Die Zeitlosen KURT BRAND
Ren Dhark Band Nr. 88 Scanner: x kleser: Version 1.0
Fassungslos stehen Chris Shanton und Jo...
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Die Zeitlosen KURT BRAND
Ren Dhark Band Nr. 88 Scanner: x kleser: Version 1.0
Fassungslos stehen Chris Shanton und Jos Aachten van Haag vor der elektronisch gesteuerten Fließbandanlage, auf der Giants Giants herstellen. Nie hoffen sie geglaubt, daß so etwas möglich sein könnte. Indessen kämpfen die vier Cyborgs und der Roboterhund Jimmy um das Leben Tschobes, der in die Hände der schwarzen Weißen gefallen war. Sie schaffen es, aber dafür gerät der erste Cyborg der neuen Serie, Marc Carrell, in größte Lebensgefahr. Ren Dhark hat von den Ringraumern B 100 und B 101 unter der Führung von Larsen und Szardak Verstärkung erhalten. Es scheint jedoch, als würden die Besatzungen dieser beiden Ringraumer nur mit in das Verderben gerissen, Xe-Flash schicken die fremden Humanoiden den Terranern ein Vario an Bord, das die Ringraumer unaufhaltsam aufheizt und so in den Untergang reißt. Ren Dhark sieht nur eine Möglichkeit, dem Tod zu entgehen, nachdem er das Vario dem Gegner ebenfalls ins Raumschiff gebracht hat und mit Wer Dro Cimc, einem Führer der schwarzen Weißen, an Bord der POINT OF zurückkommt: die Flucht ins Karmin-Universum.
Personenverzeichnis Ren Dhark befindet sich mit der POINT OF in einem unbekannten Kontinuum Dan Riker fürchtet um das Leben seiner Frau Anja Wer Dro Cimc der schwarze Weiße an Bord der POINT OF Henner Trawisheim leitet die Kolonisation der erdähnlichen Planeten ein Colonel Huxley Colonel P.S. Clark kämpfen mit ihren Ringraumern gegen die unheimlichen schwarzen Raumstationen Bram Sass Holger Alsop Marc Carrell überwältigen einen Trupp schwarzer Weißer und bringen sie zur Erde
Die Zeitlosen KURT BRAND Ein Terraner und ein Tel brachen unter der Hitze fast zusammen. Zwei, die der Verzweiflung längst zum Opfer gefallen wären, wenn der eine nicht Ren Dhark und der andere Dro Cimc geheißen hätte. Ihre Raumanzüge kühlten nicht mehr. In ihren Raumanzügen steckte das Vario wie in allen Räumen der POINT OF. Die anderen spürten die ununterbrochen ansteigenden Temperaturen nicht, denn noch arbeitete die Klima-Anlage in ihren M-Anzügen, wenngleich sie unter der Dauerbelastung langsam dem Maximum ihrer Leistungsfähigkeit zustrebte. Hitze! Vierzig Grad Celsius waren überschritten, und das große Aggregat des Flaggschiffes, das unter normalen Bedingungen mit diesem Problem spielend leicht fertig geworden wäre, arbeitete in entgegengesetzter Richtung. Statt Kühlung zu bringen, warf es auch Hitze ins Schiff. “Abschalten, Miles Congollon! Warum haben Sie nicht längst diesen Hochofen stillgelegt?” Ren, Dhark keuchte es über die Bordverständigung und konnte wieder einmal nichts mehr sehen, weil ihm der Schweiß in die Augen gelaufen war. “Ich kann die Klima-Anlage nicht abschalten, Dhark. Auch nicht über den Checkmaster. Ich habe alles versucht. Wirklich alles.” Der Eurasier Congollon, der sein Triebwerk liebte und die Technik des Schiffes wie kein zweiter beherrschte, wünschte sich seine rechte Hand herbei – Arc Doorn. Aber der Sibirier hielt sich auf der B-100 auf, dem Ringraumer, der in der Bildkugel so unbeschreiblich verdreht zu sehen war. Doch sah die POINT OF viel besser aus, oder die B-101? “Gut, Congollon. Ende.” Der Commander schaltete ab und drehte sich um, als sich eine Hand schwer auf seine Schulter legte. Der Tel, der den Doppelkugelraumer verlassen hatte, um auf diesem Sternenboot zu sterben, hatte ihm etwas zu sagen. Was aber, denn einer verstand den anderen überhaupt nicht, und der ratekische Translator befand sich zwei Deck tiefer im Depot. Dhark blickte ihn fragend an, und dann schaute er in die Richtung, in die der Tel sah. Auf die Bildkugel. Leicht beugte sich der Commander vor und vergaß für einen Augenblick
die quälende Hitze. Die beiden S-Kreuzer entfernten sich vom Flaggschiff! Sie hatten Fahrt aufgenommen, hohe Fahrt. Unwahrscheinlich waren die Beschleunigungswerte. Was war das schon wieder? Dhark stellte die Verbindung zur Funk-Z her, und auf dem kleinen Bildschirm sah er Elis Yogans Gesicht hinter dessen Klarsichthelm. Der verstand den Commander, bevor Dhark auch nur ein Wort gesagt hatte. “Wir beobachten das Absetzen der beiden Schiffe auch, aber tut mir leid, Dhark, die Verbindung ist abgerissen, als wir hier rematerialisierten. Nichts klappt mehr.” Der Mann im geöffneten Raumanzug nickte müde und schaltete ab. Er erinnerte sich, was ihm die Ärzte der Medo-Station gesagt hatten: Er solle mit seinen Körperkräften keinen Raubbau mehr treiben! Aber als sie es ihm vorwurfsvoll vorhielten, da hatten sie auch noch nicht gewußt, daß es ein Vario gab. Ree nannten es die Tels, und die Tels hatten behauptet, daß es vor ihm keine Rettung gab. Wirklich nicht? “Zweiundvierzig Komma fünf Grad.” Die Durchsage ging durch das ganze Schiff. “Der Schaum ist bis auf ein Drittel der Menge abgebaut worden.” Diese Nachricht interessierte Dhark gar nicht mehr. Seit seinem harten Gespräch mit dem Vankko auf dem Tel-Schiff wußte er, daß eine Handvoll Schaum ausreichte, um mit der Zeit einen Planeten aufzuheizen. Das Vario benötigte keinen Nachschub. Wenn es einmal das dritte Stadium erreicht und dazu einen Impuls bekommen hatte, wurde es nicht nur zu einem sich bis ins Unendliche vermehrenden Parasiten, sondern es besaß auch die Kraft, die Hitzeentwicklung in seinem Bereich bemessen an seiner Vermehrung zu steigern. Nur dadurch war es in der Lage, auch Planeten aufzuheizen und sie für jeden biologischen Organismus unbewohnbar zu machen. Die Offiziere in der Zentrale bewegten sich wie Marionetten. Niemand richtete eine Frage an den Commander, und Dan Riker war keine Ausnahme. “Dreiundvierzig Grad! Luftfeuchtigkeit nimmt ab.” Neben Dhark bewegte sich der Tel. Er stand zwischen den beiden Pilotensesseln. Ein Fremder unter Terranern, und doch sah er trotz seiner schwarzen Hautfarbe so menschlich aus.
Warum ist er mitgekommen, fragte sich Dhark. Um hier zu sterben? Seine Gedanken wurden abgelenkt, weil er in der Bildkugel sah, daß jeder S-Kreuzer seinen eigenen Kurs einschlug und beide Schiffe sich nun auch trennten. Dharks Mund war trocken und seine Lippen spröde und gespannt. Der Durst wurde zur Qual, deshalb stieß er seinen Freund an. “Ich muß etwas trinken, Dan. Laß Wasser hereinbringen.” Über Helmfunk hatten seine Offiziere mitgehört. Der jüngste verschwand aus der Kommando-Zentrale. Krachend schloß sich hinter ihm das Schott. “Vierundvierzig Grad.” Noch waren die Temperaturen nicht lebensbedrohend, solange der Wasserhaushalt des menschlichen Körpers im Gleichgewicht blieb, aber bei einem bestimmten Punkt hörte auch das auf. Dann begannen die Verbrennungen. Und nach den Worten des Vankko sollte das Vario im dritten Stadium Temperaturen von mehr als zwölftausend Grad erzeugen können – auf einem Planeten! Dhark drehte sich ungeduldig samt seinem Sessel um. Wo blieb denn der Mann mit dem Wasser? Warum brauchte er so lange? Alle sahen ihn an. In allen Augen der gleiche Blick, dieser versteckte Vorwurf, den niemand ihm jedoch zeigen wollte und dennoch zeigte. Er, Ren Dhark, hatte sie in diese Lage gebracht! Er, Ren Dhark, war der Verantwortliche, und jeder erwartete von ihm, daß er sie aus dem Gefahrenbereich herausbrachte. Der junge Offizier mit einem Fünfliterkanister Wasser stürmte herein. Einen Becher hatte er auch, und den wollte Dhark nicht annehmen. Er wollte den Kanister an die Lippen setzen und trinken, trinken, trinken, bis er nicht mehr konnte. Der Kanister berührte seine Lippen gar nicht. Im letzten Moment erinnerte er sich, daß in der Zentrale noch jemand Durst haben mußte, der Fremde, der Tel. Und dem Tel reichte er den gefüllten Becher, und die Hand des Tel zögerte, ihn zu greifen. Seine Augen sagten das, was sein Mund nicht ausdrücken konnte, weil Dhark ihn nicht verstand. Ein Humanoide bewunderte einen Terraner, und dieser Terraner wollte nicht bewundert werden. Er wollte trinken, weil sein Durst Höllenstärke angenommen hatte, und wütend stieß Dhark über seine langsam aufplatzenden Lippen: “Verdammt noch mal, trinken Sie doch endlich, ich habe doch auch Durst.”
Da gab ihm der Tel mit einem dünnen Lächeln auf dem schwarzhäutigen Gesicht den unberührten Becher zurück. An Dharks Tonfall mußte er verstanden haben, was dieser ihm gesagt hatte. “Nein! Hier, Mann!” Dhark nahm ihm den Becher aus der Hand, gab ihm dafür den Kanister und machte dann in klarer Geste die Bewegung zu trinken. Nach dem Tel trank er. “Fünfundvierzig Grad.” Aber es war doch längst nicht mehr so glühendheiß in der POINT OF wie bei vierzig Grad. Der Commander war über sich selbst verwundert, weil ein halber Liter Wasser es fertiggebracht hatte, aus ihm wieder einen normal denkenden Menschen zu machen. Bordverständigung. Sein Anruf an alle wissenschaftlichen Abteilungen. “Wo bleiben Ihre Angaben, meine Herren? Darf ich Sie daran erinnern, daß wir durch unseren ersten Besuch im Karmin über Vergleichswerte verfügen?” Der junge Astronom Mearn fürchtete sich nicht, seinem Commander die Wahrheit zu sagen. “Wir befinden uns nicht im Karmin.” Er erbrachte auch die Beweise für seine Behauptung. Beweise, die mit einem Schlag alles änderten, auch wenn Dharks Verstand behauptete, daß sie sich im Karmin befinden müßten. Die Schiffe waren durch das modulative Hy-Konverfahren von einem Kontinuum ins andere befördert worden, und sie konnten bei dieser Energieabgabe nur im Karmin-Universum angekommen sein. “Mearn, bleiben Sie in der Verbindung.” Dann stand er am Checkmaster und rief das gespeicherte Wissen des Bordgehirns ab. Die Auswertung ließ auf sich warten, und in dieser Wartezeit meldete sich Jens Lionel. “Dhark, wir benötigten keine Vergleichswerte bei unserer Überprüfung, weil mir alle physikalischen Daten des Karmins bekannt sind.” Unmerklich stutzte der Commander, begriff aber im gleichen Moment, woher Lionel seine Sicherheit bezogen hatte. Aus dem Mentcapwissen von Erron-3! Mentcaps, die Riker und er, Lionel, mitgebracht hatten! Während Lionel dozierte, verglich der Commander die Angaben des Astronomen mit denen des Checkmasters auf der Folie, die er studierte. Da zuckte ein Blitz durch seinen Kopf.
Er hörte weder Lionels Stimme, noch las er. In seinen Ohren begann es lauter und lauter zu rauschen, und abwechselnd jagten Hitze- und Kälteschauer durch seinen Körper. Nichts anmerken lassen! sagte er sich in Gedanken! Großer Himmel, nur jetzt nichts anmerken lassen! Aber einer in der Kommando-Zentrale beobachtete ihn gespannt, und dieser eine glaubte erkannt zu haben, daß jemand gerade einen Schock erlitten hatte. Unverwandt blickte ihn der Tel an, der Dro Cimc hieß. Was geht jetzt in diesem Terraner vor, fragte er sich, in diesem Wesen, das wie ein Tel aussieht, das vor einem tiefen Abgrund steht und das Gleichgewicht zu verlieren scheint? Ren Dhark stand vor einem Abgrund, und er drohte in die Tiefe zu wirbeln. Von der Hitze im Schiff bemerkte er nichts mehr. Daß die Temperatur auf sechsundvierzig Grad Celsius gestiegen war, nahm er nicht auf. Einen Jens Lionel, der immer noch sprach, hörte er auch nicht mehr reden. Er hatte versagt! Jämmerlich versagt! Er nahm die Folie, zerdrückte sie, stopfte sie in die Tasche und ging zum Kopilotensessel zurück. “Ren, was hast du?” Er hörte auch den Freund nicht fragen. In seinen Ohren rauschte es ununterbrochen. Aber hinter seiner Stirn hatte sich eine Hölle an Selbstvorwürfen aufgetan. Das Vario hätte gar nicht mehr an Bord sein dürfen! Das Vario war zu bekämpfen! Und es gab ein Mittel dagegen, aber er hatte es nicht eingesetzt, weil er einfach daran nicht gedacht hatte. Die Zeit-Verschiebung! Und jetzt befanden sie sich in einem Universum, das nicht das Karmin war! Er griff zum Kanister und trank ein zweites Mal, doch nicht, weil ihm die Hitze so stark zusetzte, sondern weil er glaubte, unter der Erkenntnis zusammenzubrechen. Temperatur im Schiff achtundvierzig Grad! Er hatte versagt. Vollkommen. Ihm war ein Fehler unterlaufen, der ihm niemals hätte passieren dürfen, und da bemerkte er, wie fragend ihn Dan Riker und der Tel ansahen. Ahnten sie, welch ein Sturm an Selbstvorwürfen und unerbittlichen
Verurteilungen in ihm tobten? Doch war das alles nicht bedeutungslos? Stand jetzt nicht primär im Vordergrund, wie sein Fehler zu beseitigen war? Die Hitze war kaum noch zu ertragen. Ihm und dem Tel setzte sie ununterbrochen zu. Die anderen bewegten sich noch im Schutz ihres Raumanzuges und hörten nur über den Helmfunk, wie die Temperaturen anstiegen, aber bei allen kam auch einmal der Augenblick, in dem der Luftvorrat verbraucht war und erneuert werden mußte. Die Beschickung verlangte, den Klarsichthelm zu öffnen, und dann drang das Vario in jeden Anzug. Dann war es auch für den letzten Mann in der POINT OF soweit, für ihn und den Tel wahrscheinlich dann längst schon zu Ende. Was tun, fragte er sich, und er bemerkte, wie die Hitze den Flug seiner Gedanken lähmte. Was tun? * Auf Terra war der erste Probelauf zu Ende. Siebenunddreißig Stunden Norm-Zeit lang hatte ein planetarisches Schutzfeld die Erde umhüllt. In diesen siebenunddreißig Stunden waren an ein paar tausend Stellen die kompliziertesten Messungen vorgenommen worden, hatten Hunderte der besten Spezialisten die Schirmfeldwerfer kontrolliert, die ein großzügiges Geschenk der Nogks an die Terraner waren. Terra sollte Schutz vor den elektromagnetischen Orkanen finden, die aus der Galaxis kamen und das Leben der Menschen bedrohten. Den Nogks hatte die eigene Konstruktion nicht helfen können. Sie waren aus der Milchstraße in Richtung Andromeda vor diesen Strahlungsorkanen geflohen und dabei mit dem Aspekt konfrontiert worden, dem Spannungsfeld der Galaxis, das den Energieverbrauch der Raumschiffe nach Verlassen der Milchstraße ins Katastrophale steigerte, während die Transitionsleistung bei jedem Sprung tiefer in den Leerraum zwischen den Populationen rapide abfielen. Die Sperre zwischen den Sterneninseln war nicht zu beseitigen gewesen, der Exodus nicht durchführbar, und die Existenz der Nogks hatte auf dem Spiel gestanden. Doch da wurde rund 300.000 Lichtjahre vom Halo der heimatlichen Galaxis entfernt ein Sonnensystem entdeckt. Um eine rote Riesensonne kreisten siebzehn Planeten, von denen der sechste Verhältnisse aufwies, die den Lebensbedingungen der humanoiden
Libellen entsprach, und während die Milchstraße von einem Strahlorkan nach dem anderen bedroht wurde, waren in diesem Sternoasenbereich die elektromagnetischen Störungen kaum festzustellen. Die Nogks hatten auswandern können, aber die Milliarden Menschen Terras konnten ihren Planeten nicht verlassen. Sie mußten bleiben und die Strahlungsorkane über sich ergehen lassen, auch auf die Gefahr hin, daß in den nächsten Generationen die gesamte Menschheit mutierte. Genetiker und Biologen hatten immer wieder auf diese Gefahr hingewiesen, darum war das Geschenk der Nogks für die Erde buchstäblich die Rettung vor dem Untergang. Und nun war der erste Probelauf zu Ende und die besten Suprasensoren hatten die unzähligen Meßdaten verarbeitet. Die Resultate lagen vor. “Wir dürfen zufrieden sein!” stellte Shu Benschim fest, der Mann aus dem tibetanischen Hochland, der Chef dieses weltumspannenden Projektes war, und seine mongolischen Gesichtszüge entspannten sich und zeigten plötzlich die Müdigkeit, gegen die auch seine engsten Mitarbeiter ankämpften. “Mit gutem Gewissen können wir der Regierung in Alamo Gordo melden, daß ab morgen Mitternacht Norm-Zeit die Strahlungsgefahr für Terra gebannt sein wird. Ihnen habe ich zu danken, und danken Sie auch Ihren Mitarbeitern. Der heutige Tag ist der schönste in meinem Leben.” Shu Benschim nahm die Folienmappe an sich, sprach mit seinem Assistenten noch ein paar Worte und erhob sich, um der Regierung vom guten, pannenlosen Ausgang des Unternehmens zu unterrichten! Er sah die Zukunft Terras im rosigsten Licht. * Bentlake! Den Ort gab es auf keiner Karte, dennoch kannten ihn alle Menschen, denn in Bentlake wurden die ersten Ringraumer aus Tofirit hergestellt, aber Schiffe, die mit einem Durchmesser von vierhundert Metern doppelt so groß waren wie die POINT OF und die erbeuteten S-Kreuzer. Bentlake lag bis zu zweitausend Metern unter der Erde, und die Werft, die nach dem künstlichen Stausee am Ende der Bandstraßen ihren Namen bekommen hatte, stieß den ersten Raumer der Null-Serie aus. Die wichtigsten TV-Stationen Terras waren anwesend, der Minister für Raumfahrt und sein Kollege, der im technischen Bereich tätig war. Nur Henner Trawisheim und Marschall Bulton hatten im letzten Moment ihr
Erscheinen abgesagt. Doch nur wenige Eingeweihte wußten davon. In der mehr als zehntausendköpfigen Menge fiel es nicht auf, daß sie fehlten. Die TERRA lief vom Band! A-Grav ließ den rotfunkelnden Raumer schweben, und vier PressorStrahlanlagen schoben das Schiff langsam durch das weit geöffnete, vierteilige Schleusentor nach draußen auf die Plastikbetonpiste, an der sich rechts und links die Menschen versammelt hatten, um diesen historischen Augenblick mitzuerleben. Der Himmel war wolkenlos, der Wind aus den nahen Bergen kaum zu spüren. Unbeweglich standen überall Schwebeplatten in verschiedenen Höhen, die mit den TV-Teams besetzt waren, denn Terra sollte den Jungfernflug der TERRA in allen Einzelheiten miterleben. Langsam schwebte der große Raumer heran. Unwirklich seine rotfunkelnde Oberfläche, und diese Unwirklichkeit wurde noch durch seinen gewaltigen Durchmesser von vierhundert Metern gesteigert. Ihm gegenüber mußte das Flaggschiff der Terranischen Flotte wie ein Beiboot wirken, aber auch der letzte Mann der Bentlake-Werft wußte, daß die TERRA in ihren Leistungen keinem S-Kreuzer überlegen war, obwohl sie drei Mysterious-Triebwerke an Bord hatte. M-Triebwerke gab es genug, und die Menschen hatten es den beiden Experten Ivo Marcus und Raoul Pelletier zu verdanken, die im Industrie-Dom auf Hope durch ihre Versuche am Groß-Transmitter und an der im Zentrum des Doms schwebenden Ringröhre einen unwahrscheinlichen Segen an MFertigprodukten, die über flammende A-Gravbahnen abgeladen wurden, entfesselt hatten. Ihnen war es auch gelungen, diese Anfuhr wieder zu stoppen, doch die Energiebahnen im Dom und das Summen der Transmitter-Großantenne waren geblieben. Terra, durch den Astrophysiker Spence Bentheim unterrichtet, setzte sofort mehrere Teams an, die sich mit dem Problem zu befassen hatten, wie die Industriegüter an die Oberfläche zu schaffen seien, damit sie durch Kugelraumer zur Erde geflogen werden konnten. Das Team unter der nichtssagenden Bezeichnung CD hatte die Aufgabe gelöst, und die Lösung war so einfach gewesen, daß sich hinterher die anderen Kollegen fassungslos fragten, warum sie nicht auf diesen Ausweg gestoßen waren. CD hatte die angelieferten Aggregate untersucht, die sich vor dem Portal zur Maschinenhöhle zu Bergen stapelten. Die meisten davon wurden zur Seite geschafft, weil ihr Zweck nicht zu erkennen war, doch dann war man auf einen Satz Geräte gestoßen, der die Ingenieure aufmerken ließ, denn
das gleiche Modell gab es in doppelter Ausfertigung auch in der POINT OF. Die nächste Sensation war geboren, als vor dem großen Portal ein Intervallfeld erzeugt und in seinem Durchmesser nach Belieben verändert werden konnte. Damit hatte das Team CD die Lösung gefunden, wie man die angelieferten Maschinen an die Oberfläche schaffen konnte, innerhalb eines Intervalls, mit zusätzlicher Hilfe von Pressorstrahlen. Die Bentlake-Werft auf der Erde bekam als einzige Grünes Licht, als die ersten Kugelraumer mit den unschätzbar wertvollen Aggregaten auf Terra gelandet waren, und die Ingenieure und Konstrukteure der Werft brachten das Wunder fertig, auf der Bandstraße 3 die Produktion zu stoppen und diese Tofirit-Schiffe mit den Maschinen der Mysterious zu versehen. TERRA war das erste Erzeugnis. Und TERRA schwebte lautlos über die Piste – ein gewaltiger, rotfunkelnder Ring, dessen Röhrendurchmesser neunzig Meter betrug. Beinahe drohend wirkte die schwarze Aufschrift: TERRA! In haushohen Lettern war der Name gleich siebenmal auf der Zelle angebracht worden. TERRA! Langsam stieg der Gigant im strahlenden Sonnenschein höher, und für viele Zuschauer war es unfaßbar, wie diese aber Millionen Tonnen bewegt wurden, ohne dabei zu bedenken, daß gewaltige A-Gravkräfte sie vollständig aufhoben. Die Pressorstrahlen wurden abgeschaltet. Das Schiff bewegte sich nicht weiter vorwärts, sein Steigen fand ebenfalls ein Ende, doch als sich langsam die mächtigen Teleskopstützen aus der Zelle schoben und mehr als hundert breite Ausleger sich dem Plastikbeton der Piste näherten, hielten auf der Erde und in Bentlake viele Menschen den Atem an. Mit spielerischer Eleganz setzte der Raumer auf. Das Knirschen der Auflegerplatten ging im frenetischen Jubel der Zuschauer unter. Auch der letzte Gast wartete voller Ungeduld den Taufakt ab. Prooth, Minister für Raumflug, machte es kurz. Seine letzten Worte waren: “Viel Glück, TERRA!” Das rote Funkeln blendete die Augen gar nicht, aber die im Tiefflug vorüber jagenden acht S-Kreuzer, die zur Taufe des ersten To-Schiffes aus Cent Field gekommen waren, wurden von den geladenen Gästen und den übrigen Zuschauern als Belästigung empfunden. Man wollte den Jungfernstart der stolzen TERRA sehen! Man wollte sich selbst überzeugen, daß die Menschen es geschafft hatten, nun auch
