie tobten, an geschützte Plätze verkrochen: in ein ausgetrocknetes Bachbett, unter hohes Ufergebüsch, in eine Erdhöhle. Sie warteten auf das Wunder der Errettung, auf den barmherzigen Tod, auf die Antwort aus der Unendlichkeit. Manchmal, wie aus tiefen Abgründen erwachend, spürten sie den Donner vorüberjagender Reiterei, sahen durch Gezweig und Felstrümmer die Feuerfontänen einschlagender Granaten. In der Nacht hörten sie die Rufe der Tausenden, die sich Antwort gaben über die endlose Walstatt: Franzosen, Deutsche, Italiener und Afrikaner. Es war der Klageruf einer gequälten Menschheit, die keine Grenzen, keine Nationen und keine Unterschiede mehr kannte. So findet sie Henri Dunant. Tränen überströmen sein Antlitz. Er wünscht sich tausend Arme, ihnen Wasser reichen zu können, tausend Hände, ihre Blutungen zu stillen, tausend Kräfte, die Erlöschenden dem würgenden Tod zu entreißen. Ein paar Bauern sind mit Ochsenkarren und Mauleseln gekommen, vorsichtig betten sie die Soldaten auf Stroh und Heu. Holpernd und 11
schaukelnd geht es dann über Feldwege zur Stadt; es sind Züge des Jammers. Was bedeutet jetzt noch ein militärischer Rang, was besagen Herkunft und Nationalität, Vermögen oder Armut — die da liegen und fiebernd, schmerzverkrümmt um ihr flackerndes Leben ringen, sind nur Menschen. Und Dunant denkt, daß man zu diesen Ärmsten die Politiker und Herrscher der Welt führen müsse, damit sie erkannten, wie wenig weit es ist von politischen Wahnideen bis hierher, an die Stätte des äußersten Elends. Diesen Jüngling, den sie jetzt auf den Wagen heben, streckte in Sekundenfrist ein Quentchen Blei zu Boden; zwanzig Jahre lang haben ihn in einem Gebirgsdörfchen der Pyrenäen Vater und Mutter erzogen, liebten ihn, und sahen ihn mit Stolz und Hoffnung heranwachsen. Alles ist nun nichtig, alles zählt nicht mehr. Irgendeiner von drüben, einer dieser Namenlosen, der den Jüngling nicht haßte und nicht kannte, feuerte die Kugel auf ihn ab. Wie gnadenlos ist doch der Krieg! Henri Dunant hilft mit den Händen, hilft mit dem Herzen. Draußen im Dorf redet er auf die Frauen und Mädchen ein, daß sie ihm beistehen. Aber viele zögern. Die italienischen Bäuerinnen wollen gerne den italienischen und französischen Verwundeten helfen, aber sie weigern sich ängstlich, die verwundeten Feinde zu pflegen. Doch Henri Dunant findet die richtigen Worte. „Wenn ihr wollt, daß eure gefangenen Brüder und Söhne drüben, bei den Österreichern, gute Pflege erhalten, dann dürft auch ihr euren Feinden den Beistand nicht verweigern!", sagt er eindringlich. „Im Leid sind wir alle Brüder!" „Tutti fratelli! — Alles Brüder!", wiederholen die Frauen scheu und gehen schweigend an ihre Arbeit. Fortan machen sie keine Unterschiede mehr in der Behandlung der Verwundeten; sie sehen, daß auch Dunant keine Unterschiede kennt und folgen stumm seinem Beispiel.
* „Ich will nicht sterben! Hört ihr, ich will nicht sterben!", schreit in der Kirche Maggiore in Castiglione ein Grenadier der Garde. Noch gestern marschierte er gesund und kräftig in den Reihen der Kaiserlichen. Drei Kugeln haben ihn getroffen; eine in die linke Seite, eine andere in die Schulter; die dritte zertrümmerte das Bein. Er ist achtzehn Jahre alt und aus Paris; daheim wartet die Mutter auf ihn. Sein Name ist Jean Baptiste. Seine Kleider sind zerrissen und sein Hemd ist zerfetzt. Eine 12
Bäuerin hat ihm die Wunden ausgewaschen. Dunant reicht ihm ein wenig Fleischbrühe und wickelt ihn in eine Decke. Als er weitergehen will, dem nächsten beizustehen, klammert sich Jean Baptiste verzweifelt an Dunants Händen fest. „Muß ich sterben, Monsieur?", fragt er kaum hörbar. „Nein, mein Sohn!", sagt Dunant und denkt dabei an die vielen, die sterben mußten. Ihre Soldbücher und Andenken trägt er zur Weiterbeförderung in seiner Tasche. Hinten, neben dem Altar der Kirche, ruft einer nach Wasser. Dunant tritt an sein Lager. „Ich habe Durst! Warum gibt man mir nichts zu trinken?", stöhnt der Verwundete. „Wasser . . ., Wasser . ..!" „Du bekommst es gleich!", tröstet Dunant. „Ach, mein Herr, wie ich leide!", flüstert der Unglückliche. „Man gibt uns auf! Man läßt uns elend sterben! Wir haben uns tapfer geschlagen!" Seine Worte gehen in einem jähen Schmerzenslaut unter. „Hier ist Wasser, Signore!", sagt eine Bäuerin und hält Dunant ein Gefäß hin. „Um Gottes willen, kein Wasser! Er hat einen Bauchschuß! Nur die Lippen befeuchten! Sonst nichts!" „Si, si, Signore!" Ungezählt sind die Stimmen, die Henri Dunant rufen.
