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DIE PHYSIK VON STAR TREK™ Sachbuch Mit einem Vorwort von STEPHEN HAWKING
Aus dem Amerikanischen üb...
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LAWRENCE M. KRAUSS
DIE PHYSIK VON STAR TREK™ Sachbuch Mit einem Vorwort von STEPHEN HAWKING
Aus dem Amerikanischen übersetzt von ANDREAS BRANDHORST Herausgegeben von WOLFGANG JESCHKE in Zusammenarbeit mit ROLF REMMERS
Deutsche Erstausgabe
WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN
HEYNE SCIENCE FICTION & FANTASY Band 0605549
Titel der amerikanischen Originalausgabe THE PHYSICS OF STAR TREK Deutsche Übersetzung von Andreas Brandhorst Den Umschlag entwarf Roberto de Vico de Cumpich unter Verwendung eines Fotos von Geoff Spear Autorenfoto von Roger Mastroianni
3. Auflage Redaktion: Wolfgang Jeschke und Rainer Michael Rahn Wissenschaftliche Beratung: Rolf Remmers Copyright © 1995 by Lawrence M. Krauss Erstveröffentlichung by BasicBooks. A Division of HarperCollinsPuWisiers, Inc. New York Mit freundlicher Genehmigung des Autors und Paul und Peter Fritz, Literarische Agentur, Zürich Copyright © 1996 der deutschen Ausgabe und der Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München Printed in Germany 1997 Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München Technische Betreuung: M. Spinola Satz: Schaber Satz- und Datentechnik, Wels Druck und Bindung: Ebner Ulm ISBN 3-453-10981-3
Für meine Familie
»Aber die Gesetze der Physik kann ich nicht ändern, Captain!« Scotty zu Kirk, unzählige Male
Inhalt Vorwort von Stephen Hawking Einleitung Einleitung
SEKTION EINS Ein kosmisches Pokerspiel Die Physik von Trägheitsabsorbern und Traktorstrahlen ebnet den Weg für Zeitreise, Warpgeschwindigkeit, Deflektorschilde, Wurmlöcher und andere Phänomene der Raumzeit. EINS ZWEI DREI VIER
Newton setzt Einstein erhöht Hawking deckt auf Data beendet das Spiel
SEKTION ZWEI Materie, Materie – überall Der Leser erforscht Transporterstrahlen, Warptriebwerke, Dilithiumkristalle, Materie-Antimaterie-Wandler und das Holodeck. FÜNF Atome oder Bits SECHS Wieviel kostet die Energie? SIEBEN Holodecks und Hologramme
SEKTION DREI Das unsichtbare Universum, oder: Geräusche im Dunkeln Hier sprechen wir von Dingen, die vielleicht existieren, aber noch nicht beobachtet wurden: extraterrestrisches Leben, multiple Dimensionen sowie ein exotischer Zoo aus anderen physikalischen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten.
ACHT Die Suche nach Spock NEUN Die Menagerie der Möglichkeiten ZEHN Unmögliches: Das nicht zu entdeckende Land Epilog Danksagung
Vorwort von STEPHEN HAWKING Ich war sehr erfreut, als Data entschied, Newton, Einstein und mich zu einer Pokerpartie an Bord der Enterprise einzuladen. Dadurch fand ich Gelegenheit, mit zwei berühmten Gravitationsspezialisten die Klingen zu kreuzen. Das gilt insbesondere für Einstein, der weder an den Zufall noch an einen würfelnden Gott glaubte. Leider konnte ich meinen Gewinn nicht einstreichen, da das Spiel unterbrochen wurde, als der Captain Alarmstufe Rot veranlaßte. Nachher habe ich mich mit Paramount in Verbindung gesetzt, um die Chips einzulösen. Unglücklicherweise kannte niemand den Wechselkurs. Science Fiction wie Star Trek ist nicht nur Unterhaltung, sondern erfüllt auch einen >ernsten< Zweck: Sie erweitert die menschliche Vorstellungskraft. Wir sind noch nicht imstande, dorthin zu gehen, wo noch kein Mensch (oder gar niemand) gewesen ist, aber wenigstens sind unserer Phantasie keine Grenzen gesetzt. Wir können untersuchen, wie der menschliche Geist auf zukünftige Entwicklungen in der Wissenschaft reagieren wird. Und wir können auch über die Natur jener Entwicklungen spekulieren. Die Verbindung zwischen Science Fiction und Wissenschaft führt in beide Richtungen. Die von der Science Fiction präsentierten Ideen gehen ab und zu in wissenschaftliche Theorien ein. Und manchmal bringt die Wissenschaft Konzepte hervor, die noch seltsamer sind als die exotischste Science Fiction. Schwarze Löcher sind ein gutes Beispiel dafür - was nicht zuletzt dem guten Namen zu verdanken ist, den ihnen der Physiker John Archibald Wheeler gab. Hätte man sie auch weiterhin >gefrorene Sterne< oder >gravitationell völlig kollabierte Objekte< genannt, so wäre nicht halb soviel über sie geschrieben worden. In Star Trek und der übrigen Science Fiction geht es häufig um Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit. In der allgemeinen Dramaturgie von Star Trek spielt dieser Umstand eine sehr wichtige Rolle. Wenn die Enterprise nicht in der Lage wäre, schneller zu fliegen als das Licht, so müßte ihre Besatzung folgendes feststellen: Ein Ausflug zum Zentrum der Galaxis und zurück würde für sie nur wenige Jahre dauern, doch auf der Erde vergingen achtzigtausend Jahre. Hoffnungen auf eine Rückkehr zur Familie müßten vergeblich bleiben! Glücklicherweise bietet Einsteins Relativitätstheorie eine Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen: Vielleicht läßt sich die Raumzeit verzerren, um gewissermaßen eine Abkürzung zwischen zwei Orten zu schaffen. Zwar gibt es Schwierigkeiten mit negativer Energie, doch irgendwann in der Zukunft könnten wir fähig sein, derartige künstliche Krümmungen der Raumzeit herbeizuführen. In dieser Hinsicht findet nur wenig ernsthafte Forschung statt, vermutlich deshalb, weil es zu sehr nach Science Fiction klingt. Eine Konsequenz von interstellaren Reisen mit hoher Geschwindigkeit bestünde darin, daß man in der Zeit zurückkehren könnte. Man stelle sich die Empörung über eine vermeintliche Vergeudung von Steuergeldern vor, wenn bekannt würde, daß die National Science Foundation
Forschungen in bezug auf Zeitreisen finanziert. Aus diesem Grund tarnen damit beschäftigte Wissenschaftler ihre tatsächlichen Interessen, indem sie von geschlossenen zeitartigen Kurven< und dergleichen sprechen. Gemeint sind Reisen durch die Zeit. Wie dem auch sei: Die Science Fiction von heute wird oft zu den wissenschaftlichen Fakten von morgen. Die Physik, auf der Star Trek basiert, ist sicher eine Untersuchung wert. Unsere Aufmerksamkeit auf irdische Dinge zu beschränken - das würde bedeuten, dem menschlichen Geist Fesseln anzulegen.
Einleitung Warum die Physik von Star Trek? Schließlich ist Gene Roddenberrys Schöpfung Science Fiction und erhebt keinen Anspruch auf wissenschaftliche Exaktheit. Viele technische Wunder in der Serie basieren auf Einfällen, die nicht klar definiert sind oder sich kaum mit unserem aktuellen Wissen vom Universum vereinbaren lassen. Ich wollte kein Buch schreiben, das nur angibt, wo den Autoren von Star Trek Fehler unterlaufen sind. Andererseits ging mir die Idee zu diesem Buch nicht aus dem Kopf. Ich muß zugeben, daß der größte Reiz vom Transporter (Materietransmitter) ausging. Die Erfindung einer derartigen fiktiven Technik bringt enorme Herausforderungen mit sich. Viele wichtige Fachgebiete sind daran beteiligt: von Computern und den Datenautobahnen bis hin zu Teilchenphysik, Quantenmechanik, Atomenergie, Teleskopbau, biologischer Komplexität und sogar zur Frage, ob die menschliche Seele existiert! Man bringe diese Dinge mit verzerrtem Raum und Zeitreise in Verbindung - dann entsteht eine unwiderstehliche Mischung. Bald stellte ich mich folgender Erkenntnis: Jenes Etwas, das mich so sehr faszinierte, bringt auch heute noch Fans zu Star Trek, fast dreißig Jahre nach Captain Kirks ersten TV-Abenteuern. Der allmächtige Star Trek-Schelm Q drückte es folgendermaßen aus: Es geht darum, »die unbekannten Möglichkeiten der Existenz zu kartographieren«. Und Q würde mir sicher zustimmen, wenn ich sage: Es macht Spaß, sie sich vorzustellen. Stephen Hawking weist in seinem Vorwort zu diesem Buch darauf hin, daß Star Trek hilft, die menschliche Vorstellungskraft zu erweitern. Tatsächlich ist es ein wichtiger Bestandteil des Phänomens Star Trek, die unendlichen Möglichkeiten der Zukunft zu erforschen - darunter auch eine Welt, in der die Menschen ihre kurzsichtigen internationalen und kulturellen Spannungen überwinden, um sich friedlich den Geheimnissen des Universums zu widmen. Genau auf diesen Aspekt konzentriere ich mich hier, da ich ihn auch bei der modernen Physik für wesentlich halte. Als ich neulich über den Campus ging, habe ich die Gelegenheit zu einer kleinen Umfrage genutzt. Das Ergebnis sieht so aus: Die Anzahl der Amerikaner, die nichts mit dem Satz »Beamen Sie mich an Bord, Scotty« anfangen können, ist ungefähr genauso groß wie die Mitgliederzahl der kleinen Gruppe, die noch nie etwas von Ketchup gehört hat. Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Das Smithsonian-Institut veranstaltete im Air and Space Museum eine Ausstellung, die dem Raumschiff Enterprise galt - nie zuvor kamen so viele Besucher. Ganz offensichtlich dient Star Trek bei vielen Leuten als Vehikel für ihre Neugier aufs Universum. Welchen besseren Kontext gibt es für einige besonders erstaunliche Ideen, die heute zum Neuland der Physik gehören und morgen das Fundament für ganz neue Erkenntnisse bilden könnten? Ich hoffe, Ihnen macht die Entdeckungsreise ebensoviel Spaß wie mir. Glück und langes Leben.
SEKTION EINS
Ein kosmisches Pokerspiel
Die Physik von Trägheitsabsorbern und Traktorstrahlen ebnet den Weg für Zeitreise, Warpgeschwindigkeit, Deflektorschilde, Wurmlöcher und andere Phänomene der Raumzeit.
