STAR WARS
Band 1:
DER HINTERHALT ROGER MCBRIDE ALLEN
1 Offene Geheimnisse »In Ordnung, Chewie, versuch's jetzt.« Han...
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STAR WARS
Band 1:
DER HINTERHALT ROGER MCBRIDE ALLEN
1 Offene Geheimnisse »In Ordnung, Chewie, versuch's jetzt.« Han Solo steckte das Kom wieder in seine Tasche und trat mit besorgtem Gesicht einen Schritt vom Millennium Falken zurück. Dieses Mal mußte es einfach funktionieren. Aber das hatte er auch beim letzten Mal gedacht und beim vorletzten. Von seiner Position aus konnte er durch die Sichtluken des Falken ins Innere des Cockpits spähen, und Chewbacca sah auch nicht besonders zuversichtlich aus. Er beobachtete, wie Chewbacca nach den Kontrollen griff. Han merkte, daß er die Luft anhielt, und zwang sich zum Ausatmen. Der Millennium Falke ruckte leicht auf der Montagebühne und erhob sich dann langsam in die Abendluft. Chewie brachte ihn höher, bis sich die Landeteller in Hans Augenhöhe befanden, und ließ ihn verharren. Han zog wieder das Kom heraus und sprach hinein. »So ist es gut«, lobte er. »Schalte jetzt die Schilde ein.« Die Luft um den Falken schien einen Moment zu schimmern und normalisierte sich dann wieder. Han wich weiter zurück, denn so nahe am Schiff wollte er nicht sein, wenn Chewie die Repulsoren deaktivierte. »Okay, Chewie, Repulsoren - aus!« Das Leuchten der Repulsoren verblaßte, und sofort sackte der Falke ab - um abrupt zum Stillstand zu kommen und in der Luft zu schweben, obwohl die Landeteller noch einen Meter über dem Boden hingen. An mehreren Stellen tanzten Funken und Entladungsblitze über die Montagebühne und erloschen, als die Energienetze der Schilde sich unter der Belastung verschoben. »Gut«, sagte Han. »Sehr gut.« Wenn er nicht gerade aus nächster Nähe einen Turbolaser auf das Schiff abfeuern wollte, war dies der beste Belastungstest für die Schildgeneratoren, den man sich wünschen konnte. Falls die Schilde das Gewicht des Schiffes aushielten, konnten sie auch... -2-
Plötzlich kam es direkt unter dem zweiten Landeteller zu hellerem, heftigerem Funkenschlag. »Chewie! Repulsoren ein! Er wird sonst...« Von einem grellen Lichtblitz begleitet, versagten die Heckschilde. Die Achternlandeteller schlugen so hart auf der Montagebühne auf, daß die ganze Konstruktion ins Schwanken geriet und Han fast das Gleichgewicht verlor. Das Bugende des Schiffes hing noch in der Luft, als das Heck auf seinen Landestützen wieder hochfederte. Als das Heck des Schiffes den höchsten Punkt erreichte, versagten die vorderen Schilde. Im selben Moment erwachten die Bugrepulsoren zum Leben. Die Heckrepulsoren sprangen einen Sekundenbruchteil später ebenfalls wieder an, obwohl sie ein wenig flackerten. Zweifellos hatte der heftige Aufschlag auf dem Boden den Bugrepulsorspulen nicht gutgetan. Trotzdem, Chewie hatte sie genau im richtigen Moment wieder hochgefahren. Han hatte schon erlebt, wie sich Schiffe bei dem mißglückten Versuch, auf ihren Schilden zu schweben, überschlagen und auf den Rücken gelegt hatten. Chewie setzte den Falken sanft auf und deaktivierte die Repulsoren. Einen Moment später senkte sich automatisch die