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insel taschenbuch 1 6 5 8 Arthur Schopenhauer Die Kunst, Recht zu behalten
Artbur Schopenhauer, geboren am 22. Febr...
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insel taschenbuch 1 6 5 8 Arthur Schopenhauer Die Kunst, Recht zu behalten
Artbur Schopenhauer, geboren am 22. Februar I788 in Danzig, ist am 21. September I86o in Frankfurt am Main gestorben. Organ der natürlichen Boshaftigkeit des Menschen, unver zichtbares Instrument, um Diskussionen erfolgreich zu führen und auf diese Weise dem Hang zur Rechthaberei nachzukom men, mithin der Wille, Recht zu behalten, gleichviel ob man im Recht ist oder nicht- dies und nichts anderes ist für Schopen hauer Dialektik. Daher die Spezifikation in der Überschrift sei nes kleinen Traktats: Eristische Dialektik. Denn das griechische Wort erizein bedeutet »Streiten«, »Streitgespräche führen«. Schopenhauer legt die Gedanken, die in dieser zu seinen Leb zeiten nicht veröffentlichten Abhandlung zusammenkamen, zu erst in seinen Berliner Vorlesungen dar und erläutert sie später in den Parerga und Paralipomena. Die von Franeo Volpi edierte, bei Adelphi erschienene Aus gabe der Kunst, Recht zu behalten hat in Italien eine ungewöhn lich hohe Resonanz gefunden: Seit I 99 I wurden mehr als I 5o ooo Exemplare dieser Abhandlung gedruckt. Franeo Volpi ist Professor der Philosophie. Er lehrt an den Universitäten Padua und Witten-Herdecke. Er ist Herausgeber der italienischen Edition der Werke und des Nachlasses Schopen hauers bei Adelphi, Mailand.
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In achtunddreißig Kunstgriffen dargestellt
Herausgegeben von Franeo Volpi
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Insel Verlag
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Inhalt
Vorbemerkung II
Arthur Schopenhauer Eristische Dialektik 17
insel taschenbuch I 6 58 Erste Auflage 1995 ©Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 199 5 Für das Nachwort von Franeo Volpi: © 1991 Adelphi Edizioni S.P.A. Milano Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Vertrieb durch den Suhrkamp T aschenbuch Verlag Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus Umschlagillustration: Tobias Borries Satz: Hümmer GmbH, Waldbüttelbrunn Druck: Druckhaus Nomos, Sinzheim Printed in Germany ISBN 978-3-458-33358-6
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Franeo Volpi Schopenhauer und die Dialektik 79
Vorbemerkung
Die Kunst, Recht zu behalten ist ein kleines Brevier, das Schopenhauer fast zur Reinschrift brachte, ohne es je doch zu veröffentlichen. Die Niederschrift fällt wohl wie Artbur Hübscher nachgewiesen hat - in die letzten Berliner Jahre des Philosophen, also in die Zeit um r8 30/3 r. Das Manus kript, das ohne Überschrift ist, umfaßt acht durchnumerierte Foliobogen sowie einen ganzen und zwei halbe Nebenbogen, die insgesamt vierundvierzig Seiten ausmachen; das Heft befindet sich in Schopenhauers handschriftlichem Nachlaß (Karton XXIX, Nr. r4). Der Inhalt erlaubt es, die kleine Abhandlung in Ver bindung zu setzen mit den Berliner Vorlesungen über die »Theorie des gesamten Vorstellens, Denk ens und Erkennens«, namentlich mit dem Kapitel über Logik , das einen ähnlichen Stoff behandelt (vgl. Philosophische Vorlesungen, hg. von Franz Mockrauer, Teil I, Piper, München I 9 I 3; hg. von Volker Spierling, daselbst, I9 86). Dieser Zusammenhang wird außerdem durch materielle Indizien bestätigt, etwa durch das benutzte Papier, das in beiden Fällen das gleiche ist. Vereinzelte Aufzeichnungen, Hinweise, Bemerkun gen über Dialektik , die dann in der kleinen Abhand lung ausgearbeitet und systematisch dargestellt wer den, finden sich hie und da in den Werken und im· Nachlaß Schopenhauers. Der signifi kanteste Hinweis II