Ringraumer zu bauen wie die Geheimnisvollen. Vom provisorisch errichteten Tower kam über einen Lautsprecher mit gewaltiger Phonleistung die Durchsage: “Start frei!” Unmerklich hob das Schiff ab. Unmerklich steigerte es seine Beschleunigung. Ruhig stieg es in die Höhe. Ruhig, beinahe mit einer aufreizenden Langsamkeit wurden die mächtigen Teleskopstützen eingefahren, und als sich die Auflegerplatten in ihre Vertiefungen hineinschoben, sah die Ringrohrzelle aus, als ob sie an keiner Stelle eine Fuge oder Naht aufweisen würde. Die TERRA drehte sich, stieg dabei immer höher. Langsam wurde der Raumer kleiner. Vom Tower kamen hin und wieder einige technische Kommentare. “In wenigen Sekunden wird das Schiff sein oberes Intervallfeld einschalten, aber sie werden kaum etwas bemerken können.” Als winziger Ring, der das Sonnenlicht reflektierte, war das stolze Schiff zu sehen, als es seinen oberen Mini-Weltraum entwickelte. Und dann funkelte und: gleißte es noch einmal in der Höhe, und im nächsten Moment war die TERRA mit bloßem Auge nicht mehr zu sehen! Keiner der Zehntausend verließ den Rand der Piste, auch nicht die beiden Minister. Der Tower übertrug das Gespräch mit dem Kommandanten des Schiffes. Herrlich klang sein Okay, das er immer wieder verwandte. Doch plötzlich sagte er etwas, das allen zu denken gab. “Ich bin stolz, der Kommandant der TERRA auf ihrem Jungfernflug zu sein, aber viel Heber hätte ich unseren Commander der Planeten hier im Pilotensitz gesehen: Ren Dhark, dem wir dieses Schiff zu verdanken haben!” Dann wurde gemeldet, daß sich das Schiff auf dem Flug zum Mond befand. Die Menschen in Bentlake konnten nur auf die Rückkehr des Raumers warten, die Menschen vor den Bildschirmen aber sahen die TERRA dem Trabanten entgegenjagen. Sie erlebten mit, wie ruhig es in der Kommando-Zentrale zuging. Sie glaubten sich selbst im Leitstand aufzuhalten, als die Kamera die Bildschirm-Anlage erfaßte und Luna darauf mit rasender Geschwindigkeit größer wurde. Der Mond wurde einmal umkreist, dann war die TERRA schon wieder auf Gegenkurs gegangen und flog zur Erde, nach Bentlake zurück. Zwei Stunden und drei Minuten nach ihrem Start war sie plötzlich wieder als rotfunkelndes Etwas am wolkenlosen blauen Himmel zu sehen. Siebzehn Minuten später landete sie auf eigener Kraft auf der Piste. Langsam öffnete sich kurz darauf Schleuse 1, die Rampe fuhr geräuschlos aus, und es knirschte und kreischte nur in dem Augenblick, als sie mit
ihrer Stoßkante gegen Plastik stieß. Über die Rampe kam der Kommandant der TERRA mit den Ingenieuren der Werft. Vom Rand der Piste ging eine Gruppe Männer in der Uniform der TF auf die Rampe zu. Die TERRA wurde formlos von den Ingenieuren der Bentlake-Werft der Terranischen Flotte übergeben. Milliarden Menschen auf der Erde schalteten ihren Bildschirm ab. Viele waren ergriffen, denn sie hatten eine historische Stunde erlebt. Und viele unter ihnen, und auch unter den Zuschauern am Rand der Landeflächen, sahen Terras Zukunft im rosigsten Licht! * Colonel P.S. Clark erinnerte an einen Bulldoggen, und Colonel Huxley sah auch nicht besonders freundlich aus. Beide Kommandanten sprachen und sahen sich über To-Funk. To-Funk mit seiner einmaligen Bündelung war immer noch die beste Methode, unbelauscht sprechen zu können, wenn der Standort der Gegenstation bekannt war und man ihn genau justieren konnte. “Hübsch!” Das war wie das Knurren einer Bulldogge gewesen. “Mist!” erwiderte Huxley drastisch. “Und dieser Mist stinkt.” Fünfzig S-Kreuzer standen im freien Fall. Auf fünfzig S-Kreuzern bestand nach wie vor höchste Alarmbereitschaft. Die Waffensteuerungen hatten Befehl, sofort das Feuer zu eröffnen, wenn ein Angriff erfolgen sollte. “Clark, und bei Ihrem letzten Einsatz, als Sie den verstümmelten SOSRuf auffingen, war wirklich alles ganz anders gewesen?” Clark grinste böse. “So anders wie bei Ihnen, als Sie den Nogks unter die Arme griffen, und doch möchte ich glauben, daß wir es mit ein und demselben Gegner zu tun haben.” “Ihre Worte in Gottes Ohr.” Auf der C-500 schwieg sich Clark aus. Sein Blick glitt über die Bildschirme. Sie zeigten den dunklen Weltraum, die nahen und fernen Sonnen, das schimmernde Band der Milchstraße und den fernen Andromeda-Nebel. Bis auf 6,4 Lichtjahre im Umkreis gab es weit und breit keinen einzigen Stern. Weit hinter ihnen lag Centauri. Vor Stunden schon hatten sie den Sektor verlassen, aus dem sich die A-066 zum
letztenmal gemeldet hatte. Breitflächig waren sie mit Überlicht geflogen und hatten dabei alle Ortungen spielen lassen, aber von dem vermißten Schiff waren nicht einmal Energiefahnen zu entdecken gewesen. “Clark, Sie sind doch auch auf einen Viphoruf hereingefallen.” Niemand wurde gern an Reinfälle erinnert, P.S. Clark auch nicht, und es ärgerte ihn, daß Huxley sich so ungeschminkt ausdrückte. Er hätte es auch etwas eleganter formulieren können. “Sie wären an meiner Stelle auch der Dumme gewesen!” unterbrach ihn Clark energisch. “Und worauf spielen Sie eigentlich an, Huxley?” “Auf meine FO I. Ich begreife mich selbst nicht, wieso ich dazu kam, nicht mein Schiff zu fliegen.” Wollte er mit dem Themawechsel ablenken? Von dieser Seite her kannte Clark seinen Kollegen nicht, denn Huxley war nicht der Mann, der Schwierigkeiten aus dem Weg ging, weil sie mit Unannehmlichkeiten verbunden waren. Clark ließ Huxleys Anspielung auf dessen FO I unbeantwortet. “Was wollen wir tun? Die Aktion abbrechen oder weitersuchen?” “Vor allen Dingen noch einmal versuchen, mit Cent Field Verbindung zu bekommen. Wir schalten alle To-Funkaggregate auf mein Schiff und ich rufe mit dieser verstärkten Sendeleistung Terra an. Einverstanden?” Ein vernünftiger Vorschlag, und ein Vorschlag, der technisch leicht in die Praxis umzusetzen war. Wenig später stand die Ringschaltung auf die C-550, das Schiff, das unter Huxleys Kommando flog. Aber Terra gab keine Antwort, dabei lag die Erde, bemessen an der Leistung eines To-Funkgerätes vor der Haustür. Störungen des elektromagnetischen Feldes in der Milchstraße konnten für diesen fehlgeschlagenen Versuch nicht verantwortlich gemacht werden, denn seit einigen Tagen waren sie merklich schwächer geworden und behinderten den Hyperfunk kaum noch. “Ich schicke eins meiner Schiffe nach Terra zurück!” erklärte Huxley. “Wenn wir über Funk nicht durchkommen, müssen wir eben auf diese kostspielige Methode zurückgreifen.” “Schicken Sie drei Schiffe zur Erde, nicht eins, Huxley. Eins ist zu wenig!” schlug ihm Clark vor. “Und warum?” Diese Frage konnte Clark ihm nicht beantworten, deshalb erwiderte er ausweichend: “Ich an Ihrer Stelle würde es tun. Haben wir wirklich mit einer unsichtbaren Station zu schaffen und bemerkt sie, daß sich ein Schiff
absondert, dann ist es jetzt schon so gut wie verloren. Fliegen aber drei Raumer nach Cent Field, dann ist die Gefahr auch nur noch ein Drittel so groß.” Huxley war noch niemals so stur gewesen, daß er nicht auf einen vernünftigen Rat gehört hätte. “Okay, die 560, 561 und 562 nimmt Kurs Terra. Bitte, bleiben Sie in der Verbindung.” Im gleichen Moment interessierte sie alle, beide ihr Gespräch nicht mehr. “Bildschirm drei!” war in beiden Leitständen der Ausruf zu hören gewesen. Bildschirm drei über dem Instrumentenpult zeigte einen Irrläufer – einen Planeten, der ohne Sonne verloren durch die Leere des Alls stürmte! Aber wieso konnte er unbemerkt auftauchen? Es liefen doch alle Ortungen der fünfzig S-Kreuzer, und sie tasteten doch schon seit Stunden auf viele tausend Lichtjahre tief den Weltraum ab, hatten Sonnen mit ihren Planeten erfaßt, sie überprüft und mit dem Katalog verglichen und sie danach aus der Kontrolle wieder entlassen. Dieser Irrläufer hatte von den Ortungen gar nicht übersehen werden können, denn erstens war er mit mehr als 23.000 Kilometern Durchmesser ein ganz hübscher Brocken, und zweitens bewegte er sich mit 1356 Kilometern in der Sekunde bestürzend schnell. Allein die Distanz- und Massen-Ortungen hätten ihn wegen der beiden letzten Punkte erfassen müssen! “Und 98,4 Gravos hat er auch noch zu bieten!” Damit hatte Huxley das Gespräch wieder aufgenommen. “Etwas viel für einen Planeten, auch wenn er ein Irrläufer ist.” P.S. Clark hatte vergessen, wo er sich befand, denn dieser durch das All rasende Planet beschäftigte ihn so sehr, daß ihm nicht zum Bewußtsein kam, wie gründlich er in seiner Nase bohrte. Clark schnaubte in Richtung der Ortungen: “Wie weit entfernt?” “0,9 Lichtjahre!” lautete die Antwort. “Kurs?” “Von Rot 45:32,09 auf Rot 45:60,00. Ungefähr unsere Position.” “Bei dem Tempo braucht er etwas Zeit, bis er uns erreicht hat, oder er müßte gleich schneller werden.” Sind Sie verrückt geworden, wollte Huxley seinem Kollegen zurufen, aber sein Ortungs-Offizier hinderte ihn an diesem Vorhaben. “Colonel, er wird schneller.” Auf fünfzig Schiffen richteten sich alle
Ortungen auf diesen unheimlichen Irr- und Schnell-Läufer aus. Ein Planet, der seine Geschwindigkeit steigern konnte, ohne in der Nähe einer Sonne zu sein? Clark brachte ein Stöhnen über die Lippen und dann die Bemerkung: “Es gibt Dinge, die es gar nicht geben darf.” Aber es gab diesen einsamen Planeten, und er besaß einen Durchmesser von 23.495 Kilometern, und seine Schwerkraft betrug 98,4 Gravos, und seine Geschwindigkeit hatte sich binnen einer Minute auf 1523 Kilometer pro Sekunde erhöht. Er war auf Bildschirm drei deutlich zu sehen. Tele holte ihn über Hyperspace heran und machte seine Oberfläche erkennbar. P.S. Clark belästigte seine astronomische Abteilung. “Überprüfen Sie unseren Sternkatalog genauer als jemals zuvor, und wenn der Katalog tatsächlich in diesem Sektor einen Irrläufer verzeichnet, dann mache ich mir keine Sorgen mehr.” “Mißtrauisch, Clark? Warum?” fragte Huxley von der C-550. “Mann, 98,4 Gravos! Und das bei einem Planeten?” “Vielleicht ist es eine ganz harmlose, erkaltete Sonne, die niemals eine Rolle gespielt hat und…” Und dann hatte Huxley geflucht, laut und drastisch. Er hatte einen ganz modernen Fluch benutzt, der erst seit einiger Zeit bei der TF im Gebrauch war. “Der Irrläufer besitzt Ruinenstädte, aber keine Atmosphäre mehr.” Und wieder fluchte der Colonel, denn es durfte bei 98,4 Gravos darauf weder Ruinen geben, noch konnte ein Planet bei diesen Schwerkraftverhältnissen seine Atmosphäre verlieren, und das war Huxley soeben durch den Kopf gegangen. Zu frisch in Clarks Erinnerungen war sein Zusammenstoß mit den gigantischen Stationen, als er nach den verschwundenen Raumern suchte, die auf dem Planeten 1 im Zwitt-System nie angekommen waren. Obwohl Huxleys Erfahrungen mit dem erbarmungslos zuschlagenden unbekannten Gegner nicht gering waren, bewies Clark, daß er mißtrauischer als sein Kollege war. Er gab das Kommando an seinen Kopiloten ab, erhob sich und trat hinter die Ortungs-Anlage. “Das habe ich mir gedacht”, murmelte er, als er feststellte, daß alle Taster auf diesen Irrläufer eingestellt waren, und er griff in die Schaltung ein und setzte die Rundum-Ortung wieder in Betrieb. “Und dabei bleibt es!” sagte er barscher als beabsichtigt. Dieser allein durch die Galaxis rasende Planet, der seine Geschwindigkeit auch noch verändern konnte, war ihm unheimlich, aber bei aller Unheimlichkeit verlangte Clark, daß auch der Raum um sie herum unter Kontrolle gehalten wurde.
Als er wieder Platz nahm, hatte sich auf Schirm drei nichts verändert. Der Planet im Dunkeln des Universums zeigte seine zerklüftete Oberfläche, aber auch unverkennbar deutlich riesige Ruinenstädte. Lachhaft, dachte Clark, und das bei diesen Gravos! Die astronomische Abteilung meldete sich. “Colonel, wir haben den Sternkatalog mit Hilfe des Suprasensors durchgemustert. Es hat sich weit und breit in diesem Sektor nie ein Irrläufer befunden!” “Genau das hatte ich erwartet. Danke, Ende!” Die Verbindung zur C-550 bestand noch, aber die beiden Colonels unterhielten sich nicht mehr. Clark schaltete zu seiner Funk-Z durch, und seine Stimme verriet, daß er die Offiziere dieser Abteilung nicht gerade tief in sein Herz eingeschlossen hatte. “Noch einmal Durchführung aller Tests. Sie müssen herausfinden, warum wir mit Terra keine Verbindung bekommen, aber ich möchte auf das Resultat Ihrer Nachprüfungen keine Stunden warten! Ende.” Die nächste Abteilung, die er anrief, war die Waffensteuerung. “Halten Sie den Finger am Drücker. Mehr habe ich Ihnen nicht zu sagen.” Er war nicht nervös, nur wollte er sich nicht überrumpeln lassen. An die reale Existenz des Planeten glaubte er nicht mehr. Es war unmöglich, daß ein Planet einfach aus dem Nichts auftauchen konnte, und weil dieses Auftauchen jeder Logik widersprach, mußte dieser Irrläufer nicht real sein. Man hatte ihnen einen Blickfang vor die Nase gesetzt, wiederum aber so weit entfernt, daß er bis ins Letzte nicht analysiert werden konnte, um ihre Schiffe dann aus anderer Richtung zu überfallen. Huxley war anderer Ansicht. “Vergessen Sie nicht in Erwägung zu ziehen, daß dieser Irrläufer bis vor wenig mehr als einer halben Stunde unter einem Deflektorschirm gelegen haben kann.” “Nein, habe ich nicht vergessen, auch nicht diese 98,4 Gravos. Moment, Huxley, meine Funk-Z will mich sprechen.” Das Gesicht eines jungen Offiziers tauchte auf dem Schirm der Verständigung auf. “Colonel, unsere Anlage ist in Ordnung, Funk wie Empfang, dennoch muß ein Fehler vorliegen, weil wir keinen einzigen Sender hereinbekommen. Wir haben versucht, Esmaladan anzurufen, aber die Utaren antworten nicht, und die zum Halo hin liegenden großen Stationen anderer Rassen, die wir sonst immer hörten, schweigen, oder wir können sie nicht mehr empfangen. Alle Tests sind positiv verlaufen, Ausgang wie Eingang arbeiten mit hundert Prozent. Colonel, wir können den Fehler nicht finden.”
“Okay!” Huxley sprach wieder, aber Ober das erste Wort kam er nicht hinaus. “Stop!” wurde er von Clark unterbrochen. “Wieso können wir beide uns über To-Funk unterhalten, aber nicht mit Terra? Geben Sie mir eine Antwort darauf, Huxley?” “Weil wir nur ein paar tausend Kilometer getrennt sind und…” Da schlug der Gegner zu! Von drei Seiten! Und zugleich von sieben oder acht verschiedenen Positionen! Auf Schirm drei war der Irrläufer nicht mehr zu sehen! Es gab nur noch turmdicke Strahlbahnen, die gegen die Intervalle der SKreuzer prallten und sie bis zum Zusammenbruch hinauf belasteten! Terranische Raumschiffe waren geködert worden! * Sondersitzung der Regierung in Alamo Gordo! Shu Benschims Meldung vom erfolgreichen Test des planetarischen Schutzschirmes wurde nicht besprochen. Der Jungfernflug der TERRA mit keinem Wort erwähnt. Zur Debatte stand die Frage, ob Terra in Alarmzustand versetzt werden solle oder nicht. Henner Trawisheim führte im großen Konferenzsaal im Regierungsgebäude den Vorsitz. Marschall Bulton hatte referiert, der Chef der Ast-Stationen sprach noch, als vor Dharks Stellvertreter der Schirm des Stand-Viphos aufflammte und die Meldung darauf erschien: 14:04 Norm-Zeit, verstümmeltet To-Funkspruch von der C-500: …griff durch unbek… haben schwer… uste… durch neue Wa… nicht wie lange halten… tz… ark. Unsere Funk-Ortung stellte folgende Position fest. Sie lautet… Trawisheim erhob sich langsam. Der Chef der Ast-Stationen fühlte sich in seinem Vortrag gestört und verstummte. “Man hat uns die Entscheidung abgenommen, meine Herren”, sagte Dharks Stellvertreter auffallend langsam. “Die Schiffe unter Huxley und Clark liegen im Kampf mit einem unbekannten Gegner. Soeben hat unsere Station in Cent Field einen verstümmelten To-Funkspruch aufgefangen, der aller Wahrscheinlichkeit noch von Colonel Clarks Schiff ausgestrahlt wurde. Der Kampf spielt sich in einer Entfernung von 4530 Lichtjahren in Richtung Rot ab. Bulton, mir ist unbegreiflich, wie unser Flottenverband
in diesen Abschnitt kommt. Hatten die Schiffe nicht den Auftrag, vor Centauri nach der A-066 zu suchen?” Bulton glaubte nicht richtig verstanden zu haben. “In welcher Entfernung findet eine Raumschlacht mit unseren Schiffen statt?” “Sie haben mich verstanden, Bulton. Wie kommen die Schiffskommandanten dazu, ihre Befugnisse zu überschreiten?” Der Cyborg auf geistiger Basis, der einzige, der jemals von Echri Ezbal geschaffen wurde, besaß nur einen Fehler: Er kannte den Raumflug nicht, er wußte nur aus seinen Informationen – und wenn sie auch hundertprozentig richtig waren –, was alles auf einem Flug zwischen den Sternen geschehen konnte, aber in diesem Fall reichten seine Informationen nicht aus, sich tatsächlich ein richtiges Bild machen zu können, und mit seiner letzten Frage hatte er nicht nur Huxley und Clark einer Befehlsüberschreitung verdächtigt, sondern auch indirekt damit den Marschall angegriffen. Und der Choleriker Bulton war nicht bereit, diesen Angriff stillschweigend hinzunehmen. Er sprang auf. Er schlug dabei auf den Tisch, und es krachte ganz hübsch. Sein Gesicht war rot wie eine Tomate, und sein Organ zeigte sich von der besten Seite, als er losbrüllte: “Trawisheim, Ihre Position erlaubt Ihnen noch lange nicht, impertinente Fragen dieser Art zu stellen! Was verlangen Sie eigentlich von den anderen? Soll ich hier den Hellseher abgeben oder den Clown? Ich lasse nicht zu, daß zwei unserer bewährtesten und erfahrensten Raumschiffkommandanten in dieser Form angegriffen werden. Hätten Sie nur einen blassen Schimmer davon, was alles zwischen den Sternen möglich ist, dann hätten Sie diese Frage nie gestellt. Ich denke nicht daran, sie zu beantworten.” Er saß wieder! Er hatte sich in seinen Sessel fallen lassen. Er kreuzte die Arme vor der Brust und starrte Trawisheim angriffslustig aus funkelnden Augen an. Eisige Stille im Konferenzsaal. Aber ein unverändert aussehender Henner Trawisheim, ein Mann, an dem ein Angriff abgeglitten war, aber auch der Mann, der sich nicht entschuldigte oder verbesserte, sondern der seine Frage erneut im gleichen Wortlaut an Bulton richtete. Der Marschall schwieg. “Bulton, ich frage Sie zum drittenmal.”
“Und ich frage Sie zum zweitenmal, ob ich hier den Hellseher abgeben soll oder den Clown, Trawisheim?” brachte Bulton scharf über die Lippen. “Entschuldigung!” Das hatte niemand der dreiundzwanzig versammelten Männer erwartet, aber dann kam es noch schlimmer. “Ich bin falsch verstanden worden, weil ich mir einfach einen Moment lang nicht vorstellen konnte, daß Sie nicht in der Lage sind, meinen logischen Berechnungen zu folgen, und nach denen müssen Huxley wie Clark, wenn keine Überschreitung der Befugnisse vorliegt, auf eine Gefahr aufmerksam geworden sein, die eine Bedrohung für Terra darstellt.” Resignierend winkte Bulton mit beiden Händen ab. “Trawisheim, lassen Sie wenigstens in diesem Fall Ihre logistische Denkweise aus dem Spiel und benutzen Sie nur Ihren normalen Verstand. Das bringt uns alle besser und viel schneller weiter. Der Verband sollte vor Centauri nach der A-066 suchen. Nun meldet er sich aus einer Entfernung von 4530 Lichtjahren und liegt in einem schweren Kampf. Ich glaube nicht an diese Distanz! Seit der Stunde nicht mehr, in der die A096 auch einen Notspruch absetzte. Als Clark von Planet 1 aus startend das durch Funk-Ortung bestimmte Gebiet erreichte, war weder von der A096 noch von den anderen vermißten Schiffen eine Spur zu finden. Und wenn wir zusammensitzen und überlegen, ob Terra in den Alarmzustand versetzt werden soll oder nicht, dann sollten wir unsere Entscheidung nicht auf der Annahme aufbauen, im Augenblick würden fünfzig unserer S-Kreuzer in mehr als 4000 Lichtjahren auf Leben und Tod kämpfen, sondern unsere Entscheidung danach fällen, daß unsere Schiffe seit vielen Stunden durch Funk nicht mehr zu erreichen sind. Nach meinen Erfahrungen ist dieser verstümmelte Funkspruch keinen Schuß Pulver wert!” Trawisheim zeigte nicht, was er dachte. Ruhig fragte er den Marschall: “Sie würden also auch nicht in vierundzwanzig Stunden, wenn sich bis dahin der Verband nicht gemeldet haben sollte, weitere Schiffe zur Suche des Verbandes in Marsch setzen?” “Nein!” Es klang wie ein Fanfarenstoß. “Und zwar aus dem Grund, weil die beiden Kommandanten des S-Kreuzerverbandes Clark und Huxley heißen.” “Ihr Vertrauen geht zu weit, Bulton.” Der lachte auf. “Es geht nicht zu weit. Bei diesen beiden Männer nicht. Jeder von Ihnen ist ein halber Ren Dhark.”
