I I II
9 783437 225314
Allgemeine Symptome
Zentralnervensystem
Augen
Gesicht, Mund und Zähne
Hals, Nase und Ohren
Brust: Bronchopulmonale Symptome
Brust: Herz
Abdomen: Gastrointestinal� Symptome
Abdomen: Niere
Abdomen: Geschlechtsorgane
Blut und lymphatische Gewebe
Endokrine Störungen
Metabolische und Elektrolytstörungen
Muskel- und Skelettsystem
Haut
Psychische Störungen/ Auffälligkeilen
M N 0 p
D. M ichalk, E. Schönau D ifferenzialdiagnose Pädiatrie
Differenzialdiagnose Pädiatrie
Herausgegeben von Dietrich Michalk und Eckhard Schönau Mit Beiträgen von W i eb ke Ahrens, Michael A. Bau mann, Rolf Behrens, Bernd H. Belohradsky, Hansjosef Böh les, Jürgen H . Brämswig, U lrich Brand l, Rolf E. Brenner, Kon rad Brockmeier, Rai ner Büscher, M i c hael D iestel horst, Gerd D o ckter, Manfred
Döpfner, H el muth Günther Dörr, Hans Edmund Eckel, Peter Edelman n, Franz F. Eifinger, Udo H. Engelmann, Man ig e Fartasch, D i etric h Feist, Gerhard Gaedicke, Manfred Gah r,
Gerd Ganser, Alexander von Gontard, Klaus-Peter Grosse, Annette Grüters-Kiesl ich, Bert hold P. Hauffa, Ulrich Heininger, Peter Herken rath, M ichael H ofbeck, Reinhard W. H o l l , Alexander M . H olschneider, Bernd Hoppe, Hans-lko H u ppertz, Gabriele Jopp-Petzin na, Bärbei Kahi-Ni e ke, Klaus-M ichael Kel ler, Martin Kirschstein, Günter Klaus, Lars Kli n ge, Berthold Koletzko, Sibyl le Koletzko, Martin Kon rad,
Bernhard Korge, Christof Land, H e i n z Lauffer, Gerd Leh m kuhl, M ichael J. Lentze, Bernhard L ettgen, Christoph L icht, Johannes Luckhaus, D ietrich M ichalk,
Jan Mül ler-Berghaus, D i rk E. Müller-W iefel, E m i l G. Nauman n, Gerhard Neuhäuser, Walter Nützenadel, E kkehart Paditz, Cari-Joach i m Partsch, Karl Paul , Fran k P i l lekamp, Uwe Qu e rfeld, M ichael B. Ranke, W o l fgang Rascher, Fran k Riedel, Ernst Rietschel, Bernhard Roth, Walter Rüssmann, Jürgen Rütt, Ulrike Schauseii-Zi pf, Ec khard Schönau, E l ke Schu bert, Bernd Schwahn, Lothar Schweigerer, Hann sjörg W. Seyberth, Tho rsten Simon, Hel m ut Si n ger, Gernot H . G. Sin nec ker, Stephan Sol l berg,
Wolfgang Sperl , Georg Math ias Sprinzl, M ic hael Streppel, Anton H. Sutor t, M ichael A. Ü berall, H erbert E. Ulmer, Tho mas Voit, Mart i n Wabitsch , U l rich Wahn, S iegtried Waldegger, Marti n Walger, Hasso von Wedel, U l la-Christiane von W edel, M ic hael W eiß, Gerhard Weißbach, Brigitte W i d eman n , Stefan W irth,
Joach i m E. Zöller, Torsten Zuberbier
3. Auflage
ELSEVlER
URBAN & FISCHER
URBAN & FISCHER München
Zuschriften und Kritik an: Elsevier GmbH, Urban
&
Fischer Verlag, Lektorat Medizin, Hackerbrücke 6, 80335 München
E-Mail:
[email protected] Herausgeber: Prof. Dr. med. Dietrich Michalk Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde der Universität Köln, Joseph-Stelzmann-Str. 9, 50931 Köln Prof. Dr. med. Eckhard Schönau Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde der Universität Köln, Joseph-Stelzmann-Str. 9, 50931 Köln
Wichtiger Hinweis für den Benutzer
Die Erkenntnisse in der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. Her ausgeber und Autoren dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung und unerwünschten Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung, anhand der Beipackzettel zu verschreibender Präparate zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Buch abweichen und seine Verordnung in eigener VerantwOitung zu treffen. Wie allgemein üblich wurden Warenzeichen bzw. Namen (z.B. bei Pharmapräparaten) nicht besonders gekenn zeichnet.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillie1te biblio grafische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage Januar 1999 2. Autlage 2005 3. Auflage 2011
© Elsevier GmbH, München Der Urban
&
Fischer Verlag ist ein lmprint der Elsevier GmbH.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson dere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Planung: Inga Dopatka, München Lektorat: Ursula Jahn, M.A., München Herstellung: Petra Laurer, München Fotos/Zeichnungen: Esther Schenk-Panic, München Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Uim
Titelabbildung: © Marzana Syncerz- Fotolia.com Satz: abavo GmbH, Buchloe
Druck und Bindung: Print Consult GmbH, München JSBN 3-437-22531-4 Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.el sevi e r. de und www.elsevier.com
für Gabriefe und M agitta
Vorwort zur 3. Auflage Aufgrund der hohen Akzeptanz und der ungebro chen starken Nachfrage haben sich Verlag und Herausgeber entsch lossen, das Buch "Differenzi aldiagnose Pädiatrie" neu aufzulegen. Zusätzlich zur gedruckten Form erscheint diesmal auch eine digitale Version. Dadurch soll nicht nur den Kol legen in der Kinderarztpraxis, sondern auch den Assistenzärzten in den IGiniken die Möglichkeit gegeben werden, das Buch an ihrem Arbeitsplatz zu "etablieren" und es so für die täglichen diagnos tischen Überlegungen zur Verfügung zu haben . Alle M anuskripte wurden durch die Herausgeber kritisch durchgeseh en und, wo nötig, k orrigiert und ergänzt.
Allen Autorinnen und Autoren danken wir für ihr kompetentes Engagement. Besonderer Dank gilt Frau Ursula Jahn und Frau Inga D opatka vom El sevier Verlag für ihre Organisations- und Lekto rentätigkeiten und die stets vertrauensv o ll e und konstruktive Zusammenarbeit. Wir h offen, dass das Buch auch weiterhin eine wichtige Entscheidungshilfe für eine rationelle Diagnostik pädiatrischer Erkrankungen darstellt, den kranken Kindern und J ugendlichen u nnötige, oft auch belastende diagnostische Prozeduren er spart und gleichzeitig einen Beitrag zur Kostenre duzierung im Gesundheitswesen leistet.
Köln, im November 2010
Dietrich Micha lk Eckhard Schönau
Vorwort zur 2. Auflage Das Buch "Differenzialdiagnose Pädiatrie" hat ein hohes I nteresse und großen Anklang gefunden. Aufgrund der durchweg positiven Resonanz und der großen N achfrage wurden wir ermutigt, nach 5 Jah ren eine Neuauflage zu erstellen. Darin wur den die zahlreichen Anregungen der Leser be rücksichtigt, für die wir uns herzlich bedanken. Alle Kapitel wurden inhaltlich überarbeitet unter Beibehaltung der praxisnahen und straffen Glie derung. Besonderes Augenm erk wurde auf die Anordnung der Differenzialdiagnosen nach ihrer Häufigkeit und die Ergänzung molekulargene tischer Untersuch ungen gelegt. Somit orientiert sich dieses Diag n os eh andbuch wiederum am neuesten Wissensstand in der Diagnostik pädiatri scher Symptome.
Köln, im Okto ber 2004
Ergänzt wurden die 119 Symptome der 1. Auflage durch 4 weitere Kapitel. Fast alle Autoren waren dankenswerterweise bereit, ihre Kapitel zu über arbeiten. Des Weiteren konnten 10 neue Autoren für die E rst ellu n g der zusätzlichen Kapitel bzw. Übernahme alter Kapitel gewonnen werden . Die Herausgabe der 2. Auflage wäre nicht möglich ge wesen ohne das außergewöhnliche Engagement aller Autoren. U nser besonderer Dank gilt Frau Elke Klein vom Verlag Elsevier, Urban & Fischer für ihr Lektorat, aber ganz beson ders auch für die stets vertrauensvolle und konstruktive Zu sammenarbeit. Wir hoffen und wünschen, dass sich die 2. A u fl age weiterhin als h ilfreicher Weg weiser für die diagnostischen Fragen, die sich in IGinik und Praxis bei der Behandlung von Kindern und J ugendlichen ergeben, erweisen möge. Dietrich Micha lk Eckhard Schönau
Vll
Vorwort zur 1 Auflage .
Die Pädiatrie ist als dynamisches Fach einem stän digen Wandel unterworfen . Jedes Jahr werden neue Krankheitsbilder, technische Untersuchun gen und Labormethoden beschrieben. Der Einzug der Molekularbiologie in die klinische Medizin hat unser Wissen über die Pathogenese vieler angebo rener Erkrankungen und deren D iagnose wesent lich erweitert. Für jeden Arzt, in Klinik oder Pra xis, erst recht für die Studenten wird es immer schwieriger, den Überblick zu behalten und die kli nische Relevanz der diagnostischen Erneuerungen zu bewerte n. Das wesentliche M otiv für die Erstellung dieses Buches war, die in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse in der Diagnostik für die Praxis zu ordnen und eine rationelle Differenzialdiagnostik anzubieten, die neben einer raschen Diagnosetin dung vor allem dazu beitragen soll, das kranke Kind vor unnötigen, oft auch schmerzhaften dia gnostischen Prozeduren zu bewahren. In einer streng gegliederten Form werden 1 1 9 Symptome bearbeitet, die unserer Erfahrung nach besonders häufig in der Praxis oder Klinik vorkommen. Nach Beschreibung und Definition des Symptoms wird eine rationelle Diagnostik basierend auf der Ana mnese, der körperlichen Untersuchung und den relevanten klinisch-chemischen und technischen Untersuchungen vorgestellt. In einem umfangrei chen Tabellenwerk werden die wichtigsten Diffe renzialdiagnosen dargestellt. Hierbei führt der Weg über die Charakterisierung des Hauptsymptoms und weiterführende Nebenbefunde zu den Ver dachtsdiagnosen und, wenn möglich, zur Bestäti gung der Diagnose. Die meisten Kapitel beinhalten vereinfachte Flussdiagramme zur Darstellung der wichtigsten diagnostischen Schritte. Diese Flussdi agramme dienen der ersten Übersicht und können selbstverständlich nicht in allen Fällen zur Lösung Dietrich Michalk, Köln Eckhard Schönau, Köln
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beitragen. Die Autoren und d ie Herausgeber ha ben sich bemüht, diese G liederung für möglichst alle Kapitel einzuhalten. Aus verschiedenen Grün den war dies jedoch nicht in allen Fällen möglich oder nötig. Etwas umfangreiche Textbeschreibun gen zur Erläuterung der Diagnostik wurden insbe sondere bei den Symptomen vorgenommen, die nicht ausschließlich pädiatrischer Natur sind und die Mitarbeit unserer Nachbardisziplinen erforder ten. Auf therapeutische H inweise wurde bewusst verzichtet; d iese sowie umfangreichere Krank heitsbeschreibungen sind den Standardlehrbü chern der Kinderheilkunde und Jugendmedizin zu entnehmen. Die Herausgeber haben sich bemüht, gerade auch jüngere Kollegen als Autoren oder Koautoren zu ge winnen, um möglichst aktuelle Ergebnisse auch aus dem Forschungsbereich mit den klinischen Erfah rungen der älteren Kollegen zu verbinden. Wir möchten darauf hinweisen, dass diesem Buch ein völlig neues Konzept für eine pädiatrische Differen zialdiagnose zugrunde lag, welches für alle Beteilig ten eine große Herausforderung darstellte. Wir wä ren froh und dankbar, wenn die Leser, ob Studenten oder praktizierende Ärzte, dieses Buch besonders kritisch lesen und dem Verlag und den Heraus gebern ihre Kritik und eventuelle Verbesserungsvor schläge für weitere Auflagen mitteilen würden. Vielen Menschen ist zu danken, wenn ein derart umfangreiches und neues Buchprojekt entsteht. Ohne das E ngagement bei der Planung durch Herrn Dr. T. Hopfe und die unermüdliche Koordi nations- und Lektorenarbeit durch Frau C. Kiener hätte dieses Buch n icht entstehen können. Ganz besonderer Dank gilt aber den vielen Autorinnen und Autoren, die natürlich mit ihrem Engagement und mit ihrer Geduld dieses Buch erst ermöglicht haben.
Autorinnen und Autoren Dr. med. Wiebke Ahrens U niverstitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Ratzeburger Allee 1 60 23562 Lübeck
Prof. Dr. Rolf E. Brenner Universitätsklinik Ulm Abt. Orthopädie Sektion Biochemie der Gelenks- und Bindegewebserkrankungen Oberer Eselsberg 45 89081 Ulm
Prof. Dr. med. dent. Michael A. Baumann Universität zu Köln Zentrum für ZMK Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie Kerpener Straße 32 5093 1 Köln
Prof. Dr. Konrad Brackmeier Universitätskinderklinik Abt. Kardiologie Joseph-Stelzmann-Str. 9 50931 Köln
Prof. Dr. med. Rolf Behrens Klinik f. Kinder und Jugendliche IGinikum Süd Breslauer Str. 20 1 9047 1 Nürnberg Prof. Dr. Bernd H . Belohradsky IGinikum d. Universität München Dr. von Haunersches Kinderspital Antimikrobielle Therapie u. Infektionsimmunologie Lindwurmstr. 4 80337 München Prof. Dr. Hansjosef Böhles IGinik für IGnderheilkunde I J ohann-Wolfgang-GoetheUniversität Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Prof. Dr. med. Jürgen H . Brämswig Westf. Wilhelms- Universität Münster Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde Albert-Schweitzer-Straße 33 48 149 Münster Prof. Dr. med. Ulrich Brand! IGinik für Kinder- und Jugendmedizin Neuropädiatrische Abt. Kochstr. 2 07740 Jena
Dr. med. Rainer Büseher Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45 122 Essen Prof. Dr. med. Michael Diestelhorst Universität Köln Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Prof. Dr. med. Gerd Dockter Abt. für Allgemeine Pädiatrie, Pädiatrische Gastroenterologie Klinik für IGnder- und Jugendmedizin Oskar-Orth-Straße 6642 1 Homburg/Saar Prof. Dr. Manfred Döpfner IGinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters Robert-Koch-Str. 1 0 5093 1 Köln Prof. Dr. med. Helmuth Günther Dörr IGinik f. Kinder und Jugendliche Universität Erlangen Loschgestr. 1 5 91054 Erlangen
Prof. Dr. med. Hans Edmund Ecke! Landeskrankenhaus Klagenfurt St. Veiter Straße 4 7 9027 Klagenfurt Österreich Dr. med. Peter Edelmann Seehospital SahJenburg der Nordrhein Stiftung li. Orthopädische Abt. Nordheim Straße 20 1 27476 Cuxhaven Franz F. Eifinger Kantstraße 4 53332 Bornheim Prof. Dr. med. Udo H. Engelmann Universität Köln IGinik und Poliklinik f. Urologie Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln PD Dr. med. Manige Partasch Hartmannstr. 14 Univ.-IGinik f. Dermatologie 9 1 052 Erlangen Prof. Dr. med. Dietrich Feist Trajanstraße 2 1 a 68526 Ladenburg Prof. Dr. med. Gerhard Gaedicke Humboldt-Universität Berlin Charite/Campus VirchowIGinikum Universitätskinderklinik Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Prof. Dr. med. Manfred Gahr Universitätskin derkli nik der TU Dresden Petscherstraße 74 01307 Dresden Dr. med. Gerd Ganser St.-J osef-Stift Nordwestdeutsches Rheumazentrum Westtor 7 48324 Sendenhorst
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Autorinnen und Autoren
Dr. med. Alexander von Gontard U niversitätsklinikum des Saarlandes Klinik f. Kinder- und Jugendpsychiatrie Postfach 6642 1 Homburg, Saar PD Dr. med. Klaus-Peter Grosse Kinderarzt Anton-Bruckner-Str. 6 91 3 15 Höchstadt Prof. Dr. med. Annette Grüters-Kieslich Humboldt-Universität Berlin Charite/Campus Virchow IGinikum Pädiatrische Endokrinologie Otto-Heubner-Centrum Augustenburger Platz 1 13353 Berlin PD Dr. med. Berthold P. Hauffa Kinderklinik der Universität H ufelandstr. 55 45 1 47 Essen, Ruhr PD Dr. med. Ulrich Heininger Universität Basel Kinderklinik Infektiologie/Vakzinologie Römergasse 8 4058 Basel Schweiz Dr. Peter Herkenrath IGinik und Poliklinik für Kinder heilkunde der Universität Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Prof. Dr. med. Michael Hofbeclc Universitäts-Kinderk linik Abteilung Kinderheilkunde I I Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen Prof. Dr. med. Reinhard W. Holl Universität Ulm Zentralinstitut für Biomedizinische Technik Albert-Einstein-Allee 47 89069 Ulm
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Prof. Dr. med. Alexander M. Holschneider Amsterdamer Str. 59 Kinderkrankenhaus 50735 Köln PD Dr. med. Bernd Hoppe IGinik und Poliklinik für Kinder heilkunde der Universität Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Prof. Dr. Hans-11m Huppertz IGinikum Bremen-Mitte Prof.-Hess-Kinderklinik St.-Jürgen-Str. 1 28205 Bremen Dr. med. Gabriele Jopp-Petzinna IGinik und Poliklinik für Kinder heilkunde der Universität Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Prof. Dr. med. dent. Bärbel Kahl-Nieke Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf IGinik und Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Abteilung für Kieferorthopädie Mmtinistraße 52 20246 Harnburg Prof. Dr. !Gaus-Michael Keller Stiftung Deutsche IGinik für Diagnostik GmbH Aukammallee 33 65 1 9 1 Wiesbaden Prof. Dr. med. Martin Kirschstein Allgemeines Krankenhaus Celle Kinderklinik Siemensplatz 4 29223 Celle Dr. Günter IGaus Medizinisches Zentrum für Kinderheilkunde Universitätskinderklinik Deutschhausstr. 1 2 35037 Marburg Dr. med. Lars Klinge Ki nderklinik der Universität H ufelandstr. 55 45 14 7 Essen
Prof. Dr. med. Berthold Koletzko Dr. v. Haunersches Kinderspital der LMU Abt. Stoffwechselkrankheiten und Ernährung Lindwurmstr. 4 80337 München PD Dr. med. Sibylle Koletzko Dr. v. Haunersches Kinderspital der LMU Abt. Stoffwechselkrankheiten und Ernährung Lindwurmstr. 4 80337 München Dr. Martin Konrad IGinik und Poliklinik für Kinderheilkunde Inselspital Bern 3010 Bern Schweiz Dr. med. Bernhard Korge Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie der Universität Köln J oseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Dr. med. Christof Land 440 Mount Stephen 4 Wesrmount, Quebec H 3Y 2X6 Kanada Prof. Dr. med. H einz Lauffer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Soldtmannstr. 1 5 1 7487 Greifswald Prof. Dr. med. Gerd Lehmkuhl Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und J ugendalters Robert-Koch-Str. 10 5093 1 Köln Prof. Dr. med. Michael J. Lentze Universitäts- Ki nderklinik Bonn Adenauerallee 1 1 9 53 1 1 3 Bonn
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PD Dr. med. Bernhard Lettgen Darmstädter Kinderkliniken Abt. Prinzessin Margaret Dieburger Straße 3 1 64287 Darmstadt Dr. med . Christoph Licht Universitätskinderklinik Abt. Dialyse J oseph-Stelzmann-Str. 9 50931 Köln Dr. Johannes Luckhaus Kli nikum Remscheid Burgenstr. 2 1 1 42859 Remscheid Prof. Dr. med. em. Dietrich Michalk Klinik und Poliklinik für Kinder heilkunde der Universität Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Dr. med. Jan Müller-Berghaus Im Hafergarten 5 6 1239 Ober-Mörlen Prof. Dr. med. Dirk E. M ü ller-Wiefel Universitätskinderklinik Martinistr. 52 2025 1 Harnburg Dr. med. Emil G. Naumann Klinik und Poliklinik für Kinder heilkunde der Universität Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Prof. Dr. med. Gerhard Neuhäuser Dresdener Str. 24 35440 Linden Prof. Dr. med. Walter Nützenadel Universitäts-Kinderklinik Im Neuenheimer Feld 150 69120 Heidelberg PD Dr. med. Ekkehmi Paditz Technische Universität Dresden Fakultät Carl Gustav Carus Klinik und Poliklinik f. Kinder heilkunde Petscherstraße 74 01 307 Dresden
Autorinnen und Autoren
PD Dr. med. Carl-Joachim Partsch Klinik für Allgemeine Pädiatrie Universitätsklinikum Kiel Schwanenweg 20 241 05 Kiel
Prof. Dr. med. Walter Rüssmann Universität Köln Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln
Prof. Dr. med. Kar! Paul Fachklinik Satteldüne für Kinder und Jugendliche der LVA Schleswig-Holstein Tannenwai 32 25946 Amrum
Prof. Dr. med. Jürgen Rütt Universität Köln Klinik und Poliklinik für Orthopädie Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln
Dr. med. Frank Pillekamp Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde der Universität Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln
PD Dr. med. Ulrike Schauseil-Zipf Klinik und Polikli nik für Kinder heilkunde der Universität Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln
Prof. Dr. Uwe Querfeld Campus Virchow Klinikum Klinik f. Kinderheilkunde Augustenburger Platz 1 13353 Berlin
Prof. Dr. med. Eckhard Schönau Klinik und Poliklinik für Kinder heilkunde der Universität Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln
Prof. Dr. med. Michael B. Ranke Eberhardt-Karls-Universität Kinderklinik Sektion Pädiatrische Endokrinologie Rümelinstr. 23 72070 Tübingen Prof. Dr. med. Wolfgang Rascher Klinik f. Kinder und Jugendliche Universität Erlangen Loschgestr. 1 5 91054 Erlangen Prof. Dr. med. Frank Riede! Altonaer Kinderkrankenhaus Bleicken Allee 38 22763 Hamburg Dr. med. Ernst Rietschel Gesellschaft f. Pädiatrische Allergologie u. Umweltmed. e.V. Klinik und Poliklinik für Kinder heil kunde der Universität Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Prof. Dr. med. Bernhard Roth KJinik und Poliklinik für Kinder heilkunde der Universität Köln Joseph-Stelzman n-Str. 9 5093 1 Köln
Dr. med. Elke Schubert Kleine )üch 1 50374 Erftstadt Dr. med. Bernd Schwahn Heinrich-Beine-Universität Universitätskinderklinik Moorenstr. 5 40225 Düsseldorf Prof. Dr. Lotbar Schweigerer Universitätskinderklinik Göttingen Abt. Hämatol ogie/Onkologie Robert-Koch-Str. 40 37075 Göttingen Prof. Dr. med. Hannsjörg W. Seyberth Philipps-Universität Marburg Universitätskinderklinik Med . Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Deutschhausstr. 12 35037 Marburg
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Autorinnen und Autoren
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Dr. med. Thorsten Sirnon Zentrum f. Kinderonkologie und hämatol ogie Kinderklinik des Klinikums der U niversität Köln J oseph-Stelzmann-Str. 9 50924 Köln -
Prof. Dr. med. Helmut Singer Klinik mit Poliklinik f. Kinder u. Jugend liche Kardiologische Abt. Loschgestr. 1 5 9 1054 Erl angen Prof. Dr. med. Gernot H. G. Sinnecker Stadtkrankenhaus Wolfsburg D irektor der Kinderklinik Sauerbruchstraße 7 38440 Wolfsburg Prof. Dr. Stephan Sollberg Akademisches Lehrkrankenhaus der U niversität Rostock H autklinik Werderstr. 30 1 9055 Schwerirr Prof. Dr. med. Wolfgang Sperl Landeskrankenanstalten Salzburg Kinderspital M üllner Hauptstr. 48 5020 Salzburg Österreich Prof. Dr. med. Georg Mathias Sprinzl Universitäts-Klinik für HNO Anichstraße 35 6020 Innsbruck Ö sterreich
PD Dr. med. Michael A. Ü berall I nstitut für Neurowissenschaft Theodorstr. 1 90489 N ürnberg Prof. Dr. med. Herbert E. Ul mer Universitätskinderklinik Kinderheilkunde II, IGnderkardiologie Im Neuenheimer Feld 153 69 1 20 Heidelberg Prof. Dr. med. Thomas Voit Klinik u. Poliklinik f. Kinder- und Jugendmedi z i n H ufelandstr. 55 45 1 22 Essen PD Dr. med. Martin Wabitsch Universität Ulm Kinderklinik und Poliklinik Prittwitzstr. 43 89075 Ulm
Prof. Dr. med. Ulrich Wahn Kinderklinik Charite Klinik f. Pädiatrie, Pn eumol ogi e u. I mmunologie Augustenburger Platz 1 1 3353 Berlin Prof. Dr. med. Siegfried Waldegger Philipps Unive rsität Marburg Universitätskinderklinik Med. Zentrum für Kinde r- und J ugen d medizin Deutschhausstr. 1 2 35037 Marburg -
Prof. Dr. rer. nat. M a rti n Wa l ger Universität Köln H NO-Kiinik J oseph-Stelzmann-Str. 9 50931 Köln
Dr. med. Michael Streppel U niversitäts-HNO-Kiinik Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Prof. Dr. med. Anton H. Sutor t Eichbergstr. 22 79117 Freiburg
XII
Prof. Dr. phil. Dipi.- Ing. Hasso von Wedel Universität Köln H N O-Kiinik Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln
Dr. med. Ulla-Christiane von Wedel Universität Köln H N O - K iinik Joseph-Stelzmann-Str. 9 5093 1 Köln Prof. Dr. med. M ichael Weiß Klinik f. IGnder- und Jugendmedizin Städt. Kinderkrankenhaus Amsterdamer Str. 59 5 1058 Köln Prof. Dr. Gerhard Weißbach Universitätskinderklinik der TU Dresden Petscherstraße 7 4 0 1 307 Dresden
Brigitte Widemann, M . D . Pharmacology & Experimental Therapeutics, Section Pediatric O ncology Branch National Cancer Institute 10 Center Drive B uilding 10, Room 1 3 C 103 Bethesda, MD 20892 - 1 920 U SA Prof. Dr. med. Stefan Wirth D irektor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin HELIOS-IU inikum Wuppertal Universität Witten H e rdecke H eusnerstr. 40 42283 Wuppertal -
Prof. Dr. Dr. Joachim E. Zöller Klinikum der Universität Köln Zahnklinik Joseph-Stelz mann S tr. 9 5093 1 Köln -
PD Dr. Torsten Zuberbier H umboldt-Universität Berlin Klinikum Charite De rmatologische Universitäts klinik Schumannstraße 20-21 1 0098 Berlin
Abkürzu ngsverzeichnis ACE
Angiotensin-converting-Enzym
CT
Computertomographie
ACTH
adrenokortikotropes Hormon, Kortiko-
CVID
common variable immunodeficiency
tropin
DDAVP
Desmopressin
AD
autosomal-dominant
DEXA
Knochendensitometrie mittels dualer
ADH
antidiuretisches Hormon
AFP
a-Fetoprotein
DHEA
Dehydroepiandrosteron
Photonenabsorptionsmessung
Al
adrenogenitales Syndrom
DHT
Dihydrotestosteron
Amelogenesis imperfecta
DI
Dentinogenesis imperfecta
AK
Antikörper
DIC/DI G disseminierte intravasale
ALAT
Alanin-aminotransferase (s.a. SGAT)
ALL
akute lymphoblastische Leukämie
A GS
Gerinnung DNS
Desoxyribonukleinsäure Desoxycorticosteron
ALTE
apparent life threatening event
DOC
AMH
Anti-Müller-Hormon
DSA
digitale Subtraktionsangiographie
AML
akute myeloische Leukämie
EAT
ektope atriale Tachykardie
ANA
Autoantikörper gegen Zellkerne
EBV
Epstein-Barr-Virus
ANCA
antizytoplasmatische Antikörper
EDRF
Endothelin; endothelial-dependent
ANUG
akut nekrotisierende ulzerierende
AP
EEG
Elektroenzephalogramm
Alkalische Phosphatase
EEM
erythema exsudativum multiforme
EHEC
enterohämorrhagische Escherichia coli
AP GAR- Punkteschema für die ZustandsSchema
aPTT
relaxation factor
Gingivitis
diagnostik des Neugeborenen nach der
EKG
Elektrokardiogramm
Geburt; die Abkürzung steht für: Atmung,
ELISA
enzyme-linked immunosorbent assay
Puls, Grundtonus, Aussehen, Reflexe
EMG
Elektromyographie
aktivierte partielle Thromboplastinzeit
ENA
Antikörper gegen extrahierbare nukleäre
AR
autosomal-rezessiv
ASAT
Aspartat-amino-Transferase (GOT)
ASO
Vorhofseptumdefekt
Antigene ENG
Elektroneurographie; Elektronystagmographie
ASL
Antistreptolysin
EOG
Elektrookulographie
AST
Antistaphylolysin
EP
evozierte Potentiale
ATIII
Antithrombin III
ERA
electric response audiometry
AV
atrioventrikulär
ERCP
endoskopische Cholangiographie
AV NRT
AV-Knoten-Reentry-Tachykardie
ERG
Elektroretinagraphie
AVP
Adenosin-Vasopressin
FAEP
frühe akustisch evozierte Potentiale
Gen des menschlichen Vasopressin-V2-
FOH
funktionelle ovarielle Hyperandrogenämie
Rezeptors
FSH
follikelstimulierendes Hormon
AVSD
atrioventrikulärer Septumdefekt
FUO
Fever of Unknown Origin
BCG
Bacillus Calmette-Guerin
GABA
Gamma-Amino-Buttersäure
AV PR2
BERA
brainstem evoked response audiometry
GAD-AK Glutamatdecarboxylase-Antikörper
BMI
Body-Mass-Index
GBS
Guillain-Barre-Syndrom
BNS
Blick -Nick-Salaam-Krämpfe
GGT
Gamma-Glutamyltranspeptidase
BSG
Blutsenkungsgeschwindigkeit
GH
Wachstumshormon
BTK-XLA X-chromosomale Agammaglobulinämie
GJP
generalisierte juvenile Parodontitis
GLDH
GI utamat-Dehydrogenase
Typ Bruton BZ
Blutungszeit
G n RH
Gonadotropin-Releasing-H ormon
c-AMP
zyklisches Adenosinmonophosphat
GÖR
gastroösophagealer Reflux
CCT
kraniale Computertomographie
GOT
GI utamat-Oxalazetat-Transaminase
CEA
karzino-embryonales Antigen
GPP
generalisierte präbubertäre Parodontitis
CERA
cortical evoked response audiometry zystische Fibrose
GPT
Glutamat- Pyruvat-Transaminase
h-CG
humanes Choriongonadotropin
CHE
Cholinesterase
HAWIVA Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für das
HCG
human es Choriongonadotropin
CK
Creati n ph osphokinase; Kreatinkinase
CF
CM CMV CRP
Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für
HCV
Hepatitis-C-Virus
HDL
High-densi ty-Lipoproteine
Kinder
chronisch myeloische Leukämie, adulter Typ
CRH
Vorschulalter HAWIK
Zy tomegalievirus Korti kotropi n- Releasing-Hormo n
C-reaktives Protein
5-HIES HIV
5-Hyd ro x yi n dolessigsä ure
humanes lmmundefizienz-Virus
XIII
Abkürzungsverzeichnis HLA
Human-Leukozyten-Allcantigene
NNR
Nebennierenrinde
HSE
Hämorrhagisches Schock-Enzephala-
NREM
non-rapid eye movement
pathie-Syndrom
NYHA
New York Hea1t Association
HSV
Herpes-simplex-Virus
OAE
otoakustische Emissionen
HUS
hämelytisch-urämisches Syndrom
OCT
Ornithin-Carbamyl-Tansferase-Defekt
HVA
Homovanillinsäure
01
Osteogenesis imperfecta
HWS
Halswirbelsäule
OPG
Panoramaröntgenschichtaufnahme
Insulin-Autoantikörper
p-ANCA
ICA
Inselzell-Antikörper
IAA
ICR
Interkostalraum
PC R
IDDM
insulinpflichtiger Diabetes mellitus
PDA
offener Ductus a1ieriosus
IGF-1
insulin-like Growth Factor-I
PET
Positronenemissionstomographie Pseudohypoparathyreoidismus
Polymerasekettenreaktion
IL
Interleukin
PHP
IT P
idiopathische Thrombozytopenie
PHPV
primärer hyperplastischer Glaskörper
IVP
i.v. Pyelographie
PICP
Prokollagen- I -C-terminales Propeptid
JET
junktionale ektope Tachykardie
PiZZ
Proteinaseninhibito renphänotypen
K-AP
Knochenphosphatase
PKU
Phenylketonurie
KBR
Komplementbindungsreaktion
PMEN
KEV
konstitutionelle Entwicklungsverzögerung
primäre monosymptomatische Enuresis nocturna
KOF
Körperoberfläche
PM L
polymorphkernige Leukozyten
LAD
leucocyte adhesion deficiency
PTH
Parathormon
LDH
Laktatdehydrogenase
PT
Prothrombinzeit
LDL
Low-density-Lipoproteine
PTT
partielle Thromboplastinzeit rapid eye movement
LGA
large-for-gestational-age
REM
LGZ
Lungengefä ßzeichnung
ROP
Frühgeborenenretinopathie
LH
Luteinisierungshormon
RTA
renal tubuläre Azidose severe combined immunodeficienc y
LH-RH
LH-Releasing-Hormon
SCID
LJP
lokalisierte juvenile Parodontitis
SEP
somata-sensibel evozierte Potentiale
LKG
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte
SGA
small-for-gestational-age
LKM-AK Antikörper gegen Leber-Nieren-Mil �
eine klini sc h e Diagnose ausreichend und die angeführten M et hod en , die die vermutete Diagnose im Zusammenhang mit der angegebenen Klinik beweisen, brauchen mit Ausnahme der Kultur von gewonnenen Körperflüssigkeiten nicht eingesetzt zu werden.
Oft ist
2 Chronisches oder rezid ivierendes Fieber Hans-lko H uppertz
Symptombeschreibung Während für e p idemiologische Zwecke chroni sches Fieber sehr unterschiedlich definiert wird, wollen wir an dieser Stelle chronisches Fieber für die praktische Arbeit mit fiebernden Kindern wie folgt defini eren: Es besteht beim Pati enten Fieber, also rektal eine Temperatu rerhöhung auf über 3 8 ,3 oc, und es wurde eine Diagnose gestellt, die das Fieber erklä ren sollte. Nun muss die initial gestellte Diagnose jedoch angezweifelt werden wegen der ungewöhn lich langen Dauer des Fiebers oder wegen Erfolg losigkeit der verordneten Therapie, also meist schon ei nige Tage nach der Erstvorstell ung oder nach dem Therapiebeginn zum Beispiel mit einem Antibiotikum. Ebenso pragmatisch definieren wir rezidivieren des Fieber als auffällig häufig wiederkehrende fie berhafte Erkrankungen. Diese Beobachtung wird häufig von den Eltern oder besorgten Gro ßeltern gemacht, gelegentlich aber auch vom Hausarzt.
Schließlich gibt es den Begriff des Fiebers u nge k lärter Ursache (fever of unknow n origin/FU O ) oder Fieber ohne Fokus oder ohne organbezogene Ursache, womit ursprünglich Fieber von 3 Wochen Dauer u n d m indestens einer Woche erfolgloser statio närer Abklärung bezeichnet wurd e . H eute w ird Fieber ungeklärter U rsache meist als "Ar beitsdiagnose" verwendet, wen n Fieber seit min destens einer Woche b este ht und keine U rsache dafür gefunden wurde. Rationelle Diagnostik Chronisches Fieber
Wenn Fieber länger als einige Tage besteht, sorgen sich m e ist der behandelnde Arzt und/oder die Eltern und fragen sich nach der Ursache. Das fOJi bestehende Fieber kann folgende U rsachen haben (s. Abb . 2. 1 ) : • Die in itial gestellte Diagn ose ist richtig, aber die Therapie war falsch. Beispiel: Bei Streptoko kken-
5
A
2 Chronisches oder rezidivierendes Fieber
------
Anhaltendes Fieber trotz Therapie
Fehler bei
• Verordnung,
Reze ptur, A pothekenabgabe? • ko r rekter Durchführung
der Therapie? • Com p liance des Patienten/der Eitern?
• Ja + .
Therapie korrekt fortführen
I
D i agnose korrekt?
nein .
neue Diagnose andere Therapie
ja
t
ja
+
Komplikation behandeln
Komplikation?
nein .
ungewöhnlicher Verlauf mit langer Fieberdauer
Abb. 2 . 1 Vorgehen b e i Fieber, das nach e1mgen Tagen der Behandlung n icht verschwunden ist. Diese Ü berl e g u nge n sind bei jeder Untersuchung d es Kindes neu anzustellen, also mindestens ei n mal täg l i c h .
tonsillitis wurde orales Penici llin verordnet, d ie Gabe erfolgte in ml statt i n ML ( 1 Messlöffel ent spricht 5 m l ) , oder der mit Co-trimoxazol behan delte H arnwegsinfekt war durch resistente Esche richia coli verursacht.
I
Man wird also die Verordnung, die Durch führung der Therapie und die Compli ance überprüfen.
• Diagnose und Therapie sind richtig, aber die Er krankung dauert lange. Beispiel: Eine d urch Ep stein-Barr-Virus-Infektion verursachte Tonsillitis. G elegentlich besteht beim Säugling oder jungen Kleinkind für einige Tage nach einem Infekt noch
I
Man wird also die bisherige Diagnose in Frage stellen m üssen.
Rezidivierendes Fieber (s. DD-Tabelle)
Da es oft die Eltern sind, die berichten, bei ihrem Kind gehäufte fieberhafte Erkrankungen beobach tet zu h aben, kann es sinnvoll sein, eine genaue Li ste aller i m letzten halben Jahr durchgemachten fiebrigen Zustände zu erstellen oder prospektiv ein Fieberprotokoll führen zu lassen. Oft ergibt sich , dass die Häufung n icht besteht oder sich gut mit verstärkter Exposition, zum Beispiel nach Eintritt in den Kindergarten , erklären lässt. Zudem wird man beim unbeeinträchtigten Kind den E ltern empfehlen, die Temperaturmessung n ur nach einer mindestens 3 0-minütigen Ruhepause d urchzufüh ren , um sogenannte harmlose "Bewegungstempe raturen" bei aktiven Kleinkindern zu erkennen. Die Vermutung des Laie n , d em rezidivierend en Fieber läge ein I mmundefekt zugrunde, ist selten richtig. Wenn das Kind gut gedeiht, abgelesen als Wohlbefi nden zwischen den Fieberepisoden und als Wachstum und Gewichtszunahme entlang den für das Kind relevanten Perzentilen, sind zunächst keine weiteren Maßnahmen erforderlich . Selten sind episodische Fiebersyndrome wie das PFAPA Synd rom zu erwägen (periodisches Fieber, Aph then, Pharyngitis, Adenitis) .
Tabelle Klinische Befunde Säuglinge
Verdachtsdiagnose
Hypokalziämie, Vitium cordis
DiGeorge-Syndrom
verspäteter Abfall der Nabelschnur
Störung der Leukozytenadhäsion
Gedeihstörung, Soor, Durchfall, Pneumonie
schwerer kombinierter Immundefekt
makulopapulöser Ausschlag, Alopezie, Hepatosplenomegalie
G raft-versus-host-Reaktion bei schwerem kombinierten Immundefekt
Ekzem, Thrombopenie, Otitiden
Wiskott-Aidrich-Syndrom
Albinismus, Neutropenie
Chediak-H igashi-Syndrom
2.1
6
I
Man m uss also das komplette Spektrum möglicher Krankheitsverl äufe einschließlich der Komplikationen erwägen.
• Die D iagnose ist falsch. Beispiel: Es wurden zwar Streptokokken im Rachen nachgewiese n , d e m Fieber l iegt jedoch tatsächlich eine Mononu kleose zugrunde.
nein
t
eine sogenannte "postinfekti öse Hyperthermie". Oder es ist eine Komplikation der richtig diagno stizierten und behandelten Erkrankung aufgetre ten, zum Beispiel ein Peritonsillarabszess nach Streptokokkenangina.
Differenzialdiagnose von Immundefekterkrankungen als Ursache rezidivierenden Fiebers.
2 Chronisches oder rezidivierendes Fieber
Tabelle Klinische Befunde 2.1
Differenzialdiagnose von Immundefekterkrankungen als Ursache rezidivierenden Fiebers (Fortsetzung)
Verdachtsdiagnose
Säuglinge
rezidivierende septische I nfektionen
C3-Mangel
Zyanose, Pulmonalatresie, Mittelleber
kongenitale Asplenie
Kleinkinder
progrediente Mononukleose
X-gebundene lymphoproliferative Erkrankung
kutane und systemische I nfektionen mit Staphylococcus aureus oder Pseudomonaden
Hyper-lgE-Syndrom
Soor, Nageldystrophie, Hypokalziämie
chronische mukokutane Candidiasis
tiefe Hautabszesse
Granulozytendefekt
septische I nfektionen durch bekapselte Bakterien
Asplenie
Schulkinder
Dermatomyositis, Enzephalitis
X-gebundene Agammaglobulinämie
Pneumonien, neurologische Auffälligkeiten, Teleangiektasien
Ataxie-Teleangiektasie-Syndrom
Lymphadenopathie, Dermatitis, Pneumonien, Osteomyelitis, mangelhafte Eiterbildung
septische Granulematose
rezidivierende Meningitiden
Komplementdefekt, Liquorfistel
Malabsorption, Pneumonie, Splenomegalie
Antikörpermangelsyndrom
Pneumonie, Durchfall
lgA-Mangel
rezidivierende Pneumonien
lgG-Subklassendefekt
Bei auffälligen anamnestischen Angaben sollte man gezielt nach weiteren Befunden suchen. Bei rezi divierenden Infekten eines Organs ( z . B . der Atemwege) sollte man eher an l okale B arriere l ücken denke n ( z . B . IgG-Subklassen-Defe kt) . Sind mehrere Organe betroffen, ist auch ein syste mischer Immundefekt möglich (Tab. 2 . 1 ) . Fieber ungeldärter Ursache
(Tab. 2.2 und DD-Tabelle)
Tabelle A Anamnese und Befund 2.2
Vorgehen bei Fieber ungeklärter Ursache
• Vorgeschichte erneut durchgehen und erneut erhe
ben, eventuell auch von weiteren mit dem Kind vertrauten Personen: Reisen, Tierkontakt, Nahrungs gewohnheiten, Medikamente, Familienstammbaum
• physikalische Untersuchung mindestens einmal
täglich wiederholen und jedem, auch zunächst unbedeutend erscheinenden Lokalbefund nach gehen
• Fiebermessung mehrfach täglich, eventuell stündlich
durch eine erfahrene Kinderkrankenschwester, even tuell nach einer 30-minütigen Ruhepause
• Wachstumskurven und Perzentilen kontrollieren
(FUO).
E0
.....
a.
E
� (f) Q) c: Q) ·-
E
Q) 0>
I= 40 kg/m 2 ) - ein ebenfalls stark zunehmendes Problem von Kindern in entwickelten Ländern in direktem Zusammenhang mit einer arteriellen Hypertension steht. In aktuel len Studien konnte außerdem gezeigt werden , dass Adipositas ein ent scheidender Risikofaktor für das Auftreten des "obstructive sleep apnoe syndrome" (OSAS) ist, welches wiederum mit dem Auftreten einer arte riellen Hypertension vergesellschaftet ist. Damit kommt der Adipositas als möglicher direkter oder indirekter Ursache eine entscheidende differenzi aldiagnostische Rolle bei der Abklärung der arte riellen Hypertension zu.
D r--1 L_____j
Abb. 6.1
renevaskuläre Erkrankungen Aortenisthmus stenose N ierenparenchym
erkrankungen
Tu m ore n (ohne endokr. Aktivität
endokrine Störungen
Ursachen der c h ronischen Hypertension i m Kindesalter (gepoolte Daten).
=
Ursachen d e r Hypertension
42
im Kindesalter
Grun d sätzl i c h wird zwischen einer akuten und einer chro nischen a rteriellen H ypertension unter schieden. Die akute p ostinfektiöse Glomerula nephritis stellt die häufigste U rsache für die akute Hypertension im Kindesalter dar, wobei bei etwa 5 0 % aller akuten Glomerulonephritiden eine B l ut druckerhöhung beobachtet wird. Ein akutes Nie renversagen, ausgelöst z.B. durch ein hämolytisch u rämisches Syn drom oder den S ch ub eines nephrotischen Syndroms geht ebenfalls m it einer meist transitorischen B lutdruckerhöhung einher. Die Ursachen der chronischen Hypertension i m Kindesalter sind vielfältig und hängen von meh reren Faktoren ab (Abb. 6. 1 ) . Al lerdings sind die Angaben für das Kindesalter nur sehr vage , ein-
heitl iche große B l utdru ckstudien wurden b isher nicht durchgeführt. Nierenparenchymerkrankun gen stellen mit 55-80 % unumstritten die Haupt ursache für eine chronische Hypertension im Kin desalter dar. In Abbildung 6 . 1 sind die U rsachen der chronischen H ypertension als gepoolte Daten aus 4 größeren Studien dargestel lt. I n Zukunft kann die Identifi zierung von molekularbiologi schen Markern und Polymorph ismen möglicher weise dazu b eitragen, die Diagnosestell ung und U rsachenklärung der chronischen Hypertension im Kindesalter zu erleichtern . Kandi datengene und neuere genetische Aspekte sind in Tabelle 6 . 1 z usam mengefasst. Da es im Kindesalter bisher aber n och keine größeren Studien zur Bedeutung solcher Polymorphismen gibt, sind die hier darge stellten Kandidatengene nur als richtungsweisend anzusehen und bei Kindern noch nicht validiert. Eine essentiell e Hypertension tritt im Kindes alter mit einer Häufigkeit von ca . 5-1 0 % auf. Rationelle Diagnostik
Anamnese
Eine a usfü hrliche Familienanam nese kann rich tungweisend sei n. E i n familiärer E i nfluss auf d i e H ö h e des B l ut d ru c ks w i rd bereits fü r den Feten angenommen und ist schon bei N eugeborenen
-------
6 Hypertension
Tabelle 6.1 monogene Hypertonie Erkrankung
Erbgang
Chromosom Mutation und molekularer Mechanismus
glukokortikoidabhängiger Aldosteronismus (GRA)
autosomal dominant
8
Mismatch in der Meiose -) chimäres Gen Nachweis von 1 8-Hydroxy- und 1 8-0xocortisol im Urin (abnorme Derivate)
apparent mineralo corticoid excess
autosomal rezessiv
8 50,8 cM
Leuein 1 61 -) Glycin, Mutation der 1 1 ß-Hydroxy steroiddehydrogenase II führt zur Hemmung des Abbaus von Cortisol zu Cortison
Liddle-Syndrom
autosomal dominant
16
Gen kodiert ß-Untereinheit des epithelialen Natrium kanals (EnaC), ebenfalls Mutation der y-Untereinheit von EnaC; u nkocrdinierte Aktivierung des Natriumkanals
Pseudohypoaldostero nismus Typ II (Gordon-Syndrom)
autosomal dominant
1 (PHA2A) 1 7 (PHA2B) 1 2 (PHA2C)
Assoziation von Bluthochdruck mit hyperkaliämischer und hyperchlorämischer Azidose bei normaler GFR
Brachydaktylie-Syndrom und Hypertonus
autosomal dominant
1 2 ( 1 2p)
Deletions-Syndrom; Gen noch nicht vollständig kloniert
polygene Hypertonie Genort
Chromosom Polymorphismus/Mutation und molekularer Mechanismus
0
......
Kandidatengene.
Angiotensi n -Converting Enzyme
1 1 65,0 c M
lnsertions-/Deletions-Polymorphismus, am besten untersucht, widersprüchliche Ergebnisse (z.B. Framingham-Herz-Studie 1 998)
Angiotensinogen
8 68,0 cM
drei Polymorphismen wurden identifiziert (G2 1 7A, G-6A, M235l); AGT 235 T (höhere Transkriptionsrate) zeigt in Kombination mit G-6A signifikante Assoziation mit Hypertonus, bisher aussichtsreichster Genort
Alpha-Adducin
1 4q21
G460W-Polymorphismus, 460W-Variante (häufiger bei Hypertonikern) führt zu einer verminderten Druck-Natriurese; widersprüchliche Ergebnisse
ß2-Adrenozeptor
5q31 -q32
Arg1 6Giy-Polymorphismus; Gly1 6-Variante führt zu vermehrter Rezeptor- Downregulation und damit zu verminderter (ß-Agonisten vermittelter) Vasodilatation; widersprüchliche Ergebnisse
G-Protei n ß3-Untereinheit
1 2p 1 3
C825T-Polymorphismus in Exon 1 9 des Gens: T-AIIel mit Splice-Variante (Verlust von 41 Aminosäuren) und essentieller Hypertonie assoziiert; w idersprüchliche Ergebnisse
c.
E
� Cf)
(1) c (1) E
Cl} C'>
c Cl>
E
Q) 0)
Cf)
1 00 90
190
140
1 50 1 60 Height (cm)
170
180
Oi I E
.s CL Cl) .S!
0 ti
>Cf)
1 40
1 50 160 Height (cm)
170
180
1 30 1 20 110 100 90 80 70
190
� � 120
140
140
� �
120
1 50
140
Oi
130
CL m
110
I
E
.§_ .S!
0 ti
>Cf)
190
3., 1 0., 2 5 . , 75., 90., 97. Perzentile:
--
50. Perzentile:
---
120
1 00 90 80
Tag
�
�
120
130
Nacht
1 60 1 50 Height (cm)
140
1 70
� �
1 80
=======----
120
130
24-h
160 150 Height (cm)
1 40
170
� �
120
130
1 60 150 Height (cm)
1 40
170
180
180
Normwerte für Gelegen heitsblutdruck und 24-Stunden-Bi utdruck bei Mädchen und Jungen (nach Abb. 6.2a Wühl, E. et al., J Hypertens 20: 1 995-2007, 2002).
6 Hypertension
Bei Kindern und J ugendlichen mit Verdacht auf eine milde Hypertension beschränkt man sich z u nächst auf Wiederholungsmessungen über Wo che n . Vor Begi nn diagn o sti scher Maßnahmen soll t e eine A B D M erfo l g e n m it m i n destens e i n e r Wi e d e rholun g nach einem Zeitraum von 1-3 M o naten. O ie Diagnose einer milden Hypertension sollte erst b ei w i ederh o l ten Bestätigungen eines er h ö hten Blutdrucks g e stel l t werden. Bei m ittel schwerer bzw. s c hwere r H y pertens i o n ist eine d i a gnos ti sch e Abklä r ung dringl icher. Das Ausm aß . erforderlicher diagnostischer Maßnahmen Wird w es e ntl i c h be stimmt : • vom Alter des Kindes • von d er Höhe des B l utdruc ks • vom Vorl i egen e i ner n äch t li c h en H ypertension • v o n bekannter G rund k ra n khe it oder zu s ä t zl i chen klinischen Sy m pt om e n .
90
80
i sthm usstenose, l iegt der Schwerpunkt der D ia
Mädchen 90
----
Oi I
E .s aJ g 0 Ui (l.
"'
0
60
80
70
60
1 30
140 150 160 Height (cm)
170
180
190
:::====
90
1 30
24-h
Height (cm)
140
150
160
Oi I E
.§. (l. aJ
.\! 0 tl "' 0
170
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Oi
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(l. aJ
50
I
E
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0 tl "' 0
-
120
130
140
150
160
60
50
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---
120
130
140
150
160
1 70
1 80
1 70
180
190
Height (cm)
Nacht
70
60
50
40
90
80
60
70
80
Nacht
1 20
80
Tag
Height (cm)
50
40
E >. (/') Cl) c Cl) E Cl) 0> . cn Q) c (!) E (!)
niedrig/normal
+
Jllll!l.llll-ll
• Captoprii-ING • Angiographie auffä l l ig
V.a. reninsezern i ere nden Tumor
t
auffällig
I
Plasmaaldosteron
I====�
NierenbiOpSie
t
unauffällig
n
t
prim ärer Hype raldo steron ismus
� positiv
l
Dexamethasonsupprimierbarer Hyperaldosteronismus
adrenale Hyperplasie (Conn-Syndrom)
erniedrigt
+
Plasma-Renin-Aktivität venöses Staging: V. cava superior, V. renalis dextra et sinistra, V. cava inferior
i ntra- oder extrarenale Nierenarterienstenose
+
erhöht
una uffällig
+
I
a.
\
Plasma-Renin-Aktivität
E
0
t
1 1 -Desoxy-
corticosteron
1 1 P-HydroxylaseMangel oder 1 7a-HydroxylaseMangel
•
erhöht
I 1 1 ß-DehydrogenaseMangel
Abb. 6.5
Diagnostisches Vorgehen bei ei ner chronischen Hypertension oh n e An h a lt für eine Aortenisthmusste nose oder für eine renale Grunderkran kung.
Hyperthyreose
Eine Hyperthyreose l ässt sich vermuten bei: • isolierter systolischer Hypertension • Tachykardie • I rritabi li tät • em ot ional e r Lab i l ität • Gewichtsverlust bei App e ti tsteige ru n g • Diarrhö • feucht-warmer Haut. Das TSH ist supprimiert bei erhöhtem totalem und freiem T4 u n d freiem T3 . Die Ursac h e sind m eist autoimmune Erkrankungen mit Anti-TS H- Rezep torantik örpern (thyreoidstim ul ierendes I m m u n g l ob ulin) , Anti-Thyreoglobulin-Antikörpern, a n ti mikrosomalen u n d Antiperoxidase-Antik örpern . We iterfü h rende Diagn ostik s i n d n eben der aus führlichen Fa milienanamn ese d i e So nogra p h i e und d i e )od - 123-Szintigrap hie. Hyperaldosteronismus
Der Hy p e ra ldo st e ro n i smus ist gekennzeich net d u rc h e in e n re n a l e n KaL i umverlust m i t A l k aLose bei einer arteriellen Hyperte nsion. Ein sekundärer H ype ra l d osteronismus l i egt bei einer erh öhten
Plasma-Renin-Aktivität vor und findet sich bei Aortenisthmusstenosen , extra- oder intrarenalen Stenosen der Nierenarterien, bei ren oparenchyma len N ierenerk rankungen oder bei den sehr selte nen ren i n pro du zi ere n den Tumoren. B ei m pri m ä re n Hyperal d ostero n ismus fin det sich eine niedrige bis normale Plasma-Renin-Akti vität U rsachen des primäre n H yperaldostero nismus sind d i e b i l aterale a d re n al e Hyperplasi e (Conn-Syndro m ) oder der d urch Dexamethason s u p p ri m i e rb a re Hyperald osteronismus, bei dem die A ldos te ro n p rodukt i o n i n der adrenalen Zona granulomatosa n icht wie üblich durch Angiotensin I I st i m u l i e rt wird, sondern wie in der Zona fascicu
lata d urch ACTH.
Lakritzabusus und Enzymdefekte
Eine e rn ied rigte Plasma- Ren i n -Aktivität und e i n niedriges Aldosteron bei Symptomen wie be im Hypera ldo stero nismus L i egt bei L ak ri tzabus u s u n d bei bestim mten En zym defekten vor. Die l l ß-Hydroxysteroid-Dehyd rogenase ist am Aldo steronrezeptor (Typ-1 -G luko kortikoid rezeptor) in den N ieren lol
li nker Arm
Anomalie A. subclavia sinistra
Herzkatheter
Blutdruckdifferenz linker < rechter Arm
A. subclavia dextra Aortenisthmusstenose
Blutdruckd ifferenz obere/untere Extremität
E c h o k ard io grap hi e Herzkatheter
----
Differenzialdiagnose der chronischen arteriellen Hypertonie bei zusätzlichen Befunden Charakterisie- weiterführende Neben- Verdachtsdiagnosen Bestätigung der symptoms
6 Hypertension
(Fortsetzung)
rung des Haupt-
befunde
Abdomen
beide N ieren vergrößert
Diagnose
ADPKD
Sonographie Familienanamnese Sonographie, Nierenbiopsie
ARPKD abdomineller Tumor
Nephroblastom Neuroblastom Hydronephrose
Sonographie, CT Sonographie, NMR Urinkatecholam ine, Sonographie Miktionszystourethrographie
Strömungsgeräusch
AV- Fistel Nierenarterienstenose m id-aortic-Syndrom
Doppler, Angiographie Doppler, Angiographie Angiographie
Genitale
adrenale Hyperplasie
1 1 ß-Hydroxylase-Mangel 1 7o:-Hydroxylase-Mangel
s. Abb. 6.5 s. Abb. 6.5
Urin
Hämaturie Proteinurie
chronische Glomerulanephritis
Sonographie ggf. N ierenbiopsie
Serum
Hyperkalziämie
idiopathische Hyperkalziämie Hyperparathyreoidismus Williams-Syndrom Malignom
evtl. PTH-related peptide i PTH Klinik, Deletion 7q1 1 .23Osteolysen ektopisches 1 ,25(0HbD, PTH-rp
Hyperkaliäm ie
Gordon-Syndrom
Polyzythämie
familiär
mit Hypoxämie
zyanotisches Herzviti u m Methämoglobinämie
Blutbild
J
E
0
......
Cl.
E
>. cn (l) c (l)
E
(l) 0')
7 mg/dl (1 .-2. Tag)
Anämie, Retiku lozytose Hämolysezeichen (LOH i, Haptoglobin .J,)
Blutgruppeninkompati bilität
Rh, ABO, Keil, Duffy u.a. bei Mutter und Kind, direkter und indirekter Coombs-Test
angeborene hämelytische Anämien
Enzymdefekte: Glucose-6Phosphat- Oehydrogenase .L, Pyruvatkinase .J" Hämoglobinopathien: H b-Eiektrophorese Membrandefekt Spektrin .J, osmot. Resistenz .J, Kugelzellen, Elliptozyten
(lcterus praecox)
rascher Anstieg und permanente starke Erhöhung des indirekten Bilirubins
langsamer Anstieg (4.-5. Tag) und verzögerter Abfall (> 1 0. Tag) des indi rekten Bilirubins
(lcterus prolongatus)
neurologische Auffälligkeilen familiäre Häufung
Typ 1: indirektes Bilirubin permanent über 20 mg/dl erhöht, keine Enzymaktivität im Leberbiopsiegewebe Typ II: indirektes Bilirubin permanent erhöht (8-22 mg/dl) Enzymaktivität vermindert, Bilirubinabfall auf Phenobarbitalgabe
gesunder, vollgestillter Säugling grau-zyanotischer Säugling mit Leukozytose oder Leukopenie
Sepsis
große Zunge, Muskelhypotonie, Myxödem
Hypothyreose
makrosomes Neugeborenes
Diabetes der Mutter
Anamnese und GTT bei Mutter Hypoglykämie und Hyperinsulinismus beim Kind
Medikamente (Chloramphenicol, Sulfonamide)
Hemmung der Glukuronidierung
Bilirubinabfall nach Absetzen der Medi kamente
Kephalhämatom, Hirnblutung u .a. Hämatome, Polyzythämie
vermehrter Bilirubinanfall
Sonographie, Blutbild
geblähtes Abdomen, Erbrechen, Stuhlverhaltung
intestinale Obstruktion: vermehrte enterale Rückresorption von Bilirubin
Sonographie, Röntgen: MDP u nd Kolonkontrast
Gi lbert -MeulengrachtSyndrom UGT1 A1
Fastentest Ausschlussdiagnose
familiäre Häufung permanente mäßige (4-6 mg/dl) Erhöhung des indirekten Bilirubins
70
Crigler-Najjar-Syndrom (G lukuronyltransferasemangel) UGT1 A1 Chro m : 2q37
Muttermilchikterus
Bilirubinabfall nach Abstillen für 3 Tage Erregernachweis im Blut, Urin, Liquor TSH I, fT3 und fT4 .J,
-
J
----
8 Ikterus
Differenzialdiagnose der unkonjugierten Hyperbilirubinämie bei älteren Säuglingen und Kindern CharakteriHsie-p weiterführende NebenVerdachtsdiagnosen DiBestätinogung der sy rung des au tm ptoms
indirektes Bilirubin erhöht (> 2 mg/dl)
befunde
ag
se
Haptoglobin L , LDH t Retikulozyten 1' , osmotische Resistenz L , Coombs-Test
Anämie, Splenomegalie
hämolytische Anämie
permanente mäßige Hyperbilirubinämie, Oberbauchschmerzen, familiäre Häufung
Gilbert-MeulengrachtSyndrom U GT1 A1
Fastentest Anstieg des Bilirubins nach 48-Std.Kalori enei nschränku ng
permanente starke i ndirekte Hyperbilirubinämie, Familiarität, evtl. neurologische Symptome
Crigler-Najjar-Syndrom U GT1 A1
Enzymbestimmung i n Leberbiopsiegewebe Typ I und I I , s. Tab. 8 . 1
CD
E
0
+-'
a...
E
� cn (1) c (1)
E
CD 0')
1 0 J ahre
Autoimmunhepatitis
Autoantikörper im Serum gegen Leberzellbestandteile nachweisbar (ANA, LMA, LKM, SLA, SMA, AMA). Histologie
Arzneimittelanamnese
Arzneimittelhepatose
positive Medikamentenanamnese, negative Hepatitisserologie
Intoxikationsanamnese
toxische Leberzellschädigung
Toxinnachweis
Hepatomegalie, erniedrigte 011 -Giobulinfraktion
C. (J) (]) c (])
E
Q) 0>
1 g/m 2 KO, Serumelektrophorese, Cholesterin und Triglyzeride i
Proteinurie
nephrotisches Syndrom
voluminöse Stühle, Hypalbuminämie, Steatorrhö
Malabsorption oder Maldigestions-Syndrom (Zöliakie, Mukoviszidose u. a.)
Dünndarmbiopsie, Endoskopie, Schweißtest
Infektanfälligkeit Dystrophie, Durchfälle
exsudative Enteropathie
Bestimmung des Eiweißverlustes durch 51 Cr-markiertes Albumin, a1 -Antitrypsin im Stuhl
Malnutrition, Dystrophie
Kwashiorkor
Anamnese
Aszites, Ikterus, abdominelle Venenzeichnung
Leberzirrhose
Leberfunktionstests (Cholinesterase, Quick u. a.), Leberbiopsie
Differenzialdiagnose von demen durch Hypervolämie und/oder Erhöhung des hydrostatischen Drucks terführende Charakteri sie- wei Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose Nebenbefunde rung des Hauptsymptoms Ö
prall-elastische Ö deme, zunächst meist pariorbital und in den abhäng igen Partien, später generalisiert
76
Hämaturie, Hypertension
Oligo-/Anurie
akute Glomerulanephritis
lnfektionsanamnese, ASL, C3-Komplement, Erythrozyturie, Proteinurie akutes N ierenversagen Urin produktion < 240 ml/m2/24 h, Kreatinin i , Harnstoff i chronisches Nierenversagen DD s. a. Kap. 71
Tachykardie, Hepatomegalie, Lungenödem
Herzinsuffizienz
neurologische Auffäll igkeilen, Meningitis
inadäquate ADH-Sekretion (Schwartz-Bartter-Syndrom)
Klinik, Echokardiographie, s. Kap. 55
Hyponatriämie, Plasmaosmolalität J , Urinosmolalität i i
Medikamente (VasoNebenwirkungen der dilatatoren, Antikonzeptiva, Medikamente M ineralo-Giukokortikoide, nichtsteroidale Antiphlogistika u. a.)
Rückbildung der Ö deme nach Absetzen der Medikation
exzessive Salz- und Wasserzufuhr, Ertrinkungsunfall
akzidentelle Salz- und Wasserintoxikation
Anamnese, Polyurie Aldosteron i
Hypertension
Conn-Syndrom
Stammfettsucht, Hypertension
Cushing-Syndrom
massive generalisierte Ödeme bereits intrauterin
Hydrops fetalis
Cortisol i Klinik
I
---
1 0 Zyanose
Differenzialdiagnose von Ödemen a g nd einer vermehrten Kapil arpermeabilität terführende Charakteri sie- wei Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose rung des HauptNebenbefunde symptoms uf
ru
�
meist symmetrisch lokal (Gesicht, Extremitäten), weißlich
Bauchschmerzen, Luftnot (Giottisödem), Rezidivneigung
hereditäres angioneurotisches Ödem
C1 -Esterasei nhibitor-M an gel
lokal oder generalisiert
Urtikaria, allergische Diathese, Rezidivneigung, positive Nahrungsmitteloder Medikamentenanamnese, Insektenstiche
allergisches Ödem angioneurotisches Ödem (Quincke)
spontane Rückbildung nach Allergen karenz, Nachweis spez. l g E im RAST-Test
symmetrisch l okal U nterschenkel, U nterarme, Gesäß
Petechien an Extremitäten und Gesäß
anaphylaktoide Purpura Schoenlein-Henoch
typische Klinik
generalisiert
Sepsis, Schock
Kapillarleck-Syndrom
Blutkultur, Klinik, RR t l
,
(])
E 0
�
Q.
E
� Cl) (]) c (])
E
(]) 0'> 50'Yo CO-Hb) eine Zyanose. ,
.
Formen
Ätiologisch kann zwi schen zentraler und periphe
rer Zya nose
d i fferenz iert werd e n , obwohl k l in isch eine U n te rs c h eidung i n d i esen Kategori e n meist
schwierig oder nicht mögl i c h ist. Dies ist be sonders beim N e ugeborenen d e r Fall:
77
P\
1 0 Zyanose
___ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
• Bei der zentralen Zya n ose liegt entweder eine U ntersättigung des arteriellen Blutes mit Sauer stoff oder ein abnormales Hämoglobinderivat vor. Sowohl die Schleimhäute als auch die Haut selbst zeigen dann eine zyanotische Verfärbung. • Bei der peripheren Zya nose ist die Sauerstoff sättigung des arteriellen Blutes normal, die sicht baren S chleimhäute sind rosig. Periphere Haut areale h ingegen erscheinen zyanotisch , bedi ngt einerseits durch einen vermi nderten Blutf1uss, z.B. bei Kälteexposition (Akro zyanose) oder S chock geschehen, andererseits d urch eine verstärkte Sau erstoffaufnahme peripherer G ewebe. H äufig bestehen M ischformen von peripherer u n d zentraler Zyanose, z . B . beim kardiogenen Schock mit nachfolgendem Lungenödem.
i; k Rationelle Diagno ;;s;.; ;.; t.;;.; ; .. ;;...
.....
_ _ _ _ _ _ _
Anamnese
78
Wesentliche anamnestische Hinweise sind bei Neu geborenen mit Zyanose dem Schwangerschafts und Geburtsverlauf zu entnehmen: Fruchtwasser menge, Infektionen in der Schwangerschaft, Zeit punkt des Blasensprungs, Fieber unter der Geburt. Aber auch das gänzliche Fehlen aller Risikofakto ren gibt wesentli che H inweise auf die Ätiologie der Zyanose. Wichtig zu erfragen ist, ab wann die Zya n ose beobachtet wurde, ob eine Asphyxie bestand oder mekoniumhaltiges Fruchtwasser aspiriert wur de, ab wann Symptome eines Atemnotsyndroms auffielen und wie das Tri nkverhalten des Kin des war. Eine Zyanose bei gleichzeitig vorliegenden Hinweisen für ein Atemnotsyndrom spricht für eine primär pulmonale Störung, bei gleichzeitiger Schocksymptomatik für ein septisches oder meta bolisches Geschehen, aber auch für ein Vitium cor dis mit Herzinsuffizienz und bei eher unauffälliger Klinik für ein zyanotisches Vitium cordis oder für das Vorliegen abnormaler Hämoglobinderivate. Bei S äuglingen, Klein- und Schulkindern mit unklarer Zyanose sind stets die Umstände, unter denen d iese beobachtet wurde, zu erfragen. Hierzu zählen Bewusstseinszustand, Hydrationsgrad, Er b rechen, Durchfälle, Kreislaufsituation , Medika menteneinnahme, bekanntes Vitium cordis, vor ausgegangen e Herzoperationen, vorbestehende Atemwegserkrankungen o der angeborene Fehlbil d ungen der Atemwege, Erkrankunge n des Z N S (z.B. hirnorgan isches Anfallsleiden) , neuromusku läre Erkrankungen (z.B. Myopathien ) , renale Er krankungen ( z . B . nephrotisches Syndrom, arte rielle Hype1iension), hämatologische Erkrankun gen ( z. B . M ethämoglobinämie) oder vaskuläre Er krankungen (z.B. Raynaud-Phänomen ) . Hervorzuheben ist, dass eine Zyanose eher sel ten als ein isoliertes Symptom beobachtet wird . In
den meisten Fällen finden sich H inweise in der Anamnese und Klinik, die eine weitere ätiologi sche Differenzierung ermöglichen. Körperliche Untersuchung
I
Die körperliche Untersuchung, dies gilt beson ders für Früh- und Neugeborene, sollte unter optimalen Beleuchtungsverhä ltnissen erfolgen. Licht mit hohem Blauanteil erschwert die Beurteilung.
I
Bei Patienten mit sehr dunkler Hautfarbe ist eine Zyanose oftmals n ur an der Zunge zu er kennen. Ist die U ntersättigung mit Sauerstoff nur gering, l
bei 1 00% 02:
Am ehesten angeborener zyanotischer Herzfehler. Besonders dann wahrschein l ich, wenn außer einer moderaten Tachypnoe keine Zeichen eines Atem notsyndroms vorliegen, der pC02 normal oder er niedrigt und der arterielle Blutdruck normal ist. I n Frage kommen: D-Transposition der großen Arte rien , totale Lungenvenenfehleinmündung, Trikus pidalatresie und Ebste in-Anomalie, Pulmonal atresie mit Ventrikelseptumdefekt, hochgradige Pulmonalstenose, ausgeprägte Fallot-Tetralogie.
Zya n ose mit klinis chen Zeichen des kongesti p a 02 < 1 50 m m Hg bei 100% 02 (pa C02 normal bis erhöht): ln der Regel •
ven Herzversagens u n d
findet sich ein erhöhter pulmonaler B lutfluss (Lungenödem) mit Kard iomegalie. In Frage kom men : hypoplastisches Linksherzsyndrom, Truncus a11eriosus. • Zya nose m it klin ischen Zeichen des A temnot
syndro m s u n d u . U. dem B ild einer L u n ge n e r
k ranlw ng in der R ö n tgena ufnahme des Thorax mit einem p a 02 > 1 00-1 50 m m i-lg bei 1 00% 02 (pC02 norma l bis erhöht) : In Frage kommen: pri
märe Lungenerkran kungen, Atemwegsobstruk tion, thorakale Raumforderungen oder Ergussbil dung, Läsionen d e s zentralen Nervensystems, neu romuskuläre Erkrankungen , S e ps i s u n d M ulti o rganvers agen , neonatale metabolische Katastro phen.
• Zya n ose m i t norma lem pa02 (bei 1 00 % 02 pa02 > 200 m m /-Jg) : l n Frage kommen: M eth ä m o globinämien ( Hämoglob i n opat h i e n , N i t r it,
Anilin Farben, Prilocain), Polyzythämie, periphere Vaso konstri ktion be i Kä lteex p osit i on .
79
1 0 Zyanose
__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
Zyanose bei Früh- und Neugeborenen klinisches Atemnotsyndrom
,_.
Röntgen-Thorax
I
I
unauffällig
Abb. 10.1
Hype roxielest Fi02 1 ,0
l< norm al pa02 > 1 50 mmHg
pathologisch pa02 N
Labor: organische Säuren im Urin i , Glutaryi-CoA-Dehydrogenase-Aktivität in Fibroblasten l; Molekulargenetik: 1 9p 1 3.2; GCDH Labor: N-Acetylaspartat in Plasma und Urin i; Aktivität der Aspartoacylase in Fibroblasten l; Molekulargenetik: 1 7pter-p1 3 ; ASPA; MRT Leukoenzephalopathie; M AT-Spektroskopie
93
1 2 Makrozephalus
_ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
Differenzialdiagnose des Makrozephalus bei Megalenzephalie rung des Haupt- befunde
(Fortsetzung)
Verdachtsdiagnosen
Bestätigung der Diagnose
1 .-6. Lebensmonat; Hyperexzitabilität, Hypo-/Areflexie, Spastik, zentrale Dysregulation, Regression , Anfälle, Hörstörun g , Optikusatrophie
G loboidzeii-Leukodystrophie (Morbus Krabbe)
Labor: Aktivität der Galaktosyl-
ceramid-ß-Galaktosidase 1, Liquoreiweiß i; Molekulargenetik: 1 4q31 ; GALC; NLG l; CT: Leukodystrophie
3 .-1 2. Lebensmonat; Regression, Hypotonie, Hyperreflexie, Hyperakusis, Anfäl le, Fundusveränderungen, Hepatosplenomegalie, Dysostosis multiplex, Dezerebration
GM2-Gangliosidose (Tay-Sachs-Krankheitl M. Sandhoff)
Labor: Aktivität von Hexosami n i-
1 .-2. Lebensjahr; neurologisch unauffällig, perzentilenkonforme Wachstumskinetik, Familiarität
asymptomatische familiäre Megalenzephalie
Ausschlussdiagnose; Verlaufsbeobachtung
Charakterisie-
weiterführende Neben-
symptoms
(Manifestationsalter)
Megalenzephalie ohne Skelett-/ Hautanomalien
symptomatische 1 .-2. Lebensjahr; Teilleistungsstörungen, zentrale Dysregulation, familiäre Megalenzephalie Retardierung, Familiarität 1 .-2. Lebensjahr; Regression, Tetraspastik, epileptische Anfälle,
Alexander-Krankheit (infantile Form)
Bulbärparalyse, Tetraspastik,
metachromatische
Leukodystrophie (Greenfield-Syndrom)
epileptische Anfälle, Fundusveränderungen
Differenzialdiagnose des Makrozephalus bei Makrokranie rung des befunde
MRT: progressive, frontal
betonte Leukodystrophie; Labor: Arylsulfatase A im Urin i,
Liquoreiweiß i, Arylsulfatase-AAktivität in Serum, Urin, Leukozyten u. Fibroblasten 1; Molekulargenetik: 22q 13 .31 -qter; ARSA; MRT: Demyelinisierung
Bestätigung der
CharakterisieHauptsymptoms
weiterführende Neben-
Makrokranie ohne begleitende Skelettfeh Ib ildungen
Blässe, Leistungsabfall, Blutungs- chronische Anämie neigung, Hepatosplenomegalie, (z.B. Thalassämie) infektgetriggerter krisen hafter Verlauf
Labor: Blutbild, Ausstrich, Hb-
M akrokranie mit Skelettdysplasie
primordialer Kleinwuchs; faziale/aurikuläre Dysmorphien, Robin-Sequenz, Hypotonie, Lungenhypoplasie, Ateminsuffizienz
kampomele Dysplasie
Rö.: Fehlen der distalen Femur-
primordiale Dystrophie; Retardierung, Brachymesophalangie, Dubois-Zeichen, Skoliose, Klinodaktylie, kraniofaziale Dysmorphie, Cafe-au-lait-Fiecken
Silver-Russei-Syndrom
Verdachtsdiagnosen
Diagnose
(Manifestationsalter)
bei Geburt; kraniofaziale Dysmorphien, prä-/postaxiale Polydaktylie, Syndaktylie 2.-4. Finger, Intelligenz normal 1 .-6. Lebensmonat; Dolichozephalie, H irnnervenausfälle, Nasenwulst, mandibuläre Hyperplasie, Dentitionsanomalien
94
Verlaufsbeobachtung; Ausschluss von Stoffwechselkrankheiten
Hirnbiopsie: Rosenthai-Fasern; Molekulargenetik: 1 7q21 ; GFAP
Hydrozephalus, Gedeihstörung 1 .-2. Leben sj a h r ; Sprachstörungen, Regression, Ataxie,
dase A in Serum, Leukozyten, Fibroblastenkultur l; GM2Gangliosid i in Nervenzellen der Rektumschleimhaut, Speicherzellen im KM; Molekulargenetik: 1 5q23-q24; HEXA
Elektrophorese, osmotische Resistenz, Knochenmarkpunktion
und proximalen Tibiaepiphyse, Hypoplasie der Scapulae, Claviculae und Fibulae
Greig-Zephalo-
typisches klinisches Bild;
Molekulargenetik: 7p1 1 .2; ?
typisches klinisches Bild;
polysyndaktylie
Molekulargenetik: 7p1 3; GLI3
kraniometaphysäre Dysplasie
Rö.: Sklerose der Schädelbasis
mit Obliteration der N N H ; beim Säugling diaphysäre Verdickungen, später metaphysäre Auftreibungen
----
Differenzialdiagnose des Makrozephalus bei Makrokranie terführende NebenCharakteri sie- wei Verdachtsdiagnosen Bestätigung befunde rung des Hauptsymptoms (Manifestationsalter)
1 2 Makrozephalus
Makrokranie mit Skelettdysplasie
Osteopetrose frühes Säuglingsalter; Augen(Marmorknochenstörungen, Dystrophie, krankheit) Retardierung, Panzytopenie, Hepatosplenomegalie, H irnnervenparese, Knochenbrüchigkeit 3.-6. Lebensmonat; MarfanZeichen, pastöses Aussehen, Hyperhidrosis, Hypotonie, Obstipation, rachitischer Rosenkranz, Kraniotabes, Harrison-Furche
Vitamin-D-MangelRachitis
E
(1)
(Fortsetzung)
+-"
der Di
(/) � (/)
ag os n
e
Rö.: Knochendichte i; Labor: Anämie, Ca J.. , P J.. ; Molekulargenetik: AD: 1 1 q1 3.4/1 6p1 3; AR: 6q2 1 ; Rez . : 1 6p 1 3/1 1 q 1 3 . 4-q 1 3.5
typisches klinisches B ild; Labor: Ca J.. bis normal, aP i, Calcitrial J.. ; Rö.: Knochendichte J.. , Metaphysen verbreitert
1 . Lebensjahr; HepatomeMannosidose galie, Retardierung, Schwerhörigkeit, Dysostosis mu ltiplex, Augenveränderungen, I nfektanfälligkeit
Labor: a-Mannosidose-Aktivität
2 . Lebensjahr; Kleinwuchs, rachitische Beindeformität , Gangstörung, Osteomalazie
familiäre hypophosphatämische Rachitis
Labor: Ca, Calcitrial und Parat-
spätes Kleinkindesalter; Hi rnnervenparesen, Syndaktylie, Klinodaktylie
Skierostease
� B �
(1) c C'Ö
:I... +-"
c (1) N
in Fibroblasten J.. , vakuolisierte Lymphozyten; Molekulargenetik: 1 9cen-q 1 2; ADM hormon o.B.; P J.. ; Rö.: Knochend ichte J.. ; Vitamin-D-Resistenz;
Molekulargenetik
Rö.: Hyperostase und Sklerose der Schädelknochen (v.a. Kalotte und Unterkiefer), Kortikalisverdickung der Röhrenknochen; Molekulargenetik: 1 7q 1 2-q2 1 ; SOST
Differenzialdiagnose des Makrozephalus bei Hydrozephalie Verdachtsdiagnosen Bestäti weiterführende Nebengung Charakteri sie- befunde Di a gnose rung des Hauptsymptoms (Manifestationsalter) Hydrocephalus obstructivus
der
_j
bei Geburt; Arnold-Chiari-Malformation Typ 2 oder 3, Wirbelspaltbildung mit subduraler/subarachnoidaler Herniation von Meningen und Rückenmark
Meni ngomyelozele
typische Klinik und Bildgebung
bei Geburt; weitlumige echofreie Liquorareale, extreme Reduktion des Hirnparenchyms mit Resten im Bereich von Hirnstamm, Kleinhirn und Falx cerebri
Hydranenzephalie (z.B. Holoprosenzephalie, extreme Hydrozephalie, Porenzephalie)
typischer radiologischer/ sonegraphischer Befund; zur DD: Szintigraphie, Doppler-Sonographie, A ngiographie, N M R
erste Lebensmonate; Aquäduktstenose oder Dandy-Wal ker-Syndrom, Lissenzephalie, Augenanomalien
Walker-WarburgSyndrom
typische Klinik und B ildgebung
1 .- 1 2 . Lebensmonat; asymmetrische Erweiterung der Seitenventri kel
Verschluss des Foramen Monroi (z. B . nach i ntraventrikulären B l utungen oder bei raumfordernden Prozessen)
Anamnese und typische Bildgebung
1 .-1 2. Lebensmonat; 1 .-3. Ventrikel i , Herniation von Kleinh irntonsillen. Kleinhirnwurm und 4. Ventrikel, kaudale Dystopie von Pons und Medulla i m Foramen magn u m , lethered cord
1 .-1 2. Lebensmonat; 1 .-3. Ventrikel i , Herniation von Kleinhirntonsillen, Kleinhirnwurm und 4. Ventrikel, kaudale Dystopie von Kleinhirntei len und Medulla i n zervikale Meningozele
Arnold-Chiari-Fehlbildung typischer radiologischer/ (Typ 2) sonegraphischer Befund
Arnold-Chiari-Fehlbildung typischer radiologischer/ sonegraphischer Befund (Typ 3)
95
1 2 Makrozephalus
-----
Differenzialdiagnose des Makrozephalus bei Hydrozephalie gung der Charakteri sie- befunde Verdachtsdiagnosen DiBestäti weiterführende Nebena gnose rung des Haupt· symptoms (Manifestationsalter) (Fortsetzung)
Hydrocephalus obstructivus
1 .-1 2. Lebensmonat; Kurzhals, reduzierte Nackenbeweglichkeit Arnold-Chiari-Anomalie, Platybasie, basilare I mpressionen, Tiefstand von Ohren und Nackenhaargrenze, Hörstörung, Gaumenspalte, Arthropath ia neurotrophica
Kli ppei-Feii-Syndrom
typische Klinik und B i ldgebung; Molekulargenetik: 8q22.2; SGM 1
bis 24. Lebensmonat; 1 .-3. Ventrikel normal bis i, zystische Erweiterung des 4. Ventrikels, Kleinhirnaplasie
Dandy-Walker-Syndrom
typischer radiologischer/ sonegraphischer Befund
Aquäduktstenosei -atresie
typischer radiologischer/ sonegraphischer Befund
Vena-Galeni-Malformation
typischer radiologischer Befund
Arnold-Chiari-Fehlbildung (Typ 1 )
typischer radiologischer/ sonegraphischer Befund
Tage bis Wochen nach intra-/periventrikulärer Blutung Grad 1 1 1-IV, Frühgeburtlichkeit, progressive neurologische Störungen
posthämorrhagischer Hyd rozephalus
Anamnese
Wochen bis Monate nach i nfektiösen, traumatischen oder toxischen I nsulten, Gefäßanomalien; progressive Entwicklungsverzögerung, häufig nur geringe Makrozephalie
Hydrocephal us e vacuo
Anamnese; Bi ldgebung
Hydrocephalus malresorptivus (z.B. bei Venen-/Sinusthrombose)
Anamnese (Risikofaktoren: Dehydratation, Mangelernährung, kong. Herzfehler, Fieber, Hyperkoagulabilität); Bildgebung
2.-5. Lebensjahr; primordialer Kleinwuchs, Mikromelie, Hypotonie, Dreizackhand, basilare I mpressionen, nur mäßige Erweiterung der inneren und äußeren Liquorräume
Achondroplasie
typischer klinischer
unspezifisch: progrediente Kopf_ schmerzen, Ubelkeit, Erbrechen, Lethargie, Wesensveränderungen, zerebrale Anfälle
Hydrocephalus hypersecretorius (z.B. bei Papillom des Plexus chorioideus oder akuter Meningitis)
Bildgebung, Angiographie
unspezifisch ; Kopfschmerzen, Ü belkeit, Erbrechen, Lethargie, Wesensveränderung, rasche Progredienz multifokaler neurologischer Störungen
neoplastische M etastasierung/lnfiltration von Meningen und/oder Su barachnoidal rau m
Bildgebung: Klinik; Labor
erste Lebensjahre; 1 .-3. Ventrikel i bis 1 0. Lebensjahr; kraniales Strömungsgeräusch, Herzinsuffizienz, 1 .-3. Ventrikel i, kontrastanreichernde Raumforderung dorsal des Aquaeductus cerebri späte Kindheit; 1 .-3. Ventrikel i, Herniation der Kleinhirntonsillen
Hydrocephalus communicans
�_.-3. Lebensjahr; Kopfschmerzen, Ubelkeit, Erbrechen, Abduzensparese, Papil lenödem
96
Befund;
Molekulargenetik: 4p1 6.3;
FGFR3
----
1 3 Mikrozephalus
1 3 M ikrozephalus M ichael A . Ü berall
Die Mikrozephalie ist definiert als ein Kopf umfang, der - unter Berücksichtigung von Ge schlecht, ethnischer Zugehörigkeit u n d korrigier tem Gestationsalter - unterhalb der 3. Perzentile liegt. D i e primä re Mikrozephalie ist d urch eine i n den ersten 7 S chwangers c h a ftsm o naten verursach te Anlagestörung der H irnentwicklung gekenn zeichnet (z.B. durch familiäre Faktoren, Embryo-/ Fetopathien, Chromosomenaberrationen, dysmor phogenetische Sy ndro m e Traumen, Medikamente, Toxine) , während sich d i e sekundäre Mikro zephalie auf eine Schädigung des in der Anlage gesunden Gehirns nach dem 7. Monat bezieht (z. B . durch Infekti o nen, peri nata l e Hyp-/Anoxie, Tra u m a , Hypoglykämie, Mangelernähru n g oder chronische Erkrankungen) . Unter einer mikroze phalen Entwicklung versteht man eine pathologi sche Wachstumskinetik , die durch ein Absinken der Wachstumsgeschwindigkeit und ein Absche ren der Kopfumfangskurve unter den b islang ein genommenen Perzentilenbereich gekennzeichnet ist. Einen Anhaltspunkt für die B eurteilung des Kopfwachstums gibt die Wachstumsgeschwindig keit des Kopfumfanges. Als Norm gelten: • 1 .-3 . M onat: 2 cm/Monat • 4 .-6. M onat: 1 cm/Monat • 7 .-12. Monat: 0,5 cm/Monat. D ie Größe der vordere n Fontanelle bei Geburt (Norm : 0,6-3,6 cm) , der Zeitpunkt i h res Ver schlusses ( Norm: zwischen dem 6. und 20. Monat) und i nsbesondere der Vergleich mit geeigneten Perzentilenkurven geben weitere Hi nweise auf eine m ikrozephale Entwicklung. Die M ikrozephalie ist für die klinische Routine ein sensitives, im G egensatz zur Makrozephalie überaus h äufiges und völlig unspezifi sches Sym ptom, das in der M eh rza hl der Fälle durch ein vermindertes H irnwachstum (Mikroenzepha lie) verursacht wird. Die G ründe hierfür sind außeror dentlich vielfältig und umfassen neben einer Viel zahl angeborener und erworbener kindl icher Er krankungen auch zah l rei che matemale Fa kt o ren , deren Einfluss insbeson dere in der Phase der Or ganogenese während der ersten Schwangerschafts wochen zu einer intrauterinen Fruchtschädigung mit kons e k ut i ve r M i k rozephalie führen kan n (z.B. Infektionskrankheiten, Stra hlenexposit i o n , Dia betes mellitus, Urämie, PKU, Mangelernährung, CO-Intoxikation, Medikamenten-/Zigaretten-/ Al kohoi-/Drogenabusus). Darüber hinaus treten viele ,
Fälle sporadi sch, o hne Nachweis eines spezifi schen Pathomechanismus oder fam iliär gehäuft auf u n d können i m einzelnen nur schwer nach weisbaren autosomalen, gonosomalen, rezessiven, dominanten oder polygenen E rbgängen folge n . Nur selten i s t d i e M ikrozephalie extrazerebraler Natur u n d d urch den vorze it i gen Verschluss der Schädelnähte bedingt (I N
Die Rechtfertigung für derart umfangreiche Unter suchungsverfahren bei einem therapeutisch nur selten kausal behandelbaren Symptom beruht auf dem Bestreben, das Wiederholungsrisiko und die zu erwartend e Entwicklung abschätzen zu kön nen. Sind letztlich alle erhobenen Untersuchungs ergebnisse unauffällig, gibt es weitere mikrozepha le Familienmitglieder und bleiben die Kinder auch im Verlauf asymptomatisch, so kann von einer be nignen familiären Mikrozephalie als Normvarian te der unteren 3 % des Kopfumfangsspektrums aus gegangen werden. Differenzialdiagnostische Tabellen
Aufgrund der heterogenen Ätiologie der M ikroze phalie können die nachfolgenden DD-Tabellen naturgemäß nur einen Teil des möglichen Ursachenspektrums erfassen. Wegen der Proble matik der Familienberatung werden vor allem chromosomale und n ichtchromosomale Dysmor phiesyndrome beschrieben, die typischerweise mit einer Mikrozephalie einhergehen und ein erhöhtes Wiederholungsrisiko beinhalten.
3-D-Rekonstruktion einer Schädei -CT-Untersuchung bei einem 1 4 Monate alten Jungen m it Dol ichozephalus bei prämaturer Synostose der Sagittalnaht
99
-
1 3 Mikrozephalus
------
Differenzialdiagnose der Mi k rozephalie mit Kleinwuchs Charakteri sie- weiterführende Nebenbefunde rung des Hauptsymptoms Mikrozephalie, primordialer Kleinwuchs, Retardierung
epileptische Anfälle, Gesichtsdysmorphien, Augenanomalien, U rogenitalfehlbildungen, Herzfehler
Wolf-HirschhornSyndrom
Molekulargenetik: 4p1 6.3; WHSC- 1 6
Ekzeme, Hypotrichosis, Gesichtsdysmorphien, Finger-/Ohranomalien, Fütterungsprobleme
Dubowitz-Syndrom
typisches klinisches Bild
epileptische Anfälle, Hypertrichosis, Gesichtsdysmorphie, rezidivierende Infektionen, Aplasie/Hypoplasie des 5. Fingers, Hypotonie
Coffi n-Siris-Syndrom
Molekulargenetik: t(7;22) (q32;q 1 1 .2)
LKG-Spalte, Gesichtsdysmorphie, Radiushypoplasie, Syndaktylien
Juberg-HaywardSyndrom
typisches klinisches Bild
kraniofaziale Oysmorphien, Gaumenspalte, Schmelzdefekte, verzögertes Knochenwachsturn
Seckei-Syndrom
typisches klinisches Bild; Molekulargenetik: 1 4q21q22/1 8p1 1 .3 1 -q 1 1 .2 ; SCKL1 -3
Augenanomalien, Hypotonie, Gesichtsdysmorphien, Arachnodaktylie
Kaufman-Syndrom
typisches klinisches Bild
Herzfehler, Gedeihstörung, epileptische Anfäl le, Fütterungsschwierigkeiten
Kokainembryopathie
Anamnese
kraniofaziale Dysmorphien, epileptische Anfälle, Hypotonie, Ernährungsstörung , Herzfehler, Urogenitalanomalien
Alkoholembryopathie
Anamnese
kraniofaziale Dysmorphien, Herzfehler, Genitalanomalien, Dysarthrie
Trimethadion-Embryopathie
Anamnese
akro-/kraniofaziale Dysmorphien, LKG-Spalte, MMC, Herzfehler
Antiepileptika-Embryopathie
Anamnese
Exophthalmus, Schwerhörigkeit, epileptische Anfälle, Hyperaktivität, Gesichtsdysmorphien
Pitt-Syndrom
typisches klinisches Bild
Extremitätenanomalien, Gedeihstörung, Urogenitalfehlbildungen, M uskelhypertonie, Dysarthrie, Synophrie
Oe-Lange-Syndrom
typisches klinisches Bild; Molekulargenetik: 5p1 3 . 1 ; NIPBL
Gesichtsdysmorphien, Herzfehler, epileptische Anfälle, Nierenanomalien
partielle Trisomie 3q
Molekulargenetik
Gaumenspalte, Herzfehler, Hypotonie, Genitalanomalien, Holoprosenzephalie
7q--Syndrom
Molekulargenetik
Gesichtsdysmorphien, Herzfehler, prominentes H interhaupt
Bp--Syndrom
Molekulargenetik
ZNS-Fehlbildungen, Gesichtsdysmorphien, Analatresie, Skelettfehlbildungen , Urogenitalanomalien, epileptische Anfäll e
1 3q - -Syndrom
Molekulargenetik
Gesichtsdysmorphien, Arrhinenzephalie, LKG-Spalte, Herzfehler, M ikrophthalmie, Polydaktylie, Hämangiome, Kopfhautdefekte
Trisomie 1 3
Molekulargenetik
Trisomie 1 8
Molekulargenetik
Gesichtsdysmorphien, Makroglossie, Organanomalien, Gelenküberstreckbarkeit, Hypotonie, Brushfield-Spots, Mongol ismus
Trisomie 2 1
Molekulargenetik
Gesichtsdysmorphien, Herzfehler, Mikrodontie, Fundusanomalien, Urogenitalfehlbildungen
Williams-BeurenSyndrom
Molekulargenetik: 7q1 1 .2; Elastin
Fingerkontrakturen, Radiusaplasie, Gesichtsdysmorphien, Urogenitalanomalien, Ösophagusatresie
1 00
Verdachtsdiagnosen DiBestäti agnosegung der
-------
Differenzialdiagnose der Mikrozephalie mit Kleinwuchs Sarakteri sie- weiterführende Nebenbefunde rung des Haupt· symptoms M ikrozephalie, postnataler Kleinwuchs, Retardierung
1 3 Mikrozephalus
Verdachtsdiagnosen Bestäti Di gnosegung der
----,
a
Photodermatose, Katarakt , Retinadegeneration, Hypertonie, Hörstörungen, Nephrose
Cockayne-Syndrom (Pelizaeus-Merzbacher-Synd rom Typ VI)
typisches klinisches B ild; CTIMRT: Leukodystrophie; Molekulargenetik: 1 Oq1 1 ; ERCC-G
Gesichtsdysmorphien, Spastik, Hypotonie, Athetose, epileptische Anfälle, akzessorische Mamillen
Kaveggia-Syndrom
typisches klinisches Bild; Molekulargenetik
Progerie, Pigmentanomalien, Hörverl ust, Gesichtsdysmorphien, Hepatomegal ie, Hypotrichosis
Mulvihiii-SmithSyndrom
typisches klinisches Bild
Hypotonie, Daumenanomalien, Gesichtsdysmorphien, Herzfeh ler, Urogenitalanomalien, rezidivierende I nfektionen
Rubinstein-TaybiSyndrom
Molekulargenetik: 1 6p1 3.3; CREBBP
Retinopathie, Arachnodaktylie, Cutis marmorata
M i rhosseini-HolmesSyndrom
typisches klinisches Bild
Gesichtsdysmorphien, Prognathie, N ieren-/Herzanomalien , Trichterbrust, Pigmentanomalien, Klinodaktylie
Mutchinik-Syndrom
typisches klinisches Bild
Gesichtsdysmorphien, Hautanomalien, Lissenzephalie
Mil ler-DieckerSyndrom
Molekulargenetik: 1 7p1 3.3; TMAP
Gesichtsdysmorphien, Hypertelorismus, typisches Schreien
Cri-du-chat-Syndrom (sp--Syndrom)
Molekulargenetik
faziale Teleangiektasien, Photodermatitis, Kieferhypoplasie, Immunglobuline J.. , Neoplasierisiko i
Bloom-Syndrom
Molekulargenetik: 1 5q26. 1 ; DNA-Helicase
Differenzialdiagnose der Mikrozephalie mit Skelettanomalien Verdachtsdiagnosen Bestäti gung der Charakteri sie- weiterführende Nebenbefunde Di a gnose des Haupt�ung symptoms Mikrozephalie, Skelettanomalien, Retardierung
E
Q) (/) � (/)
-t-J
(Fortsetzung)
� B c
Q) c (lj
: -t.J
c Q) N
�
_j
Mikro-/Anophthalmie, Blepharophimose, Gesichtsdysmorphien, Kamptodaktylie, Gelenkkontrakturen, Osteoporose, Hypotonie
COFS-Syndrom
typisches klinisches Bild; Molekulargenetik: 1 Oq1 1 ; ERCC-G
kraniofaziale Dysmorphien, Urogenitalanomalien, postaxiale Polydaktyl ie, Herzfehler, ZNS-Fehlbildungen, epileptische Anfälle, Hypotonie, Ptosis, Kleinwuchs
Smith-Lemli-OpitzS yn d ro m
Labor: 7-Dehydrocholesterin-Reduktase-Aktivität J.., Serumcholesterin J.. , 7- Dehydrocholesterin i; Molekulargenetik: 11 q 1 2q 1 3 ; DHCR-7
Kleinwuchs, Gesichtsdysmorphie, Gelenkfehlbi ldu ngen, Herzfehler, LKG-Spalte, Nierenanomalien, Syndaktylie, Klumpfuß
Tetrasomie 9p
Molekulargenetik
Kyphoskoliose, Finger-/Gesichtsdysmorphien, Hypotonie
Coffin-LowrySyndrom
Molekulargenetik: Xp22.2p22. 1 ; RPSGKA-3
Dys-/Aplasie des Daumens/Radius, Arthrogryposis, Phokomelie, bilaterale LKG-Spalte, Urogenitalanomalien
Roberts-Syndrom
typisches klinisches Bild
Hirnfehlbildungen, epileptische Anfälle, Chorioretinopathie, Mikrophthalmie, kostovertebrale Fehlbildungen
Aicardi-Syndrom
typisches kli nisches Bild; Molekulargenetik: Xp22 ; SOM
Endphalangenfehlbildungen, Gesichtsdysmorphien, Kleinwuchs, H erzfehler
4q·-Syndrom
Molekulargenetik
Gaumenspalte, Gesichtsdysmorphien, Genitalanomalien, Herzfehler
4 p--Syndrom
Molekulargenetik
1 01
1 3 Mikrozephalus
------
DiFehlfferenzi aldiagnose der Mikrozephalie ohne begleitende Wachstumsverzögerung oder skelettale bildungen gung der Verdachtsdiagnosen Bestäti Charakteri sie- weiterführende Nebenbefunde Di a gnose rung des Hauptsymptoms Mikrozephalie
typisches klinisches Bild;
weiblich, Entwicklung im 1 . Lebensjahr o.B., Regression, Verlust des H andgebrauches, Anarthrie, Gangapraxie/-ataxie, epileptische Anfälle
Rett-Syndrom
Gesichtsdysmorphien, Hypomelanosis, Hyperkinesie/-reflexie, epileptische Anfälle, Ataxie, Lachanfälle
AngelmanSyndrom
Molekulargenetik: Xq28/
Gaumenspalte, Mikrophthalmie, Gesichtsdysmorphien, Herzfehler, Hypotonie, Ohranomalien
Retinoidembryopathie
Anamnese
Augen-/Ohrfehlbildungen, Herzfehler, Schwerhörigkeit, u.U. Retardierung
Rötelnembryopathie
Anamnese; Serologie
Ataxie, Retardierung, Genitalhypoplasie, Paresen, Xeroderma pigmentosum
De-SanctisCacchioniSyndrom
typisches klinisches Bild; Labor: gelegentlich 1 7 -Ketosteroide und 1 7 -Hydrokortikosteroide im Serum i
H iatushernie, Nephrose, Hypotonie
GallowaySyndrom
typisches klinisches Bild
Paraspastik, Optikusatrophie, epileptische Anfälle, Gedeihstörung
Paine-Syndrom
Labor: Hyperaminoazidurie, Aminosäuren im Liquor 1',
Paraspastik, Choreoathetose, Ataxie, Retardierung, Nystagmus, Dysarthrie, epileptische Anfälle
PelizaeusMerzbacherSyndrom (Typ I)
CT/MRT: Leukodystrophie; Molekulargenetik: Xq22/
Molekulargenetik: Xq28; M ECP2
1 5q1 1 -q 1 3; UBE3A
1 q41 -q42; PLP1
Differenzialdiagnose der sekundär-destruktiven Mikrozephalie Crungharakteri sie- weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen des Hauptsymptoms Mikrozephalie
1 02
Manifestationsalter: 1 .-3. Lebensmonat; multifokale zystische Degeneration, Enzephalomalazie, Porenzephalie, gliöse Narbenbildung, narbige Fehlbildungen, intrakranielle Verkalkungen, epileptische Anfälle, Zerebralparese, Retardierung
Z.n. intrauteriner Schädigung durch Genuss-/Rauschgifte, Med i kamente, Kohlenmonoxid, Radioaktivität
DiBestäti agnosegung der Anamnese; Iaborchemische U ntersuchungen der Mutter
Z.n. perinataler Hypoglykämie
Anamnese
Z.n. perinataler Dehydratation
Anamnese
zusätzl ich u . U . Frühgeburtlichkeit; Risikoschwangerschaft bei Blutgruppenunverträglichkeit; prolongierte Geburt; pathologischer Apgar, Anpassungsstörung
Z.n. perinataler Ischämie oder Hyp-/Anoxie mit hypoxischischämischer Enzephalopathie
Anamnese; Labor
zusätzlich u.U. M akrosomie
Z.n. perinataler Intoxikation d u rch matemale Stoffwechselprodu kte (z. B. bei Diabetes, PKU, U rämie)
Anamnese; Stoffwechsel untersuchungen bei der M utter
zusätzlich u. U. äußerlich sichtbare Verletzungen
Z.n. perinatalem Trauma
Anamnese
zusätzlich u.U. Hepatosplenomegalie, lcterus praecox/prolongatus, Dystrophie, Thrombozytopenie, Hörstörung, Augenanomalien
Z.n. perinataler I nfektion (z.B. HSV, CMV, VCV, H IV, Rubella, Toxoplasma gondii, Treponema pal lidum, Streptokokken B etc.)
Anamnese; klinischer Befund; mikrobiologisehe/virologische Untersuchungen
---
Differenzialdiagnose der sekundär-destruktiven Mikrozephalie Charakte isie- weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen des Hauptsymptoms
1 3 Mikrozephalus
rung
Q)
Bestäti Diagnosegung der
r
M ikrozephalie
zusätzlich: intrauterine Dystrophie
M ikrozephalie
-
Z.n. perinataler Mangelernäh rung (z. B . bei Plazenta insuffizienz oder chronischer Erkrankung der Mutter)
Anamnese; mütterliche U ntersuchung
Z.n. postnataler Meningitis, Enzephalitis
Anamnese; Serologie
zusätzlich u.U. äußerlich sichtbare Verletzungen
Z.n. postnatalem Schädel-Hirn Trauma
Anamnese
Manifestationsalter: erste Lebens jahre; allgemeine Dystrophie mit Minderwuchs
Z.n. chronisch konsumierenden Erkrankungen, chronische Fehl-/Mangelernährung
Anamnese; je nach weiteren Symptomen weiterführende Diagnostik
Differenzialdiagnose der intrauterin erworbenen Mikrozephalie Verdachtsdiagnosen terführende Nebenbefunde Charakteri sie- wei (Mani f estati o nsal t er) rung des HauptsymJ)toms
E
+-'
(Fortsetzung)
Bestäti Diagnosegung der
C/) >. C/) c Q)
2:
Q) c C'd
lo... +-'
c Q) N
-
bei Geburt; intrauteriner M inderwuchs, H epatosplenomegalie, thrombopenisehe Purpura, C horioretinitis. periventrikuläre Verkalkungen, Hörstörung
konnatale Zytomegalie
CMV-Direktnachweis in Urin, Speichel, Liquor etc.; PCR; CMV-Antigennachweis mit ELISA
bei Geburt; kutane Bläschen/Narben, Chorioretinitis, Keratokonjunktivitis, M ikrophthalmie, intrakranielle Verkal kungen, Hepatosplenomegalie
konnatale Herpessimplex-l nfektion
HSV-Direktnachweis mittels Kultur ± PCR; HSV-Antigennachweis mit ELISA
bei Geburt; intrauteriner M inderwuchs, Schwerhörigkeit, Katarakt, M ikrophthalmie, Herzfehler
Rötelnembryopathie Virusdirektnachweis mittels Kultur ± PCR; Antigennachweis m ittels ELISA
bei Geburt; Makrosomie, Herzfehler, Urogenitalanomalien, kaudale Regression
Embryo-/Fetopathia Anamnese; Bestimmung der diabetica matemalen Glukose und H BA1c-Werte
bei Geburt ; pränatale Dystrophie, Herzfehler, Gedeihstörung, epileptische Anfälle, Fütterungsschwierigkeiten
Kokainembryopathie
Anamnese
bei Geburt; Dystrophie, Gaumenspalte, M ikrophthalmie, Gesichtsdysmorphien, Herzfehler, Hypotonie, Ohranomalien
Retinoidembryopathie
Anamnese
Neonatalperiode; unilaterale Extremitätenhypoplasie, Paresen, Fingeranomalien, Chorioretinitis, Katarakt, M ikrophthalmie, Horner-Syndrom, dermatamale Bläschen und Narben
konnatale VaricellaZoster-1 nfektion
Virusdirektnachweis aus Vesikelflüssig keit; Antigennachweis mittels ELISA, Immunfluoreszenz oder Counterimmunelektrophorese
erste Lebensmonate; Chorioretinitis, intrakranielle Verkalkungen (insbes. Nucl. caudatus, Plexus chorioideus)
konnatale Toxoplasmose
Isolation von Taxaplasma gondii aus Plazenta und Nabelschnurblut; Antigennachweis mittels lmmunosorbentassay (!SAGA) oder ELISA
erste Lebensmonate; kraniofaziale Dysmorphien, Dystrophie, epileptische Anfälle, Hypotonie, Ernährungsstörung, Herzfehler, Urogenitalanomalien
embryofetales Alkoholsyndrom
Anamnese
1 03
8
1 4 Schädelasymmetrie -------
Differenzialdiagnose der intrauterin erworbenen Mikrozephalie Verdachtsdiagnosen Charakteri sie- weianiterführende Nebenbefunde rung des Hauptf s ati nsal er symptoms
(Fortsetzung)
(M
Mikrozephalie
e t
o
Bestäti Diagnosegung der
t )
erste Lebensmonate; akrale/kraniofaziale Dysmorphien, Herzfehler, LKG-Spalte, M M C
embryofetales Antiepileptikasyndrom
Anamnese
erste Lebensmonate; pränatale Dystrophie, Herzfehler, Augen-/ Skelettanomal ien, Retard ierung
matemale Phenylketonurie
Anamnese; Bestimmung der matemalen Phenylalaninkonzentration
1 4 Schädelasymmetrie Joach i m E. Zöller
Eine Schädelasymmetrie kann durch eine Wachs d e s Viszerokraniums u n d/o der des Neurokraniums verursacht werden. Die h ä ufigsten Fehlbildungen im Bereich des Viszerokraniums werden durch ei n e einseitige U nterentwicklung des U nterkiefers, d . h . die hemifazialen M ikroso mien, verursacht. Die Fehlbildungen , d i e sowohl das N eurokranium als auch das Viszerokran ium
t u msstö r u n g
betreffen , werden auch als kraniofaziale E ntwick
lungsst ö ru n gen bezeichnet. Zu nennen sind neben den se ltenere n Gesichtsspalten hauptsächlich die prämaturen Schädelnahtsynostosen. Asymmetrien des Viszerokraniums
Gesichtschädelasymmetrien werden meist d urch hemifazia le Mikrosomien (HFM) verursa c h t .
nur ungenügend nach kaudal. Dadurch weicht die Okklusio nsebene zur n i c h t betroffenen S eite ab , und es l iegt häufig e i n e inseitiger Kreuzbiss vor. Die Muskulatur ist unterentwickelt. Bei e i n seitigem Auftreten spricht man vom Gol den k a r- Syn dro m (okuloaurikuläres Syndro m , Dysplasia oculoauricularis). Die Symptoma tik i s t i n Tabelle 14. 1 zusammen g efa ßt. D a s be i dse i tige Auftreten bezeichnet man als Franceschet ti- Syndrom (Treacher- Collins Syndrom, Dysostosis m andibu lofacia lis). H ier bei handelt es sich ebenso um eine Neumutation. Charakteristisch ist die "Fischmaulphysiognomie" durch meist sym m etri s ch e Hypoplasie des Ober und Unterkiefers. Daneben li egen O hrm uschel feh lb ildungen , Li d ko l o b o m e , e i n h oher Gaumen u n d rudimentäre Zahnleisten vor.
Diese auch a l s otomandibuläre Dysostosen be
z ei c h n et en Fe h l b i l d unge n s i n d durch Entwick
und Differenzierungsstörungen im Bereich des Ki e ferbogens und der 1 . Kiemenfurche charak terisiert. Nach den LKG -Spalten handelt es sich um die zweithäufigste Fehlbildung des Ges i cht es ( 1 : 5600 Lebendgeburte n ) . Mehr als 7 0 % der Wachstumsstörungen treten halb s eit i g auf. Cha rakteristisch ist ein hypoplastischer aufste i ge n d er Unterkieferast. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Deformität im Bereich des Kiefergelenkes werden dre i Typen u nters ch ie den : • H FM mit hyp o plastisch e m Kiefergelenk • H FM mit dysp lastischem Ki eferg e l e n k • HFM m it Aplasie des Collum mandibulae. lungs-
1 04
D urch das verm i n d e rte U n t e rk i e fe rw a chs tum wächst die Maxilla auf der ents pre c h e n de n Seite
Tabelle Okul hemiofaziauriakleulnoMivertebral krosomieesnSpektrum (HFM): der unilateralen 1 4.1
Symptomatik des Goldenhar-Syndroms.
• epibulbäres Dermoid, Lipodermoid oder Subkonjunktivales Lipom • Aurikular- oder Präaurikularanhänge • Fistula praeauricularis • Ohrmuschelfehlbildungen (Aplasie, Dysplasie) • (Atresie des äußeren Gehörganges) • halbseitige Gesichtshypoplasie • halbseitige Hypoplasie des Unterkieferastes • quere Wangenspalte • Zahnunter- oder -Überzahl • Makrostarnie
-------
Asymmetrien des Neuro- und des Viszerokrani ums (luaniofaziale Fehlbildungen)
Bei vorzeitigem Schädelnahtverschluss bleibt die Wachstumshemmung meist nicht auf den Hirn schädel beschränkt, sondern schließt den Ge sichtsschädel ein. H ieraus resultieren ästhetische Beeinträchtigungen und funktionelle Auswirkun gen. D ie klinische Symptomatik der Krankheits bilder wird durch Lokalisation und Anzahl der Kran iosynostosen sowie deren Schweregrad be stimmt. Ist die Entwicklung der S c hädelbasis ebenfalls gestört, wird auch das Wachstum des Ge sichtsschädels behin dert. Die Symp toma tik ist vielschichtig: Funktionsstörungen aufgrund einer Wachstumsbehinderung des Neu rokraniums wer den durch das M issverhältnis zwischen dem Volu men der Schädelkapsel und dem wachsenden Gehirn verursacht, was bei Befall von mehreren Nähten zum Anstieg des in trakraniellen Druckes führen kann (Tab. 1 4.2). Bei einseitiger Wachstumsstörung kommt es zu einer Gesich tsasym metrie. Beim Plagiozephalus liegt meist eine einseitige Koronarnahtsynostose vor (Abb . 1 4 . 1 a-c) . D urch die Wachstumshem mung kommt es zu einer Abt1achung der Stirn auf der b etroffenen Seite. Die Asymmetrie des Schä dels reicht bis in das H interhaupt. Oft findet sich auf der betroffenen Seite frontolateral eine Ein schnürung, und der Orbitatrichter ist verkürzt. Durch das verstärkte Wachstum in Richtung der befallenen Naht weicht die Gesichtsachse zur ge sunden Seite ab. Dadurch neigt sich die Augen achse zur gesunden Seite, während die O kklu sionsebene zur kranken Seite abfällt. D ie Okklu sion selbst ist jedoch ungestört. Die Fehlbildung ist
14.1
1 4 Schädelasymmetrie
Tabelle Mögliche funktionel e Auswirkungen von prämaturen kraniums: 14.2 Ausw i rk u n g e n einer Wachstumsbehinde rung des Neurokraniums.
Schädelnahtsynostosen im Bereich des Neuro
• chronisch erhöhter intrakranieller Druck •
• •
Verm inderung der zerebralen Durchblutung (evtl . Grenzzoneninfarkte) H i r n atroph i e
mit irreversiblen Ausfällen von Umgehungskreisläufen über die Emissarvenen der Schädelkalotte • Behinderung der Liquorzirkulation mit Gefahr eines Hydrozephalus • Schädigung des Nervus opticus m it Visusverschlech terung, in Extremfällen mit Erblindu ng • B ee i nträc h t i g u ng der p syc ho m oto ri sc h en Entwicklung Au sb i l d u ng
meist schon bei Geburt erkennbar, wird jedoch oft als Geburtstrauma oder Lagerungsschaden fehlge deutet Das Erscheinungsbild verstärkt sich i m Verlauf des Wachstums. Eine A symmetrie des Hin terkopfes tritt in er ster Linie bei Lam bdanah tsynostose des Hinter kopfes auf, wobei hier meist keine echte Syn ostosierung, sondern eine funktionelle Wachs tumsstörung vorliegt. Diese ist bei unilateraler Lambdanahtsynostose durch eine okzipitale Ab f1achung auf der betroffenen Seite gekennzeichnet, die bis in die Parietalregion reicht. Bei der bi lateralen Lambdanahtsynostose i st der gesamte H interkopf abget1acht und verbreitert. Beide Oh ren imponieren tiefstehend und sind nach ventral verlagert. Je nach Ausmaß der Kraniosynostose ist ein erhöhter intrakranieller Druck zu beobachten, der in etwa 50% der Fälle eintritt.
Abb. a-c K l i n i s c h es Bild eines P l agi ozepha l us rechtsseitig mit Abfla ch un g der Stirn und Gesichtsskoliose n a c h links (a). Das 3- D-CT-Bild zeigt die verknöcherte re c hte Koronarnaht (b). Zustand zwei Jahre nach frontoorbitalem Advancement m it weitgehendem Wac hstumsausgleich der Gesichtsasymmetrie
(c).
1 05
1 4 Schädelasymmetrie
-------
S �m metrische Wachstumsstörungen treten bei med1aner Synostosierung der S utura frontalis i n Form d e s Trigonozephalus o d e r bei beidseitigen symmetrischen Nahtsynostosen auf. Beim Trigonozephalus e ntsteht durc h die vor ze itige Verl�nö cherung eine Aufwulstung im Be . retch der Stlrnmitte, die bei manchen Patienten als deutliche Knochenleiste erkennbar ist. Durch die gleichzeitige Abflachung der frontolateralen Re gion nimmt das Os frontale im horizontalen Schnitt d i e Form eines Dreiecks an. Durch Ein sch nürung des Knochens frontolateral be idseits wird das Erscheinungsb i l d zusätzl i c h verstärkt wodurch vornehmlich die Regi on der Frontallap � pen eingeengt wird. Bei beidseitiger Synostosierung der Schä delnäh te kommt es zu starken Auswirkungen auf das Ge sichtsprofil. Für den Oxyzephalus wird meist eine prämature beidseitige Koronarnahtsynostose ver antwortlich gemacht, wodurch der typische Turm schädel mit flacher und hoher Stirn entsteht. D a b e i der reinen Oxyzephalie die Schädelbasisnähte n icht betroffen sind, l iegt auch keine Wachstums hemmung im Bereich des Mittelgesichts vor. Liegt jedoch zudem eine Wachstumsstörung im Bereich der Schädelb asis vor - wie beim B ra chy zephalus kann sich die Kalotte n icht wie beim Oxyzephalus turmschädelartig nach kranial aus dehnen. Kompensato risch kommt es vielmehr d urch den Wachstumsdruck des Gehirns zur Vor w ? lbu�g von Stirn- und Temporalregion. Daneben wtrd dte anterokaudale Rotation im Rahmen des Wachstums des M ittelgesichtes behindert. Als Fol g: tritt e i ne Hypoplasie des gesamten M ittelge S ichts auf, wobei das Gesicht z u transversale m Wachstum tendiert u n d e i n Hypertelorismus ent �teht. Da die I nfraorbitalränder weit zurückliegen, 1st der Exophthalmus der auffälligste Befund. Der Kopf erscheint kurz, breit und rund. Die Bezeichnung Kleebla ttschädel ist ein rei n deskriptiver Begriff für eine Kranio- u n d Fazioste nose, bei der umschriebene, kleeblattähnliche Vor wölbungen der s chei �el- und der Schläfenregion . . . auftreten � dte � e1st n: 1t emer Totalverknöcherung . aller Schadelnahte, emer Pansynostose, einherge hen. Als Folge der ausgeprägten knöchernen Kon stri k ti o n ist schon bei Geburt der in trakranielle D ru ck deutlich erhöht. D iese Fehlbildung erfor dert eine frühe Interven tion in Form einer subto talen Kra n iektom ie. -,
1 06
Kraniofaziale Syndrome Prämature Nahtsynostosen können mit multiplen weiteren Fehlb i l d u ngen kombiniert sein. Für die operative Therapie ist die Einordnung der Krank heitsbilder nach Syn dromen unbedeutend da sich die Korrektur einer Kraniosynostose nur �ach der äußeren E rscheinungsform richtet. Aus dieser Klassifikation sind jedoch gewisse Rückschlüsse auf die Prognose und die Vererbbarkeit möglich. Cohen hat 1 975 die Syndrome, die mit Kraniosyn ostosen einhergehen, zusammengefasst. Aus der Vielzahl der kraniofazialen Fehlbildungssyndrome zählen das Crouzon- und das Apert-Syndrom zu den häufigsten. Crouzon - Sy ndrom ( Dysostosis craniofacialis ) Bei der Dysostosis craniofacialis Crouzon handelt sich um e i ne autosomal-dominant vererbte Er krankung. Im Vordergrun d stehen Kraniosynosto s�n der Kranznähte. Die S chädelbasisbetei ligung fuhrt �ur charakteristischen Orbitabetei l igung mit resultierender Protrusio bulbi. Pathogn omonisch ist ebenfalls eine M ittelgesichtshypoplasie. Weitere Auffälligkeiten sind Hypertelorismus, Strabismus, verkalkende Stylohyoid-Ligamente und Wi rbel verwachsungen. .
Apert-Syndrom (Akrozephalosyndaktylie). Beim Apert-Syndrom handelt es sich u m ein autosomal dominantes Erbleiden, wobei die weit ü berwie gende Zahl der Fälle Ne umutationen repräsentie r �n . Zu den obligaten Fehlbildungen zählen Kra mosyr:ostosen, G e s ichtsdysmorphien u n d Syn d akty!Je n . Vor allem durch den vorzeitigen Ver schluss der Kranznähte liegt meist ein oxyzepha les Wachstum vor. Die G esi chtsdysmorphien ge h en einher mit einem breiten hypoplastischen Ge . Sicht, Exophthalmus, nach u nten schrägen Lid spalten, Strabismus, Hypertelo rismus und Spitz bogengaum e n . Typisch sind die tiefsitzen d e n O hren u n d d i e oft k l e i n e , a ufwärts gebogene, schnab elfö rm ige Nase, auch als Papagei ennase bekannt. Charakteristisch sind häutige und os säre, meist beidseitige symmetrische Syndaktylien der Hände und Füße, wobei häufig 4 Finger bzw. Zehen mit einbezogen sind. Dies füh rt zu den sog. Löffelhänden .
---
1 5 Kopfschmerz
1 5 Kopfschmerz Emil G.
Symptombeschreibung
Das d iagnostische Feld des Kopfsch merzes i m Kindes- u n d J ugen dalter umfasst nahezu d ie ge samte Pädiatrie und Neuropädiatrie sowie Teile des Bewegungsapparates, insbesondere der Hals wirbelsäule im B ereich der O rthopädie, der Psychosomatik und zum Tei l psychovegetati v bedingter Störungen i m S inne d e s Spannungs kopfschmerzes, hinter dem sich n icht selten insbe sondere im Jugendalter depressive Zustände ver stecken. Tabelle 1 5 . 1 zeigt die häufigsten U rsachen des symptomatischen Kopfschmerzes. Schmerzphysiologisch ist der Kopfschmerz der Ausdruck von Reizen entsprechender Rezeptoren der größeren Arterien des Gehirns, vor allem der Dura mater (Tentorium cerebelli, Dura basale und temporale) sowie der i m S chädelinneren verlau fenden H irnnerven. Das G ewebe des Gehirns selbst ist nicht schmerzempfindlich. Bei den i m Folgenden z u beschreibenden am häufigsten vor kommenden Formen des Kopfschmerzes handelt es sich i m einzelnen um: • den episodischen Kopfschmerz vom Spannungs typ • den chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp • den vasomotorischen Kopfschmerz • den symptomatischen Kopfschmerz • Kopfschmerz bei Somatisierungsstörungen sowie aus dem Bereich der M igräne • die Migräne mit Aura • die Migräne ohne Aura • die familiär-hemiplegische Migräne • d ie Basilarismigräne • die ophthalmoplegische Migräne.
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......
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Naumann
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Anamnese
Die Anamnese richtet sich zunächst nach allge mein klinisch-neurol ogischen Gesichtspunkten der allgemeinen Pädiatrie/Neuropädiatrie. So ist denn auch die wichtigste und einleitende Frage bei der Kopfschmerzdiagnostik die Frage des Zeit ra u m s , seit wann d ie Symptomatik besteht, des weiteren fragen wir nach der Häufigkeit, der In tensität, Lokalisation und der Dauer des angege benen Kopfschmerzes.
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Tabelle 15.1
Die häufigsten Ursachen des symptomati schen Kopfschmerzes. •
Sinusitis Augen (z. 8. Hyperopie) • HWS-Traumen • Tu moren der hinteren Schädelgrube • Tumoren im Bereich des oberen Halsmarkes • Subarachnoidalblutung • Meningitis • Enzephalitis • Zahn und Kiefer •
Tabelle 15.2 Anamnese
Diagnostisches Vorgehen bei Kopf
schmerzen. •
•
•
• •
•
•
Sch me rzq ual ität dumpf - ziehend - drückend pulsierend Häufigkeit Dauer Lokalisation __. uni lateral - bi lateral I ntensität zeitliche A b hän g i g ke it von der Wetterlage zeitliche Abhängigkeit von Nahrungsmittelgenuss (Zitrusfrucht, Schokolade, Käse, Rotwein)
körperliche Untersuchung •
Rationelle Diagnostik
Generell erfordert die D iagn ostik d e r Kopf schmerz- und M igränesymptomatik im Ki ndes und Jugend alter ein spezifisches Vorgehen u n d kann i m einzel nen sehr problematisch se i n , insbe sondere dan n , wen n das Kind seh r klein ist und wir ausschließlich auf die anamnestischen Anga ben der Eltern angewiesen sind. Tabelle 1 5 .2 zeigt das d i agnostische Vorgehen bei K o pfs c h me rzen , Abbil dung 1 5 . 1 s pez ie l l bei e i n s e i t i ge n , A bbild u ng 1 5 .2 bei beidseitigen Kopfsch merze n .
Augen - HNO - Zahnstatus - Orthopädie Schellong-Test • Migränetagebuch •
• EEG •
•
Psychodiagnostik evtl. N M R/CT
•
Blutbild
•
Hämatokrit
Labor
• Differenzialblutbild
• Hämoglobin • Ei sen
• G l u kose •
evtl. Chromosomenanalyse bei familiärer hemi plegischer M igräne
1 07
1 5 Kopfschme� -------
Kopfsch merzen einseitig
• Augenschmerzen • okulotemporal • Rhinorrhö
ja ....
Kopfschmerzen beidseits
ja -+-
Cluster Kopfschmerz nein
nein
f
t
ja ....
mnT""' Augen muskel parese
ophthalmo plegische Migräne
1 08
Migräne bei Kleinkindern
Migräne
l-1
• Stirnkopfschmerz • Okzipitalkopfschmerz • Nackenkopfschmerz Sprach störung
I
Depression?
nein
• Gangataxie, • Parästhesie • bilaterale Parese • Nystagmus
A�acken im Monat
15
+
episodischer chronischer Spannungs- Spannungskopfschmerz kopfschmerz
Basilarismigräne
organische Erkrankung, z. B. Meningitis, Tumor
Abb. 1 5. 1
Diag nostisches Vorgehen bei unilateralen Kopfschmerzen.
Abb. 1 5.2
Beim Spa n n u ngskopfschmerz handelt es sich meist um einen drückenden bis ziehenden Schmerz (selten pulsierend) , der oft über mehrere Stunden h inweg besteht und die gesamte Stirnre gion betrifft oder aber sich ringförmig insbesonde re bei kleineren und Schulkindern um den ganzen Schädel legt. Bei der Migräne handelt es sich dem gegenüber meist um eine Halbseitensymptomatik, die mit und ohne neurologische B egleitsy m p to m e einhergehen kann .
ten Schulter- und Nackenmuskulatur ( HWS-Syn drom, Myogelosen) • die Bestimmung des Visus ( Fehlsichtigkeit) und des Augenhintergrundes (Hirndruckzeichen) • die auxologische Untersuchung. D ies gilt insbesondere bei Erstmanifestation. Da neben spielen psychogene Faktoren im Sinne ei nes Auslöseeffektes h äufig eine große Rolle. H ierbei sollte eine psychodiagn ostische U ntersu chung das entsprechende Vorgehen bestimmen.
