ENID BLYTON
Die Pimpernells unterwegs
Das ist eine lustige Familie: Vater, Mutter und drei Kinder! Sie leben in einem ...
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ENID BLYTON
Die Pimpernells unterwegs
Das ist eine lustige Familie: Vater, Mutter und drei Kinder! Sie leben in einem Haus auf Rädern – im Wohnwagen. Wir fahren weit, und unser Haus kommt mit! jubeln die Kinder. So zuckeln sie mit ihren zwei Pferden dahin. Den Sommer verbringen sie auf dem Lande bei Onkel Ned. Wunderschön ist das Leben, das finden sie alle miteinander. Wer könnte glücklicher sein als Tom, Jessie und Margaret?
Die englische Originalausgabe erschien unter dem Titel: THE CARAVAN FAMILY
© Lutterworth Press, London Berechtigte Übertragung aus dem Englischen
Hinter der nächsten Ecke… Zwei lange Jahre war der Vater Pimpernell unterwegs gewesen. Nun war er wieder da! Seine drei Kinder Tom, Jessie und Margaret waren sehr glücklich. Auch ihre Mutter strahlte. „Wir können jetzt nicht länger bei Omi wohnen“, sagte der Vater. „Wir brauchen ein eigenes Heim.“ „Ein hübsches kleines Haus auf dem Lande!“ rief Tom. Er war der älteste von den drei Geschwistern, schon elf Jahre alt. „O ja, und wir nennen es PimpernellHaus“, sagte die zehnjährige Jessie fröhlich. „Haben wir dann auch Kühe?“ fragte die kleine Margaret, das Nesthäkchen, das gerade erst zur Schule gekommen war. „Wir wollen versuchen, ob wir das alles finden können“, versprach ihnen der Vater lachend. Aber so viel sie auch überall fragten und horchten und herumfuhren – sie fanden nicht, was sie suchten. „Was machen wir nur?“ seufzte die Mutter. „Wir können doch wirklich nicht immer bei Omi wohnen!“ Dann entdeckten sie eines Tages ein kleines, hübsches Haus, das über und über mit Rosen bewachsen war. Es lag auf einem Hügel, und man hatte von dort einen wunderbaren Ausblick. „Das nehmen wir!“ sagte die Mutter. Aber dieses nette Haus kostete viel Geld, viel mehr, als der Vater bezahlen konnte. Sie waren alle sehr traurig. „Wir werden wohl niemals ein Heim finden“, sagte die Mutter, und sie sah dabei so verzagt aus, daß der Vater den Arm um sie legte und sie fest an sich drückte. „Man darf nie die Hoffnung verlieren“, tröstete er. „Vielleicht finden wir schon um die nächste Ecke herum unsere Wohnung.“ „So etwas gibt es nicht, Vati“, meinte die Mutter, aber sie lachte schon wieder. „Ich bin gespannt, was hinter der nächsten Ecke ist“, sagte Jessie. „Es wäre doch lustig, wenn Vati recht hätte!“
„Wir werden schon sehen, was für Häuser hinter der nächsten Ecke stehen!“ sagte Tom. Sie schauten sich gespannt um, als sie dorthin kamen. Aber da gab es überhaupt keine Häuser! Nur zwei alte Wohnwagen standen am Feldrand, an dem ein Zaun entlanglief. Tom rannte näher heran. „Sie sind leer“, rief er. „Vati, darf ich über den Zaun steigen und sie mir mal anschauen? Ich habe noch nie einen Wohnwagen aus der Nähe gesehen.“ Die drei Geschwister kletterten über den Zaun, die Eltern warteten am Wege. Die kleine Margaret war als erste bei den Wagen. „Hier ist eine Treppe, da kann man hinaufsteigen zur Tür“, rief sie. „Wollen wir reingehen? Es ist ja niemand drin!“ Doch die Türen waren zugeschlossen. Da kletterten die drei Kinder auf die Räder und schauten durch die Fenster in die Wohnwagen. „Die sind aber schön groß!“ sagte Jessie erstaunt. „Seht nur, dort steht der Ofen, und der Rauch geht dann oben durch den winzigen Schornstein ins Freie. Aber schmutzig ist es drin!“ Sie betrachteten alles ganz genau. Früher mußten die Wagen einmal lustig ausgesehen haben: gelb und blau angemalt. Jetzt war die Farbe verblaßt und blätterte ab. Die Deichseln für die Pferde, die die Wohnwagen gezogen hatten, lagen auf dem Boden, und Pferde waren auch nicht zu sehen. „In einem Wohnwagen müßte es sich herrlich leben lassen!“ sagte Margaret sehnsüchtig. „Stellt euch doch mal vor: Wenn es an einem Ort langweilig wird, spannt man einfach die Pferde an und fährt woanders hin!“ „Ein Haus auf Rädern!“ sagte Jessie. „Tom – warum können wir nicht in einem Wohnwagen leben? Wenn wir doch kein Haus finden!“ „Los, das fragen wir Vati gleich mal“, erwiderte Tom und stürmte mit den Schwestern zum Zaun. „Vati, Vati! Warum können wir nicht in einem Wohnwagen leben?“ rief Jessie. „Könnten wir die hier nicht kaufen?“ Die Eltern lachten. „In einem Wohnwagen! Nein, Kinder, das geht nicht.“ „Aber wieso denn nicht?“ fragte Margaret. „Könnten wir nicht wenigstens den Sommer über drin wohnen – bis wir ein Haus gefunden haben?“ schlug Tom plötzlich vor. „Das wäre beinahe wie Ferien. Mutti – du hast doch gesagt, daß du Ferien machen möchtest, wenn Vati wieder da ist. Ganz lange Ferien!“ „Hm“, sagten Mutter und Vater zu gleicher Zeit und schauten einander an. Ferien im Wohnwagen – bis sie ein Haus fänden? So schlecht war dieser Gedanke gar nicht! Ein großer Mann kam den Weg entlang. Der Vater sprach ihn an: „Guten Tag! Könnten Sie mir sagen, ob diese Wohnwagen zu kaufen sind?“ „Ja, das sind sie“, antwortete der Bauer. „Sie gehören mir. Wollen sie sie haben? Ich lasse sie Ihnen billig.“ Plötzlich waren alle ganz aufgeregt. Vati, Vati, kauf sie doch! dachten die Kin-
der und schauten ihn mit großen Augen an. „Schön – ich komme gleich mit. Dann sprechen wir darüber“, sagte der Vater zu dem Bauern. Und wahrhaftig: Als er zurückkam, hatte er beide Wohnwagen gekauft! Die Kinder waren außer sich vor Freude, lachten und tollten umher. „O Vati! Sie gehören wirklich uns? Wann können wir einziehen? Unser neues Heim war also doch nur um die Ecke!“ „Die Wagen müssen erst gründlich gereinigt und frisch gestrichen werden“, sagte ihr Vater. „Das wird ungefähr drei Wochen dauern. Außerdem müssen wir noch zwei Pferde kaufen. Aber dann – Kinder, das wird ein Spaß!“ „Wir werden die Wohnwagenfamilie!“ rief Jessie. „Und es gibt ein richtiges Abenteuer!“
Die zwei Wohnwagen Omi schlug entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen, als sie von den zwei Wohnwagen hörte. „Nun sagt bloß“, rief sie, „was habt ihr euch denn dabei gedacht? Das geht doch einfach nicht. Und ihr könnt doch immer bei mir wohnen.“ „Nein, liebe Omi“, antwortete die Mutter. „Du hast lange genug unsere drei lebhaften Kinder im Hause gehabt. Jetzt hast du wirklich Ruhe und Frieden verdient. Und wir werden in unseren Wohnwagen sehr vergnügt sein.“ Natürlich wollte Omi sich die Wagen anschauen. Sie fand sie fürchterlich. „Ihr werdet dann ja wie die Zigeuner leben“, sagte sie. „Komm herein und schau sie dir an“, bat Jessie und faßte Omi bei der Hand. Der Vater besaß jetzt die Schlüssel; so konnten sie die Wagen aufschließen. Omi und Jessie stiegen die Treppe hinauf und öffneten die Tür. Es war eine lustige Tür. Man konnte sie ganz öffnen – man konnte aber auch nur die obere Hälfte aufmachen und die untere geschlossen lassen. „Ist es nicht eine großartige Idee?“ fragte Jessie. „Das kannst du bei deinen Türen nicht, Omi. Jetzt schau aber mal, wieviel Platz in solch einem Wohnwagen ist. In diesem hier werden Mutti und Vati wohnen.“ Omi betrachtete alles genau. Der Raum war groß und breit, hatte zwei kleine Fenster an der Vorderseite und an jeder Längsseite ein größeres. Vorhänge waren natürlich nicht da. In einer Ecke stand ein alter Ofen, daneben ein sehr altes und sehr schmutziges Spülbecken mit einem Wasserhahn darüber. „Nanu!“ rief Omi erstaunt. „Ihr habt sogar fließendes Wasser! Das habe ich nicht vermutet. Und kochen könnt ihr auch. Nun ja… hm… dann könnte es vielleicht wirklich sehr lustig werden.“ „Vati läßt auf dieser Seite zwei Kojen einbauen, wie man sie auf Schiffen hat“, erklärte Jessie. „Die untere kann man tagsüber als Couch benutzen und die obere an die Wand klappen, so daß sie nicht im Wege ist.“ Omi wurde immer vergnügter. „Es könnte sehr nett werden“, sagte sie, „ja, sehr nett. Man kann Schränke oder Kommoden an die Wände stellen, in die ihr eure Sachen legt. Hübsche Vorhänge vor die Fenster, einen Klapptisch an die Wand, den man herunterklappt, wenn man ihn nicht braucht. Nette Läufer auf den Boden – und einen dichten Korkteppich darunter, der die Kälte und Feuchtigkeit abhält. So könnte man diese zwei Wohnwagen behaglich machen.“ „All das hört sich so an, als ob es recht viel kosten würde“, sagte die Mutter, die auch hereinkam. „Ich helfe euch“, sagte Omi sofort. „Diese Wohnwagenidee gefiel mir zuerst gar nicht – aber wenn ihr es euch in den Kopf gesetzt habt, dann werden wir versuchen, euch diese Wohnung so nett wie möglich zu machen. Ich helfe euch!“ Jetzt wurde es erst richtig spannend! Omi nahm die Kinder mit zum Einkaufen. Sie suchten lustige gelbe und blaue Läufer für den Fußboden aus, dazu einen freundlichen Stoff für die Vorhänge. Omi kaufte ihnen gelbe Bettbezüge für die
Kojen und für jeden eine blaubezogene Daunendecke. „Ich kann es einfach nicht mehr erwarten, in unseren Wohnwagen einzuziehen!“ sagte Tom und hüpfte herum. „Drei Wochen noch – eine furchtbar lange Zeit!“ Das war es in der Tat. Aber es gab noch viel Arbeit bis dahin. Eines Tages erschienen zwei Männer, um die Wagen auszubessern. Ein Wagen bekam ein neues Rad. Am anderen wurde der Schornstein gerichtet. Die alten Öfen wurden durch neue ersetzt, die alten verrotteten Fußbodenbretter gerichtet. „Jetzt ist alles in Ordnung, mein Herr“, sagten die Handwerker endlich zum Vater. „Nun kann das Reinigen und Streichen losgehen.“ Das war eine Arbeit, die Wohnwagen zu säubern! Alles wurde tüchtig geschrubbt, selbst die Räder. Danach fing das Streichen an. „Welche Farben nehmen wir?“ fragte der Vater. „Rot“, sagte Tom. „Grün“, rief Jessie. „Blau, gelb, orange und weiß“, sagte Margaret. „Blöd!“ meinte Tom. „Mutti, was möchtest du haben?“ „Laßt uns doch gelb und rot nehmen“, sagte die Mutter. „Gelb für die Sonne, die in diesem Sommer hoffentlich oft scheint, und rot für die roten Wangen, die sie euch geben wird.“ „O ja“, sagten die Kinder. „Rot und gelb!“ Die Mutter wählte ein Marienkäferrot aus und dazu ein richtiges Dottergelb. Die Männer strichen die Wohnwagen gelb, die Fenster und die Ecken bis zum Dach hin rot. Auch die Schornsteine wurden rot bemalt und ebenso die Speichen und die Felgen der Räder. Zum Schluß pinselten sie die Tür gelb und die Deichseln blau an.