* „Wir brauchen unbedingt noch Ärzte!", sagt Henri Dunant wenig später zu dem Schweden Laarsen, einem Touristen, der sich, gleich ihm, der Pflege der Verwundeten widmet. „Unter den verwundeten Österreichern ist einer", erwidert der andere, „er hat nur eine leichte Verletzung; er brennt darauf, zu helfen, wünscht es von ganzem Herzen. A b e r . . . , das Kriegsrecht verbietet es." „Ich werde mit dem italienischen Intendanten sprechen!", 6agt Dunant und geht. Der Beamte schüttelt den Kopf: „Es tut mir sehr leid, Signore, aber ich kann nicht helfen. Die Beschäftigung feindlicher Ärzte ist durch das Reglement streng untersagt." „Das ist doch nicht möglich!", ruft Dunant. „Bedaure, Signore, es geht wirklich nicht!" Doch Dunant läßt nicht locker: „Mein Gott! Sehen Sie denn nicht, daß Sie mit ihrer Engstirnigkeit das Leben Ihrer eigenen Landsleute und Freunde gefährden?", ruft er verzweifelt. 13
„Was kann ich daran tun?", erwidert der Italiener, „Befehl, ist Befehl! Das Kriegsrecht verbietet, gefangene Feinde in der Krankenpflege zu beschäftigen. Vielleicht wenden Sie sich an den Ortskommandanten?" Und Dunant eilt zum Ortskommandanten. Als er das erste Mal vorspricht, ist der Kommandant nicht anwesend. Dunant verspricht, wiederzukommen. Als er das nächste Mal kommt, hält der Offizier Mittagsruhe. „Aber ich muß ihn dringend sprechen!", sagt Dunant zu dem Wachtposten. Doch der Soldat zuckt höflich mit den Schultern: „Bedaure, Signore, ich habe strengste Anweisung, niemanden vorzulassen." Endlich, bei seinem dritten Besuch, steht Dunant dem Kommandanten in seinem Arbeitszimmer gegenüber. Doch auch der Ortskommandant weiß keinen Ausweg: „Es tut mir leid, Signore, daß Sie sich vergeblich zu mir bemüht haben; aber es steht außerhalb meiner Befugnisse, eine derartige Entscheidung zu treffen. Vielleicht kann es der General MacMahon im Hauptquartier in Solferino?" „Dann werde ich zu ihm reiten!", sagt Dunant entschlossen. „Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, daß das Betreten des Kampffeldes lebensgefährlich und bei Todesstrafe verboten ist. Überall taucht Raubgesindel auf. Sie müssen das ganze Kampfgelände umgehen." „Das wäre ein Ritt von einem Tag; querfeldein schaffe ich's in ein paar Stunden!", gibt Dunant zu bedenken. Si, si, Signore", sagt der Italiener, „aber das läßt sich nicht vermeiden. Sie begeben sich in Lebensgefahr!" „Was kümmert mich mein Leben, das Leben von Tausenden steht auf dem Spiel!", ruft Dunant erbittert. „Begreifen Sie doch! Es ist ein Wettlauf mit dem Tode! Jede Stunde, die ich zögere, jede Minute kostet das Leben unzähliger, unschuldiger Verwundeter! Nein, ich reite!" „Dann nehmen Sie meine Wünsche mit für Ihre Mission! Ich habe Sie gewarnt."
* Und Henri Dunant reitet. Draußen dunkelt es; die Nacht kommt herauf. Im Gotteshaus von Castiglione taucht der flackernde Kerzenschein das erschreckende Bild des Tages in ein warmes, ungewisses Licht, 14
das allen Dingen ihre scharfen Konturen nimmt. Von den Gesichtern der Verwundeten weicht der erstarrte Ausdruck. Viele sind unter ihren Schmerzen eingeschlafen; einige werden nie wieder aufwachen; dieser und jener mag schon jetzt tot zwischen den Unglücksgefährten liegen. Aus der Sakristei tönt leise das Vaterunser einer Bäuerin herüber; hinten, unter der Orgelempore, hört man jetzt die Stimme Jean Baptistes: „Mutter . . .!", und nochmals leise, „Mutter!" „Sono madre! Ich bin deine Mutter!", sagt die Bäuerin an seinem Lager und breitet die Decke wieder über ihn. „Sag, muß ich sterben?" „Nein, mein Bub, du wirst leben!", erwidert die Bäuerin. „Doch nun schlafe!" Und der junge Grenadier schließt die Augen. Nun sind die Kerzen bald ganz heruntergebrannt. „Mutter, ich sterbe!", stöhnt Jean Baptiste von neuem. „Nein, Bub, du wirst gesund!" „Meinst du das wirklich?" „Gewiß. Sieh, die Nacht ist gleich herum!" „Ja, Mutter, die Nacht ist bald herum!" Zur gleichen Zeit passiert Henri Dunant mit abgetriebenem Pferd die Wache im Hauptquartier von Solferino.
* Es ist sechs Uhr morgens; die Clairons haben eben die Reveille geblasen, als Henri Dunant von dem ritterlichen Marschall Mac Mahon, dem Abgott der Soldaten, wohlwollend und liebenswürdig empfangen wird. Der Marquis de Fabre, ein Bekannter Dunants, hat ihn bereits angekündigt. „Man hat mir über Ihr Anliegen berichtet, Monsieur", beginnt MacMahon nach der Begrüßung, „und ich bin untröstlich, daß ich Ihnen keinen anderen Bescheid geben kann als die Instanzen vor mir . . ." „Herr General!", wirft Dunant ein, „soll das heißen, daß . . ." „ . . . J a , daß ich Ihnen auch nicht helfen kann!", ergänzt der Marschall, „so ist es!" „Aber ich bitte Sie!" „Ich bin mir sehr wohl über die Folgen im klaren, jedoch . . ., que faire? Der Soldat muß gehorchen!" „Aber es muß doch eine Möglichkeit geben, das Kriegsrecht zu mildern!", sagt Dunant entsetzt, „ ich beschwöre Sie!" 15
„Eine Möglichkeit, .. . schon! Eine Autorität, . . . bestimmt!", entgegnet der Marschall. „Ich werde Ihnen eine Audienz bei Seiner Majestät, dem Kaiser Napoleon, erwirken!" Um 10 Uhr steht Henri Dunant in Cavriana dem Kaiser Napoleon gegenüber. Soeben ist ein langes Telegramm der Kaiserin Eugenie eingetroffen, die Antwort auf die Siegesdepesche; der Kaiser ist in bester Stimmung. Entgegen seiner Vorliebe für dunkle Zivilanzüge trägt er heute die Uniform seiner Soldaten. „Sire, ich bitte eine Sache von größter Wichtigkeit vortragen zu dürfen", sagt Dunant. Der Kaiser lehnt sich weit in seinen Sessel zurück und verschränkt die Arme über der Brust. „Sie haben, wie ich höre, viel für unsere Verwundeten getan?" „Ich tat, was ich konnte, Sire!", erwidert Dunant, „leider war es viel zu wenig, gegenüber diesem Furchtbaren." „Ich weiß, Monsieur, Solferino war eine Hölle!", murmelt Napoleon, „aber ich habe diesen Krieg nicht entfacht! Mais c'est plus fort que moi! Ich bin der ,nouveau riche' unter den europäischen Herrschern, der Neureiche, der