Körperliche Untersuchung
Technische Untersuchungen
Die pädiatrische Untersuchung s o l l den komplet ten körperlichen Status mit beson derer Berück sichtigung der Auskultation der Halsgefäße sowie der H irn nervenprüfung enthalten. Zur Basisdi agnostik i m Rahmen der Kopf schmerzdiagnostik stehen neben der eben erwähn ten pädiatrischen/neuropädiatrischen Untersu c h u n g folgende Untersuchungen i m Vordergrund: • die Blutdruckmessung, h ier die Frage der ortho statischen Dysregulation • der Schellong-Test • die H NO -ärztliche Untersuchung (Sin usitis, Adenoide) • die Bestimmung des Zahn status ( Zah nwurzel abszess, tiefe Karies) • die Prüfung der Halswirbelsäule und der gesam-
Zur erweiterten Diagn ostik , i n sbesondere bei u n klarer Zuordnung des Kopfsch merzes sowie anamnestisch verdächtigen Angaben, die an eine schwerwiegendere zugrundeliegende Erkrankung denken Jassen, gehört zunächst d i e EEG-Untersu cbung als wichtigstes diagnostisches Mittel. H ier bei steht die Abgrenzung des Kopfschmerzes zu ei n em hirnorganischen Anfal lsleiden sowie einem Epilepsieäquivalent oder einem raumfordernden prozesshaften Entwicklu ngsvorgang i m Vorder grund. Bei vermuteter Strukturläs ion ist der Ma gnetresonanztom ographie (Abb. 1 5 . 3 ) de r Vorzug vor anderen b i l dg eb e n d en Ve rfahre n zu ge be n. Ein spe z i fi sc h es Migräne-EEG g i bt es nicht, j e doch lassen sich häufig u n spez i fi s c h e Allgemein veränderungen feststei ien.
D i agnostisches Vo rgehen bei b ilateralen Kopfschmerzen.
------ 1 5 Kopfschmerz
D ies gilt insbesondere bei • Kopfschmerzen mit akut neurol ogi schen Auffäl ligkeiten • dauerhafte m , zune h m endem Erbrechen • Exazerbation der Schmerzsymptomatik Eine bildgebende Diagnostik ist auf jeden Fall bei Kindern unter dem 3 . Leb ensj ahr angezeigt, auch wenn keine n eurol ogi s ch en Symptome nachweis bar sind, da hier der Kopfschmerz ein selten auf treten des Symptom ist.
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N Besondere Hinweise
Abb. 15.3
Darstellung des MR-Befundes einer 1 1 jäh rigen Patientin, die seit dem 7. Lebensjahr unter rezidi vierenden Ze phalgien, insbesond ere bifrontal sowie l i n ks parietal , i n Verbi ndung mit einem Schwank schwi ndel und einem verschwom menen Sehen leidet. Beurteilung: knochenmarkverdrängender P rozess am Ü bergang vom l i n ken Ram us mand ibularis bis zum Mand i bulahals von maxi mal 8 m m Durc h messer mit medialer Extension. Verdachtsdiagnose: Amelob last o m . 00: ontogene tisches M yxom, vasodilatative Hemikranie.
I
Bei länger andauerndem Schmerz, pl ötzlich auftretendem Schmerz sowie untypischen ana mnestischen Angaben sind weitere bildgebende Verfahren (Computertomographie oder l{ern spintomographie) durchzuführen.
Allge m ein gilt - außer bei der familiären he miple gischen Migräne, bei der eine genetische Schädi gung auf dem Chromosom 19 n achgewi esen ist -, dass M i grän e und S p a n n u ngs k o p fs c h m erz ldi n i sche D iagnosen darstellen, die d urch apparative Diagnostik im nosalogischen Sinne nicht nachzu weisen sind . B e i Kopfschmerzsymptomen , d i e verstärkt i n der Nacht auftreten und mit Schlafstörungen ein hergehen , sollte mit H ilfe des Schlaflabors, das ins besondere über psychiatrisch e ode r n eurologis c he Schlafstörungen Auskunft geben soll, eine weitere Abklärung erfolgen.
I
Häufig können Kopfschmerzprobleme, die insbesondere in der Nacht auftreten, mit einer gestörten Nasen-Rachen-Atmung, einer chro nischen Sinusitis oder einer Polyposis in Ver bindung gebracht werden .
Differenzialdiagnostische Tabellen
Differenzialdiagnose des unilateralen Kopfschmerzes wei terführende Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose Charakteri sierung Nebenbefunde des Hauptsymptoms Aura Kopfsc hmer zd aue r 2 - 48 h , häufig ohne Prodrom i , Schmerz in der Regel unilateral bei Klein kindern , aber auch bilateral oder bifrontal, Schmerzcharakter p u ls i erend , durch körperliche Aktivität verstärkt
Kopfsch me rze n bis zu 60 min Dauer, mit dumpfem bis ziehendem Schmerzcharakter, verbunden mit Par- und Dysästhesien, Prodromi der neurologischen Ausfälle ( Flimmerskotom, Hörstörung , S eh st ö ru ng) 5 -30 min vor der eigentlichen Kopfsch merzattacke
Licht- oder Lärm überempfindlichkeit
rückläufige Symptome nach 60 m i n , Auftreten agitierter bis depressiver Symptome in Ver bindung mit Angst
Migräne ohne
epi sod i sc h er symptomatischer Kopfschmerz
Migräne
mit Aura
Subarachnoidal blutung, TIA
M i g räne- u n d Kopfschmerz tagebuch, Augenhintergrund, EEG, M RT
_j
Migräne- und Kopfschmerz tagebuch, EEG, MRT, Doppler-Sonographie, psycho diagnostische/dynamische Abklärung
1 09
1 5 Kopfschme�
-------
Differenzialdiagnose des unilateralen Kopfschmerzes wei terführende Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose I Nebenbefunde �Charakterisierung gisehe Migräne (Fortsetzung)
:
des Hauptsymptoms
Kopfschmerzen in Verbindung mit Lähmung, die regelmäßig auf derselben Seite auftritt, Lähmung überdauert den Kopfschmerz, Kopfschmerz bis zu 24 h
d ie Aura schließt eine Hemiparese unterschiedlichen Grades ein und verläuft häufig progredient
MRT/CT, Augenhintergrund, EEG, genetische Untersuchung : Su barach noidalblutun g, Mutation im CACNA-1 A-Gen, Chromosom 1 9q 1 3 , das für den erhöhter H i rndruck PIG-Typ VGCC im Geh irn kodiert
sensorische und motorische Ausfälle in Verbindung mit unilateralem, pulsierendem und dumpfem Kopfschmerz sowie häufig in der Prodromalphase Ausfälle im Bereich des Sprachsystems
infarktähnliche Ausfallserscheinungen im Versorgungsgebiet der A. carotis interna, Blutdruckabfall
he
unilateral heftig auftretender Kopfschmerz mit Erbrechen, Ü belkeit und Schwindel; Okulomotoriusparese, 3., 4. und 6. Hirnnerv betroffen, die Parese befindet sich auf dem Höhepunkt des Kopfschmerzes im Gegensatz zur Subarachnoidalblutung; die Ophthalmoplegie tritt i mmer ipsilateral zur Kopfschmerzseile auf und kann den Kopfschmerz Tage bis Wochen überdauern
Auftreten meist vor dem 1 0. Lebensjahr, selten im Säuglingsalter
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familiär-hemiple-
ple sche Migmräne i
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arteriovenöse Fehlbildungen
pht iseh a Miog äe h
l m pl
-
r ne Ausschluss parasellärer Prozesse, Tumordiagnostik, Thrombose im Bereich des Sinus cavernosus e
DSA (digitale Subtraktionsang iographie), DopplerSonographie der Karotiden, EEG
Doppler-Sonographie, Carotis interna/externa, EEG, CT/MRT, unter bestimmten Voraussetzungen die Angiographie
'
I
Differenzialdiagnose des bilateralen Kopfschmerzes Charakteri sierung wei terführende Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose des Hauptsymptoms Nebenbefunde 'l episodischer schmerz, 1 5 Kopfsch merzattacken selten Schwindel im Monat, bilateraler/bitemporaler und Erbrechen, Schmerz, keine Verstärkung Licht- und Lärmdurch körperliche Anstrengung, Überempfindlichkeit, Schmerz drückend bis ziehend , Stressfaktoren kein pulsierender Schmerz
110
Spannungskopf-
Migräne ohne Aura, paroxysmale Blutdruckkrise
chronischer Spannungskopfschmerz,
symptomatischer Kopfschmerz, depressive Störungen, DisstreB
Migräne- und Kopfschmerztagebuch
Schellong-Test
Migräne- und Kopfschmerztagebuch, psychodynamische Abklärung/ Psychodiagnostik, EEG
Kopfschmerz,
Blutdruckdiagnostik
K schm rz
körperliche, neurologische Untersuchung, EEG/LP, CT
vegetative Dystonie Schmerz 60 min bis 8 Tage; d iffuser, dumpfer, kontinuierlicher klopfender Schmerz; Schmerzen im Nackenbereich der h interen Schädelgrube sowie im Bereich des hinteren Halsmarks
vasomotorischer
Zuordnung der zeitlichen Beziehung zwischen der Entwicklung des Kopfschmerzes und dem Nachweis einer faßbaren oder funktionellen Läsion
symptomatischer opf e ,
Cluster- Kopfschmerz, psychogener und chronischer Spannungskopfschmerz
Sinusitis akute/chronische, Meningitis, Enzephalitis
---- 1 6
Nackensteifigkeit - Men ingismus
Differenzialdiagnose des bilateralen Kopfschmerzes ��akterisierung wei terführende Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose Hau!Jtsymptoms Nebenbefunde (Fortsetzung)
Cluster-Kopfschmerz,
okulotemporaler Schmerz begrenzt, salvenartig, ipsilaterale Lakrimation, Rhinorrhö, Konjunktivitis, Kopfschmerzattacke mehrmals tgl . , auch in der Nacht, Dauer: Tage bis Jahre
im Kindesalter sehr selten
Schläfenlappenkopfschmerz, dumpfer bis drückender Schmerz, Ü bel keit und Erbrechen sehr selten
stress- und belastungsabhängige Situationen
bifrontaler. drückender, dumpfer Dauerkopfschmerz; Funktionsstörungen des Kleinhirns und des Hirnstamms im Versorgungsbereich der A. basilaris, Par- und Dysästhesien, Gangataxie, Vertigo, Tinnitus, Nystagmus, Doppelbilder, flüchtige BewusstseinsStörungen, bilaterale Paresen
Mädchen > Jungen, in enger Verbindung zur Menstruation; famil iäre Häufung
chronisch paroxysmale Hemikranie, Okzipitalneuralgie, Herpeszoster-Neuralgie, zervikogener Kopfschmerz, arteriovenöse Fehlbildungen, Aneurysma
psychogener Kopfschmerz, Basilarismigräne,
Somatisierung sstöru ng, Spannungskopfschmerz metabolische Ursachen einer episodischen Ataxie, Ausschluss eines Tumors, Steai-Syndrom
Augenhintergrund, CT, Angio-MR in Ausnahmefällen
I
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c (l) N psychodynamische/psychodiagnostische Abklärung u nd Zusammenschau neurologisch-pädiatrische Untersuchung, DopplerSonographie, EEG-Veränderungen, passagere generalisierte Verlangsamung von rhythmischen Delta-Wellen über den hinteren Ableitungspunkten, LP, Schellong-Test, Kopfschmerz- und M igränelagebuch
1 6 Nackensteifigkeit - Meningismus U lrich H e i n i nger
Symptombeschreibung
Als Meningismus oder Nackensteifigkeit bezeich net man die eingeschränkte und schmerzhafte aktive und passive Beugung des Kopfes hin zur B rust als Leitsymptom einer infektiösen Meningi tis. Der Meningismus ist Ausdruck einer unwill kürlichen Schonhaltung, d ie der Schmerzlinde rung bei entzündeten Hirnhäuten dient. Sie mün det bei fortschreitender Erk rankung in einen Opis t h o t o n us ( Ü berstreckung der gesamten Wir belsäule) . Die Ausprägung d es Meningismus ist stark von der Ätiologie sowie vom Alter des Pa tienten abhängig: • Bei nichteitrigen, meist viralen Meningitiden ist die Nackensteifigkeit häufig sehr diskret und von nur geringgrad igen bis mäßigen Kopfschmerzen begleitet. • Bei eitrigen, bakteriellen Men ingitiden dagegen ist die Nackenstei figkeit in der Regel stark ausge prägt. Daneben we rden heftige Kopfsch merzen, Lichtscheu, Ü belkeit und Erbrechen sowie Fieber
beobachtet. Treten Bewusstseinsstörungen oder Krampfanfälle hinzu, so spricht dies für eine Hirn beteiligung (Meningoenzephalitis). • Bei Meningitiden im Säuglingsalter, insbesonde re in den ersten Lebensmonaten, ist die Nacken steifigkei t oft n ur d iskret a usgebildet oder kann sogar völlig fehlen . S chril les Schreien, Berüh rungsempfindlichkeit, Schwankungen der Körper temperatur, Apnoen oder Nahrungsverweigerung ersetzen in dieser Altersgruppe den Meningismus als Verdachtssymptome fü r eine Hirnhautentzün dung! Andere entzündliche und nicht-entzündliche Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohren- Bereich so wie Subarachnoidal- bzw. Subduralblutungen, Tu moren oder Autoimmunopathien mit ZNS-Mani festation (systemischer Lupus erythematodes u.a. ) , Kawasaki-Syndrom und intrathekale Medikamen tengabe sind im Vergleich zu Meningitiden nur sehr selten Ursache ei ner Nackensteifigkeit und differenzialdiagnostisch gut abtrenn bar.
111
1 6 Nackensteifigkeit - Meningismus
------
Rationelle Diagnostik
Tabelle 16.1
Hinweise auf eine Meningitis im Rahmen der körperlichen Untersuchung.
Zeichen ----=Untersuchungsvorgang
Anamnese
Gelegentlich geht der Meningitis ein unspezifi scher Infekt der oberen Luftwege voraus, während die akute Symptomatik meist binnen wen iger Stunden in Erscheinung tritt: Kopfschmerzen, Fi e ber und Erbrechen können dabei im Vordergrund stehen, während die Nackensteifigkeit im Frühsta dium der Erkrankung oft nur durch die körperli che Untersuchung erkannt wird. Das A llgemeinbe finden ist meist stark beeinträchtigt, Eltern und Pa tienten wirken verängstigt. Bei nic hte itrigen vira len Meningitiden stehen anamnestisch meist an haltende Kopfschmerzen im Vordergrund, die oft schon seit mehreren Tagen bestehen. Bisweilen sind andere Erkrankungsfälle an Meningitis in der Umg ebu ng (am Ort, in Kindergarten oder Schule)
Meningismus
Opisthotonus Brudzinski-Zeichen
Kernig-Zeichen Knie-Kuß-Phänomen
,
bekannt und epidemiologisch wegweisend. D e n Men i ng i sm u s begl eit end e Paresen des
N. facialis und/oder vorausgegangene Zeckensti che oder Erythema migrans sprechen für eine Neu roborrel iose. Die mittlerweile seltene tuberkulöse Meningitis ist neben d en bereits genannten Sym ptomen einer eitrigen Meningitis oftmals mit h irn stammnahen H irnnervenparesen ( I I I , VI und V I I ) vergesellschaftet. D e r B eginn ist jedoch e her schleichend . Kontakt zu Erwachsenen mit anhal tenden Hustenerkrankungen (Gro ßeltern ! ) oder diagnostizierten Tuberkulosen sind weitere ver dächtige H in weise. Betroffen sind vorwiegend Säuglinge. Als prädisponierende Faktoren für eine Menin gitis mit ungewöhnlichen Erregern sind anamne stisch zu erfragen: • hämatologisch-onkologische Grunderkrankungen mit erworbener lmmundefizienz • häufige, schwere Infektionen (lmmundefekt) • l i q uorab l eit e nde Shunt-Systeme • vorausgegangene Schädel-H i rn -Verletzungen (Liquorfistel) • kurz zurückliegende Auslandsaufenthalte. Körperliche Untersuchung
I
1 12
Die Untersuchung auf Nackensteifigl{eit ist aufgrund der dramatischen Auswirlmngen einer übersehenen Meningitis unverzichtbarer Bestandteil jeder körperlichen Untersuchung bei akuter Erkrankung!
Die U ntersuchung auf charakteristische Menin gitiszeichen jenseits des Säuglingsalters ist in Ta belle 1 6 . 1 zusammengefasst. Bei der körperlichen Untersuchung fällt darüber hi naus oft auf, dass die Pat i e n ten spontan die Beine im Kn iegelenk ge beugt halten, die Arme im Sitzen nach hinten abstützen oder die Seiten Jage bevorzugen.
schmerzhafter Widerstand
gegen Kopfbeugen hin zum Rumpf durch U ntersucher Patient verharrt in Rückwärts beugung des Rumpfes passive Beugung des Kopfes führt zur Beugung im Knie und Hüftgelenk Beugung im H üftgelenk führt zur Beugung im Kniegelenk Mund kann im Sitzen nicht zum Knie geführt werden
Besondere Aufmerksamkeit ist der I nspektion der gesamten Haut zu schenken. H ier gilt es, pete chiale bis flächenhafte Hautblutungen als dringen den Hinweis auf eine akut lebensbedrohliche Me n ingokokkensepsis zu erkennen. Die Effloreszen zen manifestieren sich meist zuerst im Bereich der Füße oder U nterschenkelstreckseiten. Kapilläre Durchblutungsstörungen durch Thromboembo lien und intravasale Koagulopathie führen rasch zu fortschreitender Schocksymptomatik und lol
meist 1 00-1 000 0-500
(< 5)
5-500
5-1 000
klar
klar bis
leicht trüb
0-1 00
vorherrschender Zelltyp
Granulozyten
neutrophile
Lymphozyten
Lymphozyten
Lymphozyten
Lymphozyten
Monozyten,
Eiweiß in mg/dl
> 45-500
> 1 00-500
> 45-300
> 45-200
>
> 45-1 000
Glukose in % Blutglukose ( 60)
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Gelegenheitskrämpfe • Fieberkrämpfe ja + • Elektrolytstörungen • Blutung • Trauma • ZNS·Infektion • Hypoglykämie
• symptomatische
Epilepsie aufgrund des epileptischen Syndroms (Lennox·, West-Syndrom, fokale Anfälle) wahr· scheinlich? Entwicklungsretardierung? • neu rologische Symptome? • Dysmorphien? • Organomegalien? •
idiopathische Epilepsie (weitere Diagnostik bringt in der Regel keine kausale Klärung)
• • • .
•..............•: . �
Fieberkrämpfe Fieberkrämpfe stellen die wichtigste G ruppe der Gelegenheitskrämpfe im Kleinkindesalter dar. Sie treten meist i n Form eines generalisie1ten , großen Anfalls auf, es kommen jedoch auch fokale Anfälle und abortive Formen vor. Meist kommt es im Fie beranstieg zum Anfall . Zugrunde liegt eine geneti sche Disposition, Rezidive treten in etwa 1 13 der Fälle auf. Differenzialdiagn ostisch abgegrenzt wer den m üssen ZNS-I nfektionen und erste Anfälle im Rahmen einer Epilepsie, die durch Fieber getrig gert werden . Letzteres klärt sich meist nur durch das Auftreten afebriler Anfälle im weiteren Verlauf. Weitere Maßn ahmen außer der akuten Klärung des Ge lege n heitskram pfes bieten sich n i cht a n . Verdachtsmomente für e i n e E p i l e p si e erge b e n s i ch b e i Kindern mit n eurol ogischen Auffäl ligkeiten und Entwicklu ngsdefi ziten.
Akuter Krampfanfall und Epilepsie
bildgebende und Stoffwechseldiagnostik, abhängig von Leitsymptomen und Anam nese
Abb. 18.1
.
symptomatische Epilepsie m!� geklärter Atiologie
Differenzialdiagnose bei Krampfanfällen.
lepsie (ca. 2 , 5 % aller Epilepsien zwischen 7 und 1 9 Jahren), bei der Anfälle durch Blitz- und Flacker l i cht, Fernsehen oder Computersp i ele ausgelö st werden können. Auch bestimmte Bildm uster kön nen anfallsauslösend sei n . Eine Blitzlichtprovoka tion im EEG zeigt häufig, aber nicht immer eine fo tosensible Reaktion . Fotosensibil ität kommt auch bei an deren Epilepsi esyn dromen vor, d i e dann aber auch n icht provozierte Anfälle zeigen. Neben der Fotoepilepsie kommen sehr selten auch Re fl exep i l e ps i e n m i t A n fä l l e n d u rch takt i l e Rei ze , E i nta u c h e n i n Wasser, viszerale Reize, Schreckreize und G e räusche vor.
1 29
E
1 8 Akuter Krampfanfall und Epilepsie
------
Epileptische Syndrome des Säuglingsalters Neugeborenenkrämpfe: Diese Anfälle sind ätiolo gisch eine sehr uneinheitliche Gruppe epileptifor mer Anfälle in der N eo natalperiode. Durch die noch unreife Verschaltung verschiedener H irn areale besteht eine deutliche Ten denz zu fokalen Anfällen, generalisierte Anfälle imponieren oft als wechselnd fokales Anfa l lsbild. Symptomatische Epilepsien und Gelegenheitskrämpfe machen die Mehrzahl aller Anfälle aus. Neben Elektrolytent gleisungen stellen Hirnblutungen und hypoxisehe H irnschädigungen h äufige Ursachen d ar. Gene tisch bedingt sind familiäre Neugeborenenkrämpfe mit Mutationen i n Untereinheiten der Kali umka näle KCNQ2 oder KCN Q3 auf 20q 1 3.2 und 8q24. Epilepsie mit Blitz-Nick-Salaam-Krämpfen (West Syn d ro m ) : Blitz-Nick- Salaam-Krämpfe (BNS Krämpfe, engl. : infantile spasms) sind myokloni sche und tonische Anfälle des Säuglingsalters, sie werden bei der i nternationalen Klassifi kation nicht als eigenständiger Anfallstyp, die Epilepsie mit B N S -Krämpfen jedoch als Syndrom berück sichtigt. Gemeinsam ist diesen Anfällen eine pro pulsive (vorwärtsgerichtete) Bewegung. Sie kann i m H ochreißen der Arme und Beine (Blitzkrampf) , einer Flexion des H alses ( N ickkrampf) oder der Flexion des Rumpfes (Salaamkrampf) bestehen. Diese nur S ekunden oder -bruchteile dauernden Bewegungen kommen in Serien von e inigen M i n uten Dauer vor, während deren d i e Kinder meist beeinträchtigt wirken oder weinen. Verwechs lungsgefahr besteht vorwiegend mit Einschlafmyo klonien ( B NS-Anfäll e treten jedoch bevorzugt nach dem Aufwachen auf) und m it Mora-Reaktio nen bei Schreck , die aber nicht in Serien auftreten. D i e Epilepsie m it Blitz-Nick-Salaam-Krämpfen beginnt meist zwischen dem 6. und 1 0. Monat. Ne ben den bereits beschriebenen Anfällen kommt es zur Stagnation oder Regression der Entwicklung und häufig zur Teilnahmslosigkeit. Das EEG zeigt mit der Hypsarrhythmie einen charakteristischen Befund, der nur selten fehlt. Häufig bestehen neu rologische Vo rschädigungen oder eine Entwick lungsretardierung. Min destens 75% der Fälle sind symptomatisch.
1 30
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Hereditäre Ataxie In n erha l b
der heteroge ne n Gruppe der h ereditären
Ataxi e n i s t die atak t i sch e B ew egungs stö run g mei
stens zerebellärer Natur, kan n j edoch b ei e i nig en Erkrankungsformen mit einer sensorischen Ataxie
kombin iert sein . Wegweisend sind hier vor allem die breite Vielfalt begleitender neurologischer und a llgemeinpädiatrischer Symp tome, zum Teil in Kombination mit Stö ru n ge n des o p tische n und des akustischen Sinnessystems. Einige Formen der hereditären Ataxie gehen auch mit einer Retardie rung der geistigen Entwicklung und/oder mit e i n er E p i l e psi e e inher. H ered i tä re A tax ien sind s el t ene E rk ra n k u n ge n sowohl i m K i n d es - als auch im Er wac h se n e n a l ter. Ihre D i agn o st i k erfordert einen erfahrenen Neuropädiater m i t p ro fu n d e n Kennt nissen auf dem G eb iet der Stoffwechselerkrankun gen und de r H u m an genet ik . Klinisch-chemische Unters uchungen Akute Ataxien
Das Krankheitssymptom "Ataxie" tritt im K in d e s und J ugen da l te r am häu figste n a k u t a u f. Die Ia-
1 35
8
1 9 Ataxie - Kleinhirnfunktionsstörung
-------
borchemischen Untersuchungen müssen daher ei ne Infektion, eine akute S toffwechselentgleisung und eine Intoxikation als häufigste Ursachen aku ter Ataxien ausschließen: Infektionen: Allgemeine Entzündungsparameter im B lutbild, ein Anstieg der CRP im Serum und ei ne Liquorpleozytose weisen auf eine bakterielle oder virale Meningoenzephalitis hin. Der Erreger kann durch Blut- bzw. Liquorkulturen und durch serologische U ntersuchungen identifiziert werden . Stoffwechselentgleisung: Die Bestimm ung von Blutzucker, Serumelektrolyten u n d Serumammo niak führt zur Diagnose einer Hypoglykämie, einer Hyponatriämie oder einer Hyperammoniämie. D iese Stoffwechselentgleisungen können eine akute Ataxi e , meist im Zusammenhang m it Be wusstseinsstörungen , hervorrufe n . D ie Erhöhung des Serumammoniaks ist ein Leitsymptom v ieler metabolischer Erkrankungen . Besondere diagno stische Bedeutung hat der erhöhte Ammoniakwert bei der akuten Dekompensation von Harnstoffzy klusdefekten und Organoazidopathien. Toxineinwirkung: Wird als Ursache einer akuten Ataxie eine Toxineinwirkung vermutet, so ist eine ra sche I dentifikation der toxischen Substanz notwen dig. Alkohol und Drogen können durch gerichtsme dizinische Blutuntersuchungen relativ schnell nach gewiesen werden. Medikamente und andere (z.B. Umwelt-)Toxine erfordern gezielte Untersuchungen von Blut, Urin oder Körpergewebe, z.B. H aaren, nach vorheriger sorgfältiger Eingre nzung der in Frage kommenden Substanzen durch die Anamne se oder die Erkundung des Umfeldes. Langsame, progredient verlaufende Ataxien
1 36
Sehr viel schwieriger ist die Planung der klinisch chemischen Untersuchungen bei langsamen, pro gredient bzw. rezidivierend verlaufenden Ataxien. Das breite d iagnostische Spektrum sowohl der he reditären Ataxien als auch der durch Stoffwechsel erkrank ungen bedi ngten Ataxi en erfordert eine sorgfältige S tufendiagnostik unter Einbeziehung der oft komplexen kl inischen Symptomatik. Für einige autosomal-rezessive Ataxien ( z . B . Fri ed reich -Ataxie) und fü r e in ige Formen der auto somal-dominanten zerebellären Ataxien sind seit einigen Jahren Gendefekte l okalisiert worden. I n diesen Fällen ist eine Diagnose durch eine male kuZa rgenetische Untersuchung mögl ich. Die ra sche Entwicklung im Bereich der Molekulargene tik führt gerade im Bere i c h der hereditären und metabol ischen Ataxien zu immer neuen Klassifi ka tionen, die laufend aktualisiert werden. Hier emp fiehlt sich eine Recherche im I nternet in der Da tenbank O M ! M (http : / /www. n c b i . n l m . n i h.gov/ omim). Alle Stoffwechselerkrankungen zeigen ne-
ben dem Symptom "Ataxie" noch weitere, zum Tei l n e urologische u n d/oder allgemeinpädiatrische Symptome, die eine Eingrenzung des Krankheits bildes ermöglichen . Als laborchemische Untersu chungen im Vorfeld sind die Bestimmung von Glu kose, Laktat, Pyruvat und Ammoniak im Serum , die B lutgasanalyse und evtl. die Bestimmung der organischen Säure n sowie der Amin osäuren am wichtigsten. Einzelne, seltene Stoffwechselkrank heiten haben typische meta b o lische " M arlwr", wie eine Erhöhung der Phytansäure (Morbus Ref sum), eine Erniedrigung des Coerulo plasm i n s (Morbus Wilson) oder einen bekannten Enzymde fekt (Biotinidasemangel), die zur Diagnose führen. Als e inzige e n dokrinalogische Erkrankung mit Ataxiesymptomen wird d i e Hypothyreose durch die Bestimmung der Schilddrüsenfunktionswerte diagnostiziert. Die Ataxia teleangiectatica ist durch einen Mangel von lgA und IgE charakterisiert. Technische Untersuchungen Bildgebende Verfahren wie die Kernspintomogra p hie, d i e Compu tertom ographie und die UZtra scha llu n ters uchung des Geh irns l iefern die e nt scheidenden diagnostischen Hinweise bei einigen Ataxieerkrankungen. Dies gilt vor allem für m or p h o l ogische Verä nderungen des K l e i n hirns wie Abszess, Ödem, embolisehe Prozesse, B lutungen und Thrombosen. Tumoren des Kleinhirns und des H irnstamms werden ebenfalls durch die bil dge benden Untersuchungsverfahren erfasst. Typische Veränderungen zeigen sich bei Fehlbildungen i m Bere i ch d e r hinteren Schäd elgrube, z . B . bei der Arnold-Ch iari-Malformation , beim Dan dy-Wal ker-Syndrom und bei der Kleinhirnagenesie. Dys genetische Fehlbildungen , z.B. Gyrierungsstörun gen des Kleinhirns, erfordern i n der Regel e i n e hochauflösende Kernspintomographie. D i e U ltra schalluntersuchung des Gehirns liefert wertvolle diagnostische H inweise bei der pränata len Dia gnose von Hirnfehlbildungen und der Früherken nung des k ongen ita len Hydrozephalus. Grund sätzlich gilt für die Schädelsonographie, dass mor phologische Verän derungen im Bereich der hi nte ren Schädelgrube n i cht so exakt wie i m Bereich der Großhirnhemisphären dargestellt werden kön nen, so dass auch beim Säugling eine Kernspinto mographie zur genauen Tapadiagnostik si nnvol l ist. Dagegen sind Ultraschal l un tersuchungen im 1 . Lebensjahr bis zum Schluss der Fontanelle zur Verlaufskontrolle bei Hydrozephalus und zysti schen Fehlb ildun gen der h i nteren Schäde lgrube als n icht-invasives Verfah ren sinnvo ll einsetzbar. Besondere Hinweise
Eine Ataxie im Ki ndes- und J ugendalter ist m e i s t durch eine Klei n h i rn fu n kti onsstörung bedi ngt. I m
-
-----
Säuglingsalter zeigt sich zunächst eine Verzöge rung der motorischen Entwi cklung in Kombina tion mit einer M uskelhypotonie. Erst i m Klein kindalter treten ataktische Symptome deutlicher
hervor. Am häufigsten tritt eine Ataxie i m Kindesalter akut auf und hat eine Infektion , eine Intoxikation oder eine Stoffwechselentgleisung zur Ursache. Bei der Differenzialdiagnose ist z u bedenken, dass
1 9 Ataxie - Kleinh irnfunktionsstörung
ataktische Symptome auch bei Paresen , z . B . i m Rahmen e i n e s i nkompletten Querschnittsyn d r om s , e i n er H em i pa res e oder eines Guillain Barre-Syndroms, auftreten können.
Bei Ataxien m it gleichbleibender Symptomatik handelt es sich fast immer um Fehlbildungen der h intere n Schädelgrube . Die e i n zige Ausnahme i st die kon natale b zw. die erworbene H ypot h y reose.
Differenzialdiagnostische Tabellen
Differenzialdiagnose der akut auftretenden Ataxie I �des�harakteri BestätiDiaggnose ung Verdachtsdiagnosen der terführende Ha!.!P-_�s)'ie_!lrung lPtoms wei Nebenbefunde akute Ataxie, Fieber, Kopfschmerzen, Meningismus
akute Ataxie mit Zeichen der Stoffwechselentg leisung
Meningoenzephalitis
Hei ßhunger, Kaltschweißigkeit, Ü belkeit, Kollapsneigung
Hypoglykämie
Exsikkose, Durstgefü h l , RR 1 , Erbrechen, Diarrhö, Polyurie, Diuretikamedikation
Hyponatriämie
"metabolischer Stress", l nfektionserkrankung, Erbrechen, Enzephalopathie, Krampfanfälle; Gedeihstörung, Hepatopathie, Laktat (Serum) i , Hyperventilation
Hyperammoniämie
Sc h läfri g keit ,
Enthemmung, Aggressivität, M un dge ru ch ("Fahne")
Alkoholintoxi kation
Alkoholnachweis im Blut, Symptome i n Abstinenzphase
Medikamentenanamnese bei Patient oder Kontaktpersonen, Medikamentenreste oder -Verpackungen im Umfeld des Kindes, Suizidalität
Medikamentenintoxikation • akzidentell • intentioneil
Substanznachweis aus Blut/Urin
psychische Auffälligkeiten, psychosoziale
Drogenabusus
Einstichsteilen bei i ntravenöser Drogen zuf uhr, Drogennachweis im Blut und Urin
Spielorte mit Möglichkeit zur G iftkontamination, z . B. Altbauten , Baustellen,
Intoxikation mit anderen Substanzen,
Toxinnachweis aus Blut, U ri n , Körpergewebe (Haare)
vorausgegangene Infektionserkrankung, weitere zerebelläre Symptome
postinfektiöse Zerebellitis, v.a. Entere-, Myxo-, Influenza-, Varicellaviren , Mycoplasma pneumoniae, Bordetella pertussis
serologischer Erregernachweis
weitere zerebelläre Symptome, Kopfschmerzen
Klei n h i rnabszeß
M RT/CT: raumfordernder Prozess, evt l . zentraler Einschmelzungsherd
z. B.
akute Ataxie mit Zeichen der I ntoxikation
serologischer und/oder kultureller Erregernachweis aus Blut, Liquor; direkter Erregernachweis im Liquorzellpräparat
Bewusstseinstrübung, Liquor: Leukozyten j , Eiweiß i , Zucker J
l
Glukose (Serum) J , Abklärung (s. Kap. 91) Na+ (Serum) 1 , Abklärung (s. Kap. 99) Ammoniak (Serum) i , Nachweis des Enzymdefekts bei • Harnstoffzyklusdefekten, z.B. OCT- M angel
Organoazidopathien, z.B. Propionazidämie • metabolischen Erkrankungen mit Hepatopathie, z . B . Atmungskettendefekte •
rüc kläufig
Vernachlässigung,
soziale Devianz/Delinquenz
z.B. U mweltgiften
M ü l l p l ätze, Gärtnerei
postinfektiöse akute Ataxie
( l g M , lgG )
1 37
1 9 Ataxie - Kleinhirnfunktions störung
----
Differenzialdiagnose der akut a uftretenden Ataxie (Fortsetzung)
•
�rakterisierung
weiterführende Nebenbefunde
Verdachtsdiagnosen
Bestätigung der Diagnose
posttraumatische akute Ataxie
Kopfverletzungen, Prellmarke, vorausgegangenes (Bagateii-)Trauma, klinische oder anamnestische Hinweise für Kindesmisshandlung
posttraumatisches Kleinhirnödem oder Frontal hirnödem, Blutung
MRT/CT: Kontusionsherd, Hirnödem, evtl. weitere intrakranielle Verletzungszeichen oder Schädelfraktur
vaskuläre akute Ataxie
okzipital betonte Kopfschmerzen, Sehstörung, Schwindel, Sprachstörung, Parästhesien, Verwirrtheit, Erbrechen, evtl. positive Familienanamnese
basiläre M igräne
klinischer Verlauf, Besserung durch Pharmakotherapie, EEG-Veränderungen, M RT: fokales Ödem (selten)
akute weitere zerebelläre Symptome, Kopfschmerzen, evtl. Meningismus, evtl. Bewusstseinstrübung
Kleinhirnembolie Kleinhirnblutung Kleinhirnthrombose
M RT/CT: typische fokale Veränderungen je nach Ätiologie der Erkrankung
Anamnese: psychische Belastung oder Auffäll igkeit, akute psychische Belastungssituation
Konversionsreaktion
kinder- bzw. jugendpsychiatrische Exploration , unauffälliger neurologischer Status, Videodokumentation
Hauptsymptoms
akute Ataxie ohne weitere somatische Symptome
I
Differenzialdiagnose der Ataxie mit progredienter oder rezidivierender Symptomatik: hereditäre Ataxien Charakterisierung
weiterführende Nebenbefunde
Verdachtsdiagnosen
Bestätigung der Diagnose
autosomal-rezessiver Erbgang
Pyramidenbahnzeichen, Sensibilitätsstörungen, Kardiomyopathie, MER H , Manifestation 1 . und 2. Dekade
Friedreich-Ataxie
Genlocus: 9q 1 3 Gen: FRDA Protein: Frataxin
Teleangiektasien, lmmunschwäche, a 1 -Fetoprotein i, erhöhtes Malignitätsrisiko, Manifestation 1 . Dekade, frühe Kindheit
Ataxia teleangiectasia
wie Friedreich-Ataxie, Vitamin-E-Mangel, Malabsorption, Akanthozyten, Cholesterin .J., Triglyzeride -1-, Manifestation Mitte 1 .-2. Dekade
Ataxie mit Vitamin-E-Mangel
Genlocus: 8q 1 3. 1 -q 1 3 .3 Gen: TTPA Protein: a-Tocopherol Transferprotein
okulomotorische Apraxie, Choreoathetose, leichte mentale Retardierung, Hypoalbuminämie, Manifestation 1 . Dekade
Ataxie m. okulomotorischer Apraxie Typ 1
Genlocus: 9p1 3.3 Gen: APTX
Typ 2
Genlocus: 9q34 kein Gen bekannt
ldes Hauptsymptoms
1 38
Athetose, periphere Neuropathie, Optikusatrophie, Taubheit, Ophthalmoplegie, Manifestation 1 . Dekade. frühe Kindheit
infantile onset spinozerebelläre Ataxie
Myopathie, Katarakt, mentale Retardierung, Manifestation 1 . Dekade, frühe Kindheit
MarinescoSjögren-Syndrom
Genlocus: 1 1 q22 .3 Gen: ATM Serinprotein Kinase ATM
Genlocus: 1 Oq24 Gen: IOSCA
Gen: MSS
I
-------
1 9 Ataxie - Kleinhirnfunktionsstörung
Differenzialdiagnose der Ataxie mit progredienter oder rezidivierender Symptomatik: hereditäre Ataxien �arakterisierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsestätig n
(Fortsetzung)
s Hauptsymptoms
autosomal rezessiver Erbgang -
autosomal-dominanter Erbgang
X-chromsomaler Erbgang
B
u g
l
d iagnosen
der Diagnose
spastische Ataxie, CharlevoixSaguenay
Genlocus: 1 3q 1 2 Gen: SACS Protein : Sacsi n
klinische Symptomatik und Manifestationsalter variabel, keine Differenzialdiagnose durch klinischen Verlauf und NM R-Befund möglich
autosomal-dominante spinozerebelläre Ataxien (SCA) Typ 1 -22
für SCA1 , SCA2, SCA3, SCA6, SCA7, SCA8, SCA1 0, SCA1 2, SCA1 7 Genloci bekannt, Gene und Proteine weitgehend identifiziert
s.o.
dendato-rubropallidoluysische Atrophie (DRPLA)
S pastik periphere Netzhautveränderungen, periphere Neuropathie, Manifestation 1 . Dekade ,
Sekunden bis Minuten anhaltende Myokymien, Manifestation 1 . Dekade
episodische Ataxie Typ 1
Symptomatik wie EA Typ 1
episodische Ataxie (EA) Typ 2
Gen locus : 1 2 p33 . 31 Gen: DRPLA Protein : At rophen- 1 -related proteine
E
Q)
+J
cn >. cn
53 B 2:
Q) c CO
,._ +J
c Q) N
-
Genlocus: 2 p1 3 Gen: KCNA 1
Protein: Voltage-gatedpotassium-channel-proteine Kv1 . 1
progrediente Spastik der Beine
spastische Ataxie
sideroblastische Anämie
X-chromosomale hereditäre Ataxie
Genlocus: 1 9p 1 3 Gen: CACNA 1A Protein: voltage-dependentP/Q type calcium channel alpha 1A subunit Genlocus: 2q22-23 Gen: CACNB 4 Protein : D i hydro pyridinesensitive-L-type calcium c hannel beta-4-subuni t Genlocus: 1 2p 1 3 Gen: SAX 1
Gen : A B C 7
Differenzialdiagnose der Ataxie mit progredienter oder rezidivierender Symptomatik: Stoffwechselerkrankungen Vdiardn sen hts Charakteri sierung weiterführende Nebenbefunde derstäDia ung nose des Hauptsymptoms _j e
Photodermatitis, rezidivierende Ketoazidose, Entwicklungsverzögerung
Retinitis pigmentosa, Polyneuropathie, Tau bheit, Anosmie, lchthyosis, Manifestation: Schulalter chronische Hepatopathie (1 . und 2. Dekade), weitere zerebelläre Symptome (3 . und 4. Dek ade) , grün-brauner Kornealring, Bulbärparalyse
ac g o
Be
tig
g
Ami nosäurenAminosäurenchromatostoffwechselgramm in Plasma und Urin erkrank ungen • M. H a rtnup • Ahornsi ru p krankheit M . Refsum
Phytansäure (Plasma) i,
Liq uoreiwei ß i,
Enzymdefekt Phytanoi CoA-Hydroxylase-Mangel
M. Wilson
Coeruloplasmin und Kupfer (Serum) .t, Kupferausscheidung im Urin T, Leberbiopsie: Speicherung von Kupfer 1 39
1 9 Ataxie - Kleinhirnfunktionsstörung
------
Differenzialdiagnose der Ataxie mit progredienter oder rezidivierender Symptomatik: Stoffwechselerkrankungen Bestätigung Verdachts· �rakterisierung weiterführende Nebenbefunde Hauptsymptoms ]
(Fortsetzung)
I
diagnosen
der Diagnose
klinische Symptomatik hochvariabel, fakultativ: Myopathie, Myoklonien, Entwicklungsretardierung, Epilepsie, Ptosis, " metabolic strake", Retinitis pig mentosa, Optikusatrophie, Laktatazidose Manifestation: 1 . und 2. Dekade
mitochondriale Zytopathien
Muskelbiopsie: Enzymdiag nostik, Histopathologie
Entwickl ungsretardierung, Epilepsie, Muskelhypotonie, Alopezie, "skin rash", lnnenohrschwerhörigkeit, Optikusatrophie
Biotinidasemangel
Biotinidaseaktivität (Serum) H, Neugeborenenscreening, Gendefekt Chromosom 3p
Verlust motorischer und mentaler Fähigkeiten, kirschroter Makulafleck, Dystonie, vertikale Blickparese, Hepatopathie
M. Nieman-Pick Typ C
Speicherzellen ("Niemann-Pick-Zellen") im Knochenmark, Enzymbestimmung in F ibroblasten
Verlust motorischer und mentaler Fähigkeiten, kirschroter Makulafleck, Tetraspastik ___. Dezerebration
G M2-Gangliosidose, infantile und juvenile Form
Enzymbestimmung i n Leukozyten u . Fibroblasten: �-Hexosaminidase A und B G endefekt Chromosom 1 5q
Entwicklungsretardierung, Spastik, Epilepsie
Sialinsäurespeicherkrankheil
freie Neuraminsäure (Urin) ii, Gendefekt Chromosom 6q
Differenzi aldiagnose der Ataxifehle bmiildt ungen progredienter oder rezidivierender Symptomatik: neoplastische Erkrankun gen und ZNS-/Hi rnschädel Charakteri sierung weiterführende Nebenbefunde BestätiDiaggnose ung Verdachtsdes Hauptsymptoms der diagnosen l zerebelläre Ataxie
sensorische Ataxie
zerebelläre Ataxie
zerebelläre Ataxie und (spätere) sensorische Ataxie
1 40
weitere zerebelläre Symptome, Hydrozephalus, Hirnnervenausfäl le
Kleinhirntumor z. B. Medullablastom
M RT/CT, pathohistologische Differenzierung
H irnnervenausfälle, Bulbärparalyse, Hydrozephalus, akustisch evozierte Hirnstammpotentiale: pathologische Veränderungen
Hirnstammtumor
s. o.
inkomplettes Querschnittssyndrom, M E R � oder j j , motorische und sensorische Ausfälle in der Höhe und distal der Tumorlokalisation, Pyramidenbahnzeichen, Cauda-Syndrom
spinaler Tumor, Myelitis
s. o.
Arnold-ChiariMalformation Typ I
M RT: Dislokation von Zerebellum und Medulla oblongata nach kaudal mit Kompression des H i rnstamms
basiläre I mpression • isolierte Skelettfehlbildung • bei Achondroplasie • bei Osteogenesis imperfecta • bei Hypothyreose
M RT/Schädelübersichtsaufnahme: kleines Foramen magnum Platybasie, Verengung des Spinalkanals
Manifestation 2. Dekade oder später, Kopfschmerzen, Hirnnervenausfälle, Hydrozephalus, spinale Hi nterstrangsymptome, Pyramidenbahnzeichen Manifestation 2. Dekade, Hirnnervenausfälle, spastische Paraplegie, Hydrozephalus, Kopfsch merzen, motorische und sensorische spinale Symptome, kurzer Hals mit eingeschränkter Beweglichkeit
----- 20 Chorea
Differenzialdiagnose der Ataxie mit gleichbleibender Symptomatik I �akteri sierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen Hauptsymptoms
BestätiDiaggnose ung der
Rumpfataxie
Muskelhypotonie, weitere zerebelläre Symptome, motorische Entwicklungsretardierung
Kleinhirnwurmagenesie
M RT
Rumpf- und/oder Extremitätenataxie
häufig fast asymptomatisch, Assoziation mit Trisomie 1 3 und 1 8
Kleinhirnagenesie (meist unilateral}
M RT
Muskelhypotonie, weitere zerebelläre Symptome, Entwicklungsretard ierung, Epi lepsie
Kleinhirndysplasie mit Gyrierungsstörung
hochauflösendes MRT
Dandy-Walkerweitere zerebelläre Symptome, Syndrom vergrößerter H interkopf, Hydrozephalus, Entwicklungsretardierung, Spastik, Kambination mit weiteren Fehlbildungen des ZNS und der Extremitäten , Gaumenspalte zerebelläre Ataxie
Ataxie
Q)
55 B 2:
Q) c Cll ,._ ..... c Q) N
MRT, CT: Dilatation des 4. Ventrikels
Meningomyelozele, Hydrozephalus. H irnnervenausfälle, spinale Hi nterstrangsymptome, Pyramidenbahnzeichen
Arnold-ChiariMalformation Typ II
M RT/CT: deutliche Dislokation von Zerebellum und Medulla oblongata nach kaudal
Enzephalozele, Hydrozephalus, Hirnnervenausfälle, spinale Hinterstrangsymptome, Pyramidenbahnzeichen
Typ 1 1 1
M RT/CT: Protrusion des Zerebellums durch Knochenlücke bei zervikaler Spina bifida
okzipitale Haut- oder Duravorwölbung, weitere ZNS-Fehlbild ungen, Entwicklungsretard ierung
okzipitale Enzephalozele
MRT/CT: Protrusion von Anteilen des Großhirns (Okzipitallappen) durch Knochendefekt am H in terkopf
schwere Entwicklungsretardierung, Zerebralparese, Epilepsie, weitere ZNS-Fehlbildungen
kong e n ita l er Hydrozephalus
pränatal: Sonographie, postnatal: M RT/Sonographie
M uskelhypotonie, Entwicklungsretardierung, Kleinwuchs, trockene Haut, Myxödem. stumpfe Haare, Obstipation, verzögerte Dentition
Hypothyreose konnatal • erworben
TSH j . T4 L
•
1
E
..... Cf) > Cf)
fT3
! . fT4 ! .
Cholesterin (Serum) j , Knochenalter retardiert
20 Chorea Ulrike Sch auseil-Zipf
Symptombeschreibung
D i e C h o rea i st e i n e Form d e r extra py ra m i d a l en Bewegu ngsstöru ngen. Bei d iesen E rk ra n k u ngen treten u n w i l l k ürliche Körpe rbewegu ngen auf, d i e v o m Pat i e n ten n i c h t o d e r n u r ei ngesc h rän kt kontro l l iert werden können. Z u r Gruppe der k l i n i sch defi n i e rten extrapyra m i d a l e n Bewegu ngs störu n gen gehören a u ße r der C h o rea fo l ge n de Sym ptome: • Dystonie
Myoklonus Tremor Ba l l ismus Tics At h etose . Am h ä u figsten tritt eine Ch orea i n K o m b i nati o n m i t e i n er Athetose als sog. C h o reoat h etose a u f. A ber auch and ere Kombinationen extrapyramida ler Bewegungsstörungen werden beobachtet. I ns gesamt ist die Chorea eine seltene Erkran k ung des K i ndesalters. •
• • • •
1 41
20 Chorea
__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ ___
Das klinische Bild der Chorea ist charak terisiert durch schnelle, wie zufällig wirkende ausfahrende Bewegungsabläufe. Alle Körper teile, d.h. sämtliche Skelettmuskeln, können betroffen sei n Choreatische Bewegungen wer den meist bilateral beobachtet und betreffen das Gesicht, den Rumpf sowie die p r oximale n und/oder distalen Anteile der Extremitäten. Häufig geht bzw. springt die Chorea rasch von einem Teil des Körpers auf einen anderen über. Als Folge d er Choreatischen Bewegungen kommt es zu Störungen des Gangbildes und zu Eßproblemen. Weiterhin zeigt das Kind eine allgemeine Ungeschicklichl<eit und Bewe gungs unru he .
.
Ursächlich liegt der Chorea und den anderen extrapyramidalen B ewegungsstörungen eine Funktionsstörung der Basalganglien einschließ lich folgender Bereiche zugrunde: • N ucleus caudatus • Putamen • Globus pallidus • Substantia nigra • N u c l e us s u bthala m i c us I n d i esen Bere ichen werden Bewegungsabläufe des Körpers durch ein kompliziertes Zusammen spiel von Neurotransmittern gesteuert, welches bisher nur teilweise erforscht ist. Die wichtigsten Substanzen bei der Neurotransmission in den Ba s alga ngl i e n s in d : • Acetylcholin • Gamma-Amino-Buttersäure ( GABA) • Dopami n • Serotonirr • Glyc i n . Die durch Störung der Neurotransmission hervor gerufenen extrapyramidalen Bewegungsstörungen wie die Chorea haben einige charakteristische kli n ische Gemeinsamkeiten: • Sie können durch Wil l kürmotorik verstärkt , aber auch unterbrochen werden . • Sie treten nur i m Wachzustand und n ic ht i m Schlaf auf. • Sie sind kombi n i ert mit AuffäHigkeiten der Kör perhaltung und des Muskeltonus. Bei der primären Ch orea liegt als e inziges Sym ptom eine choreatische Bewegungsstörung vor. Eine primäre C horea ist im Kindesalter selten und i mmer hereditär bedingt. Bei der sekundären Cho rea ist die choreatische Beweg u ngsstörung mit weiteren n eurologischen Symptomen b zw. Ent wicklungsstörungen kombiniert. Zu den zahlrei chen Ursachen der sekundären Ch orea geh ören beim Kind vor allem I nfektionen, Medi kamenten n ebenwirku ngen, Autoimm unerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen und neurodegenerative Krankheiten . .
1 42
Rationelle D iagnostik
Um die Ursache einer Chorea i m Kin d esalter fest zustellen, bedarf es häufig einer aufwendigen Dia gnostik (Abb. 20. 1 ) . Dies gilt vor allem für Chorea formen mit einer kurzen Anamnese und für Er krankungen mit progredientem Verlauf. Anamnese
Wichtig bei der Anamneseerhebung ist die Frage nach dem Beginn der k linischen Symptomatik. H ierdurch können akute und chronische Chorea e rkrankungen voneinan der abgegrenzt werden. Weitere diagnostische H inweise ergeben sich, so bald eine Progredien z der Chorea vorliegt. Bei monosymptomatischen primären C horeaformen, z . B . der benign en hereditären Chorea des Kin des alters, i st eine positive Fa milienanamnese weg weise n d . Auch e i n ige sekundäre Choreaformen mit metabolischer oder neurodegenerativer Ätiolo
gie weisen unter U mständen eine positive Fami l ienanamnese auf. Zur weiteren d iagnostischen E ingrenzung sekundärer Formen der kindlichen Chorea ist die Frage nach wei teren neuro logi schen Begleitsymp tomen und b egleitenden Stö rungen der mo torischen und/oder geistigen Ent wicklung von Bedeutung. Eine positive Medik amentenanam nese ( z . B . Phenothiazine) weist auf eine medikamentenindu z i erte Chorea h i n . Bei infektiösen bzw. po st i n fe k t i ös e n und b e i posttraumatischen Chorea erkran k u nge n kann d i e Anamnese einer kürzlich a bgela ufenen Infektion oder eines Schädel (Hirn-) Tra umas den e ntscheidende n ätiologi schen Hinweis liefern. Körperliche Untersuchung
Als Bestandte i l der n ormalen motorischen Ent wicklung werden unwill kürliche Bewegungen, vor allem choreatische Bewegungsabläufe und Myo klon ien beim Säugling und Kleinkind beobachtet.
I
Erst im frühen Schulalter ist die Willl{ür motorik des Kindes so weit differenziert, dass unwillkürliche Bewegungen weitgeh e nd sup primiert werden l. cn c::: Cl)
c
(]) c C'Ü
� +-'
periphere Parese
c (].) N
I
Nervenreitgeschwi ndigkeit
'
normal
._____- --__, Abb. 22.2
Dekrement
Desynchronisierung
t
Antikörper gegen Skelett muskulatur und Acety lcholin rezeptoren
cp
P o li omye l i ti s
1
I
Block
LEP � I I Borreliose
Myositis
mechanische Läsion_ __ ....._ _ __.
Diagnostisches Vorgehen bei peripherer Parese.
LEP � I I Guillain·Barre Syndrom
Neuritis
Myasthenie
zentrale Parese
t
+
B lu tu ng
I
+
Infarkt
transkranielle Doppler-Sonographie
I +
I
multifokale Läsionen
l I
!
Li q u or
Gefäßfehlbildung Abb. 22.3
Vaskulitis
• Demyelinisierung • Enzephalitis
Diagnostisches Vorgehen bei zentraler Parese.
Tumor
1
f
normal
I
J
J
EEG
�
(SP ECT)
f
�I
'=
Schädei·M RT/CT
I
I
(VEP)
t Migräne
I
II
' Epilepsie
I
1 55
22 Paresen
__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ ___
Differenzialdiagnose der fokalen Paresen Charakteri sie- weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen rung des Hauptsymptoms fokale Paresen
l nnervationsgebiet eines peripheren Nervs, vorausgehend Trauma, Lagerung, Bandage, Gips
periphere Nervenläsion
Bestätigung der Diagnose ----, I
dermatomorientierte Ausbreitung, Sensibilitätsstörung, vegetative Störungen
Plexusschädigung (Trauma, Raumforderung)
EMG, N LG , MRT, bei V.a. Wurzelausriß: Myelo-CT
Schmerzen, vorausgehender I nfekt
Plexusneuritis
Zeckenexposition, Erythema chronicum migrans, Fazialisparese
Neuroborreliose
basale Hirnnerven betroffen (VI I , IX, X, XII)
Herpes-Neuritis
Serologie (lgG, lgM)
Sehstörungen, Sensibilitätsstörungen
Encephalamyelitis disseminata
M RT, oligoklonale lgG +, VEP, SEP, FAEP
Diplopie, Ptosis, Verstärkung bei Ermüdung
okuläre Myasthenie
Tensilon-Test, Ak gegen Acetylchol inrezeptoren /Skelettmuskulatur (oft negativ)
zerebrale Anfälle, Pyramidenbahnzeichen, M ER erhalten
postiktale (Toddsche) Parese
EEG (postiktale Verlangsamung, HSA im Intervall), spontane Rückbildung ( M inuten bis Tage)
zerebrale Anfälle, M ER erhalten
fokaler inhibitorischer A nfa l l
iktales EEG
Differenzialdiagnose der generalisierten Paresen f�harakterisie- weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen des HauptIl rung symptoms l
akute generalisierte Paresen
vorausgehender Infekt, Hypo-/Areflexie, symmetrisch aufsteigende Paresen, Ataxie, Parästhesien, Sensibilitätsstörungen, Rückenschmerzen
akute Polyradikulaneuritis (Gui llain-Barre-Syndrom)
innere und äußere Ophthalmoplegie, akute Polyneuritis mit Hypo-/Areflexie H i rn nerven beteil ig ung (Miller-Fischer-Syndrom)
1 56
vorausgehender I nfekt, Ptosis, Diplopie, Dysarthrie, Verstärkung bei Ermüdung, Facies myopathica
Myasthenia gravis
Exanthem, Muskelschmerzen, Fieber, proximale Betonung
Dermatamyositis
vorausgehender grippaler Infekt
akute i nfektiöse Myositis
vorausgehender Infekt m it freiem I nterval l, zweigipfelige Fieberkurve, Gl ieder-/Rückenschmerzen, gastrointestinale Symptome, Mening ismus, asymmetrische Vertei lung der Paresen
Poliomyelitis/Polio-likeMyelitis
EMG, NLG
NLG .J." EMG (Denervierung), Liquor (evtl. Leukos 1' u. EW 1')
Liquor (Leukos 1', EW 1', Borreliose-lgM}, Serologie (Borreliose-lgG, - lgM), PCR EMG,
Bestätigung der Diagnose NLG .J., Desynchronisation, Liquor (EW 1', Leukos normal)
Liquor (EW 1', Leukos normal)
Antikörper gegen Acetylcholinrezeptoren/Skelettmuskulatur, NLG (Dekrement), Tensilon-Test + CK 1', BKS 1', EMG (myopathisch + neuropathisch), Muskelbiopsie CK 1', Verlauf
Liquor (Leu kos 1', EW 1'), Virusisolierung aus Stuhl, Rachenspülwasser, Liquor; Serologie (KBR, NT), PCR
--,
22 Paresen
Differenzialdiagnose der generalisierten Paresen rakteri s e weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen rung des Hauptsymptoms
Q)
(Fortsetzung)
'cha
i -
akute generalisierte Paresen
innere und äußere Ophthalmoplegie, Schluckstörung, Dysarthrie
Botulismus
Diphtherie Angina lacunaris, süßlicher Mundgeruch, inspiratorischer Stridor, Dysarthrie, Dysphagie, Diplopie
subakute generalisierte Paresen
Querschnitts lähmung
akute Hemiparese
-
....... cn � cn
53 B
2:
Q) c CO
Toxinbestimmung aus Stuhl, NLG (Inkrement), EMG (Denervierung)
" .......
Mikro biologie
c Q) N
K+ l
familiäre hypokaliämische Paralyse
familiäres/periodisches Auftreten
familiäre hyperkaliämische Paralyse
Bauchschmerzen, Ü belkeit, Erbrechen, Medi kamentenexposition (Barbiturate) , Zyklusabhängigkeit
akute intermittierende Porphyrie
Porphobi linogendeaminase l (Erythrozyten, Urin)
vorausgehende Medikamenteneinnahme (Vincristin, Nitrofurantoin, I NH)
medikamenteninduzierte Polyneuropathie
NLG -!-, Leitungsblock, EMG: neurogene Veränderungen
Toxinexposition (Schwermetalle), Urämie
toxische Polyneuropathie
NLG -!- , Leitungsblock, EMG: neurogene Veränderungen
K+ i
Bestätigung der Diagnose
v. a. untere Extremitäten betroffen, Blasen-/Darmentleerungsstörung, dissoziierte Sensibilitätsstörung
spinaler Prozess (Raumforderung, Gefäßprozess, Blutung, Trauma)
MRT, CT, Myelographie
vorausgehender Infekt, Fieber, Abgeschlagenheit, segmentale schlaffe Paresen +, spinale Spastik, Muskelschmerzen, Blasen-/Darmentleeru ngsstörung
Myelitis transversa
M RT, Liquordiagnostik (Leukos i, EW T), Serolog ie (neurotrope Viren), PCR
+ Sehstörung (Optikusneuritis)
Devic-Syndrom
+
Differenzialdiagnose der Hemi paresen Charakteri sie· weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen rung des Hauptsymptoms '-""
Bestätigung der Diagnose
familiäres/periodisches Auftreten, initial Muskelschmerzen
Differenzialdiagnose der Querschnittslähmung Charakteri sie- weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen rung des Hauptsymptoms
E
I
Visus, Gesichtsfeld , VEP
Bestätigung der Diagnose
passagerer oder rezidivierender Verlauf, Sensibilitätsstörungen, afebril
transitorische ischämische Attacke
Doppler-Sonographie, M RT-Angiographie, Thrombophiliediagnostik, siehe DD Hirninfarkt
Kopfschmerzen, zerebrale Anfälle, Bewusstseinstrübung, Sprachstörungen
H irninfarkt (meist A. cerebri media)
CT, M RT, Sonographie, EEG, Doppler-Sonographie
Kopfschmerzen. Bewusstseins trübung, Erbrechen, meningi tisehe Zeichen, Sprachstörung
intrakranielle Blutung
CT, M RT, Sonographie
-...-, : '
1 57
22 Paresen
__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ _
Differenzialdiagnose der Hemiparesen ha deskt r i ei erf r e e ef e s pt m
(Fortsetzung)
C ra e is ew t rung Hauptym o s
akute Hemiparese
üh end Neb n b
und
B stätig ng der Diagnose
Hirndruckzeichen, STP, protrahiertes Auftreten
Raumforderung
CT, M RT, Sonographie
Bewusstseinstrübung, Krämpfe, Fieber, Aphasie
Enzephalitis
EEG, M RT, CT, Liquor (Leukos i, EW i)
Kopfschmerzen, Sehstörungen, Sprachstörungen, Parästhesien, Sensibilitätsstörung, Somnolenz, Erbrec h e n
hemiplegische M igräne
EEG, VEP, rezidivierender Verlauf, positive Familienanamnese, Ansprechen auf Therapie
Dystonie, gestörte Okulomotorik, Ataxie, mentale Retardierung, zerebrale Anfälle
alternierende Hemiplegie
rezidivierender Verlauf, Ausschl ussdiagnostik, Ansprechen auf Therapie
Müdigkeit, Gewichtsabnahme, Polydipsie, Polyurie
Diabetes mellitus
Glukose i, Ketoazidose, passagerer Verlauf
Bewusstseinstrübung, Krämpfe, periodisches Fieber, intrazerebrale Blutung, neuropsychiatrische Symptome
zerebrale Malaria
Blutausstrich (dicker Tropfen)
weiterführende Nebenbefunde
Verdachtsdiagnosen
B s ät g ung der Diagnose
Beugehemmung im Ellenbogengelenk, Pronation, Schmerzen
Subluxation des Radiuskopfes (M. Chassaignac)
Reposition
Fraktur
Röntgen
Schmerzen, lokale Schwellung
Schonhaltung nach Trauma, Distorsion
Frakturausschluss, Verlauf
hinkendes Gangbild, Trendelenburg +, eingeschränkte Hüftbeweglichkeit (lnnenrotation)
aseptische H üftkopfnekrose (M. Perthes)
Röntgen, MRT
Differenzialdiagnose der Pseudoparesen Charakterisies pt ms rung des Hauptym o
Parese einer Extremität
Schmerzen, lokale
ffer nzia
1 58
Schwellung
et i
Osteomyelitis
Leukos i, BKS i, CRP i, Röntgen
Mangelernährung, Blutungsneigung, Berührungsschmerz
Sko rbut
Röntgen
psychische Auffälligkeilen
hysterische Lähmung
Anamnese, Beobachtung
Schmerzen,
Di e ld Haupt-
e u
Verdachtsdiagnosen
S chwe llu ng, F ieber
in
-
I
iagnose bei H r infarkt
Charakterisierung des symptoms
weiterführende Nebenbefunde
Verdachtsdiagnosen
Bestätigung
Hirninfarkt
zerebrale Anfälle, fokale neurologische Defizite
Gefäßfehlbildung
MRT mit Angiographie, Doppler-Sonographie, DSA
Herzgeräusch
kardiogene Thromb embolie
g ra p hi e
der Diagnose
Pulse, EKG, Echokardia
-
-----
Differenzialdiagnose bei Hirninfarkt Char k eriHauptsie weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen rung des symptoms a t
Hirninfarkt
-
Thromboseneigung
Hyperkoagulabilität
Bestätigung der agnose Di
Gerinnun!J.SStatus, Faktor 1 2 , Faktor-8-Uberexpress., AT 1 1 1 , Plasminogen, Protein C/S, Kälteagglutinine, APC-Resistenz, Phospholipid-Ak
Fieber, Kopfschmerzen, meningitisehe Zeichen
Meningitis, Enzephalitis
Lumbalpunktion, MRT, CT
Fieber, Müdigkeit, Nephropathie
Vaskulitis
BKS, Serologie (ANA, ANCA. C3, C4), U-Status, SPECT
Kopfschmerzen, H irndruckzeichen
Sinusthrombose
M RT, M RT-Angiographie, Doppler-Sonographie
Kontrazeptivaeinnahme
medikamentös induzierte Hyperkoagulabilität
Anamnese, Ausschluss anderer Ursachen (s.o.)
fami liäre Belastung (koronare Herzkrankheit), Ü bergewicht
Lipid Stoffwechselstörung
Lipidstatus (Cholesterin, HOL-Cholesterin, Triglyzeride)
Anämie, Ikterus, Fieber, Bauchschmerzen, zerebrale Anfälle, evtl. fami l iär
Sichelzellanämie
Blutausstrich, Hb-Eiektrophorese
mentale Retardierung, evtl. Hörstörung
MELAS-Syndrom
Linsenluxation, mentale Retardierung, psychische Auffällig keiten
Homocystinurie
septisches Zustandsbild
D I C-Syndrom
Gerinnungsstatus, AT 111
onkologische Grunderkrankung
medikamenteninduzierte Hyperkoagu labi lität
vorausgegangene Therapie mit MTX, L-Asparaginsäure
Kopfschmerzen, pathologischer Fluss A. carotis int.
Moya-Moya-Sndrom
Angiographie
pathologischer Fluss A. carotis int., evtl . RR i
fibromuskuläre Dysplasie
Angiographie
verm inderte arterielle Pulse
Takayasu-Arteriitis
Doppler-Sonographie, Angiographie
Differenzialdiagnose der kongenitalen Paresen Charakteri sie weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen rung des Haupt symptoms kongenitale generalisierte Hypotonie
22 Paresen
E
. cn c
(l)
c
(1.) c �
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c (l) N
Bildgebende Diagnostik
Ist eine Entwicklungsstörung nachgewiesen, sollte immer mit Hilfe eines bildgebenden Verfahrens die Morphologie des Gehirns dargestellt werden, so fern nicht - wie beim Down-Syndrom - die Ätiolo gie bereits geklärt ist. Beim Säugling ist mit der So nographie rasch und schonend die Weite der Ven trikel zu bewieilen, sind auch Aussagen über die Struktur des Geh irns möglich . Die besten I nfor mati onen bringt eine Magnetresonanztom ogra phie ( M RT, Abb. 23.3) , während die Computerto mographie ( CT) , auch wegen der Strah l enbela stung, nur ausnahmsweise indiziert ist (z.B. zum Nachweis von Verkal k u ngen ) .
I
Auf Röntgenaufnah men d e s Sch ädels ){ann verzichtet werden (Ausnahme: Dys){raniesyn d rom, dabei dreidimensionales CT).
1 63
B
23 Intelligenzminderung - Intelligenzstörung
------
Abb. 23.3 Magnetresonanz to mo gra phie (MRT) bei M . Alexander. Speicherung in der weißen Su bstanz des Gehirns mit Signalveränderung. 1 0 Monate alter J unge mit Entwicklungs rückstand und Makrozephalie.
Mittels funktioneller Bildgebung ( M R-Spektrosko pie, PET, SPECT) wird Einblick i n spezifische Vor gänge während der Tätigkeit des G ehirns möglich; d i e aufwendigen Verfahren bleiben jedoch beson deren F rageste l l u nge n vo rb eh alten .
Neurophysiologische Diagnostik
D as Elektroenzep h a logram m ( E E G ) vermittel t Aussagen über d i e h irn elektrische Aktivität, zur D iagnose der Intelligenzminderung oder I ntel l igenzstörung selbst kann es nicht beitragen . Hin weise auf das Vorli egen einer gesteigerten Anfa l ls bereitschaft, z.B. bei n ichtkonvulsivem Status epi lepticus, können aber das Verständnis eines Symp toms erleichtern , auch wenn es Anzeichen e iner umschriebenen Störung gibt bzw. eine Allgemein veränderung festgestellt wird. Die A b leitung evozierter Potentiale ist i m Zu sammenhang mit der meist notwendigen Sinnes prüfung bedeutsam; bei entsprechendem Verdacht sind neben der pädaudiologischen und ophthal mologischen Untersuchung die akustisch, optisch oder somatasensorisch evozierten Reizantworten zu analysieren. Spezielle Auswerteverfahren brin gen I nformatione n , die im Routine-EEG nicht zu erkennen sind. Bei neuromuskulären Störungen oder bei Ver dacht auf eine neurodegenerative Erkrankung sind ein Elektromyogram m und die Bestimm ung der NervenZeitgeschwindigkeit (evtl. H inweise für ge zielte bioptische Untersuchung von M uskel bzw. Nerv) e rforderlich. Psychologische und neuropsychologische Diagnostik Um die Intel ligenzmind erung oder Inte l l igenzstö rung genau zu bestimmen bzw. die "Funktion el-
1 64
Jen Systeme" des Gehirns zu prüfe n , sind ver schiedene M eth oden verfügbar, d i e s i ch zur Anwendung bei Kindern bzw. bei Vorliegen einer Entwi cklungsstörung unterschiedlich gut eignen. Anamnese, k l in i sche U ntersuchung, Beobach tung und Erfahrung müssen deshalb die Auswahl der Verfahren bestimmen (Tab . 23.3). I hre Ergeb nisse sind j eweil s kritisch zu i nterpretiere n , da vielfach nur Tei laspekte des komplexen Verhal tens erfasst werden und situative Einflüsse eine Rolle spielen .
Besondere Hinweise
I ntelligenzminderung und I ntel ligenzstörung sind Symptome, die isoliert auftreten, oft aber mit weiteren Befunden in Komb ination vorkommen (Ta b . 2 3 . 4 ) . Neben s omatisch b egrü ndeten Stö rungen s i n d auch p sychosoziale Faktoren als U rsache in Betracht zu ziehen , zum Beispiel De privation b e i ungünstigen sozialen Umständen. N icht selten findet man mehrere Faktoren mitein ander kombiniert (sogenannte Noxenkette) , wo bei schwer zu bestimmen ist, welchem Tei laspekt die größte Bedeutung zukommt. Auch deshalb ist eine m ultidisziplinäre Diagnostik nötig, die n eu ropädiatrische , kinderpsychiatrische, p syc hol o gi sche, soziale, pädagogische und andere Befunde berücksichtigt.
Differenzialdia nostische Tabellen
Eine I ntell igenzminderung oder I ntel l igenz störung ist zu vermuten, wenn nach der Beobach tung im Vergleich zu A ltersgenossen eine Abweichung im E ntwi c k l ungsv erlauf bemerkt w ird , besonders in den geistigen, sprachlichen und sozialen, aber auch motorischen Fähigkeiten des Kindes. Aufgabe der ärztlichen U ntersuchung ist dann, aufgrund einer Verhaltensbeobachtung nach Wertung von Anamnese und klinischen Be funden die Frage zu entscheiden, ob weitere d ia gnosti sche Maßnahmen erforderlich sind oder ob zunächst Kontrollen des Entwicklungsverlaufs ausrei chen . Der Verdacht kann sich verd i chten und Veranlassung für den Einsatz spezieller Ver fahren sein ; er ist aber auch zu entkräften , wenn eine Normvariante der Entwicklung vorliegt und bei günstigen Umweltbedingungen die Symptome verschwinden.
23 I ntelligenzminderung - Intelligenzstörung
Tabelle 23.4
Manifestation von mit Intelligenzstörung einhergehenden neurometabol ischen und neurodegenerativen Erkrankungen. Bei Geburt
S gl äu
i ng
Kleinkind
Hyperammonämie Proprionazidurie l sovalerianazidurie Methylmalonazidurien B iotinidase-Man g el GM, -Gangliosidose Mukolipidosen Pyridoxinabhängigkeit Menkes-Syndrom Zellweger-Syndrom neonatale Adrenoleukodystrophie Mevalonazidu rie M. Leigh neuroaxonale Dystrophie Phenylketonurie Ahornsirupkrankheit M. Pelizaeus-Merzbacher Galaktosämie Mannosidose Fukosidose M ukopolysaccharidosen Lesch-Nyhan-Syndrom Rett-Syndrom M. Tay-Sachs M. Sandhoff M. Krabbe M . Niemann-Piek M. Gaueher Biotinidase-Mangel Glutarazidurie Typ I Fettsäureoxidationsdefekte
Tabelle 23.4 Kleinkind
Fortsetzung
Schulalter
Adoleszenz
Leukodystrophie Gangliosidosen Adrenoleukodystrophie
M. Wilson Histidinäm ie Argininbernsteinsäurekrankheit Glutarazidurie Typ I Mukopolysaccharidosen Mukolipidose Louis-Bar-Syndrom M. Alpers M. Niemann-Piek SSPE M. Hallervorden-Spatz MELAS-Syndrom M ERFF-Syndrom neuronale Ceroidlipofuszinose tuberöse Sklerose Neurofibromatose
E
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N
M. Wilson Hartnup-Syndrom M. U nverricht-Lundborg M. Tay-Sachs Adrenoleukodystrophie Refsum-Syndrom M. Alpers M. N iemann-Piek M. Gaueher Fahr-Syndrom SSPE Kearns-Sayre-Syndrom Chorea Huntington olivopontozerebelläre Degeneration M. Hallervorden-Spatz neuronale Ceroidlipofuszinose Mukolipidose II M. N iemann-Piek M. Gaueher Heredoataxie-Syndrome neuronale Ceroidlipofuszinose
Somatische Befunde bei Intelligenzminderung und Intelligenzstörung
� �mptom Kopf
Makrozephalus
Mikrozephalus
_ _ .... . _ _ _ weitere Symp_!:ome _
Verdachtsdiagnosen
Yentri kelerweiterung
Hydrozeph alus, Gangl io s idose
Hyperakusis, Anfälle, Makulafleck (Abb. 23.4, Farbtafel) Facies, Hepatosplenom egali e Spastik, Anfälle Dysto ni e
M uk opo lysacchar idos e M. Canavan, M. Alexander Glutarazidurie Typ I
Ano mal ien Gesicht, proximaler Daumenansatz Facies, Katarakt, Hören, Herz Guthrie-Test bei der Mutter Anomalien, CP, Anfälle Depigme n t i eru n g Spastik, Anfälle
Down-, Cri-du-chat-Syndrom Cornel ia-de-Lange-Syndrom Röteln-, Alkoholembryopathie mütterliche Phenylketonurie L i s se nze phali e l ncontinentia pigmenti M. Krabbe, M. Alpers
verschiedene
1 65
B
23 Intelligenzminderung - Intelligenzstörung
------
Somatische Befunde bei Intelligenzminderung und Intelligenzstörung Verdachtsdiagnosen �ymptom weitere Symptome (Fortsetzung)
Haut
Haare
Herz
Organomegalie
Gastrointestinaltrakt
1 66
Hypopigmentation
Anfälle, subependymale Knötchen Hornhauttrü bung, Spastik Kräuselhaar
t uberöse Sklerose lncontinentia pigmenti Menkes-Syndrom
Hyperpigmentation
Gliome, Lisch-Knötchen Anfälle, Spastik Ataxie, Organomegalie
Neurofibromatose 1 Adrenoleukodystrophie Niemann-Piek-Erkrankung
lchthyosis
Polyneuropathie, Retinopathie Spastik
Refsum-Syndrom Sjögren-Larsson-Syndrom
Teleangiektasien
Ataxie, cx-Fetoprotein
Louis-Bar-Syndrom
Atrophien
Facies, Kontrakturen Ataxie, cx-Fetoprotein
Cockayne-Syndrom Louis-Bar-Syndrom
Verdickungen
Facies, Anfälle, Organomegalie, Makulafleck Ataxie, Polyneuropathie
M ukopolysaccharidose M ukolipidose CDG-Syndrom
Hirsutismus
Hyperakusis, Anfälle, Makulafleck (Abb. 23.4, Farbtafel) Facies, Hepatomegalie Kleinwuchs, Myxödem
Gang liosidose M ukopolysaccharidose Hypothyreose
Alopezie
Tetanie, Anfälle, Zähne Depigmentierung, Spastik
Hypoparathyreoidismus lncontinentia pigmenti
struppige Haare
trockene Haut, Obstipation
Hypothyreose
graue Haare
Ataxie, cx-Fetoprotein Facies, Gelenkkontrakturen
Louis-Bar-Syndrom Cockayne-Syndrom, Progerie
helle Haare
Geruch, Ekzem, Anfälle
Phenylketonurie
feine Haare
Gelenke, Linse, Anfälle
Homocystinurie
Kräuselhaar
Anfälle, S u bduralhämatom
Menkes-Syndrom
Herzfehler Kard iomyopath ie
verschiedene Anomalien verschiedene Anomalien
Chromosomenanomalien Embryopathie
Anfälle Facies, Organomegalie neuromuskuläre Störungen Anfälle, Hypotonie Ataxie Depigmentierung, Gl iaknötchen
M . Pompe M ukopolysaccharidose M itochondriopathien peroxisomale Störungen M . Refsu m tuberöse Sklerose
Leber
Katarakt, Anfälle Anämie, Dystonie Hypotonie, Anfälle
Galaktosämie M . Wilson peroxisomale Störungen
Leber/Milz
Gesicht, Skelett Anfälle, Spastik, Maku lafleck Ataxie, Anfälle Blutbildung, Schaumzellen Herzinsuffizienz, Anfälle Ammoniak Infektionen
M ukopolysaccharidose Gang liosidose M. Niemann-Piek M. Gaueher M . Pampe Harnstoffzyklusstörungen AIDS
Malabsorption
Ataxie, Anfälle
Stoffwechselstörungen
Erbrechen
Ataxie, Anfälle Herz, Gehör, Muskel
Stoffwechselstörungen M ELAS-Syndrom
Diarrhö
Anämie, Leber, Bewegungsstörungen Infektionen Ataxie, Anfälle
M . Wilson AI DS Stoffwechselstörungen
Ikterus
Ataxie, Anfälle Hypotonie, Lebervergrößerung Katarakt, Spastik Anämie, Bewegungsstörung
M. Niemann-Piek peroxisomale Störungen Galaktosämie M. Wilson
Adipositas
Hexadaktylie, Retinopathie Kleinwuchs, Hypogonadismus
Laurence-Moon-Syndrom Prader-Willi-Syndrom
-------
23 Intelligenzminderung - Intelligenzstörung
Somatische Befunde bei Intelligenzminderung und Intelligenzstörung l lLeitsymf)tom weitere Symptome Verdachtsdiagnosen N iere
Knochen/ Gelenke
Endokrinepathien
Neoplasie
1
Zysten
Depigmentierung, Anfälle Retina, Ataxie Hypotonie, Lebervergrößerung
t uberöse Sklerose v.- Hippei-Lindau-Syndrom Zellweger-Syndrom
Steine
Choreoathetose, Automutilation
Lesch-Nyhan-Syndrom
Aminoazidurie
Anfälle, Ataxie Katarakt Anämie, Bewegungsstörung
Stoffwechselstörungen Lowe-Syndrom M. Wilson
Insuffizienz
Anfälle, Ataxie Anomalien Polydipsie, Polyurie, Fieber
Stoffwechselstörungen Fehlbildungssyndrome Diabetes insipidus renalis
Kontrakturen
Gesicht, Organomegalie Hypotonie, Lebervergrößerung Gesicht
Mukopolysaccharidosen Zellweger-Syndrom Cockayne-Syndrom
Skoliose
Ataxie, a-Fetoprotein Dystonie. Spastik verminderte M uskel kraft
Louis-Bar-Syndrom Dystonia museulerum deformans neuromuskuläre Erkrankungen
Kyphose
Gesicht, Skelett, Organomegalie
Mukopolysaccharidosen
Nebenniere
Spastik, Anfälle, Pigmentierung
Adrenoleukodystrophie
Diabetes
Ataxie, Fußdeformität Ataxie, Teleangiektasien
Friedreich-Ataxie Louis-Bar-Syndrom
Kleinwuchs
Gesicht, Skelett, Organomegalie Haut, Darm Gesicht, Gelenke Anomalien
Mukopolysaccharidosen Malnutrition Cockayne-Syndrom Fehlbildungssyndrome
Hypogonadismus
Ataxie, a-Fetoprotei n Ataxie Adipositas, Hexadaktylie, Retinopathie Kleinwuchs, Verhalten, Adipositas Anomalien, Hochwuchs Herz, Muskel, Augen
Louis-Bar-Syndrom spinozerebelläre Degeneration Laurence-Moon-Syndrom Chromosomenanomalien
Ataxie, a-Fetoprotein Cafe-au-lait-Fiecken Depig mentierung, Anfälle Ataxie, Retina
Louis-Bar-Syndrom Neurofibromatose 1 tuberöse Sklerose v. -Hippei-Lindau-Syndrom
E
Q) CJ) >. CJ)
+-'
(Fortsetzung)
a5 8 2:
Q) c (1j :I....
+-'
c Q) N
Kearns-Sayre-Syndrom
1 67
23 Intelligenzminderung - Intel ligenzstörung ----Neurologische Symptome bei Intelligenzminderung und Intelligenzstörung Leitsymptom
Differenzialdiagnose
Syndrom)
Ataxie
Athetose
1 68
Kleinhirndysgenesie Hydrozephalus Embryopathien Refsum-Syndrom Rett-Syndrom M . Wilson M. Hallervorden-Spatz Louis-Bar-Syndrom Friedreich-Ataxie Gang liosidosen Leukodystrophien CDG-Syndrome Hartn up-Syndrom andere Stoffwechselstörungen Kernikterus Chorea Huntington Louis-Bar-Syndrom M. Pelizaeus-Merzbacher Gang liosidosen M ukopolysaccharidosen
Choreoathetose
Lesch-Nyhan-Syndrom M. Hallervorden-Spatz Chorea Huntington Stoffwechselstörungen
Dysarthrie
Leukodystrophien neuronale Ceroidlipofuszinose Lesch-Nyhan-Syndrom Louis-Bar-Syndrom Friedreich-Ataxie Aicardi-Syndrom
Heiserkeit, Stridor
Adrenoleukodystrophie M. Gaueher M. Pelizaeus-Merzbacher
extrapyramidalmotorische Störungen
neuronale Ceroidlipofuszinose M . Hallervorden-Spatz M. Wilson Glutarazidurie Typ 1 Neurofibromatose 1
Hydrozephalus
Leitsymptom
Differenzialdiagnose
(neurologisches Synd ro m)
(neurologisches
Tumoren, Aquäduktstenose Dandy-Walker-Syndrom Arnold-Chiari-Anomalie Toxoplasmose M u kopolysaccharidosen Neurofibromatose 1
Hyperaktivität
fragiles-X-Syndrom Mukopolysaccharidosen tuberöse Sklerose Alkoholembryopathie Stoffwechselstörungen Galaktosämie
Hyperakusis
M. Tay-Sachs pyridoxinabhängige Krämpfe
Polyneuropathie
M. Krabbe Leukodystrophien M. Niemann-Piek Refsum-Synd rom Leigh-Syndrom Cockayne-Syndrom
Schwerhörig keiV Taubheit
Mukopolysaccharidosen Röteln-Embryopathie Down-Syndrom M. Krabbe Adrenoleu kodystro phie M . Leigh Kearns-Sayre-Syndrom MELAS-Syndrom Stoffwechselstörungen Hypothyreose
Spastik
Leukodystrophie Gangl iosidosen M. Krabbe, M. Gaueher tuberöse Sklerose lncontinentia pigmenti Sturge-Weber-Syndrom Toxoplasmose, Embryopathien Stoffwechselstörungen M. Leigh, M. Alpers Lesch-Nyhan-Syndrom Rett-Syndrom Sjögren-Larsson-Syndrom
Strakes
MELAS-Syndrom Progerie-Syndrome Menkes-Syndrom Stoffwechselstörungen
Tremor
Rett-Syndrom Stoffwechselstörungen Embryopathien
----
Differenzialdiagnose
Amaurose
Gang liosidosen Leukodystrophien M . Leigh Zytomegal ie Toxoplasmose
Epikanthus
Chromosomenanomalien peroxisomale Störungen Embryopathien
Glaukom
Lowe-Syndrom Down-Syndrom Mukopolysaccharidosen
Hypertelorismus
Chromosomenanomalien Embryopath ien Feh lbildungssyndrome
Katarakt
Galaktosämie Stoffwechselstörungen Mukopolysaccharidosen Lowe-Syndrom Hypothyreose peroxisomale Störungen Chromosomenanomalien Embryopathien (Röteln) Laurence-Moon-Syndrom Refsum-Syndrom Sjögren-Larsson-Syndrom
Korneatrübung
Mukopolysaccharidosen
Makulafleck
Gangliosidosen (s. Abb. 23.4, Farbtafel) Sialidose M. Nieman n-Piek M. Gaueher Leukodystrophien
Mikrophthalmie
Chromosomenanomalien Embryopathien Lowe-Syndrom Sjögren-Larsson-Syndrom
Nachtblindheit
Refsum-Syndrom
Nystagmus
Stoffwechselstörungen M. Pelizaeus-Merzbacher Friedreich-Ataxie Sturge-Weber-Synd rom
Optikusatrophie
Embryopathien l ncontinentia pigmenti Mukopolysaccharidosen Gangliosidosen neuronale Ceroidlipofuszinose Leukodystrophien Mitochondriopathien M. Hallervorden-Spatz M. Gaueher M. Niemann-Piek Sjögren-Larsson-Syndrom
Retinitis pigmentosa
neuronale Ceroidlipofuszinose Laurence-Moon-Syndrom Kearns-Sayre-Syndrom Cockayne-Syndrom Refsum-Syndrom
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okulärer Nystagmus
geradeaus
nein
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• optokinetischer Nystagmus • rotatorischer, kalorischer vesti bulärer Nystagmus u.a.
l i n ks, • physiologischer rechts, + Nystagmus oben, unten • blickparetischer '-----...-----' Nystagmus Downbeat • geradeaus Nystagmus
�
�
l e_ n d_ ch w i _ s_ L___ -� •�
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ja
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peripherer/zentraler vestibulärer Nystagmus
• periodisch alternierender Nystagmus • Upbeat-, Downbeat-Nystagmus
Abb. 34.2
Differenziald iagnose des Pendelnystagmus.
203
34 Nystagmus
__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
Man sollte sich im übrigen die Zeit nehmen, den Nystagmus genauer zu analysieren wobei m a n d e m in der Abbildung 3 4 . 2 wiedergegebenen Leit pfad (Flussdiagramm) folgen sollte. An ergänzender Diagnostik sind elektrophysio l ogische U ntersuchungen beim Verdacht auf N etz-, Aderhaut oder Optikuspathol ogie u n d bildgebende Verfahren beim Verdacht auf i ntra kranielle Raumforderung notwendig ,
-
.
Besondere Hinweise
Brechungsfehler, die gemessen und mit einer Bril le optisch ausgeglichen werden müssen . Vergrö ßernde Sehhilfen und spezielle Filtergläser ( Kan tenfilter "Himbeergläser") sin d oft h ilfreich. Die Behandlung der relativen Amblyopie d . h. des Anteils der Sehbehinderung, der als Refraktio ns oder Schielamblyopie zu deuten ist und Förde rungsmaßnahmen dürfen in d iesen Fällen n i cht vergessen werden.
,
-
-
Differenzialdiagnostische Tabellen
Zur gerraueren Klärung sind augen-, hals-, nasen u n d ohrenärztliche Konsilien n otwendig. Kinder m it okulärem Nystagmus haben oft beträchtl iche
Seltenere Erkrankungen und Anomalien mit Ny stagmus sin d i n den DD-Tabellen aufgeführt.
erenzibeialddiaergnose riDicffhtung Augendes Rucknystagmus: schnelle und langsame Phase unterscheidbar, gleiche Schlag terführende Verdachtsdiagnosen HiBestäti �harakteri sierung wei tdes Nebenbefunde Hauptsymptoms nweisegung der Diagnose/ 1 Rucknystagmus als Zufallsbefund
ab 35° Blick nach rechts, links, oben, unten
erworbener Rucknystagmus
Rückdrift aus exzentrischen BlickrichtungsBlickhalteschwäche bzw. BlickBlickpositionen mit folgender nystagmus, blickparese, Hirnstammläsion (M RT} Rückstellsakkade paretischer Nystagmus
erworbener Rucknystagmus mit Drehschwindel
schwerer Drehschwindel , Ü belkeit, Unsicherheit
peripher-vestibulärer Spontannystagmus
einseitiger Labyrinthausfall, Ausfall des N . statoacusticus, langsame Drift zum kranken Labyrinth, Rückstellsakkade zum gesunden (z. B. Labyrinthausfall rechts, linksschlägiger Rucknystagmus), Hemmung des Nystagmus durch Fixieren und beim Blick in Richtung der langsamen Phase (H NO)
geringere Schwindelerscheinungen
zentral-vestibulärer Spontannystagmus
bisweilen Verstärku ng des Nystagmus d urch Fixieren, Hirnstamm- oder Kleinhirnläsionen (MRT}
Schlagrichtung konstant, oft Vorzugsblickrichtung entsprechend Nystagmusberuh igung (Kopfzwangshaltung)
kongenitaler Nystagmus (im engeren Sinn)
Anamnese, Schlagform
angeborener Rucknystagmus
schnelle und langsame Phase nicht zu unterscheiden, undulierende Schlagform, keine Kopfzwangshaltung, Manifestation in den ersten Lebensmonaten (Pendel-
204
nystagmus)
Endstellungsnystagmus
Normvariante
periodische Sch lagrichtungs- periodischumkehr mit entsprechend alternierender veränderlicher Kopfhaltung Nystag mus
gute Anamnese bzw. längere Beobachtung notwendig
zum fixierenden Auge gelatenter Nystagmus richteter Rucknystagmus, manifestiert sich beim Abdecken des anderen Auges oder auch bei Medientrübung
Abdecktest, Schlagform
pendelförmige Augenbewegungen unterschiedlicher Richtung und I ntensität, Photophobie, Blepharospasmus
Linsentrübungen, Aniridie, Makulanarben (Toxoplasmose, Unreiferetinopathie), Makula- oder Sehnervendys- oder -aplasie, Achromatopsie (Zapfendystrophie), Blauzapfenmonochromasie, Albi n ismus
okulärer Nystagmus
---
34 Nystagmus
f
�harakterisierung des Hauptsymptoms
weiterführende Nebenbefunde
Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose/ Hinweise
entgegengesetzte Schlagrichtung beider Augen
gegensinn ige Vertikal- und Verrollungsbewegu ngen der Augen (Frequenz 2 Hz)
Schaukelnystagmus Verdacht auf Hirnstammläsion (See-saw-Nystagmus) (Gravizeption, Otolithen)
Schlagrichtung konvergierend, dabei ruckartige Retraktion
Konvergenz-, Konvergenz-Retraktions-Nystagmus
vertikale Bl ickparese, M ittelhirnpupillen (mittelweit, reflektorische Starre) , evtl. Oberlidretraktion, Mittelhirnkompression (Aquäduktsymptomatik)
Blickrichtungsnystagmus mit unterschiedlicher Amplitude bei i nternukleärer Ophthalmoplegie
Blickrichtungsnystagmus, d issoziierter
internukleäre Ophthalmoplegie (I NO): z. B. bei Rechtsblicksakkade verIangsamte Adduktionssakkade des linken Auges, in Rechtsblickposition rechtsschlägiger Nystagmus mit größerer Amplitude am rechten Auge (Hirnstammtumor, Neuroborreliose, Encephalomyelitis disseminata ausschließen)
Differenzialdiagnose des diskonjugierten Nystagmus: entgegengesetzte Schlagrichtung beider Augen
gleichsinnige Bewegung der Augen, aber unterschiedliche Amplitude (dissoziierter Nystagmus)
hochfrequenter (bis 1 1 Hz), feinschlägiger dissoziierter Pendelnystagmus mit horizontaler, vertikaler oder raddrehender Bewegung, Kopfwackeln, Beginn 1 . Lebensjahr rasch aufeinanderfolgende Sakkaden (sakkadische Oszillationen)
Spasmus nutans
I
c Q,)
g> c
B a by B o ttle-Syndrom) , M undatmung oder Dysgna thien des Gebisses (Abb. 3 8 . 2 und 3 8 . 3 , Farb tafeln) . Strahlen karies: S i e ist relativ selten u n d als
Sonderform der Glattflächenkaries einzuordnen. Nach Radiotherapi e im Kopf-Hals-Bereich kann es zu einer Fibrosierung der Speicheldrüsen mit re duzierter Sekretproduktion kommen (Xerosto mie) . Verminderte Pufferkapazität und Fließrate des S peichels sowie mangel hafte Mundhygiene fördern das kariöse Geschehen.
Sch melz-Dentin-Erosion M ehr oder weniger ausgeprägte, jedoch n icht bak teriell verursachte Hartsubstanzdefekte i nfolge regelmäßiger und jahrlanger Einwirkung von star ken Säuren. Milch zähne sind daher nicht betrof fen . Erosionen können durch abnorme Kaumuster verstärkt werden ( Laktovegetarier) , wobei großflä chige Absprengungen des hypomineralisierten Schmelzes möglich sind . Das Ausmaß der erosiven Vorgänge wird schließlich auch von der Pufferka pazität des Speichels und dessen Fließrate mitbe stimmt. Mangelhafte Mundhygiene wird auf dem säuregeschädigten Schmelz zudem Glattflächen karies begünstigen.
Symptombeschreibung
c .J::. :ct:S N "0 c ::J "0 c ::J
� +-'
�
..c
(.)
7 Jahre
(/) (J)
1 2 Jahre
0
1 3 Jahre
14
Jahre
40.3
Abb. Aktualisierte Den titionstabei l e nach Kah l vom 5. bis 1 4. Leben�ahr ffi r J ungen.
na wirken sich selbst geringfügige Kippungen un günstig aus, und der betroffene Zahn bricht am fal schen Ort oder gar nicht durch. Auch bei den zwei ten Prämolaren führt die falsche Keimlage oft zur Retention. I n der Umgebung des Zahnes führen Platzmangel und -verlust, überzählige Zähne und Odontome, Zysten und Knochendefekte wie bei Lippen-Kiefer-Spalten zur Retention. Spätanlage und Spätmi neralisation: Die Spätan lage wird genetisch als Mikrosymptom der N icht anlage bezeichnet. Sie tritt seltener als das Haupt symptom auf und kommt gehäuft bei den auch von Nichtanlage betroffenen Zähnen (Weisheitszähne, Prämolaren, seitliche obere I nz isivi ) vor. Durch Spätanlagen kann es zu einer Verzögerung des Be handlungsverlaufs kommen . Der Befund Spätanla ge ist nur selten festzustellen, da in der Regel die Röntgenaufnahme ein verzögertes Wurzelwachs-
turn des betroffenen Zahnes zeigt, so dass bei der Mehrzahl der Patienten Spätmineralisationen, d.h. ein später Beginn und verlangsamter Ablauf der Mineralisation , festgestellt werden können. Durch Milchzahntraumata können sekundäre Keimverlagerungen bzw. Störungen der weiteren Zahnkeimentwicklung entstehen, welche wiederum zum verzögerten Durchbruch der b e troffenen bleibenden Nachfolger führen.
Traumata:
Unterminierende Resorption: Wen n ein perma
nenter Zahn nicht nur seinen Vorgänger, sondern auch den benachbarten Milchzahn anresorbiert, spricht man von unterminierender Resorption. Die Ursachen für eine unterminierende Resorption der Milchzahnwurzeln können Raummangel bei enger Keimlage, eine extreme Breitendifferenz zwischen Milch- und bleibenden Schneidezähnen und eine
235
D
40 Verspätete Zahnung -----
Abb. 40.4 Dentitio tarda bei e inem achtei nhalbjährigen Jungen mit einem Zahnalter von sechseinhalb Jahren. Ent sprechend der Dentitionstabelle von Kahl sollten d i e unteren Schneidezähne durchbrachen sein, die oberen mittl e ren l nzisivi ebenso und die se it l i ch en im Durchbruch sein.
atypische Keimlage bzw. D urchbruchsrichtung der permanenten Zähne sei n . Folge der u nterminie renden Resorption i st häufig ein Platzmangel für die Nachfolger der unterminierend resorbierten M ilchzähne, d.h. ein Stützzoneneinbruch und dar aus resultierender sagittaler Engstand. Klassische
Beispiele für unterminierende Milchzahnresorp tion sind die Resorption der distalen Wurzel des zweiten oberen M ilchmolaren durch den zu weit mesial durchbrechenden Sechsjahrm o laren und die Resorpti o n der Wurzel des M ilcheckzahnes durch den seitlichen permanenten Schneidezahn.
Tabelle Syndrom Symptome Apert-Syndrom 40.1
Skeletterkrankungen mit verzögerter Zahnentwicklung.
=
Akrozephale syndaktylie
Cherubismus
• hoher Spitzschädel oder kahnförmiger Langschädel,
Syndaktylie • vorzeitige Verknöcherung der Suturen des Schädels • Dysmorphie des Gesichtsschädels
=
Sonderform der polyastatischen fibrösen Dysplasie
• Gesichtsdeformierung (Pausbacken) durch verdrängende
fibröse Herde • Schmerzen • Spontanfrakturen Dentitionsstörungen
Diagnostik Schädelröntgen: prämature Nahtsynostose, FRS: Pseudo progenie Schädelröntgen: Ober- und Unterkiefer symmetrisch befallen, OPG: Retentionen
•
Dysostosi crani alis s cleido Scheut hauer-Marie Sainton-Syndrom =
Dysostosi crani ofacisalis
=
Morbus Crouzon
Schultergelenke • Persistenz der Fontanel len und kranialen Suturen • Brachykephalie, Unterentwicklung des Mittelgesichtes
• Turmschädel durch vorzeitige Verknöcherung der Suturen
und Synchondrosen • nasomaxilläre Hypoplasie • erhöhter intrakranieller Druck mit Exophthalmus • Strabismus divergens und N .-opticus-Schädigung
dibulofacialiman s
• Vogelgesicht, Ohrmuschelfehlbildung, -tiefstand, -aplasie • Oberkieferhypoplasie, uni- oder bilaterale Unterkiefer hypoplasie • Aurikularanhängsel
ektodermal plasie = e Dys
• ältliches Aussehen durch spärliche Kopfbehaarung • t roc ken e schuppende Haut
Dysostosis
=
Franceschetti Syndrom
Christ Siemens-Touraine Syndrom 236
• Hypo-/Aplasie der Schlüsselbeine mit Hypermobilität der
•
spärliche Augenbrauen
• chronische Ekzembildung • keine Schweißdrüsen • Unterentwicklung des Mittelgesichtes
OPG: Unterkieferkörperhypo plasie, Milchzahnpersistenz, Retentionen, Zahnüberzahl Schädelröntgen: Wolkenschädel mit Arrosionen der Kalotte OPG: Zahnengstand, Klinik: hoher Gaumen FRS: extrem offener Biss; OPG: extremer Platzmangel mit Durch bruchsbehi nderu ng OPG: Anodontie, Oligodontie, wenige spät durchbrechende Zapfenzähne, atrophierte Alveolarfortsätze
------- 40
Tabelle Syndrom Lippen-Kiefer
Symptome
TriDown-Syndrom somie
• •
Skeletterkrankungen mit verzögerter Zahnentwi ckl ung (Fortsetzung)
40.1
Gaumen-Spalte
21
Verspätete Zahnung
=
Diagnostik
• Kontinuitätsunterbrechung in Lippe, Kiefer und/oder Gaumen • dreidimensionale Wachstumshemmung des Oberkiefers mit Platzmangel
typische Gesichtsdysmorphie Muskelhypotonie bei Makro- und Exoglossie • nasomax illäre H ypoplasie M ikrozeph al i e , O l ig o phren i e • Epikanthus
OPG : Knochen defizit im Kiefer spalt, überzählige, verlagerte Zähne OPG: extrem spät durchbrechen de Zähne, verminderte Knochen resorption; Gingivitis
•
Tabelle Störung Hypopara thyreoi dismus 40.2
N ier
n
"0 c :::J
�
Hormonelle Störungen und verzögerte Zahnentwicklung .
Hypothyreose eni su Rachitis
ffizie nz
Zahnbefunde
• Hypokalzämie • Parathormonmangel bei angeborener Unterfunktion der Nebenschilddrüse • trophische Störu ngen an den ektodermalen Geweben
Klinik: Schmelzhypoplasien, kari öse Zähne, später Durchbruch, früher Zahnverlust
•
Hypokalzämie • angeborene Nierenhypoplasie oder erworbene Nieren funktionsstörung
•
• •
(!}
OPG: verzögerte Zahn entwicklung
l
Kl inik: Abf a chung des u nteren Schneidezahnbogens, Masse
ungenügende Skelettmineralisation Caput quadratum lyraförm g er Kiefer vergrößerter Kieferwi n ke
i
(.) Cf) (])
OPG: Spätentwicklungen
allgemeine Stoffwechselretardierung Zahnentwicklungsstörungen
•
•
Wachstums hormonmangel
......
..c
Symptome •
(]) c .s::::. =� N "0 c :::J
l
terknick
=
Unterkieferaufbiegung
OPG : Dentitio tarda
• verminderte Wachstumsgeschwindigkeit verzögerte Zahnentwicklung •
Differenzialdiagnostische Tabellen____.J
Differenzigaebildisasesgnosevomfür denbis zum einseitigLebensjahr verzögerten Zahndurchbruch bzw. -wechsel während des frühen Wechsel Verdachtsdiagnosen Bestäti wei terführende Diagnosegung der Nebenbefunde 6.
asymmetrisc her frontaler Dentitionsstand im Wechsel-
gebiss
9.
Milc hzah n pers ist enz auf der betroffenen Seite
Ve rfärb u ng der pers i st i eren d e n Milc h zä h n e Verlust de s M i lchzah n es , M i ttelli n i enüberwanderun g durch den ko ntralatera len l nzi s i vus Milchzahnpersistenz
asym metrische r
id iopath ische o d e r durch Zahnüberzah l , Odontom, Zyste verursachte Retention R et e ntion nac h frü he rem M i lchzah nt rauma Retention nach f r ü he re m
M i lchzah nt rau ma Tota l l ux at ion
mi t
Anamnese, OPG-Befund
Anamn e se ,
O PG-Befun d
Retention durch Wurzelabknickung d es l nzisiv u s ( Dilazeration)
Zahnfilme OPG-Befund: 6-Jahr-Molar
einseitig vollständig
unterm i n i erende Resorption
Dentition sstand
durchg e brochen e r Mol a r/
im Bereich der 6-J a h r- Mola ren
distal en Za h na ntei ls
des 2. Milchmolaren durch den m esi a langul i ert d u rch-
einseitig Durchbruch eines
OPG-Befund, Zahnfilme, Aufbissaufnahme NewTom
brechenden Molaren
OPG-Befund, Fernröntgenseitenbild,
distal un ter an re s orbiertem M i lch m olar ve rhakt
237
c
40 Verspätete Zahnung
-------
fferenzigaebildisasesgnosevomfür den symmetriLebensjahr sch verzögerten Zahndurchbruch bzw. -wechsel während des frühen WDiechsel bis zum BDiasgnose ng Verdachtsdiagnosen 1 i au tsy tom wei terführende Nebenbefunde J 6.
H
p
9.
(Fortsetzung)
e tätigu
mp
der
symmetrische Stagnation des frontalen Zahnwechsels
Missverhältnis zwischen Zahn- und Kiefergröße (Schmalkiefer, breite Zähne). Platzmangel/-verlust
Durchbruchsbehinderung durch M i lchzähne und/oder bleibende Nachbarzähne
atypische Durchbruchsreihenfolge: seitliche vor mittleren lnzisivi
Persistenz der mittleren M IIehinzisiven
idiopathische oder traumatische Anamnese, OPG-Befund Entwicklungsverzögerung der mittleren Inzisiven
symmetrische oder asymmetrische Stagnation des frontalen Zahnwechsels
Anamnese: M IIehzahnveriust vor langer Zeit, Lispeln
persistierendes viszerales Schluckmuster und/oder Lutschhabit
Funktionsanalyse: positive Schluck- und Sprechprobe, kontinuierlicher Zahndurchbruch nach Umtrainierung des Schluckmusters
ausbleibender Zahndurchbruch nach sehr frühem Milchzahnverlust
Anamnese: frühzeitiger kariesbedingter M ilchzahnverlust m it oder ohne Lückeneinengung
durchbruchshemmende Gingivaperiostschwarte und reduzierte Durchbruchsenergie des bleibenden Nachfolgers
Anamnese, OPG-Befund: Wurzelwachstum des ausbleibenden Nachfolgers weitgehend abgeschlossen
Zahnbreitenmessung, OPG-Befund
Diffbiserenzi gnose für den verzögerten Zahnwechsel während des späten Wechselgebisses vom zuma13.ldiaLebensjahr weiterführende Verdachtsdiagnosen DiBestäti agnosegung der _j
9.
I
238
Eptsymptom
trotz Mi lchzahnverlust ausbleibender Durchbruch der Prämolaren und Eckzähne
Nebenbefunde
Anamnese: frühzeitiger kariesbedingter M ilchZahnverlust mit oder ohne Lückeneinengung
durchbruchshemmende Ging ivaperiostschwarte und red uzierte Durchbruchsenergie des bleibenden Nachfolgers
Anamnese, OPG-Befund: Wurzelwachstum des ausbleibenden Nachfolgers weitgehend abgeschlossen
Anamnese: sehr frühzeitiger Milchzahnverlust mit oder ohne Lückeneinengung
durchbruchshemmende Gingivaperiostschwarte und Entwicklungsverzögerung des bleibenden Nachfolgers
Anamnese, OPG-Befund: Wurzelwachstum des ausbleibenden Nachfolgers verzögert
keine oder nur geringe Lockerung der M ilchzähne
Milchzahnwurzelresorptionsstörung, Milchzahnpersistenz
OPG-Befund: keine altersgemäße Resorption, weitgehend abgeschlossenes Wurzelwachstum der Nachfolger
altersgemäßer Milchzahnverlust
Platzmangel/-verlust zwischen 6-Jahr-Molar und seitlichem lnzisivus (Stützzone)
OPG-Befund: sehr enge Keimlage mit gegenseitiger Durchbruchsbehinderung
kein Zahnwechsel im Bereich einzelner Prämolaren
Mi Ichzahnpersistenz, kontralaterale Prämolaren durchgebrochen
Spätanlage/-mi neralisation
OPG-Befund: im Vergleich zum allgemeinen Dentitionsstand verzögerte Entwicklung eines oder mehrerer Prämolaren
ausbleibender Durchbruch des 1 2-Jahr-Molaren
keine generalisierte Dentitionsverzögerung
Molarenfeld distal des 6-Jahr-Molaren endend, sagittales Platzproblem
OPG-Befund: sehr enge Keimlage in regio der 2. und 3. Molaren, evtl. auch Anlage eines 4. Molaren (Paramolaren)
-----
41
41 Vorzeitiger Zahnwechsel
Vorzeitiger Zahnwechsel Bärbel
Symptombeschreibung
Eine verfrühte Zahnung oder Den titio praecox liegt vor, wenn das Zahnalter mehr als 2 Jahre vom Durchschnittswert abweicht. Bei einem Normal zahner stimmen chronologisches und dentales Al ter überein. Die Dentitio praecox als generalisie1ie verfrühte Gebissentwicklung ist differenzialdiagnostisch vom verfrühten Durchbruch einzelner Zähne zu u nterscheiden. Die Differenzierung zwischen Dentitio praecox und verfrühtem Einzelzahn durch bruch hat ihre wesentliche therapeutische Bedeutung für den Zeitpunkt des Behandlungsbe ginns und sollte daher immer am Anfang der Dia gnostik stehen. Wen n die ersten durchbrechenden M ilchzähne , die u nteren m ittleren M ilchschneidezähne, vor Abschluss des 4. Lebensmonats durchbrechen und bei einem verfrühten Zahnwechsel um mehr als 2 Jahre spricht man von Dentitio praecox. Sie ist häufiger ( 10 , 7 % ) als Dentitio tarda (5,7 % ) , und beide Abweichungen von der normalen Zahnent wicklung sind vorwiegend erbbedingt Als Extremform von Dentitio praecox gelten be reits bei der Geburt durchgebrochene nata le oder kongenitale Zähne . Neonatale Zähne erscheinen bis zum 30. Lebenstag in der Mundhöhle. Sie wer den mit einer Häufigkeit von 1 : 800- 1 : 3000 Ge burten beobachtet. Es handelt sich fast ausschließ lich um untere zentrale Milchschneidezähne, oft auch b ilateral und in seltenen Fällen (5 % ) um überzählige Zähne. Sie sind sehr beweglich, wei sen eine nur partiell gebildete Wurzel auf, können sich aber weiterentwickeln und entweder beim re gelrechten Zahnwechsel ausfallen oder darüber hinaus erhalten bleiben . Sie treten familiär gehäuft auf und können autosomal-dominant vererbt wer den. Der Schmelz dieser Zähne ist meist dysplas-
Kahi-Nieke
tisch und unvollständig mineralisiert. Dies ist der Grund, warum diese Zähne nach der Gebwi eine gelb-braune Farbe annehmen. Bei den G ründen für Dentitio praecox und für den verfrühten Durchbruch einzelner Zähne wer den systemische Faktoren, die zur generalisierten Beschleunigung der Zahnentwicklung, und lokale Faktoren, die zum frühen Einzelzahndurchbruch führen können, unterschieden (Abb. 4 1 . 1 ) .
Cl> c .c : (\$ N '"0 c :::::s '"0
c: :::::s
�
.......
Rationelle Diagnostik
.c u cn Cl>
(.!J
Anamnese
Da die Dentitio praecox oder die beschleunigte Entwicklung von Einzelzähnen auch genetisch be dingt sein können, ist eine ausführliche Familien anamnese wichtig. Bei der Eigenanamnese we sentli che Fragen sind: • Ernährung • Sonneneinstrahlung • Durchbruchszeitpunkt des ersten Milchzahnes und des ersten bleibenden Zahnes • Zeitpunkt des M ilchzahnverlustes • allgemeine Entwicklungsbeschleunigung • endokrine Störungen • Medikamenteneinnahme Klinische Untersuchung
Der klinische intraorale Dentitionsstatus gibt den ersten H inweis auf eine D iskrepan z zwischen Lebens- und Dentitionsa lta Beginnt die erste Zahnung seh r früh, endet sie in der Regel auch früh . An der normalen Durchbruchsreihenfolge der Milchzähne
ändert sich dadurch n ichts ( i 1 = mittlere M ilch-
verfrühter Zahnd urchbruch/-wechsel
generalisiert
lokal
t
t
• allgemeine Entwicklungsbeschleunigung
(Anamnese, Handröntgenaufnahme) • Vererbung (Eigen-, Familienanamnese)
• endokrine Störung
• vorzeitiger M i chz hnverlu t
l a s (Anamnese) • Entzündungsprozesse der Kieferknochen (klinischer/Röntgenbefund)
(Anamnese, pädiatrische Untersuchung)
Abb. 41 .1
Differenzierung der systemischen u n d lokalen Störfaktoren.
239
D
41 Vorzeitiger Zahnwechsel
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Schneidezähne, i2 seitliche Milchschneidezähne, m1 1. Milchmolaren, c M ilcheckzähne, m2 2. Milchmolaren ) . Im Gegensatz zu den bleibenden Zähnen sind beim Milchzahn keine oder nur ge ringe Geschlechtsunterschiede vorhanden, Jungen haben im allgemeinen einen leichten Vorsprung gegenüber Mädchen. Als Ursache werden in erster Linie genetische Unterschiede beschrieben, doch werden auch exogene, die körperliche Gesamtent wicklung beeinflussende Faktore n wie Art und Menge der Ernährung und Dauer der Sonne nex position diskutiert. Für die 1 . Wechselgebissperiode ist die zeitliche Variabilität sehr groß. Sie beginnt m it dem Durch bruch der 6-Jahr-Molaren und der unteren m itt leren Inzi s ivi mit 6 Jahre n , setzt sich mit dem Durchbruch der oberen m ittleren und unteren seit lichen Schneidezähne fort und endet mit dem Durchbruch der oberen seitlichen I nzisivi mit ca. 8,5 Jahren. Bei frühzahnenden Mädchen kann diese Phase bereits mit 5 Jahren beginnen. An 328 Frühgeborenen wurde i m Vergleich zu einer Kontrollgruppe nachgewiesen, dass 6-Jahr M olaren und bleibende I nzisivi nach Frühgeburt früher durchbrechen. Daher wird diskutiert, dass der Durchbruchsprozess bei den Zähnen be schleunigt ist, deren erste Mineralisationsphase unter dem Einfluss verschiedener neonataler syste mischer Faktoren steht und die sich durch ein be schleunigtes Wachstum auszeichnen. Die zeitliche Variabilität ist auch in der 2. Wech selgebissperiode groß. Bei frühzahnenden Mäd chen beginnt sie in der Regel mit Vollendung des 8. Lebensjahres. Erst j enseits dieser Grenze spricht man von Dentitio praecox. Die geschlechtsspezifi sche Abhängigkeit ist wesentlich deutlicher als i n der ersten Phase. Mädchen wechseln früher als J ungen, dieser U nterschied ist mit 1 1 ,5 Jahren am ausgeprägtesten. Der klinische Symmetrievergleich gibt Auf schluss über einen seitenungleichen Zahnwechsel bzw. lokale Durchbruchsbeschleunigungen. =
=
=
=
Röntgenuntersuchung
Zur Feststellung einer Dentitio p raecox u n d von Einzelzahnentwicklungs- u n d -durch bruchs beschleun igungen ist die Panoramaröntgen schichtaufnahme (OPG) die entscheidende Rönt genaufnahme. Zur Bestimmung des Zahnalters mit Hilfe der Dentitionstabelle siehe Kapitel 40. Besondere Hinweise
Differenzialdiagnose allgemeiner Erl CT!
"'0 c
Fremdkörper Otitis externa diffusa Furunkel/Verletzung
•
:;,
(]) (/) (\j z
Veränderung am Tro mm e lfel l
Audiometrie zur diagnost. Abklärung und nach Abheilung zur Identifi kation residualer Hörstörungen
seröse MOE Paukenerguss
•
•
�
(/) ca I
l
'
'
�
..c
0
l
'
c
traumat. Perforat. chron. MOE/ Cholesteatom?
•
genuines Cholesteatom -> CT!
Differenzialdiag nose der Otalgie.
Die D iagnostik wird dann vervol lständigt durch die bildgebende Diagnostik, die regelmäßig eine Verschattung der pneumatisierten Zellen oder eine kn öcherne Einschmelzung ze igt und durch den laborchemischen Nachweis u nspezifischer Ent zündungsparameter (Blutbild, CRP und B KS deut lich erhöht). Bei den bildgebenden Verfahre n ist heute die Compute rt o m ograp h ie (CT) der Felsen beine die Meth ode der Wahl; i n A u snahmefällen kann ersatzweise die Projektion n ach Schüller durchgeführt werden, die zwar eine Diagnosestel lung erlaubt, aber das Ausmaß der E ntzündu n gs reaktion u n d der eventuellen k nöchernen Ei n schmelzung nur unvollständig zeigt. Einen Ü ber blick über die gängigen bildgebenden Verfahren gi bt Tabelle 45 .2. Die S y m pto m e der chronischen M astoiditis sind sehr viel diskreter: Häufig ent wickelt sie sich im Abstand von einigen Wochen nach einer durchgemachten Mittelohrentzündung. ,
Wegweisende Sym ptome s i n d Tem peraturanstieg, dumpfe Ohrenschmerzen und häufig eine anhal
tende eitrige Otorrhö. Auch hier wird die Diagno se rö n tgenologi sch gesicheri ( Felsenbein-CT) .
Akute ein- oder beidseitige Ohrenschmerzen ohne Tragusdruckschmerz
I
Die mit weitem Abstand häufigste Ursache für Ohrenschmerzen im IGndesalter ist die akute balcterielle Mittelohrentzündung.
Die Anamnese ist in diesen Fällen oft wenig aussa gekräftig. Di e Beschwerden entwickeln sich gele gentlich i m Anschluss an einen u n spezifischen Atemwegsinfekt, häufig aber auch ganz ohne Pro dromalerschein ungen. Innerhalb wen iger Stunden kö n nen die Schmerzen so heftig werden, dass die Eltern notfallmäßig ärztliche Behandlung suchen. Die wichtigste diagnostische Maßnahme ist die Otoskopie. Sie kan n mit H ilfe eines Ohrtrichters und einer Stirnlampe, mit einem Otoskop oder bei der fachärztl ichen Untersuchung mit e i n em Ohr mikroskop erfolgen. Erschwert wird die Untersu chu n g häufig dadu rc h dass bei Kindern der äuße re Gehörga n g durch Zeruminalpfröpfe v erlegt ist, so dass die Ohrinspektion erst nach entsprechen der Ohrrein igung möglich wird . Die Ohrrein igung wird von Kindern oft als unangenehm empfunden ,
261
E
45 Ohrenschmerzen Tabelle 45.2
--
--
Bildgebende Diagnostik bei Ohrenschmerzen.
Computertomographie (C1)
Standardverfahren
zeigt detailliert gesamte Felsenbeinanatomie (Ossicula, pneumatisierte Zellen, Cochlea, Bogengänge, Fazialiskanal) und pathologische Prozesse (anatomische Variationen, Flüssig keitsansammlungen, Einschmelzungen, ossäre Destruktionen
Sonographie
Abklärung periaurikulärer Weichteil veränderungen, z.B. vergrößerte Lymphknoten
nicht zur Darstellung von Mittelohr und Mastoid geeignet
Projektion nach Schüller
Reserveverfahren (wenn CT nicht verfügbar, ggf. zur Verlaufs kontrolle)
Ü bersicht über Warzenfortsatz, Zellsystem und Kiefergelenk
andere Schädelspezial aufnahmen (z.B. Stenvers)
obsolet
heute durch CT/MR völlig abgelöst
Kernspintomographie
spezielle Fragestellungen: Tumor, Meningozele
bei entzündlichen Erkrankungen mit Ohren schmerzen als erstes b ildgebendes Verfahren nicht indiziert
und durch entsprechende Gegenwehr erschwert. Sie muss jedoch zumindest soweit erfo lgen, dass Gehörgang und Trommelfell beurteilt werden kön nen. Der k lassische B efun d bei der akuten M ittelohre ntzündung ist das vorgewölbte und hochrote Trommelfell. Kan n ein solcher Befund erhoben werden, sind weiterfü hrende diagnosti sche Maßnahmen in der Regel zunächst nicht er forderlich, und eine adäquate Therapie kann un mittelbar eingeleitet werden. Eine I mpedanzprü fung sollte unter diesen Umständen unterbleiben, weil sie dem Kind zusätzliche Schmerzen bereitet und keinen weiterführenden diagnostischen Aus sagewert b esitzt. Eine Myringitis (isolierte Trommelfellentzündung) kann selten eine akute Otitis media imitieren, wegweisend ist h ier in der Regel die Verlaufsbeobachtung unter Therapie. Chronische Otorrhö und Schalleitungs schwerhörigkeit
I
Chronische Mittelohrentzündungen äußern sich nur selten durch Ohrenschmerzen, häufi ger durch eine chronische Otorrhö und durch eine Schalleitungsschwerhörigkeit (Tonschwel lenaudiogramm!).
Allerdings können chronische M ittel ohrentzün d ungen (besonders die chronische Knocheneite rung des Mittelohres, Cholesteatom) neben einer chronischen Ohreiterung und Schallleitungs schwerhörigkeit zu den gefürchteten sogenannten otogenen Komplikationen führen, die h äufig mit Ohrenschmerzen einhergehen: • Otitis in terna mit Innenohrschwerhörigkeit und Tinnitus • Labyrinth itis mit Drehschwindel und Ü belkeit 262
• Fazialisparese • Meningitis und Hirna bszess
• Sinusthrom bose und Sepsis A bszedierung in die Halsweichteile.
•
Diese Symptome in Verbindung mit früheren Mittelohrerkrankungen oder einem krankhaften oder unsicheren Trommelfellbefund m üssen im mer an eine chronische M ittelohrentzündung (be sonders an ein Cholesteatom) als Ursache der Krankheitserscheinungen denken lassen! Akute ein- oder beidseitige Ohrenschmerzen mit Tragusdruckschmerz Die häufigste Erl 90 dB) hat sich be währt. Entscheidend hierfür ist der Frequenzver lauf des Reintonaudiogram ms i n den Haupt sprachfrequen zen zwischen 500 H z und 4 kHz. Geringgradige, seltener m ittelgradige Schwerhö rigkeiten können insbesondere von prälingual hör geschädigten Kindern häufig symptomlos kom pensiert werden. Diese Kinder können also eine norm a l e S p rachentwi cklung mit anschließender weitgehend n o rmaler Kommunikationsfä higkeit
durchlaufen. Rationelle Diagnostik -------
I
266
Aus pädaudiologischer Sicht ist die Ver dachtsdiagnose einer Schwerhörigkeit so früh wie möglich zu stellen. Kein Kind ist zu klein, um eine Diagnoseste l lung nicht frühzeitig er zwingen zu liönnen.
Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen U2 bis U9 wird seit 1 9 7 1 in Deutschlan d auch eine Kontrolle des H ö rvermögens durchgeführt. Eine grobe Beurteil u ng erfolgt h ierbei bereits wäh ren d der Untersuch ungen U l und U 2 in den ersten Lebenstagen . M e h r Beachtung wird den Sinnesfunktionen während der Untersuch ungen
U3 bis US gegeben, in deren Rah m e n auch ge zielt nach den kindlichen Reaktionen (oder Refle
xen) auf verschiedene akustische Stimuli gefragt werden m uss. Hierbei sollte eine bestehende Hör störung u nbedingt erkannt werden. Allerdings sind diese subjektiven H örtests wenig sensitiv, um insbesondere gering-, mittelgradige oder einseitige H örstörungen rechtzeitig zu erkennen. Dies ist n ur durch ein u niversel l es Neugeborenen-Hörs cre e n i ng (UNHS) unter Einschluss objektiver Ver fahren (s.u . ) z u gewährleisten . Da gerade der Zeit punkt U3 bis US eine sensible und kritische Pha se der kindlichen Hörbahnreifung darstellt, kann n ur eine rechtzeitige pädaudiologische Abldärung mit adäquater Therapieeinleitung ein für das indi viduelle Kind optimales Ergebnis erbringen. Universelles Neugeboreneu-Hörscreening (UNHS)
Zur Früherkennung kindlicher Hörstörungen ist die flächendeckende Einfü hrung des U N H S auf der Basis objektiver Hörprüfverfahren unabding bar, wie es bereits in wenigen B undesländern (z.B. Hamburg, Hessen oder i m Saarland) und einigen Geburtskliniken in Kooperation mit pädaudiologi schen Zentren realisiert wurde. Das UN HS hat zum Ziel, möglichst alle Neugeborenen in den er sten Lebenstagen sicher und schnell mit nichtinva s iven, objektiven Hörprüfmethoden zu erfassen . Nur so können alle prä- und perinatal auftreten den H örstörungen frühzeitig erkannt u n d eine The ra p i e und ( Re- ) H abi l i t a ti o n bereits im ersten Lebenshalbjahr eingeleitet werden. Sinnvoll ist die D urchführung eines zweistufi gen Hörscreenings unter Einschluss der automati sierten Messung otoakustischer Emissionen (OAE) und/ oder der automatisie1ien Registrierung früher akustisch evozierter Potentiale (FAEP). Der Vorteil letzterer M ethode besteht dari n , dass die diagnostische Aussagekraft nicht nur bis zur Ebene der äußeren Haarsinneszellen des Innenohres reicht, sondern auch die neuralen Verarbeitungs prozesse des H örnervs und unteren H i rnstammes
m it erfasst werden. Bei auffä lligem Screening-Er gebnis muss ein zeitnahes Follow- up gesich ert sein, um möglichst schnell den bestehenden Ver dacht auszuräumen oder eine m ögliche H örstö rung durch d i e pädaudiologi sche Differenzialdiag nostik hinsichtlich Art und Grad abzusichern . Molekulargenetische Aspe]{te
Häufigste M utation in der Gruppe der hereditären Schwerh örigkeit e il ist die M utation i m Conn exin26- G e n . D i es betrifft nichtsyn d romale, autoso mal-rezessiv vererbte Schwerhörigkeiteil mit er heblicher Ausprägung des H ördefizites und häufig progredienten Verlauf. Neben der M utati on des Connexin -26-Ge n s (Gen o rt D F N B 1 m it Locus
-------
13ql2) kommen mehr als 1 00 verschiedene Gen defekte i n Frage. Im Z uge möglicher molekular medizinischer Therapieansätze, fam i l iengeneti scher Beratungen, aber auch zur Früherkennung kindlicher S chwerhörigkeiten kommt der mole kulargenetischen D iagnostik eine wichtige Be deutung zu. Basisdiagnostil{
Diese besteht aus: • Fam ilien-, S chwangerschafts- und Eigenana mnese • H NO-Status mit Ohrmikroskopie • Hörprüfungen. Die zur Anwendung kommenden H örprüfungen sind unterschiedlich und hängen vom Alter des Kindes ab. Nur die geeignete Kombination mehre rer Testverfahren gewährleistet eine sichere Aussa ge über die Hörfähigkeit des Kindes. Grundsätz lich können die verschiedenen Hörprüfmethoden in zwei G ruppen eingeteilt werden: • subjektive H örprüfungen (psychoakustische Messverfahren) • objektive H örprüfungen. Subjektive Hörprüfungen Prüfung der Reflexe nach akustischem Reiz: Im Neugeborenenalter können diverse Reflexe als un
willkürliche Reaktion auf einen akustischen Sti mulus (Sinustöne, Rauschen, Wobbeltöne etc . ) ausgelöst werden: • A u ropa lpebra lreflex: viele Jahre vorhandener Reflex mit Augenli dbewegungen bei akustischer Stimulation • Mora-Reflex: insbesondere in den ersten 3 Le bensmonaten; Ausführen der Arme mit an schließender Zusammenführung über der Brust bei lauter akustischer Beschallung • akustiko-fazialer Reflex: viele Jahre vorhande ner Reflex, bei dem als Reaktion auf laute Geräu sche die mimische M uskulatur innerviert wird • Startle-Reflex: Zusammenfassung von auropal pebralem und akustikofazialem Reflex m it Bewe gungen der Augenlider und der mimischen Mus kulatur bei akustischer Stimulation • Ä nderung der Motorik, des Respirationsverhal tens sowie der Herzfrequenz. Welcher Reflex zur Einschätzung der Hörlei stung herangezogen wird, m uss von der indivi duellen Situation abhängig gemacht werden. Ent scheidend für die Aussagekraft dieser Tests ist ne ben der optimalen Umgebungssituation (keine äu ßeren zusätzlichen Reize, wie z.B. Licht, Vigilanz des Neugeborenen etc. ) vor allem die Erfahrung des untersuchenden Personals. Verhaltensaudiometrie: Ä hnliche Voraussetzun gen gelten für die Verhaltensaudiometrie, bei der
46 Schwerhörigkeit
die Reaktionen von Kleinkindern ab dem 5. Le bensmonat als Parameter verwendet werden. Die akustische Reizung erfolgt in mindestens 3 unter schiedlichen Frequenzen, beginnend mit niedriger Intensität. Im Unterschied zur Reflexaudiometrie kann bei dieser Untersuchungsmethode auch das Richtungshören überprüft werden, indem die Hin wendung zur seitl ich angebrachten Schallquelle als zusätzlicher Faktor mitbewertet wird. Spielaudiometrie: Ab dem 2 . Lebensjahr findet
die Spielaudiometrie Verwendung. Die akustische Stimulation wird hierbei mit einer simplen kondi tionierten Spielsituation (z. B. Bauklötze aufbau en) verbunden. Als Stimuli werden Reintöne i m Frequenzbereich von 250 Hz bis 8 kHz verwendet, so dass Aussagen über frequenzspezifische Schwerhörigkeiten möglich werden. N eben dem Einsatz von Kopfhörern zur genauen seitenge trennten Begutachtung kann auch durch Verwen dung von Knochenleitungshörern eine Differen zierung von Schallempfin dungs- und S challlei tungsschwerhörigkeit durchgeführt werden.
