Malte Bornemann Die Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung
GABLER RESEARCH Entrepreneurship Herausgegeben von P...
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Malte Bornemann Die Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung
GABLER RESEARCH Entrepreneurship Herausgegeben von Professor Dr. Malte Brettel, RWTH Aachen, Professor Dr. Lambert T. Koch, Universität Wuppertal, Professor Dr. Tobias Kollmann, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen, Professor Dr. Peter Witt, Universität Dortmund
„Entrepreneurship“ ist ein noch relativ junger Forschungszweig, der jedoch in Wissenschaft und Praxis stetig an Bedeutung gewinnt. Denn Unternehmensgründungen und deren Promotoren nehmen für die wirtschaftliche Entwicklung einen zentralen Stellenwert ein, so dass es nur folgerichtig ist, dem auch in Forschung und Lehre Rechnung zu tragen. Die Schriftenreihe bietet ein Forum für wissenschaftliche Beiträge zur Entrepreneurship-Thematik. Ziel ist der Transfer von aktuellen Forschungsergebnissen und deren Diskussion aus der Wissenschaft in die Unternehmenspraxis.
Malte Bornemann
Die Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung Eine kontextabhängige Betrachtung Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Malte Brettel
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
D 82 (Diss. RWTH Aachen University, 2009)
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Nicole Schweitzer Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2240-3
Geleitwort Unternehmen sehen sich ständigem Wandel ausgesetzt. Dieser betrifft ganz unterschiedliche Ebenen und kann Gefahr und Chance zugleich sein. So stellen Österle und Winter fest: „ Die Wirtschaft befindet sich inmitten der Transformation vom Industrie- zum Informationszeitalter. Insbesondere Innovationen aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik („IT-Innovationen“) ermöglichen neue Geschäftslösungen. Neue Dienstleistungen, neue Produkte, neue Prozesse, neue Unternehmen, ja völlig neue Branchen entstehen. Neue Formen der Führung und Koordination ersetzen konventionelle Organisationsformen.“ Vor allem der letzte Satz deutet darauf hin, dass der beschriebene technologische Wandel auch einen ganz neuen Umgang mit Partnern, Wettbewerbern und insbesondere Kunden bedeuten kann. So verlieren einzelne Produkte und Dienstleistungen immer mehr an Wert – auch hervorgerufen durch ihre relativ einfache Imitierbarkeit – und es treten Gesamtlösungen an ihre Stelle, die Produkte umfassen können, aber auch die Gestaltung der Wertschöpfungskette bis hin zum Kunden bzw. mit dem Kunden einschließen. Insofern sind Unternehmen wie auch die Wissenschaft gefragt, sich in der Analyse mit einem Gegenstand zu befassen, der nicht die einzelne Entität wie ein Produkt oder Unternehmen zum Gegenstand hat, sondern die gesamte Transaktion vom Lieferanten bis hin zum Kunden mit allen Facetten behandelt. Als ein solcher Gegenstand wird das Geschäftsmodell bezeichnet, das die Art und Weise der Gestaltung einer Transaktion von Unternehmen firmenübergreifend mit dem Ziel eine höhere Wertschöpfung zu erzielen, zum Betrachtungsgegenstand hat. Dieser Gegenstand hat sowohl praktische Relevanz für Unternehmen in immer dynamischeren Umfeldern als auch theoretischen Wert, da eine solche Betrachtung als Integrationspunkt für ganz unterschiedliche Theorien zu dienen in der Lage ist. Genau an dieser Stelle setzt auch die vorliegende Arbeit von Malte Bornemann an. Er erarbeitet die Erfolgswirkung dieser verschiedenen Gestaltungsrichtungen von Geschäftsmodellen und analysiert die Bedeutung der Umfeldbedingungen in diesem Zusammenhang. Malte Bornemann setzt sich dabei mit einem Thema auseinander, das für viele Unternehmen extrem wichtig ist, über das es interessanterweise jedoch nur wenig Literatur gibt. Umso spannender ist die vorliegende Arbeit. Das liegt auch daran, dass sich der Autor sowohl in
V
einer theoretisch sehr anspruchsvollen Weise dem Themenkomplex nähert als auch dieses dann zusätzlich mit einer eigenen empirischen Untersuchung bereichert. Damit schafft Herr Bornemann erstens einen hervorzuhebenden wissenschaftlichen Beitrag, der einen wichtigen Baustein in der Forschung über den Erfolgsbeitrag von Geschäftsmodellen darstellt. Zweitens kann er vor allem die Praxis anregen, wie ein Geschäftsmodell gestaltet werden kann. Mit der vorliegenden Schrift kann es Unternehmern gelingen, ihr Unternehmen deutlich erfolgreicher zu machen, nutzt man die Ergebnisse von Malte Bornemann in geeigneter Weise. Insofern ist der Arbeit der breite Leserkreis zu wünschen, den sie verdient. Malte Brettel
VI
Vorwort Für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle. Den Einfluss dieser Faktoren zu verstehen steht im Zentrum der betriebswirtschaftlichen Forschung. Das Geschäftsmodell stellt in diesem Zusammenhang einen relativ neuen Untersuchungsgegenstand dar. Zwar erfreut sich der Begriff seit Mitte der 1990er Jahre großer Beliebtheit, es mangelt jedoch an einheitlichen Definitionen. Die vorliegende Arbeit soll zu einem besseren Verständnis des Geschäftsmodells und der Zusammenhänge zwischen Geschäftsmodell, Unternehmensumfeld und Erfolg beitragen. Dabei kann sie Unternehmer durch die Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen hoffentlich darin unterstützen, das Geschäftsmodell ihres Unternehmens erfolgreich zu gestalten. Die Arbeit wurde im Jahr 2009 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der RheinischWestfälischen Technischen Hochschule Aachen als Dissertationsschrift angenommen. Die erste Anregung zur Bearbeitung des Themas ging von meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Malte Brettel aus. Ihm gilt mein Dank für zahlreiche konstruktive Anmerkungen und Diskussionen. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Herrn Professor Dr. Kai Reimers für die Bereitschaft zur Übernahme des Zweitgutachtens. Bei der Erstellung der Arbeit konnte ich von zahlreichen Gesprächen mit Kollegen und Freunden profitieren. Insbesondere möchte ich mich bei den Mitdoktoranden des Lehrstuhls Wirtschaftswissenschaften für Ingenieure und Naturwissenschaftler für die hilfreichen Diskussionen während der Lehrstuhltage und auch zwischendurch bedanken. Ein ganz besonderer Dank gebührt meinen Eltern, die mich während meiner gesamten Ausbildungszeit stets unterstützt und mich auf meinem Weg bestärkt haben. Abschließend möchte ich mich bei meiner Frau Susanne Bornemann bedanken, die in guten und schwierigen Zeiten immer für mich da ist. Malte Bornemann
VII
Inhaltsübersicht 1 Einleitung ........................................................................................................................... 1 1.1
Problemstellung und Forschungsfragen ................................................................ 1
1.2
Angestrebter Erkenntnisbeitrag ........................................................................... 10
1.3
Vorgehensweise....................................................................................................... 13
2 Konzeptionelle Grundlagen............................................................................................ 15 2.1
Geschäftsmodell...................................................................................................... 15
2.2
Wachstumsunternehmen und KMU..................................................................... 39
2.3
Umfeld des Unternehmens..................................................................................... 46
3 Theoretischer Hintergrund ............................................................................................ 66 3.1
Gestaltungsthemen des Geschäftsmodells............................................................ 67
3.2
Umfeld und Geschäftsmodelle............................................................................... 97
3.3
Konzeptualisierung des Forschungsmodells...................................................... 102
4 Grundlagen der empirischen Untersuchung .............................................................. 114 4.1
Methodik und Vorgehensweise ........................................................................... 114
4.2
Empirische Operationalisierung......................................................................... 148
5 Durchführung der empirischen Untersuchung .......................................................... 168 5.1
Datengrundlage .................................................................................................... 168
5.2
Überprüfung des Modells .................................................................................... 181
5.3
Diskussion der Ergebnisse ................................................................................... 223
6 Zusammenfassende Beurteilung .................................................................................. 242 6.1
Erkenntnisse bezüglich der Forschungsfragen.................................................. 242
6.2
Implikationen für die Forschung ........................................................................ 244
6.3
Implikationen für die unternehmerische Praxis ............................................... 251
IX
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ XV Tabellenverzeichnis.......................................................................................................... XVII Abkürzungsverzeichnis......................................................................................................XXI
1 Einleitung ........................................................................................................................... 1 1.1
Problemstellung und Forschungsfragen ................................................................ 1
1.2
Angestrebter Erkenntnisbeitrag ........................................................................... 10
1.3
Vorgehensweise....................................................................................................... 13
2 Konzeptionelle Grundlagen............................................................................................ 15 2.1
Geschäftsmodell...................................................................................................... 15
2.1.1
Definitionen und Sichtweisen von Geschäftsmodellen ................................... 16
2.1.2
Begriffsverwendung im Rahmen dieser Arbeit ............................................... 19
2.1.3
Abgrenzung zu anderen Begriffen................................................................... 22
2.1.4
Theoretisch-konzeptionelle Arbeiten .............................................................. 29
2.1.5
Empirische Arbeiten ........................................................................................ 34
2.2
Wachstumsunternehmen und KMU..................................................................... 39
2.2.1
Begriffsdefinition............................................................................................. 39
2.2.2
Kriterien und Begründung der Auswahl.......................................................... 43
2.3
Umfeld des Unternehmens..................................................................................... 46
2.3.1
Das Umfeld als Kontextfaktor......................................................................... 46
2.3.2
Theoretischer Hintergrund der Umfeldbetrachtung ........................................ 48
2.3.3
Messbarmachung des Umfelds ........................................................................ 55
3 Theoretischer Hintergrund ............................................................................................ 66 3.1
Gestaltungsthemen des Geschäftsmodells............................................................ 67
3.1.1
Konfiguration als theoretisches Fundament .................................................... 67
3.1.2
Effizienz-zentrierte Geschäftsmodelle............................................................. 71
3.1.3
Innovations-zentrierte Geschäftsmodelle ........................................................ 77
XI
3.1.4
Lock-in-zentrierte Geschäftsmodelle .............................................................. 82
3.1.5
Komplementaritäts-zentrierte Geschäftsmodelle ............................................ 88
3.1.6
Interaktion zwischen den Gestaltungsthemen ................................................. 92
3.1.7
Fazit zu den Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells ............................. 95
3.2
Umfeld und Geschäftsmodelle............................................................................... 97
3.2.1
Bedeutung des Umfelds für die Erfolgswirkung des Geschäftsmodells ......... 97
3.2.2
Auswahl der Charakteristika für den Untersuchungsrahmen dieser Arbeit .. 100
3.3
Konzeptualisierung des Forschungsmodells...................................................... 102
3.3.1
Geschäftsmodellgestaltung und Erfolg.......................................................... 102
3.3.2
Umfeld, Geschäftsmodellgestaltung und Erfolg ........................................... 104
3.3.3
Kombinationen der Geschäftsmodellgestaltung und Erfolg.......................... 112
3.3.4
Gesamtmodell................................................................................................ 112
4 Grundlagen der empirischen Untersuchung .............................................................. 114 4.1
Methodik und Vorgehensweise ........................................................................... 114
4.1.1
Faktorenanalyse ............................................................................................. 115
4.1.2
Strukturgleichungsmodell.............................................................................. 121
4.1.3
Clusteranalyse................................................................................................ 140
4.1.4
Beschreibung der Vorgehensweise................................................................ 146
4.2
Empirische Operationalisierung......................................................................... 148
4.2.1
Geschäftsmodellgestaltungsrichtungen ......................................................... 149
4.2.2
Umfeld des Unternehmens ............................................................................ 154
4.2.3
Erfolg ............................................................................................................. 156
4.2.4
Kontrollvariablen........................................................................................... 161
5 Durchführung der empirischen Untersuchung .......................................................... 168 5.1
Bildung der Stichprobe.................................................................................. 168
5.1.2
Datenerhebung............................................................................................... 170
5.1.3
Verwertbarkeit der Daten .............................................................................. 176
5.1.4
Repräsentativität der Daten ........................................................................... 176
5.2
XII
Datengrundlage .................................................................................................... 168
5.1.1
Überprüfung des Modells .................................................................................... 181
5.2.1
Faktorenanalyse ............................................................................................. 182
5.2.2
Spezifizierung der Konstrukte ....................................................................... 187
5.2.3
Gütebeurteilung auf Messmodellebene ......................................................... 190
5.2.4
Gütebeurteilung auf Strukturmodellebene..................................................... 212
5.2.5
Beurteilung der Gruppenvergleiche............................................................... 216
5.2.6
Beurteilung der Clusteranalyse...................................................................... 220
5.3
Diskussion der Ergebnisse ................................................................................... 223
5.3.1
Ergebnisse zur direkten Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung ..... 224
5.3.2
Ergebnisse zur moderierten Erfolgswirkung ................................................. 227
5.3.3
Ergebnisse zu den Kontrollvariablen............................................................. 234
5.3.4
Ergebnisse zu den Kombinationen von Gestaltungsrichtungen .................... 236
6 Zusammenfassende Beurteilung .................................................................................. 242 6.1
Erkenntnisse bezüglich der Forschungsfragen.................................................. 242
6.2
Implikationen für die Forschung ........................................................................ 244
6.2.1
Beitrag zur Forschung ................................................................................... 244
6.2.2
Restriktionen und weiterer Forschungsbedarf............................................... 249
6.3
Implikationen für die unternehmerische Praxis ............................................... 251
Anhang ................................................................................................................................. 261 Literaturverzeichnis............................................................................................................ 269
XIII
Abbildungsverzeichnis Abb. 1:
Herausforderungen für Unternehmen und wirtschaftswissenschaftliche Forschung ..................................................................................................... 6
Abb. 2:
Kontextabhängige Erfolgswirkung des Geschäftsmodells (schematisch) ... 9
Abb. 3:
Innovation in der Forschung ...................................................................... 10
Abb. 4:
Aufbau der Arbeit....................................................................................... 14
Abb. 5:
Möglichkeiten der Wertschöpfung durch das Geschäftsmodell ................ 21
Abb. 6:
Gründungsformen....................................................................................... 42
Abb. 7:
Deterministische Sichtweise und Strategic Choice-Perspektive................ 54
Abb. 8:
Gesamtmodell und hypothetisierte Zusammenhänge .............................. 113
Abb. 9:
Vorgehen, Forschungsmodell und Analysemethoden.............................. 115
Abb. 10:
Mehrdimensionale Konstrukte zweiter Ordnung ..................................... 133
Abb. 11:
Schritte der empirischen Untersuchung ................................................... 147
Abb. 12:
Zeitliche Verteilung des Rücklaufs der empirischen Untersuchung........ 175
Abb. 13:
Beispielhaftes Strukturgleichungsmodell mit Methodenvariable zur Messung des Common-Method-Bias ....................................................... 180
Abb. 14:
Konstrukte erster Ordnung als Ergebnis der Faktorenanalyse ................. 187
Abb. 15:
Pfadkoeffizienten des Hauptmodells........................................................ 215
Abb. 16:
Pfadkoeffizienten bei hoher und niedriger Unsicherheit.......................... 217
Abb. 17:
Pfadkoeffizienten bei hoher und niedriger Wettbewerbsintensität .......... 218
XV
Abb. 18:
Pfadkoeffizienten der vier Teilgruppen bei kombinierter Betrachtung von Unsicherheit und Wettbewerbsintensität........................................... 220
Abb. 19:
Vorgehensweise der Clusteranalyse......................................................... 221
Abb. 20:
Vergleich der Pfadkoeffizienten der vier Teilgruppen bei kombinierter Betrachtung von Unsicherheit und Wettbewerbsintensität ...................... 232
Abb. 21:
Spinnendiagramm der überdurchschnittlich erfolgreichen Cluster (2 und 6) ................................................................................................... 239
Abb. 22:
Spinnendiagramm der durchschnittlich erfolgreichen Cluster (1, 5 und 7) ............................................................................................... 240
Abb. 23:
Spinnendiagramm der unterdurchschnittlich erfolgreichen Cluster (3 und 4) ................................................................................................... 241
XVI
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Abgrenzung von Geschäftsmodell und Strategie ....................................... 29
Tabelle 2:
Theoretisch-konzeptionelle Untersuchungen zu Geschäftsmodellen mit Schwerpunkt auf dem Modellbegriff ......................................................... 31
Tabelle 3:
Theoretisch-konzeptionelle Untersuchungen zu Geschäftsmodellen mit Schwerpunkt auf Typologien von Geschäftsmodellen............................... 32
Tabelle 4:
Weitere theoretisch-konzeptionelle Untersuchungen zu Geschäftsmodellen ..................................................................................... 33
Tabelle 5:
Qualitative empirische Untersuchungen zu Geschäftsmodellen ................ 36
Tabelle 6:
Quantitative empirische Untersuchungen zu Geschäftsmodellen .............. 38
Tabelle 7:
Auswahl empirischer Studien mit Berücksichtigung verschiedener Umfelddimensionen und subjektiver Messung des Umfelds..................... 64
Tabelle 8:
Wettbewerbsvorteile durch Konfiguration................................................. 70
Tabelle 9:
Arten von Lock-in und zugehörige Umstellungskosten............................. 84
Tabelle 10:
Ergebnisse der Untersuchung der Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells ....................................................................................... 96
Tabelle 11:
Beurteilung des MSA-Kriteriums ............................................................ 119
Tabelle 12:
Entscheidungsregeln zur Konstruktspezifizierung................................... 127
Tabelle 13:
Operationalisierung des Konstrukts "Effizienz-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" ..................................................................... 151
Tabelle 14:
Operationalisierung des Konstrukts "Innovations-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" ..................................................................... 152
XVII
Tabelle 15:
Operationalisierung des Konstrukts "Lock-in-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" ..................................................................... 153
Tabelle 16:
Operationalisierung des Konstrukts "Komplementaritäts-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" ..................................................................... 154
Tabelle 17:
Operationalisierung des Konstrukts "Unsicherheit des Umfelds" ........... 155
Tabelle 18:
Operationalisierung des Konstrukts "Wettbewerbsintensität des Umfelds" .................................................................................................. 155
Tabelle 19:
Operationalisierung des Konstrukts "Unternehmenserfolg" .................... 161
Tabelle 20:
Operationalisierung des Konstrukts "Strategie - Differenzierung".......... 163
Tabelle 21:
Operationalisierung des Konstrukts "Strategie - Kostenführerschaft"..... 163
Tabelle 22:
Operationalisierung des Konstrukts "Strategie - Markteintritt" ............... 164
Tabelle 23:
Operationalisierung der Wachstumsphasen der befragten Unternehmen ............................................................................................ 166
Tabelle 24:
Ergebnisse der Faktorenanalyse "Effizienz-zentriertes Geschäftsmodell" ..................................................................................... 182
Tabelle 25:
Ergebnisse der Faktorenanalyse "Innovations-zentriertes Geschäftsmodell" ..................................................................................... 183
Tabelle 26:
Ergebnisse der Faktorenanalyse "Lock-in-zentriertes Geschäftsmodell" ..................................................................................... 184
Tabelle 27:
Ergebnisse der Faktorenanalyse "Komplementaritäts-zentriertes Geschäftsmodell" ..................................................................................... 186
Tabelle 28:
Spezifizierung der Konstrukte bei Anwendung der Entscheidungsregeln von Jarvis et al. ...................................................... 189
Tabelle 29:
Gütemaße des Konstrukts "Kosten-/Komplexitätsreduktion".................. 198
Tabelle 30:
Gütemaße des Konstrukts "Transparenz"................................................. 198
Tabelle 31:
Gütemaße des Konstrukts "Flexibilität"................................................... 199
XVIII
Tabelle 32:
Gütemaße des Konstrukts "Neue Verknüpfungen".................................. 200
Tabelle 33:
Gütemaße des Konstrukts "Innovationsgrad des Geschäftsmodells"....... 200
Tabelle 34:
Gütemaße des Konstrukts "Netzwerkexternalitäten" ............................... 201
Tabelle 35:
Gütemaße des Konstrukts "Personalisierung".......................................... 201
Tabelle 36:
Gütemaße des Konstrukts "Loyalität/Sicherheit"..................................... 202
Tabelle 37:
Gütemaße des Konstrukts "Vertrauen/Spezifizität" ................................. 202
Tabelle 38:
Gütemaße des Konstrukts "Integration"................................................... 203
Tabelle 39:
Gütemaße des Konstrukts "Bündelung"................................................... 203
Tabelle 40:
Gütemaße des Konstrukts "Unsicherheit"................................................ 204
Tabelle 41:
Gütemaße des Konstrukts "Wettbewerbsintensität" ................................ 205
Tabelle 42:
Gütemaße des Konstrukts "Differenzierungsstrategie"............................ 206
Tabelle 43:
Gütemaße des Konstrukts "Kostenführerschaftsstrategie" ...................... 206
Tabelle 44:
Gütemaße des Konstrukts "Unternehmenserfolg" ................................... 207
Tabelle 45:
Cross-Loadings der reflektiven Indikatoren und aller Konstrukte im First-Order-Modell ................................................................................... 208
Tabelle 46:
Diskriminanzvalidität auf Konstruktebene............................................... 209
Tabelle 47:
Reliabilitätsmaße des Konstrukts "Effizienz-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" ..................................................................... 211
Tabelle 48:
Reliabilitätsmaße des Konstrukts "Innovations-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" ..................................................................... 211
Tabelle 49:
Reliabilitätsmaße des Konstrukts "Lock-in-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" ..................................................................... 212
Tabelle 50:
Reliabilitätsmaße des Konstrukts "Komplementaritäts-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" ..................................................................... 212
Tabelle 51:
Effektgröße f² der unabhängigen Variablen............................................. 216
XIX
Tabelle 52:
Kongruenzkoeffizienten der Konstrukte im Gruppenvergleich ............... 217
Tabelle 53:
Ergebnisse der Clusteranalyse.................................................................. 222
Tabelle 54:
Duncan-Test der Signifikanz der Erfolgsunterschiede zwischen den ermittelten Clustern .................................................................................. 222
Tabelle 55:
Scheffé-Test der Signifikanz der Erfolgsunterschiede zwischen den ermittelten Clustern .................................................................................. 223
Tabelle 56:
Stützung der Hypothesen zur direkten Erfolgswirkung (H1 - H4) und Pfadkoeffizienten ..................................................................................... 224
Tabelle 57:
Gewichte der Dimensionen der Gestaltungsrichtungen ........................... 226
Tabelle 58:
Stützung der Hypothesen zur moderierenden Wirkung der Unsicherheit (H5)..................................................................................... 227
Tabelle 59:
Vergleich der Pfadkoeffizienten bei niedriger und hoher Unsicherheit... 228
Tabelle 60:
Stützung der Hypothesen zur moderierenden Wirkung der Wettbewerbsintensität (H6)...................................................................... 229
Tabelle 61:
Vergleich der Pfadkoeffizienten bei niedriger und hoher Wettbewerbsintensität .............................................................................. 229
Tabelle 62:
Gewichte der Dimensionen der Gestaltungsrichtungen nach Teilgruppe ................................................................................................ 230
Tabelle 63:
Ergebnisse der Gruppenvergleiche der Kontrollvariablen ....................... 234
Tabelle 64:
Rangfolge der Ausprägung der Geschäftsmodellrichtungen der Cluster ...................................................................................................... 237
Tabelle 65:
Korrelation der Geschäftsmodellkonstrukte mit jeweiligem Kontrollindikator...................................................................................... 253
Tabelle 66:
Rangfolge der Pfadkoeffizienten der Gestaltungsrichtungen................... 256
Tabelle 67:
Rangfolge der Gewichtung der Geschäftsmodell-Dimensionen .............. 257
XX
Abkürzungsverzeichnis Abb. AGFI AMA Amos
Abbildung Adjusted Goodness-of-fit Index American Marketing Association Analysis of Moment Structures
ANOVA AVE B2B BEP bspw. bzw. ca.