“Hoffentlich behalten Sie recht, und hoffentlich hat die TF in den nächsten Tagen nicht neben dem Verlust von fünfzig S-Kreuzern auch den Tod dieser beiden Männer zu beklagen.” Marschall Bulton erhob sich schon wieder. Er packte seine Folien zusammen und legte sie in die Mappe. “Ich bin hier fehl am Platz, und ich bitte Sie, Ihre Entscheidungen ohne mich zu treffen, denn die Flotte hat ja immer das zu tun, was die Regierung befiehlt. Ich bin in der TF auch nicht mehr als der einfachste Mann, doch jeder Mann an Bord eines Raumers weiß genau, daß er einmal zwischen den Sternen in der Leere des Alls sterben kann. Wenn er dann für Terra stirbt, um die Erde mit seinem Tod zu schützen, dann hat sich das Sterben gelohnt. Nicht für den Toten, aber für alle Überlebenden. Und es wird immer wieder Menschen geben, die für andere sterben. Keiner von ihnen wird gern sterben, aber ans seinem Pflichtgefühl heraus. Und deshalb, meine Herren, soll man Männer, die in der Pflicht ihr Leben lassen, nicht beklagen, sondern bewundern. Damit möchte ich mich empfehlen. Ihre! Entscheidung erwarte ich.” Sie erreichte ihn eine halbe Stunde später. Terra wurde nicht in Alarmzustand versetzt, die Bereitschaft der Flotte auch nicht erhöht, sondern nur die Ast-Stationen und ihre Besatzungen lebten plötzlich unter der Alarmstufe 1 und fragten sich wieder einmal, warum es erneut keinen Urlaub gab. Die informierten Ast-Kommandanten dachten anders über den Alarmzustand, denn sie waren darüber unterrichtet worden, gegen welchen Gegner Huxley und Clark zwischen den Sternen kämpften. Und mancher fragte sich: Droht Terra aus dem Raum ein Angriff? Sie sahen die Zukunft der Erde nicht im rosigsten Licht! * Der Kugeltransmitter spie Bram Sass und Jimmy aus. Blendende Helle empfing sie – Licht, das den Cyborg im Phant-Zustand nicht blenden konnte und auch die Robotkonstruktion nicht behinderte. Der Gegentransmitter befand sich hinter einem Wasservorhang! Er stand auf nassem, glitschigem Fels, und weit vor der Kante des Felsens kam ein donnernder Wasserfall aus der Höhe herunter, um sich brüllend in die Tiefe zu stürzen. Dreißig, vierzig Meter breit war das Felsband unter diesem grünblau leuchtenden, brüllenden und orgelnden Vorhang. Hundert Meter und mehr lang nach beiden Seiten. Die Luft war von feinem Wasserstaub
geschwängert, und die Nässe und die Kühle waren überall. Überall waren aber auch die schwarzen Weißen, und überall schwebten dicht über der nassen, braunroten Felsterrasse vollbeladene A-Gravplatten. Scheinwerfer, in breiten Kelten dicht übereinander in der Wand installiert, an der in breiten Rinnsalen kleine Bäche herunterstürzten, überschütteten diese wunderbare Kulisse mit weißem, blendendem Licht. Weder Jimmy noch Sass wurden davon beeindruckt. Sie suchten Mark Carrell, der nach den Worten des Robothundes in die Hände der schwarzen Weißen gefallen war. Bram Sass, der Mann, der in seinem Aussehen an einen Zigeuner erinnerte, schoß beidhändig aus seinen Para-Schockern, die er in einer blitzschnellen Reaktion auf Fächer geschaltet hatte. Jimmy, dicht vor der Transmitterkugel, war weniger zurückhaltend und benutzte Blaster. Das Ziel seines Abstrahlpols auf der Zungenspitze war die große Schweberplatte, die mit fremdartigen Aggregaten beladen war. Ein Parastrahl, der ihn mit voller Ladung traf, konnte seinem sensorischen Innenleben nichts anhaben, aber er hatte sich den schwarzen Weißen gemerkt, der ihn unter Feuer genommen hatte. Seine Ortungen verrieten ihm, daß es hier gleich eine kleine Hölle geben mußte, wenn es ihm gelang, das richtige Feuerwerk zu veranstalten. Er war dabei, es auszulösen, als ihn ein Pressorstrahl erwischte und in die Transmitterkugel schleuderte. Auf dem Planeten, auf dem Giants sich selbst herstellten, kam er wieder an. Er landete auf allen vieren, warf sich wie eine Katze herum und jagte erneut in die Anlage hinein. Was Holger Alsop von ihm dachte, der sein Auftauchen und erneutes Verschwinden beobachtet hatte, war dem Hund gleichgültig. Der Wasserfall war wieder da. Jimmy schoß Blaster. Und Bram Sass aus seinen beiden Para-Schockern! Von links war der Pressorstrahl gekommen, der ihn zurückbefördert hatte. Dort lag jetzt sein Ziel, und sein kleiner Notkonverter wurde eingesetzt, als er die beiden schwarzen Weißen erkannte, die ihn schon wieder unter ihren Beschuß nehmen wollten. Ein leichtes Pressorgerät flog mit einem Krachen, das das Donnern und Brüllen des Wasserfalles übertönte, in die Luft. Der Schatten, der an dem Robothund vorbeihuschte, gehörte Sass. Der Cyborg suchte Deckung. Sein Programm-Gehirn hatte ihm den Befehl erteilt.
Im Hechtsprung, in jeder Hand einen Superschweren Para-Schocker, landete er auf dem Bauch hinter einer Schweberplatte, deren A-Gravkräfte noch still lagen. Knapp über ihm brannte ein Blasterstrahl ein immer größer werdendes Loch in den nassen braunroten Felsen. Die schwarzen Weißen hatten sich von ihrer Überraschung erholt und gingen mit den radikalsten Mitteln zum Gegenangriff vor. Jimmy ist gut, dachte der Cyborg im Bereich seines zweiten Systems. Es war kein Lob, sondern nur eine Feststellung, weil keine zwanzig Meter weiter ein vollbeladener A-Gravschweber unter grellen Entladungen in die Luft flog. Der Scotch heulte nicht auf, als ihm die rechte Vorderpfote weggeschmolzen wurde, denn sein Sensorleben kannte keine Schmerzen, aber sein Konstrukteur Chris Shanton hatte diesem Unikum eine menschliche Eigenschaft mitgegeben, und die brach jetzt durch. Ein Roboter in Gestalt eines Scotchterriers, der wütend wurde. Trotz seiner weggebrannten rechten Vorderpfote brachte er sich auf Schwung! Er flog acht oder neun schwarze Weiße an, die wahrscheinlich immer noch nicht begriffen, wie ein Ding auf vier Beinen, das harmlos aussah, Energiefeuer auf sie eröffnen konnte. In einem Sprung, der ihn acht Meter weit brachte, wich er ihrem Angriff aus und ging selbst zum Angriff vor. Sensorschnell richtete sich seine heraushängende Zunge auf das Ziel. Daß er dabei durch die Luft fegte, spielte keine Rolle. Para mit maximaler Dosis! Para traf die Gruppe fremder Wesen, die Menschen glichen, nur daß sie eine schwarze Haut besaßen. Dicht vor ihnen kam er auf. Sie taten ihm nichts mehr, denn sie lagen paralysiert am Boden und konnten dem Wutangriff eines vierbeinigen Etwas nicht mehr folgen. Wo war Carrell geblieben? Jimmys Ortungen liefen mit maximaler Leistung! Energie-Ortung rechts! Zielerfassung! Umschalten auf Blaster. Ein kleines, schwarzverkapseltes Aggregat ging hoch. Die Explosionswirkung war verheerend. Schwarze Weiße wurden vom Luftdruck fortgeschleudert, und der Robothund sah drei von ihnen über die Kante stürzen. A-Gravplatten kippten um. Ihre Ladung flog über den nassen, schmutzigbraunen Felsen. Acht Scheinwerfer erloschen, und wo sie im
Felsen gesteckt hatten, floß jetzt verflüssigtes Gestein aus den Höhlungen. Das Spielzeug, das von Chris Shanton auf Hope konstruiert und dann im Laufe der Jahre immer weiter verbessert worden war, entpuppte sich als furchtbare Angriffswaffe. Die beiden kleinen Konverter in seinem Innern verfügten über eine Abgabekapazität, die jeden Experten hätte sprachlos machen müssen. Drei Strahlbahnen schlugen vor und neben ihm ein und verwandelten Materie in Energie. Die Fremden gingen zum Gegenangriff über und hatten erkannt, welche Gefahr ihnen von diesem wieselflinken Etwas drohte, das wie ein Irrwisch zur Seite auswich, unerwartet sprang und hinter einem kleinen Schweber in Deckung ging. Als ob sie sich verabredet hätten, ging an seiner Stelle Bram Sass zum Angriff vor. Er sah nichts von der phantastischen Kulisse, die dieser gewaltige Wasserfall bildete, er hatte nur Augen für die Humanoiden, die vor diesem versteckt liegenden Transmitter ihre letzten Vorbereitungen getroffen hatten, den Planeten der Raubtierwesen zu besetzen. Sass war zum Roboter geworden, eiskalt, ohne Furcht, aber auch ohne den Wahnsinn eines lebensmüden Kämpfers. Sein Programm-Gehirn im zweiten System arbeitete unbestechlich exakt. Es bestimmte sein Handeln. Sein Cyborg-Organismus machte ihn zu einem Menschen mit unwahrscheinlichen körperlichen Fähigkeiten. In der linken Hand eine Blasterwaffe, in der rechten den Schocker, schoß er nach beiden Seiten. Eine Schweberplatte brach zischend und unter Abgabe von ungesteuerten Energiefontänen auseinander. Ihre Ladung darauf wurde vom Explosionsdruck in den grünblauen, donnernden Wasservorhang geschleudert. Sechs oder sieben schwarze Weiße mußten vor diesem künstlich ausgelösten Vulkan zurückweichen, und Bram Sass bekam an dieser Seite für Sekunden Luft. Er nutzte sie aus und machte rechts freie Bahn. Sein Paraschocker auf engste Bündelung eingestellt, hatte eine unglaubliche Durchschlagskraft, aber obwohl seine Dosierung eine tödliche Wirkung hatte, brachte er keinen Humanoiden ins Jenseits, weil, er es, über sein Programm-Gehirn gesteuert, verstand, den Strahl nur den winzigen Bruch, teil einer Sekunde im Ziel zu belassen. Er kniete hinter seiner Deckung und zuckte nicht einmal zusammen, als vom Kugeltransmitter her zwei Strahlen dicht über ihn hinwegzischten und weit hinten links, wo sich noch zwei Gruppen schwarzer Weißer befanden, einschlugen. Sollte ich nicht gesehen haben, wie Jimmy seinen Standort veränderte? fragte er sich, als beinahe im gleichen Augenblick der Robothund in einem
gewaltigen Sprung über einen Stapel Ausrüstungsgeräte sprang und mit Blaster auf vier Roboter, deren Augen glühten, schoß. Vier trockene, harte Explosionsknalle übertönten den mehrere hundert Meter breiten Wasserfall, der von der Kante der Terrasse sechzig oder siebzig Meter entfernt war. Vier Roboter, die bis auf ihre glühenden Augen wie ihre Konstrukteure aussahen, existierten nicht mehr. Jimmy, mit der zerschossenen Vorderpfote, die aber seiner Wendigkeit keinen Abbruch tat, federte herum. So wie er nun sprang, konnte kein Hund springen. Parabeschuß! Drei schwarze Weiße liefen gerade von einer Deckung zur anderen und wollten Bram Sass unter Feuer nehmen. Da erkannte der Scotchterrier dicht vor der schwarzen Transmitterkugel Holger Alsop. Er war ihnen gefolgt. Demnach befanden sich nur noch Lati Oshuta und Manu Tschobe auf der Welt der Giants. Aber von Mark Carrell weit und breit keine Spur! Alsop legte drei Humanoide in einen traumlosen Schlaf. Jimmy kümmerte sich nicht mehr darum. Er ging rabiat vor, denn die anderen setzten plötzlich ihre Roboter ein. Bram Sass erkannte den Täuschungsangriff. Weit hinten, dort, wo der Wasserfall durch eine senkrecht in die Tiefe stürzende Felswand begrenzt wurde, fuhr ein Pressorstrahl-Aggregat in Stellung! Und diese Vorbereitungen sollten durch den Roboterangriff ungestört verlaufen. Sass sprang, raste los, brachte zwei Humanoide und einen Roboter zu Boden, ließ den humanoid aussehenden Maschinenmenschen explodieren und kam binnen Sekunden, trotz des glitschigen Felsbodens, der stellenweise mit dicken grünlichen Flechten bewachsen war, auf Schußweite heran. Ein schwarzes Etwas überholte ihn: Jimmy! Und Jimmy war noch schneller als der Cyborg. Dann war es um das Pressor-Aggregat geschehen, und um die schwarzen Weißen, die es zum Einsatz bringen wollten, auch. Einen Augenblick lang wurde die in die Tiefe stürzende Wasserwand im Explosionsbereich nach außen gebogen, und es schien, als ob tobende Massen auseinanderreißen wollten. Im nächsten Moment war alles wieder wie vorher, nur das Strahlgeschütz und die schwarzen Weißen darum fehlten. Der Fels kochte, Wasser verdampfte, und Jimmy hatte abgedreht und stand ruhig vor Sass und blickte den Cyborg an.
Der suchte die Wand mit der Scheinwerferanlage ab. Einer nach dem anderen erlosch unter ihrem Blasterfeuer. Cyborg und Hund schalteten auf Infrarot. Das Licht, das stark gedämpft durch die Wasserwand hereinfiel, verbunden mit Infrarot, reichte aus, sie so gut wie vorher sehen zu lassen. “Da ist ja ein Eingang!” schrie Bram Sass dem Scotch zu. “Alsop kommt!” bellte der Hund mit seiner blechern klingenden Stimme. Zu dritt stürmten sie auf das Loch im Felsen zu, das durch einen weit vorspringenden Höcker verdeckt gewesen war. Jimmy sicherte und mußte noch einmal Para einsetzen, weil zwei schwarze Weiße, die ihren paralysierten Zustand nur geschauspielert hatten, sie unter Beschuß nehmen wollten. Der Robothund sah sie fallen, riß sich herum und jagte Sass und Alsop nach. Der Tunnel im Fels bog nach zehn Metern rechtwinklig ab. Vierzig Schritte weiter standen sie vor einer Wand, die massives Gestein war. Mit dem Superschweren Blaster machte Holger Alsop eine Stichprobe. Fels auch noch zwei Meter Tiefe! Zurück! Über die Terrasse nach rechts, wo der Wasserfall dünner zu sein schien als an allen anderen Stellen. Sie bemerkten von der Hitze nichts, die vom stellenweise noch flüssigen Fels ausging. Dann stießen sie durch wassergesättigte, milchigtrübe Schleier. Dicht neben ihnen orgelten, brüllten und donnerten die Massen in die Tiefe, daß sie vom Luftsog gepackt wurden und sich gegen ihn zu stemmen hatten, um nicht über die Kante in den Abgrund gerissen zu werden. Drei Schatten tauchten auf, wie aus dem Boden gewachsen! Roboter! Und Cyborgs gewannen auch diesen Kampf gegen die Roboter der schwarzen Weißen. Das Licht einer rötlichen Sonne trat sie mit ganzer Kraft. Ein leicht violettgefärbter Himmel, an dem vereinzelt dunkle Wolken von bizarrem Aussehen dahintrieben, stand über ihnen. Ein Windstoß, der Wasserstaub herantrieb, ließ sie bis auf den letzten Faden, triefendnaß werden. Mehr als dreihundert Meter hoch war der Anfang des Wasserfalls, und tiefer als tausend Meter lag sein Ende. Felsen, so weit sie sehen konnten. Eine Schlucht, die nach oben immer breiter wurde. Glatte Wände. In Jahrtausenden hatte das Wasser sie poliert. Es gab keine Möglichkeit, hinaufzusteigen. Auch nicht für einen Cyborg. “Auf welchem Weg sind die schwarzen Weißen mit ihren Robotern und
Ausrüstungsgegenständen auf die Terrasse gekommen? Wie konnten sie unter einem Wasserfall den Kugeltransmitter entdecken? Und warum haben die Mysterious diese Anlage hier aufgebaut?” Drei Fragen hatte Holger Alsop gestellt. Drei Fragen, die Bram Sass überhörte. “Wo steckt Carrell?” Es gab eine Antwort darauf. Die schwarzen Weißen konnten Mark Carrell durch den Transmitter auf einen anderen Planeten geschickt haben, aber warum hatten sie danach dann sofort wieder die Anlage auf die Welt der Giants eingestellt? “Wir müssen uns die andere Seite auch ansehen!” schlug Sass vor. “Aber weiterhin phanten!” bestimmte Alsop, der durch sein ProgrammGehirn gewarnt worden war, mit maximaler Vorsicht vorzugehen. Diese Warnung führte dazu, daß Jimmy wieder eingesetzt wurde. Der Scotchterrier raste los, als ob alle seine vier Pfoten in Ordnung seien. Nach wie vor hing seine Zunge aus dem Maul, und seine Ortungen arbeiteten alle. Ein schwarzer Weißer, der nicht die erforderliche Paradosis erhalten hatte, um für Stunden außer Gefecht zu sein, erhielt sie nachträglich von Jimmy, der aber seine Geschwindigkeit nicht verringerte. Er erreichte die andere Seite, wo er noch nie gewesen war, und er konnte dort, wo es der Sicht nach nicht weiterging, abbiegen! Der Wasserfall sprang an dieser Stelle um zweihundert Meter scharf winklig zurück! Jimmy fuhr seine Krallen aus und bremste scharf ab. Er dachte über seinen Suprasensor nicht daran, noch einen Schritt zu tun. Holger Alsop und Bram Sass mußten heran. Sie sollten entscheiden, was getan werden mußte. Ihm war dieser goldene Mensch mit dem gesichtslosen Kopf, der seine Arme zum Himmel reckte als wolle er nach den Sternen greifen, nicht geheuer. Denn mit seiner Distanz-Ortung erfaßte er ihn, aber mit der Massen-Energie und Materie-Ortung kam er nicht durch. Er kam damit von seinem Platz aus nicht einmal vierzig Meter weiter, aber am Ende der Terrasse, genau 168 Meter entfernt, befand sich die riesige Plastik, deren Füße mit dem rotbraunen Felsen verankert waren. Und weit und breit keine Spur von Mark Carrell! Jimmy schaltete seinen Funk ein und rief Alsop und Sass. *
Sie befanden sich nicht im Karmin! Darüber gab es keinen Zweifel. Sie steckten in einem anderen Universum, das seinem Farbton nach dem Karmin ähnelte, und sie befanden sich allem Anschein nach allein darin, denn die B-100 wie 101 waren nicht mehr zu orten. Die Belastung der beiden Intervalle war gleich Null. Die POINT OF sah nach wie vor wie eine schlecht gemalte Acht aus, und selbst Ren Dhark konnte sein Schiff in der Bildkugel nicht länger ansehen. Im Raumer sollte sich nichts verändert haben, hatten die Experten behauptet, aber wieso man den Ringraumer so verdreht sehen konnte, vermochten sie nicht zu erklären. Sie hatten auch nicht mehr den Ehrgeiz, die Antwort auf diese Frage zu finden. Was half aller Ehrgeiz, wenn sie in absehbarer Zeit in diesem Schiff gebraten wurden? Der letzte Mann dachte ununterbrochen an das tückische Vario, das aus der Substanz der POINT OF die Energie nahm, um das Schiff immer schneller anzuheizen. Aus der Funk-Z kam keine Meldung. Man erwartete auch keine mehr. Die beiden S-Kreuzer waren verschwunden – der eine in diese Richtung, der andere in jene. Keinen einzigen Blip hatten die Antennen der POINT OF empfangen, und keinen einzigen Blip konnten sie abstrahlen. In diesem fremden Kontinuum schien es unmöglich zu sein, Funk zu benutzen, dieses Raumgefüge nahm nichts an! Die Temperatur im Schiff betrug zweiundfünfzig Komma fünf Grad Celsius! Ren Dhark und der Tel tranken schon wieder. Das kühle Naß aus dem Thermogefäß konnte bei dieser Hitze kaum noch seine erfrischende Wirkung erzeugen. Die Bordverständigung knackte. Die Worte waren doppelt so laut wie sonst zu hören, weil es im Kommandostand so deprimierend still war. Die Nachricht kam aus den Labors des Flaggschiffes. “Dhark, wir haben den Verdacht, daß das Vario nun auch in unseren Raumanzügen steckt.” Der Commander sagte kein Wort darauf, obwohl er im ersten Moment die Meldung für Nonsens hielt, aber hatte ihm der Vankko dieses Ereignis nicht prophezeit? Alle hatten mitgehört und auch festgestellt, daß. Ren Dhark dazu nichts zu sagen hatte. “Commander, waren Sie auf diese Hiobsmeldung vorbereitet?” fragte der Wissenschaftler aus den Labors. “Ja, nur konnte ich es nicht glauben, als mir ein Tel es an Bord seines
Schiffes sagte. Dort war ich noch überzeugt, daß die Raumanzüge der Mysterious absolut sicher seien.” “Ja, wir möchten es auch nicht glauben, aber wir müssen es. Wenn es uns doch nur gelingen würde, das Vario ist seinem dritten Stadium zu erfassen. Wir stellen überall nur winzige, aber kalorienreiche Hitzezentren fest, doch das Vario selbst ist nicht greifbar.” “Es gibt doch noch Schaum an Bord”, erinnerte Dhark daran. “Der hilft uns nicht weiter, auch der Nebel nicht. Beide sind in ihrem Aufbau so grundverschieden, wie schwarz und weiß sich voneinander trennen. Wir können uns nicht einmal vorstellen, wie die Tels überhaupt diesen Höllenstoff erzeugen konnten, ohne dabei ihre eigene Welt zu verseuchen.” Was sollte er sagen? Aus Gewohnheit flog sein Blick über die Instrumente und über die Steuerschalter. Er prägte sich alle Werte ein und versuchte eine Berechnung durchzuführen, aber immer wieder kam er an einem bestimmten Punkt nicht weiter. Der Checkmaster zeigte, kaum von ihm befragt, nach wenigen Sekunden rot. Hatte er ihn mit falschen Daten gespeist? Er überprüfte noch einmal alles. Wieder kam rot. Für kurze Zeit vergaß er sogar die quälende Hitze, die Situation der POINT OF und daß sie einen Tel an Bord hatten. Wieder im Pilotensessel, studierte er noch einmal den Stand der Instrumente. Eins davon mußte falsche Werte anzeigen, sonst hätte der Checkmaster seine Berechnung durchgeführt. Zu seiner Hilfe ließ er den Haupttest laufen, der automatisch vom Bordgehirn kontrolliert wurde. Wieder kam rot, schon im zweiten Satz. Das veranlaßte ihn, den Sondertest einzuschalten. Drei Instrumente lieferten eindeutig vollkommen falsche Werte! “Dan, sieh dir das an!” Er deutete darauf und zeigte, was er als Kontrolle eingeschaltet hatte. Riker beugte sich vor, sagte lange Zeit gar nichts, aber als er dann Dhark wieder anblickte, war sein Gesichtsausdruck eine einzige Frage, die der andere verstand. “Ich kann beschwören, daß ich nur das modulative Hy-Konverfahren benutzt habe, um ins Karmin zu kommen.” “Aber wir sind nicht im Karmin. Wir sind in irgendeinem anderen Kontinuum, Ren. Und diese drei Instrumente mit ihren Wertangaben
behaupten, daß du auch dazu noch die Zeit-Verschiebung benutzt hast! Hy-Konverfahren und ZV….?” Das andere ließ er ungesagt. Die Temperatur im Schiff hatte vierundfünfzig Grad Celsius erreicht. Die Hitze näherte sich unaufhaltsam dem Bereich, in dem sie für den Menschen zur tödlichen Gefahr wurde. Schweigend stand der Tel hinter ihnen. Er war ein aufmerksamer und unauffälliger Beobachter. An seine Anwesenheit hatten sich die Offiziere der Zentrale schon gewöhnt, nur daß er trotz seiner schwarzen Hautfarbe in keinem Zug nach einem Neger aussah oder nur den Gedanken aufkommen ließ, einen Neger vor sich zu haben, machte ihn fremdartig. Dhark trank schon wieder. Ihm machte die Hitze mehr zu schaffen als Dro Cimc, der auch jetzt wieder ablehnte, Flüssigkeit zu sich zu nehmen und Dhark das Thermogefäß aus der Hand nahm und es abstellte. “Ren, du mußt ZV auch angewandt haben.” “Hab ich nicht!” unterbrach er barsch seinen Freund. “Ich weiß, welche Schaltung ich vorgenommen habe. So – hier.” Da leuchtete eine Kontrolle auf, die noch nie in Tätigkeit getreten war. Im Schiff brannte ein Aggregat durch. Miles Congollon hatte schon durchgeschaltet. “Auf Deck 3 in Raum T675 geht eins von den Dingern hoch, deren Bedeutung wir nicht kennen, Dhark! Ich habe die energetische Sperre eingeschaltet, damit keine harte Strahlung ins Schiff kommt. Haben Sie eine Erklärung für die Panne?” “Ich befürchte, ja, aber lassen. Sie mir ein paar Minuten Zeit. Ich melde mich von der Zentrale her.” Simulator auf plus minus! Dhark konnte jetzt sämtliche Steuervorgänge durchführen, aber die Flächenprojektoren würden darauf nicht ansprechen. Er setzte das Hy-Konverfahren ein. Grün flammte auf. Er prüfte das modulative Verfahren nun durch. Auch jetzt war Grün zu sehen. “Großer Himmel, Dan!” Er deutete auf die drei Instrumente, die ihm Kopfschmerzen mit ihren Angaben bereitet hatten. Langsam streckte Dan Riker seine Hand aus. Er deutete auf ein viertes Instrument rechts am langgestreckten Pult. “Und das hier, Ren?” Die Ereignisse überstürzten sich. In Deck 3 begann die Unitallverkleidung eines Aggregates zu glühen! In der Funk-2 schlug Glenn Morris nun Alarm, weil die Echo-Kontrolle schlagartig verrückt spielte. Ununterbrochen holte sie die gleichen Daten
herein, um sie ebenso ununterbrochen zu annullieren! Hinter seinem Steuerpult im Triebwerksraum wurde Miles Congollon lebhaft. Acht M-Konverter waren grundlos angefahren! Neun Speicherbänke gaben ihre Energie an das Triebwerk ab, das in Null-Stellung lief und gar keine benötigte! Block-Sicherungen 8 und 9 fielen aus und wurden nicht von der Automatik durch neue ersetzt. “Ist denn hier auf einmal der Teufel los?” fauchte der Chef-Ingenieur unter seinem Klarsichthelm und brachte eine Reihe Steuerschalter in andere Positionen. Aber das half nichts. Der Spuk ging weiter. Über Bordverständigung und über Helmfunk fragte er hochgradig erregt bei Dhark an. Schneidend scharf klang die Stimme des Commanders. “Congollon, ich habe Ihnen gesagt, daß ich Sie wieder anrufen würde. Halten Sie sich gefälligst daran.” Knack machte es in der Verständigung. In der Zentrale wurde der Commander von allen Seiten fragend gemustert. Man konnte sich nicht erinnern, daß er Milet Congollon jemals in diesem Ton angefahren hatte. Hinter dem Instrumentenpult flüsterten zwei Männer miteinander. Die Störung durch den Chef-Ingenieur hatten sie schon vergessen. “Du hast also doch ZV benutzt, Ren!” Der ballte die Hand, preßte aber im letzten Moment die Lippen gegeneinander. “Ich sage es dir zum letzten Male: Ich habe die ZeitVerschiebung nicht benutzt. Genügt dir das?” “Nein!” Dan Riker benahm sich wie ein störrisch gewordenes Muli. “Und das hier?” Wieder deutete er auf das Instrument rechts am langgestreckten Pult. “Das beweist, daß die Zeitverschiebung benutzt wurde. Wenn nicht durch dich, dann durch das modulative HyKonverfahren.” “Aber wie denn, Dan? Wie, zum Teufel?” Der schlug vor: “Simulator auf Null zwo plus, und dann die ganze Kontrolle noch einmal.” Erron-Wissen sprach aus ihm, und er wurde von Ren Dhark verstanden. Die Offiziere aber blickten sich hilfesuchend gegenseitig an. Sterne und Boliden! Null zwo plus des Simulators, was sollte mit dieser Einstellung, die sich widersprach, erreicht werden?