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Kinderaudiometrie: Die der Erwachsenenaudio metrie entsprechende Kinderaudiometrie kann in der Regel frühestens ab dem 4. Lebensjahr einge setzt werden. Mit amplitudenmodulierten S inus tönen wird der Frequenzbereich zwischen 1 25 Hz und 1 0 kHz geprüft. Monaurale sprachaudiometrische Verfahren:
Gelingt mit den bisher angeführten Testverfah ren lediglich die Überprüfung des peripheren Hö rens, können mon.aurale sprachau dio metrische Verfahren die gesamte Hörbahn inklusive des zen tralen Sprachverständnisses und der auditiven Wahrnehmung testen. Zu d iesen Untersuchungen zählen im deutschsprachigen Raum insbesondere der Mainzer ( 1 , 2, 3 ) , der Göttinger (1, II) und der Freiburger Sprachverständlichkeitstest, die ca. ab dem 4. bis zum 6. Lebensjahr eingesetzt werden können. Da keine Normwerte für diese Tests exi stiere n , gehört die I nterpretation der U ntersu chungsresultate in die Hand erfahrener Pädaudio logen. Überschwe1lige Testverfahren : Sogenannte iiber schwellige Testverfahren setzen eine gute Koope
ration des Kindes voraus und sind somit meistens erst ab dem 7. bis 8. Lebensjahr einsetzbar. Die Er kennung überschwellig angebotener I ntensitäts schwankungen (SISI-Test) , die Messung der I nten sitätsunterscheidungsschwelle ( Lüscher-Test) sowie der binaurale Lautheitsvergleich (Fowler-Test) dienen alle dem Nachweis des Lautheitsausgleichs (Rekruitment) , der als Hinweis auf eine Innenohr schädigung gewertet wird. Bei eindeutig positivem Testergebnis können so retrokochleäre U rsachen
267
E
46
Schwerhörigkeit
der Schwerhörigkeit weitestgehend ausgeschlos sen werden . Weitere Testverfahren: Speziell für die Erkennung
von zentralen auditiven Verarbeitungs- und Wahr nehmungsstörungen ( AVWS) entwickelte Ver fahren sind z.B. der dich otische Sprachverständ lichkeitstest nach Uttenweiler oder Feldmann, das Sprachverstehen im Störgeräusch, der BILD (bi n a u ral - i nte l lige b i l i ty-leve l - d i ffere n c e ) - Test sowie weiterfü hrende objektive Verfahren ( z . B . Registrierung später akustisch evozierter Poten ziale ) . D ie Erläuterung und die Bedeutung dieser speziellen Testverfahren sollte in der einschlägigen Literatur nachgelesen werden. Objektive Hörprüfungen
268
---
--
Da d ie I nterpretation der Ergebnisse s ubjektiver pädaudiologischer U ntersuchungsverfahren viel Erfahrung erfordert, wurden schon frü hzeitig ob jektive M ethoden entwickelt und eingesetzt. Die ältesten und auch heute noch für die Routine wich tigen Methoden sind die Tympanometrie und die Registrierung der Stapediusreflexe, die auch i mpe danzaudiometrische Verfahren genannt werden. Die Tympanometrie informiert über die Schwin gungsfähigkeit des Trommelfell-Gehörknöchel chensystems und damit über die Schalleitung im M ittelohr. Wichtige Krankh eitsbilder im Kindes alter (Tubenbelüftungsstörung, Paukenerguss) können mit H ilfe d ieses einfachen Tests erkannt werden. D ie I mpedanzänderung d urch refl ektorische Kontraktion des M. stapedius, physiologisch bei Schalldruckpegeln > 85 d B SPL als S c hutzreflex des O hres auslösbar, kann über die Stapedius reflexmessung als einfache Meßvorrichtung regi striert werden. Die Bedeutung des polysynapti schen Stapediusreflexes ist vielseitig. Pathologi sche Faktoren des afferenten Schenkels (N. vesti bulocochlearis, polysynaptische Verschaltung auf Hirnstammebene) können ihn ebenso beeinflus sen wie Erkrankungen i m efferenten Bereich ( N . intermedio-facialis). D a aber auch komplexe H irn stammerkrankungen diesen Test selten unbeein flusst lassen , gilt besonders für die Interpretation der Stapediusretlexschwelle, was generell für alle audiologischen Messverfahren gilt: eine sinnvolle Interpretation muss auf dem Resultat mehrerer U ntersuchungen basieren. Neben der I m pedanzaudiometrie sind jedoch insbesondere die elektrophysiologis chen U ntersu chungsverfahren sowie die Registrierung der o to akustischen Emissionen unverzichtbare Bestand teile moderner pädaudiologis cher D iagnostik. Sie gehören zu den wichtigsten und aussagekräftigst en Untersuchung sverfahren in der Neugeborenen und Kleinkinderau diologie. Bei der Messung der otoakustischen Emissionen werden über ein im
äußeren Gehörgang plaziertes M i krophon sowoh l d i e spontanen a l s auch nach Applikation eines Reizes per Kopfhörer die evozierten Emissionen des Innenohres gemessen. Die anschließende am plituden- und frequenzspezifische Auswertung er laubt Aussagen über die Funktion der äußeren Haars i nneszellen auf der Basilarmembran der Cochlea. Unter dem Oberbegriff E RA (evoked re sponse audiometry) verbergen sich eine Reihe ver schiedener U ntersuchungen, von denen die wich tigste die B ERA (bra instem evoked response au diometry) ist, bei der nichtinvasiv über Oberflä chenelektroden die frühen akustisch evozierten Potentiale (FAEP) registriert werden. M it ihrer Hil fe lassen sich objektive Aussagen machen: • zur Art der Schwerhörigkeit (Differenzierung: Schallleitungs-/S challempfindungsschwe rh örig keit) • zum Grad der S chwerhörigkeit (Ermittlung ob jektiver Erregungsschwelle) • zur retrocochleären Verarbeitung (Reifung der Hörbahn , Deprivationseffekte d urch S chwer hörigkeit). Die Untersuchung erfordert keine Kooperation des Kindes und kann sogar in Narkose durchge führt werden. Die Registrierung kortikal evozierter Potentiale (cortical evoked response audiometry, C E RA) dient zur U ntersuchung der späten Verarbeitungs phasen auf korti kaler Ebene. Aufgrund dieser Untersuchung, jedoch nur in Verbindung mit den Ergebnissen der speziellen subjektiven Testverfah ren können sich H inweise auf zentral auditive Ver arbeitungsstörungen ergeben. Diagnostischer Weg
Ein grobes Hörscreening findet regelmäßig mit Hilfe der reflex- u n d reaktionsaudiametrischen Untersuchungen i nnerhalb der Vorsorgeuntersu chungen U2 bis US statt (Tab. 46. 1 ) . Sollten sich bei der D urchfü hrung d ieser U ntersuchungen auch nur die geringsten Hinweise für eine beste hende S chwerhö rigkeit ergeben, ist die weitere Abklärung i n H NO-ärztlicher oder pädaudiolo gisch ärztlicher Hand und ggf. in einem pädaudioTabelle 46.1
Untersuchung der Hörfähigkeit im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen .
Beurteilung äußeres Ohr auropalpebraler Reflex U4 Ablenkreaktion auf laute Geräusche (>80 dB) U5 Ablenkreaktion auf leise Geräusche (40-50 dB) U6 Ablenkreaktion auf Reize verschiedener Frequenz, Beurteilung der Sprachentwicklung U2
U3
U7 UB
wie U6 Prüfung mit Kopfhörern, Beurteilung der Sprach entwicklung und der Artikulation
-----
logischen Zentrum obligat. Abweichend h iervon müssen Kinder mit Risikofaktoren (Tab. 46.2) um gehend einer umfassenden Abklärung des Hörver mögens zugeführt werden. Einen Ü berblick i m Rahmen eines Flussdiag ramms z u m diagnosti schen Weg zeigt Abbildung 46. 1 .
Tabelle 46.2 Kindern.
R i sikofaktoren
46
Schwerhörigkeit
der Schwerhörigkeit bei
• familiäre Schwerhörigkeit
• Frü h gebu rt (::; 32 SSW)
• •
• •
Differenzialdiagnose
•
• • •
Grundsätzlich l assen sich bei der Schwerhörigkeit drei Gruppen unterscheiden: • Schallleitungsschwerhörigkeit • Schallempfindungsschwerhörigkeit • zentrale Hörstörungen.
•
•
•
perinatale Hypoxie Geburtsgewicht < 1 500 g APG A R -In d ex nach 5 min ::; 3 kü nstl ic he Beatmung als Neugeborenes Hyperbilirubinämie (> 9 mg% am 1 . postpartalen Tag) präpartale I nfektionen (Toxoplasmose, Lues, Röteln etc.) M en i ngit is , En zephal it i s ototoxische Me d ikamente Ab u s u sverhalte n der M utter (Medikamente, Alkohol, Drogen) frü h ki n d lic h e Schädel-Hirn-Traumen zerviko-faziale Fehlbildungen
Hörstörungen Otoskopie lmpedanzaudiometrie y m pa nog ramm/ Stapediusreflex
• Risikokinder (siehe Risikokatalog) • Ki n d e r mit Verdacht auf Hörstörung (nach Hö screeni ng )
T
r
� auffällig .
I
t
t
_,.__ unauffällig •
1
normale Emissionen
+
alle Risikokinder auffällig
unauffällig
retrocochleär auffällig
Abb. 46. 1
Schallleitu ngsstö r u ng
I
f
Säuglinge und Kleinkinder ::; 2 Jahre
z.B.: MS, Tumor, Neurofibromatose Typ I
•
auffällig
f
I
Ohrmikroskopie evtl. Kinderaudiometrie
~
FAE P (Schwellenbestimmung, ggf. frequenzspezifi sch)
zentrale Hörbahndiagnostik CERA
10-Hörverlust 20 - 30 dB: 10-Hörverlust probative :::>. 30 dB Versorgung
auffällig
I
unauffällig
mittel- bis hochgradige lnnenohrhörstörung, Taubheit
•
kinderneuro logische Untersuchung
•
t
Früherfassu ng kind l i c her Hörstörungen.
cn � :::c
logopädische Diagnostik
keine Emissionen
FAEP (nur überschwellig)
"'0 c ::J (]) cn � z
1
OAE nur bei unauffälligem Ohrbefu nd/ Impedanz
alle Kinder mit
0
unauffällig, aber: V.a. auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungs störungen oder Sprachentwicklungs verzögerungen
Audiometrie Reflex-, Verhaltens Spielaudiometrie
+
�
..c:
�
alle Risikokinder Normakusis
c
�
Kontrolle 269
E
46 Schwerhörigkeit -----
Schallleitungsschwerhörigkeit
Die m it Abstand häufigste kindliche Schwerhörig keit wird durc h den Paukenerguss verursacht. Ei ne Hyperplasie der Rachenmandeln, ggf. verbun den mit einer bakteriellen Besiedlung, füh rt h ier bei zu einer mangelnden Belüftung des Mittelohres über die Tuba auditiva (Eustachio-Röhre). Weitere wichtige U rsache der kindlichen Schallleitungs schwerhörigkeit ist die große, sehr heterogene Gruppe der Fehlbildungen, die fast ausschl ießlich in komplexer Form auftreten (z.B. kranio-faziale Dysplasien) . Schallempfindungsschwerhörigl{eit
Hier werden sowohl die cochleären als auch die retrocochleären S ch werhörigkeiten subsumiert. Eine sinnvolle Einteilung jedoch sollte in Anleh nung a n die internationale Literatur wie folgt durchgeführt werden (Tab. 46.3 ) : • hereditäre Schwerhörigkeiten • erworbene Schwerhörigkeiten • unbekannt verursachte Schwerhörigkeiten (dürften zum überwiegenden Tei l den hereditären Schwerhörigkeiten zuzuordnen sein). Obwohl eine Vielzahl von Syndromen aufge l istet ist (s. DD-Tab. ) , spielen sie zahlenmäßig nur eine geringe Rolle (ca. 2% aller kindlichen Schall ern pfi nd ungsschwerh ö rigkeiten) . Wesentlieh hä u figer sind die hereditären Formen und h ie r die autosomal-rezessiv vererbten Schwerhörigkeiten . I hr Anteil beträgt ca. 40 % . Aufgrun d deutl icher Fortschritte i n der Neonatologie bekommt d i e Gruppe d e r perinatal erworbenen Schwerhörig keiten größeres Gewicht, da auch sehr unreif Früh geborene ( < 1 000 g) mit multiplen Organdefiziten überleben. Es ist zu erwarten, dass in den Indu striestaaten eine große Zahl von erworbenen
Schwerhörigkeiten zukünftig in d iese Kategorie einzustufen ist. Zentrale auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS)
U nter zentralen AVWS werden verschiedene Stö rungsbilder zusammengefasst, bei denen eine Schädigung oder Funktionsbeeinträchtigung zen traler H örbahnabschn itte oberhalb des H örnervs vorliegt u n d das peri p h ere H öro rgan (Außen-, Mittel-, I n nenohr) weitgehend unbeeinträchtigt ist. Bei Kindern mit zentralen Hörstörungen zei gen nur etwa 40% hirnorganische Auffälligkeiten , die durch Meningitis, Enzephalitis, E inblutungen , Tumoren, Fehlbildungen etc. verursacht werden können. Etwa 60% d ieser Kinder zeigen zentrale auditive Verarbeitungsstörungen im S inne einer Teilleistungsschwäche, wobei Störungen der zen tralen Hörbahn bis zum primären auditarischen Kortex durch spezielle audiologische Testverfah ren nachgewiesen werden können. Hauptsympto me bei der Verdachtsdiagnose AVWS sind das ge störte Richtungshören, die schlechte Sprachdiskri m ination im Störgeräusch sowie ein erhöhtes Lautheitsempfi nden gege n über Störgeräuschen. Häufig fallen die Kinder durch ein gestörtes Kom munikationsverhalten, sprachliche und schulische Probleme auf. Von den zentralen auditiven Verarbeitungsstö rungen können psychogene Hörstörungen und au ditive Wahrnehmungsstörungen abgegrenzt wer den. Hier wird die Störung i n den sekundären und tertiären H i rnrindenfeldern vermutet, in denen die akustische I nformation auch mit anderen Sinnes modalitäten verknüpft wird. Die Diagnostik zen traler Hörstörungen kan n nur in speziellen audio l ogischen/pädaudiologischen Zentre n durchge füh rt werden.
Tabelle Diagnose Besonderheiten zusätzliche Nichtsyndromale hereditäre Schwerhörigkeiten 46.3
Hereditäre und erworbene Schwerhörigkeiten.
Befunde ��----��� �--------------------------------�
autosomal-dominante Schwerhörigkeit
evtl. als Mondini- oder Michel-Typ mit Dys- oder Aplasie der Cochlea, häufig jedoch ohne morphologische Befunde
autosomal-rezessive Schwerhörigkeit
häufigste angeborene Schwerhörigkeit, evtl . als Scheibe-Typ (Dysplasie des Ductus cochlearis)
Syndromale hereditäre Schwerhörigkeiten
270
X-chromosomale Schwerhörigkeit
nur männliche Kinder betroffen, selten
Usher-Syndrom
autosomal-rezessiv, Retinitis pigmentosa, geistige Retardierung, Bronchiektasen
Alstram-Syndrom
autosomal-rezessiv, Retinitis pigmentosa, Adipositas, Niereninsuffizienz
Refsum-Syndrom
autosomal-rezessiv, Retinitis pigmentosa, Polyneuropathien, sehr unterschiedlich, Ataxie, Ichthyose
---
46
Schwerhörigkeit
Tabelle Besonderheiten, zusätzliche Befunde Diagnose Syndromale hereditäre Schwerhörigkeilen 46.3
Hereditäre und erworbene Schwerhörigkeilen (Fortsetzung)
Hallgren-Syndrom
autosomal-rezessiv, progredienter Visusverlust, Ataxie
Laurence-Bard et-Moon Biedi-Syndrom
autosomal-rezessiv, Visusminderung, Adipositas, Polydaktylie, Kleinwuchs, mentale Retardierung
Alport-Syndrom
mit Nephritis und progredienter Niereninsuffizienz, progrediente Schwerhörigkeit
Pendred-Syndrom
autosomal-rezessiv, euthyreote Struma, evtl. Progredienz
Waardenburg-Kiein-Syndrom
autosomal-dominant, Pigmentstoffwechselstörung, weiße Stirnlocke
Vourmann-Vourmann-Syndrom
autosomal-dominant, präaurikukäre und Hals-Fisteln
Franceschetti -Syndrom
autosomal-dominant, mandibulo-faziale Fehlbildung, häufig kombinierte Schwerhörigkeit
Wildervanck-Syndrom
zervikale Feh lbildung, Dysplasie des Mittelohres, Abduzensparese
Hunter-Syndrom
M ukopolysaccharidose I I , Hepatosplenomegalie, psychomotorische Retardierung
U IIrich -Scheie-Synd rom
Mukopolysaccharidose 1-V, geistige Retardierung
Goldenhar-Syndrom
Dysplasia oculo-auricularis, Gesichtsasymmetrie, Herzfehler, Hornhauttrübungen
Osteogenesis i mperfecta
blaue Skleren, Knochenbrüche, häufig kombinierte Schwerhörigkeit
Robin-Syndrom
Dysplasie Mund - Kiefer - Zunge, autosomal-dominant, häufig kombinierte Schwer hörigkeit
chromosomale Anomalien
Down-Syndrom, Cri-du-chat-Syndrom, Ullrich-Turner-Syndrom etc.
Neurofibromatose
autosomal-dominant, Typ 2: bilaterale Akustikusneurinome (retrocochleäre Schwerhörigkeit)
c: Q)
:.....
.r::.
0
"C c ::::s Q) cn (1;j z cn (1;j I
Erworbene Schwerhörigkeit (pränatal erworben) Rötelnembryopathie
Katarakt, Vitium cordis (Gregg-Syndrom)
Zytomegalieinfektion
Meningoenzephal itis, I kterus
Toxoplasmoseinfektion
Hydrozephalus, Chorioretinitis, Ikterus
konnatale Lues
Tonnenzähne, i nterstitielle Keratitis (Hutchinson-Trias)
ototoxische Substanzen
Vielzahl von Medikamenten (Aminoglykoside, Zytostatika etc.)
Neugeborenenasphyxie
unterschiedliche zentrale Defekte
Frühgeburt
unterschiedliche zentrale Defekte
Kernikterus
Hyperbilirubinämie (z. B. bei Morbus haemolyticus neonatorum)
ototoxische Substanzen
Vielzahl von Medikamenten (Ami noglykoside, Zytostatika, etc.)
Erworbene Schwerhörigkeit (postnatal erworben) infektiös-toxisch , z . B. Mumps, Lues
häufig meningogen, seltener tympanogen, Lyme-Borreliose, Masern, Zaster oticus etc.
mechan isch-traumatisch
unterschiedliche Mechanismen
tumorös
diverse Tumoren des ZNS, des Kleinhirnbrückenwinkels, des inneren Gehörganges und des Felsenbeines
ototoxisch e Substanzen
Vielzahl von Medikamenten (Aminoglykoside, Zytostatika etc.)
271
E
47 Tinnitus
------
Differenzialdiagnostische Tabelle
Differenzialdiagnose der kindlichen Schalleitungsschwerhörigkeiten Ätiologie heiten, Besonder t�harakterisierung Diagnose Nebenbefunde I des Hauptsymptoms Schallleitungs-
Sch we rhö r i g keit
Cerumen obturans
vermehrte Bil dung
typisches otoskopisches (vorsichtige Reinigung)
Paukenerguss
Tubeninsuffizienz
chronische Rhinitis, Mundatmung
Otitis media
akut oder chronisch
typisches
Fehlbildung
des M ittelohres oder Gehörganges
teratogene Noxe n unbekannt
wechselnde Ausprägung, häufig
Traumen
Luxation der Gehörknöchelchen,
,
Bild
I
klinisches Bild
Anamnese
Tro mmelfellperforation
Ringbandsklerose
hereditär
auch kindliche Otosklerose
Cockayne-Syndrom
kongenital
Kleinwuchs, Retinitis pigmentosa
Thalidomidembryopathie
teratogene Noxe
Dys- oder Aplasie des Mittelohres oder des Gehörgang es
Pyle-Syndrom
hereditär
Hyperostosis der Schädelbasis
van-Buchem-Syndrom
hereditär
Hyperostosis
des
Schädels
47 Tinnitus H asso von Wedel, U lla-Ch ristiane von Wedel, Mic hael Streppel , M arti n Walger
S mptombeschreibung
Einleitung und Epidemiologie
2 72
Tinnitus oder Ohrgeräusche können als Symptom einer Vielzahl von Erkrankungen angesehen wer den, die auch außerhalb des HNO-Bereiches lie gen können. Tinnitus ist zwar keine lebens bedrohliche Krankheit, kann jedoch in Abhängig keit vom S chweregrad zu erhebl ichen Beeinträch tigungen der Lebensqualität besonders im Erwach senenalter führen. N ach weltweiten epidemiol ogi schen Erhebungen kann die Häufigkeit von Tinni tus bei Erwachsenen auf 6% geschätzt werden. Für etwa 1% dieser Gruppe kann davon ausgegangen werden, dass Tin nitus e inen erheblichen Leidens druck m it sekundären psychosomatischen Fol geerscheinungen verursacht, die i m Einzelfall zur B erufsunfähigkeit o der i m Extremfall zu S u izid führen können. Untersuchungen über das Vorkommen von Tin n itus bei Kindern werden vornehmlich für Alters stufen zwischen 8 und 16 Jahren angegeben, die zu etwa 3 % von Hörstörungen betroffen sind. 60 bis
70% d ieser Kinder geben kurzzeitigen oder inter m ittierenden Tinnitus an, der häufiger auf dem besser hörenden Ohr auftreten soll . Die Prävalenz ist bei gering bis h ochgradig hörgeschädigten Kin dern doppelt so hoch wie bei tauben Kindern. Ein echter Leidensdruck wird bei 40% aller Kinder mit Tinnitus ermittelt. Insgesamt existieren wenig Untersuchungen zur Epidemiologie von Tinnitus bei Kindern. D ies mag auch damit zusammenhängen, dass Kinder Tinni tus häufig nicht beu rteilen können und deshalb auch nicht mitteilen. Da Ohrgeräusche Höremp findungen darstellen, die keinen Signal- oder In formationscharakter haben, werden sie bei Kin dern anders wahrge nommen und zentral schneller kompensiert als im Erwachsenenalter. Formen
u n d Ursachen
Grundsätzlich d ürfen Ohrgeräusche nicht als eigenständige Krankheit angesehen werden, son dern als Symptom einer Funktionsstörung im Hör system unterschiedlicher Ä tiologie und unter schiedlichen Ursprungs. Es lassen sich zwei For men unterscheiden:
47 Tinnitus • Der seltener auftretende o bjek tive Tinnitus wird d urch eine interne Schall quelle i m Bereich des peripheren Hörorgans hervorgerufen, wobei vaskuläre Prozesse, z. B. Stenosen der Arteria ca rotis, arteriovenöse Shunts, muskuläre Störungen wie Spasmen, Kontraktio nen o der Myoklonien der im M ittelohr gelegenen Binnenohrmuskeln so wie der Gaumenmuskeln, die beim Ö ffnungsvor gang der Tuba auditiva E ustachii zwischen Nasen Rachen-Raum und Mittelohr beteiligt sind, die U r sache sein können (Tab. 47. 1 ) . Diese akustischen Signale werden über entsprechende Gewebestruk turen und über den Knochen an das Innenohr des Patienten weitergeleitet und führen dort zur Sti m ulation und damit zu einer akustischen Wahr nehmung. Objektive Ohrgeräusche lassen sich mit H i lfe von Stethoskop, H örschlauch sowie Mikro p hon im Bereich des äußeren Ohres oder Gehör gangs objektivieren. • Im Gegensatz zu den objektiven Ohrgeräuschen lassen sich die s u bjek tiven Ohrgerä usche, auch als Tinnitus aurium bezeichnet, diagnostisch nur eingeschränkt objektivieren. Sie werden subjektiv vollkommen unterschiedlich empfunden ( I(]in gel n , Tönen , Pfeife n , Zischen, Summen, Sausen oder Brummen) und entweder im O h r, im Kopf, rechts oder links oder beidseitig lokalisiert. Ursa chen sind in Tabelle 4 7.2 aufgeführt. D urch Stress, Lärm, N ikotin, Alko h o l , B l ut druckänderungen, N ackenverspann ungen etc. und auch durch körperliche Belastungen wird Tin n itus individuell unterschiedlich verstärkt. Der
Tabelle vaskuläre Ursachen 47.1
Ursachen objektiver Ohrgeräusche.
•
extrakranielle Lokalisation - Karotisstenose - Vertebralisstenose - Hämangiom - Glomuskarotikum-Tumor - Herzvitien • intrakranielle Lokalisation - arteriovenöse Fistel - Hämangiom - Arteriosklerose der Zerebralarterien - Hochstand des Bulbus venae jugularis • veränderte Rheologie - Anämie - Polyzythämie
muskuläre Ursachen •
•
Gaumenmuskulatur - Palatomyoklonus des M. tensor oder M. Ievator veli palatini Binnenmuskulatur des Mittelohres - Spasmus, seltener Myoklonus des M. tensor tympani - Spasmus, seltener Myoklonus des M. stapedius
Tabelle • • •
•
•
•
•
•
•
• •
•
•
47.2
Ursachen subjektiver Ohrgeräusche.
Autoimmunerkrankungen Herz-Kreislauf-Krankheiten Stoffwechselkrankheiten Nierenkrankheiten schwere Allgemeinerkrankungen rheumatische Krankheiten Allergien neurologische Krankheiten psychosomatische Krankheitsbilder, vegetative Störungen Stress. Erschöpfung Erkrankung des zentralen Nervensystems funktionelle Störungen der Halswirbelsäule funktionelle Störungen des Kiefergelenks
häufig genannte Circulus vitiosus, der eine Tinni tusverstärkung bedeutet, wird d urch sekundäre psychische und vegetative Reaktionen auf diese lä stigen, willkürlich nicht reduzierbaren oder aus schaltbaren akustischen Wahrnehmungen oftmals erst in Gang gesetzt. Verbunden mit Tinnitus sind häufig S chlaf- und Konzentrationsstörungen bis hin zu Depressionen mit Angstzuständen. Oft werden Ohrgeräusche im Rahmen koch leärer Hörstörungen ausgelöst und im auditiven Kortex des zentralen Hörbahnsystems s ozusagen al s Engramme abgebi ldet. Dies führt dazu, dass häufig Tinnitus über das l imbisehe System sowie subkortikale Areale des vegetativen N ervensy stem s verstärkt werden und z. B. bei der früher häufig vorgenommenen D urchtrenn ung des Hör nervs weiterhin persistieren kann.
c:
�
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0
"'0 c: ::J (1) (/) � z
Pathophysiologie
Bis heute sind die pathophysiologischen Vorgänge immer noch nicht exakt bekannt. Als primäre U rsache der Tin n itusentstehung können wahrscheinlich Selbsterregungen der Sin neszellen, überwiegend ausgelöst durch eine Schä digung der äußeren Haarsinneszellen des Corti schen Organs, angesehen werden. Diese Vorgänge werden bei einer gestörten Kopplung der Stereozi l ien zur Tektorialmembran durch Lärmeinwirkun gen , im Rahmen von Erkrankungen (z. B. Morbus Meniere) o der bei einer Beeinträchtigung der E nergieverso rgung der Haarsin neszellen (z. B. Hörsturz) diskutiert. Die A usschaltung oder Redu zierung der Kontrollfunktion der äußeren Haar sinneszellen resultiert damit in einer veränderten Spontanaktivität der Hörnervenfasern und führt im zentralen Hörbahnsystem zu der bereits be schriebenen subjektiven Wahrnehmung des Tinni tus, der bisher d urch elektrophysiol ogische Mes sungen am Patienten i n der kli nischen Routine nicht nachweisbar ist.
273
47 Tinnitus ---objektive Ohrgeräusche (pulsierend, atemsynchron, Spasmen)
Otoskopische Untersuchung
+
pathologisch
+
subjektive Ohrgeräusche
unauffällig
Verdacht auf Glomustumor
fortlaufendes Ty mpanagramm
Tuba aperta Spasmus M. tensor tympani oder M. stapedius • Gaumen segeltonus
•
otoskopische Untersuchung unauffällig
otoskopische Untersuchung pathologisch
�---� • Walkman •
• Barotrauma. • Explosionstrauma
Knall- oder Explosionstrauma
•
traumatische Tro m melfell perforation • Felsenbeinfraktur • post operationem •
•
er �i• *
�
nein
1
• ototoxische Medikamente (Aminoglykoside, Cisplatin, Garbeplatin etc.)
gnatholog ische Diagnostik
B io p s ie
'-----. -.__ ___j
• Cerumen • Fremdkörper • Otitis externa • Sero-Muko-Tympanum • Otitis media
• Angio-MRT
• Somatostatinszintigramm
•
•
-+ nein
A
+
z.B.
Glomus tumor
pathologischer HWS-Befund
• HIV • Borreliose
• Virusi nfekt ion
malignes Gewebe
frühe akustisch evoz ierte Potenziale ( FAEP)
Stenose, Gefäßprozess
Differenzialdiagnose bei objektiven Hörge-
räuschen.
27 4
Ambossluxation Fensterruptur
stumpfes Schädeltrauma
ja
Aneurysma
Abb. 47.1
+
• Malokklusion, • myofaziales Syndrom • Otosklerose • Kettenfixation
Manual diagnostik
nei n
Lärm, Disko
Für das Auftreten des Tinnitus, z. B. bei Taubheit oder beim Akustikusneurinom, m uss ohne die Be teiligung der Haarsinneszellen im I nnenohr eben falls eine Störung der Spontanaktivität von H ör nervenfasern verantwortlich gemacht werden . Fortschreitende D egenerationen können hier zu einer Instabilität der zugehörigen Musterverarbei tung bis zum auditiven Ko1iex und damit zur Tin nituswahrnehmung führen. Analoge M echanis men lassen sich als Phantomschmerz nach Ampu tation von Gliedmaßen beobachten. Auch bei Tinnitus, der seinen Ursprung mehr im zentralen H örbahnsystem hat, sollen Ä nderungen der Spontanaktivität in den verschiedenen Berei chen vom H irnstamm bis zum auditiven Kortex auftreten, die d iese veränderten Erregungsmuster verursachen .
� unklar
nein
t
Hörsturz/ M. Meniere unklar
Abb. 47.2
MS, KHBW-Tumor o.a. Differenzialdiagnose bei subjektiven
Ohr
geräuschen .
I n der Regel kann davon ausgegangen werden, dass bei der M e h rzahl der Betroffenen der ur sprünglich peripher ausgelöste Tinnitus zentrali siert und dort in seiner Wah rnehmung verstärkt wird . D iese zentrale Sensitivierung kann als Er gebnis spezifischer zentralnervöser neurophysio logischer Lernvorgänge gegenüber der Noxe Tin n i tus auf dem Boden der Plastizität des zentral-audi tarischen Systems angesehen werden.
---
Rationelle Diagnostik
Zur D iagnostik von Tin nitus bedarf es einer spe ziellen Anamnese sowie der üblichen H NO-ärzt lichen U ntersuchungen, die im Einzelfall durch zusätzliche i nternistische, pädiatrische, gnatholo gische, orthopädische, neurologische und psycho somatische Untersuchungen ergänzt werden müs sen. Die Flussdiagramme in den Abbildungen 4 7 . 1 und 47.2, die i n Anlehnung a n die Leitlinien/Algo rithmen "Ohrgeräusche" der D eutschen Gesell schaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirur gie entwickelt wurden, unterstreichen die vielfälti gen und verzweigten d iagnostischen S chritte i m Rahmen der Tin nitusuntersuchung. Wesentlicher Schwerpunkt sind die audiologischen oder pädau diologischen U ntersuchungen zur Ermittlung von Art und Grad einer möglichen H örstörung. H ierzu gehören die bekannten Verfahren der Verhaltens und Spielaudiometrie bei Kleinkindern sowie die entsprechenden tonaudiometrischen U ntersu chungen bei älteren Kindern. Diese Untersuchun gen m üssen durch objektive Verfahren wie die Impedanzaudiometrie, die D urchführung elektro physiologischer U n tersuchunge n , wie z . B . die M essung der frühen akustisch evozierten Poten tiale (FAEP), sowie die Registrierung der otoaku stischen Emissionen (OAE) ergänzt werden. Eine gezielte Tinnitusanalyse sollte dann erfol gen, wenn ein erhöhter Leidensdruck vorliegt und
47 Tinnitus
die Kinder ä lter als 5 - 6 J ahre sind. Wesentliche Schwerpunkte einer Ti n ni tusanalyse sollten die M erkmale Ton höhe, Lautheit, Stabi lität einer möglichen Maskierung sowie Hinweise auf mögli che bleibende Hemmungseffekte nach Ausschal ten einer M askierung sei n . S o können Tin n itus qualität und -quantität z. B . durch Vergleich mit Tönen oder Schmal- bzw. Breitbandgeräuschen am Audiom eter bestimmt werden . Häufig effek tiver und aussagekräftiger auch im H inblick auf entsprechende Therapiemaßnahmen sind Mas k ierungsunters uchungen mit S i nustönen oder Schmal- und Breitbandgeräuschen. So wird in die sem Z usammenhang festgestellt, dass der subjektiv als stark störend empfundene Tin nitus häufig bereits mit geringen Lautstärken über der Hör schwelle maskierbar ist. D ies entspricht auch den E rfahru ngen von Tin nituspatienten, dass häufig externe akustische Signale im alltäglichen Umfeld den Tinnitus überdecken. Grundsätzlich ist es von Bedeutung festzuhalten, dass im Hinblick auf den Leidensdruck, der durch Tinnitus verursacht wird, die subjektive Lautheit des Tinnitus nicht mit den häufig geringen Maskierungspegeln von Tin nitus im Bereich von 5 - 1 0 dB über der Hörschwelle des Tin n itus korreliert. Um den Leidensdruck besser zu erfassen, sollten Skalierungen der Tinnituslaut heit, der Belästigung und der Stressfaktoren über visuelle Analogskalen oder psychometrische Test verfahren (Tinnitusfragebögen) erfolgen.
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0
"'0 c ::J Q) (J) ('lj z
D ifferenzialdiagnostische Tabelle --------�
Differenzialdiagnose des Tinnitus rung symptomsHaupt- n un Charakterisie-
weiterführende Nebe bef de
Verdachtsdiagnosen
Bestätigung der Diagnose
Ohrgeräusch
Hörstörung Schwindel Druckgefühl
Mittelohrtinnitus (akute oder chronische M ittelohrentzündung, Otosklerose, Tubenfunktionsstörung, Barotrauma, traumatische Trommelfellverletzu ng)
pädaudiologische Diagnostik (Tonaudiogramm, Tinnitusanalyse, lmpedanzaudiometrie, Stethoskop, Otoskopie)
des
ln nenohrtinnitus (akutes Lärmpädaudiologische Diagnostik trauma: Knall, Explosion, Diskothek; (Tonaudiogramm, überschwellige Lärmschwerhörigkeit Walkman, Audiometrie, Tinn itusanalyse, Diskothek etc.; stumpfes Schädellmpedanzaudiometrie, FAEP, OAE), trauma, hereditäre l n neno h r Vestibularisprüfungen, Röntgen, Schwerhörigkeit, ototoxische peri- oder postnatal erworbene HörEi nflüsse, vaskuläre Genese: Störungen (Asphyxie, Kernikterus etc ) Hörsturz, M . Meniere) -
.
neuraler Tinnitus (Lues, Akusti kusneurinom, tumorale, vaskuläre, entzündliche oder degenerative Schädigungen)
pädaudiologische Diagnostik, Fazialisdiagnostik, vestibuläre Diagnostik, NMR
275
E
F Brust: Bronchopulmonale Symptome 48
Husten - akut und chronisch Ernst R i etschel
(I)
Symptombeschreibung
I
Anamnese Die Fam i lienanamnese gibt H inweise auf ange
Husten ist das häufigste Symptom, mit dem Kinder einem Arzt vorgestellt werden.
Meistens handelt es sich dabei um einen akuten Husten, gelegentlich dauert der H usten aber auch länger als 3 Wochen an und wird dann als "chro nisch" bezeichnet. Husten ist ein Primitivreflex, der sich postparta l zunehmend ausdifferenziert und deshalb im Säug l ingsalter noch nicht ausgereift sein m uss. Jeder H usten wird entweder willkürlich ausgelöst oder durch einen Stimulus, der über H ustenrezeptoren vermittelt wird. H ustenrezeptoren sind in der ge samten Bronchialschleimhaut vorhanden, wobei deren Dichte im Bereich der großen Carinen am größten ist. Außerdem finden sie sich i m Perikard, in der Pleura, dem Zwerchfell und im äußeren Gehörgang. Der den H usten auslösende Stimulus wird über afferente Nerven zum H ustenzentrum in der Medulla oblongata geleitet, von dort wirken efferente I mpulse auf den Larynx und d ie Atem muskulatur ein. Daraus resultiert ein tiefer Atem zug, der den Tracheobronchialbaum maximal dila tiert, anschließend erfolgen ein S c h luss der Glottis und eine Kontraktion der thorakalen und abdomi nalen M uskeln gegen ein maximal gespanntes Zwerchfell . H ierdurch wird ein hoher intrapulmo naler Druck aufgebaut, der bei sich plötzlich öff nender Glottis zu einem explosionsartigen Ent weichen der i ntrathorakalen Luft führt. Sekrete und inhaliertes Fremdmaterial werden so aus den Atemwegen entfernt, i nsbesondere dan n , wenn die anderen Mechanismen der mukoziliären Clea rance gestört sind o der deren Kapazität überfor dert ist.
borene Erkrankungen (Asthma bei Verwandten 1 . Grades, M uk oviszidose, Ziliendyskinesiesyn drome, <X 1 -Antitrypsin- Mangel) . Eine Umgebungsanamnese erfasst das U mfeld i m H inblick auf Allergene ( H ausstaubmilben, Haustiere, Schimmelpilze), inhalative Schadstoffe wie das Ausmaß einer Tabakrauchexposition und I nfektionen (Pertussis, Mykoplasmen, Tuberku lose) . Die Eigena n a m n ese gibt I nformationen zur Schwangerschaft und Geburt (Beatmungsdauer) , Operationen ( I ntubationen) sowie zu bisherigen Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege (Otitiden, Sinusitiden, Laryngitiden, Bronchiti den, Pneumonien) und des Herzens (Vitien) . Imp fungen müssen erfragt werden (BCG, Masern, Per tussis) . M öglichst ausführlich muss auf die Ch a ra k te ri stika des Hustens eingegangen werden: • Die Dauer des Hustens lässt zwischen akut und chronisch unterscheiden. • Die Häufigkeit spielt bei chronischen Ursachen (Asthma bronchiale, M ukoviszidose) eine wichti ge Rolle. • Die Frage nach der Abhängigkeit des Hustens von der Tageszeit, der Jahreszeit (Pollenasthma) oder von körperlicher A ktivität (Anstrengungs asthma) hilft bei der Ursachensuche. Die Hustenqua lität i st h i nweisend auf die Lokalisation des hustenauslösenden Stimulus (s. Abschn. Körperli che U ntersuchung) .
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Nach Begleitsymptomen, wie Stridor, Fieber, Schmerzen, Gewichtsverlust und Einschrän kung der körperlichen Belastbarkeit muss ge zielt gefragt werden.
Ein inspiratorischer Stridor weist auf Engen im Bereich des Pharynx, des Larynx oder der extra thorakalen Trachea hin, ein exsp i ra to ris ch er Stri dor auf Ursachen im Bereich der intrathorakalen Atemwege (obstruktive Bronchitis, Asthma, Mu koviszidose). • Fieber fin det sich bei viralen und bakteriellen Infektionen ( Bronchitiden, Pneumonien, Tuber kulose) , kann aber auch Begleitsymptom bei Me diastinaltumoren sein . •
Anamnese u n d körperliche U ntersuchung füh ren bei akutem H usten fast immer z u r D ia gnose. Zur Abklärung des chronischen Hustens sollten weitere diagnostische Maßnahmen, wie Röntgenbild des Thorax, Lungenfunktionsun tersuchung, S chwei ßiontophorese, Allergietests und GT 10 (Tuberkulintestung ) , d urchgefüh rt werden.
277
F
48
Husten - akut und chron isch
------
Tabelle 48.1 Säuglingsalter
Wichtige Ursachen von chronischem Husten in Abhängigkeit vom Alter.
• Aspiration (Schluckstörung, gastroösophagealer Reflux) • angeborene Fehlbildungen des Larynx und der Trachea • angeborene Fehlbildungen der herznahen Gefäße (Kompression der Trachea oder Bronchien) • Mukoviszidose • Passivrauchen • I nfektion (Chlamydien, Pertussis, RSV, Adenoviren, Parainfluenzaviren,Tbc) • Asthma • angeborene Herzfehler mit Rechts-links-Shunt • Immundefekt
Kleinkindalter
• Fremdkörperaspiration
• Asthma • Mukoviszidose • Bronchiektasen (Ziliendyski nesie, l mmundefekt) • Infektion (RSV, Adenoviren, Pertussis, Tbc) • sinubronchiale s Syndrom (postnasal drip) • gastroösophagealer Reflux • Adenoide • Gehörgangsfremdkörper
Schulalter •
Asthma Mukoviszidose • Infektion (Mykoplasmen, Tuberkulose) • Bronchiektasen (Ziliendyskines ie, lmmundefekt) • sinubronchiales Syndrom (postnasal drip) • gastroösophagealer Reflux • aktives Rauchen • psychisch • Tumor (Lymphom, intrabronchiale Tumoren) •
• Schmerzen weisen, retrosternal angegeben, auf eine Tracheitis hin oder treten im Rahmen einer Pleuritis auf. Schlafen mit offenem M und lässt bei Kindern im Vorschulalter an vergrößerte Adenoide denken. Viele U rsachen von chronischem H usten sind altersabhängig (Tab. 48. 1 ) .
Körperliche Untersuchung
Jede körperliche U ntersuchung eines Kindes mit H usten begin n t mit der Erfassung der Gewichts und Längenperzentilen und deren Verlauf. I nspektion: Bei der Inspektion ist auf Zeichen der Dyspnoe (Tachypnoe, Nasenflügelatmen, Einsatz
278
der Atemhilfsmuskulatur, Einziehungen) , auf ein · verlängertes Exspirium sowie auf eine periphere oder zentrale Zyanose zu achten. Minorkriterien für eine atopische Erkrankung, wie Dennie-Mor gan-Lidfalte, nasale Querfalte, livide Nasenschleim haut oder eine Neurodermitis, lenken den Verdacht auf ein allergisches Asth ma bronchiale. Unter stützend für diese Diagnose sind ein vergrößerter
anterior-posteriorer Thoraxdurchmesser und die Harrison-Furche. N asenpolypen und Trommel schlegelfinger lassen an M ukoviszidose denken. Trommelschlegelfinger sind aber auch ein Hinweis auf Bronchiektasen und zyanotische Vitien. Eitriges Sekret an der Rachenhinterwand kann Zeichen sein für eine Sinusitis m it postnasal d rip. Otoskopie: Da Hustenrezeptoren auch im äuße ren G e h örg a n g sitzen, ist eine Otoskopie zum Aus
schluss eines Fremdkörpers oder großer Mengen an Zerumen Bestandteil jeder körperlichen Unter suchung. Auskultati on: Sobald das Alter es zulässt, sollte
die Auskultation der Lunge u nter maximaler In und Exspiration erfolgen. Alle Lungenlappen sind einzeln und im Vergleich mit der Gegenseite zu auskultieren, um bei seitendifferentem Atem gräusch H i nweise für eine Aspiration, einseitige B ro nchomalazie oder H auptbronchusstenose zu erhalten sowie lokale Prozesse (Atelektase, Lo bärpneumonie) zu erfassen. Die Auskultation vor u n d nach I n halation eines ß2-Mimetikums d ient der Reversibilitätsprüfung einer Obstruktion bei Kindern, die noch keine Lungenfunktionsprüfung durchführen können. Beurteilung der H ustenqualität: Der U ntersucher
sollte n icht versäumen, sich ein Bild von der H u stenqualität zu machen. Bei bronchialer Hyperrea gibilität lässt sich Husten durch maximale Exspira tion provozieren, bei Pertussis durch Spateldruck auf die Zunge. • Bellender Husten weist hin auf eine Ursache im Bereich des Larynx oder der oberen Trachea (Tra cheitis, Laryngitis subglottica) . • Trockener Husten lenkt den Verdacht auf eine Affe ktion der kleinen Atemwege (Asthma, Pneu monie) . • Produktiver Husten findet sich bei Bronchiti den und Bronchiektasen. • Stakkatoartiger Husten kommt vor bei Pertus sis und Adenovirusinfektionen. • Explosionsartiger Husten findet sich häufig bei psychogenen Ursachen. Meistens führen die Anamnese und die körper liche Untersuchung schon zur Diagnose. Insbeson dere bei chronischem H usten muss allerdings eine weiterführende Diagnosti k erwogen werden. Weiterführende Diagnostil< Almter Husten: Bei Patienten mit akutem H usten
ist, insbesondere wenn keine weiteren Symptome vorl i egen , eine weiterführende Diagn ostik nicht notwendig. Gelegentlich muss bei entsprechender Begleitsym ptomatik ein Röntgenbild des Thorax oder bei V. a. einen Fre m d k ö rp e r eine Broncho-
------ 48 Husten - akut und chronisch
Husten
t
• Anamnese körperliche Untersuchung
•
s. Abb. 48.2 und 48.3
chronischer H us en (> 3 Wochen)
akuter Husten (< 3 Wochen)
s. Differenzialdiagnose des akuten Hustens
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mit Begleil· ,,m· "k
ohne BegleU symptomatik
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Stridor
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Infekt der oberen Luftwege Abb. 48.1
Hinweise für Fremdkörperaspiration (Alter, Anamnese, Befund) starre B ronchoskopie
unauffällig
t
• Pleuritis • Perikarditis • Otitis externa
+
s. Abb. 48.3 s. Differenzialdiagnose des akuten und chronischen Hustens
inspiratorisch
+
Laryngitis subglottica • Tracheitis • Fremdkörper • Epiglottitis •
exspiratorisch
t
obstruktive Bronchitis • Fremdkörper • Asthma • Mukoviszidose •
Differenzialdiagnose des H ustens.
skopie durchgeführt werden (s. Abb . 4 8 . 1 sowie Differenzialdiagnostische Tabellen) . Chronischer Husten : Bei Patienten mit chroni schem Husten muss eine Röntgenthoraxaufnah me (s. Abb . 48.2 und 48. 3 ) angefertigt werden, um a ngeborene Fehlbildungen (lobäres Emphysem, adenomatoide zystische Malformation , Lungen teilagenesie , Lungensequester) , röntgendichte Fremdkörper und Atelektasen auszuschließen und das Ausmaß chronisch entzündlicher Veränderun gen (Bronchiektasen ) , das Mediastin um und die Herzgröße zu beurte ilen. Außerdem sind eine Sch weißion toph orese, eine Lu ngenfunktionstestung (Spirometrie), ein G T 10 sowie bei entsprechender Kl inik oder Ana mnese eine B lutun tersuchung (Entzünd ungspara meter, Allergie- und Immun diagno stik , o:1 -Anti trypsin) zu veranlassen .
I
auffällig
Eine normale Schweißiontophorese schließt eine M ulwviszidose nicht aus, m uss lwntroi Jiert und bei entsprechender Anamnese und Klinil< Anlass für weitere Diagnostik sei n (Mo lelwlargenetill).
Ab dem 5 . Leben sjahr s i n d Lu ngenfunktions un tersuchungen zur Beurteilung einer in- oder ex-
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Cf)
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spiratorischen Flusslimitierung, der Reversibilität auf ßrMimetika und des Ausmaßes der Hyperrea gibilität der Atemwege (Provokation mit Histamin o der Metacholin , Kaltluft oder Laufbandbela stung) verwertbar. Eine Restriktion kann auf inter stitielle Lungenerkrankungen hinweisen, die ra diologisch n och n icht sichtbar sein müssen. Meist besteht hierbei eine belastungsabhängige Hypoxie (Pu lsoxymetrie).
Zusätzlich h ilft die Spira lcomputertomogra phie (CT) in H R-Technik das Ausmaß interstitiel ler Lungenerkrankungen zu erfassen und die opti male Lokalisation für eine offene Lungenbiopsie festzulegen . Auch Bronchiektasen lassen sich mit H ilfe des CT weniger invasiv und ebenso sensitiv wie durch eine Bronchographie nachweisen. Ösophagusbreischluck und pH-Metrie sind bei V. a. eine Schluckstörung oder einen Reflux n ot wendige Untersuchungsmethoden in jedem Alter. Mit H ilfe der flexiblen Bronch oslwpie, die i n Sedierung durchgeführt in der Hand des routinier ten Untersuchers eine risikoarme Untersuchungs meth ode darstel lt, lassen sich laryngotracheobron chiale Fehlbildungen diagnostizieren sowie Ein engungen der Bronchien oder Trachea durch eine Malazie, Stenose oder herznahe Gefäße erkennen. Auch zum Ausschluss, jedoch nicht zur Entfer-
279
F
-48 H u sten - akut u n d chron isch --
chronischer Husten m it unauffälliger Rö-Thoraxaufnahme
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T ho ra x tg_ · n_ n,e.. R _o_ _ _ ____
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lontophorese
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negativ
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GT 1 0
(gereinigtes Tuberkulin)
> 5 Jahre: Lungenfunktion
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auffällig
b_ .3 ____, b_ _ A 4 8_ ._ s ._ -----J� L.--....:.(s.a. DD-Tabelle) -_ ___:
1=====:::�• positiv -----•
CF-Diagnostik
1=1!111!11:11111:=-=== positiv -----·
Tbc-Diagnostik
6,0 kPa bzw. 45 Torr) im Wachzusta n d erst bei ausgeprägter Ateminsuffizienz, z.B. infolge " Insuf fizienz der Atempumpe". U nter stationären Bedin gungen sind deshalb mehrfache Messungen tags ü ber und nachts zur Erfassung von schlafbezoge nen Atmungsstörungen sinnvoll. S o l lte bereits eine respiratorische Azidose und/oder Hypoxämie vorliegen, ist eine rasche weitergehende Diagno stik und Therapie erforderli ch (pH ::; 7 ,35; kapillä rer p02 in körperlicher Ruhe bis zum 3. Lebens jahr < 9,3 kPa bzw. 70 Torr, ab dem 4. Lebensjahr < 10,0 kPa bzw. 75 Torr) . • weitere Labm·parameter: Blutzucker, Hämato krit, Leukozyten, CRP, Natrium, Kalium, Kalzium und Magnesium im Serum, TSH, T3, T4, bei Adi positas zusätzlich Cholestero l , Triglyzeride, bei Verdacht auf eine neuromuskuläre Erkrankung zu sätzlich ALAT, ASAT, LDH , Laktat, Pyruvat (und falls n i cht bereits erfolgt: M uskelbiopsie zu erwä gen ) , bei zentralen Hypoventilationssyn dromen zusätzlich Vanillinmandelsäure und 5 - H I ES im U rin, bei Verdacht auf eine allergisch bedingte na sale Obstruktion lgE und allergenspezifisches IgE ( RAST) . Technische Untersuchungen D ie Erfassung u nd Klassifizierung der A p n oen ist nur mittels a m b u la n ter oder sta tionärer Poly s o m n ograp h ie m öglich. Polys o m n ographie =
kontin uierliche Aufzeichnung folgender Parame ter während einer gesamten Nacht (mehrstündige Aufzeichnungen während des Sch lafes am Tage vermögen i n Ei nzelfällen H inweise auf Atemregu-
50 Apnoe
lationsstörungen zu geben, können diese jedoch nicht ausschließen) : • o b liga t (am b u la n t o de r stationär) : Pulsoxy metrie (Sa02, Artefaktanalyse wichtig) , nasaler Atemstrom , thorakale und abdominelle A tem bewegungen, Herzfrequenz oder EKG, w ü n schenswert (n ur u n ter a m b u la n ten Bedingungen verzich tbar) : EEG, EMG , Elektrookulogramm,
evtl. auch transkutaner p02 und pC02 sowie Vi deodokumentation zur verbesserten Erkennung von Artefakten und Krämpfen, • fak u ltativ: p H - M etrie bei Verdacht auf einen gastroösophagealen Reflux. Ösophagusdruckmes s ungen sind i nvasiv und gehören innerhalb der Kinderheilkunde in der Regel n icht zur atemphy siologischen Diagnostik. Schnarchmikrophone und Lagesensoren liefern wenig Zusatzinformatio nen. Die Messung des endexspiratorischen pC02 ist speziellen Fragestellungen vorbehalten. •
bei auffälligem Polys o m nographiebefund: HNO-ärztliche Untersuch ung, ggf. einschließlich R h i n o m a n o metrie und Fiberendoskopie zum
Ausschluss einer Obstruktion der oberen Atemwe ge. Im ersten Lebensjahr Schädelsonographie, zu sätzlich in allen Altersgruppen bei Nachweis einer zentralen Atemstörung oder auch bei atypischem H NO-ärztlichem Befund Schädel-M RT ein schließlich Darstellung des Hirnstammes ; ggf.
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Dopplersonographie der Hirn- und Ha lsgefäße,
bei schweren zentralen Hypoventilationssyndro men auch A bdomenson ographie z. A. eines Neu roblastoms. A uf die Kephalometrie ( Fernröntgen des Schädels) kann im Kindesalter verzichtet wer den; vor schwerwiegenden Operationsentschei dungen (z.B. Crouzon-Syndrom) sind dreidimen sionale Rekonstruktionen mittels CT zu erwägen . Beim Vorliegen eines Stridors Laryngo tra cheo bronchosl?opie (Fremdkörper, Stenosen, Tracheo malazie , Laryngomalazie, G efäß impressionen ) . Bei Verdacht auf tracheobronchiale Gefäßimpres sionen ist weitergehende kardiologische Diagno stik erforderlich (Gefäßdoppler, M RT und/oder in vasive Angiographie) . Die Echol? ardiographie (einsch ließlich Dopp lerson ograph ie) ist zum Ausschluss eines Vitiums sowie zur Beurteilung ei ner pulmonalen Hypertension i n den meisten Fäl len ausreichend. Besondere Hinweise Das Symptom Tagesmüdig1<eit weist jenseits des 1. Lebensjahres mit relativ hoher Sensiti vität auf eine schlafbezogene Atmungsstörung hin. Plötzliche lebensbedrohlich erscheinende Ereignisse (ALTE) stellen auch nach erfolgrei cher Reanimation in jedem Fall eine dringliche I ndilmtion zur Einweisung ins Kranl{enhaus dar, da diese Säuglinge ein erhöh tes SID - Risilw
291
F
50
I
Apnoe
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aufweisen sowie weil bei ca. 60% aHer Patien ten eine Grunderkrankung gefunden werden kann.
Auch bei Patienten m it Fehlbildungssyndromen, neuromuskulären Erkrankunge n , Thoraxdefor
mitäten oder chronischen Lungenerkrankungen solJte nicht n ur an das Grundleiden, sondern beim Vorliegen von Tagesmüdigkeit und/oder nächtli chem Schnarchen an eine schlafbezogene At mungsstörung gedacht werden.
I
Polysomnographische Untersuchungen er fordern auch bei automatischen Analysen eine manuelle Evaluierung.
Ambulante bzw. stationäre polysomnographische Untersuchungen können wesentlich zur Entschei dung über d ie Notwendigkeit und Dringlichkeit ei ner Adenotomie, Tonsillotomie oder Reoperation bei Kindern mit Gaumenspalten und velopharyn gealer Plastik oder größeren kiefer- und g esichts chirurgischen Eingriffen beitragen.
D ifferenzialdia nostische Tabellen
Differenzienz,aldSopor iagnostioderk derKoma) Apnoe Notfal bei ständi Vigilanzvermi Somnol l! Drignerglioder che Klpassagerer inikeinweisstarker ung erforderli ch! nderung (Apathie, C� harakteri sierung wei terführende Ve a ht d agnosen Bestätigung der Diagnose des Hauptsymptoms Nebenbefunde I =
rd
Vigilanz ständig stark vermindert
flache Atmung
(Notfall!)
c s i
Intoxikation E nzephalitis Meningitis H irnödem Hirnbl utung Schädel-Hirn-Trauma Krampfleiden Herzinsuffizienz
Stoffwechselstörung Status asthmaticus neuromuskuläre Erkrankung Skoliose rezidivierende Zyanosezustände (dringliche Diagnostik!)
nur im Schlaf Zyanose und flache Atmung
zentrales HypoVentilationssyndrom
Zyanose vorwiegend schweres obstruktives Sch lafapnoesyndrom im Schlaf + Stridor oder Schnarchen Zyanose nach körperlicher Belastung
292
Herzfehler Lungenerkrankung
Anamnese, Labor Anamnese, Labor, EEG, M RT Lumbalpunktion, Labor, (MRT) CT, EEG, invasive H i rndruckmessung Schädelsonograph ie, CT, M RT, (Punktion) Anamnese, N otfaii-CT Anamnese, EEG Klinik, Röntgen-Thorax, Echokardiographie, EKG, Labor Anamnese, Labor Anamnese, Auskultation und Perkussion, Röntgen-Thorax, evtl. Bronchoskopie: "m ucoid impaction" Anamnese, Klink, Labor, Muskelbiopsie, (EMG) Klinik, Röntgen
Polysomnographie idiopathisch: Undine-Syndrom Hirnstammtumor: M RT • Neuroblastom: M RT, 5-HIES und VMS im U rin, Abdomensonographie, M I BG-Szintigraphie, S kelettszintigraphie, Markpunktion • Neurofibromatose/M. Recklinghausen: Cafeau-lait-Fiecken (Biopsie) • Ganglioneurom: (Biopsie) • Pyruvatdehydrogenasemangel: Laktat, Pyruvat, M uskelbiopsie • Karnitinmangel: freies und Gesamtkarnitin i m Serum • zerebrale a . v. Malformation: Dopplersonographie, M RT, (Ang iographie) • Haddad-Syndrom: Röntgen- Kolonkontrasteinlauf, Manometrie, Biopsie • rigid spine syndrome: M RT • Hirnstammhämosiderose nach Polytransfusion (Sichelzellanämie, aplastische Anämien) • •
Polysomnographie HNO, Fiberendoskopie, Genetik, Stoffwechsel, Familienanamnese: s. Kap. 55 Klinik, EKG, Röntgen-Thorax, Echokardiographie, kapilläre Blutgase in Ruhe und unter Belastung, ggf. Herzkatheter Anamnese, Klinik, Labor, Röntgen-Thorax, Schweißiontophorese
50 Apnoe
Differenzienz,aldSopor iagnostioderk derKoma Vigilanzvermi Apnoe) Notfal bei stäl!ndiDrignerglioder che Kpassagerar linikeinweisstarker ung erforderli ch! nderung (Apathie, Somnol I rdes charakteri sierung wei terführende Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose Hauptsymptoms Nebenbefunde I Fortsetzung
=
-----� � � � --�
rezidivierende Zyanosezustände
ALTE bei Säuglingen plötzliche Apathie mit Tonusverlust und Zyanose, reversibel nach Reanimation oder massiver taktiler Stimulation
plötzliche Zyanose und Arrhythmie
=
(unbedingt Klinikeinweisung!)
Hypoventilation im Schlaf
Herzrhythmusstörung
EKG, Langzeit-EKG, Labor, Röntgen-Thorax, Echokardiographie
Hypoglykämie Infektion, Sepsis Anfallsleiden H irnblutung
Blutzucker CRP, Blutbild, Blutkulturen EEG Schädelsonographie, M RT, Gefäßdoppler, (Punktion) M RT, Biopsie oder CT-gestützte Punktion EKG, Langzeit-EKG Polysomnographie (siehe oben)
H irntumor Rhythmusstörung zentrales Hypo ventilationssyndrom
Q)
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Differenzialdiagnostik der Apnoe ohne Vigilanzminderung oder mit Tagesmüdigkeit I rcharakterisierun9 weiterführende Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose l tdes Hauptsymptoms Nebenbefunde nächtliches Schnarchen
M undatmung, Hypermotilität, oft Infekte der oberen Atemwege, nuchale Lymph knotenschwellung, Schlafposition mit rekliniertem Kopf oder Knie-Ellen bogen-Lage, starkes nächtliches Schwitzen
obstruktives Schlafapnoesyndrom
HNO (Fiberendoskopie) Polysomnographie, (Genetik): adenoide Vegetationen (2.-5. Lebensjahr), adenotonsilläre Hypertrophie, Tonsillenhypertrophie (5.-8. Lebensjahr), Hypertrophie der Zungengrundtonsille, Makroglassie (z.B. bei M. Down), Choanalstenose, Choanalpolyp, angeborene Pharynxstenose, Adipositas, Pickwickier-Syndrom, Cushing-Syndrom, Prader-Willi-Syndrom, Beckwith-Wiedemann-Syndrom, Achondroplasie, M ukopolysaccharidosen, Arthrogryposis multiplex congenita, zervi kale Kyphose, Crouzon-Syndrom, Pyknodysostosis, Osteopetrose, Conradi-Hünermann-Syndrom, H unter-Syndrom, Hurler-Syndrom, M i krognathie (z.B. Pierre-Robin-Sequenz), mandibuläre Hypoplasie, fazioaurikulovertebrale Sequenz, velokardiofaziales Syndrom, Treacher-Collins-Syndrom, Stickler-Syndrom, Marfan-Syndrom, " Fragile-X-Syndrom", Apert-Syndrom, Larsen-Syndrom, Pfeiffer-Syndrom, Klippei-Feii-Sequenz, Tourette-Syndrom, De-Dubois-Syndrom, Rubinstein-Taybi-Syndrom, Hallermann-Streiff-Syndrom, 6q-Oeletions-Syndrom, M uskeldystrophie Duchenne, Laryngomalazie, Aplasie der Epiglottis, laryngeales Neurofibrom, Tracheomalazie, instabile Trachea bei tracheoösophagealen Fehlbildungen, Truncus brachiocephalicus mit wechselnder Tracheakompression, Velopharyngoplastik bei Gaumenspalte, allergische Rhinitis, zervikales Lymphangiom , Sarkoidose der Tonsillen oder Adenoiden, Medikamentenwirkung (Chloralhydrat, Sedativa, Anästhetika), Alkohol
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293
R
50 Apnoe
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Differenzialdiagnostik der Apnoe ohne Vigilanzminderung oder mit Tagesmüdigkeit
(Fortsetzung)
terführende Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose Nebenbefunde Hauptsymptoms wei
�:rakterisierung Apnoen oder Hypopnoen im Schlaf
periodische Atmung
Cheyne-Sto kesAtmung
294
J
ehemaliges Frühgeborenes oder BPD
Hirnreifungsverzögerung
Anamnese, Polysomnographie, Neurologie
Makrozephalus vorgewölbte Fontanelle
Hydrozephalus
Schädelsonographie, Polysomnographie, M RT: Arnold-Chiari-Syndrom, Syringomyelie
Konvulsionen
Epilepsie
EEG (evtl. Schlaf-EEG), Polysomnographie
neurologische AuffäHigkeiten
M RT, (Biopsie) Hirnstammtumor, Hirnstammhämangiom, M RT, Angiographie, Dopplersonographie Schädelsonographie, M RT M eni ngomyelozele
Trauma, Verdacht Kindesmißhandlung
Hämatomyelie infratentorielle Bl ut u ng
Anamnese, Schädelsonographie, M RT, Gerinnung, äußerliche Hämatome, Schädel- und Skelettszintigraphie (anschließend gezielt röntgen): Frakturen?
zurückliegender Vir usi nfekt
zentrale Apnoen oder zentrales HypoVentilationssyndrom
Polysomnographie, Virusserologie (z.B. Parainfluenza Typ 3)
keine
zentrale Apnoen
Polysomnographie, Schädelsonographie, M RT: Hirnstammtumor, Hydrozephalus, zerebrale Gefäßfehl bildungen, Arnold-Chiari-Syndrom, Stoffwechsel
Möbius-Syndrom Fazialisparese und Au g e nmu s ke lläh mu ng
Neurologie, Genetik, MRT
Insuffizienz der neuromuskuläre "Atempumpe" Erkrankung , BPD, Skoliose, Mukoviszidose, Lungenfibrose, Thoraxdystroph ie, Zwerchfell-Lähmung, pulmonale HämangioLymphomatose
Hyperkapnie im Wachzustand oder Schlaf Polysomnographie (inspiratorischer Mundverschlussdruck P0 1 , P0_1 max und Pimax als Maße für die Atemmuskelkraft) Abklärung der Grunderkrankung
Alter 1 .-3. Monat neurologisch u nauffällig
Hirnreifungsverzögerung
Polysomnographie
Alter > 3 Monate und/oder neurologisehe Störungen
Hirnstammtumor Hydrozephalus
Schädelsonographie, MRT
Herzgeräusch Hepatomegalie
Herzinsuffizienz
Anamnese, Röntgen-Thorax, EKG, kapilläre Blutgase, Echokardiographie, (Polysomnographie)
nach Lungentransplantation
Herzinsuffizienz oder aufgehobener Hering-Breuer-Reflex
Echokardiographie, Polysomnographie
Erbrechen bei bekanntem Nierenleiden
Urämie
Labor (Harnfixa, kapil läre Blutgase)
Erbrechen und neurologische AuffäHigkeiten
Hirndruck erhöht
M RT, (invasive Hirndruckmessung)
51
51
Hämoptyse
Hämoptyse Kar! Paul
Hämoptysen
Als Häm optoe oder Hämoptyse bezeichnet man das Abhusten von B l ut aus den Atemwegen . Man unterscheidet je nach der Menge des Blutes (mehr oder weniger als 100 ml) große und kleine Hämop tysen . Darüber hinaus unterscheidet man frisches, arterielles B l ut und geronnenes oder dunkles Blut. N icht jedes abgehustete Blut stammt aus den tiefen Atemwegen, sondern es kann sich auch um Blut heimengungen aus dem Nasen-Rachen-Raum han deln. Im Kindesalter kommt hinzu, dass abgehuste tes Sekret in der Regel verschluckt wird. Zusätzlich gibt es Blutbeimengungen im Expektorat, wie sie im Rahmen von pulmonalen Hämorrhagiesyndro men oder bei kardialer Stauung auftreten können.
•
Anam nese
kö rperl i che Untersuchung • Blutbild, Gerinnung, LOH •
•
I
Sie reichen von geringen Blutbeimengungen bzw. Blutauflagerungen auf dem Schleim im Rahmen pulm onaler Exazerbati o ne n bis hin zu massiven Hämoptysen von mehreren 1 00 ml, die eine chir urgische Intervention oder eine radiologische Em bolisierung n otwendig machen . • Bei einem zugrundel iegenden Vitium cordis ist ein b lutig ti ngiertes, hellrotes, schaumiges Sputum nicht selten. Die Blutbeimengungen führen zu Hä mosideri neinschlüssen i n Makrophagen, den sog. Herzfehlerzellen. • Vorangegangene Brustschmerzen können Zei chen einer Lungenembolie sei n , wie sie im Kindes alter selten , aber im Ra h m e n von Hyperk oagu labilitätssyndromen d u rch aus vorkommen kan n .
inkl. HNO
E
Röntgen-Thorax, ggf. CT
ja
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E
nein
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ja
Anamnese
Entscheidend ist die Frage nach einer zu grundeliegenden ErlFA ) monamorphe VT polymorphe VT (bei OT-Syndrom) Sinustachykardie
I
Abb. 53.3 E KG - I n t erpretat io n von Dysrhythmien mit regelmäßigem RA-Abstand (modifiziert nach Garson, A., jr. , P. C . Gillette, G . McNamara: A Guide t o Cardiac Dysrhythmias i n Chi ldren. G rune & Stratton , New York 1 980, u nd Gil lette, P. C . , A. Garsan jr. : Pediatric Arrhythmias: Electrophysiology and Pacing. WB Saunders, Philadelphia 1 990) . Abkürzungen: AF Vo rh offl attern , EAT ektope atriale Ta chyka rdi e , fv;A Frequenz der VentrikeiNorhöfe, SR S i nusrhyth mus. SVT su praventrikuläre Tachykardie =
=
=
=
=
303
53 Rhythmusstörungen
----
grobe Differenzierung der zugrundeliegenden Ent stehungsmechanismen zu. D ifferenzialtherapeutisch sprechen die leichte Unterdrückbarkeit einer Tachykardie für einen Reentry-Mechanismus, der Erfolg einer i .v. Adeno singabe für die Teilnahme des AV-Knotens am Reentry-Kreis. U mgekehrt spricht das fehlende Ansprechen auf die üblichen medikamentösen und elektrophysiologischen (Kardioversion, Over drive-Stimulation) M aßnahmen charakteristi scherweise für eine Tachykardi e aufgrund e ines ektopen Fokus. Bei einer Monate bis Jahre persistierenden Ta chykardie handelt es sich meist u m eine ektope a tria le Ta chykardie oder um die perm a n e n te funk tionale Reentry-Tachykardie, die zur d ilatati ven Kardiamyopathie führen können. Die seltene j unktionale ektope Tachykardie wird meist nach Herzoperationen beobachtet, sie führt rasch zur Hypotension und i n einen lebensbedrohlichen Kreislaufzustand. Breite Q RS-Komplex-Tachykardien mit AV-Dis soziation oder wechselnder Rückleitung von der Kammer zum Vorhof sprechen für ventrikuläre Ta chykardien, die häufiger bei strukturellen H erz erkrankungen als bei Herzgesunden auftreten. An das Long-QT-Syndrom, den arrhythmogenen rech ten Ventrikel und das noch seltenere Brugada-Syn drom sollte gedacht werden. Differenzialdiagnose
Drei der angegebenen Flussdiagramme zur EKG Rhythmus-Analyse beruhen auf Vorschlägen von A. Garsan j r. , P. C. Gillette und P. C. Gillette/ A. Garsan jr./G. McNamara, wie sie 1 980 und 1 990 angegeben wurden (Abb. 53 .3 -53 .6) .
Su praventrikuläre Tachykardie
abnorm
normal
l
�--------... . . . . . . ... ' , -
P-QRSBeziehung (wechselnd) AVDissoziation
Sinustachykardie ( D D : SK-Reentry-Tachykardie ektope atriale Tachykardie aus der Nachbarschaft des Sinusknotens)
j unktionale ektope Tachykardie
IA
P-Morphologie/Vektor wechselnd
P-Morphologie/Vektor gleichbleibend
·rl I A·rl
perAV-Knotenmanente ReentryTachykardie j u n ktionale Reentry• SVT bei Präexzitation Tachykardie •
ektope atriale chaotische ektope Tachykardie atriale • Vorhofflattern Tachykardie •
Abb- 53.4
Differenzialdiagnose d er supraventriku lären Tachykardie. Abkürzungen.- AVN RT AV-Knoten- Reentry-Tachykar die (auch ü ber paranodale Faszikel), JET j u n ktionale e ktop e Tachykard i e , PJ RT permanente j u n ktionale Reentry-Tachykardie, SK Sinusknoten =
=
=
=
Dysrhythmien m it ständig unregelmäßigen RA-Abständen
PP-Intervall u nregelmä ß ig
QRS-Dauer normal
ORS-Dauer normal
Diagnose abhängig von Vorhandensei n/Fehlen von P • Vorhoffrequenz P-Morphologie und P-Vektor PP-. P-ORS-Beziehung •
•
•
I
verlängerte ORS bei Sinusarrhythmie wandernder Schrittmacher Aberration der ventrikulären Erregungsleitung • Vorhofflimmern •
•
304
Abb. 53.5
PP-Intervall regelmäßig
Diagnose abhängig von Vorhandensein/Fehlen von P • Vorhoffrequenz • P-Morphologie und P-Vektor • PP-. P-QRS-Beziehung •
supraventrikulärer Rhythmus mit wechselnden AV-Biockierungen (auch WenckebachPeriode)
I
verlängerte QRS be i Aberration der ventrikulären Erregungsleitung
EKG-I nterpretation von Oysrhyth mien m it ständig unregelmäßig en RR-Abstände n (modifiziert nach Garson et al. 1 980 und G i l l ette und Garson 1 990).
---
54 Herzgeräusche
Dysrhythmien mit intermittierenden unregelmäßigen R A-Abständen
PP- Intervall unregelmäßig
QRS-Dauer normal
PP-Intervall regelmäßig
verlängert
normal
Diagnose abhängig von • Vorhandensein/Fehlen von P • Vorhoffrequenz • P-Morphologie und P- Vektor • PP-, P-QR S-Beziehung
•
• •
su praventrikuläre
Extrasystolen Vorhofsystolen AV-(junktionale)Systolen
• •
•
QRS-Dauer verlängert
Di agnose abhängig von • Vorhandensein/Fehlen von P • Vorhoffrequenz • P-Morphologie und P-Vektor • PP-, P-QRS-Beziehung
blockierte supraventrikuläre Extrasystole supraventrikulärer Rhythmus mit intermittierendem Block • AV-Biock 2 _ Grades • Stillstand bei supraventrikulärem Rhythmus mit supraventrikulä rem Ersatzschlag
Aberration (ORS) verlängerte ORS bei Aber ration der ventrikulären Erregungsleitung ventrikuläre Extrasystole (auch Parasystolie)
• •
53.6
Stillstand bei supraventri kulärem Rhythmus mit ventrikulärem Ersatzschlag
Abb. EKG-Interpretation von Dysrhythm ien m it i ntermittierenden unregelmäßigen R R-Abständen (modifi ziert nach Garsan et al. 1 980 und Gillette und Garsan 1 990).
G
54 Herzgeräusche M i c h ael Hofbeck
I
Herzgeräusche sind das häufigste Symptom, das auf einen angeborenen Herzfehler hin weist.
Die differenzialdiagnostischen Bemühungen gel ten zunächst der Abgrenzung pathologischer ( or ganischer) von akzide ntellen und fun ktionellen Herzgeräuschen: • Pa thologische G eräusche werden verursacht durch Stenosen von H erzklappen oder arteriellen Gefäßen, durch Insuffizienzen von Herzklappen oder durch abnorme Blutströme infolge pathologi scher Shuntverbindungen. • A kziden telle H erzgeräusche sind harmlose, meist systolische Geräusche, die insbesondere bei Klein kindern häufig vorkommen und keinen Krankheitswert besitzen. • Funk tionelle G e räusche beruhen auf Strö mungsphänomenen, die durch extrakardiale E r krankungen mit Beeinflussung des Herz-Kreislauf Systems entstehen. Funktionelle Herzgeräusche werden vor allem i m Rah men von Tachykardien bei hohem Fi e b e r, Hyperthyreose oder schwerer Anämie beobachtet.
Die Beschreibung eines H e rzgeräusches bein haltet die D efinition seines zeitli chen Auftretens im Herzzyklus, seiner Lautstärke sowie seiner Lo kalisation und Fortleitung. • Entsprechend dem zeitlichen A uftreten unter scheidet man p roto-, meso- und spätsystolische bzw. diastolische G eräusche, wobei sich G eräu sche häufig über mehr als lh der Systole oder Dia stole erstrecken (Abb . 54. 1 ) . Ein derartiges Ge räusch wird dann z.B. als Proto- bis Meso systolikum oder als H olosystolikum beschrieben (Abb. 54_2b ) . Ein H erzgeräusch, das sich unter Einschluss des 2. Herztones von der Systole i n die Diastole erstreckt, wird als systolisch-diastol isches Maschinengeräusch bezeichnet (Abb. 54.2c).
I
D i e gleichze itige Palpation des Pulses (der Beginn der Sys tole erfolgt i n etwa zeitgleich mit dem Auftreten der Pulswelle) erleichtert bei der Ausimitation ganz wesentlich die zeitliche Zuordnung eines Herzgeräusches_
Bei der überwiegenden Mehrzahl der im Kindes alter angetroffenen Herzgeräusche handelt es sich um systolische. • Die Eintei lung der La utstä rke erfolgt nach Levine i n 6 Grade (Tab _ 54. 1 ). Diastalische Geräu-
305
54 Herzgeräusche
__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
Holo systolikum roto-Meso-!Spät S�stolikum
Holo diastolikum
Prolo-
'
'
! Meso- !
Oiastolikum ' '
Spät
' '
Phono
2. Herzton
1 . Herzton
sehe sind i n der Regel leiser a l s systolische u n d
überschreiten fast n ie den Lautstärkegrad 3/6. • Die Beschreibung der Lokalisation e ines Herz geräusches erfordert die Angabe des Punctum ma xim u m (PM) sowie der Fortleitung über dem Tho rax und den großen Gefäßen (inklusive der H als
gefäße) .
Abb. 54.1 Schematische Darstellung der zeitl ichen Zuord nung von systolischen u nd d iastolischen Herzgeräuschen unter Berücksichtigung des EKG und der phonokardiographi schen Darstellung der Herztöne.
Die Beurteilung eines Herzgeräusches b e i n h a l tet ferner die Beschreibung der Herztöne, wobei für die Kinderkardiologie vor allem Veränderun gen des 2. Herzton es von Bedeutung sind. Wäh re n d eine atemabhängige Spaltung des 2. H e rzt o nes (wä h re n d der I nsp i rati o n ) als normal ei n zustu fen ist, spricht eine fixierte Spaltung (infolge eines
r----�----��--- i
1-------1--- --! -�----I ���
r-
----- · - ----
!,....�11·,�,�rp,;:��1 4 Tage Fieber unklarer Genese,
KawasakiErkrankung
Labor: BSG und CRP pathologisch, Thrombozytose EKG: Repolarisationsstörungen Rö: Kardiomegalie Echo: Koronaraneurysmen, Wandbewegungsstörungen, systolische Funktionseinschränkung
Dyspnoe, Zyanose, Erbrechen, anfallsartiges Schwitzen, Schreien nach Belastung
Koronaranomalien
EKG: Repolarisationsstörungen Rö: Kardiomegalie, Kongestion Echo: ungewöhnlicher Ursprung und Verlauf der Koronargefäße (z. B. LCA aus der Pulmonalarterie), Funktionseinschränkung
M uskelhypotonie, Makroglossie, Hepatomegalie, Galopprhythmus, Gedeihstörung
Glykogenspeichererkrankung (Typ II, Pampe)
a-1 ,4-Giucosidase-Mangels
Abstammung aus dem M ittelmeerrau m , graues Hautkolorit, Hepato-Splenomegalie, Arrhythmien
Hämosiderose bei ß-Thalassämie (homozygot)
Labor: Anämie, Hb-Eiektrophorese EKG: Niedervoltage, Repolarisationsstörungen, Extrasystolie Rö: Kardiomegalie, Kongestion Echo: linksventrikuläre Dilatation und systolische Funktionsstörung
männliches Geschlecht, oft nur mäßige oder späte Behinderung durch muskuläre Schwäche und Kontrakturen
M uskeldystrophie (Becker)
EKG: Niedervoltage, R epolarisationsstörungen Rö: Kardiomegalie, Kongestion Echo: linksventrikuläre Dilatation und systolische Funktionsstörung
männliches Geschlecht, frühe Behinderung durch muskuläre Schwäche und Kontrakturen
M uskeldystrophie (Duchenne)
EKG: Niedervoltage, Repolarisationsstörungen Rö: Kyphoskoliose, Verlagerung des Mediastinums, Kardiomegalie, Kongestion Echo: linksventrikuläre Dilatation und systolische Funktionsstörung
Gangataxie, Hohlfuß
FriedreichAtaxie
EKG: linksventrikuläre Hypertrophie, Repolarisationsstörungen Rö: Kardiomegalie, Kongestion Echo: nicht obstru ktive hypertrophe (oder dilatative) Kardiamyopathie
rezidivierende Bronchopneumonien, Dyspnoe, Faßthorax, Halsvenenstauung, Hepatomegalie, H erzgeräusch nicht obligat
Cor pulmonale bei M u koviszidose
EKG: N iedervoltage, pulmonale, rechtsventrikuläre Hypertrophie und Repolarisationsstörungen Rö: Kardiomegalie nicht obligat, Emphysem, Dystelektasen, Bronchiektasen Echo: schlechtes Schallfenster, rechtsventrikuläre Hypertrophie und Dilatation, Trikuspidalinsuffizienz mit hoher Regurgitationsamplitude. niederamplitudiges u nd asymmetrisches Doppler-Signal in der Pulmonalarterie
Operationsnarbe, Herzgeräusch
Zustand nach Palliation oder Korrektur eines Herzfehlers
Echo: Nachweis des strukturellen Problems
genetisch determinierte Grunderkrankung
320
Dysfunktion bei Residuen vorausgegangener Operationen
Malaise, Lymphknotenschwellungen, M u kositis, Konjunktivitis, Exanthem
Nachweis des
EKG: hohe QRS-Amplituden, kurze PO-Zeiten Rö: Kard iomegalie Echo: nicht obstruktive hypertrophe Kardiamyopathie m it starken Wandverdickungen und eingeschränkter Funktion
1
H Abdome n: Gastroi ntesti nale Symptom e 56 Bauchschmerzen M ichael J. Lentze
•
Akute Bauchsch merzen
eine Pankreatitis ---7 in den Rücken. eine N ierenkolik ---7 in die H oden der betrof fen e n Seite; umgekehrt weisen Schmerzen i m H o d e n m a nchmal auf eine Appe n dizitis h i n bzw. Schmerzen i m rechten Unterbauch a u f eine H odentorsion. •
Symptombeschreibung
Bauchschmerzen, die den Verdacht auf ein "akutes Abdomen" lenken, erfordern u n mittelbare ärztli che D iagnostik u n d Therapie. Die akut aufgetrete ne Schmerzsymptomatik führt zu einer schnellen Vorstellung des Kindes beim Arzt, der sich ent scheiden muss, ob eine chi rurgisch zu behandeln de Ursache vorliegt oder n icht. In den meisten Fäl len liegt diese ni cht zugrunde. I n der Regel kann die genaue Ursache eines akuten Abdomens nicht sofort festgestellt werd e n . Daher ist es w i chtig, eine Arbeitsdiagnose aufzustellen, die darüber ent scheidet, ob der Chirurg h i nzugezogen werden muss. D ies bedeutet für den untersuchenden Arzt, dass er herausfi nden muss, ob es sich um "organi sche" oder um "funkti onelle" B auchsc hmerzen handelt? Akute Bauchschmerzen treten diffus im Abdo men oder in spezifischen Regionen auf. H ier prä sentieren sie sich entweder epigastrisch, periumbi likal, suprapubisch i n der Mitte des Abdomens, i n den Flanken oder i m rechten U nterbauch. Für die Unterscheidung, ob es sich um "organische" oder "fu n ktionelle" Bauchsc h merzen h a n d elt, be währt sich die Regel: Je weiter vom Nabel ent fernt, desto h äufiger h andelt es sich um "organi sche" Bauchschmerzen. Der Sch merzcha rakter -
kolikartig, stechend, bohrend oder dumpf - kann erst von Schulkindern beschrieben werden . Bei der Sch merzin tensität ist w ichtig: Hält der Patient die S ch merzen gut aus, oder krü m mt er sich vor Schmerzen? Der (zeitliche) Zusa m menhang gibt Aufschluss über die Ursache: • vor/nach dem Essen: gastroösophagealer Reflux m i t Refluxösophagitis bzw. U lcus duodeni (ventri culi) oder Ob st i pati on • vor/nach dem Stuhlgang: Obstipation , Kolitis • be im Wasserlassen : Harnwegsinfektion , Appen dizitis , Abszess im kleinen Becken • beim Atmen: Pneumonie • bei Bewegung: Appendizitis. Eine Aussage über die A usstrahlung der Schmer zen in andere Körperregionen hilft, den Ausgangs ort der S c h m erze n zu lokal isieren: • eine Gallenkolik ---7 i n die rechte Schulter, meist unterhalb der rechten Skapula.
Q)
E
Rationelle Diagnostik Anamnese
Die Anamnese ist gerichtet auf zeitlich mit den auf getretenen Bauchschmerzen i m Zusamme n h a ng stehende Tra umata. Aber auch weiter zurücklie gende Traumata sind wichtig, z . B . bei Pankreas pseudotumoren. Dazu ist die Frage nach assozi ierten Symptomen notwendig: Fieber, Erbrechen, Durchfall und Schmerzen beim Wasserlassen , frü here Operationen sowie die Men struation be i Mädch en . Treten die Schmerzen kolikartig auf, oder handelt es sich um Dauerschmerzen, welchen Schmerzcharakter haben sie, sind sie auszuhalten oder nicht? Klinische Untersuchung
Die klinische Beurte ilung m uss entscheiden, ob der Allgemeinzustand des Patienten gut o d e r schlecht i st. Ein schmerzverzerrtes Gesicht, blas se Hautfarbe und Angst weisen auf eine ernstere Ursache h i n .
Besonders i m Zusammenhang mit akuten Bauchschmerzen sind bei einer kompletten kör perlichen U ntersuchung u n d n eb en der ausfü h r l i chen U ntersuchung des Abdomens (einsch ließ lich rektal-digitaler U ntersuchung) grundsätzlich zu untersuchen : die Lungen, die H o den, das Skro tum, I nguinalregion (direkte Leisten hernien) und die angre nzende Femoralregion (Schenkelher nien) . Leber- und Milzgröße und ihre evtl. Druck schmerzhaftigkeit geben Hinweise auf ihre Beteili gung bei akuten Bauchschmerzen, z.B. bei Hepati tis, Cholezystitis, CholeJith iasis. Die rektal-digitale Untersuchung ist bei Unterbauchschmerzen obli gatorisch. Eine Abwehrspannung ist ein sicheres Zeichen einer bereits vorhandenen Peritonitis . So wohl Druckschmerz als auch Loslassschmerz und das Vorhandensein und die Qual ität der Da rmgeräusche müssen geprüft werden.
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E
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E
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20 000 spricht für eine akute bakterielle Infektion. Ein CRP > 10 mg/dl bei Schmerzen im rechten U nterbauch lenkt den Verdacht auf eine perforierte Appendiziti s . Eine normale Leukozy tenzahl sowie ein pathologischer Urinbefun d schließen wiederum eine akute Appendizitis nicht aus. Der schwer pathologische U rinstatus weist auf eine Pyelonephritis hin , sch l ießt jedoch den perityphlitischen Abszess bei einer retrograd gele genen Appendix nicht aus. Technische Untersuchungen
Die Thoraxrön tgenaufnahme ist indiziert bei Vor handensein von Rasselgeräuschen und Bauch schmerzen. Die Röntgenübel'sichtsaufnahme des Abdomens
ist a ngezei gt bei V a. eine Obstruktion im Gastrointe stinaltrakt und dem Nachweis einer "Masse" im Ab domen. Auffällige Luftverteilung und das Vorhan densei n von Luft-Flüssigkeits-Spiegeln weisen auf ei nen Ileus hin. Bei V a. eine Perforation ist die Rönt genaufnahme im Stehen bzw. die seitliche Aufnahme im Liegen edorderlich. Die U l t ra s ch a llun ters u ch u ng des Ab domens kann unmittelbar eine Invagination darstellen, die verdickten Darmwä nd e au fzeigen , Lymphknoten im Abdomen nachweisen, den Konglomerattumor bei App e ndizitis darstel l e n, freie Luft im Abdomen sowie eine Masse im Abdome n nachweisen. Sie bestätigt das Vorhandensein von Steinen im h e pa-
Besondere Hinweise
Jedes Lebensalter hat bevorzugte Ursachen für akute Bauchschmerzen . Sie sind in Tabelle 56. 1 aufgeführt . Häufigste U rsache i m S ä uglingsalte r sind neben den angebore n en Ursachen virale Er krankungen wie die akute virale Gastroenteritis.
Q) E
0 0.
+-'
Tabelle 56.1 Neugeborene
Akute Bauchschmerzen in Abhängigkeit vom Lebensalter.
• nekrotisierende Enterokolitis
• spontane Magenperforation • Mekoniumileus • Dünndarmatresie
• Dünndarmstenosen
M. Hirschsprung • Peritonitis nach Gastroschisis oder rupturierter Omphalozele • traumatische Perforation der Viszeralorgane bei schwieriger Geburt •
Säuglinge und Kleinkinder 2 Jahren
10 mg/d l, Leukozytose > 20 000
perforierte Appendizitis
freie Luft im Abdomen in der Röntgen-Abdomenaufnahme oder Sonographie, Laparotomie
tastbare, schmerzhafte Walze im rechten Leistenkanal
inkarzerierte Hernie rechts
Sonographie, Leistenhernien-OP
tastbare Walze am rechten oder linken Oberschenkel unterhalb des Leistenbands
inkarzerierte Schenkelhernie
Sonographie, Operation
druckschmerzhafter rechter Hoden, vergrößert und verfärbt (blauschwarz)
Hodentorsion rechts
Sonographie mit Doppler, operative Freilegung des Hodens
Sonographie, Laparotomie
Druckschmerz tiefer, Palpation rechts oder links im U nterbauch
Ovarialto rsion
tastbare, schmerzhafte Walze im linken Leistenkanal
inkarzerierte Hernie li nks
Leistenhernien-OP
d ruckschmerzhafter linker Hoden, vergrößert und verfärbt (blauschwarz)
Hodentorsion links
Sonographie mit Doppler
stärkste Bauchschmerzen mit Kreislaufsymptomen: Blässe, schockartiger Zustand, Apathie, "Himbeergelee" im Stuhl
Invagination
Sonographie
aufgetriebener Bauch, Erbrechen, fehlende Darmgeräusche, schockartiger Zustand
Volvulus
Röntgen-Abdomenü bersichtsaufnahme im Stehen: Luftverteilung, Spiegel; Sonographie, Laparotomie
J
Q)
E 0 +.J
c..
E � Cf) Q) CU c +.J cn Q) +.J c 0 � +.J cn CU
CJ
c Q)
E
0 "0 _c
Sonographie
325
H
56 Bauchschmerzen
-------
Differenzialdiagnose "chirurgisch" bedingter Ursachen von akuten Bauchschmerzen rcharakterisierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose �es HauJJtsymJJtoms
(Fortsetzung)
Zunahme des Bauch umfangs
Rötung des Abdomens, Entleerung von blutigem Stuhl
nekrotisierende Enterokolitis
Röntgen-Abdomen: freie Luft
unter dem Zwerchfell, Pneu matosis intestinalis; Sonographie: Luft in der Pfortader
Differenzialdiagnose "medizinischer" Ursachen von akuten Bauchschmerzen der Diagnose des Hauptsymptoms t�harakterisierung
weiterführende Nebenbefunde
Verdachtsdiagnosen
Bestätigung
akute diffuse Bauchschmerzen
Erbrechen, wässriger Durchfall
virale Gastroenteritis
Verlauf, Nachweis des Antigens im Stuhl
Lymphknoten im Abdomen (Ultraschall)
bakterielle Gastroenteritis (Yersinien)
Nachweis des Antigens im Stuhl, positive Serologie
blutiger Durchfall, Leukozytose, Fieber oder Leukopenie mit Linksverschiebung
bakterielle Gastroenteritis
Nachweis des Antigens im Stuhl: Salmonellen, Shigellen, Campylobacter jejuni, Lamblien, Amöben
Erbrechen, Thrombopenie, Oligurie, Anämie, Gerinnungsstörung
hämolytischurämisches Syndrom
Verotoxin-Nachweis im Stuhl
Ketoazidose bei Erbrechen, Kussmaui-Atmung, anamnestisch: Polyurie, Gewichts- D iabetes verlust, Exsikkose, Dehydratation Pankreatitis
Serum-Lipase u. -Amylase erhöht
Husten, Fieber,
Pneumonie
Röntgenaufnahme des Thorax
plötzliche Bauchschmerzen nach dem Essen
Erbrechen, nach 1 2-24 Std. Durchfall
Lebensmittelvergiftung
Staphylokokken im Stuhl
Flankensch merz (häufig fehlend)
Fieber, Schmerzen beim Wasserlassen (häufig fehlend)
Harnwegsinfektion , Pyelonephritis
Urinstatus auffällig
kolikartige Bauchschmerzen
Schmerzen in der Flanke
Nierensteine, Harnleiterstein
epigastrische Schmerzen
326
Glukosurie, Hyperglykäm ie, metabolische Azidose
Schmerzausstrahlung in den Rücken, schneidende Schmerzen, Druckschmerz über dem Nabel, Erbrechen, Ü belkeit Auskultation: Rasselgeräusche
I
Makro-, Mikrohämaturie,
Sono: Steinnachweis
Schmerzen im rechten OberGallenstein, bauch, Ikterus, Erbrechen, Choledochusstein Schmerzen in der rechten Schulter
Sono: Steinnachweis
im Zusammenhang mit Menstruation, Schmerz im mittleren U nterbauch
Dysmenorrhö
zeitlicher Zusammenhang
Amenorrhö, Schmerzen im Unterbauch, vaginale Blutung
ektope Schwangerschaft
Schwangerschaftstest
Petechien und Suffusionen auf der Haut
Purpura Schoen lei n-Henoch
Schmerzen nach dem Essen, anamnestisch verstopft
Obstipation
rektale Untersuchung, volle Ampulle mit hartem Stuhl
Bluterbrechen
Mallory-WeissSyndrom
Blut im Erbrochenen
nach dem Essen
Duodenalulkus
Endoskopie
vor dem Essen; selten Hämatemesis
Gastritis, Magenulkus
C 1 3-Harnstoff-Atemtest, Gastroskopie
Hämaturie, Blut im Stuhl,
Sono: Blutungen i n die Darm-
wand
1
----- 55 Bauchschme�en !des fharakteri sierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen der Bestätigung Hauptsymptoms
Differenzialdiagnose "medizinischer" Ursachen von akuten Bauchschmerzen (Fortsetzung) Diagnose
Schmerzen im rechten Oberbauch
Ikterus, Adynamie, Appetitlosigkeit
Hepatitis
aufgetriebenes Abdomen, schwere diffuse Bauchschmerzen mit Abwehrspannung
blutig-schleimige Stühle, Leukozytose mit Linksverschiebung
toxisches Megakolon
dumpfe Bauchschmerzen
Hepatosplenomegalie, Gelenkschwellungen, flüchtige Exantheme, Fieber
M. Still
periumbilikale Bauchschmerzen
Ü be lkeit , Schmerzen nie in Säuglingskoliken, der Nacht, meist abhängig vom Nabelkoliken Tagesablauf, oft im Zusammenhang mit psychischen Belastungen (Schule, Elternhaus)
erhöhte Leberenzyme: GOT, G PT, y-GT; Hyperbilirubinämie
I
Rektoskopie, Sigmoidoskopie
Anamnese, Entzündungsparameter im Blut erhöht: BSG, CRP keine
Q) E 0 +J
0..
Differenzialdiagnose chronisch rezidivierender Bauchschmerzen i m Kindesalter "charakterisierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen Bestätigung d rD g e e
des Hauptsymptoms epigastrische
p ositiver C1 3-Atemtest
Schmerzen, Magenulkus intermittierende heftige Koliken
Ikterus
postprandiale Schmerzen
Cholelithiasis
gemischte Hyperbilirubinämie,
M. GilbertMeulengracht
indirekte Hyperbilirubinämie
intermittierender Volvulus bei Malrotation
geläße im Ultraschall,
Obst i patio n
rektale U n t ers u chun g
Lage der Mesenterialobere Magen-DarmPassage: Malrotation
Pankreatitis
Lipase im Serum erhöht, Nachweis von Unregelmäßigkeilen des Ductus wirsingianus bei der ERCP oder M RCP
Hämaturie
Nierenstein(e)
Ultraschall: Nachweis von Stein(en)
abhängig von der Periode
Ovarialzyste
Ultraschallnachweis der Ovarialzyste
Kopfschmerzen
Migräne
klinische Beurteilung, EEG
zwischen 1 . und 6. Lebensmonat
Säuglingskoliken
klinische Beurteilung
M a isken,
M. Crohn
K a l os ko p i e
Gelenkschmerzen
Colitis ulcerosa
Kaloskopie
Uveitis
chron. entzündliche Darmerkrankung
Kaloskopie
Dysurie, Polyurie
Pyelonephritis
pathologischer Urinstatus Harnwegsinfektion
Schmerzaustrahlung in den Rücken
Flankenschmerzen
Gastroskopie
Gastritis
Ultraschall der Gallenblase
Erbrechen, Schock
Koliken nach der Mahlzeit, Bauchschmerzen und BluUSchleim im Stuhl
Helicobacter-pylori-
ia n os
r
A n al f i ste l ( n )
I
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Körperliche Untersuchung
Bei der a k u ten Diarrhö ist der G rad der De hydratation für das therapeutische Vorgehen entscheidend. Dieser ergibt sich aus dem Ge wi chtsverl ust, der bei unbekanntem Vorgewicht
351
H
61 Akute und chronische Diarrhö
Tabelle Zeiklincishenche tiDehydrata on 61 . 1
----
Beurteilung der Dehydratation.
Flüssiustgkeidests verl wiKörperge chts (in
%)
5
leicht
trockene Schleimhäute Durst
mittelschwer
Fontanelle eingesunken, 5-1 0 geringe oder fehlende Urinproduktion, Hautfalten langsam verstreichend, eingesunkene Augäpfel
schwer
stehende Hautfalten graues Hautkolorit kühle Akren Hypotonie Schockzeichen Koma
1 0-1 5
nicht b estimmbar ist, den klin ischen Zeichen (Tab . 6 1 . 1 ) und anamnestischer Befragung. Eine Bestimmung des Körpergewichts sollte aber auch zur Verlaufsbeobachtung i mmer erfolgen . Eine eingehende körperliche Untersuchung, um oft be gleitende oder zusätzliche I nfektionen nicht zu übersehen, ist stets erforderlich. Ü ber das di agnostische Vorgehen bei chro n i scher Dianhö ist die Erfassung einer Malabsorp tion spezifischer oder aller Nahrungsbestandteile äußerst wichtig (Abb. 61 .2). Eine Bestimm u ng der Körperlänge u nd des Gewichts unter B erücksich tigung zurückliegender Befunde erlaubt eine erste Beurteilung. G ewichts- u n d Längenperzentilen < 3. Perzentile oder der Abfall der in dividuellen Perzentilenkurve u m mehr als 2 Standardperzenti len stützen den Verdacht e i ner U nterernährung, auch das Verhältnis von der Gewichts- zur Län genperzentile kann für die Einschätzung des Ernährungsstatus aufsch l ussreic h sei n . Die lnspel?tion ermöglicht e i ne Beurteilung des U nter hautfettgewebes der Muskulatur und der Körper proportionen. Genetische und konstitutionelle Faktoren sind bei der klinischen Beurteilung nicht zu vernachlässigen, gelegentlich relativiert sich der Eindruck eines unterernährten Kindes durch den Blick auf E ltern o der Geschwister. Die Bestim mung des Ernährungsstatus über Fettfaltenmes sungen und den Vergleich der Messdaten mit ver fügbaren N ormwerten ist m öglich, jedoch ist die ser Parameter eher von begrenzt er Bedeutun g.
352
Als weitere ldinische Befunde der Malab sorption finden sich eine dünne, atrophe Haut, spärliche Behaarung, Haarausfall, überschüssi ge Hautfalten des Kindes in der Glutealregion (Tabaksbeutelgesäß), Cheilitis, blasses Aus sehen und bei schwerer Malabsorption oft ein ungewö hnlich großer, gebläh ter Bauch.
Andere klinische Sym ptome - wie D ermatitis , Erythema nodosum, Pyoderma gangraen o s u m , Arthritis u n d Uveitis - können H i nweise für spe zifische Darmerkrankungen sein und d ifferenzial diagnostische Bedeutung haben. Bei chronischer Bronchitis und H u sten besteht i mmer der Ver dacht auf eine zystische F ibrose. Eine gerraue Untersuchung aller Organsysteme ist i m mer erfor derli c h , d a e i ne vorliegende M a l nutritio n auch durch viele nichtintestinale Erkrankungen verur sacht sein kann. Kli nisch-chemische Untersuchungen Serum: Für die akute Diarrhö sind Serumelektro
lyte, Astrup und B lutzucker erforderlich. Bei der
chronischen Diarrhö s i n d Hämoglobin, Eisen ,
Zink, Alb u m i n , Eiwe iß , Vitami n B 12, Vitamin A und Cholesterin Parameter des Ernährungsstatus. Bei entzündlichen Erkrankungen geben BKS und CRP H inweise auf die Entzündungsaktivität Die Bestimmung der Amylase und Lipase lässt ent zündliche Pankreaserkrankungen erkennen. Für die Verdachtsdiagnose einer Zöliakie ist die Be stimmung der Gliad in-, Endomysium- und Trans glutaminase-Ale notwendig. Die Zahl der G ranulo zyten, I mmunglobuline, evtl. auch Granulozyten und Lymp hozytenfunktion sowie die Bestimmung der Lym p hozytensubpopulation könnten bei Ver dacht auf Immundefekte mit begleitender Diarrhö zur ätiologischen Abklärung führen. Stuhl: Bei akuter Diarrhö ist die Bestimmung in fektiöser Darmpathogene n icht erforderlich. Aus nahmen sind epidemio logische Fragestel lungen, Salmonellosen, S h igellosen, D iarrh öen bei I m mundefekten u n d Diarrhö nach Aufenthalt in tro pischen Län dern . Bei der chronischen Diarrhö ist es sinnvoll, Stühle auf bestimmte Pathogene wie Lamblien, Clostri dium difficile, Krypta- und M i krosporidien zu u ntersuchen. Bei der exkretori schen Pankreasinsuffizienz s i n d Chymotrypsin und Elastase i m Stuhl meist erniedrigt. Stuhl- pH < 5,0 (im frisch abgesetzten Stuh l untersucht) , der Nachweis bestimmter Koh lenhyd rate und die M essung der Stuhlelektrolyte führen zur Ver dachtsd iagnose einer Koh lenhyd ratmalabsorp tion. Der einfache Fettnachweis im Stuhl zur Be urteilung einer Malabsorption ist in seiner Aussage eher unsicher, die erhöhte Konzentration des a 1 Antitrypsins im Stuh l ist dagegen ein sicherer H in weis für die eiweißverlierende Enteropathie. Der Nachweis von okkultem Blut im Stuhl weist auf e ntzün d liche u n d allergische E rk ran k ungen der Schleimhaut hin. Fu n kt i o nstests: Der Gol dstandard zur Bestim mung einer Malabsorption oder Ma lassim ilation
ist die Stuhlfettbestimmung mit 72stündiger Sam-
Akute und chronische Diarrhö
------ 61
melperiode. D urch gleichzeitige Erfassung der Fettaufnahme mittel s Nahrungsprotokoll lässt sich der Absorptionskoeffizient bestimm e n . Die B e stim m ung der Resorptionsfunktion mittel s Xylose test hat stark an Bedeutung verloren. Die exkreto rische Pankreasfunktion kann m it der Elastase-
und/oder Chymotrypsinbestimmung i m Stuhl ein fach und annähernd genau bestimmt werden. Für eine exakte U ntersuchung der Pankreasfunkti o n i s t d ie Enzymbestim m u ng i m Duodenalsaft nach Pankreassti mulation notwendig. Der H2-Atemtest erlaubt die Verdachtsdiagnose einer Kohlenhy-
chronische Diarrhö
Ausschluss bakteriologische/ parasitalogische Erkrankung
Malnutrition
r
nein .
L_------,. �------� ja
irritables Kolon
ja .
L---.--� nein
•
•
Stuhl-pH J. positiver Atemtest
blutige Stü hle
• Entzündungs parameter positiv
normal
r--:::1 �
z ys1 isc he Fibrose L--------'
Kuhmilchprotein· I ntoleranz
Diagnosebestätigung mittels Belastung. Elimination, evtl. Enzymbestimmung
Belastungstest mit Diagnose· bestätigung
t
mögliche Diagnosen: •
t
mögliche Kohlenhydrat Malabsorption
w ei tere D i a gno st i k : exkretorische Pankreasfunktion Enterokinasebestimmung ERCP
exkretorische Pankreasin-
suffizienz bei chronischer Pankreatitis • Enterokinasemangel • isol ierte Enzymdefekte des
Pan kreas u .a .
Abb. 61 .2
c (1)
ja
Differenzialdiagnose bei chronischer Diarrhö.
M. Crohn Colitis u l c e rosa
E
0 "0
..0
Na+K
Azidose, Hydramnion, Dehydratation Natriumdiarrhö
Stuhlelektrolyte, Na > 1 20 mmol/1
Tumorsymptome; Neuroblastom , Karzinoide, Pankreastumoren
tumorassoziierte Diarrhö
Tumornachweis, Hormonbestimmungen, z.B. VIP
Beginn 1. Lebenswoche, Dehydratation, Na im Stuhl ca. 80-1 00 mmol/1
kongenitale M ikrovill usatrophie
Dünndarrnbiopsie, Elektronenmi kroskopie
Beginn 1 . Lebenswoche
primäre epitheliale Dysplasie oder andere Formen kongenitaler Enterozytenveränderungen
Dünndarmbiopsie; morphologische Veränderungen der Mukosa
J
(J.)
E
0 a.
+-'
E
� Cl) (J.) ct1 c +-'
cn
(J.) c 0 ,_
+-'
+-'
cn
ct1
" c (J.)
E
0 "'0 .0
Histi ocytosis X (Typ Abt-Lett erer-Si we)
Hautbiopsie aus Knötchen
Lymphadenopathie, flüchtige Exantheme, ge egen tlic h Krämpfe und Meningismus, Anämie, Thrombopenie, Hypofi brinogenämie
famili ä re h ämo p hag o zytische Lymphohistiozytose
Biopsie aus Lymphknoten, Knochenmark oder Leber: histiozytäre Eryth rozyte n phagozytose, diffuse lym p h ohistiozytä re I nfiltration
Lymphknotenabszesse, P n e umonien , rezid i vierende Osteomyelitid en, -y-Giobulin I
progressive septische Granul e matose
Blässe, Blutungsneigung, Knochenschmerzen
Leu kose
m i lc hi g es Se ru m , Triglyzeride I t I , evtl. Xanthome, Cholesterin t
Li poprote inL ipasemange l od er Apo Ii poprotein C-11-Mangel
"
l
H e patome gal i e mit rez i d ivierenden Bauchschmerzen
l
1
wie bei Budd-Chiari- Sy ndro m
Granulozyten-Phagozytosetestung, z. B. mit N itroblautetrazolium (NBT-Test)
Knoch enm ar kb io psie C hy lomi kro nämie nach 1 2 Stunde n Fasten
-
Cl)
E
0 a.
..f-J
E
�
(/) (1) C1:J
c
+-'
(/) Cl)
+-'
c 0 �
+-'
Cl) C1:J
(!) c Cl)
E
64 Splenomegalie
0 ""0 .0 (f) Q) CO c ......
(J) Q)
......
!..... ......
(J) CO
• Malaria • Kala-Azar
t
ja
......
c 0
ja
t
t
nein
• dicker Tropfen • Knochenmark pathologisch
I
ja
ja
)a:ECm::l:!!llll ja
nein
nein
• No r mv ar i ante • Rekonvaleszenz nach Virusinfekt
• Immu ndefekt • Lymphom • M. Hodgkin • rheumatoide Arthritis • Kollagenase
E 0
nein
0 c Q) E 0 "0 ..0 100 mg/1 ist in der Regel n icht mehr mit einem Virusinfekt oder Malignom vereinbar, sondern Ausdruck einer bakteriellen Infektion.
I m m u n ologische Parameter inkl. Antikörperti ter: Immunologische Untersuchungen wie die Be
stimmung von Antik ö rper gegen Viren gehören zum Standardprogramm der Abklärung einer un klaren Splenomegalie, besonders wenn d iese mit Fieber assoziiert ist. Das Ergebnis besitzt in der Re gel (z.B. infe ktiöse Mononukleose) keine thera peutische Konsequenz. Der gemeinsam mit dem Differenzialblutbild mögliche Ausschluss schwer wiegender Krankheiten dient aber der Beruhigung von Eltern und behandelndem Arzt u n d macht weitere i nvasive Untersuchungen (z.B. Knochen markpunktion) überflüssig. Der Nachweis einer H IV-I nfektion hat dagegen erheb liche Konsequen zen für Patient und betreuendes Personal. Besteht bei einem Neugeborenen einer H I V-positiven Mutter der Verdacht auf das Vorliegen einer HIV I nfektion, so k ö nnen wiederholte Untersuchungen bis zur endgültigen Sicherung der Diagnose n ot wendig sein. Untersuchungen wie ANA, Neutrophilenfunk tionstests, I mmunglobulin- und T-Zell-Subklassen sind teuer, zeitaufwendig und Zentren vorbehal ten. Die Indikation zur Durchführung dieser Tests ist daher speziellen Fragestellungen vorbehalten; beispielsweise bei gehäuften, schweren I nfekten, die oft mit Splenomegalie einhergehen (s. Kap. 3). Kulture n : Kulturen aus Blut, U rin u n d anderen Körperflüssigkeiten sind notwendig zur Abklärung unkl aren Fiebers bei Splenomegalie. Wenn mög lich, sollten mehrere Kulturen abgenommen und auf Bakterien , Pilze und andere Erreger untersucht werden. Leberfunl
sekundäre (absorptive) Hyperoxal urie -> bei Malabsorptionssyndromen nach intestinaler Resektion diätetisch?
Grunderkrankung (CF, M. Crohn, Colitis ulcerosa, Sprue), intestinale Besiedlung mit oxalatdegradierenden Bakterien ! (Oxalobacter formigines) Urinoxalat j (Zitrat ! )
->
->
Hyperurikosurie
wetzsteinförmige oder rechteckige Kristal le, feinkristall ines "Ziegelmehl" im Sediment
+ mentale Retardierung
angeborene StoffWechselerkrankungen, Lesch-NyhanSyndrom/Gicht
Hepatomegalie, Muskelschwäche
Glykogen-Speicherkrankheil Typ I, II I, V, VII Ü berproduktion bei Leukämie sowie Non-Hodgkin-Lymphom
+
+ Leukämie
->
Merkmale/Diagnostik der G lykogenspeicherkrankheiten, Gichtsymptome, Urinharnsäure i maligne Erkrankung (Therapie), Urin- und Serumharnsäure i
Proteinmast
proteinreiche Ernährung Anamnese, Ausschlussdiagnostik, Urin und Serumharnsäure j (tierisches Protein)
Ammon iumurat
Ammoniumuratsteine
Harnwegsinfektion, einseitige Ernährung (Vegetarier), Serumharnsäure ( j ) , Urin: NH4 j , Harnsäure j , Mischsteine mit Struvit (s. u.)
Zystinurie
Zystinurie 1-11 1
hexagonale, flache Kristalle im Morgenuri n, Urin: Brand-Probe, HEP, Aminosäuren -> Zystin, Ornithin, Lysi n , Arginin, Zystinausscheidung j Mutationen des Zystinuriegens auf Chromosom 2p21 (SLC3A 1 ) bzw. auf Chromosom 19 (SLC? A9)
Xanthinurie
Xanthinsteine Allopurinoltherapie
Urin: Xanthin t , Hypoxanthin i , Serum: Harnsäure ! ! , Xanthinoxidase ! . (M utationen des XDH-Gens auf Chromosom 2p22.3->22.2)
2,8-Dihydroxyadeninurie
2,8-Dihydroxyadeninsteine
runde, braune Kristalle im Sediment, AdeninPhosphoribosyltransferase ! i n Erythrozyten Urin: 2,8-Dihydroxyadenin i , Adenin j , Hydroxyadenin j (Mutationen des APRT-Gens auf Chromosom 1 6q22.2-22.3)
Struvit, Carbonatapatitsteine
sargdeckeiförmige (Struvit), pseudoamorphe (Carbonatapatit) Kristalle im Sediment (Kultur --> Proteus?), anatomische Anomalien (US), Reflux (MCU), Urin-pH j , Nitrit j , Leukozyturie, Kalzium-, Phosphorausscheidung j
d-RTA Hypozitraturie, idiopathisch rezidivierende Harnwegsinfekte mit P roleus vulgaris
384
Urin-pH ! , U rin und Serumharnsäure i , Hypoxanthin-Phosphoribosyltransferase ! (Mutationen des HPRT-Gens auf Chromosom Xq26-27)
hypokalzämische Tetanie, Hyperkalziurie
fam i liäres Syndrom der Hypokalzämie/ Hyperkalziurie
--. siehe unter RTA Zitratausscheidung ! , Ausschlussdiagnostik
-->
Serum Ca ! , Ca-Ausscheidung i , Defekt des Kalzium-Sensing-Rezeptor-Gens auf Chromosom 3q1 3.3-21
---- 66
Proteinurie
66 Protein u rie Marti n Kirschstein
Symptombeschreibung
Protei nurie
D ie Proteinurie i st das wichtigste labordiagnosti sche Leitsymptom vieler N ierenerkrankungen, das auf glomeruläre oder tubuläre S chädigungen hin weist. Von den renal bedingten müssen die p rä renalen ( Ü berlaufproteinurie) und die postrenalen ("Serumleck") Proteinurien abgegrenzt werden.
Teststreifen
Pathologische Proteinurieformen: Störungen im
Bereich der verschiedenen Ebenen der Eiweißfil tration und -resorption führen zu unterschied lichen Proteinurieformen (Abb. 66. 1 ) . • Glom eru läre Pro teinu rie: Eine Störung der elektrostatischen Filterfunktion führt zu einer selektiven glomerulären Protei n urie (Album in ) . Strukturelle Veränderungen der Basalmembran haben eine unselektive glomeru läre Proteinurie (Albumin, Transferrin und IgG) zur Folge. • Tu buläre Pro teinu rie: Angeborene oder erwor bene Schädigungen der tubulären Resorptions mechanismen führen zur Ausscheidung n iedermo lekularer Proteine ( a 1 - Mikroglobulin, retinolbin dendes Protein, ßrMikroglobuli n ) . Das quantitati ve Ausmaß der tubulären Proteinurie überschreitet 2 g/Tag/ 1 , 73 m2 KOF nicht. • G lomerulär- tubuläre M ischpro teinu rie: G lo merulopathien mit tubulo-interstitieller Beteili gung weisen ein Mischbild aus glomerulärer und tubulärer Proteinurie auf. Prärenale Pro teinu rie ( Ü berlaufprotein urie): Durch akut oder chron isch erhöhte Konzentratio
•
nen niedermolekularer Proteine ( H ämoglobin
negativ
t
t
Gesamteiweißbestimmung
Physiologische Proteinurie: I m Urin gesunder
Kinder findet sich eine Vielzahl von Proteinen, die aus dem Plasma, den Nieren und den ableitenden Harnwegen stammen. Der Verlust von Eiweißen in den Endharn wird durch ein kaskadenartig hinter einander geschaltetes System aus glomerulärer Plasmafiltration und tubulärer Resorption auf 1 0-150 mg/Tag/1 ,73 m2 KOF (< 4 mg/h/m2 KOF) begrenzt. M akromoleküle (MG > 67 000 Dalton) wie Albumin (67 000 Dalton), Transferrio ( 76 000 Dalton) und I mmunglobuline ( IgG 1 5 0 000 Dal ton) werden durch die größen- und ladungsselek tiven Filter der glomerulären Basalmembran prak tisch komplett retiniert. Niedermolekulare Prote ine (MG < 60 000 Dalton) wie cx1-Mikroglobulin (33 000 Dalton ) , retinolbindendes Protein (21 000 Dalton) , ß2-Mikroglobulin ( 1 1 800 Dalton) werden frei glomerulär filtriert und anschließend tubulär fast vollständig resorbiert.
positiv
�
anamnestische/ klinische Hinweise für Nierenerkrankung
+
Einzelproteinbestimmung oder SOS-PAGE
, ..
• prärenale Protei nurie • selektiv glomeruläre Protei nurie (s. DD-Tabelle) • unselektiv glomeruläre Proteinurie (s. DD-Tabelle) • unselektiv glomeruläre Proteinurie und tubuläre Proteinurie (s. DD-Tabelle) • tubul äre Proteinurie (s. DD-Tabel le) • postrenale Proteinurie
Abb. 66.1
Diagnostisches Vorgehen bei Proteinurie.
nach H ämolyse, Myoglobin nach Myolyse) im Se rum kommt es durch Ü berschreiten der tubulären Resorptionskapazität zu einer Ü berlaufprotein urie. Im Gegensatz zum Erwachsenenalter (Pias mozytom) ist eine prärenale Prote inurie im Kin desalter sehr selten. • Postrenale Proteinurie: Eine Ausscheidung von Plasmaproteinen findet sich bei postrenalen Blu tungen oder Entzündungen der ableitenden Harn wege ("Serumleck") .
�
(],)
z s::::: Q)
E
0 1J .0
8) und Medikamen te verursacht werden.
Gesamteiweißbesti m mu ng: Bei p ositiver Test streifenuntersuchung oder anamnestisch /klini schen H i nweisen auf eine N ierenerkrankung er folgt eine U ringesamtproteinbestimmung, für die eine Reihe verschiedener Testmethoden zur Ver fügung steht. D ie Gesamtprotei nbestimmung ist eine unverzichtbare Labormethode zur präzisen Messung der Harneiweißmenge, die klinische In formation beschränkt sich im allgemeinen auf die M öglichkeit, zwischen "nephrotischen" (große Proteinurie > 1 000 mg/Tag/m2 KOF) und "nicht nephrotischen" N ierenerkrankungen zu unter scheiden (Tab. 66. 1 ) . SDS -PAGE und Einzelproteinbesti m m ung; Ne ben der Gesamteiweißbestimmung im U rin sollten die mit dem Harn ausgeschiedenen Proteine nach Art und Zusammensetzung untersucht werden. M it der molekulargewichtsbezogenen Natriumdo decy lsulfat- P o lyac rylam id -G radientengel-Elektro phorese (SOS-PAG E) oder der immunchemischen M essung von Leitproteinen kann eine Aussage über Art und Ort der Nierenschädigung anband der P roteinuri eform gemacht werden (Tab. 66 .2) .
Leitproteine lgG, Transferrin, Albumin Albumin, Transferrin a1-Mikroglobulin, retinolbindendes Protein, ß2-Mikroglobulin lgG, Transferrin, Albumin, a1 -Mikroglobulin, retinolbindendes Protein, ß2-Mikroglobulin Hämoglobin, Myoglobin, Bence-Jones-Proteine az-Makroglobulin, Apolipoprotein A 1
---
SDS-PAGE und immunchemische Leitprotein messung l iefern vergleichbare Ergebnisse. Die SOS-PAGE ist in der Primärdiagnostik der Bestim mung von Einzelproteinen überlegen, liefert aber n ur semiquantitative Ergebn isse. Die Einzelpro teinbestimmung dagegen ermittelt quantitative Da ten (Tab. 66.3) und ist von Vorteil bei der Verlaufs beobachtung und Therapiekontrolle von Nierener krankungen. Die Urinana lyse mittels S DS-PAGE und Einzel proteinbestimmungen erlaubt keine Zuordnung zu den zugrundeliegenden histologischen Typen der verschiedenen Glomeru lonephritiden und kann bei p ersistierender, i nsbesondere glomerulärer Proteinurie eine N ierenbiopsie nicht ersetzen, aber bei der Indikationsstellung und Planung dieses Eingriffes von N utzen sein. Beurteilung d e r N ierenfunktio n : Bei N ac hweis
einer pathologisch e n glomerulären Proteinurie dienen folgende Parameter zur Beurteilung der N ierenfunktion und zur Abklärung der zugrunde liegenden Ätiologie (G lomeru loneph ritis-Pro
66
Proteinurie
und -Struktur (Echogenität) sowie die farbkodierte D oppler-Sonographie (Nierenvenenthrombose) . Eine weiterfü h rende bildgebende D iagnostik (MCU, i .v. - Urogramm, Isotopennephrographie) b leibt speziellen morphologischen Fragestellun gen vorbehalten. H ä ufig ist eine D iagnosesicherung nur durc h Beurteilung der Nierenhistologie (Licht-, Immun fluoreszenz- und E lektronenmikroskopie) nach perkutaner Nierenbiopsie möglich. I n dikationen für eine Nierenbiopsie sind • Nierenerkrankunge n unklarer Ä tiologie mit persistierender Proteinurie, H ämaturie, arterieller Hypertonie sowie einer Nierenfunktionsein schränkung, • ein sieraidresistentes nephrotisches Syndrom, • eine Proteinurie bei Systemerkrankungen (z.B . Lupus erythematodes) . Die Indikation zur Durchführung einer N ieren biopsie ist nicht nur von den sich ergebenden therapeutischen Konsequenzen, sondern auch von den möglichen prognostischen und humangeneti schen Aussagen abhängig zu machen .
gramm):
BSG -7 B lutbild -7 Serumelektrolyte -7 Harn stoff -7 Kreati n in -7 Kreatin inclearance -7 Serum protein und Elektrophorese -7 Cholesterin -7 C3Komplement -7 Immunglobuline A, G und M -7 Antistreptolysintiter -7 Antihyaluronidase -7 Anti deoxyribonuclease (DNase) -7 C3-Nephritisfaktor -7 Doppelstrang-D N S -Antikörper -7 p- und c ANCA -7 Antibasalmembranantikörper -7 Gerin nungsstatus und Antithrombin III. Untersuchung des Spontanurins: M i k roskopie mit Zellzahlbestimmung und Zyli ndersuche, Test streifen auf G lucose und Hämoglobin, U rinkultur. Bei Nachweis einer isolierten tubulären Protein urie ist die Messung von Elektrolyten (tubuläre Phosphatrückresorption, Kalzium-Kreatinin-Quo tient) zur Untersuchung der Tubu lusfunktion sinn voll. Technische Untersuchungen
Wi chtigstes bildgebendes Verfahren ist die Sono graphie zur Beurteilung der Nierengröße, -form
Tabelle 66.3
Referenzbereiche von Einzelproteinen i m Kindesalter (2. Morgenurin).
Albumin lgG Transferrin a, -Mikroglobulin retinolbindendes Protein ß2-Mikroglobulin
mg/1
mg/mmol Kreatinin
20 8 2 8 0,5 0,5
5 0,8 0,3 0,8 0,04 0,04
Besondere Hinweise
Aufgrund der weiten Verbreitung von Teststreifen wird eine Proteinurie häufig zufäll ig entdeckt, ohne dass klinische Sympt ome vom Patienten an gegeben werden. Das Vorliegen weiterer patholo gischer U ntersuchungsbefunde (insbesondere Hypertonie, H äm aturie) ist eine Indikation für eine ausfü h rliche D iagnosti k . Bei erstmal igem Nachweis einer sicher asymptomatischen Protein urie im Falle einer leeren Eigen- und Familien anamnese sowie eines unauffälligen körperlichen Untersuchungsbefundes sollte der Urin in den fol genden Tagen erneut mehrfach auf Eiweiß unter sucht werden . Alternativ können dem Patienten Teststreifen verschrieben werden, damit er oder die Eltern zu H ause den Urin untersuchen und das Ergebnis protokollieren. D iese Maßnahme kann nach Wochen oder Monaten für einige Tage erneut wiederh o lt werden.
I
c (].)