„Die Wohnwagen sehen wunderbar aus, wunderbar, wunderbar…!“ sang Margaret. „O Vati, o Mutti, haben wir nicht die schönsten Wohnungen auf der ganzen Welt?“ „Erst müssen wir einmal drin wohnen, ehe wir das behaupten können“, sagte
die Mutter lachend. „Jetzt müssen noch Herd, Ofen und Wasch- und Spülbecken hinein. Das wird morgen gemacht.“ Am nächsten Tag kamen Männer, die in einen Wohnwagen eine nette, kleine Küche einbauten. Auf dem Herd konnte man Essen kochen, und wenn es kalt war, heizte er den ganzen Wohnwagen. In den Wohnwagen der Kinder kam ein Ofen, der nur heizte. „Ich möchte auch gern kochen“, maulte Jessie, doch die Mutter sagte: „Nein – das Essen koche ich selbst.“ „Aber ich möchte gern Eier mit Speck braten und einen Kuchen backen. Bitte, Mutti, laß uns doch auch in unseren Wohnwagen einen Herd zum Kochen stellen! Du hast selbst oft gesagt, ich müßte unbedingt kochen lernen!“ „Ja – aber nicht in eurem Wohnwagen!“ sagte die Mutter. „Du kannst ja zu mir herüberkommen und mir beim Kochen helfen, wenn du willst!“ „Wann können wir einziehen, Vati?“ rief Tom durchs Fenster herein. „Jetzt ist doch alles fertig!“ „Nächste Woche“, antwortete der Vater. „Ich kann es gar nicht mehr abwarten!“ jammerte Margaret. Aber es blieb ihr am Ende doch nichts anderes übrig.
Einzug in die rollenden Häuser Schließlich kam der Tag des Einzugs. Zum letzten Mal wurden sie in Omis Haus wach, sehr früh sogar. Es war ein schöner Tag. Wie gut! dachten alle. Niemand mag ja bei Regen umziehen. Außer den Koffern mit Kleidern und Wäsche, den Kisten voller Bücher und Spielzeug hatten sie nicht viel Gepäck. Die Möbel waren ja schon in die Wohnwagen eingebaut. In jedem Wagen lag ein dicker, dunkelroter Teppich auf dem Fußboden. Darüber waren die lustigen Läufer ausgebreitet, die die Kinder ausgesucht hatten. „Die beiden Waschbecken sind prima“, erklärte Tom. „Wenn wir die Hähne aufdrehen, läuft das Wasser aus dem großen Tank unterm Dach hinein. Hast du diese Tanks gesehen, Jessie?“ Jessie nickte. Und Margaret sagte: „Unter dem Wagen ist ein noch größerer Tank. Der muß immer voll Wasser sein. Es ist ein Schwengel dran, damit wir das Wasser in den Tank unter dem Dach pumpen können.“ „Ich werde in der untersten Koje schlafen“, sagte Tom. „Jessie bekommt die mittlere, und Margaret kann die oberste haben.“ „Oh, wunderbar“, sagte Margaret fröhlich. „Da kann ich jeden Abend hinaufklettern. Fein!“ Vati mietete einen Kombiwagen mit einem Anhänger, um die ganze Familie zu den Wohnwagen zu bringen. Auf den Anhänger wurden die großen Koffer und all das andere Zeug geladen; ein paar Stühle, ein oder zwei Hocker, Muttis Arbeitstisch, ein paar Bilder, einige Läufer und eine Kiste mit Geschirr und Küchengeräten. Omi winkte ihnen nach. „Nächste Woche komme ich zum Kaffee“, sagte sie. „Dann wird ja wohl alles eingerichtet sein!“ „Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen!“ riefen die Pimpernells. Der Wagen fuhr ab, und der Anhänger rumpelte hinterher. „Ich freue mich, ich freue mich!“ sang die kleine Margaret und ihr rundes Gesicht strahlte. „Ich werde in einem Haus auf Rädern wohnen!“ Die beiden Geschwister sangen bald mit ihr um die Wette. Die Kinder konnten es kaum erwarten, bis sie ans Ziel kamen. Endlich die letzte Ecke! Dort standen die Wohnwagen auf dem Feld und blitzten vor Sauberkeit und Frische in ihren bunten Farben! Die drei Pimpernell-Kinder sprangen aus dem Wagen, öffneten das Tor im Zaun und Auto und Anhänger rumpelten über das holprige Feld. Neben den beiden Wohnwagen hielten sie an. Tom bekam die Schlüssel und sauste los, um die Türen aufzuschließen. Drinnen roch es noch stark nach Farbe, aber das verging gewiß bald. Dafür sah es wunderschön aus in ihrem neuen Heim – strahlend, sauber und lustig. Toms Herz klopfte vor Freude. Wie hübsch war das alles! Auch Jessie warf einen Blick hinein und seufzte tief auf vor lauter Freude. „Seht bloß die Kojen mit den bunten Bezügen! Und wie die Waschbecken blitzen!
Und die Hähne dran! Und schau doch, Tom – Vati hat uns wirklich Bücherregale eingebaut!“ Die bunten Vorhänge flatterten im Wind, als Jessie die Fenster öffnete. Milde Sommerluft kam herein. Draußen rauschten die Bäume. „Komm und helft mir, Tom und Jessie!“ rief der Vater vom Anhänger her. „Tragt ein paar Stühle hinein! Mutti und ich nehmen die Kisten.“ Alles auszupacken und einen Platz dafür zu suchen machte großen Spaß. In jedem Wagen gab es niedrige und lange Schränke. Die Mutter und Jessie räumten das Geschirr in einen Schrank mit vielen Brettern. Tom und Margaret ordneten Bücher auf die Regale und Spielsachen in einen Schrank. Dann halfen sie, die Kleider auszupacken und sauber in die Schränke zu hängen. „Jetzt“, sagte die Mutter, „müssen wir uns eines hinter die Ohren schreiben, besonders Tom, unser Liederjan. Wir müssen immer alles ordentlich wegpacken. Wenn wir uns hier behaglich fühlen wollen, gilt als Hauptregel: Alles muß an seinem Platz sein!“ „Ja, wenn Tom seine Sachen herumliegen läßt, treten wir darauf herum“, sagte Jessie. „Mutti, wir versprechen dir, daß unser Wagen immer sauber und ordentlich aussieht.“ „O ja – wir schütteln die Matten aus, bürsten den Teppich und halten das Waschbecken sauber. Die Fenster putzen wir auch!“ sagte die kleine Margaret. „Omi wird ja staunen, wenn ihr so nützliche, hilfreiche Kinder werdet!“ meinte die Mutter. „Sie findet immer, daß ihr nicht genug selbst tut. Nun, wenn ihr jetzt für euch wohnt, da wollen wir mal sehen, was ihr alles tun könnt!“ Schließlich waren alle Kisten und Koffer ausgepackt, die Stühle und Hocker standen an ihrem Platz, die Spielsachen waren verstaut, und auf den Tischen leuchteten bunte Feldblumen in hübschen Vasen. Margaret hatte sie auf dem Felde gesucht. Die ganze Familie Pimpernell sah sich glücklich in ihrem seltsamen Zuhause um. Und Margaret rief: „Heute freue ich mich aufs Schlafengehen! Ich bin gespannt, wie man in den Kojen schläft und was ich träumen werde.“
Hier draußen schmeckt es viel besser Die erste Mahlzeit im Wohnwagen! Die Mutter hatte im Ofen Feuer angemacht. Es brannte großartig. „Tom, du sorgst dafür, daß immer genug Feuerholz da ist“, sagte sie. Tom nickte eifrig. Sollte das etwa eine Arbeit sein? So etwas machte doch Spaß! Der Wasserkessel kam auf das offene Feuer. Margaret sprang rasch die kleine Treppe hinunter und sah nach, ob wirklich Rauch aus dem kleinen roten Schornstein kam. „Tatsächlich!“ rief sie. „Kommt doch alle mal her und schaut! Es sieht so schön aus.“ Die anderen lachten, doch auch sie kamen heraus, um zu sehen, wie der Rauch aus dem Schornstein stieg.