Emporkömmling; und doch bin ich der einzige, der die europäische Ordnung wiederherstellen und den unterdrückten Völkern ihre Freiheit zurückgeben kann. Es kostet das Blut der Söhne Frankreichs." „Darum stehe ich hier, Sire!", sagt Dunant. „Es müssen mildere Kriegsgesetze geschaffen werden! Es muß erlaubt sein, daß in Gefangenschaft geratene feindliche Ärzte Verwundete betreuen dürfen." „Das ist wider das internationale Reglement!", entgegnet der Kaiser. „Dann muß es geändert werden, Sire!" „Das steht mir nicht zu!" „Gerade Ihnen, Sire. Sie haben Ihrer Nation den Kriegsruhm wiedergegeben. Darum können Sie auch als erster für den Frieden eintreten. Denken Sie an die tapferen Soldaten — auch die der Feinde, denen Sie damit das Leben erhalten." Dunant blickt abwartend in das Gesicht des Kaisers. Und der Kaiser lächelt. „Monsieur, Sie sollen nicht umsonst an die Humanität eines Franzosen appelliert haben!" Der Kaiser gibt mit der Tischglocke ein Zeichen. Pietri, ein junger 16
Korse, der Geheimsekretär Napoleons, betritt mit leichter Verbeugung den Raum: „Sire?" „Mein lieber Pietri", sagt der Kaiser, „schreiben Sie diesem Herrn, Monsieur Dunant, eine Order aus. Ich, der Kaiser der Franzosen, gebe die Erlaubnis, daß fortan gefangengenommene feindliche Arzte im Sanitätsdienst verwendet werden können. Außerdem soll man Monsieur Dunant jede nur mögliche Hilfe angedeihen lassen." Der Kaiser nickt freundlich zu Henri Dunant hinüber, dem die Freudentränen in den Augen stehen. Am Nachmittag des gleichen Tages ist Henri Dunant wieder in Castiglione. „So, Doktor, jetzt bekommen Sie Arbeit!", sagt er gleich nach seiner Ankunft zu dem österreichischen Arzt und einigen anderen, die man unter den Gefangenen ausfindig gemacht hat. „Jetzt wollen wir uns die Fälle, einen nach dem andern, vornehmen und uns auf alle Hospitäler der Stadt verteilen. Ein Teil der Verwundeten soll demnächst nach Brescia gebracht werden!" „Hoffentlich bald", meint einer der Ärzte nachdenklich, „hoffentlich ehe die meisten am Wundfieber gestorben sind. Gestern wären sie noch zu retten gewesen. Heute . . ., vielleicht! Morgen bleibt nur noch die Amputation! Der Brand ist in den Gliedern!" „Wie geht es dem jungen Jean Baptiste?", fragt Dunant. „Vielleicht retten wir ihn", sagt der Österreicher, „wean er es durchhält."
* Aber viele sterben. Henri Dunant tut, was er kann; nein, er tut mehr, er leistet Übermenschliches. Tag und Nacht umsorgt er seine Verwundeten in der Kirche Maggiore in Castiglione und versucht, ihnen die letzten Bitten von den flehenden Augen abzulesen. Unermüdlich ist er am Werk. Einige Österreicher meinen, daß das kalte Wasser der Verbände Würmer in ihren Wunden hervorbringe, und wollen sich ihre Verbände nicht mehr anfeuchten lassen. So jämmerlich ist in jener Zeit die Unterweisung der Truppe über die einfachsten Dinge der Wundbehandlung. Henri Dunant redet ihnen zu. Dort quälen die Mücken einen der Unglücklichen, Henri Dunant verjagt sie. Ein bis zur Unkenntlichkeit entstellter Offizier kann kaum noch seine Zunge im Mund bewegen. Henri Dunant benetzt seine aus17
getrockneten Lippen und seine verhärtete Zunge mit frischem Wasser. Dann nimmt er eine Hand voll Charpie, taucht sie in einen Kübel, den man ihm nachträgt, und legt sie auf das unförmig verzerrte Antlitz. An einer Mauer liegen hundert französische Soldaten und Unteroffiziere in ihre Decken gehüllt, in zwei Reihen, zwischen denen man hindurchgehen kann; sie sind alle verbunden, haben ihre Suppe bekommen und liegen ruhig und zufrieden da. Nun folgen sie Dunant mit den Augen; sie haben ihn ob seines hellen Reiseanzugs den „Mann in Weiß" genannt. Wenn er nach rechts geht, wenden sich alle Köpfe nach rechts, geht er nach links, drehen sich die Köpfe in dieser Richtung. „Man sieht wohl, daß er ein Pariser ist", meint einer. „Nein", entgegnet ein anderer, „er scheint aus dem Süden zu sein." „Nicht wahr, Monsieur, Sie sind aus Bordeaux?", fragt ihn schließlich ein dritter. Und Dunant lächelt und läßt ihn bei seinem Glauben. Mehr als 500 Verwundete sind in der Kirche Maggiore untergebracht, hundert liegen vor der Kirche auf Stroh und unter den Tüchern, die man gegen die Gluthitze des Tages ausgespannt hat. Hier gehen die pflegenden lombardischen Bäuerinnen mit ihren Krügen und Eimern, mit klarem Wasser zum Löschen des Durstes und zur Befeuchtung der Wunden von einem zum anderen. Einige von diesen behelfsmäßigen Krankenwärterinnen sind junge Mädchen; ihre Sanftmut, ihre Güte, ihre schönen, mitleidigen Augen, ihre aufmerksame Pflege, sind tröstlich. Aber es sind I.andkinder und Städterinnen, ganz unerfahren in der Pflege der Kranken, und zu leicht versagen sie vor dem Furchtbaren. Und oft überlegt Dunant, wie nützlich hier Tiundert freiwillige, gewandte und geübte Krankenwärter und Krankenwärterinnen gewesen wären! Sollte es denn nicht möglich sein, so sinnt er, in allen europäischen Ländern zivile Hilfsgesellschaften zu gründen, zu dem Zweck, die Verwundeten in Kriegszeiten ohne Unterschied der Volkszugehörigkeit unter der Leitung erfahrener Ärzte durch Freiwillige pflegen zu lassen und so eine Sendung des Friedens und des Trostes zu erfüllen. Tausende von Soldaten würden sie segnen. Man brauchte freiwillige Krankenpfleger und Schwestern, die im Frieden ausgebildet würden und mit ihrer Aufgabe aufs beste vertraut wären. Und sie müßten neutral sein und von den Befehlshabern aller 18
kriegführenden Heere öffentlich anerkannt und in jeder Weise in ihrer Aufgabe unterstützt werden. Eine von allen geachtete Flagge müßte ihre Krankenzelte und Lazarette schützen. Alles würde darauf ankommen, daß schon bald, noch ehe ein neuer Krieg hereinbricht, in allen Landern ernstliche Vorbereitungen für ein solches Werk getroffen würden. Noch lange weilt Dunant in den Lazaretten Italiens. Aber er sieht das künftige Ziel «eines Lebens vor sich. Die Opfer von Solferino werden ihn stark machen für sein Werk.