Rampe, und Chewie kam heraus, mit einem Gesichtsausdruck, der verriet, wie wenig ihm die Umstände gefielen. Er gab ein lautes Heulen von sich, verschwand wieder die Rampe hinauf und kehrte kurz darauf mit einem Schildtuner zurück. Das war kein gutes Zeichen. Nach all den Jahren, die Han mit Chewie verbracht hatte, war er klug genug, keinem frustrierten Wookiee die Gelegenheit zu geben, sich bei Reparaturarbeiten abzureagieren. Wahrscheinlich würde er den Schildgenerator eher kurz und klein schlagen, als ihn neu zu tunen. »Ah, vielleicht ist das doch keine so gute Idee, Chewie. Lassen wir's für heute. Wir kümmern uns morgen darum.« Chewbacca brüllte und warf das Werkzeug auf den Boden. »Ich weiß, ich weiß, ich weiß«, sagte Han. »Es dauert langer, als es eigentlich dürfte, und du hast es satt, die Subsysteme zu frisieren, die wir letzte Woche optimiert haben. Aber so läuft es eben auf einem Schiff wie dem Falken. Er ist wie ein fein gestimmtes Instrument. Jedes Teil beeinflußt alle anderen Teile. Die einzige Alternative wäre, ihn zu verschrotten und von Grund auf neu zu bauen - und du willst den Falken doch nicht verschrotten, oder?« -3-
Chewie warf dem Schiff einen Blick zu, der Han verriet, daß er dieses Thema besser nicht weiterverfolgte. Der Wookiee hatte kein so sentimentales Verhältnis zum Falken wie Han, und selbst Han wußte, daß die gute alte Kiste eines Tages auf dem Raumschifffriedhof landen würde - oder, wahrscheinlicher, in einem Museum. Das war zwar eine seltsame Vorstellung, aber schließlich hatte der Falke keine unwichtige Rolle in der Geschichte gespielt. Doch jetzt ging es darum, Chewbacca zu beruhigen oder vom Schildsystem wegzulocken - am besten beides. »Morgen«, wiederholte Han. »Wir kümmern uns morgen darum. Jetzt lassen wir alles stehen und liegen, okay? Leia wartet bestimmt schon mit dem Abendessen auf uns.« Der Gedanke ans Essen schien Chewbacca aufzuheitern - wie Han es beabsichtigt hatte. Wookiee-Management war ein Vollzeitjob, und zwar einer der härtesten. Hin und wieder fragte sich Han, wieviel Mühe Chewbacca mit dem Han-Management hatte. Aber darüber konnte er sich später den Kopf zerbrechen. Es war höchste Zeit, Feierabend zu machen. Erstaunlich, wie sich die Zeiten verändert hatten, wie sich das Leben geändert hatte. Nach all den Gefahren, denen sie mit knapper Not entronnen waren, all den Schlachten, all den Gefangennahmen und Ausbrüchen und Risiken und Siegen, die hinter Han lagen, ging es jetzt nur noch darum, pünktlich zum Essen nach Hause zu kommen. Ich bin jetzt ein Familienvater, sagte sich Han, obwohl ihn der Gedanke immer noch leicht erstaunte. Und das vielleicht Erstaunlichste daran war, daß es ihm sogar gefiel, einer zu sein. Han Solo blickte hinauf zum Abendhimmel über Coruscant. Wie lange war es jetzt her? Achtzehn Jahre? Achtzehn Jahre, seit er eingewilligt hatte, einen verrückten alten Mann namens Ben Kenobi und einen Jungen namens Luke Skywalker auf Tatooine an Bord zu nehmen. Diese Entscheidung hatte sein Leben für immer verändert und auch den Verlauf der galaktischen Geschichte, um es dramatisch auszudrücken. Neun Jahre waren seit dem Sieg über Großadmiral Thrawn und den Dunklen Jedi-Meister vergangen. Neun Jahre seit der Geburt der Zwillinge und etwas mehr als sieben seit Anakins Geburt. »Captain Solo?« -4-