ist in den Parerga und Paralipomena von I 8 5 I enthal ten. Im Kapitel über »Logik und Dialektik« (Band II, Kap. 2, § 26) nimmt Schopenhauer den ersten Teil der kleinen Abhandlung wieder auf und stellt die neun er sten Kunstgriffe vor. Diese Wiederaufnahme - nach etwa zwanzig Jahren - ist deshalb wichtig, weil der Phi losoph uns hier über das Entstehen dieses merkwürdi gen Traktats sowie über den Grund Auskunft gibt, weshalb er von einer Veröffentlichung absah. Zur Ent stehung und Konzeption der Schrift äußert er sich rückblickend: »Die Schliche, Kniffe und Schikanen, zu denen sie [die Leute], um nur Recht zu behalten, grei fen, sind so zahlreich und mannigfaltig, und dabei doch so regelmäßig wiederkehrend, daß sie mir, in früheren Jahren, ein eigener Stoff zum Nachdenken wurden, welches sich auf das rein Formale derselben richtete, nachdem ich erkannt hatte, daß so verschieden auch sowohl die Gegenstände der Diskussion, als die Perso nen sein mochten, doch die se ihen und identischen Schliche und Kniffe stets wiederkamen und sehr wohl zu erkennen waren. Dies brachte mich damals auf den Gedan ken, das bloß Formale besagter Schliche und Kniffe vom Stoff rein abzusondern und es, gleichsam als ein sauberes anatomisches Präparat, zur Schau zu stellen . Ich sammelte also alle die so oft vorkommen den unredlichen Kunstgriffe beim Disputieren und stellte jeden derselben in seinem eigentümlichen We sen, durch Beispiele erläutert und durch einen eigenen Namen bezeichnet, deutlich dar, fügte endlich auch die dagegen anzuwendenden Mittel, gleichsam die Paraden
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zu diesen Finten, hinzu; woraus denn eine förmlich eristische Dialektik erwuchs« (Sämtliche Werke, hg. von Arthur Hübscher, 7 Bde., Brockhaus, Wiesbaden 3I972, Bd. VI, S. 27). Und zu dem systematischen Stel lenwert, den die Abhandlung im Verhältnis zur tradi tionellen Logik sowie in seiner Theorie des gesamten Denkens einnimmt, erklärt er: »In dieser [Dialektik] nahmen nun die soeben belobten Kunstgriffe, oder Stratagemata, als eristisch -dialektische Figuren, die Stelle ein, welche in der Logik die syllogistischen, und in der Rhetorik die rhetorischen Figuren ausfüllen, mit welchen beiden sie das Gemeinsame haben, d aß sie ge wissermaßen angeboren sind, indem ihre Praxis der Theorie vorhergeht, man also, um sie zu üben, nicht erst sie gelernt zu haben braucht. Die rein formale Auf stellung derselben wäre sonach ein Komplement jener Technik der Vernunft, welche aus Logik, Dialektik und Rhetorik bestehend, im zweiten Bande meines Haupt werkes, Kap . 9, dargestellt ist« (a. a. 0., S. 27). Bald darauf scheint aber dem Philosophen die Lust daran vergangen zu sein : »Dergleichen Stratagemata also hatte ich ungefähr vierzig zusammengestellt und ausgeführt. Aber die Beleuchtung aller dieser Schlupf win kel der, mit Eigensinn, Eitelkeit und Unredlich keit verschwisterten Beschränktheit und Unfähigkeit widert mich jetzt an; daher ich es bei dieser Probe be wenden lasse und desto ernstlicher auf die oben ange gebenen Gründe zum Vermeiden des Disputierens mit Leuten, wie die meisten sind, verweise« ( a. a. 0., s. 32).