EINS
Newton setzt »Ganz gleich, wohin du auch gehst - du bist schon da.« Eine Tafel an Bord der Excelsior, in STAR TREK VI: Das unentdeckte Land; vermutlich aus The Adventures of Buckaroo Banzai Sie sitzen an den Navigationskontrollen der Defiant (NCC-1764), die sich derzeit im Orbit des Planeten Ikonia befindet, unweit der Neutralen Zone. Ihre Aufgabe: Sie sollen auf der gegenüberliegenden Seite des Sonnensystems ein Rendezvousmanöver mit einem Versorgungsschiff durchführen, das Ersatzteile für die primären Energiespulen des Transporters bringt. Ein Warptransfer ist nicht notwendig. Das Impulstriebwerk genügt völlig, um gemütlich mit halber Lichtgeschwindigkeit zu fliegen und das Ziel in einigen Stunden zu erreichen. Dadurch haben Sie Zeit genug, das Logbuch auf den neuesten Stand zu bringen. Doch als die Defiant aus der Umlaufbahn schwenkt, fühlen Sie plötzlich einen starken Druck in der Brust. Ihre Hände sind schwer wie Blei, und Sie scheinen an Ihrem Sitz festzukleben. Das Gesicht ist zu einer Grimasse verzerrt, und die Augen scheinen platzen zu wollen. Das durch Ihre Adern fließende Blut erreicht nicht mehr den Kopf. Sie verlieren das Bewußtsein - und kurze Zeit später sind Sie tot. Was ist passiert? Sie sind keineswegs in eine >Interphasen-Zone< geraten, die das ganze Schiff verschlingt. Es handelt sich auch nicht um den Angriff eines getarnten romulanischen Kreuzers. Nein, Sie sind einer ganz anderen Kraft zum Opfer gefallen. Die einfallsreichen Star Trek-Autoren, von denen Sie abhängen, haben noch keine Trägheitsabsorber erfunden - das holen sie zu einem späteren Zeitpunkt nach. Eine ganz banale Angelegenheit verursachte Ihren Tod: Isaac Newtons Bewegungsgesetz, von dem Sie bestimmt während des Physikunterrichts in der Schule gehört haben. Einige Trekkies sagen jetzt vermutlich: »Wie langweilig! Kommen Sie uns doch nicht mit Newton. Berichten Sie von interessanteren Dingen. Geben Sie uns Antwort auf die Fragen: >Wie funktioniert ein Warptriebwerk?< Und: >Was hat es mit dem Lichtblitz unmittelbar vor dem Warptransfer auf sich - verhält es sich damit ähnlich wie mit dem Durchbrechen der Schallmauer ?< Und: >Wie ist eigentlich ein Dilithiumkristall beschaffen?« Nun, diese Themen werden nicht ausgeklammert und später erörtert. Die Fortbewegung im Star Trek-Universum berührt einige der exotischsten Konzepte der heutigen Physik. Und viele verschiedene Aspekte
kommen zusammen, bevor wir uns die fundamentale Frage in bezug auf Star Trek stellen können: »Ist dies alles wirklich möglich? Und wie?« Um dorthin zu gehen, wo noch nie ein Mensch gewesen ist - oder auch nur das Starfleet-Hauptquartier zu verlassen - , müssen wir uns mit den gleichen Besonderheiten auseinandersetzen wie Galileo und Newton vor dreihundert Jahren. Grundlegendes Motiv ist jene wahrhaft kosmische Frage, die sich im Zentrum von Gene Roddenberrys Star Trek-Vision befand: »Welche Vorstellungen sind in Hinsicht auf die zukünftigen Entwicklungen unserer Zivilisation möglich, wenn man die Maßstäbe der modernen Wissenschaft anlegt?« Ich meine, eine solche Frage verdient es, daß wir uns gründlicher damit beschäftigen. Wer schon einmal in einem Flugzeug oder mit einem schnellen Wagen unterwegs gewesen ist, kennt das Gefühl, bei der Beschleunigung in den Sitz gepreßt zu werden. An Bord eines Raumschiffs kommt diesem Phänomen besondere Bedeutung zu. Die nuklearen Reaktionen im Impulstriebwerk erzeugen einen enormen Druck, der Gas und Strahlung mit hoher Geschwindigkeit nach >hinten< ausstößt. Der dadurch hervorgerufene Rückstoß drückte das Triebwerk in die entgegengesetzte Richtung, also nach >vornGe-KräfteBrei< verwandeln. Die Autoren von Star Trek mußten sich etwas einfallen lassen, und sie erfanden den >TrägheitsabsorberNaniten< bekannte MikrochipLebensform immer größere Speicherbereiche des Computerkerns für sich beanspruchte, funktionierten plötzlich die Trägheitsabsorber nicht mehr, was fast zur Vernichtung der Enterprise führte. Immer dann, wenn die Enterprise ernsthaft in Schwierigkeiten gerät, fallen früher oder später die Trägheitsabsorber aus. Ähnliches
technisches Versagen an Bord eines romulanischen Schiffes zeigte uns in aller Deutlichkeit, daß Romulaner grünes Blut haben. Mit einem großen Teil der Technik von Star Trek verhält es sich so wie mit den Trägheitsabsorbern: Es läßt sich leicht beschreiben, welche Probleme sie lösen, doch das Wie bleibt rätselhaft. Das oberste Gesetz der Star Trek-Physik scheint zu lauten: Je grundlegender das Problem ist, desto herausfordernder müssen die erforderlichen Lösungen sein. Wir haben den heutigen Entwicklungsstand erreicht und können über Star Trek diskutieren, weil die Physik ein Fachgebiet ist, das sich auf der Grundlage des bereits Vorhandenen weiterentwickelt. Wenn in Star Trek ein Problem gelöst wird, so geht es dabei nicht nur um das Unmittelbare, also eine Reparatur oder dergleichen. Gleichzeitig müssen auch die damit in Zusammenhang stehenden neuen physikalischen Faktoren berücksichtigt werden. Die Physik entwickelt sich nicht in revolutionären Sprüngen, die das Bestehende wegwischen, sondern in einer stetigen Evolution, die auf gesammeltem Wissen aufbaut. Newtons Gesetze werden in Millionen von Jahren noch ebenso gelten wie heute, ganz gleich, welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse die Zukunft bringt. Wenn wir auf der Erde einen Ball hochheben und ihn loslassen, so wird er immer fallen. Wenn ich auch weiterhin am Schreibtisch sitze und bis in alle Ewigkeit schreibe, so ändert sich an den negativen Konsequenzen für mein Gesäß nichts. Nun, es wäre unfair, nicht noch etwas näher auf die Trägheitsabsorber einzugehen und zu erklären, wie sie funktionieren müßten. Meine bisherigen Ausführungen weisen schon darauf hin: Sie müßten im Innern des Raumschiffs eine künstliche Welt schaffen, in der die von Beschleunigungen verursachte Reaktionskraft eliminiert wird. Anders ausgedrückt: Die Objekte im Schiff werden gewissermaßen >überlistetGefahr aus dem neunzehnten Jahrhundert statt.) Der von H. G. Wells verfaßte Roman Die Zeitmaschine stellt in diesem Zusammenhang den Übergang zur Science Fiction dar. Wells studierte am Imperial College of Science and Technology in London. In seinen Ausführungen verwendete er häufig die Sprache der Wissenschaft, ebenso wie die Crew der Enterprise. In den interessantesten Episoden der Star Trek-Fernsehserien geht es um Zeitreisen. In den ersten beiden Serien habe ich nicht weniger als zweiundzwanzig Folgen mit diesem Thema gezählt. Drei Star Trek-Filme sowie mehrere Episoden von Voyager und Deep Space Nine befassen sich ebenfalls damit. Einer der faszinierendsten Aspekte der Zeitreise besteht darin, daß sie ein enormes Potential für die Verletzung der Ersten Direktive bietet. Den Angehörigen von Starfleet ist es verboten, die normalen historischen Entwicklungen fremder Kulturen zu beeinflussen. Doch wenn man in die Vergangenheit reist, kann man nicht nur die Gegenwart auslöschen, sondern auch das, was wir als >Geschichte< kennen! In der Science Fiction und auch in der Physik gibt es ein berühmtes Paradoxon: Was passiert, wenn man in der Zeit zurückkehrt und die Mutter vor dem Zeitpunkt der eigenen Geburt tötet? Dann hört man auf zu existieren. Aber wenn man nicht existiert, kann man auch nicht in die Vergangenheit reisen, um dort die Mutter umzubringen. Und wenn man nicht in die Vergangenheit reist, um die Mutter zu töten, so hört man auch nicht auf zu existieren. Anders ausgedrückt: Wenn man existiert, so kann man nicht existieren; und wenn man nicht existiert, so muß man existieren. Wenn man über Zeitreisen nachdenkt, so ergeben sich noch andere, zwar weniger offensichtliche, aber ebenso dramatische und verwirrende Fragen. Die Probleme in >Gefahr aus dem neunzehnten Jahrhundert< werden gelöst, indem Picard einen binären Code im abgetrennten Kopf Datas hinterläßt - er weiß, daß man ihn fast fünfhundert Jahre später entdecken und verstehen wird. Wir sehen, wie der Captain den Code eingibt, und die nächste Szene zeigt uns LaForge, der im vierundzwanzigsten Jahrhundert den Schädel des Androiden wieder mit dem Rest des Körpers verbindet. Für den Zuschauer scheint das eine auf das andere zu folgen, doch dieser Eindruck täuscht: Nach der Eingabe des Codes bleibt Datas Kopf fast ein halbes Jahrtausend lang liegen. Nun, wenn ich den Kopf im vierundzwanzigsten Jahrhundert untersuchen würde, und zwar vor Picards Reise in die Vergangenheit könnte ich dann eine fünfhundert Jahre alte binäre Nachricht entdecken? Wenn JeanLuc noch nicht im Zeitstrom zurückgekehrt ist, so dürfte es eigentlich kaum möglich sein, daß sich irgendwelche Konsequenzen für Data ergeben haben. Andererseits: Jene Ereignisse, die Datas Programmierung veränderten, fanden im neunzehnten Jahrhundert statt - dabei spielt es keine Rolle, wann Picard zu seiner Zeitreise aufbrach. Die Veränderungen haben in jedem Fall stattgefunden, auch wenn Picard seine Gegenwart noch gar nicht verlassen hat! Woraus folgt: Eine Ursache im neunzehnten Jahrhundert (Picard gibt den binären Code ein) kann zu einer Wirkung im vierundzwanzigsten Jahrhundert führen (Datas veränderte Programmierung), bevor die Ursache im vierundzwanzigsten Jahrhundert (Picard verläßt das Schiff und
reist in die Vergangenheit) eine Wirkung im neunzehnten Jahrhundert hervorruft (Picards Ankunft in der Höhle mit Datas Kopf), wodurch die ursprüngliche Ursache (Picard gibt den Code ein) entstand. Diese logische Kette mag kompliziert erscheinen, aber sie ist harmlos im Vergleich mit einem Paradoxon, das uns die letzte Folge von Star Trek: The Next Generation präsentiert. Dort bringt Picard eine Ereigniskette in Gang, die in der Zeit zurückkehrt und nicht nur seine Vorfahren eliminiert, sondern das ganze Leben auf der Erde. Es geht um eine >temporale Subraum-Anomalie< mit >Anti-Zeittemporalen Kausalitätsschleife< vor (nach der Kollision mit der Bozeman geriet die Enterprise in eine solche Schleife). In der modernen wissenschaftlichen Ausdrucksweise wird so etwas als >geschlossene zeitartige Kurve< bezeichnet. Es läuft alles auf folgendes hinaus: Man kann durch die Zeit reisen, um anschließend zum Ausgangspunkt in Raum und Zeit zurückzukehren. Das Universum in Gödels Modell ist anders beschaffen als das unsrige: Es dehnt sich nicht aus, sondern rotiert gleichförmig. In einem solchen Kosmos braucht man nur in einem großen Kreis zu fliegen, um in die Vergangenheit zu reisen. Nun, ein solches hypothetisches Universum unterscheidet sich kraß von dem uns vertrauten, doch das Modell weist auf einen wichtigen Punkt hin: Die Allgemeine Relativitätstheorie läßt Zeitreisen zu. In unserem Universum herrscht ein Grundsatz, den ich meinen Studenten gegenüber oft mit diesen Worten beschreibe: Was nicht ausdrücklich verboten ist, kommt garantiert vor. In der Fernsehfolge >Parallelen< bezog sich Data auf die Gesetze der Quantenmechanik, als er sagte: »Was geschehen kann, wird auch geschehen.« Meiner Ansicht nach sollte man Star Trek mit dieser Einstellung begegnen. Wir dürfen keine Trennungslinien ziehen zwischen dem Praktischen und Unpraktischen; wir müssen allein zwischen dem unterscheiden, was möglich ist und was nicht.