Die Frauenstimme riß ihn aus seinen Gedanken. Die Stimme war tief und kehlig und erklang direkt hinter ihm. Han kannte sie nicht. Die unbekannte Stimme klang irgendwie gefährlich. Sie kam ihm ein wenig zu ruhig vor, zu gelassen, zu kühl. »Ja«, antwortete er und drehte sich langsam um. »Mein Name ist Solo.« Eine kleine, schmale dunkelhäutige Menschenfrau trat aus den Schatten des Hangartors. Sie trug eine dunkelblaue Uniform, wie sie auch bei den Teilstreitkräften der Republikanischen Raumflotte üblich war, aber vielleicht war die Ähnlichkeit nur zufällig. Han war nicht mehr auf dem laufenden, was die Kleiderordnung der Marine betraf. »Wer sind Sie?« fragte er. Sie trat auf ihn zu, noch immer mit diesem sanften Lächeln um die Lippen. Er konnte sie jetzt deutlicher erkennen. Sie war jung, nicht älter als fünfundzwanzig Standardjahre. Ihre Augen standen etwas zu weit auseinander und wirkten ein wenig glasig. Sie schien leicht zu schielen, denn obwohl sie Han direkt ansah, hatte er das sichere Gefühl, daß sie an ihm vorbei ins Leere blickte - oder vielleicht auch zur nächsten Galaxis. Ihr pechschwarzes Haar war hochgesteckt und zu einer kunstvollen Krone geflochten. Sie näherte sich ihm mit einer kühlen Selbstsicherheit, die über jeden Zweifel erhaben war. »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte die Frau. »Sie können Kalenda zu mir sagen.« »Okay«, knurrte Han. »Ich kann Kalenda zu Ihnen sagen. Und weiter?« »Und weiter habe ich einen Job für Sie«, sagte sie. Das verblüffte Han. Einen Job? Er wollte schon eine patzige Bemerkung machen, aber dann zögerte er. Es ergab keinen Sinn. Sie wußte offensichtlich, wer Han war - was an und für sich keine große Leistung darstellte, denn Han und Leia und Luke waren in der ganzen Republik berühmt. Aber wenn sie wußte, wer er war, dann mußte sie auch wissen, daß er für Gelegenheitsjobs nicht mehr zur Verfügung stand. Irgend etwas stimmte nicht. »Ich höre«, sagte Han mit bewußt neutral klingender Stimme. Kalenda drehte leicht den Kopf, so daß ihr seltsamer Blick fast, aber nicht ganz, auf Chewbacca gerichtet war. »Das sollten wir besser unter vier Augen besprechen«, sagte sie leise. Chewie grollte gedämpft, und Han machte sich nicht einmal die Mühe, dem Wookiee einen Blick zuzuwerfen. Er wußte, was er sehen -5-
würde. Sollte Kalenda doch den Anblick seiner gefletschten Fänge genießen. »Das sollten wir besser lassen«, antwortete er. »Ich will von Ihnen nichts hören, was nicht auch Chewbacca hören kann.« »Nun gut«, nickte sie. »Aber vielleicht könnten wir drei uns irgendwo unterhalten, wo wir ungestört sind?« »Sicher«, meinte Han. »Gehen wir an Bord des Falken.« Kalenda runzelte die Stirn. Offenbar gefiel ihr dieser Vorschlag auch nicht. Der Falke war Hans Territorium. »Nun gut«, sagte sie. Han machte eine einladende Handbewegung Richtung Schiff und neigte andeutungsweise den Kopf, gerade knapp genug, um ihr zu zeigen, daß die Geste sarkastisch gemeint war. »Hier entlang«, sagte er.