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Die Abhandlung wurde zum erstenmal von Julius Frauenstädt veröffentlicht unter dem Titel : Dialektik, in Arthur Schopenhauers handschriftlichem Nachlaß, Brockhaus, Leipzig r864. Eine zweite, bis heute maß gebliche Ausgabe besorgte Arthur Hübscher. Sie ist in seiner k ritischen Edition des Nachlasses enthalten: Arthur Schopenhauer, Der handschriftliche Nachlaß, 5 Bde. , Kramer, Frankfurt a. M. 1 966- 75 (dann: Deutscher Taschenbuch Verlag, München I985), Bd. III, S. 666-95 . Eine dritte, um einige Anmerk ungen ge kürzte und auf einen leicht lesbaren Text geglättete Ausgabe hat Gerd Haffmans beim eigenen Verlag be sorgt: Eristische Dialektik oder Die Kunst, Recht zu behalten, in 3 8 Kunstgriffen dargestellt, Haffmans, Zü rich I 98 3 . Die jeweils unterschiedlichen Formulierungen der Ü berschrift rühren daher, daß das Manus kript wie bereits erwähnt - keine hat. Der Titel muß also den Bezeichnungen entnommen werden, mit denen Scho penhauer selbst die Abhandlung erwähnt: an der so eben zitierten Stelle aus den Parerga und Paralipomena nennt er sie einmal Eristische Dialektik, zum anderen Umriß des Wesentlichen jeder Disputation. Zu Beginn der Abhandlung bezeichnete er sie als Die Kunst, Recht '
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zu behalten. Die vorliegende Ausgabe basiert auf der Edition Artbur Hübschers, mit einer einzigen Variante zur Textgestaltung: die nichtnumerierten Bogen mit Auf zeichnungen zur geplanten Einleitung hat Hübscher an den Anfang seines kritisch edierten Textes gestellt. Da
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sie allerdings sehr fragmentarischen Charakters und hauptsächlich für die Schopenhauer-Forschung von Belang sind, habe ich sie hier an den Schluß gesetzt. Was den Text als solchen angeht, so wurden Ortho graphie und Interpunktion leicht modernisiert. Alle Er gänzungen des Herausgebers - Ü bersetzung fremdspra chiger Termini sowie Zitate und deren Nachweise - sind in eckige Klammern gesetzt worden. Das Nachwort versucht, die philosophiegeschichtlichen Hintergründe zu beleuchten, die Schopenhauers Auffassung der Dia lektik - in scharfer Opposition zu Hege! und in der Wiederan knüpfung an eine lange Tradition, die bis zu Aristoteles zurüc kreicht - besser verstehen lassen. Das Thema »Schopenhauer und die Dialektik « war im Win tersemester I994/95 Gegenstand eines Seminars am In stitut für das Studium fundamentale der Universität Witten/Herdecke, in dem ich Gelegenheit hatte, Tradi tion und Aktualität der Dialektik in ihren historischen und systematischen Aspekten zu diskutieren. Eine italienische Version dieser Ausgabe habe ich I99I für den Verlag Adelphi (Mailand) besorgt: sie hat sich dort eines unerwartet breiten Anklangs erfreut und ein neu es Interesse für Schopenhauer in Gang gebracht. Das Büchlein hat in Italien die Bestsellerliste erklommen, sich an der Spitze der meistverkauften Taschenbücher etwa einJahr lang behauptet und inzwischen die I 5. Auf lage (insgesamt I5oooo Exemplare) erreicht. Ob Scho penhauers Anleitung zur »Kunst, Recht zu behalten« auch im eigenen Land soviel Erfolg erfahren wird ? '
Franeo Volpi
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Eristische Dialektik I I
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Eristische Dialektik1 ist die Kunst zu disputieren, und zwar so zu disputieren, daß man Recht behält, also per Jas et nefas [mit rechten wie mit unrechten Mitteln] .2 I
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Bei den Alten werden Logik und Dialektik meistens als Syn onyme gebraucht: bei den Neueren ebenfalls . Eristik wäre nur ein härteres Wort für dieselbe Sache.-Aristo teles (nach Diog. Laert. V, 28) stellte zusammen Rhetorik und Dialektik, deren Zweck die Überredung, 1:0 rrt3av6v, sei; so dann Analytik und Philosophie, deren Zweck die Wahrheit. �tUAcK'ttKl) 88 EO''tl 1EXY11 A-6ywv' Öt' ilc; avacrKEO