Einstein wurde ebenfalls auf diese Sache aufmerksam und schrieb darüber. Er meinte, Kurt Gödels Modell werfe ein Problem auf, das ihn schon bei der Entwicklung der Allgemeinen Relativitätstheorie gestört habe, ohne daß es ihm gelungen sei, die Angelegenheit zu klären. Er fügte hinzu, es sei sicher interessant festzustellen, ob es keine >physikalischen Umstände< gäbe, die Zeitreisen unmöglich machten. Seitdem besteht eine der großen Herausforderungen für Physiker darin, nach den bereits erwähnten >physikalischen Umständen< zu suchen - um das >Loch< in der Allgemeinen Relativitätstheorie zu stopfen, das Reisen durch die Zeit zuzulassen scheint. Wenn wir uns näher mit diesen Dingen befassen möchten, müssen wir über die Grenzen der klassischen Welt der Allgemeinen Relativitätstheorie hinaus vorstoßen und uns in jene dunkle Domäne wagen, wo die Quantenmechanik die Natur von Raum und Zeit beeinflußt. Unterwegs begegnen wir - wie die Enterprise Schwarzen Löchern und auch Wurmlöchern. Doch zunächst kehren wir in die zweite Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts zurück. Die Verbindung von Raum und Zeit kündigte die moderne Ära an und begann im Jahre 1864 mit der Entdeckung der gegenseitigen Abhängigkeit von Elektrizität und Magnetismus. Diese erstaunliche intellektuelle Leistung vollbrachte der brillante britische Physiker James Clerk Maxwell. Er stützte sich dabei auf die gemeinsamen Leistungen so fähiger Physiker wie André-Marie Ampere, Charles-Augustin de Coulomb und Michael Faraday. Maxwell fand heraus, daß die Gesetze von Elektrizität und Magnetismus nicht nur in einer engen Beziehung zueinander stehen, sondern zusammen auf die Existenz von elektromagnetischen Wellen hinweisen. Diese Wellen breiten sich mit einer Geschwindigkeit aus, die sich aufgrund der bekannten Eigenschaften von Elektrizität und Magnetismus berechnen lassen sollte. Die Geschwindigkeit müßte mit der (damals bereits bekannten) des Lichts identisch sein. Seit Newton debattierte man darüber, ob das Licht eine Welle ist - also eine Störung, die sich in einem Trägermedium ausbreitet - oder ein Partikel, das sich ungeachtet eines solchen Mediums fortbewegt. Maxwells Beobachtungen, nach denen elektromagnetische Wellen existieren und so schnell wie das Licht sein mußten, beendeten die Debatte. Jetzt stand fest: Beim Licht handelte es sich um eine elektromagnetische Welle. Eben wurde bereits darauf hingewiesen: Jede Welle ist eine Störung, die sich in einem Trägermedium ausbreitet. Wenn Licht eine elektromagnetische Störung darstellt - welches Medium wird dann von ihr gestört? Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts versuchten viele Wissenschaftler, dieser Frage auf den Grund zu gehen und eine Antwort zu finden. Das betreffende Medium hatte bereits einen Namen, und zwar seit Aristoteles. Man nannte es >ÄtherMeter< beziehungsweise >Sekunden< unterscheiden! Wie sich herausstellt, geschieht in der Speziellen Relativitätstheorie das >Schlimmste beider Weltenvorher< und >danach< nur relative Bedeutung. 2. Alle Uhren an Bord von Raumschiffen, die sich relativ zu mir bewegen, gehen langsamer als meine eigene Uhr. Für Objekte in Bewegung vergeht die gemessene Zeit langsamer. 3. Alle Maßstäbe, die sich relativ zu mir bewegen, erscheinen kürzer, als es ohne eine Geschwindigkeitsdifferenz der Fall wäre. Objekte, darunter auch Raumschiffe, werden in der Bewegungsrichtung kürzer gemessen, wenn sie sich bewegen. 4. Alle Objekte gewinnen durch Bewegung an Masse. Wenn sie sich der Lichtgeschwindigkeit nähern, wird ihre Masse unendlich. Nur Objekte ohne Masse, wie zum Beispiel das Licht, können die Lichtgeschwindigkeit erreichen. Es würde hier zuviel Platz beanspruchen, auf alle Paradoxa einzugehen, die Einstein mit seiner Relativität der Welt bescherte. Ich möchte nur auf eins hinweisen: Die oben genannten Phänomene entsprechen der Wahrheit - sie haben sich experimentell bestätigt. Atomuhren sind an Bord von sehr schnellen Flugzeugen unterwegs gewesen. Nach ihrer Rückkehr auf die Erde stellte man fest, daß sie im Vergleich zu anderen Uhren nachgingen. In Forschungslaboratorien für Hochenergiephysik gehören die Konsequenzen der Speziellen Relativitätstheorie zur täglichen Routine. Wenn man dort instabile Elementarteilchen auf annähernd Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, bleiben sie erheblich länger von Bestand. Die Ruhemasse von Elektronen ist zweitausendmal geringer als die von Protonen. Doch wenn sie fast die Lichtgeschwindigkeit erreichen, haben sie den gleichen Impuls wie
ihre schwereren Vettern. Wenn ein Elektron mit dem 0,9999999999999999999999999999999999999999999999999999999999999fachen der Lichtgeschwindigkeit fliegt, so würde es einen mit der gleichen Wucht treffen wie ein mit normaler Geschwindigkeit fahrender Lastwagen. Es fällt uns deshalb so schwer, die Relativität von Raum und Zeit zu verstehen, weil wir es in unserem täglichen Leben nur mit Geschwindigkeiten zu tun haben, die weit unter der des Lichts liegen. Die oben genannten Effekte machen sich vor allem bei >relativistischen< Geschwindigkeiten bemerkbar. Selbst bei halber Lichtgeschwindigkeit gingen Uhren nur um 15 Prozent langsamer (und ein Maßstab würde um den gleichen Wert schrumpfen). Die Raumfähren der NASA fliegen mit fünf Meilen pro Sekunde - ihre Uhren gehen nur ein Millionstel Prozent langsamer als die auf der Erde. Ein so schnelles Raumschiff wie die Enterprise bekäme es praktisch ständig mit der Relativität zu tun. Wie soll man die Föderation verwalten, wenn sich viele Uhren in ihrem Einflußbereich mit Geschwindigkeiten bewegen, die nur knapp unter der des Lichts liegen? Nun, vermutlich hat Starfleet aus diesem Grund bestimmt, daß normale Impulsgeschwindigkeiten für Raumschiffe auf 0,25 c beschränkt bleiben ein Viertel der Lichtgeschwindigkeit bzw. 75 000 km/sec. An Bord von Raumschiffen, die mit einer solchen Geschwindigkeit fliegen, vergeht die Zeit um etwa drei Prozent langsamer. Im Verlauf eines Monats summiert sich die Differenz auf etwa einen Tag. Wenn die Enterprise im Anschluß an eine solche Reise in unser Sonnensystem zurückkehrt, so wäre es an Bord des Schiffes Freitag und auf der Erde Samstag. Vermutlich wären die Unannehmlichkeiten nicht größer als beim Überqueren der internationalen Datumsgrenze: Dabei gewinnt man einen Tag in der einen Richtung und verliert ihn wieder in der anderen. Doch bei der Enterprise wären die Besatzungsmitglieder tatsächlich einen Tag jünger. Jetzt wird deutlich, warum das Warptriebwerk so wichtig für die Enterprise ist. Es dient nicht nur dazu, die letzte Geschwindigkeitsbeschränkung zu überwinden - die Lichtgeschwindigkeit - und weite Reisen durch die Galaxis zu ermöglichen, es beugt auch der Zeitdilatation vor, die um so stärker wird, je mehr man sich der Geschwindigkeit des Lichts nähert. Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig diese Dinge sind. Der Umstand, daß die Zeit immer langsamer vergeht, je schneller man fliegt, hat die Phantasie von SFAutoren beflügelt und all jenen Hoffnung gegeben, die von Reisen zu den Sternen träumen. Sie glauben, daß es doch möglich sein könnte, die gewaltigen Entfernungen zwischen den Sternen zurückzulegen, und zwar innerhalb der Lebenszeit eines Menschen - womit die Menschen an Bord des Raumschiffs gemeint sind. Mit FastLichtgeschwindigkeit würde ein Flug zum Zentrum der Galaxis etwa fünfundzwanzigtausend Jahre irdischer Zeit dauern, doch für die Besatzung des Raumschiffes vergingen nur rund zehn Jahre - viel Zeit, aber nicht zuviel. Individuelle Forschungsreisen könnten dadurch möglich werden, doch unter solchen Bedingungen wäre es wohl kaum denkbar, eine Art interstellare Föderation zu gründen. Wenn für Schiffe wie die Enterprise zehn Jahre vergehen, während auf der Erde und anderen Welten fünfundzwanzig Jahrtausende verstreichen, so hätte die
Einrichtung einer Einsatzzentrale wie Starfleet Command überhaupt keinen Sinn. Wie soll man eine Sternenflotte verwalten, die nicht nur durch den Raum, sondern auch über die Zeit verstreut ist? Für eine funktionsfähige Föderation sind zwei Dinge erforderlich. Erstens: Die einzelnen Raumschiffe müssen unter allen Umständen vermeiden, bis auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, damit keine >Synchronisierungsprobleme< entstehen. Zweitens: Um durch die Galaxis zu reisen, ohne dabei in die Zukunft zu geraten, muß es möglich sein, schneller als das Licht zu fliegen. Das Problem ist: Im Rahmen allein der Speziellen Relativitätstheorie bildet die Geschwindigkeit des Lichts das absolute Maximum. Es ergeben sich lauter physikalische Unmöglichkeiten, wenn höhere Geschwindigkeiten in Erwägung gezogen werden. Eine der Schwierigkeiten besteht darin, daß Objekte immer mehr Masse erhalten, je näher sie an die Lichtgeschwindigkeit herankommen; dadurch ist mehr und mehr Energie erforderlich, um sie ein wenig zu beschleunigen. In der griechischen Mythologie ist Sisyphus dazu verurteilt, bis in alle Ewigkeit einen Felsblock einen steilen Berg hinaufzuwälzen; bevor er den Gipfel erreicht, rollt der Stein wieder ins Tal. Ähnlich sieht es hier aus: Die Energie des ganzen Universums würde nicht genügen, um auch nur ein Staubkorn - geschweige denn ein Raumschiff - so sehr zu beschleunigen, daß es schneller wird als das Licht. Andererseits: Masselose Strahlung muß so schnell sein wie das Licht. Was bedeutet, daß viele Energiewesen im Star Trek-Universum wohl kaum in der dargestellten Art existieren könnten. Zunächst einmal: Es wäre ihnen unmöglich, an einem Ort zu verharren. Man kann das Licht nicht verlangsamen oder gar irgendwo anhalten. Und: Intelligente Energiewesen - wie die >photonischen< Geschöpfe in Voyager, die energetischen Wesenheiten der Raumwolke im Sonnensystem Beta Renna (in The Next Generation), die Zetarianer (in der Classic-Serie) und Dal'Rok (in Deep Space Nine) - müßten ständig mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs sein und hätten Uhren, die unendlich viel langsamer gingen als unsere. Die ganze Geschichte des Universums verginge für sie in einem Augenblick. Wenn solche Energiewesen überhaupt zu Wahrnehmungen fähig wären, so würden sie erleben, daß alles gleichzeitig passiert! Bevor sie auf die Präsenz von körperlichen Geschöpfen reagieren könnten, wären diese längst gestorben. Da wir gerade bei der Zeit sind... Wir sollten hier auf das sogenannte PicardManöver eingehen. Jean-Luc wurde berühmt für diese Taktik, die er zum erstenmal als Captain der Stargazer einsetzte. Zwar wird dabei ein Warptransfer durchgeführt und im Kontext der Speziellen Relativitätstheorie ist keine Überlichtgeschwindigkeit möglich -, aber es paßt trotzdem gut in den Rahmen der aktuellen Diskussion. Das Picard-Manöver verwirrt einen angreifenden Feind, indem durch einen kurzen Warptransit der Eindruck erweckt wird, das eigene Schiff befände sich an zwei Stellen gleichzeitig. Warum? Nun, indem das Schiff für kurze Zeit schneller als das Licht fliegt, überholt es die Lichtstrahlen, die es vor dem Transfer aussandte. Ein genialer Trick, der auch logisch zu sein scheint (wenn man davon ausgeht, daß Warpgeschwindigkeiten möglich sind). Doch wenn man genauer darüber nachdenkt, so bemerkt man viele Schwachstellen. Unter anderem ergibt sich dabei eine Frage,
die manche Star Trek-Fans schon seit Jahren beschäftigt: Wie können die Brückenoffiziere der Enterprise Objekte >sehenDinge< ausgestoßen werden, desto größer der Schub. Allerdings sind auch der Geschwindigkeit des Ausstoßens Grenzen gesetzt, und zwar die des Lichts. Und dieses Maximum zu erreichen, ist alles andere als einfach: Wenn der Treibstoff mit Lichtgeschwindigkeit ausströmen soll, müßte er aus Materie und Antimaterie bestehen: Diese beiden Substanzen können sich gegenseitig völlig in Strahlung verwandeln (worauf ich später in diesem Buch eingehe), und Strahlung breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Nun, der Warpantrieb des Raumschiffs Enterprise verwendet eine derartige Energie, nicht aber das Impulstriebwerk - darin findet >ganz gewöhnliche< Kernfusion statt. Die gleiche nukleare Reaktion versorgt die Sonne mit Energie, indem sie Wasserstoff in Helium umwandelt. In Fusionsreaktoren wird etwa ein Prozent der verwendeten Masse zu Energie - die dann genügt, um Heliumatome mit etwa einem Achtel der Lichtgeschwindigkeit ausströmen zu lassen. Wenn das Impulstriebwerk der Enterprise diese Art von Treibstoff verwendet, so läßt sich berechnen, wieviel sie braucht, um auf halbe Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Die Berechnung ist ganz einfach, aber ich nenne hier nur das Ergebnis: Um halb so schnell zu werden wie das Licht, müßten die Fusionsreaktoren eine Wasserstoffmenge verbrennen, die dem Einundachtzigfachen der gesamten Enterprise-Masse entspräche. Picards Enterprise-D gehört zur Galaxy-Klasse; solche Schiffe wiegen gut 4 Millionen Tonnen. Die benötigte Treibstoffmenge beliefe sich also auf über 300 Millionen Tonnen - soviel Wasserstoff wäre nötig, um das Schiff auch nur auf halbe Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen! Wenn man fürs Impulstriebwerk ein Materie-Antimaterie-Annihilationssystem verwendete, sieht die Sache ein wenig besser aus. Dann braucht man dazu >nur< noch das Doppelte der Enterprise-Masse an Treibstoff.