Analysis of Variance (Varianzanalyse) Average Variance Extracted Business to Business Business Economic Performance (Unternehmenserfolg) beispielsweise beziehungsweise circa
d. d. h.
der das heißt
DEV Dipl.-Kfm. Dr. E-Business E-Commerce
durchschnittlich erfasste Varianz Diplom-Kaufmann Doktor Electronic Business Electronic Commerce
E-Mail engl.
Electronic mail englisch
et al. etc. EU evtl. F&E
et alii (und andere) et cetera (und so weiter) Europäische Union eventuell Forschung und Entwicklung
f. ff. FF FTC GFI ggf. Hrsg.
folgende fortfolgende Forschungsfrage Federal Trade Commission Goodness-of-fit Index gegebenenfalls Herausgeber
XXI
XXII
i. d. R.
in der Regel
IT IKT
Informationstechnologie Informations- und Kommunikationstechnologie
k. A. KMU LISREL MSA n. e.
keine Angaben kleine und mittlere Unternehmen Linear Structural Relations Measure of Sampling Adequacy nicht eindeutig
Nr. PDF PLS PLZ Prof. RWTH S.
Nummer Portable Document Format Partial Least Squares Postleitzahl Professor Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Seite
SEM SIC sog. Sp. SWOT
Structural Equation Modeling Standard Industrial Classification sogenannte(r) Spalte Strengths Weaknesses Opportunities Threats
TCE u. a. vgl. VIF WZ z. B.
Transaction Cost Economics (Transaktionskostentheorie) unter anderem vergleiche Variance Inflation Factor Wirtschaftszweig zum Beispiel
1 Einleitung Auch wenn der Begriff des Geschäftsmodells in der Literatur uneinheitlich definiert ist, herrscht Einigkeit darüber, dass die Gestaltung des Geschäftsmodells für Unternehmen einen wesentlichen Erfolgsfaktor darstellt. Unklar ist jedoch, wie Kontextfaktoren die Erfolgswirkung des Geschäftsmodells beeinflussen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher die konzeptionelle Herleitung eines Modells zur Abbildung der kontextabhängigen Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung sowie dessen empirische Überprüfung. Im folgenden Kapitel 1.1 werden die im Rahmen der Arbeit zu untersuchende Problemstellung näher erläutert und die daraus resultierenden Forschungsfragen vorgestellt. Das Kapitel 1.2 erläutert den angestrebten Erkenntnisbeitrag der Arbeit. Anschließend wird in Kapitel 1.3 die Vorgehensweise zur Bearbeitung der Problemstellung dargestellt.
1.1
Problemstellung und Forschungsfragen
Im Zentrum der betriebswirtschaftlichen Forschung steht seit jeher die Frage nach den Ursachen des Erfolgs von Unternehmen und damit die Identifikation und Beurteilung der Faktoren, die zu einem Wettbewerbsvor- oder -nachteil für Unternehmen führen.1 Am Anfang dieser Arbeit gilt es daher, zunächst die Frage zu beantworten, warum man sich in diesem Zusammenhang mit dem Analysegegenstand "Geschäftsmodell" und dessen Gestaltung beschäftigen sollte. Für lange Zeit in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung war die "Industrie" die bedeutendste Analyseeinheit, nicht nur für die Mikroökonomie im Rahmen der Industrial Organization Forschung, sondern auch für einen Großteil der Strategieforschung.2 Insbesondere im Forschungsbereich des Strategischen Managements ist jedoch, u. a. bedingt durch das Aufkommen des ressourcenbasierten Ansatzes, der Fokus vom Analyseobjekt der "Industrie" auf den Analysegegenstand "Unternehmen" oder auch den der "Geschäftseinheit"
1 2
Vgl. Arend (2008), S. 1; Zahra et al. (2002), S. 1. Vgl. Sampler (1998), S. 348.
1
übergegangen.3 Seit Mitte der 1990er Jahre wird jedoch von einigen Autoren bemängelt, dass die Betrachtung einzelner Unternehmen oder Geschäftseinheiten als Forschungsgegenstand dem stark veränderten Wettbewerbsumfeld und den damit einhergehenden neuen strategischen Anforderungen nicht mehr gerecht wird.4 Die etablierten Konzepte der Wirtschaftswissenschaften genügen den aktuellen Anforderungen nicht mehr, da sie in einem Umfeld entwickelt wurden, welches zunehmend verschwindet.5 Kritisiert wird dabei, dass die meisten Konzepte "explizit oder implizit auf Prämissen [basieren], die der alten Industriegesellschaft entstammen."6 Auch im Gegensatz zu den zur Verfügung stehenden analytischen Vorgehensweisen und Methoden haben sie sich nicht ausreichend weiterentwickelt.7 Die Herausforderung an die betriebswirtschaftliche Forschung besteht also darin, neue Ideen und Konzepte zu entwickeln, welche die Veränderungen in der Wirtschaft abbilden können.8 Ausgelöst wurden und werden diese neuen Anforderungen an Unternehmen vor allem durch die zahlreichen Innovationen im Bereich Informationstechnologie und durch andere technologische Errungenschaften: "new information, communication, and automation technologies profoundly changed the natures of organizations and the nature of work itself."9 Diese Innovationen haben eine starke Veränderung des Umfelds hin zu höherer Unsicherheit und mehr Dynamik verursacht, zur Globalisierung des Wettbewerbs beigetragen und den Wandel hin zu einer informations- und wissensbasierten Wirtschaft mit sich gebracht.10 Gleichzeitig lieferten die neuen Technologien aber auch neue Möglichkeiten, Geschäfte zu machen und die dazu nötigen Strukturen zu organisieren. Die bloße Betrachtung der Wirkung des Einsatzes moderner IT-Systeme auf den Erfolg von Unternehmen wird den Veränderungen dabei nicht gerecht. Das reine Vorhandensein solcher Systeme wird mittlerweile eher als Notwendigkeit gesehen um überhaupt zu bestehen, und nicht mehr als möglicher Wettbewerbsvorteil, da die Technologisierung vieler Industrien nun weit fortgeschritten ist: "the core functions of IT – data storage, data processing, and data transport – have become available and affordable to all."11 Allerdings bestehen durchaus Unterschiede darin, wie erfolgreich Unternehmen und Netzwerke von Unternehmen die modernen Technologien einsetzen und welche Fähigkeiten sie im Umgang mit diesen
3 4 5 6 7 8 9 10 11
2
Vgl. die Definition von "Strategic Management" bei Nag et al. (2007), S. 944. Vgl. Schmid (2000), S. 196; Bettis (1998), S. 357; Sampler (1998), S. 354. Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S. 26. Schmid (2000), S. 196. Vgl. Bettis (1998), S. 357. Vgl. Sampler (1998), S. 354. Walsh et al. (2006), S. 660. Vgl. Dunbar/Starbuck (2006), S. 171; Jacobides et al. (2006), S. 1200f.; Sampler (1998), S. 354. Carr (2003), S. 42.
Technologien entwickeln.12 Die Erklärung für Unterschiede in der Erfolgswirkung der Einführung neuer Technologien scheint also darin zu liegen, wie Firmen die Innovationen im IT-Bereich mit den durch diese Technologien ermöglichten Veränderungen von Prozessen, Entscheidungsstrukturen und anderen organisatorischen Veränderungen kombinieren.13 Wichtiger als die Technologie an sich sind demnach die damit einhergehenden Möglichkeiten neuer Geschäfte und die geänderten Anforderungen an Unternehmen, ihre Organisation und ihre Strategien: "Die Wirtschaft befindet sich inmitten der Transformation vom Industriezum Informationszeitalter. Insbesondere Innovationen aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik ("IT-Innovationen") ermöglichen neue Geschäftslösungen. Neue Dienstleistungen, neue Produkte, neue Prozesse, neue Unternehmen, ja völlig neue Branchen entstehen. Neue Formen der Führung und Koordination ersetzen konventionelle Organisationsformen."14 Die Kommunikationstechnologie hat demnach die Art und Weise, in der Unternehmen organisiert werden können, drastisch verändert: "new kinds of organizations have grown prevalent, shifting the options for organization designs to different organizational properties. In particular, communication technologies have revolutionized the ways organizations operate".15 Neue Technologien wie das Internet haben das Spektrum an Möglichkeiten der internen Organisation einzelner Unternehmen erweitert.16 Die Veränderungen in den Organisationsformen von Unternehmen zeigen sich aber auch in einer Zunahme von temporären oder dauerhaften Kooperationen zwischen Unternehmen, organisiert über Allianzen, Joint Ventures, Lizenzvereinbarungen und andere Instrumente.17 Diese Zusammenschlüsse können stark strukturiert oder eher amorph sein.18 Netzwerke spielen dabei eine immer zentralere Rolle für Erfolg und Wachstum von Unternehmen, und Wettbewerb findet zunehmend zwischen ganzen Netzwerken von Firmen statt.19 Unternehmen sind mehr und mehr gefordert, externe Aktivitäten oder Technologien zu integrieren, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.20 Auch für Distributoren und
12 13 14 15 16 17 18 19 20
Vgl. Currie (2004), S. 5. Vgl. Brynjolfsson/Hitt (2005), S. 29. Österle/Winter (2003), S. 4. Dunbar/Starbuck (2006), S. 171. Vgl. Brews/Tucci (2004), S. 429ff. Vgl. Chung et al. (2000), S. 1; Gulati (1998), S. 293; Dowling/McGee (1994), S. 1667. Vgl. Tapscott et al. (2000), S. ix. Vgl. Hite/Hesterly (2001), S. 275; Bettis/Hitt (1995), S. 15. Vgl. Teece et al. (1997), S. 518.
3
Lieferanten bedeutet dies, dass sich ihre klar definierte, angestammte Rollenverteilung verändert.21 In den Beziehungen zu ihren Kunden ändern sich die Voraussetzungen für viele Firmen ebenfalls. Konsumenten sind zunehmend aktiv und treten in einen Dialog mit den Anbietern von Produkten und Dienstleistungen.22 Dabei spielt das Internet eine zentrale Rolle, da es völlig neue Möglichkeiten der Interaktion zwischen den Kunden, sowie zwischen ihnen und den Unternehmen ermöglicht, bspw. bei der Gestaltung neuer Produkte.23 Auch vor der Verbreitung des Internets gab es zwar bereits die elektronische Vernetzung von Zulieferern und ihren Abnehmern, bspw. in der Automobilindustrie.24 Die Möglichkeiten der Ausgestaltung dieser Vernetzung sind durch das Internet jedoch noch einmal gestiegen: "Das Internet kann […] zu einer Einbindung von Unternehmen in Netzwerke sowohl auf Seite der Wertschöpfungsprozesse, als auch auf Seiten der Kunden führen. Die elektronische Vernetzung von Unternehmen untereinander ist für diese nicht wirklich neu. Elektronisch unterstützte Netzwerke von Zulieferern existieren in verschiedenen Branchen bereits teilweise seit deutlich über einem Jahrzehnt. […] Ohne Zweifel ermöglicht das Internet jedoch neue Freiheitsgrade für die Gestaltung der internen und externen Arbeitsteilung und damit neue Modelle der inner- und zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit."25 Nicht alle Branchen sind gleichermaßen stark betroffen, in einigen sind die Veränderungen durch das Internet immens, in anderen nur gering.26 Prahalad/Ramaswamy kommen zu dem Schluss, dass Unternehmen ihre Wahrnehmung grundsätzlich verändern müssen: "companies must escape the firm-centric view of the past and seek to co-create value with customers".27 In der Interaktion zwischen Firmen und ihren Konsumenten sehen sie die zukünftig bestimmenden Möglichkeiten der Wertschöpfung.28 Neben den neuen Möglichkeiten, welche mit dem technologischen Fortschritt einhergegangen sind, sind aber auch eine Reihe damit entstandener Herausforderungen zu nennen. So hat sich für die meisten Unternehmen die Art und Intensität des Wettbewerbsumfelds seit den 1990er Jahren stark verändert.29 Insbesondere sind Unternehmen mittlerweile gezwungen, auf
21 22 23 24 25 26 27 28 29
4
Vgl. Prahalad/Ramaswamy (2000), S. 79; Venkatraman/Henderson (1998), S. 39f. Vgl. Prahalad/Ramaswamy (2000), S. 80. Vgl. Hummel (2005), S. 1; Franke/Piller (2004), S. 401f. Vgl. Reimers (2001), S. 232. Hummel (2005), S. 16. Vgl. Porter (2001), S. 74. Prahalad/Ramaswamy (2004), S. 7. Vgl. Prahalad/Ramaswamy (2004), S. 10. Vgl. Walsh et al. (2006), S. 664f.; Ilinitch et al. (1996), S. 211.
globaler Ebene zu konkurrieren, oder wie es Walsh et al. sehr plastisch formulieren: "organizations were knocked from their relatively quiescent perch and forced to compete in global markets of all kinds."30 Neben der Globalisierung des Wettbewerbs besteht ein weiterer wesentlicher Faktor in der Veränderung der Wettbewerbsstrukturen in der abnehmenden Erfolgsbedeutung einzelner Produkte und Dienstleistungen, begleitet von zunehmender Bedeutung wissensbasierter Tätigkeiten.31 In der Vergangenheit standen die Massenproduktion und der Konsum von Waren im Zentrum der Wirtschaft. Die moderne Wirtschaft dagegen basiert auf Produktion und Konsum von zunehmend differenzierten Gütern und Dienstleistungen.32 Einige dieser Angebote sind gar nicht mehr physisch greifbar, sondern rein wissensbasiert (bspw. Software) und auch bei hochwertigen tangiblen Gütern kommt es in Produktion und Entwicklung immer stärker auf Wissen an, als auf reine Produktionskapazität.33 Einzelne Produkte und Dienstleistungen verlieren an Bedeutung für den Erfolg von Unternehmen, da sie immer schneller von Wettbewerben imitiert werden können.34 Der Wissenstransfer und die praktisch unmittelbare öffentliche Verfügbarkeit vieler Information sorgen dafür, dass Wettbewerber neue Angebote immer leichter imitieren können.35 Dadurch wird es für Unternehmen schwieriger, rein über neue Produkte und Dienstleistungen Wettbewerbsvorteile zu schaffen, die langfristig von Dauer sind.36 Selbst erfolgreiche Produkte sind kein Garant mehr für den Erfolg des Unternehmens: "Immer weniger definieren Produkterfolge den Unternehmenserfolg. Ein Produkt kann sich gut verkaufen, trotzdem kann das Unternehmen aufgrund einer schlechten Ressourcenkonfiguration oder wegen suboptimalen Einsatzes von Kooperationspartnern Verluste erleiden. […] Die Einbindung des Unternehmens in Netzwerke, die Gestaltung der Transaktionsbeziehungen innerhalb des Unternehmens und die Fähigkeit zur Internalisierung der Netzwerkexternalitäten sind heute wichtige Werttreiber. Entsprechend kann auch nicht mehr das Unternehmen Analyseeinheit bei der Klärung der Wertschaffung sein."37 Nicht nur der Kern der Wertschöpfung von Unternehmen hat sich also verändert, auch die Analyse der Strukturen, die zur Wertschöpfung
30 31 32 33 34 35 36 37
Walsh et al. (2006), S. 664. Vgl. Dunbar/Starbuck (2006), S. 171. Vgl. Fornell et al. (1996), S. 7. Vgl. Tapscott et al. (2000), S. 5. Vgl. Mitchell/Coles (2003), S. 19. Vgl. Ketchen et al. (2004), S. 30. Vgl. Mitchell/Coles (2003), S. 19. Bieger et al. (2002), S. 36.