Deck 3 meldete sich. “Commander, wir haben hier fallende Temperaturen. Plus sechsundvierzig nur noch. Aber die nur im Bereich vor Raum T-675, in dem ein Aggregat durchbrennt.” “Setzen Sie sich mit den Labors in Verbindung. Ende!” Nur mit halbem Ohr hatte Ren Dhark die Nachricht aufgenommen. Er wollte die Kontrolle mittels des Simulators bei Null zwo plus vornehmen. Wieder Grün! Nun Einsatz des modulativen Hy-Konverfahrens! Dann sagten weder er noch Dan Riker ein Wort. Er hatte auch die Zeit-Verschiebung benutzt, als er mit Hilfe des HyKonverfahrens ins Karmin wollte. “Und der Checkmaster hat keinen Einspruch eingelegt?” Unwillkürlich drehten sich beide nach dem Bordgehirn um. Die Hauptkontrolle daran flammte im Grünlicht! “Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr, Dan!” gab Ren Dhark zu, und zum erstenmal begann er am übernommenen Erron-Wissen zu zweifeln. Nach dem Inhalt einer Mentcap schloß das modulative HyKonverfahren als Methode, von einem Raum-Zeitgefüge in das andere Kontinuum überzuwechseln, die Benutzung der Zeit-Verschiebung dabei aus. Das Gegenteil war aber der Fall gewesen. “Du.” Dan legte seinen Freund den Arm auf die Schulter. “Du, ich muß an die B-100 und B-101 denken.” Kein Wunder, dachte Ren Dhark, denn auf der B-100 befand sich Dans Frau Anja. Aber Riker sprach nicht von seiner Frau, er sprach über die beiden S-Kreuzer, die spurlos im fremden rotleuchtenden Kontinuum verschwunden waren. “Beide Schiffe trieben ab! Nun meine Frage in diesem Zusammenhang: Gibt es Zeit-Verschiebungen nur in zwei Richtungen, in die Vergangenheit und in die Zukunft, oder gibt es auch Verschiebungen nach rechts und links, oder wie man so etwas bezeichnet?” In der Funk-Z wurde Glenn Morris die verrücktspielende EchoKontrolle zu toll. Er machte dem Commander im ungünstigsten Augenblick Meldung. “Melden Sie, wem Sie melden wollen, Morris, aber Riker und mich verschonen Sie im Augenblick mit allem. Verstanden?” Das war deutlich und scharf genug gewesen. In der Funk-Z tobte Morris über den ungerechten Anschnauzer. “Was ist denn mit dem Commander los? Kann ich dafür, daß er vor uns gebraten wird? Und von mir aus soll die verdammte Echo-Kontrolle noch
verrückter spielen als bisher. Ich melde gar nichts mehr.” Man widersprach nicht. Niemand nahm den Commander in Schutz. Alle gaben Morris recht. Diesen eiskalten Anpfiff hatte er nicht verdient gehabt. Aber auch diese Störung hatten Dhark und Riker längst vergessen. “Zeit-Verschiebung nach rechts oder nach links, Dan?” “Die B-100 wie die B-101 sind nach uns hier angekommen. Ich glaube nicht, daß Larsen oder Szardak einen Finger gekrümmt haben, um sich mit ihren Schiffen abzusetzen, aber sie treiben davon. Wenn dieser Vorfall nun mit der Zeit-Verschiebung zu tun hat, Ren, hm?” “Nach rechts oder nach links? Nicht in die Vergangenheit oder Zukunft? Klingt das nicht unsinnig, Dan?” “Wie es klingt, spielt keine Rolle, aber daß mit dieser ZV etwas schiefgelaufen ist oder sich anders ausgewirkt als wir ahnen konnten, ist doch durch das Vario bewiesen. Bei normaler Wirkung der ZeitVerschiebung hätte es gar nicht mehr an Bord sein dürfen, oder, wenn die Versetzung in die Vergangenheit zeitlich zu kurz war, die Temperaturen im Schiff hätten bei unserem Eintritt in dieses Kontinuum niedriger als im heimatlichen Gefüge sein müssen. Weder das eine noch, das andere ist geschehen. Ergo?” Das ungeheure Mentcap-Wissen, das sie im Hauptarchiv auf Erron-3 erhalten hatten, reichte dennoch nicht aus, um sich eine Zeit-Verschiebung zur Seite vorzustellen. Die Bordverständigung ließ sie einfach nicht zur Ruhe kommen. Wieder meldete sich der verantwortliche Offizier für Deck 3. “Dhark, auf unserem Deck herrscht jetzt überall eine. Temperatur von plus zweiundvierzig. Vor dem energetisch abgesicherten Schott zu Raum T-675 messen wir nur noch neununddreißig Komma fünf! Die Labors haben mich angewiesen, Ihnen davon unter allen Umständen Meldung zu machen.” Er schnauzte nicht schon wieder. Dhark glich einem Menschen, der aus einem schweren Alptraum erwacht ist. Vergessen wir die Frage, ob die Zeit sich in mehr als nur zwei Richtungen verschieben konnte. Das Vario hatte vor allen anderen Dingen Vorrang. “Bitte, die Labors.” Dort konnte man ihm nur bestätigen, was ihm der Deckoffizier berichtet hatte. Aber man richtete auch eine Frage an den Commander. “Können Sie uns sagen, welchen Zweck das Aggregat hat, das in Raum T-675
durchbrennt?” “Leider nicht, weil es zu den paar hundert Geräten gehört, deren Bedeutung wir nicht kennen, und weil das Mentcap-Archiv auf Hope darüber keine Auskunft gab” “Schade, und wir hatten schon gehofft. Sie könnten uns unsere Frage beantworten. So tappen auch wir im dunkeln, warum die Temperaturen auf Deck 3 plötzlich absinken und zugleich auf den übrigen Decks längst nicht mehr in dem Tempo steigen, wie zu erwarten war.” “Beobachten Sie weiter. Danke.” Er verließ seinen Pilotensessel und trat an den Checkmaster. Das Bordgehirn war seine einzige Hoffnung. “Commander!” Im spaltbreit geöffneten. Klarsichthelm gellte ihm die Stimme des Wissenschaftlers aus den Labors in den Ohren. “Der sich langsam in Nebel auflösende Schaum hat sich in seinem strukturellen Aufbau so stark verändert, daß er kaum wiederzuerkennen ist!” “Was heißt das?” mußte Dhark fragen, der nur auf einigen Gebieten der Wissenschaft gut informiert war. “Gerade erhalte ich die Nachricht zugerufen, daß sich auch der Nebel verändert hat, Dhark. Und was, den Schaum angeht, er wird an den Rändern flüssig und bleibt auch an eingetauchten Gegenständen nicht mehr haften. Wir im Labor haben die gleichen Feststellungen gemacht wie die Wachen, die wir in der Nähe des Schaums stehen haben.” Was war geschehen, das diese Veränderung ausgelöst hatte? Die ZV konnte es nicht gewesen sein. Das Schiff und seine Besatzung hatten keine Verschiebung in die Vergangenheit gemacht, oder sie war über wenige Sekunden nicht hinausgegangen. Dhark stand immer noch am Bordgehirn, aber er kam auch jetzt nicht dazu, es zu befragen, weil Walt Brugg die verrücktspielende EchoKontrolle nicht länger ertragen konnte. “Dhark, auf die Gefahr hin, daß Sie mich so anschnauzen wie Morris, muß ich Ihnen melden, daß unsere Echo-Kontrolle durchdreht Ununterbrochen wirft sie dieselben Werte aus und annulliert im gleichen Moment ihre Meßdaten. Das geht schon eine halbe Ewigkeit so.” Dhark krauste die Stirn. Hatte sich Brugg einen schlechten Scherz erlaubt, indem er behauptete, Morris sei von ihm angeschnauzt worden, oder hatte er ihn tatsächlich scharf angesprochen? “Hier schnauzt keiner, Brugg. Hier…” Die POINT OF zitterte! Das Schiff bebte! Und dann lief ein dröhnendes
Donnern durch alle Decks, als ob eine gewaltige Explosion stattgefunden habe. Im gleichen Moment war die Kontrolle, die bisher noch nie in Tätigkeit getreten war, am Instrumentenpult wieder erloschen. “Dhark”, klang Miles Congollons Stimme in der Verständigung und im Helmfunk auf, “darf ich Ihnen berichten, daß das Aggregat in Deck 3, Raum T-675 auseinandergeflogen ist? Hoffentlich werde ich deswegen nicht schon wieder angepfiffen.” Man konnte wirklich nicht behaupten, daß der Commander der Planeten an Bord seines Flaggschiffes Männer hatte, die vor ihm Kotau machten, wenn sie im Recht waren. Dhark sah bestürzt aus. Vorhin hatte Walt Brugg die gleiche Anspielung gemacht wie gerade Miles Congollon. Demnach mußte er seine Männer angeschnauzt haben, aber er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. “Ich habe mich wahrscheinlich zu entschuldigen, Congollon.” “Ach was”, unterbrach dieser seinen Commander, “schon erledigt. Viel lieber möchte ich wissen, was uns nun durch die Explosion an Bord fehlt. Kein schönes Gefühl, auf diese Weise daran erinnert zu werden, daß wir erst ein Zehntel unseres Schiffes kennen und dennoch damit durch das Sternenmeer kreuzen.” Miles Congollon trug nicht nach, er verstand Ren Dhark sogar. Der war auch nur ein Mensch mit Nerven, Gefühlen, Sorgen und Nöten, und manchmal hatte er diesen jungen Mann ob der Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete, bedauert, denn wenn es einen Menschen gab, der kein Privatleben besaß, dann war es der Commander der Planeten. “Und für den schönen Titel kann er sich auch nichts kaufen.” “Wie bitte?” fragte Dhark zurück, der sich auf diesen Satz keinen Reim machen konnte. “Hab’ ich ‘was gesagt, Dhark?” fragte Congollon. “Und wenn, es war nicht für Sie bestimmt. Muß wohl laut gedacht haben.” Der Chef-Ingenieur schaltete ab. Dhark nutzte die Gelegenheit, um seinem Freund den Auftrag zu geben, alle Meldungen anzunehmen, sonst kam er auch in den nächsten Stunden nicht dazu, seine Frage an den Checkmaster zu richten. Unauffällig war Dro Cimc neben ihn getreten und schaute zu, wie er die Frage tastete. Der Tel zeigte seine Gedanken nicht. Fast alles, was er gesehen hatte, war ihm unverständlich, aber daß der Terraner, der ihn auf sein Schiff mitgenommen hatte, einmal dicht davorgestanden hatte, die Beherrschung zu verlieren, war von ihm erkannt worden. Und er – er hätte
sie unter diesen Umständen auch verloren. Diese Terraner hatten das Ree an Bord, das Ree, das diesen Raumer bis zur Weißglut aufheizen und von der Besatzung nicht einmal Aschereste übriglassen würde. Das Bordgehirn stieß die Folie aus. Hastig griff Dhark danach. Eine Zeit-Verschiebung ist in alle Richtungen mit Ausnahme in die Zukunft möglich. Schweigend reichte er die Folie seinem Freund. Der triumphierte nicht, weil er mit seiner Vermutung recht behalten hatte. Im Gegenteil, er zeigte sich so bestürzt wie Dhark. “Wie hat man sich das vorzustellen?” Eine Frage, die ohne Antwort bleiben würde. Eine Zeit-Verschiebung in alle Richtungen mit Ausnahme in die Zukunft! Aber Rikers Gedanken blieben nicht an dieser Frage hängen. Sie machten einen weiten Sprung zur B-100, zu seiner Frau Anja, und die nächste Frage stand vor ihm: Werde ich Anja jemals wiedersehen, wenn die B-100 eine Zeit-Verschiebung in eine andere Richtung als die POINT OF vorgenommen hatte? Ken Dhark dachte nicht an eine Person, er dachte an die Besatzung der beiden S-Kreuzer, für deren Verschwinden es nun eine Antwort gab. “Commander, wollen Sie sich das Spiel unserer Echo-Kontrolle nicht einmal ansehen?” lud ihn Walt Brugg ein. Er kam. Er ging wieder in den Leitstand zurück. Er betrachtete die Bildkugel und dieses vollkommen leere, rotleuchtende Universum, das mit seinem Farbton ans Karmin erinnerte, in dem das Nor-ex zu Hause war. “Die Temperatur beginnt auch auf den anderen Decks zu sinken!” Damit empfing ihn Riker, und ein schwaches Lächeln stand um seinen Mund. Eine Bordstunde später betrug die Temperatur noch achtunddreißig Grad. Auch der Tel hatte festgestellt, daß es auf diesem Ringraumer längst nicht mehr so heiß war, aber er war ahnungslos, als der Terraner ihn ansah, mit Daumen und Ringfinger schnipste und dabei nur ein Wort sagte: “Ree!” Dann machte er mit beiden Händen eine Bewegung, als wolle er durch Drehen und Brechen etwas Festes zerstören und begleitete diese Geste abermals mit dem Wort Ree! “Tschko!” stieß Dro Cimc in seiner Sprache aus. “Tschko!” Aber der Terraner sagte noch einmal Ree und wiederholte seine deutliche Geste.
Da mußte er es glauben! Und die fallenden Temperaturen waren der Beweis für diese Behauptung. Impulsiv handelte Wer Dro Cimc! Die drei blaufunkelnden Diamanten als Verschluß seines enganliegenden Tiks befanden sich plötzlich in seiner Hand, und in einer Art, die unnachahmlich war, überreichte er dem verdutzten Ren Dhark sein Rangzeichen. “Ree!” sagte er, und mit beiden Händen machte er die gleiche Geste, die ihm Dhark zweimal gezeigt hatte. “Ree!” Und zum erstenmal sahen Menschen einen Tel freudig lachen. In Dharks Hand aber lagen die drei blaufunkelnden Diamanten, und sie strahlten das Licht des Leitstandes wider. * Der Gegner hatte seine Taktik geändert. Weder Huxley noch Clark konnten aus ihren Erfahrungen Kapital schlagen! Die C-571 flammte auf und verging alt Sonne. Der S-Kreuzer 504 verschwand mit drei schweren Treffern in den unteren Decks in einer Nottransition. Drei weitere Schiffe meldeten die ersten Verluste. Der Feind war überall, und seine turmdicken Energiebahnen rissen das dunkle Weltall auf und schufen ein Gitterwerk aus grellen Straßen, die sich über- und unterschnitten. Achtundvierzig S-Kreuzer kämpften gegen einen unerbittlichen Gegner, der weder zu sehen noch zu erfassen war. P.S. Clark hatte seinen ersten todesmutigen Angriff geflogen, aber den Erfolg, den er sich davon versprochen hatte, nicht erzielt. Er war in keiner gigantischen Station angekommen! Er war in ein Strahlfeuer geraten, das ihm zweimal kurz hintereinander den unteren Mini-Weltraum zum Zusammensturz gebracht hatte. “Huxley, die Stationen sind nicht da, wo ich sie vermutete.” Niemand dachte mehr an diesen Irrläufer, an diesen Planeten mit den hohen Gravoswerten, den Ruinenstädten auf seiner luftleeren Oberfläche und seiner unglaublichen Eigenschaft, seine Geschwindigkeit zu verändern. Niemand wollte an diesen Köder denken, der dem unsichtbaren Gegner Zeit gegeben hatte, seine Positionen zu beziehen.
Acht titanische Anlagen griffen terranische Kreuzer an. Von drei Seiten. Ein paar hundert Strahlbahnen rissen den nachtschwarzen Weltraum auf. “Ich muß sie kriegen! Ich muß sie kriegen!” murmelte P.S. Clark in kalter Wut, während die Belastung des oberen Intervalls durch einen Streifschuß bis auf 98 Prozent hochschnellte. “Huxley, übernehmen Sie meine Gruppe. Ich muß etwas ausprobieren.” Der To-Funk auf relativ kurze Entfernung klappte noch einwandfrei, und Colonel Clark wartete gar nicht ab, ob sein Kollege ihm noch etwas zu sagen hatte. Er ging mit der C-500 auf Überlicht. Damit konnte er den überlichtschnellen Energiebahnen des Feindes nicht ausweichen, aber er machte ihm das Zielen schwerer. Im S-Kreuzer waren alle M-Konverter hochgefahren, der größte Teil der Speicherbänke war schon leer, aber das spielte für die Energie-Erzeugung keine Rolle. Alle Antennen auf Nadel! Aber restlos alle. Und die C-500 raste auf die Stelle zu, wo aus dem Nichts heraus die Turmstrahlen ihren Anfang hatten! Und sie raste wieder ins Leere. Jetzt stand Clark mit seinem Schiff vor den Strahlbahnen, die terranische Raumer in Sonnen verwandeln wollten, und er zermarterte sich den Kopf, welchen Trick der Feind benutzte, um seine unsichtbaren Stationen zu schützen! Wo die Strahlen begannen, waren nur Strahlen, aber keine Station, die von innen heraus zu vernichten war! Aber wenn die Strahlbahnen zum Teil auch Fiktion waren, wie dieser Irrläufer, dann mußte sich die Station irgendwo im Bereich der grellen Energiefinger befinden. Colonel Clark brachte sein Schiff auf Gegenkurs! Seine Männer waren unterrichtet. Daß es wieder auf Leben und Tod ging, hatte er ihnen beinahe brutal gesagt. Aber er hatte ihnen auch gesagt: “Wenn es uns nicht gelingt, diese mörderische Rasse in die Schranken zu weisen, dann haben wir sie über kurz oder lang auf Terra.” Diese unbekannten Intelligenzen waren mörderisch. Sie hatten ihre Mordlust an den Nogks bewiesen und nichts unerlassen, um dieses sympathische Volk restlos zu vernichten. Sie hatten es bewiesen, indem sie kleine terranische Raumerverbände ohne jede Warnung angegriffen und vernichtet hatten. “Drauf!” brüllte P.S. Clark über die Verständigung, der sich niemals hatte vorstellen können, so gnadenlos gegen andere vorzugehen. Aber hier war jedes Mitgefühl, jede menschliche Rührung Selbstmord. Hier war jede Rücksichtnahme Verrat an Terra mit seinen aber Milliarden Menschen!
“Drauf! Drauf!” Er flog den Anfang einer Energiebahn an, hinter der sich keine unsichtbare Station befand. Er flog in den turmdicken Strahl hinein, der sein Schiff vernichten mußte, wenn er keine Fiktion war. Alle Antennen seiner C-500 feuerten! Nach allen Richtungen. Auch dort, wo kein Gegner stand. Nur so konnte sein Plan Erfolg haben, wenn er überhaupt eine einzige Chance hatte. Die beiden Intervalle wischten den Anfang des Strahls weg. Die Belastungen der beiden Mini-Welträume blieb unverändert niedrig. Die Strahlbahn war also doch Fiktion! “Wir kriegen sie, Männer! Wir kriegen sie.” Da war etwas gewesen! Da brach das obere Intervallfeld der C-500 zusammen, und die Energiekaskaden hüllten das untere ein, daß man glauben mußte, der Ringraumer würde in Energie gebadet. Kurswechsel, und so abrupt, daß die Andruckausgleicher im Schiff wie die Saurier der Urzeit brüllten. Und feuern nach allen Seiten! Den Sternensog für Sekunden auf Maximum, dann die Kurve und wieder zurück zum fiktiven Anfang des Strahls. Drei glühende, gebündelte Orkane verfehlten die C-500 um ein paar Kilometer. Colonel P.S. Clark und sein Kopilot bekamen keine Gelegenheit, aufzublicken. Das obere Intervall stand wieder, der Schutz des Ringraumers war erneut hundertprozentig. Eine Katastrophenmeldung lief ein. Schleuse 3 hatte die Hauptlast eines Volltreffers aushalten müssen und ließ sich nicht mehr öffnen. “Es wäre schlimmer gewesen, wenn sie uns ein Loch ins Schiff gebrannt hätten”, murmelte Clark, der seine Hände nicht von den Steuerschaltern nahm. Ausweichen! Ununterbrochen. Der Gegner schoß genau, und daß die C500 noch existierte, verdankte sie ihren beiden Intervallen. Streifschuß! Flammen! Energiebahnen in allen Primärfarben. Hohe Belastungswerte, die aber wieder abfielen, als Clark ein Ausweichmanöver machte. Er raste zum zweitenmal auf den Anfang desselben Strahles zu. Da war sein Manöver erkannt worden. Gierige Vernichtungsfinger, die das All aufrissen, stießen auf die C-500 zu. Fünf Volltreffer vernichteten
die Intervalle. Das Schiff mit seiner Zelle dröhnte wie eine gesprungene Glocke! Sternensog auf Maximum! Kurswechsel! P.S. Clark biß die Zähne zusammen. Jetzt oder nie! Die nächsten Sekunden entschieden das Schicksal seines Schiffes. Die Flächenprojektoren führten dem Brennpunkt ein Maximum an Energie zu. Alle M-Konverter im Schiff waren angelaufen. Das Triebwerk brüllte wie ein Ungeheuer. Auf den Bildschirmen wanderten die Sterne wie schnell fliegende Punkte dahin, andere traten an ihre Stelle, und dann wurde die C-500 wieder von zwei Treffern erwischt. Erneuter Kurswechsel auf Grün! “Colonel, die Andruckausgleicher machen bald nicht mehr mit!” schrie ihm sein Kopilot zu. Eine Sonne entstand. Die Terranische Flotte hatte das nächste Schiff verloren. Bald würden auf Terra wieder Frauen und Mütter um Söhne und Männer weinen! Die Sonne verging. Strahlbahnen jagten hinter die C-500, aber jetzt verfehlten sie sie schon zum viertenmal. Clark flog einen Kurs, für den es in der Geometrie keinen Begriff gab. Es war weder eine Schlangenlinie noch Zickzack, es war beides und noch manches andere mehr. Die Andrucksausgleicher mußten auseinanderfliegen, wenn der Colonel sie noch lange so belastete. Sie heulten ja auch laut genug, und ihr infernalisches Brüllen war überall zu hören. “Warum haben unsere S-Kreuzer keine Gedankensteuerung?” Ein Gedanke, den Clark ungewollt in Worte gekleidet hatte. “Was, Colonel? Kein Wort verstanden.” Keine Zeit, dem Kopiloten Antwort zu geben. Neuer Anflug! Hinein in den Anfang des Strahls, der gar keiner war, sondern raffinierte Fiktion. Erst vierhunderttausend Kilometer weiter war die Fiktion zu Ende, und dort lag der tatsächliche Anfang. Und dort mußte sich auch diese eine unsichtbare Station befinden, durch die die C-500 für den Bruchteil einer Millisekunde schon einmal gerast war, während ihre Antennen nach allen Seiten feuerten. Feuer aus Rot! Vorbei und nicht getroffen! Runter mit dem Sternensog! Himmel, hilf!