Es kommt noch schlimmer. Die oben ausgeführte Berechnung gilt nur für eine einzelne Beschleunigungsphase. Wenn das Schiff am Ziel abgebremst werden soll, ist ebensoviel Treibstoff erforderlich: das Slfache der gesamten Enterprise-Masse. Um mit halber Lichtgeschwindigkeit ein bestimmtes Ziel anzufliegen und dort anzuhalten, wären also 81x81 = 6561mal die gesamte Schiffsmasse an Treibstoff notwendig. Außerdem: Nehmen wir an, die Beschleunigung soll innerhalb weniger Stunden erfolgen (wobei wir natürlich davon ausgehen, daß die Trägheitsabsorber Crew und Schiff vor den enormen Beschleunigungskräften schützen). Die Energie des dafür verwendeten Treibstoffs entspräche 10hoch22 Watt - das ist etwa eine Milliarde mal soviel Energie, wie bei allen menschlichen Aktivitäten auf der Erde bisher produziert und verbraucht wurde! Als ich diese Zahlen einem Kollegen zeigte, meinte er, es gäbe vielleicht eine elegante Lösung für das Problem. Vielleicht sind Sie bereits auf den gleichen Gedanken gekommen: Es muß nicht unbedingt nötig sein, den Treibstoff mitzunehmen. Man könnte ihn auch unterwegs sammeln, oder? Immerhin ist Wasserstoff das häufigste Element im Universum. Es sollte doch möglich sein, während der Reisen durch die Galaxis genügend Wasserstoff >einzufangenAha-Erlebnisseabsolute< objektive Realität. Minkowskis plötzliche Erkenntnis kann erklärt werden, indem wir uns eine Welt vorstellen, deren Bewohner sich durch monokulare Sicht auszeichnen und nicht zu einer räumlichen Wahrnehmung fähig sind. Nehmen wir an, ich hebe ein Lineal und bitte Sie, ein Auge zu schließen. Nehmen wir weiterhin an, daß ein zweiter Beobachter ebenfalls ein Auge schließt und das Eineal aus einem anderen Winkel sieht - für ihn hätte es eine andere Länge (L'). Das folgende Bild aus der Vogelperspektive veranschaulicht den Vorgang. Ohne die Fähigkeit, in die >Tiefe< zu sehen, erkennt der Beobachter die >Länge< (L oder L') als zweidimensionale Projektion der tatsächlichen dreidimensionalen Lineallänge auf seine Wahrnehmungsebene. Wir wissen natürlich, daß der Raum drei Dimensionen hat, und deshalb lassen wir uns von dieser Sache nicht täuschen. Uns ist klar: Wenn wir ein Objekt aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, so ändert sich dadurch nicht die tatsächliche Länge, sondern nur die scheinbare. Minkowski wies darauf hin, daß ähnliche Vorstellungen die verschiedenen Paradoxa der Relativität erklären können. Wir müssen dabei daran denken, daß wir nur den dreidimensionalen Ausschnitt einer vierdimensionalen Wirklichkeit sehen, in der Raum und Zeit miteinander verbunden sind. Zwei verschiedene Beobachter in relativer Bewegung sehen unterschiedliche dreidimensionale Ausschnitte der vierdimensionalen Realität. Ihnen ergeht es ebenso wie den beiden oben dargestellten Beobachtern, die unterschiedliche zweidimensionale Ausschnitte des dreidimensionalen Raums sehen. Minkowski erkannte die von zwei Beobachtern in relativer Bewegung gemessene räumliche Entfernung als Projektion einer vierdimensionalen Raumzeit-Distanz auf den wahrnehmbaren dreidimensionalen Raum. Die zeitliche >Distanz< zwischen zwei Ereignissen definierte er als Projektion der vierdimensionalen Raumzeit-Distanz auf die Zeitlinie der Beobachter. Wenn etwas im dreidimensionalen Raum gedreht wird, so können sich dadurch die wahrgenommene Breite und Tiefe verzerren. Ähnliches gilt für relative Bewegung im vierdimensionalen Raum; dadurch kommt es bei verschiedenen Beobachtern zu individuellen Wahrnehmungen von >Raum< und >Zeiträumliche< und >zeitliche< Entfernungen wahrnehmen. Die grotesk erscheinende Konstanz der Lichtgeschwindigkeit für alle Beobachter ermöglichte es, die wahre Natur des vierdimensionalen Universums der Raumzeit zu erkennen, in dem wir leben. Licht verrät die verborgene Verbindung zwischen Raum und Zeit. Besser gesagt: Licht definiert die Verbindung. An dieser Stelle kehrte Einstein zurück, um Star Trek einen Ausweg anzubieten. Als Minkowski zeigte, daß die Raumzeit der speziellen Relativität wie ein vierdimensionales Blatt Papier beschaffen ist, verbrachte Einstein den größten Teil des nächsten Jahrzehnts damit, seine mathematischen Muskeln spielen zu lassen. Bis es ihm schließlich gelang, das Blatt zu biegen - was es uns erlaubt, gewisse Regeln
zu umgehen. Vielleicht ahnen Sie es bereits: Auch hier erwies sich das Licht als Schlüssel.
DREI
Hawking deckt auf »Wie wenig ihr Sterblichen die Zeit versteht. Müssen Sie unbedingt so linear sein, Jean-Luc?« Q zu Picard in »Gestern, heute, morgen« Der Planet Vulkan, Heimat von Spock, hat eine ehrwürdige Vergangenheit in der modernen Physik. Zu Beginn dieses Jahrhunderts gab es ein großes Rätsel in der Astrophysik: Bei Merkurs Umlaufbahn machten sich Unregelmäßigkeiten bemerkbar, die dem von Newton formulierten Gravitationsgesetz widersprachen. Man vermutete, daß jenseits der Merkurbahn ein weiterer (sonnennaher) Planet existierte, dessen störender Schwerkrafteinfluß die Abweichungen erklärte. (Immerhin hatte eine ähnliche Anomalie in der Umlaufbahn des Planeten Uranus zur Entdeckung von Neptun geführt). Man nannte den hypothetischen Himmelskörper Vulkan. Doch die geheimnisvolle Welt Vulkan existiert nicht. Einstein wies darauf hin, daß der flache Raum von Newton und Minkowski zugunsten der gekrümmten Raumzeit allgemeiner Relativität weichen mußte. In diesem gekrümmten Raum sollte Merkurs Umlaufbahn ein wenig von der abweichen, die sich allein auf der Grundlage Newtonscher Berechnungen bestimmen ließ. Dadurch war zwar kein Planet Vulkan mehr erforderlich, um die Diskrepanz zu erklären, doch es ergaben sich weitaus aufregendere Möglichkeiten. Gekrümmter Raum ermöglicht Schwarze Löcher und Wurmlöcher, vielleicht sogar Warpgeschwindigkeit und Zeitreise. Lange bevor man bei Star Trek Warpfelder erfand, ersann Einstein andere Warpphänomene, und wie die Star Trek-Autoren griff er dabei allein auf seine Phantasie zurück. Allerdings entwickelte er keine für das zweiundzwanzigste oder dreiund-zwanzigste Jahrhundert angemessene Raumschifftechnik, sondern einen... Lift. Nun, zweifellos war Einstein ein großartiger Physiker, doch vermutlich hätte es ihm Probleme bereitet, ein Manuskript zu verkaufen. Seine Argumente verlieren auch dann nicht an Bedeutung, wenn man sie zur Enterprise transferiert. Licht ist der Faden, aus dem das Gewebe von Raum und Zeit besteht. Woraus folgt: Die Bahn von Lichtstrahlen weist ebenso deutlich auf die Struktur der Raumzeit hin wie gewobene Fäden auf das Muster eines Teppichs. Für gewöhnlich ist Licht in geraden Linien unterwegs. Doch wenn ein romulanisches Kriegsschiff einen Phaserstrahl auf Picards Yacht Calypso abfeuert, deren Impulstriebwerk gerade aktiv geworden ist - was passiert in einem solchen Fall? Nehmen wir an, Picard weicht dem Phaserstrahl mit einem plötzlichen
Beschleunigungsmanöver aus. Aus seiner Perspektive gesehen stellen sich die Ereignisse so dar:
Für Picard wäre die Bahn des Phaserstrahls gekrümmt. Was würde dem Captain sonst noch auffallen? Wenn er das Beschleunigungsmanöver ohne die Trägheitsabsorber durchführt, wird er in den Sessel gedrückt. Im ersten Kapitel habe ich auf folgendes hingewiesen: Wenn Picard mit der gleichen Kraft nach >vorn< beschleunigt wird, die ihn auf der Erde nach unten zieht, so spürt er dabei auch die gleiche Kraft wie auf der Erde. Einstein betonte, daß Picard (beziehungsweise sein Beispiel eines nach oben gleitenden Lifts) gar nicht imstande wäre, den Unterschied zwischen der Reaktionskraft einerseits (aufgrund von Beschleunigung) und dem gravitationellen Zerren eines schweren Objekts festzustellen. Einstein nahm diese Überlegungen zum Anlaß, kühn dorthin vorzustoßen, wo noch nie ein Physiker vor ihm gewesen war. Er gelangte zu folgendem Schluß: Die von einem beschleunigenden Beobachter erlebten Phänomene sind identisch mit denen, die jemand in einem Gravitationsfeld bemerkt. Für unser Beispiel bedeutet das: Durch sein Beschleunigungsmanöver beobachtet Picard einen Phaserstrahl, der sich nicht mehr in einer geraden Linie bewegt, sondern in einer gekrümmten - also muß der Strahl auch von einem Gravitationsfeld gekrümmt werden. Und: Wenn Lichtstrahlen die Struktur der Raumzeit verdeutlichen, dann krümmt sich die Raumzeit in einem Gravitationsfeld. Hinzu kommt: Materie erzeugt Gravitationsfelder; also krümmt Materie die Raumzeit! Man könnte einwenden, daß Licht Energie hat, die von Einsteins berühmter Gleichung in eine enge Beziehung mit Materie gesetzt wird. Unter solchen Umständen sollte es keine große Überraschung sein, daß sich Lichtstrahlen in einem Gravitationsfeld krümmen; es müßte nicht unbedingt darauf hinweisen, daß die
Raumzeit selbst gekrümmt ist. Immerhin: Auch die Flugbahn von Materie weist Krümmungen auf (werfen Sie mal einen Ball durch die Luft). Wenn Galilei mit Baseball vertraut gewesen wäre, hätte er bei ihm sicher eine gekrümmte Flugbahn nachweisen können. Doch er hätte daraus wohl kaum auf die Existenz eines gekrümmten Raums geschlossen. Man kann berechnen, wie sehr ein Lichtstrahl gekrümmt sein muß, wenn er sich ebenso verhält wie ein Baseball. Anschließend läßt sich der theoretische Wert mit dem gemessenen vergleichen. Ein entsprechendes Experiment führte Sir Arthur Stanley Eddington im Jahr 1919 durch. Während einer Sonnenfinsternis beobachtete er die scheinbaren Positionen von Sternen unweit der Sonne. Eddington fand dabei heraus: Das Licht wurde genau zweimal so stark gekrümmt, wie Galilei vermutet hätte, wenn es sich ebenso verhält wie ein Baseball im >flachen< Raum. Damit noch nicht genug. Der Faktor 2 entspricht genau dem Wert, den Einstein für den Fall vorhergesagt hat, daß die Raumzeit in unmittelbarer Nähe der Sonne gekrümmt ist und Licht (oder der Planet Merkur) in einer geraden Linie durch den gekrümmten Raum fliegt. Der gekrümmte Raum eröffnet ein ganzes Universum an Möglichkeiten (wenn Sie dieses Wortspiel gestatten). Plötzlich verlieren wir - und Star Trek - die Ketten des von Q so sehr verabscheuten linearen Denkens, das in der Speziellen Relativitätstheorie wurzelt. In einem gekrümmten Raum sind viele Dinge möglich, für die ein flacher nicht in Frage kommt. Zum Beispiel kann man in eine Richtung reisen und schließlich an den Ausgangspunkt zurückkehren. Stellen Sie sich eine Kugel vor, zum Beispiel den Planeten Erde: Wenn Sie immer in eine Richtung gehen (bzw. fahren oder fliegen), so gelangen Sie schließlich wieder an Ihren ursprünglichen Aufenthaltsort. Die zentrale Prämisse von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie läßt sich leicht mit wenigen Worten zusammenfassen: Die Krümmung der Raumzeit wird direkt von der Verteilung der darin enthaltenen Materie und Energie bestimmt. Einsteins Gleichungen stellen den mathematischen Zusammenhang zwischen Krümmung einerseits sowie Materie und Energie andererseits her: linke Seite {KRÜMMUNG}
rechte Seite = {MATERIE UND ENERGIE}
Diese Gleichung ist nur auf den ersten Blick schlicht und einfach. Sie hat verborgene Tücken, hauptsächlich aufgrund einer Rückkopplung: Die Krümmung der Raumzeit wird durch die Verteilung von Materie und Energie im Universum bestimmt; doch die Verteilungsmuster in Hinsicht auf Energie und Materie hängen von der Krümmung des Raums ab. Es ist wie mit Huhn und Ei - was war zuerst da? Materie bewirkt die Krümmung des Raums, die wiederum direkten Einfluß nimmt auf die Entwicklung von Materie, wodurch sich die Krümmung des Raums ändert... Und so weiter.