5
nötig sind, kann sich nicht mehr allein auf die Betrachtung vertikal integrierter Firmen beschränken.38 Die folgende Abbildung fasst die praktischen und theoretischen Implikationen der genannten Veränderungen im Umfeld von Unternehmen zusammen:
Veränderungen im Umfeld von Unternehmen
Neue Technologien in den Bereichen: - Information - Kommunikation - Automatisierung
Abb. 1: Quelle:
Herausforderungen für die wirtschaftliche Praxis der Unternehmen
- Höhere Unsicherheit/Dynamik des Umfelds - Globaler Wettbewerb - Wechsel zur informations-/ wissensbasierten Wirtschaft - Veränderte Beziehungen zu Lieferanten, Partnern und Kunden - Neue Geschäftsmöglichkeiten - Neue Möglichkeiten der Organisation
Herausforderungen für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung
- Bisherige Analyseeinheiten „Industrie“, „Unternehmen“, „Geschäftseinheit“ verlieren an Bedeutung - Etablierte Theorien/Ansätze werden verändertem Umfeld der Praxis nicht mehr gerecht - Bedarf nach firmenübergreifendem Analysegegenstand
Herausforderungen für Unternehmen und wirtschaftswissenschaftliche Forschung Eigene Darstellung
Diese Entwicklungen bringen einher, dass es deutlich schwieriger wird, genaue Grenzen zwischen einzelnen Unternehmen zu erkennen und sie als separate Einheiten zu erfassen.39 Auch die Grenzen zwischen Organisation und Markt verwischen zusehends.40 Die für den Wettbewerb relevante organisatorische Einheit ist nicht mehr problemlos zu erkennen und oftmals über die traditionell angenommene Grenze zwischen Unternehmen und Markt hinausgehend.41 Die Betrachtung einzelner Firmen oder auch ihrer Funktionen wie Vertrieb, Produktion oder Finanzen, reicht demnach nicht mehr aus, um die für den Erfolg notwendigen Wertschöpfungstreiber zu identifizieren. Es bedarf eines Analysegegenstands, der den geänderten Anforderungen besser gerecht wird. Rindova/Kotha fassen die Erfordernisse wie folgt zusammen: "understanding how firms pursue competitive advantage in dynamic environments requires simultaneous understanding of changes in function (that is, product
38 39 40 41
6
Vgl. Tapscott et al. (2000), S. 12. Vgl. Benjamin/Wigand (1995), S. 62. Vgl. Bettis/Hitt (1995), S. 15. Vgl. Bettis (1998), S. 359.
strategy) and changes in form (that is, organizational arrangements, including structures, routines, resources and capabilities)."42 Ilinitch et al. sprechen bereits 1996 angesichts des veränderten Umfelds für Unternehmen von "hypercompetitive conditions", gekennzeichnet unter anderem durch "the convergence of firms through networks and partnerships and the colliding and blurring of industry boundaries".43 Um diesen Veränderungen im Umfeld, aber auch in den Organisationsformen von Firmen und den Grenzen von Industrien gerecht zu werden, fordern sie neue theoretische Ansätze: "New theoretical frameworks are needed to organize and understand the variation, experimentation, transience, adaptation, and flexibility that increasingly characterize the organizational designs, strategies, and management practices being invented by managers."44 Gefordert wird also ein Analysegegenstand, der explizit berücksichtigt, dass Unternehmen heutzutage nicht unabhängig von anderen Unternehmen Wertschöpfung betreiben. Dabei reicht es nicht aus, die traditionellen Lieferanten in die Betrachtung mit einzubeziehen, auch Kunden und Partner spielen eine größere Rolle.45 Damit steht nicht mehr nur die interne Organisation eines einzelnen Unternehmens im Fokus des Interesses, sondern auch die Art und Weise, wie die Transaktionen nicht nur mit Kunden und Lieferanten sondern auch mit Partnern gestaltet werden.46 Für die explizite Berücksichtigung dieser neuen organisatorischen Formen gab es bisher nur sehr wenige Versuche, geeignete Konzepte zu definieren und demzufolge auch kaum geeignete Messgrößen.47 Das Geschäftsmodell als Analysegegenstand berücksichtigt die Art und Weise der Transaktionsgestaltung von Unternehmen als Mittel der Wertschöpfung und betrachtet diese Firmengrenzen überschreitend.48 Im Zentrum eines Geschäftsmodells steht zwar immer ein bestimmtes Unternehmen, allerdings geht das Geschäftsmodell als Analysegegenstand über diese "focal firm" hinaus: "the business model as a unit of analysis has a wider scope than does the firm, since it encompasses the capabilities of multiple firms in multiple industries."49 Das Geschäftsmodell eines Unternehmens stellt damit einen zeitgemäßen Analysegegenstand dar, welcher zur Erklärung des Erfolgs im heutigen Umfeld von Unternehmen beitragen kann.
42 43 44 45 46 47 48 49
Rindova/Kotha (2001), S. 1264. Ilinitch et al. (1996), S. 214. Ilinitch et al. (1996), S. 214. Vgl. Prahalad/Ramaswamy (2000), S. 81. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 194; Foss (2002), S. 6f. Vgl. Foss (2002), S. 5. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 183. Amit/Zott (2001), S. 514.
7
Ein Unternehmen kann sich über ein bestimmtes Geschäftsmodell einen Vorteil in der Wertschöpfung verschaffen.50 Verbesserungen im Geschäftsmodell können somit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bedeuten: "Business model improvements can make a big difference in creating strategic competitive advantages".51 Ein weiterer Vorteil des Geschäftsmodells als Gegenstand der Forschung liegt darin, dass es als Integrationspunkt für unterschiedliche Theorien dienen kann, welche sonst nur Teilaspekte der Wertschöpfung von Unternehmen hinreichend zu erklären vermögen.52 Zudem kann das Geschäftsmodell aufgrund der ständigen Veränderung des Umfelds, in dem Unternehmen sich mit ihrer Geschäftstätigkeit bewegen, ein aussagekräftigerer Indikator zur Beschreibung eines Unternehmens sein als z. B. die Branchenzugehörigkeit.53 Das Geschäftsmodell stellt allerdings kein "Allheilmittel" für die genannten Probleme der Managementforschung dar, die Komplexität der Realität zu erfassen. Die Eignung des Geschäftsmodells bestimmt zwar maßgeblich den Erfolg eines Unternehmens mit: "the 'appropriateness' of a venture's business model determines its success".54 Allerdings muss das Geschäftsmodell, wie andere Faktoren auch, im Kontext des Umfelds des Unternehmens verstanden werden: "neither strategies nor structures alone, nor a suitable match between environment and strategy or structure, will be adequate to ensure good performance, unless there is a match between all three."55 Die Betrachtung der Erfolgswirkung des Geschäftsmodells in Abhängigkeit des Kontexts, in dem das entsprechende Unternehmen agiert, ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit.
50 51 52 53 54 55
8
Vgl. Zott/Amit (2008), S. 4. Mitchell/Coles (2003), S. 16. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 511. Vgl. Schoegel (2001), S. 12f. Andries/Debackere (2007), S. 82. Pelham (1999), S. 39.
Umfeld des Unternehmens
Geschäftsmodell des Unternehmens
Abb. 2: Quelle:
Unternehmenserfolg
Kontextabhängige Erfolgswirkung des Geschäftsmodells (schematisch) Eigene Darstellung
Unternehmen haben bei der Gestaltung ihres Geschäftsmodells verschiedene Möglichkeiten, Schwerpunkte zu setzen und können so auf unterschiedliche Art und Weise Wert schaffen. Die Untersuchung der Erfolgswirkung dieser verschiedenen Gestaltungsrichtungen von Geschäftsmodellen und die Analyse der Bedeutung der Umfeldbedingungen in diesem Zusammenhang ist Ziel dieser Arbeit. Dazu werden die folgenden Forschungsfragen formuliert: Forschungsfrage 1: Welche Wirkung haben unterschiedliche Gestaltungsrichtungen von Geschäftsmodellen auf den Erfolg? Forschungsfrage 2: Welche Unterschiede in der Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung bestehen bei verschiedenen Umfeldbedingungen? Forschungsfrage 3: Welche Kombinationen von Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells existieren und wie unterscheiden sie sich in ihrer Erfolgswirkung? Bisherige Arbeiten zum Analysegegenstand des Geschäftsmodells und seiner Bedeutung als Erfolgsfaktor für Unternehmen haben diese drei Fragen nur unzureichend oder gar nicht untersucht. Die Beantwortung dieser drei Forschungsfragen soll dazu beitragen, die bestehenden Erkenntnisse in der Forschung zum Geschäftsmodell maßgeblich zu erweitern.
9
1.2
Angestrebter Erkenntnisbeitrag
Erster Schritt zur Durchführung einer erfolgreichen Forschungsarbeit ist die Formulierung von Forschungsfragen: "The formulation of an interesting research question is a necessary first step to conducting successful research."56 Die aufgestellten Forschungsfragen bestimmen zu einem großen Teil, welchen Beitrag die Arbeit zur Forschung leisten kann und welche neuen Erkenntnisse gewonnen werden können. Voss sieht dabei als ausschlaggebenden Punkt für den Forschungsbeitrag einer Arbeit deren Innovationsgrad, welcher von inkrementeller Innovation bis zu radikaler Innovation reichen kann.57 Die folgende Abbildung zeigt Voss' Einteilung von Forschungserkenntnissen hinsichtlich ihres Innovationsgrads:
Wesentliche Konzepte Bewährt
Verändert
Beibehalten
Inkrementelle Innovation: Replizierung von Ergebnissen, ggf. geringfügig erweitert
Modulare Innovation: Untersuchung eines oder mehrerer Konstrukte auf neue Art
Verschieden
Architektonische Innovation: Untersuchung bekannter Beziehung in neuem Kontext oder Untersuchung neuer moderierender Effekte
Radikale Innovation: Einführung eines neuen Konzepts (Konstrukte und Beziehungen)
Beziehungen zwischen den wesentlichen Konzepten
Abb. 3: Quelle:
Innovation in der Forschung Eigene Darstellung in Anlehnung an Voss (2003), S. 357
Die Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung ist bisher nur in wenigen Arbeiten untersucht worden. Insbesondere Zott/Amit haben sich auf Basis einer empirischen Untersuchung dieser Thematik angenommen.58 Daher soll an dieser Stelle auf die Zielsetzung hinsichtlich des zusätzlichen Erkenntnisbeitrags dieser Arbeit eingegangen werden. Der Erkenntnisbeitrag dieser Arbeit ist dabei in vier Punkten zu sehen. Kernbeitrag ist sicherlich die Gewinnung von Erkenntnissen hinsichtlich der Erfolgsrelevanz einzelner Ausprägungen der Gestaltung des Geschäftsmodells und deren Kombinationen in unterschiedlichen Umfeldern, abgebildet durch bisher in diesem Zusammenhang nicht untersuchte moderierende Variablen. Bisherige Arbeiten haben sich bei der Untersuchung der Geschäftsmodellgestaltung weitgehend auf Unternehmen aus dem Bereich E-Business konzentriert und zudem das Umfeld der Unternehmen nicht explizit in die Untersuchung
56 57 58
10
Voss (2003), S. 356. Vgl. Voss (2003), S. 356ff. Vgl. Zott/Amit (2008); Zott/Amit (2007).
einbezogen.59, 60 Darüber hinaus wird die vorliegende Arbeit durch die Betrachtung von vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells und deren Kombinationen Erkenntnisse über die existierenden Arbeiten hinaus liefern, da sich bisherige Arbeiten schwerpunktmäßig auf nur zwei Gestaltungsthemen, Innovation und Effizienz des Geschäftsmodells, konzentrieren.61 Der dritte Beitrag zum Forschungsfeld liegt in der Erarbeitung der hinter den Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells liegenden Dimensionen, welche unter anderem durch die Anwendung einer Faktorenanalyse erfolgt. Viertens erlaubt die Vorgehensweise, die Gründer/Geschäftsführer von Unternehmen direkt zu ihrem jeweiligen Geschäftsmodell zu befragen, die Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung erstmals auch für nicht börsennotierte Unternehmen zu messen. Dafür erfolgt die Operationalisierung der Gestaltungsthemen des Geschäftsmodells als multidimensionale Konstrukte mittels eines Strukturgleichungsverfahrens. Die vorliegende Arbeit greift damit einige in der bisherigen Literatur zum Themenbereich vorgeschlagene Möglichkeiten für weitere Forschung auf. Gemäß Dess et al. besteht Bedarf an neuen Ansätzen, Wettbewerbsvorteile zu erklären.62 Die Frage, welchen Beitrag das Geschäftsmodell zur Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen liefert, ist noch nicht final beantwortet.63 Morris et al. bemängeln ein Fehlen an Arbeiten, welche Geschäftsmodelle in ihrer Erfolgswirkung beurteilen.64 Auch Zott/Amit sehen Bedarf, die Reliabilität ihrer Erkenntnisse durch weitere Studien zur Erfolgswirkung verschiedener Gestaltungsmöglichkeiten von Geschäftsmodellen zu überprüfen: "How reliable is the impact of various business model design themes on performance and do efficiency-centered business models have higher reliability of performance than novelty-centered ones […]?"65 Die Einbeziehung der Umfeldfaktoren in die Untersuchung im Rahmen der vorliegenden Arbeit kann eine Antwort auf die von Zott/Amit gestellte Frage nach der Beeinflussung der Geschäftsmodellgestaltung durch derartige Faktoren liefern: "What factors give rise to and shape business model designs? How do regulations, customer preferences, and competition
59 60
61 62 63 64 65
So auch Zott/Amit (2008); Zott/Amit (2007); Pecha (2004). Zott/Amit (2007) haben in ihrer Untersuchung einen Vergleich zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten (vor und nach dem Höhepunkt der New Economy) vorgenommen, um darüber zumindest indirekt die "Freigiebigkeit" des wirtschaftlichen Umfelds abzubilden. Dabei handelt es sich zum einen jedoch nicht um eine Abbildung verschiedener Umfelddimensionen, zum anderen ist die Relevanz dieses Vergleichs vor allem für die von Zott/Amit untersuchten börsennotierten E-Business-Unternehmen gegeben. Vgl. Zott/Amit (2007). Vgl. Dess et al. (1997), S. 693. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 195. Vgl. Morris et al. (2005), S. 727. Zott/Amit (2007), S. 195.
11
influence the emergence and evolution of these designs?"66 Auch Morris et al. betonen, dass nur wenige Erkenntnisse darüber vorliegen, unter welchen Bedingungen bestimmte Geschäftsmodelle erfolgreicher sind als andere.67 Die Aufnahme externer Faktoren in die Untersuchung der Erfolgswirkung wird generell in der Forschung zum Strategischen Management wie auch im Bereich Entrepreneurship für gewinnbringend befunden.68 Auch die branchenübergreifende Betrachtung von Geschäftsmodellen wurde von zahlreichen Autoren gefordert. Pecha nennt beispielsweise die Anwendung des Analysekonzepts des Geschäftsmodells auf andere Branchen als E-Business als weiteren Forschungsbedarf.69 Schweizer kommt nach seiner Analyse verschiedener Typologien des Geschäftsmodellbegriffs zu dem Schluss: "Future research should focus on the analysis of business models in different industries".70 Zott/Amit nennen weitere Möglichkeiten, denen diese Arbeit nachgeht.71 So werden in der vorliegenden Arbeit neben jungen Wachstumsunternehmen auch etabliertere Unternehmen befragt und die Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung für diese überprüft. Ebenso erlaubt die vorliegende Arbeit, den Faktoren, welche die Gestaltung des Geschäftsmodells bestimmen, näher auf den Grund zu gehen. Bei den Elementen, welche die Geschäftsmodelle ausmachen, sehen auch Bieger et al. weiteren Forschungsbedarf: "Interessante Forschungsschwerpunkte ergeben sich bei der Frage, welche Konfigurationen bezüglich der Ausgestaltung einzelner Elemente der Geschäftsmodelle kompatibel sind und wie sich die entsprechende Ausgestaltung auf den unternehmerischen Erfolg auswirkt."72 Insgesamt wird durch die Untersuchung bisher nicht betrachteter moderierender Effekte sowie der genannten weiteren Punkte ein wesentlicher Erkenntnisbeitrag angestrebt, der über eine reine Bestätigung bisher untersuchter Zusammenhänge hinausgeht und somit zumindest als "architektonische Innovation" betrachtet werden kann.
66 67 68 69 70 71 72
12
Zott/Amit (2007), S. 195. Vgl. Morris et al. (2005), S. 727. Vgl. Robinson/McDougall (2001), S. 667. Vgl. Pecha (2004), S. 235f. Schweizer (2005), S. 53. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 195. Bieger et al. (2002), S. 58.
1.3
Vorgehensweise
Die zu behandelnde Problemstellung, die daraus resultierenden Forschungsfragen sowie die Zielsetzung dieser Arbeit wurden in den Kapiteln 1.1 und 1.2 verdeutlicht. In diesem Abschnitt wird nun kurz die weitere Vorgehensweise geschildert, der zur Beantwortung der genannten Forschungsfragen gefolgt wird. Kapitel 2 liefert die notwendigen theoretischen Grundlagen für das Verständnis des Untersuchungsgegenstands "Geschäftsmodell" und des Kontexts, in welchem dieser im Rahmen der vorliegenden Arbeit betrachtet wird. Dabei wird in Kapitel 2.1 das Geschäftsmodell als Gegenstand der Betrachtung erläutert. Kapitel 2.2 geht auf die Auswahl von Unternehmen ein, welche für die empirische Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit besonders geeignet erscheinen. Anschließend wird in Kapitel 2.3 auf die Bedeutung des Umfelds, in welchem Unternehmen agieren, für die Erfolgswirkung des Geschäftsmodells eingegangen. Kapitel 3 stellt im Anschluss die Gestaltungsmöglichkeiten von Geschäftsmodellen vor, deren Erfolgswirkung im Verlauf der Arbeit mittels der empirischen Untersuchung überprüft werden soll, und erläutert die jeweiligen theoretischen Hintergründe. Dabei werden in Kapitel 3.1 der theoretische Hintergrund für die Betrachtung unterschiedlicher Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells generell erläutert und die vier analysierten Themen vorgestellt. Außerdem enthält dieses Kapitel Ausführungen zur Interaktion zwischen den Gestaltungsrichtungen. Kapitel 3.2 widmet sich der Auswahl der Dimensionen des Umfelds, welche für die Betrachtung der Beziehung zwischen Geschäftsmodell und Erfolg als besonders relevant erscheinen. Auf Basis dieser Erkenntnisse erfolgt in Kapitel 3.3 die Konzeptualisierung der empirischen Untersuchung einschließlich der Hypothesenbildung. Der Aufbau der empirischen Untersuchung wird in Kapitel 4 geschildert. Nach Erläuterung und Begründung der Auswahl der gewählten Methodik in Kapitel 4.1 erfolgt in Kapitel 4.2 im Anschluss die Operationalisierung der verschiedenen Messmodelle, die im Rahmen der empirischen Untersuchung eingesetzt werden. Die Durchführung und die Beurteilung der Ergebnisse der empirischen Untersuchung sind Gegenstand von Kapitel 5. Die Erläuterung und Beurteilung der Datengrundlage erfolgt in Kapitel 5.1. Kapitel 5.2 beschreibt im Anschluss die empirische Überprüfung des Modells, bevor in Kapitel 5.3 auf die Ergebnisse der empirischen Untersuchung eingegangen wird. In Kapitel 6 werden abschließend die Implikationen der Arbeit beurteilt. Kapitel 6.1 behandelt die Erkenntnisse bezüglich der in Kapitel 1.1 dargestellten Forschungsfragen, bevor in Kapitel 6.2 bzw. 6.3 auf die Bedeutung der Ergebnisse für die Forschung sowie für die
13
unternehmerische Praxis näher eingegangen wird. Die folgende Abbildung gibt eine Übersicht über den Aufbau der Arbeit und zeigt die Gliederung der Kapitel:
1.1 Problemstellung und Forschungsfragen 1 Einleitung
1.2 Angestrebter Erkenntnisbeitrag 1.3 Vorgehensweise
2.1 Geschäftsmodell 2 Konzeptionelle Grundlagen
2.2 Wachstumsunternehmen und KMU 2.3 Umfeld des Unternehmens
3.1 Gestaltungsthemen des Geschäftsmodells 3 Theoretischer Hintergrund
3.2 Umfeld und Geschäftsmodelle 3.3 Konzeptualisierung des Forschungsmodells
4 Grundlagen der empirischen Untersuchung
4.1 Methodik und Vorgehensweise 4.2 Empirische Operationalisierung
5.1 Datengrundlage 5 Durchführung der empirischen Untersuchung
5.2 Überprüfung des Modells 5.3 Diskussion der Ergebnisse
6.1 Erkenntnisse bezüglich der Forschungsfragen 6 Zusammenfassende Beurteilung
6.2 Implikationen für die Forschung 6.3 Implikationen für die unternehmerische Praxis
Abb. 4: Quelle:
14
Aufbau der Arbeit Eigene Darstellung
2
Konzeptionelle Grundlagen
Das folgende Kapitel erläutert die für den weiteren Verlauf der Arbeit notwendigen begrifflichen und inhaltlichen Grundlagen. Zunächst soll in Kapitel 2.1 der Begriff des Geschäftsmodells für die Verwendung im Rahmen dieser Arbeit definiert und von anderen Begriffen abgegrenzt werden. Dabei gibt dieses Kapitel auch einen Überblick über die Vielzahl existierender Definitionen und erläutert die Gründe für die Auswahl der in dieser Arbeit angewandten Definition. Kapitel 2.2 geht auf den Begriff und die Besonderheiten von Wachstumsunternehmen einerseits, sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) andererseits ein. Schließlich werden in Kapitel 2.3 die Charakteristika erläutert, die zur Unterscheidung des Umfelds, in dem die untersuchten Unternehmen agieren, herangezogen werden sollen.
2.1
Geschäftsmodell
Im Folgenden werden zunächst unterschiedliche Definitionen und Sichtweisen des Geschäftsmodells vorgestellt und näher untersucht, mit dem Ziel, eine zur Verwendung im Rahmen dieser Arbeit geeignete Definition festzulegen (Kapitel 2.1.1 und 2.1.2). Darüber hinaus erfolgt eine notwendige Abgrenzung zu verwandten Begriffen (Kapitel 2.1.3). Weiterhin soll dieses Kapitel einen Überblick über existierende Arbeiten im Forschungsbereich des Geschäftsmodells liefern. Zur besseren Verdeutlichung der Entwicklung wird eine Trennung zwischen theoretisch-konzeptionellen (Kapitel 2.1.4) und empirischen Arbeiten (Kapitel 2.1.5) vorgenommen.