E
0 "C ..0
38,5 °C)
febrile Proteinurie
Verlauf, 3 Tage nach Entfieberung nicht mehr nachweisbar
keine
ort h ostat ische Protei n u rie
Tag-/Nachturinuntersuchung
Hauterythem, Arthralgien, Hämaturie
Lupus erythematodes
ANA u nd ds DNS positiv, Nierenbiopsie
C3 l, Hämaturie
membraneproliferative G l o meru Ion ephrit is
Nieren b i opsie
Bauch- u n d G e enksch merzen , Purpura, Petechien, Hämaturie
Serum-lgA i (in 50%), intermittierende Hämaturie insbesondere während I n fekte n
388
----
67
Hämaturie
Differenzialdiagnose der unselektiv glomerulären und/oder glomerulär-tubulären Mischproteinurie I �Charakterisierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen Bestäti ung ! [des Hauptsymptoms der Diaggnose (Fortsetzung)
unselektiv glomeruläre und/oder glomeru lär tubuläre Misch proteinurie
dys-/hypoplastische Nägel, fehlende oder verkleinerte Patella, Hämaturie
Naii-Patella-Syndrom
Nierenbiopsie, Genanalyse (LM x 1 8 auf Chromosom 9 q 34)
Endokarditis, ventrikuloatrialer Shunt, Arthralgien, Hypertonus, Anämie, Leukozytose, Hämaturie
Shunt-Nephritis
Serologie, Blutkultur, Shuntentfernung
evtl. M uskelkater
Belastungsproteinurie
Gl ukosurie, Hyperglykämie, HbA1 I diabellsehe Nephropathie
48 h nach körperlicher Belastung nicht mehr nachweisbar Diabetes mellitus
Differenzialdiagnose der tubulären Proteinurie Bestäti ung �harakteri sierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen der fdes Diaggnose Hauptsymptoms tubuläre P roteinurie
Fieber, Flankenschmerzen, CRP I, BSG I Kreatinin I, Erbrechen, Müdigkeit, Eosinophilie, Leukozyturie, Glukosurie
evtl. Kreatinin I
I
l
Pyelonephritis
Urinkultur
akute interstitielle Nephritis
Nierenbiopsie, Medikamenten- oder Infektanamnese
Nephrotoxizität
Einnahme nephrotoxischer Medikamente (Antibiotika, Zytostatika, Kontrastmittel)
Q) z c Q)
Kreatinin I
Oligurie
akutes Nierenversagen
Polyurie, Gedeihstörung, metabolische Azidose
Zystinose (Fanconi-Syndrom)
Zystingehalt in Leu kozyten
Glukosurie, Minderwuchs
(idiopathisches) Fanconi-Syndrom
Ausschluss anderer Ursachen eines Fanconi-Syndroms
Hyperkalziurie
Dent's Disease
Genanalyse
�
E
0 "0 ..0 4 mg/m2/h 4 mg/m 2/h _______.. > 90 mg/1 < 9 g/l
2+ (nicht bei Makrohämaturie)
(hell-)rot nein eumorph > 50 m m 3 ja < 2+ (nicht bei Makrohämaturie)
rul ären (renalen) u n d e iner n i c htglomerulären ( extrarenalen) Erythrozyturie zu d ifferenzieren (Tab . 67.2) Die Beurteilung der Erythrozytenm o rphologie besitzt bei erfahrenen U ntersuchern eine hohe d iagn ostische Aussagekraft Die Unterscheidung zwischen dysmorphen (Erythrozyten mit Ausstül pungen, sogenannten Akanthozyten) und eumor phen Erythrozyten gelingt m it einem normalen M ikroskop, besser geeignet ist die U ntersuchung des U rinsediments (Zentrifugation für 5 min bei 900 U/min oder 2000 g) mit einem P hasen kontrastmik roskop b e i 40 0fach e r Vergrößerung (Abb. 67 .2a-c) . Die G rößenbeurteilung der Ery throzyten m ittels Autoanalyser (Coulter-Counter) kann zur D ifferenzierung einer glomerulären von einer nichtglomerulären H ämaturie herangezogen werden, da die Erythrozyten bei renaler Hämaturie meist kleiner sind als bei nichtrenaler. Der Stellen wert dieser Untersuchungsmethode ist a llerdings noch umstri tten .
I
Der Nachweis von Erythrozytenzylindern s wie iweiß im Harn sind für eine glomeru _ nahezu beweisend. _ lare Hamatune
�
�
Einer glomerulären Prote i nurie und H ämaturie l iegt meistens eine Glomerulanephritis zugrunde, deren Abklärung einer umfangreichen Diagnostik bedarf (s. Kap. 66 Proteinurie). Bei Vorliegen einer Hämaturie ohne Proteinurie erfolgt bei l eerer Familienanamnese (Alport-Syn d rom) ei ne Un tersu ch u ng von Fam ilien ange hörigen auf eine Hämaturie mit Teststreifen über 7-1 4 Tage ( Protokoll anfertigen) .
I
392
Der mikroskopische Nachweis von eumor phen Erythrozyten, Leulwzyten und eventuell Bakterien spricht für das Vorliegen einer Infek tion der Harnwege.
Eine Urink ultur sollte abgenommen werden und i m E inzelfa l l eine Sonographie und eine M i k tion szystourethrographie ( M C U ) veranlasst wer den . Die Bestimmung des Kalziu m -Kreatin in-Quo tienten (normal < 0,22) in einer Spontanuri nprobe ist eine einfache Screeningmethode für den Nachweis einer Hyperkalziurie als U rsache der Hämat-
Abb. 67.2
Unterscheidung zwischen eumorphen und dysmorphen Erythrozyten i m U ri nsed iment mittels M ikroskop. a) eumorphe Erythrozyten und Stechapfelformen bei Nephrolithiasis Akanthozyt bei Glomerulanephritis (Pfeil) b) und
c)
----
urie. Da der Quotient nahrungsabhängig ist, sollte die D iagnose einer Hyperkalziurie als Ursache der Hämaturie erst nach mehrmaliger Bestimmung der Kalziumkonzentration im 24-Stunden-Sammelurin gestel lt werden. Eine Urinkalziumexkretion von mehr als 4 mg/kg KG/d ist pathologisch. M ittels Sonographie kann eine N ephrokalzinose sowie eine U rolithiasis diagnostiziert werden . Diese Un tersuchungsmethode kommt ebenfalls zum Ein satz bei Verdacht auf ein Trauma, angeborene Fehl bildungen der Harnwege oder Zystennieren, welche ebenfalls Ursache einer Hämaturie sein können. Technische Untersuchungen
Der Einsatz bildgebender Verfahren bei der Abklä rung einer H ämaturie ist nicht bei jedem Patienten notwendig.
I
Für viele Fragestel l ungen ist die Sonographie der Nieren und ableitenden Harnwege aus reichend und der Röntgendiagnostil{ zum Teil sogar überlegen.
Die fa rbko dierte D oppler-Son ograph ie ist hilf reich bei der Diagnostik einer N ierenvenenthrom bose oder einer arteriellen H ypertonie. Für eine intravenöse Pyelographie besteht nur in Ausnah mefällen (Trauma) eine Indikation. Anamnestische Angaben über ein vorausgegangenes Trauma oder febrile Harnwegsinfekte rechtfertigen die D urch führung einer Miktionszystou rethrograph ie (MCU). Eine Zystoskopie ist nur indiziert, wenn durch Sonographie oder M C U der Verdacht auf einen Harnblasenstein oder einen Tumor ( Rhabdo myosarkom) sowie eine Bilharziose (Tropenaufent halt) geäußert wird. CT oder NMR des A bdomens sollten bei sonographischem oder palpatorischem Nachweis einer intraabdominellen Raumforderung (Wilms-Tumor) oder H inweisen auf eine Verlet zung der Nieren durchgeführt werden. In vielen Fällen einer renalen H ämaturie gelingt die endgültige D iagnosesicherung nur durch Be urteilung der Nieren histo logie (Licht-, Immun fluoreszenz- und Elektronenmikroskopie) nach perkutaner N ierenbiopsie. I ndikationen für diesen invasiven Eingriff sind • N ierenerkrankungen unklarer Ätiologie mit per sistierender Hämaturie , Proteinurie und einer eventuellen N ierenfunktionseinschränkung, • Eryth rozyturie in Kombination mit einer Schwerhörigkeit (Alport-Syndrom) .
67 Hämaturie
Nicht nur die sich aus der Histologie ergeben den therapeutischen Konsequenzen, sondern auch Aussagen zur Prognose und human genetische Aspekte müssen bei der Indikations stellung einer Nierenbiopsie Berücksichtigung finden.
Besondere Hinweise
Der Nachweis einer symptomatischen oder asym ptomatischen Hämaturie löst Verunsicherung und Ängste bei Patienten und insbesondere Eltern aus, die häufig dieses Symptom mit dem Vorliegen ei ner malignen Erkrankung oder der Entwicklung eines späteren Nierenversagens assoziieren . Die Eltern sollten darüber aufgeklärt werden, dass die möglichen Ursachen einer Hämaturie i m Kindes und Erwachsenenalter prinzipiell die gleichen sein können, aber ihre Häufigkeitsverteilung vollkom men differiert. H ieraus resultiert eine unterschied liche Strategie der D iagnostik einer Hämaturie i m Kindes- u n d im Erwachsenenalter: endoskopische und radiologische Untersuchu ngen sind beim Kind selten indiziert. Die d iagnostische Abklärung einer Hämaturie darf für die Gesundheit des Kin des kein größeres Risiko als die Erkrankung selbst darstellen. Die Anzahl möglicher Differenziald i agnosen einer Hämaturie ist sehr groß . E i ne symptomati sche Makrohämaturie bedarf einer sofortigen Ab klärung, auch jede Hämaturie in Kombination m it einer Protei nurie erfordert eine umfangreiche rasche Diagnostik.
I
Im Gegensatz zu den Symptomen Proteinurie und Hypertonie besitzt die Hämaturie al s prognostischer Indikator für den Schweregrad und für eine mögliche Progression von Nieren erkrankungen aber nur geringe Bedeutung.
@
(1) z c (1)
E 0 "C ..c 4 mg/kg KG
Flanken- und Bauchschmerzen, evtl. Harnwegsinfekt, positive Fam ilienanamnese
Nephro-/UroIithiasis
Sonographie, Röntgen-Abdomenleeraufnahme, i.v. Pyelographie
selten Polyurie und Bauch- bzw. Flankenschmerzen; Furosemidmedikation im Neugeborenenalter
Nephrokalzinose
Sonographie
evtl. schlechtes Gedeihen, Harnwegsinfekt, Flankenschmerzen
Hyperoxalurie
Oxalsäurebestimmung im U ri n
Bauchschmerzen, Dysurie, anamnestisch Tropenaufenthalt
Bilharziose
Schistosomeneiernachweis im Urin, Serologie, Sonographie, Zystoskopie
Dysurie
Triehemonaden
Erregernachweis im warmen Urin unter Phasenkontrastmikroskop
white spots, Krampfanfälle, mentale Retardierung
Angiomyolipome bei tuberöser Sklerose
Sonographie, CT, N M R
>
j
Differenzialdiagnose der nichtglomerulären Hämaturie �Charakterisierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen I des Hauptsymptoms
67 Hämaturie
(Fortsetzung)
n ichtglomeruläre Hämaturie
evtl. Hämatome
eventuell Nieren palpatorisch vergrößert, Hypertonus, Hernien , Harnwegsinfekte, Familiarität Nieren palpatorisch vergrößert, Leberfibrose, Hypertonus häufig , Eitern nicht betroffen
Bestätigung der Diagnose
Trauma
Anamnese, Sonographie, i.v. Pyelog raphie, MCU, CT
Fremdkörper
Anamnese, Inspektion, evtl. Bildgebung und Zystoskopie
Masturbation
Anamnese, Spermiennachweis im U ri n
Menstruation
Anamnese, "Scheinhämaturie" , gynäkologische Untersuchung
Zystennieren autosomaldominante polyzystische Nierendegeneration autosomalrezessive polyzystische Nierendegeneration
Sonographie, evtl. CT und i.v. Pyelographie, Genanalyse Sonographie, i .v. Pyelographie, CT
Strömungsgeräusch über Nierenregion oder Abdomen
kongenitale arteriovenöse Fehlbildungen
Angiographie
Asphyxie, Hypertonus, Nabelgefäßkatheter
Nierenvenenthrombose Nierenarterie nembolie
Sonographie, farbkodierte Doppler-Sonographie
Blutungsneigung
Koagulopathie
Familienanamnese, Gerinnungsstatus, Einnahme von Antikoagulanzien
Anämie, Thrombozytopenie
Leukämie
Blutbild, Knochenmark, Sonographie (leukämische Infiltrationen)
Anämie, selten druckschmerzhaftes Nierenlager (meist links)
Hämoglobinopathie (Sichelzellen)
Blutbild, Sonographie, i .v. Pyelographie (Papillennekrosen)
Raumforderung im Abdomen, Hypertonus, Erbrechen
Wi lms-Tumor
Sonographie, CT, N M R a-Fetoprotein, WT-Gen
sterile Leukozyturie, Pollakisurie, Dysurie, BSG i
Tuberkulose
Hauttestung, Zieh i-NeelsenFärbung des U rins
Münchhausen-/ Blutgruppenbestimmung von Münchhausen-by- U rineryth rozyten und Vergleich proxy-Syndrom mit Blutgruppe des Patienten glomeruläre oder nichtglomeruläre Hämaturie
l
evtl. Fieber, Exanthem, Eosinophilie
interstitielle Nephritis
�
Q) z c Q) E
0 "'0 ..0
50
< 1 04 1 Q4-1 QS > 1 06
Blasen-onspunkti urin
< 15 1 5-50 > 50
< 5 5-1 0 > 10
< 5 5-1 0 > 10
< 1 03 1 03-5 X 1 04 > 5 X 1 04
< 1 03 1 03-5 X 1 03 > 5 X 1 03
steril
jeder Nachweis von Bakterien
------
Körperliche Untersuchung
Bei der gründlichen Allgemeinuntersuchung ein schließlich Blutdruckmessung wird gezielt unter sucht: • Palpation der G röße, Form und Konsistenz der Nieren • Druck- oder Klopfschmerzhaftigkeit (zart ! ) des Nierenlagers • lokaler Schmerz, D ruck- oder Abwehrspann ung des Abdomens • Palpation und Perkussion der Harnblase (Mega zystis?) • genaue Untersuchung der Harnröhrenmündu�1g und des Genitale auf Fehlbildungen (Hypospadie, Phimose , Labiensynechie) , entzündliche Rötung und/oder pathologische Sekretionen. Bei Verdacht auf eine systemische Erkrankung ist eine augenärztliche U ntersuchung zum Aus schluss einer Iridozylditis erforderlich. Klinisch-chemische Untersuchungen
Zum Nachweis einer Leukozyturie muss der Urin sauber gewon n e n und rasch verarbeitet werden. _ Unter Bei reizlosem Genitale genügt zunächst dte suchung des Spontanurins mittels Teststreifen, bei fraglichem oder positivem Befund wird aus derselben Probe der gesamte Urinstatus bestimmt: . • Zählung der Leukozyten und Erythrozyten 1!1 der Fuchs-Rosenthai-Kammer • Untersuchung des Sediments auf Kristalle, Bakterien, Zylinder und Epithelien . . . • orientierende bakterielle Kultur auf emem Un cult-Objektträger. Bei eindeutig pathologischem U ri nbefund und klinischen Symptomen einer Harnwegsinfektio n sollte mit der Behandlung begonnen werden, bei verdächtigem Befund ohne Klinik empfiehlt �ich eine nochmalige Kontrolle des Sp ontanunns, wenn möglich als Mittelstrahlurin Bei weiterhin unklarem Befund sollte der Urin direk t a u s der Harnblase entnommen werden, entweder mittels Katheter oder durch Punktion , wobei l etzterem der Vorzug zu geben ist, besonders bei den Knaben und bei Mädchen jenseits des Säuglingsalters, da sie technisch einfacher, weniger traumatisierend und aussagekräftiger ist. Der B lasenp u n k tions u rin ist n ormalerweise steril und enthält weniger als 5 Leukozyten/mm 3 .
I
Bei entzündetem Genitale oder hochgradiger Phimose sind eine Leukozyturie und Balderi urie im Spontanurin diagnostisch nicht ver wertbar.
Bei dringen dem klinischem Verdacht auf eine Harnwegsinfektion sollte dann eher sofort ein Bla senpunktionsurin gewonnen werden zur Siche rung der Diagnose, in den anderen Fällen ist je doch eine abwartende H al tung gerechtfertigt, d.h . ,
68
Leukozyturie
man untersucht den Spontanurin nach Abklingen der lokalen Entzündung. Leider wird die Diagnose einer Harnwegsinfektion oft fälschlicherweise auf grund nur eines fraglichen Spontanurinbefundes gestellt, nicht selten rezidivierend, wozu noch eine unsachgemäße bakteriologische U ntersuchung des Urins beiträgt. Da ein sponta n gewonnener Urin m eistens Bakterien enthält, werden bei länge rem Stehenlassen des Urins bei Zimmertemperatur oder gar Verschickung mit der Post irrfolge der Ver mehrung der Bakterien rasch signifikante Keim zahlen erreicht, die dann zur Fehldiagnose Anlass geben. Bei nicht spontan miktionierenden �(in dem wird der Urin meist in einem um das Gemtale geklebten Plastikbeutel aufgefangen. Er ist deshalb häufig kontam i niert. Ein unauffälliger Beutel Urinbefund schließt eine H arnwegsinfektion aus, ein pathologischer Befund ist jedoch immer zwei felhaft.
I
Bei allen zweifelhaften Urinbefunden sollte eine Harnwegsinfel : �::: - -
; · · '· · · · ·
· - · ··· ····· ··· · · .
20
a
24
28
32 36
Wochen
Abb. 70.3
40
.
.
9 5 °/�-
(a)
.
.
Wochen
N ierenlänge und N ierenvolumen (b) i n Relation zum Gestationsalter m i t entsprechenden obe ren und unteren Perzentilengrenzwerten.
Bei Vergrößerungen wie Verkleinerungen kann ent:ve � er die � ormale Struktur des Parenchyms, n: e.� st m Verbm dung mit angehobener Ech oge mtat, �rhalten geblieben sein und damit homogen erschem �n oder aber eine Zerstörung der norma len Arc�Itektur entstehen, so dass ein heterogenes, o � zystisches Strukturbild resultiert, zumeist auch Imt Verlust der äußeren Nierenform. Grundsätz lich sind G rößenabweichungen der N ieren i m mer als krankhaft anzusehen. K1inisches Erscheinungsbild
D �s � linische Erscheinungsbild ist vielfältig und b e � bii ateralem Befall naturgemäß intensiver als _ ?ei umlateralem Prozess, was sich am intensivsten m der chro nischen Nierenins uffizienz bei beid se its zu kleinen N ie ren nie derschlägt. Während _ � Ierenver ?rößeru � gen rückbildungsfähig sind, ist dte verklemerte Ntere nicht mehr kompensierbar und bl e ibt pathologisch, weil mit einem Aufhol wachstu m , geschweige denn mit einer Nephron neubildung jensei ts der 28 . S chwangerschafts woche, nicht mehr zu rechnen ist. Nierendysplasien haben die Eigenart, dass sie auch bei demselben Grundleiden - je nach Ausmaß und Größe ihrer Zysten - bald zu groß, bald zu klein erscheinen. Des Weiteren sind sie durch ihre hohe Assoziation mit extra renalen Anomalien, vor allem des Zentralner vensystems, des Herz-Kreislauf-Systems, der Sinnesorgane, des Gastroi ntestinaltraktes und des Sl<elettsystems charalderisiert.
404
N iereninsuffizienz Hämaturie.
· ···· ·
• '
20 24 28 32 36 40
b
•
Anson sten sind Abwei c hu ngen der N ierengr öße von der Norm der Häufigk eit nach mit folgend en klinische n Symptom en vergesell schaftet: • Harnwegsinfektion • a1ierielle Hypertension • Enuresis • Protei nurie
Rationelle Diagnostik Anamnese
In Anbetracht eines nicht selten zugrundeliegenden Erbmodus beginnt die Diagnostik vor allem chroni scher renaler Größenabweichungen bei der Fami lienanamnese und sollte sich daher auf Eltern erkrankungen (autosomal- bzw. X-chromosomal dominant) - mit und ohne Schwerhörigkeit - und Geschwistererkrankungen (autosomal-rezessiv) konzentrieren und Konsanguinität ebenso ermit teln wie Schwangerschaftsnoxen , vor allem i n Form von Al kohol, Medikamenten u n d D iabetes mellitus sowie ein Oligohydramnion. Die Eigena nam nese u mfasst die Suche nach vorausgegangenen renalen Erkrankungen (Harn wegsinfektionen, akutes N ierenversagen) vor al lem u nter Einbeziehung der Neo natalperiode ( Nabelkatheterismu s ) und En twicklu ngsstörun gen (Kleinwuchs) ebenso wie die Evaluation von Verhaltensauftälligkeiten wie: • Polyurie • Polydipsie • Nykturie • Nyktodipsie • Enuresis • Salzhunger • M üdigkeit • Konzentrati onsstörungen. I{Jinisch-chemische Untersuchungen
Bei der klinischen D iagnostik steht neben dem Palpati onsbefu n d der N ieren die Blutdruckmes sung i m Vordergrund, des weiteren die gezielte Su che nach extrarenalen Anomalien (Augen, Ohren , H erz, H irn, Leber) und nach Symptomen der Nie renfunktionsstörung (Anämie, Osteopathie, Klein wuchs, Ö deme) oder aber H inweisen auf systemi sche Grunderkrankungen (z .B. familiäres M ittel meerfieber) . Die Labordiagnostik umfaßt im Blu t vo r allem: • Elektrolyte • harnpf1ichtige Substanzen • Entzündungsparameter i n klusive Elektrophorese • gegebenenfalls ein Komplementprofil • Chromosomenanalyse • Stoffwechselscreening • gezielte molekulargenetische Gend iagnostik. Der Urin ist zu analysieren auf: • Proteinurie • Häm at u ri e • Osmolalität im Morgenurin • Bakteriurie.
----- 70
Technische Untersuchungen
An tech nischen Un tersuchu ngen stehen für die Harntraktdiagnostik neben der Sonographie, i nkl. der farbkodierten Duplexso nographie, folgende Verfahren zur Verfügung: • Miktionszystourethrogramm • Isotopennephrogramm • Computertomogramm • magnetische Resonanztomographie. D as i .v. Urogra m m ist h eute nur noch selten in diziert. Exakten Aufschluss über Parenchymstruk turen bekommt man n u r von d e r D urchführung einer Nierenbiopsie mit anschl ießender konven t i onel l lichtm ik roskopischer, i m m u n h istologi
Pathogenese der großen Niere gen et i sc he
Anlagestörung ditatativer Urinstau
a
Parenchymödem
Pathogenese der kleinen Niere
r------,
genetische Fixierung
Indikation ist allerdings nicht i mmer gegeben und den di fferenzialdi agnostischen Tabellen z u ent nehmen.
An l agestörung
Besondere Hinweise Große Nieren
G roße N ieren haben i hren Ursprung p rä-, peri o der p o st natal und beru h e n entweder auf einer
akute
Fixierung
scher und e lektronenoptischer Diagnosti k . I hre
Anlagestörung, die genetisch fixiert ist oder aber auf embryonal störenden Einf1üssen, wobei einem Urinstau eine besondere Bedeutung zukommt, da er vor allem in seiner akuten Phase die N ieren ver größert. Akute Nephropathien lassen die Ni eren postnatal durch ein Parenchymödem größer wer den , was k l i n i sch verbunde n ist entweder m it einem nephritiseben oder nephrotischen Syndrom oder aber einem akuten N i e renversagen . Im Gegensatz dazu führen Speicherungen eher selten und dann langsam zu einer N i e re nvergröß e ru n g (Abb . 70.4a) .
Große und kleine Niere
.....
b Abb. 70.4
(b)
-------------------
Wachstumsverminderung
Schrumpfung
lokal oder diffus ......
Pathogenese der großen (a) und kleinen
N iere.
verursacht, entsteh t in der E ndphase der Paren chymdifferenzierung eine, allerdings nur partielle, auf die N ierenrinde konzentrierte Dysp lasie (Pot ter IV). Obstru k tionen u nmittelbar nach Kontakt der Ureterknospe m it dem metanephrogenen Ge webe, also i n der frühen Phase der G ewebsdiffe renzierung, lassen eine komplette Dysp lasie ent-
c Cl>
E 0 "'0
.0
1 g/m2/Tag)
chronisches, ggf. progredientes n ephriti sch es Syn d ro m
GlomerulonephritisSonderform, z.B intra-/extrakapilläre G lom erul a nep h r iti s
Nierenbiopsie
v a- /v-p-Sh un t po sit i ve Blutk u ltur (Staphyl ococc us epidermidis) -
n ep h rotisc h es
,
Syndrom
stere id res istentes nephrotis ches Syndrom
(längst nicht immer Streptokokken)
Lupu s - N ephri t i s
Niere n b i ops i e
Shunt- Nephritis
N ierenbiopsie
M i n imal - C h an g e-
Ausschluss sy m pt om at isc h e r
Nephrose lokal - se g m e n ta l e G l ome rulas k l ero s e
nephrotisches membraneproliferative Glomerulanephritis Syndrom und persistierender oder zykl ischer C3-Komplement- 1, 1 1 , 1 1 1 mangel, ggf. K ryoglob uli nämi e
stereidresistentes
406
es- K o m p lementfrakt o n erniedrigt, Erregernachweis
a ku te
extrarenale rheumatoide Symptomatik, dsDNS-Ak
m it ne p h rot i scher Kom ponente
post i nfektiö se Glomerulanephritis
nephritisches Syndrom m t Mikro- oder Makrohämaturie, Infektanamnese
Formen, Stereidsensibilität
N i ere n bi ops i e N i erenbi o ps i e
J
----
70 Große und kleine Niere
Differenzi aldiagnose der großen Niere kteritsymptoms sierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen Bestätigung der Diagnose �s rHauP1 (Fortsetzung)
a a
�
mit nephrotischer Komponente
chronische Entzündungen (z.B . Lues, Schistosomiasis). Systemerkrankungen (z.B. Sichelzellanämie), Medikamente (z. B. Gold, Penicillamin)
sekundäre Form eines nephrotischen Syndroms
Anamnese, Klinik, Nierenbiopsie
stereidresistentes nephrotisches Syndrom im Säuglingsalter
a) diff. Mesangialsklerose
Nierenbiopsie, WT- 1 -Gen
(bei Denys-DrashSyndrom)
mit akutem Nierenversagen
bei Speicherkrankheilen
ausschließlich bila-
terale, inhomogene,
zumeist zystische Nierenvergrößerung
b) autosomal-rezessives kongenitales finnisches nephrotisches Syndrom
große Plazenta, a1-Fetoprotein 1', N ierenbiopsie
dys-/hypoplastische Nägel, fehlende/verkleinerte Patella
Nagel-Patella-Syndrom
Molekulargenetik, N ierenbiopsie
polyurisches Nierenversagen, Medikamentenanamnese, Uveitis
akute interstitielle Nephritis
Nierenbiopsie, sterile Leukozyturie, Glukosurie
akute fragmentozytäre hämolytische Anämie, Thrombopenie nach blutiger Diarrhö, extrarenale Symptomatologie
hämolytischurämisches Syndrom (HUS)
positive Stuhl- u ./od. Serodiagnostik auf EHEC bzw. EPEC (speziell Coli 0 1 57 H7)
Schock, Nephrotoxizität, fehlende Zeichen der chronisehen Niereninsuffizienz
unspezifisches akutes Nierenversagen
Serumkreatinin 1', FeNa 1', Urinosmolalität l
Hämeblastose mit Ol igurie
a) vor Therapie: maligne Zellinfiltrationen b) unter Therapie: Tumorlyse-Syndrom
Rückbildung unter zytostatischer Therapie
Herzi nsuffizienz (Kardiomegalie). Gedeihstörung
Glykogenase Typ II
Glykogenspeicherung, Enzymdefektnachweis
Extremitäten-Schmerzkrisen, Angiokeratome, Korneadystrophie
M. Fabry
Spaltlampe, Malteserkreuze im Urin, LDL, Trihexosyl, Zeramid-Ak, Enzymdefekt
Retardierung, Hepatosplenomegalie, Hurler-Fazies
GM 1 -Gang liosidose
GM, -Gangliosidnachweis, Enzymdefekt
Gedeih-/Entwicklungsstörung mit neurologischer Symptomatik
GM2-Gangliosidose
Globusid- und N-Acetylneuraminsäure-Ak, Enzymdefekt
familiäres Mittelmeerfieber, chronische Entzündung (zystische Fibrose, rheumatoide Arthritis)
Nierenamyloidase
Amyloidnachweis
Nierensteine, Nephrokalzinose , Pyelonephritis. Hämaturie
Markschwamm niere
Pyramidenzysten (Biumenkohlurogramm)
Kalium 1', Phosphat i , Kalzium l, Urat 1'
�
(1)
z c (1) E 0 'U .0 1 45 mmol/1) und gleichzeitig n iedriger Urinosmolalität bzw. einem Anstieg der Plasma osmolalität auf über 295 mosmollkg wird ein Desmopressin-(DDAVP-)Test durchgefüh 1i. Steigt hierbei die U rinosmolalität auf über 300 mosmoll kg an, handelt es sich um einen zentralen Diabetes insipidus. Zu dessen B estätigung kann noch das AVP bestimmt werden . Bei einem renalen Diabetes insipidus findet sich ein fehlender Anstieg der Urin osmolalität. Werden gleichzeitig währe n d des D D AV P-Tests d e r von -Will eb r a n d - Faktor s o w i e Faktor VII b estimmt, ka n n die Ursache des Diabe tes insipidus renalis eingegrenzt werden. Besondere Hinweise
Ein Diabetes i nsipidus i st e i ne seltene Erk ranku n g im Kindesalter. Die jährliche l n zidenz wi rd auf ca. 5 Fälleil Mio. 0-1 4 J ahre a l te r Kinder geschätzt. U ngefähr zwei Drittel der Ursachen liegen in einer AVP-Defizienz, währe n d ein k o nge n i taler renaler Diabetes i n si pi d us in etwa 30% der E rk ra nk u ngs fäll e n ac h w e is b ar is t . Zentraler Diabetes insi pidus: Der zentrale Diabe tes i nsipidus wi rd e n t weder d u rc h ei n e n ega t i ve M utation im Gen, welches für AV P kodi ert ( N eu rophys i n - M u tat i o n ) oder d u rc h e i n e D estru ktion
der Geb iete oberha l b d e s D i a p h ragma seiia e o d e r
Schädigung des Hypo p h ys en stie l s h erv orge r u fe n . L e t z te re s
d u rch Kont i n u itäts u n terbre c h u n g u n d
72 Polyurie und Polydipsie
kann durch eine Geburt aus Becken- oder Fußla ge, durch p e ri n atale Asphyxie oder starken I kterus neonatorum ausgelöst werden . Unter den hypo thalamisehen Tumoren, die einen D iabetes insipi dus centralis zur Folge haben , ohne dass eine ope rative I ntervention erfolgt ist, finden sich am h äu figsten Germinome, Kraniop haryngeome, Opti kusgliome und H istiocytosis X. Zerebrale Malfor ma tionen wie die septaoptische Dysplasie und das akrokallöse Syndrom sowie Traumata sind weitere Ursachen für eine AVP-Defizienz.
I
Der D iabetes insipidus centralis ist ein häufiges Symptom bei Bardet-Biedl-Syndrom.
Bei Hypophysentumoren kann e in AVP-Mangel i m H inbli ck auf die Polyurie durch eine gleichzei tig vorhandene ACTH-Defizienz "maskiert" sei n , so dass die Polyurie klinisch weniger ausgeprägt ist, als es dem ADH -M angel entsprechen würde. Ein transienter D i abetes i n sipid u s centralis wird o ft n a ch A sphyxie, in traven triku lärer B lu tung oder nach schweren Infektionen ( Men i ngitis , E n zephalitis, Neugeborenensepsis) be obac htet . Renaler Diabetes i nsipidus
I nsensitivität der N iere für die antidiuretische Wir kung von AVP kann durch genetische Defekte der Samm e l rohrepithelien oder sek u n där du rch e r worbene ren al e oder systemische Erkrankungen verursacht werden. Dem primären renalen Diabe tes insipidus liegt entweder ein VTRezeptordefekt für AVP oder ein Defekt in den Wasserkanälen der Sammelrohrepithelien, dem Aquaporin-2, zugrun de. Unterscheiden lassen sich diese beide Formen durch Messung der Stimul i erb a r k e it des von Willebrand-Faktors und des Faktors VIII als einen extrarenalen Effekt von AVP bzw. DDAVP, der über den V 2- R e z epto r v e r m i t telt wird . Ste i gt der von-Willebrand-Faktor nach DDAVP-Stimulation an, ist ein YrRezeptordefekt ausgeschlossen . Ein Aquaporin-2-Defekt kann d urch M essung von er niedrigten Aquaporin-2- Konzentrationen im Urin sowie durch genetische U nters u c h u ngen bestätigt werden . Eine sekundäre A VP-Resistenz der Niere wird d u rc h ch r onis c h e Kaliu m depleti on, durch Hyper kalzämie, medi kamentös ( Lithium) und nach Lösen einer postrenalen Obstruktion ausgelöst. Einen wesentl ichen Anteil am Mechanismus stellt b e i den a u fgefü hrte n Situationen e ine (sekundär) verminderte Aquaporin-2-Expression dar. Bei Tu bu lopathien findet m an häufig neben den Res o r pti on s d e fe k te n i m pro xim ale n bzw. distalen Tub u l us auch renale Konzentration sdefe kte , so z . B . bei al len Ursach e n de s Fan c o n i- Sy n droms . • E i n e H y po s t h e nuri e b i s ma xi ma l l sost h e n u r i e liegt bei der hereditären furosemidähn lichen Sa lz verlust tubulopathie (alternative B ez ei c h n u ng Hy
perpros taglan din - E-Syndrom I an tena ta les Bart-
�
(!) z c (!)
E
0 "0 ..0 1 45 mmol/1
Diabetes insipidus
AVP
I
+
• Gl ukosurie nein . • Salzverlust • Salzintoxikation
Uri nosmolalität 200-800 mosmol/kg
hoch Urinosmolalität > 300 mosmol/kg
Ausschluss osmotische Diurese
Wasser deprivations- .. j a test
Serumnatrium ... 1 45 mmol/1
Urinosmolalität 200 mosmol/kg
200 mosmol/kg
Diagnostisches Vorgehen bei Polyurie.
1 t
hoch
t
Urinosmolalität hoch
partieller Diabetes insipidus centralis
primäre Polydipsie
1 ..
----
• Bei weiteren Formen ebenfalls bereits genetisch aufgeklärter Salzverlusttubulopathien ( G itelman Syndrom, Pseudohypoaldosteronismus Typ I ) do minieren mehr die A uswirkungen sekundärer Elektrolytveränderungen ( Hypo- bzw. Hyperkali ämie) als der mit dem Salzverlust einhergehende Wasserverlust das klinische Bild. Eine Polyurie ist im Falle dieser Erkrankungen kein typisches Symptom.
72 Polyurie und Polydipsie
reninsuffizienz beobachtet. Besonders erwähnens wert ist die polyurische Phase m it E lektrolytent gleisungen im 1 .-2 . Lebensjahr aufgrund renalen Verlustes bei der O ligomeganephronie mit Stabili sation des Wasserhaushaltes i n den folgenden J ah ren , sowie die Nephronophthise, die sich ebenfalls mit einer kindlichen Polyurie häufig ohne Protein u rie oder H ämaturie als erstes Symptom man i festiert. Bei beiden Erkrankungen entwickelt sich eine zunehmende chronische Niereninsuffizienz. Zur Klassifizierung der U rsachen der Polyurie dient der differenzialdiagnostische Algorithmus (Abb. 72. 1 ) .
Niereninsuffizienz
Eine Polyurie wird in der Regel in späten Phasen der chronischen und z. T. auch bei der akuten N ie-
Differenzialdiagnostische Tabellen
D i e Tabellen Iisten einige typische Symptomkonstellationen auf, die eine Diagnose erlauben.
Differenzialdiagnose der Polyurie mit Urinosmolalität Plasmaosmolalität BestätiDiaggnose ung Verdachtsterführende lcCharakteri sierung wei der diagnosen Nebenbefunde des Hauptsymptoms >
Glukosurie
Gewichtsabnahme, Polyurie, Polydipsie
Diabetes mellitus
Blutglukose
Fanconi-Syndrom, tubuläre Azidose (Bikarbonatverlust) mit Phosphatämie, Aminoazidurie, G lukosurie
Retinopathie, M inderwuchs, strohblonde Haare, Niereninsuffizienz
Zystinose
Zystin in Leukozyten
Hepatomegalie Kohlgeruch
Tyrosinämie Typ I
Aminosäurenchromatogramm im Serum; Nachweis des Enzymdefektes in Fibroblasten oder Leberzellen
Hepatomegalie, Erbrechen, Ü belkeit, Hypoglykämie nach Einnahme fruktosehaltiger Nahrung (Obst, Gemüse) oder Infusionslösungen (auch Sorbit)
hereditäre Fruktoseintoleranz
Ikterus, massive Hepatomegalie
Glykogenase I und IV Enzymdefekt in Leberbiopsie
Katarakt, M uskelhypotonie,
Lowe-Syndrom
Gendiagnostik (OCRL1 )
Hepatomegalie, Erbrechen, Katarakt
Galaktosämie
Galaktose im Blut und Urin erhöht, Nachweis des Enzymdefektes in Erythrozyten
Verg iftung, Medi kamente
Schwermetall
Nachweis der Schwermetalle, Auslaßversuch
Hyperkalzi urie
Hyperparathyreoidismus
Vitamin- 0-Metabolite, Parathormon
Pseudohermaphroditismus femininus, hyperpigmentiertes Skrotum, Penisvergrößerung, hyperkaliämische Azidose
adrenogenitales Syndrom
1 7a-Hydroxyprogesteron im Serum erhöht, PregnandriolAusscheidung im Urin erhöht, 2 1 - Hydroxylase-Defekt
salzreiche Kost
erhöhte Salzzufu h r
Diätprotokoll, Ausschluss Salzverlusttubulopathien
Hypokaliämie, Hyperkalziurie, metabolische Alkalose, Frühgeburtlichkeit, Nephrokalzinose
Furosemid-ähnliche Salzverlusttu bulopathie (Hyperprostaglandin-E-Syndrom)
Prostaglandinausscheidung stark erhöht, Hyperkalziurie, Gendiagnostik (NKCC2 oder ROMK)
Nachweis des Enzymdefektes (Aidolase B) in DünndarmSchleimhaut
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20% Hämoglobin S vorausgesetzt. • A l w n thozyten , am meisten bekannt bei der Abetalipoproteinämie, aber auch bei D IC, Leber erkrankungen , Vitamin-E-Mangel , Hypothyreose und nach Splenektomien auftretend, m üssen von Echinozyten unterschieden werden. Erstere besit zen nur bis zu 10 unregelmäßige Ausläufer, letzte re haben 1 0-30 gleich große Spiculae und weisen die typische Seeigelform auf. • Echinozyten sind meist Artefakte, werden aber auch bei Urämien, Dehydratation, Lebererkran kungen und Pyruvatki nasemangel angetroffen. • Basophile Tüpfelungen stellen Präzipitate von RNA und Ribosomen dar und finden sich bei allen Anämien m it überstürzter N eubildung ( hämolytisehe Anämien) und bei Bleiv ergiftu ng.
c
d) Sphärozyten (hereditäre Sphärozytose) e) Fragmentozyten (hämolytisch-urämisches Syn drom) f) Sichelzellen (Sichelzellanämie)
• Howell-folly-Körper sind chromosomale Frag mente; ihr A uftreten spricht für anatomische oder funktionelle Asplenie. • Heinz-Innenkörper sind nach Färbung mit Bril lantkresylblau oder Methylviolett sichtbare Präzi pitate, die typischerweise bei G lucose-6-phosphat dehydrogenase-Mangel und instabilen Hämogl o binen vorkommen .
Knochenmarkuntersuchu ngen: Bei vielen An ämien sind Knochenmarkuntersuch ungen unver zichtbar. Bei aplastischen Anäm ien empfiehlt sich auch eine Knochenmarkbiopsie mit histologischer Diagnostik.
------,-j
8 0 Anämie
Anämie nach Retikulozytenzahlen
l
korrigierter Retikulozytenwert
< 20 %o
> 20 %o
• •
Hämolyse Blutverlust
erhöht
'
I
• Vitamin-81 2-Mangel • Folsäuremangel • Blackfan-Dia mond-Syndrom • Fanconi-Anämie
• Eisenmangel • Thalassämie (auch heterozygot) • chronische Erkrankung ( Infektion, Tumor etc.) • Bleiintoxikation
Abb. 80.2
normal
isolierte Anämie akute Infektion akute Eryth roblastophthise • chronische Nierener krankung • Hypothyreose •
•
Panzytopenie Panmyelophthise (eng I. aplastic anaemia) • Leukose • Knochenmarkverdrängung •
Differenzialdiagnose der Anämie nach Retikulozytenzah len .
wenn auch zur Diagnosesicherung meist noch spe zielle diagnostische Methoden erforderlich sind. Alle bisher besprochenen Kriterien sind vieldeutig und n iemals für eine Anämieform beweisend. Aber in ihrer Kombination gestatten sie zumindest eine Verdachtsdiagn ose (Abb . 80.2, 80.3 und 80.4),
Veränderung des Serumeisenspiegels
,.--4
Serumeisenspiegel
erniedrigt
�
� Eisen mangel
• Anämie bei c h ro nischen Infektionen • Tumor • entzü nd liche Auto immu ner krankungen
I
�
�ai---,�
MCV normal
erhöht
I Eisenverwertungsstörung
a kute Infektion
(sideroachrestische Anämie, Bleiintoxikation), Vitamin-B t 2" Mangel
Abb. 80.3 Bewert ung von Veränderungen des Se rumeisenspiegels.
I
Niemals dürfen Anämien unkoutrolliert be handelt werden, denn die Therapieergebnisse dienen zur Bestätigung der Di agnose.
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Man bestimme alle 2-3 Tage die Parameter des roten Systems einschließlich der Retikulozyten quote. Nach oralen Folsäuregaben bei nutritivem Mangel stellt sich eine Retikulozytose nach 2-4 Ta gen ein. Nach Gabe von Vitamin B12 verschwinden die megaloblastischen Veränderungen im Kno chenmark bereits nach 48 Stunden. Der Serum eisenspiegel fällt um 50 % innerhalb von 24 Stun den. Die Retikulozytose ist nach 5-1 0 Tagen aus geprägt. Bei schwerer Eisenmangelanämie ist ein Retikulozytenanstieg 72 Stunden nach Zufuhr von Eisen zu erwarten. Die Hämoglobinkonzentration steigt pro Woche um ca. 1 g an. Vor Behandlungs beginn sollte ein Eisenresorptionstest (3-5 mg Fer roeisen/kg KG oral) durchgeführt werden . Der Anstieg des Semmeisenspiegels auf das 2- bis 3fa che nach 3-4 Stunden schl ießt eine Resorptions störung sicher aus. Bei V. a. hämolytische A nämie sollte das Pro gramm immer um die sogenannten Hämolyse parameter erweitert werden . Dazu zählen eine er höhte Laktatdehydrogenase und ein vermindertes Haptoglobin. Beide sind auch bei Hämolysen ver ändert, die überwiegend im RES ablaufen. Der Wert der Haptoglobinbestimmung ist begrenzt, da es schon bei Anstieg des Erythrozyten umsatzes auf das Doppelte der Norm nicht mehr nachweis-
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467
K
80 Anämie
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Differenzialdiagnose der normochromen Anämie mit erniedrigter Retikulozytenzahl Anämie, M C H und MCV normal Retikulozyten J,
normal
erniedrigt
leicht -+-
+
akute Erkrankung
schwer
t
• normale körperliche Entwicklung
• keine Erkrankungen in der Anamnese �
nein
t
renale Anämie
Abb. 80.4 zah l).
+
akute Erythroblastophthise
ja
nein
t
+
Anämie bei akuter I nfektion
vergrößert
I
I
• Panmyelophthise • Leukose
Leukose
Differenzialdiagnose der normochromen Anämie (mit normalem M CV und erniedrigter Retikulozyten
bar i st, erst nach der 4. Lebenswoche überhaupt meßbar wird und bei e inem geringen Bevölke rungsanteil ganz fehlt. Eine Erhöhung der GOT (ASAT) bei normaler GPT (ALAT) wird bei starker Hämolyse gefunden. Der N achweis freien Hämo globins im Serum und H ämoglobinurien weisen auf intravasale Hämelysen hin, z. B. bei autoim munhäm olytischen Anämien, Transfusionsreak tionen und oxidanzieninduzierter H ämolyse bei G I u cose-6-phos p hat -dehydrogenase-Mangel so-
468
Hypothyreose
normal
wie auf eine nächtliche paroxysmale Hämoglobin urie. H ämoglobin im Serum ist weiterhin schwach erhöht bei Sichelzellanämie und Thalassaemia major. Eine Hämoglobinurie muss durch Zentrifu gation des Urins von einer H ämaturie unterschie den werden . Nach sehr großen Blutverlusten sind die Para meter des roten Blutbildes oft noch normal, bis der Verdünnungseffekt nach 6-1 2 Stunden eingetreten ist.
------- 80 Anämie
Differenzialdiagnostische Tabellen
Verdachtsdiagnosen - Differenzialdiagnose der Charakteri sauptie- wei terführende Neben-onsalter, Verdachtsdiagnosen DiBestäti gung der H befunde (Mani f estati rung des a gnose symptoms Vererbungsmodus)
Anämien durch Störungen der Hämatopoese
normochrome hyporegeneratorisehe Anämie
N i erenerkrankungen
renale Anämie
durch den klinischen Verlauf, Erythropoetin J
bekannte oder unbekannte hamolyt1sche Anämie, 8ili rub1n i , Seru meisen I, aber Retikulozyten J
völliges Fehlen der Erythropoese in Markausstrichen, periphere Verminderung von Thrombozyten und Granu lozyten, klinisch Fieber, Anorexie, Erbrechen, Bauchund Kopfschmerzen
aplastische Krise bei verschiedenartigen hämelytischen Anämien
durch den Verlauf, spontane Behebung nach 1 -2 Wochen mit starkem Anstieg der Retikulozyten, meist durch Parvovirus-81 9-lnfektion ausgelöst, serologischer Nachweis!
normochrome Anämie m it Bilirubin im Normbereich, Serumeisen i und Retikulozyten J
Manifestation 1 .-3. Lebensjahr, nach Virusinfekten, im Mark weitgehendes Fehlen der Erythropoese, G ra n u lozyten peripher leicht vermindert
transitorische Erythroblastopenie (akute Erythroblastophthise)
spontane und vollständige Reparation nach Tagen oder Wochen mit i MCV und H ämog lo bi n F
makrozytäre Anämie mit Bilirubin im Normbereich, Serumeisen 1' und Retikulazyten J
autosomal-dominant oder -rezessiv kongenitale aplastische Anämie (M. Blackfanvererbt, Manifestation im 1 .-3. Lebensmonat, erhöhtes Hämo- Diamandl globin F, assoziierte kongenitale Defekte: M ikro- oder Makrozephalie, Katarakt, Daumenanomalien u.a., M inderwuchs (50 %), leichte Neutropenie, Thrombozyten oft i
Splenomegalie und Gallensteine normo- oder makrozytäre Anämie mit I kteru s und ineffektiver Erythropoese (ungenügende Retikulozytenquote trotz erythroider Hyperplasie) Panzytopenie
dyserythropoetische Anämien (4 Typen)
autosomal-rezessiv vererbt, von konstitutionelle Panmyelophthise Geburt an bei 50 % der Patienten (Fanconi-Anämie) Anomalien (Hyperpigmentation, Skelett- und Nierenfehlbildungen und Anomalien des ZNS), im Verlauf Entwicklung einer Panzytopenie, meist m it Thrombozytopenie beginnend, anfangs sogar erythroblastäre Hyperplasie mit megaloblastärer Entartung
I
Markpunktat keine oder wenige Erythroblasten, Spontanremissionen spät und selten, bei einem Teil der Patienten Remission unter Prednisolon
Markbefund: megaloblastär und/oder Vielkernigkeil der Erythroblasten, Chromatinbrücken (Typ I) oder positiver Säuretest (Typ II)
Markpunktion und -biopsie: Markentvölkerung m it Hypoplasie aller Systeme, Zytogenetische Untersuchungen: Chromosomenbrüchigkeit, die unter Dioxybutan provoziert werden kann
metaphysäre Dysplasie, Zwergwuchs, Pankreasinsuffizienz
S hwachman-Syndrom
meist außer der Anämie auch die anderen Zellreihen betroffen, Klinik nach Ausmaß der Defekte: Blutungen, Infektneigung
erworbene Panmyelophthise
durch Mar kpun kt ion oder noch besser durch -biopsie: "leeres Knochenmark"
Panzytopenie m it blastären Elementen im peripheren Blut
Hepatosplenomegalie, Lymphknotenschwellungen, Klinik nach Ausmaß der Panzytopenie
Leukämie
Markpunktion: meist einförmiges Zellbild, Zytochemie, lmmunphänotypisierung
anfangs normozytäre, später mikrozytäre Anämie
chronische I nfektionen
I nfektanämie
Knochenmark hypozellulär, normale Schweißelektrolyte, Pankreasfunktionsdiagnostik oder -biopsie (fettige D egen e ratio n)
Serumeisenspiegel J und erythrozytäres Protoporphyrin i, aber Serumferritin oft normal oder i. Keine Besserung der Therapie unter Ei sen gab e n
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469
K
80 Anämie -----
Differenziald iagnose der wei terfüh(Mani rendefestati Neben-onsalter, Cha ra kterisie H befunde auptdes rung symp oms Vererbungsmodus)
Anämien mit verminderter Erythrozytenproduktion
-
Verdachtsdiagnosen
t
estagnose tigung der
B ä Di
Eisenspiegel 1, Ferritin i m Serum, Transferrinsättigung 1, Eisenbindu ngskapazität I, freies eryth rozytäres Protoporphyrin I, Reparation der Anämie unter oraler Eisenbehandlung (soweit indiziert)
mikrozytäre hypochrome Anämie
Frühgeborene, chronischer Blutverlust, Malabsorptions- und Kurzdarmsyndrome, Lungenhämosiderose, Goodpasture-Syndrom
Eisenmangelanämie
mikrozytäre Anämie mit normalem oder erhöhtem Serumeisen und erhöhter Transferrinsättigung
X-chromosomaler oder autosomalrezessiver Erbgang, aber auch erworben durch Medikamente (Tuberku lostatika, alkylierende Substanzen), Rheumatoidarthritis, Urämie, maligne Prozesse, H inweise auf chronische Bleiintoxikation, Myelodysplasien
hereditäre oder sekundäre sideroblastische Anämie (sideroachrestische Anämie)
ineffektive Erythropoese im Knochenmark mit Anzeichen der Eisenüberladung: bei Berliner-Blau-Färbung > 6 peri n ukleäre Granula in über 1 0 % der Erythroblasten, eine Form wird durch Gabe von Pyridoxin gebessert
makrozytäre Anämie mit megalob Iastisch verändertem Knochenmark und Ikterus
erhöhte Eisen- und Laktatdehydrogenase-Werte im Serum infolge hoher Absterberaten von Erythroblasten und verkürzter Ü berlebenszeit von Megalozyten peripher, Neutrozytopenie mit übersegmentierten Granulozyten und Thrombozytopenie, gastrointestinale u nd neurologische Symptome, P rozesse oder Resektion im Dünndarmbereich, Therapie mit Folsäureantagonisten
Vitamin-S 1 2-Mangel
Vitamin-81 2 Malabsorption
Vitamin-812-Serumspiegel, Vitamin-812-Substitution, Antikörper gegen Magenzellen und l ntrinsicfaktor, lntrinsicfaktor vermindert von Geburt an, Resorptionstest mit l ntrinsicfaktor, Resorptionstest (Schilli ng-Test)
Folatmangel, hereditäre Defekte Therapie mit Folsäureantagonisten, MalabsorpIienssyndrome (Zöliakie)
Folatserumspiegel, Bestimmung der Dihydrofolatreduktase probatmische Substitution mit Folsäu re
Differenzialdiagnose der Charakt eriHauptsie- wei terführe(Manindefestati Neben-onsalter, rung des befunde symptoms Vererbungsmodus
echte juvenile Perniziosa, kongenitale perniziöse Anämie
hämolytischen Anämien
------
hämolytische Anämie mit Bilirubin I, Serumeisen i, Retikulozyten I und weiteren Hämolyse parametern
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Morbus haemolyticus neonatorum (mit Sphärozyten bei ABO)
ätigung der Verdachtsdiagnosen BDiestagnose ABO- oder RhInkompatibilität
Splenomegalie, hereditäre Sphärozytose evtl. Transfusionsbedürftigkeit in der Neugeborenenzeit, Familienanamnese oft positiv (autosomal-dominanter Erbgang) Sphärozyten im Ausstrich, Splenomegalie Splenomegalie, Ovalozyten
(> 30 %), hereditär
470
hereditäre Elliptozytose
bei ABO-lnkompat ibil ität nur gelegentlich Isoantikörper beim Kind nachweisbar, mitunter hohe Agglutinin titer bei den Müttern, positiver Coombs-Test bei Rh-Inkompatibilität. osmotische Resistenz der Erythro zyten 1, positiver Glycerollysetest, positiver Autohämolysetest, wobei Glukosezusatz eine eklatante Korrektur der erhöhten Lyserate bewirkt, Verminderungen der Membranproteine Spektrin oder Ankyrin
osmotische Resistenz l , erhöhte Autoinkubations hämolyse wird durch Glukose nicht beeinflusst, verringerte H itzestabilität der Erythro zyten, Nachweis von Struktur anomalien des Spektrins oder des Bande-4 . 1 -Proteins
----- 80 Anämie
Differenzialdiagnose der hämolytischen Anämien Charakteri sie- weiterführende NebenVerdachtsdiagnosen Bestätigung der rung s t s Vererbungsmodus) (Fortsetzung)
des Haupt-
befunde (Manifestationsalter,
Diagnose
ymp om
hämelytische Anämie mit Bilirubin i, Serumeisen t, Retikulozyten i und weiteren Hämolyseparametern
Hämolyseparameter schwach positiv, makrozytäre Anämie, Stomatozyten im Ausstrich
normozytäre, nichtsphärozytäre Enzymopathien der Anämie; meist autosomal-rezessiv E rythrozyten vererbt, chronische Hämolyse, die sich bei Infekten und nach bestimmten Medikamenten verstärken kann
Screeningverfahren, quantitative Enzymbestimmu ngen
normozytäre, nichtsphärozytäre GI ucose-6-phosphatAnämie, X-chromosomaler Erbgang, dehydrogenase-Mangel nur bei einigen Varianten chronische Hämolyse, sonst hämolytische Schübe nur nach Einnahme oxidativ wirksamer Medikamente (Malariamittel, Sulfonamide u. a.), bei Infektionen und postnatal, Heinz-Innenkörper positiv
Enzymbestimmungen, Varianten molekulargenetisch zu differenzieren
Photosensitivität der Haut
mikrozytäre Anämie mit oder ohne Ikterus und mit TargetZellen
hereditäre Stomatozytose
Porphyrien und erythropoetische Protoporphyrie
j
Porphyrinbestimmungen im Urin und Bestimmung des Protoporphyrins der Erythrozyten
Hämoglobinopathie, normozytäre, nichtsphärozytäre instabile Varianten Anämie, drastisch verstärkte (kongenitale HeinzHämolyse nach Aufnahme von lnnenkörper-Anämie) Oxidanzien und bei fieberhaften Infektionen, manchmal auch Polyglobulie mit Zyanose, HeinzInnenkörper positiv, pathologische Befunde bei modifizierter Hämoglobinelektrophorese
Stabilität in vitro, molekulargenetischer Nachweis
3.
Sichelzellen im Ausstrich, ab Sichelzellanämie Lebensmonat septische Gefährdung, Salmonellenosteomyel itis, Skelettveränderungen, Gallensteine, Autosplenektomie, Milzsequestration, Schmerzkrisen, chronisches N ierenversagen, vorwiegend bei Afrikanern (USA), Arabern und im Mittelmeerraum
Provokation des Sichelungsphänomens durch ln-vitroSauerstoffentzug unter reduzierenden Substanzen (Natriummetabisulfat), Löslichkeitsteste, elektrophoretische und molekulargenetische Nachweise
Hepatosplenomegalie, Thalassämie-Syndrome Gallenkonkremente schon früh, Skelettanomalien und Kardiomegalie, mit oder ohne Familienanamnese (Heterozygote)
Hämoglobi nelektrophorese bei ß-Thalassämien immer charakteristisch, bei a-Thalassämien Hämoglobin Bart's postnatal oder Hämoglobine Constant Spring oder H , molekularbiologische Analysen
akuter und perakuter Beginn mit abdomineller Symptomatik und Blässe vor dem Ikterus, oft nach Virus- und Mykoplasmeninfektion, auch zugleich mit l mmunthrombozytopenie (Evans-Syndrom) oder Neutrozytopenie, Livedo und Raynaud-Syndrom nach Kälteexposition , Sphärozyten und F ragmentozyten
autoimmunhämolytische Anämie
Antikörpernachweis: Coombs-Test für Wärmeantikörper, Donath-LandsteinerTest für biphasischebithermische Antikörper, Nachweis von Kälteantikörpern, positiver Autohämolyse-Test, aber keine Besserung durch Glukose
mikrozytäre Anämie mit Fragmentozyten und Sphärozyten, bei Riesenhämangiomen, DIC, hämolytisch-urämischem Syndrom, Vaskulitis, Abstoßung von Transplantaten, nach Klappenersatz und chirurgischer Rekonstruktion intrakardialer Defekte, oft kombiniert mit Thrombozytopenie
mikroangiopathische hämelytische Anämien
aus klinischer Konstellation und Verlauf, nach Gerin nungsbefunden, Nachweis der Fragmentozyten und von Hämolyseparametern
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81 Blutungen: Thrombozytopenie
81
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Blutungen: Thrombozytopanie Gerhard Gaed icke
Symptome der ITP im Kindesalter
Eine t h romb o zytopenische hä morrh agische Pur pura wird klinisch diagnostiziert an einem charak teristischen petechialen Blutungsbild mit Kapillar b lutungen u nd Ekchymo s en an der Haut u nd den sichtbaren Schleimhäuten, das begleitet sein kann von - m ögli cherweise erheblichen - Schleimhaut b l utungen (Epistaxis, G i ngivabl utung , M elaena, Makrohämaturie, Metrorrhagien ) . Die hämorrha gische D iathese selbst ist ein Symptom, das mei stens auf einer starken Ve rminderung der Throm bozytenzahl , seltener einer Thrombozytenfunk tionsstörung beruht. Die Sign ifikan z der Befunde ist in Tabelle 8 1 . 1 und Abbildung 8 1 . 1 z usammen gestellt. Die Thrombo zytopenie kann Zeichen ver s chiedene r z ugrund e li e gende r Pathomechanismen und Erkrankungen sei n , die es zu klären gilt, b evo r man therapeutische S chritte ei n leitet .
Einen Überblick über das differenzialdiagnostische geben Abbildung 8 1 .2 und Tabelle 8 1 .2.
Vo rgehen
Anamnese
Wic h tige H i nweise zur D iagnose b ekommt man aus einer sorgfältigen Anamnese (Tab. 8 1 .3 ) . An ders als bei den pla s m atis c he n G e ri n n u ngsst ö rungen (wie d e r Hämophilie oder dem von-Wille b rand-J ürge ns-Syndrom) sind Thrombozyto penien nur sehr selten angeboren, sondern am h äufigsten erworben. Bei positiven H inweisen aus der Familienanamnese denkt man an die selte n en hered itären Thrombo zytopathi e n , die oft m it Thrombozytopenie einhergehen (Tab. 8 1.4) , oder an das Vorliegen eines Wiskott-Aldrich- Syndroms (X-chromosomal vererbl iche Form) . Die Throm bozytopenie kann b es on ders beim Neugeborenen u nd j ungen S äu gling erstes Krankheitszeichen
472
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)l••••••••·-� 95-1 00% ===�
Schleimhautbl ut u ng en .....l-7=== Magen-Darm Blutungen
20-38%
Hämaturie Menorrhagie Retina blutungen intrakranielle Blutungen
Abb. 81.1
Symptome der id iopathischen Thrombo zytopeni e (ITP) im Kindesalter.
Tabelle 81.2
Rationelle Diagnostik
Tabelle 81.1 Befund
Hautblutungen
Erstdiagnostik bei Thrombozytopenie.
• Anamnese (besonders vorausgegangene Infekte, Medikamente) • gesamtes Blutbild m it Differenz,ialblutbild, allen Index werten und Retikulozyten, mikroskopische Differenzierung des Blutausstrichs, besonders: - Thrombozytenzahl und -morphologie - Thrombozytenvolumen (MPV) und Verteilungskurve - Morphologie der Leukozyten - APTT - PT - ggf. Blutungszeit - Fibrinogen, Fibrinspaltprodukte • CRP, Gesamteiweiß, GOT/GPT/LDH, Urinstatus, Stuhl auf Blut • Blutgruppe, ggf. Coombs-Test bei V.a. Hämolyse • ANF, ggf. Anti-DNS-Antikörper, Rheumafaktoren, HIV • Knochenmarkpunktion bei Indikation • Rö-Thorax/Abdomensonographie: Lymphome? • Thrombozytenantikörper nur bei speziellen Frage stellungen
Klinische Untersuchungsbefunde bei hämorrhagischer Diathese und ihre Bedeutung.
Bedeutung
Petechien von Haut und Schleimhäuten
Thrombozytopenie oder Throm bozytapathie
gesteigerte Blutungsneigung mit H ämatomen nach leichtem Trauma
Thrombozytopenie oder Thrombozytapathie besonders, wenn auch gleichzeitig Petechien vorhanden sind
u nverhältnismäßig große Hämatome nach leichten Traumen, keine petechialen Blutungen
(angeborene) Störung der plasmatischen Gerinnung
------- 81 Blutungen: Thrombozytopenie Thrombozytopanie • Thrombozytenzahl erniedrigt • und klin ische Zeichen der hämorrhagischen
M PV
MPV erhöht oder
MPV normal
normal
erniedrigt oder normal
Diathese
klinischer V.a. hämatologische Systemerkrankung
mega karyozyten reiches Mark oder Mega-
Mikromega Blastenmark
leeres Mark
karyozyten , dysplastische Hämatopoese
karyozytenzahl normal
(J.) ..c (J.)
Leukämie
Abb.
Dieser Algorithmus betrifft nur die Differenzialdiagnose der l m munthrombozytopenie gegenüber häma tologischen Systemerkrankungen. Bei letzteren ist in aller Regel mindestens eine weitere Zellreihe betroffen und somit das Blutbild pathologisch . Zur Differenzialdiagnose anderer Thrombozytopenien siehe Text. 81 .2
sein. Das Auftreten einer Thrombozytopenie im Zusammenhang mit einer Medikamenteneinnah me legt den Verdacht auf eine medikamentenindu-
Tabelle 81.3 •
• • •
•
• •
• • •
• •
• •
zierte Thrombozytopenie nahe, die näher abge k lärt werden muss (häufig antikörperbedingt) (s. D D-Tab. ) .
Hinweise für die Diagnose Thrombozytopenie aus der Anamnese.
Treten die Blutungssymptome von allein (d.h. spontan) auf? Treten unverhältnismäßig große Blutergüsse schon bei relativ kleinen Verletzungen auf? Kommt es öfter zu schwer zu stillendem Nasenbluten? Trat eine u nstillbare Blutung nach dem Ziehen eines Zahns auf? Gab es eine Blutung beim Zahnen oder beim Zahnwechsel? Besteht eine starke Regelblutung bei menstruierenden Mädchen/Adoleszentinnen? Wurde eine Vitamin-K-Prophylaxe beim Neugeborenen durchgeführt? Besteht eine Gelbsucht? Welche Medikamente werden eingenommen? Zur Familienvorgeschichte: Gibt es Blutungsübel in der Familie? Wurde blutiger Urin beobachtet? Wurde Blut im Stuhl beobachtet? Wurde über plötzliche, heftigste Kopfschmerzen geklagt? Sind Sehstörungen aufgefallen?
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(J.)
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(J.) ..s::::: (.) Cf) +-'
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473
K
81 Blutungen: Thrombozytopeni e
--
--
Ursachen der Thrombozytopenie weitere diagnostische Schritte
Im diagnostischen Prozess muss die Ursache der Thrombozytopenie zunächst einer der folgenden drei Gruppen zugeordnet werden: • Handelt es sich um eine verm ehrte periphere Zerstörung der Thrombozyten? • Ist die Th rombozytenregeneration vermindert? • Liegt eine Funktionsstörung der Throm bozyten vor? In der Praxis ist es relativ Leicht, zwischen den drei U rsachengruppen zu u nterscheiden. Bei einer Panmyelopa thie sind in aller Regel alle drei Zell reihen des Knochenmarks betroffen. Auch für das Vorliegen einer Leukämie ist die isolierte Throm bozytopenie nicht typisch. Vielmehr ist m inde stens eine weitere Zellreihe auch bei sehr frühzei tiger Diagnose mit beteiligt, z. B. eine Leukopenie mit Neutropenie (Absolutwerte benutzen , nicht
Tabelle Krankheit mit Plättchenfunktionsstörung 81.4
Hereditäre Thrombozytopenien.
Bernard-Soulier-Syndrom von-Willebrand-Jürgens-Syndrom Typ 2b Montreai-Syndrom "Gray-Piatelet" -Syndrom Paris-Trousseau-Synd rom Wiskott-Aidrich-Syndrom X-chromosomale Thrombozytopenie Chediak-H igashi-Syndrom May-Hegglin-Anomalie
Varianten des Alport-Syndroms
Epstein-Syndrom Eckstein-Syndrom Fechtner-Syndrom Sebastian-Syndrom mediterrane Thrombozytopenie Thrombozytopenie mit Aplasie des Radius (TAR) r autosomal-rezessiv, d =
Tabelle
474
81 .5
=
die relativen Prozentwerte) , selbst wen n leukämi sche Blasten i m peripheren B lutausstrich (noch) n icht zu sehen sind. Die begleitende Anämie bei Leukämie ist normochrom und normovolämisch ( lndexwerte beachten) und hypo- oder aregenera torisch , d . h . , Retikulozyten sind vermindert oder fehlen. Bei Patienten mit thrombozytopenischer Purpura kann aufgrund der Blutungsneigung eine akute - selten auch transfusionsbedürftige - Blutungsanämie auftreten . In dieser Situation können vom Bl utbild her betrachtet Abgren zungsschwierigkeiten gegen eine Leukämie auftreten (s. Abb. 81.2). In einem solchen Fall und immer dann, wenn d e r geringste Zweife l am Vorli egen einer ITP auf kommt, muss eine Leukämie oder eine andere Er krankung des gesamten H ämatopoesesystems
Erbgang d d d X-chromosomal X-chromosomal d d
d d d d d
Aggregation mit Ristacetin t Aggregation mit Ristacetin i spontane Aggregation Defekt der a.-Granula Defekt der a.-Granula (Riesengranula) o-Granula vermindert ö-Granula vermindert Aggregation mit A und K t variable Funktionsstörung Aggregation mit A und K t normale Plättchenfunktion variable Funktionsdefekte normale Plättchenfunktion unbekannt Aggregation mit A und K .1-
autosomal-dom inant, A = Adrenalin, K = Kollagen
Thrombozytopenie bei Neugeborenen.
Allgemeinbefinden Gestationsalter Ziel der Therapie mögliche Komplikation Ätiologie einer ICH Manifestation der ICH Folgen der ICH
Plättchenfunktion
immunologisch
gut reif Thrombozytopanie intrakranielle Hämorrhagie, Melaena neonatorum Thrombozytopenie Parenchymblutung oft gering
nichtimmunologisch
krank, z.B. Sepsis, RDS Frühgeborenes Grundkrankheit u.a. intrakranielle Hämorrhagie Unreife des ZNS, Hypoxie Ventrikelblutung oft schwer
------- 81 Blutungen: Thrombozytopenie
Tabelle 81.6 NA T Unterschiede zwischen beiden Krankheitsbildern
Neonatale Alloimmunthrombozytopenie (NAI1) und neonatale Autoimmunthrombozytopenie (NITP).
N TP
I
Auftreten Thrombozytenzahl der Mutter intrauterine ICH pränatale Therapie Geschwister Dauer der Thrombopenie lnzidenz
Ähnlichkeiten beider Krankheitsbilder
I
häufig unerwartet normal 1 0% der Fälle Hochrisikofälle i.v. lgG, Thrombozyten Tx, Corticosteroide Schweregrad zunehmend Tage bis Wochen I : 1 000
erwartet erniedrigt nicht berichtet unklar gleichbleibend Wochen bis Monate 1 : 5000
• transienie antikörperbedingte Thrombozytopenie •
Hauptgefährdung durch ICH Therapie: i. v. lgG, Corticosteroide, Thrombozytentransfusion • Prognose: gut, sofern keine intrakranielle Hämorrhagie
•
Tabelle 81.7 lmmunthrombozytopenien:
Systematik der neonatalen Thrombozyto
penien. • •
neonatale Alloimmunthrombozytopenie (NAI1) neonatale Autoimmunthrombozytopenie (NITP)
intrauterine Infektionen (TORCH):
• • • •
Toxoplasmose Röteln Zytomegalie HIV, Parvovirus 81 9 und andere
Präeklampsie medikamenteninduzierte Thrombozytopenie oaguls aundtionSchockmit sseminierte intravaskul diThrombozytenve rbrauch äbeire SKepsi Syndrom) Riesenhämangiom (Kasabach-Merri t tHyperkoagulabilität des Blutes: (DIC)
• •
• •
• •
nach schwerer Asphyxie zyanotische Herzfehler Atemnotsyndrom nekrotisierende Enterokolitis Rhesusunverträglichkeit, besonders nach Blutaus tauschtransfusionen homozygote Defizi enz von Protein S, Protein C, Antithrom bin
Erkrankungen des blutbildenden Organs: •
kongenitale Leukämie Neuroblastom Stadium IV S • transitorische Leukämie (bzw. M PS) bei Trisomie 2 1 • Osteopetrosis • Wiskott-Aidrich-Syndrom • familiäre hämophagozytische Lymphohistiozytose (FHLH) •
durch eine Kn ochenm a rhpunktion ausgesch los sen w erden. Ob man vor Beginn einer Corticoste ro idthera p ie einer l TP gru n dsätz l ich e i n e Kno-
chenmarkpunktion machen soll , wird kontrovers diskutiert. Im Zweifelsfall muss immer ein pädia trisch-hämatologisches Konsi l i u m erfolgen. Ob die Bestimmung der Thrombozytenretikulozyten, also der j ugendlichen RNS-haltigen Plättchen, zukünftig zu einer größeren Sicherheit i n der D iagnostik beitragen kann, ist derzeit n i cht beurtei lbar. D i e Diagnostik ist i n Tabelle 8 1 .2 u n d Abbildung 8 1 .2 zusammengefasst. Die ITP ist die häufigste erwor b e n e hämorrhagische D iathese i m Kindesalter. Akuter postinfektiöser Beginn spricht für eine gu te Prognose. Ob die Krankheit einen c hronischen Verlauf n i m mt, ist im E inzelfall nicht zu entschei den . Die signifi ka nten Sym ptome sind i n Abbil dung 8 1 . 1 zusammengefasst. Besonderheiten der Im munthrombozytopenien des Neugeborenen
G rundsätzlic h verwendet man die erwähnten Ein teilungskriterien der Thrombozytopenien auch im N eugeborenenalter, dies gilt vor allem für die n icht immunologischen Thrombozytopen ien. B e i der A lloim m un t h ro m b ozytopenie (NA IT) l iegt e i n e fetomaternale U n verträglich keit gegen p lättc he nspezifische Antigene vor. D ie m ütte r lichen Antikörper der IgG-Kiasse treten diapl azen tar auf den Fetus über und können intrauteri n und po stnatal zu ei ner s c hweren Th rombozytopenie m i t Blutungsn e igung füh re n. D as klinisc he B i ld der NAIT weist bei n ormaler mütterlicher Throm bozyten zahl eine i solierte Th rombozytopenie des N eugeborenen auf mit petechialen Hautbl utungen u n d oftmals Gewebseinblutu ngen an geburtsme c hanisch belasteten Stellen (Kopfschwarte, Gesäß, Arme) . H ä ufig e ntwi c k e l n die Kinder e ine M elaena n eonatorum mit schweren Magen-Darm Blutunge n. Etwa 1 0% entwickel n bereits intrauterin Blutungen ins ZNS. Bei der neonatalen A u toim m u n t h ro m b ozyto -
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81 Blutungen: Thrombozytopenie
----
penie (NI TP) leidet die M utter selbst an einer Im
m u nthrombozytopeni e . Die von ihr geb i ldeten Autoantikörper gelangen ebenfalls über die Pla zenta in den kindlichen Kreislauf und verursachen eine fetale Thrombozytopenie. Das Kind wird so m it passiv in den Krankheitsprozess der M utter m it e inbezogen. D iese I mmunthrombozytopenie verläuft in der Regel wesentlich milder als die neo natale Alloimmunthrombozytopenie. Unterschie de und Gemeinsamkeiten beider E rkrankungen sind in den Tabellen 8 1 . 5 bis 8 1 . 7 zusammenge faßt. Das Wis k o tt-A ldrich-Syndrom (WA S) wurde bereits erwähnt. Nicht i mmer ist gleich das Voll bild der Erkrankung mit der Trias Ekzem, hämor rhagische Diathese und I mmundefekt vorhanden bzw. erkennbar, denn die thrombozytopenische Purpura kann erstes Krankheitszeichen sei n . A llerdings s i n d ein auffällig niedriges mittleres Thrombozytenvolumen ( MPV) und i m Blutaus-
strich die M ikrothrombozyten ein starker Hinweis auf diese seltene Erkrankung. Thrombozytopathien
Die Strukturen der Plättchenmembran sowie die Strukturen im Zytoplasma, die alle zusammen die Funktion der Blutplättchen i m Konzert der Häme stase erst gewährleisten, sind in den vergangenen Jahren Gegenstand intensiver internationaler For schung gewesen. Dadurch ist es nicht nur zu einer Wissensexplosion gekommen, sondern auch zu ei ner neuen Einteilung unter funktionellen Ge sichtspunkten der insgesamt seltenen angebore nen Thrombozytenfunktionsstörungen. Wir haben hier nur die wichtigsten aufgegriffen, weil es i m Rahmen der Differenzialdiagnose am Krankenbett darauf ankommt, zu erkennen, wann man diese Krankheiten in Betracht ziehen muss. Die genaue Einteilung wird durch morphologische, gerin n ungsphysiologische und molekulargenetische Untersuchungen ermöglicht. Einzelheiten finden sich in den Standardwerken der pädiatrischen Hä matologie.
Differenzialdiagnostische Tabellen
Differenzi aldiagnose von Thrombozytopenien terführende rI des �harakteri sierung wei Nebenbefunde Hauptsymptoms
476
Verdachtsdiagnosen der Bestäti ung Diaggnose
l
schwere HO des Neugeborenen; Weichteilblutung, ggf. ICH
Thrombozytopenie; normale Thrombozytenwerte der Mutter; I ndexfall in der Familie
neonatale Alloi mmunthrom bozytopenie (NAI1)
AK-Nachweis z.B. gegen HPA-1 a; Plättchentypisierung Vater, Mutter, Kind
leichte bis m ittelschwere H O des Neugeborenen, keine ausgedehnten geburtstraumatischen Blutungen, keine ICH
Thrombozytopenie bei Kind und Mutter
neonatale Autoimmunthrombozytopenie (NITP)
Anamnese der Mutter, ggf. Nachweis von plättchenassoziiertem lgG
leichte H O des Neugeborenen
Thrombozytopenie beim gesunden Kind; weniger ausgeprägt bei der Mutter
N ITP bei Lu pus erythematodes der Mutter
Serologie bei der Mutter
isolierte Thrombozytopenie
Begleitthrombozytopenie
andere Begleiterkrankungen, z.B. Atemnotsyndrom, Austauschinfusion , Phototherapie
thrombozytopen ische Purpura
Thrombozytope nie, Medikamentenanamnese
ausgeprägte thrombozytopenische Purpura mitlohne Schleimhautblutungen
akute (postinfektiöse) Thrombozytopenie mit vereinzelten Riesenthrombozyten; lmm unthrombozytopenie übriges Blutbild normal, akuter Beg inn, Infekt vorausgegangen
ggf. Knochenmarkpunktion, Verlauf
thrombozytopenische Purpura mitlohne Schleimhautblutungen
chronische ImmunThrombozytopenie mit verthrombozytopenie einzelten R iesenthrombozyten, übriges Blutbild normal; schleichender Beginn, häufig kein Infekt vorausgegangen
ggf. Knochenmarkpunktion, Verlauf
medikamenteninduzierte Nachweis medikamentenabhängiger Anti körper mit (bei Kindern wesentlich MAI PA seltener als bei Erwachsenen; auch als Ursache von Thrombozytopenie des Neugeborenen möglich)
Thrombozytopenie
81 Blutungen: Thrombozytopenie
Differenzialdiagnose von Thrombozytopenien sierung wei terführende Hauptsymptoms Nebenbefunde I ��akteri Hämolyse mit Thrombozytopenie
(Fortsetzung)
Coombs-Test positiv, keine N iereninsuffizienz
N iereninsuffizienz, LOH t, Bilirubin i, Haptoglobin ,J., Anämie
Verdachtsdiagnosen dBestäti ung er Diaggnose Evans-Syndrom
Nachweis antierythrozytärer und antithrombozytärer Antikörper (Anti-G Pib-IX)
hämolytisch-urämisches Syndrom
verotoxinbildende E. coli, DIC, Schistozyten, Fragmentozyten im Blutausstrich
hämorrhagische Diathese, Ikterus, Anämie ± neurologische Auffälligkeiten, Fieber
Thrombozytopenie, Hämothrombotisch-throm bolyse, Coombs-Test negativ, zytopenische Purpura keine oder nur leichte Ein(Moschcowitz-Syndrom) schränkung der Nierenfunktion
mi kroangiopath ische Hämolyse, Ansprechen auf Plasmaaustausch bzw. Plasmapherese
leichte hämorrhagische Diathese oder fehlende Zeichen der H D
gleichzeitig bestehende Infektion mit EBV, Mumps, Röteln, Parvovirus B 1 9, nach BCG-I mpfung, bei Malaria
infektionsassoziierte Thrombozytopenie
Ausschluss DIC, Nachweis der Infektion
leichte HO der Haut Epistaxis ± Ösophagusvarizenblutung
Leukopenie und Thrombozytopenie, ausgeprägte Splenomegalie
Hypersplenie-Syndrom
Grundkrankheit, die zur ausgeprägten Splenomegalie führt
keine HO
ausgeprägte Thrombozytopenie im "Automaten-Blutbild", Thrombozytenaggregate im EDTA-Biutausstrich
Pseudothrombozytopenie
Laborartefakt durch EDTA, normale Thrombozytenwerte bei anderen Antikoagulanzien bzw. Kammerzählung aus Kapillarblut
mit petechialem Bild beginnende, flächenhafte Hautblutungen mit zentraten Nekrosen; schweres Schocksyndrom innerhalb von Stunden
gleichzeitige Meni ngitis mög lich, Leukozytopenie, Thrombozytopenie, H Fl, V, VII, AT 1 1 1
Meningokokkensepsis mit DIC
Blutkultur, Liquorkultur u nd Status (worauf man in typischen Fällen verzichten kann), Fibrinspaltprodukte
Riesenhämangiom
Hypofibri nogenämie, Thrombozytopenie, Fibrinspaltprodukte i
Kasabach-MerrittSyndrom
±
I
lokale Verbrauchskoagulopathie
Petechien an Haut, Schleimhaut, Gingiva, Epistaxis, Hämaturien, Menorrhagien
Familienanamnese, auffällige ThrombozytenPlättchenmorphologie, patho- funktionsstörung logisches Thrombelastogramm
HD mit petechialem Blutungsbild, häufig mit Epistaxis
normochrome, aregeneratorische Anämie, Leukopsnie oder Leukozytose mit Neutropenie, Splenomegalie ± peripheren Lymphknotenschwel Iungen
akute Leukämie, ALL vs. AM L
H D mit petechialem Blutungsbild, häufig mit Epistaxis
normochrome, aregeneratorisehe Anämie, Leukopenie mit absoluter Neutropenie, keine M ilzvergrößerung, keine Lymphknotenschwellungen
Panmyelopathie
leichte H O, Epistaxis, Anämie
große, hypogranulierte Plättchen, Mikromega-Karyozyten, megalabiastäre Erythropoese
MyelodysplasieSyndrom
Knochenmarkpunktion und Knochenmarkstanze zur KM-Histologie
Epistaxis, Ekchymosen, Gingivablutungen seit früher Kindheit; Menorrhag ien, gastrointestinale Blutungen, posttrau matische Blutungen
verlängerte Blutungszeit, normale Plättchenzahl und normales M PV
Thrombasthenie Glanzmann-Naegeli
fehlende Plättchenaggregation mit ADP, Kollagen, Adrenalin und Thrombin, jedoch m it Ristocetin; Bindung von vWF normal; Fehlen oder deutliche Reduktion des al lbß3-Komplexes oder Expression dysfu nktioneller Proteine
Spezialuntersuchungen (s. Tab . 81 . 1 )
(1) .c (1)
�
(])
(.!)
(1) .r::. (.) (/)
......
Knochenmarkpunktion, Typisierung der Blasten mit Morphologie, Zytochemie, Oberflächenmarkern und molekulargenetischen Markern Knochenmarkpunktion und Knochenmarkstanze zur KM-Histologie
ro .r::. Q.
E
>"0 c :::J ......
:::J
CO
477
�
82 Hämestasestörungen
------
Differenzialdiagnose von Thrombozytopenien sierung Nebenbefunde eite ü nde f�harakteri des Hauptsymptoms w
(Fortsetzung)
Bestäti ung Ve ht d a nose der Diaggnose
rf hre
rdac
s i g
n
Epistaxis, Ekchymosen, Gingivablutungen seit früher Kindheit; Menorrhagien, gastrointestinale Blutungen, posttraumatische Blutungen
mäßige bis ausgeprägte Thrombozytopenie mit großen (lymphozytoiden) Blutplättchen
Bernard-SoulierSyndrom
fehlende Plättchenaggregation mit Ristocetin, auch nicht durch Zusatz von vWF, Aggregation mit den übrigen Agenzien normal, Fehlen des Glykoproteinkomplexes lb-IX oder dysfunktionelles Protein
wechselnd stark ausgeprägte hämorrhagisehe Diathese mit Epistaxis
Thrombozytopenie mit Makrothrombozyten, auffällig glattes, unstrukturiertes Zytoplasma (gray platelets)
Formenkreis der "Storage Pool Disease"
fehlende Plättchenaggregation mit ADP, Adrenalin, Kollagen, Ristocetin. KM-Histologie, Elektronenmikroskopie der Plättchen, Megakaryozyten, molekulargenetische Analysen
hämorrhagische Diathese, besonders Schleimhautblutungen mit Epistaxis, Gingivablutungen, Menorrhagie
verlängerte PTT, verlängerte Blutungszeit, Thrombozytopenie sehr variabel
v. -Willebrand-JürgensSyndrom
von-Willebrand-Faktor-Antigen (vWF:Ag), Ristacetin-Co-Faktor (R:Co), Multimeren-Analyse
hämorrhagische Diathese, Thrombozytopenie, hämolytisch urämisches Syndrom, Ketoazidose, Kardiamyopathie
hypersegmentierte polymorphkernige neutrophile Granulozyten, Thrombozytopenie
Cobalamin-Transporter-Defekt
Thrombozytopenie, Blutungsneigung, zerebrale Hygrome
Hyperammonämie, Ketoazidose
Organazidurie
j
Methylmalonazidurie, Propionazidämie, lsovalerianazidämie
Abkürzungen: DIC disseminierte intravaskuläre Koagulation, GP ib-IX G lykoprotein-Kom plex lb - IX, GPIIb- l l la GlykoproteinKomplex llb - lila HD hämorrhagische Diathese, ICH intrakranielle Hämorrhagie, MAIPA monoklonaler Antikörperlnh1b1tlonsassay fur Plättchenantikörper, H PA-1 a Antigensystem der Thrombozyten (HPA- 1 ) =
=
•. .
=
=
=
=
=
82 Hämestasestörungen Anton H . Sutor t
B l utungen Symptombeschreibung B l utungen e ntstehen d u rch Störungen beim Ab lauf der Blutstillung, die durch vasku läre, plasma t i s che oder zel l uläre Anomalien verursacht s i n d . A l s Folge des Austritts v o n B l u t a u s den Gefäßen e ntste ht eine system ische oder lokale U nterversor gung m i t lebenswichtigen Bl utbestandteilen oder e i n e Destru k t i o n u n d/ o der Verd rängu ng von w ichti gen Organen .
478
Rationelle Diagnostik Die Diagn ose basiert auf einer ausfü h rl i chen Ana m n ese und einer grün dlichen k l i n ischen U ntersu chu ng. I n den meisten Fäl le n wird dadurch d i e für die Therapie wesentliche Di ffere nz i e ru ng in p las ma tische, zellu läre und/oder vasku läre Blutu n ge n e rm ögl i cht Eine p rimäre Lab 01·d iag n o stik , die m it einer Vietlzahl v o n Gerinnungstesten be gi n nt , ist n icht zu empfe h len , wei l dazu große B l utme n ge n b e n ö t i gt werden u n d d i e E rge b n i s se i n U n k e n n tn i s von A n a m nese u n d K l i n i k fa lsch i n ter p re tiert werden kön nen. Beso nderheiten der N e u gebore n e n häm ostase m ü ssen beachtet werden (Tab. 82. 1 ) . .
82 Hämostasestörungen Anamnese
Die Familien- und die Medikamentenanamnese bieten die wichtigsten H inweise auf hereditäre bzw. erworbene Gerinnungsstörungen. Weitere Hinweise erhält man durch Fragen nach dem Alter bei der Erstmanifestation, nach Begleiterkrankun gen , vorausgegangenen O perationen, nach der Menstruation. Bei akuten Blutungen sind Fragen nach Art und Lokalisation der B lutung und dem Zeitintervall nach einer Verletzung informativ. Die Fa milienanamnese ist besonders wichtig, bei einer positiven Fam ilienanamnese empfiehlt sich das Aufzeichnen eines Stammbaums. E i n X-chromosomal vererbtes Blutungsübel wird prak tisch n ie durch den Vater übertragen, sondern i m mer durch die symptom lose Mutter. Typische Bei spiele sind Hämophilie A und B und das Wiskott Aldrich-Syndrom. Autosomal vererbte Blutungs übel, wie die Thrombasthenie G lanzman n , das von-Willebrand-Jürgens-Syndrom und viele plas matische Gerinnungsstörungen, z. B . Mangel an Fi brinogen, Faktor I I , V, VII, X, XI und XII , können Jungen und Mädchen und deren Väter und Mütter betreffen. Eine negative Familienanamnese schließt jedoch ein hereditäres Blutungsübel nicht aus. Hinweisende Symptome: Blutungen bei 3 - 7 Wo chen alten vollgestillten Säuglingen mit Resorp tionsstörungen, Trinkschwäche, Gedeihstörung oder I kterus sind verdächtig auf die Spätform der Vitamin-K-Mangel-Biutung. B lutungen nach
einem etwa 1 - 3 Wochen zurückliegenden grippa len oder gastrointestinalen Infekt können auf eine I m munthrombozytopenie ( ITP, s. Kap . 8 1 ) oder auf ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) hinweisen. Die Medika men tenanam nese sollte alle Arz neimittel erfassen, die innerhalb von 14 Tagen vor Auftreten der B lutungssymptome eingenomme n wurden. Blutungsfördernd sind Antikoagulanzien ( Heparin, Kumarine), Antibiotika (Penicillin, Ce phalospori n ) , Antikonvulsiva (Valproat, Pheno barbiturat) , Zytostatika und Schmerzmittel, hier vor allem die Acetylsalicylsäure. Weiterhi n sollte nach hereditären oder erwor benen Krankheiten gefragt werden, die sekundär eine Blutungsneigung hervorrufen; dazu gehören chronische N ieren- und Lebererkrankunge n , Herzfehler, Leukämie, Lupus erythematodes, Ho mozystinurie, Glykogenase u. a. Die Thrombozy tapathie beim Hermansky-Pudlak-Syndrom ist kombiniert mit okulokutanem Albinismus. Körperliche Untersuchung
Blutungen durch Gefäßverletzungen ohne Hämestasestörung
Zum Ausschluss einer Gefäßverletzung ist eine ge naue I nspektion der B lutu ngsquelle erforderlich. • Epistaxis: Beim Nasenbluten muss zuerst an eine lokale U rsache durch Verletzung des ober-
Tabelle 82.1 Besonderheiten der Hämestase beim Neugeborenen. (Wegen unterschiedlicher Laborbedingungen müssen diese Werte ggf. lokal korrigiert werden.) Hierbei handelt es sich um abgerundete und für die Praxis vereinfacht dargestellte Werte.
System Test primäre Hämostase
1 . - 7.
Alter Monat älter als 6 Monate Tag Woche-6.
Blutungszeit [min]
1 -4
Plättchenzahl [G/1]
1 00-450
1 00 -450
1 00-450
50- 1 00
70 - 1 00
70- 1 00
(1) ..c: (.)
cn
+-'
(ij ..c: Q.
> 16
> 16
von-Willebrand-Faktor [U/ml]
0,9-2,4
0,6 - 1 ,5
0,6 - 1 ,5
::J
PTT [sec]
30- 52
30-48
30-42 1 ,25 - 0,9
s . Kap. 80
Leukozytenzahl Kapillarresistenz [cmHg]
•
2-6
0
> 16
Erythrozytenzahl
Antikoagulation
2-4,5
�
(1)
E >. ""0 c :::J
Plättchenfunktion [%]
sekundäre Hämestase
1.
(1) ..c (1)
s. Kap. 80
Quick [INR]
2,3 - 1
1 ,25-0,9
Fibrinogen [mg/dl]
1 60-400
1 60-400
CO
1 60-400
F II*, VII*, IX*, X*, XI, XII, XIII (%]
30 - 1 20
60 - 1 20
60 - 1 40
F VI II, V [%]
50 - 1 80
60- 1 30
60 - 1 50
Antithrombin [%]
40-90
70- 1 30
70 - 1 30
Protein C* , S* [U/ml]
20-50
35-80
60 - 1 4 0
Plasminogen [U/ml]
40 -80
70- 1 1 0
70- 1 25
Vitam in-K-abhängige Faktoren
+-'
479
K
82 Hämostasestörungen
_ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
flächlichen zarten Venenkomplexes in der Schleim haut des Nasenseptums (L. Kiesselbachi) gedacht werden. Weitere gerinnungsunabhängige Ur sachen des Nasenblutens sind systemische oder lokale (z. B . postduktale Form der Aortenisthmus stenose) Formen der Hypertonie, Anämie oder Infektion. • B lu ts t u h l: Helle B lutauflagerungen im Stuhl weisen auf eine Blutungsquelle im unteren Gastra intestinaltrakt hin (Hämorrhoidal-, Fissurenblu tungen, hämorrhagisch-infektiöse Enterokolitis) . Heftige krampfartige Schmerzen deuten auf eine Invagination hin. Nach der rektalen U ntersuchung geht beim Herausziehen des Fingers blutig tingier ter schleimiger Stuhl ab. • Häm a temesis: Bluterbrechen deutet auf eine Blutungsquelle oberhalb des Jejunums hin. Enthält das Erbrochene hellrotes Blut, ist die Blutung oberhalb des Magens, während schwarzes Blut (wie Kaffeesatz) auf eine Magenblutung und galle haltiges Blut auf eine Blutung jenseits der Gallen gangseinmündung hinweisen. • Häm a t u rie: Ist die B l utbeimengung im Harn mit dem bloßen Auge erkennbar, muss an eine traumatische Genese (Nierenpre llung, Harnsteine, Katheterverletzung) oder an eine N ie ren erkrankung (Glomerulonephritis oder H erdneph ritis) gedacht werden. Eine Makrohämaturie kann auch ein Hinweis auf eine N ierenvenenthrombose oder auf das Schoenlein-Henoch-Syndrom sein. Nach akuten Hämolysen wird der Urin durch Hä moglobin rot gefärbt (Hämoglobinurie). • postopera tive B l u t ungen: Lokale U rsachen postoperativer Blutungen, z. B. nach Tonsillekto mie oder Zah nextraktionen, k önnen durch In spektion des Wun dbettes erkannt werden.
Tabelle Merkmai/Hämostasestörung sichtbare Blutung
Blutungen durch Störung der Hämostase
Die primäre oder vorläufige Häm ostase, an der das Gefäßendothel sowie zelluläre und plasmati sche Hämostasefaktoren beteiligt sind, stillt inner halb weniger Minuten B lutungen aus kleineren Verletzungen. Als Sofortreaktion wird der B lut fluss verlangsamt durch Gefäßkontraktion u n d durch ein l okales A b sinken d e s B l ut drucks z . T. mittels einer Blutstromumleitung. Der weitere pri märe Hämostasevorgang ist nicht nur von den Plättchen, sondern auch von anderen zellulären und plasmatischen Faktoren abhängig (s. Abschn. Laboruntersuchungen) . Die sekundäre Hämostase verfestigt den primä ren Hämostasepfropf mittels Fibrinbildung, woran neben dem zellulären Startermechanismus vor al lem p lasmatische Gerinnungsfaktoren beteiligt sind. Die Inspektio n der Ha u t u n d Schlei m h ä u te und die Fun k tionsprüfung der Gelenke und Mus keln gibt wichtige H inweise, ob ursächlich eine pri märe oder sekundäre Hämostasestörung vor liegt (Tab. 82. 2 ) . Störungen d e r primären Hämostase
Typisch für die primäre H ämostasestörung sind Haut- und Schleimhautblutungen, vor allem Na senbluten. Die Hautblutungen treten als Hämato me (größere Blutansammlungen im Gewebe) und Ekchym osen (oberflächl iche, scharf begrenzte, münzgroße Blutungen) in Erscheinung. Petechien (flohstichartige Punktblutungen) sind typisch für Thrombozytopenien, selten bei Thrombozytopa thien. Treten Petechien bei einem männlichen Neuge borenen oder Säugling zusammen mit Kratzspuren
82.2 Differenzierung von vaskulären, zellulären und plasmatischen Blutungsursachen aufgrund anamnestischer, klinischer und laboranalytischer Tests.
Petech ien Schleimhautblutung, Ekchymosen, Menorrhagie Suffusion, Sugillation Hämatome
nein ganz selten
häufig* häufig
häufig nicht selten
selten häufig
Gelenk-, Muskel-Blutung
häufig
ganz selten
praktisch nie
Stundenintervall zwischen Trauma und Blutung
häufig
selten
praktisch nie
PTI
Blutungszeit
Kapillarresistenz
unsichtbare Blutung Spätblutung Screening-Test 480
sche iBllieu)tung ze(z.lB.ultährerombozytär Blutung ) vasogene Blutung (pzla. B.smati Hämoph
__ _ _...
*
v.a. bei Thrombozytopenie
h äufig (wegdrückbar)
------ 82 Hämestasestörungen
auf, muss an das Wiskott-Aldrich-Syndrom ge dacht werden, das durch die Trias Thrombozyto penie, Ekzemneigung u n d I nfektanfälligkeit ge kennzeichnet ist. Die Patienten sind besonders an fällig gegen Ohrinfekte, Meningitis purulenta und Pneumonien. Eine primäre Hämestasestörung kann bei Mädchen langandauernde, manchmal lebensbedrohliche Menstruationsblu tungen aus lösen. Beim N eugeborene n wird massiver B l ut stuhl vor allem bei einer Vitamin-K-Mangel-Blu tung beobachtet. S päter deuten gastrointestinale Blutungen im allgemeinen auf eine thrombozytäre Störung.
I
Wenn Petechien mit dem Glasspatel weg drückbar sind, h andelt es sich nicht um eine Thrombozytopenie, sondern um eine isolierte Vasopathie ohne Gerinnungsanomalie.
Bei der Purpura Schoenlein-Henoch liegt eine ge neralisierte allergische Vaskulitis vor, deren Loka lisation das klinische B i l d b esti mmt. Petechien und Ekchymosen treten vorzugsweise an den Streckseiten der unteren Extremitäten und am Ge säß auf. Die H auterscheinungen sind makulös, makulopapulös oder papulös, gelegentlich kokar denartig. Der Gelenkbefall äußert sich in schmerz hafter Schwellung, periartikulärem Ö dem und Be wegungseinschränkung ( Purpura rheumatica) . M agen-Darm-Blutungen führen zu kolikartigen Bauchschmerzen ( Purpura abdominalis) , nicht selten sogar zu einer I nvagination. Die Nierenbe teiligung äußert sich in einer Mikro- oder Makro hämaturie. E in Befall der Hirngefäße kann zu Krampfanfä llen, Paresen und Bewusstseinsein schränkungen führen. Die Purpura simplex hereditaria (M. Davis) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Vasopathie, die vorwiegend zu wegdrückbaren Petechien füh rt . B e i m M . Osler-Ren du, d e r autosomal-dominant vererbt wird, sind die scharf begrenzten Telean giektasien vor allem an der Lippe, der Zunge und an den Fingern und Schleimhäuten lokalisiert; sel tene Lokalisationen im Z N S und in der Lunge können lebensbedrohliche Folgen haben. Weitere Krankheitsbilder mit einem hereditären Defekt der Gefäße sind das Ehlers-Danl os-Syn drom, das M arfan-Syndrom und das Groenblad Strandberg-Syndrom. Erworben e Gefäßdefekte liegen beim Vitamin-C-Mangel (Skorbut) und Ka wasaki-Syndrom vor. Eine reduzietie Kapillarresi stenz wird nicht selten bei Allergien, besonders beim ampicillininduzierten morbilliformen Exan them, beobachtet. Störungen der sekundären Hämostase
Bei sekundären Hämostasestörungen (Ko agulo pathien) findet man vor allem: • schmerzhafte Blutungen in Muskeln und Gelen ken (unsichtbare Blutungen)
• Hautbl utungen in Form von H ämatomen, Suffu sionen und Sugillationen (subkutane, flächenhafte Blutungen) • seltener Nasenbluten • Petechien (kommen praktisch nie vor) . Im Gegensatz zu thrombozytären Blutungen kön nen bei Koagulopathien mehre re Stunden zwi schen Trauma und Blutung vergehen. X-chromosomal vererbte Koagulopathien sind H ämophilie A und die fünf- bis achtmal seltenere Hämophilie B. Noch seltener ist der autosomal vererbte M angel an den übrigen Faktoren der Ge rinnungskaskade. Kosmetisch s chlecht verheilte Narben mit Keloidbildung weisen auf einen Fak tor-XIII-Mangel oder das Ehlers-Danlos-Syndrom hin.
I
Blutungen im Verlauf einer akuten, foudroyan ten Erkrankung (z. B. bei gramnegativer Sepsis) sind verdächtig auf eine sog. disseminierte intravasale Gerinnung (DIG).
H ier findet man klinisch ein thro mbohämorrhagi sches Syndrom eines oder mehrerer Organe , wie intravitale Totenflecke der Haut, Schockniere, Schockleber und Schocklunge. Unsichtbare B lutungen
Blutungen in Gelenke, die v.a. bei plasmatischen Gerinnungsstörungen, z. B. bei der Hämophilie, vorkommen, verursachen in erster Linie Schmer zen und Bewegungseinschränkung. B lutungen i n das ZNS können Symptome wie Somnolenz, Ko ma und/oder Krampfanfälle verursachen. M uskel blutungen führen zur Bewegungseinschränkung; eine B lutung in den Psoasmuskel kann als Appen dizitis fehlgedeutet werden . Laboruntersuchungen
Da die Blutstillung im Gefäß stattfindet und neben zellulären und plasmatischen Gerinnungsfaktoren auch vaskuläre Faktoren benötigt, wird durch alle extravasal durchgeführten Reagenzglastests ein wesentlicher Teil der Gerinnung nicht erfasst. An dererseits sind In-vivo-Tests, wie die Bestimmung der B lutungszeit und der Kapillarresistenz , die auch die vasogene Hämostase berücksichtigen, nicht geeignet, plasmatische Koagulopathien zu erkennen. Eine sinnvolle umfassende Gerinnungs diagnostik erfordert deshalb eine Ko m bination von Tests , die aber nach ausführlicher Anamnese und sorgfältiger Untersuchung auf wenige gezielte Tests beschränkt werden kann (s. Tab . 82.2, 82. 3 , 82.4) . Im allgemeinen kann mit 1 ,3 ml Zitratblut eine sinnvolle Kombination von Blutbild, PTT (partial thromboplastin t i me) , Quick-Wert (PT = prothrombin time) und Blutungszeit durchgeführt werden, deren Aussagespektrum in Abbil dung 82. 1 zusammengefasst ist.
Cl) ..c Cl)
�
Cl)
0
Cl)
..c (.)
cn
+-'
CU ..c 0.
E >. "'0 c: :::::J +-'
:::::J
CO
481
K
82 H ämestasestörungen
Tabelle 82.3 im ch Verdachtsdiagnose iTpatesthologischer Test Normberei
Differenzialdiagnose von Blutungen mittels Anamnese, Klinik und vier Grunduntersuchungen, die mit 1 ,3 ml Zitratblut durchgeführt werden können.
PTI, BZ, PT, TZ BZ, TZ
PTI, PT
weiteres Vorgehen
häufigste Diagnose
Verbrauchskoagulopathie
Thrombophiliediagnostik D-Dimere, Spaltprodukte
Schock (hypoxämisch, septisch, toxisch)
Thrombozytopenie (s. Kap. 8 1 )
Blutbild: + Fragmentozyten
ITP, Bernard-SoulierSyndrom, HUS, Leukämie
v.-Willebrand-Faktor, F VIII, Ristocetinaggregation
M . Willebrand-Jürgens
Megathrombozyten
t RBZ, t WBZ, Blasten
BZ
PTI, PT, TZ
PTI
PT, BZ, TZ
v.-Willebrand-Syndrom Jürgens-Syndrom Thrombozytapathie
Koagulopathie im exogenen System
temporäre Hemmkörper PTI, PT
BZ, TZ
PT
PTI. BZ, TZ
Koagulopathie im endogenen System Vitamin-K-Mangel Produktionsstörung Bestimmung von F VII
Plättchenfunktionstests:
Kollagenaggregation Retraktion
Aspirin (-like defect) M. Glanzmann
Bestimmung von Einzelfaktoren: t F VIII t F IX t F XI Inkubation mit Normalplasma
Hämophilie A Hämophilie B F-XI-Mangel Inhibitor
Vitamin K, wenn Normalisierung, wenn keine Normalisierung: Fibrinogen, F II, F VII , F X, F V
Vitamin-K-Mangel Leberfunktionsstörung Einzelfaktormangel
F-VII-Mangel
F-VII-Mangel
Abkürzungen: BZ = Blutungszeit, PTI = akt i v ierte partielle Thromboplastinzeit, PT = Prothromb i n zeit (Quick-Wert), BB = Blutbild,
TZ = Thrombozytenzahl , � erniedrigt, RBZ = rote Blutzellen, WBZ = weiße Blutzellen
Tabelle Abklärun
82.4
Testkombinationen für bestimmte Fragestellu ngen bei Hämostasestörungen.
Tests
operatives Blutungsrisiko Störung der primären Hämestase Koagulopathie V.a. Vitamin-K-Mangel V.a. Leberfunktionsstörung V.a. Thrombophilie, Thrombose V.a. Hemmkörper
BZ, PTI, PT, BB BZ, PTI, PT, BB: weiteres Vorgehen s. Tab. 82.3 BZ, PTI, PT, BB: weiteres Vorgehen s. Tab. 82.3 PT (Fibrinogen normal), Koller-Test (Normalisierung der PT) PT (Fibrinogen erniedrigt), Koller-Test (keine Normalisierung der PT) s. Tab. 82.5 Mischversu ch, Kardiolipinantikörper
Hämophilie A, B Thrombozytopenie Thrombozytapathie Heparintherapie LMW-Heparin Kumarine Aggregatio nshemmer
PTI (ggf. Einzelfaktoren) BZ, BB, TZ BZ, Plättchenfunktion PTT (ggf. Heparinspiegel), Anti-Xa, Plättchenzahl Anti-Xa (nicht PTI!), Plättchenzahl PT, Prothrombinfragmente 1 + 2 BZ, Kollagenaggregation
Therapiekontrol en
Abkürzungen: BZ = B l utu n g szeit , PTI = aktivi�rte partielle Thromboplastinzeit, PT = Prothrombinzeit (Quick-Wert), B B
Koller-Test: Wiederholung des Quick-Wertes nach Vitamin-K-Gabe
482
=
Blutbild.
----- 82 Hämestasestörungen
Hämestasekomponenten
BB
Übersichtstests
primär
sekundär
- Aussage definitiv
c::::J Aussage möglic h
c::::J keine Aussage •
Vitamin-K-abhängig
Vitamin-K-abhängige Gerinnungsfaktoren. Beispiel für Kombination: Verlängerte BZ bei normalem Blutbild: V.a. Thrombozytapathie (weitere Abklärung durch WF, Plättchenfunk tionstests). Pathologischer Quick, normale PTT: F-VII-Mangel, pathologischer Quick , normales Fi b rinogen: V.a. Vitamin-K-MangeL Pathologische PTT, normaler Quick, normale BZ bei einem Mäd chen mit Blutungssymptomen: F-XI-Mang e l (F-XII-Mangel macht i .a. keine Blutung). •
Abbildung 82.1
I nformationswert der Ü bersichts tests und deren Kombin ationen (aus Sutor: Bücherei des Päd iaters, Enke , Stuttgart 1 994) . Berücksichtigt werden müssen altersbed ingte Be sonderheiten (s. Tab. 82.3). BB Blutbild und Differenzialbl utbi ld, PTI partielle Blu Thrombo p lasti nzeit, Quick Q u i c k - W ert , BZ tungszeit, KR Kapillarresistenz =
=
=
=
=
Primäre Hämostase
An der primären Hämostase sind das Gefäßendo thel sowie zelluläre und plasmatische Hämostase faktoren beteiligt. Zur zellu lären Hä mostase tragen nicht nur Plättchen (ab hängig von ihrer Zah l , G röße und Funktion), sondern auch Leukozyten und Ery throzyten bei, weshalb auch bei ausgeprägter iso lierter Anämie und Leukopenie Blutungen auftre ten können . Wichtig ist deshalb der B lutausstrich Eine Thrombozytopenie bei Leukämie bedeu tet eine größere B lutungsgefahr, weil gleichzei tig ein Mangel an roten und weißen Blutzellen vorliegt und die !deinen Thrombozyten schlechter funktionieren als z. B . die großen Thrombozyten bei lmmunthrombozytopenie. Megathrombozyten sind junge Thrombozyten , die
eine gesteigerte Knochenmarksproduktion wider spiegeln, sie weisen bei Thromb o z ytopenie indi rekt auf eine perip here Plättchendestruktion hin.
Riesenthro mbozyten bei normaler Plättchenzahl deuten auf den M. Soulier, zusammen mit spindel förmigen Einschlusskörperehen in den Leuko zyten auf die M ay-Heggl in-Anomalie hin. Eier scha lenfarmen der Erythrozyten entstehen bei einem Strömungshindernis i m arteriellen System . Zusammen m i t einer akut aufgetretenen N ieren funktionsstörung und Thrombozytopenie sind sie nahezu beweisend für hämolytisch-urämische Syndrome, be i denen die Einengung der N ieren gefäße durch kleine Thromben eine wichtige pa thogenetische Rolle spielt. Als wichtigste plasma tische Komponen te der primären Hämostase ist der von-Willebrand-Fak tor zu nennen, der die Plättchen an das verletzte Endothel heftet (Adhäsion) und sie untereinander aggregiert; darüber hinaus sind für die primäre Hä mostase weitere Faktoren essentiell, wie der B lut druck, die Strömungsgeschwindigkeit, die Scher geschwindigkeit, die Temperatur und vor allem die G efäßwand. Der komplexe Vorgang der primären H ämostase wird am besten durch In-vivo-Tests am Patienten erkannt. D i e Kapillarresistenz kann mit dem R ump el-Leede- Tes t (Blutdruckmanschette auf 6 0 mmHg einstellen, 5 Min. stauen) oder mit dem Saugglockentest (Unterdruck von 1 6 cmHg in der Subklavikularregion) gemessen werden. Treten mehr als 5 Petechien auf, dann ist eine Vasopathie oder eine schwergradige Thrombozytopenie wahr scheinlich. Thrombozytopenien werden besser durch die B estimmung der B lu tu ngszeit (nach Ivy) erkannt, wobei i m Kindesalter die Verwen dung eines Präzisionsschneppers, der standardi sierte Wunden von weniger als 2 mm setzt, zu emp fehlen ist. Bei normaler Thrombozytenzahl muss an e i ne Thrombozytapathie oder an das von Willebrand-Syndrom gedacht werden, die durch Thrombozytenfunktionstests bzw. d urch die Be stimmung des von-Willebrand-Faktors in Spezial labors weiter abgeklärt werden. Sekundäre Hämestase
Die sekundäre H ämostase, die durch Fibrinbi l dung den vorläufigen primären Hämostasepfropf befestigt, wird vor allem durch Reagenzglastests beurteilt. Vol lbluttests, wie die Reka lzifizierungs zeit und das TEG, erfassen ein breites Spektrum von zellulären und plasmatischen Blutungsübeln, wenn der Defekt schwergradig ist. Bei der PTT (partial thromboplastin time) wird ein Plätt c hen ersatz (partielles Thromboplastin) und oberflächen aktives Kaolin zum Testansatz hinzugegeben. Dadurch werden Mangelzustände von plasmatischen Gerinnungsfaktoren (mit Ausnahme von Faktor VII) mit g rö ß erer G enauigkeit erfasst; dafür gibt die PTI keine Information über zelluläre , insbe so n de re über thrombozytäre Störungen. Der Qu ick-Test, der unter Zusatz von Gewebsthrom-
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Cl) (!) Cl) .r:::. (.) CfJ
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483
K
82 Hämostasestörungen
------
boplastin durc hgeführt wird, gibt zwar eine sehr genaue I nformation über leberabhängige (Fibrino gen) und die meisten Vitamin-K-abhängigen ( F II, V I I , X) Gerinnungsfaktoren, versagt aber bei der Diagnosestellung einer Hämophilie. Die endgülti ge Abkl ärung der plasmatischen Gerinnungsstö rung erfolgt durch Einzelfaktoren bestimmu ng.
Thrombosen Symptombeschreibung und Definition
U nter Thrombose (griechisch Blutpfropfbildung) versteht man eine E inengung oder Obstruktion von B lutgefäßen durch Blutgerinnsel, die bei Thromboembolie (emblos H i neingeworfenes) aus verschlepptem thrombotischem Material resul tiert. Der englische Begriff "venous thromboembo lism" (VTE) fasst Thrombosen und Thromboem bolien in Venen zusammen. Sekundäre Thrombo sen weisen anamnestisch oder klinisch erkennba re Risikofaktoren auf (Tab. 82. 5 , Spalte 2 ) , die nicht bei spontanen (primären) Thrombosen nach weisbar sind, bei denen häufiger thrombophile La b orparameter (s. Tab . 82. 5 , Spalte 3 ) gefunden werden . Symptome resultieren aus der akuten Unterversorgung mit l ebenswichtigen Blutbe standteilen oder aus dem Rückstau von Blut. Thrombosen i m Kindesalter sind seltener als beim Erwachsenen. =
Ration elle Diagnostik Anamnese und generelle Untersuchung
Es gibt zwei Altersgipfel, einen h ohen in der Säug lingsperiode, besonders bei N eugeborenen, und einen t1acheren in der Pubertät.
I
Anam nese und Untersuchung sind in der Pädiatrie besonders wichtig, weil sich häufig throm bophile Risikofaktoren finden.
Wichtige H inweise erhält man durch Fragen nach hereditären Risikofaktoren, nach pränatalen Er eignissen, nach Krankheiten mit erhöhtem Throm boserisiko und nach iatrogenen U rsachen. Eine sorgfältige U ntersuchung, die sich nicht nur auf Thrombosezeichen beschränkt, hat einen hohen Informationswert (s. Tab. 82.5, Spalten 1 und 2). Körperliche Untersuchung
484
In Tabelle 82. 6 sind die wichtigsten Symptome arterieller und venöser Thrombosen an verschiedenen Lokalisationen aufgeführt. Folgendes ist be-
sonders zu beachten: A rterielle Th rom bosen sind selten und kommen meist bei Arterienkathetern vor, ganz selten beim Takayasu- und beim Kawasaki-Syndrom o der nach Transplantation. • Venöse Thrombosen: Bauchschmerz tritt nicht selten bei Thrombose der Vv. splenica, porta, mes enterica auf; ein Verschluss der V. mesenterica kann sogar zum I leus führen. •
I
Die Trias Bewusstseinseintrübung, progre diente fokale Ausfälle und epileptische Anfälle kann als Kernsymptom der Sinusvenenthrom bose angesehen werden.
Laboruntersuchungen
Eine Thrombose kann durch Labortests nicht nachgewiesen werden. U mgekehrt schließen nor male D-Dimere eine ven öse Thrombose weitge hend aus, wenn eine hochsensitive Methode ange wandt wird und eindeutige k linische Thrombose symptome fehlen. Der Blutausstrich gibt Hinweise auf thrombophile Ursachen und Risikofaktoren, wie Leukämie (Elasten, Leukozytose) , Sichelzell anamie, hämolytisch-urämische Syn drome, thrombotisch thrombozytopenische Purpura (TTP) ( Fragmentozyten) , Sepsis (Linksverschie bung mit toxischer Granulation von thrombogener a-Granula) . Weitere Laboruntersuchungen dienen zum Nachweis von Krankheiten mit Thrombose risiken. Tests zur Abklärung einer h u moralen Thrombophilie auf Protein- oder DNA-Basis sind in Tabelle 82.5 (Spalte 3) dargestellt.
Screeni Faktorenng auf humorale genetische Thrombophilie
Nach den Richtlinien der Bun desärztekammer (2003) dürfen "bei minderjährigen Patienten gene tische Tests - mit Zustimmung der Personensorge berechtigten - n ur dann vorgenommen werden, wenn präventive o der therapeutische Maßnahmen möglich sind". Screening auf humorale Thrombo philie-Faktoren (s. Tab . 82.5, Spalte 3) ist nur dann sinnvoll und erlaubt, wenn Patienten oder deren Familien unmittelbar davon profitieren. Dies ist beim Neugeborenen mit Purpura fulminans oder ausgedehnten Thrombosen der Fall , da hier meist eine homozygote oder doppelt heterozygote Kon stellation vorliegt und Behandlungsmöglichkeiten bestehen. Dasselbe gilt bei älteren Kindern mit Purpura fulminans bei Sepsis und mit TT P. Scree ning ist auch sinnvoll bei rezidivierenden oder spontanen Thrombosen, da hierbei häufiger hu morale Thrombophilie-Faktoren vorliegen, deren Kenntnis eine sinnvollere Therapie ermöglicht. Bei Kindern mit Thrombosen und einer positiven Fa milienanamnese können Angehörige von einem Screening profitieren, da u .a. pränatale Komplika-
------- 82 Hämostasestörungen
Tabelle Familienanamnese Thrombosen 82.5
Thrombogene Risikofaktoren (nach Sutor 2003, J Thromb Hemostas 1 : 886-888).
Thrombosen, Herzinfarkt, Schlaganfall < 40 Jahre rezidivierende Thrombosen Purpura fulminans: - beim Neugeborenen - bei Windpocken - bei Sepsis Hautnekrosen nach OAK
pränatale Ereignisse
wiederholt pränat. Dystro phien wiederholt Aborte mütterlicher Diabetes Präeklampsie H ELLP-Syndrom Thrombosen während der Schwangerschaft
Fehlbildungen
Analatresie Porenzephalie
Anamnese, Untersuchung iatrogene Risiken
Laborhinweise thrombophile Proteine/DNA*
Krankheiten
Hyperkoagulationsmarker
Verweilkatheter, Shunts, Stents künstliche Herzklappen Transplantation Operation, auch kleinere Immobilisation (auch kurzzeitige) parenterale Ernährung (bes. Lipide) Medikamente: - orale Antikonzeptiva - Kortikosteroide - E.-coli-Asparaginase - Heparin (cave HIT) - aktivierte Gerinnungspräparate
Herzerkrankungen Schocksyndrome maligne Erkrankungen Sepsis, Meningitis Trauma, Verbrennung nephrotisches Syndrom HUS, TTP CDG-Syndrom Lupus erythematodes rheumatoide Arthritis M. Crohn, ulzeralive Kolitis Kawasaki-Syndrom Kasabach-Merritt-Syndrom Übergewicht, Diabetes Dehydration Sichelzellanämie Früh-, Mangelgeburt Asphyxie (Hypoxämie, RDS) Hypertension vaskuläre FehlbildungenNerletzung Polyzythämie
F-V-Leiden (G1 69 1 A)* F-11-Leiden (G 2021 OA)* MTHFR (677TT)* und I Homozystein (nüchtern) J Protein C r J Protein S t J Antithrombin t t Lipoprotein (a) ..l- vWF-Cieaving-Enzyme Antiphospholipid-Antikörper (inklusive Kardiolipine) (t Fl, VIII , IX, X I , J Plasminogen?)
D-Dimere, Prothrombinfragmente, endogene Thrombinpotentiale
Abkürzungen: • genetisch, D NA-Basi s ; t genetisch oder erworben, Proteinbasis; i erhöht; .1. erniedrigt; IUGR = intrauterine growth retardation; H IT = Heparin-induzierte Thrombozytopenie; OAK = orale Antikoagu lanzien; CDG = carbohydrate-deficient glycoprotein; HELLP = hemolysis, elevated liver enzymes, low platelets; MTHFR = Methylene-Tetrahydrofolat-Reduktase; HUS = hämelytisch urämisches Syndrom; TIP = thrombotisch-thrombozytopenische Purpura; vWF = von-Willebrand-Faktor
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tionen vermieden werden können. Zumeist liegen aber bei Thrombosen i m Kindesalter multiple thrombophile Risikofaktoren (s. Tab . 82.5, Spalte 2) vor. H ierbei ist der N utzen eines Labor-Scree nings für Patienten o d er d eren Familie nicht be wi esen.
Fehlerquellen
Bei Kindern und besonders bei Säugli ngen müssen die nachfolgenden Fehlerm öglic hkeiten beachtet werden . Präa n a lytische Fehler ent st e he n , wenn das Blut beim Abnehmen angeri nnt (große B l u tm en ge , sub-
optimale Vene n pu n ktio n ) .
I
Deshalb sollte vor allem bei Säuglingen und !deinen Ki n dern so wenig Blut als möglich ab gen ommen werden.
Die Dokumentation der Abnahmezeit lässt Fehler durch langes Lagern als Zitrat-Vollblut erkennen, die das Ergebnis von Vollbluttests und von hepari nisierten Kindern verfälschen . Proben aus Kathe tern , die Heparin enthalten, können nicht verwen det werden . In terpretationsfeh ler resultieren aus Unkennt-
:::J
CO
485
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82 Hämestasestörungen
------
Tabelle 82.6 sche Symptome typi uss bei arteriel em und venösem Gefäßverschl
Differenzialdiagnose der Thrombosen . (aus Sutor [Hrsg.]: Antikoagulation bei Thrombosen im Kindesalter, Schattauer, Stuttgart 1 997).
Die Phlebographie gilt als Referenzmethode, an deren Ergebnissen die diagnostische Zuverlässig keit anderer Verfahren gemessen werden muss. H eute spielt in der Praxis die U ltraschalluntersu chung die größte Rolle; die M RT und er bieten
• arterieller Gefäßverschluss: Risiko bei Arterienkatheter!
- Blässe, Kälte, Pulslosigkeit (Aa. femoralis, tibialis, brachialis, radialis) - Hämaturie (A. renalis) - Dyspnoe, thorakaler Schmerz, Pneumonie (A. pulmonalis) - Hemiparese (A. cerebri) - Hirnstammsymptome, Lähmungen (A. basilaris)
• venöser Gefäßverschluss: unspazifische Symptome,
Verdacht, wenn Ihrambogene Risikofaktoren. - Schmerz, Schwere- und Spannungsgefühl , ödematöse Schwellung, livide Verfärbung, Venen zeichnung, Einflussstauung \'Jv. subclavia, iliaca, femoralis, poplitea) - Stauungszeichen an unteren Körperpartien \'J. cava) - Hepatomegalie, Aszites \'J. hepatica) - Bauchschmerz, Folgen der portalen Hypertension \'Jv. splenica, porta, mesenterica) - Ileus, Bauchschmerz \'J. mesenterica)
neurologische Symptomatik
• Kopfschmerz und Stauungspapille (S. sigmoideus bzw.
transversus) ("Pseudotumor cerebri")
• Halbseitenlähmung
• Nackensteifigkeit, nicht behandelbare Krämpfe • Koma (S. sagittalis sup.)
speziel e Symptomatik bei Neugeborenen • Sinusvenenthrombose
- gespannte Fontanelle - tonische Krämpfe - Nystagmus - respiratorische Insuffizienz • Nierenvenenthrombose - Flankentumor - Hämaturie - Thrombozytopanie \'J. renalis) • Katheter-assoziierte Thromben (80% aller Thrombosen beim NG) - Katheterfehlfunktion - V.-cava-superior-Syndrom - Chylothorax - antibiotikaresistente bakterielle oder fungale Sepsis
486
Tabelle 82.7
Bildgebende Verfahren zur Diagnose von venösen Thrombosen (aus Sutor [Hrsg.]: Antikoagulation bei Thrombosen im Kindesalter, Schattauer, Stuttgart 1 997). Angegeben ist die Reihenfolge der Wertigkeit der Unter suchungen. Auf Platz 1 steht jeweils die diagnostische Technik mit der höchsten Priorität, es folgen die Tech niken, die nur bei Versagen oder Unsicherheit der erstrangigen Methode zur Geltung kommen sollten.
tiefe Bein-/Beckenvenenthrombosen
1 . Farbdoppler-/Duplexsonographie einschließlich Korn pressionstest und Vergleich mit Gegenseite 2. Phiabographie (Indikation besonders bei un klarem Sonographiebefund, bei V.a. isolierte Unterschenkel venenthrombose, bei negativem Sonegramm trotz klinisch wahrscheinlicher Thrombose, evtl. zur OP-Pianung) 3. MRT-Phlebographie (insbesondere Beckenstrombahn, V. i liaca int.)
efe Armvenenthrombose ticepha ica und V. subclavia (einschließlich V. brachio zentrale Venen {V. cava sup., V. cava inf.) 1 1 l
1 . Phlebographie über periphere Vene in DSA-Technik
a. Farbdoppler/Duplexsonographie bzw. Echokardia graphie oder konkurrierend: b. MRT-Phlebographie (besser mit Kontrastmittel) multiplanar 2. Phiabographie (insbesondere präinterventioneil bzw. vor OP)
Katheterthrombose is, V.)mesenterica, V. lienalis, Vv.Viszeral Pfortader hepatigefcaeäßeund renal 1 . Phlebographie über Katheter in DSA-Technik
(V.
1 . Farbdoppler-Duplexsonographie 2. MRT-Phlebographie mit Kontrastmittel 3. Katheterphlebographie (Zugang via V. femoralis oder V. jugularis) bzw. zur Pfortaderdarstellung indirekte Portographie über arteriellen Zugang in DSA-Technik
nis altersentsprechender N ormalwerte ( s . Tab. 82. 1 ) . Da akute Thrombosen und Antikoagulan zien Tests auf Proteinbasis (u.a. Protein-S-, Pro tein-e-, AT-Bestimmung) verändern, sollten d iese früh esten s 3 Monate später wiederholt werden. Dagegen sind D NA-basierte Tests (z.B. F-V-, P- l i M utanten) unabhängig von Thrombose und Medi kamenten.
Sinusvenenthrombose 1.
Bildgebende Verfahren
is communis nach femoral arteri e, Herzkatheter) (arteriel e AngideroA.graphi Punktieol en Thrombose
I
Die endgültige Diagnose der Thrombose ist auch im Kindesalter die Dom äne der bildge benden Verfahren und des Ultraschalls.
tsvn
bei klinischem V. a. eine SVT zuerst Hirn-CT, evtl. mit i.v. Kontrastmittel 2. Wenn Hirn-CT negativ und bei der Frage nach dem Ausmaß der Thrombosierung ist eine MRT mit bild gebenden und flusssensitiven Sequenzen ohne und mit Kontrastmittel durchzuführen. Beim Nachweis von zerebralen Blutungen, die nicht eindeutig venös einzuordnen sind, muss zusätzlich angiographiert werden.
Sonographie und Farbdoppleruntersuchung der Punktionsstelle
------
ganz neue M öglich ke iten bei der D iagnostik v.a. von intrakraniellen Thrombosen (Tab. 82. 7 ) .
82 Hämestasestörungen
Zusätzliche thrombogene Risikofaktoren
Keine Altersgruppe ist so thrombosegefährdet wie die der Neugeborenen, wenn zu dem ausgegliche nen, aber labilen neonatalen H äm ostasesystem thro mbophile Risiken, wie z.B. Verweilkatheter, Dehydratation oder Sepsis, kommen.
Das weitaus größte Risiko sind Verweilkatheter: 80 % aller Venenthrombosen bei Neugeborenen werden durch Katheter i m oberen Ven ensystem verursacht. Weitere Risikofaktoren sind Schock syndrome septischer, hypovolämischer oder hyp oxiseher Genese, Fetopathia diabetica, Trauma, Operation, Herzfehler, Polyzythämie, schwere Ge burt, hereditäre Thrombophilie, Diabetes sowie Phosph olipid-Antikörper bei der Mutter.
Hämostase des Neugeborenen
Klinik der Neugeborenenthrombosen
I nsgesamt ist das Hämostasesystem beim Neuge borenen ausgeglichen, wie aus normalen Global tests für die primäre Hämostase, für die sekundäre H ä mostase und für d ie Fibrin olyse hervorgeht, obwohl deren Einzelkomponenten quan titativ erheblich von der Erwachsenennorm abweichen (s. Tab . 82. 1 ) . Das Neugeborene hat eine normale B lutungszeit trotz pathologischer Plättchenfunktionstests. Die sekundäre Hämostase funktioniert ebenfalls opti mal , erkennbar an der n ormalen Rekalzifizie rungszeit im Vollblut, obwohl plasmatische Tests, wie die PTI, der Quick-Wert oder gar die Vitamin K-abhängigen Gerinnungsfaktoren, so abn ormal sind, dass man beim Erwachsenen an eine Koagu lopathie denken müßte. Die Gesamtfibrinolyse ist b e im Neugeborenen ebenfalls norma l , obwohl Einzelfaktoren, wie Protei n C oder S oder AT, auf die Hälfte reduziert sind. Die Hämostase des N eu geborenen ist in ihrer Gesamtheit optimal, und sie sollte nicht wegen abweichender Einzelfaktoren als hämop h i l oder als thrombophil bezei chnet werden. Normalerweise hat das Neugeborene we der Blutungen noch Thrombosen . Allerdings kann d ieses ausgeglichene, aber labile Hämostasesystem bei Risiken schneller entgleisen.