Sle! Und negative Beschleunigung. C-500 werde langsamer! Nichts anderes dachte P.S. Clark, während Colonel Huxley, der gerade in diesem Augenblick Gelegenheit bekam, sich zu informieren, ob die C-500 noch existierte, seinen Kollegen für wahnsinnig geworden hielt, weil das Schiff mit dieser lebensgefährlich niedrigen Geschwindigkeit flog und zusehends noch langsamer wurde. Wir müssen sie erwischen! Wir müssen! dachte Clark. Der Ringraumer hatte den fiktiven Teil des Strahles verlassen! Da! Intervalle aus! Wenn jetzt der Sle das Schiff nicht abstoppte, war alles verloren! Dauerfeuer nach allen Seiten! Abstrahlen ohne zu zielen! Sie waren in der Station! Sie hatten sie gefunden! Und die C-500 stand! Mittendrin! Und sie feuerte! Und das Unsichtbare war gar nicht mehr unsichtbar! Hier wirkte der absolute Deflektorschirm nicht mehr. Um sie herum brach die Hölle los! Ein von Menschen entfesseltes Inferno, die mit ihrem Raumschiff in einer mehrere Kilometer durchmessenden unbekannten Station steckten. Sie sahen Schatten davonjagen. Sie sahen skurrile Konstruktionen, die ihnen in ihrer Fremdartigkeit unheimlich wurden, und diese Konstruktionen brachen hier und da schon auseinander. Eine riesige Plattform tauchte auf, ein Wald von Antennen, oder waren es keine Antennen, sondern nur tragende Elemente? Die C-500 schoß Dauerfeuer nach allen Seiten. Nur Nadel! Und Nadel war überlichtschnell und setzte jede Materie in Energie um. Nur beim Unitall hatte sie etwas mehr und länger. Arbeit, um diese Umwandlung zu erreichen. Doch diese unheimliche Riesenstation bestand nicht aus Unitall! Intervalle auf! Sternensog auf Vollast! Raus! Im Ausfliegen brach das unsichtbare Ungeheuer in tausend Stücke auseinander, und die Männer im Leiststand der C-500 schlossen vor der Lichtflut geblendet die Augen, weil die Filter der Sichtschirme nicht so schnell hatten reagieren können, wie diese lodernde und sich nach allen Seiten ausbreitende Sonne entstanden war. Clark hielt sein Schiff auf Überlicht. Die Andrucksausgleicher mußten
für ein paar Sekunden zur Ruhe kommen, und er hatte jetzt etwas sehr Wichtiges zu tun: die Kommandanten zu unterrichten, wo diese Stationen zu finden waren, und wie man sie vernichten konnte. “Clark”, rief Huxley erregt zurück, “wir erweisen uns einen schlechten Dienst, wenn wir alle Stationen zur Explosion bringen. Wir müssen doch endlich mal ihren Aufbau kennenlernen und…” Eine neue Sonne war schon wieder da. Die TF hatte erneut ein Schiff verloren. “Huxley, in diesem Klima wollen Sie noch Studien betreiben! Angriff, Angriff, Männer!” brüllte er über To-Funk den anderen Kommandanten zu, und seine C-500 gab Beispiel, was er darunter verstand. Er raste mit seinem Schiff dem Anfang der nächsten turmdicken Strahlbahn zu. Er war unterwegs, um der zweiten Station ihres mörderischen Gegners den Garaus zu machen! * Wieder sahen sie das Standbild eines Goldenen Menschen in der Nähe eines Kugeltransmitters. Abermals hatte der Kopf der Plastik kein Gesicht. Alles an ihr war geformt, aber dort, wo man ein profiliertes Gesicht erwartete, gab es nur die leicht nach außen gewölbte Fläche. “Abgeschirmt, wie auf der Welt der Barrans”, sagte Holger Alsop. “Carrell ist wichtiger!” erinnerte Bram Sass daran. “Diese Figur interessiert mich nur am Rande.” Dabei sah er sich suchend um, aber außer Felsen und dieser Wasserwand, die in die Tiefe donnerte, und dem Sprühregen gab es nichts zu sehen. Sass schaltete auf normal und hob damit automatisch seinen PhantZustand auf. In seiner ersten Reaktion griff er zur Zigarette, drehte sie zwischen den Lippen und begann zu rauchen. Holger Alsop ahmte sein Beispiel nach. Gefahr gab es keine mehr, dazu hatten sie in Jimmy ein vorzüglich funktionierendes Frühwarngerät, dessen Ortungen ununterbrochen liefen und in alle Richtungen stießen. “Noch einmal, Jimmy: Wie verschwand Carrell?” Die Geduld des Scotchterriers hatte suprasensorische Qualität, und als seine Blechstimme aufklang, war daraus keine Ungeduld zu hören. “Carrell and ich kamen aus dem Transmitter und hatten es sofort mit den schwarzen Weißen zu tun, Carrell hatte die rechte Seite der Terrasse übernommen und ich die linke. Gleichzeitig stießen wir vor und kamen
gut vorwärts, als Carrell von einem Pressorstrahl erwischt wurde. Ich sah nur noch, wie er dicht vor einer Gruppe landete und entwaffnet wurde. Mich deckte man mit Blasterfeuer ein, daß mir nichts anderes übrigblieb, als mich durch den Transmitter zurückzuziehen.” Holger Alsop, der an Jimmys Aussagen nicht zweifelte, überlegte krampfhaft. Unwillkürlich blickte er wieder den Goldenen Menschen an, und dadurch stellte er sich abermals die Frage, warum man diesem Standbild kein Gesicht gegeben hatte. Die Grauen – die Grakos – die Mysterious! Waren sie ein und dieselbe Rasse? Oder waren die schwarzen Weißen die Grakos, die im Laufe der Jahrhunderte ihre Mentalität zum Teil verändert hatten? Bram Sass hatte sich nicht ablenken lassen. “Wenn es hier keinen Ausgang gibt…” Alsop unterbrach ihn. “Es muß einen geben, denn woher sollten sonst schwarze Weiße kommen?” “Durch den Transmitter, nur daß er auf eine andere Straße geschaltet gewesen war. Sie haben hier abgeladen, die Station umgeschaltet und von hier aus ihr Invasionsunternehmen gestartet.” “Wo befindet sich dann Carrell, Bram, wenn Ihre Vermutung richtig sein sollte? Durch Jimmy wissen wir, daß die schwarzen Weißen kaum Zeit hatten, den Kugeltransmitter auf eine andere Straße einzustellen. Hier haben wir keinen Ausgang gefunden, und durch den Wasserfall sind sie bestimmt nicht gekommen.” “Dann müßte er noch hier sein.” Sie konnten sich nicht in normaler Lautstärke unterhalten, denn das Brüllen der Wassermassen ließ es einfach nicht zu. Plötzlich legte Bram Sass seine Hände um Alsops Arm. “Und wenn man ihn in ein Gerät hineingesteckt hat, dessen Verkleidung nachher wieder geschlossen wurde?” “Kontrollieren wir.” Aber sie fanden Mark Carrell nicht. Er war und blieb verschwunden. Jimmy humpelte mit seiner zerschossenen Vorderpfote brav neben ihnen her. Seit der Suchaktion hatte er keinen Ton mehr von sich gegeben. Freiwillig hatte er die Aufgabe übernommen, die geschockten schwarzen Weißen zu kontrollieren, ob sie noch in tiefer Paralyse lagen, denn unter keinen Umständen konnten sie sich in dieser Lage eine Unvorsichtigkeit erlauben. Aber je länger sie vergeblich nach Carrell suchten, um so größer wurde ihre Depression. Lebte der Cyborg gar nicht mehr?
Hatten ihn die schwarzen Weißen durch Blasterfeuer vernichtet oder vielleicht in den Wasserfall gestürzt? Da schlug Jimmys Massen-Ortung an. Der Scotchterrier warf sich herum, und leine Zunge zeigte auf den Transmitter, aber dann senkte sich die Zungenspitze wieder, denn der Mann, der aus dem Aggregat heraustrat, war bekannt. Mark Carrell stand vor ihnen. “In Deckung gehen!” schrie er sie an und riß die beiden überraschten Männer zu Boden. Sie klatschten in ein kaltes Rinnsal hinein, das über den nassen Felsen der Kante zulief. Gleichzeitig fauchte ein roter Strahl aus dem Kugeltransmitter, und ein Krachen, das diesen Ausbruch begleitete, war so stark, daß die Männer halb taub wurden. Noch zweimal wiederholte sich der gleiche Vorgang. Noch zweimal wurde der fauchende Strahl von der blaugrünen Wasserwand aufgehalten. Danach ereignete sich nichts mehr. Mark Carrell erhob sich und bemerkte nicht, daß ihm das Wasser am Raumanzug, dessen Helm zurückgeklappt war, herunterlief. Am Kopf trug er eine Verletzung, die unbedingt behandelt werden mußte, aber er achtete nicht darauf. “So”, sagte er durch das Donnern, “hierher kommt so schnell kein schwarzer Weißer mehr, denn die Gegenstation ist eben in die Luft geflogen.” “Carrell, Sie? Wie denn?” Holger Alsops Fragen waren voller Unglauben. “Glück gehabt!” erwiderte der Mann, der sein Gesicht jetzt schmerzvoll verzog und die tiefe Platzwunde, die vom Haaransatz bis zur Kinnlade herunterreichte, vorsichtig abtastete. “Mich wollte man fertigmachen und ich bekam von drei Seiten Para zu schlucken. Jimmy sah ich im Transmitter verschwinden. Ich wurde nach ihm zur Anlage geschleppt, spielte den Paralysierten und wurde hineingestoßen. Weiß der Himmel, auf welchem Planeten ich gewesen bin. Aber dort war ich allein. Die schwarzen Weißen mußten ja annehmen, daß ich für Stunden geschockt war. Als ich mir meinen Transmitter näher ansah, fand ich, daß er wieder umgeschaltet worden war. Ich brauchte also nicht zu befürchten, daß mir einige Fremde nachkamen. Und die Zeit, die mir zur Verfügung stand, nutzte ich aus. Material fand ich genügend vor. Nur dauerte es dann etwas länger, bis ich die kleine Zeitbombe fertiggebastelt hatte. Es war nicht ganz einfach, mit einer fremden Technik zu arbeiten. Ich nahm den
hübschen Sprengkörper mit in den Transmitter, in der Hoffnung, die richtige Straße geschaltet zu haben, ließ ihn aber vor dem Erfassungszentrum liegen und empfahl mich. Der Rest meiner Story ist ja bekannt. Von der Anlage auf dem anderen Planeten kann nicht mehr viel übriggeblieben sein.” Sie mußten es glauben, denn Mark Carrell hatte keinen Grund zu übertreiben. An der Schaltung bewies er ihnen, daß es einen Kontakt zu der Station nicht mehr gab, die ihn wieder zurückgebracht hatte. Danach deutete er auf den schwarzen Weißen, der ein paar Schritte weiter bewußtlos lag. “Und dieser Freund war es, der blitzschnell umschaltete, als man mich hier hineinschleuderte. Dem Himmel sei Dank, daß er so fingerfertig war, denn dadurch wurde mir die von ihm vorgenommene Einstellung bekannt. Hätte ich dieses Glück nicht gehabt, säße ich immer noch auf dem fremden Planeten. Übrigens, was ich von ihm gesehen habe, eine Welt, die hundertmal schöner ist als Terra.” Holger Alsop drängte seinen Kollegen, sich behandeln zu lassen, denn das Blut lief ihm über das Gesicht. “Einverstanden, nur können wir es uns nicht leisten, die geschockten Fremden hier ohne Aufsicht liegen zu lassen. Und was meines Erachtens poch wichtiger ist: Sie müssen mit ihrer gesamten Ausrüstung nach Terra.” Drei Stunden später machten einige Experten im Industrie-Dom auf Hope große Augen, als der Transmitter bewußtlose Männer ausspie, die schwarzhäutig waren, aber in ihrem Aussehen Weißen glichen. Manu Tschobe leitete vom Planeten der Giants über Dockyard diesen Einsatz. Er hatte mehr als dreißig Männer aus der unterseeischen Werft abgezogen, und zusammen mit den Cyborgs schafften sie die beiden geschockten Gruppen samt ihrer Ausrüstung in den Industrie-Dom. Zwei Kugelraumer der 400-Meterklasse, die Tofirit zur Erde bringen sollten, hatten Platz genug, einundneunzig Humanoide einer unbekannten Rasse mit nach Terra zu nehmen. Durch To-Funk war der Stab der TF wie auch die Regierung über die unerwartete Zusatzladung unterrichtet. Die Antwort aus Alamo Gordo war kurz. Sofort mit den Fremden Kurs Terra starten. Order an Mark Carrell, Bericht zu erstatten. Button, Marschall. Aber Mark Carrell war nicht zu erreichen. Vier Cyborgs und ein Robothund suchten auf der Welt der Giants den Diplom-Ingenieur Chris Shanton und den GSO-Mann Jos Aachten van
Haag. Und sie suchten Giants. * Noch einmal las Ren Dhark die Auskunft des Checkmasters. Eine Zeit-Verschiebung ist in alle Richtungen mit Ausnahme in die Zukunft möglich! Ziemlich spät fiel ihm der Widerspruch auf, der in dieser Angabe und jener ersten lag, in der das Bordgehirn behauptet hatte: Der Eingriff in den Ablauf der Zeit ist nur in Richtung auf die Vergangenheit möglich! Die eine Behauptung widersprach der anderen. Konnte der Checkmaster sich auch irren? “Was gibt es, Ren?” fragte Dan Riker, dem Dharks Nachdenklichkeit nicht entgangen war. “Neue Sorgen, was denn anderes? Erinnerst du dich, was das Bordgehirn das erste Mal über die ZV aussagte, und welche Antwort haben wir eben erhalten? Die eine Behauptung widerspricht der anderen. Eine von beiden muß falsch sein. Frage: welche?” “Moment!” Riker trat ans Bordgehirn. Kaum hatte er seine Frage gestellt, als auch schon die Antwort kam. Die Benutzung des Hy-Konverfahrens hebt das erste Gesetz über die Zeit-Verschiebung auf. Mit der Folie in der Hand wollte er zum Kopilotensitz zurückkehren, als der Checkmaster eine Zusatzantwort ausstieß. Dan Rikers Gesicht wurde schmal, und auffallend stark traten seine Backenknochen hervor. Wortlos drückte er seinem Freund beide Folien in die Hand. Er achtete nicht darauf, wie aufmerksam der Blick des Tel zwischen ihr hin und her pendelte. Eine Zeit-Verschiebung durch die POINT OF ist nicht mehr möglich. Die Explosion auf Deck 3, Raum T-675, hat das dafür erforderliche Gerät zerstört. Die Zerstörung wurde damit eingeleitet, daß dieses Gerät auch die beiden anderen Ringraumer mit seiner Zeit-Verschiebung erfassen mußte. Ein Traum war zu Ende! ZV gab es nicht mehr! Die Zeit-Verschiebung war nur mit der POINT OF möglich gewesen. Sie brauchten sich keine Gedanken mehr darüber zu machen, wieso
auch eine Zeit-Verschiebung in alle Richtungen mit Ausnahme der Zukunft möglich sein sollte. Und Dan Rikers Flüstern war berechtigt, als er fragte: “Ren, welch ein Schiff fliegen wir?” Von Fall zu Fall hatte sich immer deutlicher abgezeichnet, daß die POINT OF sich von den erbeuteten Ringraumern durch viele einmalige Neuerungen unterschied. Lag es vielleicht daran, daß die S-Kreuzer Robotschiffe gewesen waren und das Flaggschiff der TF offensichtlich nur von den Mysterious geflogen werden sollte? Ren Dhark hatte die Frage seines Freundes mit Schulterzucken beantwortet. “Wir können den Fall ZV abschließen.” “Nein, das können wir noch nicht, Ren! Denke an die beiden S-Kreuzer! Denke daran, daß jedes Schiff sich in eine andere Richtung absetzte. Dieser Vorgang widerspricht der Checkmaster-Auskunft.” Der Commander erkannte in diesem Augenblick, was sein Freund ihm sagen wollte. Seine Hand auf dem Arm des anderen, zwang Riker zu schweigen. “Die Auskunft ist richtig, denn wir sind mit unterschiedlicher HyKonwirkung von einem Kontinuum ins andere gesprungen. Hätten wir es untereinander abgestimmt, dann wäre auch ZV in ihrer Länge einheitlich gewesen. Daran habe ich nicht gedacht, weil ich nicht wußte, daß das HyKon, wenn man es am eigenen Schiff benutzt, um in ein anderes RaumZeitgefüge zu gelangen, ganz anders wirkt, als wenn ich es als Waffe gegen fremde Schiffe einsetze. Noch weniger wußte ich, daß dabei automatisch auch die ZV zum Tragen kommt. Jetzt, da es zu spät ist und ich mich intensiv mit diesen Zusammenhängen beschäftigen muß, erkenne ich immer deutlicher, wie eins ins andere greift.” Das Wissen von Erron-3 sprach aus ihm, aber es war auch ein Wissen, das die POINT OF in diese aussichtslose Lage gebracht hatte. Ein leeres Universum, das rot leuchtete. Ein Weltraum, in dem zwei Schiffe der TF sich in verschiedene Richtungen abgesetzt hatten. Aber war daran tatsächlich nur die ZV schuld? “Commander, die Temperatur im Schiff beträgt nur noch einunddreißig Grad Celsius. Vom Schaum ist keine Spur mehr festzustellen, aber auf Deck 3 ist der Raum T-675 nicht zu betreten. Messungen haben ergeben, daß in ihm eine Temperatur von 23.670 Grad herrscht.” Kein Grund zur Besorgnis, denn Unitall besaß einen Schmelzpunkt, der bei 143.750 Grad Celsius lag, daran bemessen waren die Wände in T-675 handwarm.
Die Meldung hatte Dhark und Riker auf andere Gedanken gebracht. “Warum rührt sich Congollon nicht? Die Klima-Anlage müßte inzwischen doch auch wieder einwandfrei arbeiten. Ich rufe mal eben durch, Ren.” Ausnahmsweise dauerte es viel länger als gewohnt, bis sich der ChefIngenieur der POINT OF meldete. “Die Klima-Anlage, Riker? Daran zu denken habe ich keine Zeit, weil mir unsere Flächenprojektoren Sorgen machen, denn sie emittieren nicht mehr, sondern sind zu Antennen geworden, die uns etwas ins Schiff bringen, was wir nicht kennen.” Die Männer kamen nicht zur Ruhe. Eine unerwartete Meldung löste die andere ab. Und die Belastung, die Dhark wie Riker hinnehmen mußten, wurde auf die Dauer unerträglich. Jetzt schnauzte auch Dan Riker. “Ja, ja”, unterbrach ihn Congollon, “ich kann ja verstehen, daß Sie mich jetzt anblasen, damit wird es aber nicht anders. Sterne und Boliden, wenn unsere Eierköpfe mir auch nicht sagen können, was über die Flächenprojektoren hereinkommt, woher soll ich es denn wissen? Schnauzen Sie die doch mal an. Und zudem, ich habe hier etwas anderes zu tun, als mich über irgendwen im Schiff zu ärgern. Ende, verdammt noch mal.” Auf jedem Schiff der TF hätte so etwas ein Nachspiel gegeben, aber die POINT OF hatte gerade in dieser Beziehung immer eine Sonderstellung eingenommen. “Mahlzeit!” sagte Riker verblüfft, der den leergewordenen Schirm der Verständigung anstarrte. Der Commander hatte den unbedeutenden Zwischenfall schon wieder vergessen. “Das Vario verschwindet, und wir wissen nicht, wodurch es zum Verschwinden gebracht worden ist. Etwas anderes kommt herein, und wir wissen nicht, was es ist.” Er wollte noch mehr sagen, aber die Aufmerksamkeit, die er der Bildkugel schenken mußte, zwang ihn zu schweigen. Die Bildkugel mit einem Durchmesser von 2,68 Metern, die manuell wie über die Alpha-Rhythmus-Frequenz zu steuern war, brachte eine veränderte Wiedergabe des rot leuchtenden Universums. “Dan, werde ich farbenblind?” Der verstand ihn zunächst nicht, aber als er seinen Blick in die Richtung schickte, in die Dhark mit einer Handbewegung deutete, richtete er sich
unwillkürlich etwas auf. In der Tiefe der Bildkugel hatte sich das Aussehen des fremden RaumZeitgefüges leicht verändert. Das Rot schien von einem helleren Strahlenfeld überdeckt zu werden. Wie ein Schleier, der unmerklich dichter und damit stabiler wurde. Aber hinter dem Schleier, weit in den Tiefen, verblaßte ebenso unmerklich das leuchtende Rot, während die Ränder der Bildkugel das unbekannte All in dem Farbton zeigten, wie man es seit dem Eintritt zu sehen gewohnt war. Tino Grappa hinter den Ortungen sagte kein Wort. Aus der Funk-Z kam keine Meldung. Niemand im Schiff schien etwas festgestellt zu haben, das so wichtig war, um es der Zentrale zu melden. Im Triebwerksraum, der über die gleiche Bildkugel verfügte, schaltete Miles Congollon sie mittels des Alpha-Rhythmus auf maximale Vergrößerung. Auch er hatte die Veränderung entdeckt. Zufällig. Aber trotz der Vergrößerung sah er nicht viel mehr. Der Schleier oder das silberne Strahlenfeld breitete sich langsam, aber beständig aus. Und hinter ihm, unabschätzbar weit, wurde das leuchtende Rot blasser und blasser, als ob dort ein gewaltiges Loch entstehen würde. Als ob durch dieses Loch der fremde Weltraum hereinstürzen wollte. Unwillkürlich mußte er an Erron-3 denken, an diesen Trichter, in den die POINT OF hineingeflogen war, um jene Welt zu erreichen, auf der die Mysterious ihr Haupt-Archiv hatten. Zu den Rändern seiner Bildkugel hin blieb das Rot in seinem kräftigen Leuchten. “Verrückt!” murmelte er, der schon seit einiger Zeit darauf verzichtet hatte, seinen Kopf immer noch im halbstabilen Klarsichthelm stecken zu haben. Bei der Temperatur, die augenblicklich im Schiff herrschte, fühlte er sich wohl. Nur was ihm die Bildkugel zeigte, bereitete ihm Unbehagen. Er wollte rauchen, doch dann vergaß er, die Zigarette zwischen seine Lippen zu schieben, weil sein Blick routinemäßig die Ausgangsstufe der Flächenprojektoren kontrollierte. Unwillkürlich stieß er einen Pfiff aus. “Heiliger Strohsack, da kommen ja 86 Prozent herein. Zwanzig mehr als vor fünf Minuten.” Es war nicht einfach für ihn, umzudenken. Und er mußte dabei eine Schwenkung von hundertachtzig Grad machen. Die Flächenprojektoren waren zu Antennen geworden! Sie emittierten keine Energie mehr, um Sie oder Sternensog zu erzeugen, sondern sie nahmen auf.