Die große Anklage Unter dem Eindruck dieser Geschehnisse beginnt Henri Dunant, in seiner Heimatstadt Genf die letzten Ereignisse niederzuschreiben und betitelt das Manuskript: „Eine Erinnerung an Solferino". Diese Schrift wird er im Selbstverlag herausbringen und an alle maßgeblichen Stellen, an die Höfe, an alle Ministerien und an einflußreiche Persönlichkeiten senden. Sie soll aufrütteln, soll die Schrecken des Krieges enthüllen und einer neuen Menschlichkeit Bahn brechen. Bei der Ausarbeitung dieser Schrift lernt Dunant auch den um zehn Jahre älteren Genfer Arzt Louis Paul Amedee Appia kennen, der gleich ihm, wenn auch an anderer Stelle, auf dem italienischen Kriegsschauplatz Verwundete gepflegt hat, und den er in einigen medizinischen Fragen um Rat befragt. Beide verbindet seitdem eine herzliche Freundschaft. 1862 erscheint Dunants Schrift und wühlt das Herz des Jahrhunderts auf. Es ist die schonungslose Schilderung des Alltagsleides des Krieges, nicht seiner Fanfaren, Fahnen und seines Draufgängertums. Eine Chronik von der Not der einsam Dahinsterbenden, der Zertretenen, der Nichtsterbenkönnenden, der Verschütteten, Zerrissenen, ein Buch von der Unzulänglichkeit der Krankenhilfe und eine Anklage gegen die Mißachtung der Gefangenen und der Verwundeten auf beiden Seiten. Die „Erinnerung an Solferino" ist nicht um des Mitleidens willen geschrieben, sondern um den Weg der Menschlichkeit auch im Kriege zu weisen. Ein Kongreß von Vertretern aller Länder muß zusammenkommen — so steht darin — „und eine internationale, vertraglich gesicherte und geheiligte Übereinkunft beschließen, die, einmal angenommen und bestätigt, den Vereini19
gungen zur Hilfeleistung für die Verwundeten zur Grundlage dienen könnte. Im Frieden könnten die Vereinigungen auch bei Seuchen, Überschwemmungen, Feuersbrünsten und anderen Katastrophen große Dienste leisten. Die Triebfeder der Nächstenliebe, die zu ihrer Bildung Anlaß geben würde, würde sie handeln lassen, wo immer ihr Eingreifen erforderlich wäre". Herrscher und Würdenträger aller Länder lesen Dunants gewaltige Anklage und sind betroffen und erschüttert: Napoleon III., das preußische Königspaar, die Großfürstin Helene Pawlowna, die im Krimkrieg mit 200 Schwestern Verwundete gepflegt hat, Fürsten und Staatsmänner fast aller Länder befassen sich mit Dunants Vorschlägen gegen die Verwilderung des Krieges. Charles Dickens veröffentlicht in seiner Zeitschrift „All the Year Round" einige ergreifende Stellen daraus und gibt seinem Aufsatz den Titel „Der Mann in Weiß". Durch ihn wird Dunant als „The man in white" in England fast ebenso bekannt wie Florence Nightingale, die man die „Sanitäterin mit der Lampe" nennt, nach jenem heimeligen, tröstlichen Lichtlein, das sie in ihren entsagungsvollen Nachtwachen am Bett der Verwundeten in ihren Händen zu halten pflegte. 1600 Exemplare seiner „Erinnerung an Solferino" hat Dunant auf eigene Kosten drucken lassen und versandt; auch die weiteren Auflagen bezahlt er aus eigener Tasche. Und bald ist das Buch Gesprächsstoff in den Salons mildtätiger Damen, in den ärztlichen Vereinigungen, in den Ministerien und Generalstäben. Hier erregt es leidenschaftliche Zustimmung, dort große Bestürzung; so verschieden sind die menschlichen Interessen; gut und böse, eigensüchtig und gemeinnützig, so, wie die Menschen selber.
* Der Chirurg Bernhard von Langenbeck hat sich mit den Generalärzten der preußischen Armee Friedrich Löffler und Karl Brög'er zufällig bei Lutter und Wegner, in der historischen Berliner Weinstube, getroffen. Natürlich sprechen sie über die Schrift Dunants. „Die ,Erinnerung an Solferino?'", sagt Bröger auf die Frage des Chirurgen. „Natürlich habe ich die Schrift gelesen! Ein wahrhaft großes Buch, mir wie aus der Seele geschrieben. Man müßte diese Kriege endlich abschaffen!" „Ganz meine Meinung!", stimmt Generalarzt Löffler zu, „auf die Dauer sind sie ein Schandfleck für unsere Kultur! Es gibt ohnehin soviel Leid auf der Welt, das wir nicht lindern können." 20
„Ja, . . . so sieht es der Arzt!", sagt von Langenbeck und schaut sinnend in sein Weinglas, „aber hören Sie mal die andern, die zünftigen Krieger, die es vor allem angeht!" Und auch sie haben sich eine Meinung über Dunants Schrift gebildet. „Eine schwere Anklage gegen die Franzosen, dieses Buch", sagt ein junger Seconde-Lieutenant am Nebentisch zu seinem Nachbarn. „Der Bonaparte wird sich diese Kritik seiner Kriegsführung durch einen Privatmann nicht ohne weiteres bieten lassen. Krieg ist eben Krieg! Den hat es solange gegeben, wie die Welt besteht. Krieg und Kriegsnot wird niemand abschaffen können. Daran wird auch Dunant mit seinem Buch nichts ändern." „Vielleicht mag man den Krieg nicht abschaffen können!", entgegnet der andere. „Aber man müßte ihn humaner, menschlicher, ritterlicher führen!" „Wäre das nicht dasselbe?", gibt der Jüngere zu bedenken. „Man wird die Verwundeten kurieren, nur um sie nach ihrer Genesung in das gleiche Elend zu jagen, immer wieder! Ich meine, den Krieg humanisieren, heißt ihn verlängern." Der andere schweigt nachdenklich. Der Einwurf überrascht ihn. Aber dann sagt er: „Und doch, bringt erst einmal die Staatsmänner und Heerführer unter dem Zeichen der Barmherzigkeit zusammen, vielleicht werden sie sich dann eher auch auf dem Felde der Politik begegnen und keine Kriege mehr brauchen. Wissen Sie, was der Franzose Renan zu ,Solferino' gesagt hat?" „Nein", sagt der Seconde-Lieutenant gespannt. „Es sei das größte Werk des Jahrhunderts, und Victor Hugo nennt es ,einen Waffengang für die Menschlichkeit'." Wie in diesem Kreis der Offiziere wird Dunants Buch und sein Kreuzzug für das Menschenrecht im Kriege überall in Europa besprochen und aus Herz und Verstand umkämpft. In allen Kulturländern erscheinen Übersetzungen des „Mannes in Weiß", der „Erinnerung an Solferino".