15
2.1.1
Definitionen und Sichtweisen von Geschäftsmodellen
Der Begriff "Geschäftsmodell" (engl.: Business Model) existiert bereits seit Mitte der 1970er Jahre.73 Bis zu Beginn der 1990er Jahre wurde er jedoch vornehmlich im Zusammenhang mit computer- bzw. systembasierter Modellierung gebraucht, erst ab etwa 1995 zeigt sich dagegen die Verwendung im Zusammenhang mit Wertschöpfungsaspekten dominant.74 Seit Mitte der 1990er Jahre erfreut sich der Begriff zunehmend wachsender Beliebtheit in der nichtwissenschaftlichen Wirtschaftspresse sowie unter Gründern und Kapitalgebern.75 Es finden sich dabei jedoch weiterhin verschiedene Definitionen des Begriffs, wie Ghaziani/Ventresca festhalten: "Competing terms persist even while business model public talk increases dramatically".76 Die häufige Verwendung des Begriffs ist sowohl im deutschen als auch im englischen Sprachraum durch die wachsende Aufmerksamkeit für Electronic Business/Electronic Commerce ab Mitte der 1990er Jahre begründet.77, 78 Bieger et al. erklären diese häufige Verwendung des Begriffs im Kontext elektronischer Märkte dadurch, dass in diesem Bereich eine Vielzahl neuartiger Lösungen, z. B. für die Umsetzung neuer Ertragsmechanismen, entstanden sei.79 Ungeachtet seiner nunmehr häufigen Verwendung – in welchem Rahmen diese auch immer erfolgt – wird der Begriff oftmals gar nicht explizit definiert.80, 81 Rentmeister/Klein
73
74 75
76 77 78
79 80
81
16
Ghaziani/Ventresca (2005) identifizieren mittels einer Abfrage der Datenbank ABI Inform im Jahr 1975 den ältesten Artikel, in welchem der Begriff "Business Model" im Abstract auftaucht. Vgl. Ghaziani/Ventresca (2005), S. 533. Vgl. Ghaziani/Ventresca (2005), S. 544f. Vgl. Pecha (2004), S. 3; Seddon et al. (2004), S. 11; Rentmeister/Klein (2003), S. 18f.; Bieger et al. (2002), S. 35; Hürlimann/Jaggi (2002), S. 3; Magretta (2002), S. 86; zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt (2002), S. 64. Ghaziani/Ventresca (2005), S. 549. Vgl. Richardson (2008), S. 136; Currie (2004), S. 3; Rentmeister/Klein (2003), S. 18. Es existieren unterschiedliche Definitionen für die Begriffe E-Business und E-Commerce. Dabei wird meist E-Commerce als der Bestandteil von E-Business aufgefasst, der die unternehmensexternen Transaktionsprozesse betrifft, während E-Business darüber hinaus auch interne Mechanismen eines Unternehmens beinhaltet. Die Verwendung elektronischer Medien zur Durchführung der genannten Prozesse oder Mechanismen ist jeweils zentraler Bestandteil der Definition. Vgl. für eine solche Definition bspw. Tschanz (2002), S. 11; DeMaio (2001), S. 10; Stähler (2001), S. 54. Eine Übersicht verschiedener Definitionen finden sich bspw. bei Van der Vorst et al. (2002), S. 122. Vgl. Bieger et al. (2002), S. 35. Diese Beobachtung machen u.a. Rentmeister/Klein (2003), S. 18; Chesbrough/Rosenbloom (2002), S. 532; Wirtz (2000), S. 81; Timmers (1998), S. 4. Vgl. für Arbeiten, welche den Begriff häufig verwenden, jedoch nicht explizit definieren bspw. Markides/Charitou (2004); Rajgopal et al. (2003); Kulatilaka/Venkatraman (2001); Hamel (1999); Ghosh (1998).
konstatieren daher, der Begriff Geschäftsmodell sei "zum Modewort avanciert und wird ebenso häufig wie uneinheitlich in journalistischen wie wissenschaftlichen Quellen verwendet."82 Es mangelt jedoch auch nicht an Autoren die versuchen, eine Definition vorzunehmen. Diese existierenden Definitionen sind allerdings weitestgehend sehr verschieden, es herrscht keine Einigkeit darüber, was genau mit "Geschäftsmodell" gemeint ist.83 Morris et al. bemängeln, dass nicht nur kein Konsens darüber herrsche, wie der Begriff zu definieren ist, es sei zudem auch unklar, in welchem Kontext Geschäftsmodelle zu betrachten sind.84 Was genau als konstituierende Bestandteile eines Geschäftsmodells verstanden wird, variiert je nach Definition.85 Teilweise widersprechen sich verschiedene Definitionen sogar deutlich.86 Diese Unklarheit gilt sowohl für die deutschsprachige als auch für die englischsprachige Forschung: "Der Begriff ist weder in der deutschen noch in der angelsächsischen Betriebswirtschaftslehre eindeutig definiert."87 Manche Autoren scheinen auf Grund der unklaren Definition den Begriff Business Model oder Geschäftsmodell bewusst ganz vermeiden zu wollen. So verwendet z.B. Kollmann für eine von Wirtz verwendete Typologie von Geschäftsmodellen lieber den Begriff des Geschäftskonzepts.88 Stähler definiert dagegen ein Geschäftsmodell als ein in der Praxis angewandtes Geschäftskonzept, ähnlich wie auch Hamel.89 Ein weiterer Begriff, der für Geschäftsmodelle verwendet wird, ist "Business Design".90 Diese Begriffsvielfalt erschwert die klare Definition noch zusätzlich. In der Summe muss festgestellt werden, dass keine einzelne Definition des Begriffs Geschäftsmodell als weithin akzeptiert bezeichnet werden kann.91 Eine in der Literatur vergleichsweise häufig von anderen Autoren aufgegriffene Definition ist die von Timmers. Timmers liefert eine dreiteilige Definition des Begriffs Geschäftsmodell: "An architecture for the product, service and information flows, including a description of the various business actors and their roles; and [a] description of the potential benefits for the
82 83 84 85 86 87 88 89 90 91
Vgl. Rentmeister/Klein (2003), S. 17. Vgl. Seddon et al. (2004), S. 11; Porter (2001), S. 73. Vgl. Morris et al. (2005), S. 726. Vgl. Currie (2004), S. 3. Vgl. Hummel (2005), S. 30. Hummel (2005), S. 30. Vgl. Kollmann (2006), S. 137ff.; Wirtz (2000), S. 87ff. Vgl. Stähler (2001), S. 41f.; Hamel (2000), S. 65ff. Vgl. Slywotzky (1996), S. 21ff. Vgl. Morris et al. (2005), S. 726.
17
various business actors; and [a] description of the sources of revenues."92 Diverse, darunter auch zahlreiche deutschsprachige, Autoren verwenden diese Definition als Grundlage für ihre Arbeiten.93 Rentmeister/Klein sehen sie als die wohl am weitesten verbreitete Definition des Geschäftsmodells an.94 Jedoch stellt sie mitnichten eine allgemein akzeptierte Definition dar, wie Malone et al. konstatieren: "Business model definitions and descriptions have proliferated since Timmers."95 Mansfield/Fourie sehen ein Problem darin, dass das Konzept des Geschäftsmodells derzeit noch in einer frühen Phase seiner Entwicklung steht und eine klare Definition gerade durch das turbulente und dynamische Umfeld, in dessen Kontext der Begriff verwendet wird, erschwert wird.96 Andere Autoren sehen das Hauptproblem darin, dass ein genereller Mangel an Forschung in diesem Bereich besteht. So Tikkanen et al.: "The concept of a business model is nearly absent from academically oriented literature and thus remains more or less underconceptualized".97 Auch Morris et al. stellen fest, dass dem Konzept des Geschäftsmodells in der Forschung überraschend wenig Aufmerksamkeit zuteil geworden ist.98 Unter den existierenden Arbeiten sehen sie den Fokus auf E-Business: "Surprisingly, little attention has been given to business models by researchers, with much of the published work focusing on Internet-based models."99 Dieser Ansicht sind auch Malone et al.: "Most of the academic research on business models has been done in the context of e-business – new ways of doing business enabled by information technology."100 Dabei machen sie zwei wesentliche, sich ergänzende Forschungsrichtungen aus: Taxonomien von Geschäftsmodellen einerseits und die Definition von Bestandteilen des Geschäftsmodell andererseits.101 Diese Fokussierung auf den Bereich E-Business erscheint dahingehend problematisch, als dass das Konzept des Geschäftsmodells durchaus für andere Branchen von Bedeutung ist, wie zahlreiche Autoren betonen.102 Ein weiteres Problem wird in der häufig mangelnden theoretischen Fundierung des Geschäftsmodellkonzepts gesehen.103 Zwar eignet sich das Geschäftsmodell zur Integration
92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103
18
Timmers (1998), S. 4. Vgl. bspw. Chen (2003), S. 27; Rentmeister/Klein (2003), S. 19f.; Selz (1999), S. 106. Vgl. Rentmeister/Klein (2003), S. 19. Malone et al. (2006), S. 3. Vgl. Mansfield/Fourie (2004), S. 40. Tikkanen et al. (2005), S. 790. Vgl. Morris et al. (2005), S. 726. Morris et al. (2005), S. 726. Malone et al. (2006), S. 2. Vgl. Malone et al. (2006), S. 2. Vgl. Zollenkopp (2006), S. 31f.; Schweizer (2005), S. 53; Shafer et al. (2005), S. 202; Chen (2003), S. 33. Vgl. Morris et al. (2005), S. 727; Hedman/Kalling (2003), S. 56.
verschiedener theoretischer Perspektiven, es ist aber nicht klar einer einzelnen Theorie zuzuordnen.104 Dies sehen Chesbrough/Rosenbloom als Grund, weshalb das Konzept in der Forschung nicht prominenter vertreten ist: "One reason why academic scholarship has not focused on the concept [of business models] may be that it draws from and integrates a variety of academic and functional disciplines, gaining prominence in none."105
2.1.2
Begriffsverwendung im Rahmen dieser Arbeit
Wie im vorhergehenden Kapitel beschrieben, mangelt es in der Literatur nicht an verschiedenen Definitionen und Sichtweisen von Geschäftsmodellen. Aus diesen gilt es, für die Verwendung im Rahmen dieser Arbeit eine geeignete Definition auszuwählen oder abzuleiten. Um für die Verwendung im Rahmen dieser Arbeit und die Beantwortung der Forschungsfragen geeignet zu sein, muss eine Definition des Geschäftsmodells mehrere Kriterien erfüllen. Zum einen soll der Fokus dieser Arbeit auf der Untersuchung der Erfolgswirkung des Geschäftsmodells liegen. Daher muss mit Hilfe der Definition das Geschäftsmodell als Erfolgsfaktor/Wettbewerbsvorteil erfassbar sein, Wertschöpfungsaspekte sollten im Fokus der Definition stehen. Dies ist für eine Reihe von neueren Definitionen der Fall: "In recent academically oriented management literature, the business model concept most often refers to value creation and economic logic".106 Erforderlich ist darüber hinaus aber auch eine klare Definition von überprüfbaren Gestaltungselementen, um die erwarteten Unterschiede in der Erfolgswirkung verschiedener Geschäftsmodelle abbilden zu können. Die Definition soll ebenso die Anwendbarkeit außerhalb des E-Business ermöglichen. Um eine Ableitung von Hypothesen und deren empirische Überprüfung wissenschaftlich fundiert zu ermöglichen, ist die Verankerung in einem theoretischen Rahmen erforderlich. Wie bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnt, mangelt es den meisten der existierenden Definitionen vor allem an einer solchen theoretischen Fundierung. Viele gehen über eine reine Beschreibung von verschiedenen Geschäftsmodelltypen, die je nach Schwerpunkt der Untersuchung an unterschiedlichen Kriterien festgemacht werden, nicht hinaus.
104 105 106
Vgl. Chesbrough/Rosenbloom (2002), S. 533; Amit/Zott (2001), S. 511. Chesbrough/Rosenbloom (2002), S. 533. Tikkanen et al. (2005), S. 790.
19
Morris et al. nennen allerdings explizit eine Definition als Ausnahme bzgl. des Mangels an theoretischer Herleitung: "A notable exception can be found in Amit and Zott (2001), who approach the business model construct as a unifying unit of analysis that captures value creation arising from multiple sources."107 Gleicher Meinung sind auch Hedman/Kalling sowie Tikkanen et al..108 Letztere verdeutlichen die Verankerung des Konzepts in verschiedenen theoretischen Hintergründen: "Amit and Zott, 2001 business model concept is an exception in business model literature as it is explicitly theoretically anchored in value chain analysis, Schumpeterian innovation, transaction cost economics, the resource-based view and strategic networks."109 Amit/Zott definieren das Geschäftsmodell wie folgt: "A business model depicts the content, structure, and governance of transactions designed so as to create value through the exploitation of business opportunities."110 Das Geschäftsmodell ist also als Abbild der Struktur zu verstehen, mit der das betrachtete Unternehmen seine Transaktionen in Faktor- und Produktmärkten gestaltet: "The business model is a structural template that describes the organization of a focal firm’s transactions with all of its external constituents in factor and product markets."111 Diese Definition zeichnet sich neben der geforderten Orientierung an Aspekten der Wertschöpfung und der theoretischen Verankerung dadurch aus, dass sie die Gestaltung von Transaktionen als konkretes, überprüfbares Gestaltungselement beinhaltet. Dies ermöglicht die Untersuchung von unterschiedlichen Ausprägungen von Geschäftsmodellen, ihren Kombinationen und den jeweiligen Erfolgswirkungen. Schweizer merkt an, dass die Definition vergleichsweise stark fokussiert und dabei Bereiche ausklammert, die andere Definitionen als Bestandteil des Geschäftsmodells betrachten.112 Scheer et al. beurteilen die Definition von Amit/Zott dagegen als "weit genug, um alle relevanten Aspekte zur Beschreibung des unternehmerischen Handelns hinreichend zu umfassen."113 Amit/Zott identifizieren in ihrer Arbeit vier "Themen"114, welche Unternehmen in der Gestaltung ihrer Transaktionen zum Zwecke der Wertschöpfung verfolgen: Effizienz,
107 108 109 110 111 112 113 114
20
Morris et al. (2005), S. 727f. Vgl. Tikkanen et al. (2005), S. 791; Hedman/Kalling (2003), S. 56. Tikkanen et al. (2005), S. 791. Amit/Zott (2001), S. 511. Zott/Amit (2008), S. 1. Vgl. Schweizer (2005), S. 39f. Scheer et al. (2003), S. 13. Zott/Amit führen den Begriff der "business model design themes" ein, siehe Zott/Amit (2007), S. 182. In der vorliegenden Arbeit wird analog dazu von Gestaltungsthemen des Geschäftsmodells gesprochen.
Innovation, Lock-in und Komplementarität. Durch die Ausrichtung des Geschäftsmodells entlang dieser Gestaltungsrichtungen können Unternehmen ihr Geschäftsmodell zur Wertschöpfung nutzen. Die folgende Abbildung fasst diese Themen zusammen:
Effizienz
Komplementarität
Wertschöpfung durch das Geschäftsmodell
Innovation
Lock-in
Abb. 5: Quelle:
Möglichkeiten der Wertschöpfung durch das Geschäftsmodell Eigene Darstellung in Anlehnung an Amit/Zott (2001), S. 504
Kapitel 3.1 widmet sich diesen vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells, erläutert den jeweiligen theoretischen Hintergrund und stellt vor, wie Unternehmen ein bestimmtes Thema in ihrem Geschäftsmodell verfolgen können. Die Definition von Amit/Zott geht gerade durch die Fokussierung auf den Transaktionsaspekt über generische Typologien von Geschäftsmodellen hinaus, die oft nur auf E-Business Firmen anwendbar sind.115 Auch Hitt et al. unterstützen diese Ansicht: "These [Amit's and Zott's] findings are valuable not only for e-business firms. […] The concepts of efficiency, complementarities, lock-in, and novelty are important for value creation in all business operations."116 Damit wird die Definition der Anforderung gerecht, Geschäftsmodelle industrieübergreifend untersuchen zu können.
115 116
Vgl. Zott/Amit (2007), S. 194. Hitt et al. (2001), S. 486.
21
Ein weiterer Vorteil der Definition von Amit/Zott ist darin zu sehen, dass sie bereits empirische Anwendung gefunden hat, deren Ergebnisse in renommierten Publikationen erschienen sind und die als Anknüpfungspunkt für die vorliegende Arbeit dienen können.117
2.1.3
Abgrenzung zu anderen Begriffen
Neben der uneinheitlichen Verwendung des Geschäftsmodellbegriffs wird häufig auch dessen synonyme Verwendung zu anderen Begriffen beklagt.118 Pecha kommt zu dem Schluss, "dass zahlreiche Autoren den Terminus eher als ein Synonym für andere etablierte Begriffe einsetzen."119 Der Mehrwert dieser Arbeiten in Bezug auf den Analysegegenstand des Geschäftsmodells wäre dann in Frage zu stellen. Eine Abgrenzung zu den am ehesten synonym verwendeten Begriffen scheint demnach notwendig. Daher wird nachfolgend zunächst eine Abgrenzung zu dem Begriff des Erlös- bzw. Ertragsmodells (engl.: "revenue model") vorgenommen, anschließend auf die Abgrenzung der Begriffe Geschäftsmodell und Strategie eingegangen. Letztere Unterscheidung erscheint besonders bedeutsam, da die Erfolgswirkung der Strategie eines Unternehmens bereits Gegenstand zahlreicher Arbeiten war und der Neuigkeitswert von Untersuchungen des Geschäftsmodells begrenzt wäre, wenn es sich de facto nur um ein Synonym für den Strategiebegriff handelte. Abgrenzung zum Begriff Erlösmodel (Revenue Model) Das Erlösmodell eines Unternehmens beschreibt die spezifische Art und Weise, in welcher die Generierung von Umsätzen erfolgt.120 Diese können bspw. durch den einfachen Verkauf von Produkten, Dienstleistungen oder Informationen entstehen, aber auch durch Werbung, Lizenzgebühren, Abonnements oder Transaktionsgebühren.121 Die Abgrenzung des Geschäftsmodells vom Erlösmodell ist von besonderer Bedeutung, da zahlreiche Autoren die fälschliche Verwendung des Geschäftsmodellbegriffs für die Beschreibung von Erlösmodellen beklagen.122 Insbesondere frühere Arbeiten zum Thema Geschäftsmodell waren oftmals gänzlich auf das Erlösmodell fokussiert.123 Auch aktuelle
117 118 119 120 121 122 123
22
Vgl. Zott/Amit (2008); Zott/Amit (2007); Amit/Zott (2001). Vgl. Schweizer (2005), S. 42; Pecha (2004), S. 15; Rentmeister/Klein (2003), S. 18; Wirtz (2000), S. 81. Pecha (2004), S. 15. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 515. Vgl. Rayport/Jaworski (2003), S. 128. Vgl. bspw. Schweizer (2005), S. 42; Pecha (2004), S. 3. Vgl. Richardson (2008), S. 140.
Beiträge verwenden jedoch den Begriff des Geschäftsmodells teilweise rein zur Beschreibung des Erlösmodells eines Unternehmens, bspw. Pauwels/Weiss, welche Geschäftsmodelle von Anbietern von Online-Inhalten analysieren möchten, faktisch jedoch nur werbebasierte und subskriptionsbasierte Erlösmodelle vergleichen.124 In der Tat messen zahlreiche Definitionen des Geschäftsmodells der Generierung von Umsatz eine besonders hohe Bedeutung bei; die überwiegende Zahl der Autoren ist jedoch der Ansicht, dass es sich bei dem Erlösmodell nur um einen von mehreren Bestandteilen des Geschäftsmodells handelt.125 Das Geschäftsmodell geht demnach in seiner Bedeutung über das Erlösmodell hinaus. Schweizer versteht den Unterschied wie folgt: "a business model primarily focuses on value creation, whereas a revenue model is primarily concerned with value appropriation – […] a complementary dimension of the business model concept."126 Auch Pecha ist der Ansicht, "dass das Erlösmodell vielmehr als ein Bestandteil eines vollständigen Geschäftsmodells subsumiert werden kann."127 Statt des Begriffs "Erlösmodell" verwenden zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt den Begriff der "Ertragsmechanik", die sie wie folgt definieren: "Die Ertragsmechanik gibt […] – aus Sicht des betrachteten Unternehmens - Auskunft über die Quellen, aus denen es Umsatzerlöse erwirtschaftet, und zeigt darüber hinaus auf, wie diese Quellen zusammenhängen."128 Sie sehen jedoch die Ertragsmechanik als zusätzlich zum Geschäftsmodell zu betrachtenden, wenn auch bedeutsamen Gegenstand: "Die explizite Berücksichtigung der Ertragsmechanik ermöglicht außerdem eine Aussage zur Überlebensfähigkeit einzelner Geschäftsmodelle."129 Auch Amit/Zott sehen in Geschäftsmodell und Erlösmodell zwar komplementäre, aber dennoch unterschiedliche Konzepte.130 Das Erlösmodell gibt also bestenfalls einen Ausschnitt des gesamten Geschäftsmodells wieder, weshalb die Begrifflichkeiten klar zu trennen sind.