„Jetzt ist Leben im Wohnwagen der Familie Pimpernell!“ sagte Jessie. „Er atmet. Der Rauch ist sein Atem.“ Das war ein hübscher Gedanke. Mutter schickte Margaret zum Bauernhof, um Eier zu holen. Sie kam nach ein paar Minuten zurück. „Dort sind große Gänse“, sagte sie. „Die haben mich angezischt.“ „Margaret traut sich nicht ,buh’ zu einer Gans zu sagen!“ spottete Tom und nahm seine kleine Schwester bei der Hand. „Komm, Baby. Ich sage ganz laut ,buh’, und die Gänse werden uns vorbeilassen!“ Als sie zu dem Hof kamen, hoben die Gänse ihre Köpfe mit den langen Hälsen und fingen an zu zischen. Doch Tom schaute ihnen kühn entgegen. „Buh!“ sagte er. „Laßt uns vorbei.“ Und die Gänse wackelten schnatternd davon. Tom und Margaret gingen zum Bauernhaus. Die Bäuerin gab ihnen zwölf Eier. „Die sind von meinen hübschen braunen Hennen!“ sagte sie zu Margaret. „Möchtest du aber gern mal ein Gänseei sehen?“
Und sie holte ein großes Ei. „Was!“ rief Margaret erstaunt. „Das würde ja für mein Frühstück und noch fürs Mittagessen reichen! Die Gänse tun mir nichts, nicht wahr?“ „Aber nein“, sagte die Bauersfrau. „Wenn sie zischen und schnattern, dann ist das ihre Art, sich mit dir zu unterhalten.“ „Ich mag die Kühe aber auch nicht“, sagte Margaret. „Die haben so scharfe Hörner.“ „Sie tun dir nichts!“ versicherte die Bäuerin. „Die Kühe sind freundlich.“ „Das glaube ich nicht“, sagte Margaret. „Sie muhen mich immer so laut an.“ „Nun, große Tiere haben laute Stimmen“, sagte die Bauersfrau lachend. „Die Kühe geben dir deine Milch und Butter und Käse. Schau mal gegen Abend vorbei, dann zeige ich dir, wie man eine Kuh melkt.“ „Das bringe ich nie fertig!“ sagte Margaret und bekam es jetzt schon mit der Angst zu tun. „Wenn du auf dem Lande lebst, mußt du aber auch die Gewohnheiten auf dem Lande kennen!“ sagte die Bäuerin. „Nimm nun deine Eier und frage deine Mutter, ob sie morgen Milch haben möchte.“ Vater war ins Dorf gegangen, um Weißbrot zu kaufen. Mutter kochte die Eier zum Abendbrot. Jessie strich die Butterbrote. Tom breitete ein blaues Tischtuch im grünen Gras aus. Weiße Gänseblümchen blühten ringsum. „So schön war noch keine Mahlzeit“, sagte Jessie. „Und so gut hat mir noch kein Ei geschmeckt. Am liebsten möchte ich noch eines essen.“ „Das kannst du ja machen“, sagte die Mutter. „Wir haben genug. Schade, daß Omi dich nicht essen sieht. Sie war immer traurig, wenn du nur wenig essen wolltest und gar keinen Appetit hattest.“ „Jetzt bin ich ja auch hungrig“, meinte Jessie. „Vielleicht wird man auf dem Lande hungriger als in der Stadt, Mutti.“ Nach dem Essen wollte Jessie sogar abwaschen. Mutter war überrascht. „Wie kommt denn das?“ rief sie erstaunt. „Bei Omi hast du dich doch immer vor solchen Arbeiten gedrückt.“ „Das Spülbecken sieht so nett aus, und ich möchte gern den Wasserhahn aufdrehen“, sagte Jessie. „Warmes Wasser steht auf dem Herd, nicht wahr, Mutti?“ Also ließ Jessie das Wasser in das blitzblanke Becken laufen und wusch das Geschirr ab. Dann setzten sich alle Pimpernells auf die Treppe des einen Wohnwagens und genossen den stillen Abend. Die Sonne ging unter. Die Schatten der Bäume wurden immer länger. Die Gänseblümchen schlossen ihre Augen. Eine Fledermaus flog nahe vorbei, und Jessie kreischte auf. „Sei nicht albern“, sagte der Vater. „Es war doch nur eine Fledermaus. Wenn du auf dem Lande lebst, mußt du auch die Geschöpfe lieben und verstehen lernen, die dort leben, Jessie – sogar Fledermäuse und Käfer, Mäuse und Ohrwürmer!“ „Oh, das kann ich nie“, sagte Jessie und schüttelte sich vor Grausen. „Du weißt einfach nicht genug über sie. Deshalb hast du Angst vor ihnen“, sag-
te der Vater. „Du wirst hier draußen viel lernen müssen – und das wird dir sehr guttun, Jessie!“ Margaret fing plötzlich an zu gähnen. Als die Mutter das sah, rief sie: „Schlafenszeit! So, Mädchen, zieht euch aus, putzt die Zähne und wascht euch. Sagt mir Bescheid, wenn ihr im Bett liegt. Tom kann aufbleiben, bis ihr fertig seid. Er ist ja der älteste.“ An diesem Abend brummte keines von den Pimpernell-Kindern, daß sie ins Bett mußten. Der Gedanke an die Kojen, an die grünen Felder draußen mit den Kühen, die Gras rupften, war zu verlockend. „Hurra, schlafen gehen!“ sagte Margaret. Jessie folgte ihr sofort. „Beeilt euch!“ rief Tom ihnen nach. „Ich will auch schnell ins Bett.“ Er war schon ganz ungeduldig. „Wir lassen uns Zeit!“ rief Jessie zurück. „Wir werden jede einzelne Minute genießen – nicht wahr, Margaret?“
Im Wohnwagen schlafen Das war nun wirklich ein besonderer Spaß! Die beiden Mädchen zogen sich aus und wuschen sich in ihrem neuen Becken. Nach dem Zähneputzen bürsteten sie sich sorgfältig die Haare. „Hundertmal bürsten“, sagte ihre Mutter immer, „dann wird das Haar gesund und glänzend.“ Zum Schluß sprach jede für sich das Abendgebet. „Ich habe dem lieben Gott gedankt, daß er uns den schönen Wohnwagen gegeben hat“, sagte Margaret. „Merkwürdig: Ich habe den lieben Gott schon oft um kleine Dinge gebeten, und er hat sie mir nicht gegeben – aber um das Schönste, das ich von ihm habe, nämlich den Wohnwagen, darum habe ich ihn nicht gebeten.“ „Vielleicht wären die kleinen Dinge, die du dir gewünscht hast, gar nicht gut für dich gewesen“, sagte Jessie nachdenklich. „Und vielleicht tut dir das Leben in einem Wohnwagen gut. Vielleicht freundest du dich mit den Kühen und Gänsen an.“ „Und du lernst vielleicht, nicht wegen jeder Fledermaus zu schreien!“ gab ihr Margaret als Antwort zurück. „Nun, mir ist es gleich, ob der Wohnwagen besonders gut für mich ist. Hauptsache: Ich finde es hier schön, und ich werde jede Minute genießen. Bist du fertig? Dann rufe Tom.“ „Tom, wir sind fertig!“ rief Jessie und steckte den Kopf aus dem Fenster. „Ich komme nachher und sage gute Nacht“, rief die Mutter, während Tom schnell in den Wohnwagen lief. Margaret war schon in die oberste Koje gestiegen. Es war einfach wunderbar, hier zu liegen, in diesem lustigen, schmalen Bett, und durch das Fenster auf der anderen Seite hinauszuschauen. Margaret beobachtete eine große, braunweiße Kuh, die eifrig Gras rupfte. Jessie in der mittleren Koje wickelte die blaue Decke um sich. Sie wippte dabei auf und ab, denn die Koje war gut gefedert. Bei Tom dauerten die Vorbereitungen nicht lange. Er lag bald in der untersten Koje und kuschelte sich zurecht. Alle Fenster standen offen, und die Vorhänge bewegten sich im leichten Wind. Der Wasserhahn tropfte ein bißchen: „Plingplong!“ Eine Kuh auf der Weide muhte. „Es ist wunderbar“, sagte Jessie. „Und aufregend. Hallo, Mutti! Wir haben uns alle in unsere Kojen gekuschelt.“ Die Mutter deckte sie gut zu und gab ihnen einen Gute-Nacht-Kuß. Um Margaret zu erreichen, mußte sie auf die Kante von Toms Koje steigen. „Fall nicht heraus, Liebling!“ mahnte sie. „Das würde nämlich einen schönen Bums geben!“ Sie schloß eines der Vorderfenster. Es würde sonst zu sehr ziehen, meinte sie, weil der Wind direkt auf die Kojen blies. Die anderen Fenster ließ sie jedoch offen und zog auch die Vorhänge nicht vor. Denn die Kinder wollten ja gern hinausschauen. „Ich möchte die schwankenden Bäume sehen“, sagte Jessie, „und die Kühe und
die Vögel, die manchmal vorbeifliegen.“ „Wer hat den Wasserhahn nicht richtig zugedreht?“ fragte die Mutter, als sie das „Pling-plong“ der Tropfen im Becken hörte. „Darauf müßt ihr besser achten. Ihr wißt, es ist nur eine bestimmte Menge Wasser im Tank – bis zum Morgen wäre er ganz leer gewesen, und ihr hättet ihn wieder füllen müssen. Viel Mühe wegen nichts!“
„Entschuldige, Mutti“, sagte Tom. „Ich habe mich als letzter gewaschen. Ich sehe, wir müssen hier sehr sorgsam und sauber sein!“ „Ich wünschte, es wäre Winter, und wir könnten in unserem kleinen Ofen Feuer machen“, sagte Margaret. „Und ich will mein Feuer gerade ausgehen lassen“, sagte die Mutter. „Im Wagen wird es zu heiß. Jetzt schlaft aber!“ Doch wer konnte schon in der ersten Nacht im Wohnwagen gleich einschlafen? Tom nicht und seine Schwestern ebensowenig! Sie lagen da und unterhielten sich. „Ich kann sehen, wie eine Kuh wiederkäut“, sagte Tom. „Du weißt nicht, was das bedeutet, nicht wahr, Margaret? Nun, die Kuh rupft das Gras und schlingt es hinunter – später holt sie es wieder in ihr Maul und kaut, wann sie will.“ „Schade, daß ich das nicht mit Sahnebonbons so machen kann“, meinte Margaret. „Ich hätte dann länger etwas davon. Seht, dort fliegt eine Fledermaus, ich höre sie schreien!“ „Dann mußt du gute Ohren haben“, sagte Tom lachend. „Weißt du, sie zwitschert ja bloß ganz hell, und das hören die meisten Menschen überhaupt nicht. Ich wünschte, es käme eine durchs Fenster und wir könnten sie aus der Nähe anschauen.“ Da jammerte Jessie aber: „Sag doch so etwas nicht! Du weißt doch, ich hasse Fledermäuse!“ „Du bist einfach albern“, sagte Tom. „Es sind nette, liebe Dinger – wie kleine Mäuse mit Flügeln.“ Eine Zeitlang lagen sie noch wach und lauschten den Geräuschen der Nacht. In
der Ferne rief ein Mann irgend etwas, wahrscheinlich war es ein Bauer, der nach einem seiner Knechte suchte. Dann hörten sie einen Hund bellen. Das Licht wurde blasser, und die Dunkelheit breitete sich langsam im Wohnwagen aus. „Hört doch mal, hört!“ rief Tom plötzlich mit leiser Stimme. „Was singt da? Oh, klingt das nicht wunderbar?“ „Wie Feenmusik!“ sagte Margaret und setzte sich entzückt auf. „Es ist eine Nachtigall!“ erklärte Jessie den Geschwistern. Die Mutter steckte den Kopf zur Tür herein und flüsterte: „Schlaft ihr schon, Kinder? Hört ihr die Nachtigall? Und jetzt noch eine?“ Den lauten, trillernden Gesang der Nachtigall in den Ohren, schliefen die Kinder schließlich ein. Wie glücklich sind wir doch! war Jessies letzter Gedanke. Wie glücklich, daß wir Nachtigallen haben, die uns in den Schlaf singen!