Klinisch gut erkennbar sin d Nierenvenenthrombo sen und Purpura fulminans. Nierenvenen thro m b osen sind durc h die Trias Flankentumor, Makrohämaturie und Thrombozy topenie charakterisiert und werden durch U ltra schall - Scanning bewiesen. Pu rpura fulminans beim Neugeborenen kann auf einen homozygoten oder doppelt heterozygo ten Mangel an AT, Protein C oder Protein S oder auf eine Faktor-V-Mutante h inweisen. Die klini schen Symptome sind die Folgen von Kapi ll ar thrombosen und interstitiellen Blutungen (Ekchy mosen) , die sich unbehandelt zu gangränösen N ekrosen weitere ntwickeln , sich mitunter bis in die Faszien ausdehnen und zur Autoamputation führen können. Kli nisch oft verkannt werden tiefe Venenthrom bosen und Sinusvenenthrombose . Tiefe Venenthro m bosen: Etwa ein Drittel der katheterin duzierten Thrombosen werden klinisch nicht erkannt, weil die typischen Symptome wie S chwel lung und Bewegungsei nschränkung einer Extremität oder eine Organdysfunktion beim N eugeborenen nicht immer ausgeprägt sind und andere Symptome, wie z.B. antibiotikaresistentes Fieber oder C hylothorax nicht sofort auf eine Thrombose h inweisen. S i n u s venenthro m b ose: Die Symptomatik ist oft atypisch und wechselnd. Fast immer trete n tonische Krämpfe auf, b e i 5 0 % H emiparesen . Weitere Symptome sind Nystagmus, Somnolenz und Lethargie, vorgewölbte Fontanelle, Stauungs papille, erhöhter M uskeltonus sowie Hyperexzita bilität. Für die Diagnose sind M RT und CT ent scheidend.
Thrombosen bei Neugeborenen
I
Vitamin-K-Mangel und Thrombozytopenien können beim Neugeborenen eher Hirnblutun gen auslösen und zusätzliche thrombogene Risil<en h äufiger Thrombosen als beim älteren Kind.
487
83 Lymphknotenvergrößerung
------
83 Lym ph knotenvergrößerung Thorsten Simen
S mptombeschreibung
N ormale Lymp hknoten sind weich und klein. Sie sind nur bei schlanken Patienten gelegentlich tast bar. Dringen Erreger in den Organismus, werden d iese von Phagozyten aufgenommen und über Lym phgefäße in die regionalen Lym phknoten transportiert. In den Keimzentren der Lymphkno ten treffen die antigenbeladenen Zellen auf Lym phozyten und aktivieren die antigenspezifischen Lymphozyten. Im Rahmen dieser Aktivierung kann es zu Mehrdurchblutung und S chwellung der Lymphknoten kommen. Diese werden tastbar u n d können infolge d e r Kapselspannung schmerzen. N icht immer bestehen dabei Allgemeinsymptome einer I n fektion. N ormalerweise werden die ein dringenden Keime erfolgreich b ekämpft, und die Lymphknoten schwellen wieder ab. Vorübergehen de Lymphknotenvergrößerungen bis etwa 1 ,5 cm Durchmesser sind deshalb als normal anzusehen. Tastbare Lymphknoten sind im Kindesalter n icht ungewöhnlich. Eine gezielte Diagnostik ist nur erforderlich, wenn eine Lymphknotenschwel lung 1 ,5 cm überschreitet, über Wochen bestehen b leibt und/oder Lymphknoten außerhalb der üb l ichen Lymphknotenregionen palpabel sind. Lymphome sind das Resultat einer malignen Entartung von Lymp hozyten zunächst eines Lymphknotens. Erfolgt keine Behandlung, können nachfolgen de Lymphknotenstationen und schließlich n icht lymphatisc he Organe befallen werden. Diesem Verlauf trägt die Stadieneinteilung von Lympho men Rechnung: • Stadium I: eine Region befallen • Stadium li: mehrere Regionen auf einer Seite des Zwerc hfells befallen • Stadium I Il: Regionen beiderseits des Zwerch fells befallen • Stadium IV' Befall anderer Organe. Leukämien entstehen d urch maligne Entartung von Lymphozyten des Knochenmarks. Diese kön nen dann sekundär Lym p horgane befallen . Da durch entsteht die Lymp hadenopathie bei Leuk ämien.
Rationelle Diagnostik Anamnese
488
Eine akut auftretende Lymphknotenschwellung einer einzelnen Lymphknotengruppe, begleitet von
l okalen Entzündungszeichen ( Rötung, Schmerz, Ü berwärmung) und allgemeinen Entzündungszei chen ( Fieber, CRP-Anstieg, Granulozytose, Links verschieb u ng) , spricht für eine akute bakterielle Lymphadenitis. Eine schnell zunehmende Lymphknotenschwel lung einer oder mehrerer Regionen ohne lokale Entz ü n dungszeichen lässt an ein akutes Lym phom, eine akute Leukämie oder eine virale Infek tion (EBV, CMV) denken. Oft klagen betreffende Patienten über A llgemeinsymptome wie Fieber und Leistungsknick. E ntwickelt sich die Lymphknotenschwellung langsam ohne lokale Entzündungszeichen, kann es sich um ein Lymphom, eine Virusinfektion (EBV, H IV) oder eine Mykobakteriose handeln. Dabei können Allgemeinsymptome der sog. B - Symptomatik (Gewichtsabnahme, Nacht schweiß, Fieber > 38 oq bestehen. Diese Sympto me haben eine prognostische Bedeutung bei Lym phomen. Ihr Fehlen schließt das Vorliegen eines Lymphoms nicht aus. Diagnostisch wegweisend können auch andere begleitende A llgemeinsymptome wie Leistungs knick oder Knochenschmerzen (Leukämie, Lym phom, N euroblastom) sein . Bei der Anamnese erhebung muss auch nach Vorerkrankungen des Patienten (bekannter I mm undefekt, D iabetes) , Reiseanamnese und Tierkontakte (z.B. mit Hund oder Katze) gefragt werden. Körperliche Untersuchung
Die körperl iche Untersuchung muss neben dem Lokalbefund auch immer alle übrigen Lymphkno tenregionen und einen allgemeinen körperli chen Status des Patienten umfassen: • Lokalbefu n d: Lokalisation (typische Lym p h knotenregion o d e r an ungewöhnlich er Stelle), Ausdehnung der Lymphknotenschwellung, Konsi stenz (hart, elastisch, fluktuierend), lokale Entzün dungszeichen (Rötung, Schwellung, Ü berwär mung, Schmerz) , Verschiebbarkeit (gut, schlecht oder gar nicht verschiebbar) . • Status anderer Lymp hlm o tenregionen: Ist nur diese eine Lymphknotenregion befallen ? Bilatera le Lymphadenopathie? G eneralisierte Erkrankung mit Lymphknotenschwellung beiderseits des Zwerchfells? Der klinischen Unters uc hung sind folgende Lymphknoten zugänglich: submandib ulär, sub mental, okzipital , zervikal, sup raldavikulär, infra klavikulär, pektoral, axillär, i n g u i n al u n d popliteal.
------- 83 Lymphknotenvergrößerung Auch die übrigen Regionen sind auf mögliche Wei c hteil- oder Lymphknotenschwellungen zu untersuchen (s. auch "Technische Untersuchun gen"). • A l lgemeiner klinische S tatus: Allgemeinzu stand (Fieber, Ikterus, Zyanose, Anämie, Einfluss stauung) , Haut (Petechien , Hämatome, Virusexan them, Weichteilinfektion ) , H NO-Status (Otitis, Pharyngitis, Tonsillitis, Soor, Karies, Mundboden abszess) , Lunge ( Bronchitis, Dyspn oe ) , Herz, Leber und Milz (Organgröße, Konsistenz) , Z N S (Meningismus) und übrige Organe.
Klinisch-chemische Untersuchungen
Oft kann allein durch Anamnese und körperliche U ntersuchung eine behandlungsbedürftige Lymphknotenerkrankung ausgeschlossen werden. Dann ist keine Zusatzdiagnostik erforderlich. Bleibt der Charakter der Lymphknotenschwel l ung unklar, erlauben folgende Blutuntersuchun gen eine orientierende Abklärung bei angemesse nem Aufwand: • k leines B lu tbild (Leukozyten, Hämoglob i n , Thrombozyten) • Ditferenzialblu tbild, d.h. die Leukozytendiffe renzierung per Automat (Laborautomaten geraten
Lym ph knotenvergrößerung
I
lokale Entzündungszeichen?
I nein
ja
Diff,
BB, CRP, ggf. Sonographie, ggf. Inzision
t
klinisches Bild, BB, Diff, CRP. Sonographie, Rö-Thorax, Serologie
I
V. a. bakterielle Lymphadenitis -
: -
Abstrich/Kultur A nti b i ose : Coamoxiclav o. ä.
I
kein wegweisender Befund
f
kein
J
Erfolg
Streptokokken, Staphylokokken, Versinien und andere bakterielle Erreger
"B-Symptome" große, indurierte und/oder nicht verschiebliehe LK
ca .!: 0.
E
>-
I
... 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 \.
charakteristische Befunde: • Leukämie • Masern • EBV/CMV/HIV • Toxoplasmose o
83.1
.......
Beobachtung 2 -4 Wochen
-
o
=
" (l) .!:
keine "B-Symptome"
-
o
KMP
�
(l)
-
•
Abb.
I
(..) Cf)
-
Erfolg
(l) ..c (l)
I
I
Progression
keine Progression KMP; LK-PE: Lymphom Leukämie HLH Leishmaniose
• • o o
t-
unspezifischer Virusinfekt vernarbter postinfektiöser Lymphknoten
Bartoneliese
Tuberkulose ALPS Lues
Diagnostik zu Abklärung einer Lymphknotenschwellung (LK Knoc henmarkpunktion).
=
t _..., __.__
,_
Lym phknoten, PE
-o c ::::J .......
::::J
CO
KMP; LK-PE: • Lymphom • Leukämie • Mykobakteriose • M. Gaueher • M. Niemann-Piek • M. Castleman • Sarkoidase • M. Rosai·Dorfman =
Probeexzision, 489
�
83 Lymphknotenvergröße rung
--
--
bei d e utlich reaktiv verändertem B lutbild oft an i hre G renzen) oder am M ikroskop (die Beurtei l ung von Blutausstrichen verlangt Erfahrung) • •
CRP Sero logie: C M V, EBV, Röteln, H I V (Einver
ständnis von Patient bzw. Eltern vor Blutuntersu chung erforderlich ) , Toxoplasmose, Bartonella, Brucella. Hohe E ntzün dungszeichen sprechen für eine bakterielle Lymphadenitis. Eine Lymphomonozy tose mit c harakteristischen Lymphoidzellen i m Blutausstric h ist nahezu beweisend für eine EBV I nfektion. Sind zwei der drei Zellreihen des klei nen Blutbildes auffällig, ist der sichere Ausschluss einer Leukämie d urch Knochenmarkuntersu chung erforderlich (s. " Erweiterte D iagnostik) . Das Fehlen von Leukämiezellen im Blutausstrich schließt das Vorliegen eines Lymphoms oder einer Leukämie nicht sicher aus. Finden sich auffällige Befunde, kann entweder die Diagnose gestel lt werden oder es sind umge hend weitergehende U ntersuchungen (Abb. 83 . 1 u . Teilkapitel "Erweiterte Diagnostik") zu veran lassen . Sind die Befunde der Basisdiagnostik nicht beunruhigend, aber auch n icht wegweisend, sollte der klinische Befund in 2-4 Wochen kontrolliert werden. In Abhängigkeit von der Dynamik der kli n ischen Symptome ist dann möglicherweise doch eine erweiterte Diagnos tik (s. Abb. 83 . 1 u. Teil kapitel "Erweiterte Diagnostik") erforderlich.
Lym phknotensonographie. Deut l ich ver g rößerte ech oarme Lym p h knoten bei Ebste i n - Barr Virus-l nfektion , d i e tei lweise d i e Gland u la parotis durchsetzen . Abb. 83.2
Technische Untersuchungen
Die Ultrascha llun ters u chung von Hal s Axil l a , Abd omen und Leiste ist heute in nahezu jeder Pra xis möglich und gibt ohne Belastung des Patienten zusätzliche Informationen über die Morphologie der Lymphknoten. Normale Lymphknoten stellen sich i� Ultraschall echoarm u n d bohnenförmig dar. Mit zunehmender Schwellung, unabhängig welcher Ursache, nehmen sie eine e her rundliche Form an . Bei Abszedierung stellen sie sich zuneh mend echoarm dar. Lymphome oder granulomatöse entzün dete Lymp hknoten sind häufig echoreich (Abb. 83.2 u. 83 .3) . Die U ltraschalldiagnostik er laubt darüber hinaus eine Beurteilung der abdomi nellen Lymphknoten, die nur bei massiver Vergrö ßerung auch klinisch erfassbar sind. ,
Erwe iterte Diag nosti k
490
Sollte die bereits genannte D iagnostik nicht zum Ziel führen, ist eine erweiterte Diagnostik indi ziert. Die erweiterte D iagnostik beinhaltet die folgenden klinisch-chemischen und technischen Untersuchungen: • R ö n tgen Th o rax: Beurteil ung der hilären Lymphknoten. Thorakale Lymph ome ( Morbus H o dgkin, thorakale T-Zell-Lymphome) können zu
Lymphknotensonographie. G roße echo reiche Lymph knoten bei zervivalem T-Zeii - Lymphom.
Abb. 83.3
einer ausgeprägten H ilusverbreiterung und unter Umständen Ergussbildung führen (Abb. 83.4) . Ei ne einseitige Hilusverbreiterung erfordert immer den Ausschluss einer Tuberkulose. • Kn o chen m a rk u n ters uchu ng: Eine Knochen markuntersuchung ist dann indiziert, wenn zwei der drei Zellreihen des kleinen Blutbildes verän dert sind, wenn sich im peripheren Blut Leuk ämiezellen finden oder wenn das klinische Bild ( Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie, EBV Ausschluss) den Verdacht auf eine Leukämie be gründet. • Lymphk n o ten b iopsie o der -exs tirpa tion: Die histologische und mikrobiologische Untersuchung eines repräsentativen Lym phknotens erlaubt häu fig die Diagnosestellung. Da es sich um einen ope rativen Eingriff handelt, sollten vor diesem Schritt grundsätzlich alle angemessenen differenzialdia gnostischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.
------ 83 Lymphknotenvergrößerung
Bilddokumentation von Ausdehnung und Nach barschaftsbeziehungen von Lymphomen möglich ist. • Immu ndiagnostik: Ungewöhnlich schwer ver laufende und/oder überdurchschnittlich gehäuft auftretende Infektionen m üssen den Verdacht auf einen Immundefekt lenken. Leukozytendifferen zierung, Bestimmung von IgA, IgG, IgM und IgE im B l ut, Lymphozytendifferenzierung und die Kontrolle von ImpfantwOtien (Titer und Hauttest) erlauben eine orientierende Beurteilung.
Besondere Hinweise ----
Abb. 83.4
Thorax - Röntg e n b i l d . Nac h weis media stinaler Lymphome bei thorakalem T-Zei i-Lymphom (Pfei le).
• Tu berkulosediagnostik: GTIO-Test. Bei suspek tem Röntgenbefund des Thorax (einseitige Hilus vergrößerung) zusätzlich dreimalig Magennüch ternsekret für TBC-Kultur und PCR . • Compu tertomographie (CT) oder Magnetreso nanztom ographie (M RT) der betroffenen Region helfen nur selten bei der differenzialdiagnosti schen Abklärung von Lymphknotenschwellungen. CT/ M RT sind indiziert zur Statuserhebung vor Operation oder Chemotherapie, da die exakte
Zah lreiche Erkrankungen führen neben anderen Symptomen zu einer Lymphknotenschwellung. Manche dieser Erkrankungen haben ein charakte ristisches Bild, so dass die Differenzialdiagnose mit geringem Aufwand möglich ist. Im wesent lichen kommen Infektionen, maligne hämatologi sche Erkran kungen, Stoffwechselerkrankungen, Medikamente und Autoimmunerkrankungen als U rsache in Frage. O ie 00-Tabellen geben einen Ü berblick über häufige, gelegentlich auftretende und seltene Ursa chen. Bei angeborenem oder erworbenem Immun defekt können Infektionen deutlich schwerer und symptomreicher verlaufen (EBV, CMV, Toxoplas mose). Auch andere Erkrankungen können k li nisch wie eine Lymphknotenschwellung imponiere n , z . B . Parotitis b e i M umps, Halszysten , Halsrippen, zystische Hygrome, Hämangiome, Laryngozelen, Dermoidzysten , Wei chteilsarkome und Leisten brüche. Die Abbildung 83 . 1 gibt eine Ü bersicht über das rationelle diagnostische Vorgehen.
5 Tage, KawasakiKonjunktivitis, Muko- Syndrom sitis, Palmarexanthem, generalisiertes Exanthem
Echokardiographie (Perikarditis während akuter Erkrankung, Koronaraneurysmen nach ca. 2 Wochen)
ja
nein
ja
mesenterial, im Ultraschall sichtbar
Enterokolitis, Pseudoappendizitis
Yersinia enterocolica
Stuhlkultur, Serologie
meist geiegentlieh
ja
schnelles Wachstum, kaum verschiebbar
" B-Symptomatik"
Non-HodgkinLymphom
Röntgen Thorax (mediastinale Lymphome, Pleuraerguss), Histologie
meist nein
nein
indolent, protrahiertes Wachstum, kaum verschieblieh
" B-Symptomatik"
Morbus Hodgkin
Röntgen Thorax (Mediastinalverbreiterung), Lymph knotenhistologie
nein
nein
meist subakuter Verlauf
meist keine
atypische Mykobakterien
Tuberkulin-lntrakutantest, Kultur (Punktate, Exzisate), Histologie
meist nein
nein
meist zervikal, in 83% multilokulär, indolent
gelegentlich über Monate: Leistungsknick, Fieber, Kopfschmerzen
Toxoplasmose
Serologie (Sabin-Feldman-Test, Komplementfixation, lg M- I FA}, nur im Zweifelsfall Histologie
meist
492
Bartonella henslae (Katzen kratzkrankheit)
Katzen- oder Hundekontakt, Serologie, nur im Zweifelsfall Histologie (granulomatöse Entzündung)
---- 83 Lym phknotenvergrößerung
Differenzialdiagnose der gelegentlich auftretenden Ursachen einer Lymphknotenschwellung LymphknotenBegl eitUrsache Abklärung lung Beginn? schwel siloekartl?i- lEontzkalüen- akuter symptome zeichen?
(Fortsetzung)
dungs-
meist nein
nein
meist zervikal, chronisch, nicht versch iebl ich , gelegentlich Fistelbildung
kaum Begleitsymptome
Lymphknotentuberkulose
lntrakutantest, Histologie
humanes Herpesvirus 6
im Zweifelsfall Serologie
nein
nein
ja
zervikal und okzipital
D reitagefieber, Exanthem
nein
nein
ja
generalisiert, akut, indolent
Leistu ngsknick, Leukämie Hepatosplenomegalie, Blutungszeichen
Blutbild (Zytopenie � 2 Zel lreihen), Knochenmarkzytologie
nein
nein
ja
generalisiert
Mononukleoseähnlich
Serologie, C MV-pp65-AG und PCR im Urin
Zytomegalie
Differenzialdiagnose der seltenen Ursachen einer Lymphknotenschwellung BegleitUrsache Elontzkalüen- akuter lung symptome Beginn? scLymphwelhknotensiloekalrt?i- dungszeichen? -
-
Abklärung -
ja
ja
ja
axillär oder inguinal
Fieber, Ü belkeit, meist Ulzeration an Eintrittspforte
Tularämie (Hasenpest)
Kontakt zu Nagern, Serologie, Kultur (Eiter, Lymph knoten, Bl ut)
ja
ja
ja
inguinal, gelegentlich axillär, schmerzhaft
septisches Fieber
Yersinia pestis (Beulenpest)
Serologie, Kultur (Blut, Gewebe)
ja
ja
meist
meist submandibulär, variabel schmerzhafte brettharte Induration, Fistelgänge
ja
meist
ja
Lokalisation je nach Impfung
ja
nein
nein
ja
nein
ja
Akti nomykose
Mikroskopie (Sekret oder Gewebe), anaerobe Kultur (Sekret oder Gewebe)
keine
BCG-Im pfung
lmpfanamnese, Kultur (Abstrich, Punktat)
zervikal, subakut, indolent, wenig verschieblieh
behinderte Nasenatmung, Schluckbeschwerden
Na sopharyngealkarzinom
HNO-Status, M RT, Histologie
zervikal, einseitig, schmerzlos
Fieber, Ü belkeit, Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Arthralgien, Hepatosplenomegal ie
nekrotisierende Lymphadenitis (KikuchiFujimoto)
Histologie
CJ .r:::. ()
Histologie am Biopsat Sinushistiozytose (Rosai-Dorfman)
Fieber, Gewichtsausgedehnt zervikal, verlust, Gelenkmeist bilateral, schmerzlos, im Verlauf beschwerden wechselnde Größe, sei bstl i mitierend
meist mög lich
nein
inguinal, gelegentlich auch generalisiert
Ulkus, Aussch lag , Allgemeinsymptome
meist nein
ja
zervikal oder axillär
u ndulierendes Fieber, Brucellose (Maltafieber) Leistungsknick, Hepatosplenomegalie, Blutungsneigung, Blutbildveränderungen, purulente Arthritiden
nein
$
+-'
nein
ja
..c
Syphilis Stadium 2
::::s
cc
Serologie (VDRL, FTA-ABS, TP- PA) Serologie, Kultur (Blut, Knochenmark, Eiter)
493
1-
..0 CL>
�
CL>
0
CL> .!: (,)
Cf)
+-'
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E >-. "0 c :::J +-'
::J CO
495
K
L Endokri ne Störu ngen 84
Proportion ierter Kleinwuchs M ichael
Symptombeschreibung
Ein Kleinwuchs besteht, wenn die Körpergröße, d . h . die im Stehen gemessene Körperhöhe, bezo gen auf das Lebensalter, unter der 3 . Perzentile (bzw. < M ittelwert minus 2 Standardabweichun gen) liegt (vor dem 2. Lebensjahr wird die Körper länge im Liegen gemessen) . I m eigentlichen Sinne wird der dynamische Wachstumsprozess durch die Wachstumsge schwindigkeit gekennzeichnet , die sich durch zwei M essungen - in zeitlichem Abstand - errechnen lässt. Dieser Abstand wird von der Wachstumsrate und der Genauigkeit des Messgeräts bestimmt und sollte im Kindesalter (6-) 1 2 Monate betragen. Pa thologisches Wachstum kann durch eine verlang samte (< 25. Perzentile) Wachstumsgeschwindig keit bei noch normaler Körpergröße angezeigt werden. Ü b licherweise beschränken sich anthropometri sche Messungen in der Praxis auf die Messung der Größe, des Gewichts und des Kopfumfangs. Sitz höhe und Spannweite sind aber l eicht zu erheben de Parameter, die im Vergleich zur Altersnorm Hinweise auf die Körperproportionen geben, wel che (s. Kap . 107) von differenzialdiagn ostischer Bedeutung sind. I n einem G rö ßenbereich von 90-1 40 cm besteht eine etwa lineare Beziehung zwischen Körperhöhe und Sitzgröße: Sitzgröße
=
16
+
0,42 x Körpergröße (± 3,5 cm)
Die G liederung von Kleinwuchs in Formen mit proportioniertem bzw. dysproportioniertem (s. Kap. 1 07) Wuchs entspricht klinischer Gepflo genheit, ohne einer ätiologischen oder pathogene tisehen Systematik zu entsprechen (Tab. 84. 1 ) . U m Abweichungen von Wachstumsparametern außerhalb der üblichen Perzentilenbereiche nume risch exakt und im Verlauf vergleichend beschrei ben zu können, können die Maße in Form des Standard Deviation Score (SOS, z-Score) ausge drückt werden: SOS
=
Patientenmaß - Altersmittel der Population Standardabwei chung des Altersmittels der Population
Ein SOS-Wert der G röße (Länge) von < -2,0 indi zieit IUeinwuchs. In Tabelle 84 . 1 sind d i e Ursachen für Klein wuchs aufgeführt.
B . Ran ke
Tabelle 84.1 primärer •
•
•
•
•
• •
U rsachen des Kleinwuchses.
Kleinwuchs idiopathischer Kleinwuchs (familiärer Kleinwuchs, konstitutionelle Entwicklungsverzögerung)* intrauterin erworbener Kleinwuchs (fetale Infektionen, Mangelernährung)* Chromosomenanomalien (UIIrich-Turner-Syndrom. Down-Syndrom)* Skelettanomalien (Myelozele, Blockwirbell Skelettdysplasien (Achondroplasie, Osteogenesis imperfecta) Kleinwuchssyndrome (Silver-Russeii-Syndrom)* Knochenstoffwechselstörungen (Mukopoly saccharidosen)
sekundärer Kleinwuchs •
Mangel- und Fehlernährung* hormonelle Störungen (STH-Mangel, Hypothyreose, Glukokortikoidexzeß)* • chronische Organerkrankungen* • psychosoziale Deprivation* • metabolische Störungen des Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsels •
• =
meist proportionierter Wuchs
Rationelle Diagnostik
Die essentielle Diagnostik des Wachstums setzt ein geeignetes Instrumentarium zur Messung, klini sche Sorgfalt und moderne, pop ulati onsspezifi sche Normwerte voraus, welche sowohl in Form von Perzentilenkurven als auch als Zahlentabellen vorliegen sollten. Anamnese
Die Dokumentation der Neugeborenenuntersu chung (U l ) schließt A ngaben zum Gestatio nsal tel; zum Gewich t und zur Länge ein, was erlaubt, festzustellen, ob ein Kind n ormal- oder unter maßig zur Welt kam. Untermaßigkeit bei G eburt kann Hinweis auf eine bereits intrauterin begonnene, primäre Wachstumsstörung sein. Zwischen Geburtslänge und -gewicht können Diskrepanzen bestehen . D i e Länge ist a l s das spezifischere Maß für das Wac hstum anzusehen. Allerdings ist die Länge das praktisch weniger präzise erhobene Maß, weshalb das Geburtsgewicht als I ndikator gelten kann .
c Cl> rn c ::J :....
:0 ......
cn Cl> c ·� .::s:. 0 "'0 c w
497
l
84 Proportionierter Kleinwuchs -----
N ormales Wachstum ist i n Ausmaß und Tempo Dauer des Wachstumsprozesses bis zum Errei chen der Erwachsenengröße) multigenetisch de terminiert. Man geht davon aus, dass sich das ver erbte Wachstumspotenzial i n der Elterngröße aus drückt und von beiden E ltern zu gleichen Teilen vererbt wird. Die Messu ng der Körpergröße (bei gezieltem Verdacht M essung weiterer Körper maße) beider Eltern ist somit essentieller Tei l der Diagnostik. Die mittlere fam iliäre Zielgröße berechnet sich nach der vereinfachten Formel: (
mittlere Zielgröße (cm)
= [Größe Vater (cm) + Größe Mutter (cm) ] : 2 - 1 3 cm (Mädchen) I + 13 cm (Jungen)
Zwei Standardabweichungen der mittleren Ziel größe betragen 1 0,8 cm (Jungen) bzw. 8,4 cm ( Mädchen ) , was es erlaubt, den fam iliären Zielbe reich (cm) zu berechnen. Zur exakten Feststell ung, ob ein Kind i m fa milientypischen Bereic h wächst , ist die Um formung der Größe bzw. der Länge in S D S er forderlich. Der statistisch untere Gre nzwert er rechnet sich so: elternspezifische Körpergröße( -länge) (SDS]
=
(0,5 x Größe Vater [SDS] + Größe Mutter (SDS] : 1 ,6 1 ) - 1 ,73
Sind Elternteile selbst sehr klei n , so sollte eine do minant vererbte Wachstumsstörung ausgeschlos sen werden . Angaben über den Zeitpunkt der Pu bertät bei Eltern und Geschwistern (z.B. Alter bei M enarche) können H i nweise auf das fami lientypi sche Entwicklungstempo geben. Spezifische Untersuchungen
Die Differenzialdiagnose ist üblicherweise ein schrittweiser Prozess, in dem Befunde mit dem kli nischen Bild abgeglichen werden. Häufig wird diese Vorgehensweise jedoch durch zeitliche Beschrän kungen und andere Gründe behindert, und der Arzt ist gezwungen, in gewissem Umfang eine umfassen de initiale D iagnostik durchzuführen. Klinische Untersuchung
498
Klinisch-chemische Untersuchungen
=
Wac hstum ist ein Symptom. Bei Wachstumsstö rungen im e ngeren Sinne ist vermindertes (bzw. vermehrtes; s . Kap . 85) Wachstum das Leitsym ptom. Somit schließt die Diagnostik neben einer breiten Anamnese und anthropometrischen Mes sungen immer eine komplette klinische Untersu chung nach allgemeinen pädiatrischen und ent wicklungs neurologischen Gesichtspunkten ein. Wegen der engen Bezieh ung zwischen Wachstum und Sexualsteraiden ist Pubertätsmerkmalen eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Allgemeine klinisch-chemische U ntersuchungen dienen vorwiegen d dazu, okkulte organische oder systemische Störungen zu demaskiere n . Der Um fang der Untersuchungen kann sich im Vorfeld der Diagnostik in der Regel auf ein begrenztes Arsenal beschränken ( BSG, rotes und weißes Blutbild, Ge samteiweiß, Elektrolyte, Kreatinin, Transamina sen, alkalische Phosphatase, Gliadin-Antikörper) und dann entsprechend der eingegrenzten Dia gnose vertieft werden. Hormonelle Parameter dienen initial dazu, be stimmte D iagnosen auszuschließen. Zur Siche rung einer D iagnose m üssen häufig komplexe Untersuchungen vom Fachmann durchgeführt werden . Eine Hypothyreose kann mit hinreichen der Wahrscheinli chkeit ausgeschlossen werden , wenn Thyroxin (T4) und TS H im Serum normal sind. Ebenso ist ein Wachstumshormonmangel un wahrscheinlich, wenn I GF-I und I G FBP-3 im Se rum völlig normal sind. Erhöhte basale Gonado tropine im Blut deuten auf Störungen mit primä rem Hypogonadismus hin. Humangenetische Untersuchungen sind h eute in großer Vielfalt möglich: • Chromosomenanalyse mit und ohne Bandenfärbung • Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) • molekulargenetische Techniken. Da sie aufwendig und teuer sind, ste l lt sich die Frage nach dem Zeitpunkt ihres Einsatzes in der Sequenz der Untersuchungen. Die Chromosomen analyse ist bei kleinwüchsigen Kindern mit i ntra uteriner Wachstumsretardierung, dysmorphen Stigmata, M i krozephalie und mentaler Retardie rung als ein früher diagn ostischer Schritt ange zeigt. M olekulargen etische Techniken k ommen meist erst zum Tragen, um eine anderweitig ge stellte Diagnose zu sichern. Wäh rend die konventionelle Röntgendiagno stik des Skeletts bei der Diagnostik der Wachs tumsstörung mit Dysproportionierung eine zentra le Rolle spielt, beschränkt sie sich beim proportio nierten Kleinwuchs in der Regel zunächst auf das Röntgen der (ganzen) linken Hand. Diese U nter suchung erlaubt Einblicke in die Knochenstruktur und die Bestimmung der Knochenreife, die in das sog. Knochenalter transformieti wird. Die Bestimmung des Knochenalters ist eine sub jektive Methode, die in geübte Hände gehört und der kritischen Interpretation im Rahmen des klini schen Gesamtbilds bedarf. Es muss auch berück sichtigt werden, dass das Knochenalter eine be stimmte Varianz hat, so wie jeder biologische Para meter, und dass kleine Kinder derselben Alters gruppe stets niedere Knochenalter haben . Wei tere bildgebende Verfahren (Sonographie, CT, M RT) ergänzen die Diagn ostik, steh en aber
----- 84 für die Diagnosestellung nicht i mmer im Vorder grund. Besondere Hinweise
Die Differenzialdiagnose des Kleinwuchses ist i n Form eines Flussschemas in Abbildung 84. 1 darge-
Kleinwuchs
Anomalien Fehlbildungen Dysproportio nierung
auxologische Diagnostik: Größe < 3. Perzentile
BB, BSG, Fe, Elektrolyte, Kreati nin, GOT, G PT, y-GT, AP, Gliadin-Ak, endomysiale Ak, Urinstatus, T4, TSH, freies Korlisol im Urin
t
patho- .. logisch
• chromosomale Anomalien • Skelettdysplasien u.a. (s. Kap. 1 07)
organ ische Störungen
normal
normal �
erniedrigt
'
• idiopathischer Kleinwuchs - familiärer Kleinwuchs - nicht1amiliärer Kleinwuchs • intrauteriner Kleinwuchs
stellt. Obwoh l Flussschemata einen hohen didak tischen Wert haben und wegen ihrer Ü bersicht lichkeit geschätzt werden, ist eine Anmerkung n ot wendig: Einde utige D iagnosen können immer dann gestellt werden, wenn es für die j eweilige Er krankung einen Parameter mit sehr hoher Sensiti vität (definiert die kranke Gruppe richtig) und Spezifität ( definiert die gesunde Gruppe richtig) gibt. Dies ist in der Medizin nur selten der Fall. Bei quantitativen Parametern ergibt sich schon durch die Definition des Normalbereichs, dass ein Para meter bei einem Tei l der gesunden Population aus G ründen der normalen Varianz, des Zufalls oder aus methodischen G ründen im als nicht normal defi nierten Bereic h l iegen kann. Flussschemata haben den inhärenten Mangel, dass den i nitialen D iskriminatoren große Bedeutung zukommt, da sie den d iagnostischen Pfad in eine bestimmte Richtung zwingen. Nicht alle initialen Parameter haben aber eine große Sensitivität und Spezifität. Es ist daher oft sinnvoll, bei initialen quantitativen Parametern Grenzwerte (cut-offs) nicht so eng zu setze n , um einen Fehler 1 . Ordnung (falsch negati ve Zuordnung) zu vermeiden. D i e Problematik wird bei der D iagnostik von E rkrankten ohne pathognomonische Parameter häufig durc h Punktesysteme (Scores) vermieden , welche j edoch andere, nicht minder relevante S chwächen haben können. Es ist auch zu berücksichtigen, dass man che Diagnosen (z. B . i diopathischer Kleinwuchs , intrauteriner Kleinwuchs) nicht positiv, sondern nur durch Aussch l uss anderer spezifischer Dia gnosen definiert werden können. 1
2
Wachstumshormon-
2
3 4
cm 200
normal
t
Spontansek retion des Wachstumshormons
•
+
erhöht
t
erniedrigt
normal
t
Abb.
84.1
'
5
6
7
8
9 1 0 1 1 12 13 14 15 16 1 7 1 8
cm 200
1 90
1 90
1 80
B
1 60
IGF-Generationslest, Wachstumshormon-Bindungsp rotein Molekulargenetik
1 50 1 40 1 30
•
1 20
1 20
110
110
1 00
WachstumshormonResistenz
"klassischer Wachstumshormon-Mangel"
t
MRT
evtl. GHR H-Test Molekulargenetik
c (]) 0) c :::J �
1 70
erniedrigt
neurosekretorische Dysfu n ktion
Proportionierter Kleinwuchs
:Q ..... cn Q) c " i:: � 0 "'0
c w
1 00 90
90
' '
: : ' ; : : : · · :-··· : ··-·: ·-·: ··- :· ·- r ·- r ·-: ···-;·
80 70 1
2
3 4
5
6
7
8
' .
80 7o
9 1 0 1 1 12 1 3 14 15 16 1 7 1 8
Alter (Jahre)
Wachstumsch arakteristik bei (A) familiä rem Kleinwuchs, (8) Entwicklungsverzögerung und (C) Wachstumshormonmangel. Abb. 84.2
4 99
l
84 Proportionierter Kleinwuchs
------
Hinweise auf besondere Kleinwuchsformen Idiopathischer Kleinwuchs
Der idi opathische Kleinwuchs stellt eine Aus schlussdiagnose dar. Minimalkriterien sind: • normale Geburtsmaße • normale Proportionen • keine organische Erkra nku n g • normale Ernährung • normale emotionale Situation • keine hormonelle Störung.
a
d
Abb. 84.3 500
b
e
Erkrankungen/Syndrome, d ie a) Morbus Down b) Wachstumshormonmangel c) Prader-Wil li-Syndrom
Das Tempo des Wachstums kann normal oder ver zögert sein. Wenn die Größe eines kleinwüchsigen Kindes innerhalb der familientypischen Norm liegt, k a n n ein familiärer Kleinwuchs angenommen werden. In den übrigen Fällen ist der idiopathische Kleinwuchs nicht familiär. Durch den zeitgemä ßen bzw. verspäteten Eintritt der Pubertät können die beiden Untergruppen weiter unterteilt werden. Die sogenannte konstitutionelle Entwicklungsver zögerung ist eine Sonderform des idiopathischen Kleinwuchses, die allerdings vor dem Pubertäts alter nur vermutet werden kann (Abb . 84.2) .
c
f mit Kleinwuchs assoziiert sind (a-0 . d) Achondroplasie e) Ullrich-Turner-Syndrom f) Noonan -Syndrom
----
Intrauteriner Kleinwuchs
Der Begriff intrauteriner Kleinwuchs wird deskrip tiv für eine Gruppe von IGn dern benutzt, die bei Geburt zu klein (zu leicht und/oder zu klein) für das Gestationsalter waren und postnatal zu klein bleiben . Darüber hinaus ist keine eindeutige Ätio logie oder Pathogenese des Kleinwuchses be kannt. Mit zunehmender Fähigkeit, die Ursachen des Kleinwuchses bei d ieser Gruppe zu deuten , wird dieser beschreibende Terminus einer exakten D iagnose weichen. Wach stumshormonmangel
Der Wachstumshormonmangel ist e i n ätiologisch und pathogenetisch heterogenes Krankheitsbild, das sowohl durch eine vermi n derte Seluetion des Wachstumshormons (GH growth hormone) als auch durch eine verminderte Wirkung des GH ge kennzeichnet ist. Unabhängig von der Ebene der Störung - vermin derte G H -Sekretion , vermin derte Wirlmng des G H (GH-Resistenz), vermin d erte Wirkung der G H -abhängigen H o rmone bestehen ein progredienter, proportionierter Klein wuchs sowie charakteri stische klinische M erk male (relativ normaler H i rnschädel, Akromikrie, leichte Adipositas, verminderte M uskelmasse, Ent wicklungsverzögerung). D ie Diagnostik des G H Mangels erfolgt schrittweise (s. Abb. 84. 1 ) : • Zunächst werden bei klinischem Verdacht die vom GH a b hängigen Hormone ( l nsuli n-like Growth Factor-1 [IGF-1] , IGF-Binding Protein-3 [IGFBP -3] ) im B lut gemessen. Sind d iese (evtl. wiederholt) normal , ist ein GH-Mangel weitestge hend ausgeschlossen. • Danach wird die GH-Sekretion untersucht, was durch Stimulationstests (insulininduzierte Hypo glykämie, Arginin) oder durch Untersuchung der spontanen GH-Sekretion erfolgen kann. Als Kri=
84 Proportionierter Kleinwuchs
terium für Stimulationstests wird die maximal ge messene G H -Konzentration gewertet, wobei d i e D iagnose d e s "klassischen" G H - M a ngels G H Konzentrati onen von < 8 f.lg/1 ( Ri chtlinie) i n zwei Tests voraussetzt. U ntersuchung und Bewert u ng der Spontansekretion sind weniger standardisiert und komplex. Bei verminderter Spontansekretion u n d n ormaler G H -Antwort i n Stimulationstests liegt die sog. neurosekretorische Dysfunktion vor. Die Bewertung der Ergebnisse zur Abgrenzung zwischen normal und pathologisch ist insgesamt schwierig, da die Übergänge mit Ausnahme bei Gendefekten und Läsionen i m Bereich des Hypo thalamus oder der Hypophyse fließend sind. Ist de r G H-Mangel funktionell nachgewiesen, erfolgt die weitere Klärung der Ursachen. Eine Darstel lung der Hypophysenregion durch die sog. M a gnetresonanztomographie ( M RT) i st bei jedem nachgewiesenen G H -Mangel angezeigt. Ebenso ist es erforderlich , den Ausfall anderer hypophysärer H ormone (TS H , ACTH, Gonadotropine, Prolak tin) auszuschließen. Die Diagnostik kann bei kom p l exen Störungen der G H -Achse ( z . B . G H -Resi stenz) weitere Verfahren - z.B. I GF-Generations test ( M essung des IGF-I / I G FBP-3-Anstiegs nach Kurzzeitexposition mit G H ) , M olekulargeneti k einschließen. Das gilt auch für das seltene Krank heitsbild des bioinal c :::J :I...
:Q .....
Cf) Q) c
Differenzialdiagnostische Tabellen
Differenzialdiagnose des K leinwuchses -primärer Kleinwuchs htssierung weiterführende Nebenbefunde Verdac Charakteri des Hauptsymptoms diagnosen Kleinwuchs und Skelettveränderungen
Dysproportion ierung
Skelettdysplasien
Achondroplasie Hypochondroplasie Frakturen
Dysostosis multiplex Kleinwuchs und Stoffwechselstörungen • psychomotorische Retard ierung • Hornhau ttrübung
Osteogenesis imperiecta
:I...
Bestätigung der Diagnose
.:::t:. 0 ""0 c UJ
Röntgen von Becken, Wirbelsäule, Unterschenkel; Molekulargenetik des FGFR3 Molekulargenetik von Kollagen
Mukopolysaccharidosen
M. Hurler
Mukopolysaccharide im Urin
501
L
85 Hochwuchs
__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
Differenzialdiagnose des Kleinwuchses- primärer Kleinwuchs �des �harakteri sierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen HauptsymRtoms
(Fortsetzung)
Kleinwuchs und Chromosomenanomalien
• Aspekt • psychomotorische •
M . Down
Chromosomen (Trisomie 21 )
Aspekt
Ullrich-Turner-Syndrom
Karyotyp 45,X und Varianten
Untermaßigkeit bei Geburt trianguläres Gesicht Körperasymmetrie
Silver-Russeii-Syndrom nur klinisch uniparentale Disomie 7 (1 0%)
Retard ierung
• Gonadendysgenesie Kleinwuchssyndrome
• • •
• Gedeihstörung im 1 . Lebensjahr Prader-Will i-Syndrom • •
Adipositas mentale Retardierung
Differenzialdiagnose des Kleinwuchses-sekundärer Kleinwuchs charakteri sierung weiterführende Nebenbefunde VerdachtsHauptsvmJ)toms diagnosen I r,des Kleinwuchs und V.a. chronische Organerkrankung
Kleinwuchs und V.a. hormonelle Störung
Kleinwuchs ohne weitere somatische Hinweise
Bestätigung der Diagnose l
Defekt Chromosom 1 5g 1 1 -1 5, uniparentale Disomie 1 5
Hypertonus
Niereninsuffizienz
Bestätigung der Diagnose l
Anämie
M. Crohn
Endoskopie, Biopsie
Anämie
Zöliakie
Gliadinanti körper, Biopsie
Kreatinin, Clearance, Bildgebung
Kropf Hypothyreose Sonographiemuster der Schilddrüse
Erniedrigung der Schilddrüsenhormone im Serum
Akromikrie Hypoglykämie
STH-Mangel
verminderte STH(GH)Sekretion
Stammfettsucht Hypertonus
Hyperkortisol ismus
vermehrte Kortisolproduktion
Verhaltensstörung
psychosoziale Deprivation
Wachstum bei Milieuwechsel
85 Hochwuchs J ü rgen H .
502
Der H ochw uchs ist defin iert als eine Körp er l änge/ Körp erhöh e, die oberh alb der alters a zweif der oder le nti e rz Pe entsp rech e nden 9 7 . chen positi ven Standa rd abw e ich u ng g e s u n der Kinder gleichen Alters liegt. Der Hochwuchs kann entweder eine Normvari ante sein oder pathologische Ursachen haben. Für die Einordnung von Normvarianten oder patholo gischen Ursachen des H ochwuchses m üssen die zwei Parameter Körperh öhe u n d Wac h. s t u msgesch.windigkeit erfasst werden .
Brämswig
In Abh ä ngigkeit von d er Wachstumsgesc hwin d igkeit können N ormvarianten von pathol ogi s chen U rsachen des Hochwuchses abgegrenzt werden (Abb. 85 . 1 ). Defi nitionsgemäß liegt eine normale Wachstumsgeschwindigkeit zwischen der 2 5 . und 7 5 . Perzentile und eine pathologische oberhalb der 7 5 . Perzentile der Wachstumsge schwindigkeitskurve. In diesem Sinne stellt der familiäre Hochwuchs eine Normvariante der Körperhöhe mit normaler Wachstumsgeschwin d igkeit d a r. K i n d er und Ju gendliche mit einer konstitutionellen Beschleuni gung von Wa c hstum und Pubertät ( Früh en twick "
----
85 Hochwuchs
Hochwuchs
Wachstumsrate 25.-75. Perzentile
I
Normvariante z.B. familiärer Hochwuchs
Abb. 85.1
pathologische Ursachen z.B. Solos-Syndrom
Wachstumsrate >
75. Perzentile
Normvariante z.B. "Frühentwickler"
I
pathologische Ursachen z.B. adrenogenitales Syndrom
Differenzialdiagnose des Hochwuchses bei Kindern mit normaler oder pathologischer Wachstumsrate.
ler") können, müssen aber nicht h ochwüchsig sein. I hre Wachstumsgeschwindigkeit ist nur zeitweise, und zwar vor dem normalerwei se einsetzenden pubertären Wachstumsschub, beschleunigt. And ererseits haben pathologische, meist syn dromale U rsachen des H ochwuchses wie das So tos- oder M arfan-Syndrom eine n ormale Wachs tumsgeschwindigkeit I m Gegensatz dazu liegt bei Kinder n mit ei ner Pubertas praecox o der einem adrenogenitalen Syn dro m eine patho l ogische Wachstumsgeschwindigkeit vor. Unbehandelt füh ren diese Wachstumsstörungen fast i mmer zu e i n e m H o chwuchs, der später wegen der d e ut lichen überproportionalen Skelettreifung i n einen echten oder, bezogen auf die Zielgröße der Eltern, relativen Kleinwuchs mündet.
Dokumentation der Körperhöhe und des Wachstumsverlaufes
Als N o rmwerte für die Körperh ö h e und d i e Wachstumsgeschwindigkeit liegen Meßdaten und Perzentilenkurven der Bonn-Dortmunder Wachs tumsstudie von Brandt und Reinken, der Wachs tumsstudie von H esse und Daten der 1 . Züricher l ongitudin alen Wachstumsstudie von Prader und Largo vor. Der auxologische Parameter für die Defi nition eines Hoch wuchses ist d i e Körperlänge/Körper höhe . Die Körperlänge/ Körperhöhe eines hoch wüchsigen Kindes liegt defin itionsgemäß oberhalb der 97. Perzentile oder der zweifachen positiven Standardabweichung (> + 2 SDS, standard devia tion score) . D i e Körperh öhen n o rmal gro ßer u n d h o c h wüchsiger Ju ngen u n d M äd chen können der Ta-
belle 85 . 1 e ntnommen werden. Die Angaben mit den M ittelwerten , der einfachen Standardab weichung und den M ittelwerten plus der zwei fa chen Standard abweichung beziehen sich auf die D o rtmunder Wachstumsstudie von Bra n dt u n d Reinken. J ungen u n d Mäd chen sind hoch wüchsig, wenn i h re Körperhöhe d e n Wert der zwei fachen Stand ardabweic h u ng überschre itet ( z . B . > 1 92 , 7 cm für Jungen im A lter von 18 Jah ren ) . F ü r d i e Dokume ntation des Wachstums muss die Wa chstu msgeschwindigkeit bere c hnet wer den. Diese wird i n cm/Jahr angegeben und aus M es sungen der Körperhöhe über einen Zeitraum von wenigstens 1 2 M onaten ermittelt. Die Grenzen der c n ormalen Wachstumsgeschwindigkeit sind n icht Q) die 3 . und 97. Perzentile bzw. d ie einfache Stan 0> c dardabweichung, sondern die 25. und 75. Perzen :::::s !..... tile, wenn l angfristig ein normales, perzenti l e n :Q paralleles Wachstum beibehalten werden soll. Eine +"" k o n stante Wa chstumsgeschwindigkeit oberhalb (/) der 75. Perzentile führt immer zu einem H o ch Q) c wuchs. Die M ittelwerte, d ie einfache Standardab • t: weichung und die M ittelwerte plus der einfachen ..:::t:. Standardabweichung der Wachstumsgeschwind ig 0 keit der 1 . Züricher longitudinalen Wachstumsstu "'C c die nach Prader und Largo enthält die Tabelle 85.2. Wachstumsgeschwindigkeiten größer als die + 1 w SO-Angabe oder "" 75. Perzentile sind auffallen d u n d bedürfen, wen n sie über einen längeren Zeitraum beibehalten werden, der diagnostischen Ab klärung (Beispiel : Alter 4,5 Jahre, Wachstumsge schwindigkeit + 1 SO zwischen dem 4. und 5. Le bensjahr ist 7,38 c m ) . Für die initiale Diagnostik eines h ochwüchsigen Kindes i st nicht nur d i e exakte Messung der a k tuellen Körperhöhe erforderli ch , sondern auch die Erfassung früh ere r Körperlängen/ Körperh öhen, 503
L
85 Hochwuchs
Tabelle 2 Jungen JaAl0,ther0re 2,1,00 4,5,00 9,10,8,000 11,12,00 13,14,00 15,16,00 17,18,00
Körperhöhen von Jungen und Mädchen der verschiedenen Altersgruppen nach den U ntersuchungen 85.1 von Brandt und Reinken. Mittelwerte, Standardabweichun g (SO) und M ittelwerte plus zweifacher Standardabweichun g ( SO). Alle Angaben in Zentimeter (cm).
Körperlänget-höhe MittelwertBrandt/Reinken 81,99 76,88,51 2,2,79 93, 105, 1 98,33 4,3,04 113, 3 105, 119,90 112, 1 3,4,39 127, 118, 4 134, 93 125, 1 4,5,29 141, 130, 9 147, 5 136, 54 5,5,59 141, 153, 2 146, 1 6,4 158, 93 150, 7 165, 158, 1 8,8,71 174,36 165, 2 182, 172, 1 7,6,87 187, 5 176, 8 190, 4 178, 192, 179,89 6,6,47 1 ,27
Körperlänget-höhe Mädchen AlJatherre Mittelwert Brandt/Reinken 0,1,00 2,3,30 94,78,48 2,3,00 87,96,74,888 07 3,4,61 104, 112, 104, 5 4,5,00 71 111 '19 4,4,36 119, 126, 117, 93 7,8,00 124, 77 4,4,86 132, 140, 130, 1 135, 9 5,5,51 146, 152, 6 10,11,9,000 141, 6 31 6,81 159, 147,51 167, 6, 153, 12,13,00 21 159, 07 6,5,67 172, 173, 161, 14,15,00 1 165, 70 5,5,21 176, 176, 2 16,17,00 166, 166, 177,28 18,0 167,08 5,5,01 176,
Tabelle Jungen Wachstumsgeschwindigkeit Alter Mittelwert Prader/Largo Jahre 2,3,5500 9,3610 1,1,3271 10,8,8672 7, 6,6,0585 0,0,8893 6,7,3987 5,6,4,555000 6,6,0202 0,0,8749 6,7,8041 7,8,5500 4,4,5,985266 0,0,1,707337 6,5,5,827935 9,50 10,11,2755 4,5,5,340874 1,1,1,226698 6,7,5,361 507 11,12,7255 9,7,9,221 990 6,6,5,942267 2,,647 12,13,2755 9,84 7,6,7,650728 2,2,,6350 9,9,5298 14,13,14,727555 4,4,4946 2,2,9494 7,6,9930 15,15,2550 3,2,5921 2,2,51 48 4,6,4696 15,16,7255 2,2, 01 81 1,1,6704 3,3,8685 16,16,5705 1,89 0,0,0,385821 0,0,1,450815 0,1,860 18,19,17,555000
1 Mädchen Wachstumsgeschwindigkeit AlJahre ter Mittelwert Prader/Largo 9,7,4557 0,1,9253 10,8,4728 3,4,,55000 6,6,0785 0,091 6,7,9759 5,6,5500 7,8,5500 5,5,6,951 030 0,0,0,877667 6,6,6,962976 5,5,0077 0,1,9482 6,6,0459 10,9,5205 1,61 6,6,9697 11,11,2755 7,7,7594 5,81 12,12,7255 1 6 13,13,2755 6,6,71 23 2,1,1,087466 8,7,7,394587 4,3,8830 2,43 6,23 14,15,7255 15,15,7505 1,1,1 '194637 2,3,3,978264 2,2,1,047355 1,91 25 1,'1206 2,1,2987 16,16,5205 0, 0,0,5238 0,0,4295 0,1,5023 16,17,5705 0, 1 8 0,0,21 99 0,0,4267 18,19,5500
3,0
6,0 7,0
SO
2 SO
7,3
92
so
2 SO
6,0
85.2 Wachstumsgeschwindigkeiten von Jungen und Mädchen der verschiedenen Altersgruppen nach den Untersuchungen der 1 . Züricher longitudinalen Wachstumsstudie von Prader und Largo. M ittelwerte, Standardabweichung (SO) und M ittelwerte plus einfacher Standardabweichung ( SD). Alle Angaben in Zentimeter (cm).
so
1 SO
1 0,25
2,02
23
2 2 2
0
504
so
2
1 SO
5
1, 0
1 0,75
5,06 5,29 5,83
1 ,70 1 ,73 ,9
5,29
1 4,25
2,28
1
0,07
7,1 1
85 Hochwuchs
------
z. B . aus dem Vorsorgeheft Diese Daten müssen zusammen mit den Körperhöhen der E ltern und Geschwister in die Perzentilenkurve der Körper höhe eingetragen werden. Abbildung 85.2 zeigt beispielhaft zusammen mit den Körperhöhen der Eltern die Körperhöhen und
den Wachstumsverlauf von 4 Kindern , dere n H o c hwuchs entweder a l s Normvariante ( Ab b . 8 5 . 2 a ) oder Pathologie der Körperhöhe (Abb. 85.2 b ) m it normaler Wachstumsgeschwindigkeit oder als N armvariante (Abb . 85.2 c) oder Pathologie der Wachstumsgeschwindigkeit (Abb. 85.2 d) mit
a Normvariante der Körperhöhe (familiärer Hochwuchs)
b Pathologie der Körperhöhe (z. B. Sotos-Syndrom) Jahre 1 2
cm
100 180
.
160
..
150
.
140 130 120
110
100 90 110 10
60
.
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170
3
.
4
.
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c Normvariante des Wachstums (konstitutionelle Beschleunigung von Wachstum
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12
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17 18 19 20
d Pathologie des Wachst u ms (z. B. Pubertas praecox)
und P u bertät) Jahre
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100
Abb. 85.2
Körperhöhen und Wachstumsverlauf bei Kindern m it Hochwuchs.
505
l
85 Hochwuchs ---assoziiertem H ochwuchs vorliegt. • Hochwuchs als N ormvariante der Körper höhe: Die Körperhöhen des Kindes, des Vaters und/oder der Mutter liegen oberhalb der 97. Per zentile. Die Wac hstumsgeschwin digkeit ist n or mal. Das Wachstum verläuft parallel zur 97. Per zentile. Diagnose: familiärer Hochwuchs. • H ochwuchs als Pathologie der Körperhöhe: Die Körperh ö h e des Kindes l iegt oberhalb der 97. Perzentile, die Eltern sind in der Regel normal gro ß . Die Wachstumsrate ist n ormal, die weitere klinische Unters u chung zeigt auffällige k örper liche Merkmale. Diagnose: z. B. Sotos- oder Mar fan-Syndro m . • Hochwuchs a l s Normvariante des Wachstums: Die Körperhöhe des Kindes liegt oberhalb der 97. Perzentile, die Eltern sind n ormal gro ß . Die Wachstumsgeschwindigkeit ist temporär beschleu n igt. Die Akzeleration des Wac h stums begin n t zeitlich v o r dem "normalen" Pubeitätswachstums schub (M ittelwert - 2 SD). Die klinische Untersu chung zeigt eine beginnende, früh normale Puber tät. D iagn ose: konstitutionelle Beschleunigung von Wachstum und Pubertät. • Hochwuchs als Patho logie des Wachstums: Die Körperhöhe des Kindes l iegt oberhalb der 97. Perzentile, die Eltern sind in der Regel normal groß. Die Wachstumsgesch windigkeit ist auffal lend beschleun igt. Nach einem mehrjährigen n or malen Wachstumsverlauf im Perzentilenbereich der elterlichen Zielgröße wird der normale Perzen tiJen here i ch verlassen : "Das Kind wächst zu schnell ." Weitere klinische u n d laborchemische Unte rsu ch ungen zur d i fferenzialdiagnostischen Abklärung sind auch vor dem Überschreiten der 97. Perzentile notwen dig. Diagnose: z . B. adreno genitales Syndrom, Pubertas praecox. In den meisten Fällen stellt der Hochwuchs eine Norm variante der Körperhöhe dar.
I
506
Die Definition "familiärer" Hochwuchs ver langt, dass die Körperh öhen des Vaters und/ oder der Mutter oberhalb der 97. Perzentile liegen.
Sind die Eltern normal groß, so ist nach Abklärung p atho logischer Ursachen des H o chwuchses v o n einem konstituti onellen", "nicht-famil iären" oder idiop �thischen" H ochwuchs auszugehen, der sei �e U rsache möglicherweise in der säkularen Zu nahme der Körperh öhe hat. Pa tho logische Formen des Hochwuchses sind eher selten. Sie liegen dann vor, wenn die mittlere Körperhöhe dieser Kinder außerhalb des N ormbe re iches liegt, z. B. das SDS der Körperh öhen von Kindern mit einem Soto s-Syn d rom ist 3 , 3 ± 1 , 3 5 SDS im Alter von 6 Jahren. Sie betreffen am häu figsten Syn d rome u nklarer Ätiologie (s. DD-Tab. ) . Fälschlicherweise wird auch einigen chromosoma-
len Erkra n k u ngen ( Kiinefelter-Syn drom) oder Stoffwechselstörungen ( Homozystinurie) ein obli gater H ochwuchs zugeschrieben. Die mittlere Kör perh öhe d ieser Patienten liegt zwar oberhalb des Mittelwertes der Kontrollgruppe, aber noch in de ren N ormbereich. Der Anteil H ochwüchsiger ist allerdings prozentual erhöht. Die k onstitu tionelle B esch leu n igung von Wachstum und Pubertät ist i mmer eine Normvari ante der Wa chstumsgeschwindigkeit. Sie ist n icht n otwendigerweise mit einem H ochwuchs assozi iert. Die Wachstumsgeschwindigkeit liegt aber vor übergehend oberhalb der 75. Perzentile und damit au ßerhalb des altersentsprechenden Referenzbe reiches. Mädchen haben ein Tan n e r-Stadi u m B 2 der Brustentwicklung v o r dem Alter v o n 8 , 5 J ah ren , J u ngen e i n H o d envolumen � 3 m l vor dem 10. Lebensjahr. Anamnestisch ist häufig ein früher Pubertätsein tritt der Eltern oder älteren Geschwister bekannt, z.B. M enarche der M utter mit 1 1 ,5 Jahren. E i n e pa tho logische B esch le u n ig u n g des Wachstums kann Symptom endokriner und o rga n ischer, nichtendokriner Erkrankungen sein, wie z. B. beim Adiposogigantismus.
I
Bei Kindern mit alimentärer Adipositas findet sich neben einer deutlichen Gewichtszunahme häufig auch eine Beschleunigung der Wachs tumsgeschwindigkeit
Der pathologische Wachstumsverlauf ist ein wich K ri te ri u m in der Differenzialdiagnose endo k riner Erkrank u n ge n , d i e mit einer verm e h rten Sekretion von Wachstumshormon, Schilddrüsen hormon, an drogener u n d östrogen er S ubstanzen einhergehen ( s . D D-Tab . ) . Spät diagnostiziert bzw. u nbehandelt führt die Wachstumsbeschleunigung zu einem temporären H ochwuchs, der in den fol genden Jahren durch die gleichzeitig beschleu nigte Skelettreifung einen relativen oder absol ute n Kleinwuchs verursachen kann. tiges
Körperliche Untersuchung
Die wichtigste körperliche Untersuchung ist die Bestim mung der Kö1·perh öh.e mit einem gee i c h ten, an der Wand befestigten Stadiometer. Zusätz lich sollten die Sitzhöhe, Unterlänge und A rm span nweite b estimmt werden , um körperliche Disproportionen zu erkennen. Die charakteristischen Merkmale der mit einem H ochwuchs assozi ierten Synd rome sind in d e n D D-Tabellen aufgefüh rt , die a u c h H i nweise a u f charakteristische körperliche Untersuchu ngsbe funde enthalten. Klinisch-chemische Untersuchungen
Die zur Abklärung pathol ogischer Wach stumsstö rungen n otwendigen klin isch-chemischen Unter-
------
such ungen werden bezüglich der Hyperthyreose, der Pubertas p raecox und Pseudopubertas p raecox in den jeweiligen Kapiteln diagnostisch und diffe renzialdiagnostisch abgehandelt (s. Kap . 86, 88) . Bei klinischem V. a. eine vermehrte Wachstums h ormonsekretion durch ein eosinophiles Adenom des Hyp ophysenvorderlappens sind die Seru m k onzen t rationen des I G F- 1 u nd I G FB P-3 als wachstumshormon ab hängige Parameter altersab hängig deutlich erhöht. I n der erweiterten Diagno stik müssen eine ora le G l u k o sebelastung mit Bestim m u ng des Wa chstumshormons, eine Ge sich tsfeldprüfung und eine bildgebende D iagno stik (Kernspintom ograp h ie der Hypo thala m us Hypophysen-R egion) durchgefü hrt werden. Bei fehlender Suppression des Wachstumshormons i n d e r oralen Glukosebelastung ist v o n einer patholo gisch vermehrten Sekretion des Wachstumshor mons auszugehen. Technische Untersuchungen
Zur Berechnung der voraussichtlichen Erwachse nengräße wird eine R ö n tgenaufnahme der linken
85 Hochwuchs
H a n d unter Einschluss des d istalen Drittels von Radius und U l na angefertigt. Die Bestimmung des Skelettalters erfolgt nach der Atlasmethode von Greulich-Pyle oder Tanner-Whitehouse. Die End größenprognose wird mit Hilfe der Tabellen von Bayley-Pinneau oder der Tan ner-White house-Me thode erstellt.
Besondere Hinweise
Die D iagnostik der verschiedenen Hochwuchsfor men m uss neben der aktuel len Körperhöhe vor allem den Wac hstumsverlauf berücksichtigen . I n diesem Sinne k a n n d e r H ochwuchs sowohl Norm variante und Pathologie der Körperhöhe mit nor maler Wachstumsgeschwindigkeit als auch N orm variante und Pathologie der Wachstumsgeschwin digkeit mit assoziiertem oder sich entwickelndem Hochwuchs darstellen.
I
Pathologisch veränderte Wachstumsgeschwin digkeiten sind häufig ein frühes Zeichen einer Endokrinopathie, so dass weitere diagnostische Maßnahmen indiziert sind.
Differenzialdiagnostische Tabellen
Differenzialdiagnose des Hochwuchses: Pathologie der Körperhöhe Verdachts�arakteri sierung weiterführende Nebenbefunde diagnose s Hauptsymptoms Hochwuchs, normale Wachstumsgeschwindigkeit
Hochwuchs (nicht obligat), normale Wachstumsgeschwindigkeit
Makrozephalus, hohe Stirn, Hypertelorismus, antimongoloide Lidspalte, hoher "gotischer" Gaumen, Störung der Fei nmotorik, leichte bis mäßige mentale Retardierung
Solos-Syndrom
Exomphalos, Makroglossie, Gigantismus (EMG-Syndrom); Hyperinsulinismus mit Hypoglykämien, charakteristische Ohrkerbe
BeckwithW ie de man nSyndrom
Makrozephalus, hohe Stirn, breite Nasenwurzel, prominentes, elongiertes Philtrum nasi, Retrogenie, weite distale Femora (Röntgenbefund), muskuläre Hyperton ie
Weaver-Syndrom
Pectus carinaturn oder excurvatum, positives Daumenzeichen, Ektopia lentis, Linsen(sub)luxation, Dilatation der Aorta ascendens mit/ohne Aortenklappeninsuffizienz, lumbesakrale durale Ektasie, Skoliose
Marfan-Syndrom
kleine Hoden, Gynäkomastie, Disproportion (Oberlänge/Unterlänge < 1 )
KlinefelterSyndrom
BestätiDiaggnose ung der Chromosom 1 1 q1 5.5
j c (]) 0') c ::J
!......
:Q ......
(J) (]) c !......
FBN-1 -M utation Chromosom 1 5q2 1 (keine Ro uti nedi ag no stik)
� 0 ""0 c w
Chromosomenanalyse
46,XXY
507
L
86 Angeborene Hypothyreose und Struma
--
Differenzialdiagnose des Hochwuchses: Pathologie der Wachstumsgeschw indigkeit Verdachtsdiagnose dBestäti gung t�harakterisierung weiterführende er Diagnose I des Hauptsymptoms Nebenbefunde Hochwuchs, pathologische Wac hstums geschwindigkeit -
86
Zeichen der kompletten oder inkompletten Pubertätsen twi c klung
Pubertas praecox, Pseudopubertas praecox, z. B. adrenogenitales Syndrom
s. Kap. BB
Struma, klinische Zeichen der Hyperthyreose
Hyperthyreose
s. Kap . 86
Gesichtsfeldausfälle, intrakran i e l l e Dr uckste ige ru n g
eosinophiles Hypophysenadenom
erhöhte IGF-1 - und
Adipositas
Adi p osogigantismus
l
IGFB P-3-Serumspiege/,
oraler Glukosetoleranztest mit Bestimmung des Wachstumshormons, MRT Hypothalamus-Hypophysen-Region
Angeborene Hypothyreose und Struma Annette Grüters-Kieslich
Angeborene Hypothyreose
d ie Darmmotilität, der Leberstoffwechsel etc . Die Diagnose der angeborenen Hypothyreose wird in der Regel durch das i n Deutschland bei allen Neu geborenen durchgeführte Screening gestellt. Die Symptome der N eugeborenen sind zu dem Z eit
Symptombeschreibung Als angeborene Hypothyreose bezeichnet
die
punkt des Erhalts der Ergebnisse des N eugebore
nenscreenings - meist i n der 2 . Lebenswoche n ur diskret ausgeprägt, so dass eine klinische D ia gnose aufgrun d dieser Symptome nicht erfolgt (Tab . 86. 1 ) . D ie Tatsache, dass bereits i n den ersten Lebe ns wochen Symptome der Hypothyreose erkennbar
I
50S
man
mangel n d e Versorgung des Organ ismus mit Schilddrüsenh ormonen. I n den meisten Fällen be ruht die Hypothyreose auf einer Entwicklungsstö rung der Schilddrüse, seltener l iegt ein Defekt der Schilddrüsenhormon-Biosynthese vor. Neben die sen permanenten Störungen gibt es auch vorüber gehende (transiente) Funktionsausfälle. D a die Schilddrüsenhormo ne eine wesent liche Rolle bei der Entwicklung des Zentral nervensys tems spielen, führt d i e n icht oder zu spät behandelt e angeboren e Hypothyreose zur menta len Retar dierun g.
Ein Mangel an Schilddrüsenhormon im Neugebo renen- und Säuglingsalter füh rt zu einer retardier ten psychomotorischen Entwickl ung und zu neu r o l og i s c h e n Auffä ll igkeiten , die jedoch m eistens erst am Ende der ersten 3 Lebensmonate klinisch in Erscheinung treten . Darüber h inaus beeinflus sen die S c h i ld drüsen hormone weitere Entwick l ungs- u n d Funktionsabläufe des menschlichen O rgan ismus. H ierzu geh ö re n das Längenwachsturn, die Knochenre ifu ng, die Thermoreg ulation,
Tabelle Symptom bei
86.1 Symptome der angeborenen Hypothyreose 92 Neugeborenen im Alter von 8 (5-1 2) Tagen.
offene kleine Fontanelle Hyperbilirubinämie marmorierte Haut Fütterungsprobleme große Zunge Muskelhypotonie Obstipation Bradykardie Hypothermie Atemnotsyndrom retardiertes Knochenalter
Häufigkeit des Symptoms
63 57 38 36 34 29 2 1 1 68
(68%) (62%) (41 %) (39%) (37%) (31 %)
(74%)
---
------
86 Angeborene Hypothyreose und Struma
sind, ist nicht verwunderlich, da eine Wirkung der Schilddrüsenhormone schon in der Fetalzeit vor handen ist. In den letzten Jahren haben tierexpe rimentelle und klinische Studien zwar gezeigt, dass entgegen frü herer Annahmen während der S chwangerschaft mütterliches S ch i l d d rüsenhor m o n die Plaze nta passiert und somit zumindest verh indert wird , dass bereits pränatal ein irrever sibler Schaden des ZNS entsteht, jedoch sind die n i e d rigen Schilddrüsenhormonkonzentrationen, die d e n Fetus erreichen, n i c ht in der Lage, den Mangel vol l zu kompensieren. Dies bedeutet, dass m it jedem Tag, an dem postnatal eine hypothyreote Stoffwechsellage b esteht, mit einer Verschlechte rung der Prognose h i nsichtlich der mentalen Ent wicklung zu rechnen ist.
Rationelle Diagnostik Anamnese
Ergibt sich aus dem Ergebnis des Neugeborenen screenings oder der klinischen Symptomatik der V a. eine Hypothyreose, ist eine gründliche Ana m neseerhebung zur Klärung der Differenzial dia gnose von wesentlicher Bedeutung. Die Familien a n a mnese gibt Hinweise auf einen autosomal-re zessiv erblichen Defekt der Schilddrüsenhormon B i o synthese oder eine m ü tterliche Autoimmun thyreoiditis. Eine Anwendung von jodhaltigen D esinfek t i onsmitteln, Kontrastmitteln oder andere n j od haltigen Medikamenten während der Schwanger schaft oder beim N e ugeb orene n weist auf eine transiente B lockierung der Schilddrüsenfunktion hin. Die thyreostatische Behandlung eines mütter lichen M. Basedow kann ebenfalls zu einer tran sienten Hypothyreose des Neugeborenen führen . Körperliche Untersuchung
Bei der körperl ichen U ntersuchung eines Säug l i ngs mit dem V a. eine angeborene Hypothyreose wird auf eine sieh t- oder tastbare Sch ilddrüsen vergrößeru ng geachtet. Bei leicht zurückgebeug tem Kopf wird die vergrößerte Schilddrüse gut sichtbar, und die Ausmaße lassen sich palpatorisch abgrenzen. H i nweise auf e i ne verzögerte Kn o chen reifu ng ergeben sich aus dem Tastbefun d einer offenen kleinen und einer weit offenen gro ßen Fontanelle sowie offenen Schäd elnähten. Säugl inge mit einer Hypothyreose weisen folgen de M erkmale auf (Abb. 86 . 1 ) : • charakteristische Fazies mit eingesunkener N asenwurzel • ballonierte Stirn • angedeutete Makroglossie. H äufig besteht ein Haut- und Sklerenikterus. Die Haut ist kühl, und eine deutliche Marmorierung
Abb. 86.1
Neugeborenes am 9. Lebenstag m it kongenitaler H ypothyreose.
weist auf M i krozirk u lationsstörungen h i n . Eine M uskelhypotonie, Schläfrigkeit u n d Fütterungs p robleme weisen auf das Fehlen der Schilddrüsen hormone im ZNS hin. Obstipation, Bradykardie u n d eine Hypothermie werden häufig erst regi striert, wenn die Hypothyreose mehrere Wochen besteht. Klinisch-chemische Untersuchungen
D ie Zielsetzung der Diagnostik besteht i n der B e stätigung der Diagnose, Klärung der Ätiologie der Hypothyreose sowie in der Abschätzung i h res Schweregrads (Abb. 86.2 ) . Der wesentliche Para meter ist die Konzentration des TSH im Serum, da eine Erhöhung bei gleichzeitiger Erniedrigung der peripheren Schild drüsenh ormo n e das Vo rliegen der Hypothyreose beweist. Die Seru mkonzentra tiOiten des T4 u n d des Thyreoglo b u lins geben wichtige Hinweise auf die Schwere der Hypothyre ose. Die U n tersuchung der Jodkonzen tration im Spo n ta n u rin und die Bestimmung der Schilddrü senau toan tik örper ergeben H inweise auf das Vor liegen einer transienten Funktionsstörung. E i n e Szintigraphische Darstellung v o n ektopem Schild drüsengewebe ist bei e i ndeutiger Hypothyreose nicht erforderlich. Moleku la rgenetische Un tersu chu ngen der Gene schilddrüsenspezifischer Pro teine dienen der Klärung der Ätiologie (s. DD Tab . ) .
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Technische Untersuchungen
Die Ultraschallu n ters u ch u ng der Schilddrüsenlo ge erlaubt den Nachweis einer normal angelegten oder vergrößerten Schilddrüse, das Fehlen von Schilddrüsengeweb e i n loco typico beweist die Entwicklungsstörung der Schilddrüse (Athyreose oder Ektopie) . Die Bestim m u ng der Knochenreife erfolgt d urch eine Röntgenaufnahme oder U ltra schalluntersuchung von Knie und Fuß.
509
l
86 Angeborene Hypothyreose und Struma
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Besondere Hinweise
angeborene Hypothyreose
zentrale Hypothyreose DD • transienie Hypothyreose • Non-Thyroid lllness
• T4, fT4, TSH, T3 • So n og raph ie Schilddrüse
Abb. 86.2
transienie Hypothyreose DD • Schilddrüsen hormonresistenz • permanente Hypothyreose bei Ektopie, Hypoplasie oder Synthesedefekt
• TS H , T3, T4 ( IT4) • Son og rap h ie Schilddrüse • Schilddrüsen ant i körpe r • Jod im Urin • evtl . Molekular genetik
permanente Hypothyreose DD • transienie Hypothyreose
• Son og rap hi e Schilddrüse • Thyreoglobulin im Ser u m • Antikörper • S kelettalter • Jod im U r in
Beim Vorliegen von klinischen Symptomen einer Hypothyreose bei einem Säugling sollte sich der betreuende Arzt nicht darauf verlassen, dass i m Neugeborenenscreening e i n normaler TSH-Wert er mittelt wurde. Bei vereinzelten Patienten wird ein verzögerter A nstieg der TSH- Werte beschrieben, und Schilddrüsenektopien und Defekte der Schild drüsenhormon-Biosynthese können zum Zeitpunkt der G eburt noch kompensiert sein . Andere Ursa chen eines vermeintlich normalen TSH-Werts sind: • Blutentnahme nach einer Bluttransfusion • B l utentnahme bei D opamininfusion, die die TSH-Sekretion hemmt. Methodische Gründe für ein falsch normales TSH im N eugeborenenscreening sind nicht ausreichend mit Vol lblut durchtränkte sowie verdünnte Blutpro ben oder labormethodische Probleme. N icht i m TS H - S cre ening e ntdeckt werden hypothyreote Patienten, bei denen eine hypotha lamisehe oder hypophysäre (ze ntrale) Hypothy reose vorliegt und die im E i nzelfall ebenfalls zu schwerwiegenden Symptomen und Folgen führen kann.
Differenzialdiagnose bei angeborener Hy
pothyreose.
Aufgrund der vielfältigen Möglichl\eiten, eine Hypothyreose nicht im Screening zu dia gnostizieren, sollte bei dem V. a. eine Hypo thyreose im Säuglingsalter unverzüglich eine Diagnostik der Schilddrüsenfunktion ein geleitet werden.
Differenzialdiagnostische Tabelle
Differenzialdiagnose der Hypothyreose bei Neugeborenen und jungen Säuglingen BestätiDiaggnose ung Verdachtssierungms weiterführende Nebenbefunde �rakteri der di a gnosen Hauptsympto I TSH erhöht, T4 (fT4) und T3 stark erniedrigt
Thyreoglobulin stark erniedrigt, sonegraphisch keine Schilddrüse i n loco typico, Knochenalter retardiert
Athyreose
Verlauf, ggf. spätere Szi ntigraphie
TSH erhöht,
Thyreoglobulin messbar, sonegraphisch keine Schilddrüse in loco typico, Knochenalter nicht oder nur leicht retard iert
Ektopie
Verlauf, ggf. spätere Szi ntigraphie
Thyreoglobulin messbar, sonegraphisch hypoplastische Schilddrüse in loco typico, Knochenalter retardiert
Hypoplasie
Verlauf
Thyreog lobu lin messbar, sonegraphisch Schilddrüse in loco typico, Knochenalter retardiert
Biosynthesedefekt
Moleku largenetik, ggf. Szi ntigraphie mit Perchlorat-Discharge-Test
Thyreog lobu lin messbar, sonegraph isch normale Schilddrüse in loco typico, Knochenalter normal
transiente Hypothyreose
Anamnese, Jodbestimmung im U rin, Schilddrüsenautoantikörper
T4 (fT4) und T3 erniedrigt
510
TSH erhöht, T4 (fT4) und T3 erniedrigt oder no rma l
l
------ 86 Angeborene Hypothyreose und Struma
Differenzialdiagnose der Hypothyreose Neugeborenen und jungen �harakteri sierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsfdes Hau!)tsym!)toms diagnosen bei
Säug lingen (Fortsetzung)
BestätiDiaggnose ung der
TSH normal oder n i edrig, T4 (IT4) und T3 erniedrigt
Thyreog lobulin messbar, sonegraphisch kleine Schilddrüse in loco typico, Knochenalter retardiert
zentrale HypoAnamnese, kraniale thyreose (hypoSonographie oder M RT, th alam isch oder M olekulargenetik hypophysär) , NonThyroid lllness
erhöht oder niedrig, T4 (IT4) und T3 erhöht
Thyreoglobu l i n messbar, sonegraphisch normale Schilddrüse in loco typico, Kn oc h enalter reta rdi ert
Schilddrüsenhormon-Rezeptordefekt
TSH
Stru ma Symptombeschreibung D efi nition
Als Struma bezeichnet man die Vergrößerung der S ch il ddrüse, die in verschiedene S chweregrade eingeteilt wird. Die subjektive Einschätzung der Größe der Schilddrüse, die i n die Grade I-IV ein geteilt wurde, ist jedoch in letzter Zeit zunehmend d urch die genauere Messung des Vol umens der Schild drüse durch die Ultraschallmessung ersetzt worden (Tab. 86.2) . Ätiologie
Eine Vergrößerung der Schilddrüse tritt bei unter schiedlichen Schilddrüsenerkrankungen auf. Eine Vergrößerung des Organs kann mit Hypo-, Hyper oder Euthyreose e i n hergeh en . Eine k notige Vergrößerung des O rgans stellt im Kindes- u n d J ugendalter eine Rarität dar. Da in den alten u n d neuen Bundesländern der Bund esrepublik Deutschland noch bis vor kurzem ein moderater b i s stärkerer J odmangel vorlag, war die weitaus h äufigste Diagnose bei Kindern und Jugendlichen die euthyreote Jodmangelstruma. Seit Wegfal l der Deklarati on spflicht für d as J o dsalz und s eit d er zunehmenden Verwendung von J odsalz in Bäcke-
Tabelle 86.2 Alter
(Sonographie).
1 6 Jahre
15 m l ) ist häufig gut sieht- und Bei
die
,
tastbar.
Kleinere Vergrö ßerungen der Schilddrüse entge hen häufig der klinischen Untersuchung, deshalb kann der Ausschluss einer Schil ddrüsenvergröße-
------
86 Angeborene Hypothyreose und Struma
rung nicht allein durch die klinische Untersuchung erfolgen.
Struma
Klinisch-chemische Untersuchungen
Die Zielsetzung der Labordiagnostik besteht in der U ntersuchung der zugrundeliegenden Stoffwech sellage; ergibt sich aus der kli nischen U ntersu chung kein Verdacht auf eine S childdrüsenfu nk tionsstörung, so ist zunächst die Untersuchung des basalen TSH ausreichend . Ist das basale TSH normal , s o l iegt eine euthy reote Funktionslage vor, die bei Bedarf d urch die Bestimmung des T4 (IT4 ) und T3 bestätigt wird. Ist das basale TSH erniedrigt oder besteht der klini sche Verdacht auf eine H yp erthyreose, so wird durc h die Bestimmung von T3 und T4 im S erum die Hyperthyreose bestätigt. I st das basale TSH erhöht oder besteht der Verdacht auf eine Schilddrüsen unterfu n ktion, so bestätigen die erniedrigten Schilddrüsenhormon-Konzentration e n im Serum das Vorl iegen der Hypothyreose. Eine Bestim mung der Schilddrüsenantikörper ist dann indi zieit, wenn der V. a . eine Autoimmunthyreoiditis oder auf einen Morbus Basedow vorliegt (s. Abb. 86.3 ). Diese Verdachtsdiagnose wird gestellt bei ei ner hypo- oder hyperthyreoten Stoffwechsellage sowie aufgrund eines typischen U ltraschallbefun des d er Schilddrüse. Bei einer Autoimmunthyreoiditis fi n det sich eine Erhö hung der Antikörper gegen die Schild drüsenperoxidase (TPO-Ak) und der Thyreoglobu linantikörper (Tg-Ak) . Die TSH-Rezeptor-Anti körper (TR-Ak) sind bei der Autoimmunthyreoidi tis selten, bei M . Basedow immer erhöht. Einen Überblick über das differenzialdiagnosti sche Vorgehen bei Struma gibt Abbildung 86.4. Technische Untersuchungen
Eine zentrale B e de utu ng in der Diagn ostik der Struma kommt der Sch ilddrüsenson ographie zu. Die Sonographie der Schilddrüse erlaubt einerseits die genaue Volumenbestimmung des Organs und bietet zusätzlich im Hinblick auf die Differenzial diagnose zwischen euthyreoter Struma und Auto immunthyreoiditis die Darstellung der Echotextur, die bei Autoimmunthyreoiditis echoarm ist. Liegt die S childdrüsengröße oberhalb der N o rmgren zen, die bei Kindern und Jugendlichen mit ausrei chender Jodversorgung gefunden wurden, und ist die Echotextur normal und homogen, liegt eine eu thyreote Jodmangelstru ma vor. S tellt sich jedoch bei der Sonographie ein in homogenes, echoarmes Schilddrüsengewebe dar, liegt der V. a. eine Auto imm unthyreoiditis nahe. Darüber hinaus erlaubt die Schilddrüsensonograph ie die Darstellung von Schilddrüsenknoten oder Zyste n . Eine Art diagnose von Knoten durch die Sonograp hie allein ist ni cht zweifel sfrei möglich, j e doch kann eine
TSH-Bestimmung
suppnmiert
f
T3 u nd T4 Serum i
im
Hyperthyreose
hoch
f
T3 und T4 Serum J,
normal
Abb.
im
T3 u nd T4 Serum normal
Euthyreose
Hypothyreose
• Struma oder normales Volumen • Echotextur inhomogen und echoarm • TPO-Ak positiv
M.
f
im
• Struma • Echotextur normal • TPO-Ak negativ
Basedow
86.4
Differenziald iagnose bei Struma.
nicht glatte Begrenzung des Kn oten s auf ein Schilddrüsenkarzinom hinweisen , das eine wich tige Differenzialdiagnose des isolierten S child drü senknotens im Kindes- und J ugendalter ist. Besondere Hinweise
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Eine vergrößerte Schilddrüse wird mit regionalen Unterschieden bei bis zu 3 0 % aller Kinder und Ju gendlichen beobachtet. Eine d urch Autoimmun thyreoiditis oder M orbus Basedow vergrößerte Schilddrüse ist derzeit nur selten die Ursache der Schil ddrüsenvergrö ßerung , da eine euthyreote J o dmangelstruma die häufigste U rsache der Schilddrüsenvergrö ßerung i m Kin des- und J u gendalter ist. B e i d e r Fortsetzung d e r Bemühungen um eine ausreichende alimentäre Jodzufuhr u n d damit Eliminierung der J odmangelstruma im Kin desalter und in der Pubertät wird die Schilddrü senvergrößerung aufgrund einer Autoimmunthy reoiditis - wie bereits in an deren Ländern mit aus reichender J odversorgung - eine z unehmend häufigere Diagnosestell ung erfahren. Daher empfiehlt es si c h , beim N achweis einer deutlichen Schild drüsenvergrößerung sich nicht auf die Verdachts diagnose einer Jodmangelstruma zu beschränken, sondern durch eine gezielte Stufendiagnostik die zugrunde liege nden Kran kheitsbilder abzuklären und einer Therapie zuzuführen.
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51 3
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87 Pubertas tarda
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87 Pubertas tarda Bertho ld P.
Das Alter bei Pubertätsbegin n zeigt in den Kultu ren der Welt U nterschiede. Der Zeitpunkt des Pu bertätsei ntritts unterlag bisher einem säkularen Tren d zu j üngere m Alter. N o rmative Daten zum Pubertätsverlauf müssen daher für jede Population gesondert erhoben und von Zeit zu Zeit aktuali siert werden. Nach den mitteleuropäischen Stan dards der Z üricher longitudinalen Wachstumsstu die l iegt ein Mädchen , das jenseits des 1 3 . Lebens jahres, � nd ei� J u nge, der jenseits von 14 Jahren noch mcht mit der Pubertätsentwicklung begon nen hat, außerhalb der Streubreite (hier definiert als + 2,0 Standardabweichungen vom M ittelwert) des normalen Pubertätseintrittsalters; es liegt eine Pubertas tarda vor. Dies betrifft etwa 2,5 % aller Adoleszenten. Hat die Pubertät ein mal begonnen schreitet sie kontin u i � rlich voran und ist im M ittel 3,5 Jahre nach Begmn abgeschlossen. Bei Mädchen, bei de n � n 4,5 Jahre nach Begin n der Brustentwicklung dte Menarche noch nicht eingetreten ist und bei Jungen , die 5 ,5 Jahre nach Pubertätsb �ginn ein a ? ultes H odenvolumen n i cht erreicht haben ' kann eme Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Go n �den-Achse vorliegen . Auch eine Pubertätsent �� c�d u ng, die nach Beginn für mehr als 1 ,5 Jahre SIStiert, kann als Sonderfal l einer Pubertas tarda angesehen werden (Tab . 87. 1 ) . Einer Pubertas tarda kann zugrunde l iegen: • eine Normvariante des Tempos von Wachstum und Pubertät (ko nstitutionelle E ntwicklungsver zögerung, KEV) • eine hypothalamohypophysäre Störung (hypo gonadotroper Hypogonadismus) • eine Störung der Gonade nfunktio n (hypergona dotroper Hypogonadismus) .
Anamnese
514
Bei der N ormvariante der konstituti o nellen Ent wicklungsverzögerung mit zunächst ausbleiben der, nach verspäteiern Begin n aber normal ablau fen der Pubertät ergibt d i e Fa miliena n a m n ese praktisch immer einen oder mehrere Angehörige, die i m pubertätsreifen Alter h inter dem Wachstum i hrer Altersgenosse n zurückgebli eben s i n d , schließlich z u d e n Kleineren ihres Jahrganges zähl ten , erst spät Pubertätsmerkmale entwickelten und ihren Pubertätswachstumsschub verspätet durch -
Hauffa
machten (sogenannte S pätentw ickler) . Die Er wachsenengröße d ieser Menschen l iegt meist im unteren Drittel des Normbereichs, sie haben spon tan einen normalen adulten Phänotyp und eine n ormale Gonadenfunktio n ( Fe11ilität) erreicht. Ein solches Entwicklungsmuster muss systematisch er fragt werden ( Pubertätsbeginn/Alter bei Pubertäts wachstumsschub der Eltern u n d Geschwister' M enarchetermin bei Mutter und Schwestern) .
I
�� ne ungewollte Kinderlosigkeit und Sterili
tatsbehandlung bei Mitgliedern der Familie kann auf vererbte Formen des Hypogonadis mus hinweisen.
Die Sch wangerschafts- und Geburtsanamnese kann eine Beckenen dlage und somit einen H in weis auf eine seit Geburt bestehende hypothala mohypophysäre S chädigung ergeben . Die weitere Eigenanamnese m uss bei bei den Geschlech tern den Gonadenstatus berücksichti gen : • H at früher ein H o denhochstand vorgelege n ? Bei bestehendem Kryptorchismus m uss erfragt werden, ob die H oden jemals in der Leiste oder i m Skrotum tastbar waren. • Bestand oder besteht eine Erkrankung mit H o d en- oder Ovarbeteiligung (Mum ps, Trauma, Torsion, Galaktosämie etc . ) ? • Gibt e s unerklärliche Gewichtszu- oder -abnah men? • Werden besondere Ernährungsformen eingehal ten ? Besteht ein auffälliges E ßverhalte n ? • Wird Leistungssport (Marathon Bal lett Kunst' turnen o.Ä.) betrieben ? ' Auf einen hypothalamohypophysären Prozess hin deuten de Symptome wie Kopfschmerzen , Visus verschlechterung, Doppelbil der, Gesichtsfeldaus fäl l e , auffäll ige Trinkmengen und eine auffä l l ige Urinproduktion werden manchmal nur auf Befra gen angegeben . Für die Eigenanamnese ist es wich tig, dass eine onkologische Erkrankung und ihre Therapie ( Chemotherapie und/oder Radiatio von ZNS o der Gonaden) bereits präpubertär die Funk tion von Hypothalamus und Gonaden beeinträch tigen können. Vermindertes Riechvermögen oder eine Anosmie (bei Kallmann -Syndrom) lässt sich manchmal bereits im Rahmen der Anamneseerhe bung erfragen. l{örperliche Untersuchung
Trotz eines pubertätsreifen Alters sind Zeichen der Go nactarehe bei den Patienten noch nicht s i e ht-
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87 Pubertas tarda
Tabelle
87.1 C hronologisches Alter beim Auftreten der Pubertätsmerkmale und Zeitbedarf für das Durchlaufen von Pubertätsabschnitten nach den Angaben der 1 . Züricher longitudinalen Wachstumsstudie (Prader und Mitarbeiter, 1 989). Alle Zeitangaben in Dezimaljahren; B 2, PH 2 Pubertätsstadien nach Tanner. =
Merkmal
Beginn Brust entwicklung (B 2) Beginn Hoden wachstum ( 3 IU/1 und/oder spontaner Pubertätsfortschritt nach 3- bis 6monatiger Therapie mit niedrig dosierten Sexualsteroiden
persistierende Angst vor Adipositas Anorexia nervosa psychiatrische Evaluation trotz selbst herbeigeführten extre(0,3% bei Mädchen) men Gewichtsverlusts; gestörte Wahrnehmung des Körpergewichts und der -fettverteilung, Eßverweigerung, Hypothermie, Obstipation; exzessives Ausüben von Ausdauersportarten, Ballett verlangsamte Wachstumsgeschwi ndigkeit, Adynamie, Gewichtszunahme, Obstipation, Bradykardie, trockene Haut/Haare, Hypothermie
erworbene primäre TSH erhöht, freies T4 erniedrigt Hypothyreose (0, 1 %)
verlangsamte Wachstumsgeschwindigkeit oder Kleinwuchs, Adynamie, verminderte Leistungsbreite; evtl. auch Schädeltrauma, -radiatio, Enzephalitis, Meningitis in der Vorgeschichte
idiopathische/ erworbene Hypophysenvo rd erIappen-Insuffizienz (hypothalamische oder hypophysäre U rsache) (z 1 :9000)
unzureichender Anstieg von STH/Kortisol nach lnsulinhypoglykämie, von STH nach Arginininfusion, unzureichender/verspäteter TSH-Anstieg nach TRH; verminderter ACTH/ Cortisoi-Anstieg nach CRH, Prolaktin erhöht oder erniedrigt (familiäre Formen: U ntersuchung der Gene für die hypophysären Transkriptionstaktoren PROP- 1 . LHX3, H ESX1 )
Fehlen weiterer Befunde
isolierter hypogonadotroper Hypogonadismus (1 : 1 0 000)
Anstieg des LH im LHRH-Test 36 h nach pulsatiler LHRHGabe ("LHRH-Pumpen-Test") � 3 IU/1 und/oder ausbleibender Pubertätsfortschritt nach 3- bis 6-monatiger Therapie mit niedrig dosierten Sexualsteraiden
gestörtes Riechvermögen, andere neurologische Auffälligkeilen (z. B. zerebelläre Ataxie), hoher Gaumen, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, Nierenagenesie
Kalimann-Syndrom Riechtest; in bis zu 1 4% aller Patienten mit X-chromosomaler (1 : 1 0 000) Vererbung KALI -Mutationen nachweisbar; in Einzelfällen mit automal-dominanter Vererbung liegen Mutationen des FGFR1 -Gens vor
Adipositas permagna mit stammbetonter Fettverteilung nach muskulärer Hypotonie und Fütterungsschwierigkeiten im ersten Lebensjahr, Hyperphagie, mandelförmige Augen, Akromi krie, Kl ei nwuchs, Verhaltensauffäll igkeiten, mentale Entwickl ungsverzögerung
Prader-WilliSyndrom (1 :20000-26 500 Lebendgeborene)
Nachweis einer strukturellen Anomalie mit Fehlen väterlich ererbten Genmaterials im Bereich des Chromosoms 1 5q 1 1 -1 3 oder maternale uniparenterale Disomie des Chromosoms 1 5 ("banding", Methyl ierungstest)
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87 Pubertas tarda
Differenzi gnoselnzidesdenzhypogonadotropen Hypogonadismus bei Jungen und Mädchen mit Angaben Prävalaelnzdiaoder zur des Hauptsymptoms diagnosen l (Fortsetzung)
r�harakterisierung
weiterführende Nebenbefunde
Verdachts-
ausbleibende Pubertätsentwicklung; niedrige Gonadotropine (basal , nach LH RH); Testosteron/Östradiol im vorpubertären Bereich; Knochenalter retardiert; dem Phänotyp entsprechender Karyotyp
verlangsamte Wachstumsgeschwindigkeit oder Kleinwuchs, Adynamie, verminderte Leistungsbreite; Sehstöru ng, Morgenkopfschmerz mit Nüchternerbrechen, erhöhte Trink- und Urinmengen
Panhypopituitaunzureichender Anstieg von rismus (hypoSTH/Cortisol nach lnsulinhypothalamisehe oder glykämie, von STH nach Argininhypophysäre infusion, unzureichender/verU rsache) bei ZNS- späteter TSH-Anstieg nach TRH; Raumforderung verminderter ACTH/Cortisol("' 1 :45 000) Anstieg nach CRH, Prolaktin erhöht oder erniedrigt /fami liäre Formen: Untersuchung der Gene für die hypophysären Transkriptionsfaktoren PROP- 1 , LHX3, H ESX1 ); zusätzlich: hypoosmolarer Urin bei hyperosmolarem Serum und niedrigem AVP; Raumforderung in der kernspintomographischen U ntersuchung des ZNS
Zeichen allgerneiner Systemerkrankungen
hypogonadotroper Nachweis der jeweiligen Hypogonadismus Systemerkrankung bei allgemeiner Systemerkrankung (z.B. Beteil igung von Hypothalamus und Hypophyse bei Thalassaemia major, 80-90 % aller Patienten mit schwerer Eisenüberladung)
verlangsamte Wachstumsgeschwi ndigkeit oder Kleinwuchs, Stammfettsucht, Büffelnacken, rote Wangen, supraklavikuläre Fettpolster, Striae, Hypertonie
Cushing-Syndrom (selten)
Fehlen weiterer Befunde
Bestätigung der Diagnose
erhöhte Ausscheidung freier Corticoide im 24-h-Urin, aufgehobene Tagesrhythmik von Kortisol und ACTH mit fehlender Supprimierbarkeit im Niedrigdosis-DexamethasonHemmtest; Unterscheidung zwischen ACTH-abhängigen und -unabhängigen Formen mit CRH-Test und HochdosisDexamethason-Hemmtest
prolaktinproduzierendes M ikroadenom der Hypophyse (selten)
Prolaktin massiv erhöht; Kernspintomographie: manchmal intrahypophysärer Tumor sichtbar
männliches Geschlecht, Kryptorchismus, angeborene Nebennierenrindeninsuffizienz, selten: Muskelschwäche
X-chromosomale Form der angeborenen Nebennierenrinden hypoplasie (selten)
Kombination der Komponenten; Nachweis von Mutationen im DAX-1 -Gen
Retinitis pig mentosa, mentale Entwicklungsverzögerung, spastische Paraplegie
Laurence-MoonSyndrom (selten)
Vorhandensein der klinischen Zeichen
Retinitis pigmentosa, mentale Entwicklungsverzögerung, von Geburt an bestehende Adipositas, Poly-/Syndaktylie, Nierenfehlbildungen
Bardet-BiedlSyndrom (1 : 1 40 000 Lebendgeborene)
Vorhandensein der klinischen Zeichen; bei einigen Formen Mutationen in einem oder mehreren von 8 Loci (BBS1-8)
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Cf) Q) c ' i: � 0 "0 c w
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87 Pubertas tarda -----
lDinziffderenzi enz aldiagnose des hypergonadotropen Hypogonadismus bei Jungen mit Angaben zur Prävalenz und i �Charakterisierung agnosen Bestätigung der Diagnose des Hauptsymptoms weiterführende Nebenbefunde diVerdachtsausbleibende Pubertätsentwicklung mit erhöhten Gonadotropinan (basal, nach LHRH); Testosteron/ Östradiol im vorpubertären Bereich; Knochenalter retardiert; äußeres Genitale normal männlich
Verhaltensauffäll igkeiten, eunuchoide Körperproportionen; Gynäkomastie
KlinefelterSyndrom (0, 1 7%)
Kleinwuchs, Pterygium colli, Kiel-/ Trichterbrust, Cubitum valgum, Hypertelorismus, Epikanthus, Ptosis, hängende Mundwinkel, Rechtsherzvitien (valvuläre Pulmonalstenose)
NoonanSyndrom (1 : 1 000-2500 Lebendge borene)
Z.n. testikulären Noxen (Orchitis, primärer HypoTrauma, Radiatio, unbehandelter gonadismus Hodenhochstand etc.); Exposition nach testikumit hodenschädigenden chemischen lären Noxen Substanzen (Zytostatika, Drogen u.a.) (selten) Z ei c hen a l lgemeiner Syst em erkrankungen
Alopezie, Vitiligo, mukokutane Candidiasis, chronisch aktive Hepatitis, Malabsorption, Myasthenia gravis, Ausfall anderer endokriner Organe, insbesondere Nebe n n ieren, Nebenschilddrüsen
Chromosomenanalyse:
Karyotyp 4 7,XXY und Varianten Vorhandensein der klinischen Zeichen; Karyotyp 46,XY (Mutationen im PTPN1 1 -Gen bei 50% der Betroffenen) positive Anamnese
primäre testiku- Nachweis der jeweiligen läre Insuffizienz Systemerkrankung bei allgemeiner Systemerkrankung (selten) autoimmune polyglanduläre I nsuffiz ienz mit Hodenbeteil igu ng (selten)
Candida-Nachweis im Schleimhautabstrich, Autoantikörper gegen endokrine Drüsen nachweisbar, Erniedrigung der glandulären (z. B . Cortisol, iPTH) und Erhöhung der glandotropen Hormone (z.B. ACTH); beim Typ 1 M utationen im AIREGen ("Auto im munregulator ) nachweisbar "
Kleinwuchs, selten: gering ausgeprägte syndromverdächtige Zeichen ähnlich dem Noonan-Syndrom
X-Chromatinnegative Gonadandysgenesie mit männlichem Phänotyp (selten)
Hypospadie, Gynäkomastie
46,XX-Männer (selten)
Gynäkomastie, M ikropenis
Chromosomenanalyse:
Karyotyp 45,X0/46,XY und Varianten
Chromosomenanalyse: 46,XX;
Nachweis V-Chromosomspezifischer Sequenzen auf dem X-Chromosom (molekulargenetische Techniken, ln-situ-Hybridisierung)
fam i liäre Leydig- Nachweis einer inaktivierenden Zell-Hypoplasie M utation am LH-Rezeptor mit männlichem P h änoty p (se lten)
ldiagnose des hypergonadotropen Hypogonadismus bei Mädchen mit Angaben zur Prävalenz und lDinzifferenzi denz a weiterführende Nebenbefunde Verdachts ,Charakterisierun g diagnosen Bestätigung der Diagnose _I 11 Ldes Hau!)tsymptoms
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ausbleibende Pubertäts entwicklung mit erhöhten Gonadotrop inan (basal, nach LHRH); Testo steron/Östrad iol im vor p ubertären Bereich; Knochenalter retardiert; äußeres Genitale normal weiblich
Kleinwuchs, Pterygium colli, Schild thorax, hyperkonvexe, nach oben gebogene Fingernägel, Cubitus valgus, Lymphödeme von Hand und Fußrücken , Pterygium colli, verkürztes 4. Metakarpale, Ptosis, Epikanthus, hängende M undwinkel, hoher Gaumen, Linksherzvitien (z. B. Aortenisthmusstenose)
U l lrich-Turner Synd rom (1 :2500 weibliche Neugeborene)
Chromosomenanalyse:
Karyotyp 45,XO und Varianten
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87 Pubertas tarda
Dilnzifferenzi denz aldiagnose des hypergonadotropen Hypogonadismus bei Mädchen mit Angaben zur Prävalenz und !�desharakteri sierung weiterführende Nebenbefunde VerdachtsHauptsymptoms diagnosen Bestätigung der Diagnose I (Fortsetzung)
ausbleibende Pubertätsentwicklung mit erhöhten Gonadotropinen (basal, nach LHRH); Testosteron/Östradiol im vorpubertären Bereich; Knochenalter retardiert; äußeres Genitale normal weiblich
wie oben; mit Rechtsherzvillen
Noonan-Syndrom (1 : 1 000-2500 Lebendgeborene)
Vorhandensein der klinischen Zeichen; Chromosomenanalyse: 46,XX (Mutationen im PTPN1 1 -Gen bei 50% der Betroffenen)
in der Vorgeschichte ovarielle Noxen (Oophoritis, Trauma, Radiatio, Galaktosämie etc.); Exposition mit ovarschädigenden chemischen Substanzen (Zytostatika, Drogen etc.)
primärer Hypogonadismus nach ovariellen Noxen (selten)
positive Anamnese
Zeichen allgemeiner Systemerkrankungen
primäre ovarielle Insuffizienz bei allgemeiner Systemerkrankung (selten)
Nachweis der jeweiligen Systemerkranku ng
Alopezie, Vitiligo, mukokutane Candidiasis, chronisch aktive Hepatitis, Malabsorption, Myasthenia gravis, Ausfall anderer endokriner Organe, insbesondere Nebennieren, Nebenschilddrüsen
autoimmune polyglanduläre I ns uffizienz mit Ovarbeteiligung (selten)
Candida-Nachweis im Schleimhautabstrich, Autoantikörper gegen endokrine Drüsen nachweisbar, Erniedrigung der glandulären (z.B. Kortisol, iPTH) und Erhöhung der glandotropen Hormone (z.B. ACTH); beim Typ 1 Mutationen im Al RE-Gen ("Autoimmunregulator") nachweisbar
Ovarien sonographisch nicht sichtbar; keine Ullrich-TurnerZeichen
reine Gonadendysgenesie (selten)
Störungen der Nebennierenrindenfu n ktion m it/ohne Hypertonie
Östradioi-Biosynthesedefekt (selten)
wie oben ; zusätzlich: Keimdrüsen in den Labien/der Leistenregion tastbar, Uterus sonographisch nicht darstellbar
wie obe n
Testosteron-Biosynthesedefekt bei männlichem Karyotyp (selten)
komplette LeydigZell-Hypoplasie
Laparoskopie: Streifengonaden;
Karyotyp 46,XX oder 46,XY; bei 1 0% der Patientinnen mit 46,XX sensoneurale Hörstörung; einzelne Fälle mit FSH-Rezeptor-Mutation; bei einigen Patientinnen m it 46,XY Nachweis von Deletionen im SRYGen, Duplikationen des DAX1 Gens, des WNT4-Gens, Deletionen Jp- , 1 oqChromosomenanafyse: Karyotyp 46,XX; Ovarien sonegraphisch sichtbar; unzureichender Anstieg von Östradiol im hMG-Test, gaschromategraphische Charakterisierung des Defekts
Karyotyp 46,XY; Genitographie: blind endende Vagina, Uterus/Tuben fehlen; Gonadenbiopsie: Hoden; kein Anstieg von Testosteron nach hCG; gaschromatographische Charakterisierung des Defekts Chromosomenanafyse:
wie oben; kein Nachweis eines Testosteron-Biosynthesedefekts; Nachweis von M utationen im LH-Rezeptor-Gen mit kompletter Inaktivierung des Rezeptors
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521
L
88 Pubertas praecoX
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88 Pu bertas praecox Cari-Joachim Partsch
S mptombeschreibung
Mit Pubertas praecox wird ein Symptom oder eine Kombination von Symptomen bezeichnet, die durch das verfrühte Auftreten von Pubertätszei chen gekennzeichnet ist. Der Ausdruck Pubertas p raecox ist also n icht als Diagnose aufzufassen. Als vorzeitige Pubertät wird bei Mädchen das Auf treten von sekundären Geschlechtsmerkmalen vor dem 8. Geburtstag und bei Jungen vor dem 9. Ge b urtstag definiert. Diese Altersgrenzen orientieren sich in etwa an der unteren Grenze des N ormbe reichs; darunter versteht man das mittlere Alter bei Auftreten eines M erkmals plus oder minus 2 Stan dardabweichungen ( z . B . Brustentwicklungssta d i um B2 1 0 , 9 ± 2,4 Jahre bei Mädchen und H o denvolumen � 3 m l 1 1 ,8 ± 1 , 8 Jahre bei J ungen, Tab . 88 . 1 ) . Diese Altersgrenzen erlauben die Un terscheidung zwischen der vorzeitigen und der frühnormalen Pubertät. Bei Mädchen gilt zusätz lich das Auftreten der Menarche vor dem 9. Ge burtstag als Zeichen für eine Pubertas praecox. Die sekundären Geschlechtsmerkmale entwik keln sich u nter dem Einfluss der Sexualhormone. D ie durch diese hervorgerufenen Sym ptome einer Pubertätsentwicklung stimmen im Falle einer iso sexuellen Pubertas praecox prinzipiell mit denen einer I?.ormale n Pubertätse ntwicklung überein. Diese Ubereinstimmung muss aber nicht für die zeitliche Dynamik gelten , die bei der Pubertas praecox gegenüber der n ormalen Pubertät auch
Tabelle Pubertätsstadium Mädchen 88.1
Pubertätsentwicklung bei gesunden Kindern (nach Largo und Prader 1 983).
des Pubertätsstadiums spätestens f(-ü2SD) hestens Alter bei Erreichen normal (+2 SD) (MiHelwert)
Brust 2 Brust 3 Pubes 2 Pubes 3 Menarche
8,5 9,8 8,0 9,8 1 1 ,2
1 0,9 1 2,2 1 0,4 1 2, 2 1 3,4
1 3,3 1 4,6 1 2 ,8 1 4,6 1 5,6
Genitale 2 Genitale 3 Pubes 2 Pubes 3 Hodenvolumen ::::: 3 ml
8,2 1 0,5 9,2 1 1 '1 1 0,0
1 1 ,2 1 2,9 1 2,2 1 3,5 1 1 ,8
14 ,2 1 5,3 1 5,2 1 5,9 1 3,6
Jungen
522
beschle unigt sein kan n . Es k ommt zu einem Wachstumsschub und zu einer beschleunigten Knochenreifung mit der Folge einer Knochenalter akzeleration (Abb. 88. 1 ) . Die Talgproduktion von Haut und Haaren ändert sich, und es entsteht eine Neigung zur Aknebildung. Außerdem treten die p sychischen Veränderungen der Pubertät, wie Stimmungslab i lität, vermehrte Aggressionen, Än derungen des Körperbildes und I nteresse am ande ren Geschlecht, auf. Bei Mädchen kann bei fortge schrittenem Krank heitsbild mit dem Auftreten der M enarche gerechnet werden. Bei Jungen kommt es zu Erektionen und nächtli chen Poll utionen. Man unterscheidet die zentrale Puberlas prae cox (synonym: Pubertas praecox vera, echte Pu bertas p raecox) , bei der die Pubertät auf d em physiologischen Weg der Hypothalamus-Hypo physen-Gonaden-Achse durc h vermehrte p ulsatile G n R H - Sekreti o n , also go nadotro p i nabhängig, ausgelöst wird , von der peripheren Pubertas prae cox (synonym: Pseudopubertas praecox), bei der die Pube1tät nicht durch eine vermehrte pulsatile G n R H -Sekreti o n , sondern d urch eine perip h ere oder exogene H ormonquelle, also gonadotropin unabhängig, ausgelöst wird . I m Folgenden werden die Begriffe zentrale Pubertas praecox und p eri phere Pubertas praecox verwendet. Ferner ist zwi schen einer i sosexuellen und einer heterosexuellen Pubertas p raecox (Viril isierungszeichen beim Mädchen bzw. Feminisierungszeichen beim Jun gen) zu unterscheiden.
SD
=
Standardabweichung
---
1 60 1 40
· · - · · · · · - · · · · - - · · - - · - - - - - - - - - - - -- - - · · · · · · · · · · · · - · · · · · -- - - - - - - - - · · ·
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· · · · · · · · · · · ·· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
············
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· ·····•··········
..
1 20 1 00
60
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Abb.
4
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;
- · · - - - · --,- - · · - - · · · · · · · ·
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8
12
Alter (Jahre)
:
f
· · · ·, · · · - - - - - · · · · ··· --···
16
20
Pubertas praecox
In der Eigen anamnese sind von Bedeutung: An gaben über das Alter, in dem die ersten Pubertäts zeichen bemerkt wurden, und über den zeitlichen und somatischen Ablauf der bisherigen Pubertäts entwicklung. Stehen auxologische Daten zur Ver fügung, kann die Wachstumskurve zusätzliche I n formationen über den bisherigen Verlauf, das Sta dium und evtl. auch über den Beginn der Erkran kung geben (s. Abb. 88. 1 ) . Die Wachstumskurve ist vor allem auch für differenzialdiagnostische Ab grenzungen zu prämaturen Teilentwicklungen von Bedeutung. Ferner wird nach vaginalem Ausfluss und B lu tungen gefragt. Besondere Bedeutung kommt auch dem Vorliegen von früheren oder aktuellen Er krankungen zu. H ier sind vor allem Erkrankungen des Zentralnervensystems ( Hydrozephalus, M e ningomyelozele, Meningitis, Enzephalitis, Tumor, Schädel-Hirn-Trauma etc.) und Operationen oder Bestrahlungen des Zentralnervensystems (z.B. bei Leukämie) zu erfassen (s. Abb. 88 . 2 ) . Die M ög lichkeit einer akzidentell oder iatrogen d urch Nah rungsmittel oder Medi kamente hervorgerufenen Pubertas praecox ist in die anamnestische Expl o ration einzubeziehen (Abb . 88.3 und 88.4).
Körperhö he (cm) 1 80
88
I
1
nmol/1). Bei Mädchen dagegen ist
bei etwa der Hälfte der Patientinnen trotz eindeu tiger vorzei t i ger Pubertätsentwi cklung kein puber tär erhöhtes Ö stradiol im Plasma (> 50 pmol/1)
messbar. Damit schließt ein präpubertär niedriges Ö stradiol eine Pubertas praecox n i ch t aus. D ie Blutentnahmen zur Bestimmung von Testosteron und Ö stradiol sollten am frühen Vormittag erfol gen, da aufgrund des physiologischen zirkadianen Rhythmus zu dieser Zeit mit den höchsten Werten zu rechnen ist. Für den N a c h we is eines erhöhten Ö stradiolspiegels sind meist mehrere in Abständen
----
G n RH-Test: LH stimuliert erhöht LH ( I U/L)
5 0 ·-,-------.--, 40
·········-·········-·-··-··
20
............... ................ .... . .
· · · ·· · · · -
30
....... .......... ... . . .. . .......... ..
10
.. ...... .......................... . .
0
..
0
. . . ..... . ... . ..... ... .�-- - -
l
Zeit (min)
30
zentrale Pu berlas praecox Abb. 88.5
supprimiert
35001
LH ( I U/L) 40
··-····-···-··· ··-·-··-····· ····-···--
8
......................... ........... .
......... . . .. . .. . .......... . . . . . . . . . . .
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0
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Zeit (min)
30
periphere P uberlas praecox
G n R H -Test bei Verdacht auf Pu bertas
praecox.
88 Pubertas praecox
chung kann b isher nur in wenigen Labors durch geführt werden. D i e D iagnose eines M cCune-A lbrigh t-Syn droms kann i n der Regel anhand der klinischen , endokri n alogischen und radio logischen Befunde gestellt werden. Eine molekulargenetische Analyse des Gens für das G-Protein Gsa ist m öglich. Die DNS für diese Untersuchung muss in der Regel aus betroffenen Geweben gewonnen werd e n , wurde aber auch schon aus Blutlymphozyten erfolgreich durc hgefü h rt . Die molekulargen etische Diagno stik kann vor allem bei sehr jungen Kindern für die Diagnosestellung entscheidend sein. Bei Verdacht auf eine N ebennierenrinden h yp erpl asie ( m ei s t 2 1 - Hydroxyl ase-Defekt) mit positiver Famili enanamnese im Rahmen der Dia gnostik einer isosexuellen Pseudopubertas prae cox beim Jungen oder einer heterosexuellen Pseu dopubertas praecox beim Mädchen i st neben der Stero idanalyt i k heute auch die Molekulargenetik etabli ert. Technische Untersuchungen
von einer Stunde gewonnene Plasmaproben not wend ig. Zum N achweis einer verm eh rten Östro genproduktion ist d i e Sonographie des i nneren Genitales besser geeignet als die Östradiolbestim mung i m Plasma. Weitere Horm o n bestim m ungen die nen dem Ausschluss i n die Differenzialdiagnose einzubezie hender Erkran k ungen , der ergänzen den Beurtei lung u n d der D okumentation des Ausgangsbefun des vor einer Therapie. Hier sind vor allem Prolak tin , 1 7-Hydroxy-Progesteron , DHEA und D HEAS zu nennen. Bei Verdacht auf eine Nebennierener k ran k u n g m üssen weitere adrenale Steroide ge messen werden (M ultisteroidanalyse ) . B e i kli nischem Verdacht auf e i n e Hypothyreose werden TSH und freies Schilddrüsenhormon be stimmt (s. Abb. 88.3) u n d bei zusätzlicher Galak torrh ö auch Prolaktin . Besteht der Verdacht auf ei nen hormon p roduzierenden Tum or, so sind die Tumormarker ß- H C G und AFP zu bestimmen. Die b ildgebende Diagnostik ist dann entsprechend zu erweitern. Molekulargenetische Untersuchungen
Finden sich kli n isch und endokrinalogisch deutli che H inweise auf das Vorliegen e i n e r familiären (oder sporadischen) männl ichen Pubertas praecox (FMPP oder Leydig-Zell-Hyperplasie oder "Teste toxi k ose" ) , wie pubertäres Testostero n bei relativ kleinen H od envol umina, ein suppri miertes LH im G n R H -Test und eventuell eine positive Familien anamnese, so ist eine m o lekulargen etische A n a lyse des LI-I - R ezeptor- Gens zum Nachweis einer a ktivierenden Mutation indiziert. D iese U ntersu-
Die Son ograp hie des i n neren G enitales, der Nebennierenregion u n d des gesamten Bauch raum s ist bei der Erstvo rstell ung einer Patientin mit Verdacht auf Pubertas praecox das wichtigste b ildgebende Verfah ren und gehö rt zur Basisdia gnostik Beim Mädchen erlauben sie die Beurtei lung von Form, Größe und Struktur von Uterus und Ovarien und den Nachweis von Ovarialzysten oder -tumoren. Ferner ist sie bei bei d e n Ge schlech tern für die Tum o rsuche geeignet. Beim Jungen können mittels S o n ographie d i e Testes valumina bestimmt und H o dentumoren nachge wiesen werden . Die Bestimmung des Knochenalters erfolgt an band einer R ö n tgena ufn a h m e der linken Hand i nklusive des distalen Drittels des Unterarms, übli c herweise nach der Methode von Greulich und Pyle . Die Magnetres o n a n z t o mographie des ZNS ist bei Verdacht auf einen Hirntumor und bei zentra ler Pubertas praecox mit besonderem Augenmerk auf d i e Hypothalamus- H ypop hysen-Region not wendig. H i erfür müssen h o chau flösende Geräte und eine enge Schichtung im H ypothalam us-Hy pophysen-Bereich eingesetzt werden. Zu beachten ist, dass eine zentrale Pubertas praecox einziges Symptom eines Hirntumors sein kan n . Als ergänzende Unters u ch u ngen kommen das E EG (unabdingbar bei Mädchen m i t Pubertas praecox und Lac hanfällen ; s. D D-Tabelle Diffe renzialdiagn ose der zentralen Pubertas praecox) und die augenärztliche U ntersuchung mit Augen h i ntergru n d - und Gesic htsfel dprüfung i n B e tracht.
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527
L
88 Pubertas praecox
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Besondere Hinweise
D ie D i agnostik der vorzeitigen Pubertätsentwick l ung hat nicht n u r altersspezifische, s ondern auch geschlech tsspezifische Besonderheiten o der Wah rscheinlichke iten z u berücksichtigen . E i n e Pubertas p raecox tritt b e i Mädchen wesentlich häufiger auf als bei Jungen ( Geschlechterverhältnis etwa 1 0 : 1 ) . Die Wahrscheinlichkeit für e ine tumo räse Ursache ist bei J u ngen wesentlich höher als bei Mädchen und bei beiden Geschlechtern u m so größer, je jünger das Kind ist. Meist handelt es sich bei der Ursache einer zentralen Pubertas praecox b e i sehr j u ngen Kin dern um hyp ot halamisehe Hamartome. Der prozentuale Anteil der idiopathi schen zentralen Pubertas praecox ist bei Mädchen größer als bei J ungen. A u f die B edeutung einer kompletten Wa chs tumskurve unter Einschluss von Knochenalter
und Reifezeichen soll nochmals hingewiesen wer den (s. Abb . 88. 1 ) . D i e Wachstumskurve ermög licht durch die Synopsis der Befunde i nsbesonde re bei der Verlaufskontrolle wichtige diagnostische Rückschlüsse. Symptome einer heterosexuellen Pubertas prae cox weisen beim J ungen immer auf eine tumoräse U rsache h i n ( s . D D-Tabelle) . Beim Mädchen ist neben androgenproduzierenden Tum o re n der N ebennierenrinde und des Ovars auch an Enzym defekte der Steroid-Biosynthese der N ebennieren rinde zu denken (s. Abb . 88.3 und 88.4) . Entscheidend für die weitere D i agnostik ist die Unterscheidung zwischen zentraler gonadotropin abhängiger und peripherer gonadotropi nunabhän giger Pubertas praecox. I st d iese Differenzierung getroffen, ergeben sich die weiteren Untersuchun gen und Differenzialdiagn osen, die in den Abbil dungen und Tabellen zusammengestellt sind.
Differen zialdiagnostische Tabellen
Differenzialdiagnose: Abgrenzung einer Pubertas praecox zu prämaturen Tei lentwicklungen Charakteri sauptie- befunde Bestäti weiterführende Neben- Verdachtsdiagnosen gung der rung d H es Di a gnose symptoms Thelarche (82) vor dem 8. Lebensjahr bei Mädchen
Pubarche (P2) vor dem 8. Lebensjahr bei Mädchen oder vor dem 9. Lebensjahr bei Jungen
528
kein Wachstumsschub, keine Knochenalterakzel t3 ration, kein/wenig Ostrogeneffekt am Vaginalepithel , isolierte Thelarche
prämature Thelarche
Wachstumsschub, K, nochenalterakzeleration, Ostrogeneffekt, evtl. weitere Reifezeichen im Verlauf
zentrale Pubertas praecox
geringgradige Wachstumsbeschleunigung, mäßige Knochenalterakzeleration, keine Symptome einer vermehrten Sexualsteroidproduktion
prämature Pubarche, prämature Adrenarche
für das Alter leicht erhöhte D H EA-S-Konzentration , Androstendion evtl. leicht i, LH und FSH basal und sti mul iert im altersentsprechenden Normbereich. Verlauf! Ausschlussdiagnose
zusätzliche Symptome einer Androgenüberproduktion
Neben nierenrindenhyperplasie (nichtklassischer oder heterozygoter 2 1 -Hydroxylase-Defekt, nichtklassischer 3ß-HydroxysteroidDehydrogenase- Defekt)
endokrinalogische Diagnostik der Nebennierenrindensteroide basal und nach ACTH -Stimulation, Molekulargenetik
GnRH -Test: sti muliertes LH im Normbereich, stimulierter LH/ FSH-Quotient < 1 ,0, keine weiteren Reifezeichen, Sonographie von Uterus und Ovarien, Verlauf! Cave: Ü bergänge in zentrale Pubertas praecox sind möglich. Ausschlussdiagnose GnRH-Test: stimuliertes LH I , sti mul ierter LH/FSH -Quotient > 1 ,0, Östradiol fakultativ i, Reifezeichen progredient, Sonographie von Uterus und Ovarien, Verlauf! Weitere Untersuchungen s. Differenzialdiagnose der zentralen Pubertas praecox
---
88 Pubertas praecox
Differenzialdiagnose: Abgrenzung einer Pubertas praecox zu prämaturen Teilentwicklungen Charakteri sie- wei terf 1 ,0 und Cafe-au -lait- Flecken, Lentigines ("freckling") und Neurofibrome
Neurofibromatose
tuberöse Sklerose
Hydrozephalu s Porenzephalie u.a.