124 125
126 127 128 129 130
Vgl. Pauwels/Weiss (2008), S. 14ff. Vgl. bspw. Hummel (2005), S. 33ff.; Afuah (2004), S. 11; Schwickert (2004), S. 11; Dubosson-Torbay et al. (2002), S. 10f.; Mahadevan (2000), S. 59; Timmers (1998), S. 4. Schweizer (2005), S. 42. Pecha (2004), S. 22. zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt (2002), S. 76. zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt (2002), S. 84. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 515.
23
Abgrenzung zum Begriff Strategie Häufig wird der Begriff des Geschäftsmodells mit Aspekten des Begriffs Strategie verwechselt.131 Davor warnen u. a. Rentmeister/Klein: "Die im populären Sprachgebrauch teils synonyme Verwendung des Begriffs "Geschäftsmodell" statt "Strategie" ist bedenklich, da ein Geschäftsmodell keine Strategie darstellt und eine Strategie nicht ersetzen kann."132 Dieses Problem wird sicherlich dadurch forciert, dass für den Begriff der Strategie selbst keine allgemeingültige Definition in der Literatur vorherrscht.133 Eine der anerkanntesten Betrachtungen der Strategie stellen die Wettbewerbsstrategien von Porter dar.134 Seine Typologisierung dreier generischer Wettbewerbsstrategien hat zahlreichen weiteren theoretischen und empirischen Arbeiten als Grundlage gedient und ist in unterschiedlichen Branchen angewendet worden.135 Dess et al. nennen Porters Ansatz den bedeutsamsten für die Forschung: "the framework that has fostered the most theoretical and empirical work in recent years has been Porter's (1980) typology of three generic strategies".136 Porter definiert Strategie wie folgt: "Strategy is the creation of a unique and valuable position, involving a different set of activities."137 Dabei komme es besonders darauf an, dieses Set von Aktivitäten anders als Wettbewerber auszuführen oder andere Aktivitäten als diese zu wählen.138 Für Porter manifestiert sich die Auswahl der Aktivitäten in der strategischen Positionierung - "the process of perceiving new positions that woo customers from established positions or draw new customers into the market."139 Nach Porters Definition wird ein Unternehmen also wesentlich durch seine strategischen Aktivitäten bestimmt, welche darauf abzielen, durch die Auswahl einer attraktiven Position im Markt den Umfeldbedingungen gerecht zu werden.140
131 132 133 134 135
136 137 138 139 140
24
Vgl. Seddon et al. (2004), S. 12. Rentmeister/Klein (2003), S. 21. Vgl. Hambrick (2003), S. 116; zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt (2002), S. 64; Porter (1996), S. 61. Vgl. Porter (1980), S. 34ff. Vgl. bspw. Panayides (2003), S. 123ff.; Spanos/Lioukas (2001), S. 907ff.; Govindarajan/Fisher (1990), S. 259ff.; Narver/Slater (1990), S. 20ff.; Miller (1988), S. 280ff.; Dess/Davis (1984), S. 467ff. Dess et al. (1993), S. 778. Porter (1996), S. 68. Vgl. Porter (1996), S. 64. Porter (1996), S. 65. Vgl. Spanos/Lioukas (2001), S. 907.
Eine zweite, ähnlich weit verbreitete Definition von Strategie stellt die Klassifizierung der vier strategischen Organisationstypen nach Miles/Snow dar: Defenders, Prospectors, Analyzers und Reactors.141 Auch diese Herangehensweise an die Strategie hat zahlreichen Arbeiten als Grundlage gedient.142 Sie wird auch 30 Jahre nach ihrer Einführung weiterhin zur Abbildung der Strategie eines Unternehmens in verschiedenen Forschungszusammenhängen genutzt.143 Bedingt durch die Vielzahl unterschiedlicher Definitionen sowohl des Begriffes Strategie als auch des Geschäftsmodellbegriffs wird auch die Abgrenzung voneinander in der Literatur sehr unterschiedlich vorgenommen. Einige Autoren bezeichnen Strategie ganz oder teilweise als Bestandteil des Geschäftsmodells bzw. sehen im Geschäftsmodell eine Weiterentwicklung des Strategiekonzepts.144 So sehen z.B. Chesbrough/Rosenbloom die Formulierung der Wettbewerbsstrategie als Funktion des Geschäftsmodells145, während Afuah nur die profitorientierten Aspekte der Strategie als im Geschäftsmodell enthalten bezeichnet.146 Auch Morris et al. sehen das Geschäftsmodell zwar nicht als Strategie, jedoch als Strategieelemente enthaltend: "It is not a strategy, but includes a number of strategy elements."147 Andere Autoren wiederum sehen im Geschäftsmodell ein Vehikel zur Umsetzung der Strategie eines Unternehmens.148 Yip vertritt die Ansicht, eine radikale Strategie sei eine Aktivität zur Veränderung des Geschäftsmodells.149 Er betont dabei aber, dass es sich bei den beiden Begriffen Geschäftsmodell und Strategie um zwei voneinander verschiedene Konzepte handelt.150 Seddon et al. versuchen die Überschneidungen der beiden Begriffe dadurch aufzulösen, dass sie das Geschäftsmodell als eine "abstract representation of some aspect of a firm's strategy" sehen.151 Anhand ihrer Arbeiten über Geschäftsmodelle (im e-Business-Kontext) kommen sie zu dem Schluss, dass diese Sichtweise konsistent mit diversen Definitionen des Geschäftsmodellbegriffs sein kann.152 Allerdings bieten Seddon et al. noch eine zweite
141 142
143 144 145 146 147 148 149 150 151 152
Vgl. Miles/Snow (1978), S. 29. Vgl. bspw. Jennings et al. (2003), S. 208ff.; Smith et al. (1989), S. 63ff.; Segev (1987a), S. 258ff.; Snow/Hrebiniak (1980), S. 317ff. Vgl. Hambrick (2003), S. 117. Vgl. zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt (2002), S. 64. Vgl. Chesbrough/Rosenbloom (2002), S. 534. Vgl. Afuah (2004), S. 12. Morris et al. (2005), S. 727. Vgl. Lam/Harrison-Walker (2003), S. 18. Vgl. Yip (2004), S. 19f. Vgl. Yip (2004), S. 24. Seddon et al. (2004), S. 13. Vgl. Seddon et al. (2004), S. 26f.
25
Perspektive auf den Begriff des Geschäftsmodells, in welcher sie diesen von dem Begriff der Strategie abtrennen.153 Auch diese Perspektive erscheint ihnen als "a useful way of comparing and classifying business models and strategy that is both consistent with most leading authors' definitions of the terms and also helps in making meaningful distinctions between the terms."154 Magretta stellt fest, dass beide Begriffe, Geschäftsmodell und Strategie, häufig unüberlegt verwendet werden. Obwohl Magretta anmerkt, dass jeder Versuch der Abgrenzung zweier abstrakter Begriffe auch arbiträre Entscheidungen beinhaltet, sieht sie einen deutlichen Unterschied.155 Dieser wesentliche Unterschied zwischen Geschäftsmodell und Strategie liegt ihr zufolge im Einbezug der Wettbewerber in die Betrachtung, wobei die vorteilhafte Positionierung gegenüber diesen nach Magretta Aufgabe der Strategie ist.156 Christensen hält unterdessen das Geschäftsmodell für eine von der Markpositionierung unabhängige mögliche Quelle eines Wettbewerbsvorteils.157 Auch die weit verbreitete Definition von Timmers sieht die Strategie nicht als Bestandteil des Geschäftsmodells, sondern betrachtet sie ausdrücklich von diesem getrennt.158 Mansfield/Fourie sehen ebenfalls unterschiedliche Aufgaben für beide Konzepte.159 Die Hauptaufgabe der Strategie liegt ihnen zufolge in der Erreichung eines Wettbewerbsvorteils, die Aufgabe des Geschäftsmodells dagegen in der Gestaltung der Wertschöpfung: "Business models give rise to the concept of value; strategy provides the strategic intent."160 Ähnlich argumentieren Mitchell/Coles, welche in möglichen Veränderungen und Verbesserungen des Geschäftsmodells allerdings Wege sehen, die verfolgten Strategien zu unterstützen.161 Seddon et al. sehen ebenfalls die Hauptaufgabe der Strategie in der Positionierung gegenüber Wettbewerbern; Geschäftsmodelle dagegen sehen sie als "focusing on the activity system side of how an organization creates economic value".162 Unter den Autoren, welche Strategie und Geschäftsmodell als zwei unterschiedliche Konzepte betrachten, scheint also weitgehende Einigkeit zu herrschen, dass es Aufgabe der Strategie ist,
153 154 155 156 157 158 159 160 161 162
26
Vgl. Seddon et al. (2004), S. 27. Seddon et al. (2004), S. 32. Vgl. Magretta (2002), S. 92. Vgl. Magretta (2002), S. 91. Vgl. Christensen (2001), S. 109. Vgl. Rentmeister/Klein (2003), S. 19. Vgl. Mansfield/Fourie (2004), S. 41. Mansfield et al. (2005), S. 23. Vgl. Mitchell/Coles (2003), S. 16. Seddon et al. (2004), S. 12.
die Positionierung im Markt gegenüber dem Wettbewerb zu bestimmen. Das Konzept des Geschäftsmodells ist dagegen eher für die Gestaltung von Transaktionen zum Zwecke der Wertschöpfung heranzuziehen.163 Diese Ansicht ist konsistent mit den vorherrschenden Definitionen von Strategie, sowohl nach der Porterschen Lehre als auch bezogen auf die strategischen Typen von Miles/Snow.164 So merkt Snow bereits 1976 an: "strategy refers to management's selection of a particular product-market domain and an overall consensus on how that domain is to be served."165 Die vier strategischen Organisationstypen von Miles/Snow basieren im Wesentlichen auf der Produkt-Markt-Ausrichtung des Unternehmens.166 Folgt man dieser Betrachtung, dann kann das Geschäftsmodell eine zur Strategie komplementäre Rolle spielen. So sind Teece et al. der Ansicht, dass die Positionierung im Markt zwar durchaus wichtig sei, ihre Bedeutung jedoch oftmals überschätzt werde: "product market position, while important, is too often overplayed."167 Neben der Strategie sind demnach auch andere Faktoren zu berücksichtigen. Mansfield/Fourie argumentieren, dass sowohl Strategie als auch Geschäftsmodell für den Erfolg eines Unternehmens relevant seien: "Neither strategy nor business models, in isolation, indicate success".168 Mansfield et al. führen weiter aus, dass sie Strategie und Geschäftsmodell als unterschiedliche Teile einer Bandbreite von erfolgsbestimmenden Determinanten sehen: "Strategic intent, business models, futurity, instinctive responsiveness, agility and pliancy […] are some of the determinants that predicate success."169 Der Ansicht, dass Strategie und Geschäftsmodell zwei unterschiedliche Konzepte sind, die beide für den Unternehmenserfolg von Bedeutung sein können, sind auch Zott/Amit. Sie fassen den wesentlichen Unterschied wie folgt zusammen: "product market strategy differs from the business model mainly through its focus on the positioning of the firm vis-à-vis its rivals, whereas the business model is a structural construct that centers on the pattern of the
163
164 165 166 167 168 169
Eine andere Ansicht vertreten zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt (2002), welche sowohl die Festlegung, welche Produkt-/Marktkombination eine Unternehmung anbieten sollte, als auch die Gestaltung der Art der Transaktionsbeziehungen als Bestandteil des Geschäftsmodells sehen. Nichtsdestotrotz sind auch sie der Meinung, dass die Transaktionsbeziehungen eines Unternehmens von hoher Bedeutung seien, bspw. im Rahmen von Investitionsentscheidungen. Vgl. zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt (2002), S. 66ff. Vgl. Porter (1980), Miles/Snow (1978). Snow (1976), S. 250. Vgl. Segev (1987b), S. 565f. Teece et al. (1997), S. 522. Mansfield/Fourie (2004), S. 42. Mansfield et al. (2005), S. 21.
27
firm’s economic exchanges with external parties in its addressable factor and product markets."170 Zott/Amit weisen in ihrer Arbeit zudem empirisch nach, "that a firm's product market strategy and its business model are distinct constructs that affect firm performance."171, 172 Basierend auf ihrer Analyse kommen Zott/Amit zu dem Schluss: "Firms that address the same customer need, and pursue similar product market strategies, can do so with very different business models."173 Zott/Amit weisen in ihrer Arbeit explizit darauf hin, dass die konzeptionellen Argumente, welche die Trennung von Geschäftsmodell und Strategie als zwei unterschiedliche Konstrukte unterstützen, relativ neu und noch nicht allgemein bekannt bzw. akzeptiert seien.174 Im Rahmen dieser Arbeit wird für das Geschäftsmodell auf die Definition von Amit/Zott zurückgegriffen.175 Auch in der Abgrenzung zum Begriff der Strategie kann auf die diesbezüglichen Arbeiten von Zott/Amit verwiesen werden. Wie ausgeführt, ist diese Abgrenzung mit der Argumentation der Mehrheit der Autoren, welche Geschäftsmodell und Strategie bewusst trennen, konform. Sie ist außerdem konsistent mit der Definition der Strategie als Positionierung im Markt und gegenüber Wettbewerbern. Die folgende Tabelle fasst die wesentlichen Unterschiede zwischen den Begriffen Geschäftsmodell nach der Definition von Amit/Zott und Strategie zusammen:
170 171 172
173 174 175
28
Zott/Amit (2008), S. 4. Zott/Amit (2008), S. 2. Dazu überprüfen sie die Diskriminanzvalidität der von ihnen verwendeten Geschäftsmodellkonstrukte mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse sowie auf Basis des PLS-Verfahrens. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 13ff. Zott/Amit (2008), S. 4. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 6. Siehe Kapitel 2.1.2.
Geschäftsmodell
Strategie
Definition
Muster der Transaktionen einer Unternehmung mit ihren externen Stakeholdern
Muster der Aktionen des Managements, welche erklären, wie die Unternehmung durch Positionierung im Absatzmarkt einen Wettbewerbsvorteil erreicht und aufrecht erhält
Kernfrage
Wie soll die Unternehmung die Verbindung zu Faktor- und Absatzmärkten gestalten?
Wie soll die Unternehmung sich gegenüber Wettbewerbern positionieren?
- Welche Parteien können zusammengebracht werden um eine Geschäftsmöglichkeit auszuschöpfen und wie können sie mit der Unternehmung verknüpft werden um Transaktionen zu ermöglichen? (z. B., wie sehen die Austauschmechanismen aus?)
- Welche generische Strategie soll verfolgt werden (z. B. Kostenführerschaft und/oder Differenzierung)? - Wann und wie soll der Markteintritt erfolgen?
- Welche Informationen oder Güter werden zwischen den Parteien ausgetauscht und welche Ressourcen und Fähigkeiten werden benötigt um diesen Austausch zu ermöglichen? - Wie werden die Transaktionen zwischen den Parteien gesteuert und kontrolliert und welche Anreize existieren für die Parteien? Analysegegenstand
(Fokus-)Unternehmung und ihre jeweiligen Transaktionspartner
Unternehmung
Fokus
Extern orientiert: Fokus auf Transaktionen/ Austausch der Unternehmung mit anderen
Intern/extern orientiert: Fokus auf Aktivitäten und Aktionen der Firma im Hinblick auf den Wettbewerb
Tabelle 1: Quelle:
2.1.4
Abgrenzung von Geschäftsmodell und Strategie In Anlehnung an Zott/Amit (2008), S. 5
Theoretisch-konzeptionelle Arbeiten
In Kapitel 2.1.2 wurde die Auswahl der Definition des Geschäftsmodells von Amit/Zott begründet. Zuvor ist in Kapitel 2.1.1 darauf hingewiesen worden, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen des Begriffs existiert. Bspw. listen Pateli/Giaglis allein 29 verschiedene Definitionen nur für Geschäftsmodelle im Bereich E-Business auf.176 Für das bessere Verständnis der Breite des Untersuchungsgegenstands des Geschäftsmodells sollen einige wesentliche Arbeiten und ihre jeweilige Definition des Geschäftsmodellbegriffs in
176
Vgl. Pateli/Giaglis (2004), S. 305.
29
diesem Kapitel vorgestellt werden.177 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sind dabei vor allem die Veröffentlichungen zu betrachten, die über die reine Begriffsverwendung hinausgehen und das Konzept des Geschäftsmodells explizit darzustellen versuchen. Auch unter diesen Arbeiten herrscht wie angemerkt eine große Bandbreite an Definitionen und Konzeptionalisierungen. Für eine Reihe von Autoren steht dabei der Begriffsbestandteil "Modell" im Vordergrund, für sie ist ein Geschäftsmodell vor allem eine vereinfachte Darstellung der Unternehmenstätigkeiten, bspw. genutzt um potenziellen Investoren eine Unternehmung vorzustellen.178 Die folgende Tabelle fasst ausgewählte Definitionen von Vertretern dieser Sichtweise zusammen:
Autoren
Definition/Sichtweise Geschäftsmodell
Hauptforschungsbeitrag/-ziel
Schoegel (2001)
"Unter einem Geschäftsmodell ist die vereinfachte aber strukturähnliche (beispielsweise verbale oder graphische) Abbildung ausgewählter Aspekte des Geschäfts zu verstehen." (S. 37)
- Entwicklung eines Bezugsrahmens und Analyserasters zur Überprüfung der Geschäftsmodelle von Unternehmen
Stähler (2001)
"Ich definiere ein Geschäftsmodell als ein Geschäftskonzept, das in der Praxis schon angewandt wird.
- Betrachtung des Geschäftsmodells als Analyseeinheit, welche Basis für Innovationen darstellt
1. Ein Geschäftskonzept enthält eine Beschreibung, welchen Nutzen Kunden oder andere Partner des Unternehmens aus der Verbindung mit diesem Unternehmen ziehen können. Dieser Teil eines Geschäftsmodells wird Value Proposition genannt. Es beantwortet die Frage: Welchen Nutzen stiftet das Unternehmen?
- Untersuchung der Merkmale anhand einer Fallstudie der Musikindustrie
2. Ein Geschäftskonzept ist gleichzeitig eine Architektur der Wertschöpfung, d.h., wie der Nutzen für die Kunden generiert wird. Diese Architektur beinhaltet eine Beschreibung der verschiedenen Stufen der Wertschöpfung und der verschiedenen wirtschaftlichen Agenten und ihrer Rollen in der Wertschöpfung. Es beantwortet die Frage: Wie wird die Leistung in welcher Konfiguration erstellt? 3. Neben dem Was und dem Wie beschreibt das Geschäftskonzept auch, welche Einnahmen das Unternehmen aus welchen Quellen generiert. Die zukünftigen Einnahmen entscheiden über den Wert des Geschäftsmodells und damit über seine Nachhaltigkeit. Es beantwortet die Frage: Wodurch wird Geld verdient? Dieser Teil des Geschäftsmodells heisst [!] Ertragsmodell." (S. 41f.)
177
178
30
Für weitere umfangreiche Übersichten über verschiedene Definitionen des Geschäftsmodellbegriffs vgl. neben Pateli/Giaglis (2004) auch Morris et al. (2005), S. 728; Shafer et al. (2005), S. 201; Scheer et al. (2003), S. 8ff. Vgl. bspw. Rentmeister/Klein (2003), S.19; Scheer et al. (2003), S. 22; zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt (2002), S. 64f.; Schoegel (2001), S. 37.
zu KnyphausenAufseß/Meinhardt (2002)
"Geschäftsmodelle bestehen aus drei Elementen: (1) Produkt-/Markt-Kombinationen, (2) Durchführung und Konfiguration von Wertschöpfungsaktivitäten und (3) Ertragsmechanik." (S. 66)
- Entwicklung eines GeschäftsmodellKonstrukts, welches auf verschiedene Industrien anwendbar ist
Rentmeister/Klein (2003)
"Ein Geschäftsmodell ist ein Modell, das bezogen auf eine Geschäftstätigkeit
- Abgrenzung zu den Begriffen Geschäftsidee, Geschäftskonzept, Branche, Unternehmensplan und Strategie
- die beteiligten Akteure, ihre Rollen und ihren Beitrag zur Wertschöpfung (Architektur der Wertschöpfung)
- Bewertung des Begriffs
- den Nutzen, den Kunden oder andere Akteure aus der Geschäftstätigkeit ziehen können (Value Propositions), und - die Einnahmequellen, die die Geschäftstätigkeit eröffnet (Ertragsmodell), abbildet." (S. 19) Scheer et al. (2003)
"Ein Geschäftsmodell kann als eine abstrahierende Beschreibung der ordentlichen Geschäftstätigkeit einer Organisationseinheit angesehen werden. Diese Abstraktion basiert auf einer Abbildung von Organisationseinheiten, Transformationsprozessen, Transferflüssen, Einflussfaktoren sowie Hilfsmitteln oder einer Auswahl hieraus." (S. 22)
- Übersicht verschiedener Definitionen des Geschäftsmodells und Analyse der Gemeinsamkeiten der Definitionen
Shafer et al. (2005)
"We define a business model as a representation of a firm's underlying core logic and strategic choices for creating and capturing value within a value network." (S. 202)
- Analyse der Komponenten des Geschäftsmodells auf Basis existierender Definitionen
Tabelle 2: Quelle:
Theoretisch-konzeptionelle Untersuchungen zu Geschäftsmodellen mit Schwerpunkt auf dem Modellbegriff Eigene Darstellung
Eine Betrachtung der Definitionen macht deutlich, dass auch innerhalb dieser Gruppe signifikante Unterschiede im Verständnis des Geschäftsmodells herrschen. Dabei sind die Definitionen von Stähler, zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt, Rentmeister/Klein und Shafer et al. sich hinsichtlich der konkreten Elemente des Geschäftsmodells dahingehend einig, dass die Wertschöpfung eine wichtige Rolle spielt. Sie bleiben jedoch in Bezug auf die genauen Möglichkeiten der Wertschöpfung durch das Geschäftsmodell abstrakter als die für die vorliegende Arbeit gewählte Definition von Amit/Zott. Es ist zudem deutlich erkennbar, dass die genannten Definitionen, mit Ausnahme der von Shafer et al., stark auf der ebenfalls drei Elemente umfassenden Definition von Timmers basieren.179 Timmers selbst geht einen Schritt weiter als die genannten Arbeiten und nutzt seine Definition
179
Vgl. Timmers (1998), S. 4.