Nächtliche Ruhestörung Eltern und Kinder schliefen fest. Draußen sangen die Nachtigallen immer noch – nicht nur eine oder zwei, sondern Dutzende. Jessie träumte von Spieluhren. Dann wachte sie plötzlich auf. Zuerst konnte sie sich nicht entsinnen, wo sie war. Dann erinnerte sie sich. Natürlich, sie war ja im Wohnwagen! Sie richtete sich in ihrer Koje auf. Was konnte sie nur geweckt haben? Von draußen kam ein seltsam bumsendes Geräusch. Dann stieß etwas gegen den Wohnwagen und erschütterte ihn heftig, und Jessie vernahm einen merkwürdigen Ton. Wie ein hartes, derbes Reiben. Sie bekam Angst. Was konnte das sein? Sie rief leise zu Tom hinunter. „Tom! Tommy! Wach auf! Ich glaube, da versucht jemand, in unseren Wagen zu kommen! O Tom, wach doch auf!“ Tom wachte auf und Margaret auch. Sie richteten sich in ihren Kojen auf. Als Margaret die seltsamen Geräusche hörte und der Wohnwagen wieder erzitterte, fing sie an zu schreien: „Ich möchte zu Mutti! Was ist los? Ich habe Angst.“ „Schon gut, Margaret“, sagte Tom. „Ich schaue nach, was es ist.“ Tom hatte genau solche Angst wie die Schwestern, aber er wußte, daß er als Junge tapfer sein mußte. Also schwang er sich aus seiner Koje und wollte gerade aufstehen, als vorn etwas gegen den Wagen krachte. „Oh, jetzt ist es nach vorn gegangen“, jammerte Margaret. „Schnell, Jessie, schließe das Fenster, falls es herein will!“ „Ich schaue mal aus dem Fenster, ob ich etwas entdecken kann“, sagte Tom beruhigend. „Wenn es ein Räuber ist, rufe ich Vati und Mutti.“ Vorsichtig streckte er den Kopf aus dem Fenster und zog ihn sofort wieder zurück. „Da hat mich was angeblasen“, sagte er. „Ich habe es gehört“, flüsterte Margaret. „Oh, jetzt muß rund um den Wagen herum etwas sein – auf allen Seiten wird dagegengestoßen!“ Und so war es auch. Bumm – bumm – bumm! Margaret hielt sich an den Seiten ihrer Koje fest und öffnete den Mund, um laut zu schreien. Ehe sie jedoch schreien konnte, gab es ein Getöse. Margaret fiel fast aus ihrer Koje heraus. Plötzlich lachte Tom laut. „Es ist schon in Ordnung“, rief er. „Es sind Kühe!“ „Kühe!“ rief Jessie ganz entrüstet. „Warum wollen die denn herein?“ „Das wollen sie gar nicht“, sagte Tom. „Sie sind nur neugierig, das ist alles. Wahrscheinlich wollten sie nicht kommen und schauen, als wir draußen herumliefen – aber jetzt, da es dunkel und ruhig ist, sehen sie nach, was los ist.“ Eine Kuh rieb sich kräftig an einer Ecke des Wagens. Das war also das merkwürdige Geräusch! Dann stieß eine andere Kuh gegen die Wand, so daß alles ins Schaukeln geriet. „So was!“ brummte Margaret ärgerlich. „Das sind ja böse Kühe, die uns so aufwecken. Werden sie die ganze Nacht gegen unseren Wagen bumsen?“ „Nein“, sagte Tom, „weil ich nämlich jetzt hinausgehe und sie wegjage!“
Er öffnete die Tür, stieg die Treppe hinunter und stieß in der sternklaren Nacht genau auf eine Kuh. „Muh!“ machte die Kuh überrascht und ging zurück. „Jetzt verschwindet hier aber!“ Tom gab ihr entschlossen einen Stoß.
„Hau ab! Ja, du auch. Und ist dort noch eine? Verschwindet alle und kommt vor morgen früh nicht zurück. Wir möchten gern schlafen.“ Die erschrockenen Kühe trotteten zur anderen Seite des Feldes hinüber. Dort standen sie noch eine Zeitlang und schauten herüber, als dächten sie über Tom und sein plötzliches Erscheinen nach. Tom ging in den Wagen zurück. „Du bist tapfer“, sagte Margaret bewundernd. „Sie hätten dich aufspießen können.“ „Du Dummerle, das machen doch nur Stiere!“ Aber Tom war trotzdem stolz und kroch wieder in seine Koje. „Ist euch zu heiß? Soll ich etwa die Tür des Wagens offenlassen?“ „O nein“, rief Jessie ängstlich. „Dann kommen vielleicht die Kühe noch alle herein!“ Die Tür blieb also zu, und die drei Kinder schliefen bald weiter. Am Morgen wachte Jessie zuerst auf. Faul lag sie da und schaute aus dem Fenster. Schlafen gehen in einem Wohnwagen ist wunderbar. Aber darin aufwachen ist noch herrlicher, dachte sie. Sie schlüpfte hinaus und öffnete die Tür. Sie setzte sich in ihrem Nachthemd auf die oberste Treppenstufe und legte die Arme um die Knie. Eine Drossel in der Nähe sang ihr zu. „Fü-lip, fü-lip, fü-lip!“ „Einen Philipp gibt’s hier nicht“, rief Jessie. Die Kühe lagen im Gras und käuten wieder. Die Bäume flüsterten einander Geheimnisse zu. Der Fluß in der Nähe rauschte. Die Welt sieht sauber und frisch und neu aus, dachte Jessie, und das Gras ist silbern durch den Tau. Der Hund des Bauernhofes ist schon auf und auch die
Vögel – und dort ist sogar eine Biene, die Honig sucht. An einem Fenster des anderen Wohnwagens wurde der Vorhang beiseite geschoben. Die Mutter schaute heraus. „Hallo, Jessie!“ rief sie. „Genießt du den schönen Morgen? Zieh dich an, du kannst helfen, das Frühstück zubereiten!“ Jessie ließ die anderen schlafen. Sie zog sich schnell an und lief zur Mutter. Bald zog der Duft von gebratenen Eiern und Speck über die beiden Wagen. „Frühstück, ihr Schlafmützen, Frühstück!“ rief Jessie. Dabei steckte sie den Kopf durch die offene Tür. Tom und Margaret wachten auf. „Kommt, beeilt euch. Ich bin schon eine Ewigkeit auf!“ „Du hättest uns wirklich wecken können!“ schimpfte Tom. „Ich möchte keine einzige Minute unserer Wohnwagenferien verpassen.“
David und Clopper Die Sommertage kamen und gingen. Allmählich gewöhnten sich die Pimpernells an das Wohnwagenleben. Sie wurden braun wie reife Eicheln. Tom sammelte jeden Tag Holz für das Feuer im Herd und stapelte es ordentlich zwischen den Rädern auf. Jessie und Margaret holten Wasser vom Brunnen des Bauern und füllten den Tank. Der Vater pumpte dann immer so viel Wasser in den Tank unter dem Dach, wie sie brauchten. Die Mutter kaufte im Dorf ein. Oft gingen die Kinder mit und halfen ihr, die Sachen zurückzutragen. Jessie und Margaret putzten ihren Wagen jeden Tag, sorgten, daß ihr Waschbecken immer blitzsauber war und schüttelten die Matten und kleinen Teppiche aus. „Ihr seid plötzlich alle so hilfreich und fleißig“, sagte die Mutter, „daß es die reinste Freude ist. Und die Ferien tun uns allen gut.“ Doch eines Tages gab es einen großen Schreck. Der Bauer kam und erzählte, daß er das Feld für zwei seiner Jungstiere brauche. „Dies ist das einzige Feld mit einem festen Zaun“, sagte er. „Der eine Stier ist ein so bösartiger Bursche, daß ich ihn an einem sicheren Platz unterbringen muß. Deshalb muß ich Sie leider bitten zu gehen.“ Margaret fing gleich an zu weinen. „Wir können ja nicht weggehen, es geht doch nicht!“ sagte sie. „Wir haben keine Pferde, die unsere Wohnwagen ziehen. Wir selbst bringen sie ja nicht von der Stelle.“ „Das ist in Ordnung“, sagte Vater zu dem Bauern. „Ich hatte sowieso nicht die Absicht, den ganzen Sommer hierzubleiben. Was hat es denn für einen Sinn, wenn man ein Haus auf Rädern hat und doch immer am selben Platz bleibt? Wir wollen ein paar Abenteuer erleben.“ Margaret trocknete ihre Tränen. Das klang ja fein! dachte sie. „Aber woher bekommen wir Pferde, Vati?“ „Ich kann Ihnen zwei verkaufen“, sagte der Bauer. „Und wenn meine Ihnen nicht gefallen, dann gehen Sie ruhig zum nächsten Hof und schauen sich dort die Pferde an. Sie suchen doch starke, ruhige Tiere.“ Alle Pimpernells schauten sich gemeinsam die Pferde an, die der Bauer ihnen anbot – und sie hatten sie sofort in ihr Herz geschlossen! „Dies ist David“, sagte der Bauer und streichelte ein kleines, starkes Pferd mit einem weißen Stern auf der Stirn. „Sie können die Kinder darauf reiten lassen, so gutmütig ist er.“ Tom strahlte. Er wäre immer schon gern geritten – und jetzt durfte er es! „Und dies ist Clopper“, sagte der Bauer und streichelte ein anderes Pferd, das ein dunkelbraunes Fell mit weißen Flecken hatte. „Nicht ganz so gutmütig wie David, aber ein feines Pferd, und stark!“ Vati verstand einiges von Pferden. Er ließ sie hin und her traben, schaute sich ihre Zähne an und stieg schließlich auf David. Er ritt mit ihm um das Feld. Dann verhandelte er mit dem Bauern über den Preis. Sie wurden sich einig. Va-