* In diesen Tagen des Jahres 1860 sitzt Henri Dunant, in einem Abteil zweiter Klasse des Zuges, der ihn von einer Reise nach Genf zurückbringt. Er ist allein in seinem Abteil. Draußen ist es dunkel; Städte und Dörfer huschen vorbei; 21
Lichter blinken in der Ferne; und am tiefblauen Himmel leuchten die Sterne. Doch Dunant sieht von alledem nichts; seine Gedanken sind weit weg, bei den Ereignissen der letzten Wochen. Er hat eine stürmische Reise hinter sich. Sie hat ihn zuerst nach Berlin geführt, wo er in den Hofkreisen die Sache der Verwundeten und Gefangenen vertrat und Gehör fand. Begeistert empfing ihn auch der Bruder des Königs, Prinz Karl von Preußen, der Großmeistier des Johanniterordens, der großen freiwilligen Gemeinschaft des Samaritertums. Dunant reiste nach Dresden und hatte eine Audienz beim König von Sachsen; in Wien empfing ihn Erzherzog Rainer in Vertretung des Kaisers Franz Joseph in der Hofburg. In München — der bayerische •!. Henri Dunant K.. . i: e l • l • T» v omg befand sich in Italien — sagte ihm der Kriegsminister Unterstützung zu. Aber er stieß auch auf Gegner seiner Pläne, und das hat ihn verbittert. Nicht, weil er den Kampf fürchtet; sondern, weil diese Gegner ihm in ihren Reden das sagten, was in dieser Zeit oft ausgesprochen wurde. „Den Krieg humanisieren, heißt, seine Abschaffung verhindern!" Aber Dunant will doch den Krieg abschaffen; er will doch der Welt den ewigen Frieden schenken! Er hält inne in seinen Gedanken. So wäre er also auf falschem Wege! So erreichte er gerade das Gegenteil von dem, was er erstrebt: statt der endlichen Beseitigung des Kriegsgreuels, seine Verlängerung? Doch dann denkt er an die Verwundeten von Solferino, an die verletzten Grenadiere der Garden in der Kirche Maggiore von Castiglione; an die Toten. Vielleicht ist es verfrüht, den Frieden zu predigen. Vielleicht muß man sich bescheiden, das Größere zurückstellen, um das Mögliche zu erreichen. Und so gibt Henri Dunant nach. Nicht dem unbedingten Weltfrieden kann in dieser Zeit sein Bemühen gelten — nur dem Wohle der verwundeten Soldaten; vorerst jedenfalls! Und immer noch fährt der Zug durch die Nacht, tauchen draußen Lichter auf, begleiten ihn ein Stück, bleiben wieder zurück. Als der Zug in den Genfer Nordbahnhof einläuft, ist Dunant erdrückt von der Last seiner Gedanken. 22
Dann begibt er sich sofort in seine Wohnung; eben geht die Sonne auf. Als er sein Arbeitszimmer betritt, erhebt sich sein Freund, Louis Appia, der ihn hier erwartet hat, aus dem Lehnstuhl. Er bringt eine frohe Botschaft. „Die Genfer Gemeinnützige Gesellschaft", zu der auch Louis Appia gehört, hat sich mit ihrem Präsidenten, Gustave Moynier, und mit Zustimmung des ehrwürdigen Generals Dufour entschlossen, Dunant in seinen Plänen zu unterstützen. Jetzt, da er sich zu einem schweren Entschluß durchgerungen hat, kommt diese Hilfe im richtigen Augenblick. Dunant drückt Appia dankbar die Hände und entläßt ihn mit dem Bescheid, daß er sich am gleichen Nachmittag mit den Herren treffen wird, um alles weitere zu besprechen. Als der Arzt gegangen ist, geht Dunant zu seinem Schreibtisch und sieht seine in der Zwischenzeit eingegangene Post durch. Doch schon bald läßt er verzweifelt die Hände sinken. Rechnungen, nichts als Rechnungen! Die Drucker wollen Geld, die von ihm ins Leben gerufenen Hilfsfonds schlucken Geld; die Propaganda kostet ihn 50 000 Francs aus seiner Tasche. Die Reisen haben fast alle Ersparnisse aufgezehrt. Und sein Algier-Unternehmen wirft immer noch nichts ab. Nur wenig ist ihm geblieben. Am gleichen Nachmittag empfängt Henri Dunant die Herren der „Genfer Gemeinnützigen Gesellschaft"; an ihrer Spitze Gustave Moynier und General Dufour; ferner sind die Genfer Ärzte Theodore Maunoir und Louis Appia erschienen. Diese Privatleute bilden nun eine vorbereitende „Gesellschaft der Fünf", den „Genfer Hilfsausschuß für verwundete Krieger". Da der umsichtige Organisator Gustave Moynier auf vielen internationalen Kongressen Erfahrungen gesammelt hat, gelingt es bald, eine planmäßige Arbeit einzuleiten. Die „Commission de Cinq" vom 17. Februar 1863 unter dem Vorsitz von General Dufour und mit Dunant als Schriftführer ist im Grunde genommen schon die erste Form des späteren „Internationalen Komitees des Roten Kreuzes". Sie beschließt in ihrer Sitzung vom 26. August 1863, bei den europäischen Staaten um die Entsendung von bevollmächtigten Delegierten zu einer vorbereitenden Konferenz am 26. Oktober zu bitten. Dort will man das menschenfreundliche Werk beraten, die Gründung von Hilfsvereinen für Verwundete in die Wege leiten und die Ausbildung freiwilliger Krankenpfleger, die Beschaffung 23
Handschrift Henri Dunants (Bericht über eine Sitzung des Komitees)