Lähmungen, shuntversorgter Hydrozephalus
Meningomyelozele
neurologischer Defekt-
Bestäti Diagnosegung der
I
zentrale Pubertas praecox
H i r nfehl b ildung
z usta n d
Cafe-au-lait-Fiecken + polyostotische fibröse Kno c hendysplasie TSH i, Schi l ddrüs enhorm one J,, Sonographie, Szintigraphie
und
-
"white spots", Adenoma sebaceum, Epilepsie
gynäkologische Untersuchung, Sonogra phie
- H orm on ai O ve rl apSyndrom" bei primärer Hypoth yreo se - exogene Östrogenexposition Anamnese, Verlauf - andere Formen einer Pubertas praecox möglich, aber eher unwahrscheinlich, da üblicherweise sekundäre Geschlechtsmerkmale vor der Menarche auftreten "
Thelarche (B2) u nd/ohne Pu barche (P2) vor dem 8. Lebensjahr und/oder Menarehe vor dem 9. Le be nsja hr bei Mädchen; G2 und Hod e n volumen � 3 m l mit/ohne Pu barche (P2) be i Jungen
(Fortsetzung)
,
M e ni n g oen zephaliti s , Enzephalitis
Neurofibromatose Typ 1 : Erfüllung der Diagnosekriterien und Fam ilienanamnese, Neurofibromatose Typ 2: Akustikusneurinome bilateral und weitere Diagnosekriterien (im Kindesalter sehr selten) weitere typische Befunde und Erfü l lung von diagnostischen Kriterien (MRT des Hi rns) M RT des H irns Anamnese, Krankengeschichte, Lokalbefund Krankengeschichte
z.B. akute lymphatische Leukämie in der Vorgeschichte
Schädelbestrahlung
Krankengeschichte
akute neurologische Symptome
Hirntumor: Astrozytom , Optikusg liom, Ependymom, Pinealistumor, Kraniopharyngeom
MRT des Hirns, H istologie
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529
L
88 Pubertas praecox
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Differenzia ldiagnose der zentralen Pubertas praecox terführende Neben- Verdachtsdiagnosen Charakteri sie- wei befunde rung des Hauptsymptoms
(Fortsetzung)
Thelarche (82) und/ohne Pubarche (P2) vor dem 8. Lebensjahr und/oder Menarehe vo r dem 9. Lebensjahr bei Mädchen; G2 und Hodenvolumen � 3 ml mitlohne Pubarche (P2) bei J ungen
Bestäti Diagnosegung der 1 7 -Hydroxyprogesteron i, Molekulargenetik, Krankengeschichte, Diagnostik
Knochenalter stark akzeleriert (> 2 Jahre)
zentrale Puberlas praecox bei AGS, zentrale Puberlas praecox bei anderer Pseudopuberlas praecox
Lachanfälle
hypothalamisches Hamartom EEG, MRT des H irn s mit gelastischer Epilepsie
positive Familienanamnese familiäre Puberlas praecox
nach Ausschluss anderer Ursachen
Pubertätszeichen rückläufig idiopathische, transitorische oder nicht progredient oder undulierende zentrale Puberlas praecox
Ausschluss anderer Ursachen , vor allem eines Hirntumors
keine weiterführenden Nebenbefunde
MRT des Hirns, Ausschlussdiagnose
hypothalamisches Hamartom, idiopathische zentrale Puberlas praecox
Differenzialdiagnose der peripheren Pubertas praecox (Pseudopubertas praecox) bei Mädchen rciiarä kteriHauptsie- wei terführende Neben- Verctachtsdiagnosen Bestäti gung der rung des befunde Di a gnose symptoms isosexuelle periphere Pubertas praecox Thelarche (82) mit/ohne Pubarche (P2) vor dem 8. Lebensjahr
stimuliertes LH im GnRHTest supprimiert/erniedrigt und ß-HCG i
palpabler Tumor im U nterbauch, evtl. sehr hohes Östradiol
Cafe-au-lait -Flecken
paraneoplastische Hormonbildung bei Dysgerminom mit Aromalaseaktivität
M RT des Hirns, Histologie
Teratom/Teratokarzinom mit Östrogenproduktion
Sonographie, CT, M RT, Histologie
Ovarialtumor: Granu losazelltumor, Thekazelltu mor, Granulosathekazelltumor, Teratom, Luteom, Mischtumor, Lipoidtumor
Sonographie, (CT, M RT), Histologie
autonome Ovarialzyste
Sonographie
McCune-Aibright-Syndrom
typische Befundtrias: Puberlas praecox. Cafe-au-lait-Fiecken und fibröse Knochendysplasie, weitere Ü berfunktionszustände endokriner Organe, Molekulargenetik (Gsa-Gen)
m ukokutane Pigmentierung Sex-Cord- oder SertoliZell-Tumor des Ovars mit annulären Tubuli seminiferi (SCTAT) und Aromataseaktivität bei Peutz-JeghersSyndrom
530
große Zunge, Muskelhypo- .. Hormonai-Overlap-Syndrom" (Grumbach-van-Wyktonie, Adynamie, KälteSyndrom) bei primärer empfindlichkeit, kühle Hypothyreose trockene Haut, veränderte Stimme, gedunsenes Aussehen, Entwicklungsverzögerung, Gewichtszunahme, kein Wachstumsschub exogene Hormonexposition V.a. I ngestion oder Anwendung von östrogen- (iatrogen oder akzidentell) haltigen Nahrungsmitteln, Externa oder Pharmaka
Endoskopie (Polyposis des Magen-Darm-Traktes), Histologie
T4 J, TSH i, Schilddrüsenszintigraphie
Anamnese, Krankengeschichte, Nachweis der vermuteten Substanz
----
88 Pubertas praecox
Differenzialdiagnose der peripheren Pubertas praecox (Pseudopubertas praecox) bei Mädchen terführende Neben- Ve ac sd agn sen Best r desteriHauptsie- wei t gu g der befunde rung Di a gnose symptoms heterosexuelle periphere Pubertas praecox rd
'Ciia ak
Testosteron i Pubarche (P2) und Virilisierungszeichen vor dem DHEA und DHEA-S i, 8. Lebensjahr mit/ohne Cushi ng-Syndrom
ht
i
o
ä i
(Fortsetzung)
n
Androblastom, Lipoidzelltumor des Ovars
Sonographie, CT, MRT,
Nebennierenrindenadenom oder -karzinom
Sonographie, CT, MRT, Szintigraphie, Histologie
AGS (21 - HydroxylaseDefekt)
weitere endokrinalogische Diagnostik im Serum und Urin, Molekulargenetik
Hypertonus
AGS (1 1 �-HydroxylaseDefekt)
weitere endokrinelogische Diagnostik im Serum und Urin, Molekulargenetik
1 7-Hydroxy-Preg nenol on, Pregnenolon und DHEA i
3�-Hydroxysteroiddehydrogenase-Defekt, nichtklassische Form
weitere endokrinelogische Diagnostik im Serum nach ACTH-Stimulation
V.a. I ngestion oder Anwendung von Androgenen oder Anabolika
exogene Hormonexposition (iatrogen oder akzidentell)
Anamnese, Krankengeschichte, Nachweis der vermuteten Substanz
1 7-OH-Progesteron i
Histologie
Differenzialdiagnose der peripheren Pubertas praecox (Pseudopubertas praecox) bei Jungen gung der terführende Neben- Verdachtsdiagnosen Bestäti 'Ciirungärakteri sie- wei Di a gnose befunde des Hauptsymptoms isosexuelle periphere Pubertas praecox
!
stimuliertes LH im GnRH-Test supprim iert/J
Genitalen!wiekJung (G2) mitlohne
und
Pubarche (P2)
ß-HCG
vor dem 9. Lebensjahr (geringe Hodenvergößerung > 3 ml mögl ich)
I
j
paraneoplastische Hormonbildung bei Dysgerminom,
Sonographie,
Histologie
CT, MRT,
Teratom, C horionepitheliom,
Hepatoblastom, Pinealom LH/a-Unterein heit 1'
Nebennierenrindenadenom oder -karzinom
N e ben n ieren ri n d enaden om DHEA und DHEA-S j mitlohne Cushing-Syndrom oder -karzinom 1 7 -OH-Progesteron i
Hypertonus
Hodentumor(en)
Sonographie, CT, MRT, l mmunhistochemie
Histologie,
Sonographie, CT, MRT, Szintigraphie, Histologie
AGS (2 1 -HydroxylaseDefekt)
weitere endokrinalogische Diagnostik im Serum und Urin, Molekulargenetik
AGS (1 1 ß-HydroxylaseDefekt)
weitere endokrinalogische Diagnostik im Serum und Urin, Molekulargenetik
Leydig-Zeii-Adenom, hyperplastisches
Sonographie, Histolog ie, endokrinologische und molekulargenetische
N N R -Gewebe bei
Diagnostik des AGS,
unbehandeltem AGS
Therapie des AGS und Verlauf
Cafe-au-lait-Fiecken
McCune-Aibright-Syndrom
typische Befundtrias: Puberlas praecox, Cafe-au-Lait-Flecken und fibröse Knochendysplasie. Weitere Ü berfunktionszustände endokriner Organ e, Molekulargenetik (Gsa-Gen)
P uberlas praecox beim
familiäre männliche LeydigZell-Hyperplasie
Molekulargenetik (LH-Rezeptor-Gen) (kommt auch sporadisch vor!)
exogene Hormonexposition (iatrogen oder akzidentell)
Anamnese, Krankengeschichte, Nachweis der vermuteten Substanz
Vater V. a. I n gestion oder
Anwendung von androgen wirksamen Pharmaka oder von HCG
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53 1
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89 Gynäkomastie
--
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Differenzialdiagnose der peripheren Pubertas praecox (Pseudopubertas praecox) bei Jungen Charakteri sie- wei terführende Neben- Verdachtsdiagnosen Bestäti gung der befunde rung des HauptDi a gnose symptoms Hodenvergrößerung mit/ohne weitere Pubertätszeichen
große Zunge, Muskelhypotonie, Adynamie, Kälteempfindl ichkeit, kühle trockene Haut, veränderte Stimme, gedunsenes Aussehen, Entwicklungsverzögerung, Gewichtszunahme, kein Wachstumsschub
" Hormonai-OverlapSyndrom" (Grumbach-vanWyk-Syndrom) bei primärer Hypothyreose
(Fortset-
T4 J., TSH i, Schilddrüsenszintigraphie, FSH i
heterosexuelle periphere Pubertas praecox
Feminisierung (Gynäkomastie)
stimuliertes LH im GnRH-Test supprimiert!l-
und
mukokutane Pigmentierung, Wachstumsschub, Knochenalterakzeleration, Hodenver ößerung, Östradiol (fakultativ)
o/
Ö strad iol i V. a. Ingestion oder Anwendung von Östrogenhaltigen Pharmaka
Peutz-Jeghers-Syndrom mit Sex-Cord- oder SertoliZell-Tumor des Hodens mit annulären Tubuli seminiferi (SCTAT) und Aromataseaktivität
Endoskopie (intestinale Polyposis), Histologie
Nebenn ierenrindenadenom oder. Chorionepitheliom mit Ostrogenproduktion
bildgebende Diagnostik, Histologie
exogene Hormonexposition (iatrogen oder akzidentell)
Anamnese, Krankengeschichte, Nachweis der vermuteten Substanz
89 Gynäkomastie Helmuth Günther Dörr
Sym tombeschreibun
532
D i e Ausbildung eines Brustdrüsen k ö rpers beim män nlichen Geschlech t wird als Gynäkomas tie bezeichnet. Eine Gynäkomastie kann eine Norm variante sein oder ein Symptom für eine endokrine Störung. Die Gynäkomastie m uss von einer Lipo mastie, einer Fetta n sammlung im Brustbere i c h ohne Ausb i l d u ng e ines Drüsen körpers, unter schieden werden. Der Befund e i ner sog. Pseudo gynäkomastie wird nicht nur durch Fett, sondern auch durch submam illär gelegene H ä matome, Lymphangiome oder Lipome verursacht. Eine sehr seltene, aber wichtige Differenzialdiagnose ist das Mammakarzinom des Mannes. Die passagere postnatale Brustvergrößerung bei männ l ichen Neugeborenen (Neugeborenenmakro mastie) wird durch die transplazentar übertragenen mütterlichen Östrogene erklärt. Da für das Wachstum der männ lichen Brustdrüse das Verhältnis von
Ö strog en- zu Androgenwirkung entscheidend ist, führen Erkrankungen mit gestörter Testosteronbio synthese oder -wirkung, aber auch mit vermehrter Bildung von Östrogenen zu einem Wachstumsreiz. Die physiologische Gynäkomastie in der Pubertät wird ebenfalls durch eine temporäre Tmbalance des Verhältnisses von Testosteron zu Östrogen en er k lärt. Bei übergewi chtigen J ugendlichen kann die Abgrenzung zwischen Lipomastie und Gynäkoma stie schwierig sein. Häufig kan n auch ein M ischtyp auftreten , eine sog. Lipogynäkomastie. Eine Gynä komastie kann einseitig oder beidseitig auftrete n . Sie k a n n z u subj ektiven Beschwerden w i e Span nungsgefü h l der Brüste und Berührungsempfind l i c h keit der Mamillen führen , sie ka nn aber auch vö l l ig asymptomatisch sei n . Eine Gynäkomastie kan n bei Jugendlichen zu erhebl ichen psychischen Belastungen führen, z.B. Verspottung durch Gleich altrige, Angst vor einer bösartigen Erkrankung oder Zweifel an der eigenen sexuell e n Identität.
----- 89 Gynäkomastie
Rationelle Diagnostik Anamnese
We n n gle ic h die Ursachen einer G yn ä k o m a st i e vielfältig sind , so haben es die Pädiater in der Re gel meist nur m it N ormvarianten ( d . h . transitori sche Neugeborenenmakromastie und Pubertätsgy näkomastie) zu tun. Dennoch ist eine sorgfältige und ausführliche A namnese ( fami l iäres Auftreten, Ernährungsanamnese, ch ro nisch e E rkranku n g e n , Behandlung eines M a ldescensus testis, Mumps orchitis, Radiati o , Medikamente) unabdingbar, um den zahl reichen Ursachen der Gynäkomastie ge recht zu werden. Es gibt eine Vielzahl von Medikamenten, wie z.B. Ö strogene, Digitalis, Spi ronolacton, ACE Hem mer, Kalziumantagonisten, Ketoconazol, Zytostatika, Cimetidin, Omeprazol, Diazepam oder Amiodaron, die eine Gynäkomastie aus lösen können.
Eine path o l ogisch e Gynäkomastie darf nicht über sehen werde n . Bei Jugendli chen m us s auch die Frage gestellt werden , ob sie psychosoziale Bela stungen aufgrund d e r Gynäko mastie haben. Körperliche Untersuchu ng
Neben einer exakten körperlichen U ntersuch ung werden d ie wichtigsten auxologischen Daten wie Körperh öhe und -gewicht, Körperp rop o rti o ne n ( Ob erlänge , Armspannweite) , Bere c h n u n g des Body - Mass-Index ( B M I ) u n d die P u be rt ät se nt wicklung nach Tanner (gestreckte Penislänge, Pu besbehaarung, Hodengröß e mittels Orchiometer nach Prader; cave : Hodentumor! ) dokumentiert. Anschließend erfolgt die Palpation d es Brustdrü senkörpers (Abgrenzung von Fett- und Drüsenge webe) mit einer anschließenden Größenbestim mung (Messen der Länge und Breite, Mamillen d urch messer m it Maßband) und Ko n s i sten z b e stimmung. Die Größe und das Ers c h e i n u n gsbild der Gynä k oma s t i e (Ab b . 89 . 1 ) k ö nnen entspre c hend der Entwickl ung der weiblichen B rust in die Ta n n e r- S tadi e n B 1 ( k ei n D rüsenkörper tastbar) bis B 5 (reife weibli che Brust) klassifiziert werden.
Abb.
89.1
Typischer Befund einer Gynäko mastie.
FSH und Prolakti n i m Vordergru n d . D i e weitere D iagnostik kann sich dan a c h richte n , ob die Er gebnisse der H o rm o nbest i mmungen Hinweise für einen hypo- oder hypergonadotro pen Hypo gonadismus geb en : Bei Verdacht auf ein Kli nefelter-Syndrom m uss eine Chromosomenanalyse durc h geführt werden. Bei Verdacht auf einen H o dentumor ist d i e Bestimmung v o n Tum o rmarkern w i e h C G o d e r a - Feto p r ote i n indi z ie rt . Bei Verdacht auf eine Leberfunktionsstörung ist die B es t i m m un g der Tra nsaminasen u n d des Quick-Wertes ind i ziert. Technische Untersuchungsmethoden Die Sonographie der Brustdrüse kann zur Abgren
zung zwischen Lip o mastie und Gynäkomastie und auch z u r G r ößenbesti m m u ng und Ve rlaufsko n trolle der Gynäkomastie herangezogen werd e n . M a n darf nicht vergessen, dass d as Ersch ein ungs b il d de s D rüsengewebes variabel ist (frü hes Sta d i u m : fo kaler e cho arm er dreiecki ge r Bezirk in der retro are olären Regio n ; spätes Stadium: d iffuse hypere ch ogene G ewebevermeh rung) . Bei Ver dacht auf H odentumoren ist eine Hodensonogra p h ie in d i z i ert. Bei Verdacht auf einen östrogen produzi erenden N ebennierenri ndentum o r m uss neben einer Sonographischen Darstellung der N ebennieren z u r Si ch e rung auch in der Regel e i n a bdominelles CT, bei Verdacht auf Prolaktinom eine MRT der Hypophyse durchgefüh rt werden.
Klinisch-chemische Unt e rsuchunge n
Bei den Normvarianten wie Neugeborenen - oder Pubertätsgyn äk o m a st i e sind keine Laboruntersu
c h u ngen n otwendig. Laboruntersuchungen müs sen g e z ielt in Abstim m ung mit der k l inis c hen Sym p t o m ati k eingesetzt und den v ers chied e nen Differenzialdiagnosen der Gynäkomastie (s. D D
Tabelle) gerecht werden. Zunächst stehen immer die Be s ti m m ungen von fre i e m Testost e ron (bzw. Gesa m t -Te st o st e ron und S e x ua l h o r m on - binden dem Globulin ( S H B G ) , Ö s t rad i o l , DH EAS, L H ,
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Besondere Hinweise
I
Bei der Differenzierung der Gynälwmastie in Normvaria nte auf der einen und pathologische Störung auf der anderen Seite stellt das Lebensalter das entscheidende I 3 , 5 cm), der oft druckempfindlich ist. Er geht meist nicht über das Stadium B 3 h inaus und bildet sich spontan inner halb von 2-3 J ahren zurück. Dabei ist von beson derer Bedeutung, dass die Genitalentwicklung (se kundäre Geschlechtsmerkmale, H odengröße) da bei stets normal verläuft. I n sehr seltenen Fällen bildet sich eine Pub e rtätsgynä komast ie n icht spon tan zurück und b leibt bis ins Erwachsenenalter bestehen. Die einfache Pubertätsgynäkomastie be darf keiner Labor- oder sonstigen Diagnostik. Von einer Pubertätsgynäkomastie darf n u r ge sprochen werden, wenn sie erstmalig in direktem zeitlichem Zusammenhang mit der Pubertät ent-
Differenzialdiagnose der Gynäkomastie [Charakterisierung teriührende des Hau!)tsymptoms wei Nebenbefunde Gynäkomastie
534
steht und sie eindeutig vom umgebenden Fett- und Bindegewebe abgegrenzt werden kann. Eine path ologische Gynäkomastie kann d urch einen Defekt der Testosteronwirkung, d urch einen Testosteronmangel, d urch eine verstärkte Östro genp ro dukti on, d urch zahlreiche Med ikamente oder durch bisher ungeklärte Ursachen (idiopathi sche Gynäkomastie) verursacht werden . Eine fa m i l i äre Gynäkomastie tritt bei einer gesteigerten Aromataseaktivität (Testosteron --7 Östradiol) auf. Das extrem seltene Mammakarzinom des Mannes tritt meist uni lateral auf u n d ist exzentrisch in einem Quadranten lokalisiert. Differenzialdiagnostische Tabelle
I
Die Diagnose einer physiologischen Gynälm mastie ist stets eine Ausschlussdiagnose.
Verdachtsdiagnosen
BestätiDiaggnose ung der
Neugeborenes
transitorische Neugeborenen-Gynäkomastie
keine; spontane Rückbildung innerhalb von Wochen
Jugendlicher mit normaler Pubertätsentwicklung
Pubertätsgynäkomastie
keine; spontane Rückbildung innerhalb von 2-3 Jahren
abdomineller Tumor
Nebennierentumor
CT Abdomen
Tachykardie, Gewichtsabnahme, Durchfall
Hyperthyreose
chronische Erkrankungen
z.B. Niereninsuffizienz, Leberzirrhose, Unterernährung
_j
T4 i, TSH t, Schilddrüsenantikörper i
Kreatinin i, Harnstoff-N i, GOT i, GPT i, Quick .J.
Medikamentenanamnese arzneimittelinduzierte (z. B . Östrogene, AntiGynäkomastie androgene, Cyproteronacetat, Spironolacton , Ketoconazol, Omeprazol, Cimetidin, Nifedipin, Digitoxin, Captopril, Diazepam, Phenytoin)
Abklingen nach Absetzen des Medikaments
keine
idiopathische Gynäkomastie
alle U ntersuchungen negativ
familiäre Belastung
familiäre Gynäkomastie
Anamnese
einseitig kleiner derber Tumor, exzentrisch
Mammakarzinom
Sonographie, Mammographie
Gynäkomastie und Adi positas
Jugendlicher mit normaler Pu bertät
Lipomastie oder Lipogynäkomastie
Sonographie, BMI i , spontane Rückbildung
Gynäkomastie und Pubertas tarda
positive Anamnese für Kryptorchismus, Maldescensus testis, oder Orchitis, Radiatio der Hoden (z. B . Leukämie)
Anarchie (konnatale, funktionelle), Testosteron-Biosynthesedefekte
LH i , FSH i , SerumTestosteron .!. , Ö stradiol i, hypergonadotroper Hypogonadismus
Hypospadie, inkomplette Virilisierung, weiblicher Phänotyp
Androgen rezeptor-Defekt
Molekulargenetik
------
Differenzialdia gnose der Gynäkomastie terisierung wei terführende !de; Hauptsymptoms Nebenbefunde
Verdachtsdiagnosen
BestätiDiaggnose ung der
Hochwuchs, eunuchoide Körperproportionen, kleine derbe Testes (< 6 ml)
Kli nefelter-Syndrom
Chromosomenanalyse
Anosmie, kleine Testes
Kalimann-Syndrom
Libidoverlust, Hodentumor
Leydig-Zell-Tumor
Galaktorrhö
P rolaktino m
lchäräk
Gynäkomastie und Pubertas tarda
89 Gynäkomastie
LH J., FSH J., Testosteron J,, M R I , ZNS, Riechtest, molekular genetische Untersuchung
Sonographie, hCG i, Östradiol i Prolaktin i. MRI
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535
L
M Metabol ische und Elektrolytstörungen 90 Hyperglykämie Reinhard W. Holl
Symptombeschreibung
Blutzuckerwerte oberhalb der Nierenschwelle v o n etwa 180 mg/dl führen zu einer Glukosurie. Ein N üchternblutzuckerwert > 1 26 mg/dl (7 mmol/1)
bzw. ein zu einer beliebigen Tageszeit gemessener Wert > 200 mg/dl ( 1 1 , 1 mmol/1) erfüllt die Krite rien eines Diabetes mellitus, wenn die folgenden D iagnoserichtlinien beachtet werden .
Rationelle Diagnostik Anamnese
Die osmotische Diurese erklärt die entstehende Polyurie und Polydipsie. Ein typisches H inweiszei chen auf einen Diabetes mellitus ist deshalb das Wiederauftreten einer Enuresis nocturna, nach dem ein Kind b e reits trocken war. Eine chronische Hyperglykämie füh rt zu Gewichtsabnahme sowie zu Müdigkeit und Adynamie. Auch genitale Myko sen, Harnwegsinfekte und seltener andere I nfek tionen können H i nweiszeichen auf eine Hyper glykämie sein, dies jedoch bei Ki ndern deutlich seltener als bei Erwachsenen . Man che Patienten berichten über verschwommenes Sehen, was sich durch eine Änderung des Quell ungszustandes der Linse bei Hyperosmolarität erklärt. Klinischer Befund
Exsikkose und Foetor acetonaemicus können bei Patienten mit neu a ufgetretenem Diabetes be obachtet werden. Eine Kußmau i-Azidoseatmung sowie neurologische Symptome wie Stupor oder Koma sind dagegen typisch für Pat ienten mit schwerer d iabetiseher Entgleisung, was heute a ufgrund rechtzeitiger Diagn osestell ung - nur noch selten bei D iabetesmanife station gese hen wird (ca . 20% der Patienten haben eine milde oder schwere Ketoazidose bei Manifestation ) . Klinisch-chemische Untersuchungen
Die Kombination aus typischen klinischen Sym ptomen (die sich über mehrere Tage bis Wochen verstärkt haben ) , einem massiv erhöhten Blutzuk li.er (> 200 mg/dl bzw. > 1 1 , 1 mmol /1) und ausge prägter Urinzuckera ussch eidu ng, beweist einen Diabetes mellitus. Für die Diagnose Diabetes mel-
l itus sind in dieser Situation keine weiteren Unter suchungen notwendig. Von einem perm a n en ten Diabetes abgegren zt werden m üssen transito rische Hyperg lykämien, z . B . bei Säuglingen und j ungen Kindern im Rah men von G astroenteriti den oder als N ebenwir kung von M edikamenten. Abbildung 90. 1 zeigt ein Flussdiagramm zur Abklärung eines k l i n i s c h en Verdachtes auf Diabetes mellitus . Bei milder oder fraglicher klinischer Symptoma tik sowie bei gering ausgeprägter Hyperglykämie (Bereich: 1 80-200 mg/dl) muss die Diagnose nach etablierten Kriterien gesichert werden. Zur Bestä tigung oder zum Ausschluss eines Diabetes melli tus wird ein oraler Glukosetoleranztest durchge führt: Nach einer Fasten periode von 1 0 Stunden wird i m N üchternzustand der B l utzucker b e stimmt, und anschließend werden 1 ,75 g G luko se/kg KG (max. 75 g, 2 5%ige Lösung, z.B. Dextro O G'f®) inn e rhalb von 5 Min uten getrunken. Nach 2 Stunden wird der B l utzucker erneut gemessen . Für die Beurteilung muss die A1i der Bl utprobe zur Blutzuckerbesti mm ung (venös oder kapillär, Voll b l ut oder Plasma) berücksichtigt werden (Tab. 90. 1 ) . Ein OGT-Test ist nur sinnvoll bei Patienten, die zum Zeitpunkt des Tests nicht an akuten In fektionen bzw. besonderen Belastungen leiden und sich in den letzten Tagen normal ernährt ha ben ("koh l en hydratreiche" Kost für 3 Tage) . An hand des O GT-Tests lässt sich d ie Kohlenhydrat verwertung eines M enschen als "normal", "gestört" oder "diabetisch" einordnen . Wie alle Funktionstests unterliegt der OGT-Test einer er h eblichen intraindividuellen Variabilität, was ins besondere bei Patienten in der G ruppe "gestörte Glukosetoleranz" berücksichtigt werden muss. Ei ne zuverlässige Aussage ist nur möglich , wenn die B lutzuckerbestimmung mit einer k ontrollierte n , enzymatischen Messmethode durchgeführt wurde. Basierend auf ep idemi o l o gis che n Studien wurde im J u l i 1 99 7 von der ameri kanischen Diabetes gesellschaft ein neues Diagnosesystem propagiert (Diabetes Care 20: 1997 [ 1 183-1 197)). Ziel ist es, den Aufwand zur Diagnose des Diabetes bei älte ren Personen mit V. a. Typ-2-Diabetes zu reduzie ren. Die G renzwerte für den 2- Stunden-Blutzuk ker im OGT-Test bleiben unverände1i, der Grenz wert für die Diagnose eines Diabetes mellitus an hand des Nüchternblutzuckers wurde jedoch von 1 40 mg/dl (7,8 mmol/1) auf 1 26 mg/dl (7 mmol/1)
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537
rv
90 Hyperglykämie
----klinischer Verdacht auf Diabetes mellitus
f
typische Anamnese über Tage bis Monate, Blutzucker 2: 200 mg/d l, Urinzucker und Urinazeton positiv, evtl. Azidose
Diabetes mellitus Typ 1 evtl. Bestätigung durch Ak gegen ß-Zeii-A ntigene
Abb. 90.1
Anamnese: diabetestypische Symptome, Dauer? Bestimmung von Blutzucker, Urinzucker, U rinazeton
+
I
t
Blutzucker erhöht oder grenzwertig, unkl are Symptomatik
Blutzucker 2: 200 mg/dl, keine diabetestypischen Symptome, akute Erkrankung
'
möglicherweise transitorische Hyperglykämie, z.B. im Rahmen von Gastroenteritis oder medikamentenbedingt
Normalbefund
-
Blutzuckertagesprofil OGT Test
Grenzbefund: gestörte Glukosetoleranz oder gestörte Nüchternglukose (evtl. Ursachen abklären, Prophylaxe)
+
Diabetes bestätigt (U rsache klären: Typ 1 /Typ 2/ sekund ärer Diabetes/MODY/ a n dere F armen)
Differenzialdiagnose der Hyperglykämie bei Kindern und J ugendlichen .
Tabelle
90.1 Bewertung des oralen Glukosetoleranztests in Abhängigkeit von der verwendeten Blutprobe (nach Alberti et al. for the WHO consultation: Definition, diagnosis and classification of diabetes mellitus and its compli cations. Part 1 : Diagnosis and classificatio n of diabetes mellitus. Diabetic Medicine 1 5, 539-535, 1 998). Werte im mg/dl (mmol/1).
nüchtern
2-Stunden-Wert
venöses Plasma venöses Vollblut kapilläres Plasma kapilläres Vollblut
< < <
10 g Glulmse/h für länger als 4 Stun den infundiert, erfolgt auch beim Kind eine ausgeprägte Insulinstimulation, welche die Ur sache postpartaler Hypoglykämien sein kann.
Kin der mit D iabetes mellitus Typ I stellen hinsicht lich der Erkennung und Beurteilung dosierungsbe dingter Hypoglykämien einen eigenen Problembe reich dar. Unter den anamnestischen Angaben sollten folgen de Symptome und H inweise als mög liche Zeichen von Hypoglykämien gewertet wer den : • Kopfschmerzen, die sich meist über den ganzen Tag erstrecken; •
• •
schlechter Schlaf mit lebhaften Träumen; kaum zu stabilisierende B lutzuckerkonzentra tionen mit extremen S chwankungen; nahezu feh l ende Rea ktio n a uf Ve r ä n deru n g e n
nügender Glukosebereitstellung gegenüber. Situa tionen mit gesteigertem Glukoseverbrauch, wie
der Insulindosierung.
z.B. beim Hyperinsulinismus, haben eine nur ge ringe Nü chterntoleranz. Störungen der Glukose bereitstellung, z . B . aus den G lykogenspeichern, machen sich in der p o stabsorptiven Phase dann bemerkbar, wenn die G lykogenvorräte zum Erhalt der G lukosehom öostase herangezogen werden müssen. Ein typisches Beispiel ist die Glykogena se Typ I (von Gierke) mit einer N üchterntoleranz von nur 1 -2 Stunden . Nachdem die Glykogenvor räte aufgebraucht sind, wird d ie B lutzuckerkon
Körperliche Untersuchung
zentration vor allem über die G lukoneogenese sta b i l isiert . Primäre und sekun däre Störu ngen der G lukoneogenese sind somit erst nach einer fmige schrittenen Nüchternphase klinisch auffällig. I n s besondere Hypoglykämien in den M o rge ns t u n
den, die nach einer protrahierten nächtl i chen N üc hternperiode auftrete n , entsprechen diesen zeitlichen Überlegungen. Alter bei Auftreten von ersten Hypoglyl. M o ment der Hypoglykämie erfo lgen . Tritt diese nicht spontan ein, so muss sie durch einen pro e ...... trahierten N üchterntest herbeigeführt werden. • Das Auftreten der Hypoglykämie mit Bezug auf � (l) den Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme zeigt evtl. w vorliegende toxische Wirkungen von Nahru ngs mitteln auf. Klassische Beispiele sind die heredi -o c täre Fruktoseintoleranz und die Galaktosämie . ::J • Die Länge der Nüchternphase bis zum Auftreten (l) einer Hypoglykämie trägt wesentlich zu deren Be ..!:. () urteilung bei. cn • I n der Hypoglykämie wird durch die gleichzeiti 0 ge Bestimmung von Glukose, ß-OH-Buttersäure , ..a freie Fettsäuren u n d Laktat a u s einer einzelnen CU Blutprobe bereits eine grobe Zuordnung zu patho ...... (l) physiologischen Kategorien möglich. � • Es s o l l t e versucht werd e n , jede Hypoglykämie durch eine Glukagoninjektion zu beenden . Die da bei ausgelöste Ä nderung der Serumgl ukosekon- 549
M
92 Metabolische Azidose und Alkalose
---
--
zentration kann einen wertvollen diagnostischen H inweis geben. Ein steiler Glukoseanstieg spricht dabei für eine starke G lykogenspeicherung der Le ber, wie sie z . B . beim Hyp e rinsu l in i sm u s auftritt.
Ein nahezu feh lender Glukoseanstieg dagegen ist nahezu pathognomonisch für entleerte G lykogen speicher, wie z.B. bei der ketotischen Hypoglyk ämie des Kleinkindes.
Differenzialdiagnostische Tabelle
Differenzialdiagnose einer Hypoglykämie Charakteri sie- wei terführende Neben- Verdachtsdiagnosen befunde rung des Hauptsymptoms Hypoglykämi e
Hepatomegalie
Glykogenosen, Glukoneogenesedefekte, hereditäre Fruktoseintoleranz
Bestäti Diagnosegung der Enzymnachweis in Erythrozyten, Lebergewebe oder Dünndarmmukosa
Galaktosä m ie
Enzymnachweis in Erythrozyten
Ketolysedefekt
Enzymnachweis in Fibroblasten
Gerinnungsstörung
hereditäre Fruktoseintoleranz s.o. Galaktosämie s.o.
Bewusstseinsstörung
Hyperinsulinismus
supprimierte Ketogenese, Plasmainsulinkonzentration
mittelkettiger Acyi-CoADehydrogenase-Mangel
Phenylpropionsäurebelastung; Nachweis der A985G-Mutation; organische Säuren; Oktanoylcarnitin
cushingoides Neugeborenes
Hyperinsulinismus; Kind diabetiseher Mutter
s.o.
Kardiamyopathie
ß-Oxidations-Defekte langkettiger Fettsäuren
Enzymnachweis in Fibroblasten; organische Säuren
Kleinkind mit zartem Körperbau
ketotische Hypoglykämie des Kleinkindes
kein Glukoseanstieg in der Hypoglykämie nach Glukagon
fehlende adrenerge Reaktionen (Blässe, Tachykardie) bei einem jungen Kleinkind
hypoadrenerge Hypoglykämie
Katecholaminausscheidung (kein Blutglukoseanstieg nach 2-Deoxyglukose)
92 Metabolische Azidose und Alkalose Wolfgang Sperl
nismus sehr genau in einem engen Bereich kon stant gehalten. Das G leichgewicht ist um so ge fährdeter, je jünger und unreifer das Kind ist. Für die Homöostase des Säure-Basen- Haushaltes sind potente Puffersysteme ( BikarbonatlpCOT Puffer,
Metabol ische Azidose Einleitung
Eine Azidose entsteht durch Protonenvermeh rung oder Bikarbonatverluste in den Körperflüs sigkeiten . Die normale Konzentration von freien H + - Ionen im Plasma beträgt 40 ± 3 n m o l / 1 der p H-Wert (negativer dekadischer Logarithmus der Wasserstoffionenlwnzentration) 7,40 ± 0,03. Die Wasserstoffionenkonzen tration wird im Orga,
550
Phosphatpuffer, H ä m ogl obinpuffer, Eiweißpuffer)
sowohl im extrazel l ulären als auch im intrazellu lären Rau m notwendig. Eine Regu lation des Säure- Basen-Haushaltes ist resp ira to risch durch die Ä nderung der C02-Abgabe (Hypoventilation bzw. Hyperventilation) und rena l durch Variation der Bikarbonatrückresorption bzw. der Ausschei-
------ 92 Metabolische Azidose und Alkalose
dung von H +- bzw. Ammoniumionen möglic h (Abb. 92. 1 ) . Die wichtigsten Messgrößen zur Beurteilung des Säure-Basen-H aushaltes sind (alle N ormalwerte arteriell) : • p H (n: 7,3 7-7 ,43) • pC0 2 (n: 36-44 m mHg) • H C03- (n: 22-26 mmol/1) Die Beziehung zwischen diesen Parametern wird durch die Henderson-Hasselba lch-Formel wie dergegeben: pH
=
[ HC03-] 6 , 1 + log pC0 2 x 0,03
Bei Krankheitsbildern mit unklarer Azidose ist eine gründliche Anamnese wichtig. Ausgeschlossen wer den muss die Einnahme von toxischen Substanzen und M ed ikam ente n . Notwendig ist eine gründliche Ernährungsanamnese und Abschätzung der Dauer von Fastenzuständen bzw. katabolen Stoffwechsel lagen. Besonders bei der Azidose des Neugebore nen ist eine subtile Bestandsaufnahme wichtig: perinatale Anamnese, Dauer der Milchbelastung, Ernährungssituation, Zeitpunkt des Auftretens der ersten Symptome etc.
arterielle Blutgasanalyse
Rationelle Diagnostik Anamnese
Störungen und Kompensation im Säure-Basen-Haushalt
pH
Aus zwei bekannten Variablen kann die dritte da mit berechnet werden. Azi dose im engeren Sinne bedeutet einen Über schuss an H+-J onen und kann zur Azidämie füh ren, wenn trotz Kompensationsmechanismen eine p H -Erniedrigung im Blut eintritt. Besonders i m deutschen S prachgebrauch werden die beiden Be griffe ungenau und wechselnd gehandhabt.
7,43
t
Klinik
Im
besonderen müssen jene Organsysteme genau
die in die Regulation des Säure Basen-Haushaltes mit einbezogen sind. Entschei dend ist die Beurteilung der Atem- und Kreislauf situation (Kußmaui-Atmung, Tachy-/Bradykardie, Hyper-/Hypotonie), der peripheren Oxygenierung und auch die der N ierenfunktion. Wichtig ist weiterhi n die Einschätzung des Hydrierungsgra des, der peripheren Rezirkulation, der Beurteilung der Organgrößen, des M uskeltonus und insbeson dere des neurologischen Status.
beurteilt werden,
erwartete Kompen· sation
1 ,2 mmHg .!. pC02 pro
1 mmol/1 .!. (HC03- )
Abb. 92.1
akut: 1 mmollli
chronisch: 3,5 mm ol/1 i (HC03-) pro 1 0 mmHg pC02 i
0 ,7 mmHg i pC02 pro 1 mmol/1
(HC03-) i
akut: 2 mmol/1 .!. c h ronisch: S mmol/1 .!. (HC03-) pro 1 0 mmHg pC02 .!.
Verschiedene Formen von primären Stö rungen des Säure-Basen-Haushaltes mit den konseku tiven Kompensationsmechanismen a uf respiratori scher oder renaler E bene. Um M i schformen zu er kennen, ist zu prüfen, ob die erwartete Kompensation eingetreten ist.
I
Eine schwere metabolische Azidose (pH < 7,10) vermindert die lmrdiale Kontraktilität, beein trächtigt die inotrope Antwort auf Ratechol amine und prädisponiert zu schweren ventriku lären Arrhythmien.
In die GesamtbeUJieilung der metabolischen Azi dose sind Grundkrankheiten (Epilepsie, Leu k ämie, Kurzdarmsyndrom etc.) mit einzubeziehen. Bei chronisch renaler Azidose treten Wachstums probleme und Störungen im Knochenstoffwechsel (renale Osteodystrophie) auf. IUinische Hinweise auf eine D-Laktatazidose beim Kurzdarmpatien ten, besonders nach k ohlehydratreichen Mahlzei ten, sind Episoden von Somnolenz, zerebellärer Ataxie und Dysarthrie.
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93 Hyperkalzäm ie Eckhard Schönau
Symptombeschreibung E i n e Hyperkalzäm ie i s t d efi n i ert durch d i e Erhö h u n g der Gesamtseru mkalzi um konzentration auf > 2,65 m mol/1 bzw. 1 0 ,6 mg/dl bei normaler Serum album i n konzentration oder als eine Erh ö h u ng des i o nisi erten Kalzi u ms > 1 ,4 mmol/1 bzw. 5 ,6 mg/dl . D i e k l i n i sc h e Symptomati k (Ausnah me: hypo kalzi u ri s c h e H yp e rk a l z ä m i e) ist c h a ra kterisi ert
d u rch A norexi e , Ü belkeit, E rbrechen, Gewichts abnahm e , psychische Verä n d erunge n , Bl utdruck erh ö h ung, Polydipsie, in fortgesch ri ttenen Stadi en extraossäre Verkalkunge n , N ep h rokalzino se u n d Nephrolith iasis, beim p r i m äre n Hyperparathyreo i d ismu s zusätzl ich durch Knochenschmerzen u n d R ö n tgenverän d erunge n , i n sbesond ere Subperi ostale Defekte a n Rad ialseiten der Mit t elp halan gen I I
und
1 11.
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557
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93 Hyperkalzämie
Rationelle Dia nostik Anamnese
Beim Nachweis einer Hyperkalzämie im Neugebo renenalter i st nach Störungen des Kal ziumstoff wechsels i n der Familie, i nsbesondere bei der Mutter, zu fahnden: Eine chronische mütterli che Hypolcalzämie als Folge eines n icht oder schlecht eingestellten Hypoparathyreoidismus oder Pseu dohypoparathyreoidismus bewirkt über einen er n iedrigten d iaplazentaren Kalziumgradienten eine i ntrauterine Stimulation von Parathormon (PTH) beim Fetus und bei manchen Neugeborenen post natal eine transitorische Hyperkalzämie. Eine mangelnde Phosphatzufuh r führt insbe sondere bei Frühgeborenen auf folgende Weise zur Hyperkalzäm ie: D urch die Ten denz zur Hypo phosphatämie wird die Sekretion des aktiven Vit amin-D-Hormons 1 ,25-Hydroxyvitamin 0 gestei gert und weniger Kalzium mit Phosphat ins Skelett e ingelagert. Die Folgen sind eine erhöhte intesti nale Kalziumabsorption, Hyperkalzämie und PTH-Suppression sowie e ine Hyperkalziurie. Auch eine langdauernde M uttermilchernährung ohne Phosphatsubstitution kan n über den glei chen Pathomechanismus bei termingerecht gebo renen Säuglingen zu einer Hyperkalzämie führen. Bei einer Hyperkalzämie muss gezielt nach einer vorangegangenen Behandlung mit Vitam in D oder Vitamin-0-Metaboliten, Vitamin A und Thiaziden gefragt werden. Körperliche Untersuchung
Diese ist bei Hyperkalzämien meist unergiebig. I m frühen Säuglingsalter muss auf Zeichen der Adiponecrosis subcutanea (besonders am Rumpf auftretende ausgedehnte Fettgewebsnekrosen mit tief subkutan gelegenen Verhärtungen und blau-ro ter Verfärbung der darüber gelegenen Haut) und ei nes M. Jansen (dysproportionierter Kleinwuchs mit verkürzten Extremitäten und rach itisähnlichen Veränderungen a n den M etaphysen der langen Röhrenknochen) geachtet werden. Nach morphologischen AuffäHigkeiten i m Sin ne eines Williams-Beuren- bzw. Fanconi-Schlesin ger-Syndroms (kraniofaziale Dysmorphie, kardio vaskuläre Verän derungen, prä- und p ostnataler M i n derwuchs, M ikrozephalie, Kyphoskoliose, mäßige geistige Entwi cklungsverzögerung, hypo p lasti sche, spät durchbrechende Zähne und psy chische Veränderungen), die m i t einer idiopathi schen infantilen Hyperkalzämie einhergehen kön nen, muss gesucht werden. Klinisch-chemische Untersuchungen
558
--
--
Bei einer Hyperkälzämie ist die sofotiige Bestimm u ng des i n tak ten Serum-PTH ( 1 -84 PTH) not-
wendig. Ist die Konzentration erniedrigt, liegt eine nebenschilddrüsenunabhängige Erkrankung, wie z. B. e ine Vitamin-D-Intoxikation, eine onkologi sche Erkrankung (selten) , eine metaphysäre Dys plasie Typ Jansen (sehr selten), eine infantile idio pathische Hyperkalzämie, eine endokrinalogische Erkrankung ( Nebennierenrindeninsuffizienz, Hy pothyreose, Hyperthyreose) oder ein Phosphatman gel (besonders bei Frühgeborenen) vor (Abb. 93 . 1 ) . Bei der Konstellation Hyperkalzämie p l us Hyperparathyreoidismus handelt es sich in der Re gel um einen primären Hyperparathyreoidismus, der fam iliär oder sporadisch auftritt. H ierbei ist die Urin kalziumausscheidung erhöht. Bei einer nor malen oder erniedrigten Kalziumausscheidung l i egt die seltenere fam i l iäre hypokalziurische Hyperkalzämie vor, die in der Regel keine klini schen Symptome hervorruft.
Hyperkalzämie
primärer Hyperparathyreoidismus hypokalziurische Hyperkalzämie
Viiamin-D-Metaboliten im Serum erhöht
ja
�
Viiamin-D Intoxikation
ja
�
Tu mor hyperkalzämie
ja
��
nein
t
Tu mornachweis
nein
t
metaphysäre Dysplasie nein
t
M . J a n se n L. _ _____. _ _____
• infantile idiopathische Hyperkalzäm ie • Phosphatmangel • Viiamin-A-Intoxikation • Hydrochlorothiazid- Ü berdosierung • Nebennierenrindenin suffizienz • Hypothyreose • Hyperthyreose • Immobilisierung • Blue-diaper-Syndrom • bei Neugeborenen von Müttern mit Hypoparathyreoidismus oder Pseudohypoparathyreoidismus
Abb. 93.1
Differenzia ldiagnose bei Hyperkalzä m ie.
----- 93 Hyperkalzämi e
Tech nische Untersuchungen Nierensonographie und röntgenologische A bdo men leeraufnahme können eine Nephrokalzinose
und/oder Nephrolithiasis bei chronischer Hyper kalzämie und Hyperkalziurie dokumentieren. Ske lettmetastasen oder Tumorinfiltrationen im Kno c henmark können auf eine Tumorhyperkalzämie hinweisen . Son ographisch ist bisweilen die Loka lisierung eines Nebensch ilddrü senadenoms mög lich. Bei V. a. einen p rimären Hyperparathyreoidis mus ist eine selektive Halsvenenkatheterun tersu chung, -arteriographie oder -szintigraph ie nur in seltenen Fällen (Reoperation eines durch die Erst operation nicht erfolgreich behandelten primären Hyperparathyreoidismus) indiziert, eine Kalzium oder Glukokortikoidbelastung ist obsolet.
Besondere Hinweise
Bei der D i fferenzialdiagnose der Hyperkalzämie i m Kindesalter ist besonders zu unterscheiden, ob die Störung im Neugeborenen- bzw. frühen Säu glingsalter oder erst in einem späteren Lebensalter auftritt. Bei Neugeb orenen u n d jungen Säuglingen
muss besonders an einen m ütterli chen Hypopara thyreoidism us oder Pseudohypoparathyreoidis m u s , einen Phosphatmangel mit der Nah rung (insbesondere bei Frühgeborenen) , eine Adipo necrosis subcutanea, eine angeborene Hypophos-
phatasie und bei einer ausgeprägten, lebensbe drohlich verlaufenden Hyperkalzämie an einen primäre n n eonatalen H yperparathyreoidismus gedacht werden . Die vom primäre n ne onatalen Hyperparathyreoidismus betroffenen Neugebore nen leiden meist an der homozygoten Form der hypokalziurischen Hyperkal zämie, die bei den heterozygoten Eltern in der Regel klinisch asym ptomatisch verläuft. M utati onen des Kalzi um-Sensing-Rezeptor Gens wurden nachgewiesen. Jenseits des frühen Säuglingsa lters ist an eine Vitamin-D-I ntoxikation zu denken, die bei Ü ber dosierung m it Vitamin D durch eine Erhöhung des 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegels im Serum (meist > 100 ng/ml bzw. 240 nmol/1 ) , bei einer I ntoxika tion mit Calcitrial ( 1 ,25-Dihydroxyvitamin D3) zu einem erhöhten Serums piegel des aktiven Vit amin-D-Hormons führt. Beim H i nweis auf einen primären Hyperparathyreoidismus, der sporadisch oder familiär auftreten kann, müssen Zusatzunter suchungen zum Nachweis oder Ausschluss einer m ultiplen endokrinen Neoplasie ( M E N ) Typ I (pri märer Hyperparathyreoidismus, Gastrinom des Pankreas, Hypophysenvorderlappentumor) oder Typ II (primärer Hyperparathyreoidismus, medul läres Schilddrüsenkarzinom, bilaterales Phäochro mozytom) durchgeführt werden . Die idiopathische infantile Hyperkalzämie, die zur spontanen Remis sion vor dem 4. Lebensjahr neigt, kann aufgrund evtl. zusätzlich vorhandener Dysmorph iezeichen vermutet werden, erfordert aber in der Regel den Ausschluss anderer Hyperkalzämieursachen . c: CD 0) s::: :::J l....
Differenzialdiagnostische Tabelle
:o
Differenzialdiagnose der Hyperkalzämie [Charakterisie- weiterführende Verdachtsdiagnose ��ung des Haupt- Befunde symptoms
�
Hyperkalzämie Serum-PTH i bei Neugeborenen und j ungen Säuglingen
1 . angeborener. primärer Hyperparathyreoidismus a) sporadisch b) familiär • autosomal-rezessiv autosomal-dominant • hypokalziurische Hyperkalzäm ie 2. mütterliche chronische Hypokalzämie (schlecht eingestellter Hypopara thyreoidismus oder Pseudo hypoparathyreoidismus) •
......
C/)
Bestäti Diagnosegung der kalkarmes Skelett mit Osteolysen, Serumphosphat erniedrigt, Serum-AP erhöht, Hyperkalziurie weitere Geschwister betroffen? ein Elternteil betroffen? (HRPT2-Gen) oft haben beide Eitern asymptomatische hypokalziurische Hyperkalzämie Verlauf (spontane Normalisierung des Hyperparathyreoidismus)
i
J
0
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559
M
93 Hyperkalzämie
----
Differenzialdiagnose der Hyperkalzämie terführende Verdachtsdiagnose sie- wei 'CiirungarakteriHauptBefunde symptoms (Fortsetzung)
des
Serum-PTH 1 Hyperkalzämie bei Neugeborenen und jungen Säuglingen
1 . Phosphatmangel a) Frühgeborene b) langdauernde Muttermilchernährung ohne Supplementierung mit Phosphat 2. Adiponecrosis subcutanea 3. kongenitale Hypophosphatasie 4. Morbus Jansen
5. Blue-diaper-Syndrom Hyperkalzämie bei älteren Säuglingen und Kindern
Serum-PTH i
1 . primärer H yperparathyreoidismus (sporadisch oder famil iär) 2. a) M EN I b) MEN I I
3. hypokalziurische Hyperkalzämie
Serum-PTH 1
1 . medikamentös bedingt
a) Intoxikation mit Vitamin D oder Vitamin-D-Metaboliten (z. 8. Calcitrio I oder AT10) b) Intoxikation mit Vitamin A c) Hydrochlorothiazid 2 . Immobilisierung 3. Endokrinopathien a) Hypothyreose b) Hyperthyreo se c) NebennierenrindenInsuffizienz 4. granulomatöse Entzündungen a) Sarkoidase b) Tuberkulose 5. Tumorhyperkalzämie
6. kongenitale Hypophosphatasie 7. Morbus Jansen 8. idiopathische infantile Hyperkalzämie
560
Bestäti Diagnosegung der Urin -Ca i, Urin-P l, oft Serum-AP i
typische Hautveränderungen Serum-AP 1, Phosphoäthanolamin im Urin i typische Skelettveränderungen (PTH-/PTHP-Gen) blaue Verfärbung der Windeln, Gedeihstörung, Malabsorption von Tryptophan Urin -Ca i, Serum-P oft 1, Nephrokalzinose und/oder Nephrolithiasis primärer Hyperparathyreoidismus (90%) Tumoren des Hypophysenvorderlappens primärer Hyperparathyreoidismus (ca. 30%) medulläres kalzitoninproduzierendes Schilddrüsenkarzinom, Phäochromozytom (M EN1 -Gen, M EN2-Gen [c-ret]) Serum-PTH hochnormal bis leicht erhöht, Urin-Ca 1. keine Symptomatik, oft auch ein Elternteil betroffen 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel im Serum i bei Vitamin-D-Intoxikation t ,25-Dihydroxyvitamin- D-Spiegel im Serum i bei Calcitrial-Intoxikation Vitamin-A- oder Retinoidspiegel im Serum i, röntgenologische Veränderungen (periostale Verkalkungen) Urin-Ca 1 T3 und T4 im Serum
1
T3 und T4 i m Serum i
Kortisol in Serum und Urin 1
1 ,25-Dihydroxyvitamin-D-Spiegel im Serum i Rö Thorax u.a. Rö Thorax u.a. Infiltration oder Metastasen des Skelettsystems, im Gegensatz zum Erwachsenenalter ist das PTH-ähnliche Protein im Serum meist nicht erhöht Serum-AP 1, Phosphoäthanolamin i m Urin i typische Skelettveränderungen Ausschluss anderer Hyperkalzämieursachen, evtl. Dysmorphiezeichen im Sinne eines Williams-Beuren- bzw. Fanconi-SchlesingerSyndroms, Urin-Ca i, 25-Hydroxyvitamin-DSpiegel im Serum normal, 1 ,25-Dihydroxyvitamin-D-Spiegel im Serum meist normal, selten passager erhöht
----
94 Hypokalzäm ie
94 Hypokalzämie Eckhard Schönau
Symptombeschreibung -� -
Eine Hypokalzämie ist definiert durch die Herab setzung der Gesamtserumkalziumkonzentration auf < 2 , 1 mmol/1 bzw. 8,4 mg/dl bei no rmale r Se rumalbuminkonzentration oder eine Herabset zung des ionisierten Kalziums < 1 , 1 mmol/1 bzw. 4,4 mg/dl bei normalem p H -Wert. Der Gesamtkalziumspiegel ist ab hängi g von der Albuminkonzentration, so dass eine Hypalbumin ämie eine Vermi nderun g und eine Hyperalbumin
ämie eine Erhöhung der Gesamtkalziumkonzen tration bewirkt, ohne dass sich das ionisierte Kal
zium verändert. Eine einfache Korrekturformel lautet:
Serumkalzium (mg/dl) - Seru malb u mi n ( g / d l ) + 4 , 0 = korrigiertes Serumkalzium ( m g/ d l) D ie Serumkonzentration des biologisch entschei denden ionisierten Kalziums, die mit H il fe vo n kalziu ms e n sitive n E l e ktro d en d i re kt erfa s sb a r i st , ist vom pH-Wert des B l u t e s ab hä n g i g . Sie s i n kt bei einer All0 ll.+-' ..Y. Cl) w
"0 c ::J
Cl) .c
(.)
Cf)
0 ..c (1j +-'
Cl)
� 561
IV
94
Hypokalzämie ---biochemische Störu ngen des Kalziumstoffwech sels spricht man vom Pseudo-Pseud ohypoparathy reoidismus . D ieser wird, ebenso wie der Pseudo hypoparathyre o idismus Typ Ia, autosomal-domi nant vererbt. Betroffene Kinder von M üttern mit Pseudohypoparathyreoidismus Typ I a oder Pseudo Pseudohypoparathyreoidismus haben nahezu im-
Gesicht, kurzer H al s , gedrungener Körperbau, Ü bergewicht, geistige Retardierung, Brachydakty lie u n d subkutane, gelenknahe Verkalkungen. Sehr häufig fin det sich bei dieser Form des Pseu dohypoparathyreoidismus ('TYP Ia oder Ic) eine la tente oder man ifeste H ypothyreose, seltener ein Hypogonadismus. Bei Patienten m it A H O oh ne
Hypoka lzämie
_Jia!i ili'1nein
P se _ _ _ _ _ _ _ _ � �_ u: -� _ _ J,i_ P_ s
,•---�
� ja
PTH
i
Röntgenzeichen +
,,
�
Serummagnesium erniedrigt
Hypoja+- magnesiämie
nein
VitaminRachitis
D-Ma nge l-
er-
.. nie drigt
t
� �
25-Hydroxy vitamin
im Serum (vor Therapie!)
reu m TH
D
P
+
+
erhöht
normal
Serumkreatinin
Vitamin-D-abhängige Rachitis (VDAR)
VDAR
Typ I
I
.. nieerdrigt lli
H y p o -__...J erniedr igt .... parathyreoidismus L.----___
erhöht
t
1 ,25-Dihydroxyvitamin D im Serum (vor Therapie!)
T
erhöht
nein
VDAR Typ II
renale Osteopathie
t
normal ..... �
vermindert Gsa- rotein in P Erythrozyten e r n iedrigt
.. nein
1
t
H P P "f'Y_ P I _ L_ _ � I_ _
__)
ja
t
PHP Typ lb
t nein
t
PHP Typ lc 562
Abb. 94.1
D ifferenzialdiagnose bei Hypokalzämie.
I
1ja
t
PHP Typ Ia
PHPTyp II
----- 94 Hypokalzämie
mer e i ne n Pseudohypoparathyreoidismus Typ Ia, b etroffene K i nd e r von Vätern m it Pseudohypo parathyreoidismus Typ I a oder Pseudo-Pseudo hypoparathyreoidismus haben nahezu immer nur einen Pseudopseudohypoparathyreoidismus (Folge eines "imprinting" ) . Kalzipenische Rachitisformen s i n d b e i l änge rem Verlauf immer durch begleitende S kelettver änderungen gekennzeichnet. Eine Hyp o magn esiäm ie führt in leichten bis m itte l sc hwere n Fällen z u e i n e r vermi nderten Parathorm o nse kreti o n (fu nktio n elle r Hypopara thyre oi di s mus) , i n a usgeprägter Form zu e iner mangelnde n Parathormonwi rkung (fun ktioneller Pseu dohypoparathyreoidi s m us). N iere n i nsuffizienz oder andere Ursachen für Hyperphosphatäm i e n sin d durch e ntsprechende Zusatzuntersuchungen und eine Anamnese zu er fassen . Klinisch-chemische Untersuchungen
Abbi ldung 94. 1 fasst die klinisch-chemische D iffe renzialdiagnose der Hypokalzämie z usammen. Er gibt die zusätzliche M essung von Seru mphosphat und a lkalischer Phosphataseaktivität eine Hypo p hosphatämie und Hyperphosphatasie, so ist das Vorliegen einer lcalzipeni schen Rachitis nahelie gend. H ierbei sind zusätzli c h ein sekun därer Hyperparathyreoid ismus und röntge n ologische Rachitiszeichen nachwei sbar. Zur weiteren Diffe renzialdiagnose w i rd der Vit a m i n - D - M e t abolit 25-Hydroxyvitamin D bestimmt. I st er erniedrigt, ist eine Vitamin - D - M angel - Rachitis bzw. Rachitis bei h epatobi liären oder gastrointestinalen Erkran kungen oder unter Antikon vu lsivabehandlung ge sichert. Bei einer n ormalen Kon zentratio n von 25-H y droxyvitami n D handelt es sich um eine Vitamin-D abhängige Rachitis (VDAR) , die durch die zusätzli che Bestimmung des Vitamin-D-H ormons 1,25-Di hydroxyvita min D weiter differenziert wird. Bei einer Erniedrigung dieses Hormons handelt es sich um eine autosomal-rezessiv erbliche renale Synthe sestörung, also eine VDAR I , bei einer Erhöhung des H ormons um eine sehr seltene Endorgan resi stenz, also eine VDAR I I , die in etwa der Hälfte der Fälle mit einer Al o pez ie einhergeht. Bei der Konstellati o n ei ner Hyp o kalzämie mit Hyperphosphatämie (seltener N o rmophosphat ämie) ergibt e i n e z u sätzl ich e B e stimm u ng des Seru m m agnesi u mspiegels, ob eine relevante Hy p omagnesiämie (Serummagnesium < 0,5 mmol/1) vorl iegt.
Die zusätzli che Bestimmung des Serum -PTH ergibt, ob es sich um e i n en Hypoparathyreoidis m u s (vermi n d erte PTH - Sekreti o n ) o der e i n e n Pseudohypoparathyre oi dis mus ( E n d o rganre si stenz mit erhö hter PT H - Sekretion) handelt. B e i d e r Konstellati on von Hypokalzämie, Hyperphos p hatämie und erhöhter S erumparathorm onkon zentration m u ss eine ren a l e Osteapathie d u rc h e i n e Seru mkreatinin bestim m u ng ausgeschlossen werden. Bei Verdacht auf einen Pse u dohypoparathyre o idismus (PHP) müsste jetzt zur weiteren Differen zialdiagnose ein PTH- Test durchgeführt werd e n , um zwischen PHP Typ I und Typ I I zu unterschei den. Da derzeit offenbar weltweit kein geeignetes PTH fü r diesen Test mehr zur Verfügung steht, muss sich die Differen zierung auf die Messung der k rea tininbezogenen Urin -cA MP-A usscheidung im Spontanurin b eschrän k e n . Beim P H P Typ I ! mit deutlichem sekundärem Hyperparathyreoidis
m us ist die Ausscheidung erhöht, beim PHP Typ I erniedrigt bis normal (s. Abb. 94. 1 ) . Der Typ I kann weiter unterteilt werden i n einen Typ I a ( N ac hweis einer AHO und des auf etwa 5 0 % der N orm herabgesetzten Gsa- Proteins i n Erythrozyten) , einen Typ lb, bei dem keine A H O besteht, u n d d e n sehr seltenen Typ I c , der mit einer A H O , aber einer n o rmalen Konzentration des G sa-Protein s in Erythrozyten einhergeht.
Besondere Hinweise
Bei der Differenzialdiagnose der Hypokalzämie i m Kindesalter i st z u u nterscheide n , o b die Störung im Neugeb orenen - b zw. frühen Sä ugli n gs a l t er oder erst in einem späteren Lebensalter auftritt. Im Neugeborenen- und frühen Säuglingsalter
m uss beson ders an die transitorische frühe Form (meist asymptomatisch verlaufe n d ) oder späte Form ( B egin n meist in der 2. Lebenswoche, mit Krämpfen oder Tetanie einhergehend) und hierbei auch an eine mütterliche Hyperkalzämie, z . B . als Folge eines primären Hyperparathyreoidismus, ge dacht werden. Bei älteren Kindern ist an einen permanenten H ypoparathyreoidismus zu denken, der von der Geburt an oder aber in jedem Lebensalter auftreten kann. Eine kalzipenische Rachitis manifestiert sich meist nicht vor dem 3 . Le bens m o n at , eine renale O ste a pathie oder ein Pseudohypoparathyreoidis mus meist erst i n den ersten Lebensjahren.
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563
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94 Hypokalzämi e
---
--
Differenzi aldiagnost ische Tabelle
Differenzialdiagnose der Hypokalzämie terführende Verdachtsdiagnosen sie- wei Charakteri Nebenbefunde Hauptdes rung symptoms Serum-PTH 1 Hypokalzämie bei Neugeborenen und j ungen Säuglingen
1 . Hypoparathyreoidismus • transitorisch - frühe Form
- späte Form • permanent - sporadisch isoliert DiGeorge-Syndrom
Bestätigung der Diagnose Serum-P i , Serum-Mg normal
J
meist asymptomatische Hypokalzämie in den ersten 3 Lebenslagen, besonders bei Frühgeborenen, Mangelgeborenen und Kindern diabetiseher Mütter, bisweilen leichte Serum- PTH-Erhöhung meist in der 2. Lebenswoche mit Symptomen (Krämpfe, Tetanie) auftretend, selten d urch mütterliche Hyperkalzämie bedingt PTH-Gen; Thymushypoplasie (lmmundefekt), Herzfehler, Gesichtsdysmorphie, Gendeletion 22q 1 1 .2 (selten 1 Op oder andere Genorte), evtl. spontanes Sistieren der Hypokalzämie
- familiär autosomal-rezessiv autosomal-dominant in einigen Fällen konstitutive Aktivierung des Ca-Rezeptors mit hyperkalziurischer Hypokalzämie, dann Serum-PTH messbar! (KalziumSensing-Rezeptor-Gen) X-chromosomal mit anderen Auffälligkeiten/Syndromen kombiniert 2. Hypomagnesiämie Serum-PTH i
1 . kalzipenische Rachitis • Vitamin-D-M angel • Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ I (VDAR I) • VDAR I I •
Kalziummangel
2. Hypomagnesiämie 3. Pseudohypoparathyreoidismus Hypokalzämie bei älteren Säuglingen und Kindern
564
Serum-PTH t
Serum-Mg t
Serum-AP i, Serum-P t , Rachitiszeichen im Röntgen 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel im Serum t, (1 ,25-Dihydroxyvitamin-D-Spiegel ohne Aussagewert!) 25-Hydroxyvitam in-D-Spiegel im Serum normal, 1 ,25-Dihydroxyvitamin-D-Spiegel vor Behandlung t, familiäres Auftreten (autosomal-rezessiv) 1 -a-Hydroxylase-Gen 25-Hydroxyvitam in-D-Spiegel im Serum normal, 1 ,25-Dihydroxyvitamin-D-Spiegel vor Behandlung i, in 50% der Fälle Alopezie , familiäres Auftreten (autosomal-rezessiv), Vitamin-0-Rezeptor-Gen besonders bei Frühgeborenen Urin-Ca .J. , U rin-P i , 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel im Serum normal, 1 ,25-Dihydroxyvitam in-D-Spiegel im Serum i Serum-M g H GNAS1 -Gen
Hypoparathyreoidismus PTH-Gen; Mutation auf dem Chromosom Xq 26-q 27 1 . primär • isoliert - sporadisch - familiär autosomal-rezessiv autosomal-dominant X-chromosomal
---- 95 Hypomagnesiämie
Differenzialdiagnose der Hypokalzämie Charakteri sie wei Verdachtsdiagnosen terführende rung des Haupt Nebenbe unde symptoms (Fortsetzung)
Bestätigung der Diagnose
f
Hypokalzäm ie bei älteren Säug lingen und Kindern
Serum-PTH .!
• m it anderen Auffällig-
keiten/Syndromen kombiniert - sporadisch DiGeorge-Syndrom Kearn s-SayreSyndrom - familiär Autoimmun polyendokrinopathie Typ I Kenney-CaffeySyndrom Nephrose, I nnenOhrschwerhörigkeit Nephropathie, InnenOhrschwerhörigkeit Nephropathie, Lymphödem, Brachydaktylie Kleinwuchs, Retard ierung, Dysmorphie 2. sekundär • postoperativ (nach Schilddrüsen-OP) • I nfiltration (Tumor) • Hämosiderose • Bestrahlung • Hypomagnesiämie Serum-PTH i
1 . kalzipenische Rachitis 2. renale Osteapathie
3. Pseudohypoparathyreoidismus Typ I - Typ Ia - Typ lb - Typ lc (sehr selten) 4. Pseudohypoparathyreoidismus Typ I I (sehr selten)
1
Thymushypoplasie, Herzfehler, Dysmorphie-Zeichen externe Ophthalmoplegie u .a. M onoliasis, M . Addison u.a. (autosomal-rezessiv), Chromosom 21 q 22.3 Kleinwuchs, Osteosklerose (autosomal-dominant) autosomal-rezess iv autosomal-rezessiv, autosomal-dominant autosomal-rezessiv autosomal-rezessiv
Serumferritin i1' Serum-Mg .!Serum-P t , Serumkreatinin t, Serum-AP oft i, röntgenologische Skelettveränderungen Serum-P i , Serum-AP normal bis leicht i, fehlender Anstieg von cAM P und P im Urin nach PTH, autosomal-dominante Vererbung AHO, Gso:-Protein in Erythrozyten .!-, oft Hypothyreose und Hypogonadismus nur biochemische Veränderungen AHO, Gso:-Protein in Erythrozyten normal, Hypothyreose und Hypogonadismus, GNAS1 -Gen Serum-P i, normaler Anstieg von Urin-cAMP, fehlender Anstieg von Urin-P nach PTH, sporadisches Auftreten
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+J
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95 Hypomagnesiämie Martin Ko n rad
Symptombeschreibung
Eine Hypomagnesiärn ie im Kin desalter ist ni cht selten, sie bleibt aber häufig lange unentdeckt, da h i nweisen d e k l i n i sche Sym ptome in der Rege l fehlen und die Bestim m ung von M agnesium im Serum kein fester Bestandteil der Routinediagno sti k ist. Eine Hypomagnesiämie wird diagnosti ziert
bei G esamtmagn esiu mwerten im Serum unter 0,65 mmol/1. Da die Serumspiegel das Gesamtkör permagnesium aber nur sehr unzurei chend wider spiegeln, kann ein M agn esiu m mange l auch b e i höhere n Werten im Serum vorliegen . Die wichtigsten klin ischen Symptome einer Hypornagnesiämie sind M uskelschwäche, M uskel krämpfe und Tetanien. Außerdem kann eine Hypo-
"'0 c ::J
(1) ..c ()
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� 565
·�
95 Hypomagnesiä mie ----
Tabelle neuromuskulär 95.1
Symptome bei Hypomagnesiämie.
• Chvostek-Zeichen • Trousseau-Zeichen •
Muskelschwäche Karpopedalspasmen • Krampfanfälle • Schwindel • Ataxie • Nystagmus • Choreoathetose • Tremor • depressive Verstimmung, Psychose
•
Herzrhythmusstörungen • verlängertes PR- und QT-Intervall, U-Wellen im EKG • atriale Tachykardien, vorzeitige Erregungen, Fibrillationen • Torsades de pointes • dilatative Kardiamyopathie
Tabelle
Ursachen der Hypomagnesiämie.
gastrointestinale Ursachen • verminderte Aufnahme
• parenterale Ernährung
• Spezialnahrung
• Malabsortion •
chronische Diarrhö
•
Kurzdarmsyndrom
• verkürzte Passage
• primäre Hypomagnesiämie mit sekundärer
Hypokalzämie
renale Ursachen
•
•
•
Anorexie Übelkeit Erbrechen
biochemisch • Hypokaliämie • Hypokalzämie
außerdem •
Kopfschmerzen
• Haarausfall
• trophische Störungen an Nägeln • Zahns chmelzdefekte
• Medikamente
• polyurisches Nierenversagen
•
hereditäre Tubulopathien
•
Hyperparathyreoidismus Hyperthyreose Hyperaldosteronismus SIADH
endokrine Störungen •
•
•
sonstige Ursachen •
Ration elle Diagn ostik Anamnese
Die Ursachen eines Magnesiummangels sind vielfäl tig (Tab. 95 .2). Eine wichtige Unterscheidung is� zu treffen zwischen einer akut auftretenden und emer sich meist langsam entwickelnden chronischen Hy-
Postobstruktionsnephropathie
• nach N ierentransplantation
•
magnes iämi e zu zerebra len Krampf anfällen sowie zu potenz iell gefährl ichen Herzrhythmusstörung en fuhren . Daneb en gibt es zahlrei che weitere Sym ptome, die bei M agnesiu mmang el auftret en kön nen (Tab. 95. 1 ) . H ierbei ist zu beachte n, dass eine Hypoma gnesiäm ie häufig gemeins am mit weiteren Elektrolytv eränderungen, insbesonde re Hypokali ämie und Hypokalzämie , auftritt. Da diese Verän deru ngen sich gegenseitig bedingen, e mpfiehlt es sich, bei den differenzialdiagnostischen Ü berlegun gen auch die möglichen U rsachen einer Hypokali ämie bzw. Hypokalzämie zu berücksichtigen (s. Kap. 94 und 97). Außerdem können die Symptome im Rahmen der G runderkr ankung, die den Magne siumma ngel verursa cht, i n den H i ntergru n d treten.
Verteilung
Veränderung der • "Refeeding" • Kachexie • Korrektur einer metabolischen Azidose • Therapie einer diabetischen Ketoazidose • "Hungry-bone"-Syndrome • Katecholamina • Bluttransfusionen
Gastrointestinaltrakt •
566
95.2
Verbrennungen Verbrühungen
pomagnesiämie. Während eine akute Hypomagne siämie meist durch Umvertei lung des Magnesiums i n den I ntrazellularraum verursacht wird, entsteht eine chronische Hypomagnesiämie entweder durch eine vermin derte Aufnahme über die Nahrung oder einen enteralen bzw. renalen Verlust. Bei der Anamnese ist insbesondere auf Ernäh rungsgewoh nheiten zu achten. Eine ungenügende Z ufuhr tritt auch auf bei parenteraler Ernährung (Magnesiumgehalt ist häufig zu gering) . Weitere prädisponierende Faktoren sind Malabsorptions syn dro m , Kurzdarmsynd rom , M o rbus Crohn so wie Laxanzienabusus. Ein vermehrter gastro inte stinaler Verlust wird zume ist durch eine D iarrhö verursacht. Auch auf länger zurückliegende Sym ptome gemäß Tabelle 95 . 1 sowie eine sorgfältige Medikamentenanamnese ist zu achten. Verschie d e n s te Arz n e i mittel können e i n e Unwerteilung oder einen Magnesiumverl ust i nduzi eren (Tab . 95.3 ) . Bei Neugeborenen und ju ngen Säuglingen ist auch an m ütterliche Ursachen der Hypomagne siämie zu denken (Tab. 95 .4).
---- 95 Hypomagnesiäm ie
Tabelle 95.3
Ursachen der medikamenteninduzierten Hypomagnesiämie.
Diuretika (Schleifen- und Thiaziddiuretika) Aminoglykoside Cisplatin Calcineurin-lnhibitoren (Ciclosporin A, FK 506) Amphotericin 8 Pentamidin Foscarnet • Digitalis
• • • • • • •
• Mann ito l • Beta-M imetika • Katecholamine
Tabelle 95.4 Ursache
Bildgebende Diagnostik bei Hypomagnesiäm ie.
Da auch verschiedene N ierenerkrank ungen, zu meist angeborene Tubulopathien, mit Hypomagne siämie einhergehen, sollten Symptome wie Poly urie, Polydipsie, H arnwegsinfektionen oder Nie rensteine erfragt werden (Tab . 95 .5 und DD-Tab.) . Körperliche Unte rsuchung
Eindeutige k linische Zeichen einer Hypomagnesi ämie gibt es n i cht, bei der körperlichen U nter suchung sollte der Schwerpunkt auf die neuro muskulären Symptome gemäß Tabelle 95. 1 gelegt werden. Tetanien lassen sich häufig e rst durch ent sprechende Tests auslösen. Die vegetativen Sym ptome einer Hypomagnesiämie lassen sich meist n i cht objektivieren. Wi chtige H inweise kann die
Mechanismus
weitere Befunde
Labor
mütterlicher Diabetes mell itus
Mg-Mangel der M utter, Hypoparathyreoidismus
Makrosomie
Hypoglykämie, Hypokalzämie
mütterliche Hypomagnesiämie
Mg-Mangel der Mutter
keine
evtl. Hypokalziurie
"Pseudohypomagnesiämie"
verminderte Eiweißbindung
keine
Hypalbuminämie
intrauterine Wachstumsretardierung
fun ktioneller Hypoparathyreoidismus
SGA
Hypoglykämie, Hypokalzämie
Hypoparathyreoidismus
verminderte PTH-Sekretion bzw. -Wirkung
oft transient, oft asymptomatisch, Krämpfe, Tetanien in 2. LW
Hypokalzämie, Hyperphosphatämie, PTH ..!..
primäre Hypomagnesiämie mit sekundärer Hypokalzämie
hereditär, autosomal-rezessiv
Austauschtransfusion
Komplexierung der Mg-Ionen (Citrat)
neonatale Hepatitis, Cholestase
Tabelle 95.5 Ursache
Hyperaldosteronismus?
Renale Ursachen der Hypomagnesiämie.
Krampfanfälle ab 3. LW, ggf. Familienanamnese keine
I kterus, Erbrechen, Fütterungsschwierigkeiten
Hypokalzämie, PTH oft nicht messbar Hypokalzämie, Hyperkaliämie direktes Bilirubin ii, ASAT i, ALAT i
c (1,)
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c ::J �
:O +-' (/) .....
Mechanismus
weitere Befunde
Labor
Obstruktion des Harntrakts
Polyurie nach Intervention
Polyurie, Polydipsie
Hyponatriämie, Hypokaliämie
N ierentransplantation
Reperfusionsschaden, Calcineurin-lnhibitoren
Polyurie, Polydipsie
Hypophosphatämie
polyurisches N ierenversagen
Erholung nach akutem Nierenversagen, primär polyurisches NV
Polyurie, Polydipsie
Hyponatriämie, Hypokaliämie
hereditäre Tubulopathien Hyperparathyreoidismus
vermehrte Auscheidung
Hyperthyreose
vermehrte Auscheidung
Tachykardie, Schwitzen
T3 i, T4 i
Hyperaldosteronismus
Volumenexpansion
Polyurie, Polydipsie
Hypokaliämie
SIADH
Volumenexpansion
Oligurie, Gewichtszunahme
Hyponatriämie
Diabetes mellitus
osmotische Diurese?
schlecht eingestellter Diabetes
Hyperkalzämie
HbA1c i
� 0 �
.....
� Q) w "C c ::J (1,) ...c () (/)
0 ..0 CO .....
Q)
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567
1'\1
95
Hypomagnesiämie
-----
gezielte Suche nach d e n trophischen Störungen geben , vor allem Zahnschmelzdefekte und Brü chigkeit der Nägel werden i mmer wieder berichtet (ähnlich der Hypokalziämie) . Auch aphthoide Lä sionen an der Mun dschleimhaut und in der Ano genitalregion können vorkomme n . Ein E KG sollte bei V.a. Hypomagnesiämie immer durchgeführt werden, um die typischen Veränderungen zu do kumentieren. Bei renalem Magnesiumverlust m uss auch eine Nierensonographie mit der Frage nach Nephrokalzinose oder Konkremen te n d urchge führt werden. Klinisch -chemische Untersuchungen
Neben dem Gesamtmagnesiumspiegel im Serum kommen bei der Abklärung einer Hypomagnesi ämie der Bestimmung der übrigen Serumelektro lyte und e iner Blutgasanalyse große Bedeutung zu, da Hypomagnesiämie n häufig mit weiteren Elektrolytverände rungen ( Kalium, Calcium, Phos phat, Natrium, Chlorid) einhergehen und sich aus der jeweiligen Konstellation wichtige differenzial d iagnostische Hinweise ergeben. Darüber hinaus empfiehlt sich die Bestimmun g von Parathorm on, Kreatinin , gegebene nfalls auch Renin und Aldo steron. Allerdings sind Parathorm onwerte manch mal schwer zu interpretieren. Dies hat zwei Gründe. Zum einen besteht häufig gleichzeiti g eine Hypo kalzämie , d.h., die PTH-Werte können dann erhöht sein. Zum anderen führt eine Hypoma gnesiäm ie geringer Ausprägu ng z u einer PTH -Stimulat ion, schwere Hypomag nesiämie n haben eine H em mung der PTH -Sekretion bzw. eine Endorganr esi stenz zur Folge. Trotzdem kann die PTH -Bestim mung bei der D ifferenzialdi agnose h ilfreich sein .
I
Vorgehen bei Normomagnesiämie
Gesamt-Mg im Serum
�es � nders wichtig fü r die Differenzialdiagnose
_ ISt dte Unterscheidung zwischen Hypomagnesi ämien renaler und n ichtrenaler Ursache.
H ierzu ist die Bestimmung der fraktionellen Ma gnesiumausscheidung (FeMg) die einfachste Me thode: FeMg ( %) (UMg x P c,)/(0,7 x PMg x Uc,) x 1 00 , wobei der Faktor 0 , 7 m it der Serummagne siumkonzentration multi pliziert wird, da 30% des Magnesiums im Serum an Albumin gebunden sind und daher n icht glomerulär filtriert werden . Beim gesunden Kind zeigt die FeMg nur eine geringfügi ge Altersabhängigkeit, sie liegt zwischen 1 und 4 % . Beim Vorliegen einer nichtrenalen Hypomagnesi ämie sollte die FeMg unter 2% l iegen, bei renalem Verlust l iegt sie selbst bei sehr niedrigen Serum werten meist über 2 % . In ähnlicher Weise können auch die Ausscheidungen von Natrium, Kalium, Chiarid und Kalzium bestimmt werden. Da der Serummagnesiumspiegel den Gesamtkör p e rgehalt aber nur sehr schlecht wid erspie� elt, s c h l ießt ein n ormales Serummagnesi_ u m emen Magnesiummangel nicht aus. Auch die zusätzliche Bestimmung von ionisiertem Magnesium hat nur =
568
einen geringen diagnostischen Wert. Eine Ausnah me ist die " Pseudohypomagnesiämie" bei Hypal buminämie. Nach wie vor gilt der parenterale Ma gnesiumbelastungstest als der Goldstandard zur Bestimmung des Magnesiumstatus. H ierbei wer den in e inem sogenannten Kurztest über einen Zeitraum von 1 Stunde 0, 1 mmol/kg KG Mg2+ (als M agnesiumaspartat) i nfun diert und die renale Aussch eidung über die nächsten 24 Stunden ge messen. Bei einer Ausscheidung von < 70% der infundierten Menge kann man bei einer normalen N iere nfunktion von einem M agnesiummangel ausgehen. Mit diesem Test kann auch die renale Genese einer bestehenden Hypomagnesiämie do kumentiert werden. Bei N ieren i nsuffizienz ist der Test wegen der Akkumulationsgefahr kontraindi ziert. Einen Algorithmus zur raschen U nterschei dung bzw. zur Erfassung eines Magnesiummangels bei Normomagnesiämie zeigt Abb ildung 95 . 1 .
keine weiteren Abklärungen
keine weiteren Abklärungen
Abb. 95.1
Abklärung nichtrenaler Ursachen
Abklärung renaler Ursachen
Abklärung nichtrenaler Ursachen
Diagnostisches Vorgehen bei der Ermittlung eines Magnesiummangels bei Normomagnesiämie.
----- 96 Hyperkaliämie
Differenzialdiagnostische Tabelle
Differenzialdiagnose der hereditären Hypomagnesiämien fharakteri sierung des wei terführende VerdachtsNebenbefunde diagnosen Hauptsymptoms
BestätiDiaggnose ung der
Hypokalziurie
autosomal-dominante familiäre Hypomagnesiämie
Familienuntersuchung, Gendiagnostik (FXY02)
Normokalziurie
autosomal-rezessive familiäre Hypomagnesiämie
Familienuntersuchung, Gendefekt noch unbekannt
unter Therapie H yper kalziu rie , Nephrokalzinose, PTH J,
autosomal-dominanter Hypoparathyreoidismus, häufig asymptomatisch
Familienuntersuchung , Gendiagnostik (CASR)
Mg oft nicht messbar, therapierefraktäre Krampfanfälle im frühen Säuglingsalter, PTH U
primäre Hypomagnesiämie mit sekundärer Hypokalzämie
Familienuntersuchung, Ge ndi agnosti k (TRPM6)
Hypomagnesiämie mit Hyperkalziurie und Nephrokalzinose
Hyperkalziurie, Nephrokalzinose, Nephrolithiasis, chronisches Nierenversagen, PTH 1'
familiäre Hypomagnesiämie mit Hyperkalziurie und Nephrokalzinose
Familienuntersuchung, Gendiagnostik (CLDN1 6)
Hypomagnesiämie bei hypokaliämischer Alkalose ohne Nephrokalzinose
Hypokalziurie, Nykturie
G ite l m an- Sy n d rom
Familienuntersuchung, Gendiagnostik (NCCT)
Gedeihstörung bereits in ersten Lebensjahren, Polyurie/Polydipsie
klassisches BartterSyndrom
Familienuntersuchung, Gendiagnostik (CLCNKB)
Hypomagnesiämie bei h y po k ali ä m isc her Alkalose mit Nephrokalzinose
Polyhydramnion, Frühgeburtlichkeit, Polyurie/Polydipsie, Hyperkalziurie
Hyperprostaglandin- ESyndrom/antenatales Bartter-Syndrom
Familien untersuchung, Gendiagnostik (ROMK, NKCC2)
Hypomagnesiämie m it/bei schwerer Myopathie
Enzephalopathie, Kardiomyo path i e , Fanconi-Syndrom
Mitochondriopathie
schwierig, Untersuchung der mitochondrialen DNA, aber auch autosomale Vererbung möglich
isolierte Hypomagnesiämie bei Hypermagnesiurie
Hypomagnesiämie mit Hypokalzämie
J
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......
0
96 Hyperkal iämie Jan M ü l ler- Berghaus
Symptombeschreibung
Eine Hyperkaliämie wird diagnostiziert bei Ka liumwerten im Serum von > 5,5 mmol/ 1 . Die klini schen Zeichen sind sehr unspezifisch und entste hen d urch eine Änderung des Membranpotenzials der erregbaren Zellen des Körpers. J eder Form der Hyperkaliämie l i egt letztendlich ein Bilanzproblem zugrunde. Nach pathophysio logiscben Gesichtspunkten aufgeteilt kann sie ver-
ursacht werden durch vermehrte Zufuhr, vermin derte Aussch eidung oder veränderte Verteilung von intrazel l u lär nach extrazellulär. Sehr häufig sind kombinierte Störungen . Je schneller der Anstieg der I 6,0 mmol/1. Sie zeigen sich zu nächst in einer überhöhten, zeltförmigen T-Welle und e i ner Senkung der ST-Strecke. Bei höheren Kaliumwerten verlängert sich das PR-I ntervall im Sinne eines AV-Blocks, die P-Welle verschwindet, und der QRS-Komplex verbreitert sich. Die Aus prägung der Rhythmusstörung ist je nach Höhe des Kaliumwertes sehr variabel und bedingt durch an dere Faktoren, die die Reizleitung beeinflussen. Bildgebende Verfahren
H ier kommt vor allem die Sonographie zum Ein satz. Bei vielen N ierenerkrank ungen und beim adrenogenitalen Syndrom können pathologische Befunde erhoben werden. Besondere Hinweise
Die mit Abstand häufigste U rsache für eine Hyper kaliämie ist die N ie reninsuffizienz. Die meisten Fälle von bedrohlicher Hyperkal iämie treten durch kombinierte Störungen von vermehrter Zu fuhr, verminderter Ausscheidung und Verteil u ngs störung auf. Die im Folgenden getrennt aufgeführ ten D i fferenzialdiagnosen dürfen also nicht als sich gegenseitig ausschließend betrachtet werden.
Differenzial diagnostische Tabellen
-------J
Differenzialdiagnose der isolierten Hyperkaliämie und der Hyperkaliämie bei vermehrter exogener Zufuhr Charakteri sierung wei terführende Verdachtsdiagnosen Hauptsymptoms Ldes Nebenbefunde deBestäti Diagung no e
I
r
s
isolierte Hyperkaliämie, hämolytisches Serum
gesundes Kind, Routineanalyse
In-vitra-Hämolyse, falsche Abnahmetechnik
Kontrolle
isolierte Hyperkaliämie bei Kontrolluntersuchungen
gesundes Kind
familiäre Pseudohyperkal iämie mit In-vitra-Hämolyse
Familienuntersuchung
isolierte Hyperkaliämie
Thrombozytose, Hyperleukozytose
Pseudohyperkaliämie
Kal iummessung im Plasma
Hyperkaliämie bei N iereninsuffizienz
Anamnese: Ernährung, Diätsalz
Diätfehler
Besserung bei Ei nhalten der Diät
Hyperkaliämie nach Medikamenteneinnahme
Anamnese: kaliumhaltige Medikamente (Kaliumchlorid, PenicilI in G, s. Tab. 96. 1 )
exogene Kaliumzufuhr durch Medikamente
Absetzen der Medikamente
Anamnese: Transfusion von kaltem oder überaltertem Blut, zu große Menge
exogene Kaliumzufuhr durch Blut
Verlauf
Hyperkaliämie bei Zustand nach Transfusion
572
g
-
j
----- 96 Hyperkaliämie
Differenzialdiagnose der Hyperkaliämie mit endogenen Ursachen �harakteri sierung wei terführende Verdachtsdiagnosen tdes Hauptsymptoms Nebenbefunde Hyperkaliämie und Anämie
Teerstuhl, Hypotonie
endogene Kaliumzufuhr: gastrointestinale Blutung
Lokalisation der Blutung, Endoskopie
ausgedehntes Hämatom
endogene Kaliumzufuhr
Befundkonstellation
LOH-Erhöhung, evti. Nierenversagen
Hämolyse
freies Hämoglobin im Serum, Hämo g lob i n u ri e
LOH- und CK-Erhöhung, Hyperphosphatämie, Hypoka lz ä m i e
Rhabdomyolyse
freies M yo g lob i n i m Serum, Myoglobinurie
Hyperkal iämie bei ausgedehnten Verletzungen
CK-Erhöhung, LOH-Erhöhung
"Crush-Verletzung"
Befundkonstellation
Hyperkal iämie bei Verbrennung, Operation
körperlicher Befund
I nfektion, Katabolie
Befundkonstellation
Hyperkaliämie bei Frühgeborenen < 1 500 g
erste 4 Leb en stage
nichtoligurische Hyperkaliämie des extrem kleinen Frühgeborenen
Ausschi ussd iag nose
Hyperkal iämie und periodisch auftretende M uskelschwäche, myotone Episoden
Familienanamnese, Auslösung durch Kälte, körperliche Anstrengung und Kaliumingestion
fam i liäre hyperkaliämische periodische Paralyse
Messung des Kaliums während der Episode, Kaliumprovokation, Mutation der a-Untereinheit des Natriumkanals im Skelettmuskel (SCN4A)
Hyperkaliämie und dunkel gefärbte r Urin
i
Differenzialdiagnose der Hyperkaliämie mit Azidose beim Nierengesunden Verdachtsdiagnosen wei terführende Charakteri sierung Nebenbefunde des Hau!)tsymptoms Hyperkaliämie und Erbrechen , mangelnde Gewichtszunahme beim Säugling und Kleinkind
Natrium im Serum l, Reninaktivität i, Aldosteron J,
Natrium im Serum l, Reninaktivität i , Aldosteron i
Hyperkaliämie und D e h yd ratat ion , Virilisierung be i Mädchen, Pseudopubertas praecox bei J ungen
Hyperkaliämie u nd M uskelschwäche, Ano re x i e
Natrium im Serum l, Reninaktivität i. Aldosteron l, Kortisol l
primärer Hypoaldosteronismus: Kortikosteronmethyloxidasemangel, Nebennierenhypoplasie Pseudohypoaldosteronismus Typ I
adrenogenitales Syndrom mit Salzverlust (Mangel von 20,22-Desmolase, 3-ß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase, 2 1 -Hydroxylase, 1 8-Hydroxylase)
Hyperpigmentierung, Gewichtsverlust, arterielle Hypotension, Reninaktivität i, Aldosteron l
M . Addison, Destruktion der Nebenniere (Tumor, Blutung, Infektion)
Beendigung einer langdauernden Kortikosteroidtherapie
sekundäre Nebenn ieren Insuffizienz
l
BestätiDiaggnose ung der
Bestäti ung der Diaggnose Ansprechen auf Therapie m it M ineralokortikoid, M utation im CYP1 1 82-Gen
_j
c Q) 0) c ::J "_
Befundkonstellation, M utation im Mineralokortikoidrezeptor (MLR), autosomaldominant oder Mutation im epithelialen Natriumkanal (SCN N 1 ) , autosomal-rezessiv 1 7 - Hydroxyprogesteron i, Bestimmung der Steroidmetaboliten, Mutation im CYP21 -Gen, HSDB3-Gen, CYP1 1 A-Gen ACTH i, Ko rt i sol l, ACTH -Test
Befundkonstellation
:O +-'
Cf)
+-'
>0
"_ +-'
.;y_ Q)
w
"0
c ::J (]) .r:.. (.)
Cf)
0 ..0 Cö +-'
(])
�
573
IV
97 Hypokaliämie
------
Differenzialdiagnose der Hyperkaliämie mit Azidose beim Nierengesunden Verdachtsdiagnosen wei terführende ��akteri sierung Hauptsymptoms Nebenbefunde
(Fortsetzung)
BestätiDiaggnose ung der
Hyperkaliämie und progressive Demenz
Gangstörungen, spastische Parese, Krampfanfälle
Adrenoleukodystrophie
Erhöhung der sehr langkettigen Fettsäuren, Mutation im ABCD1 -Gen
Hyperkaliämie und Kußmaui-Atmung
metabolische Azidose, Anionen lücke 1'
Verteilungsstörung bei Azidose
Verschwinden nach Azidoseausgleich
Hyperkaliämie und Dyspnoe
pulmonale Obstruktion, respiratorische Azidose
Vertei lungsstörung bei Azidose
Verschwinden mit ausreichender Ventilation
Hyperkaliämie und maligne Grundkrankheit
Initialphase der Therapie, Hypokalziämie, Hyperphosphatämie, Hyperurikämie, LOH-Erhöhung
Tumorlysesyndrom
Befundkonstellation
Hyperkaliämie und Koma, Dehydratation, Polyurie
Hyperglykämie, Serumosmolarität i
lnsulinmangel, Verteilungsstörung
Verschwinden unter Insulintherapie
Hyperkaliämie und Hypertonie
Aldosteron normal, fraktioneile Kal i umausscheidung l
Pseudohypoaldosteronismus Typ II (Gordon-Syndrom)
Fludrecortison erhöht tubuläre Natriumresorption, vermindert Kaliumexkretion aber n icht; M utation im WNK1 - oder W N K4-Gen
J
Differenzialdiagnose der Hyperkaliämie bei Nierenerkrankungen ohne ausgeprägte Niereninsuffizienz I �es4harakter isierung terführende Verdach sdiagnosen BestätiDiaggnose ung Hauptsym ptoms wei Nebenbefunde der J t
Hyperkaliämie bei interstitieller Nephritis, Methylmalonazidurie
Reninaktivität .!., Aldosteron .!., Azidose
Hyperkaliämie bei Lupus erythematodes, Transplantatabstoßung Hyperkaliämie bei obstruktiver Uropathie, Sichelzellnephropathie
hyporeninämischer Hypoaldosteronismus
Steigerung der Kaliumexkretion nach Fludrecortison
Aldosteron normal
selektiver Kaliu msekretionsdefekt
mangelnde Steigerung der Kaliumexkretion nach Fludrecortison
metabolische Azidose, Urin-pH > 5,5
renal tubuläre Azidose Typ I, hyperkaliämische Form
Befundkonstellation, Mutation im SLC4A1 -Gen
97
Hypokal iämie Jan M ü l ler-Berghaus
Symp tomb eschr eibun g
574
Ein e Hypoka l i ä m ie w i rd d i agn ostiziert b e i Ka l i um werten im Serum von < 3 , 5 m m o l / l . Werte zwischen 3,5 u n d 3,8 mmol/1 können noch normal sei n , deuten j e d o ch h ä u fi g auf e i n e begi n 1� � n � e Hypo k a l i ä m ie h i n . Je schnel ler eine Hypokaham1e a u ftritt, desto ausgep rägter s i n d d ie beobachteten
k l i n ischen Zei chen . Di ese Zeichen der H ypoka l i ämie können sei n : • M uskelschwäche •
verm i nderte K on trakt i l iä t der glatten M u s k u l a
tur kardiavas k u läre Symptome • eine sog. hypo kaliämische N e phro pa t h ie ( fü h rt •
z u e i n e m Ve rl u s t d e r K o n ze n t ra t i o n s fä h i g k e i t
---- 97 Hypokal iämie
mit Polyurie, gelegentlich Abfall der glomerulä ren Filtrationsrate) . Jeder Hypokaliämie liegt eine Störung der Kalium bilanz zugrunde. Nach pathophysiologischen Ge sichtspunkten aufgeteilt, kann sie verursacht wer den durch verminderte Z ufuhr, vermehrte Aus scheidung und veränderte Verteilu ng von i ntrazel lulär nach extrazellulär. Kombinierte Störungen sind häufig. Zu beachten ist, dass eine normale Kaliumkon zentration i m Serum nicht gleich bedeutend ist mit einer normalen Kaliumkonzentration i n der Zelle oder einem normalen Kal iumbestand des Orga nismus. Auch ein erheb l i ches Kaliumdefizit des Organismus kann d urch eine geänderte Kalium vertei l ung von i ntra- nach extrazellulär maskiert werden.
Vorgehen bei Hypokaliämie ja �
Medikamenten-
nein
_j�
nein
t
ö 0 iarrh '------..--___ I
ja
Das i solierte Auftreten einer Hypokaliämie ist sel ten . Obwohl die Hypokaliämie ein häufiger B e fund ist, führen die klinischen Zeichen der Hypo kaliämie selten zur D iagnose, da die Symptome unspezifisch sind. Die Aufgabe der Anamnese muss daher sein, G run derk rankunge n , Therapien oder Therapiefolgen, die m it einer Hypokaliämi e einhergehen, z u erkennen (Abb. 97 . 1 ) . Eine verminderte Zufuhr tritt auf bei unzurei chendem Zusatz bei parenteraler Ernährung und bei Prote i n - Energie-Malnutrition , wie z . B . bei Anorexia nervosa. Vermehrter gastrointestinaler Verlust ist verur sacht durch eine D iarrhö (kongenita l , i nfektiös oder therapeutisch i nduziert) . Auch chronisches Erbrechen geht häufig mit einer Hypokaliämie ein her. Verschiedene N e p h ropathien können zu e i ner Hypokaliämie führen. Zu erfragende anamnesti sche Angaben sind Polyurie, Polydipsie und frühe re O perati onen. E i n e Entwicklungsverzögerung tritt bei einigen hereditären Tubulopathien auf. Seltene familiäre Formen einer isolierten Hypo kaliämie sind bekan nt, so dass eine Fa m i lien anam nese bezüglich episodischer Muskelschwä che und plötzlicher Todesfä l l e zu erfragen ist. Die detaillierte M edilw m en tenanamnese (Tab. 97 . 1 ) ist erforderlich, um die iatrogen induzie1ten Formen zu differenzieren . M edikamente können sowohl eine Verän derung der Kaliu mverteilung von i n tra- nach extrazell ulär als auch einen ver mehrten Verlust bewirken. J{örperliche
U n ters u c h u n g
Es gibt keine spezifi schen k l i n ischen Zeichen für eine H y p o k a l i ä m i e . Ei n e Schwäche der Musku-
• Extremdiät • Anorexie • parenterale Ernährung
nein ...
E rb rec h e n, Verlust von Magensekret
t
Anamnese
Kalium im Urin
I
20 mmol/1
t
s. Abb.
97.2
1
+ ja
kongenitale Chiariddiarrhö
Differenzialdiagnose bei Hypokaliämie.
c:: Q) 0> c:: ::l
!.....
:0 +-'
(/)
+-'
� 0
!..... +-'
� Q) w -c
latur mit Hyporeflexie wird ab Werten unter
3 mmol/1 beobachtet. Sie kann als muskuläre Hy potonie, Adynam i e und schnelle Ermüdbarkeit i m p oniere n . Es können j edoch auch M uskel kräm pfe beobachtet werd e n . Der vermi n derte Tonus der glatten Muskulatur fü h rt zu gast ro i n te s ti n al e n Motilitätsstörungen und Obstipation bis hin zum paralytischen Ileus. Das Augenmerk muss auf Zeichen einer G rund Juanl?heit geri c h tet sein. Symptome von Nierener krankungen sind u rämischer Fötor, M i nderwu chs u n d A n äm i e .
c ::l (1) ..c (.)
(J)
0 ..0 Cö +-' Q)
�
575
M
97 Hypokaliämie ----
Tabelle 97.1 Medikament
Ursachen der medikamenteninduzierten Hypokaliämie.
Amphotericin B Azetazolamid Cisplatin Diuretika Folsäure Fludrecortison G-CSF Glukokortikoide Insulin Lakritze Laxanzien Natriumbicarbonat Penicillin ß-Agonisten Theophyll i n Vitamin 81 2
weiterführende Nebenbefunde
Hypokaliämie durch
metabolische Azidose metabolische Azidose Magnesium im Serum � metabolische Alkalose megalabiastäre Anämie
renalen Verlust renalen Verlust renalen Verlust renalen Verlust Kaliumaufnahme in die neugebildeten Zellen renalen Verlust Kaliumaufnahme in die neugebildeten Zellen renalen Verlust geänderte Verteilung renalen Verlust intestinale Verluste geänderte Verteilung renalen Verlust geänderte Verteilung renalen Verlust Kaliumaufnahme in die neugebildeten Zellen
maligne G runderkrankung Hypertonie Hyperglykämie metabolische Alkolose Azidose Alkalose Alkalose Tachykardie megalabiastäre Anämie
Eine M alnutrition oder eine Dehydratation bei gastrointestinalen Verlusten ist offe nsichtlich ebenso wie großflächige Verletzungen oder Ver� brennungen . Zur körperlichen U ntersuchung geh ört die Blutdruckmessu ng, da eine arterielle Hypertonie bei vielen e n dokrinal ogischen und nephrologi schen U rsachen der H ypokaliämie beobachtet werden kann. Klinisch-chemische Untersuchungen
Die Blutgasa nalyse ist ein wichtiger S chritt in der D iagnostik der H ypo k al iäm ie Viele Erkrankun gen , d ie e i n e Hypokaliämie verursachen, rufen auch Veränderu ngen des Säure-Basen - Haushalts hervor (Ab b 97 2 ) Die häufigste Konstellation ist eine m et ab ol i s ch e Allmlose mit Hyp o kaliämie . Die Messung von Kalium im Urin i st ein weite rer wesentlicher Bauste i n in der D iagnostik der Hypokaliämie. Auch bei schwerer Hypokaliämie nichtrenaler U rsache besteht ein obligater renaler Kal i umverlust, d i e Kal iumkonzentration im Urin beträgt dann aber meis t < 20 mmol/1. Eine Ka liumkonzentration i m Urin > 20 mmol/1 findet sich bei renalen Verlusten. Da viele N ie re n e rkran k ungen m it Störungen der Kaliumausscheidung einhe rgehen , gehört die Be stimmung von Krea tinin zu den un bedingt erfor derlichen Untersuchungen. We iterh i n sollte die Phospha tkonzen tra tion im Seru m und Urin zu r Beurteilung der tubulären Funktion bestimmt wer den. Eine G lukosurie bei Fehlen einer Hyperglyk ä m i e ist e i n we iteres Zeichen einer tubulären Fu n ktionseinsch ränkung. Die Bestim m u ng von Ch lorid i m Serum ist erford erl ich zur D i fferenzial d iagnose von E rk ran-
Diagnostik bei Hypoka l i ä m i e aufgrund renaler Verlu ste (Ka l i u m im U ri n > 20 mmol/1)
nein
t
id_ A _z_ L_ o_ se __ ?· __ __
.
.
576
.
.
�
�
• Kaliumverlustniere/interstitielle ja .... Nephritis • postobstruktives akutes Nierenversagen ja ....
ja ... • Mangel von 1 1 -ß Hydroxylase, 17-a-Hydroxylase • Cushing-Syn· drom • Liddle-Syndrom • 11·ß-Hydroxy steroid-Dehy· drogenase 1 • Lakritze nein
nein ... ja
+
Renin
I
i
ja
t
• sekundärer Hyperaldosteronismus • Bartier-Syndrom • Gitelman-Syndrom • Reninom • Nierenarterienstenose
• renal-tubuläre Azidose Uretersigmoidostomie diabetische Ketoazidose
• •
t
• •
primärer Hyperaldosteronismus glukokortikoidsupprimierbarer Aldosteronismus
Abb. 97.2
Differenzialdiagnose bei Hypokaliämie auf g rund renaler Verluste (Kalium im Urin > 20 mmol/1) .
k u ngen des Säu re-Base n - H aushalts, d i e m i t einer
Hypokaliämie einhergehe n . Eine Hypo magnesiämie ist eine der hä u figste n Störu ngen, die zu einer Hypoka l iämie fü h ren. Die
---- 97 Hypokal iämie
Mess ung von Magnesiu m im Seru m i st daher
obligater Bestandtei l der Diagnostik. Die Bestim mung von A ldosteron und der Re ninaktivität dient der D ifferenzierung von Störun gen, bei denen eine erhöhte m in eralokortikoide Wirkung vermutet wird.
Elektrokardiographie (EKG)
Typi sche EKG-Verän derungen sind Ausdruck einer verzögerten Repolarisation der H erzmuskel zelle. Beobachtet wird zunächst eine ST- Strecken Senkung, dann eine Abflachung der T-Welle u n d das Auftreten einer U-Welle.
Differenzialdiagnostische Tabellen
Differenzialdiagnose der Hypokal ämie bei verminderter Zufuhr (Kalium im Urin 20 mmol/1) terführende Verdachtsdiagnose Bestätigung der Diagnose Charakteri sierung wei Nebenbefunde des Hauptsymptoms
Nebenbefunde
1 5 0 mmol/1) ist als relativer (im Verhältnis zum Natriumgehalt des Extrazellularraums) oder absoluter Wassermangel zu sehen u n d wird be i n iedrigem Natri umbestand d e s Organismus (hy pertone Dehydratation), bei normalen Salzgehalt des Organismus (Diabetes i nsipidus) und sehr sel ten bei Natriumüberschuss des Organismus (sog. Kochsalzvergiftung) beobachtet (Tab. 98. 1 ) . Eine Hypernatriämie kann beim Versagen des renalen Konzentrationsmechani s mus, z . B . infolge feh lender oder ungenügender Vasopressinfreiset zung, mangel hafter Vasopressinwirkung und bei mangelhafter Zufuhr von fre i e m Wasser, entste hen. Ein Anstieg der Serumnatriumkonzentration und der Plasmaosmoialität wird normalerweise durch das Durstgefühl mit nachfolgender Wasser aufnahme und vasopressinvermittelter Wasserre tention verhi n dert. Erst wenn der Flüssigkeitsver lust nicht ausgeglichen wird, z . B . bei Säuglingen, bei Kindern m it zerebralen Erkran kungen, bei Be atmung, oder wenn das Durstgefühl gestört ist, entwickelt sich eine Hypernatriämie.
580
Wasserretention
• Natriumchloridintoxikation • erhöhte Zufuhr von Natriumchlorid
oder Natriumbikarbonat • Ertrinken in Salzwasser • primärer Hyperaldosteronismus (selten, da Serumnatrium oft normal)
Rationelle Diagnostik Anamnese
Grundsätzlich m uss geklärt werden, ob die Hyper natriämie durch eine Störung der renalen Konzen trationsleistung bedingt ist (Abb. 98. 1 ) . Dazu sind I nformationen über die Diurese und Konzen tra tion des Urins notwendig: • Liegt eine Polyurie vor? • Ist der Harn verdünnt oder konzentriert? • Wie hoch liegt die Urinosmolalität bzw. das spe zifische Gewicht? Bei Polyurie e rfolgt die D iagn o stik wie in Kap i tel 7 2 angegeben. Körperliche Untersuchung
Nur bei rascher Ausbil dung einer H ypernatriämie werden Symptome wie Verwirrtheit, U nruhe, Stu por, Myoklonien , Hyperreflexie, zerebrale Krampf anfälle und Koma beobachtet. Entsteht die Hyper natriämie langsa m , kann sich das Geh irn an die Hyperosmolalität durch Bildung intrazellulärer or ganischer Osmolyte (z.B. Tauri n , Glutamin, Myo i nositol) adaptieren. Dann b leiben Symptome aus oder sind nur diskret zu beobachten. Bei akuter Hypernatriämie ist der Wassergehalt des Gehirns vermindert, während er be i chronischer Hyperna triämie annähernd normal ist. Wird bei einer chronischen Hypernatriämie der Versuch unternommen, die Serumnatrium konzentration rasch zu normalisieren, treten iatrogen o.g. zerebrale Symptome auf. Deshalb müssen bei Hypernatriämie vor einer Therapie die Ursache und die Dauer der EleJ
Hypernatriämie (Serumnatri u m
98 Hypernatriämie
1 50 mmol/1)
klinische Untersuchung (Volumenstatus) '
t
• Blutdruck niedrig • Herzfrequenz hoch • Hautturgor vermindert • Schleimhäute trocken • Fontane lle eingesunken • halonierte Augen
�
I
t
Hypovolämie
I
Urinnatriumkonzentration (im ersten Spontan harn)
I
I
> 3 0 mmol/1
t
renaler Nat rium- und Wasserverlust
300 mosm/kg)
Vasopressingabe Urinosmolalität
t
• os motische Diu rese • Nie ren· ins uffizienz
Abb. 98.1
hypernatriämische Dehydratation
kein Anstieg (< 1 00 mosm/kg)
t
zentraler Diabetes insipidus
c: Q) 0> c: ::J
�
renaler Dial1�tes insipidus
• Hypodips iesyndrom • ungenügende Wasserzulu h r • Wasserverlust über die Haut
�
• exogen Na Cl· Zufuhr • exogen NaHC03• Zufuhr • SalzwasserErtrinken
Differenzialdiagnose bei Hypernatriämie.
:Q +-'
Cf)
+-'
>.
e
+-'
.:::s:. Q) w
-o
Differenzialdiagnosen Hypernatriämische Dehydratation Natri um- und Wasserverlust m i t Beton u n g d es Wasserverlustes wird als Hypematriämie mit ver min dertem G esamtkörperna t ri u m klassifi ziert. D ie Patienten p räsen t ieren sich k l i n isch m i t den Zeichen der Dehydratat i o n (z.B. b e i hypertoner D eh yd ratati on ) . I m Gegensatz zu anderen Formen der Dehydratation fi nden sich k l i n i sch bei ausge p rägter H y p e rn a t riä m i e e rst spät Symptome des
drohenden Kreislaufschocks mit Blutdruckabfall u n d Tachykardie, aber frühzeitig eine teigige Haut u n d zerebrale S ym p t om e wie U nruhe, Irritabi li tät u n d Krampfanfälle.
I
Häufige Ursache einer Hypernatriämie ist eine almte Dehydratation bei Säuglingen mit einem stärl<eren Verlust an Wasser als an Natrium (hypernatriämische bzw. hypertone Dehydratation).
Eine hypern atriämische Dehydratation w i rd fast aussch ließl i ch bei kleinen Säuglingen beobachtet
c: ::J Q) ..c u Cf) 0 ..a (\j +-'
Q)
� 581
rv
-98 Hypernatr iämie --
u n d kann über zwei M echanismen erklärt we r d e n . D i e Kohlenhydrate d e r M i l c h werden bei schwerer Gastroenteritis nicht resorbiert, sind im Kol o n osmotisch aktiv u n d entziehen zusätzlich Wasser aus dem Extrazellularraum in den Darm. Zudem b e wirkt die Hypernatriämie e i n starkes D urstgefühL Währe nd ältere Säuglinge und Kin der sowie Erwachsene das D u rstgefüh l äuß ern können und alles daransetzen , Wasser zu trinken, ist d ies bei j ungen Säug lingen wegen des Alters nicht möglich. Im Gegensatz zu anderen Formen der Hyperna triämie besteht neben einem ausgeprägten Wasser verlust d urch die Gastroe nteritis e i n M angel an N atri u m . D ieser bedingt d ie Dehydratation des Extrazellularraums und einen i ntravasalen Volu m e nmange l , der für d ie kli nische Symptomatik (Vo lu m enmangelschock) verantwortlic h ist. Dar über sind auch Azidose und prärenales N ierenver sagen erklärt. Hypernatriämie-Hypodipsie-Syndrom
Angeborene u n d erworbene isolierte Störungen der Durstregulation sind sehr selten. Eine "essen tielle" Hypernatriämie tritt bei mangelnder o der fehlender D u rstwahrnehmung auf. Eine unzurei chende Flüssigkeitszufuhr ist in diesen Fällen die U rsache der Hypernatriämie. Sie w ird vor allem bei Patienten mit zerebralen Störu n ge n (v. a. im Hypothalamus) b eobachtet. Das Du rstzentrum reagiert - wenn überhaupt - erst bei höheren Os molalitäten bzw. N atriumkonzentrationen im Se rum mit einem D urstgefühL N u r selten i st e i n e mangelnde Bereitstellung v o n Flüssigkeit für diese Störung verantwortlich, d a d iese Patienten keinen Durst haben und n icht trinken wollen . Neben ei nem Defekt der Durstwahrnehmung ist bei chroni scher Hypernatriämie die Hypodipsie nicht selten mit ei ner Störung der Vaso pressinfreisetzung ge koppelt ( Hypernatriämie- Hypodipsie-Syndro m ) . Verglichen m i t d e r normalen Beziehung zwischen Osmolalität und Vasopressin im Plasma liegen bei d iesen Patienten messbare Vasopressinkonzentra tionen im Plasma erst bei deutlich erhöhter Plas maosmolalität vor. E i n partieller Diabetes insi pidus lässt sich l e i ch t d urch eine normale maxi male Urinosmolalität (> 800 mosm/kg) ausschlie ßen. Ü ber einen ähn lichen M e chanismus lassen sich Hypernatriämien bei psychischen Erkrankun gen (z. B. bei Depression) erklären. Dia betes i nsipidus centralis
582
Beim Diabetes i nsipidus centralis k ommt es d urch Wasserverlu s t zur Ausbildung einer Hypernatri ämie. Zur D iagnose dieser Erkrankung m uss im m e r der Nachweis einer Hype rn a t riämi e gefordert werden , die schon oft zu Begi nn d es Durstversuches beobachtet wird.
D as N onapeptid Argin i n-Vasopressi n wird i n d e n magnozell ulären Neuronen des Nucleus su praopticus und des N ucleus paraventricularis des Hypothalamus zusammen mit einem S ignalpeptid und seinem Trägerprotein N europhysin II synthe tisiert. Das Vorläufermolekül ( Prä-pro-AVP) wird in sekretorische Granula verpackt und entlang den Axonen in die Nervenendigung des Hypophysen h interlappens transportiert sowie aufgrund osmo tischer, aber auch nichtosmotischer Stimulation in das Blut abgegeben. Ü ber 40 M utationen in Prä pro-AV P w urden als Ursache des autosomal-do minanten Diabetes ins ipidus c entralis beschrie ben. Das Fehlen e iner klinischen Symptomatik in den ersten Lebensjahren bei diesen Patienten lässt sich durch einen langsamen Verlust der Funktion magnozellulärer Neurone durch das defekte Gen produkt erklären.
I
Der erworbene zentrale Diabetes insipidus ist nicht selten durch ein Kraniopharyngeom bedingt. D ie Patienten fallen in der Regel durch die Polyurie und nicht durch die Hyper natriämie auf.
Diabetes i nsipidus renalis
I m G egensatz zur zentralen Form der Krankheit senkt b eim D iabetes insipidus renalis die exogene Gabe von Vasopressin nicht den hohen U rinfluss (End organresistenz). Vasopressin entfaltet seine anti diuretische Wirkung über eine Bindung an einen spezifischen Vasopressin-V2-Rezeptor am Sammelrohr der N iere. Das Gen des menschlichen Vasopressin-V2-Rezeptors (AVPR2) befindet sich a uf dem X-Chromosom (Xq28) . Mutationen im Vasopressin-V2-Rezeptor wurden als Ursache des X-chro mosomal vererbten Diabetes insipidus renalis identifiziert. Ü ber 90% der Pati enten mit Diabetes i nsipidus renalis sind Knaben mit der X chromosomalen Form der Krankheit. Nach Aktivie rung der Adenylatzyklase wird cAMP gebildet und der vasopressinsensible Wasserkanal Aqu a p o ri n 2 geöffnet. Das Gen für den Wasserkanal (AQP2) fin det sich auf Chromosom 1 2ql3. Mehrere Mutatio nen in diesem Wasserkanal können die a utosomal rezessive, aber auch die au tosoma l-do m i n a n te Form des Diabetes insipidus renalis verursachen. Erhöhte Natriumzufuhr
Selten bewirkt eine erhöhte Kochsa lzzufuhr eine H y pernatriämie. D ie mensch l i che N iere kan n Natrium i n einer maxim alen Konzentration bis 3 0 0 mmol/1 auss c heiden . Dies e n tspricht einer Konzentration , die doppelt so hoch ist w i e die Na tri u m konzentrat i o n in der extrazellulären Flüssig keit. Wegen des hypoto n e n i n se n s i b len Wa sserver lustes ( 400 ml/m2 KO F) ist d i e maxi mal tolerierte Kochsalzzufuhr etwas niedriger als der oben ange-
------- 99 Hyponatriämie
gebene Wert. Säuglinge mit erhöhtem i nsensiblem Wasserverlust h aben deswegen eine geringere Ka pazität der Natriu mausscheidung. Ü bertrifft die Natriumzufuhr die Ausscheidu ngskapazität, kommt es zu einer Kochsalzvergiftung mit Hyper natriämie und Hypervolämie.
I
Azidoseausgleich mit Natriumbikarbonat bei Neugeborenen kann ebenso wie der Versuch, Kochsalz als Emetikum zu benutzen, eine bedeutsame Hypernatri ämie hervorrufen.
99 Hyponatriäm ie Wolfgang Rascher
Symptombeschreibung Definitionen
Die Hyponatriämie (Serumnatriumkonzentration < 130 mmol/1) ist eine in der IGi nik häufig beob achtete Elektrolytstörung. Sie ist als relativer (im Verhältnis z um N a triumgehalt des Extrazellular raums) oder a bsoluter Wasserü bersch u ss zu se hen und wird bei niedrigem Natriumbestand des O rganismus (Salzverlust, Dehydratation ) , bei nor malem Natriumgehalt des Organismus (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion) und bei Natri umüberschuß des Organismus ( Herzinsuffizienz, Leberzirrhose m it Aszites und nephrotisches Syn drom) beobachtet (Tab.
99.1).
I
Kein Laborparameter gibt zufriedenstellend über den Natriumbestand des Organismus Auskunft. D ie Natriumkonzentration im Serum gibt nur das Verhältnis von Natrium chlorid zu Wasser i m Extrazellularraum wieder.
Die Hyponatriämie ist - wie die Hypernatriämie zunächst als eine Störung des Wasserstoffwechsels zu bewerten und hat p rimär nichts mit einer Stö rung des Natriumhaushalts zu tun. Sie kann, m uss aber nicht durch einen Mangel an Natriumchlorid bedingt sein.
I
Die Hyponatriämie stellt in der Regel eine Störung der Vasopressinsekretion dar.
Vasopressin wird nicht nur aufgrund osmotischer Stimuli ( Natriumkonzentration im Seru m ) , son dern auch infolge nichtosmotischer kreislaufbe-
Tabelle Gesamtkörpernatrium vermindert
Gesamtkörpernatrium normal Gesamtkörpernatrium erhöht
Natriumverlust größer als Wasser
reine Wasserretention
renale Ursachen
•
99.1
Ursachen der Hyponatriämie.
verlust, Volumenmangel •
M ineralokortikoidmangel • Sa lzverl u st ni ere bei s c hwere r akuter Pye lonephritis • Entlastung einer obstruktiven Uropathie • N i e re nvers ag e n mit Salzverlust • polyurische Phase eines akute n N ie re nv ersagens • Tubulopathie (Zystinose) • Nephronophthise • D u ret ka
i i e Ursachen extrarenal •
Erbrechen • Gastroenteritis • intestinale Fisteln • Verlust in den dritten Raum • Sc hr an ken st ö ru ng bei S e ps s , Peritonitis, Ver bren nu ng en • M u koviszidose • nach Operationen mit mangelndem Volumen-(Natrium-)Ersatz
i
•
•
• •
•
• •
schwere akute und chronische Lungenerkrankung inadäquate Vasopressin sekretion (SIADH) erhöhte Empfindlichkeit des Osmorezeptors Glukokortikoidmangel Hypothyreose Wasserintoxikation (Süßwasser-Ertrinken) Infusion hypotoner Infusions lösungen nach Operationen M edikam en t e
Wasserretention größer als
Natriumretention, Ödembildung •
• •
•
Herzinsuffizienz nephrotisches Syndrom Leberzirrhose mit Aszites Niereninsuffizienz (mit Oligurie)
s:::: Q) 0'> s:::: ::J :I...
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� 583
rv
99 Hyponatriämie
----
Kreislaufregulati o n wichtiger a l s d i e Volumenho m öostase ( Konstanterhaltung der Osmolalität i n den Körperflüssigkeiten) . Rationelle Diagnostik Anamnese
N iere
Tri n ke n Aufnahme von freiem Wasser
Reabsorption von freiem Wasser
t arterieller Blutdruck
1 effektives arterielles ' Blutvolumen
Abb. 99.1
t
Osmolalität im Extrazellularraum
1 Natriumkonzentration ' im Serum
Schematische Darstellung der Mechanis men der Freisetzung des antid i u retischen H ormons Ar ginin-Vasopressi n (AVP, ADH): Die osmotische Freiset zung von Vasopressin ist in der rechten Schemahälfte dargestellt, die nichtosmotische in der linken Schema hälfte. Vasepre ssi o n reg uliert ü be r das Vasopressin Durst-System d i e Serumnatri u mkonzentration.
dingter Mechanismen , wie H ypovolämie oder Blutdruckabfall, freigesetzt. Vermittelt wird d iese Freisetzung über Volumenrezeptoren i n den Vor höfen, über kardiale Mechanorezeptoren und über die arteriellen Rararezeptoren i m Karotissinus u nd Aortenbogen (Ab b . 99. 1 ) . Di e kreislaufbedi ngten Faktoren können als "Notfallfu nktion" die Vaso press i n freisetzu ng stark stimulieren . Bei starkem Blutdruckabfall, schwerem B l utverlust , Schmer zen, Erbrechen und Hypoxie fin den sich gelegent lich extrem hohe Vasopressinkonzentrationen (50- 1 000 p g/ ml ) . D iese hohen Vas opressinkon zentrationen bewirken eine starke periphere Vaso konstri ktion, die sich klinisch an einer auffallen den Hautblässe (z.B. beim Erbrechen) zeigt. Für die Ausbildung einer Hyponatriämie ist nicht die absolute Konzentration von Vaso pressin, sondern die fehlende Sup pression des Hormons bei Zufuhr hypotoner Flüssigkeiten verantwortlich. Nicht selten entsteht die Hypo natriämie erst iatrogen unter einer I nfusions therapie, wenn i niti al zuwenig Natriumchlorid verabreicht wird.
584
I n d iesen Fällen ist Vas opress i n über kreislauf bedingte Mechanismen stimulie1i u n d wird bei Zu fuhr von hypotonen I n fusionslösungen n icht sup primiert. Folglich wird relativ zuviel freies Wasser retiniert. I n dieser pathophysiologischen Situation - Vasopressin wird für die Aufrechterhaltung des Kreislaufs ben ötigt - ist für den Organ ismus d i e
Die U nterscheid u ng zwischen symptomatischer und asymptomatischer Hyponatriämie hilft, zwi schen einer akuten und einer c hronischen Form der Hypon atriämie zu u nterscheide n . Ebenso weist die Anamnese auf eine m ögliche medi ka menteni nduzierte Hyponatriämie (Tab. 99.2) hin. Körperliche Untersuchung
Tritt die Hyponatriämie ohne deutliche Dehydra tatio n rasch auf, werden Symptome wie Ü belkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen, Apathie, Verwirrtheit, zerebrale Krampfanfälle und Koma b eobachtet. Bei akuter Hyponatriämie ist der Wassergehalt des Gehirns erhöht ( Hi rn ödem), während er bei chro n ischer Hyponatriämie annähernd normalisiert ist. Entsteht die Hyponatriämie langsam, kann sich das Gehirn offensichtlich an die Hypoosmola lität durch Abbau organischer Osmolyte adaptie ren , und Symptome bleiben aus.
I
Wird bei einer chronischen Hyponatriämie der Versuch unternommen, die Serumnatrium konzentration rasch zu normalisieren, treten iatrogen zerebrale Symptome auf.
Der körperlichen U ntersuchung des hyponatri ämischen Patienten kommt die entscheidende Rolle i n der d iagnostischen Zuord n u ng zu. Während Ö deme und Aszites offensichtlich sind, kann die Feststellung eines reduzierten Extrazellularvolu mens schwierig sein. H ier spielt d ie Anamnese (kranke Säuglinge ohne adäquate Zufuhr von Salz und Wasser) bzw. der klinische Verlauf für die D ia gnostik die entscheidende Rolle. Klin isch-chemische Untersuchungen
Zunächst m uss d urch Messung der Osm o lalität im Serum oder im Plasma geklärt werden, ob eine hypoosmoti sche H yponatriämie vorliegt, für die d ie Pathop hysiologie gilt (Abb. 99.2) . Die Hypo-
Tabel i le
99.2 Medikamente, die eine Hyponatriämie nduzieren kö nne n .
•
Carbamazepin
• Clofibrat
• Cyclophosphamid • Furosemid • Th iazi dd iu reti ka (z. B. Hydrochlor othiazid) • Oxyt oc i n • Vincristin
99 Hyponatriämie
Hyponatriämie (Serum natrium
30 mm ol/1
• Blutdruck und Herzfrequenz normal • Hautturgor und Schleimhäute normal • Fontanelle im Niveau
30 mg/dl gel ten auch im Kindesalter als pathologisch und sind nahrungs- und medikamentenunabhängig. M ögli cherweise handelt es sich hier um einen wichtigen Marker für Risikofam ilien.
---- 1 00 Hyperlipidämie
Tabelle Hypercholesterinämien 1 00.2
Ursachen von sekundären Hyperlipidämien.
• Adipositas
•
•
•
•
•
•
• • •
•
•
•
alimentäre Zufuhr (gesättigte Fette und Cholesterin) akute intermittierende Porphyrie Anorexia nervosa Cholestase Glykogenase Typ I, 1 1 1 und VI Hypothyreose idiopathische Hyperkalziämie Morbus Cushing chronische Niereninsuffizienz idiopathisches nephrotisches Syndrom (minimal change, fokale Sklerose) Proteinurie mit > 1 g/m2/24 h , z.B. bei chronischer Glomerulanephritis Progerie (Werner-Syndrom)
Hypertriglyzeridämie
• Adipositas • Alkoholabusus • chronische Niereninsuffizienz • Diabetes mellitus Typ II • Dysgammaglobulinämien • Glykogenase Typ I, 1 1 1 und VI • Hyperalimentation (insbesondere parenterale Ernährung mit Kohlenhydraten) • Hypothyreose • idiopathische Hyperkalziämie • Morbus Addison • Morbus Cushing • Morbus Gaueher • nephrotisches Syndrom mit schwerer Proteinurie (z.B. bei fokaler Sklerose) • Progerie (Werner-Syndrom) • Sepsis
Differenzialdiagnose der pri mären Hyperlipidämie im Kindesalter: Hypercholesterinämie BestätiDiaggnose ung sierung weiter1ührende Nebenbefunde Verdachts· e diagnose der des rakteri Hauptsymptoms
I
isolierte Hypercholesterinämie (> 220 mg/dl oder 5,7 mmol/1)
Cholesterin ca. 250-500 mg/dl, LOL-Choiesterin > 1 60 mg/dl, evtl. Xanthome (Achillessehne!)
familiäre Hypercholesterinämie (FH) , heterozygot
Familienanamnese bzw. -untersuchung, evtl. Charakterisierung des LDL-Rezeptor-Defektes
Cholesterin ca. 1 000 mg/dl, Xanthome ++, vorzeitige koronare Herzkrankheit
FH (homozygot)
Famil ienanamnese, Herzkatheter (Koronarangiographie auch bei asymptomatischen Patienten)
Cholesterin ca. 250-400 mg/dl, LDL-C > 1 60 mg/dl
"polygene" Hypercholesterinämie
Familienanamnese bzw. -Untersuchung negativ
_j
c (J.) 0'> c ::J lo...
:Q
-t-J
Cf) � 0
Differenzialdiagnose der primären Hyperlipidämie im Kindesalter: Hypertrig lyzeridämie BestätiDiaggnose ung Charakteri sierung weiter1ührende Nebenbefunde Verdachts diagnose der des HauJ)tsym�toms isolierte Hypertri glyzeridämie (Nüchterntriglyzeride > 1 50 mg/dl bzw. 1 , 7 mmol/1, Cholesterin normal)
isolierte Hypertri g lyzeridämie und evtl. vermindertes H OL-Cholesterin
-t-J
Triglyzeride stark erhöht, (> 800 mg/dl), evtl . Xanthome, Bauchschmerz, Pankreatitis, Hepatosplenomegalie, Lipaemia renalis
Chylomikronämie (Typ-1-H LP)
Elektrophorese: Nachweis von Chylomikronen, Nachweis von Apo B-48, Nachweis verminderter LPL-Aktivität, evtl. auch LPL-Masse (ELISA), Ausschluss Apo-C-11- Mangel
zusätzlich evtl. Glukose intoleranz, Hyperinsulinismus
Typ-V-HLP
Elektrophorese: vermehrte VLDL u n d Chyl o mi kron ämi
evtl. Glukoseintoleranz, Adipositas, Hyperurikämie
familiäre Hypertri g lyzeridämie
e
Untersuchung von allen Familien angehörigen
I
lo... -t-J
� (1) w "0 c ::J (J.)
.c
(.)
Cf) 0 ..c ro -t-J
(J.)
� 591
M
1 00 Hyperlipidämie
-----
Differenzialdiagnose einer primären Hyperlipidämie im Kindesalter: kombinierte Hyperlipidämie Bestäti gung sierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsf�harakteri diagnose der Diagnose des Hauptsymptoms
592
Triglyzeride variabel, Cholesterin stark erhöht
VLDL-Cholesteri n erhöht, evtl. LOL-Choiesterin normal, HOL-Cholesterin niedrig, "tuberoeruptive" Xanthome: Ellenbeugen, Knie, frühzeitige Arteriosklerose
Typ-1 1 1- H L
Elektrophorese: Nachweis abnormer (cholesterinreicher) VLOL; Bestimmung des Apolipoprotein-EPhänotyps (E2/E2)
Hypertriglyzeridämie, Hypercholesterinämie
positive Familienanamnese mit frühzeitiger koronarer Herzkrankheit bei den Eitern
familiäre kombinierte HLP (FKH)
Fam ilienuntersuchung
Hypertriglyzeridämie, LOL-Cholesterin normal oder leicht erhöht (1 1 0-1 30 mg/dl)
Apo 8-1 00 (> 1 1 0 mg/dl), evtl. H O L-Cholesterin und Apo A-1 erniedrigt
Hyperapo betalipoproteinämie
Familienuntersuchung
J
Abb. 1 .1 U ntere Gesichtspartie ei nes J u ngen mit seit 6 Tagen beste h endem Fieber bei Kawasaki-Erkran kung: Lacklippen und H i m beerzunge.