ter und Tom führten David und Clopper stolz zu den Wohnwagen. „Jetzt haben wir zwei eigene Pferde!“ sagte Jessie erfreut. „David, ich mag dich leiden! Und Clopper, deine großen, zotteligen Füße machen einen Lärm, wie er zu deinem Namen paßt.“ „Wann brechen wir auf?“ fragte Tom, der jetzt, nachdem sie Pferde hatten, den Aufbruch kaum erwarten konnte. „Morgen? Und wohin?“ „Wenn ich das wüßte!“ sagte der Vater lachend. „Was meinst du, Mutti? Hast du irgendeine Idee, wohin du fahren möchtest?“ „Laßt uns doch zum Hof meines Bruders fahren, zum Onkel Ned“, sagte die Mutter plötzlich. „Es ist Heuzeit. Da werden die Kinder viel Spaß haben. Sie können helfen. Und David und Clopper vielleicht auch. Sie könnten die Mähmaschine ziehen!“ „O ja, Mutti – laßt uns zu Onkel Ned fahren!“ riefen die Kinder, die noch nie dort gewesen waren. „Wir arbeiten bei der Heuernte mit. Es wird uns allen bestimmt großen Spaß machen.“ „In Ordnung“, sagte Vati. „Wir fahren hin. Wir werden anderthalb Tage brauchen, denke ich. Jetzt, Tom, will ich dir zeigen, wie ein Pferd gepflegt wird, dann kannst du mir jeden Abend helfen. Wir müssen uns gut um David und Clopper kümmern, denn sie gehören jetzt zu unserer Wohnwagenfamilie.“ Am nächsten Tage ging es lebhaft zu. „Wir müssen nichts mehr einpacken, wenn wir umziehen!“ sang Margaret und hüpfte um Vater herum, der gerade David zwischen die blaue Deichsel des ersten Wohnwagens führte. „Keine Fahrkarten mehr kaufen! Kein Warten mehr auf ein Taxi oder auf den Zug!“ „Wir spannen nur die Pferde an, und ab geht die Post!“ sagte Tom lachend, als er Clopper zwischen die Deichsel seines eigenen Wagens führte. Nach einer halben Stunde waren alle zum Aufbruch bereit. Die Bäuerin schenkte ihnen noch zwölf frische Eier und ein Pfund Butter. Vater lenkte den ersten Wagen und Tom den zweiten. Tom war ganz aufgeregt vor Freude. Sein Vater hatte ihm erklärt, wie er das Geschirr und die Zügel handhaben mußte. Zuerst wollte die Mutter neben ihm sitzen, falls er etwas verkehrt machte. „Ich werde unseren Wagen fahren!“ sagte er stolz zu den Mädchen, die ihn anstarrten. „Ich möchte auch fahren“, bettelte Margaret sofort, aber das erlaubte die Mutter natürlich nicht. Der Vater stieg auf den Kutschbock, Tom auf seinen und die Mutter neben ihn. Die Mädchen steckten die Köpfe aus den Vorderfenstern. Der Vater schnalzte, und das kleine schwarze Pferd David setzte sich in Bewegung. Über das holprige Feld rumpelte der Wohnwagen hinter ihm her. Dann kam Toms Wagen. Der Junge hielt ganz stolz die Zügel. „Clopper zieht auch, ohne daß du ihn lenkst“, sagte Jessie. „Störe mich nicht“, sagte Tom, „sonst fahre ich in den Graben.“ „Wir sind unterwegs, unterwegs in unserm Haus auf Rädern!“ sang Margaret. „Wir fahren weit, weit, und unser Haus kommt mit! Auf Wiedersehen, Kühe, auf
Wiedersehen, Gänse; wir sind unterwegs und bald fort!“ Die beiden rot-gelben Wohnwagen zuckelten den gewundenen Weg hinunter, während Margaret mit lauter Stimme sang.
Die Fahrt zu Onkel Ned Das war ein Spaß, Kilometer um Kilometer in einem Wohnwagen zu reisen! David und Clopper gingen zwar nicht schnell, aber sehr gleichmäßig. Die Landschaft war um diese Jahreszeit gerade wunderschön. Manchmal wehte der Duft des Geißblattes von den Hecken herüber. Die kleinen Goldammern sangen ihre kleinen Lieder. Das Korn stand kräftig und grün im Wind. Ein paar Bauern waren schon bei der Heuernte. „Ich hoffe nur, Onkel Ned ist noch nicht mit der Heuernte fertig“, sagte Jessie. Sie hatte sich fest vorgenommen zu helfen. Vati suchte auf der Karte den Weg zu Onkel Neds Hof. „An einem Wald vorbei, einen Hügel hinunter, an diesem Fluß entlang!“ Vater zeigte ihnen bei einer Pause alles. „Wir müßten es eigentlich bis morgen nachmittag schaffen.“ Es kamen auch lange, staubige Wege. Immer klang das Klippklapp der Pferdehufe. Vater hielt sich von der Hauptstraße fern, wenn er konnte. Diese Wege waren viel netter, außerdem gab es dort kaum Autos. Manchmal saßen die Mädchen drinnen im Wagen, manchmal liefen sie nebenher. Einmal gab es eine große Aufregung: Margaret war verschwunden! „Wo ist Margaret?“ fragte die Mutter plötzlich. „Vor einigen Minuten lief sie noch neben dem Wagen her. Jessie, hast du gesehen, wohin sie gelaufen ist?“ Jessie hatte sich inzwischen neben ihren Vater gesetzt. „Ich weiß nicht, Mutti“, sagte sie. „Ist sie nicht auf der Straße? Da habe ich sie zuletzt gesehen.“ „Du liebe Zeit – wir müssen sie verloren haben!“ rief die Mutter voll Angst. „Tom und ich fahren zurück und suchen sie. Ihr könnt hier warten und David eine kleine Verschnaufpause gönnen, Vati.“ Aber so sehr sie auch umherschauten – sie konnten sie nirgends finden! Sie wußten nicht, was sie tun sollten. Tom machte sich große Sorgen. Arme kleine Margaret! Sie würde sich fürchten. War sie vielleicht von der Straße abgekommen und hatte sich verlaufen? „Ich weiß nicht, was wir noch machen sollen“, sagte die Mutter endlich ganz verzweifelt. „Wir sind ein ganz schönes Stück zurückgefahren. Aber da kommt ja Vati mit seinem Wagen! Und wie schnell David läuft!“ Der Vater winkte und rief von weitem: „Wir haben Margaret! Sie schlief fest in deiner Koje!“ Da waren Mutter und Tom natürlich froh. Margaret war ganz überrascht, als sie sich schlaftrunken in der Koje aufsetzte und die Aufregung um sich herum bemerkte. „Nun, nach diesem Schreck machen wir am besten eine kleine Pause, essen etwas und ruhen uns aus“, sagte der Vater. „Die Pferde haben auch Durst und vertragen ein bißchen Ruhe. Bring sie zu dem Teich dort, Tom, und binde sie an einem Pfahl oder Baum fest!“ Nach dem Mahl ruhten sie sich alle gut aus. David und Clopper zupften am
Gras und legten sich dann mitten hinein. Die Wohnwagen glänzten in der strahlenden Sonne, und die Fenster blitzten und blinkten. „So – jetzt geht es weiter“, rief der Vater nach einer Weile. „Und denkt daran – wenn wieder jemand unter der Daunendecke schlafen will, muß er es uns vorher sagen!“ Alle lachten. Vater nahm wieder seinen Platz hinter David ein und Tom seinen hinter Clopper. Die Mutter aber stieg in ihren eigenen Wagen, um das Geschirr zu spülen. Tom konnte Clopper sehr gut allein lenken, das hatte sie beobachtet. An diesem Abend hielten sie auf einer Wiese mit Margeriten und rotem Klee an. Die Pferde, die gut gefüttert, getränkt und abgerieben worden waren, legten sich zufrieden neben die Wagen. „Vergangene Nacht waren wir woanders, und morgen werden wir schon wieder ganz woanders sein“, sagte Margaret schläfrig. „Ich finde es herrlich, in einem Wohnwagen zu leben, wo einen die Pferde an jeden gewünschten Platz ziehen.“