Soweit es Star Trek betrifft, ist dies vielleicht der wichtigste Einzelaspekt der Allgemeinen Relativitätstheorie. Sie ist so komplex, daß wir noch immer nicht alle ihre Konsequenzen verstehen - deshalb lassen sich verschiedene exotische Möglichkeiten nicht von vorneherein ausschließen. Möglichkeiten, die Wasser auf Star Treks Mühlen sind. Später werden wir sehen, daß sie von einem großen unbekannten Faktor abhängen, der alles durchdringt, von Wurmlöchern bis hin zu Zeitmaschinen. Wenn die Raumzeit nicht flach ist, so ergeben sich daraus wichtige Folgen für die Abenteuer der Enterprise - und die Zeit wird zu einer noch dynamischeren Größe als in der Speziellen Relativitätstheorie. Sie kann für verschiedene Beobachter selbst dann unterschiedlich schnell vergehen, wenn diese nicht in relativer Bewegung sind. Stellen wir uns die Zeit in Form eines Lineals aus Gummi vor, wobei die Abstände zwischen den Zentimeter- und Millimeterlinien mit Zeitintervallen identisch sind. Wenn wir das Lineal biegen oder in die Länge ziehen, verändern sich die Abstände und damit auch die Länge der Zeitintervalle. An verschiedenen Stellen des Lineals sind die Abstände zwischen den Markierungslinien - in unserem Beispiel die verstrichene Zeit - unterschiedlich groß. Nun, die allgemeine Relativitätstheorie teilt uns mit: Das Lineal kann nur dann >gekrümmt< werden, wenn sich ein Gravitationsfeld in der Nähe befindet. Und ein Gravitationsfeld erfordert die Präsenz von Materie. Um es in pragmatischeren Begriffen auszudrücken: Wenn ich einen schweren Eisenball neben eine Uhr lege, so sollte sie die Zeit anders messen. Oder: Wenn sich mein Wecker des Nachts direkt neben der Ruhemasse meines Körpers befindet, so werde ich am nächsten Morgen in bezug auf den Rest der Welt etwas später geweckt. 1960 wurde in den Physiklaboratorien der Harvard University ein berühmtes Experiment durchgeführt, das zum erstenmal bewies: Die Zeit kann an verschiedenen Orten unterschiedlich schnell vergehen. Robert Pound und George Rebka. zeigten, daß die Frequenz der im Keller gemessenen Gammastrahlung von der Strahlungsfrequenz abwich, die zweiundzwanzigeinhalb Meter höher auf dem Dach des Gebäudes gemessen wurde (mit sorgfältig kalibrierten Detektoren, um alle Meßfehler auszuschließen). Der Unterschied war äußerst gering: etwa ein Teil in einer Million Milliarden. Wenn jede Periode einer Gammastrahlwelle mit dem Ticken einer Atomuhr vergleichbar ist, so muß aus diesem Experiment geschlossen werden: Eine Uhr im Keller des Gebäudes geht etwas langsamer als eine andere, ebenso beschaffene Atomuhr auf dem Dach. Unten dehnt sich die Zeit, weil das Kellergeschoß der Erde näher ist als das Dach. Dort hat das Gravitationsfeld eine etwas größere Intensität, was auch die Krümmung der Raumzeit verstärkt. Die zweite Konsequenz des gekrümmten Raums dürfte vielleicht noch aufregender sein, zumindest in Hinblick auf die Raumfahrt. Wenn wirklich ein gekrümmter Raum existiert, so braucht die kürzeste Verbindung zwischen zwei Orten nicht unbedingt aus einer geraden Linie zu bestehen. Um dieses Phänomen zu veranschaulichen, stellen wir uns am besten einen auf Papier gezeichneten Kreis vor. Wenn sich A und B auf gegenüberliegenden Seiten befinden, so ist die kürzeste Verbindung zwischen ihnen eine Linie, die durchs Zentrum des Kreises führt:
Wenn man dagegen der Kreislinie folgt, um von A nach B zu gelangen, so wäre die Reise etwa anderthalbmal so lang. Jetzt zeichnen wir den Kreis auf eine Gummifläche und verzerren den zentralen Bereich, indem wir ihn trichterförmig nach unten ziehen:
Aus unserer dreidimensionalen Perspektive gesehen wird sofort klar: Die Reise durchs Zentrum des Kreises wäre viel länger als eine Tour entlang der äußeren Kreislinie. Wenn man dieses Gebilde von oben sieht, erscheint die Linie durch das Zentrum von A nach B gerade. Noch wichtiger ist dieser Hinweis: Wenn ein winziger Käfer (oder eins der zweidimensionalen Wesen, denen die Enterprise begegnete) von A nach B kriecht und dabei dem Verlauf der Linie durch die Kreismitte folgt, so erscheint sie ihm gerade. Es würde ihn sehr verwirren festzustellen, daß sie nicht die kürzeste Entfernung zwischen den beiden Punkten ist. Wenn der Käfer intelligent ist, müßte er schließlich erkennen: Der zweidimensionale Raum, in dem er lebt, weist eine Krümmung auf. Wir können den gekrümmten Teil
nur deshalb sehen, weil er in den für uns vertrauten dreidimensionalen Raum eingebettet ist. An dieser Stelle fuhren wir uns vor Augen: Wir leben in einer vierdimensionalen Raumzeit, die gekrümmt sein kann; und wir können die Krümmung ebensowenig direkt beobachten wie der eben erwähnte Käfer die seiner zweidimensionalen Welt. Vielleicht wissen Sie, worauf ich hinauswill. Wenn in einem gekrümmten Raum die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten nicht unbedingt aus einer geraden Linie bestehen muß... Dann gibt es vielleicht Abkürzungen zu Orten, die den Anschein erwecken, unerreichbar weit entfernt zu sein. Die eben beschriebenen Eigenschaften sind der Stoff, aus dem die Star TrekTräume bestehen. Die Frage lautet natürlich: Wie viele jener Träume könnten eines Tages Wirklichkeit werden?
WURMLÖCHER: FAKTEN UND PHANTASIE Das bajoranische Wurmloch in der Nähe von Deep Space Nine ist zweifellos das berühmteste in Star Trek, obgleich es viele andere gegeben hat: das gefährliche Wurmloch, das Scotty schaffen konnte, indem er die Materie-Antimaterie-Mischung im Warpkern der Enterprise aus dem Gleichgewicht brachte; das instabile barzanische Wurmloch, durch das in >Der Barzanhandel< ein Schiff der Ferengi verlorenging; das temporäre Wurmloch, dem die Voyager bei ihrem Bemühen begegnete, in den heimatlichen Bereich der Milchstraße zurückzukehren. Die hinter den Wurmlöchern steckende Theorie entspricht den oben geschilderten Überlegungen. Bei einer gekrümmten Raumzeit gibt es verschiedene Möglichkeiten, zwei Orte miteinander zu verbinden, so daß die Entfernung zwischen ihnen wesentlich kürzer ist als die Länge einer >geraden LinieRaum< - die Gummifläche - in der Nähe von A und B flach erscheint. Der >Tunnel< zwischen A und B wird aufgrund der globalen Krümmung über weite Distanzen hinweg möglich. Ein intelligenter, bei A umherkriechender Käfer hätte keine Ahnung davon, daß B so >nahe< ist, nicht einmal dann, wenn er bei A lokale Experimente durchführt und damit nach einer Krümmung des Raums Ausschau hält. Sie wissen es bereits: Die oben dargestellte Verbindung zwischen A und B ist das zweidimensionale Gegenstück eines dreidimensionalen Wurmlochs, das - im Prinzip - weit voneinander entfernte Bereiche der Raumzeit miteinander verbinden könnte. So aufregend eine solche Möglichkeit auch erscheinen mag: Die Bilder haben einige irreführende Aspekte, auf die ich hier deutlich hinweisen möchte. Zunächst einmal: Die Gummifläche wird in den dreidimensionalen Raum eingebettet, damit wir ihre Krümmung sehen können. Es wäre jedoch durchaus möglich, daß der gekrümmte zweidimensionale Kosmos existiert, ohne in eine dritte Dimension eingebettet zu sein. Wenn es kein Wurmloch gäbe, das A und B miteinander verbindet, hätte es unter solchen Voraussetzungen nicht den geringsten Sinn, die beiden Orte als >nahe< zu bezeichnen. Man kann eben nicht einfach so die Gummifläche verlassen und durch den dreidimensionalen Raum nach B reisen. Wenn der dreidimensionale Raum nicht existiert, besteht das Universum nur aus dem zweidimensionalen Kosmos der Gummifläche. Stellen Sie sich einmal vor, daß Sie einer enorm fortgeschrittenen Zivilisation angehören (was jedoch nicht bedeutet, daß Sie wie die Wesen des Q-Kontinuums über eine Macht verfügen, die nicht einmal von den Gesetzen der Physik beschränkt wird). Nehmen wir an, Sie hätten die Möglichkeit, Wurmlöcher im All zu konstruieren. Die Konstruktionsmethode würde vermutlich der Sache mit dem Stift ähneln. Selbst wenn Sie imstande wären, ausgeprägte lokale Krümmungen im Raum
zu bewirken: Sie müßten aufs Geratewohl probieren, in der Hoffnung, daß sich zwei normalerweise weit entfernte Orte im Universum miteinander verbinden. Die beiden kosmischen Regionen könnten sich nicht >nahe< sein, solange keine Verbindung durch ein Wurmloch besteht. Erst die Konstruktion des Tunnels selbst ist es, die eine globale Veränderung in der Natur der Raumzeit herbeiführt. Auch aus diesem Grund sind Wurmlöcher mit Vorsicht zu genießen. Als Premierministerin Bhavani von Barzan II die Enterprise besucht, um die Nutzungsrechte für das barzanische Wurmloch anzubieten, behauptet sie: »Es ist das einzige bisher bekannte stabile Wurmloch!« Unglücklicherweise war es nicht stabil. Die einzigen Wurmlöcher, deren mathematische Existenz im Kontext der Allgemeinen Relativitätstheorie möglich ist, haben nur vorübergehenden Bestand. Sie entstehen, wenn sich zwei mikroskopische Singularitäten - Bereiche der Raumzeit mit unendlich scharfer Krümmung - treffen und sich kurz miteinander verbinden. Doch ein derartiges Wurmloch schließt sich wieder, bevor Raumfahrer Gelegenheit erhalten, es zu passieren. Übrig bleiben zwei erneut voneinander getrennte Singularitäten. Wenn ein Forscher so dumm wäre, sich in den Tunnel zu wagen... Er geriete entweder in die eine oder in die andere Singularität, um dort zerrissen zu werden. Wie soll man dafür sorgen, daß die Öffnung eines Wurmlochs offen bleibt? In mathematischer Hinsicht ist eine Lösung dieses Problems nur sehr schwer zu beschreiben. In der Praxis lautet der wichtigste Hinweis: Gravitation zieht an! Gewöhnliche Materie oder Energie neigt dazu, unter dem Einfluß der eigenen Gravitation zu kollabieren, wenn keine entgegengesetzte Kraft wirkt. Unter normalen Umständen würde sich der Zugang zu einem Wurmloch praktisch sofort wieder schließen. Der Trick besteht darin, die >normalen Umstände< zu verhindern. Der CaltechPhysiker Kip Thorne hat vor einigen Jahren auf folgendes hingewiesen: Man kann nur dann dafür sorgen, daß Wurmlöcher offen bleiben, wenn man sie mit exotischem Material füttert. Damit meint er Material, das zumindest für gewisse Beobachter >negative< Energie besitzt. Zwar sollte man bei der allgemeinen Relativität mit naiven Annahmen vorsichtig sein, aber an dieser Stelle könnte man vermuten, daß ein solches Material nicht >anziehtabstößtSchwarzes Loch< hat die Öffentlichkeit sehr fasziniert und geht auf den theoretischen Physiker John Archibald Wheeler von der Princeton University zurück - er prägte ihn im späten Herbst des Jahres 1967. Das Datum ist recht interessant, denn die erste Fernsehfolge aus der Serie Star Trek, die von einem Schwarzen Loch berichtete - >schwarzer Stern< genannt -, wurde 1967 gesendet, bevor Wheeler die Bezeichnung zum erstenmal öffentlich verwendete. Als ich mir die betreffende Episode während der Vorbereitungen für dieses Buch ansah, fand ich es amüsant, daß die Star Trek-Autoren einen falschen Namen wählten. Inzwischen ist mir klar, daß sie ihn fast erfunden hätten! Schwarze Löcher sind aus mehreren Gründen verblüffende Phänomene. Einer der wichtigsten Aspekte ist dieser: In ihrem Innern verbergen sie eine RaumzeitSingularität, der alles begegnen muß, was hineinfällt. Im Einflußbereich einer solchen Singularität - einem unendlich gekrümmten >Höcker< in der Raumzeit haben die uns vertrauten Gesetze der Physik keine Gültigkeit mehr. In unmittelbarer Nähe der Singularität ist die Krümmung in einer kleinen Region so groß, daß die Auswirkungen der Gravitation von der Quantenmechanik bestimmt werden. Bisher ist noch niemand imstande gewesen, eine Theorie zu formulieren, in der allgemeine Relativität (und damit die Gravitation) sowie Quantenmechanik ein einheitliches Ganzes bilden. Die Star Trek-Autoren haben den Konflikt zwischen Quantenmechanik und Gravitation erkannt: Sie bezeichnen die RaumzeitSingularitäten auch als >Quantensingularitätennormalen< Gesetze der Physik ihre Bedeutung verlieren, können >gewöhnliche< Objekte nicht länger von Bestand bleiben. Nichts kann die Schwerkraft einer Singularität intakt überstehen. Ich habe davon gesprochen, daß Schwarze Löcher Singularitäten in ihrem Zentrum >verbergenEreignishorizont< nennt - er verwehrt uns den Blick auf das, was mit Objekten geschieht, die ins Innere des Lochs fallen. Was sich, von uns aus gesehen, jenseits des Ereignishorizonts befindet, bekommt es mit der Singularität zu tun. Außerhalb des Ereignishorizonts müssen Objekte nicht unbedingt vom Schwarzen Loch eingefangen werden. Wer das Pech hat, in ein derartiges Phänomen hineinzufallen, bemerkt nichts Besonderes, wenn er oder sie (bald >esRiß< haben kann, durch den für die Voyager eine Flucht aus dem Einflußbereich einer Singularität möglich ist. (Diese Vorstellung ist so absurd, daß sie zur Liste der zehn größten Star Trek-Fehler gehört, auf die ich im letzten Kapitel eingehe.) Die >Quantensingularitäts-Lebensformennegative Energie< hinzu, wodurch sich dessen Energie verringert. Auf diese Weise geschieht dem Gesetz von der Erhaltung der Energie Genüge, denn es wird die Ladung des virtuellen Teilchens ausgeglichen, das der Annihilation entging. Jetzt wissen wir auch um den Hintergrund der Strahlung von Schwarzen Löchern. Etwas anderes kommt hinzu: Während sich die Energie eines Schwarzen Lochs durch den oben beschriebenen Vorgang verringert, schrumpft gleichzeitig die Masse. Irgendwann könnte es sich ganz auflösen und nur Strahlung hinterlassen. Die moderne Physik beschränkt sich nicht darauf, Quantenfluktuationen der Materie vor dem Hintergrund des gekrümmten Raums zu postulieren. Es geht dabei um noch viel exotischere und weniger genau definierte Dinge. Wenn die Quantenmechanik nicht nur für Materie und Strahlung gilt, sondern auch für Gravitation, so muß es in einem ausreichend kleinen Maßstab zu Quantenfluktuationen der Raumzeit kommen. Leider gibt es noch keine schlüssige Theorie, die solche Vorgänge erklärt, aber trotzdem finden theoretische Untersuchungen der zu erwartenden Phänomene statt. Eine der interessantesten Spekulationen besteht darin, daß quantenmechanische Prozesse nicht nur die spontane Entstehung von Teilchen ermöglichen, sondern auch die von ganzen Babyuniversen. Der das Wie und Warum beschreibende quantenmechanische Formalismus ähnelt in mathematischer Hinsicht den Wurmloch-Lösungen der Allgemeinen Relativitätstheorie. Es läuft darauf hinaus, daß >euklidische< Wurmlöcher vorübergehende >Brücken< bilden, aus denen neue Universen entstehen. Die Möglichkeiten von euklidischen Wurmlöchern und Babyuniversen sind so aufregend, daß Quantenfluktuationen bei Hawkings Pokerspiel mit Einstein und Newton in >Angriff der Borg< erwähnt wurden. Wenn die Star Trek-Autoren verwirrt waren, so hatten sie ein Recht darauf. Unglücklicherweise sind diese Dinge derzeit noch sehr unklar. Um mehr herauszufinden, muß erst noch das mathematische Gerüst für die quantengravitationellen Vorgänge entwickelt werden. Die Möglichkeiten der allmählichen Auflösung eines Schwarzen Lochs oder der Entstehung von Babyuniversen sind zweifellos sehr interessant, aber für uns spielen sie hier nur ein« untergeordnete Rolle. Wichtiger ist die Feststellung: Quantenfluktuationen des leeren Raums können zumindest in der Nähe von starken Gravitationsfeldern Eigenschaften bekommen, die notwendig sind, um ein Wurmloch geöffnet zu halten. Die zentrale Frage lautet: Sind Quantenfluktuationen in der Nähe eines Wurmlochs exotisch genug, um einen Kollaps des Wurmlochs zu verhindern und es zu >stabilisieren< Aber es gibt noch keine Antwort auf diese Frage? (Übrigens: Auch hier haben die Star Trek-Autoren bei ihrer Terminologie Verblüffendes geleistet. Im Zusammenhang mit dem bajoranischen und barzanischen Wurmloch ist von >Verteron-Feldern< die Rede. Ich weiß nicht, ob es ein zufällig gewählter Name ist oder ob mehr dahintersteckt. Wie dem auch sei: Virtuelle Partikel - die Quantenfluktuationen in einem ansonsten leeren Raum - könnten Kip Thornes exotische Materie< darstellen. Ich glaube, die Star Trek-Autoren haben Anerkennung für ihre Intuition verdient - wenn es wirklich Intuition war.)