Und sie gaben etwas an das Triebwerk weiter, und vom Triebwerk wurde es zu den Transformern und Speicherbänken geleitet. Natürlich Energie, aber Energie mit welchem Charakter? Seine Gedanken wurden unterbrochen. Vier Instrumente warfen plötzliche Werte aus. Commander Dhark wollte Sle anfahren! Aber Sle kam nicht. Und sein nächster Versuch mit Sternensog mißlang ebenfalls. Nicht einmal das Triebwerk sprang an. Es lief auf Null, und es blieb auf Null. Das kann ja heiter werden, dachte Miles Congollon in einem Anflug von Galgenhumor. Kurz darauf standen auch jene vier Instrumente wieder auf Null. Ren Dhark hatte den Versuch, seine POINT OF zu beschleunigen, eingestellt. Aber es wunderte Congollon, vom Commander keine Anfrage zu erhalten. Im Unterbewußtsein war er glücklich darüber, denn was hätte er ihm antworten sollen? Eingang hundert Prozent! Congollon wurde plötzlich unruhig und ärgerlich, denn irgend etwas mußten doch die Experten, die er schon vor knapp einer Stunde alarmiert hatte, herausgefunden haben. Als Ausgleich zum verschwindenden Vario mußte ein Virus sich an Bord breitmachen, denn nun, kaum daß er Verbindung mit den Strahlexperten hatte, schnauzte er sie an. Und er nahm kein Blatt vor den Mund. Er sagte ihnen ungeschminkt seine Meinung. “Congollon, haben Sie noch alle Tassen im Schrank, uns so anzuschnauzen?” wurde er von einem wütenden Wissenschaftler unterbrochen. “Wir arbeiten hier wie die Kulis, und Sie erlauben sich, uns in dieser Form herunterzuputzen? Und wenn Sie noch so brüllen, wir wissen nicht, was ins Schiff hereinkommt. Wir wissen nicht einmal, ob tatsächlich etwas hereinkommt. Und jetzt scheren Sie sich aus der Verbindung, weil wir mit Dhark zu sprechen haben, Sie ausgewachsener Flegel.” Er nahm alles wortlos hin, denn der Experte hatte doch recht, aber wie war er dazu gekommen, diesen Mann grundlos anzuschnauzen? Es war doch sonst nicht seine Art, in dieser Form aus der Rolle zu fallen. Er betrachtete wieder die Bildkugel, und unwillkürlich beugte er sich vor. Der fremde Weltraum in seinen Tiefen war leer. Sattes Schwarz grinste ihn an.
Ein Kern, der nach seinem Rand hin verwaschen aussah und unmerklich dann ins Rote hinüberwechselte. Vor dem Schwarz jedoch breitete sich ein silberhelles Strahlenfeld aus. Schwarz! Silber! Rot! Ein Universum mit drei Ausdrucksformen? Ein Raum-Zeit-Gefüge, das sich selbst dreimal ein verschiedenartiges Aussehen geben konnte? Oder waren sie doch im Karmin gelandet, dort, wo das Nor-ex zu Hause war? Und zeigte sich ihnen das Nor-ex in einer ihnen unbekannten Form? Die gleichen Fragen wurden in der Kommando-Zentrale ausgesprochen. Vom Checkmaster war nichts zu erwarten. Eindeutig hatte er angegeben, nicht zu wissen, wo sich die POINT OF befand. “Ich gehe mal rüber in die Funk-Z.” Sie lag neben dem Leitstand, und die Männer, die hier ihren Dienst verrichteten, sahen nicht auf, als Riker eintrat. Glenn Morris und Walt Brugg steckten die Köpfe zusammen und unterhielten sich leise. Elis Yogan, der am großen To-Funk saß, schüttelte nur den Kopf, als Riker gefragt hatte: “Nun?” Es gab nichts zu berichten. Die Echo-Kontrolle warf immer wieder die gleichen Werte aus, um sie im nächsten Moment zu annullieren. Mit den beiden verschwundenen Raumern bestand kein Kontakt mehr. Die Bildkugel in der Funk-Z verfügte nur über einen Durchmesser von dreißig Zentimetern, dennoch war die Wiedergabe hier ebensogut wie in der Zentrale. Das Rote hatte sie verschlungen. Oder die Zeit? “Was ist das?” wollte Yogan wissen und deutete auf das silberhelle Strahlenfeld. “Das weiß niemand, Yogan. Genausowenig wie man weiß, ob die SKreuzer noch existieren, und wenn ja, ob bei ihnen an Bord auch das Vario verschwunden ist.” Rikers Frau befand sich an Bord der B-100, und erst jetzt begriff Yogan, weshalb Riker die Funk-Z aufgesucht hatte. Die Sorge um sie hatte ihn hierhergetrieben, aber er konnte ihm nicht helfen. Der gesamte Funk auf beiden Bereichen lag still. “Riker.” Glenn Morris hatte ihn angerufen. “Ja?” “Eine Frage, die dumm klingt: Wenn drei und drei gleich sechs ist,
wieviel machen dann drei und drei und drei?” Das konnte kein dummer Witz sein, aber was bezweckte Morris mit dieser Frage? “Riker, hier werden uns die Blips fortgewischt. Erst drei, dann wieder drei, und dann sechs auf einmal. Also drei und drei ergibt sechs. Doch beim nächstenmal erscheint die Dreier-Kolonne dreimal hintereinander, sie wird dreimal fortgewischt, und danach müßten eigentlich neun Blips auf einmal zu sehen sein, bevor sie auch wieder verschwinden, aber es sind stets acht. Sehen Sie sich das doch einmal an, bitte.” Wie es Glenn Morris geschildert hatte, sah auch er es auf der Scheibe des Oszillos. Riker sah es dreimal hintereinander, und erst dann sagte er: “Versuchen Sie doch einmal, wenn diese acht Blips zu sehen sind, den neunten abzustrahlen.” “Das hätten wir schon getan, wenn etwas aus unseren Antennen ginge, aber die sind verstopft.” Das war krassester Raumfahrerslang, der auch hin und wieder auf der POINT OF gesprochen wurde. “Machen Sie das Schiff zur Antenne, Morris!” Ungewollt hatte er von seinem Erron-3-Wissen Gebrauch gemacht. Als Glenn Morris ihn wie ein Weltwunder musterte, begriff er, was er gesagt hatte. Doch dann handelte er einfach. Er nahm die Umschaltung vor. Hinter seinem Rücken sahen sich Glenn Morris und Walt Brugg vielsagend an. Sie zweifelten an Dan Rikers Verstand, aber keiner von beiden wagte zu sagen, daß seine neue Schaltung Unsinn sei. Morris war vorsichtig, als er fragte: “Und das soll klappen?” “Vielleicht.” Die Störung kam von Elis Yogan. “Die Echo-Kontrolle liegt still!” “Endlich!” meinte Walt Brugg. “Ich konnte es schon nicht mehr sehen.” Niemand dachte sich etwas dabei, auch Morris nicht, der ziemlich unlustig den To-Funk hochschaltete. Er wartete ab, bis die Dreier-Gruppe zum drittenmal zu sehen gewesen war. Acht Blips tauchten auf dem Oszillo auf. Glenn Morris schickte den neunten Impuls los. “Abgestrahlt!” sagte Walt Brugg fassungslos. Stumm deutete Morris auf den Oszillo! Neun Amplituden zu drei Dreiergruppen waren zu sehen. Keine acht! Vom Oszillo wanderte der Blick zu Dan Riker. “Woher wissen Sie, wie man aus dem Ringraumer eine einzige To-
Funkantenne machen kann, Riker?” Auch ihm konnte er nicht die Wahrheit sagen. Es genügte, daß drei Menschen über das Haupt-Archiv der Mysterious informiert waren. Aber wer würde unter diesen Rückflugbedingungen jemals den Mut aufbringen, noch einmal das blaßblaue Universum aufzusuchen? “Jetzt kommen sie mit Vierer-Gruppen”, stieß Morris aus. Sie? Wer waren sie? Und Morris zählte die Blips, und er addierte die Gruppen. “Vier! Acht! Zwölf. Und natürlich, wie konnte es anders sein: fünfzehn!” Den sechzehnten Blip strahlte die POINT OF mit ihrer Ringraumerhülle ab. Die Antwort war sechzehn! Sie hatten geantwortet. Das mußte Dhark sehen. Die Verbindung stand. Hastig berichtete Riker dem Freund, aber Dhark hörte gar nicht zu. “Bitte, komm sofort in die Zentrale zurück.” “Aber, Ren…” “Komm sofort!” Dharks Stimme hatte geklirrt. In der Funk-Z wurde es eisigkalt. Was war in der letzten Zeit mit dem Commander los? Früher war er doch nie so barsch, herrisch und scharf gewesen. Wortlos verließ Riker den Raum, betrat die Zentrale und nahm im Kositz Platz. Daß der Tel zwischen beiden Sesseln stand, daran hatte er sich schon gewöhnt. “Ach…” Verflogen war aller Ärger. Interessiert sah er zu, wie Dhark nach den Angaben des Wegweisers, dessen Antenne ausgefahren war, den Steuerschaltern andere Positionen gab. Der Wegweiser, jenes dreimal verfluchte Ding der Mysterious, das der letzte Kommandant der Station im Planeten Zwitt, Ma-Soor, in seiner Kabine hatte liegenlassen, und dem allein sie es zu verdanken hatten, von einer gefährlichen Situation in die andere geraten zu sein. “Dan, wir kommen wieder heraus, wenn es auch schwer ist.” “Und die beiden anderen Schiffe, Ren?” Frage und Hinweis zugleich. Ren Dhark hatte sie vergessen. Man sah es ihm an, aber dann hatte er auch den Mut, seinen Fehler einzugestehen. “Man zeigt uns nur den Weg, wie wir dieses Universum wieder verlassen können, aber keine Möglichkeit, nach den beiden Schiffen zu suchen. Wir stehen vor der Alternative.” “Geschenkt!” sagte Riker barsch. Im Schiff mußte es ein Virus geben, das mal den einen, mal den anderen
veranlaßte zu schnauzen. Man brauchte nicht zwischen zwei Möglichkeiten zu wählen. Es gab nur eine: nach den beiden S-Kreuzern zu suchen. Aber wie? Denn die POINT OF ließ sich nicht mehr beschleunigen. Und wo? Die Antenne des Wegweisers fuhr ein, und Ren Dhark steckte das Etui wieder in die Tasche. Da legte sich eine Hand auf seine Schulter. Dro Cimc bat in einer unmißverständlichen Geste Ren Dhark, ihm den Wegweiser zu geben. Einen Augenblick zögerte der Commander, und alle möglichen Gedanken, die voller Mißtrauen waren, schossen ihm durch den Kopf. Abermals stellte er sich unter anderem auch die Frage, warum der Tel an Bord seines Schiffes gekommen war. Hatte er vom Vankko den Auftrag erhalten, so viel wie möglich zu erfahren, oder sogar den Befehl bekommen, das verhaßte Schiff zu vernichten? Doch dann erinnerte er sich des Vario, das sich auf diesem Schiff wie auf dem Doppelkugelraumer ZGUTH ausgebreitet hatte – das Ree, wie die Tels es in ihrer Sprache nannten – und Ren Dhark griff ein zweites Mal in die Tasche, holte den Wegweiser hervor und gab das Gerät dem schwarzen Weißen. Kannte Wer Dro Cimc den Wegweiser? * “Ist der Spruch nach Terra ‘raus?” fragte Colonel P.S. Clark, als er den nächsten Angriff, flog und die fiktive Strahlbahn genau im unteren Drittel erreichte. Er hatte Routine bekommen, und er wußte nun, wie man diese gigantischen Stationen am gefahrlosesten anflog, wenngleich jeder Anflug die Vernichtung seines Raumschiffes bedeuten konnte. “Colonel, Spruch ist um 14:04 Uhr Norm-Zeit abgestrahlt worden, aber ob wir durchgekommen sind…” Es gab wieder eine blendende Sonne. Sie ging auf Huxleys Konto, und Clark, der unter dem starken Lichtausbruch unwillkürlich die Augen zugekniffen hatte, konnte nicht ahnen, welch eine scharfe Diskussion sein verstümmelt ankommender Funkspruch zwischen Bulton und Trawisheim auslösen würde. Anflug! Angriff! Da hatte sich der unsichtbare Gegner, der lieh hinter phantastisch
starken Deflektorschirmen verbergen mußte, auf die Taktik der Terraner eingestellt. Er griff in seiner Station die C-500 an. Er mußte umgeschaltet haben, und der S-Kreuzer wurde mitten in der Station von turmdicken Energiestrahlen empfangen. Die Intervalle brachen zusammen! Volltreffer in Deck 1! Nottransition! Sprung! Im zeitlosen Ablauf verschwand die angeschossene C-500 mit brennendem Deck, und auch Colonel P.S. Clark war nicht mehr in der Lage, zu beobachten, wie die Station unter der gewaltigen Strukturerschütterung, die durch Freiwerden der Maximal-Energie des SKreuzers ausgelöst worden war, auseinanderflog und zu einer so großen künstlichen Sonne wurde, wie Menschen sie noch nie gesehen hatten. Huxley hatte nur den furchtbaren Verdacht, daß die C-500 mit dieser Station der Fremden untergegangen war, und das Wissen, daß die TF damit einen ihrer besten Kommandanten verloren hatte, ließ ihn für Sekunden die Beherrschung verlieren. “Angreifen! Angreifen! Angreifen, Männer, gerade ist Clark mit seiner C-500 draufgegangen! Angreifen!” Er schrie es über To-Funk den anderen Kommandanten zu. Er übertrug seine unbeherrschte Erregung auf sie, aber er machte sie damit nicht zu tollkühnen Männern, sondern zu eiskalten, zu allem entschlossenen Kämpfern. Wer auch immer in diesen Stationen, deren Durchmesser man mit acht Kilometern annahm, sich verbarg – das Grauen mußte über sie kommen. Drei Schiffe der TF gingen noch verloren, vier andere scherten schwerbeschädigt aus, aber dann gab es in diesem Sektor der Milchstraße keine unsichtbaren Stationen mehr, die nur eine Aufgabe zu kennen schienen: erbarmungslos zu vernichten. In der C-500 aber jagte der Atombrand die Männer zu ihren Einsatzpunkten. X-Zeit lief. Die X-Zeit, die der Atombrand den Menschen stellte! Unitall, diese hochkomprimierte Molekularstruktur, wandelte sich in Energie um! “Siebzehn Tote, dreizehn Verletzte, zum Teil schwer, Colonel.” Mit bleichem Gesicht nahm Clark diese Meldung hin. “Funk-Z, SOS abstrahlen. Höchste Sendeleistung. Ununterbrochen.”
Deck 2 meldete sich. “Colonel, wir schaffen es nicht. Wir werden mit dem Unitall nicht fertig.” Mit dem Kunstprodukt der Mysterious war noch niemand fertig geworden. Clark traf seine Entscheidung! “Alle von Bord! Alle Mann, außer Funk-Offizier! Alarm-Order Caesar/Caesar! Alarm-Order Caesar/Caesar!” Die Verwundeten zuerst! Die Toten zurücklassen! Kontrolle aller Deckoffiziere, ob niemand irgendwo verletzt lag. Vier Instrumente am Pult fielen aus. Der Atombrand hatte schon Deck 2 erreicht. Die Wiedergabe der Bildkugel wurde trübe, kurz darauf wieder klar. Hinter dem Colonel verließen die Offiziere die Zentrale. Der Mann in der Funk-Z mußte aushalten. Wie der Colonel. SOS – SOS – Positionsangabe! Höchste Sendeleistung! SOS – SOS. “Colonel, Berichtigung: Neunzehn Tote und vierzehn Verletzte. Haben C-500 verlassen.” “Deck 1 aufgegeben. Deck 2 und 3 geräumt.” Die Funk-Z war da. “Sendeleistung fällt ab.” Der Chef-Ingenieur hielt auch noch im Triebwerksraum aus. “Der Atombrand frißt sich über die Phasen viel schneller höher als erwartet. Ich kann der Funk-Z kaum noch Saft schicken.” “Raus aus Ihrer Mausefalle!” ordnete Clark an. Rief dann zur Funk-Z: “Schalten Sie auf Automatik, und ab mit Ihnen!” Die Decks 8, 7 und 6 waren geräumt. Nur noch ein paar Mann hielten sich auf dem Hauptdeck 5 auf. Großer Himmel, dachte Clark, als nun er von der Funk-Z angerufen wurde, der Mann ist ja immer noch da. Daß er selber auf seinem Posten aushielt und Gefahr lief zu verbrennen, darauf kam er nicht. “Colonel, ich habe Huxley im Empfang. Huxley kommt.” “Dann raus mit Ihnen!” bellte der Colonel über Helmfunk. Die r-Warnung meldete sich. Im Schiff hatte die harte Strahlung einen Grenzwert erreicht, der jedem ungeschützten Menschen den Tod bringen mußte. Von den beiden noch intakten Schleusen kam die Warnung: “Schiff räumen! Letzte Frist in ca. anderthalb Minuten.” Clark konnte den Pilotensitz nicht verlassen. Die allerletzte Meldung fehlte. Aber er sah auf das Chrono.
Die Sekunden rasten dahin. Noch schneller fraß sich der Atombrand weiter. Da wurde das Schiff von den ersten Explosionen geschüttelt. Gingen schon die Konverter hoch und beschleunigten sie das Ende des S-Kreuzers? “Alle Mann sind von Bord, Colonel.” Das Schott zum Hauptdeck stand offen. Er raste darüber entlang, der nächsten Schleuse zu. Zu spät. Hier kam er nicht mehr weiter, wo der Atom-Brand wütete. Umkehren! Clark lief um sein Leben. Nur noch eint Schleuse war passierbar. Das Licht flackerte! Die C-500 schüttelte sich wie ein Tier, das in den letzten Todeszuckungen liegt. Eine Luftdruckwelle schleuderte den Colonel zu Boden. Das Schott zur Messe war aufgesprungen, und Luft, die in den leeren Raum stoßen wollte, zeigte ihm ihre Kraft. Er raffte sich auf. Weiter, wenn auch die Lungen keuchten. Schneller. Die Schleuse! Leer. Kein Mensch mehr davor. Er nahm Anlauf. Noch bewegte er sich unter ein Gravos. Und dann sprang er, so weit er konnte. Hinein in den Abgrund; zwischen den Sternen, den grausam und kalt funkelnden, stecknadelgroßen Punkten, zu denen die Menschen verträumt aufsahen und sie schön fanden. Clark wirbelte davon. Er überschlug sich dabei ununterbrochen. Er sah seine brennende C-500 kommen und gehen, als ob sie sich in Saltos bewegen würde. Nur fort vom Schiff, von seiner C-500, die immer greller brannte. Wo, waren seine Männer? Wo die Verletzten? Hoffentlich trieb keiner von ihnen allein und hilflos durch die Schwärze des Alls. Order Caesar/Caesar befahl Funkstille. Absolute. Erst wenn das Schiff nicht mehr existierte, durfte vom Funk Gebrauch gemacht werden. Ein gutüberlegter Befehl, der nur demjenigen unmenschlich vorkommen mußte, der über ihn nie nachgedacht hatte. Clark trieb ab. Antrieb seines M-Anzuges auf Maximum! Er wollte nicht in den turbulenten Energiebereich geraten, wenn der S-Kreuzer als künstliche Sonne seine umgewandelte Materie explosiv in den Raum stieß. Da jagte die Lichtmauer auf ihn zu. Licht, das er in diesen Sekunden haßte, weil es tödliche Gefahr in sich barg.