Am nächsten Tag brachen sie zeitig auf. Als schließlich Onkel Neds Hof näher kam, wurden sie ganz aufgeregt. „Der wird ja Augen machen!“ sagten sie. „Hoffentlich hat er das Heu noch nicht eingefahren!“ „Das ist die Grenze von Onkel Neds Land“, sagte die Mutter plötzlich und zeigte auf einen Wald in der Ferne. „Jetzt sind wir schon fast da.“ Sie kamen zu einer großen Wiese mit hohem Gras, Klee und Butterblumen. Zwei oder drei Männer standen dort und unterhielten sich. Die Mutter begann zu rufen: „Ned! Hallo, Ned!“ Völlig überrascht drehte sich Ned um – und als er die beiden bunten Wohnwagen sah, mit Mutter, Vater und drei Kindern, die ihm zuwinkten, glaubte er seinen Augen nicht trauen zu können. „Nanu!“ sagte er schließlich und lief zum Weg, um sie alle zu begrüßen. „Was für eine tolle Überraschung! Da wird ja Tante Clara staunen! Wo kommt ihr her? Wie lange bleibt ihr?“ „So lange wir können“, sagte Vater. „Wir sind gekommen, um dir bei der Heuernte zu helfen. Wie ich sehe, hast du noch nicht angefangen damit.“
„Nein, noch nicht“, antwortete Onkel Ned. „Ich wollte schon letzte Woche beginnen, weil das Wetter schön war. Aber ich hatte Pech.“ „Wieso, was ist los?“ fragte die Mutter. „Ich hoffe, nichts Ernstes, Ned!“ „Mein Grasmäher war entzwei, und jetzt, wo er in Ordnung ist, sind die beiden Pferde krank. Wie soll ich da mähen?“ „Wir leihen dir David und Clopper!“ rief Tom. „Die können dir deine Maschine ziehen. Es sind richtige Arbeitspferde, wirklich!“ „Kommt mit zum Hof“, sagte Onkel Ned. „Das ist mal eine gute Nachricht! Eine ganze Familie besucht mich – und zwei Pferde leihen sie mir auch noch! Morgen fangen wir mit der Heuernte an!“ Und in fröhlichen Gesprächen gingen und fuhren sie zum Hof.
Heuernte Onkel Ned und Tante Clara waren von dem Besuch einfach entzückt. Es gab eine fröhliche Vesperstunde. Dann gingen alle hinaus, damit Onkel und Tante sich die beiden lustigen Wohnwagen gründlich anschauen konnten. „Dies hier ist meine Schlafkoje, die höchste von allen“, sagte Margaret stolz. „Und schaut nur: Fließendes Wasser haben wir auch!“ sagte Tom und drehte einen Hahn auf. „Und ich sammle jeden Tag Brennholz für den Herd.“ „Das ist alles großartig“, sagte Tante Clara. „Am liebsten möchte ich auch in einem Wohnwagen umherziehen. Ihr seid also gekommen, um uns bei der Heuernte zu helfen? Nun, da können wir euch aber gut brauchen.“ „Wir fangen morgen an“, versprach Tom. „Ihr werdet staunen, wie wir zupakken! Seit wir in der frischen Luft leben, sind wir alle groß und stark geworden.“ Am nächsten Tag begann der Spaß. David und Clopper wurden vor den Grasmäher gespannt. Die Messer der Maschine schnitten das Gras leicht und ließen es in großen Reihen hinter sich. „Wie lustig das Heufeld jetzt aussieht!“ sagte Margaret und tanzte über ein gemähtes Stück. „Es hat die Haare geschnitten bekommen! Können wir nun anfangen, das Heu auszubreiten, Onkel?“ „Immer los! Maggy“, sagte der Bauer. „Je schneller es trocken wird, um so lieber ist es mir! Duftet das Gras nicht wunderbar?“ Das stimmte. Jessie meinte, von diesem Duft hätte sie gern ein Parfüm für ihr Taschentuch. Die Kinder warfen das gemähte Gras um, tollten darin herum und fanden es herrlich. Cherry, der Hofhund, machte mit. Er war ein großer Collie, und auch er hatte sein Vergnügen dabei. „Er hilft bei der Heuernte!“ sagte Margaret und versuchte, ihn unter dem Heu zu begraben. Aber das wollte er nicht. Die richtige Hilfe wurde es erst am nächsten Tag, als alle große Rechen bekamen, um das Heu zu wenden, gleichmäßig in Reihen, so daß die Sonne die unteren feuchten Stücke trocknen konnte. Die Kinder arbeiteten tüchtig mit. Die Sonne schien heiß vom Himmel. Onkel Ned war froh darüber. „Gerade das Richtige für das Heu!“ meinte er. „Es wird wunderbar trocken, und ich kann es schnell einfahren und in die Scheune bringen, ehe der Regen kommt.“ „Dann werden deine Kühe im Winter genug zu fressen haben, nicht wahr?“ meinte Jessie. Als das Heu durchgeharkt und umgewendet war, sagte der Bauer: „Nun muß es aber in eine ganz saubere Reihe gebracht werden – in große lange Reihen, das ganze Feld hinunter.“ Er wendete sich an Tom: „Nimm David, spann ihn vor den großen Heuwender und führe ihn das Feld auf und ab. Den Mädchen wird es gefallen, wenn sie sehen, wie die große Harke hinten an der Maschine das Heu richtig legt.“ Tom war stolz über diesen Auftrag und führte den Heuwender das Feld auf und
ab.
„Tom, der große Stahlzahn gleitet unter das Heu und hält es fest!“ rief Jessie. „Ja“, sagte Tom. „Und jetzt paß auf, was passiert: Sobald der Heuwender voller Heu ist, ziehe ich an einem Hebel, der die Stahlzähne hochhebt – und dann fällt das Heu sauber in einer langen Reihe herunter. Ist das nicht toll, Margaret?“ Ehe es Abend wurde, lag das ganze Heu in schönen Reihen, und Tom hatte recht müde Beine von dem Auf- und Abgehen auf dem Feld. „Und jetzt bauen wir kleine Heuhaufen!“ rief Tante Clara, die auch zum Helfen auf die Wiese gekommen war. Sie hatte ihnen eine gute Mahlzeit herausgebracht, mit Kakao, Kuchen, Eiern und Butterbroten. Natürlich halfen die Geschwister auch die Heuhaufen bauen. Die Abendsonne warf lange Schatten über das Feld. „So eine Wiese mit den vielen Heuhaufen sieht wunderschön aus“, sagte Jessie. „Tom – schau, dort liegt Margaret und schläft. Komm, wir decken sie mit Heu zu!“ Gesagt, getan! Bald war von Margaret nichts mehr zu sehen. Sie war auch ein Heuhaufen! Mutter vermißte Margaret, suchte und rief nach dem kleinen Mädchen, während Tom und Jessie lachend davonliefen. Margaret aber hörte ihre Mutter rufen und schrak auf. Was war das nur um sie herum? Was für eine lustige Decke! dachte sie und arbeitete sich mühsam hervor. „Mutti! Mutti! Wo bin ich?“ „Liebe Zeit! Das Kind! Es ist zu einem Heuhaufen geworden!“ sagte die Mutter lachend und hob die Kleine heraus. „Komm, mein Liebling, es ist Zeit zum Abendessen. Müde bist du auch. Da gehst du dann gleich zu Bett.“ „Es war so lustig“, sagte Margaret schläfrig. „Was machen wir jetzt mit dem Heu?“ „So bald wie möglich werde ich es auf den großen Wagen laden und zum Heuschober bringen“, sagte Onkel Ned. „Ein Teil kommt in die Scheunen. Was übrigbleibt, wird zu einem Heustadel aufgebaut.“ „Können wir dann oben auf den Heuwagen mitfahren?“ fragte Tom. „Das macht doch Spaß! Ich werde ganz, ganz oben auf dem Heu liegen und zum Himmel hinaufschauen und den Heuduft einatmen.“
„Das und noch viel mehr könnt ihr tun!“ sagte Mutter. „Aber jetzt schnell zum Wohnwagen – ihr schlaft ja schon im Stehen ein!“ Keiner dachte mehr ans Essen. Auch Jessie und Tom merkten plötzlich, wie müde sie vom Herumtollen und vom Arbeiten waren. Also ging es zurück zu den Wohnwagen. Die drei fielen sofort in tiefen Schlaf, während der süße Duft des Heus durch die Fenster kam. Was war das für eine schöne Zeit!