Nun, wenn Quantenfluktuationen im Vakuum exotisch sein können - sind dann auch andere ungewöhnliche Konfigurationen von Materie und Strahlung denkbar, zum Beispiel ein Warpkern-Kollaps oder Instabilitäten bei der Materie-AntimaterieMischung in einem Warptriebwerk? Solche Fragen müssen unbeantwortet bleiben. Selbst wenn man die sehr unwahrscheinliche Existenz von stabilen Wurmlöchern in Erwägung zieht: Werden Reisen durch einen solchen >Tunnel< realisierbar oder nur fast möglich? Bei der Wurmloch-Thematik geht es nicht um eine Konfrontation zwischen wissenschaftlichen Fakten einerseits und Science Fiction andererseits. Sie könnte vielmehr Türen öffnen, die nach Ansicht von manchen Leuten besser geschlossen bleiben sollten.
NOCH EINMAL ZEITMASCHINEN Wurmlöcher wären bestens geeignet, um weit entfernte Regionen im All zu erreichen, aber sie haben ein noch bemerkenswerteres Potential, das in der VoyagerFolge >Eye of the Needle< angedeutet wird. In dieser Episode entdeckt die Besatzung der Voyager ein kleines Wurmloch, das eine Verbindung zum AlphaQuadranten der Milchstraße darstellt. Es gelingt, einen Kom-Kontakt herzustellen, was zu einer bitteren Erkenntnis führt: Auf der anderen Seite des Tunnels erstreckt sich nicht der vertraute Alpha-Quadrant, sondern ein um viele Jahre jüngerer. Das Wurmloch verbindet sowohl zwei verschiedene Bereiche des Alls als auch zwei verschiedene Zeiten! Auch in diesem Fall haben die Star Trek-Autoren alles richtig hinbekommen. Wenn Wurmlöcher existieren, so fungieren sie wie Zeitmaschinen! Diese überraschende Erkenntnis reifte im Lauf des letzten Jahrzehnts heran, als sich mehrere Theoretiker eingehender mit der Physik von Wurmlöchern befaßten. Wurmloch-Zeitmaschinen sind problemlos zu entwerfen: Das einfachste Beispiel (nach Kip Thorne) ist dies: Man stelle sich vor, daß ein Ende eines Wurmlochs stationär ist, während sich das andere mit hoher Unterlichtgeschwindigkeit durch eine ferne Region des Universums bewegt. Prinzipiell ist das selbst dann möglich, wenn die Länge des Wurmlochs unverändert bleibt. Erinnern wir uns an die zweidimensionale Wurmloch-Zeichnung weiter vorn in diesem Buch. Wenn man die untere Hälfte nach links zieht, streicht der Raum am B-Ende des Wurmlochs vorbei, das seine Position in bezug auf die AÖffnung nicht verändert:
Die untere Öffnung des Wurmlochs bewegt sich in bezug auf den betreffenden Bereich des Alls, während das beim A-Ende nicht der Fall ist. Nach der Speziellen Relativitätstheorie bedeutet das: Die Zeit an beiden Öffnungen vergeht unterschiedlich schnell. Nun, wenn die Länge des Wurmlochs unverändert bleibt, so muß jemand, der sich im Innern befindet, den Eindruck gewinnen, daß die beiden Enden relativ zueinander ruhen. Woraus sich der Schluß ziehen läßt, daß bei A und B die Zeit gleich schnell verstreicht. Schieben wir nun die untere Hälfte des zweidimensionalen Raums dorthin zurück, wo die Reise von B begann. Nehmen wir an, dieser Vorgang dauert für einen Beobachter in der Nähe von B einen Tag. Für jemanden, der sich in der Nähe von A befindet, könnten jedoch zehn Tage vergehen. Wenn der zweite Beobachter durch das Wurmloch zum Kalender bei B sieht, so erkennt er dort ein neun Tage früheres Datum! Und wenn er beschließt, B einen Besuch abzustatten, so reist er in die Vergangenheit. Die Existenz von Wurmlöchern würde bedeuten, daß auch Zeitreisen möglich sind. Kehren wir zu einer Frage zurück, die wir uns zu Anfang des letzten Kapitels gestellt haben: Sind Zeitreisen, stabile Wurmlöcher und exotische Materie mit negativer Energie aus physikalischen Gründen< unmöglich? Wurmlöcher stellen nur ein Beispiel für Zeitmaschinen im Kontext der Allgemeinen Relativitätstheorie dar. Angesichts der bisherigen Ausführungen im Hinblick auf diese Theorie überrascht es kaum mehr, daß sich Reisen durch die Zeit bewerkstelligen lassen. Ich möchte hier die heuristische Version von Einsteins Gleichung wiederholen: linke Seite rechte Seite = {KRÜMMUNG} {MATERIE UND ENERGIE} Die linke Seite dieser Gleichung kümmert sich um die Geometrie der Raumzeit, die rechte um Verteilung von Materie und Energie. Wir fragen zum Beispiel: Welche Krümmung des Raums ergibt sich aus einer gegebenen Verteilung von Materie und Energie? Doch es geht auch anders herum. Für eine beliebige Geometrie des Alls darunter auch geschlossene zeitartige >Kurven< beziehungsweise >Kausalitätsschleifenkosmische Stringsnachher< und >vorher< hier ihre Bedeutung verlieren) sie mit der Bozeman zusammenstieß, wodurch es zu einem Warpkern-Kollaps kam, der das Schiff vernichtete. Diese Ereignisse wiederholten sich immer wieder, bis es der Besatzung in einem Zyklus gelang, die Kollision zu vermeiden. In >Gefangen in einem temporären Fragment stellen Picard, Data, Troi und LaForge fest, daß die Zeit an Bord der Enterprise kurz anhält, und zwar aufgrund eines beginnenden Warpkern-Kollapses und fataler Veränderungen im Triebwerkskern eines nahen romulanischen Schiffes. In >Die Zukunft schweigt wird Picard von einem gewaltigen >Energiestrudel< in die Vergangenheit geschleudert. In der ersten Zeitreise-Episode, >Implosion in der SpiraleGestern, heute, morgenSaiten< bzw. >Fäden< aus extrem hoch verdichteter Materie, die beim Urknall entstanden sind und das Universum durchziehen. - Anm. d. Hrsg.
konstruieren? Oder können wir die Aussage treffen, daß kein Verteilungsmuster von Materie und Energie - wie auch immer es beschaffen sein mag - Zeitreisen ermöglicht, weil >physikalische Gründe< dagegen sprechen? Die Antwort ist bis heute unbekannt. Einige Zeitmaschinen - Gödels Modell und das auf der StringsTheorie basierende System - haben sich gewissermaßen als >unphysikalisch< herausgestellt. Zeitreisen mit Hilfe von Wurmlöchern sind noch nicht auszuschließen, aber neuere Untersuchungen weisen auf folgendes hin: Vielleicht sorgen die quantengravitationellen Fluktuationen dafür, daß sich Wurmlöcher selbst zerstören, bevor sie Reisen durch die Zeit erlauben. Bis wir eine Theorie der Quantengravitation haben, läßt sich vermutlich keine endgültige Antwort auf die Frage nach der Möglichkeit von Zeitreisen finden. Trotzdem haben sich einige Wissenschaftler, unter ihnen auch Stephen Hawking, bereits zu einer Entscheidung durchgerungen. Hawking ist davon überzeugt, daß Zeitmaschinen unmöglich sind, und zwar aufgrund der offensichtlichen Paradoxa, die ihre Existenz mit sich brächte. Er hat eine >Theorie zum Schutz der Chronologie< postuliert, in der es heißt: »Die Gesetze der Physik erlauben nicht das Erscheinen von geschlossenen zeitartigen Kurven.« Ich persönlich bin geneigt, Hawking in diesem Fall zuzustimmen. Doch in der Physik haben Machtsprüche und Anordnungen keinen Sinn. Wie ich schon sagte: Die allgemeine Relativität spielt unseren naiven Erwartungen häufig einen Streich. Zwei historische Präzedenzfälle mögen als warnendes Beispiel dienen. In zwei (mir bekannten) Fällen haben angesehene Theoretiker behauptet, daß ein bestimmtes Phänomen nach der Allgemeinen Relativitätstheorie unmöglich sei und von den Gesetzen der Physik verboten werden sollte. 1. Als der junge Astrophysiker Subrahmanyan Chandrasekhar feststellte, daß Sterne mit mehr als dem l,4fachen der Sonnenmasse nach dem Verbrauch ihres Kernbrennstoffs nicht zu Weißen Zwergen werden, sondern unter ihrem eigenen Gewicht weiter zusammenbrechen, kommentierte der hochgeachtete Physiker Sir Arthur Eddington in aller Öffentlichkeit: »Verschiedene Zwischenfälle könnten zur Rettung des Sterns führen, aber ich wünsche mir mehr Schutz. Meiner Ansicht nach sollte ein Naturgesetz existieren, das den Stern daran hindert, sich auf eine so absurde Weise zu benehmen!« Damals teilten viele Astrophysiker Eddingtons Standpunkt. Ein halbes Jahrhundert später bekam Chandrasekhar für seine längst bestätigten Theorien den Nobelpreis. 2. Gut zwanzig Jahre nach Eddingtons Antwort auf Chandrasekhars Entdeckungen kam es während einer Konferenz in Brüssel zu einem ähnlichen Ereignis. J. Robert Oppenheimer, Physiker und Vater der Atombombe, hatte folgendes berechnet: Wenn sogenannte Neutronensterne - Überbleibsel von Supernovae und noch dichter als Weiße Zwerge - eine Masse haben, die über etwa das Zweifache der Sonnenmasse hinausgeht, so kommt es zu einem stellaren Kollaps. Das Ergebnis sind Objekte, die wir heute >Schwarze Löcher< nennen. Der ebenfalls sehr geachtete John Archibald
Wheeler bezeichnete solche Vorgänge als ausgeschlossen und nannte die gleichen Gründe wie vor ihm Eddington: Die Gesetze der Physik sollten Sterne vor einem so absurden Schicksal bewahren. Ein Jahrzehnt später mußte Wheeler auf der ganzen Linie kapitulieren, und ausgerechnet er war es, der den Schwarzen Löchern ihren Namen gab.