9.1
Abb. General isierte Ödeme bei nephrotischem Syndrom.
Abb. 2.2 Handinnnenflächen eines 1 5-jä h rigen Mäd chens mit rezidivierenden Fieberschüben bei system i schem Lupus erythematodes: Aufgrund d e r Vaskulitis findet sich ein scheckiges Bild m it entz ü n d eten , teil weise i nfiltrierten Bereichen und durchblutu ngsgestör ten Hautbezirken.
Abb.
9.2
Allergisches Ödem.
Abb. 11.2
U rtikaria mit Quincke- Ödem.
Abb. 11.3
Infantiles Ekzem im Bereich der Wangen.
Abb. 12.3
Medianer Koronarschnitt durch die große Fontanelle bei einem 7 Monate alten männlichen Säug ling mit Makrozephalie. Sonegraphisch zeigt sich e i n e deutliche Erweiterung d e r äu ßeren Liquorräu m e . I m CDE-Meßfeld (Color-Doppler- Energy, a u f d e r Abb i l dung blau unterlegt) zeigen s i c h kleinste arachnoidale Gefäße, womit d ifferentialdiagnost isch eine Erweite rung des S u barachnoidalraumes nachgewiesen und ein Subduralerguß ausgeschlossen werden konnte (mit freundlicher Erlaubnis von H errn PD Dr. Th. Rupprecht, radiologische Abteilung der U n iversitätskl i n i k für Kin der u nd Jugendliche, FAU Erlangen-Nürn berg).
A bb. 16.1
M e n i n g o kokkenmeningitis und -sepsis: Petech iale Hautblutungen und oberflächliche Hautne krose.
II
Abb. 16.2
M eningokokkenmeningitis u n d -sepsis: Schwere intravasale Gerinnung mit nachfolgender De markation der betroffenen Hautareale u nd beginnender Nekrotisierung der Zehen.
Abb.
Abb.
23.4 Kirschroter Fleck der Makula am Augen h i ntergrund bei G M2-Gang l i osidose (M. Tay-Sachs) (aus: Bodechtel , G . : Differentialdi a g n ose neurologi scher Krankheiten. Thieme, Stuttgart 1 974) .
23.5 1 2 Monate alter Junge mit Phenylketonurie und Hyperphenylalaninämie. Entwicklungsrückstan d , blasses Hautkolorit, Ekzemneigung, blonde Haare, blaue Augen.
Abb.
Abb.
25.1
Exophthalmus bei Lymphangiom der li nken
Orbita.
Abb.
26. 1 U ntersuchung eines S ä u g l i ng s bei V. a. Ophthalm ia neonatorum. Handschuhe, M u nd- und Augensch utz sind erforderl ich, da beim Öffnen der Lider der Pus oft weit aus den Augen herausspritzt und s o den Untersucher gefährdet.
25.2 Morbus Recklinghausen: plexiforme Neurofibrome und Ptosis.
Abb.
26.2
Orb itaphlegmone bei Tränenwegsinfek-
tion.
111
Abb. 29.1
Der menschliche Augapfel im Querschnitt.
Abb. 29.2
Abb. 29.3
Cataracta congenita.
Abb. 29.4
Cataracta complicata nach Rötelnembryo pat h i e . Beidseitig dichte Trü bung von Linsenkern und Rind e .
IV
Spaltlampenbild einer nach nasal und oben l uxierten Linse.
Abb. 29.5
Abb. 29.6
Abb. 29.7
Abb. 29.8
I mplantation einer Faltlinse d urch eine 3-mm-lnzision am Limbus.
Cataracta congenita mit Kerntrübung.
Pars-plana-Lentektomi e bei kongen italer Katarakt eines 6 Wochen alten Säuglings.
Leukokorie und positiver Brückner-Test. Der Fundus leuchtet wei ß lich-gelb auf.
Abb. 30.1
Abb. 30.2
Abb. 30.3
Abb. 30.4
Abb. 31.1
Abb. 31.2
Typischer Gesichtsausdruck e ines Klein kindes m it B lendung und Epi phora bei Hydrophthal mie/angeborenem Glaukom.
Deutlich exkavierte Papi l l e d urch hohen intraokularen Druck b e i kongenitalem G laukom.
Stauu ngspapille: beginnende Stauungs papille (links). vollentwickelte Stauungspapi lle (rechts).
Abb. 34.1
aplasie (b).
Haab- Linien ; Descemet-Risse der Horn haut bei kongenitalem Glau kom.
I risdystrophie bei Morbus R ieger u n d
Glaukom.
Papil lenanomalien: Pseudopapillitis (links), Drusenpapille (rechts).
Albinismus: vorderer Augenabschnitt mit "Kirchenfensterphänomen" (a), Augen hintergrund mit Makula-
v
1
2
Lippenbeteiligung bei Erythema exsudati vum multiforme.
Abb. 36.1
3
VI
Abb. 36.2
Lichen ruber erosivus.
Abb. 36.3
Abwischbare weißliche Beläge bei einer
Candidiasis.
Abb. 38.1
Floride Karies i m permanenten Jugendge biss d urch übermäßigen Verzehr von Süßigkeiten und vern ach lässigte M undhygiene.
Abb. 38.2
Abb. 38.3
Mittelschwere Dentalfluorose an den mitt leren Schneidezähnen des Oberkiefers im permanen ten Jugendgebiss.
Baby- Bottle-Karies i m Oberkiefer eines M ilchgebisses d u rch permanentes Saugen von Kinde r i nstanttee aus der Flasche.
H o nigsch n u l ler- Karies i m M i lchgebiss, mangelhafte Zah npflege.
Abb. 38.4
Abb. 38.5 Abb. 38.6
Tetrazyklinverfärbungen im Wechselgebiss.
Amelogenesis im perfecta im U nterkiefer eines Wechselgebisses.
Abb. 38.7
Dentinogenesis im perfecta Typ I I m i t d e n ty p i sc h e n Verfärbungen d e r Zäh ne i m späten Wechselgebiss.
Abb. 39.1
1 7 -jähriger Patient m i t akuter lymphatischer Leukämie.
Abb. 39.3
1 3-jähriger Patient mit Epidermolysis bullosa.
Abb. 39.2
1 6-jährige Patientin mit Ciclosporin-i ndu zierter Gingivitis.
Abb. 39.5
Lokalisierte Rezessionen im M ilchgebiss.
(Abb.
39.4
siehe nächste Seite)
VII
Abb. 39.4a-h
1 3-jährige Patientin mit aggressiver Parodontitis, schwere lokalisierte Form.
Adenoide
Abb. VIII
Kind 43.3 Einse itige Choa nalat resie : 2-jäh riges m it c h ronisc her einse itiger Nasen sekret i o n . Choa ne der Gege nseite anato misch regelr echt konfig uriert.
Abb. 44.1
Akute Epiglottitis.
Abb. 44.2
Abb. 44.5
Abb. 45.2
Peritonsillarabszess.
Kehlkopfhämatom.
Akute Mastoiditis: retroaurikuläre Rötung und Schwellung, abstehende Ohrmuschel.
Abb. 44.3
Tracheitis.
Abb. 44.4
l ntubationsgranu lom.
Abb. 49.1
Laryngomalazie bei einem 6 Monate Säug ling (omegaförmiger Kehl kopf, Kollaps d er knorpel)
Abb. 49.2
Trachealstenose, umschriebene Kompres sion der H interwand , bedingt durch einen Fremdkörper im Ösophagus.
Abb. 49.3
Trachealstenose, bedingt durch doppelten Aortenbogen: Trachealstenose im unteren Drittel, Kom pression von rechts vorne.
b
Abb. 6 1 . 3
Saugbiopsie aus der Darmschleimhaut
a) Normale H istologie: Zottenkrypten und Epithel sind sehr gut zu erkennen, besonders auch das hochprismati
sche intestinale Epithel mit dem basal liegenden Zell kern. b) Bild bei Zöliakie: Schwund der Zotten, flache Schleimhaut. Es finden sich zahlreiche Lymphozyten i n nerhalb der Epithelreihe und auch im subepithelialen Gewebe. Die Enterozyten haben ihr hochprismatisches Aussehen z.T. verloren, die Zellkerne liegen nicht ausschließlich basal.
Abb. 74.4
I ntraoperativer Situs bei 3 Stunden alter Hodentorsion des linken Hodens. Deutlich sichtbar ist d i e bläulich l i vide Verfärbung des H odens sow i e d i e Torsion d e s Samenstranges. X
Abb. 74.5
I ntraoperativer Befund einer Hydatidentor sion. Es stellt sich eine deutl iche nekrotische Appendix testis mit torquiertem Stiel am Oberpol des Hodens dar, während der Hoden e i n unauffälliges Erschei nungsmuster bietet.
Abb.
75.1 Physiologischer Fluor e ines 2 Tage alten Neugeborenen. Im Genital bereich sind noch Vernixreste erkenn bar.
Abb.
Abb.
1 05. 1 0
1 05.8
Erythema nodosum.
Gelenkbefall bei Sharp-Syndrom.
Abb.
1 05.7
lridozyklitis mit Synechien.
Abb.
1 05.9 Vaskulitisches Exanthem bei system ischer juveniler chronischer Arthritis.
Abb.
1 05.1 1
Vaskulitis.
Abb.
1 05 . 1 2
d rom.
Abb.
XII
Abb.
1 09 . 1
1 09.2
H autsc huppung bei Kawasaki-Syn -
Abb.
1 06 . 1
fecta Typ I .
Scharlach (a und b) .
Masern (a u n d b).
Blaue Skleren bei Osteogenesis i mper-
Abb. 1 09.3
Ringelröteln (a und b).
Abb. 1 09.4
Gianotti-Crosti-Syndrom (a und b).
Abb. 1 09.5
Erythema anulare.
Abb. 1 09.6a E ryth ema exs udati vum m ultiforme (Stevens-Johnson Syndrom).
Abb. 1 09.6b
Stevens-Johnson -Syndrom.
Abb. 1 09.7
Varizellen.
Abb. 1 09.8
Ekzema herpeticatum.
I mpetigo contagiosa (au s: G . Rassner [Hrsg.]: Dermatologie: Lehrbuch und Atlas. 4. Aufl. Ur ban & Schwarzenberg, München 1 992).
Abb. 1 09.10a
Anaphylaktoide Purpura Schoenlein-Henoch.
Mening okokke nsepsis (Waterh ouse-Friderichse n-Syndrom) (aus: Peter, H. H., W. Piehier [Hrsg.]: Klinische I mmunolog ie. 2 . Aufl. Urban & Schwarzen berg
Abb. 1 09. 1 1
XIV
a
Abb. 1 09 . 9
1 996).
Abb. 1 09.1 1 b
Abb. 1 09.1 0b
Purpura Schoenlein-
Henoch.
M eningokokkensepsis.
Abb. 1 09.1 2
Abb.
109.13
Abb. 1 1 0. 1
Seidlmayer-Kokardenpurpura.
Trombidiose (a und b).
Akute U rtikaria.
Abb. 1 1 0.2
graphismus.
Urt i karieller Derm o -
Abb. 1 1 0.3
Urtikariavaskulitis
B u llöse Hauterkrankungen. Ab b . 1 1 1 . 1 a) I m petigo contagiosa. Aufgrund der m u lt i lokulären H erde mit honiggel b-eitriger Beleg u n g ist d i e I m petigo eindeutig v o n einer H erpesinfektion abzu g renze n . Allerdings kann eine I m petigo auch von ei nem superinfizierten H erpesherd ausgehen. b) Ekzema herpeticatum . c) Hand-Fuß-Mund-Erkrankung. d) Epidermolysis bul losa si mplex. e) l ncontinentia pigmenti. f) Porphyria cutanea tarda.
XVI
Abb. 1 1 2. 1 Dermatologische Erkrankungen mit Hautschuppung. a) Tinea corporis b) lchthyosis congen ita
Abb. 1 1 3.1
Naevus flammeus late-
ralis.
Abb. 1 1 3.3
Naevus sebaceus.
Abb. 1 1 3.2
Epidermaler Nävus entlang der Blaschko-Linien.
Abb.
116.1
Nagelveränderungen bei Lichen ruber.
Abb.
116.3
Onychodystrophia canaliformis mediana.
XVI I I
117.1
Rayna ud-Ph änome n: scharf beg renzte Weißfärbu n g der Finger. Abb.
Abb.
Abb.
116.2
117.2
Trachyonych ie.
Akrozyanose: sym metri sche Zyanose, distal, unter Kälteeinfluss.
Abb. 1 1 8.3
Wanzenstiche.
Abb. 1 1 8.5 Akutes allergisches Kontaktekzem (exsudatives Stad i u m).
Abb. 1 1 8.4 zytose).
Abb. 1 1 8.6
U rti c ar i a p ig mentosa (kutane M asto
Lichen ru ber p l an u s
.
Abb. 1 1 9.3 A.K., 9 Jah re m it einer leichten depressi ven Episode und ei n er Enuresis nocturna, drückt ihre Gefühle n ac h e iner nassen Nacht aus. Die E n u resis wurde mit einer apparativen Ver h a l t e nst h erapie und medikamentös behandelt, wegen der d e press iv e n Episode wurde eine Spi el t herapie durchgeführt. ,
XIX
N M uskel- und Skelettsystem 1 01
M uskelschwäche Lars Kli nge, Thomas Voit
SymP.tombeschreibung
Die k l i n ischen Symptom e bei Erkran kungen der Skelettmuskulatur können je nach Alter des Pa tienten sehr unterschiedlich sein . M it dem Begriff M uskelschwäche wird e i n Zustand vermi n derter Skelettmuskelfun ktion beschriebe n , von dem untersch ie d l i c h e M u s ke l p a rt i e n betroffen sein können ( S c h u l te r Beckenmuskulatur, Gesichts oder E x tre m it ä tenm u s k ulat u r) . H in ter i h m kön n e n s i c h ve rsc h i e dene Patho l ogien der Skelett m uskulatur oder übergeordneter n e u ro l ogisc h er F u n ktio n ssyste me verb ergen . Das S ym p t om M uskelschwäche manifestiert sich in den verschiedenen Al te rsg ru p p en auf -,
untersc h i e d l iche Weise: • B es t e h t eine M us kelschwäch e bereits in tra u terin, so kommt es häufig z u r Ausbi l d u n g e i n es P o lyhyd ramni o n s ( Schluckschwäch e des Fetus), zu verm inderten Ki ndsbewegungen sowie zur Ent
stehung angeboren er, fixierter Gelenkfehlstellun gen (Arthrogryposis). U m ge kehrt kan n ein Oligo hydram n i o n z u e i n e r Arthrogryposis des Fetus füh re n . D iese kan n sekundär eine M u skelschwä che verursachen. •
Bei Neugeborenen führt eine Muskelschwäche
zu Saug- und Sc h l uckschwäche , schwachem bis tonlosem Schreien und n icht selten zu re sp i ra t o ri s cher I n s u ffiz ie n z . • Ei n e Mu skelschwäche be i Kindern i n den ersten beiden Lebensjahren. hat vielfach eine v e rz ögerte m otorische Entwicklung z u r F olge . Betroffene Kinder können erst spät od e r überh a u p t n icht frei sitzen , stehen oder la ufe n . • Bei ä lteren Kindern k ön n e n eine abnorme Gangart ( S t e p pergang Zehensp itzengang, Wat sc h e lga n g) oder Scapulae alatae An h al ts pu n kt für eine m us ku lä re S ch wä che sei n . N eben der Muskelschwäche gi b t es eine Reihe assoziierter Symptome, die im Rahmen neuromus kulärer Erkran kungen auftreten können oder auf solche h inweisen (Tab. 1 0 1 . 1 ) . Das S pektrum der ne u ro m u s ku l ä re n Erkran ku ngen gl i ede rt sich in Krankheiten, die primär die S k e l ettmusl< U i a t u r betreffen (p rimäre Myopa thien), und neurogene Stö runge n , bei denen M us kelschwäche und Ve ränd e run gen der Skelettmus k u la t u r a l s sek u n däres Symp tom von Erkran ku ngen des Zentraln ervensystem s , des zweiten M otoneurons (motorische Vorderhornzellen) oder ,
Tabelle 101.1
Assoziierte Symptome bei neuromusku lären Erkrankungen. •
Myalgien
•
verlängerte Rekonvaleszenz im Rahmen von grippalen I nfekten u nklare komaähnliche Zustände abnorme Gangart episodische Lähmungen Muskelsteifheit, besonders bei Kälte Faszikulieren der Zunge
• Muskelkrämpfe • M uskelatrophie • Rhabdomyolysen, Myoglobinurie
•
•
•
•
•
des peripheren Nervs vorkommen. Auch Stö ru n ge n der n e urom usk u l ären Ü bert ragu n g oder gen e t i sc h be di n gt e Schwächen des B in dege w ebes füh re n zu M uskelschwäche (Abb. 1 0 1 . 1 ) . Schließlich gibt es eine Reihe von Erkrankungen, die sowohl das Z en traln e rvensyst e m als auch die M uskulatur betreffen (z.B. ko n ge n i tal e M uskeldystrophie mit Lissenzephalie). Sowohl p ri m äre Myo p at h i e n als auch neuro gene St öru n ge n lassen sich in hereditäre oder er w orb en e E rk ra n k u n ge n m i t a kut en ep i s o d i sch e n oder chronischen Verläufen einteilen. ,
Rationelle Diagnostik Anamnese
Eine eingehende klinische Anamnese ist genere l l ein wichtiger Bestandteil i n der Diagnostik neuro muskulärer Erkranku ngen im Kindesalter. Fo rma l gliedert sich die Anamneseerhebung in di e E ige n anamnese, d i e der E rfa s s u ng der aktuel l e n Be schwerdesymptomatik u n d A u ffä H i g k ei t e n i n der mot orischen Entwickl u ng g i l t , sowie in eine aus fü hrliche Fa m i lie n anam n es e . Eigenanamnese
Die häufigsten Symptome, d ie im Rahmen neuro muskulärer Erkranl l inks)
:2
607
r
1 03 H üft- und Kniefehlstellun gen
• Der angebo rene Scheibenmenisku s kann be reits beim Kleinkind zu Einklemmungen führen. • I n stab i lität des Kniegelenkes beim jüngeren Kind kann ihre U rsache im Fehlen der Kreuzbän der haben. • Die angeb o rene Kniegelenksluxation ist i n Form einer zumeist vorhandenen Hyperexten sionsstellung im Kniegelenk bereits bei der Geburt bemerkbar. • D ie Patellaluxation kann sich beim Kleinkind mit Trisomie 21 schon frühzeitig zeigen. Besonders fällt der I nnenrotationsgang auf. Bei orthogradem Gehen stürzen d iese Kinder meist, da die lateral steh ende Patella als Hypomochlion bei der Knie stabil isierung fehlt. • N eurogene Störungen können bei Spastik und schlaffer Lähmung zu typischen Kniefehlstellun gen führen, wie z. B. die Knieflexionskontrak tw: • Auch bei Patienten mit Muskeldystrophie kön nen besonders Flexionskontrakturen auftreten. • Kniebinnenschäden, traumabedingt oder erwor ben, führen meist zu schmerzbedingten Fehlstel lungen (Tab . 1 03 . 1 ) . Hier sei auf Meniskusläsio nen, Bandrupturen oder erstmalige Patellaluxatio nen verwiesen mit meist akuter Ergussbildung und Bewegungssperre. • Die Osteochondrosis dissecans führt zu B ela stungssch merzen und subjektiv empfu n denen B lockierungen. H ier wie bei den oben erwähnten Kniebinnenläsionen ist oftmals das M RT hilfrei ches Diagnostikum. • Kniegelenknahe Frakturen führen meist zu Feh lstellungen aufgru nd d er M u skelzügel; be sonders erwähnenswert ist die suprakondyläre Frakturform. • Die Entzündung des Kniegelenkes oder kniege lenknaher Bereiche ist zumeist m it einer schmerz bedingten Schon haltung verbunden. Der Allge mein- und Lokalbefun d , wie auch die Labordia gnostik führen in der Regel zur Diagnose. Erreger werden mittels Biopsie/Punktion ermittelt. • S chwellung und Sch onhaltung des Kniegelen kes können auch Zeichen von rheumatischen Er-
Tabelle Gelenkerguss 103. 1
Ursachen von Knieschmerzen .
• Flake fracture bei Patellaluxation
• Meniskusläsion
• Bandruptur
• Entzündung (abakteriell/bakteriell)
ohne Gelenkerguss
• Osteochondrosis dissecans • laterales Hyperpressionssyndrom • rezidivierende/habituelle Patellaluxation
nachts 608
• Tumor
---
--
krankungen und letztlich von Tumoren sein. Dabei sind die benignen Tum o ren oftmals nur durch das Röntgenbild erkennbar und zeigen kaum auffällige Klinik (z. B . n icht ossifizierendes Knochenfibrom, Osteochondrom, aneurysmatische Knochenzyste etc.). • Bei den ma lignen Tu m o ren steht das Osteo sarkom des d istalen Femurs im Vordergrund, ge folgt vom Ewing- und Chondrosarkom. Unklarer Schmerz mit evtl. Fehlstellung ist im Zweifelsfall radiologisch abzuklären .
H üftfehlstel l ungen , H üftschm erz Bei der I nspektion muss das Gangb i l d beachtet werden. Liegt ein H inken , Duchenne- oder Tren delenb urg- , Sch merz-, Lähmungs- oder Verkür zungshinken vor? Im Stehen und Gehen wie auch i n der Betrachtung im Sitzen ist auf Verkürzung ( Knieebene) bzw. Rotationsfehlstellung zu achten. Bei der Bewegungsuntersuchung i st die Becken kippung z u berücksichtigen, Kontrakturen sind aufzudecken. M uskeldefizite weisen auf die Scho nung einer Gliedmaße hin. Wesentlich zur Diagnose einer Hüftfehlstellung und i hrer Ätiologie trägt die Röntgenaufnahme bei, die in der Regel im a.p. Strahlengang und nach Lauenstein erfolgen sollte. Die Sonograph i e ist besonders hilfreich zur Feststellung einer Hüftdysplasie, wird aber auch bei Morbus Perthes, der Ergussdiagnostik und der Antetorsionsmessung eingesetzt. Zusätzliche In formationen können mit Hilfe des M RT, des CT oder der Szintigraphie erworben werden. Angeborene oder erworbene Hüft erh:rankungen o h ne Altersspezifität • Die teratologische Hüftluxa tion ist vielfach mit anderen Fehlbildungen vergesellschaftet. • Auch i m Hüftgelenkbereich können Systemer krankungen zu Feh lstellungen führe n , wie z . B . bei der Osteogenesis imperfecta, der epi-metaphy sären Dysplasie, dem Down-Syndrom etc. • Angeborene Femurdefekte führen ebe n fa l l s zu
Feh/s tellungen. • Die Coxa vara congenita macht sich im Kindes
alter durch einen watschelnden Gang bemerkbar, kann aber auch s c h o n im Säuglingsalter evi dent sein, so dass die betroffene H i.ifte nur bei maxima ler Abduktion sonographisch u n te rs u c h t werden kann. • Beim S p a s t i k e r fa l l e n bes o n ders Jnnenro ta t ions- u n d A dduktionsstellungen der H ü ften auf m ögliche sind Es ( W i n d s c h l ag d e fo rm i tä t ! ) . Kontrakturen zu erk e n n e n , die als s o l c h e auch bei Luxation der H üfte im Abd u k t i onss i n n e i m p o n ie-
---- 1 03 Hüft- und Kniefehlstellungen ren. Knöchern steht eine Coxa valga et antetorta im Vordergrund . • Bei schlaffen Lähm u ngen sind eher A bd u k tions- und A ußenrota tionskontra kturen zu fin den . • Außerdem ist d i e neu rogene Hüftluxation zu b eachten, d i e dann auch bereits bei der Geburt vorliegt. • Bei M uskel dystrophie können Flexio nskon traktUI·en und Hüftluxationen auftreten. Altersspezifische Hüfterkranlmngen
Typische E rkranku ngen lassen sich bestimmten Altersgruppen zuordnen (Tab. 1 03 .2). Hüfterkrankungen beim Säugling
Die Hüftdysplasie wird aufgrund von Abspreiz
minderung oder I nstabilitätszeichen, aber vor al lem mit Hilfe der Sonographie diagnostiziert. Bei Abduktion und A ußenrotation des Hüftgel enkes mit Schmerz und evtl . Fieber i st eine eitrige Coxi tis abzuklären. Hüfterkrankungen beim Kleinkind
Beim IGeinkind ist beim H ü ftschm erz und bei ent sprechenden Schonhaltungen an die Coxitis fugax, den Morbus Perthes, Entzündungserkrankungen (eitrig oder rheumatisch e r Formenkreis) oder an einen Tumor zu denken. D urchgemachte leichte virale Erkrankungen, unauffäl l ige Laborwerte, aber Ergussbi ldung i m Hüftgelenk weisen auf die Coxitis fugax hin . Mor bus Perthes und Coxitis fugax können mit glei chen Symptomen beginnen, ohne dass d urch b il d gebende Verfahren eindeutige Verän d e r unge n auf gezeigt werden und damit eine Zuordnung m ög lich ist. Beim Morbus Perthes fehlt in der Regel der H in weis auf einen viralen Infekt. I n der Vorgeschichte wird meist Progredienz von Schonhinken und Be wegungsminderung über einen längeren Zeitraum berichtet.
Tabelle Schmerz
1 03.2
Alterstypische Hüfterkrankungen.
Bewegungsminderung
Säugling
bakterielle Coxitis
H üftdysplasie bakterielle Coxitis Arthrogrypose
Bei der ju venilen rheu matischen Coxitis und der eitrigen Coxitis ist besonders die Schmerzent wicklung zu beachten. D ie eitrige Coxitis ist ein akutes Geschehen, das mit deutlicher Beeinträch tigung des Allgemeinbefindens einhergeht. D ie La borparameter weisen meist den Weg zur Diagnose. Z ur Abklärung einer Tum orerkra nku ng mit allge meiner Schm erzhaftigkeit werden bildgeben de Verfahren eingesetzt. Eine residuelle Hüftdysp lasie kann im ange s p roche nen Alter zu Beschwerden mit Schonhin ken führen. Hüfterkrankungen bei Jugendlichen
I m Vordergrund steht bei dieser Altersgruppe die Epip hyseo lysis cap itis femoris mit ihren 3 For
men: • akut: mit kurzer Anamnese • chronisch: m it längerer Anamnesedauer • akut auf chronisch: längere Anamnesedauer mit p lötz lich er Verschlechterung. I m Vordergrund stehen S c hmerzhaftigkeit und E inschränkung der Gehfähigkeit Bei stärkerem Abrutschen fällt das Drehmann-Zeichen auf (bei H üftb e u gu n g zunehmende Außenrotation u n d Abduktio n ) . D i e Röntgenuntersuchung i n zwei Ebenen lässt den Abrutsch der Epiphyse erkennen. Auch in diesem Alter können d ie oben erwäh n ten Erkrankungen des Kindesalters Ursache von Fehlstellungen, Schonhaltungen oder Schmerzen sein. Bei Trau maa n a m ne se sei neben knöchernen Verletzungen auch auf Abrissverletzungen des Rectus femoris oder der Adduktoren verwiesen. Tumoren im hüftgelenknahen Bereich führen zu Schmerzen und Schonhaltungen . Von den beni gnen Tumoren seien als h ä ufi gst e die fibröse Dys plasie, das Osteoblastom und Osteochondrom ge nannt . Sol itäre Knochenzysten werden ebenfalls oft gefunden. Bei den malignen Tumoren stehen Osteosarkom und Ewing- Sarkom im Vordergrund. Schmerzen in Ruhe während Tag und Nacht sollten an ein Tu morgeschehen denken lassen.
Kleinkind
Jugendlicher
Coxitis fugax M. Perthes bakterielle Coxitis Rheuma Tumor
Epiphyseolysis capitis femoris residuelle H üftdysplasie Tumor Rheuma bakterielle Coxitis
Coxitis fugax M. Perthes bakterielle Coxitis Rheuma Tumor
Epiphyseolysis capitis femoris residuelle H üftdysplasie Tumor Rheuma bakerielle Coxitis
E
Cl>
+-' Cf) � Cf) +-' +-'
Q) Q) .:s:. (J) "'0 c ::J I
Q) .:s:. Cf) ::J
�
609
�
1 04
Fußfehlstellungen
--
--
1 04 Fußfehlstell ungen J ü rgen Rütt
Fußfehlstel lungen treten angeboren oder erwor ben auf. Somit sind sie einerseits beim Säugling, andererseits beim Kind bzw. j ugendlichen feststell bar. Sie können isoliert vorkommen oder als Teil symptom einer generalisierten Erkrankung. Ana tomisch betrachtet können sie sich auf den Vorfuß bzw. die Zehen, den gesamten Fuß oder auf den Rückfuß mit dem oberen Sprunggelenk beziehen. Dabei sind ossäre, m uskuläre, neurogene und/ oder arthrogene Veränderungen ursächlich (Tab. 1 04. 1 ) . Doch auch schmerzbedingt werden Fußfehlstel lungen vorgefunden. Bei der Diagno stik und damit Zuordnung zum jeweiligen Krank heitsbild stehen I nspektion und Palpation im Vordergrund, ergänzt durch Röntgen und evtl. spe zielle D iagnoseverfahren.
• Beim Sichelfuß (Abb . 1 04. 1 b ) fi ndet sich bei regelrecht stehendem Rückfuß eine Adduktion des Vorfußes. Davon zu unterscheiden ist der Hall ux varus, eine alleinige Adduktionsstellung der Groß zehen. Erwähnenswert bezüglich evtl. Differenzi aldiagnosen ist die angebliche Adduktion des Fu ßes bei vermehrtem Innenrotati onsgang seitens der Hüftgelenke.
Rationelle Diagnostik An a m n ese
Bei angeborenen Deformitäten steht die Familien anamnese i m Vordergrund. Bei erworbenen Defor mitäten müssen eine mögliche Traumaanamnese erh oben , Fragen nach allgemeinen Krankheits symptomen (Entzündungserkrankungen - Tumor erkrankungen) gestellt und neurologische Verän derungen eruiert werden. Körperliche Untersuchung
Angeborene Deformitäten wie Polydaktylien, Syn daktylien und Spaltfüße sind bereits inspektorisch diagnostizierbar. Klumpfuß, Sichelfuß und Ha ckenfuß bedürfen neben der Feststellung des äußeren Aspektes der zusätzlichen palpatorischen und Bewegungsuntersuchung und der neurologi schen Untersuchung: • Dabei zeigt der Klumpfuß (Abb. 1 04. 1a) die ty pische Supination und Adduktion des Vorfußes bei gleichzeitige m Sp itzfuß m i t H o chstand des Kal kaneus und Achillessehnenverkürzung sowie Fersenvarus.
Tabelle angeboren
1 04. 1
•
muskulär • knöchern • neurogen
610
Ätiologie der Fußfehlformen.
erworben
• Trauma • Entzündung
• neurogen • Tumoren
Abb.
1 04.1 Fußfehlstellungen a) Neugeborenes m it Klumpfuß. b) Kleinkind mit Sichelfuß.
c) Säugling mit Hackenfuß.
-------
Tabelle
1 04.2
Differenzialdiagnose angeborener Fußfehlformen.
tel u g des Vorfu•ß•e-s
S
Klumpfuß Sichelfuß Hackenfuß Knick-Plattfuß
l n
_ _ _ _ _ _ _ _
adduziert + supiniert adduziert orthograd + maximal dorsal flektierbar leicht proniert leicht abduziert
• Der Hacl{enfuß (Abb. 1 04 . 1 c) ist an der maxi malen Dorsalflexion des Fußes erkennbar, wobei der Fußrücken die vordere Tibiakante berührt. Bei jeder der drei zuletzt genannten Deformitäten m uss die Redressierbarkeit des Fußes beachtet werden, um die adäquate Therapie einzuleiten. • Beim kongenitalen Plattfuß m it Talus verticalis l i egt ebenfalls ein Kalkaneushochstand vor, aber der Vorfuß steht meist in Abduktion und Prona tion, und palpatorisch ist der Tal us plantar spürbar (Tab. 1 04.2) . Beim älteren Kind kann das Gangbild Auf sch luss über mögliche Erkrankungen geben, deren Ursachen nicht im Fußbereich selber zu suchen sin d . Hier liegen e her sekundäre Veränderungen vor, wie z. B. beim Spitzfuß oder Steppergang. Auch schmerzbedingte S chonhaltungen täuschen Fußfehlstellungen vor. S chwel lung, Rötung und lokale Druckschmerzhaftigkeit geben H inweis auf die Lokalisation einer evtl. entzündlichen Affek tion. Am oberen Sprunggelenk muss bei entsprechen der Traumaanamnese die Stabilitätsprüfung erfol gen. Neben dem ob en angesprochenen, eindeutig zu diagnostizierenden kongenitalen Plattfuß müs sen noch der flexible Plattfuß, der physiologische Knick-Senkfuß und der neurogene Knick-Plattfuß genannt werden ; • Beim flexiblen Plattfuß ist das mediale Längs gewölbe aufgehoben, bei verkürzter Achillessehne und Rü ckfußvalgus ist die D orsalextension ver m indert. I m Zehenspitzenstand ist das Längsge wölbe darstellbar. • Der phys iologische Knick-Sen kfuß weist bei Hyperpronation des Vo rfußes e i n e Valgität im Rückfuß auf, die im Ze hen s p i t z en stan d vollstän dig ausgleichbar ist. Weiterhin ist bei korrigiertem Fersenstand eine regelrechte Dorsalflexion im Vor fuß nachweisbar.
S:..:tel lung _: ::.; ::..: =
1 04 Fußfehlstellungen
des Rückfußes
varus + Fersenhochstand orthograd orthograd Fersenvalgus
• Der neurogene Knicl{-Piattfuß ähnelt im äuße ren Bild dem des flexiblen Plattfußes bei zumeist deutlich stärkerer Ausprägung. H ier ist selten eine aktive Aufrichtung möglich, da eine neuromusku läre Funktionsstörung zugrunde l iegt. Eine weitere Vorfußfehlstellung ist ebenfalls zu beachten, der jugendliche Hailux valgus, der auf einem Metatarsus varus des 1 . Zehenstrahles be ruht. Ausdruck einer Fußfehlform kann, wie oben er wäh nt , auch die schmerzbedingte Schonhaltung sein. H ier muss bei S chwellung, Rötung und Fie ber immer ein mögliches entzündliches G esche hen angenommen werden. D ie übliche Diagnostik mit evtl. Szintigraphie und M RT muss eingeleitet
werden. Röntgenuntersuchung
Neben der ge nauen Darstel lung der einzelnen Fußknochen zueinander zur Verifizierung der vor her genannten Deformitäten ermöglicht die Rönt genaufnahme des Fußes in 2 Ebenen die Zuord nung anderer unklarer Fußschmerzen, insbeson dere in d e r Ad olesz e n z . D i e Osteonekrose am O s naviculare, a n den Metatarsalköpfchen und die Osteochondrosis dis secans am Talus sind zu beachten. Auch die Apophysitis calcanei wird radiologisch bestätigt. Knochentumoren sind im Fußbereich bei Kin dern und J ugendlichen sehr selte n . Zu nennen sind als benigne Formen : • kartilaginäre Exostosen • aneurysmatische Knochenzyste • Osteoidosteom und Osteoblastom. Als malign e Form wird nur auf das Ewing-Sarkom verwiesen. Auch Weichteiltumoren, die meist mit Hilfe des M RT aufgeklärt werden, sind sehr selten.
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1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
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1 05 Schmerzen und Schwell ungen der Gelenke und Knochen Gerd Ganser
Die Symptomatik von Gelenk- u n d Knochen schmerzen bzw. -Schwellungen kommt bei einer Vielzahl von Erkrankungen vor. I n der Klassifika tion rheumatischer Erkrankungen im Kindes- und J ugendalter gibt es unterschiedliche Diagnosekri terien . Gebräuchlich ist die I LAR-Klassifi kation ( International League against Rheumatism) nach Petty and S o uthwood (J . Rhe u matol . , 1 998, 25, 1 99 1 -94) in ihrer 3. Revision , sogenannte Edmon ton- Kriterien nach H afer and S o uthwood (Best Pract. Res. Clin. Rheumatol., 2002, 1 6, 379-96) . Eine juvenile i diopathische Arthritis ist eine Ge lenkentzündung unklarer Ursache an mindestens einem Gelenk bei einem Ki nd oder J ugendlichen unter 1 6 Jahren, die mindestens 6 Wochen andau ert . Eine andere Erkrankung wird dabei ausge schlossen. Man unterscheidet 7 Kategorien , die in der entsprechenden DD-Tabelle dargestellt sind: • j uvenile idiopathische Oligoarthritis, • Enthesitis-assoziierte Arthritis, • Psoriasis-Arthritis, • seronegative Polyarthritis, • seropositive Polyarthritis, • systemische Arthritis, • Arthritis anderer M anifestatione n . D i e h äufigste Verlaufsform ist eine Oligoarthritis, die nach einem Verlauf von mehr als 6 M onaten als persistierend ( < 5 Gelenke betroffen) oder exten ded (� 5 Gelenke betroffen) unterschieden wird . Letztere hat eine deutlich ungünstigere Prognose, die der einer Polyarthritis entspricht. Sind mehre re oder keine der Kategorien e rfüllt, ordnet man die Erkrankung einer Kategorie "Arthritis anderer M a n i festationen" zu, um den klinischen Verlauf dieser Mischformen gesondert betrachten zu kön nen. Die j uve nil e idiopathi sche Arthritis ist al s Aus schlussdi agnose definiert und erfordert daher eine umfangreiche di fferenzia ldiagnos tische Abklä rung. Ein besonde res Problem i m Kindes- und Ju gendalt er sind Gelenk symp tome bei Fieber u n klarer G en ese. Am häufigs ten fi nden sich im Langze itverlau f I nfekti onen; on kologis ch e und rheumati sche Systemer krankung en sind die wich tigsten Differenz ialdiagno sen; auch heute noch sind etwa 20% der Verläufe von unk larem Fieber primär nicht e i n zuordnen . Bei typ ischen O rga n m a n i festationeil u n d Auto i m m u n p h ä n o m e n e n -
612
kann eine Kollagenase bzw. Vaskulitis diagnosti ziert werden. Infektionen sind auch als Triggerfak toren von Autoimmunerkrankungen bekannt. Ihre Rolle für die Entstehung des Autoimmunprozesses ist abzugrenzen von klinischen Krankheitsbildern, die mit Symptomen des Bewegungsapparates ein hergehen können, oft passager und für die jeweili ge I nfektion typisch sind. Bei rezidivierenden schweren I nfektionen u n d systemischen Krank heitsbildern ist auch die Frage einer zugrundelie gen de n (angeborenen oder erworbenen) immuno logischen Störung abzuklären. Sehr frühzeitig sollte eine Osteo myelitis bzw. sep tische A rthritis diagnostiziert werden, da innerhalb kürzester Zeit schwere Krankheitsbilder mit Gelenkdestruktionen und septischem Verlauf entstehen. Bei einigen o n kologischen Erkrankungen ge hören Fieber, Schwell ungen, Knochen- und Bewe gungsschmerzen zur klinischen Symptomatik. Sie können evtl. schon Zeichen einer diffusen M eta stasierung sein. E ine gezielte laborchemische, bild gebende und morphologische Diagnostik ist be reits bei Verdacht rasch erforderlich. Auch bei nicht entzündlichen Erkrankungen ist die klinische E i nord n u ng oft möglich d urch die Charakteristi k der Symptome im tageszeitliehen Verlauf bzw. i n Abhängigkeit von Auslöse- oder Belastungssituatione n. Rationelle Diagnostik Anamnese
Gerade bei dem großen Spektrum an Differenzial diagnosen bei Schmerzen und Schwellungen an Strukture n des Bewegungsapparates ist eine ge naue Anamnese oft entscheidend zur Erkennung ei nes Krankheitsmusters. Bereits die Fami lien anamnese gibt wichtige H inweise auf ethnische Herkunft und genetische Disposition des Patien ten sowie auf famil iäre Konstellationen. ln der Fa milien- und Eigenanamnese können Symptome des Bewegungsapparates, der Haut und Anhangs gebilde, der Sch l eim häute, der in neren Orga ne und Si nnesorgane entsche i de n d e d iagnost i s che Hinweise zur Einordnung der Erkrankung sei n . Die aktuelle Anamnese e rfasst den Vo rstel
lungsgrund, den Beginn der ersten Symptome so wie wesentl iche A Llgemeinsymptome wie Fieber,
G e w i c h ts v e rl ust, M us k e l schwäc h e ,
e m otionale
------ 1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
AuffäHigkeiten und Änderungen von Körperfunk tio nen . Spezielles I nteresse gilt den Symptomen rheuma tischer Erkranku ngen wie : •
Schmerz Schwel lung
• •
•
•
Pigmentveränderungen • Narben • S kleroderme •
•
Ulzeratio nen
•
Nekrosen
Bewegungseinschränkung
•
Schuppung.
Schonhaltungen Steifigkeit/Bewegungssehrnerz nach körperl icher Inaktivität
A n den Schleimhäuten wird gesucht nach:
• Tag-Nacht-Rhythmus der Beschwerden. Speziell erfragt werden auch
Verä n deru ngen der Haut, die teilweise nur flüchtig und vorübergehend auftreten • vo rbe s te h en d e Infekte • Symptome des Gastrointestinaltrakts • Symptome des Urogenitaltrakts • Symptome der Augen. Ungewöhnliche Vorerkrankungen und Kranken hausaufenthalte, i nsbesondere in den Wochen und Monaten vor der Erstmanifestation, sind relevant. D ie bislang durchgeführte D iagnostik und Thera pie und die Beurteilung des Ansprechens dieser Maßnahmen ermöglichen die Erfassung eines Krankheitsmusters und des "Leidensdrucks" der Patienten und Eltern. Wese n t li ch ist ferner eine •
präzise
Sozialanamnese einsc h l i e ß l i ch familiärer
•
Enanthem U l zera
•
Trockenheit.
•
Im Bereich der Haare und Nägel soll auf folgen
de Veränderungen geachtet werden: • A l op e z ie • Pla q ues •
Tüpfelnägel
•
Hyperkeratose Onycholyse.
•
Die Muskelkraft wird gegen Widerstand geprüft, das Bewegungsmuster während des An- und Aus kleidens, beim Aufstehen, Hinsetzen, H ocken , Gehen und im Stand beurteilt un d auf Schon- und Fehlhaltungen, Fehlbelastungen sowie Umfangs differenzen und Atrophien geachtet. Die Körper symmetrie spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Muskulatur wird z.B. auch bei der Rach eninsp e k tion al s Beweglichkeit des Gaumensegels, bei der
Schule zu i dentifizieren und Verluste in der Selbst
Beurteilung der Sprache und bei der Augenmoto rik b eurteil t . Eine gezielte Gelenkunte rsuchung beinhaltet di e
verwirk l i c hung zu b eurteilen.
•
I nspektion
Bei Schm erzen sind die Lokalisation, Inten sität, Häufigkei t , die Begleitum stände des A uf treten s , wie Ruheschmerz, B e l astu n g ss c h merz,
•
Wei chteilschmerz, aber auch hierdurch bedingte Ein- und D urchsch l a fstör unge n , Schmerzerfah rungen , Schmerzanamnese i n der Fam i l i e u n d
•
Palpation aktive und passive Bestimmung des Bewegungs ausmaßes der Gelenke Prüfung auf Schmerzen an Muskeln und Seh-
Strukturen, Schulanforderungen, Freizeitaktivitä ten, Sportarten, Hobbys etc. und Änderungen des sozialen Umfeldes, um Stressoren i n der Fam i l ie/
•
Coping- Strategien wichtig zur Einordnung des Symptoms.
nenansätzen. B ereits bei der Inspektion fällt der Verlust n o r maler Konturen und Orientierungspunkte ( z . B . Knochenvorsprünge) auf, Schwellung u n d i h re
Körperliche Untersuchung
Z ugehörigkeit zu bestimmten anatom ischen Strukture n , Störungen des Längenwachstums,
E i ne
grü nd l i c he G anzk örp erun t ersu ch u ng mit ei ner genauen Zuordnung der Symptome zu anato m ischen Strukturen ( Haut, Gelenke, Weichteile, Knochen, M uskulatur) i st entscheidend für d i e Einordn ung der E rl< ra nkun ge n d e s B ewegungs apparates. Eine Erfassung der Körpertemperatur und des Wachstums-/Gewichtsverlaufs (auf Per zentilen) dient der Feststel l u n g einer krankheits bedingten Re ta rdi e ru n g . A n der Haut wi rd gezielt u ntersucht au f • vas kuliti s ch e Ers c h e i nu nge n • Ra s h • Exantheme • Te l ea n giek t a si e n • H a ut v e rdi c k u n ge n
Ö d em e D u rchbl utungsst ö rungen • Kn ötc h e n
Atrophien, Kontrakturen, Fehlbildungen und De formitäten werden registriert ( A b b . 1 05 . 1 u n d Abb. 1 05. 2).
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•
•
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Abb.105.1
Seronegative Polyarthritis, Fehlstellun g en.
61 3
N
1 05
Schmerze n und Schwel l u ngen der Gelenke und Knochen
--
Infektionsparameter
Abb.
105.2
Sklerodermi e mit Fingerdeformierung.
Die Palpation der Gelenke und der periartiku l.�ren Regionen e rfasst Schmerz, Schwellung und Uberwärmung. H i l freich kann die U nterschei d ung zwischen Erguss (flottieren) und Schleim h a u thyp ertrophie (teigig) m i t p eriartikulärer Schwel lung, Synovialisvorwölbung oder -hernie Beteil igung der Bursen und Sehnen sei n . Ein � Crepitatio und Fehlbelast ung mit Achsenabw ei ch ung ist wesentlich für die funktionel le Beurtei lung. � erad� die Schmerzlokali sation (proj i z iert auf Weichteile, Knochen, Gelenke) , die Auslöse mechanisme n und die Schmerzcha rakteristik im tageszeitliehe n Verlauf sind oft richtungweis end. De! funktionelle Untersuchung sbefund i st i n Re latwn zur Anamnese und k l i nischen Untersu chung zu beurteilen. H ierbei sind die Projektion v on Schmerzen m it entsprechen den Ko mpensa _ twnsmecha nismen, der Allgemei nzusta n d , die Schmerzwahrnehm ung und die Gesamtsi tuation des Patienten i n seinem Umfe l d mit zu berück sichtigen. Klinisch chemische Untersuchungen
Al gemeine Laborparameter
614
D i e spezifische Labordiagnosti k ist in Abhängig keit von der Verdachtsdiagnose und d i fferenzial d i agnostischen Erwägungen i n d ividuell festzu legen. Generel l sollte bei der Erstvorstellung er fasst werden, ob es sich um eine Entzünd ung han delt - d u rch Bestimmung von Parametern w i e B S G , C RP, Blutbild, Differenzierung u n d Elektro phorese. ( Diese können i m Einzelfall auch bei ent zündlichen Erkrankungen unauffäll ig sei n . ) Fer ner lässt s i c h durch d i e Parameter GOT, G PT, L D H , CK, Kreatinin und Harnsäure orientierend ein gesteigerter Zellmetabolismus erfassen. Auch Rheumafaktoren können auf Systemer krankungen hi nweisen. Sie kom men bei der sero posi ti ve n j uvenilen chron ischen Polyarthritis vor, aber auch bei Kollagenasen (z.B. Sharp-Syndrom) und onkol ogischen Erkrankunge n , n i ed rigtitrig evtl. auch assoziiert zu I n fekten.
Bei V.a. Infektion sind die anamnestischen Anga ben Selektionskriterien für die Labordiagnostik . Eine Vielzahl von Bakterien und Viren können in der Differenzialdiagnose von Gelenkschwellungen und -schmerzen bedeutsam sein . Die serologische und kulturelle Erregerdiagnostik orientiert sich an den klinischen Befunden und dem Behandlungs ziel. Bei unklaren hochfi eberhaften Erkrankungen mit reduziertem Allgemeinzustand und Gelenkbe teiligung, insbesondere bei V. a. eine akute Infek tion e ines Gelenkes oder Knochens, ist neben wiederholten Blutkulturen e ine Erregerdiagnostik durch Unters uch ung des Gelenkpunktais/Biop sie erforderlich. I m zeitlichen Zusammenhang mit Durchfaller krankungen auftreten d e Gelenkaffektionen soll ten durch Stuhlu n tersuchungen und serologische Diagnostik (z.B. Yersinien, Salmonellen , Campy lobacter, Shigellen) abgeklärt werden. Bei voran gegangenen respiratorischen Infekten ist vor allem die Chlamydienserologie, aber auch eine Myko p lasmen- und S trep to k ok ken- Diagnostik sinn voll. Letztere ist häufig unspezifisch reaktiv. Klinische Symptom e wie Fieber, springende Polyarthritis und ein n e u aufgetretenes Herzge räusch in Zusammenhang mit einer (unbehandel ten) Stre ptokokkeni n fektion sind richtungwei send für ein rheumatisches Fieber. Bei J ugendlichen können urogenitale Infektio nen (z. B. durch Chlamydien, G on okokken) hin weisend auf eine reaktive Genese sein. Auch ohne anamnestische H inweise auf einen Zeckenbiss oder ein Erythema chronicum migrans bzw. eine neurologische Symptomatik sollte die Barrelienserologie ( I Ff, ELISA, Western-Blot) bei Erstmanifestation einer Alihritis bestimmt werden. Eine Vielzahl von Viren (z.B. Rötelnviren, Par vavirus B - 1 9, Hepatitis-A-, - B- und -C-, Adeno- , ECHO-, Coxsackie-, I nfluenza-, Herpes-simplex-, Varicel la- Zoster- , Zyto megalie-, Ebstein-Barr- , Mumpsviren) kann A rt h ralgi e n /Arthritiden in duzieren. Auch nach I m pfungen (typische rweise Röteln) können Gelenkaffektionen auftreten . Die Diagnostik sollte vom S chweregrad und von der Chronizität der E rk r a n k u ng abhängen, da bei Viruserkrankungen kausale Behandl ungsansätze meist nicht existieren.
Entzündungsparameter
Bei entzündl ichem Geschehen so l l ten die humo rale Aktivität des Immu nsystems und die Auto immun ität beUltei l t werden durch Erfassung der • Immu ngl obuline G, A u n d M • Kom plementfaktoren C3, C4, CH 50 • a n tin u k l eä re n Antikörper. Bei k l i n ische m Verd acht auf e i n e A u t o i m m u n e rk ran k u n g s i n d weitergeh ende Autoanti k ö rper-
--
-------
1 05
Schmerzen und Schwellu ngen der Gelenke und Knochen
bestimmungen erforderlich. Durch Nachweis spe zieller Autoantikörper gegen Doppelstrang-DNS und durch extrah ierbare nukl eäre AK (z. B . Sm, RNP, Ro, La, Sei 70, Antiphospholipid-AK sowie p- und c-AN CA) kann die Zuordnung zu einer Kollagerrose bzw. Vaskulitis erfolgen. Die Bestim mung von HLA-B27 ist hilfreich zur Einordnung rheumatischer Erkrankungen oder chronisch ver laufender reaktiver Arthritiden, eine weitergehen de H LA-Typisierung nur mit besonderen Fragestel l ungen indiziert. Bei V.a. entzündliche N ierenbeteiligung oder zum Ausschluss therapiebedingter Nebenwirkun gen (z. B. der NSAR) erfolgen U rinuntersuchun gen auf Eiweiß, Erythrozyten, Leukozyten; bei pa thologischem Befund weitergehende D iagnostik wie Kreatinin-Clearance, Eiweißausscheidung im 24-h-Urin, Polyacrylgel-Elektrophorese ( PAGE) bzw. Einzelproteinanalysen . M it speziellen Fragestellungen werden einzelne Untersuchungen d urchgeführt, wie der Tuberku l intest und das Thoraxröntgen zum Ausschluss ei ner Tuberkulose, die Harnsäurebestimmung bei G ichtverdacht oder bei seltenen angeborenen I m mundefekten zur Beurteilung der h umoralen und zellulären Abwehr evtl. im m unol o g i sc he Funk tions- und Stimulationstests. Wesentlich bei der Abklärung von unklarem Fie ber bzw. Systemerkrankungen ist eine frühzeitige onkologische Ausschlussdiagnostik durch gezielte Röntgenuntersuchung, Szintigraphie, Knochen markspunktion, 24-h -Urin auf Katecholamine, Gewebebiopsien . Auch Gerinnungsanalysen können differenzial diagnostisch z.B. bei V.a. Hämophilie ( Gelenkblu tung) oder Vaskulitiden (PTT verlängert bei Anti phospholipidantikörpern) h ilfreich sein. Einige genetische Erkrankunge n , z.B. familiäres Mittel meerfieber, haben eine hohe Entzündungsaktivität und lassen sich genetisch sichern, andere, z.B. Si chelzellanämie oder Thalassämie, sind durch spe zielle Diagnostik (z.B. Hämoglobin-Elektropho rese) zu sichern. Bei V.a. Stoffwechselerkrankungen mit beglei ten d e r G e l e nksymptomati k (z. B . Speicherkrank heiten, D i abetes mell itus, zyst i s c h e Fibrose) sollte
das Ausmaß und die Lokalisation der entzünd l ichen Schwellung und die Zuordnung zu anato mischen Strukturen (z.B. Synovia, Gelenkkapsel, Sehnen, Bursen , Periost) beurteilen. Abdomensonographie: Sie ermöglicht die Beur
teilung von Strukturen i nnerer Organe, das Erfas sen von Flüssigk eitsansammlungen und Raum forderungen sowie die Verlaufskontrolle von O r ganveränderungen. Röntgen d i agnostik ( Rö ) : Sie ist indiziert, wenn Veränderungen an den Gelenken, Weichteilen oder Knochenstrukturen erfasst oder im Langzeit verlauf beurteilt werden sollen (Abb . 1 05 . 3 und Abb. 105.4 ) . Eine Röntgenuntersuchung des Tho rax ist vorwiegend bei Systemerkrankungen, zum Ausschluss maligner Manifestationen , aber auch Infektionen erforderlich. CT und M RT: Die weitergehende bildgebende Dia gnostik durch Computertom ographie (CT) o d er Kernspin tomograp h ie (MRT) ri ch tet sich nach der klinischen Fragestellung und ist u.U. sensitiver
Abb. 1 05.3
Knöcherne Erosionen bei juveniler chro n ischer Arthritis, seropositiv.
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Q) Q) �
e i n e gezicltc Abklärung erfolge n .
Cl) "0
Technische Untersuchungen Die Diagnostik ri cht e t s i ch nach dem klinischen Befu n d und möglichen Organman ifestationen.
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Die Sonographische Diagnost i k (Sono) des Be wegungsapparates hat zunehmend an Bedeutung gewonnen. Arthroson ogra phie: D u rch die Arthrosonogra phie lassen sich d i e Gelenke und nahezu alle Stru k t u ren des B e weg u n g sa ppa ra tes (z.B. Menis ken , K n o rp e l - K n o c h e n - Oberfl ä c h e , M us k u lat u r ) ,
Abb. 1 05.4
Osteosarkom des d istalen Femurs.
Q) � Cl> :::J
�
61 5
N
1 05
Schmerzen und Schwel lungen der Gelenke und Knochen -----
als die radiologische Bildgebung. Gerade die dyna mische M RT-U ntersuchung mit Gadolinium Kontrast zeigt (in der T2-Wichtung und den STIR. Frequenzen) frühzeitig typische entzündliche Ver änderu ngen der Gelenke und begleitende knö cherne Ö deme. Sie wird auch eingesetzt z.B. zur Beurteilung knöcherner Umbauprozesse, zur Er kennung von Knochen- und Weichteilinfiltratio nen bei I nfektionen oder Tum oren (Abb. 1 05 . 5 und 1 05 .6) . Die Darstellu ng von Gefäßen mittels radiologischer oder kernspinternographischer Techniken ist nur bei speziellen Fragestellungen (z. B. Tumor, Vaskulitis) erforderlich. Die PET U ntersuchung kann bei Fieber unklarer Genese hilfreich sein, um Entzündungslokalisationen nachzuweisen. S kelettszintigraphie: Die Indikation zur 99111 Tc Skelettszin tigraph ie wird ebenfalls zurückhaltend
gestellt, z.B. m it der Fragestellung einer klinisch ni cht erfaßbaren Entzündung, einer onkologi-
sehen Erkrankung mit Skelettbeteiligung oder einer D urchblutungsminderung im Rahmen einer Osteonekrose. Arthroslwpie: Sie ist m it d iagnostischer Frage
stellung nur selten indiziert. I nsbesondere im Kleinkindalter ist sie wegen der möglichen Ver schlechterung des Bewegungsbefundes meist kontraindiziert Bei älteren Kindern und Jugend lichen kann sie d iagnostisch (z. B. bei V. a. villo nodulöse Synovitis, orthopädische Erkrankun gen ) , bei behandlungsresistenter Synovialitis therapeutisch weiterführen. Augenärztliche Untersuchung: Eine wesentliche
Organdiagnostik bei rheumatischen Erkrankun gen im Kindes- und Jugendalter ist die regelmäßige augenärztliche Un tersuchung m it der Spaltlam pe zum Ausschluss einer Iridozyklitis bzw. zum
Ausschluss von Medikamentennebenwirkungen, z. B. unter Steroiden/Antimalariamitteln. Kardiologische D i agnostik (z. B . EKG, Langzeit EKG, Ech okardiographie): Sie wird durchgeführt
bei Vaskulitiden, wie z.B. Kawasaki-Syndrom, rheumatischem Fieber, Kollagenosen, sowie bei Patienten m it juveniler Spondylarthropathie bzw. Enteritis-assoziierter Arthritis zum Ausschluss einer H erzbeteiligung, insbesondere eines Peri kardergusses, von H erzklappenveränderungen und Rhythmusstörungen. Lungenfunktionsdiagnostik (Spirometrie, Body Plethys m ographie, CO-Diffusi o n ) : Diese Dia
Abb. 1 05.5 Osteomyelitis mit I nfi ltrati o n der Tibia im MRT.
gnostik wird vorwiegend bei Vaskulitiden und Kollagenasen eingesetzt, ferner zum Ausschluss therapiebedingter Nebenwirkungen (z.B. unter Methotrexat-Langzeittherapie). Magen-Darm-Diagnostil{ (z. B . Ösophagus- Brei schlu ck, Ö sophagus-Szintigraphie, pH-M etrie, Endoskopie): S i e wird gezielt bei V. a. chronisch
entzündliche Darmerkrankungen sowie gastro intestinale Manifestation von Kollagenasen und Vaskulitiden eingesetzt. Zur Erfassung akuter ga strointestinaler Läsionen im Rahmen der T herap i e (mit nichtsteroidalen Antirheumatika) wird die In dikation zu invasiver Diagnostik in Abh än gigkeit von der Klinik zurückhaltend gestellt.
105.6
616
Knöcherne Destruktionen und Syn ovi t is Abb. des Kniegelenks bei systemischer j uveniler chronischer Arthritis.
Bioptische Gewebeuntersuchungen : Diese erfol gen mit gezielter Frageste l l u n g (z.B. Tu m orabklä rung, Vaskulitis, Myositis) zur S i c he r u n g der Dia gnose bzw. bei langjäh riger Entz ü n d u ngsaktivität zum Ausschluss einer Amyloi dose. Die bioptische U n ters u c h u n g von R h e u m a k n ö t c h e n ( N od u l i pseu d o rh e u ma t i c i ) ist a u fgru n d des e i n d e u t igen k l i n i sc h e n B i l d es und der g ü n sti gen Prog n ose meist n icht erforderlich.
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1 05
Sch merzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
Kap il larmiluoskopie: Sie ermöglicht die Beurtei l ung der Endstrombahn und ist h ilfreich bei der E i nordnung vasku litischer Veränderungen, bei idiopathischer Raynaud-Symptomatik und Kolla genasen. Neurologische apparative Diagnostik (z. B. EEG, EMG, NLG, nuklearmedizinische Hirnfunktions diagnostik): Sie ist auf wenige klinische Bilder be
s chränkt, z.B. neuropsychiatrische Manifestation eines systemischen Lupus erythematodes. Oie Indikation zum Einsatz apparativer Diagno stik ist bei klinischer Erfahrung, insbesondere bei aufwendigen Verfahren, zurückhaltend zu stellen. Sie beschränkt sich auf differente Fragestel lungen, meist im Rahmen von autoimmunen oder onkolo gischen Systemerkrankungen.
Die Differenzialdiagnosen chronisch-entzünd l i cher Systemerkrankungen ( Kollagenosen/Vasku l itiden) sind in den folgenden Tabellen abgegrenzt von den Gelenk- und Knochenschmerzen mit Be zug zu I nfektionen , die sowohl mit Erregemach weis in Gelenk/Gewebe/Blutlmltur als auch p ost i nfektiös oder reaktiv verlaufe n können. Ferner sind Gelenk- und Knochenschmerzen bei nicht entzündlichen Erkrankungen und Stoffwechsel störungen tabellarisch dargestellt.
Erläuterung: Die Tabelle "Differenzialdiagnose einer juve n ilen i diopathischen Arthritis" e nt spricht der subgruppenspezifischen Einteilung der j uvenilen i diopathischen Arthritis (nach I LAR) mit wichtigen D ifferenzialdiagnosen. In den darauffol genden Tabellen "Differenzialdiagnosen chronisch entzündlicher Systemerkrankungen" sind die aktuellen Klassifikationen nach dem Erstautor zi tiert. Für die juvenile idiopathische Arthritis wer den die Ausschlusskriterien nachfolgend in d e r entsprechenden 0 0-Tabelle aufgeführt. Für j ede der 7 defi n ierten I LAR-Kategorien müssen die angegebenen Ausschlusskriterien be rücksichtigt werden: a) ärztlich gesicherte Psoriasis bei dem Patienten selbst oder einem Verwandten 1 . G rades b) Arthritis bei einem HLA-B27-positiven J ungen mit Krankheitsbeginn nach dem 6. Lebensjahr c) ankylosierende Spondylitis, Enthesitis-asso ziierte Arthritis, Sakro il eitis bei entzünd licher Darmerkrankung, Reiter-Syndrom, akute ante riore Uveitis bei einem Verwandten 1. Grades d) Rheumafaktor-Nachweis bei zwei U ntersu chungen im Abstand von mindestens drei Mo naten e) systemische Arthritis.
Differenzialdiagnose der juvenilen idiopathischen Arthritis terführende Verdachts Charakteri sierung des wei Nebenbefunde diagnosen �tsymptoms 1 . O l i g oart hri tis : 1 -4 Gelenke in den e rs ten 6 E rk ra n ku n gs
monaten betroffen
persistierend (< 5 Ge lenke nach mehr als 6 Monaten betroffen)
extended (2: 5 Gelenke
BestätiDiaggnose ung der
vorwiegend Mädchen, K ra n kh ei ts b eg i n n evtl. i m
juven i le i d i opathische
Ol i g oart hritis
kl i n ischer Verl a uf Ausschlusskriterien: a, b, c, d , e
Kleinkin dalter
- persistent (Pro g no se
TNFa 8 1 5 G ( l ntron)
v orw ieg en d große Gelenke, asymmetrisch vorwiegend Befall der unteren Extremitäten (Kn ie, S pr u n g gelenke)
g ünstiger) H LA-A2, HLA- D R B 1 * 0 1 - extended (Pro g n ose ungünstiger)
Krankheitsbeginn
6 Jahre, Art h ritis untere > o b e re Extrem itäten Enthesitis (Tenosynovitis, Achi llodynie) a k ut e A ug e n bete i l ig ung mit Konjunktivitis
tiefe R ückenschmerzen, Sakroi leitis
Cl> Cl) >. Cl)
+J
nach mehr als 6 Mo naten bet roffe n)
2. Arthritis und/oder
E
Enthesitis-assoziierte Arthritis, Arthritis und Enthesitis oder Arthrit i s oder Enthesitis und mindestens 2 der
klin ischer Verlauf, H LA-827 n ac h weis b ar, Wi rbelsäulen beteiligung Famil ienanamnese p o s i t i v
folgenden Kriterien:
(Barsony), dynamisches M RT m it
- Druckschmerz über
Gadolinium Aussch l u sskriterien: a, d , e
den l l iosakralgelen ken u n d/oder ent zündlicher Rücken schm erz im Lumbo
sakralbereich - HLA-827 -Nachweis - J unge mit Erkrankungsalter
>
6 Jahre
(s. Kriterien) Rönt ge n : l l i o sa k ra l g el e n k e
+J +J
Q) Q) �
cn
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Cl) � Cf) :::J
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61 7
N
1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
----
Differenzialdiagnose der juvenilen idiopathischen Arthritis Verdachtsdes weiterführende di s I Hauptsymptoms
(Fortsetzung)
tCharakterisierung
2. Arthritis und/oder Enthesitis mit Neigung zu Achsenskelettbefal l
3. periphere Arthritis mit Wirbelsäulenversteifung, tiefsitzender Rückenschmerz > 3 Monate Dauer Ankylosierung der Beckenfugengeien ke
a g n o en
- HLA-B27 -assoziierte Erkrankung bei einem Angehörigen 1 . Grades (ankylosierende Spondylitis, Enthesitis-assoziierte Arthritis, Sakroileitis bei entzündlicher Darmerkrankung, ReiterSyndrom, akute anteriore Uveitis)
Bestätigung
der Diagnose
vorwiegend männl iche Jugendliche (und junge Erwachsene), - tiefsitzender Rückenschmerz und Steifigkeit länger als 3 Monate, Besserung nach Bewegung, jedoch nicht in Ruhe, - Bewegungseinschränkung der LWS in 2 Ebenen, - Einschränkung der Thoraxexkursionen
juvenile an kylosierende Spondylitis (Krankheitsbeginn vor dem 1 7. Lebensjahr, Klinik und gesicherte Sakroileitis)
HLA-827 mindestens 1 klinisches Kriterium wie bereits aufgeführt und ei n radiologisches Kriterium: Sakroileitis Grad 2 bilateral oder Grad 3-4 unilateral modifizierte New-York-Kriterien
Arthritis mehrerer Gelenke i m Strahl Mittel- und Endgelenke betroffen schuppende Hautveränderungen am behaarten Kopf, in der Nabelregion, an mechanisch belasteten Stellen, Tüpfelnägel, Hyperkeratose, Onycholyse
juvenile PsoriasisArthritis, Arthritis und Psoriasis oder Arthritis und mindestens 2 der folgenden Kriterien: Daktylitis, Nagelauffälligkeiten {Tüpfel oder Onycholyse), ärztlich bestätigte Psoriasis bei einem Angehörigen 1 . Grades
I LAR-Kriterien , Aussch lusskriterien: b, c, d, e, Vancouver-Kriterien, positive Familienanamnese für Psoriasis H LA-B27 (1 3, 1 7) TNF<X-(G 308A) TNF� + 252 M ICA-A9
schleimig-blutige Durchfälle, Analfisteln , perianales Ekzem, Gewichtsverlust
Arthritis bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung (M. Crohn, Colitis ulcerosa)
Sonographie, Endoskopie, Biopsie
Arthritis häufig an den Knien, Sprunggelenken, Anamnese Diarrhö, evtl. Fieber, Bauchschmerz, Erythema nodosum
reaktive enteropathisehe Arthritis
H LA-827, Keimnachweis (Salmonellen, Yersinien etc.), Serologie
7. Arthritis nach Urethritis (vorwiegend Adoleszente) und/oder Durchfall
Balanitis, sterile Pyurie, M u kosaalteration, akute Konju n ktivitis, Enthesitis, Bronchitis, Anamnese
reaktive Arthritis (Reiter-Syndrom)
HLA B 27, Keimnachweis Darmkeime, (evtl. bei entspr. Anamnese Urethralabstrich auf Chlamydien), Serologie (Ch lamydien, Mykoplasmen)
nach Luftwegsinfekt (Kinder)
Luftwegsinfekt, evtl. Erythema nodosum
Chlamydien-assozi ierte Arthritis
8. symmetrische Polyarthritis der großen und kleinen Gelenke, Kontrakturen (Kieinkindalter, schleichend, häufiger Mädchen betroffen)
Krankheitsbeginn häufig i m Kleinkindalter, schleichend, vorwiegend Mädchen betroffen, Muskelatrophie, erhebliche Kontrakturen, chronisch progrediente Bewegungseinschränkungen
juvenile idiopathische Polyarthritis, seronegativ
4 . Arthritis mit Daktylitis, Endgelenkbefall Nagelauffäll ig keiten u nd/oder Psoriasis
5. periphere Arthritis und chronische Durchfälle, evtl. Gewichtsverlust
6. Arthritis (peripher, asymmetrisch, oligoartiku\är) wenige Wochen nach Durchfallerkrankung, evtl. mit Fieber
618
Nebenbefunde
Fehlen von Rheumafaktoren im Bl ut, Anamnese, HLA-81 *08 Ausschlusskriterien: a, b , c , d, e
l
------- 1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
Differenzialdiagnose der juvenilen idiopathischen Arthritis ��sym teripstoms ierung des wei terführende VerdachtsNebenbefunde diagnosen
(Fortsetzung)
9. symmetrische Polyarthritis, der großen und kleinen Gelenke, Morgensteife, Schmerzen in den Händen (Schulki ndalter und Jugendl iche, frühzeitig destruierend)
1 0. Arthritis mit systemiseher Manifestation Kleinkindalter, Fieberschübe, (schweres, sepsisähnliches Kran kheitsbild), vaskulitische Exantheme, Polyserositis laborchemisch hohe Entzündungsaktivität in 8SG, CRP, Ferritin, Immunglobulinen, Elektrophorese
BestätiDiaggnose ung der
c h ron isch progredient, Rheumaknötchen, frühzeitige Erosionen an den Hand- und Fingergelenken (MCP- und PI P-Gelenken) und Zehengelenken (MTP- und PIPGelen ke)
juvenile idiopathische Polyarthritis, seropositiv
Nachweis von Rheumafaktoren im Blut, zweimal im Abstand von 3 Monaten, Röntgen: Hände und Füße HLA-DR4, DR-81 *04 HLA-DR B 1 *0 6 + RF Ausschlusskriterien: a, b, c, e
Arthritis und Fieberschübe von mindestens 2 Wochen Dauer, an mindestens 3 Tagen intermittierend bis 39 oc und eins der folgenden Kriterien: - blass-rosa lachsfarbene flüchtige Exantheme, - generalisierte Lym phknotenschwellung, - Hepato- und/oder Splenomegal ie , - Serositis {Pleuritis, Perikarditis, Aszites)
systemische j uvenile idiopathische Arthritis
klinischer Verlauf mit Arthritis und Fieberschüben, klinische Kriterien siehe Spalte 2 Ausschlusskriterien: a, b, c, d , M I F (G 1 7 3 C) MRP 8, MRP 1 4 Ausschluss anderer Systemerkrankungen (Kawasaki-Syndrom, Vaskulitiden, episodische Fiebersyndrome, infanti le Sarkoidose, fam. M ittelmeerfieber, onkolog i sehe Erkrankungen)
1
Risiko einer AA-Amyloidose
akutes sepsisähnliches Krankheitsbild mit Fieber, Arthralgien, Arthritiden, vaskulitischen Exanthemen, Dyspnoe, Hepatomegalie, Splenomegalie, generalisierte Lymphadenopathie, Schleimhautblutungen bei Koagulopathie, Enzephalopathie
8SG, CRP, Ferritin maximal erhöht, Stoffwechselentgleisung (GOT, G PT, LOH, Triglyzeride, Gerinnung) , Leukozytopenie, Thrombozytopenie, Anämie, evtl. Hämolyse, Fibrinogen erniedrigt, Dimere nachweisbar, Prothrombinzeit und PTT verlängert
Makrophagen-aktivierendes Syndrom (DD: maligne H istiozytose)
Knochenmark: Nachweis einer Hämophagozytose, möglich auch als Komplikation im Verlauf einer therapieresistenten SJIA oder medikamententoxischen Reaktion: Antibiotika (z. B . Sulfonamide), Antikonvulsiva (z. B . Phenytoin, Barbiturate), Basistherapeutika (MTX, Sulfasalazine, Goldsalze u.a.) (Kriterien nach Stephan)
1 1 . Auftreten einer Arthritis, die keine oder mehrere Kategorien der I LAR-Kiassifikation erfüllt
z.B. Nachweis von Rheumafaktoren bei einem Patienten mit Oligoarthritis, Verwandter 1 . Grades mit HLA-827 -assoziierter Erkrankung oder Psoriasis
Arthritis anderer Manifestation
ILAR-Ausschlusskriterien: a, b, c, d, e für J IA beachten
1 2. Arthralgien m it systemischer Manifestation
periodische oder episodische Fieberschübe mit festem Rhythmus, Exantheme, Polyserositis, flüchtige Symptomatik
hereditäre periodische Fiebersyndrome
Diagnosesicherung (s. weitere U ntergliederung in folgenden Diagnosen und genetische Zuordn ung)
u rtikarieller Rash, oft von Geburt an bestehend, Ausprägung variiert und wandert, symmetrische Arthropathie oder chronische Meningitis, Skelettanomalien, Symptome an Augen und Ohren
ep i p hysäre/metaphysäre Veränderungen (vorzeitige Ossifikation der Patella, irregu läre Ossifikationsmuster, Unregelmäßigkeiten der Wachstumsplatte oder irreguläres epiphysäres Ü berwachsturn
GINCA-Syndrom (chronic, infantile, neurologic, cutaneous and articular syndrome) oder NOMID (neonatal onset multisystem i n fl a mmato ry syndrome), Erbgang: autosomaldominant
persistierender urtikarieller Rash und eins der folgenden Kriterien: - symmetrische Arthropathie - chronische Menin igitis (Neutrophile im Liquor) Gen: CIAS-1 Genort: 1 q44
Arthralgien, Taubheit, Amyloidaserisiko
Manifestation: Adoleszenz, Fieberdauer 1 -2 Tage, urtikarielle Exantheme
M uckle-Wells- Syndrom, Erbgang: autosomal-dominant
Gen: CIAS 1 Genort: 1 q44
Arthralgien, Arthritis, Konjunktivitis, Kälteintoleranz Amyloidaserisiko
Manifestation früh, Fieberdauer > 24 Stunden, Exantheme nach Kälte, Urtikaria
familiäres kälteinduziertes autoinflamma!arisches Syndrom (FCAS), Erbgang: autosomal-dom inant
Gen: CIAS 1 Genort 1 q44 Steroide wirksam, Kälte meiden
E
(1) Cf) >. Cf) +-' +-' +-'
(1) (1) .:::t:. Cl) '"0 c :::J I
Q) .:::t:. (/) :::J
� 61 9
N
1 05 Schmerzen und Schwellung en der Gelenke und Knochen
Differenzialdiagnose der juvenilen idiopathischen Arthritis Verdachts wei terführende Charakteri s i e rung des diagnosen Nebenbefunde Hauptsymptoms I
(Fortsetzung)
BestätiDiaggnose ung der
Beginnalter: 1 (-1 0) Jahre, Fieberdauer 3-7 Tage, Symptomfreiheit 4-8 Wochen, Lymphadenopathie, Abdominalsymptome, Triggerung durch Antigene
Hyper-lgD-Syndrom (HIDS), Erbgang: autosomal rezessiv
lgD erhöht, lgA erhöht, Urin mevalonsäure erhöht, Mevalonatki nase erniedrigt, Mutationsnachweis im Mevalonatki nase-Gen, Genort: 1 2q24 (Kriterien nach Frenkel)
Dysmorphie, Dystro phie, Retardierung, Lymphadenopathie, Diarrhö, Arthralgien
Beginnalter: frühe Kindheit, Fieberdauer 4-5 Tage, morbiliforme Exantheme
Mevalonazidurie (MA), Erbgang: autosomal rezessiv
U rinmevalonsäure erhöht, Mevalonatki nase erniedrigt, ggf. Cholesterin erniedrigt, Gen: Mevalonatkinase Genort 1 2q24
periodisch wiederkeh rende Fieberschübe und Bauchschmerzen, lokal isierte Myalgien mit schwerer Muskel steifheit, Konjunktivi tis, Periorbitalödem
Beginnalter: < 20 Jahre, Fieberdauer > 1 Woche, Symptomfreiheit Monate, schmerzhafte wandernde erysipelartige Haut erscheinungen , Amyloidaserisiko
TRAPS (TNF-u-Rezeptor-1 -as soziiertes periodisches Syndrom), Erbgang: autosomal dominant
TNF-Rezeptor Typ 1 erniedrigt, gutes Ansprechen auf Steroide und Etaenercept, Mutations nachweis von TNFSFR 1 , Genort: 1 2p1 3.2
regelmäßig wieder kehrendes Fieber vor dem 5. Lebensjahr, Intervall asymptoma tisch
aphthöse Stomatitis, zervikale Lymphadenitis, Pharyngitis ohne Infekt der oberen Luftwege
P FAPA (periodisches Fieber, aphthöse Stomatitis, Pharyngitis, Adenitis)
Ausschluss einer zyklischen Neutropenie, eines Hyper-lgD Synd roms und TRAPS
rezidivieren de Bauch und Kopfschmerzen, flüchtige Arthralgie n und Arthritide n, FMF-Hau ptkriterien : - rekurrierende Fieber episoden mit Perito n itis, Pleuritis und/oder Synovitis - Amyloidase vom AA- Typ ohne prä disponierende Erkrankung - gutes Ansprechen auf kontinuierliche Colchicin-Behand lung
Beginnalter: 5 Jahre, Fieberdauer 1 -3 Tage, Symptomfreiheit Wochen bis Monate, FMF-Nebenkriterie n : - rekurrierende Fieberepisoden - erysipelartige Haut erscheinu ngen - FMF bei einem Verwandten 1 . Grades
familiäres Mittel meer fieber (FMF), Erbgang: autosomal rezessiv
M utationsnachweis im M EFV-Gen beweisend, Genort 1 6p1 3 C5a- lnhi bitor erniedrigt (in seröser Flüssigkeit)
rekurrierendes Fieber > 38,5 oc und Arthral gien, erythematöse makulopapulöse Exantheme Serum-lgD > 1 00 bei 2 Bestimmungen im Abstand von 1 Monat
Arthritis/Arthralgien (nicht erosiv) vorwiegend Mädchen, Schulkindalter + Hautbeteil igung: Schmetterlingsexan theme, Fotosensiti vität, Raynaud-Phäno men + Nephritis + Polyserositis (Pleura, Perikard, Aszites)
Fieber, Gewichtsverlust, Müdigkeit, Lymphadeno pathie, Hepatosplenomegalie Rash, Vaskulitis, Enantheme, Schleimhautulzera, diskoide Läsionen, Alopezie Proteinurie, Erythrozyturie, Komplementverbrauch (C3, C4, CH 50), Niereninsuffizienz Dyspnoe, Tachykardie, Bauchschmerzen
l
Diagnose gesichert bei: 2 Hauptkriterien oder einem Haupt- und 2 Nebenkriterien (Kriterien nach Livneh)
Differenzialdiagnose chronisch entzündlicher Systemerkrankungen terführende Verdachts kterisierung des wei Chara Nebenbefunde diagnosen Hauptsymptoms
620
--
--
systemischer Lupus erythematodes
Lupusnephritis
BestätiDiaggnose ung der TAN- Kriterien für SLE (4 von 1 1 Kriterien erfüllt im Langzeit verlauf), HLA-88, HLA-DR3 Nachweis typischer Autoimmun phänomene: ANA, Ds-DNS-AK, ENA (Sm), Ro, La Nierenbiopsie (WHO-Kiassifi kation) Kreatinin-Ciearance, Eiweiß, Proteinephorese, Sonographie, evtl. Rö-Thorax
_______
1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
Differenzialdiagnose chronisch entzündlicher Systemerkrankungen �arakteri sierung des wei terführende Verdachtsuptsymptoms Nebenbefunde diagnosen + ZNS-Beteiligung
+
Hämatopoese (+ akute ITP als Erstman ifestation) + Koagulopathie
+ Schleimhautbeteiligung okuläre Symptome orale Symptome Speicheldrüsenschwel I u ngen
neurologisch: Krampfanfälle, Neuropathie u.a. psychiatrisch: Wesensänderungen, Psychose, Durchblutungsstörungen hämelytische Anämie, Panzytapenie autoimmunhämolytische Anämie + Thrombozytopenie Thromboseneigung, Spontanaborte, Blutungen (Sicca-Syndrom) Ulzera, trockene Augen, Fremdkörpergefühl M undtrockenheit, verminderte Speichelsekretion, Schwell ung der Drüsen: Parotis, Submandibularis, Sublingualis
(Fortsetzung)
ZNS-Lupus Antiphospholipid-AkSyndrom Evans-Syndrom Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom
BestätiDiaggnose ung der
__j
klinisch, evtl. Liquordiagnostik, M RT, SPECT, EEG, ZNS-AK, Sm-Ak, Phospholipid-/Cardiolipin-Antikörper Coombs-Test, Blutbi ld, evtl. Knochenmark klinischer Verlauf, Labor PTT verlängert, Card iolipin-Ak, Phospholi pid-Ak
Sjögren-Syndrom (primär: ohne Autoimmunerkrankung, sekundär: im Rahmen einer bestehenden Autoimmunerkrankung)
SS-A (Ro-AK) und SS-B ( La-Ak) Schirmer-Test, Speichelflussmessu ng, H istopathologie der Lippen und Speicheldrüsen (lymphozytäre Sialadenitis)
Arthritis, Arthralgien (erosiv), Synovitis + Symptome verschiedener Kollagenasen (z. B . JCA, SLE, Skleradermie, Dermatomyositis) + Lungenbeteiligung + gastrointestinale Beteiligung
Nachweis v. Rheumafaktoren, Rheumaknötchen diffuse Hand- und FingerSchwell ungen, Myositis, Fieber, Raynaud-Phänomen, Akrosklerose, Synovitis initial asymptomatisch, später pulmonale Hypertonie ösophagusmotil itätsstörung, Reflux, Vaskulitis (s. Abb. 1 05. 1 1 , Farbtafel)
Sharp-Synd rom Mixed connective tissue d isease (MCTD)
Anti- U 1 - R NP-AK hochtitrig positiv (Kasukawa-Kriterien z u r MCTDKlassifikation) Kapillarmikroskopie Body-Piethysmograph ie (CO-Diffusion), Vaskulitis pH-Metrit:l , Ösophagus-Breischluck, Osophagus-Szintigraphie, Klinik
Arthralgien/Myalgien + Hautbeteiligung,
Raynaud-Phänomen, Kalzinose, Sklerodaktylie, Hautatrophie, Hautödeme, Teleangiektasien
juvenile systemische Sklerodermie
Anti-Sci-70-Ak, AntizentromerAk, Klinik Kapil larmikroskopie, Klassifikation nach Masi und LeRoy, nach Foeldvari
Vaskulitis über Streckseite der Fingergelenke (GottronZeichen), livide GesichtsExantheme, Nagelbett-Vaskulitis, Schlundmuskelbeteiligung
juven ile chron ische Dermatamyositis
typ. Klini k (Diagnosekriterien nach Bohan) CPK, Aldolase, LOH erhöht, Muskel-Auto-Anti körper, z.B. Jo 1 , Mi 2, Pm/Sci-Ak, antinukleäre AK, MRT der Muskulatur (Entzündung), falls nicht verfügbar: EMG (ku rze kleine polyphasische APs, Fibrillationen); evtl. Haut-/ Muskelbiopsie Muskelfasernekrosen (Typ I und I I) Myopathie, entzündliches I nfiltrat
Rattenbissnekrosen
Arthralgien/proximale Muskelschwäche + Hautbeteiligung (typ. periorbital)
Art h ralgien/M yalg ien
Kalzinose, RaynaudPhänomen, Sklerodaktylie, Ösophagusmotil itätsstörung,
C REST-Syndrom
Nachweis von Antizentromer-Ak
Teleangiektasien
Arthralgien/Myalgien + Hautbeteiligung/
Pigmentstörungen
Z.n. Knochenmarkstransplantation, Raynaud-Phänomen, evtl. Lungenfibrose sklerodermiforme HautVeränderungen , ANA+
chronische Abstoßungsreaktion (graft versus hast disease)
Anamnese, klinisches Bild (00: medikamenteninduziert, z.B. Pentazocin, Bleomycin, Erg ta m i - P p a rat e)
o n rä
E
Cl>
+"'
Cl) >. Cl)
+"' +"'
Cl) Cl) .:X
Cl) "0 c :::J
I -
Cl) .:X Cf) :::J
� 621
N
1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
Differenzialdiagnose chronisch entzündlicher Systemerkrankungen Verdac terführende ��harakterisierung diagnohentsNebenbefunde des Hauptsymptoms wei
----
(Fortsetzung)
s
Arthralgien/Myalgien
+ proximale symmetrisehe Muskelschwäche + Hautbeteiligung (typisch periorbital} + Vaskulitis + Schleimhautbeteil igung +
gastrointestinale Beteiligung + innere Organbeteiligung M uskelschwäche/ Myositis
reduzierter AZ, evtl. Fieber, gelenknahe Kalzinose, flächenhafte Faszienverkalkungen stammnahe Muskulatur, evtl. Augenmuskellähmung Erytheme und Ödeme, livide lupoide Exantheme, Photosensitivität Erytheme über Fingergelenken, (Gottron-Zeichen) NagelbettTeleangiektasien Ulzerationen, GaumensegelLähmungen, Schluckstörungen, Motilitätsstörungen Hepatosplenomegalie
typisches klinisches Bild, CPK, Aldolase i (Diagnosekriterien nach Bohan) evtl. Haut-/Muskelbiopsie, Nekrosen i n Typ+ und Typ-li-Muskelfasern, Myopathie, entzün dliches Infiltrat (interstitiell und perivaskulär), Histologie, Muskelautoantikörper, z.B. Jo 1 , M i 2, Proteasomen-Ak, Pm-Sci-Ak, MRT der M usku latur, falls nicht verfügbar: EMG kurze, kleine polyphasische Aktionspotentiale, Fibrillationen, insertionale lrritablität, bizarre hochfrequente Entladungen
l nfektanamnese, viraler Prozess vorangegangen
virale Myositis
Impfungen vorangegangen
PostvakzinationsMyositis parasitäre Myositis
z.B. Coxsackie, VZV, H I V, Hepatitis B , C, EBV, Parvo B 1 9, Adenoviren, Herpes simplex, Influenza, Pieoma etc. z.B. D PT, BCG , Röteln , Poliomyelitis z.B. Trypanosomen, Toxoplasma, Zestoden, Trichinen, z.B. D-Penicillamin, Cimetidin, Zidovudin
Lungenfu nktionsstörung, Myo-/Perikarditis, Kardiomyopathie, Nephritis
Medikamente
medikamenteninduzierte Myositis
Arthritis (n icht erosiv}, Myopathie + ausgeprägte Gedeihstörung
rezidivierende schwere bakterielle I nfekte Wachstums- u nd P ubertätsretardieru ng
kombinierter I mmundefekt
Hypogammaglobulinämie, evtl. Subklassendefekt, klinisches Bild evtl. dermatamyositisähnlich
Oligoarthritis (früh kindlicher Beginn)
evtl. Symptomatik einer Kollagenase Overlap-Syndrom
lgA-Mangel bei Oligoarthritis Autoi mmunerkrankung
lgA-Bestimmung (Serum, Speichel} (s. chronisch idiopathische Arthritis)
akute Arthritis, Arthralgien (Kieinkindalter) + Schleimhautbeteiligung ( -hyperäm ie) + Hautbetei ligung (polymorphe Exantheme) + Herzbeteiligung (cave: Koronaraneurysmen)
hohes Fieber, zervikale Lymphadenopathie Konj unktivitis, geröteter Rachen/Lippe/Zunge, Erythem Handflächen/Fußsohlen (s. Abb. 1 05 . 1 2 , Farbtafel) , Ödeme Kardiomegalie, Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen, Koronaritis , frühe Herzinfarkte, Vaskulitis
Kawasaki-Syndrom (mukokutanes Lymphknotensyndrom) (MCLS)
Arthralgien/Myalgien (Jugend liche-Adu lte) + H NO-Beteiligung (Nase, Mund und Rachen) + Lungenbeteiligung
hohes Fieber, Gewichtsverlust, Neuropath ie ulzerierende, nekrotisierende. purulente Entzündungen
WegenerGranulematose
+ Nierenbeteiligung + Augenbeteiligung +
weitere Organbeteiligung
_j
juvenile c h ronische Dermatamyositis
Parasitasen
622
Bestäti ung der Diaggnose
Dyspnoe, H usten, Hämoptoe, Rö: I nfiltrationen Erythrozyturie, nekrotisierende Glom erulan ephrit is Konj unktivit is, Episkle ritis, retroorbitale Infi ltrate Myokarditis, Haut- und Darmnekrosen
5 von 6 klinischen Diagnosekriterien erfüllt, BSG, CRP, Leuko-/Thrombozyten, lgE i groblamel läre Schuppung an Zehen/Fingern Echokardiographie, Koronarangiographie 2 von 4 AC R-Kriterien für M. Wegen er erfüllt, c-ANCA-Nachweis; Ak gegen Myeloperoxidase, Schleimhautbiopsie; Histologie; granulomatöse Entzündung der Gefäßwand/ peri-/extravaskulär antibiotikaresistentes Fieber von 5 und mehr Tagen Sonograph ie, Echokardiographie, Power-Doppler-Sonographie
----
1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
Differenzia ldiagnose chronisch entzündlicher Systemerkrankungen Vaskulitiden sierung wei terführende VerdachtsBestätiDiaggnose ung �lsarakteri Hauptsymptoms Nebenbefunde diagnosen der I
Arthralgien/Arthritis (ethn isch: M ittelmeerraum) + Schleimhautbeteiligung + Hautbeteil igung + weitere Organbeteiligung
Vaskulit is, evtl. Fieber, Streptokokkeninfekte?
M. Behr,;et
Diagnosekriterien für M. Behr,;et, 1 Haupt- und 2 Nebenkriterien erfüllt; pos. Pathergie-Test, HLA-B5
Sweet-Syndrom
Histologie: neutrophile Infiltrate
rezidivierende schmerzlose U l zera mit oraler und/oder genitaler Lokalisation, I ritis, Uveitis, Retinitis genitale U lzera, kutane Vaskulitis ZNS-Symptome, U lzera Gastrointestinaltrakt
Arthralgien/Arthritis (+ schmerzhafte Plaques)
Fieber, Myalgien, polymorphe Hautläsionen
Arthralgien/Myalgien (+ Hodenschmerz) + Nierenbeteiligung
Fieber, Gewichtsverlust, Bauch- Polyarteriitis nodosa schmerz, Livedo reticu laris, (c-PAN) N iereninsuffizienz, rapid progressive G N , Hypertonus periphere N europathie, Hemi plegie, Ischämie hämorrhagisch-nekrotisierende Enterokolitis Lungenblutung + rapid mikroskopische Verlaufsform (m-PAN) progressive nekrotisierende Glomerulanephritis fulminante pulmonale Insuffizienz Goodpasture-Syndrom + rapid progressive nekrotisierende Glomerulanephritis
+ neurologische Beteiligung + Darmbetei ligung + Lungenbeteiligung + Nieren- und Lungenbeteiligung Arthralgien (+ allergisches Asthma, Sinusitis) + Respi rationstrakt + neurologische Beteiligung
hohes Fieber, Pneumonie, Perikarditis, Herzinsuffizienz
(Fortsetzung)
allergische Granulomatose (Churg-Strauss)
paranasale Sinusauffäl ligkeiten; Lungeninfiltrate ZNS-Befall, Poly- oder Mononeuropathie
ACR-Kriterien (mindestens 3 Kriterien erfüllt) : Kreatin in > 1 , 5 mg/d l ; RR > 90 mmHg diastolisch, HBsAg-Nachweis Angiographie; Aneurysma, Verschlüsse Ak gegen Myeloperoxidase und Proteinase 3 Antibasalmembran-Antikörper
ACR-Kriterien (mindestens 4 Kriterien erfüllt) Eosinophilie > 1 0 % , extravasale Eosinophilie, l g E Biopsie: typische subkutane/ pu lmonale Knötchen
Arthralgien/Myalgien (adulte junge Frauen) + Gefäßbeteiligung
Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Entzündungzeichen Gefäßverschlüsse, Herz-/ Hirninfarkt , Amaurose, evtl. akutes Abdomen, Hypertonus (renovaskulär)
M. Takayasu
Pulslosigkeit, Diagnosekriterien nach lsh ikawa, Power-DopplerSonographie Angiographie, Röntgen, evtl. MRT der Gefäße
Arthralgien/Arthritiden (vorwiegend J u n gen) + Hautbeteiligung typischer Lokalisation + Nierenbeteiligung
kolikartige Bauchschmerzen, Meläna, Invagination initial urtikarielle Exantheme, später Petechien Erythrozyturie, Proteinurie, evtl. Niereninsuffizienz
Purpura SchoenleinHenoch
typisches klinisches Bild , petechiale Blut u ngen (Gesäß, U nterschenkel), evtl. N ierenbiopsie (Vaskulitis)
E
Cl)
......
t/) >t/)
...... ......
Differenzialdiagnosen der Gelenk- und Knochenschmerzen mit Bezug zu Infektionen Charakteri sierung des wei terführende Verdachts Bestäti gung Hauptsymptoms Nebenbefunde der Diagnose diagnosen akute Arthritis (Neu geborene, Kinder < 2 Jahre), gelenknahe Weichteilschwel I u ng, Rötung
Schonhaltung (Pseudopara lyse), Fieber, Ü belkeit, Kopf sch merz, evtl . multifokal (Knie > Hüfte > Sprunggelenk > Ellbogen)
septische Arthritis (evtl. mit akuter Osteo myelitis)
J
Kei mnachweis i n Synovialis flüssigkeit, Bl utkultur (häufig Staphylococcus aureus, Haemophilus influenzae, Streptococcus pneumoniae + B) Abstriche, Punktat
Cl) Cl) ..::s::: (/) "'0 c ::J I
-
Cl) ..::s::: t/) ::J
�
623
r
1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
----
Differenzialdiagnosen der Gelenk- und Knochenschmerzen mit Bezug zu Infektionen Bestäti ggnose ung Verdachtswei terführende des �CHauptsymptoms harakteri s i e rung der Di a di a gnosen Nebenbefunde I
(Fortsetzung)
akuter Knochenschmerz (meist jüngere Kinder, m > w) Weichteilschwellung, Zellulitis metaphysäre Lokalisation in Bildgebung
Druckschmerz, Schonhaltung, Fieber, evtl. Traumaanamnese bzw. Eintrittspforte, (Femur > Tibia > H umerus > Kalkaneus > Fibula > Pelvis > Radius)
Osteomyelitis
Keimnachweis: Subperiostale Aspiration, Biopsie, Blutkulturen (meist Staphylococcus aureus, Streptococcus spec., Haemophilus influenzae) Wundabstric h , Röntgen (Periostabhebung), Sonographie MRT: signalarme Herde i m T2-gew. Bild
Wiederauftreten von Schmerzen über dem Entzündungsherd
unvol lständiges Ansprechen auf Antibiose bei Osteomyelitis, Wachstumsstörungen
c h ronische Osteomyel itis
Rö: Sequester (Sklerose), umge-
Druckschmerz fokal, Weichteilschwellung (evtl. penetrierende Verletzung)
nächtliche Schmerzen mit Wachwerden, Lokalisation: oft proximal/ distal Tibiametaphyse
Brodie-Abszess
Rö: metaphysärer osteolytischer
multifokaler Knochenschmerz
Fieber, periodische Schübe und Remissionen, Szintigraphie: mu ltifokale metaphysäre Herde
chronisch-rekurrierende multifokale Osteomyelitis (C RMO)
Hyperostose, Synovitis, Osteitis, Spondylitis/Spondylodiszitis
schwere Akne (conglobata oder fulminans) oder Pustulosis palmoplantaris oder Hidradenitis suppurativa
SAPHO-Syndrom (Synovitis, Akne, Pustulosis, Hyperostose, Osteomyelitis)
typische Klinik mit knöchernen Auftreibungen (Klavikula, R ippe, Sternokostal- und Klaviku largelenke), evtl. Keimnachweis
akuter Rückenschmerz (vorwiegend lumbal), lokaler Wirbelsäulendruckschmerz
Schonhaltung , subfebrile Temperature n , evtl. Bauchschmerz, Schmerzen beim Aufsetzen
akute Diszitis
Szintigraphie (99mTc): Anreicherung in der LWS; DD: vertebrale Osteomyelitis, tuberkulöse Osteomyelitis
akute Arthritis, Arthralgien
l nfektsymptome, wandernde Arthritis, Zeitdauer von wenigen Tagen bis Wochen
reaktive Arthritis bei Virusi nfekt
klinischer Verlauf, Serologie
akute Arthritis (wandernd) m it Tenosynovitis, initial poly-, später oligoartikulär (bei Jugendlichen/Adoleszenten, w > m)
Fieber, schmerzhafte HautIäsionen, Rötung, makulöser, später vesikopapulöser Rash (cave: Endokarditis) DD: Reiter-Syndrom
Gonokokkenarthritis (Dermatitis-, Tenosynovitissyndrom)
Keimnachweis (Biutkultur, Synovialflüssigkeit, gen itou rethraler Abstrich, Pustelinhalt) DD: Meningokokken
- episodische Polyarthritis, Polyarthralg ien, besonders junge Frauen
Tage bis Wochen, kleinfleckiger Rash Tage bis Wochen, Erythema infectiosum Fieber, Exantheme evtl. Vaskulitis, makulopapulöser Rash, Parotitis, Orchitis, Pankreatitis opportunistische I nfektionen, Haut, Vaskulitis
Röteln Parvovireninfektion Herpesvireninfektion Hepatitis B M umps HIV
Klinik, Serologie, Z.n. Vakzination Klin i k (evtl. Vaskulitis), Serologie Klin i k/Serologie: EBV, CMV, VZV, H SV Anamnese, Serologie, später evtl. I kterus Klinik, Serologie Klinik, Serologie, Immunschwäche
milder Luftwegsinfekt, Sehrnerz-/Schonhaltung Innenrotation eingeschränkt, akute Koxitis, kan n i n M . Perthes übergehen
Coxitis fugax
Klinik, Sonographieverlaufskontrollen, evtl. Röntgen/MRT Klinik, Rö: Hüfte in 2 Ebenen, M RT
- springende Polyarthritis/Arthralgien, Arthritis, bes. postadoleszente Jungen - Polyarthralg ien, akute Knochenschmerzen, Myopathie akute Coxitis, vorwiegend Jungen, 4-1 0 J . protrahierter Verlauf, Schonh i nken
624
ben von (strahlentransparentem) Granu lationsgewebe Herd, evtl. Gewebekulturen (Staphylokokken evtl. negativ)
DD: M. Perthes (Osteochondrosis coxae)
Rö:
osteolytische Läsionen , Sklerosesaum Histologie: Entzündung und Nekrosen
I
-------
1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
Differenzialdiagnose der Gelenk- und Knochenschmerzen mit Bezug zu Infektionen Hau!)tsymptoms nose r�harakterisierung des
Arthralgien, episodische Arthritis
+ neurologische
Manifestation +
Organmanifestationen
weiterführende Nebenbefunde
Verdachtsdi ag n
Fieber, Müdigkeit, Kopfschmerz, Lyme-Borreliose Myalgien, Lymphadenitis, (Frühstadium) Lymphozytern (Lymphadenosis cutis benigna), wandernde Schmerzen Meningitis, Hirnnervenlähmung, Neuro-Borreliose Neuroradikulitis, Enzephalapathie; Konzentrationsstörungen Haut- und Augenbeteiligung, Karditis, Hepatitis
(Fortsetzung)
Bestätigung der Diagnose
Anamnese (Zeckenbiss), Erythema chronicum migrans, Serologie: ELISA, lm munoblot +
Liquordiagnostik, evtl. MRT
Monarthritis (meist Knie betroffen) oder Oligoarthritis (evtl. symmetrisch) oder P o lyarthritis (oft unilateral große Gelenke)
schmerzlose Schwellung, Bewegungsdefizit episodische Synovitis, evtl. fibromyalg isch Knie, Ell bogen, Hüfte, Hand- und Sprunggelenk
springende Polyarthritis (große Gelenke)
ca. 2 Wochen nach Streptokok- rheumatisches Fieber ken-l nfekt mit Fieber, Pharyngitis, Erythemen, zervikaler Lymphadenopathie, Streptokokken-Ak-Reaktion ++ innerhalb 3 Wochen (Mitra!- u./o. Aorten klappe) Ruhe-Tachykard ie, Arrhythmie, Herzjagen, Thoraxschmerz, Kardiomegalie, Dyspnoe innerhalb von 6 Monaten nach Erstmanifestation emotionale Labilität, unwillkürliche Bewegu n gen (Handschrift), Grimassieren , Sprachstörung Rash, subkutane Knötchen, Erytheme
Jenes-Kriterien für rheumatisches Fieber, Nachweis ß-hämolysierender Streptokokken Gr. A, ASL, Anti-DNAse B, Antihyaluron idase +++ Echokardiographie (Perikard itis, Mitral- u./o. Aortenklappeninsuffizienz, Kontraktilität EKG (AV-Biock, PR-Verlängerung, Repol.) Spätsymptom: Manifestation an Händen, Gesicht, Zunge m i t u nwillkürlicher Motorik monosymptomatische Verläufe möglich Erythema marginatum
Oligo- oder Polyarthritis, prolongiert (große und kleine Gelenke)
abgelaufener StreptokokkenInfekt, evtl.: Vaskulitis, (s. Abb. 1 05 . 1 1 , Farbtafel) Karditis, Erythema nodosum
PoststreptokokkenArt h ritis
Jones-Kriterien nicht erfüllt, positive Serologie: ASL, AntiDNAse, Antihyaluronidase ++
Arthralgien/Arthritis/ Myalgien nach Durchfallerkrankung nach pulmonalen/ urethralen Infekten
evtl. Enthesopathie, Fieber, Bauchschmerz Erythema nodosum, Uveitis, Konjunktivitis Urethritis, Bronchitis, oft H LA-B27 -assoziiert
reaktive Arthritis
+ Karditis (neu
auftretendes Herzgeräusch) +
neurologische Manifestation (Chorea minor)
+
Hautmanifestation
Lyme-Arthritis selten Zeckenbiss-Anamnese, Serologie: ELISA, l mmunoblot (typ. Banden) PCR-Erregernachweis
Serologie, Kultur, H LA-B27assoziiert enteropathische Arthritis Yersinien, Salmonellen, Campylobakter, Shigellen, postinfektiöse Arthritis C hlamydien (siehe juvenile idiopathische Arthritis) Im mundefekte
Arthritis/Arthralgien/ Myalgien lupusähnliche Krankheitsbilder, Vaskulitiden, Autoimmunerkrankungen
mit Gedeihstörung, gehäufte Infektionen mit Staphylococcus aureus, Stomatitis, Photosensitivität mit Neisserien, z.B. familiäre Erkrankungen
Phagozytosedefekte (z. B . CGD) Komplementdefekte (z. B. C1 q, C2,C3)
Störung der zellulären/humoralen I mmunität N BT-Test, Chem ilumineszenz u.a. CH 50 erniedrigt, Einzelfaktoranalyse
Arthritis und rezidivierende Infektionen
schwere Gedeihstörung und Retardierung
kombin ierter I m mundefekt (z.B. SCID)
Immunglobu line fehlen oder erniedrigt
Arthritis und Thromb ozyt o peni e
+
Wiskott-AidrichSy n dro m
klinisches Bild, GendefektNachweis
Polyarthritis und hämelytische Anämie
Funktionsstörung der T- und B- Ly mph ozyte n + Autoi mmunthyreoiditis, T-Zel ldefekt
l
Nezelof-Syndrom
klinisches Bild, T-Zeii-Funktion
E
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.....
({) >. ({)
..... .....
Q) Q) � U)
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(]) � ({) ::J
�
625
r
1 05 Schmerzen und Schwel lungen der Gelenke und Knochen
-----
Differenzialdiagnose der Gelenk- und Knochenschmerzen als Symptom von (onkologischen) System erkrankungen Bestäti ung Verdachts· terführende fdes �harakteri sierung wei der Diaggnose diagnosen Nebenbefunde Hauptsymptoms J Druckschmerz lokalisiert, bei Belastung Gewichtsverlust, Blässe, Entzündungszeichen
maligner Knochentumor (bevorzugt große Röhrenknochen)
metaphysäre Lokalisation diaphysäre Lokalisation (häufiger Fieber)
vorwiegend Jungen, kniegelenksnah vorwiegend J ungen, kniegelenksnah
Osteosarkom (s. Abb. 1 05.4) Ewing-Sarkom
Knochenschmerzen (evtl. Fieber)
Blässe, d iffuse Beschwerden, Kleinkindalter Rö: lytische Läsionen, Knochenmarksbefall evtl. Hemi-Hypertrophie, genitourethrale Symptome Lungenbeteiligung, früh Knochenmetastasen
Skelettmetastasen
Szintigraphie, Röntgen, MRT
- Neuroblastom
Katecholamine, diffuse Metastasierung Sonographie, Röntgen, Szintigraphie Histologie, CPK
gelenknahe Schwellung + nächtlicher Schmerz (evtl. Fieber)
+
Bauchtumor
+ Weichteilschwellung + Augentum or + Hodentumor
Rö: Codman-Sporn,
Histologie
Rö: Zwiebelring-
Phänomen , Histologie
- Wilms-Tumor (Nephroblastom) - Rhabdomyosarkom - Retinablastom - Teratokarzinom
Knochen schmerzen/ Myalgien/evtl. Arthritis, ausgeprägte Bewegungsschmerzen
Schwäche, Blässe; Gewichtsverlust, LOH ++ fast freie passive Gelenkbeweglichkeit
akute Leukämie (meist lymphatische Form)
Weichteilschwellung (+ Schmerzen)
distale Lokalisation , vorbestehende Exostosen hämorrhagische oder nekrotische Areale
Chondrosarkom
schmerzlose Schwellung, Gelenkergüsse
rekurrierend: Gelenkpunktat hämorrhagisch
vil lonodulöse Synovitis
M RT: typische signalarme Areale in T1 - u. T2-gew. Bild
nächtlicher Schmerz (vorwiegend J ungen) (+ M uskelatrophie, evtl. Gelenkschwellung)
penetrierender Tiefenschmerz, NSAR wirksam evtl. Verschmächtigung der Extremitäten, Fehlhaltung
Osteoid-Osteom
Rö: Nidus, Sklerosesaum
Knochenschmerzen (vorwiegend Mädchen) schmerzlose Weichteilschwellung
Epi physen der langen Röhrenknochen lange Röhrenknochen, Funktionsdefizit lokal (Schmerzen bei N ervenkompression) Hand- und Fußknochen, Rö. Kalzifikationen
Riesenzell-Tumor
schmerzhafte Weichteil schwel I u n g (Kleinkinder) (+ typische klinische Symptomatik) schmerzhafte metap hysäre Schwellung
626
Röntgen, MRT, evtl. LOH, alkalische Phosphatase t
Fibrosarkom
Blutausstrich, Knochenmark, Zellzerfall Rö: metaphysäres Aufheilungsband Rö: Kalzifikation und
Ossifikationsareale Histologie
Histologie: Nidus,
Szintigraphie: Anreicherung mit 99mTc, MRT
Osteochondrom
Rö: exzentrische strahlen-
transparente Zone
Rö: kniegelenksnahe
Lokalisation, epiphysäre Lage
Chondrom
Rö: metaphysär, zentrale
Destruktion
Schädel, Wirbelsäule, Becken, Diaphysen
eosinophiles Granulom
Abt-Lette rer-S iwe/ Hand-Schüller-Christi an Jungen häufiger, große Röhrenknochen J ungen häufiger, kniegelenksnah, metaphysär
DO: Histiocytosis X
Rö: lytische Läsion, kortikale
Erosionen, periostale Reaktion, evtl. weitere Diagnostik
juvenile Knochenzyste 00: fibröser Kortikalis-
defekt
Rö: strahlentransparente Läsion Röntgen, Zufallsbefund, klinisch asymptomatisch
------
1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
Differenzialdiagnose der Gelenk- und Knochenschmerzen bei nichtentzündlichen Erkrankungen rharakteri sierung wei terführende VerdachtsBestDiätiaggnose ung des Hauptsymptoms Nebenbefunde diagnosen der belast u ngsabhängige Arthralgien/ Überstreckbarkeit der Gelenke
typischerweise abends/nachts, untere Extremität Knie, Ellbogen > 1 0°, Daumen, Kleinfinger, Wirbelsäule, Pes planus
generalisierte Hypermobil ität
Schmerzen nach starker körperlicher Aktivität
Druckschmerz (z.B . Metatarsale, Kalkaneus, Talus, Tibia)
Stressfraktur
Anamnese, initial unauffälliges Röntgenbild, später Kallusbildung
Sehnenverdickung nach Überlastung DD bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen
typischerweise Achillessehne, Tibialis anterior Enthesopathie
Tenosynovitis
Anamnese
SEA- Syndrom
Klassifikation nach Rosenberg/Petty, HLA-827 DD: Enteritis-assoziierte Arthritis
eingeschränkte Hüftbeweglichkeit: Abspreizen und Innenrotation (evtl. Begleiterguss)
M. Perthes
leichtes H i n ken mit Schmerzen Oberschenkel/Knie
(Adoleszente), Dystrophia adiposogenitalis
Epiphyseolysis capitis femoris (lenta)
akuter Hüftschmerz nach dem Sport
Epiphyseolysis capitis femoris acuta
Spontan- und Belastungsschmerz Leistenbeuge
Beinverkürzung, gebeugte Hüfte in Außenrotation traumatische Epiphyseolysis nach Sprung belastung Druckschmerz unterer Schambeinast, passiver Abduktionsschmerz (DD: Skelettmetastasen)
Knieschmerz belastungsabhängig bei m Springen (Adoleszentenalter)
Andrucksch merz Patella bei Ouadrizeps-Anspannung, Patellaverschiebeschmerz
Chondropathia patellae
klinisch: Zahlen-Zeichen positiv
Kniebeugeschmerz bei Belastung
Druckschmerz superomedialer Femurkondylus, Schnappen bei Flexion
Plica mediopatellaris
arthroskopisch
belastungsabhängige Kniebeschwerden (Adoleszentenalter)
evtl . mit Erguss und Synovitis nach erhöhter körperlicher Aktivität (z. B. Leistungssport)
Osteochondrosis dissecans
Rö: Knie, Tunnelaufnahme
Hüftschmerz belastungsabhängig Leistenschmerz Ausstrahlung Obersehen kei/Kn ie
Anamnese
M. van Neck (Schambein-Osteochondrose)
Schnappen bei freier Beweglichkeit
Scheibenmeniskus
schmerzlose Schwellung Kniekehle 00: juvenile chronische Arthritis
popliteale (vorwiegend mediale) Schwellung, freie Bewegl ichkeit
Baker-Zyste
Druckschmerz, lnsertions-
M. Sinding-Larsen
Belastungsschmerz über Schienbein
tendopathie
adoleszente J ungen mit hoher sportlicher Aktivität, evt l . erhöhtes Körpergewicht, lokalisierter Druckschmerz, Weichteilschwellung
Rö: Hüfte in 2 Ebenen;
MRT: Osteonecrosis coxae, 99mTc-Szintigraphie: Mi nderaktivität
Belastungsschmerz laterales Kn iekam parti ment, (Grundschulalter)
Belastungsschmerz unterer Patellapol
Beighten-Score
(4 von 9 Punkten),
M. Osgood-Schlatter (Osteochondrosis, Tuberositas tibiae)
Rö: Epiphysen-Gleitwinkel
Drehmann-Zeichen positiv
Rö:
kolbige Auftreibung der Synchondrosis ischiopubica
nach Frik DD: Komplikationen bei chronischer o d e r unzureichend behandelter Gonarthritis M RT
Sonographie
klinisch, evtl. Rö-Patella: unregelmäßige Ossifikation klinisch, evtl. Rö: Fragmentation der Apophyse. Sonographie: Weichteilschwel lung
E
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627
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1 05 Schmerzen u nd Schwell ungen der Gelenke und Knochen
---
Differenzialdiagnose der Gelenk- und Knochenschmerzen bei nichtentzündlichen Erkrankungen BestätiDiaggnose ung Verdachtsterführende �harakterisierung Nebenbefunde diagnosen der esE Hau!Jtsymptoms wei Fußschmerz belastungsabhängiger Fußschmerz
Druckschmerz über Talonavikulargelenk von lateral, evtl. Schwellung Fußinnenrand
M. Köhler I (Osteochondrosis os naviculare)
Rö: Höhenminderung des Os naviculare, Osteochondrose
Fußschmerz beim Abrollen (adoleszente Mädchen)
Druckschmerz, Schwellung über Metatarsale-11-Köpfchen (seltener 1 1 1 oder IV)
M. Freiberg-Köhler II Osteochond rase M ittelfußköpfchen
klinisch; Rö: Abflachung der Epiphyse Metatarsale II (bzw. 1 1 1 oder IV)
brennende Schmerzen, episodisch (Füße, seltener Hände)
Ü berwärmung, Rötung, Wärmeempfindlichkeit
Erythromyalgie DD: periphere Neuropathie, Hypertonus
klinisch, DD: Kollagenosen, speziell SLE, Erythromelalgie
Belastungsschmerz Achillessehnenansatz (Adoleszente, starke sportliche Aktivität)
Schwellung , Druckschmerz über Achillessehnenansatz
Apophysitis calcanei (aseptische Osteochondrose der Kalkaneus-Apophyse)
klinisch, evtl. Rö: Auflockerung des Knochenkerns DD: Enteritis-assoziierte Arthralgie
Schulterschmerz (akut)
evtl. M uskelschwäche, evtl. Infektio n , Impfung
Plexus-brachialisN europathie DD: KarpaltunnelSyndrom, Tumor
klinisch (Ausschluss sekundäre Ursachen) DD: Wirbelsäulenkompression
Thoraxschmerz (akut), Adoleszente
Druckschmerz KnorpelKnochen-Grenze
Kostochondritis (Tietze-Syndrom)
klinisch, DD: Trauma, Pleuritis, Kollagenase
Rückenschmerz (akut), Adoleszente
körperliche Ü beranstrengung, Druckschmerz
Spondylolisthesis
Rückenschmerz (chronisch} , Adoleszente, vermehrte Beckenkippung
kyphotische Thoraxfehlhaltung, Muskelhypotrophie ischiakrurale M uskulatur, Pektoralisverkürzung
M . Scheuermann
klinisch, Rö: LWS seitlich DD: Diskushernie, akute Blockierung, Sakroileitis Rö: Wirbelsäule a.p. und seitlich
Weichteilschmerz, �chonhaltung, Schlafstörungen, Fibromyalgie-Syndrom Druckschmerz der Angstlichkeit, Depression, Sehnenansätze, typische Druckpunkte vorwiegend adoleszente Mädchen
628
(Fortsetzung)
generalisierter MuskelSkelett-Schmerz
an mindestens 3 Körperstellen für mindestens 3 Monate
Ruheschmerz einer Extremität (Hand > Fuß), vorwiegend M ädchen + Durchblutungsstörungen der Haut, bizarre Fehlhaltung gehäufte (inadäquate) Traumata + Hämatome, bräun lich indurierte Hautverfärbung (Hände)
klinisch, Druckpunkte: definierte Tender-Points von Trapezius, Skapula, Ellenbogen, Dornfortsätze, Su praspinatusTrochanter, Beckenkamm, Knie
universelles Schmerzsyndrom (diffuser idiopathischer Schmerz)
Ausschi u ssd iagnose
brennende Schmerzen, trophische Störungen der Haut, livide Verfärbung, Schonha l tung , Fehlstellung, Berührungsempfindlichkeit
M. Sudeck
klinisch, Rö: ausgeprägte Osteoporose Szintigraphie: evtl. Minderaktivität enge Mutter-Kind-Bindung, psychische Auffälligkeilen
Z. n. multi plen älteren Frakturen,
Battered-child-Syndrom Rö: multiple Periostreaktionen (Kindesmisshandlung) (Phalangen, Unterarme, Schienbeine), Szintigraphie: Mehranreicherung, auffällige Untersuchungssituation (!)
Periostitis, evtl. traumatische Pankreatitis, cave: inadäquate Akutvorstellungen mit banalem Grund!
Fremdkörperverletzung vor Auftreten einer Monarthritis
durch Fremdkörper (z. B. Pflanzendorn) induzierte Synovitis, evtl. Hautläsion
Fremdkörper-Synovitis
Gelenkschwellungen und Kontrakturen mit familiärer Häufung
schmerzarme erhebliche Schwellung der Hüften, Knie, Hand-, Sprunggelenke, Fingerkontrakturen
familiäre Synovialishyperplasie
Rö: nur selten strahlend ichte
Fremdkörper, Anamnese Anamnese, symmetrische Veränderungen , Histologie: Hyperplasie, wenig Entzündungsaktivität
J
------ 1 05 Schmerzen und Schwellungen der Gelenke und Knochen
Differenzialdiagnose der Stoffwechselerkrankungen und genetischen Erkrankungen mit Gelenkmanifestation !des �harakteri sierung wei terführende VerdachtsBestätiDiaggnose ung Hauptsymptoms Nebenbefunde diagnosen der l akute Monarthritis (erosiv)
Monarthritissch u b Tophi, Weichteilverkalkungen
typisches Großzehengrundgelenk, Daumengrundgelenk, subkutane periostale Ablagerungen von U rat (Tophi); Nephrolithiasis, evtl. chronische N iereninsuffizienz
,
schwere "gichtartige" Arthritis (männliche Adoleszenten /Erwachsene) (Kinder/junge Erwachsene) (Kinder) + typische Fazies, Klei nwuchs Muskelschwäche, -krämpfe nach Belastung + evtl . Monarthrit i s
G icht
Hyperurikämie, Rö: Uratkrislalle Uratkristalle in der Synovialisflüssigkeit DD: G lykogenspeicherkrankheit, maligne Grunderkrankung, Nierenversagen
Lesch-Nyhan-Syndrom
X-chromosomal-rezessiv, Fehlen des Enzyms: H PRT Harnsäurekristalle in Urin und Synovia
N i erenverkalkungen, Hyperurikämie
(inkompletter Enzymdefekt H PRT)
inkompletter H P RT- Mangel
erhöhte Purinproduktion, Taubheit Hepatosplenomegalie, Hypoglykämie, mentale Retardierung, Hyperurikäm ie normale mentale Entwicklung bei chronisch-kompensierter Hämolyse
Enzymdefekt PRPSSuperaktivität Glykogenase Typ I (von-G ierke-Syndrom)
X-chromosomal-rezessive Mutation: PAPS-Superaktivität GI ucose-6-phosphataseMangel
Glykogenase Typ V (McArdle) Glykoge nase Typ VII
MuskelphosphorylaseMangel Phosphofruktokinase-Mangel
mentale und Wachst u msretardierung, Chorea-Athetose, Spastik, Kalzinose, Neigung zu Selbstverstümmelung, Hyperurikämie
Arthritis (entzündl iche u nd degenerative Veränderungen), Chondrokalzinose
Lokalisation: Hüften, Knie, Schultern, Sprunggelenk, Rö: Knorpelkalzifikation
Pseudogicht
Synovialflüssigkeit und Gelenke: Kalziumpyrophosphat-d i hydratAblagerungen
Arthritis (progressiv)/ Arth ralgien (kleine Gelenke), Chondrokalzinose
Uunge Erwachsene): Amen orrh ö , kardiale Auffälligkeiten, Diabetes, Zirrhose
Hämochromatose " Pseudogicht"
pathologische EisenSpeicherung, genetischer Defekt
Gelenk- und SehnenSchwellungen bei Fettstoffwechselstörung
Xanthome Ach illessehne, Patellarsehne wandernde Arthritis, Hände, Knie, Sprunggelenk
Hyperlipoproteinämie Typ I I Hyperli poproteinämie Typ IV
Arthritis (+ t uberöse/ tendinöse Xanthome)
Lokalisation: Hände, Patella, Achillessehne, plantar
Sitosterolämie (Enzym defekt)
Arthralgien, Knochenschmerzen (Druckschmerz) p rox imal e M uskelschwäche
Wachstumsstillstand, evtl . Frakturen, Osteomalazie, Rö: Handgelenk, Wirbelsäule
Rachitis
,
,
Cholesterin/Triglyzerid e t autosomal-dominant, evtl. Homozygotie Plasmasterolspiegel, Cholesterol I Fehlen von aktivem Vitamin D (1 ,25-Di-hydroxy-Vitamin D3)
+
reduzierter AZ, Bewegungsschmerzen
onkogene Rachitis bei Malignität
Tumorsuche: Leukämie, Neuroblastom etc.
+ Beugekontrakturen, kurze Statur, 0-Beine
ektope Kal z i fi kati on en, Subperiostale Erosionen, Demineralisation
Phosphat-Diabetes (Vitamin-D-resistente Rachitis)
Band-Keratopathie, Ödeme, Zahnverlust
Hypophosphatasie (mit schwerer Rachitis)
sekundärer Hyperparathyreoidismus (Ca/Ph. I.U.) Typ T: autosomal-rezessiv, Typ I I : Rezeptordefekt alkalische Phosphatase t, autosomal-rezessiv
Weichteilschwellung, Gelenkschwellung
+
Frakturneigung, evtl. Chondrokalzinose
HPRT
=
Hypoxanthin-Phosphoribosyi-Transferase
PRPS
=
Phosphoribosyi-Pyrophosphat-Synthetase
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Cl)
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Cll >. Cll
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629
r
1 05 Schmerzen und Schwellunge n der Gelenke und Knochen
---
--
Dimanifferenzi festatialodniagnose der Stoffwechselerkrankungen und genetischen Erkrankungen mit Gelenk Bestäti gung Verdachtsterführende [ fdes �harakteri sierung wei der Diagnose diagnosen Nebenbefunde Hauptsymptoms (Fortsetzung)
Frakturneigung (pathologisch), Arthralgien
Knie, WS, Osteoporose, Hepatosplenomegalie
M . Gaueher (Gi u kozerebrosidase-Defekt)
autosomal-rezessiv, GaucherZellen (Knochenmark).
Knochenschmerzen, Berührungsempfindlichkeit
i ntradermale und Subperiostale Blutungen, Pseudoparalyse, evtl. Hämarthros
Vitamin-G-Mangel (Skorbut)
Anamnese; Rö: Subperiostale Knochenneubildungen
Extremitätenschmerz,
Irritabilität, Apathie, Alopezie, Juckreiz
Hypervitaminose A
Wachstumsstörung
Anamnese, Rö: kortikale Hyperostase
Arthralgien, später Enthesisverkalkungen
Zahnschmelzdefekte, Knie, WS, kleine Gelenke
Fluorosis (endemisch, z.B. Ind ien)
R ö : erhöhte Knochendichte, Kalzinose
Weichteilschwellung, Gelenkschwellung
episodisch, z. B. Knie, Finger-, Zehengelenke
Hypothyreose; Thyreoiditis (Hashimoto)
Schilddrüsenfunktion, Autoantikörper
Finger(flexions)kontrakturen
Cheiropathie der PIP-Gelenke, Kleinwuchs
Diabetes mellitus (insul inabhängig)
Rosenbloom-Kriterien , Bl utzucker, HbA, ,
episodische Arthritis bei Dystrophie
juckender Rash, Schmerzepisoden 1 -1 0 Tage, fragl iche Reaktion auf chronische pulmonale Infekte
Arthropathie bei zystischer Fibrose
Klinik; Schweißtest
Arthralgien, Finger-, Zehenverd ickungen
Periostitis, Verdickung der Röhrenknochen
sekundäre hypertrophe Osteoarthropathie
akute Periostitis (erheblicher Knochenschmerz)
Weichteilschwellung; Rö, Szintigraphie: initial o.B., nach Abheilung periostale Reaktion
sekundäre hypertrophe Osteoarthropathie
Abklärung Grundkrankheit: z.B. M. Crohn, Vitium cord is, I nfektion, onkologische E rk ra nku ng
Fieber, periostale Knochenapposition, BSG
Goldbioam-Syndrom
id iopathisch, evtl. infektassoziiert, viral
schmerzhafte ExtremitätenSchwellungen, diffuse schmerzhafte Schwellung Hände, Füße Fieber, Durchfallerkrankung (Salmonellen)
Sichelzellanämie
autosomal-dominant, aseptische Nekrosen, Knocheninfarkte, akute hämelytische Krise Keimnachweis (Punktat, Stuhl, Blutku ltur)
Arthralgien, Arthritis (episodisch)
Sprunggelenke, Anämie, Hepatosplenomegalie
Thalassaemia major
Hämoglobin-Ephorese, (typische Fazies)
Hämarthros, Weichteilschwel Iungen akute Schmerzen (bei Gelenkblutungen)
Knie, Ellbogen, Sprunggelenke, Schulter, H üfte Rö: Weichteilreaktion, Osteoarthritis
Hämophilie A D D: v.-WillebrandJürgens-Syndrom
X-chromosomal-rezessiv, Gerinnun g , spezifischer Faktor VIII bzw. v.-WillebrandFaktor, Synov. Hämosiderose
Schwellungen periartikulär, Enthesopathie + statornotorische und mentale Retardierung
Druckschmerz: Knöchel, kleine Gelenke, Noduli, Schleimhautschwellung, rezidivierende Infekte
M . Farber (Lipogranulomatose)
autosomal-rezessiv, Fibroblasten-
Arthritis (episodisch) mit Fieber (Jungen), + Extremitätenschmerz (Kribbeln, Brennen)
Gelenkschwellungen Finger, Ellbogen, Knie, Flexionskontrakturen, rote Hautläsionen
M. Fabry (Lipidose)
Bewegu n g ssc h merz der Extremitäten akute Arthritis mit Daktylitis, Periostitis
Wachstumsstörungen (z.B. Hüfte) mit septischem Bild
630
l
• "(Sichelzell krise)" • septische Arthritis bei Sichelzellanämie
(GiykolipidzeramidSpeicherkrankheit)
Rö: periostales Knochen-
wachsturn
kultur: Zeramidasedefekt, typische Granulome m it Schaumzellen (PAS+) X-chromosomal-rezessiv, Hautbiopsie: Zeramidtrihexosid, a-GalaktosidaseMangel
----
1
1 06
Frakturhäufung
06 Frakturhäufung Rolf E . Bren ner
Symptombeschreibung
Knochenbrüche treten meist im Rahmen erheb licher Krafteinwirkungen auf. Von pathologischen Frakturen spricht man, wenn kein adäquates Trau ma, von Spontanfrakturen, w en n keine über das n ormale M a ß hinausgehende Krafteinwirk ung vorlag. In diesen Fällen liegt eine reduzierte Stabi l ität des Knochengewebes zugrunde. Die Stabilität kann lokal oder generalisiert vermindert sein und somit nur an einer Stelle oder am gan zen Skelett system zur erhöhten Frakturneigung führen. Bei ungeklärter Frakturhäufung m uss i mmer auch an eine Kindesmisshandl ung gedacht werden!