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Von Krankenfahrzeugen und den zollfreien und ungehinderten Versand von Arzneimitteln und Verbandszeug in alle Lander besprechen. Neben Ärzten und anderen an den Verhandlungen interessierten Persönlichkeiten sollen vor allem Vertreter der Regierungen der verschiedenen Staaten eingeladen werden. Wieder ist es Henri Dunant, der, um das Zustandekommen dieser Konferenz zu sichern, als Anwalt der Nächstenliebe Europa durcheilt und Kosten, Mühsal, Enttäuschungen und Demütigungen uneigennützig auf sich nimmt. Während Dunant von Hauptstadt zu Hauptstadt, von Hof zu Hof, von einem militärischen Hauptquartier zum anderen unterwegs ist, sitzen in seinem Genfer Hause zwei Sekretäre und schreiben aufrüttelnde Briefe in alle Welt. Beschwörend sind diese Rundschreiben an die Staatsoberhäupter, an Gesandte, Generäle, kirchliche Würdenträger, die er persönlich nicht hat erreichen können. Und von überall kommen die Zusagen. Auch Napoleon III. verspricht, einen Vertreter Frankreichs zu entsenden. Als Dunant von dieser Reise zurückkommt, sind seine Taschen geleert, die privaten Gelder verbraucht, aber er hat die Gewißheit, daß die erste internationale Besprechung im Oktober in Genf gesichert ist. Siebzehn Nationen werden durch die Heeresärzte, Politiker und Diplomaten vertreten sein. Die Beratungen in dem schönen Stadtpalais Atheneum, das eine altgenfer Bürgerin für die Zusammenkünfte der Abgesandten zur Verfügung gestellt hat, werden trotz mancher Spannungen zu einer ersten Verwirklichung der von Henri Dunant ausgegangenen Bewegung. Die Völker Europas sind bereit, das Werk der Nächstenliebe in die Tat umzusetzen —- ein bei der so eigennützigen Einstellung der Nationen in dieser Zeit außerordentlicher Schritt. Den Verwundeten soll Hilfe geleistet werden, gleichviel, welcher Nation sie angehören. Diejenigen, die ihnen beistehen, sollen unter dem Schutze aller Nationen stehen, sie werden nicht als Gefangene behandelt. Alle Spitäler und Feldlazarette der verschiedenen Völker erhalten die gleiche Flagge als Unterscheidungszeichen, und es ist ein rotes Kreuz auf weißem Feld. Und jeder Ort, wo sie aufgepflanzt ist, wird eine unverletzliche Freistätte sein. Sind das nicht alles die Ideen, mit denen Henri Dunant seit Solferino die Völker und Mächtigen Europas bestürmt hat? Jeder in dem Weißen Saale des Atheneums weiß das. Sie blicken zu dem Manne hinüber, der das Protokoll der Konferenz führt, und dem in 25
diesen Stunden das Herz übergeht vor Glück. „Ja wir müssen diesem Manne danken", ruft einer der Delegierten, „danken, für sein edelmütiges Werk. Seine ausdauernden Bemühungen haben ihren mächtigen Widerhall gefunden. Henri Dunant hat sich um die Menschheit verdient gemacht und besitzt ein unbestreitbares Anrecht auf die Dankbarkeit aller Völker!" Die Delegierten begeben sich in ihre Hauptstädte zurück, um die Sache des Roten Kreuzes lind die Empfehlungen der Genfer Konferenz bei ihren Regierungen zu vertreten. Nach Jahresfrist, im August des Jahres 1864, wird man wieder in Genf sein, um die inzwischen beratenen und klar umschriebenen Artikel eines verbindlichen Übereinkommens zu unterzeichnen. In den Ländern bilden sich die ersten Vereinigungen und Ausschüsse, die dem Werke dienen wollen.
E u r o p a s Delegierte tagen in Genf Im August 1864 erlebt Genf das große politische Ereignis. Sieben Tage hintereinander rollen an jedem Vormittag die Equipagen und Karossen der Diplomaten vor das Rathaus, sieben Tage gehen an den vierzig Tischen des Magistratssaales die Debatten um die Festlegung der einzelnen Paragraphen, um die Abgrenzung der nationalen Hoheitsrechte gegenüber dem übernationalen Recht der Menschlichkeit. Aber alle Schwierigkeiten, mochten sie zeitweise auch ernst aussehen, weichen dem Druck des allgemein vorhandenen guten Willens und Verstehens. Und am 22. August 1864 wird der Vertrag durch die Bevollmächtigten der Länder feierlieh unterzeichnet. Es ist: „D i e G e n f e r K o n v e n t i o n z u r V e r b e s s e r u n g des Schicksals der V e r w u n d e t e n bei den im Felde stehenden Heeren". Diese Konvention bestimmt in ihren Artikeln und Nachträgen: Alle Soldaten, die verwundet oder krank sind, sollen ohne Unterschied ihrer Staatsangehörigkeit von der Kriegspartei, in deren Händen sie sich befinden, geachtet und gepflegt werden. Sie können, sofern es vereinbart wird, ausgetauscht, in die Heimat zurückgesandt oder in einem neutralen Staat, der damit einverstanden ist, neutralisiert werden. Erkennungsmarken bei Gefangenen und Angaben über Kranke und Verwundete müssen sobald als möglich gegenseitig mitgeteilt werden. Auch über Internierungen, Aufnahme in Spitäler und Todesfälle muß sobald als möglich Nachricht gegeben werden. 26