VIER
Data beendet das Spiel Denn in die Zukunft habe ich geschaut, so weit man sehen kann, Und dort sah ich die Vision der Welt, alle Wunder des Irgendwann. Aus >Locksley Hallwarp< bedeutet soviel wie »krümmen, verzerren«. Darauf bezieht sich der Autor mit seinem Hinweis auf die »sprachliche Weitsicht« der Star Trek-Autoren. - Anm. d. Übers.
Nehmen wir das Universum als Beispiel. Nach der Speziellen Relativitätstheorie vergeht bei allen Beobachtern, die in bezug auf ihre lokale Umgebung stationär sind, die Zeit gleich schnell. Wenn wir durchs Universum reisen und in regelmäßigen Abständen Uhren im All zurücklassen, so können wir davon ausgehen, daß sie die gleiche Zeit messen. Durch die Allgemeine Relativitätstheorie ändert sich daran nichts. Uhren, die sich nicht bewegen, messen die gleiche verstrichene Zeit. Allerdings erlaubt es die allgemeine Relativität der Raumzeit, sich auszudehnen. Objekte auf gegenüberliegenden Seiten des Universums fliegen mit annähernd Lichtgeschwindigkeit fort, aber in bezug auf ihre lokale Umgebung bewegen sie sich kaum oder gar nicht. Wenn sich der Kosmos gleichmäßig ausdehnt und groß genug ist - beides scheint der Fall zu sein -, so existieren durchaus Objekte, die wir nicht sehen und die sich mit Überlichtgeschwindigkeit von uns entfernen. Doch wenn es in jenen fernen Regionen Zivilisationen gibt, so würden sie feststellen, daß in Hinblick auf ihre unmittelbare Umgebung keine Bewegungen stattfinden. Die Krümmung des Raums öffnet eine Hintertür in den Argumenten der Speziellen Relativitätstheorie - eine Hintertür, die groß genug ist, um ein Föderationsschiff hindurchzulassen. Wenn die Raumzeit manipuliert werden kann, so wird folgendes möglich: Objekte können sich lokal langsam bewegen, doch innerhalb einer >Raumblase< wären sie fähig, große objektive Entfernungen innerhalb kurzer Zeit zurückzulegen. Wir wissen bereits, daß extreme Manipulationen - die Verbindung von zwei weit entfernten Raumbereichen durch ein Wurmloch - Abkürzungen durch die Raumzeit schaffen. Nun, selbst wenn wir auf solche Maßnahmen verzichten: Überlicht-schnelle Raumfahrt ist vielleicht global möglich, wenn auch nicht lokal. Einen Beweis für die Plausibilität dieser Idee lieferte kürzlich ein Physiker in Wales, Miguel Alcubierre. Aus Spaß beschloß er, nach einer im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie zulässigen Möglichkeit für >Warpgeschwindigkeit< zu suchen. Er konfigurierte eine spezielle Raumzeit, in der ein Raumschiff die Entfernung zwischen zwei selbst weit entfernten Orten in sehr kurzer Zeit zurücklegen kann. Während des Flugs ist das Raumschiff in bezug auf die lokale Umgebung langsam genug, um keine Zeitdilatation zu riskieren - dadurch ist gewährleistet, daß die Uhren an Bord mit denen von Ausgangspunkt und Ziel synchronisiert bleiben. Offenbar erlaubt uns die allgemeine Relativität, den Kuchen zu essen und ihn gleichzeitig zu behalten. Die Idee ist eigentlich ganz einfach. Wenn die Raumzeit lokal so verzerrt werden kann, daß sie sich vor dem Raumschiff zusammenzieht und dahinter dehnt, so gleitet das Schiff zusammen mit der entsprechenden Raumzone nach vorn, wie ein Surfbrett auf einer Welle. In lokaler Hinsicht geht die Geschwindigkeit nie über die des Lichts hinaus, denn das Licht wird praktisch mitgenommen. Was geschieht dabei? Nun, stellen wir uns vor, an Bord des Raumschiffs zu sein. Wenn sich der Raum hinter uns stark ausdehnt, stellen wir fest: Plötzlich sind wir Lichtjahre von der Starbase entfernt, die wir gerade verlassen haben. Und wenn sich der Raum vor uns zusammenzieht... Dann rückt die eben noch viele Lichtjahre entfernte Starbase plötzlich in die Reichweite gewöhnlicher Raketentriebwerke.
Für die Expansion und Kontraktion des Raums sind starke Gravitationsfelder erforderlich. In diesem Modell läßt sich die Geometrie der Raumzeit so gestalten, daß sie sich nicht in der Nähe des Schiffes oder der Raumstationen befinden. Dort ist der Raum fast flach, wodurch die Uhren des Schiffes mit denen der Raumstationen synchronisiert bleiben. An irgendeinem anderen Ort im All machen sich enorme gravitationelle >Gezeitenkräfte< bemerkbar, aber daran gibt es nichts auszusetzen, solange wir uns in sicherer Entfernung von ihnen befinden. Vermutlich hatten die Star Trek-Autoren dieses Szenario im Sinn, als sie den Warpantrieb erfanden, auch wenn die technischen Beschreibungen davon abweichen. Die zuvor aufgeführten Bedingungen für interstellare Reisen sind damit erfüllt: 1. überlichtschneller Flug, 2. keine Zeitdilatation und 3. keine Verwendung von Raketentriebwerken. Allerdings muß an dieser Stelle auf einen wichtigen Punkt hingewiesen werden: Durch die allgemeine Relativität wird die Raumzeit dynamisch und veränderbar, was die Schaffung von >Designer-Raumzeiten< ermöglicht, in denen sich fast jede Art von Bewegung durch Raum und Zeit realisieren läßt. Doch in der Theorie wird die >gewünschte< Raumzeit immer mit einem ganz bestimmten Verteilungsmuster von Materie und Energie in Beziehung gesetzt. Darauf komme ich gleich zurück. Zunächst einmal: Das Wunder der >Designer-Raumzeiten< besteht darin, daß sie uns eine Rückkehr zu Newtons Herausforderung erlauben: Sie ermöglichen Trägheitsabsorber und Traktorstrahlen. Die Idee ist ähnlich beschaffen wie beim Warp-triebwerk. Wenn sich die Raumzeit in unmittelbarer Nähe des Schiffes krümmen läßt, so bewegen sich Objekte ohne lokale Beschleunigung - die bei Newton eine große Rolle spielt, wie Sie sich erinnern. Um die starken Beschleunigungen zu vermeiden, die für hohe Unterlichtgeschwindigkeiten notwendig sind, verwenden wir den gleichen Trick wie beim Warpflug. Dadurch verringert sich der Unterschied zwischen Warp- und Impulstriebwerk. Und wenn der Traktorstrahl ein schweres Objekt bewegen soll, zum Beispiel einen ganzen Planeten... Man braucht den Raum nur auf der einen Seite des Planeten auszudehnen und auf der anderen schrumpfen zu lassen. Ganz einfach! Die Verzerrung des Raums bietet auch noch andere Vorteile. Wenn sich die Raumzeit vor der Enterprise stark krümmt, so wird Licht - oder ein Phaserstrahl vom Schiff abgelenkt. Dieses Funktionsprinzip verbirgt sich hinter den Deflektoren. Im Zusammenhang mit den Schilden ist die Rede von >kohärenten GravitonEmissionenkohärente Graviton-Emissionen< ein kohärentes Gravitationsfeld. Und kohärente Gravitationsfelder sind genau das richtige Mittel, um die Raumzeit zu krümmen! Auch hier haben die Star Trek-Autoren ein sicheres Gespür für die Terminologie bewiesen. Vielleicht basiert die Funktion der romulanischen Tarnvorrichtung auf dem gleichen Prinzip. Mehr noch: Wenn die Enterprise ihre Deflektoren aktiviert hat, sollte sie eigentlich unsichtbar sein. Objekte, die kein eigenes Licht ausstrahlen, sehen wir nur deshalb, weil sie Licht reflektieren. Die Tarnvorrichtung krümmt den Raum und lenkt Lichtstrahlen um das romulanische Schiff herum, so daß sie nicht
davon reflektiert werden können. Das geschieht auch, wenn sich die Enterprise in ihre Deflektoren hüllt: Sie lenken Licht und destruktive Energie ab. In diesem Zusammenhang ergibt sich eine Frage, die viele Star Trek-Fans bis zur TV-Episode >Das Pegasus-Projekt beschäftigte: Warum verwendet die Föderation keine Tarnvorrichtungen? Wenn eine Zivilisation die technischen Möglichkeiten hat, Schildgeneratoren zu konstruieren, so müßte sie auch imstande sein, Tarnvorrichtungen zu bauen. In >Das Pegasus-Projekt erfahren wir, daß ein Vertrag die Föderation daran hinderte, ihre Schiffe mit entsprechenden Apparaten auszustatten - technologische Probleme gab es offenbar nicht. (In der letzten Folge von Star Trek: The Next Generation, >Gestern, heute, morgennormale< Höchstgeschwindigkeit der Enterprise-D Warp 9,6 - 1909fache Lichtgeschwindigkeit. Warp 10 gilt als unendlich. Trotz dieser Festlegung wird gelegentlich von Objekten berichtet, die angeblich schneller sind als Warp 10 (man denke nur an die Würfelschiffe der Borg). Man sollte sich also besser nicht zu sehr bemühen, alle Einzelheiten zu verstehen. Soweit die guten Nachrichten. Wenn wir davon ausgehen, daß ein Warptriebwerk tatsächlich möglich sein könnte, müssen wir uns nun den Konsequenzen stellen, die auf der rechten Seite von Einsteins Gleichung beschrieben sind. Welches Verteilungsmuster von Materie und Energie ist notwendig, um die erforderliche Krümmung der Raumzeit zu bewirken? Nun, dabei sieht's fast noch schlimmer aus als bei den Wurmlöchern. Wenn Beobachter mit holier Geschwindigkeit durch ein Wurmloch reisen, so können sie negative Energie messen. Für ein Warptriebwerk ist Materie nötig, bei der selbst ein in bezug aufs Raumschiff ruhender Beobachter - jemand an Bord - negative Energie feststellt. Kein sehr überraschendes Ergebnis. Wenn Wurmlöcher offen bleiben sowie Zeitreisen und Warpgeschwindigkeit möglich sein sollen, so verlangt die Allgemeine Relativitätstheorie, daß auf einem gewissen Niveau Materie andere Materie gravitationell abstößt. Nach einem Theorem der Allgemeinen Relativitätstheorie ähnelt diese Situation der Notwendigkeit, daß für manche Beobachter Materie negative Energie hat. Überraschend ist etwas anderes: Wenn man die Quantenmechanik mit der Speziellen Relativitätstheorie kombiniert, so ergibt sich: In einem mikroskopischen
Maßstab kann die lokale Verteilung von Energie durchaus negativ sein. Im dritten Kapitel habe ich bereits darauf hingewiesen, daß sich Quantenfluktuationen oft durch eine solche Eigenschaft auszeichnen. Die bis heute unbeantwortete Schlüsselfrage lautet: Lassen die uns bekannten Gesetze der Physik zu, daß auch makroskopische Materie negative Energie haben kann? Eins steht fest: Bisher wissen wir nicht, wie sich derartige Materie erzeugen ließe. Aber sehen wir einmal von den Problemen ab, die es mit sich brächte, solches Material, mit welchen Methoden auch immer, zu produzieren. Nehmen wir einfach an, daß es eines Tages möglich sein wird, durch quantenmechanische Manipulation von Materie oder leerem Raum diese exotische Substanz zu schaffen. Selbst in einem solchen Fall wären ungeheure Energiemengen notwendig, um das Gefüge der Raumzeit auf die oben beschriebene Art zu verändern. Um ein Beispiel zu nennen: Die Sonne hat ungefähr eine Million mal soviel Masse wie die Erde, doch das Gravitationsfeld an ihrer Oberfläche reicht gerade aus, das Licht um weniger als ein Tausendstel Grad zu krümmen. Stellen Sie sich jetzt die gewaltigen Gravitationsfelder vor, die ein Raumschiff erzeugen müßte, wenn heranrasende Phaserstrahlen um neunzig Grad abgelenkt werden sollen! (Dies ist einer der vielen Gründe, warum der >Katapulteffekt< - die Enterprise verwendete ihn zum erstenmal in der Classic-Episode >Morgen ist gesternStar Trek IV: Zurück in die Gegenwart< und wird außerdem in der TV-Episode >Die Zukunft schweigt erwähnt< - völlig unmöglich ist. Das Gravitationsfeld im Bereich der Sonnenoberfläche ist winzig, wenn man es mit den gravitationellen Effekten vergleicht, die für eine ausreichend starke Krümmung der Raumzeit notwendig wären.) Wie können wir die Energie schätzen, die aufgewendet werden muß? Nun, man stelle sich vor, ein Schwarzes Loch in den Ausmaßen der Enterprise zu erzeugen - das Gravitationsfeld eines solchen Schwarzen Lochs wäre stark genug, um Lichtstrahlen abzulenken. Seine Masse betrüge etwa zehn Prozent der Sonnenmasse. In Energiewerten ausgedrückt: Um ein derartiges Schwarzes Loch zu schaffen, wäre mehr Energie nötig, als die Sonne während ihres ganzen Daseins als Stern produziert. Wie sieht die Situation aus? Wir wissen genug über die Natur der Raumzeit, um zu beschreiben, wie man zumindest prinzipiell gekrümmten Raum verwenden kann, um interstellare Reisen à la Star Trek zu ermöglichen. Uns ist auch klar: Ohne die genannten exotischen Elemente können wir vermutlich nie Ausflüge durch die Galaxis unternehmen. Andererseits haben wir keine Ahnung, ob die dargelegten physikalischen Bedingungen irgendwo dort draußen existieren oder sich - rein theoretisch -schaffen lassen. Und selbst wenn nichts dagegen spricht: Zivilisationen, die solche Prinzipien in die Praxis umsetzen, müßten über Energiemengen verfügen, die uns heute unvorstellbar erscheinen. Man könnte natürlich einen optimistischen Standpunkt vertreten und darauf hinweisen, daß die erwähnten Möglichkeiten wenigstens nicht von vorneherein ausgeschlossen sind. Sie hängen >nur< davon ab, ob sich exotische Materie und Energie erzeugen lassen. Es gibt den einen oder anderen Grund zur Hoffnung, doch ich bleibe skeptisch. Wie mein Kollege Stephen Hawking glaube ich, daß Zeitreisen
aufgrund der vielen damit verbundenen Paradoxa unmöglich sind. Da praktisch die gleichen Bedingungen in Hinsicht auf Energie und Materie für Warpgeschwindigkeit und Deflektoren notwendig sind, rechne ich nicht damit, daß sich so etwas jemals bewerkstelligen läßt. Freilich - ich kann mich irren. Trotz allem bleibe ich optimistisch. Jenes Wissen, das uns zu dieser faszinierenden Schwelle gebracht hat, ist für mich ein Grund zum Feiern. Wir leben im Seitenarm einer von hundert Milliarden Galaxien im beobachtbaren Kosmos. Wie Insekten auf einer Gummifläche können wir die wahre Gestalt des Universums nicht direkt erkennen. Doch im Verlauf von zwanzig Generationen - von Newton bis heute haben wir die einfachen Gesetze der Physik genutzt, um mehr über Raum und Zeit herauszufinden. Vielleicht können wir nie an Bord von Raumschiffen gehen, die zu anderen Sternen fliegen. Aber selbst als Gefangene dieses kleinen blauen Planeten waren wir imstande, viele Rätsel des Weltraums zu lösen. Und bestimmt gelingen uns weitere aufregende Entdeckungen. Vielleicht erlaubt es uns die Physik nicht, durch die Galaxis zu fliegen -aber sie ermöglicht es, die Galaxis zu uns zu holen.