Der Sondendroide schwebte lautlos über die Mauer des Wartungsbereichs und versteckte sich hinter einem Kistenstapel. Er war mattschwarz lackiert und in den tiefen Schatten so gut wie unsichtbar. Er beobachtete, wie die beiden Menschen und der Wookiee im Schiff verschwanden. Er fuhr eine Audioüberwachungssonde aus und richtete sie auf den Millennium Falken. Nach einem Moment des Zögerns schlich er sich näher ans Schiff heran. Dies erhöhte das Risiko der Entdeckung, aber die Herren des Sondendroiden hatten ihn so programmiert, daß das Belauschen dieses Treffens oberste Priorität genoß. Der Droide entschied, daß sich das Risiko lohnte, wenn seine Herren auf diese Weise eine gute Tonbandaufnahme des unmittelbar bevorstehenden Gesprächs erhielten. Kalenda ging die Rampe hinauf und betrat des Schiff. Han und Chewie folgten. Es wäre vielleicht höflicher gewesen, sie an Bord zu führen, aber Han wollte sie reizen, und er hatte das Gefühl, daß sie zu der Sorte Mensch gehörte, die es nicht vertrug, jemand hinter ihrem Rücken zu wissen. Han wollte sich die Chance, sie ein wenig zu verunsichern, nicht entgehen lassen. Sie erreichte das Ende der Rampe und wandte sich mit geschmeidigen, selbstsicheren Schritten zum Salon. Han brauchte ein paar Momente, bis ihm dämmerte, daß sie noch nie an Bord seines Schiffes gewesen war. Eigentlich hätte sie am Ende der Rampe stehenbleiben und nach dem Weg fragen müssen. Statt dessen -6-
ließ sie sich schon in den bequemsten Sessel der Messe sinken, als Han und Chewie den Raum noch nicht betreten hatten. Sie mußte sich von irgendwoher die Baupläne des Falken besorgt haben, um ihm zu demonstrieren, wie sorgfältig sie ihn durchleuchtet hatte und wieviel sie über ihn wußte. Nun gut, das war nur fair. Wenn Han mit ihr seine Spielchen trieb, mußte er damit rechnen, daß sie sich revanchierte. »Schön«, sagte Han, als er sich setzte. Chewie blieb stehen und hatte sich wie zufällig so postiert, daß er den Ausgang der Kabine versperrte. »Sie wissen alles über mich, bis hin zu den Konstruktionsplänen meines Schiffes«, fuhr Han fort. »Sie verfügen über beachtliche Mittel. Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht. Aber das beeindruckt mich nicht.« »Davon gehe ich aus«, nickte Kalenda. »Sie sind wahrscheinlich schwer zu beeindrucken.« »Ich gebe mir Mühe«, sagte Han. »Und im Moment möchte ich nach Hause zu meiner Frau und meinen Kindern gehen. Warum wollen Sie mich sprechen?« »Ihre Frau und Ihre Kinder«, wiederholte Kalenda fast beiläufig. Jetzt schien sich ihr Silberblick zu schärfen, und sie sah Han mit glatter, harter Miene direkt an. Han versteifte sich, beugte sich nach vorn, und Chewie fletschte die Zähne. Seine Familie war schon zu oft in großer Gefahr gewesen, als daß er auch nur die Andeutung einer Drohung ignorieren durfte. »Drohungen beeindrucken mich auch nicht«, sagte Han mit einer Stimme, die so hart war wie ihr Gesicht. »Die Leute, die sie ausstoßen, leben gewöhnlich nicht lange, wenn Chewie in der Nähe ist. Also wählen Sie Ihre nächsten Worte sehr, sehr sorgfältig.« Im Salon war es für einen Moment still, und Kalenda starrte Han durchdringend an. Ihre Blicke begegneten sich. »Ich bedrohe Ihre Familie nicht«, sagte sie mit noch immer ausdruckslos klingender Stimme. »Aber der Geheimdienst der Neuen Republik wird nicht zögern, sie... für seine Zwecke zu benutzen. Das gilt auch für Sie, Han.« Der Geheimdienst der Neuen Republik? Zum Teufel, was wollte der GNR von ihm? Han war viel zu bekannt, um als Schmuggler eingesetzt zu werden oder gar als Spion von Nutzen zu sein. Davon einmal abgesehen - er mochte keine Spione der Regierung, ganz gleich, um welche Regierung es sich handelte. »Sie verbessern Ihre -7-
Überlebenschancen ganz und gar nicht«, warnte Han. »Wie wollen Sie uns eigentlich >benutzen