Ein Teil des Sitzungssaales der Genfer Konferenz Die Feldlazarette, die der Armee folgen, ebenso die festen Lazarette müssen geachtet und geschützt werden. Ebenso müssen das gesamte Sanitätspersonal einschließlich der Krankenträger und der Beamten der Sanitätsverwaltung und die Feldgeistlichen geschützt werden, Das gleiche gilt von den Hilfsvereinigungen des freiwilligen zivilen Sanitätsdienstes. Auch Krankenpflegevereinigungen neutraler Staaten genießen diesen Schutz. Räumungstransporte und Evakuierungszüge sind den Feldlazaretten gleichzustellen. Als Abzeichen gilt das Rote Kreuz auf weißem Felde. Die Verlesung der Artikel der Konvention und der Namen der Könige und Staatspräsidenten, in deren Auftrag die Vereinbarungen getroffen wurden, durch Gustave Moynier erfolgt unter atemloser Spannung der Versammelten. Und während Name um Name, Titel um Titel genannt werden, gleitet Dr. Appias Blick wie suchend durch die 27
Reihen, geht nachdenklich über die dreiarmigen, weiß beschälten Gaslampen hin, die hohen Fensterreihen entlang, bis zu dem erhöhten Präsidententisch, an dem der Mann fehlt, dem diese Zusammenkunft zu danken ist und der als erster hierher gehört hätte: Henri Dunant. Dr. Appia entdeckt den Gesuchten im Dunkel des Saalhintergrundes, einsam und gebeugt auf einem der Stühle sitzend. Das schmale, bleiche Gesicht des Arztes bekommt einen schmerzlichen Ausdruck. Dr. Appia denkt an den Brief, der ihn gestern erreicht und in dem ihm der Freund die Gründe für seine Zurückhaltung auseinandergesetzt hat: „Ich bin in den Augen vieler Feinde der Genfer Konvention ein bankrotter Spekulant", schreibt Dunant, „und mein Verbleiben im Komitee könnte unserer Idee, die letzten Endes doch die Idee des Weltfriedens ist, schaden. Und nur um die geht es jetzt, um nichts sonst . . ." Und noch einer denkt in dieser Stunde an Henri Dunant: Gustave Moynier! Auch ihm hat Dunant einen Brief geschrieben: i,Ich kehre ins Dunkel zurück", heißt es darin. „Das Werk ist im Rollen. Ich war nur ein Werkzeug in Gottes Hand. Jetzt ist es die Sache anderer, die besser geeignet sind als ich, es voranzutreiben . . . " Als schließlich im Jahre 1867 Dunants Finanzunternehmung gänzlich zusammenbricht, tritt eine vollständige Entfremdung zwischen ihm und den Genfer Freunden ein. In den Augen der altpatrizischen Familien der Stadt ist ein Bankrotteur fast ein Verbrecher. Der so gänzlich Verarmte versucht zunächst, sich in Paris eine neue Existenz zu gründen; nach dem Mißerfolg einer von ihm geschaffenen „Internationalen Weltbibliothek" hält er Vorträge in Paris und in der französischen Provinz, bis der Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges im Jahre 1870 auch dieser Betätigung ein Ende setzt. Während des Krieges bemüht sich Dunant bei der Kaiserin Eugenie vergeblich um die Einrichtung von „Verwundeten-Städten", das heißt, von Städten, deren Bewohner sich der Pflege der Verwundeten beider Heere widmen, und die daher als neutral angesehen werden sollen; doch er kann nicht einmal erreichen, daß die Soldaten und die Bevölkerung über die hauptsächlichen Bestimmungen der Genfer Konvention unterrichtet werden. Als im September 1870 Kaiser Napoleon III. entthront ist, ernennt die neue republikanische Regierung Dunant zum Ehrenmitglied der Kommission für das Gesundheitswesen; da ihm diese Stellung aber kein geeignetes Betätigungsfeld eröffnet, gründet er mit Baron Dutilh de la Tuque eine Hilfsgesellschaft, die Aufklärungs-
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arbeit im Sinne des Roten Kreuzes leistet und für die einberufenen Bürger wärmende Kleidungsstücke und Sanitätsmaterial beschafft. Während des blutigen Aufstandes der Kommune im Jahre 1871 bemüht sich Dunant, Frauen und Kinder vor dem Gemetzel zu retten und hat auch in einigen Fällen Erfolg; seine Vorsprachen bei den Kommunarden, in deren Verlauf er selbst beinahe einige Male verhaftet und ermordet worden wäre, bringen ihn in den Verdacht, ein Anhänger der Kommune gewesen zu sein. Trotz der ungünstigen finanziellen Lage, setzt Henri Dunant auch jetzt noch unentwegt seine Bestrebungen im Dienste der Humanität fort. 1872 gründet er in Paris eine „Allianee universelle de l'Ordre et de la Civilisation", die sich zum Ziel setzt, den kulturellen Fortschritt zu fördern und zur Milderung der politischen und sozialen Gegensätze beizutragen. Daneben beschäftigt sich Dunant weiterhin mit der Behandlung der Neger. Er organisiert eine internationale Hilfsaktion anläßlich einer großen Überschwemmung in Südfrankreich und befaßt sich mit der Schaffung einer dem Roten Kreuz ähnlichen Organisation, die in Friedenszeiten bei Naturkatastrophen auch über die Grenzen hinweg Hilfe bringen soll. Aber größere Erfolge bleiben aus. Nun lastet die Schande seines persönlichen beruflichen Versagens, das Bewußtsein, in den Augen all seiner Freunde und der Familie als Bankrotteur zu gelten, noch schwerer auf Dunants Seele. Und eines Tages ist Henri Dunant aus dem Kreise der Lebenden verschwunden und beginnt unter fremden Namen die Wanderung in das Dunkel des Elends und der Einsamkeit. Fünfzehn Jahre lang ist Henri Dunant tot für die Welt. Gestorben? Verdorben? Niemand weiß es. Der Begründer des Roten Kreuzes ist seit dem Jahre 1875 verschollen.