SEKTION ZWEI
Materie, Materie – überall
Der Leser erforscht Transporterstrahlen, Warptriebwerke, Dilithiumkristalle, Materie-Antimaterie-Wandler und das Holodeck
FÜNF
Atome oder Bits »Reg, der Transporter bietet die sicherste Möglichkeit, von einem Ort zum anderen zu gelangen.« Geordi LaForge zu Lieutenant Reginald Barclay, in: >Todesangst beim Beamen< Das Leben imitiert die Natur. In letzter Zeit höre ich immer öfter die Frage: »Atome oder Bits - wo liegt die Zukunft?« Vor dreißig Jahren befaßte sich Gene Roddenberry mit ähnlichen Spekulationen, wenn auch aus anderen Gründen. Er hatte ein prächtiges Raumschiff - mit einem kleinen Problem: Die Enterprise konnte so elegant durchs All gleiten wie ein Pinguin durchs Wasser, doch auf festem Boden mußte sie ebenso schwerfällig sein. Außerdem: Angesichts des knappen Budgets für die Fernsehfolgen kam es nicht in Frage, jede Woche ein großes Raumschiff landen zu lassen. Wie sollte man dieses Problem lösen? Ganz einfach: Man sorgt dafür, daß das Schiff nie landen muß. Man finde einen anderen Weg, um die Besatzungsmitglieder auf den Planeten zu bringen. Auf der Grundlage dieser Überlegungen entstand der Transporter.* Kein anderer technischer Aspekt - abgesehen vielleicht vom Warptriebwerk - spielt bei den Star Trek-Episoden eine so wichtige Rolle. Selbst jene Leute, die Star Trek noch nie im Fernsehen oder Kino gesehen haben, kennen den berühmten Satz: »Beamen Sie mich an Bord, Scotty.« Diese Worte sind inzwischen Teil unserer öffentlichen Kultur geworden. Vor kurzer Zeit erfuhr ich von einem jungen Mann, der unter Alkoholeinfluß eine rote Ampel mißachtete und auf der Kreuzung ausgerechnet mit einem Streifenwagen zusammenstieß. Bei der Anhörung vor Gericht fragte man ihn, ob er etwas zu sagen hätte. Er antwortete: »Ja, Euer Ehren«, holte seine Brieftasche hervor, klappte sie auf und murmelte: »Beamen Sie mich an Bord, Scotty!« * In der Science Fiction allerdings schon seit Jahrzehnten als lichtschnelles Transportmittel bekannt, gemeinhin als >Materie-Transmitter< (MT) bezeichnet. Wer kennt nicht den Film >Die Fliege< (>The Flyentmaterialisiert< und vorübergehend in einem >Strukturspeicher< untergebracht. Später wird der >Materiestrom< mit einem ringförmigen Sperrstrahl< übertragen. Allem Anschein nach transferiert also der Transporter nicht nur die Informationen, sondern auch die Materie. Allerdings steht diese Beschreibung im Widerspruch zu den Darstellungen in manchen Fernsehfolgen. Bei mindestens zwei gut bekannten Gelegenheiten hat der Transporter eine Person entmaterialisiert, um anschließend zwei rematerialisieren zu lassen. In der berühmten klassischen Episode >Kirk: 2 = ?< bewirkt eine Fehlfunktion des Transporters, daß zwei Kirks entstehen, ein guter und ein böser. In >Riker: 2 = ?< kommt es zu einem noch interessanteren Zwischenfall. In jener Folge stellt sich heraus, daß Lieutenant Riker während eines Transfers vom Planeten Nervala IV zur Potemkin verdoppelt wurde. Eine Version kehrte sicher zur Potemkin zurück, und eine Reflexion brachte die andere zum Planeten, wo sie acht Jahre lang allein lebte. Wenn der Transporter sowohl den Materiestrom als auch das Datensignal überträgt, sind derartige Verdopplungen ausgeschlossen. Die Anzahl der Atome nach dem Transfer muß mit der vor dem Beamen übereinstimmen. Es ist völlig ausgeschlossen, auf diese Weise Repliken bestimmter Individuen herzustellen. Andererseits: Wenn nur Informationen transferiert werden, so lassen sie sich vielleicht mit spezieller Materie an Bord des Raumschiffs kombinieren. In einem solchen Fall wäre es möglich, beliebig viele Kopien zu produzieren. Ein ähnliches Problem mit dem Materiestrom ergibt sich, wenn Objekte als >reine Energie< ins All gebeamt werden. In >Die geheimnisvolle Kraft< beschließt Picard, die Fesseln des Substantiellen abzustreifen und sich als energetische Entität in den Weltraum zu beamen. Nach einigen unangenehmen und auch gefährlichen Erlebnissen holt man ihn zurück, und der Körper des Captains wird mit Hilfe des Strukturspeichers reproduziert. Doch wenn ein Materiestrom gesendet wurde, gibt es anschließend nichts mehr, das sich wiederherstellen ließe. Ungeachtet des Next Generation Technical Manual neige ich hier dazu, einen agnostischen Standpunkt einzunehmen. Befassen wir uns mit den Myriaden Problemen, die beide Möglichkeiten für sich genommen bereiten: der Transfer von Atomen oder von Bits. WENN EIN KÖRPER KEINEN KÖRPER HAT Eine der interessantesten Fragen in Hinsicht auf das Beamen wird erstaunlicherweise nur selten gestellt und lautet: Woraus besteht eigentlich ein Mensch? Sind wir nur die Summe unserer Atome? Anders ausgedrückt: Wenn wir jedes einzelne Atom des Körpers reproduzieren und dabei auch den jeweiligen Zustand berücksichtigen - entsteht dann eine absolut identische Person, mit den gleichen Erinnerungen, Hoffnungen und Träumen des Originals? Es gibt allen Grund
zu der Annahme, daß so etwas tatsächlich der Fall wäre. Allerdings kommt es an dieser Stelle zu einem Konflikt mit diversen Religionen, die von der Existenz einer >Seele< ausgehen. Gemeint ist ein vom Körperlichen unabhängiger geistiger Aspekt. Nun, viele Religionen behaupten, daß die >Seele< nach dem Tod >weiterlebtLebenskraft< hingewiesen, die über das Körperliche hinausgeht. Im zweiten und dritten Star Trek-Film, Der Zorn des Khan und Auf der Suche nach Mr. Spock geht es um Spocks >KatraCathexis< wird Chakotays >neurale Energie< - eine Art Lebenskraft - von ihm getrennt; sie wandert im Schiff umher und sucht nach einer Möglichkeit, in den Körper zurückzukehren. Ich glaube nicht, daß man beides haben kann. Entweder ist die >Seele< beziehungsweise das >Katra< oder die >Lebenskraft< -Teil des Körpers, was bedeutet, daß wir vor allem und in erster Linie materielle Geschöpfe sind. Oder sie existiert unabhängig davon, woraus der Schluß gezogen werden müßte, daß sie beim Beamen zurückbleibt. Ich möchte keine religiösen Gefühle verletzen, nicht einmal die eines Vulkaniers, und deshalb bleibe ich bei dieser Diskussion neutral. Bevor wir fortfahren, will ich nur auf folgendes hinweisen: Hinter der Idee des Transporters steckt eine Annahme - daß es nur auf die Atome und Bits ankommt -, die nicht unumstritten ist. DAS PROBLEM MIT DEN BITS Viele der Probleme, auf die ich gleich zu sprechen komme, ließen sich vermeiden, wenn zusammen mit den Atomen nicht auch die Informationen übertragen werden sollen. Wer Zugang zum Internet hat, der weiß: Es ist ganz einfach, zum Beispiel die detaillierten Konstruktionspläne eines neuen Autos zusammen mit Fotos zu übermitteln. Weitaus schwieriger wird es, den Wagen zu bewegen. Nun, selbst beim Transfer der Daten ergeben sich zwei zentrale Probleme. Das erste lautet gewissermaßen: Wie lassen wir die Leiche verschwinden? Wenn nur Informationen transferiert werden, so müssen die Atome des Originals ja doch irgendwie entsorgt bzw. am Zielort neu geschaffen werden. Damit sind erhebliche Schwierigkeiten verbunden, denn immerhin geht es hier um 10hoch28 Atome. Nehmen wir einmal an, daß diese Masse in Energie verwandelt werden soll. Wie sähe das Ergebnis aus? Einsteins Formel E = mc2 teilt es uns mit: Wenn 50 Kilogramm Materie (ein leichter Erwachsener) in Energie umgewandelt werden, so erhalten wir das energetische
Äquivalent von tausend Wasserstoffbomben mit einer Sprengkraft von jeweils einer Megatonne. Derartige Transformationen lassen sich wohl kaum umweltschonend durchführen. Das zweite Problem: Wenn ein solcher Vorgang wirklich möglich wäre, könnte man Personen ganz einfach duplizieren. Das ließe sich wesentlich leichter bewerkstelligen als ein Transfer - immerhin braucht das Original nicht eliminiert zu werden. Nun, gegen die Replikation >toter< Materie gibt es nichts einzuwenden; an Bord von modernen Föderationsschiffen wird so etwas für ganz normal gehalten. Aber bei Menschen muß so etwas zu Komplikationen führen (wie bei Riker in >Riker: 2 = ?kopiert< werden könnten, zusammen mit Erinnerungen und individueller Persönlichkeit. Menschen wären wie Computerprogramme, die sich problemlos duplizieren lassen. Sollte eine Replik Fehler aufweisen, greift man einfach auf eine Back-up-Version zurück. OH, BEHALTEN WIR DIE ATOME Angesichts der oben genannten Argumente läßt sich folgendes feststellen: Sowohl in praktischer als auch in ethischer Hinsicht wäre ein Transporter vorzuziehen, der den Materiestrom zusammen mit den Daten überträgt - wie es in Star Trek angeblich der Fall ist. Das Problem lautet dann: Wie bewegt man die Atome? Auch hier liegt die Herausforderung im Bereich der Energie; die Umstände sind allerdings etwas subtiler. Was ist notwendig, um etwas im Transporter zu >entmaterialisieren