Unwillkürlich hielt er den Atem an. Unwillkürlich zweifelte er an dem Strahlschutz seines M-Raumanzuges. Unwillkürlich stellte er sich vor, wie ihn die Strahlung jämmerlich umkommen ließ, langsam, aber unaufhaltsam. Der Mensch P.S. Clark mit der Angst vor dem qualvollen Sterben trieb quer durch den Raum, und mit ihm die Überlebenden seines Schiffes, Menschen voller Angst, aber auch voller Hoffnung. Weil sie noch länger leben wollten. Weil das Leben so schön sein konnte. Trotz unsichtbarer Stationen. Trotz allem! Da flammten Scheinwerfer auf. Lichtfinger suchten den schwarzen Weltraum ab, in dem hilflose Menschen trieben und eine Sonne so schnell wieder verschwand, wie sie entstanden war. Die C-550 war da, Colonel Huxleys Kommandoschiff, und die C-550 begann, einen Schiffbrüchigen nach dem anderen aufzunehmen. * Plötzlich stand eine Biesenaufgabe vor der Menschheit. Sternenbrücke! Transmitter-Straßen! Die schwarzen Weißen! Beschleunigte Kolonisierung erdähnlicher Planeten. Vier Aufgaben auf einmal. Jede war lebenswichtig. Jede mußte gelöst werden, wenn Terra nicht sein eigenes Grab schaufeln wollte. Das technische Wissen der Mysterious durfte nicht in die Hände fremder Rassen fallen. Das, was der Commander entdeckt hatte, mußte gesichert werden. Die unterseeische Raumschiffwerft! Die Welt der Giants, auf der sie sich selbst herstellten. Und Zwitt! Und Planet 1 mit dem rätselhaften Materie-Sender, durch den die POINT OF verschwunden war. Die Rückkehr eines Flottenverbandes, der schwerbeschädigte S-Kreuzer nach Terra brachte, wurde in Cent Field kaum beachtet. Die Schlacht zwischen den Sternen war schon ein paar Stunden später, kaum daß sie bekannt geworden war, wieder vergessen. In Alamo Gordo löste eine Konferenz die andere ab. Hunderttausende Menschen wurden von einer Minute zur anderen versetzt. Ein Mobilisierungsplan, von langer Hand vorbereitet, lief zu einem Zeitpunkt an, als die wenigsten damit gerechnet hatten. Für Zehntausende von Familien hieß es: Alles liegen und stehen lassen und sich auf dem Raumhafen einfinden. Sie hatten sich freiwillig für die
Kolonisierung einer fremden Welt gemeldet, und nun stand ihnen der Exodus bevor. Techniker und Ingenieure, Monteure und Arbeiter verließen ihren Arbeitsplatz, Dozenten und Professoren stellten ihre Vorlesungen ein: Alle waren abberufen worden. Alle waren ein winziges Rädchen in einer komplizierten Maschinerie geworden, die von einem Moment zum anderen begonnen hatte sich zu bewegen. Cent Field war ein Raumhafen von vielen, aber der größte Terras. Und dennoch konnte Cent Field die Menschenmassen kaum bewältigen, die aus allen Teilen der Erde dort eintrafen. Die Bewohner von Alamo Gordo fanden nachts keinen Schlaf mehr. Ununterbrochen starteten Kugelraumer und S-Kreuzer. Gleich einem Moloch nahm jedes Schiff aber Tausende an Bord, und doch schien es, als ob die wartenden Menschenmassen eher größer als kleiner wurden. Einsatz zur Sternenbrücke! Einsatz nach Dockyard! Einsatz zum Planeten der Giants über Hope, Transmitter-Straße. Einsatz nach Blue Star, nach Wellington, nach Zeus, nach Inka – Namen der Planeten, die zur Besiedlung freigegeben worden waren, und auf denen schon die ersten Siedler wohnten. Groß-Einsatz der Waffentechnik! Mobilmachung der jungen Männer, die an Strahlgeschützen ausgebildet worden waren. Ein Drittel der Kommandanten der Ast-Stationen wurden nach fernen Planeten versetzt. Dort waren sie verantwortlich für die Verteidigung der Welt. Und das alles, weil ein Verband aus fünfzig S-Kreuzern relativ nah dem Sol-System eine Reihe unsichtbarer Stationen vernichtet hatte. Die Gefahr kam aus der Galaxis, und diese Gefahr mußte aufgehalten werden – überall dort, wo es den Menschen gab. Auf all seinen Welten. Durch seine Raumflotte. Und plötzlich war auch dem letzten klar, daß diese Flotte gar nicht groß genug sein konnte. Plötzlich war aber auch ein Mann Mittelpunkt: Henner Trawisheim, der seine große Stunde hatte – der Cyborg auf geistiger Basis. Und er war nicht nur Mittelpunkt, er war auch der ruhende Pol im hektischen Ablauf der plötzlich einsetzenden Entwicklung. Die Verbindung zu den Utaren brach nicht mehr ab. Huxley war mit seinem Schiff zu den Nogks draußen zwischen den beiden Galaxien unterwegs. Nur zwei intelligente Rassen im Spiralarm waren Terras Freunde, aber es waren zuverlässige Freunde, und sie mußten von der Gefahr, die irgendwo im Raum lauerte, unterrichtet werden. Sie mußten
sich bereit erklären, zusammen mit Terra ein Warnsystem aufzubauen, das besser war als alles, was man bisher geschaffen hatte. Dreiundzwanzigtausend Mann waren nach Dockyard unterwegs, allein siebentausend” sollten auf Dockyard an den von sechs Bändern laufenden Ringraumern ausgebildet werden. Einsatz des letzten Cyborgs! Alarm im Brana-Tal in der Cyborg-Station. Terra benötigte Cyborgs als Ausbilder. Aber je weiter die Mobilisierung lief, um so öfter wurde die Frage nach dem Commander gestellt. Wo war Ren Dhark mit seiner POINT OF? Konnte er sich nicht vorstellen, daß auf Terra eine Entwicklung eingesetzt hatte, die über die Zukunft der Menschen entschied? Einundneunzig schwarze Weiße befanden sich auf der Erde. Humanoide, die wie Weiße aussahen, aber eine schwarze Haut hatten. TV hatte es der ganzen Erde gezeigt, und den schwarzhäutigen Afrikanern waren diese Intelligenzen so fremd, wie einem Tibetaner in einem verlassenen Hochtal des Himalaya. Die Ärzte kannten ihre Aufgabe. Diese Gruppe Fremder durften ihrem Leben kein Ende setzen, wie es das einzige Exemplar dieser Rasse getan hatte, das durch den Reporter Bert Stranger festgenommen worden war. Im wissenschaftlichen Forschungszentrum unter Alamo Gordo arbeiteten Besessene. Anders konnte man sie nicht bezeichnen. Sie wollten und sie mußten so schneit wie möglich die erbeuteten Ausrüstungsgegenstände der Tels kennenlernen, denn nur wenn man die Technik dieser Humanoiden kannte, konnte man sie mit ihren Doppelkugelraumern auch bekämpfen. Manu Tschobe war zum Ahasver geworden. Er war überall zu finden. Er war der Mann mit den größten Erfahrungen auf dem Gebiet der Transmitter-Straßen. Er war es eigentlich auch gewesen, der die Mobilisierung aller Kräfte der Erde ausgelöst hatte, aber erst durch die Schlacht zwischen den Sternen war jener Funke übergesprungen, der auch den letzten Zauderer aufweckte. Monty Bell, Chef des Wissenschaftlichen Forschungszentrums unter Alamo Gordo war für keinen Menschen zu sprechen. Henner Trawisheim war für jeden zu sprechen. Bulton hatte sein Quartier im Stab der TF aufgeschlagen, und seine Frau konnte ihn nicht mehr kontrollieren, ob er nicht einen Kognak zu viel trank. Aber viel lieber hätte er sich doch von ihr kontrollieren lassen als
für den reibungslosen Einsatz der Terranischen Flotte verantwortlich zu sein. Trawisheim hatte eine Besprechung abrupt beendet. Der einzige Mann, der bei ihm kein Gehör gefunden hatte, war der Minister der Finanzen gewesen. Durfte in dieser Lage Geld eine Rolle spielen? Und dennoch machte sich Trawisheim Sorgen, wie dieser kaum vorstellbar teure Einsatz jemals bezahlt werden sollte. Aber allzulange dachte er nicht darüber nach, weil er einfach keine Zeit dazu fand, doch hin und wieder fragte er sich, ob Ren Dhark noch lebte. Darauf gab es keine Antwort. Beunruhigend war in diesem Fall noch die Tatsache, daß sich auch nicht mehr die S-Kreuzer B-100 und 101 meldeten, seitdem sie Planet 1 im Zwitt-System verlassen hatten. Gab es hinter dem Zentrum der Galaxis eine Gefahr, die so groß war, daß menschliche Phantasie nicht ausreichte, sie sich vorzustellen? * Ren Dhark suchte die Medo-Station auf und sprach mit Maitskill. “Verfügen wir über ein Beruhigungsmittel, das dem Luftvorrat der POINT OF zuzusetzen ist?” “Wie bitte?” Maitskill glaubte sich verhört zu haben. “Sie haben mich verstanden. Haben wir das Mittel an Bord? Wir alle benötigen es, um ruhiger zu werden, denn es ist kein erhabenes Gefühl, erkennen zu müssen, seine zuverlässigsten Mitarbeiter grundlos angeschnauzt zu haben. Und seit einiger Zeit wird auf der POINT OF nur geschnauzt.” “Dhark”, erwiderte Maitskill in beruhigendem Ton, “Sie haben sich in der letzten Zeit wieder zu viel zumuten müssen. Sie sind nervös, abgespannt und…” Dhark mußte sich zusammennehmen, um dem Arzt nicht barsch ins Wort zu fallen. “Wir alle sind es, wenn Sie es als Mediziner noch nicht bemerkt haben sollten. Also, Ihre Antwort, Maitskill.” “Natürlich können wir einen Tranquilizer dem Luftvorrat beigeben. Frage: Werden die Filter ihn nicht sofort absorbieren?” “Die lassen sich darauf einstellen. Das ist Sache der Techniker. Wie lange dauert es, bis Sie soweit sind?” “Eine halbe Stunde. Hoffentlich machen wir damit nicht wieder das Vario mobil.”
Der Commander ging nicht darauf ein. “Setzen Sie den Tranquilizer so schnell wie möglich ein. Unsere Techniker werden dafür sorgen, daß die Filter das Entspannungsmittel nicht absorbieren.” Als er in die Kommando-Zentrale zurückkam, studierte Dro Cimc immer noch den Wegweiser. Riker, der den Tel eine Zeitlang mißtrauisch beobachtet hatte, hielt jetzt nur noch die Bildkugel unter Kontrolle. Die Veränderungen des roten Universums in seinen Tiefen hatten in der letzten Viertelstunde keine Fortschritte mehr gemacht. Aus der Funk-Z war auch nichts Neues mehr gemeldet worden. Grappa hinter den Ortungen hatte keine Arbeit. Und die Experten im Schiff, die Astronomen und Astrophysiker, hüllten sich in Schweigen. Auch die KontinuumSpezialisten. Nur das eine stand fest: daß man sich nicht im Karmin aufhielt. Sie waren zur Untätigkeit verurteilt. Das Schlimmste, was ihnen passieren konnte. Sie waren nicht in der Lage, nach den beiden S-Kreuzern zu suchen, noch mit ihnen in Funkverkehr zu treten. Nur diese eigenartige BlipAngelegenheit war das einzige Aktive, und diese Aktivität kam nicht einmal von ihnen. Von wem dann? Ren Dhark zermarterte sich den Kopf. Er wollte nicht wahrhaben, daß sie hilflos waren, er wollte nicht wahrhaben, daß es in diesem Universum Naturgesetze gab, die jedes Handeln damit unterbanden, in dem sie Aktivität nicht zur Wirkung kommen ließen. Sein Wissen von Erron-3 half ihm nicht weiter. Der Checkmaster zeigte in dieser Situation auch seine Begrenzung. Was ist zu tun? Was ist zu tun? fragte er sich immer wieder, und am liebsten hätte er die geballten Hände genommen und sie gegen seine Stirn geschlagen, um eine Idee aus dem Unterbewußtsein heraus ins Bewußtsein zu bringen. Eine Idee! Die richtige Idee! Zum wievielten Male überflog er die Instrumente? Wie oft schon hatte er das silberhelle Strahlenfeld gemustert, und das Loch, den dunklen Hintergrund in den Tiefen des Raumes. Es mußte etwas zu bedeuten haben, aber bei allen Sternen, was nur? Unmerklich wurde er ruhiger. Den anderen im Schiff erging es ebenso. Der Tranquilizer wurde wirksam. Als er erkannte, daß sich seine Gedanken ruhiger bewegten und er
gelassener ihre Lage betrachtete, erinnerte er sich seiner Anordnung, die er Maitskill und den Filter-Technikern gegeben hatte. Dro Cimc stand zwischen Checkmaster und den Ortungen. Er manipulierte mit dem Wegweiser, dessen Antenne ausgefahren war. Dem Tel mußte dieses Gerät der Mysterious bekannt sein, oder er hatte schon davon gehört, denn eine andere Erklärung konnte es für sein lebhaftes Interesse nicht geben. Dhark drehte sich mit seinem Sessel. Er sah nacheinander seine Offiziere an. Ihr Blick war ohne Vorwurf. Der Tranquilizer in dem Luftvorrat der POINT OF war die Ursache. Commander Dhark schaltete zu Congollon durch. “Ich komme zu Ihnen hinüber.” Das Hauptdeck war leer. Als Dhark knapp die Hälfte der Ringröhre durchschritten hatte, senkte sich Deck 4, schnitt Deck 3 und Deck 2 an, um sich schließlich mit Deck 1 zu vereinigen Krachend sprang das Schott zum Triebwerksraum auf. Sieben Mann machten darin Dienst. Aber heute lümmelten sie sich herum, weil es in diesem großen Aggregatsaal nur Langeweile gab. Der zweite Sessel neben Miles Congollon war leer. Arc Doorn fehlte. Er hielt sich auf der B-100 auf, wie Anja Riker. Der Chef-Ingenieur sprach nicht, als Dhark neben ihm Platz nahm. Er deutete nicht einmal auf eins der Instrumente. Der Commander benötigte auch keine Erklärung. Auf einen Blick erkannte er, daß die Flächenprojektoren seines Ringraumers zu Antennen geworden waren. Sie nahmen Energie unbekannter Art auf, leiteten sie zum Triebwerk weiter, und von dort landeten sie in den Speicherbänken. “Als ob wir ertobit gewesen wären!” Miles Congollons erste Bemerkung. Ertobit? Es löste in Dhark das Wort atompisch aus, ein Begriff aus der Sprache der Mysterious, aber zugleich auch der Begriff dieser Sprache, die er vollkommen beherrschte, den er nicht verstand. “Ach, Unsinn!” stieß er ärgerlich aus, weil er bemerkt hatte, daß der Ausdruck atompisch zum Strohhalm werden sollte, an den er sich klammern wollte. Aber Congollon bezog Dharks Worte auf seine Bemerkung. “Habe ich behauptet, daß wir ertobit find, Dhark?” Vor einer halben Stunde hätte er in einem heftigen Ausbruch reagiert.
“Darauf bezog sich mein Ausruf nicht. Ich hatte nur laut gedacht. Was sagen die Experten zu diesem Vorgang?” “Nichts. Ich hatte schon Krach mit ihnen. Und sie können nichts sagen, weil sie nichts wissen, dabei haben wir ein paar hundert Wissenschaftler mehr an Bord als jemals zuvor auf einem Flug. Nieten.” Dhark schüttelte den Kopf. Für ihn waren die Experten keine Nieten. Es lag nicht an ihnen, sondern an diesem unbekannten Raum-Zeitgefüge, das seine eigenen Gesetze hatte, und die kannte niemand. “Congollon, haben Sie nicht den Eindruck, unsere POINT OF wäre blockiert?” “Ich habe gar keinen. Das ist das allerschlimmste. Ich frage mich nur immer wieder, warum alle Anlagen im Schiff einwandfrei arbeiten.” “Das tun sie nicht! Weder Sle noch Sternensog läßt sich anfahren. Das Triebwerk läuft auf Null und bleibt trotz aller Kommandoimpulse dabei. Das nennen Sie einwandfreies Arbeiten aller Geräte, Congollon?” “Ich sage nichts mehr, Dhark.” Nicht der Trotz kam damit zum Vorschein, sondern die Hoffnungslosigkeit. Miles Congollon war nicht der Mann, der sich hinter dummem Trotz verschanzte. Er hatte gegrübelt und tausend Versuche angestellt, um sowohl das Triebwerk aus der Null-Lage herauszubekommen, als auch die Flächenprojektoren wieder zu dem zu machen, was sie gewesen waren: Abstrahlpole, die entweder Sle oder Sternensog erzeugten. Jeder Versuch war fehlgeschlagen. Jeder Fehlschlag hatte ihm demonstriert, daß sie hilflos waren. “Haben Sie schon einmal an Erron-3 gedacht, Miles?” Er wurde seinem Vorsatz untreu, nichts mehr zu sagen. “Einmal, Dhark? Hundertmal, und hundertmal habe ich dieses Archiv der Mysterious verflucht! Wirklich, man hat uns in eine wunderbare Falle gelockt, und als wir ihr dann doch entkamen, sind wir von einer Pleite in die andere gefallen. Manchmal bedaure ich es, daß uns die Synthies in letzter Minute vor den schwarzen Weißen gerettet haben.” Dhark war von Congollon enttäuscht. Der Chef-Ingenieur gab sich ganz der großen Hoffnungslosigkeit hin, dennoch unternahm er den letzten Versuch, ihn aufzurütteln. “Haben Sie Ihr Erron-Wissen eingesetzt, Miles?” “Dhark, es nützt uns hier doch nichts. Haben Sie mit dem Ihren denn etwas anfangen können? Vielleicht hätten wir ein paar hundert Mentcaps mehr schlucken müssen, aber dann möchte ich den Menschen
kennenlernen, der dieses Wissen verarbeiten kann, damit er es nach vierzehn Tagen nicht vergessen hat.” Dhark verließ den Triebwerksraum. Von Deck 1 stieg er zu Deck 4 hoch, machte einen kurzen Besuch in der WS-West und verhielt dann seinen Schritt an der Funk-Z. Daß es auf Deck 3 im Raum T-675 immer noch brannte und darin inzwischen die Temperatur auf 22.100 Grad Celsius abgesunken war, beunruhigte ihn nicht, weil er voll und ganz dem Unitall der Mysterious vertraute, die dieses Kunstprodukt geschaffen hatten. Ihn überkam auch kein Gefühl des Bedauerns, nun die ZeitVerschiebung nie mehr benutzen zu können, weil das dafür erforderliche Aggregat in T-675 zerstört worden war. Aber… In diesem Moment hatte er sich eines Gerätes erinnert, das von der gesamten Automatik der POINT OF getrennt, neben der Schleuse 1 in einem Raum als einziges Teil zu finden war: Der Störsender, dem die POINT OF, als die Besatzung ihr Schiff kaum kannte, es zu verdanken hatte, auf ihren ersten Flügen durch das Sternenmeer nicht vernichtet zu werden. Vielleicht war es mit diesem Störsender möglich, dennoch Funkverkehr im unbekannten Universum aufzunehmen. Wenn auch nur einseitig. Wenn nur die B-100 und B-101 diese Störimpulse empfingen und die Besatzungen daraus entnehmen konnten, daß das Flaggschiff noch existierte. Er informierte die Funk-Z, als er in dem Raum stand und dann das Gerät einschaltete. Die Funk-Z war es, die ihm nach wenigen Minuten riet, die Versuche einzustellen, weil keine einzige Amplitude abgestrahlt wurde. Als er die Kommando-Zentrale wieder betrat, war man dort über seinen erfolglosen Versuch unterrichtet. Die nächste Enttäuschung kam von Dro Cimc. Er gab dem Commander den Wegweiser wieder zurück. Wenn man seine Gesten richtig deutete, dann bedauerte er, nicht helfen zu können. Ein Fall wurde in der POINT OF abgeschlossen. Die Temperaturen im Schiff näherten sich dem Normal-Werten. Es sollten nur dann weitere Durchsagen erfolgen, wenn sie wieder ansteigen sollten. Das Vario hatte ausgelebt! Und damit tauchte eine neue Frage auf: War es tatsächlich unumgänglich gewesen, mittels des HyKonverfahrens ein anderes Universum aufzusuchen? Wäre das Vario im heimatlichen Raum-Zeitgefüge nicht auch zugrunde gegangen?
Ren Dhark grübelte still vor sich hin. Unwillkürlich ruhte sein Blick auf der Bildkugel. Mit seinem Unterbewußtsein nahm er die winzige Veränderung der Wiedergabe auf. Ein kaum feststellbares Pulsieren! Periodische Helligkeitsschwankungen! Mit seinem Chrono stoppte Dhark ab. Jedes Intervall dauerte 10,45 Sekunden Norm-Zeit. Aber diese Helligkeitsschwankungen des silberhellen Strahlenfeldes waren nicht das einzig Bemerkenswerte, das Feld pulsierte auch in der Größe. Wie ein RR-Lyra-Stern. Erstaunlich diese Schwingungsform, und noch erstaunlicher, daß weder die Astronomen noch die Astrophysiker dieses Phänomen bis jetzt entdeckt hatten. 10,45 Sekunden Dauer hatte jedes Intervall! Unwillkürlich weitete er die Augen, und im gleichen Moment zweifelte er daran, ob das, was er sah, auch real war, denn wie war es möglich, daß er auch noch bemerkte, wie das Strahlenfeld nach innen pulsierte? Er kontrollierte die Instrumente und wartete, bis drei Minuten verstrichen waren, dann erst blickte er ein zweites Mal auf die Bildkugel. Er sah das Phänomen eines pulsierenden Strahlenfeldes abermals! Grappa meldete nichts. Die Funk-Z war still. Dhark rief die SternExperten an und machte sie auf seine Beobachtungen aufmerksam. “Dhark, wir können nichts feststellen. Sie sind Opfer einer Sinnestäuschung geworden.” Neben ihm brummte Dan Riker: “Ich sehe auch nichts. Weder Helligkeitsschwankungen, noch Pulsieren.” Unwillkürlich sah der Commander seinen Gast an, und Dhark wurde wiederum enttäuscht. In dem Blick des anderen stand nichts weiter als eine stumme Frage. Er konnte wohl nicht begreifen, warum Dhark schon mehrfach auf die Bildkugel gedeutet hatte. “Zehn Komma vier fünf”, murmelte da Dhark und suchte in seinem Gedächtnis krampfhaft nach irgend etwas, das mit dieser Zeitspanne eine Einheit, einen Begriff bildete. Aber sein Gedächtnis ließ ihn im Stich. Kurz entschlossen stellte er die Verbindung zu den Mathematikern her. “Was gibt es, das mit einer Periode von 10,45 Sekunden im direkten Zusammenhang steht?” “Hm?”. Soelln, der Mathematiker mit den vielen Sommersprossen, wiegte nachdenklich den Kopf. “Das ist eine Frage, Dhark, die ich kaum… Moment!” Sein Gesicht verschwand vom kleinen Bildschirm der
Verständigung, und es blieb für längere Zeit verschwunden. Als es wieder auftauchte, funkelten seine Augen. “10,45, aber nicht in Sekunden, sondern in Mikrosekunden ist die Schwingungszeit unseres Triebwerkes im Null-Lauf.” Jetzt war es Ren Dhark, der “Hm”, sagte. Dahinter verbarg er seine Enttäuschung. Irgendeine andere, aufregendere Antwort hatte er erwartet. Mit der Auskunft des Mathematikers konnte er nichts anfangen. “Danke!” sagte er dann noch, und dann war es nichts anderes als Intuition, Miles Congollon anzurufen. “Haben Sie etwas im Triebwerk, oder was damit zusammenhängt, bemerkt, das einen Wert von 10,45 hat?” Erst als er diese Frage gestellt hatte wurde ihm bewußt, daß er den Begriff Sekunde oder Mikrosekunde nicht benutzt hatte. “10,45?” wiederholte Congollon. “Nicht daß ich wüßte. Tut mir leid. Ich hätte gern. Aber zum Teufel, doch! 10,45…”, und dann kam ein schauerlicher Serienfluch, der jede guterzogene Dame in die Flucht jagen mußte. “Die Speicherbänke stehen auf 10,45! Alle, weil sie einfach nicht mehr Fremdenergie aufnehmen. Warum, weshalb, wieso, das weiß natürlich wieder mal keiner. Ich auch nicht.” Zehn Komma vier fünf! Und kein Mensch wollte in der Bildkugel das sehen, was er sah. Dhark wurde warm, obwohl die Temperatur im Schiff fast wieder normal war. Er stand auf, streifte seinen Raumanzug ab und reichte ihn dem Offizier, der ihn dabei beobachtet hatte und herangekommen war. “Lassen Sie Sauerstoff auffüllen und den Konverter kontrollieren. Danke, meinen Reserveanzug hole ich mir selbst.” Aber im gleichen Moment vergaß er es. Er wollte den letzten Versuch mit der POINT OF machen. Wenn auch dieser mißlang, dann mußte er doch auf den Wegweiser zurückgreifen, und das hieß, die B-100 und B-101 in diesem fremden Universum im Stich zu lassen, wenn ihnen der Durchbruch ins heimatliche Kontinuum gelang. Dann verlor Dan seine Frau Anja und er vier gute Freunde: Ralf Larsen, Janos Szardak, Arc Doorn und Anja Riker. Er arbeitete mit zehn Komma vier fünf! Aber auch mit Mikrosekunde. Er wußte nicht, ob er Erfolg haben würde, und ob das Triebwerk auf diese Impulse ansprach, noch weniger war ihm klar, ob die Flächenprojektoren Sle oder Sternensog entwickeln würden.
Riker, der ihm interessiert zusah, sagte nichts, aber die Haltung, die er in seinem Sitz eingenommen hatte, verriet, daß er darauf vorbereitet war, sofort seine Aufgabe als Kopilot zu übernehmen. Dhark hatte nur noch einen Blick für die Instrumente. Unwahrscheinlich niedrig die Belastung der beiden Intervalle. Dann schloß der Hauptkontakt unter seinem Fingerdruck. Impuls! Zehn Komma vier fünf Mikrosekunden lang! Was war gewesen? Hatten die Instrumente Werte angezeigt oder nicht? Noch stellte er sich die Frage, als hinter seinem Rücken Dro Cimc einen Schrei ausstieß. Die Wiedergabe in der Bildkugel hatte sich verändert. Die POINT OF stand dicht vor dem silberhellen Strahlenfeld. Es lag zum Greifen nah vor ihnen. Aber auch erschreckend nah der schwarze, leere Hintergrund, der einem gewaltigen Loch glich. Die Männer im Flaggschiff hielten den Atem an, wo immer es eine Bildkugel gab. Tino Grappa strich verwirrt über seine Stirn, und langsam zweifelte er daran, daß seine Ortungen pannensicher sein sollten. Was war eigentlich geschehen? War die POINT OF auf das Strahlenfeld hin versetzt worden, oder hatte sich das Strahlenfeld in einem zeitlosen Ablauf an den Ringraumer herangeschoben? Ren Dharks Gesicht war kantig geworden. Seine Gesichtsmuskeln zuckten, und sie verrieten damit, wie erregt er war. Er sah nicht mehr das, was ihn auf 10,45 aufmerksam gemacht hatte. Es gab weder die periodische Helligkeitsschwankung des Feldes, noch ein Pulsieren nach innen und außen. Dann glaubte er an eine Störung in seinem Kopf, als er das Zirpen vernahm. Das Zirpen blieb, das unverständliche Zirpen einiger Grillen. Er wollte es fortwischen wie ein Spinnennetz, das dicht vor dem Gesicht hängt, aber er ließ sich nicht entfernen. Dharks Gesicht wurde zur Grimasse, denn das Zirpen breitete sich im gesamten Kopfraum aus. “Ren, ist dir nicht gut?” hörte er seinen Freund besorgt fragen. “Ich fühle mich scheußlich!” stieß er aus, weil ihn das Zirpen verrückt zu machen drohte. “Übernimm, ich muß in die Medo-Station.” Er wankte aus der Zentrale. Blicke, in denen Besorgnis lag, folgten ihm. Dhark hörte noch, wie das Schott hinter ihm zuschlug, er sah auch noch
das Dunkel auf sich zukommen, und er begriff, wie der Boden unter ihm nachgab, und dann war nur noch das große Loch da, in das er hineinstürzte. Dan Riker rief nach einer Viertelstunde die Medo-Station an. “Was? Nicht angekommen? Bestimmt nicht?” “Nein!” sagte Maitskill. “Ich müßte es wissen, wenn der Commander hier wäre.” Man suchte ihn überall, im ganzen Schiff. Ren Dhark war von Bord der POINT OF verschwunden. Es gab nicht die kleinste Spur von ihm. * Es zirpte nicht mehr. Es war alles so leicht, so sorgenlos, so unwirklich. Ren Dhark sah an sich herunter, und er erschrak nicht einmal, als er seinen Körper nur bis zur Gürtellinie erkennen konnte. Und er wunderte sich nicht, daß er in einem silberhellen Strahlenfeld steckte. Er senkte seine Arme, doch unterhalb der Gürtellinie verschwanden seine Hände, und er fühlte sie nicht mehr, wie er nicht mehr feststellen konnte, Beine zu besitzen. Das alles machte ihm nichts aus. Es kam ihm nicht einmal unnatürlich vor. Langsam trieb er dahin, oder ganz schnell? Jede Vergleichsmöglichkeit fehlte. Tauchte er tiefer ins Silberhelle oder kam das Silberhelle zu ihm empor? Keine Frage. Fragen verlangen Antworten. Er wußte nicht einmal mehr, was Frage und Antwort bedeutete. Gelassen sah er, wie sein Rumpf mehr und mehr verschwand. Mit dem Verschwinden such jedes Gefühl. Bis zum Kinn steckte er im Silberhellen. Mund, Nase und Augen verschwanden. Er brauchte weder zu atmen, noch zu sehen. Dennoch erstickte er nicht. Dennoch war er nicht blind. Dann gab es nichts mehr. Und er war doch vorhanden. Er war sich feiner Existenz bewußt, aber anders als jemals zuvor. Sein Ich lebte nicht mehr, auch nicht seine Persönlichkeit. Nur das Sein war noch vorhanden. Und das war das einzig Wichtige.