Yision des Unheils Das also ist die merkwürdige Geschichte des Asylsuchenden von Heiden, der am 5. Juni 1889 in das Hospital des Dr. Habermann eingeliefert worden war. Seit Tagen hatte man den hilflosen Alten, mit dem langwallenden, weißen Bart, in den Gassen des Städtchens beobachtet, und barmherzige Leute hatten ihm den Weg ins Asyl gewiesen. „Wir müssen ihn der Welt, dem Leben und seinem Lebenswerk zurückgeben!" So sagten die Menschen, als die Vergangenheit und die Tragödie des Fremden offenbar wurde. „Henri Dunant lebt! Der Samariter 29
von Solferino im Schweizer Städtchen Heiden aufgefunden!", so verkündeten die Zeitungen in allen Straßen der Städte. Aber dieser Pfründner war nicht mehr der Feuerkopf von einst, der als Missionar der Menschenliebe und als der große Ankläger vor den Gerichten des Weltgewissens Erfolge errungen hatte. Das Leben der Armut und Mühsal hatte den Menschen Dunant verwandelt. In den achtzehn Jahren, die ihm noch verbleiben, träumt er zwar noch einmal von weltumspannenden Hilfswerken gegen Elend und Not, aber man hört ihn nicht. So müht er sich nach Kräften, in seiner engsten Umgebung Gutes zu tun. Und er kennt die Not. „-Ich habe an mir selbst das Elend kennengelernt. Ich habe, nachdem das Unglück über mich hereingebrochen war, das ärmlichste Lehen geführt und alle Arten von Entbehrungen gekostet. Ich habe zu denen gehört, die auf der Straße in kleinen Bissen ein Kreuzerbrot verzehren, das sie in der Tasche verborgen haben; die ihre Kleider mit Tinte aufschwärzen und ihrem Hemdkragen mit Kreide nachhelfen, die einen abgetragenen, schäbigen, zu weit gewordenen Hut mit Papier füttern und durch deren Schuhsohlen» das Wasser dringt; die in der Garküche, wo sie speisen, nichts mehr auf Borg erhalten, und denen man abends bei der Heimkehr den Zimmerschlüssel verweigert, weil sie ihre Miete nicht zahlen können; die oft ohne Licht ins Bett gehen, deren Feuerung mehr Rauch als Wärme hervorbringt und die sich den Magen verderben, weil sie nicht genug unter freiem Himmel zubringen müssen, weil ich für mein Zimmer die Miete nicht bezahlen konnte und deshalb nicht nach Hause zu gehen wagte. Nichts anderes blieb mir oft, da ich von Müdigkeit überwältigt war, übrig, um doch etwas ausruhen zu können, als die Wartesäle eines der großen Bahnhöfe aufzusuchen, die wegen der zahlreichen Nachtzüge die ganze Nacht offen standen. Dort, unter solchen Umständen lernte ich die Armen wirklich beklagen." Dem so vom Leben Gezeichneten fehlt es nicht an hohen und höchsten Auszeichnungen. Der erste Friedensnobelpreis wird ihm zuerkannt. Aber die friedlose Entwicklung der Völker ängstigt ihn, und wie ein Prophet sieht er das Unheil über die Menschen hereinbrechen. „Ach! der Krieg ist noch nicht tot! Hat er auch seine Gestalt gewechselt, so ist er doch nur um so furchtbarer geworden. Alles, was den Stolz unserer Zivilisation bildet, wird ihm dienstbar gemacht. Eure elektrischen Bahnen, eure lenkbaren Luftschiffe, eure Unterseeboote und fliegenden Brücken, eure Augenblicksphotographien, eure Telegraphen, Telephone und Photophone und so viele andere 30
Zentralsitz der Weltorganisation des Roten Kreuzes in Genf wunderbare Erfindungen werden ihm neben euren menschenmordenden Werkzeugen treffliche Dienste leisten. — So schnell sind die „Menschlichen" mit Hand und Herz bereit, das Blut des Nebenmenschen zu vergießen! — Zerstöret um die Wette die schönsten Meisterwerke, den Stolz der Zivilisation: Paläste und Schlösser, Uferbauten und Häfen, Viadukte, Gebäude und Denkmäler aller Art! Aber vergeßt nicht, daß dann auch die Zivilisation, auf die ihr euch soviel zugute tut, unfehlbar in Trümmer geht, und mit ihr euer Wohlstand, euer Handel, eure Industrie, euer Ackerbau und vielleicht auch eure nationale Freiheit' und euer häusliches Glück!" So sah er den Weltbrand heraufsteigen. Aber bevor im Jahre 1914 das Grauen die Menschen überfiel, starb Henri Dunant am 30. Oktober 1910, zweiundachtzigjährig, im Asyl zu Heiden, vereinsamt und verbittert. Umschlaggestaltung: Karlheinz Dobsky Bilder: Aus dem Besitz des Internationalen Roten Kreuzes in Genl L u x - L e s e b o g e n 112 I G e s c h i c h t e ) Hef t p r e i s 2 5 P 1 g Natur- und kulturkundliche Hefte — Bestellungen (vierteljährl. 6 Hefte DM 1.50) durch jede Buchhandlung und jede Postanstalt — Verlag Sebastian Lux, MurnauMünchen — Druck: Buchdruckerei Mühlberger, Augsburg 31
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Gustav Jaensch, wiss.mstr.03a) Schney-Lichtenfels
HISTORISCHES LEXIKON Das Nachschlagewerk für das »Bild der Jahrhunderte« Das Lexikon enthält Angaben über 1300 historische Schauplätze, 4600 Namen historischer Persönlichkeiten, 1300 historische Begriiie, zusammen 7200 Stichworte und 22000 Daten. Zahlreiche Abbildungen, Zeichnungen, Tabellen. Umfang etwa 480 Seiten. In diesem umfassenden Nachschlagewerk wird die Gesamtgeschichte, die im »Bild der Jahrhunderte« in ihrem Ablauf dargestellt ist, in alphabetischen Stichworten lexikonartig geordnet. Für das Zierersche Werk ist das »Historische Lexikon« zugleich der Registerband. Bei jedem Namen befinden sich genaue Angaben, in welchem Band im »Bild der Jahrhunderte« Näheres darüber nachzulesen ist. Das »Historische Lexikon« enthält — sinnvoll geordnet, wissenschaftlich zuverlässig, reich illustriert — die wichtigsten Begriffe aus den Jahrtausenden der Geschichte, Mit seinen Bildern, Zeichnungen und Tabellen ist das Lexikon zugleich ein wertvolles Handbuch für jeden Freund.« und Studierenden der?Geschichte.
Jeder Bezieher, der das Gesamtwerk »Bild der Jahrhunderte« jetzt vorbestellt, erhält bereits nach dem 17, Band das große »Historische Lexikon« als Subskriptions-Vergünstigung unberechnet (späterer Preis dieses Lexikons DM 15-50).
VERLA6 SEBASTIAN LUX • MURNAO MÜNCHEN