Rationelle Diagnostik Anam nese
Wichtig ist es zu k lären, ob den Knochenbrüchen ein a däquates Trauma zugrunde l ag und wie es zustande kam. Man muss jedoch berücksichtigen, dass bei einer Misshandlung diesbezüglich in der Regel keine verwertbaren Angaben gemacht wer den. Es ist deshalb entscheidend, eine D iskrepanz zum klinischen Befund zu erkennen . Zur Abklärung einer Frakturneigung ist nach p rädispon ierenden Fa ktoren wie extremer Früh geburtli chkeit, neuromuskulären Störungen, län gerfristiger Immobilisation und gastrointestinalen Störungen zu fragen. Bei Refraktoren können eine inadäquate Frakturversorgung, z u kurze Ruhig stellung oder Heilung i n Fehlstellung ursächlich sein. Eine gezielte Medilwmenten anamnese (ins besondere Vitamin-D- Prophylaxe, Glukokortiko ide und Antikonvulsiva) kann für die D iagn ose stel lung wegweisend sein. Es ist immer auch nach Knochenschmerzen zu fragen , die bei verschiede nen Erkrankungen pathologischen Frakturen vor ausgehen.
I
In der Familienanamnese sind insbesondere vermehrte Fraldurneigung, blaue Slderen, Dentinogenesis imperfecta und Hörstörung als Hi nweise auf eine dominant erbliche Form der Osteogenesis imperfecta von Bedeutung.
Körperliche Untersuchung
Bei der körperl i c h en U ntersuchung ist auf multi ple H ä m ato m e , N a rben , Wu n den o d e r S t r i e m en zu
achten, die bei ein er M issha ndlung häufig nach weisbar sind. Bei pathologischen Frakturen feh len hingegen oft Zeichen einer äußeren Kraftein wirkung. S kelettdeformierungen weisen auf eine reduzierte knöcheme S ta bilität hin. Es ist insbe s on dere auf blaue Skleren (Abb . 106. 1 , Farbtafe l ) und Zeichen einer Dentinogenesis imperfecta als H inweise auf eine Osteogen esis imp erfecta zu achten. Neuromusku läre S törungen, die über eine l n aktivitätsosteop orose z ur Knochenbru chnei gung führen, sind i n d er Regel durch entsprechen d e n eurologische Untersuchungen zu erkennen. Eine auffallende B lässe (Anämie) oder Petechien (Thrombopenie) weisen auf primäre oder sekun d äre hämatologische S töru ngen hin ( Leukämie, Osteopetrose) . Messwerte wie Körperlänge, Sitzhöhe, Spann weite und Gewicht dienen der Erfassung d es Wach stums, der Körperproportionen und des Er nährungszustandes. ;·'
Klinisch-chemische Untersuchungen
Verschiedene Parameter des Knochen- bzw. Kal zium- und Phosphatstoffwechsels sind i n der D if ferenzialdiagnose der Frakturhäufung bei Kindern von Bedeutung: • Bei der a lka lis chen Phosp h a tase werden die Isoenzyme des Knochens , der Leber, d er N iere, des Dünndarms und der Plazenta in der Regel ge meinsam bestimmt. In einzelnen Fällen kann des halb eine Quantifizierung des Knochenisoenzyms sinnvoll sein . D i e Frakturheilung selbst kann zu einer Erhöhung führen. • Das Proko llagen-1- C-terminale Propep tid (PJCP) im Serum als Maß für die Synthese von Kollagen I ist bei einem Tei l der Patienten mit Osteogenesis imperfecta (vor allem Typ I ) ernied rigt. Zusätzlich ist es - mit Ausnahme der seltenen Typen V, VI und VII - bei dieser Erkrankung mög lich , mit H ilfe proteinchemischer bzw. molekular genetischer Untersuchungen strukturelle Defekte des Kollagens I zu identifizieren. • Die Bestimmung des in ta k ten Parathorm o n s, des 25-0H- und 1 , 25(0H)r Vita mins D ( Diagno sti k der kalzipenischen Rachitis), der renalen Phospha trück res o rption ( Diagnosti k der phos phopenischen Rachitis) sowie des Pyridoxa lphos p h a t s im Serum und Phosphoetha n o lam ins im U rin (Diagnostik der Hypoph osphatasie) kann im Rahmen der Abklärungen notwendig sein .
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631
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--
1 06 Frakturh äufung --
Abb. 1 06.2 Fraktur im Bereich des Femurs bei Osteogenesis i mperfecta mit Skelett deformierung u nd reduzierter Mineralisation.
Abb. 1 06.3 Vermehrte Schaltknochen bei Osteo genesis imperfecta.
Molekulargenetische Untersuchungen
Bei einer Reihe von angeborenen Erkrankungen, die mit erhöhter Frakturneig ung einhergehen , kann die D iagnose über eine I dentifikatio n der zugrund eliegend en Mutatio n gesi c h ert werden (s. DD-Tabel le) .
I
Besondere Hinweise
Technische U n tersuchungen Das wichtigste bildgebende Verfahren ist die konventionelle Radiologie.
Anhand der Au fn ahmen lässt sich in der Regel ei ne Aussage über l okale U rsachen von Frak turen, das Vorliegen einer allgemeinen Osteopenie (Abb . 1 06.2), Osteosklerose, vermehrter Schaltkn ochen (Abb. 1 06.3) sowie die Struktur bzw. Modeliierung der Dia- und Metaphyse t reffen. Bei Va. Kin des misshandlung ist zum Nachweis k n ö ch e rner Ver letzungen i n manchen Fäl le n ergänzend eine Knochenszintigrap hie hilfreich. Die I. CJ)
......
...... ......
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643
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1 07
Dysproportio nierung und Kleinwuchs
---
--
Differenzialdiagnose von Dysproportionierung, Kleinwuchs und segmental betonter Extremitätenverkürzung VerdachtsBestätigung der Diagnose �harakteri sierung weiterführende di gnos n Hauptsymptoms I �des J (Fortsetzung)
Nebenbefunde
a
e
akromesomele Veränderungen
kurze Unterarme, Hände und Füße, eingeschränkte Ellbogenbeweglichkeit, zervikale Syringemyelie, AR oder AD
akromesomele Dysplasie OMIM 200700 (Grebe, AR), 201 250 (HunterThompson), mit Wirbelbeteiligung 602785 (Maroteaux, AD) u.a.
quadratisch geformte Phalangen, posteriore Radiusköpfchenluxation, Defekt des Knorpelmatrixproteins CDMP-1 (Grebe, Hunter-Th.)
akrale Betonung und evtl. Kleinwuchs
starke Wachstumsverzögerung, verkürzte Hände und Füße, AD
akromikrische Dysplasie O M I M 1 02370
verkürzte Metakarpalia und Phalangen
Maxillahypoplasie, kurze Nase, Prognathie, psychomotorische Retardierung, Neuropathie der unteren Extremität, AD, spontan
Akrodysostose OMIM 1 01 800
konisch geformte Epiphysen mit punktförmiger Verkalkung, beschleunigte Knochenreifung, verringerte Bogenwurzelabstände
rundes Gesicht, grobe Akren, evtl. geistige Retardierung, Katarakt, tetanische Anfälle, AD (AR, XLD)
Pseudohypoparathyreoidismus und Varianten (AibrightOsteodystrophie) O M I M 1 03580
Brachymetakarpalie, Brachydaktylie mit strähniger Trabekulierung, Hypokalzämie, Hyperparathyreoidismus, Defekt im GNAS-1 -Gen
feines, spärliches H aar, charakteristische Fazies mit plumper Nase, langem Philtru m , Mikrognathie, verkürzte Phalangen, AD mit mentaler Retardieru ng, Mikrozephalie, Epilepsie
trichorhinophalangeale Dysplasie und verwandte akrofaziale Dysplasien O M I M 1 90350 und 1 50230
kurze Phalangen, zapfenförmige E piphysen, M ittelphalangen betont betroffen , evtl. Femurepiphyse dysplastisch, Exostosen, Defekte im TRPS- 1 - oder EXT-1 -Gen
hypoplastische oder fehlende Klavikula, Stirnhöcker, weite Schädelnähte, Zahnanomalien, evtl. Syringomyelie, AD
Dysplasia cleidocranialis O M I M 1 1 9600
Schaltknochen der Schädelnähte, defekte Schlüsselbeine, retard ierte Ossifikation der Ossa pubis, kurze Endphalangen, Defekt des Transkriptionstaktors CBFA 1
Verkürzung eines Körpersegmentes, meist der Extremitäten, m i t variabler, auch normaler Endgröße
Differenziald iagnose von Dysproportionierung, Kleinwuchs und deutlicher radiologischer Wirbelsäu len veränderungen Charakteri sierung weiterführende Bestätigung der Diagnose J Verdachts des Hauptsym_p)oms diagnosen Nebenbefunde
kurzrumpliger Kleinwuchs
644
isolierte Wirbelveränderungen, vorzeitige Rippenknorpel verkalkung, AR
Brachyolmie OMIM 271 530-630
generalisierte Platyspondylie und l aterale Wirbelausziehungen
Kiel brust, Skoliose, Extremitäten unauffällig, AD
Brachyrachie OMIM 1 1 3500
kleine irreg u läre Wirbelkörper, Femurepiphyse abnorm, meta physäre Strukturveränderungen
kurze Extremitäten, Wirbelsäulen verkürzung, ku rzer fassförmiger Thorax mit Kiel brust, Klumpfüße, Hände unauffällig, Hyper telorismus, Gaumenspalte, Myopie, AD, spontan
kongenitale spondyloepiphysäre Dysplasie OMIM 1 83900 u.a.
Denshypoplasie, birnen förmige Wirbelkörper, verzögertes Knochenalter, Typ- l i-Kollagenapathie
wie oben, jedoch milder, Manifestation in der Präpubertät, später Osteoarthropathie mit Gelenk- und Rückenschmerz, XLD
Dysplasia spondyloepiphysaria tarda O M I M 3 1 3400
abgeflachte, zentral aufgeworfen erscheinende Wirbelkörper, Hypoplasie der großen Epiphysen, hypoplastische Beckenschaufeln, Defekt in der Funktion des ER (Sedlin-Protein)
----
1 07 Dysproportionierung und Kleinwuchs
Differenzialdiagnose von Dysproportionierung, Kleinwuchs und deutlicher radiologischer Wirbelsäulen veränderungen achts Bestätigung der Diagnose des HauJ)tsymJltoms weiterführende Nebenbefunde dieagnosen l (Fortsetzung)
I
V rd
t�harakterisierung
kurzrum pfiger Kleinwuchs
im Kleinkindesalter manifester Kleinwuchs, keine Dysmorphie, AD
spondylometaphysäre Dysplasie Typ Kozlowski OMIM 1 84252 u.a.
Platyspondylie, abnormer Femurhals und Trochanter
Kielbrust, normale Kopfgröße, Hyperlordose der Halswirbelsäule, aufgetriebene Metaphysen, Hornhauttrübung oder Hepatosplenomegalie (eher Typ VI), Symptombeginn im Kleinkindesalter, AR
M u kopolysaccharidose Typ IV, M. Morquio (OMIM 230500) und VI (OM I M 253200)
Dysostosis m u ltiplex (s. dort), erhöhte Glykosam inoglykanausscheidung, Erniedrigung der N-Acetyi-Galaktosamin-6Sulfatase oder ß-Galaktosidase i n Leukozyten
metatrope Dysplasie O M I M 250600, 1 56530 u.a.
Platyspondylie mit zungenförmiger Deformierung, aufgetriebene keulenförmige Metaphysen, hypoplastische Darmbeine, epiphysäre Dysplasie
häufig progrediente Skoliose, Kontrakturen, Gaumenspalte, verdickte zystische Ohrmuscheln, Brachydaktylie und abgespreizter kurzer Daumen, Klumpfuß , Herzfehler, AR
diastrophe Dysplasie O M I M 222600
weite Metaphysen, flache, spät ossifizierende Epiphysen, irregulär deformierte Wirbelkörper mit lumbal abnehmenden Bogenwurzelabständen, Ossifikation des Ohrknorpels und vorzeitig des Rippenknorpels, Defekt des transmembranäsen S ulfattransporters DTDST
Manifestation im Kleinkindesalter, Proportionen wie bei Achondroplasie, Schädel unauffällig, Bänd erschlaffheit, Beinfehlstellung, Besserung im Verlauf des Wachstums, AD
Pseudoachondroplasie OMIM 1 77 1 70
abgeflachte, zungenförmige Wirbelkörper, epimetaphysäre Läsionen Defekt des Knorpelmatrixproteins COMP. E ine der häufigsten Osteoc hondrodysplasien
Pectus carinatum , Skoliose, evtl. Gaumenspalte, Amotio retinae, l nguinalhernien, AD
spondyloepimetaphysäre Dysplasie Strudwick O M I M 1 84250
kurze Röhrenknochen mit kleinen Epiphysen von proximalem Femur, Humerus und Radius bei vergrößerten Knieepiphysen, leichte metaphysäre Unregelmäßigkeiten, Platyspondylie, schmales Becken, Typ-1 1-Kollagenopathie
zunächst kurzgliedriger, Kyphoskoliose, schmaler Thorax, Sakralanhängsel, eingeschränkte dann kurzrumpfiger Gelenkbeweglichkeit bei HyperKleinwuchs mobilität der Finger, neonatale Ateminsuffizienz, AR und AD mit Rumpf- und Extremitätenverkürzung, Verkürzung der Extremitäten überwiegt die des Rumpfes
-
E
Q)
+-'
Differenzialdiagnose von Dysproportionierung, Kleinwuchs und Zeichen einer anarchischen Gewebsbildung Bestätigung der Diagnose Charakteri sierung weiterführende Nebenbefunde des Hauptsymptoms Schmerzen und Deformierungen oder Knochenauftreibungen, Endgröße nicht regel haft verringert
multiple Exostosen, Nagel dystrophie, sekundäre Deformierungen der betroffenen Extremitäten , Kompressions phänomene der Nerven, Endgröße normal oder leicht vermindert, AD multiple knöcherne physennahe Tumoren, später asymmetrische Extremitätenverkürzung, sporadisch
Verdachts diagnosen
multiple kartilag inäre Exostosen OMIM 1 33700 u n d O M I M 1 33701
radiologischer Nachweis von ubiquitär lokalisierbaren Exostosen, Defekt des EXT- 1 - oder EXT-2-Gens
Cf} >. Cf}
+-' +-'
Q) Q) .::t:. (j)
"0
c ::J I
Enchondromatose (M. Ollier, in Kombi nation mit Angiomen Maffucci-Syndrom) OMIM 1 66000
umschriebene physennahe asymmetrische Demineralisie rungen und evtl . Auftreibung des Knochens, ggf. identisch mit chronisch rezidivierender m u lti fokaler Osteomyelitis (CRMO)
Q) .::t:. Cf} ::J
�
645
�
1 07 Dyspropo rtionierung und Kleinwuch s
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Differenzialdiagnose von Dysproportionierung, Kleinwuchs und Zeichen einer anarchischen Gewebsbildung Bestätigung der Diagnose I tdesharakteri sierung weiterführende Nebenbefunde Verdachts diagnosen Hauptsymptoms i
(Fortsetzung) �
Schmerzen un d Deformierungen oder Knochenauftreibungen, Endgröße nicht regelhaft verringert
-
zwischen 5. und 1 5 . Lebensjahr Schmerzen und Deformierung, Frakturen, mono- oder polyastatisch, sporadisch
fibröse Dysplasie (Jaffe-Lichtenstein) O M I M 1 74800
fleckige Verd ichtung o d er zyst s ch e Aufhellung der
McCune-Albright-
wie oben und endok rin o log i s c he Störu ng en nachweisbar
wie oben mit Pigmentstörungen der Haut und Pubertas praecox
Syndro m
tarsal u nd karpal betonte k n o rpel ig e Wucherung mit asymmetr i sch e m Befal l, sporadisch
epip hys eali s hem i m eli ca
O M I M 1 74800 Dysplasia
Extremitäten oder Schädelkn oc h en, hi rte n sta bfö rmiger Femu r, Mosaik des GNAS-1 -GenDefektes
au fg et r i eb ene E p i p hys e n ,
männ liches Geschlecht bevorz u gt bet roffen
O M I M 1 27800
Differenzi aldiagnose (Osteopeni von Dysproporti erung, Klusseineiwuchs und verminOsteoporose derter Knochenmasse mit erhöhter Strahl entransparenz e) nachoniAusschl ner sekundären ;kterisierung weiterführende Nebenbefunde VerdachtsBestätigung der Diagnose I �auptsymptoms diagnosen Knochendichte verringert mit e rhö ht e r Frakturinzidenz, sekundäre Defo rmi er u ng en , K u rzg l iedri g keit der Extremitäten nach multiplen Fraktu ren
m u lti p le Frakturen, blaue S k le re n, okz i p ita l e Kraniotabes, Schwerhö r g keit evtl. Dentinogenesis imperfecta, Skoliose möglich, Besseru n g po st pub e rt ä r, Blutungsneigung, Bänderschlaffheit, milder Verlauf, AD
i
,
kurzgl i edriger M inderwuchs bei Geburt, weite Fontanellen, M u s kel h yp o to n ie bl au e Sk leren letaler Verlauf, AD oder AR ,
,
pränataler Kleinwuchs, m ul tip le kongenitale Frakturen der Extremitäten, Taubheit, progrediente Deformierungen, Dentinogenesis imperfecta, schwerer Verlauf, AR, AD wie Typ I. j edo ch keine persistierenden bla ue n Skl ere n , ke in e Schwerhörigkeit, meist leichter Verlauf, auch bleibende Deformi e ru n g e n möglich, selten, AD
wie oben, v o rwi ege nd Wirbelsäule betroffen
646
Oste og en es is
imperfecta Typ I nac h S ill en ce und Rimoin
(früherer Typ Lo b stei n)
O M I M 1 66200 oder 1 66240 Osteogenesis imperfecta Typ II (früher Typ Vroli k) O M I M 1 6621 0 oder 259400
Ost eo gen esi s i m pe rfecta Ty p 1 1 1 OMI M 259420
O steo p orose, d ünne, zarte
Knochen mit Frakturzeichen, m u ltip l e Sc hal t k noc hen d es Schädels, ele kt ron en m i kro skopisch vermindertes hypomineralisiertes Osteoid , osteoblastäre Auffä llig keiten, Typ- I- Kollag en ap ath e
i
konnatale multiple Extremitäten- und Rip pe n fra kture n , ungenügende Ossifizierung des Schädeldaches, Typ- I- Kollagenapathie
zunächst eher verdickte Röhrenknochen, später zarter Knochenbau, evtl. zystische Po pco r n - E p i physe n
"
"
Typ-1-Kollagenopathie Osteo g e nesis imp erfe ct a Typ IV O M I M 1 66220
s. Typ I, Dentinogenesis i m perfecta m ö g li c h
wie Typ IV, selten, AD
Osteogenesis imperfecta Typ V O M I M 1 66220
s. Typ. I, aber Dislokation der Radiusköpfchen und hyperplastische Kallusbildung
wie Typ IV, selten, AD
Osteogenesis imperfecta Typ VI
s. Typ I, jedoch eigene Kn oche nh isto l og ie
Bein- und Rückenschmerzen
idiopath ische ju ven il e Osteoporose O M I M 259750
generalisierte Oste o porose
beim Schu lkind, erhöhte Frakturinzidenz, Spontanheilung nach Adoleszenz, sehr selten, spo radis ch
,
Nachweis von Fischwirbeln oder Wi rbe lfra kt u ren
----
1 07 Dysproportionierung und Kleinwuchs
inderter Knochenmasse DifferenziStrahl aldiagnose von Dysproporti o nieerung, einwuchsussundeinverm erhöhter entransparenz (Osteopeni ) nachKlAusschl er sekundären Osteoporose mit Bestätigung der Diagnose rcharakterisierung weiterführende Nebenbefunde Verdachts tdes Hauptsymptoms diagnosen
(Fortsetzung)
Verdickung der Knochen m it erhöhter Frakturinzidenz, sekundäre Deformierung
Klei n kindesalter, großer Schädel, Verdickung und Deformierung der langen Röhrenknochen, Muskelschwäche, Hörverlust, evtl. blaue Skleren, ä h n lich M . Paget, AR
Ostiektasie mit Hyperphosphatasie O M I M 239000
Osteoporose langer Röhrenkno chen, Verdickung und Auffaserung der Kortikalis (vor allem des Schädels) mit vergröberter Trabekulierung, hyperastatische Inseln der Kalotte, AP und Harn säure i, Defekt in einem
TNF
Rezeptor (Osteoprotegerinmangel)
infantile Man ifestation von Dysmorphie, Wachstumsstörung und mentaler Retard ierung
Haut- und Bänderschlaffheit,
charakteristische Fazies, d ünne,
M. Menkes O M I M 309400
brüchige, verdrehte Haare, Hernien, XLR
Osteoporose, Schaltknochen, aufgeweitete Metaphysen, metaphysäre Frakture n , Funktionsstörung Cu-abhängi ger Enzyme (z.B. Lysyloxidase)
Differenzi aldiagnose (Osteopetrose) von Dysproportionierung, Kleinwuchs und erhöhter Knochenmasse mit verminderter Strahl entransparenz Bestätigung der Diagnose �Charakterisierung weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen I des Hauptsymptoms
___;
Frakturneigung, evtl. Kielbrust, kurzgliedriger Kleinverzögerter Fontanellenverschluss, wuchs, häufig MakroOligoodontie, Hautatrophien, z epha l ie, Verd icht u n g Hirnnervenausfäll e, und Verdickung der AR Knochen m it erhöhter Frakturinzidenz, Deformierungen, Schmerzen, sekundäre Dysproportionierung charakteristische Gesichtsdysmorphie, F rakturneigung, Extremitätenverkürzung, verzögerter Verschluss der Fontanelle, keine Blutbi ldungsstörung, AR Gedeihstörung, Anämie, Hepatosplenomegalie, H ir n n ervenausfälle, lnfektanfälligkeit, Tod im 1 . Lebensjahrzehnt, AR
Dysosteosklerose O M I M 224300
Schädelknochen verdickt und sklerotisch, Hypopneumatisation, Platyspondylie und Sklerose der Wirbel, verkürzte, verdickte und gebogene Diaphysen, flaschenförmige Metaphysen, epimetaphysäre Sklerose langer Röhrenknochen
Pyknodysostose O M I M 265800
generalisierte Osteosklerose, Akroosteolysen, Defekt der osteoklastären CysteinProtease Cathepsin K
Osteopetrose
generalisierte Hyperostase und Osteopetrose, metaphysäre A uft rei b u n g, gestörte Funktion der Ostecklasten und Monozyten, Defekt eines Chiaridkanals (CLCN7) oder einer Osteoblastären Protonenpumpe (TC1 RG 1 )
frühman ifeste Form OMIM 259700
wie oben, Frakturen, Zahnanomalien, Osteomyelitiden, Anämie, Hirnnervenausfälle, variabler Verlauf, AD, AR
Osteopetrose,
Kleinwuchs, Hepatosplenomegalie, frühe Manifestation, benigner Verlauf, Basalganglienverkalkung, distale renaltubuläre Azidose, AR
Carboanhydrase-1 1 -
spätmanifeste Fo r m OMIM 1 66600 oder 25971 0, auch 300301 (XL) Defizienz
O M I M 259730
symmetrische Verdichtung, Marmorknochen, metaphysäre Auftreib ung, m it ektodermaler Dysplasie und Immunschwäche bei Defekt des N F-kB-signal ing metabolische Azidose bei O steopet rose, Carboanhydrase-1 1-Defizienz in Erythrozyten
Manifestation intrauterin (Polyhydramn ion) bis ins 1 . Lebenshalbjahr, Reizbarkeit, asymmetrische Betroffenheit, schubweiser Verlauf mit Entzündungszeichen, AD
infanti le kortikale Hyperostase (Caffey) O M I M 1 1 4000
asymmetrische kortikale Hyperostase von Unterkiefer, Klavikula oder Ext re m itäten knochen, i.d.R. spontanes Ausheilen
Manifestation im Klein- bis Schulkindesalter, lange Röhrenknochen betroffen, symmetrischer Beinschmerz, Muskelhypotrophie, AD
progressive diaphysäre Dysplasie (Camurati-Engelmann) OMIM 1 31 300
symmetrische endostale und periostale Hy pertrop h i e , Defekt des Wachstumsfaktors TGF-ß-1
E
CD cn >. cn
+-I
+-I +-I
CD CD � (/) '""C c :::s I
CD � cn :::s
2
647
t
-1 07 Dysprop ortionierung und Kleinwuc hs --
aldiagnose von Differenzi Strahl entransparenz OsteoDysproporti trose onierung, Kleinwuchs und erhöhter Knochenmasse mit verminderter Bestätigung der Diagnose J �des �ha HauptsymJ)toms a t ris er g weiterführende Nebenbefunde Verdachtsdiagnosen (
r k e
i
pe
) (Fortsetzung)
un
Pyle-Dysplasie O M I M 2 69500
ausgeprägte hyperastatische kolbenförmige Auftreibung der Metaphysen langer Röhrenknochen
frühe Manifestation, Makrozephalie, breite Nasenwurzel, Hirnnervenausfälle, AD mild oder AR
kraniometaphysäre Dysplasie OMIM 1 23000 (AD) oder 2 1 8400 (AR)
Hyperostase von Schädelbasis und evtl. Schädeldach, aufgetriebene Metaphysen wie M. Pyle, m i lde Formen mit Defekt im Pyrophophat-Transporter A N KH
frühe Manifestation mit Hypertelorismus, behinderter Nasenatm ung, Zahnanomalien, Hirnnervenausfälle, EntwicklungsVerzögerung und Kleinwuchs, AD, AR
kraniodiaphysäre Dysplasie O M I M 1 22860, 2 1 8300
vorwiegend faziale und kraniale Osteosklerose und Hyperostose, d iaphysäre Verdickung und Endostase der langen Röhrenknochen mit Verlust der metaphysären Modeliierung
späte Manifestation, kleines Kinn, betonte Supraorbitalwülste, verzögerter Zahnwechsel , Bewegungseinschränkung akraler Gelenke, renale Fehlbildungen , Hirsutismus, pulmonale Obstruktion, XLR
frontometaphysäre Dysplasie OMIM 305620
fehlende Pneumatisation der Stirn h ö h len, frontale faziale und d iaphysäre Hyperostase und Sklerose, Mandibulahypoplasie, zervikale Wirbelanomalien, l umbale Platyspondylie, Erlenmeyer-KolbenForm der Metaphysen
Schädel unauffällig, AR Hyperostase und Osteosklerose ohne deutliche Frakturneigung, Gangstörung oder Schmerzsymptomati k, eher kurzgliedrige Dysproportionierung wie oben m it Beteiligung des Schädels (kraniotubuläre Dysplasie)
wie oben und kurzer Rumpf bei Skoliose
Diff renzialdiagnose von Dysproportionierung, Kleinwuchs und generalisierter Mineralisationsstörung CharaHaup kteritsym_p sierungJoms weiterführende Nebenbefunde Verdachts Bestätigung der Diagnose des diagnosen e
Verkrü mmung der langen Röhren knochen, Genua vara, Gangstörungen, kurz gl iedriger Kleinwuchs
648
Auftreibung der Metaphysen mit Doppelhöckerbildung, Kranio tabes, muskuläre Hypotonie, Harrison-Furche, Tetanie, keine Erblichkeit
Vitamin- D- Mangel Rachitis
Röntgen der nichtdominanten Hand: Physenverbreiterung, becherförmige Metaphysen mit unscharfer Begrenzung. Osteomalazie, Hyperparathy reoid ismus, Hyperphosphatasie, 25-0H-Vitamin-D im Serum !
Rachitis mit fehlendem oder schlechtem Ansprechen auf pharmakologische Vitam in-D Su bstitution, AR
Vitamin-D-abhängige Rachitisformen O M I M 264700, 277420, 277440
Hyperphosphatasie, niedriges Kalzi u m und Phosphor im Serum, Viiamin-D-Metaboliten im Serum nicht !
Klinik wie oben
Rachitis bei hepato biliären Erkrankun gen, Antiepileptika Therapie, Nieren erkrankungen
s. Kapitel Kalzi um-Phosphor Haushalt
Klinik wie oben, Erniedrigung der alkalischen Phosphatase, AD
Hypophosphatasie O M I M 1 46300
Rachitiszeichen, Ausscheidung von Phosphoäthanolamin im Urin i, Defekt der alkalischen Phosphatase
Klinik wie oben, keine Zeichen des Kalziu mmangels, progressive Ankylose der WS, Nephro kalzinose, lnnenohrschwer hörigkeit, XLD oder AD
X-gebundene hypo phosphatämische Rachitis OMIM 307800
Rachitiszeichen, renale Phosphorclearance deutlich i, Phosphor im Serum l, AP i. Defekt der PEX- Proteinase (XLD) oder des Wachstumsfaktors FGF23 (AD
J
1 08 Rach itische Zeichen Eckhard Schönau
Symptombeschreibung
Die Rachitis ist eine Erkrankung des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels. Sie wird hervorgerufen durch • einen M angel an Kalzium und/oder Phosphat, • einen M angel an Vitamin D , • e i n e erbliche o d e r sekundäre Störung des Vit amin-D-Metabolismus. Aufgru n d des Substratmangels für die Bildung der Apatitkristalle i n der Knochengrundsubstanz entwickeln sich schwere Störungen der Minerali sation, i nsbesondere i n den Skelettabschnitten mit hohem Knochenumsatz. Im Vordergrund stehen die Veränderungen im B ereich der Wa chstumsfugen. Es verbreitert sich der Abstand zwischen Epiphysenkernen und der metaphysären Verkalkungszone d urch n ichtmine ralisierten hypertrapbischen Säulenknorpel in Verbi ndung mit u n zu reichendem Aufbau rei fe r Knochenstrukturen in d e r Metaphyse. D iese Ver änderungen führen zu einer Verschlechterung der Materialeigenschaft des Knochengewebes, die in den besonders biomechanisch belasteten Zonen Störungen der Skelettachsen hervorruft . Schwer wiegendere Krankheitsverläufe führen zu genera lisierten M ineralisationsstörungen . Grundsätzlich zeigen sich keine relevanten U n terschiede am Skelettsystem zwischen den l. Cf)
+
erniedrigt
+-' +-'
normal
�
Ernährung Lichtmangel Malabsorption
Leber
erkrankungen
Abb. "108.3
erniedrigt
erhöht
t
t
Vitamin·D· abhängige Rachitis Typ I (Synthese· störung)
Vitamin·D· abhängige Rachitis Typ II (Rezeptor störung)
D i agnostisches Vorgehen bei V. a. Vit amin-0-Mangel.
(],) (!) .:::t:. (/) "'0 c: :::l I
(],)
.:::t:. Cf) :::l
� 651
r
1 08 Rachitische Zeichen
Tabelle 108.1
Altersabhängige Referenzwerte zur Beurteilung des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels.
18 Jahre
1 Jahr
bis 2Jahre bis 10 Jahre bis 16 Jahre 18Jahre
60-1 50 70-1 70
AP (U/1)
w m
1 80-660 1 80-660
1 80-500 1 80-530
1 40-480 1 90-500
1 40-530 1 20-730
50-1 90 70-230
K-AP (U/1)
w m
1 40-500 1 40-580
1 30-430 1 20-470
1 30-360 1 50-340
1 1 0-490 90-580
20-1 70 40-1 90
TRP (%)
w m
85-98 85-98
85-98 85-98
82-99 85-98
79-98 83-97
82-90 82-90
82-90 82-90
TmP/GFR (mg/dl}
w m
4-8 4-8
4-8 4-8
4-8 4-8
2,8-8,2 3,4-7,5
2,8-5,1 3,3-5,9
2 ,5-4 , 2 2,5-4,2
Serum-P04 (mg/dl}
w m
4-8 4-8
4-6 4-6
4-6,5 4-6,3
3-5,5 3-6,4
2,6-4,8 1 ,9-5, 2
2,6-4,5 2,6-4 , 5
Serum-Ca (mmol/1)
w m
2 , 1 -2 ,65 2 , 1 -2,65
2 , 1 -2,65 2 , 1 -2,65
2 , 1 -2,65 2, 1 -2,65
2 , 1 -2,65 2 , 1 -2,65
2 , 1 -2 ,65 2 , 1 -2,65
2 , 1 -2 ,65 2 , 1 -2,65
Ca/Kreatinin im Urin (j.Jg/mg)
w m
1 1 -1 88 1 1 -1 88
1 1 -1 88 1 1 -1 88
5-1 74 1 -1 74
5-1 74 5-1 74
5-1 74 5-1 74
2 1 -203 21-203
PTH (pg/dl)
w m
1 5-55 1 5-55
1 5-55 1 5-55
1 5-55 1 5-55
1 5-55 1 5-55
1 5-55 1 5-55
1 5-55 1 5-55
K-AP = Knochenphosphatase; PTH = Parathormon; TmP/GFR = Phosphattransportmaximum; TRP = prozentuale Phosphatrückresorption
Tabelle 108.2
Stadien des Vitamin- D-Mange ls.
zium iKmalSerum
Phosphat im Serum
aziHyperami durie no-
radiologische Veränderungen
Stadium I
J..
normal
normal
leicht
Stadium
normal
J..
+
mäßig
+++
schwer
I
Stadium 111
J..
J..
Technische Untersuchungen
Bei Verdach t auf eine Rachitis wird üblicherweise eine R ö n tgena ufnahm e der Ha nd d u rchgefü h rt (Abb. 108.4). Es zeige n sich ty p is c he rweise Zei chen der O steoma l a zie mit A uftrei b u ng des dista len Radius sowie der distalen Ulna. D urch das nicht mineralisierte Osteoid entstehen die Auftrei b ungen i m metaphysären Bereich mit einer Vor täus ch u n g e i n er Ve rbreit eru ng der Wachstums fuge . Grundsätzlich lässt die Röntgendiag nostik k e i n e Differenzieru ng zwi schen kalzipeni s chen und phosphop enischen U rsachen zu. U mfangrei che röntgen ologi sche Untersu chungen des übrigen S kelettsystems sind weder zum N ac h we i s einer Rachit is noch zur Kl äru n g der Differe nzialdi agno sen notwendig . Eine S o n o gra p h ie der Leber und der Niere n sollte zur E rgä n zu ng vorge nomm en werde n . Zeigt si c h d a s Bild eines Phosp hatver lusts im Juge n d - bzw. E rwach senen alter, m us s zum Aus
652
schlus s von Knoch entum ore n eine Skelet tszi n tigraphie d u rchgefü h rt werde n.
Besondere Hinweise
-------
I n E rgänzun g zu den DD-Tabellen werden im Fol genden die häufigsten D ifferenzialdiagnosen be
schrieben . Kalzipenische Ursachen Vita m i n - D - M a ngei -Rachitis: Diese Erkran kung wird bevo r zugt bei Säuglingen im 2 . und 3. Trime non des ersten Lebensjahres während der be sonders ausgeprägten Wachstumsphasen gefun den . Die U rsache dieser E rk rank u n g besteht i n einem re lativen M a n gel a n Vitamin D i n d e r Nah rung bei unzurei chender Ak tivie ru ng von Ch ole calciferol in de r H aut. In der Regel ist d ie Vitam in D-Pro p hylaxe, z. B. bei extremen Ern ä hru n g s gewoh nh eiten der Elte rn , n i c h t d u rc hge fü h rt wor den. Neben den Skelettveränderungen zeigt si c h e i ne Ve r zögerung der motorischen Entwi c k l u ng
----- 1 08 Rachitische Zeichen
kann die VDAR- I I durch die erhöhten Konzen trationen von 1 ,2 5 ( 0 H)z-Vitamin-D u nterschie den werden.
Abb. 1 08.4
Hand dorsoventral (2-jähriges Klein kind) bei Vitam in-0-Mangei-Rachitis. Ausgeprägte Zeichen der Osteomalazie mit Auftreibung des distalen Radius sowie der distalen Ul na. H ierdurch vorgetäuschte Ver breiterung der Epiphysenfuge (Aufnahme freundlicher weise ü berlassen von Frau Prof. Dr. G . Benz-Bo h m . Kinderrad iologie des Rad iologischen I nstitutes der U niversität zu Köln).
m i t entsprechenden muskulären und neurologi schen Auffälligkeiten. Pseud o m a nge l rach i tis - Vita m i n - D - ab hängige Rachitis Typ 1: Die Ursache dieser Erkrankung ist
I m m igrantenrachitis: In vielen asiatischen Län dern erfolgt die Ernährung zum großen Tei l über Vitamin-D-arme Hülsenfrüchte in Verbindung mit geringen tierischen Produkten. Dieser relative Vit amin-D-Mangel wird durch die erhöhte Sonnen einstrahlung und Vitamin-D-Synthese in der Haut ausgeglichen. Siedeln sich Angehörige asiatischer oder mediterraner Länder nun in den n ördlichen Industrieregionen mit einer verminderten Sonnen einstrahl ung an, so zeigt sich auch bei älteren Kin dern und Jugendlichen der typische Befund einer Vitamin-0-Mangel-Rachitis, falls die Ernährungs gewohnheiten nicht geändert werden. Rachitis bei antikonvulsiver Therapie: Versch ie
dene antikonvulsive Medikamente (Phenobarbi tal, Diphenylhydantoin u. a . ) führen zu einer mi krosomalen Enzymaktivitätsstimulation der Leber. Es wird dis kutiert, dass hierdurch a ktive Vitamin-D-Metabo liten schneller zu inaktiven Metaboliten abgebaut und über Gal le und N iere eliminiert werden. Dies führt zu einer verminder ten intestinalen Kalziumresorption mit den gene ralisierten Folgen eines Vitamin-D-Mangels.
eine Störung im Metabolismus des Vitamins D . Es l iegt eine vermi nderte Synthese des a ktiven 1 ,25 (0H h-Vitamin-D aus 25-0H-Vitamin-D in der N iere vor. Die Erkra n kung wird autosomal rezessiv vererbt. Das Gen ist lokalisiett auf Chro mosom 1 2 q 1 3 . 3 . An diese Erkra nkung muss bei Auftreten einer Rachitis im ersten und zweiten Le bensjahr gedacht werden bzw. bei unzureichen dem Ansprechen der kli nischen Sym ptome auf eine Viiamin-D-Substitution bei V a. alimentären Vitamin-D-MangeL Während bei der Vitamin-D Mangel-Rachitis ein niedriger 25-0 H-Vitamin-D Spiegel bei leicht erhöhtem 1 ,25(0 H h-Vitamin-D Spiegel gefunden wird , treten bei der Vitamin-D abhängigen Rachitis eine erhöhte Konzentration an 25-0 H -Vitamin-D und eine kaum m e ßbare Ko n ze nt rat io n an 1 ,25 ( 0 H h-Vitamin-D auf.
Sekundärer Vitamin-D-Mangel: Die häufigste U r sache für einen sekundären Vitamin-D-Mangel ist die chronische N iereninsuffizienz. Im Rahmen der N ierenfunktionsstörungen entsteht eine vermin derte Synthese des aktiven 1 ,25 ( 0 H)z-Vitamin-D in der N iere. Bei gle i chz e i tig verminderter Phos phatausscheidung entwickelt sich ein sekundärer Hyperparathyreoidismus. Der sekundäre Vitamin D-Mangel trägt mit zur renalen Osteodystrophie bei. Weitere sekundäre Ursac h e n ste l len gastroin testinale Erkrankungen dar. Bei i ntestinalen Mai absorptionssyndromen sowie bei unzureichender Galleproduktion mit Absorptionsstörung von fett löslichen Vitaminen kann es zu einem Vitamin-D M angel kommen. Klinisch relevant sind dabei Krankheitsbilder mit bestehender Cholestase und Störungen der Gallensäurenproduktion und -Se kretion : kongenitale Zirrhose, Gallengangsatresie und die Mukoviszidose.
Pseu d o m a n gelrachitis - Vita m i n - D - resistente Rachi tis Typ II: Bei dieser Erkrankung handelt
Phosphopenische Ursachen
es s i ch
Familiäre hypophosphatämische Rachitis: Die
eine E n d o rganre s i st e n z gege n ü b e r 1 ,25 ( 0 H ) z-Vitam i n - D . Die U rsache der Erkran kung sind homo zyg o t e Mutationen im VDR(Vit um
Dieses ist lokalisiert auf Chromosom 1 2q 1 2-q l 4 . Diese seh r seltene Er krankung tritt autosomal-rezessiv in sbesondere bei Familien aus dem Vorderen O r ie n t und Nord afrika a u f. Wegweisend kann h i e r das A u ftreten e ine r totalen Alopezie sein . Von der V D A R - 1 a m i n - D - Rezeptor) - G e n .
familiäre hypophosphatämische Rachitis, die auch als Phosphatdiabetes oder Vitamin-D -resi stente Rachitis mit Hypophosphatämie bezeich net wird, i st eine erbliche Erkrankung des Phos p h atstoffwechsels. Man untersch eidet hierbei im wesentlichen zwei Krankheitsbilder: die X-cluo mosomal erbliche hypophosphatämische Rachitis (XLH R) und die autosomal-dominant erbliche hy-
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653
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1 08 Rachitische Zeichen
p ophosphatämi sche Rachitis (AD H R ) . Patienten m it A D H R weisen M issense- M u ta tionen im Gen für den Fibroblast-Growth-Fac tor 23 (FGF-23) auf. Eine exzessive Sekretion von FGF-23 in mesen c hymalen Tumore n wurde als U rsache der tum or induzierten Osteomalazie nachgewiesen. D as zir k u l i e re n d e F GF-23 wird n o rm alerweise über E n d o p e ptidasen abgebaut. Es konnte gezeigt werden, dass FGF-23 die Phosphataufnahme von N i erentubul uszellen hemmt, wobei unklar ist, ob es sich hierbei u m eine Eigenwirkung des FG F-23 h a ndelt oder der Effekt über andere Mediatoren vermittelt wird. Die X L H R betrifft etwa 80% der Patienten m it hypophosph atä m ischer Rachitis. Patienten m it XLH R weisen Mutationen im Phos phat-regulierenden Gen mit Homologie zu Endo peptidase n a �f dem X-Chromos om auf ( P H EX) . _ P H EX wtrd I m K n ochen u n d i n d e n Zähnen n i cht jedoch in der N iere exprimiert . Es kodier� f� r eine membran ständige Endopep tidase. M a n m m mt an, dass PH EX den Abbau eines postulier ten p hosphatu rischen Faktors "Phosph at oni n " _ t. N euere Befu regulier n de spreche n d afür' dass "Phosph atonin" mit FGF-23 i dentisch ist. I m renal tubulär en System u n d möglich erweise auch a m Darm ist di e Resorp tion v on Phosph at gestört . I n � er. Fol�e en twickel t sich e i n e H ypopho sphat _ an1 1� . Die Diagno se lässt sich im Rahme n von . Fam ilien �ntersuc hungen bereits i n der Neugeb o ren e npenod e anhand der zu n i e d rigen Serum phospha tkon zentratio nen u n d der gestörten P� o sphatrüc kresorpt ionen der N iere nachwei se n. D i e typisch en Krankh eitszeic hen zeigen s i c h je doch erst unter zunehme nder statischer Belastung �es Skelettsystems im 2. bis 3. Lebensjah r. Die Pa . tienten weisen trotz der durchgef ührten Vitamin D-Proph ylaxe zunehme nde Verbiegu ngen der un te �e n Extremitäten und Fehlstell ungen im Hüftbe reich auf. Es zeigt sich dann das charakt eristisch e watsch elnde Gangbi l d . Radiolo gische Veränd e rungen einer Rachitis l assen s ic h i m Säuglings und Klein kindalter in der Regel an den u nteren Extremitäten am ausgeprägtesten nachweisen. Es zeigen sich dabei mediale Verbreiterungen der Epiphysen a m distalen Femur und an der proxi malen Tibia (Abb. 1 08.5 ) . Bei ältere n Kindern las sen sich auch a lte Grünholzfrakturen und Looser U m bauzonen nachweisen. Nach Abs c hluss des Wach stums fi ndet man bei Erwachse nen ein ver mehrtes Wachstum der Kn ochen i m Berei ch der Muskelansätze, i n sbesond ere in den gelenkn ah en Region en. Diese Veränd eru ngen könne n zur ein geschränkten Beweg lichke it der betroffenen Ge lenke führen . Verein zelt wurde n auch knöcherne Eineng ungen d es Spina lkanal s beschriebe n . Hypo phosp hatäm ische Rachi tis m i t H yperl 2 ng/ml), geri nge oder feh le nde Dexamethason-Suppression*
2 1 -H ydro xylas emangel
Dexam et has ontest *, ACTH- Test** mit normalem
(> 0,5 ng/ml)
erhöht (2,8-6 ng/ml), 1 7a-Hydroxyprogesteron mäßig erhöht (1 ,0-2,5 ng/ml), LH/FSH-Quotient > 0,9 1 7a-Hydroxyprogesteron stark erhöht (> 2,5 ng/ml) (cave: Bestimmung in der Lutealphase)
Anstieg von 1 1 -Desoxycortisol und überschießendem Anst i eg vo n 1 7 a-Hydroxyprogesteron, M utationsanalyse des 21 -Hydroxylase-Gens
1 7a-Hydroxyprogestero n stark e rhöht (> 2,5 ng/ml), Hy perto n i e Testostero n stark erhöht (> 1 ,5 ng/ml)
1 1 - Hydroxylase mang el
ü berschießender Anstieg von
Ovarialtumor
(Vaginai-)US, selekt ive Organvenenkatheterisierung, Histo log i e
progredienter Verlauf, fe h len d e Dexamethasonsupp ress ion , oft Cushing-Symptomatik
Nebe n nierentumor
CT, selektive Organvenenkat heterisi e run g
foud roy an ter Verlau f, Beg i nn vor dem 5. Lebensjahr (Knaben)
familiäre Pubertas praecox
molekulargenetische Analyse des LH-/HCG-Rezeptors
1 7a-Hydroxyp rogesteron normal bis gering e rhöht (< 2,0 ng/ml), Androstendion normal bis gering erhöht (< 3 ng/ml)
3 ß- H ydroxyste ro i dd eh ydrogenasemangel
überproportionaler Anstieg von 17 a-Hydroxypregnenolon u nd
feh l ende Dexamet hason Suppressi on
C ushing- Syndro m
(selten ! )
progred ient er Verlauf, fehlende Dexamet hasonSu p pression* *
Dehydroepiandrosteronsulphat stark erhöht (> 500 f-Lg/dl)
..*
1 1 -Desoxycortisol im ACTH-Test, erniedri gte Plas mareni naktiv ität
Dehydroepiandrosteron i m
ACTH-Te st , ** gu t e D exam etha so nsup pression*
fehlende Suppression im Hochdosisdexamethasontest, erhöhte urinäre Corti sol -
ausscheidung, CT (Hypophyse, Neb enniere) 1 7a -Hyd ro x yprogesteron stark erh ö ht (> 2,5 ng/ml)
Kleinwuchs, K lito r ishypertrophie , gl obale Hy p e randrog enäm i e
2 1 - Hyd roxylas emangel
gute D e xamethaso ns u pp ression , Mutationsanalyse des 21 - HydroxyIase-Gens
sekundäres Auftreten der
2 1 -Hyd roxylasemangel (" Late-o nset " -Form)
wie oben
Sympt omat i k, keine Kl itorishy pertro ph ie 1 7 a-Hydroxyprogestero n normal bis gering erhöht (< 2,5 ng/ml)
wie oben
(klassische Form)
2 1 - Hyd roxy lasemangel (heterozygote Form)
prämature Adrenarche D e hyd roepiandro - Manifestation im 4. -8. Le bensjahr, sämtliche anderen Pa ramet er ste ronsulphat im präpubertären N o rmalbe rei ch 60- 1 80 j.J-Q/dl normale Seru mandrogene
LH/FSH-Quotient erhöht
LH/FSH-Ouotient normal
Kurzzeitdexamethasonhemmtest: 250
·
·
keine Diskrepanz zwische n Knochenalte r und Läng e nw ach st urn
überschießender Anstieg
von 1 7a-Hydroxyprogesteron
androgenäm i e (FOH)
nelle ovarielle Hyper-
im Triptorelintest••• (> 2 ng/ml), (Vag i nai -) US
idiopathischer Hi rs ut i s m us
urinäre Ausscheidung von 3a -Androstandiolglucuronid
2 mg Dexamethason per os am Voraben d, Blutabna hme am Folg � morgen und nach 1 5, 30 und 60 mm
1-Lg ACTH (1 -24) i.v. nüchter n, Blutabn ahme vorher ACTH-B olustes t: 0 1 mg Triptore lin s.c.; er n eu t e Blutabnahme nach 24 h ... Tnptorelmtest: basa1 e BI utabnah me, , ••
688
Syndrom der polyzystisehen Ovarien, funkt io -
überproportionaler Anstieg von 1 7a-Hydroxyprogesteron im ACTH-Test, gute Androgensup press i on im Dexamethasontest'. Mutationsanal yse d es 2 1 - H y droxylase-Gens
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1 1 6 Nagelstörun gen
1 1 6 Nagelstöru ngen E l ke Schubert
Symptombeschreibung
Das Nagelorgan besteht aus der Nagelmatrix, der Nagelplatte, dem Nagelbett sowie der periungua len Haut, dem Paronychium. Die Nagelmatrix ist
kamenten, möglichen Intoxikationen sowie Kon takt zu H aust i e ren gezielt befragt werden. Sowohl I nfektionen als auch Medikamente oder I ntoxika tionen können i n definierten Zeitabstän den zu Nagelveränderungen füh ren. Durch Kontakt m it
die Wachstumszone des Nagels und ca. 3-6 mm
Haustieren und kleine Verletzungen können
proximal des Nagelfalzes gelegen. Nägel wachsen 0,9 m m / Woche , die Nagelform gestaltet sich indi viduell und scheint von der Formgebung der End
m i kro b iel l e Erreger eingebracht werden . I n selte nen Fäl len kön nen auch beim Kind Manipulatio nen ursächlich für Nage l verä n d e runge n sein , so dass neben der Anamnese die Beobachtung des kindlichen Verhaltens hilfreich sein kan n .
phalanx abhängig zu sein. M orphologische Veränderungen oder Verfär bu nge n der Nagel platte sind die wesentlichen Symptome von Nagelstörungen und können Hin weise für eine Reihe von angeborenen oder erwor benen Erkrankungen sein. Insgesamt bietet sich ein heterogenes Bild. De fekte der Nagelplatte können z . B . G rübchen, Rillen, Kerbe n, Längsriffe J u n g oder horizontal ge schichtete Aufspaltungen sei n . Weißliche Verfär
bungen können entweder die gesamte Nagelplatte betreffen , aber auch p u n ktförmig oder b an dförmig imponieren . Des Weiteren führen auch Verhor nungsstörungen des Nagelbettes zu gel b l i ch bräunlichen Verfärbungen, den sogenannten " Ö l flecken" . Weißliche, grünliche oder b räu n l i c he Verfärbungen der Nagelplatte können e b e nfalls durch eine m ikrobielle Besiedlung ausgelöst sein. Von besonderer klinischer Relevanz ist die nosalo gische Zuordnung bräunlicher Verfärbungen der Nagelplatte bzw. des Nagelbettes. N eben Infektio nen oder Einblutungen m uss d i fferen z ia l d iagno stisch ein n ävo i d es (Nävuszellnävus) oder melano zytäres Geschehen (malignes Melanom) ausge
schlossen werden . Hinter all den genannten Symptomen und i h ren m ögli c he n Kombinationen können sich also ver s ch i e dene Krankheiten verbergen. Die Zuordnung gestaltet sich dabei oft problematisch. Als H i l fe stellung zur weiteren nosalogischen Zuordnung werden i m folgenden die entsprechenden Untersu chungstechn iken und differenzialdiagnostischen Überlegungen dargestellt.
Rationelle Diagnostik Anamnese
Da N agelveränderungen angeboren oder erwor
ben sein können, ist die zeitliche Einordnung des Auftretens ebenso wie eine ausführliche Fa milienanamnese wi c ht ig. Zudem sol lte nach statt gehabte n I n fektionen und eing en o m me n en Medi-
ersten
Körperliche Untersuchung
Bei vielen Erkrankungen sind nicht sämtliche N ä gel betroffen. Dennoch ist die I nspektion aller Fin ger- und Fußnägel wichtig, da sonst Minimalvari anten einer Erkrankung oder gar initiale Verände rungen übersehen werden können. Durch die mög l i c h e Assoziatio n von Nagelveränderungen m it internistischen und dermatologischen System krankheiten sollte neben der pädiatrischen Unter s u ch ung auch eine dermatologische Untersuchung
unter besonderer Berücksichtigung der gesamten Haut einschließlich der Haare und der gut einseh baren Schleimhäute durchgefüh rt werden . Klinisch-chemische Untersuchungen
Die häufigste Erkrankung des Nagelorgans ist ein Nagelpilz (Onyc homyk os e ) . Bei fast jeder Nageler krankung muss demzufolge zunächst die Mykose
ausgeschlossen werden. Dies ist primär bereits in Anwesenheit des Patienten im Sofo rtpräpa ra t (na tiv) möglich. Man entnimmt Nagelspäne aus dem veränderten Bereich des Nagels, bringt diese auf einen Objektträger auf und inkubiert das S ch u p p e n m aterial in 1 0-20"/oiger Kalilauge. Nach einer kurzen Trockenphase kann nun das Präparat mikroskopisch auf Myzelien untersucht werden. Eine weitere nosalogische Zuordnung zu einer be stimmten Spezies ist al le rdings nur ku lturell mö g lich. Die entnommenen Nagelspäne werden dazu direkt auf S pezialnährböden aufgebracht. Die ge naue Zuordnung zu einer bestimmten S pezies dauert zwischen mehre ren Tagen bis wenigen
Wochen . Auch beim Verdacht auf bak terielle Erkra n lwngen des Nagelorgans h ilft das Direlztpräpara t
0
weiter, zum mikroskopischen Nachweis von Bak
terien im entnommenen Abstrich stehen verschie dene Fä rbu nge n zur Verfügu n g ( G ram- und Me thylenblaufärbung, Giemsa etc.) . Analog zur my k ologischen D i agnost i k erfo l gt ansch l i e ß e n d zur
689
1 1 6 Nagelstöru ngen
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genauen D ifferen zierung die Anzüchtung i n der Ku ltur. Nagelb iopsien werden i nsgesamt eher selten
durchgefüh rt , da sie i n der Regel nicht diagno stisch wegweisend s i n d . Natürlich ist u nter be stim mten Bedingunge n , wen n e s z . B . u m den Ausschluss eines malignen Melanoms geht, wel ches sehr selten auch beim Kind vorkommen kann, die histologische Untersuchung ein unver zichtbares I nstrument. Darübe r h inaus ist auch histologisch mit Hilfe spezieller Färbungen (PAS, Giemsa etc.) eine Erregerdiagnostik möglich. Die h istologische U ntersuchung erlaubt beispiels weise die genaue Lokalisation der Pilzelemente im Nagelkeratin und kann somit die Entschei dung zwischen topischer und systemischer The rapie erleichtern. Eine weitere hilfreiche Untersuchungsmethode stellt die Peroxidasereaktion dar. G elegentlich persistieren subunguale Hämatome und wandern nicht m it der wachsenden Nagelplatte aus. Fehlt zudem noch eine entsprechende Traumaanamne se, so ist eine Abgrenzung zu Nävuszellnävi und vor allem zu malignen Melanomen unbedingt er forderlich. Man entfernt die über dem Hämatom gelegene Nagelplatte atraumatisch und weist vor handenes B l ut m ittels Peroxidasereaktion ( Hae moccult, Hämostix) nach.
Aufgrund der Vielzahl der möglichen Symptome bei Erkrankungen des N agelorgans werden die meisten im folgenden tabel larisch zusammenge faßt. D ie folgeJ!den Punkte haben eine besondere praktisch klinische Relevanz und finden deshalb an dieser Stell e gesondert Erwähnung. Richten wir u nsere Aufmerksamkeit auf die b räunliche Verfärbung des Nagels. D ifferenzial diagnostisch kommt neben bakterieller I nfektion Mykose, Hämatom und Nävuszellnävus auch ei � malignes Melanom i n Frage.
I
Unklare bräunliche Verfärbungen des Nagels sind auch beim Kind bis zum Beweis des Gegenteils immer verdächtig auf ein Melanom und müssen abgeklärt werden.
Zunächst erfolgt die Untersuchung mittels Derm a toskap ( 1 Ofache Vergrößerung) nach der sog. ABCD-Regel (Asymmetrie, Begrenzung, Colorit, Durchmesser) . I st die bräunl iche Pigmentierung weiterhin unklar, sollte je nach Lage eine N agel trepanation, ggf. mit N agelbettbiopsie, oder eine Nagelmatrixbiopsie erfolgen . G rü n liche Pigmen tierungen en t s t e h e n d u rc h Befall mit farbstoffbilden den Bakterien wie Pseu dom onas aerugin osa ( Pyocyaneus) oder d u rch 690
Pilze wie Tri chophyton ruhrum (Dermatop hyt) und Aspergillus n iger (Schimmelpilz ) . Klarheit schafft hier die obengenannte weiterführende Dia gnostik . Eine ebenfalls häufige Erkrankung des Nagelor gans ist die Paronychie, der sog. "Umlauf". Einer Paronychie wird durch eingewachsene Nägel, ins besondere aber auch durch Daumen- und Finger nuckeln bei Kindern Vorschub geleistet. Auslöser können neben Bakterien (Staphylokokken, ß-hä molysierende Streptokokken oder gramnegative Enterobakterien) auch H efepilze (Candidaspezies) und Viren ( Herpes simp lex) sein. Eine I nfektion beginnt m it umschriebener Rötung, Schwellung und Schmerzen. Während bei bakterieller Ursache eher die zusätzliche Eiterbildung dominierend ist, findet man bei Befall mit Herpes simplex gruppiert stehende Bläschen auf gerötetem Grund. Bei diesem Sonderfall stehen zur D iagnostik Di rektpräparat, Elektronenmikroskopie, Virusisolie rung oder die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) zur Verfügung. Bei der Candidaparonychie stam men d ie Keime meist aus dem Mund oder Darm des Patienten, sie ist häufig trotz Therapie durc h einen langwierigen Verlauf gekennzeichnet. Wird eine Paronychie chronisch, kommt es im weiteren Verlauf nicht nur zu bleibenden Veränderungen des N agelwalls, sondern auch zur Mitbeteiligung der Nagelplatte. Auf besonders charakteristische Weise füh ren verschiedene Hautkrankheiten zu N agelverände rungen: • Häufig ist dies bei unterschiedlichen Ekzemen (chronisches allergisches Kontaktekzem, atopi sches Ekzem oder toxisches Hand- u n d Fußek zem) der Fal l . Es können Rillen, Furchen, Grüb chen oder Aufsplitterungen an der Nagelplatte ent stehen, insgesamt beschrieben unter dem Bild der "Ekzemnägel". • Bei 1 0-50% der Psoriasispatienten findet man Grübchen, sog. " Öitlecke" (subunguale Parakera tosen, als gelblich-bräunliche Verfärbungen impo nierend), Onychodystrophie und Onycholyse so wie Splitterhämorrhagien. • Eine A lopezia areata kann ebenfalls glei chzei tig mit G rübchen , Längsrillen und aufgerauhter N agelplatte auftreten. • Beim Lichen ru ber (Abb. 1 1 6. 1 , Farbtafel) fin det man O n y c h o rrh exis (verstärkte Brüch igkeit der Nagelplatte) , Querstreifen und Trachyonychie (aufgerauhte Nage lplatte mit maximal ausgebilde ten Tüpfelnägeln) bis hin zum Nagelverl ust • Im Extremfall kann d i e medi kamentös bedi ngte Form d e s Lyell-Syndroms z u m Verl ust sämtli cher Nagelplatten fü h ren (Onychom a dese) . • B e i der Epidenn o lys is b u llosa dys troph ica k ö n n e n einige oder alle Näge l unter H interlassung von N arben z ugru nd e gehen.
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Differenzialdiagnostische Tabellen I m Folgen d e n werden d ie Differenzialdiagnosen
erworbener und angeborener Erkrankungen des
1 1 6 Nagelstörunge n
Nagelorgans tabellarisch zusammengefasst. D i e unter Punkt 3 ausführlich dargestellten Nagel erkrankungen m it assozi ierten Dermatosen sind h ier nicht mehr berücksichtigt.
Differenzialdiagnose der erworbenen Erkrankungen des Nagelorgans
�
Diagnose
Ursachen
Bestätigung der Diagnose
Nagelplatte in meist horizontal geschichtete Platten aufgespalten
Onychoschisis
Entfettung der Nägel, Trauma (Klavier, Saiteninstrumente), Eisenmangel
Anamnese, Eisenspiegel
verstärkte Brüchigkeit der Nagelplatte
Onychorrhexis
Entfettung, Mangelernährung, Hyperthyreose, Eisenmangel
Anamnese, Schilddrüsendiagnostik, Eisenspiegel
partielle Ablösung der Nagelplatte
Onycholyse
Trauma, Chemikalien, Infektionen, Dermatosen, Medikamente, Diabetes mellitus, Eisenmangel
Anamnese, klinisches Bild, Schilddrüsendiagnostik, Blutzucker, Eisenspiegel
totale Ablösung der Nagelplatte
Onychomadese
Trauma, Scharlach, Alopecia areata, Erythrodermie, LyellSyndrom, Tetrazyklintherapie
Anamnese
lunulafarbene Querstreifen
Mees-Querbänder
toxischer Schaden der Nagelmatrix, z.B. Masern, Scharlach, Typhus, Arsen- oder Thalliumvergiftung
Anamnese, Arsen- oder Thalliumspiegel
horizontale, rillenförmige Defekte der Nagelplatten
Beau-Reilsche Querfurchen
schwere Infektionen und Dermatosen (Erythrodermie), Medikamente, Intoxikationen
Anamnese
punktförmige, weißliche Flecke an einem oder mehreren Nägeln
Leukonychia punctata
Trauma?
Anamnese
weißliche, u nterschiedlich konfigurierte Querstreifen
Leukonychia striata
unbekannt
-
weißliche Längsstreifen
unbekannt, häufig bei M. Darier Leukonychia striata longitudinalis
Weißverfärbung der gesamten Nagelplatte
Leukonychia totalis
Kontakt mit Salpetersäure, selten familiär
Anamnese
weißliche, paarweise Querbänder
MuehrckeBänder
schwere Hypalbuminämie, Zytostase, akute Hepatitis
Anamnese, Serumalbumin, Hepatitisserologie
aufgerauhte Nagelplatte mit maximal ausgebildeten Tüpfelnägeln
Trachyonychie (Abb. 1 1 6.2, Farbtale I)
Psoriasis, Lichen ruber, atopisches Ekzem, Alopecia areata, idiopathisch, selten familiär
Anamnese, Inspektion der Haut
konkave Verformung, sog. "Löffelnägel"
Keilonychie
Vitamin-C-Mangel , Sprue, Pellagra, Hyperthyreose, Eisenmangel, Raynaud-Syndrom, mechanische Ursachen, autosomal-dominant?
Anamnese, Klinik, Eisenspiegel, Schi lddrüsendiagnostik
kolbenförmige Fingerendglieder m it uhrglasförmigen Nägeln
Trommelschlegelfinger mit Uhrg lasnägeln
Anamnese, Klinik, LungenErkrankungen der Brustorgane funktion mit konsekutiver Hypoxie, z.B. kardiavaskuläre Erkrankungen, Lungenerkrankungen (80%), Malabsorptionssyndrom, hereditäre und kongenitale Formen mit anderen Anomalien assoziiert
arakterisierung s 1 Hauptsymptoms
I
Inspektion der Haut
691
1 1 7 Raynaud -Phänom en und Akrozyanose
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--
Differenzialdiagnose der erworbenen Erkrankungen des Nagelorgans Ursachen Diagnose rcharakterisierung �des Hauptsymptoms
(Fortsetzung)
Bestäti ung der Diaggnose
longitudinal verlaufende Grube, Kerbe oder Kanal von Matrix bis nach distal
Onychodystro phia canaliformis mediana (Abb. 1 1 6.3, Farbtale I)
Trauma, postentzündlich, angeboren
Anamnese
proximale Nagelplatte weiß lich matt, distal rotbraun
Halb-und-halb Nagel
nephrotisches Syndrom
Anamnese, Nierenfunktion
I
Differenzialdiagnose angeborener Erkrankungen des Nagelorgans �harakterisierung BestätiBesonderhei gung der Ditenagnose Diagnose Ursachen/ es Hauptsymptoms oder Vererbungsmodus l Endphalanx und Nagelplatte verkürzt, Nagelplatte oft quergestellt
Tennisschlägernägel
autosomal-dom in ant
Frauen vermehrt betroffen , kein Krankheitswert
Nagel platten dünn, Nägel verkürzt, langsam wachsend
ektodermale Dysplasie, anhidrotisch
autosomal-dominant
Assoziation m it anderen ektodermalen Anomalien möglich
krallenförmige Verd ickunge n aller Nägel
ektodermale Dysplasie, Pachyonychia congenita
autosomal-dominant? Assoziation m it VerhornungsStörungen von Haut, Haaren, Sch leimhäuten und Kornea
Befall von Nagel II, als Mikroonychie oder Anonychie, Polyonychie, Hemionychogryposis, Nagels chiefstand
kongenitale Onychodysplasie
autosomal-domi nant? Assoziation m it Syndaktyl ie, variable Penetranz? verkürzten Endphalangen oder Auftreibung der Endphalangen
Onychodystrophie, spitz zulaufende dreieckige Lunula
Nagel-PatellaSyndrom
autosomal-dominant
Assoziation m it Patellahypooder -aplasie, Rad iusluxation, Nephropathie
Krümmung in Längs- und Querachse, graugelb verfärbt
Großzehennageldystrophie der Kindheit
angeboren oder frühkindlich erworben
Ursache der Störung unbekannt
sub- oder periunguale Fibrome
M. BournevillePringle
Spontanmutation, 30% autosomaldominant
Epilepsie, Bindegewebsnävi, Hypopigmentierungen, viszerale Beteiligung
1 1 7 Raynaud- Phänomen und Akrozyanose Stephan Soll berg
Sym ptom besc hrei bun g Raynaud- Phänomen
692
Unter dem Begriff des Raynaud-Phä1�omens (_RP) versteht man das a n fallsartige Auftreten emer scharfbegrenzten Weißfärbu ng eines oder mehre-
rer Finger bzw. Zehen (seltener Hände bzw. Füße) auf dem Boden eines arteriellen Vasospasmus (Abb. 1 1 7 . 1 , Farbtafel). I m Rahmen der begriff lichen Defi n i t i o n e n i st d i e U n ters c h e i d u n g e i n e s primären und sekundären HP von Bedeutung. Lie gen außer den genannten keine weiteren Sympto me vor, in s beso nde re kei ne Zei c hen e i ner zugrun-
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deliegenden oder assoziierten Krankhe it, so spricht man von einem primären RP, im an deren Fall von einem sekundären RP. Neben der Diagno se des RP wird im folgenden besonders der Diffe renzierung zwischen pri märem und sekundärem RP Rechnung getragen. D ie Daumen und die großen Zehen sind selte n e r b etroffen als d ie übrigen Finger u n d Zehen. Die Patienten beschreiben das A ussehen der Fin ger bzw. Zehen im I nitialstadium des RP (Weißfär bung) als abgestorben. Im weiteren zeitlichen Ver lauf des Anfalls k ö nnen die betroffenen Finger bzw. Zehen einen zyanotischen Farbton als Folge des verlangsamten Blutflusses aufweisen . Das En de des R P ist durch einen hellroten Farbton als Ausdruck einer reaktiven Hyperämie c harakteri siert. Das RP ist in der Regel mit einer Schmerzemp fin d u ng verb u nden . Steht die S ch merzempfin dung deutlich i m Vordergrun d , s o ist das Vorliegen eines sekundären RP wahrscheinlich. Die Da uer eines RP ist u nterschied l i c h . Sie kann von wenigen Minuten bis zu Stunden betra gen , die Frequenz von 1-2 Attacken pro Jahr bis zu mehreren täglichen Attacken. Zwischen den ein zelnen Attacken impon ieren die Extremitäten bis auf eine gelegentliche Hyperhidrose unauffällig. Als auslösende Stim uli eines RP werden Käl teexposition und Stressfaktoren beschrieben. Ent scheidend ist bei der Kälteexposition weniger der absolute Kältegrad, sondern vielmehr der relative Temperaturunterschied. So tritt das RP seltener bei konstant kalten Temperaturen i n den Wintermo naten auf, sondern häufiger in den Ü bergangsjah reszeiten Frühling und Herbst beim Wechsel des Patienten von der Raumtemperatur in die Außen temperatur. Der Erkra n k u n gsgipfel l i egt zwischen dem 1 5 . und 40. Lebensjahr; Kinder und ältere Men schen können jedoch ebenfalls betroffen sein , ins besondere i n Abhängigkeit von der jeweils zugrun deliegenden bzw. assoziierten Krankheit im Rah men eines sekundären RP. Frauen erkranken vier mal häufiger als Männer. Die Pathogenese des RP ist letztlich unbekannt. Der n ormale Gefäßtonus unterliegt jedoch einer fein abgestimmten Kontrolle, an der die Endothel zelle, die glatte M uskelzelle und autonome sowie sensorische Nerven beteiligt sind. Die Endothel zelle synthetisiert verschiedene vasodilatatorisch (Prostazyklin und Stickstoffoxid) sowie vasokon striktorisch wirksame Substanzen (Endothelin- 1 ) und setzt zusätzl ich unterschiedliche Neurotrans m i tter frei (substance P, calcitonin gene-re lated peptide und Acetylcholin) . Trotz mehrerer Unter suchungen zu den genannten Substanzen ist es bis heute nicht gelungen , ein ein heitliches pathogene tisches Kon zept des RP zu erarbeiten. Dieser Um stand ist zumi ndest zum Teil dad urch begründet,
1 1 7 Raynaud-Phäno men und Akrozyanose
dass das RP ein pathogenetisch heterogenes Krankheitsbild darstellt. Konsistent erscheint hin gegen die Beobachtung einer auch morphologisch erkennbaren Alteration der Endothelzelle (Prolife ration und Kontraktion glatter M uskelzellen) beim sekundären RP. Akrozyanose
U nter dem Begriff der Akrozyanose versteht man eine symmetrische Zyanose der distalen Extre mitäten unter dem Einfluss von Kälte (Abb. 1 17 .2, Farbtafel). I m Gegensatz zum RP ist diese Zyano se persistierend (und nicht episodisch) und betrifft neben den Fingern bzw. Zehen die gesamten dista len Extremitäten. Eine Wei ßfärbung der Haut oder S c h merzen bestehen nicht. Nach Anämisierung durch Fingerdruck entsteht ein weißliches Areal, das sich innerhalb von wenigen Sekunden vom Rand her wieder auffüllt (sog. "Irisblendenphä no men") . Die zyanotischen H autareale weisen häufig eine vermehrte Schweißneigung sowie eine nicht eindrückbare Schwellung auf. Unter Wärmeein fl uss verschwindet die Zyanose oder bessert sich zumindest deutli c h . Trophische Störungen , wie z .B. eine Gangrän, treten i m Gegensatz zum RP nie auf, so dass eine rein funktionelle Störung an zunehmen i st. Eine Gemeinsamkeit zwischen der Akrozyanose und dem RP besteht in der Beobach tung, dass weniger der absolute Kältegrad als viel mehr der relative Temperaturunterschied für ihre Auslösung entschei dend i st. D er Erkrankungsgip fel der Akrozyanose l iegt zwischen dem 20. u n d 4 5 . Lebensjahr; Männer und Frauen sind gleicher maßen betroffen. Die Pathogenese der Akrozyanose ist ebenfalls unbekannt. In Analogie zum RP scheint aber auch bei der A krozyanose eine fehlerhafte Regulati on des Gefäßtonus verantwortlich zu sein. So wird in der Literatur eine Vas okonstriktion der kleinen Arterien und Arteriolen mit konsekutiv verlang samtem Blutfluss bei gleichzeitiger D ilatation des venösen Plexus mit daraus resultierender Zyanose diskutiert. Weiterhi n scheint die sympathische I n nervation eine wesentliche Rolle zu spielen. Nach Blockade des Sympathikus oder während des Schlafes verschwindet die Akrozyanose oder ist zumindest deutlich gebesse1i. Rationelle Diagnostik Raynaud- Phänomen
0
Anam nese Aufgrund der vielgestal tigen U rsachen eines RP (Tab. 1 1 7 . 1 ) ist die Anamnese die erste, wichtigste und kostengünstigste diagnostische Maßnah m e . D a sich die Patienten in aller Regel n icht im aku-
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1 1 7 Raynaud-Ph änomen und Akrozyanos e
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Tabelle 117.1(RP). Autoimmunkrankheiten
Ursachen eines sekundären Raynaud
Phänomens
• systemische Sklerodermie • systemischer Lupus erythematodes • Dermatamyositis und Polymyositis
Mixed connective tissue disease (MCTD) rheumatoide Arthritis • systemische Vaskulitiden • Sjögren-Syndrom • primär biliäre Zirrhose
•
•
arteriel e Verschlußkrankheiten • Arteriosclerosis obliterans • Thrombangitis obliterans •
arterielle Embolien
neurologische und neurovaskuläre Krankheiten • • • •
•
Karpaltunnelsyndrom sympathisc he Reflexdystrophie Schultergü rtelkompressionssyndrom Hemiplegie Migräne bzw. vasomotorische Kopfschmerzen Poliomyelitis multiple Sklerose Syringomyelie
•
ß-Biocker
•
• •
Medikamente
• Ergo tami nderivate • Methysergid •
Bleomycin und Vinblastin Clonidin • Bromocriptin • Cyclosporin A • Interferon a und ß •
Traumen
• Vibrationsschäden •
Hypothenar-Ham mer-Syndrom Pianisten • Schrei bmasc hinen- und Comp utertät igkeiten • Metzger •
Infektionskrankheiten •
Hepatitis B und c
• Parvovirus 81 9
•
Helicobacter pylori
hämatologische Krankheiten
• • • •
Kryoproteine Kälteagglutinine Makroglobuline Polyzythämie
Sonstiges • • • •
• •
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Hypothyreose Karzinoid-Syndrom Phäochromozytom Vinylchloridkrankheit Neoplasmen (allgemein) arteriovenöse Fisteln
ten Anfall vorste llen, ist zunächst der Patient zu ei ner exakten Beschreibung der Symptome aufzufor dern. Entscheidend ist dabei die Eruierun g der p l ötzlichen Weißfärbung eines oder meh re rer Fin ger bzw. Zehen und der anschl ießenden Rotfärbung durch die reaktive Hyperämie sowie nach der
Schmerzhaftigkeit dieser Veränderungen . Eine zeitlich dazwischenliegende B laufärbung der H aut kann , muss aber nicht vorhanden sein und wird vom Patienten häufig nicht bemerkt. Der anamne stische H inweis, die Finger oder Zehen seien kalt, ist nicht ausre ichend für die Diagnose eines RP. I m Zweifelsfalle sollte während der Konsultation ein Kälteprovokationstest erfolgen. Ist aufgrund der Symptombeschreib ung ein RP anzunehmen , muss das weitere Ziel der Anamnese die Eruierung möglicher zugrundeliegender oder assozi ierter Krankheiten sein , d . h . die Abgrenzung eines primären von einem sekundären RP ermög licht werden (s. Tab . 1 1 7. 1 ). Dazu gehört neben ei ner allgemeinen Eigen- und Familienanamnese die gezielte Frage nach Hautveränderungen, M uskel oder Gelenkbeschwerden sowie nach Allgemein symptomen, d i e auf Autoimmunkrankheiten hin weisen können. Symptome oder bekannte Risiko faktoren für eine arterielle Gefäßerkrankung und Symptome einer neurologischen bzw. neurovasku läre n G runderkrankung ( Missem pfi n d unge n , Taubheitsgefühi, Lähmungen, Visuseinschränkun gen) s i n d weite re wichtige A nhaltspunkte. Eine ausführliche Medikamentenanamnese einschließ lich eines evtl. vorhandenen N i kotinabusus und eine Beschreibung beruflicher oder privater Tätig keiten ( z . B . H inweis auf Vibrationstraumen) er gänzen das Bild. Körperliche Untersuchung
Das Ziel der körperlichen Untersuchung ist zum einen, das RP zu bestätigen ( Kälteprovokations test), zum anderen, Zeichen einer zugrundeliegen den bzw. assoziierten Krankheit im Sinne des sekundären RP zu entdecken . Die körperliche Untersuchung des Pati enten u m fasst daher eine vollständige inte rnistisch-rheumatologische Un tersuchung, eine dermatologische Untersuchung des gesamten I nteguments einschließlich der s icht baren Schleimhäute und eine orientierende neuro logische U ntersuchung. Diese N otwe ndigkeit ergibt si c h aus dem breiten Ursachenspektrum des sekundären RP (s. Tab. 1 1 7 . 1 ) . Die klin ischen Befunde der wichtigsten i n Frage kommenden Kra n k he i ten s i n d i n der D D-Tabelle angegeben. In der Praxis hat sich d i e I n spektion der H ände des Patienten als besonders hilfreich er wiesen, da sich h ier am deutl ichsten H i nweise für die in Tabel l e 1 1 7 . 1 angegebenen Au1.oimmun kran kheiten fi nden , die letztlich die h äufigsten U r sachen eines sek u n däre n RP darste l l e n . Besonderes Augenmerk ist weiterhin auf die Er hebung des peripheren arteriel len G efäßstatus zu legen. H i e rz u gehören d ie Messung des arteriellen Bl utdruckes (beide Arme und Be i ne ) sowie d i e Palpation u n d Auskultation d e r P u l s e a n d e n klas sischen Prä d i le kt i onsst e l l e n und tei lwe ise auch
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Raynaud-Phänomen und Akrozyanose
unter b estimmten H altungen bzw. Tätigkeiten (Drehen und Neigen des Kopfes, Tragen von La sten) zum Ausschluss oder zur Erfassung eines Schultergürtelkompressionssyndroms.
sehen Maßnahme entspricht im Grunde demjeni gen des Kälteprovokationstests und i st ebenfalls n icht i n der Lage, zwischen einem primären und sekundären RP zu differenzieren.
Klinisch-chemische Untersuchungen
Kapillarmikroslw pi e/A uflichtmikroskopie des Nagelfalzes: D ie mikroskopische Analyse der Ka
B e i m primären RP l iegen die Ergebn isse sämt licher laborchemischer Untersuchungen per defi n itionem im N ormbereich. Die Diagnose eines pri mären RP ist j edoch eine Ausschlussdiagnose, so dass eine zumindest o rientierende k linisch-chemi sche Diagnostik erfolgen sollte. Im klinischen All tag hat sich die in Tabelle 1 1 7 . 2 zusammengefasste Vorgehensweise bewährt. E rgeben sich auf dem B o den d ieser D iagnostik H inweise auf eine zu grundeliegende b zw. assoziierte Krankheit, so können gezielte laborchemische Z usatzuntersu chungen erforderlich werden, auf die in ihrer Ge samtheit aus Platzgründen hier nicht weiter einge gangen werden kann. Technische Untersuchungen Kälteprovokation stest: I m Rahmen d ieses Tests
füh rt der Patient über 5 - 1 0 m i n ein Hand- b zw. Fußbad in kaltem Leitungswasser (kein Eis wasser ! ) durch. H ierdurch kann i n aller Regel ein RP ausgelöst und damit klinisch bestätigt wer den. D ieser Test erlaubt keine Differenzierung zwi schen einem primären und sekundären RP. Messung des systolischen Fingerblutdrucks: D ie
se U ntersuchung ist eine Ergänzung zum Kältepro vokatio nstest und basiert auf der Be obachtung, dass Patienten mit einem RP nach Kälteexposition eine im Vergleich zum N ormalkollektiv größere Reduktion des systolischen Fingerblutdrucks auf weisen. Der Informationsgehalt dieser diagnosti-
Tabelle 1 1 7.2 Klinisch-chemische Untersuchungen beim Raynaud-Phänomen (RP).
• großes Blutbild (d.h. mit Leukozytendifferenzierung und • •
•
•
• • •
•
•
• •
• •
•
•
• •
Thrombozyten) BSG , C-reaktives Protein SGOT, SGPT, y-GT, AP LOH Kreatinin, Harnstoff CK Eiweißelektrophorese C3, C4 ANA (weitere Differenzierung nur im positiven Fall) DNS-Ak (RIA!) c- und p-ANCA Rheumafaktor (Waaler-Rose und Latex) Phospholipid-Ak (Antikardiolipin-Ak, LupusAntikoagulans) Kryoglobuline Kälteagglutinine T3, T4, TSH basal Hepatitis-8- und -C-Serologie Urinstatus mit -sediment
pillaren im Nagelfalz ist eine wertvolle U ntersu chungsmethode zur Bestätigung eines sekundären RP im Rahmen von Autoimmunkrankheiten (s . Tab . 1 1 7 . 1 ) . Beim primären RP zeigen die Kapilla ren keinerlei Abweichungen von der N o rm. Pa tienten mit einer systemischen Sklerodermie, einer Mixed connective tissue disease (MCTD) oder ei ner Dermatamyositis weisen vergrößerte, dilatierte und deformierte Kapillarschlingen auf, die von ei nem weitgehend gefäßlosen Areal umgeben sind. Im Vergleich zu den relativ kostenintensiven Com p uter-gestützten Kap illarmikroskopie-Systemen hat sich i m kli nischen A lltag die Untersuchung m ittels eines einfachen Auflichtmikroskops als durchaus ausreichend erwiesen. Mit zunehmender Erfahrung in di eser neuen U ntersuchungstechnik hat die Kapillarmikroskopie einen hohen diagno stischen Stellenwert. Weitere apparative diagnostische Verfahren: Die
Bestimmung des digitalen Blutflusses und der Fl ießgeschwindigkeit der Erythrozyten i st eine teure U ntersuchungstechnik, im klinischen Alltag entbehrlich und wissenschaftlich-experimentellen Fragestellungen vorbehalten. Histopathologische U ntersuchung (Biopsi e ) :
Diese invasive Untersuchung hat für die Diagnose eines primären RP keine Aussagekraft und somit keine Bedeutung. Allenfalls beim sekundären RP im Rahmen von Autoimmunkrankheiten, arteriel len Verschl usskrankheiten oder hämatologischen Krankheiten s i n d pathologi sche Befu n de zu er warten. I n der Regel können diese Krankheiten jedoch klin isch bzw. anband weniger i nvasiver Maßnahmen diagnostiziert werden, so dass eine Biopsie nur in Ausnahmefäl len durchgeführt wird. Sonographische und angiographische Gefäßdar stellung: Ist nach Durchführung des o.a. Untersu
chungsganges keine n osalogische Zuordnung ei nes klinisch gesicherten RP möglich, sollte eine so n ographische und/oder angiographische Gefäß darstellung e rfolgen . Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn H inweise für arterielle Verschluss k rankheiten , neurovaskuläre Kompressionssyn drome oder Vibrationstraumen vorliegen. Neben der diagnostischen Aussagekraft in diesen Fälle n ist die Gefäßdarstellung auch im H inblick auf the rap eutische Konsequenzen von Bedeutung. B e z ügl ich d e r neurovaskulären Kompressionssyn drome ist zu betonen, dass die Gefäßdarstellung i n
( 695
1 1 7 Raynaud-Phän omen und Akrozyanose
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Analogie zur körperlichen Untersuchung auch un ter bestimmten Provokationsmanövern durchzu führen ist. Akrozyanose
M i t Ausnahme der bereits beschriebenen klini schen Symptome weisen die Patienten bei der Anamnese, beim körperlichen U ntersuchungsbe fund sowie bei den klinisch-chemischen und tech nischen Untersuchungen keinerlei Abweichungen von der Norm auf. Insbesondere ist der arterielle und venöse Gefäßstatus ansonsten völlig unauffäl l ig; zugrundeliegende bzw. assoziierte Krankheiten sind nicht bekannt.
Besondere Hinweise Raynaud - Phänomen
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Die A u toimmunkrankheiten (s. Tab. 1 1 7 . 1 ) sind bei weitem die häufigste Ursache eines sekundären RP. So weisen bis zu 90% der Patienten mit e iner systemischen Sklerodermie als I n itialsymptom oder im Krankheitsverlauf ein RP auf, bei etwa 30% der Patienten bleibt das RP für viele Jahre die einzige Krankheitsmanifestatio n . Die H äufigkeit des RP bei Patienten mit einem systemischen Lu pus erythematodes beträgt 1 0-3 5 % , be i der Der matomyositis etwa 30%. Seltener ist ein RP bei der rheumatoiden Arthritis oder bei systemischen Vas kulitiden. Neuere Ergebnisse stellen einen Zu sammenhang zwischen der rheumatoiden Arthritis und einem RP sogar in Frage. Einen besondere n Stellenwert haben chron i sche Vi bra tionstra umen als Ursache eines se kundären RP. Wurden bis her niedrigfrequente Vibrationen (Presslufthammer, S chlagbohrma schinen, Kettensägen) als besondere Risikofakto ren angesehen, so weisen neuere Untersuchungen auch auf Gefahren durch hochfrequente Vibratio nen (z.B. chirurgische oder zahnärztliche Instru mente) hin. Jede neurologische Erkrankung, d ie zu einer In aktivität einer Extremität führt, kann prinzipiell zu e iner sympath ischen Reflexdystrophie führe n. Neben einem persistierenden Gefäßspasmus mit Kühle, Blässe oder Zyanose der Extremität sowie selten - durch Ulzerationen ist das RP ein zwar sel tenes, aber dennoch vorkommendes Symptom. Wesentl ich häufiger ist i n di esem Zusammen hang das Auftreten eines RP bei unterschiedlichen Kompressionssyndromen. Beim Karpaltunnelsyn drom zeigt sich ein RP an den Fingern I-I I I . Wei tere Symptome sind die Atrophie der Muskulatur i m Thenarbereich sowie einschießende Schmer zen im Versorgungsgebiet des N. medianus nach Beklopfen des N e rvs in der H an dgelenksregion.
Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch elektro physiologische Zusatzuntersuchungen . Eine d ia gnostische Herausforderung ist das RP beim soge nannten Schultergürtelkompressionssyndro m . Diese Bezeichnung dient als Oberbegriff für eine Reihe verschiedener neurovaskulärer, d.h. neuro logischer, arterieller und venöser Kompressions syndrome im Bereich der oberen Thoraxapertur. Sie sind entweder kongenital bedingt durch eine Halsrippe, H ochstand ( Stei l stand) der 1. Rippe, atypische Ligamente sowie E ntwicklung e ines M. scalenus m i ni m us, oder sie werden erworben durch Kallusbildung (v.a. an der Klavikula) , durch Exostosen (v.a. an der 1 . Rippe ) , durch retroster nale Verlagerung der Klavikula und durch eine Fi brose bzw. Hypertrophie der M usculi scaleni. Eine Kompression der Nerven und besonders der Gefä ße kann aber auch - physiologischerweise - beim Absinken des Schultergürtels auftreten. Es muss darauf hingewiesen werden, dass neurovaskuläre Kompressionssyndrome durch bestimmte Haltun gen bzw. Tätigkeiten ausgelöst bzw. aggraviert wer den können, so dass die klinische Untersuchung und eine evtl. Sonographische oder angiographi sche Gefäßdarstel lung unter entsprechenden Be dingungen durchgeführt werden müssen ( Haltung von Armen und S chultergürtel, Tragen von Lasten , Drehen u n d Neigen des Kopfes) . Die H äu figkeit der Auslösung eines RP d urch Medikamente (s. Tab . 1 1 7 . 1 ) wird unterschätzt. Gerade der häufige Einsatz von ß-Blockern und Migränetherapeutika sollte jedoch i mmer an diese Mögl ichkeit denken lassen. Unter praktischen Ge sichtspunkten sollte erwähnt werden, dass auch kardiaselektive ß-Blocker n icht frei sind von dieser unerwünschten Wirkung. In diesem Zusammen hang muss auch die zumeist berufliche Exposition mit Vinylchlorid erwähnt werden, die neben dem RP zu ausgedehnten Akroosteolysen führen kann. Angiographisch weisen diese Patienten Obstruk tionen der digitalen Arterien auf. Die in Tabelle 1 1 7 . 1 genannten hämatologi schen Krankheiten führen alle zu einer deutlichen Einschränkung der Fließeigenschaften des Blutes oder sogar zur Okklusion kleinerer Arterien. Der Nachweis von Kryoglobulinen oder Kälteaggluti ninen mag vielleicht das Auftreten eines RP erklä ren, entbindet jedoch nicht von der weiteren nosa logischen Zuordnung (mono- oder polyklonale Gammopathie, rheumatoide Arthritis, Plasmozy tom, Leukämie, Lymphoblastom, Hepatitis B und C etc.) Die häufigste endoluino logische Ursache eines RP ist der Hypothyreoidismus. Eine Besserung bzw. ein Sistieren des RP ist unter einer adäquaten Behand l ung erreichbar. Peri phere Gefäßspasmen werden - seltener - bei Phäoch romozytom oder beim Karzinoidsyndrom beobachtet.
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Akrozyanose
I n der L iteratur wird anhand von kasuistischen Einzelbeschreibungen auf das Krankheitsbild der "nekrotisierenden Akrozyanose" hingewiesen. H ierbei sollen neben dem typischen klinischen
Differenzialdiagnostische Tabelle
1 1 7 Raynaud-Phänomen und Akrozyanose
Bild der Akrozyanose zusätzlich doch Ulzeratio nen und eine Gangrän der Finger auftreten kön nen. Aufgrund der Seltenheit ist die sichere nosa logische Zuordnung dieses Krankheitsbildes nicht möglich.
_,
_ _ _ _
Differenzialdiagnose des Raynaud-Phänomens (RP) und der Akrozyanose 'Charakterisierung des Hauptsymptoms
weiterführende Nebenbefunde
Verdachtsdiagnosen
Bestätigung der Diagnose
episodisches und sequentielles Auftreten einer umschriebenen Weiß-, Blauund Rotfärbung einzelner oder mehrerer Finger
Anamnese: unauffäll i g ;
primäres RP
Zusatzuntersuchungen unauffällig; Ausschluss eines sekundären R P
Klinik: nur R P, ansonsten unauffällig
Klinik: akrale oder diffuse sekundäres RP bei Sklerose der Haut, SklerosieAutoimmunkrankheiten rung des Nagelhäutchens und (s. Tab. 1 1 7 . 1 ) d i latierte Kapillarschlingen im Nagelfalz, Teleangiektasien im Gesichtsbereich, Mikrostomie, UV-abhängige Hautveränderungen, Petechien/Purpura oder Livedo racemosa, Verkürzung der Fingerendglieder (Akroosteolysen), Dysphagie, Arthralgie/Arthritis, Myalgie/Myositis, reduzierter Tränen- und Speichelfluss, Gangrän der Finger- und Zehenspitzen Anamnese: Angabe von Gefäß-
risikofaktoren (Nikotinabusus, Fettstoffwechselstörung, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus); Klinik: Claudicatio intermittens, Gangrän, migratorische Throm bophlebitis
Klinik: neurologische
Symptome (M issempfindungen, Taubheitsgefühl, Lähmungen, Visuseinschränkungen), Aufhebung oder Abschwächung der arteriellen Pulse unter Provokationsmanövern Anamnese: Angabe einer
Medikamenteneinnahme bzw. einer entsprechenden Krankheit Anamnese: Angabe e i ner
Tätigkeit mit möglichem Vibrationstrauma
Anamnese: Allgemeinsymptome
(allgemeine Abgeschlagenheit); Klinik: Livedo racemosa, Ulzerationen der Haut, Thrombosen
BSG, CRP, ANA mit Differenzierung, CK, Rheumafaktor, C3, C4, c - u n d p-ANCA, Hepatitis-B- und -C-Serologie, Kryoglobuline, Kälteagglutinine, Phospholipid-Ak, Urinstatus und -Sediment, Kapillarmikroskopie; Zusatzuntersuchungen (z.B. Sonographische oder angiographische Gefäßdarstellung) in Abhängigkeit von der jeweils vermuteten Autoimmunkrankheit
sekundäres RP bei arteriellen Verschlusskrankheilen (s. Tab. 1 1 7. 1 )
Ausku ltation und Palpation arterieller Pulse, Messung der Blut- und Okklusionsdrücke, sonegraphische und angiographische Gefäßdarstellung
sekundäres RP bei neurologischen und neurovaskulären Krankheiten (s. Tab . 1 1 7. 1 )
neurologischer Untersuchungsbefund, CT-Schädel, Liq uorpunktion, elektrophysiologische Untersuchungen (EMG, Nervenleitgeschwindigkeit) , Rö-Thorax, CT-Thorax, Sonographische und anglegraphische Gefäßdarstellung (auch unter Provokationsmanövern)
sekundäres RP bei Medikamentenein nahme (s. Tab. 1 1 7. 1 )
Sistieren des RP im Medikamentenauslassversuch; Ausschluss eines primären bzw. anderer Formen eines sekundären R P
sekundäres RP bei Vibrationstrauma (s. Tab. 1 1 7. 1 )
Sistieren des RP im Auslassversuch; Ausschluss eines primären bzw. anderer Formen eines sekundären RP; sonegraphische oder anglegraphische Gefäßdarstellung mit Nachweis kleiner Thromben
sekundäres RP bei hämatologischen Krankheiten (s. Tab. 1 1 7 1 )
Blutbild, Nachweis von Kryoglobulinen oder Kälteagglutininen, Eiweißelektrophorese, Knochenmarkpun ktion 697
1 1 8 Pruritus -------
Differenzialdiagnose des Raynaud-Phänomens (RP) und der Akrozyanose wei terführende NebenVerdachtsdiagnosen DBestäti gung der Cha kteri e befunde i a gnose rung des Hauptsymptoms (Fortsetzung)
ra
si
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persistierende Zyanose der distalen Extremitäten
Anamnese und Klinik: persistieAkrozyanose rende Zyanose (ohne Weißfärbung) der distalen Extremitäten (und nicht nur einzelner Finger oder Zehen), sog. "Irisblendenphänomen"
nur aufgrund der Klinik; in Zusatzuntersuch u ngen keine Abweichungen von der Norm
umschriebene, livide Plaques im Bereich von einzelnen Zehen bzw. Fingern
Anamnese: Auftreten bzw. Zunahme der Läsionen in kühleren Jahreszeiten
vorwiegend klinisch, histologisch unspezifisch (Ödem der papillären Dermis; perivaskulär orientiertes, mononukleäres Infiltrat der oberen Dermis mit Ödem der Gefäßwand)
Pernionen
118
Pruritus
Eckhard Schönau
Das der�eiti �e Wisse n über die Patho physio logie de� Pruntu s 1st sehr lücken haft. In der Vergan gen heit wurde die Jucke mpfi ndung als Subm odalität der Schm erzem pfindu ng aufgefasst. H eute m uss man ? avo� ausge hen, dass es sich weite stgeh d en um eme eigen ständ ige, primäre Sinne seige nscha ft hand elt Es konn te gezeig t werden dass eigen e : P opulatw ne n von Nozizeptoren in den obert1äch lichen Hautschicht en existie re n . D iese reagier en n u r auf p r u ri t o gene Reize. I nsgesam t muss man jedoch davon ausgeh en, dass die anatom ischen Strukturen und pathophysiolo gis chen Abläufe im einzelnen n icht vollständig b e kannt sind. Die J u c k em pfi ndung weist wie die S c h m e rz e m pfi n d ung erhebliche individuelle Unterschiede auf. J ucken entsteht entweder über eine d irekte Rei zung der Rezeptoren i n der Haut durch physikali sche Stimuli oder indirekt durch Freisetzung bzw. Aktivie rung eines chemis chen Mediat ors. Ein sol cher pruritog ener Mediat or gelangt entwed e r von außen in die H aut (I n s e kte n stiche S kabies, Pflan zenko ntakt u.a.) oder wird endogen gebild et. Der wicht igste Mediator ist das Hista min. Dabei ist zu berüc ksich tige n , dass versc hiede ne an dere Sub stanze n i h re pruritogen e Wirku ng über eine Hist ami nfreis etzun g entfal te n . Weite re p ru ritoge n e Mediatoren sin d : ,
,
698
• Neuropeptid Substanz P • endogene Opioide • Morphin • vasoaktives intestinales Peptid (VE P ) • Calcitonin-Gen-Related-Peptide (CGRP) • Serotonin. Der Pruritus ist von erheblicher klinischer und psychosozialer Bedeutung. Er i st für den Kranl{en extrem störend, zum Teil qualvoll und führt zu Schlaflosigkeit, allgemeiner Erschöpfung, depressiver Stimmungslage und bei Kindern zu schulischem Leistungsversagen.
Rationelle Diagnostik Anamnese
Eine exakte Pruritusanamnese kann bereits zu den wesentlichen Diffe renzialdiagnosen führen. Zeigt sich e i n krisenh aftes A uftreten von Juckreiz
so ist am ehesten an ein atopisches Ek zem zu denken . In d iese n Fällen ist eine ausführli che Ernährungsanam nese erforderl ich. Bei der Prurigo simplex suba cuta wird typ ischerweise an gegeben, dass nach Zerkratzen der Effloreszenzen der Juckre iz plötzlich sistiert. Beso nders typisch ist die A ngabe der Lokal isati on des Juckreizes beim cho lestatischen Pruritus. Dies e r z e i g t s i ch mit zuständen,
----einer beson deren Ausprägung an den Handflä chen und den Fußsohlen sowie einer deutlichen Zunahme zur Nacht hin. Besonders zu berück sichtigen sind die sozialen und hygienischen häus lichen Verhältnisse. Bei schlech tem Pflegezu stand muss an eine Erkrankung mit Eipizotien wie Lausbefall, Krätze, Wanzenbefall und Flöhe ge dacht werden. Bei gleichzeitiger Medikamen ten einnahme muss überprüft werden , ob es sich beim Pruritus u m eine Medikamentennebenwirkung handelt (Tab. 1 1 8. 1 ) . Ist der Juclcreiz mit der Anga be über einem A ufen thalt a uf einer Wiese ver bunden, so kann dies für ein akutes allergisches Kontaktekzem oder für M i lbenbefall sprechen. I{örperliche Untersuchung
Die körperliche U ntersuchung hat zuerst die Frage _ zu klären ob der Pruritus im Zusammenhang m it einer Ha�terkrankung steht. Im Falle einer Haut beteiligung muss eine Beschreibung der _ Ha_u tver änderungen und der bevorzugten Lokahsatwn er folgen . D i fferenzialdiagnostisch wegweisend ist h i erbei e i n e grobe Einteilung in Verän derungen mit Hyperämie, Ödemen, Papel- bzw. �la� enbi � dung und Krustenbildung verbunden mtt Llchem fikation.
I
Zeigt die Hautuntersuchung lediglich Hin weise auf Kratzspuren und Scheuereffekte, wird es sich eher um ei ne internistische Er krankung bzw. Medikamentennebenwirlmng handeln.
Die weiterführende körperliche Untersuchung beinhaltet die Abschätzung der Lebergröße und -konsistenz. Es ist insbesondere auf Cholestase zeichen wie Sklerenikterus und bei Leberzirrhose
Tabelle 118.1
Medikamente, die Pruritus induzieren können (mod. nach Schubert-Sollberg, 1 997).
Acetylsalicylsäure Aciclovir Aclofenac Amiodaron Ampicillin Benzeetamin Bleomycin Captopril Cefalosporine Chloroquin Clonidin Co-trimoxazol Colistin Diazoxid Diphenoxylat Fenoperen Flurbiprofen Gold Hydroxyäthylstärke
lbuprofen lmipramin lsocarboxacid lsoniazid Kokain Lofepramin Metronidazol Miconazol Morphium Na-Meclofenamat N aftrazon Naproxen Nikotinsäurederivate Pollen-Aluminium-Präparate Pollen-Tyrosin-Adsorbat Polymyxin B Pyritinol ß-Rezeptorenblocker Suramin
1 1 8 Pruritus
auf die Venenzeichnung der Bauchhaut zu achten. Ansonsten erfolgt eine vollständ ige körperliche U ntersuchung des Kindes bzw. J ugendlichen. Klinisch-chemische Untersuchungen
Die Laboruntersuchungen dienen in erster Linie dem Ausschluss i nternistischer Erkrankunge n . Z u m Nachweis v o n Leberfunktionsstörungen er folgt die Bestimmung der Transami nasen, GPT, GOT, y-GT, alkalische Phosphatase, des direkten und i n d i rekten Bilirubins. Durch die Kreatinin und H arnstoffuntersuchung erfolgt eine Beurtei lung der Nierenfunktion. D i e Untersuchungen des großen Blutbildes m it Differenzialblutbild ergeben H inweise für eine Hämoblastose. Weitere ergänzende Untersuchungen sind die Be stimmung von Serumkalzium, HbA,c, Ferriti n , freiem T4 und TSH . Zur U ntersuchung einer aller gischen Ursache wird das Gesamt-lgE bestimmt, je nach Anamnese werden spezifische IgE-Untersu chungen mittels RAST-Test und Prick-Tests durch geführt. Bei Verdacht auf Pilzinfektionen erfolgt der direkte Pilznachweis im entsprechenden Haut material. Sonderuntersuchungen
Je nach Hautbefund ist gelegentlich die h isto ! o gische Abklärung erforderlich. I n der Regel w1rd jedoch die D iagnose der häufigsten Hauterkrai: kungen mit Pruritus (s. D D-Tabell: ) durch d1e klinische Beurtei l u ng bzw. durch d1e Anamnese gestellt. Besondere Hinweise
Einzelne dermatologische Krankheitsbilder kön nen gehäuft mit internistischen ErkrankUI: gen au �. treten. So wird z.B. der Lichen ruber bei chroni schen Hepatitiden und der Prurigo simplex sub acuta i n Verbindung mit Leber- und Nierenerkran kungen bzw. Diabetes mellitus beschrieben . Differenzialdiagnostische Tabellen
Die wichtigste Untertei l u ng der D i fferenzialdia gnosen erfolgt anhand der Beu;teilun� a � soziie1ier Hautveränderungen. Zeigen SICh led1gli ch Kratz spuren, so wird es sich nach Auss �hl�ss von Med � _ kamentennebenwirkungen am hauhgsten um ei nen Pruritus bei cholestatischen Lebererkrankun gen handel n. Am ausgeprägtesten ist der Juckreiz bei bil iären Leberzirrhosen. Die wichtigsten ange borenen Anomalien sind das A lagille-Syndro m, das Byler-Syndrom und die extrahepatische G a l lengangsat resie. Die Auffassung, dass der chole statische Pruritus durch erhöhte Gallensäuren i m Blut entsteht, wird heute kontrovers diskutiert. Es
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1 1 8 Pruritus
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Pruritus mit Hautveränderu ngen
• akute Urtikaria • Kälteurtikaria • Pediculosis capitis • Pediculosis vestimentorum • Pulikose, Wanzenstiche • Mastozytose Quaddelbildung, Erythem, Makula
• Dermatitis herpetiformis • Prurigo acuta • Arzneimittelexanthem • Skabies • akutes allergisches Kontaktekzem • bullöses Pemphigoid • E ryt he ma exsudativum multiforme
Pruritus ohne Hautveränderungen
Medikamenten-
ja �
nein
t
l
s a 8 . �__ b._1_1__ .1___. _
.. _ _ _
ja ....
• Ikterus (Kap. 8) • Hepatomegalie (Kap. 63)
ja �
• Splenomegalie (Kap. 64) • Lymphknoten vergrößerung (Kap. 83)
nein
t
Hinweise f ü r Leukämie, M. Hodgkin 1B-Symptomatik
I
nein Papeln, Blasen, Bläschen
• Lichen ruber planus • Prurigo simplex subacuta • Prurigo nodularis • Pityriasis rosea • Mycosis fungoides • atopisches Ekzem
Krusten, Schuppen, Lichenifikation
t
• Niereninsuffizienz • Polycythaemia vera • Hyperkalzämie • Diabetes • E ise n ma n gela nämie • Hyperthyreose • Hypothyreose Abb. 1 1 8.2
• Psoriasis vulgaris • nummuläres Ekzem • chronisch-allergisches
Differenziald iagnose bei P ruritus o h n e H autveränderungen.
Kontaktekzem
Abb. 1 1 8. 1
Differenziald iag nose bei P ru ritus mit Hautveränderungen .
gibt zunehmend H inweise dafür, dass erhöhte
Serumkonzentrationen für endogene Opioide vor liegen und den Pruritus verursachen. Seltener sind die in Abbild ung 1 1 8 . 1 nachfolgend a ufgeführten internen Erkrankungen. I n der U rä mi e ist Pruritus ein häufiges Sym ptom. Man schätzt, dass ca. 65% aller dia lyse pfl i chtigen Patienten an einem hartnäckigen Pruritus leiden. Als Ursachen werden diskutiert: • sekundärer Hyperparathyreoidismus in Verbin dung m it dem gestörten Kalzium- und Phosphat metabolismus • erhöhte H i stamin-P lasmako nzentration • I n nervatio nsstörunge n der Epiderm is durch ei nen Ansti eg neuro nensp ezifis cher Enolase • Aust rock nung der Hau t.
700
In seltenen Fällen wird Pruritus bei einer Reihe neurologischer Erkrankungen wie der multiplen Sklerose, H irntum o re n und H i r n i n farkten be schrieben. Nach Ausschluss der bekannten organi schen Erkrankungen ist auch an einen psychoge nen Pru ritus zu denken . D ie Tabelle 1 1 8. 1 zeigt eine Zusammenfassung der Medikamente, die ei nen Pruritus induzieren könnten. Am häufigsten ist jed och der Pruritus im Zusam menhang m it H autveränderungen zu fi nden. Die Abbil dungen 1 1 8 . 1 und 1 1 8 .2 und die DD-Tabellen zeigen die häufigsten H auterkrankungen im Zusammenhang mit Pruritus im J(jndes- und J ugendalter.
1 1 8 Pruritus Differenzialdiagnostische Tabellen -------"
Differenzi diagnoseunddesBlaPruri Papel n, Blaälschen sen tus in r ndung mit Hautveränderungen: Makula, Erythem, Quaddeln, 1 har t ri i des Ve bi
----.
rf
ak e s erung Hauptsymptoms
weiterführende Nebenbefunde (betroffene Körperstellen)
Verdachtsdiagnosen
akute Quaddelbildung mit bizarrer Konfiguration und Randbetonung
gesamtes Integument, evtl. mit Atemwegsbeteiligung
akute U rtikaria
scharf begrenzte wei ßliche Quaddeln nach Kälteexposition
alle Körperareale, die der Kälteexposition ausgesetzt sind
Kälteurtikaria
sekundäre lmpetiginisierung der Kopfhaut und Nacken-Haar-Grenze
Kopfhaut, nuchale Lymphknotenschwel Iu ngen, Nachweis weißer Nissen
Pediculosis capitis (Kopfläuse)
Quaddelbild ung mit ausgeprägten Kratzspuren und sekundären bakteriellen Superinfektionen
gesamtes Integument, schlechte hygienische Bedingungen
Pediculosis vestimentorum (Kleiderläuse)
Quaddeln m it zentralen, nicht wegdrückbaren hämorrhagischen Flecken
gesamtes Integument, schlechte soziale u nd hygienische Verhältnisse
Pulikose (Fiohstiche)
fingerkuppengroße Quaddeln
nachts unbedeckte Körperareale
Wanzenstiche (Abb. 1 1 8.3, Farbtafel)
scharf begrenzte bis zu münzgroße, schmutzig-gelbe bis bräunliche pigmentierte Flecken oder tumoräse Infi ltrate. Nach mechanischer I rritation urtikarielles Anschwellen
diffuse Vertei lung, bei systemischen Formen Infiltrate innerer Organe und Knochen
Mastozytosen (Abb. 1 1 8.4, Farbtafel)
chronisch-rezidivierende Erytheme mit ödematösen Plaques mit nachfolgenden in Gruppen angeordneten Bläschen, auch große Blasen
Streckseiten der Arme, Schulterg ürtel, Abdomen, Gluteal- und Oberschen kelregion, Schleimhäute frei
Dermatitis herpetiformis Duhring , 80% Assoziation mit HLAB8 und DRW3
urtikarielle Papeln mit zentralen Bläschen
Extremitäten und Flanken
Prurigo acuta syn . : Strophulus infantum
zahlreiche bis zu mehrere Zentimeter große, gerötete und teilweise papulöse Herde bei Medikamenteneinnahme
Streckseiten der Extremitäten, Schleimhäute frei, fehlende Lymphknotenschwellungen im Vergleich zu Virusinfekten
makulopapu löses Arzneimittelexanthem
papu lavesikulöses bis urtikarielles Ekzem mit ausgeprägten Kratzspuren
lnterd ig italfalten, H andgelenke, vordere Axillarlinie, Mamillen und bei Erwachsenen i m Genitalbereich
Skabies
Schwellungen, Rötungen mit Blasenbildung und nässenden Erosionen
gesamtes Integument nach lokalem Kontakt mit vielfältigen Allergenen (Medikamente, Gräser . . .)
akutes allergisches Kontaktekzem (Abb. 1 1 8.5, Farbtafel)
Blasenbildung nach großflächigem gerötetem Exanthem
Innenseite Oberschenkel
bullöses Pemphigoid
kokardenförm ige, blasige Herde mit hämorrhagischem Zentrum
obere Extremitäten, Betonung der Streckseiten . ln schweren Fällen Schleimhautbefall
Erythema exsudativum multiforme, Majorform: Stevens-JohnsonSyndrom
!
701
-1 1 8 Pruritus --
Differenziaund ldiagnose LichenidesfikatiPrurion tus in Verbindung m it Hautveränderungen: Papeln, Bläschen, Blasen, Krusten, Schuppen Verdachtsdiagnosen wei terlührende Nebenbefunde �Charakterisierung des (betroff ene Körperstel len) J I Hau!)tsymptoms
702
einzeln stehende Papeln mit weißlichnetziger Zeichnung, konfluieren zu größeren Platten
Beugestelien am Handgelenk, Vorderarmi nnenseiten, unterer Rücken, Knöchelregion
Lichen ruber planus (Abb. 1 1 8.6, Farbtafel)
sch u bweise verlaufende Dermatose mit Seropapeln
Stamm, proximale Extremitäten
Prurigo simplex subacuta syn.: Strophulus adultorum
derbe erbsen- bis bohnengroße Knoten mit Pigmentstörungen und verrukösen Auflagerungen
Streckseiten der unteren Extremität
Prurigo nodularis
maku löses Exanthem mit kleieförmiger Schuppung
Gesicht, Handinnenflächen u. Fußsohlen ausgespart
Pityriasis rosea
ekzematöse oder psoriasiforme Hautherde, zunehmende I nfiltration und ulzerierende Tumoren
gesamtes I nteg u ment
Mycosis fungoides (kutane Lymphome)
intensive Rötung und Infiltrationen mit erosiven, verkrusteten und schuppenden Veränderungen
bevorzugt Gelenkbeugen, aber auch gesamtes Integument. Bei Säuglingen Kopf (Milchschorf), Gesicht und Rumpf
Neurodermitis, atopisches Ekzem
erythematosquamöse Effloreszenzen
Streckseiten der Gelenke
Psoriasis vulgaris
münzenf örmige, intensiv gerötete, erhaben e Herde mit randwärts kleinen Bläschen und zentralen krustösen Auflagerungen
vorwiegend Extremitäten, schlechte soziale und hygienische Bedingungen
nummuläres Ekzem DD: Pilzinfektion
Hautverdickung, Relief vergröbert, Lichenifikation, schmerzhafte Rhagaden
Hände mit Finger- und Handrücken, Beugeseiten der Handgelenke, Ohrläppchen
chronisches allergisches Kontaktekzem
papulöse, erythematöse, lichenifizierte Ekzeme u . lnnenohrschwerhörigkeit
Ellenbeugen und Hände
Kon igsmark-Hollander-BerlinSyndrom, syn.: TaubheitDermatitis-Syndrom, autosomal-rezessives Erbleiden
P Psych ische Störungen/AuffäHigke iten 1 1 9 Depression Alexander von Gontard
Kummer, Trauer und U nglücklichsein sind häufi ge, ubiquitäre Symptome, die in jedem Alter vor kommen und keine Störung darstellen. Doch auch depressive Störungen sind keineswegs selte n : Je nach Definition sind 0 ,4-2 , 5 % der Kinder und 0,4-8 , 3% der Jugendlichen betroffen, mit einer le benslangen Prävalenz von 15-20% . Als i ntroversi ve Störu ngen werden sie hä ufig übersehen u n d selbst v o n Eltern und Lehrern n i c h t wahrgenom men, sind aber für Kinder und J ugend liche m it einem hohen Leidensdruck verbunden. Wegen des erhöhten Suizidrisikos ist eine D iagnose und Be handlung, vor allem bei den schweren Formen, un bedingt notwendig . Depression wird nach I CD- 1 0 (WH O) definiert nach der Trias (Hauptsympto me) : • depressiver Affekt mit gedrückter Stimmung • Verlust von I nteresse und Freude • erhöhte Ermüdbarkeit mit Vermi n derung von Antrieb und Aktivität (Tab. 1 1 9. 1 ) . Die Nebensymptome umfassen: verminderte Kon zentration und Aufmerksamkeit, vermi ndertes Selbstwertgefühl und Selbstvertraue n, Schuld gefüh l e und Gefühle von Wertl osigkeit, negative und pessimistische Zukunftsperspektiven, Sui zid gedanken und -handlungen, Schlafstörungen und verminderter Appetit. Als sog. somatisches Syn drom werden n a c h J CD - 1 0 we itere Symptome beschrieben, die u.a. Gewichtsverlust, M orgentief,
Libidoverlust, psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit einschließen. Zu den "psychotischen Symptomen" zählen u.a. Halluzinationen, Wahn i deen und Stupor. Die Ausprägung und Symptomatologie sind ent wicklungsabhängig: so wird sich z. B. Verlust von I nteresse bei Kindern in einer Spielunlust, bei Ju gendlichen in einem Rückzug aus Freundeskreis und sozialen G ruppen zeigen. Dennoch gelten u nabhängig vom Entwicklungsstand - auch i m Kindes- und Jugendalter die d iagnostischen I c ::J �
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1 1 9 Depression ----
Differenzialdiagnose der Depression nach Verlauf weiterführende Nebenbefunde 1 [Hauptsymptom phasischer Verlauf
Verdachtsdiagnosen
erstmaliges Auftreten Dauer 2 Wochen
Nebensymptome: siehe Tab. 1 1 9 . 1
depressive Episoden: • leicht • mittelgradig • schwer, ohne psychotische Symptome • schwer, mit psychotischen Symptomen
mehrfaches Auftreten von depressiven Episoden + symptomfreie I ntervalle
keine manischen Symptome
rezidivierende depressive Störun g , gegenwärtige Episode: • leicht mittelgradig • schwer, ohne psychotische Symptome • schwer, mit psychotischen Symptomen
Hauptsymptome: siehe Tab. 1 1 g _ 1
•
Anamnese: mindestens
2 depressive Episoden mindestens eine manische und mindestens eine depressive Episode, durch Intervall getrennt
derzeitig keine depressive Episode
rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig rem ittiert
mindestens eine manische Episode Dauer 1 Woche
bipolare affektive Störung, klassifiziert nach gegenwärtiger Episode
Symptome:
9. ehobene Stimmung, gesteigerter Antrieb, Uberaktivität, gesteigerter Rededrang, vermindertes Schlafbedürfnis,
Größenideen, Selbstüberschätzung,
anhaltende Depression
Verlust sozialer Hemmungen, psychotische Symptome mög lich, Hypomanie: Symptome wie bei Manie in geringerer Ausprägu ng
anhaltende Instabilität der Stimmung
zahlreiche Perioden leichter Depression und leicht gehobener Stimmung, Kriterien für depressive oder manische Episoden n icht erfüllt
Zyklothymia
chronische depressive Ve rst i m m u ng
jahrelang, leichte, aber keine mittelgradigen depressiven Episoden möglich
Dysthymia
Differenzialdiagnose der Depression mit psychiatrischer Komorbid tät I lHauptsymptom Verdachtsdiagnosen weiterführende Nebenbefunde i
706
Depression und Symptom e einer Angststörun g : Phobie, general isierte Angststörung, Panikstörung
leichte Angst und Depression Ausmaß nicht für einzelne Diagnose
eindeutige depressive Ep isode + anhaltendes dissoziales Verhalten
anhaltende depressive Symptome + dissoziales, aggressives, aufsässiges Verhalten wie exzessives Streiten , Grausamkeit, Destruktivität, Feuerlegen, Stehlen, Lügen, Schulschwänzen, Weglaufen, Wutausbrüche, andere Regelüberschreitungen
Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung
depressive und andere Symptom e
M ischbilder von depressiven und anderen Symptomen wie: Sorge, Spannung, Verzweiflung, Schmerz, Müdigkeit; Kriterien für depressive Episode n icht erfüllt
sonstige depressive Episoden
Angst und depressive Störung, gemischt
ausreichend
vegetative Symptome: Tremor, Herzklopfen, M u ndtrockenheit, Magenbeschwerden
]
----
1 20 Autismus
Diffaerenzi aldiagnose der Depression in eindeutigem zeitlichem Zusammenhang mit exogenen Faktoren und Bel stungen weiterführende Nebenbefunde LHauptsymptom Verdachtsdiagnosen ] s m tisch kt en exogene
o
a
e
Fa
or
Veränderung von Stimmung, Affekt, Antrieb
Folge von zerebraler oder körperlicher Grundstörung
organische affektive Störung: • manisch • bipolar • depressiv • gemischt
depressive Symptome nach Medikamenten
Folge von Medikamenteneinnahme, z.B. Antidepressiva, Steroide; Rückbildung nach Absetzen
sonstige organische psychische Störung
depressive Symptome durch psychotrope Substanzen
psychotische Symptome während oder unmittelbar nach Substanzmissbrauch , meist spontane Rückbildung nach 1 bis 6 Monaten
psychotische Störung, vorwiegend depressiv, durch psychotrope Substanzen
psychische Auslöser und Traumata leichte depressive Symptome nach subjektiv belastendem Lebensereignis
Anpassungsstörung: leichte Depression, Auftreten innerhalb eines Monats nach auslösendem Lebens- kurze depressive Reaktion ereignis + individuelle Vulnerabilität; Dauer maximal 1 Monat
andauernde reaktive depressive Symptomatik
s.o. Dauer maximal 2 Jahre
Anpassungsstörung: längere depressive Reaktion
depressive Symptome und Angst
i nnerhalb eines Monats nach Auslöser; Dauer maximal 6 Monate
Anpassungsstörung: Angst und depressive Reaktion, gemischt
verzögerte und protrahierte depressive Reaktion nach objektiv schwerem Trauma wie Naturkatastrophen, Krieg, Misshandlung, Verbrechen, Ge w alt
wiederholte Erinnerung des Traumas: in Träumen, "flash-backs", im Spiel; affektive Symptome: Gleichgültigkeit, Interesselosigkeit, Anhedonie, trauriger Affekt, Angst, Panik, Aggression, Hypervigilanz: Übererregtheit, Schlafstörungen; Auftreten innerhalb von 6 Monaten
posttraumatische Belastungsstörung
1 20 Autismus Gerd Lehmkuhl u n d M anfred Döpfner
Sym ptombeschreibung":.-_____
Kann er beschrieb 1 943 eine i n der frühen Kindheit beginnende Entwicklungsstö rung als "early infan tile autismus". Die Symptomat i k l ässt sich wie folgt zusammenfassen : • O i e Kinder entwickeln kein antizipatorisches Verhalten. • Sie nehmen keinen Körperkontakt auf. • Es besteht eine partielle oder universelle Beein trächtigung der kogn itiven F u nkti o n e n , i ns bes o n dere eine verzögerte oder gehemmte Sprach entwicklung.
• Wird Sprache erlernt, treten typische AuffäHig keiten wie Echolalie und Pronominalvertauschung auf. • Die n o n verbale Kommun ikation ist ebenfalls eingeschränkt, Gestik und Mimik werden n icht in I n teraktionen eingesetzt. • Der Augenkontakt wird vermieden und die Kin der beschäftigen sich monoton und stereotyp mit bestimmten Objekten. Als weitere typische Merkmale beschrieb Kan ner das ängstliche Be harren auf G leicherhaltung der Umwelt und eine au sgeprägte Veränderungs angst.
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1 20 Autismus
708
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Paral lel z u Kan n e r berichtete Asperger 1 944 über eine Symptomatik, die er "autistische Psycho pathie" nannte. Asperger betrachtete die Sympto matik als eine "erb liche Charakteranomalie", wo b e i sich d i e VerhaltensauffäHigkeiten nicht vor dem 2. Lebensjahr zeigten. Bei frühem Sprach beginn sei ihr kommunikativer Einsatz begrenzt, hinzu kämen h äufige Bewegungsstere otypien, Sonderinteressen und eine Einengung der Bezie h u ngen zur menschlichen Umwelt. Soziale Kom petenzen würden nur gering entwickelt, und es l iege eine U nfähigkeit zur empathischen Rollen übernahme vor. Ausgehend von den Erstbeschreibungen definiert Rutter den infantilen Autismus als Entwicklu ngs störung mit folgenden diagnostischen Kriterien: • Kranl :('ij :t::
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1 23 Schlafstörungen
Differenzialdiagnose der Hypersomnien (exzessive Schläfrigkeit, Schlafattacken) BestätiDiaggnose ung Verdachtsdiagnosen der terführende tdes �harakteri sierung wei Nebenbefunde Hauptsymptoms
j
(Fortsetzung)
episodische Schläfrigkeitsattacken, verlängerte Schlafphasen 1 8-20 h
Megaphagie, Verhaltensstörung mit Irritabilität, mittlere Adoleszenz, im Intervall gesund
Kleine-Levin-Syndrom
typische Symptomatik, Genetik
exzessiver Tagesund Nachtschlaf
massive Adipositas
Pickwiek-Syndrom
Klinik
regelmäßiges spätes E:: i nschlafen
langes morgendliches Schlafen, Leistungshöhepunkt nachmittags, Beginn Kindheit, Defizitsymptome bei morgendlicher Belastung
Syndrom der verspäteten Schlafphase
Ausschlussd iagnose, gesundes Kind
regelmäßige nächtliche Wachphasen
Schlafen während des Tages, neurologische Symptome
Zerebralparesen mit geistiger Behinderung
typische neurologische Symptomatik
Differenzialdiagnose der Parasomnien (abnorme, episodische Ereignisse während des Schlafs) =:erisierung terführende BestätiDiaggnose ung Verdachtsdiagnosen der UJ)tsymptoms wei Nebenbefunde
728
plötzliches E:: rwachen, Angstschrei, Entsetzen
Vorschulalter, Auftreten vor 0 Uhr, häufig begleitend Enuresis, Amnesie
Pavor nocturnus
Klinik, EEG normal, gesundes Kind, Polysomnographie, Non-REM-Schlaf
angstvolles Erwachen, frühe Morgenstunden
lebhafte E:: r innerung, begleitet von altersspezifischen Ängsten, keine Amnesie
Alpträume
R E:: M -Schlaf, Polysomnographie, gesundes Kind
Umherwandern im Schlaf
oft postfebril, Enuresis begleitend, verwaschene Sprache, Amnesie
Somnambulismus
EEG normal, gesundes Kind
nächtliches Einnässen mit und ohne E:: rwachen
E:: n uresis nocturna nach dem 5. Lebensjahr, gesundes Kind, fam iliär gehäuft
plötzliches, entsetztes Erwachen
Stereotypien, vegetative Symptome, Teilamnesie, neurologisch fokale Symptome
zerebrale, fokale Krampfanfälle
EEG
wiederholte schwere nächtliche Apnoen mit Zyanose
Hypoventilation, Säuglingsalter
Undine-Syndrom
Polysomnographie Non-REM-Schlaf, Genetik
Ausschlussdiagnose, EEG normal
_j
Register A
- - Pneumatosis i ntesti n al i s 326
inteslinaltrakt/Mesenterium
- S k ro ta l sc hwel l u n g, schmerzhafte 436
AA-Amyloidose 6 1 9
- - Schenkelhernie 3 2 1
Aagenaes-Syndmm
- - Schmerzcharakter 3 2 1
- Cholestase 73
- - Schmerzintensität 3 2 1
- Hyperbilirubinämie, konju-
- - Sonographie 325-326
- - N ierenloge 427
- - Symptome 3 2 1
- - Pankreas 429
- FUO 9
Aarskog-(Scott-)Syn d ro m
- - Trauma 3 2 1
- rezidivierende, M ittelmeer-
- l nfektionsanfälligkeitllm-
- Hodenhochstand 459
- - Untersuchung, rektal-digi-
gierte 7 3
- Ptosis 1 73 ABO- I n kompatibilität, Anämie, hämolytische 4 70
tale 3 2 1
- - Zusammenhang, zeitlicher 321
428
Abszess
- - Leber,
G a l l enwege
und
Milz 426
fieber,
familiäres 620
- Abdominalsonographie 425 - Bauchschmerzen, akute 3 2 1 - Bewusstseinsstörungen 1 1 9
mundefei