Kühe melken Am andern Morgen meinte der Onkel: „Wenn ihr nun länger bleibt, müssen wir euren Wagen besser unterbringen.“ Er zeigte dem Vater den besten Platz, an dem er die Wohnwagen aufstellen konnte. „Fahrt auf die Wiese“, sagte er. „Die ist nicht weit vom Haus und vor dem Wind geschützt. Von dem Bach daneben könnt ihr euer Waschwasser holen. Trinkwasser bekommt ihr von unserem Brunnen.“ Dorthin brachten sie also die beiden Wohnwagen. Es war wirklich ein gemütlicher, sonniger Platz. Nebenan auf dem Feld weideten Kühe. David und Clopper waren dort. Onkel Ned war froh, daß er sie zum Arbeiten hatte. „Es sind gute Arbeitspferde“, sagte er und strich über ihre großen Nasen. „Wenn ihr von dem Wohnwagenleben genug habt, kaufe ich sie euch ab.“ „Wir werden nie von dem Wohnwagenleben genug haben!“ rief Margaret. „Und David und Clopper darf Vati nicht verkaufen. Ich liebe sie. David läßt mich immer auf sich reiten, wenn ich ihn darum bitte.“ Jeden Morgen und jeden Abend wurden die Kühe in den Stall geführt und dort gemolken. Die Kinder schauten zu und hörten, wie die Milch – plitsch-platsch! – in den Eimer lief. Tom wollte das Melken auch einmal versuchen. „Schön, das kannst du haben“, sagte Tante Clara, gab ihm den Melkschemel, und er setzte sich drauf. „So ist es richtig – ganz nah an die Kuh heran! Hast du kräftige Finger? Ja, die hast du – aber du mußt vorsichtig sein, nicht grob.“ Tom begann die Kuh zu melken, aber er stellte sich nicht sehr geschickt dabei an. Es dauerte lange, bis er den Eimer halb voll hatte. „Da ist ja gar nicht so ein schöner Schaum drauf wie bei dir, Tante“, meinte er. „Nein“, antwortete die Tante. „Der Schaum ist das Zeichen für einen guten Melker, weißt du. Versuch du es jetzt mal, Jessie.“ Also versuchte es Jessie, und sie machte es wirklich sehr geschickt! Ihre kräftigen kleinen Hände arbeiteten flink, und das Zischen der Milch im Eimer hörte sich gut an. Genug Schaum war auch da. Jessie war sehr stolz. Dann wollte Margaret es versuchen. „Aber du hast doch Angst vor Kühen, Dummerle!“ sagte Tom. „Jetzt nicht“, versicherte Margaret, und sie hatte wirklich keine. Man merkte doch: Sie hatte viel gelernt in den letzten Wochen. Sie glaubte nicht mehr, daß die Kühe hinter ihr herlaufen und sie stoßen würden. Sie setzte sich auf den Melkschemel neben der großen Kuh, die „Butterblume“ hieß. Aber Margarets Hände waren noch zu klein; sie gab es bald auf. „Jessie kann es am besten!“ sagte sie. „Tom und ich – für uns ist das Melken nichts.“ „Ja, Jessie stellt sich sehr geschickt an“, sagte ihre Tante. „Paß auf, Jessie, daß du jeden Tropfen der letzten Milch von deiner Kuh bekommst – sie ist immer die beste.“ „Machst du jetzt Butter aus der Sahne von der Milch?“ fragte Margaret. „Kann ich dir dabei helfen, Tante? Bitte!“
„Ja, das kannst du“, sagte Tante Clara. „Ich buttere jeden Freitag. Ihr könnt mir dann helfen!“
Tom führte die Kühe wieder auf die Weide, wenn sie gemolken waren. Eine der Kühe öffnete ihr Maul, um zu muhen, und Tom erlebte eine große Überraschung. Er rief seinen Onkel. „Weißt du, Onkel, diese Kuh, die Butterblume, öffnete gerade ganz weit ihr Maul – und weißt du, daß sie alle oberen Zähne verloren hat? Armes Ding – sie wird nichts mehr fressen können!“ Onkel Ned lachte laut. „Was du nicht sagst!“ rief er. „Eine Kuh hat oben nie Zähne, Dummkopf! Wußtest du das nicht?“ Tom wurde rot. Margaret und Jessie schlenderten neugierig herbei. Worüber lachte Onkel Ned? Er öffnete das Maul der Kuh und ließ sie hineinschauen. „Seht ihr, was sie anstatt der oberen Zähne hat?“ fragte er. „Da ist ein nacktes Fleischpolster – gar keine Zähne. Wißt ihr, eine Kuh zieht am Gras, reißt es ab – dann schluckt sie es hinunter in einen ihrer vier Mägen…“ „Vier Mägen?“ riefen die drei Kinder. „Vier?“ „Tja; vier Mägen – oder ein Magen mit vier Abteilungen – was euch lieber ist“, sagte der Onkel. „Die Kuh rupft das Gras und schluckt es direkt hinunter in Magen Nummer eins. Wenn sie sich ausruht, holt sie das Gras wieder in ihr Maul und vergnügt sich damit, es noch einmal zu kauen.“ „Ja, das weiß ich“, sagte Tom. „Das nennt man wiederkäuen, nicht wahr?“ „Sehr richtig“, sagte der Onkel. „Dann, wenn das Gras gekaut ist, geht es in ihren zweiten Magen und von da aus in den dritten und vierten.“ „Was für ein komisches Tier die Kuh doch ist!“ meinte Jessie. „Ganz und gar nicht wie ein Pferd! Ein Pferd hat starke obere Zähne. David hat wenigstens welche und Clopper auch. Haben sie auch vier Mägen, Onkel?“ „Nein, nur einen“, sagte der Onkel. „Und ihre Hufe sind auch anders. Schau dir die Hufe von Butterblume an, Tom.“ Tom hob ein Bein hoch und stieß einen Überraschungsschrei aus. „Der Huf ist
ja gespalten! Ganz anders als bei David! Dessen Huf besteht aus einem Stück.“ „Eine Kuh hat immer gespaltene Hufe“, sagte Onkel Ned. „Es erleichtert ihr das Gehen auf feuchtem Untergrund, über den sie ja wandert. Gut, Butterblume, wir sind fertig mit dir! Lauf zu den anderen!“ Butterblume schien überrascht, daß man ihr Maul und ihren Huf so genau betrachtet hatte. Muhend trottete sie davon. „Jetzt mag ich Kühe“, sagte Margaret. „Ich dachte immer, sie wären so wild – aber sie sind ruhig, langsam und freundlich. Wird es am Freitag nicht einen tollen Spaß geben, wenn wir beim Buttermachen helfen?“
Aus Sahne wird Butter Am nächsten Freitag erledigten die Geschwister schnell ihre Arbeit im Wohnwagen, damit sie rechtzeitig beim Buttern zuschauen konnten. Die Betten waren im Nu gerichtet, das Waschbecken geputzt und die Wassertanks gefüllt. Tom stürmte davon, um seiner Mutter Brennholz zu sammeln. Er stapelte es säuberlich auf. Jessie und Margaret liefen ins Dorf, um einzukaufen, was die Mutter brauchte. „Ist das alles, Mutti?“ fragte Jessie, als sie mit den Sachen zurückkamen und sie in den Schrank packten. „Können wir jetzt zum Hof gehen und Tante Clara beim Buttern zuschauen?“ „Lauft!“ sagte die Mutter. Sie freute sich über die rosigbraunen Gesichter ihrer Kinder und auch darüber, daß sie so eifrig waren. Im Herbst mußten sie wieder zur Schule; aber in der Zwischenzeit würden sie noch viel vom Landleben lernen und nie wieder vergessen. Die drei rannten, so schnell sie konnten, zum Hof. Hoffentlich hatte Tante Clara noch nicht mit dem Buttern begonnen. Margarets Beine waren noch nicht so lang, wie die der anderen, und Tom wartete auf sie. Jessie kam zuerst an. Im Keller war ein großer, kühler Raum mit Steinfußboden, weißgekachelten Wänden und vielen Regalen. Es sah großartig aus. „Tante, hast du etwa schon mit dem Buttermachen angefangen?“ rief sie erschrocken. Aber die Tante schüttelte lächelnd den Kopf. „Natürlich nicht. Ich habe ja auf euch gewartet. An dieser Zentrifuge stehe ich jeden Tag. Sie schleudert die frisch gemolkene Milch, trennt also die Sahne von der anderen Milch. Erst so bekomme ich die Sahne zum Buttern. Ich spare sie mir ein paar Tage auf.“ Margaret und Tom kamen herein und schauten der Tante zu, wie sie die Zentrifuge bediente. „Achtet auf die beiden Rohre, die hier aus der Seite der Maschine herauskommen“, sagte Tante Clara. Die Kinder paßten genau auf. Oben schüttete die Tante frische Milch in die Maschine und – siehe da! – aus den beiden Rohren flossen Milch und Sahne voneinander getrennt in die Schüsseln! „Darf ich bitte mal die Kurbel drehen?“ fragte Margaret. „Bitte, laß mich!“ Also drehte Margaret die Kurbel der Zentrifuge und war sehr stolz, als nun Milch und Sahne herausflossen. Die Sahne wurde in einen großen Bottich geschüttet, der fast bis oben mit Sahne von den letzten Tagen gefüllt war. „Und nun wird gebuttert“, sagte Tante Clara und rollte die Ärmel hoch. „Dabei wird mir immer heiß. Mit dem Butterfaß zu arbeiten ist schwerer als mit der Zentrifuge!“ Das Butterfaß war ein großer Bottich aus Buchenholz, der auf einem Holzrahmen stand. Auch er hatte eine große Kurbel. Tante Clara schüttete alle Sahne, die sie gesammelt hatte, in den Bottich – dicke, gelbe Sahne. Margaret
steckte ihren Finger hinein und leckte ihn dann voll Genuß ab. „Naschkatze!“ sagte die Tante. „Du bist genauso schlimm wie unsere Mieze! Die streicht auch immer hier herum und leckt abwechselnd von der Milch und von der Sahne.“ Sie faßte die Kurbel und begann sie zu drehen. Zur großen Überraschung der Kinder wurde das ganze Faß herumgedreht. „Horcht bloß, wie die Sahne drinnen herumspritzt!“ rief Jessie. „Was für ein komisches Geräusch, es platscht richtig!“ „Tante, wie wird aus der Sahne nun Butter?“ fragte Margaret neugierig. „Ihr wißt doch: Sahne wird steif, wenn man sie schlägt. Wenn sie so durcheinandergeschüttelt wird wie hier, ist es genauso“, sagte Tante Clara. Ihr Gesicht war schon hochrot, denn der Bottich war schwer zu drehen. „Sie wird gut durcheinandergerührt in diesem Faß – die Butter wird bald fertig sein.“ „Darf ich auch mal rühren?“ fragte Margaret, aber sie brachte es nicht fertig. Auch Jessie schaffte es nicht. Nur Tom mit seinen kräftigen Armen konnte gut rühren. „Also – jetzt gibt es Butter!“ sagte Tante Clara, als sie die Kurbel wieder in die Hand nahm. „Es dauert immer ungefähr zwanzig Minuten bei mir. Manche Leute brauchen länger dazu. Bei mir geht es schnell!“ Sie hob den Deckel auf und ließ die Kinder hineinschauen. Wo war die dicke Sahne geblieben? Sie war weg! Statt dessen schwammen Klumpen gelber Butter in einer Flüssigkeit, die wie dünne Milch aussah. „Das ist die Buttermilch“, sagte die Tante und legte den Deckel wieder auf. „Jetzt dauert es noch ungefähr ein bis zwei Minuten, dann ist die Butter fertig!“ Sie schwenkte den Bottich hin und her. Dann hielt sie inne. Die Butterklumpen wurden herausgenommen und ein paarmal in Wasser gewaschen. Dadurch ging die letzte Milch heraus. Tante Clara knetete die Butter mit einem hölzernen Butterroller fest und hart.