31
zur Ableitung elf verschiedener Internet-Geschäftsmodelle.180 Die folgende Tabelle zeigt ausgewählte Arbeiten, welche auf Basis konzeptioneller Überlegungen verschiedene Typologien von Geschäftsmodellen herleiten:
Autoren Timmers (1998)
Definition/Sichtweise Geschäftsmodell "Definition of a business model - An architecture for the product, service and information flows, including a description of the various business actors and their roles; and
Hauptforschungsbeitrag/-ziel - Ableitung elf verschiedener Internetbasierter Geschäftsmodelle (mit Beispielen von Unternehmen) anhand funktionaler Integration und Innovationsgrad
- A description of the potential benefits for the various business actors; and - A description of the sources of revenues." (S. 4) Mahadevan (2000)
"A business model is a unique blend of three streams that are critical to the business. These include the value stream for the business partners and the buyers, the revenue stream, and the logistical stream. The value stream identifies the value proposition for the buyers, sellers, and the market makers and portals in an Internet context. The revenue stream is a plan for assuring revenue generation for the business. The logistical stream addresses various issues related to the design of the supply chain for the business." (S. 59)
- Beschreibung der Elemente von Internetbasierten Geschäftsmodellen entlang drei verschiedener "Market Structures"
Lam/HarrisonWalker (2003)
"E-business models are methods, concepts, frameworks, or architectures by which companies can use the Internet or the Web to carry out their strategies of capturing dominant market positions, establishing viable market niches, adding value for their stakeholders, or sustaining themselves over time." (S. 18)
- Typologie von E-Business-Geschäftsmodellen und Einordnung in sechs Kategorien anhand der Ziele von Unternehmen (Relational Objectives und Value-Based Objectives)
Schwickert (2004)
"Aggregation wesentlicher, relevanter Aspekte aus den betriebswirtschaftlichen Teildisziplinen, um hierdurch zu einem einfachen, komprimierten Überblick der Geschäftsaktivitäten in Modellform zu gelangen." (S. 3, Schwickert zitiert Wirtz (2000), S. 82, und übernimmt dessen Definition)
- Aufbauend auf Timmers (1998) werden 20 verschiedene E-BusinessGeschäftsmodelle anhand funktionaler Integration und Innovationsgrad klassifiziert
Schweizer (2005)
"business models are defined along three dimensions: 1. value chain constellation, which means how value is created, 2. market power of innovators versus owners of complementary assets, which means how companies can create sustainable advantages, and 3. total revenue potential, referring to the revenue model" (S. 38)
- Beschreibung von vier GeschäftsmodellKonfigurationen anhand der drei Kriterien der Definition
Tabelle 3: Quelle:
180
32
Theoretisch-konzeptionelle Untersuchungen zu Geschäftsmodellen mit Schwerpunkt auf Typologien von Geschäftsmodellen Eigene Darstellung
Vgl. Timmers (1998), S. 5ff.
Die aufgeführten Arbeiten kommen zu sehr verschiedenen Ergebnissen hinsichtlich Anzahl und Art der identifizierten Typen von Geschäftsmodellen. Dies liegt vor allem daran, dass sie unterschiedliche Aspekte zur Klassifizierung benutzen.181 In Folge dessen kann auch keine der Typologien als besonders gut oder besonders schlecht beurteilt werden. Neben den Arbeiten, welche die Funktion des Geschäftsmodells zur Abstraktion der unternehmerischen Realität hervorheben und den Arbeiten, welche sich auf die Herleitung von Typologien des Geschäftsmodells konzentrieren, existieren weitere Untersuchungen, die sich mit anderen Aspekten des Geschäftsmodells auf einer rein konzeptionellen Ebene auseinandersetzen. Die folgende Tabelle fasst die relevanten Arbeiten zusammen:
Autoren
Definition/Sichtweise Geschäftsmodell
Hauptforschungsbeitrag/-ziel
Mitchell/Coles (2003, 2004)
"A business model comprises the combined elements of "who", "what", "when", "why", "where", "how" and "how much" involved in providing customers and end users with products and services." (2003, S. 16)
- Betonung der Bedeutung von Innovationen im Geschäftsmodell zur Erreichung eines Wettbewerbsvorteils
Mansfield/Fourie (2004, 2005)
"A business model […] describes the linkages between a firm's resources and functions and its environment." (2004, S. 39)
- Abgrenzung von Geschäftsmodell und Strategie, wobei dem Geschäftsmodell die Aufgabe zukommt, die Wertschöpfung zu definieren
Downing (2005)
"a business model […] is a set of expectations about how the business will be successful in its environment." (S. 186)
- Bedeutung der Interaktion zwischen Unternehmer und Stakeholdern in der Entwicklung des Geschäftsmodells
Morris et al. (2005)
"A business model is a concise representation of how an interrelated set of decision variables in the areas of venture strategy, architecture, and economics are addressed to create sustainable competitive advantage in defined markets." (S. 727)
- Versuch der Zusammenführung unterschiedlicher Sichtweisen des Geschäftsmodellbegriffs
Tikkanen et al. (2005)
"We define the business model of a firm as a system manifested in the components and related material and cognitive aspects. Key components […] include the company's network of relationships, operations embodied in the company's business processes and resource base, and the finance and accounting concepts of the company" (S. 792)
- Herausstellung der Bedeutung der kognitiven Aspekte für die Entwicklung des Geschäftsmodells
"A business model explains how a venture is expected to create a profit" (S. 751)
- Untersuchung, unter welchen Bedingungen ein Geschäftsmodell einem Unternehmen den Transfer von Risiken an Geschäftspartner ermöglicht
Fiet/Patel (2008)
Tabelle 4: Quelle:
181
- Betonung der Rolle des Managements in der Entstehung neuer und Veränderung bestehender Geschäftsmodelle
Weitere theoretisch-konzeptionelle Untersuchungen zu Geschäftsmodellen Eigene Darstellung
Vgl. Mahadevan (2000), S. 59.
33
Die genannten Arbeiten beschäftigen sich zumeist mit der Bedeutung des Geschäftsmodells für die Wertschöpfung eines Unternehmens und/oder mit der Abgrenzung des Geschäftsmodellbegriffs zur Strategie. Dabei sehen insbesondere Mitchell/Coles neuartige Geschäftsmodelle als einen Weg, Wettbewerbsvorteile zu erlangen.182 Tikkanen et al. betonen die Rolle des Managements in der Gestaltung des Geschäftsmodells: "the evolution of a business model is built on managerial actions that focus on certain aspects of the business model."183 Fiet/Patel leiten theoretisch her, dass Unternehmen unter bestimmten Bedingungen durch ihr Geschäftsmodell Risiken zu Transaktionspartnern transferieren können und so für sich selbst das Risiko minimieren können.184
2.1.5
Empirische Arbeiten
Verhältnismäßig wenige Arbeiten nähern sich dem Begriff des Geschäftsmodells auf der Basis empirischer Studien. Diese wenigen Arbeiten lassen sich nach qualitativen Untersuchungen sowie quantitativen Untersuchungen trennen. Erstere basieren auf der qualitativen Auswertung von Fallstudien zu Unternehmen bzw. gesammelten Daten oder Interviews. Letztere wiederum beinhalten die Auswertung von Daten mit Hilfe unterschiedlicher statistischer Verfahren. Insbesondere die großzahligen Studien sind meist erst in den letzten Jahren erschienen. So stellen bspw. Malone et al. im Jahr 2006 fest: "in our search of the organization, economic, and strategy literatures, we found few articles on the subject, and just one large-scale empirical study (i.e., Amit and Zott (2001))."185 Amit/Zott haben in ihrer Arbeit die Wertschöpfung von 59 Unternehmen im E-Business analysiert und darauf basierend die Definition sowie die vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells abgeleitet.186 Andere qualitative Arbeiten basieren auf einzelnen Fallstudien, um bestimmte Aspekte des Geschäftsmodells zu betrachten. So untersuchen Winter/Szulanski, wie Unternehmen im Retail-Bereich ein Geschäftsmodell erfolgreich großflächig kopieren, wobei sie das Geschäftsmodell wie folgt definieren: "The […] business model […] is typically a complex set of interdependent routines that is discovered, adjusted, and fine-tuned by "doing"."187 Für
182 183 184 185 186 187
34
Vgl. Mitchell/Coles (2003), S. 15. Tikkanen et al. (2005), S. 791. Vgl. Fiet/Patel (2008), S. 750. Malone et al. (2006), S. 2. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 493ff. Winter/Szulanski (2001), S. 731.
die von ihnen betrachteten Unternehmen kommt es darauf an, dass das Geschäftsmodell stabil ist, bevor es repliziert wird: "Replicators create value by discovering and refining a business model […]. So, the replicator has to decide when to stabilize the business model, abandoning efforts to refine it further, and beginning large-scale replication."188 Die Erkenntnisse aus der Arbeit von Winter/Szulanski sind allerdings nur auf Unternehmen anwendbar, bei denen es um den Aufbau eines Filialnetzes geht. Auch andere Arbeiten sind durch die Begrenzung auf wenige Fallstudien aus bestimmten Branchen in ihrer Aussagekraft für eine branchenübergreifende Betrachtung des Geschäftsmodells eingeschränkt. So konzentrieren sich Dubosson-Torbay et al. auf OnlineLebensmittelhändler und Online-Auktionshäuser und betrachten die Merkmale der jeweiligen Geschäftsmodelltypen.189 Chesbrough/Rosenbloom wiederum sehen das Geschäftsmodell als Bindeglied zwischen Technologie und Markt und untersuchen, wie verschiedene Spin-offs der Firma Xerox mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen zum Erfolg kommen.190 Rajala/Westerlund identifizieren auf Basis von Fallstudien in der finnischen SoftwareIndustrie vier Typen von Geschäftsmodellen, die sie anhand der Dimensionen "Tiefe der Kundenbeziehung" und "Homogenität des Angebots" klassifizieren und die über jeweils unterschiedliche Ressourcen verfügen müssen, um ihr Geschäftsmodell umzusetzen.191 Die folgende Tabelle listet Arbeiten auf, welche sich mit dem Geschäftsmodell auf Basis von qualitativen Analysen eines einzelnen oder mehrerer Unternehmen befasst haben:
188 189 190 191
Winter/Szulanski (2001), S. 730f. Vgl. Dubosson-Torbay et al. (2002), S. 18. Vgl. Chesbrough/Rosenbloom (2002), S. 536. Vgl. Rajala/Westerlund (2007), S. 119ff.
35
Autoren
Untersuchungszweck
Amit/Zott (2001)
Ermittlung der Treiber der Wertschöpfung in EBusiness Unternehmen
59 börsennotierte EBusiness Unternehmen, Amerika und Europa
- Identifikation von vier Themen der Wertschöpfung
Winter/Szulanski (2001)
Untersuchung der Strategie der Replikation eines Geschäftsmodells (bspw. Franchise- oder Filialbetriebe)
Einzelfallstudie einer Bank
- Geschäftsmodell wird als komplexes Set voneinander abhängiger Abläufe betrachtet, wobei ein Zeitpunkt gewählt werden muss, an dem das Geschäftsmodell stabil gelassen wird um es zu replizieren
Dubosson-Torbay et al. (2002)
Ableitung eines Kennzahlensystems für Geschäftsmodelle im EBusiness
Fallstudien von je vier Online-Lebensmittelhändlern und OnlineAuktionshäusern
- Erstellung einer Klassifikation und eines Kennzahlensystems
Fallstudien der Firma Xerox und sechs Spin-offs
- Geschäftsmodelle sind von Bedeutung für den Erfolg einer Technologie am Markt
Chesbrough/Rosenbloom Erfolg unterschiedlicher (2002) Geschäftsmodelle in der Vermarktung von Technologien Rajala/Westerlund (2007)
Tabelle 5: Quelle:
Untersuchungseinheit
Fallstudien von sechs Untersuchung der wesentlichen Ressourcen für Software-Unternehmen unterschiedliche Geschäftsmodelle
Kernergebnisse
- Definition des Geschäftsmodells mit Bezug auf die Gestaltung von Transaktionen
- Ableitung von vier Geschäftsmodelltypen anhand kundenbezogener Dimensionen - Identifikation kritischer interner und externer Ressourcen für die vier Typen von Geschäftsmodellen
Qualitative empirische Untersuchungen zu Geschäftsmodellen Eigene Darstellung
Da die vorliegende Arbeit sich der Bedeutung des Geschäftsmodells für den Unternehmenserfolg auf Basis einer empirischen Untersuchung und quantitativer Auswertung derselben nähert, sind existierende Untersuchungen dieser Art von besonderem Interesse. Daher wird auf die Arbeiten zum Geschäftsmodell, die einen quantitativ-empirischen Ansatz verfolgen, ausführlicher eingegangen. Malone et al. haben in ihrer Arbeit alle zwischen 1998 und 2002 börsennotierten Unternehmen in den USA in ihre selbst entwickelte Geschäftsmodelltypologisierung eingeordnet und dann die Erfolgsunterschiede zwischen den 16 Varianten ihrer vier Geschäftsmodelltypen untersucht. Sie schränken den Anspruch ihrer Arbeit selbst dahingehend ein, dass sie sagen "This study does not attempt to answer deeper questions
36
about why the performance implications exist."192 Ebenso adressieren sie nicht die Frage, wie einzelne Firmen ihr Geschäftsmodell zur Erfolgssteigerung nutzen oder modifizieren können.193 Andries/Debackere untersuchen, ob Firmen, die ihr Geschäftsmodell im Zeitverlauf anpassen, erfolgreicher sind. Sie kommen zu dem Schluss, dass dieser Zusammenhang von der jeweiligen Industrie abhängt, und dass es Unterschiede zwischen unabhängigen Firmen und den Geschäftseinheiten von Konzernen gibt.194 Allerdings ist einschränkend anzumerken, dass Andries/Debackere eigentlich untersucht haben, ob Unternehmen die angebotenen Produktkategorien und die von ihnen adressierten Märkte geändert haben: "we can only capture business model adjustments by coding changes in the description of products and markets. Business model adaptation due to changes in other components of the business model are not captured in our analysis."195 Sie untersuchen also Veränderungen im Produktangebot und im Absatzmarkt eines Unternehmens und damit Faktoren, die in vielen Definitionen des Geschäftsmodells, auch in der Definition im Rahmen dieser Arbeit, gar nicht als Bestandteile des Geschäftsmodells betrachtet werden. Im deutschsprachigen Raum existieren ebenfalls nur wenige großzahlige empirische Arbeiten. Unter diesen finden sich vor allem Arbeiten, welche die Typologisierung von Geschäftsmodellen zum Ziel haben, oftmals mit der Einschränkung auf E-Business-Unternehmen. So analysiert Pecha in seiner Arbeit die Geschäftsmodelle von 118 börsennotierten E-BusinessUnternehmen und leitet Typen von Geschäftsmodellen ab, deren Erfolgsfaktoren er dann analysiert.196 Die Betrachtung von nicht börsennotierten Unternehmen verschiedener Branchen nennt Pecha explizit als Ansatzpunkte weiterer Forschung.197 Andere Arbeiten wiederum widmen sich sehr detailliert einzelnen Geschäftsmodelltypen. Hierzu ist bspw. die Arbeit von Panten zu nennen, der die Erfolgsfaktoren von virtuellen Communities zu ergründen versucht.198 Darüber hinaus existieren Arbeiten, welche sich den Erfolgsfaktoren im E-Business widmen und den Begriff des Geschäftsmodells verwenden, jedoch nicht explizit den Untersuchungsgegenstand des Geschäftsmodells betrachten.199
192 193 194 195 196 197 198 199
Malone et al. (2006), S. 2. Vgl. Malone et al. (2006), S. 2. Vgl. Andries/Debackere (2007), S. 95f. Andries/Debackere (2007), S. 88. Vgl. Pecha (2004). Vgl. Pecha (2004), S. 235f. Vgl. Panten (2005). Vgl. bspw. Wirtz et al. (2003).
37
Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht der vorgestellten großzahligen empirischen Arbeiten zum Geschäftsmodell, die auf quantitativer Auswertung der Daten basieren:200
Autoren
Untersuchungszweck
Untersuchungseinheit
Kernergebnisse
Malone et al. (2006)
Entwicklung einer Typologie von Geschäftsmodellen und empirische Überprüfung des Erfolgs der kategorisierten Firmen
10970 börsennotierte Firmen in den USA, 1998 bis 2002
Andries/Debackere (2007)
Test der Erfolgsrelevanz von Anpassungen/Änderungen des Geschäftsmodells im Zeitverlauf
117 unabhängige Technologieunternehmen und Geschäftseinheiten
- Firmen, die ihr Geschäftsmodell zumindest einmal anpassen bzw. ändern, sind erfolgreicher
Pecha (2004)
Entwicklung des Konzepts der internen und externen Geschäftsmodellanalyse
118 börsennotierte EBusiness Unternehmen
- Ableitung homogener Geschäftsmodelltypen (Clusteranalyse)
- Ableitung einer für alle Firmen anwendbaren Typologisierung - Nachweis, dass einige Geschäftsmodelltypen bei bestimmten Erfolgsmaßen erfolgreicher sind als andere
- Identifikation strategischer Erfolgsfaktoren der Geschäftsmodelltypen
Empirische Überprüfung dieses Konzepts
- Ableitung diverser Erfolgsfaktoren im Hinblick auf Nutzergewinnung und –bindung sowie Erfolg von Communities
Identifikation der Erfolgsfaktoren des Geschäftsmodelltyps "Virtuelle Community"
150 Betreiber von OnlineCommunities
Zott/Amit (2007)
Überprüfung der Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltungsthemen "Effizienz" und "Innovation"
190 börsennotierte Firmen, die ihren Umsatz ganz oder teilweise über das Internet erwirtschaften
- Positiver Einfluss von Innovations-zentrierter Gestaltung des Geschäftsmodells auf den Erfolg
Zott/Amit (2008)
Überprüfung der Erfolgswirkung der Interaktion von Geschäftsmodellgestaltung und Produkt-Markt-Strategie
170 börsennotierte Firmen, die ihren Umsatz zumindest teilweise über das Internet erwirtschaften
- Interaktion von Innovationszentrierter Geschäftsmodellgestaltung und diversen Strategie-Ausprägungen
Panten (2005)
Tabelle 6: Quelle:
1560 Nutzer von OnlineCommunities
- Empirischer Nachweis der Unterscheidbarkeit von Strategie und Geschäftsmodell als separate Konstrukte mit Erfolgswirkung
Quantitative empirische Untersuchungen zu Geschäftsmodellen Eigene Darstellung
Die im vorangegangenen Kapitel 2.1.4 und in diesem Kapitel 2.1.5 erfolgte Vorstellung von theoretischen und empirischen Arbeiten zum Analysegegenstand des Geschäftsmodells diente zum einen dazu, die in Kapitel 2.1.1 erwähnte Vielzahl verschiedener Definitionen des Begriffs darzulegen und die unterschiedlichen Herangehensweisen vorzustellen, mit denen
200
38
Die Reihenfolge der Arbeiten in der Tabelle entspricht der Reihenfolge ihrer Nennung im Text.
bisherige Arbeiten sich dem Geschäftsmodell von Unternehmen angenommen haben. Darüber hinaus liefern einige der Studien Anhaltspunkte, welche auch in der vorliegenden Untersuchung aufgegriffen werden sollen.