– Du hast lange gebraucht, zu uns zu kommen – – Ich mußte den Weg zu euch erst finden – Er sah sie, die Bewohner des roten Universums, und er unterhielt sich mit ihnen. Sie glichen ihm, und deshalb war ihm ihr Aussehen so vertraut. Er unterschied sich durch nichts, und das machte ihn den anderen gegenüber gleichberechtigt. – Nein, du wolltest am Weg vorbeigehen, und erst als wir dich holten, sahest du ihn. Wir freuen uns, dich unter uns zu sehen – Es stimmte. Sie hatten ihn gerufen, aber er hatte ihr Rufen nicht verstanden. Warum nur nicht? Er blickte sich um, und was er sah, war ihm vertraut. Er war zu Hause. Bei ihnen. – Seit wann bin ich hier? – Damit wurde alles anders. Es wurde dunkel, und dann wieder hell. Das Silberhelle versuchte sich durchzusetzen, aber das Dunkel kam aus allen Richtungen immer wieder. – Du willst nicht bei uns bleiben, aber warum willst du uns dann vernichten? Wer gibt dir das Recht dazu? – Er verstand sie, aber sie verstanden ihn nicht, weil er die Zeit mitbrachte, die sie nicht besaßen. Ein wenig von seinem Ich war doch noch in ihm. Mikrospuren, und sie kamen zur Wirkung. – Ich will nicht vernichten. Und wenn ihr mich versteht, dann laßt mich bitte wieder gehen. Auf die Dauer… Ren Dhark hatte wieder in einem Zettbegriff gedacht, und erneut versuchte das Dunkel von allen Seiten das Silberhelle zu überwältigen. Er sah die anderen vor ihm zurückweichen. – Bleibt doch! – rief er ihnen zu. – Ich werde euer Sein nicht mehr erschüttern – Sie glaubten ihm, weil sie die Lüge nicht kannten, und im gleichen Moment wurde das Silberhelle wieder stärker, verdrängte das Dunkel. Im Ich hatte er begriffen, was den anderen gefährlich werden konnte. Im eigenen Sein bekam auch er die Gefährlichkeit, die seinem Ich entsprang, zu spüren. Wieder befand er sich mitten unter ihnen, und sie verstanden ihn und er sie. – Du bist fremd gewesen, aber nun gehörst du zu uns, wenn du bleiben willst. Manchmal kommt Fremdes zu uns, und immer wieder werden wir dadurch stark –
Je länger sie sprachen, um so besser begriff er mit seinem Sein, aber seinem Ich fiel es schwer zu verstehen, daß er sich unter Zeitlosen befand, die in einem Universum, das nicht ausgereift war, lebten. – Bleib bei uns, oder laß einige von den Deinen, zurück. Wir werden dankbar sein und alles geben, was wir verschenken können – Sie waren die Verführung. Sein Ich drohte ihr zu unterliegen – diese winzigen Spuren, die er davon noch besaß. Sein Sein schwankte nicht. Sie benötigten das Fremde in ihm, das sie nicht vollständig umgeformt hatten, um den Kampf zwischen dem Silberhellen und dem Dunkel wieder zu entfachen. Kampf war ihr Leben, das nur in den extremen Schwankungen Bestand halten konnte. Und diese Schwankungen erzeugten sie durch den Rest Fremdes, das sich im umgewandelten Sein verbarg. Sie selbst besaßen es nicht mehr. Sie hatten nicht einmal mehr die Kraft, ihn gegen seinen Willen zurückzuhalten. Darum wollten sie sein Ich verführen durch ihre Geschenke. Sie boten ihm alle Macht an. Sie wollten ihm das zeitlose Sein schenken, und sie versicherten ihm, daß er es behalten würde, auch wenn er in seinen Raum zurückkehren würde, nur sollte er einige von seinen Männern bei ihnen lassen. Sie würden werden wie sie – Gleichberechtigte unter ihnen. Jede Lüge war ihnen fremd, wie jeder Begriff, der mit der Zeit zusammenhing. Die Verwendung des einen wie des anderen hätte dem Dunkel die Macht über sie gegeben und sie versklavt bis in die zeitlose Ewigkeit hinein, bis ihr nicht ausgereiftes Universum zusammenbrach. – Ich kann es nicht, und ich darf es auch nicht – Sie zeigten keine Bestürzung ob seiner Absage. – Wenn du nicht selbst bleiben kannst, kannst du andere bestimmen, die wir aufnehmen, und unsere Macht wird deine Macht sein – Das Schicksal reichte Ren Dhark die rettende Hand, der nur noch Mikrospuren seines Ich besaß, sonst allein im Sein lebte. Das Dunkel lauerte in den Tiefen, es lauerte überall. Noch war das Silberhelle kraftvoll, aber nicht mehr energiereich. Dasjenige, was ihnen Kraft im zeitlosen Ablauf war, verbrauchte sich. Die Gefahr wurde größer, im Kampfleben mit dem Dunkel zu unterliegen. Ihre Freiheit lag in seiner Hand. Sie boten ihm alle Macht als Geschenk an, wenn er ihnen half. Zwingen konnten sie ihn nicht. Gegen die Mikrospuren seines Ich waren sie völlig machtlos.
Aber sie konnten ihn verführen, und sie versuchten es zu tun. Er dachte an Freiwillige. Immer intensiver. Die Verlockung zeichnete ihm die herrlichsten Bilder. Alle Macht in seiner Hand! Zeitlos sein! Sein! Herr über ein Universum! Mit ihren Geschenken mußte er es werden. Terras Weg ins Weltall war damit frei geworden. Nichts konnte die Menschen aufhalten, von Stern zu Stern bis an den Rand des Kontinuums zu eilen. Da sahen die Mikrospuren seines Ich den Abgrund. Er, der Zeitlose unter aber Milliarden Sterblichen! Er, der Verdammte! Er, der aus purem Eigennutz Menschen geopfert hatte, Menschen, die auch im Sein mit dem Rest ihres Ich Menschen blieben. Wer würde ihm je glauben, uneigennützig gehandelt zu haben. Seine zeitlose Existenz würde man ihm vorhalten. Ununterbrochen. Aber Milliarden würden zum ewigen Ankläger und zum Neider. Ren Dhark, der Verdammte! Der Zeitlose! Der Mächtige, dem alle Sterne gehören! Den die Intelligenzen des Universums verfluchen und hassen. Da verdrängte die Verführung alles andere. Freiwillige, damit Terra leben konnte, groß wurde und zu den Sternen fand! An Bord der POINT OF gab es sie, diese Freiwilligen. Sollte er sie nicht befragen, seine Männer? Wenn er sich jetzt entschied, gab es kein Zurück mehr. Auch ihm war in diesem Zustand die Lüge fremd. Er war wie sie. Er war sie. Nur durch die Mikrospuren seines Ich unterschied er sich. – Nein – sagte er. – Es ist unmöglich, und jetzt will ich zurück – Sie hielten ihn nicht auf. Er verließ ihre Mitte. Er stieß durch das silberhelle Strahlenfeld, und fassungsloses Erstaunen lag in seinem Blick, als er seinen Kopf wieder fühlte, einen Teil seines Körpers, Arme und Hände hatte und dann wieder Herr seines Ich war. Dicht vor ihm stand die POINT OF. Er betätigte den Kontakt am Schott zur Zentrale und trat ein. * Siebzehn Stunden und achtzehn Minuten lang war er nicht an Bord gewesen. Vor rund zehn Stunden hatte man die Suche eingestellt, und nun stand er mitten in der Kommando-Zentrale und wunderte sich, daß man
ihn wie ein Gespenst anstarrte. Kurz darauf war das Wundern bei den anderen. Über die Bordverständigung hörten alle seinen Bericht, der unglaublich in jedem Satz klang, und den sie doch glauben mußten, denn wo anders als bei den Bewohnern dieses nicht ausgereiften Universums konnte der Commander gewesen sein. Im Schiff war auch der letzte Winkel nach ihm durchsucht worden. Ren Dhark war siebzehn Stunden und achtzehn Minuten nicht an Bord gewesen, aber warum sagte er in seinem Bericht, immer wieder, er sei nicht in der Lage, die Zeitlosen zu beschreiben. Er hatte sie doch gesehen!. Er hatte mit ihnen doch gesprochen. Dharks Behauptung, während seines Aufenthalts bei den Zeitlosen keinen Mund, keine Nase, keine Augen und keinen Kopf gehabt zu haben, durfte man nicht so genau nehmen. Wahrscheinlich rührte diese Schilderung noch von dem Schock her, den er bei der Um- und Rückformung erlitten hatte, aber er konnte ihnen doch nicht aufbinden, nicht in der Lage zu sein, die Zeitlosen zu beschreiben! Ren Dhark ließ sich auf keine Diskussion ein. Kaum war sein Bericht zu Ende, als er die Verständigung abschaltete. “Hat man dir gesagt, wo unsere beiden S-Kreuzer sind und wie wir in unser Raum-Zeitgefüge zurückfinden können?” fragte Dan den Freund. “Nein, darüber habe ich nichts erfahren. Als ich meine Entscheidung getroffen hatte, gab es kein Gespräch mehr zwischen uns. Und als ich mich auf der POINT OF wiederfand, hörte ich zum letztenmal das Zirpen in meinem Kopf. Vielleicht war es ein Abschiedsgruß der Zeitlosen.” “Warum hast du sie nicht befragt, was wir tun müssen, um unsere beiden Schiffe wiederzufinden?” Dhark kam mit einer Gegenfrage. “Kannst du dir vorstellen, daß sie mit dem Gedanken spielen könnten, Ralf Larsen oder Janos Szardak zu sich zu holen, um ihnen das gleiche Angebot wie mir zu machen?” “Großer Himmel, demnach könnten sie alles unternehmen, uns daran zu hindern die Schiffe zu finden?” “Genau, und darin müssen wir ihnen zuvorkommen. Dan, jetzt denk einmal nicht nur an deine Anja, denk an uns alle. Laß dir doch auch einmal eine goldrichtige Idee einfallen!” “Zehn Komma vier fünf.” “Nein!” unterbrach Dhark. “Damit können wir nie dieses Universum
verlassen. Höchstens mitten ins Strahlenfeld versetzt werden, das sich nun von uns wieder abgesetzt hat. Die Zeitlosen verfügen über starke Kräfte. Erinnere dich daran, daß ich allein das Pulsieren bemerkte. Das war ihr erster Versuch, mit mir in Verbindung zu treten. Als es auch mit dem Zirpen nicht gelang, holten sie mich vom Schiff. Aber genug darüber. Was haben wir bisher versäumt zu versuchen?” Der Commander sah aus, als ob er gerade von einem langen Urlaub zurückgekommen wäre. Er strahlte Energie und Zuversicht aus, die selbst auf Dro Cimc übersprang. Und dieser Tel, das Wesen einer humanoiden, aber fremden Rasse, stellte sich erneut die Frage, welch eine außergewöhnliche Persönlichkeit der junge Terraner sein mußte. Das Hy-Konverfahren schied aus. Der Aufenthalt in diesem nicht ausgereiften Universum hatte alle Männer an Bord eine Allergie gegen die Entdeckung weiterer Kontinua verschafft. To-Funk war versucht worden. Sle und Sternensog kam nicht. A-Grav wirkte nicht. Der Checkmaster wurde zu Rate gezogen. Er streikte. In diesem Raumgefüge zeigte das Bordgehirn die Grenzen seines Könnens. Dhark begriff es so wenig wie die anderen. “Hier stimmt etwas nicht. Seitdem wir uns in diesem roten Weltall befinden, werde ich den Eindruck nicht los, daß unser Checkmaster blockiert ist, denn er leistet weniger als ein Suprasensor, und die arbeiten nach wie vor einwandfrei.” “Und wir wissen bis zur Stunde nicht, wie unser Bordgehirn arbeitet, noch weniger, wie das Zusammenspiel mit der Gedankensteuerung erfolgt”, erklärte Riker unzufrieden. Der Commander winkte ab. “Wir müssen unseren Kopf benutzen, unseren Verstand.” “Dann erkläre mir, was unter einem nicht ausgereiften Kontinuum zu verstehen ist!” forderte Riker. “Ein Universum, in dem eine Konstante nicht stabil ist, und in diesem hier scheint die Zeit-Konstante so instabil zu sein, daß sie die Existenz von Zeitlosen erlaubt. Zufrieden?” Es waren leere Wortgefechte, einer wollte dem anderen nicht sagen, daß man ratlos war. Ren Dhark spielte mit seinem Wegweiser. Hin und wieder warf er der Bildkugel einen Blick zu. Das Strahlenfeld und sein leerer schwarzer Hintergrund hatten sich nicht verändert, nur daß es weder Helligkeitsschwankungen noch ein Pulsieren zeigte.
Wir haben etwas übersehen, sagte sich Dhark und ging in Gedanken noch einmal durch, was alles versucht worden war. Riker riß ihn aus seinen Gedanken. “Ren, leide ich an Halluzinationen, oder nimmt das Universum eine andere Farbe an?” Die Bordverständigung meldete sich. Astronomen und Astrophysiker waren in größter Aufregung. “Wir haben es einwandfrei mit einer Farbverschiebung nach Blau hin zu tun!” Zeigte sich darin das nicht Ausgereifte dieses Weltalls? Ein Universum mit dem Charakter einer RR-Lyra? “Ob sich das vor hundert Jahren auf Terra ein Mensch hat vorstellen können?” Dan Riker erwartete keine Antwort auf seine Frage. Er war zufrieden, nicht das Opfer einer Halluzination gewesen zu sein. Immer deutlicher zeigte es die Bildkugel. Der Raum veränderte sich zum Blau hin. Er ging durch alle Mischfarben, doch das silberhelle Strahlenfeld und der schwarze leere Hintergrund veränderten sich nicht. Das Feld leuchtete immer kräftiger, je blauer seine Umgebung wurde. “Ich bin gespannt, was sich daraus entwickelt”, murmelte Dhark vor sich hin, der wie alle anderen im Schiff durch diesen unerklärlichen Vorgang neue Hoffnungen schöpfte. Es war schon schwierig genug, sich ein Gefüge ohne Sonnen vorzustellen, aber sich plastisch ein pulsierendes Kontinuum auszumalen, das zwischen Rot und Blau pulsierte, war fast unmöglich. Darum war in der POINT OF an verschiedenen Stellen die Bemerkung zu hören: “Wenn ich es nicht sähe, ich könnte es nicht glauben.” Drei Stunden nach Beginn dieses Vorganges hatte sich immer noch nichts im Schiff ereignet, Ren Dhark wie Riker nahmen eine Handvoll Schlaf und das Schiff wurde an Falluta und Bebir übergeben. Dro Cimc wurde eine kleine Kabine zugewiesen. Knapp zwei Stunden später wurde der Commander durch die Verständigung aus dem Schlaf gerissen. Die Kommando-Zentrale forderte ihn an. Kurz darauf stand er zwischen den beiden Pilotensesseln. Ein tintenblaues Universum mit einem silberhellen Strahlenfeld, das sich zu einem Band verbreitert hatte, gab die Bildkugel wider. Hinter seinen Ortungen hockte Tino Grappa und seine Augen waren vor Übermüdung rot umrandet. Er hatte kerne Meldung abzugeben, aber die Funk-Z.
Man hatte Verbindung mit der B-101, aber der Kontakt war so schwach, daß man kaum ein Wort trotz Einschaltung der Verstärker verstehen konnte. Von der B-100 nach wie vor keine Spur. “Was macht denn die EchoKontrolle?” verlangte Dhark zu wissen. “Nichts”, antwortete Yogan. “Manchmal meine ich, wir würden uns selbst blockieren.” Dhark horchte auf. Hatte er das gleiche nicht vom Checkmaster behauptet? Was blockierte was? “Falluta, ich übernehme wieder.” Der Erste Offizier der POINT OF räumte den Pilotensitz und der Commander nahm darin Platz. Was blockiert was, fragte er sich. Er versuchte über die Gedankensteuerung Kontakt mit dem Checkmaster zu erhalten. Sle streikte. Und Sle streikte, weil das Triebwerk aus dem Null-Lauf nicht hochzuschalten war. Sternensog kam deswegen auch nicht. Die Flächenprojektoren waren und blieben Antennen. Alles, was direkt mit dem fremden Universum Kontakt hatte, war umgepolt. Statt Energie zu verbrauchen, erhielt die POINT OF von außen Energie zugeführt. Noch nie war der Unterhalt der Technik im Schiff so billig gewesen. Dhark ging dem Risiko nicht aus dem Weg, sich bei seinen Ingenieuren und Technikern lächerlich zu machen. “Meine Herren”, sagte er ihnen über die Verständigung, “ich habe den Verdacht, daß unser Antrieb durch Umpolung lahm gelegt worden ist. Was kann diese Umpolung ausgelöst haben? Bitte, gehen Sie meiner Frage intensiv nach.” Er sah keine begeisterten Gesichter. Er vernahm sogar die etwas abschätzend klingende Bemerkung: “Umpolung? Mehr als unwahrscheinlich.” Er war der Commander, aber der Commander, der nicht mehr schnauzte. “Meine Herren, prüfen Sie die Sache nach.” Inzwischen war der Kontakt mit der B-101 etwas besser geworden. Nun konnte man sich wenigstens schon verstehen. Yogan schaltete auf die Zentrale. Larsens Gesicht war auf dem Schirm kaum zu erkennen, so schlecht war noch die Verbindung, aber über Ton kam seine Stimme gut herein. “Nein, wir haben keine Ahnung, wo wir uns befinden, noch wo die B-
100 steckt. Wir stehen über der Kante des silberhellen Strahlenfeldes, aber das ist natürlich keine Positionsangabe, mit der man etwas anfangen kann.” Dhark schaltete sich ein. “Larsen, warum haben Sie sich mit Ihrem Schiff entgegen der Absprache abgesetzt?” “Wir sind abgetrieben worden, Dhark. Wir konnten nichts dagegen tun, oder sind Sie in der Lage, Sle oder Sternensog einzuschalten? Auf meinem Kahn läuft alles verkehrt herum.” Auf der B-101 gab es also die gleichen Erscheinungen: Umpolung der gesamten Triebwerksanlage. Da zuckte der Commander zusammen. Gerade hatte Colonel Larsen auch von einer Blockierung gesprochen. Dhark vergaß, daß er zu antworten hatte. Falluta und Bebir sahen nur, wie er eine Schaltung vornahm. Er schaltete beide Intervalle ab! Hinter seinem Rücken schrie Grappa gellend auf. “Meine Ortungen sind wieder da.” Ralf Larsens Stimme brüllte so laut über die Verständigung in die Zentrale hinein, daß die Männer darin fast taub wurden. Elis Yogan in der Funk-Z wurde über diesen Höllenlärm leichenblaß und schaltete mit beiden Händen zugleich die beiden leistungsfähigsten Verstärker ab. “Heiliger Strohsack!” sagte er mit zitternden Lippen, und nahm dann dem Empfang der POINT OF auch noch den halben Saft fort. Endlich klang Larsens Stimme wieder normal laut. “Hallo, Dhark, warum antworten Sie denn nicht? Hören Sie mich nicht mehr?” Der Commander hörte ihn, aber er hatte wirklich keine Zeit zu antworten. Alle Steuerschalter in Ausgangsposition. Schalten auf Sle! Sle kam! Die POINT OF beschleunigte in dem nicht ausgereiften Universum, das tintenblau leuchtete. “Zur Hölle!” Und Ren Dhark, der tatsächlich sehr selten einen Kraftausdruck benutzte, gab sich Bezeichnungen, die nicht besonders gut klangen. “Wir hatten uns selbst alles blockiert, weil wir die Intervalle stehen ließen. Diese Mini-Welträume sind das reinste Gift in diesem Kontinuum. Larsen, hören Sie? Schalten Sie die Intervalle ab und Ihr Schiff ist wieder ein Raumschiff!”
“Aber wieso denn?” Ralf Larsen hatte seine begriffsstutzige Stunde. Dhark wurde lauter, aber er fuhr seinen bewährten Colonel nicht an. “Woher soll ich es wissen, Larsen? Wer kennt denn die physikalischen Gesetze in diesem Kontinuum, aber auf jeden Fall sind unsere Intervalle an der Umpolung wie Blockierung schuld! Schalten Sie sofort ab.” Keine zehn Sekunden später stieß Grappa einen schweren Seufzer aus, der aber keine Qualen, sondern Erleichterungen ausdrückte. “Ich habe die B-101 in allen Ortungen.” Dhark beschleunigte mit maximaler Leistung. Die POINT OF jagte durch das tintenblaue Universum los. Das Schiff gehorchte endlich wieder jedem Kommando-Impuls. Aber warum kamen sie dem silberhellen Strahlenfeld nicht näher, auf das sie zuflogen? “Grappa, stimmen Ihre Positionsangaben auch tatsächlich?” Dhark konnte sie am Pult ablesen, aber er wollte sich doch noch einmal vergewissern, denn allmählich wurde ihm diese Sache unheimlich. Sein Ringraumer flog schon mit 0,3 Licht, aber er war dem Strahlenfeld nicht näher gekommen. “Koordinaten stimmen. Die B-101 fliegt auf uns zu.” Nach zehn Minuten glaubte er daran auch nicht mehr. Der Abstand zur B-101 hätte laut Distanz-Ortung nur noch 1,32 Lichtjahre betragen müssen, und Larsen, mit dem Dhark ununterbrochen in Verbindung stand, gab dieselbe Distanz durch, aber er wunderte sich auch, warum es ihm nicht gelang, die Kante des Strahlenfeldes hinter sich zu bringen. “Larsen, ich versuche eine Kurztransition. Stoppen Sie Ihren S-Kreuzer ab.” Dhark traf alle Vorbereitungen für den Sprung, der ihn bis dicht an den anderen Ringraumer heranbringen sollte, aber als er die Sprungdaten dem Checkmaster abfordern wollte, streikte das Bordgehirn. Höhnisch leuchtete seine Hauptkontrolle in Rot! “Larsen”, Dharks Stimme klang nicht mehr unternehmungslustig, “Transition unmöglich, weil ich vom Bordgehirn keine Sprungkoordinaten erhalte. Bleiben Sie aber trotzdem im freien Fall. Ich schalte auf Überlicht.” “Okay, Dhark.” Virtuos betätigte Commander Dhark die Steuerschalter. Sternensog kam. Die POINT OF wurde vom Brennpunkt im Leerraum
der Ringröhre auf Überlicht gerissen. Rasend schnell stieg die Geschwindigkeit. “Na, Grappa?” “Commander, ich gebe es auf, denn wir kommen dem S-Kreuzer keinen Meter näher. Fast möchte ich meinen, daß hier jemand mit uns hundsgemein spielt.” Der Zeitpunkt kam, in dem die POINT OF auf die B-101 hätte stoßen müssen, aber sie war so weit von ihr entfernt wie in dem Augenblick, als beide Schiffe Sle eingeschaltet hatten, und ebensoweit von dem Strahlenfeld im tintenblauen Universum entfernt stand das Flaggschiff. Dumpf sagte Ren Dhark: “Ich glaube nun auch, daß irgend jemand uns böse mitspielt.” End er dachte an die Zeitlosen. Hatte er alles Glück aus der Hand gegeben, als er auf ihren Vorschlag nicht eingegangen war? – ENDE –