„Darf ich helfen, die Butter in Stücke aufzuteilen?“ bat Tom, der sehr geschick-
te Hände hatte. Er machte es gut, und es dauerte nicht lange, da war das Regal voll sauberer Butterpäckchen, alle in Fettpapier eingewickelt. „Tante Clara, darf ich dir jede Woche beim Buttern helfen?“ sagte Tom plötzlich. „Jessie hilft dir beim Melken, und Margaret will gerne die Hühner füttern. Ich bin stark und kann leicht das Faß herumschwenken.“ „Danke, Tom“, sagte die Tante fröhlich. „Es gibt jetzt so viel Arbeit auf dem Hof – ich freue mich, daß ihr drei mir so fleißig helfen wollt.“ „Wir helfen gern!“ rief Margaret. „Wißt ihr was?“ sagte die Tante. „Ihr sollt es nicht für umsonst tun. Jessie bekommt fürs Melken jeden Tag vier Liter Milch, Tom zwei Pfund von der Butter, die er mit geschleudert hat, und Margaret fürs Hühnerfüttern jede Woche zwanzig Eier.“ Na, wenn das kein Angebot war! Die Pimpernell-Kinder hopsten vergnügt zum Wohnwagen, um der Mutter zu berichten.
Eine wundervolle Überraschung Der Sommer ging viel zu schnell vorbei. Das Getreide wurde reif. Im August war Erntezeit. Dann kam der September, und die Tage wurden kürzer. Äpfel und Birnen reiften. Jeden Tag sahen die Pimpernells bei den Bauern neue Arbeiten. Sie hatten ihren Wagen immer noch bei dem Hof von Onkel und Tante stehen und halfen tüchtig mit. Und sie dachten gern an die vergangenen Wochen zurück. „O je!“ seufzte Tom. „Wenn diese aufregenden Tage doch nur nicht so schnell aufhörten! Am besten wär’s sie hörten überhaupt nicht auf!“ „Tja, was wir alles schon erlebt haben in unseren Wohnwagen“, meinte Jessie nachdenklich. „Eins weiß ich jetzt: Ich möchte immer auf dem Lande bleiben. Es gefällt mir hier viel besser als in der Stadt.“ „Ja – hier ist alles irgendwie richtiger“, sagte Tom. „Man sieht alles wachsen… Kälber und Lämmer werden geboren… Heu wird eingebracht… Schafe geschoren… Kühe werden gemolken… und…“ „Und die Ernte wird eingebracht!“ meinte Margaret. „Ach, sahen die Kornfelder nicht schön aus, Tom, als sie so hoch und golden und reif dastanden?“ „Und die tolle Bindemaschine bei der Ernte!“ sagte Tom. „Der habe ich gern zugeschaut. Sie hat das Korn geschnitten, es in Garben gesammelt, jede Garbe sauber mit einem Faden zusammengebunden und dann die Garbe auf den Boden geworfen!“ „Und als die Ernte eingefahren wurde, das war lustig!“ sagte Jessie. „Wie wir immer auf den Wagen mitgefahren sind, weißt du noch, Tom? Und das Erntefest war doch wunderbar!“ Jeder, vom ältesten Erntehelfer bis zur kleinen Margaret, hatte sich damals zu dem großen Festessen an einen Tisch im Garten gesetzt, sobald der letzte Kornwagen auf dem Hof war. Margaret war mitten im Fest eingeschlafen. Aber diese schönen Tage waren nun längst vorbei, und der Oktober war da. Die Brombeeren begannen an den Hecken zu reifen. Die Mutter hatte sogar schon einen Brombeerkuchen gebacken. Tom war traurig. Er wußte, daß er und die Schwestern bald wieder in die Schule mußten. „Ich glaube, jetzt werden wir in einem Haus wohnen müssen“, sagte er mißmutig zu den Mädchen, als sie auf der Treppe ihres Wohnwagens saßen und auf die Eltern warteten, die bald vom Bahnhof kommen mußten. „Vielleicht hat Mutti keine Schule für uns gefunden“, meinte Jessie hoffnungsvoll. „Dann können wir den ganzen Winter in unserem Wohnwagen leben.“ „Ich darf gar nicht daran denken, daß wir uns von David und Clopper verabschieden müssen“, sagte Margaret, und sie sah aus, als ob sie im nächsten Augenblick anfangen würde zu weinen. „Ich habe sie doch so gern.“ „Dort steigt der Rauch vom Zug auf“, erklärte Jessie. „Mutti und Vati werden bald hier sein. Kommt, wir laufen über die Felder und holen sie ab.“ Also eilten die drei Vater und Mutter entgegen.
„Dort kommen sie!“ rief Margaret und winkte. Die Eltern winkten zurück. Tom rannte voraus. „Habt ihr eine Schule gefunden? Bitte, sagt nein! Sagt, daß wir weiter in unserem Wohnwagen leben können und nicht in einem Haus!“ rief er schon von weitem. „Das werden wir euch gleich erzählen!“ sagte Mutti. „Hast du den Wasserkessel für den Tee aufgesetzt, wie ich dich gebeten hatte, Jessie?“ Jessie nickte. „Ja, Mutti. Und Brot und Butter sind auch schon hergerichtet und Stachelbeermarmelade von Tante Clara – und ein Schokoladenkuchen, den sie für uns gebacken hat.“ „Gut!“ sagte Vater. Er freute sich schon auf eine schöne Vesperstunde, bei der alle im weichen Gras sitzen würden, mit David und Clopper in der Nähe, die ab und zu um kleine Bissen bettelten. „Tja“, sagte die Mutter, als sie alle dort saßen. „Ja – wir haben eine Schule gefunden, eine sehr nette sogar, wo man Gartenarbeit lernt und Reiten und Schwimmen und wo man sich kleine Tiere halten darf und wo es Kühe zum Melken gibt und Schweine und Ziegen und Hühner!“ Die Gesichter der Kinder hellten sich auf. „Und gar keine richtigen Stunden?“ fragte Margaret hoffnungsvoll. „Natürlich wird es auch richtige Unterrichtsstunden geben!“ sagte der Vater. „Ihr sollt lernen, euren Verstand zu gebrauchen, sonst seid ihr euch selbst oder anderen Menschen zu nichts nütze.“ „Wann fahren wir?“ fragte Jessie niedergeschlagen. „Die Schule beginnt nächste Woche.“ Die Kinder schauten immer bedrückter drein. Nur noch einige Tage, dann müßten sie David und Clopper auf Wiedersehen sagen und auch den beiden schönen Wohnwagen. „Mutti und ich haben uns jedoch entschlossen, in der Nähe der Schule weiter in unseren Wagen zu wohnen“, sagte der Vater lächelnd. „Wir werden es so einrichten, daß ihr die ganze Woche über Schulkinder seid – und von Freitag bis Montag Wohnwagenkinder! Na, wie gefällt euch das?“ „Hurra!“ riefen die Kinder, sprangen auf und tanzten vor Freude herum. „Können wir wirklich an jedem Wochenende in unserem Wagen wohnen? Auch den Winter über? Werden wir dann doch kein Haus nehmen? Werden wir auch weiterhin die Wohnwagenfamilie bleiben?“ „Ja“, sagten Mutti und Vati und lachten über die Freude der Kinder. „Wir brechen schon morgen auf, denn es wird zwei oder drei Tage dauern, bis wir in die Nähe eurer Schule kommen, und wir wollen alles in Ordnung haben, bevor ihr anfangt.“ „David! Clopper! Hört ihr?“ rief Margaret und rannte zu den beiden Pferden hinüber, die die Köpfe hoben. „Morgen geht es wieder auf die Reise mit euch! Ach, wird das ein Spaß!“ Am nächsten Tag nahmen sie also Abschied von Tante Clara und Onkel Ned. Sie bedankten sich bei ihnen für die wunderschöne Zeit. Dann wurden David und Clopper zwischen die Deichseln gespannt. Vater und Tom nahmen die Zügel in die Hand, und rumpelnd ging es über das Feld.
„Die Wohnwagenfamilie ist wieder unterwegs!“ rief Margaret. „Unsere Räder drehen sich schnell, und bald werden wir kilometerweit weg sein. Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen!“ Auf Wiedersehen, ihr Pimpernells! Ihr werdet noch viel Spaß miteinander haben!