2.2
Wachstumsunternehmen und KMU
Wie im vorangegangen Kapitel erläutert haben sich zahlreiche Arbeiten zum Untersuchungsgegenstand des Geschäftsmodells auf Unternehmen des Bereichs E-Business konzentriert. Die Übersicht der empirischen Arbeiten zeigt zudem, dass i. d. R. börsennotierte Unternehmen betrachtet wurden. Bei der Auswahl der Art der Unternehmen, deren Geschäftsmodelle in der vorliegenden Untersuchung betrachtet werden sollten, wurden dagegen wachstumsorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus unterschiedlichen Branchen als Untersuchungseinheit ausgewählt. Im Folgenden werden zunächst die Begriffe KMU und Wachstumsunternehmen näher erläutert (Kapitel 2.2.1) und es wird begründet, weshalb gerade diese Unternehmen für die vorliegende Untersuchung besonders gut geeignet sind (2.2.2).
2.2.1
Begriffsdefinition
Der Begriff an sich macht bereits deutlich, dass es sich bei dem im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Untersuchungsgegenstand um die Organisationsform des Unternehmens handelt. Darunter werden nach der Definition Gutenbergs erwerbswirtschaftlich orientierte Wirtschaftseinheiten verstanden.201 Andere Organisationsformen, bspw. gemeinnütziger Natur, verfolgen häufig gänzlich andere Zielsetzungen als Unternehmen, so dass eine gemeinsame Betrachtung, gerade im Rahmen der Analyse von Erfolgswirkungen, nicht zweckmäßig erscheint.202 Unternehmen können anhand einer Vielzahl von Kriterien unterschieden werden. Zentrales Kriterium bei der Abgrenzung kleiner und mittlerer Unternehmen ist die Größe des Unternehmens. Diese kann sowohl auf Basis quantitativer Kriterien wie Mitarbeiterzahl oder Umsatz beurteilt werden, als auch mit Hilfe qualitativer Abgrenzungen anhand von diversen
201 202
Vgl. Gutenberg (1951), S. 394ff.; Gutenberg (1929), S. 24ff. Vgl. Claas (2006), S. 41.
39
Merkmalen.203 Häufig wird als maßgebliche Dimension zur Messung der Unternehmensgröße die Anzahl der Mitarbeiter genutzt.204 Dies hat u. a. den Grund, dass die Mitarbeiterzahl oftmals die am einfachsten zu erhebende Kenngröße für die Einteilung darstellt.205 Eine generell anerkannte Grenze für KMU gibt es nicht, die Definition der EU spricht jedoch von Mittelunternehmen, wenn diese weniger als 250 Beschäftigte aufweisen.206 Die Unternehmensgröße ist ein wichtiger Aspekt in der Betrachtung von Unternehmen in der betriebswirtschaftlichen Forschung.207 Kleine Unternehmen unterscheiden sich von großen Unternehmen insbesondere hinsichtlich ihrer Möglichkeiten, kritische Ressourcen zu sichern.208 So ist es für kleine Unternehmen tendenziell schwieriger, für Investitionen benötigtes Kapital aufzunehmen und qualifizierte Mitarbeiter zu finden.209 Darüber hinaus unterliegen sie externen Einflüssen häufig stärker als große Unternehmen.210 Damit sind kleinere Firmen tendenziell anfälliger und ihre Überlebenschancen in ökonomisch schwierigen Zeiten geringer als die größerer Firmen.211 Zu den Vorteilen kleinerer Firmen zählen dagegen ihre höhere Flexibilität, bedingt durch kürzere Kommunikationswege, und damit eine schnellere Entscheidungsfindung auch in strategischen Fragen.212 Neben der Größe können Unternehmen anhand ihres Alters unterschieden werden. Junge Unternehmen sind zwar häufig auch kleine Unternehmen, aber dies muss nicht zwangsläufig der Fall sein.213 Ausgründungen aus Muttergesellschaften sind ein Beispiel für junge Unternehmen, die oftmals mit relativ großer Mitarbeiterzahl gegründet werden.214 Bezogen auf das Alter des Unternehmens existiert eine Reihe von empirischen Untersuchungen, welche sich mit den besonderen Herausforderungen junger Unternehmen beschäftigen. Junge Unternehmen scheitern bei gleichen Umfeldbedingungen öfter als etablierte Unternehmen.215 Stinchcombe argumentiert, dass junge Unternehmen insbesondere durch die Notwendigkeit, Verantwortlichkeiten und Prozesse noch bestimmen zu müssen, mit
203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215
40
Vgl. Mugler (1998), S. 18ff. Vgl. bspw. Cooper et al. (1992), S. 323f. Vgl. Mugler (1998), S. 31. Vgl. Mugler (1998), S. 30f. Vgl. Aldrich/Auster (1986), S. 167ff.; Welsh/White (1981), S. 18ff. Vgl. Begley et al. (2005), S. 36. Vgl. Aldrich/Auster (1986), S. 181f. Vgl. Aldrich/Auster (1986), S. 182f.; Welsh/White (1981), S. 18. Vgl. Gruber (2004), S. 167; Aldrich/Auster (1986), S. 181. Vgl. Gruber (2004), S. 167. Vgl. Cooper et al. (1992), S. 317ff. Vgl. Aldrich/Auster (1986), S. 181. Vgl. Romanelli (1989), S. 386.
Ineffizienzen und Konflikten zu kämpfen haben.216 Auch sind junge Unternehmen im Vergleich zu etablierten Unternehmen durch fehlende Reputation und mangelnde Erfahrung benachteiligt, wenn es um den Aufbau von Beziehungen zu anderen Firmen geht.217 Auf der anderen Seite sind junge Unternehmen weniger eingeschränkt als etablierte Unternehmen in der Gestaltung und Anpassung ihrer Unternehmensstruktur, was insbesondere in wechselhaften Umfeldern von Vorteil sein kann.218 Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Form der Gründung des Unternehmens. Unter einer Gründung verstehen Szyperski/Nathusius den Entstehungsprozess eines gegenüber seiner Umwelt qualitativ abgegrenzten und vorher in gleicher Struktur nicht existenten Systems.219 Anhand zweier Merkmale unterscheiden Szyperski/Nathusius verschiedene Gründungsformen: Zunächst lassen sich Gründungen hinsichtlich des Grads der Selbständigkeit des Gründers unterscheiden. Selbständige Gründungen liegen vor, wenn der Gründer oder das Gründungsteam eigenständig eine neue Existenz aufbauen. Eine unselbständige Gründung dagegen erfolgt durch Gründer, die sich in einem rechtlich abhängigen Arbeitsverhältnis befinden.220 Darüber hinaus lassen sich Unternehmen anhand der Strukturen unterscheiden, die vor ihrer eigentlichen Gründung existierten. Bei originären Gründungen liegen vorab keine Strukturen vor, die Gründung setzt also einen völligen Neuaufbau des Unternehmens voraus. Im Gegensatz dazu existieren bei derivativen Gründungen bereits Strukturen, auf deren Basis dann z. B. eine Umgründung oder eine Betriebsübernahme erfolgt.221 Gründungen, welche nicht originär und selbständig durch den oder die Gründer erfolgen, sondern bspw. durch ein existierendes Unternehmen, unterscheiden sich oft grundlegend hinsichtlich Größe, Kapitalausstattung und Innovationsgrad.222 Szyperski/Nathusius sprechen daher nur bei selbständig-originären Gründungen von "Gründungen im engeren Sinne".223 Dies deckt sich weitgehend mit der Forderung nach Unabhängigkeit des Unternehmens, wie sie in diversen Definitionen von Unternehmensgründungen oder Start-ups vorkommt.224
216 217 218 219 220 221 222 223 224
Vgl. Stinchcombe (1965), S. 148ff. Vgl. Hannan/Freeman (1984), S. 157. Vgl. Hannan/Freeman (1984), S. 163. Vgl. Szyperski/Nathusius (1977), S. 25. Vgl. Szyperski/Nathusius (1977), S. 26f. Vgl. Szyperski/Nathusius (1977), S. 26f. Vgl. Luger/Koo (2005), S. 18; Aldrich/Auster (1986), S. 181. Szyperski/Nathusius (1977), S. 30. Vgl. Luger/Koo (2005), S. 18f.; Johnson/Cathcart (1979), S. 220.
41
Die
folgende
Abbildung
fasst
das
Verständnis
von
Gründungsformen
nach
Szyperski/Nathusius zusammen:
Unselbständige Gründung
Selbständige Gründung
Abb. 6: Quelle:
Derivative Gründung
Originäre Gründung
Fusion/Umgründung
Betriebsgründung
Existenzgründung durch Betriebsübernahme
Unternehmensgründung
Gründungsformen Szyperski/Nathusius (1977), S. 27
Ein weiteres Kriterium zur Unterscheidung verschiedener Arten von Gründungen stellt die Differenzierung zwischen Existenzgründungen und Unternehmensgründungen dar.225 Diese lassen sich vor allem anhand des Innovationsgrads der Gründung unterscheiden.226 Existenzgründungen beziehen sich dabei vor allem auf das weniger innovative Kleingewerbe (z. B. Handwerk, Einzelhandel) und sind durch hohe Verbundenheit zwischen Unternehmer und Unternehmung gekennzeichnet, sowie i. d. R. in ihrem Wachstumspotenzial deutlich begrenzt.227 Unternehmensgründungen sind dagegen innovative Produktions- oder Dienstleistungsunternehmen, welche hohes Wachstumspotenzial aufweisen und für die Produktlebenszyklus und Marktphasen von Bedeutung sind.228 Carland et al. betonen insbesondere die Aspekte Wachstum und Innovation und sprechen von "entrepreneurial ventures", wenn Unternehmen Profitabilität und Wachstum zum Ziel haben und innovative strategische Ansätze verfolgen.229 Empirische Studien haben gezeigt, dass mit höherer Innovation auch eine höhere Wachstumsgeschwindigkeit verbunden ist.230
225 226 227 228 229
230
42
Vgl. Fallgatter (2004), S. 25ff.; Szyperski/Nathusius (1977), S. 27f. Vgl. Fallgatter (2004), S. 25f.; Carland et al. (1984), S. 356ff. Vgl. Fallgatter (2004), S. 26. Vgl. Fallgatter (2004), S. 26f. Vgl. Carland et al. (1984), S. 357f. Gründungen, welche nicht innovativ sind, bezeichnen sie dagegen als "small business ventures". Vgl. Carland et al. (1984), S. 358. Vgl. Brüderl/Preisendörfer (2000), S. 66ff.
2.2.2
Kriterien und Begründung der Auswahl
Die Einschränkung auf KMU erfolgte aus mehreren Gründen. Wichtigster Grund ist die Tatsache, dass junge Wachstumsunternehmen und KMU in der Regel über eine begrenzte Anzahl an Produktlinien oder Dienstleistungen verfügen, die sie in einem begrenzten Markt anbieten, und dass ihre Strategien darauf abgestimmt sind.231 Daher werden sie im Regelfall auch auf einem fokussierten Geschäftsmodell basieren und eignen sich damit besonders für die Betrachtung im Rahmen dieser Arbeit. Bei etablierten, größeren Unternehmen besteht die Gefahr, dass die Koexistenz verschiedener Geschäftsmodelle das Gesamtbild verzerrt.232 So stellen Rajala/Westerlund diese Problematik in ihrer Untersuchung fest: "Some of our cases pursue distinct businesses simultaneously and therefore have several identifiable business models."233 Dieses Problem könnte zwar umgangen werden, wenn die Geschäftseinheiten des etablierten Unternehmens klar abgrenzbar sind und innerhalb der einzelnen Einheiten nur ein Geschäftsmodell vorherrscht. Doch bringen diversifizierte Unternehmen mit mehreren Geschäftseinheiten weitere Probleme mit sich. Geschäftseinheiten von größeren Unternehmen und ihre Spin-offs sind in der Ausgestaltung ihrer Struktur und Strategie oft durch Vorgaben des Gesamtkonzerns eingeschränkt und wählen diese nicht frei. Solche Pfadabhängigkeiten können maßgeblich die Ausgestaltung einer Firma beeinflussen: "a firm's previous investments and its repertoire of routines (its 'history') constrain its future behavior."234 Unabhängige Unternehmen scheinen daher freier in der Wahl ihres Geschäftsmodells zu sein als Geschäftseinheiten oder Spin-offs von Konzernen. Im Forschungsbereich Strategisches Management finden sich diverse Beispiele, welche aus den genannten Gründen auf unabhängige Firmen oder Geschäftseinheiten zurückgreifen. So argumentieren bspw. Spanos/Lioukas in ihrer Analyse zu Strategie und Ressourcen: "the study focused on independent firms (or single business units) so that the effects of strategy and capabilities could be examined independent of the confounding effects of corporate level considerations."235 Miller geht in seiner Untersuchung zur Wahl der Strategie noch weiter und schließt auch Geschäftseinheiten mit aus, da diese seiner Meinung nach zu stark von
231 232 233 234 235
Vgl. Cooper (1993), S. 245. Vgl. Birkinshaw/Lingblad (2005), S. 674ff. Rajala/Westerlund (2007), S. 120. Teece et al. (1997), S. 523. Spanos/Lioukas (2001), S. 914.
43
Konzernvorgaben beeinflusst werden: "Divisions or strategic business units were not studied, as many adopt structural devices to conform to the policies of their head offices rather than to implement their own strategies."236 Neben den strategischen und den historisch bedingten Vorgaben etwaiger Konzernmütter erschweren darüber hinaus Transferpreise und andere buchhalterische Verzerrungen in Konzernen die Feststellung des tatsächlichen Erfolgs einer Geschäftseinheit und damit auch die Messbarmachung der Erfolgswirkung des Geschäftsmodells: "transfer pricing and other corporate anomalies may make divisional financial performance difficult to assess."237 Eine weitere Problematik ist darin zu sehen, dass größere, diversifizierte Firmen bzw. ihre Geschäftseinheiten zudem häufig in verschiedenen Umfeldern aktiv sind, was eine klare Ermittlung der Umfeldbedingungen für die Gesamtfirma schwierig macht.238 Die Umfeldbedingungen sollen jedoch wie erörtert hinsichtlich ihrer moderierenden Wirkung auf die Beziehung zwischen Geschäftsmodell und Erfolg berücksichtigt werden. Daher wurde bei der Datenerhebung in der vorliegenden Arbeit auf KMU zurückgegriffen und auch auf den Einbezug von Unternehmen, bei denen es sich nicht um originäre Gründungen handelt, verzichtet. Des Weiteren erfolgte die Einschränkung auf Unternehmensgründungen in Abgrenzung zu Existenzgründungen. Geschäftsmodelle von reinen Existenzgründungen, die wenig innovativ sind und nicht auf Wachstum ausgerichtet sind, unterscheiden sich von den Geschäftsmodellen von wachstumsorientierten Unternehmen: "Business models will differ for ventures with more moderate versus more ambitious aspirations."239 Für wachstumsorientierte, unternehmerische Firmen ist die Gestaltung des Geschäftsmodells dagegen von besonders hoher Bedeutung für ihren Erfolg.240 Gerade für diese Firmen ist es von hoher Bedeutung, über Unternehmensgrenzen hinweg zu denken und in Netzwerken zu agieren.241 Die Frage, was den Erfolg neuer Firmen ausmacht, ist ein zentraler Punkt in der Entrepreneurship-Forschung.242 Die Gestaltung des Geschäftsmodells ist also wesentliche Aufgabe für Unternehmer, gleichzeitig kann sie eine Quelle für Innovationen sein.243 Es steht
236 237 238 239 240 241 242 243
44
Miller (1988), S. 289. Miller (1988), S. 289. Vgl. Dess et al. (1993), S. 787. Morris et al. (2005), S. 729. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 182. Vgl. Hite/Hesterly (2001), S. 275f.; Storey/Tether (1998), S. 942f. Vgl. Shane/Venkataraman (2000), S. 217; Cooper (1993), S. 242. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 195.
zu vermuten, dass kleinere, unternehmerisch-orientierte Firmen innovativere Geschäftsmodelle aufweisen. Aufgrund ihrer beschränkten Ressourcen sind sie häufig darauf angewiesen neue Wege zu finden, Geschäfte zu machen und so die etablierten Wettbewerber zu umgehen.244 Die Flexibilität, über die kleinere Firmen verfügen, kann dabei von Vorteil sein.245 Die Betrachtung von KMU und jungen Unternehmen eignet sich darüber hinaus gut für die Untersuchung der Wirkung des Umfelds, da für diese Firmen die Umfeldbedingungen von besonders hoher Bedeutung sind: "While large firms control resources that permit to resist external pressures, new, small, incipient organizations, with fewer resources, are more subject to environmental forces".246 Kleinere Unternehmen werden daher in ihrer gesamten Organisation und ihrem Verhalten stärker vom Umfeld bestimmt: "The environmental imperative is likely to apply when firms are small relative to competitors and when they have few slack resources. Market power, resources, and external stability allow firms to be less influenced by the environment."247 Zusammenfassend lassen sich die folgenden Kriterien festhalten, welche für die Auswahl geeigneter Unternehmen angewandt wurden: - Unternehmensgröße bis 500 Mitarbeiter in Abgrenzung zu Großunternehmen - Originäre und selbständige Gründung in Abgrenzung zu Übernahmen, Joint-Ventures, Ausgründungen, Spin-offs etc. - Unternehmensgründung im Gegensatz zu Existenzgründung, d.h. wachstumsorientiert und innovativ Das Unternehmensalter wurde nicht als Abgrenzungskriterium gewählt. Zum einen kann so ein Vergleich zwischen jungen und etablierten KMU erfolgen. Zum anderen liegen gerade in innovativen, technologieorientierten Branchen oftmals einige Jahre zwischen Firmengründung und tatsächlichem Markteintritt, so dass der Übergang von "jungen" zu "etablierten" Unternehmen von einer Vielzahl weiterer Variablen abhängt.248 Bei der Auswahl der Unternehmen wurden alle genannten Kriterien geprüft. Insbesondere bzgl. der Frage nach der Gründungsform "originär" oder "derivativ" wurde jedoch mehr Wert
244 245 246 247 248
Vgl. Ireland et al. (2001), S. 53. Vgl. Ireland et al. (2001), S. 60. Begley et al. (2005), S. 36. Miller (1987b), S. 689. Vgl. Fallgatter (2002), S. 27ff.
45
auf eine inhaltlich vertretbare Zuordnung als auf die rein formale Erfüllung des Kriteriums gelegt.249
2.3
Umfeld des Unternehmens
Eine Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit ist die Frage nach Unterschieden in der Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung unter verschiedenen Umfeldbedingungen. In Kapitel 2.3.1 wird auf die Relevanz des Umfelds als Faktor in der Betrachtung der Bedeutung des Geschäftsmodells für den Erfolg eingegangen. In Kapitel 2.3.2 wird der theoretische Hintergrund erläutert. Abschließend werden Messbarmachung des Umfelds diskutiert.
2.3.1
in
Kapitel
2.3.3
Möglichkeiten
zur
Das Umfeld als Kontextfaktor
Wie im vorhergehenden Kapitel erläutert, ist das Umfeld eines Unternehmens gerade für die in dieser Arbeit untersuchten kleinen und mittleren Unternehmen von besonderer Bedeutung. Es spielt in vielerlei Hinsicht eine Rolle für den Erfolg: "Environments create both problems and opportunities for organizations. Organizations depend on the environment for scarce and valued resources, and organizations often must cope with unstable, unpredictable external events."250 Die Eigenschaften des Umfelds haben Auswirkungen auf Strategie, Struktur, Prozesse und Ergebnis von Unternehmen.251 Bisherige Arbeiten zur Erfolgswirkung von Geschäftsmodellen und deren Gestaltung beschränkten sich allerdings weitgehend auf E-Business Unternehmen252 oder Unternehmen, die zumindest einen Teil ihres Umsatzes über das Internet generieren.253 Dies wird zumeist damit
begründet,
dass
der
Kommunikationstechnologie
249
250 251 252 253
46
verstärkte besonders
Einsatz
von
weitreichende
moderner
Informations-
Möglichkeiten
zur
und
Schaffung
Grenzfälle liegen bspw. häufig bei Spin-offs von Unternehmen vor, die auf dem Transfer von Innovationen oder innovativem Wissen aus einer Muttergesellschaft oder einer Forschungseinrichtung basieren, jedoch auch ohne bestehende Strukturen und in diesem Sinne originär gegründet werden können. Vgl. Maselli (1997), S. 28ff.; Garvin (1983), S. 3ff. Daft et al. (1988), S. 123. Vgl. Goll/Rasheed (1997), S. 583f. Vgl. bspw. Pecha (2004). Vgl. bspw. Zott/Amit (2007).
neuartiger Geschäftsmodelle erlaube.254 Gleichzeitig haben aber Zott/Amit den Anspruch, mit ihrer Definition nicht auf E-Business oder E-Commerce Firmen beschränkt zu sein, sie sehen sich vielmehr als "moving beyond generic typologies of business models (which are often only applicable to e-commerce firms)".255, 256 Malone et al. vertreten ebenfalls die Meinung, dass das Geschäftsmodellkonzept für alle Firmen interessant sei.257 Betrachtet man das Geschäftsmodell aber branchenübergreifend, so kann das Geschäftsmodell eines Unternehmens nicht mehr unabhängig von der Struktur des Umfelds betrachtet werden, wie auch Porter anmerkt: "no business model can be evaluated independently of industry structure."258 Pateli/Giaglis stellen fest, dass für die Vermarktung einer bestimmten technologischen Innovation durchaus verschiedene Arten von Geschäftsmodellen anwendbar sein können, und dass dies immer in Abhängigkeit vom Umfeld des Unternehmens zu entscheiden ist.259 Um zu verstehen, ob aus einem bestimmten Geschäftsmodell tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil oder gar ein Nachteil entsteht, müssen also die Umstände analysiert werden, unter denen das Unternehmen mit seinem Geschäftsmodell agiert.260 Eine Untersuchung der Geschäftsmodelle über verschiedene Industrien hinweg, also in unterschiedlichen Umfeldern, erfordert den expliziten Einbezug der vorherrschenden Umfeldbedingungen. Potenzielle Auswirkungen des Umfelds auf den Erfolg müssen gemessen werden und in die Untersuchung einbezogen werden, um falsche Interpretationen der Ergebnisse zu vermeiden.261 Das Umfeld eines Unternehmens ist allerdings komplex und multidimensional, nicht alle Aspekte sind für die vorliegende Untersuchung gleichermaßen relevant. In den folgenden Abschnitten soll zunächst der theoretische Hintergrund für die Betrachtung des Umfelds geliefert werden, danach wird auf verschiedene Methoden zur Abbildung und Messung des Umfelds und deren jeweilige Eignung für diese Arbeit eingegangen.
254 255 256 257 258 259 260 261
Vgl. Zott/Amit (2007), S. 186. Zott/Amit (2007), S. 194. Vgl. dazu auch Kapitel 2.1.2. Vgl. Malone et al. (2006), S. 2. Porter (2001), S. 73. Vgl. Pateli/Giaglis (2005), S. 173. Vgl. Christensen (2001), S. 109. Vgl. Dess et al. (1990), S. 7.
47
2.3.2
Theoretischer Hintergrund der Umfeldbetrachtung
Hintergrund der Beschäftigung mit den Umfeldern von Unternehmen im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Forschung ist die Ansicht, dass firmenbezogene Effekte und Effekte aus dem Umfeld, in dem ein Unternehmen agiert, bei der Analyse des Unternehmenserfolgs nicht unabhängig voneinander gesehen werden sollten.262 Betrachtet man den Erfolg einer einzelnen Firma, so ist dieser immer im Kontext des Umfelds zu sehen. Betrachtet man bspw. eine ganze Branche, so ist deren durchschnittlicher Erfolg bestimmt durch die Summe der einzelnen Firmen, die diese Branche ausmachen.263 Ein intuitiv verständliches Beispiel für den Zusammenhang zwischen den Eigenschaften von Firmen einerseits und ihrem Umfeld andererseits ist das strengths–weaknesses–opportunities– threats (SWOT)-Framework, basierend auf den Arbeiten von Andrews.264 Diesen Ansatz bezeichnen Eriksen/Knudsen als die wahrscheinlich bekannteste Argumentation dafür, dass die Interaktion zwischen Unternehmen und Umfeld für den Erfolg relevant ist: "Perhaps the most well-known argument that the interaction between the firm and its industry matters for performance is the intuition given in the SWOT framework".265 Wesentlicher Gedanke des Ansatzes ist, dass die Bedeutung von Stärken und Schwächen von Firmen jeweils vom Kontext abhängig ist: "Firm strengths and weaknesses are defined by value in a context; firm competencies are defined by their value in a context."266 Die Beschäftigung mit dem Unternehmensumfeld und dessen Bedeutung für den Erfolg einzelner Unternehmen erfolgt in der Literatur aus unterschiedlichen Perspektiven. Ein zentrales Thema stellt die Beziehung zwischen Unternehmen und Umfeld in der Organisationstheorie und im Strategischen Management dar.267 Innerhalb dieser Forschungsgebiete lassen sich wiederum verschiedene Richtungen unterteilen. Lenz untersucht 1980 die Hypothese, dass "Combinations of environment, strategy, and organization structure associated with high-performance organizations differ from combinations associated with low-performance organizations."268 Dabei gibt er bereits einen Überblick über entsprechende Literatur aus drei verschiedenen Forschungsrichtungen und
262 263 264 265 266 267 268
48
Vgl. McGahan/Porter (1997), S. 30. Vgl. Arend (2008), S. 2. Vgl. Andrews (1987), S. 35ff. Eriksen/Knudsen (2003), S. 192. Arend (2008), S. 2. Vgl. Dess/Rasheed (1991), S. 701. Lenz (1980), S. 213.
unterteilt diese nach "Industrial organization research", "Business policy research" und "Organization theory research".269 Kontingenztheorie und verschiedene Perspektiven Den grundlegenden theoretischen Rahmen für die Betrachtung des Umfeldeinflusses auf die Erfolgswirkung von firmenspezifischen Variablen wie Strategie oder Geschäftsmodell liefert die Kontingenztheorie (engl. Contingency Theory). Die Kontingenztheorie hat nach ihrem Aufkommen Anfang der 1960er Jahre im Bereich der Organisationstheorie in kurzer Zeit weite Verbreitung gefunden.270 Sie hat in diesem Zusammenhang maßgeblich die Erforschung von Organisationsgestaltung und Erfolg bestimmt: "Structural contingency theory has dominated the study of organizational design and performance during the past twenty years."271 Zentrale Annahme der Theorie ist "the proposition that the structure and process of an organization must fit its context […], if it is to survive or be effective."272 Damit ist der relative Erfolg von organisationalen Konfigurationen gleichzeitig als Funktion ihres Umfelds zu betrachten: "a central theme of structural contingency theory is that the relative success of organizational types (or configurations) is a function of environmental conditions."273 Nicht nur für die Beziehung zwischen Organisationsstruktur und Umfeld wird die Kontingenztheorie herangezogen, sie bildet auch die Grundlage für die kontextabhängige Betrachtung von Strategien. Dabei liegt die Annahme zugrunde, dass bestimmte Strategien in bestimmten Arten von Wettbewerbsumfeldern von Vorteil sind. In Abgrenzung dazu wird im universellen Ansatz davon ausgegangen, dass bestimmte Strategien unabhängig vom Umfeld erfolgversprechend sind, während im situationsspezifischen Ansatz für jede einzelne Situation eine passende Strategie gefordert wird.274 Hofer vertritt die Ansicht, dass eine Theorie der Strategie immer eine Kontingenztheorie sein muss: "any theory of business (corporate) strategy must be a contingency theory."275 Er argumentiert, dass die Erfolgswirkung einer Strategie nicht unabhängig vom Kontext sein kann. Charakteristika des Umfelds eines Unternehmens sind dabei nicht die einzigen Kontextfaktoren, welche im Rahmen der Kontingenztheorie betrachtet werden können. Hofer
269 270 271 272 273 274 275
Vgl. Lenz (1980), S. 210ff. Vgl. Downey et al. (1975), S. 613; Downey/Slocum (1975), S. 562. Drazin/Van de Ven (1985), S. 514. Drazin/Van de Ven (1985), S. 515. Ketchen et al. (1993), S. 1285. Vgl. Hambrick/Lei (1985), S. 765. Hofer (1975), S. 786.
49
identifiziert 54 Umfeld- und organisatorische Variablen, die er als potenziell signifikant für eine Kontingenztheorie der Strategie erachtet, darunter auch makroökonomische Entwicklungen, demographische und soziokulturelle Trends, aber auch eine Vielzahl von Industrie- und Wettbewerbscharakteristika.276 Nicht alle dieser Variablen sind gleichermaßen von Bedeutung für den Erfolg von Unternehmen. Es gilt vielmehr, eine Auswahl zu treffen. Umfeldcharakteristika werden besonders häufig als relevante Variablen im Rahmen der Kontingenztheorie herangezogen: "Contingency variables are usually thought to be environmental; businesses have little or no control over them and they therefore form the contexts in which businesses must develop strategies."277 Der wesentliche Unterschied in verschiedenen kontingenztheoretischen Perspektiven besteht in der Frage, ob das Umfeld als gegeben angenommen wird oder ob es durch das einzelne Unternehmen und dessen strategischen Handlungen mitgestaltet werden kann. Erstere Perspektive wird von Dess et al. als "environmental determinism" bezeichnet, letztere als "strategic choice perspective".278 Ketchen et al. bezeichnen erstere Perspektive dagegen als "organizational ecology perspective".279 Hitt/Tyler wiederum sprechen von der "external control perspective".280 Unabhängig von der genauen Bezeichnung gilt in dieser deterministischen Sichtweise des Umfelds die Annahme: "environment is the primary determinant of firm outcomes".281 Folgt man der deterministischen Sichtweise, so sind die Umfeldbedingungen für die Unternehmen weitestgehend nicht beeinflussbar, sondern müssen als gegeben hingenommen werden. Das Umfeld diktiert also den Unternehmen, wie diese sich zu verändern haben, um erfolgreich zu sein: "Under the environmental imperative, the impetus for change comes from outside the organization. Changes in strategy and structure reflect changes in both the behavior of competitors and the buying habits of customers."282 Der Spielraum für strategische Entscheidungen des Managements ist damit zum Großteil durch das Umfeld begrenzt.283 Eigenschaften und Ausprägungen von Unternehmen, aber auch deren Erfolg, sind unter dieser Sichtweise die Ergebnisse der Umfeldbedingungen und der vom Umfeld
276 277 278 279 280 281 282 283
50
Vgl. Hofer (1975), S. 798. Hambrick/Lei (1985), S. 768. Vgl. Dess et al. (1993), S. 791. Vgl. Ketchen et al. (1993), S. 1285. Vgl. Hitt/Tyler (1991), S. 327. Ketchen et al. (1993), S. 1285. Miller (1987b), S. 689. Vgl. Hitt/Tyler (1991), S. 327.
vorgegebenen Ressourcen und Beschränkungen.284 Um erfolgreich zu sein, müssen sich Unternehmen in ihren Aktivitäten also vor allem den Umfeldbedingungen anpassen.285 Dieser deterministischen Ansicht folgen generell viele Vertreter der Kontingenztheorie: "Many contingency theorists have argued that the organization's structure and functioning are shaped by the external environment of the organization".286 Autoren verschiedener Disziplinen argumentieren anhand dieser Sichtweise.287 Sie herrscht insbesondere in Arbeiten vor, die aus der Schule der "Industrial Organization" stammen. Diese basieren in der Regel auf dem "Structure-Conduct-Performance-Paradigma", das besagt, dass "market structure influences the conduct of organizations, and their conduct, in turn, affects performance."288 Zurückgeführt wird dieses Paradigma auf die Arbeit von Mason, der 1939 den Einfluss von Marktstrukturen auf die Preissetzungs- und Produktionsverfahren von großen Firmen feststellte und zu dem Schluss kommt, dass "large firms confronted with different market situations pursue different policies and practices."289 Eine weitere häufig zitierte Grundlage stellt die Untersuchung von Bain dar, welcher die Auswirkungen struktureller Industriecharakteristika auf die Bedingungen des Markteintritts neuer Unternehmen betrachtet hat.290 Im Rahmen des Strategischen Managements ist Porter einer der prominentesten Vertreter dieser Perspektive, da er in seiner Betrachtung von Wettbewerbsstrategien die Ansicht vertritt, dass fünf Kräfte den Wettbewerb innerhalb von Industrien bestimmen und Firmen mit ihrer Strategie darauf reagieren müssen.291 Diese Arbeiten sehen somit die Struktur der Industrie als zentrale Determinante des Erfolgs einer Unternehmung.292 Der Unternehmenserfolg ist folglich immer vor dem Hintergrund der Industrie zu betrachten: "In the research growing out of the industrial-organization tradition, industry structure is a central determinant of firm performance, and firm differences are considered against an industry background."293 Die Organisationstheorie ist ein weiteres Feld, in welchem den Einflüssen des Umfelds auf Unternehmungen besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde und diese Beziehung zu
284 285 286 287 288 289 290 291 292 293
Vgl. Keats/Hitt (1988), S. 572. Vgl. Romanelli/Tushman (1986), S. 619. Khandwalla (1987), S. 44. Vgl. Hitt/Tyler (1991), S. 327. Lenz (1980), S. 210. Mason (1939), S. 70. Vgl. Bain (1956). Vgl. Porter (1980), S. 3ff. Vgl. Hawawini et al. (2003), S. 1. McGahan/Porter (1997), S. 15.
51
einem wichtigen Forschungsstrang geführt hat.294 Auch in der Organisationstheorie gibt es, im Einklang mit der Perspektive der Industrial Organization, Vertreter der deterministischen Ansicht, dass das Umfeld die Aktivitäten der Unternehmen vorgibt und damit deren Erfolg maßgeblich bestimmt.295 Aldrich spricht diesbezüglich von der Perspektive der "Population Ecology".296 Vertreter dieser Perspektive untersuchen demnach, "how populations of organizations are transformed by environmental changes."297 Das Umfeld wird also auch hier als die wesentliche Kraft betrachtet, die Veränderungen in Organisationen hervorruft.298 Dabei beinflusst das Umfeld im Rahmen dieser Perspektive die Unternehmen dadurch, dass es die Verfügbarkeit von Ressourcen bestimmt: "Environments affect organizations through the process of making available or withholding resources, and organization forms can be ranked in terms of their efficacy in obtaining resources."299 Unternehmen unterscheiden sich somit in ihrer Organisationsstruktur darin, wie effizient sie die begrenzten Ressourcen erhalten und nutzen können. In der extremsten Form der Population Ecology wird angenommen, dass eine Art "natürliche Selektion" stattfindet und dass das Umfeld bestimmt, welche der von den Unternehmen verfolgten alternativen Organisationsformen bestehen kann.300 Diese "Natural selection models" gehen davon aus, dass die Überlebens- und Erfolgswahrscheinlichkeit eines Unternehmens von einer guten Anpassung ("fit") zwischen organisationalen Variablen und Umfeldbedingungen abhängt.301 Eine Erweiterung dieser Sichtweise stellt die "resource dependence perspective" dar, welche mit einbezieht, dass die limitierten Ressourcen nicht für alle Unternehmen gleichermaßen erreichbar sind, sondern oftmals in den Händen weniger Akteure konzentriert sind und unter der Kontrolle bestimmter Organisationen stehen.302 Daher sehen Vertreter des resource dependence-Ansatzes den Auslöser für Änderungen in den Aktivitäten einer Organisation in vorangegangenen Veränderungen von Verteilung und Kontrolle dieser kritischen Ressourcen.303 Dennoch ist auch unter dieser Perspektive das Umfeld maßgeblich für die Unternehmen; sie ist aus Aldrichs Sicht: "a useful specification of the means by which environments affect organizational change."304
294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304
52
Vgl. Tushman/Anderson (1986), S. 439. Vgl. Hitt/Tyler (1991), S. 330. Vgl. Aldrich (1979), S. 26ff. Aldrich/Auster (1986), S. 166. Vgl. Aldrich (1979), S. 56. Aldrich (1979), S. 61. Vgl. Aldrich (1979), S. 111. Vgl. Hitt/Tyler (1991), S. 330. Vgl. Aldrich (1979), S. 118. Vgl. Romanelli/Tushman (1986), S. 608. Aldrich (1979), S. 118.
Im Gegensatz zu den deterministischen Ansichten der Industrial Organization und Population Ecology ist die Sichtweise der strategic choice-Perspektive, dass unternehmerische Entscheidungen in der Gestaltung der Beziehung zum Umfeld mit ausschlaggebend sind.305 Für Unternehmen ist es demnach durch ihre Strategie möglich, bestimmte Umfeldbedingungen zu verändern und sich innerhalb des Umfelds zu positionieren: "The strategic management model suggests that through its strategy, an organization selects and interprets its environment, responds to those elements it considers fixed, and attempts to shape the remaining elements to its advantage".306 Dabei wird ebenfalls angenommen, dass die Beziehungen zwischen Organisation und Umfeld sich im Zeitverlauf ändern können.307 Es wird aber die Rolle der Entscheidungen des Managements bei der Positionierung im Markt und der Beeinflussung der Wettbewerbsaktivitäten herausgestellt.308 Die Perspektive des strategic choice ist eher mit dem im Strategischen Management oft verwendeten ressourcenbasierten Ansatz zu vereinbaren, der davon ausgeht, dass die Ressourcen und Aktivitäten eines Unternehmens die wesentliche Ursache für Erfolgsunterschiede darstellen.309 Verschiedene Vertreter dieser Perspektive unterscheiden sich in ihrer jeweiligen Ansicht, welche Variablen im Rahmen der strategic choice vom Management zu beeinflussen sind.310 So kritisiert Bourgeois, dass auch Autoren im Bereich Strategisches Management die Umfeldfaktoren zu deterministisch betrachten und merkt an: "strategic decisions made by managers cannot be assumed to be the product of deterministic forces in their environments."311 Eine solche Annahme würde im Extremfall bedeuten, dass das Management an sich überflüssig wäre, weil die Strategie eines Unternehmens sich quasi automatisch aus einer rein technischen Analyse des Umfelds ableiten ließe.312 Zudem kritisiert Bourgeois an der deterministischen Sichtweise die Vernachlässigung der Tatsache, dass es die Entscheidungen des Managements sind, welche die Organisation erst in einen bestimmten Kontext führen.313 Jedoch ist allen Vertretern des strategic choice gemein, dass sie die rein deterministische Sichtweise des Umfelds ablehnen: "Regardless of the extent of
305 306 307 308 309 310 311 312 313
Vgl. Child (1997), S. 43ff.; Miles/Snow (1978), S. 5; Child (1972), S. 13ff. Keats/Hitt (1988), S. 574. Vgl. Romanelli/Tushman (1986), S. 608. Vgl. Miller (1987b), S. 695; Romanelli/Tushman (1986), S. 608. Vgl. Goddard et al. (2008), S. 1. Vgl. Hitt/Tyler (1991), S. 331. Bourgeois (1984), S. 589. Vgl. Bourgeois (1984), S. 589. Vgl. Bourgeois (1984), S. 591.
53
strategic choice, these theorists reject the purely deterministic view of the behavior of organizations taken by some organization theorists and industrial organization economists."314 Die folgende Abbildung verdeutlicht den wesentlichen Unterschied in der angenommen Wirkung des Umfelds zwischen deterministischer Sichtweise und der Perspektive des Strategic Choice:
Deterministische Sichtweise
bestimmt
Eigenschaften, Verhalten und Erfolgs des Unternehmens
Wechselwirkung
Eigenschaften, Verhalten und Erfolgs des Unternehmens
Umfeld des Unternehmens
Strategic Choice - Perspektive
Umfeld des Unternehmens
Abb. 7: Quelle:
Deterministische Sichtweise und Strategic Choice-Perspektive Eigene Darstellung
Während die Perspektiven des Determinismus einerseits und der strategic choice andererseits auf den ersten Blick unvereinbar erscheinen, so ist doch in einigen Arbeiten der Versuch zu sehen, beide Perspektiven miteinander zu vereinen.315 Van de Ven schlägt vor, dass beide Perspektiven nicht als Gegensätze sondern als unabhängige Dimensionen zu betrachten sind: "One way […] to construct a more balanced perspective may be to reconceptualize strategic choice and environmental constraints as two separate dimensions, each of which may vary along a unique continuum from low to high — rather than as polarities on a single scale."316 Ketchen et al. sehen ebenfalls sowohl das Umfeld wie auch die Entscheidungen des Managements als maßgeblich für den Unternehmenserfolg: "performance differences between
314 315 316
54
Hitt/Tyler (1991), S. 331. Vgl. Hitt/Tyler (1991), S. 327. Van de Ven (1979), S. 324.
configurations should be based on (1) firms' commitment to prior strategic choices and (2) differing levels of environmental benevolence across the industry."317 Den verschiedenen Perspektiven ist überdies gemein, dass sie eine Abstimmung zwischen Umfeldbedingungen und der Organisation für erfolgsrelevant halten: "The belief that organizational performance is predicated upon a fit or match between the organization and its environment is central to strategic management and organization theory."318 Für Unternehmen kommt es also darauf an, ihre potenziellen Wettbewerbsvorteile mit den Möglichkeiten, die das Umfeld bietet, in Einklang zu bringen.319 Damit ist die Notwendigkeit des Einbezugs von Umfeldfaktoren für die Untersuchung der Erfolgswirkung des Geschäftsmodells gegeben. Es gilt jedoch, aus der großen Bandbreite möglicher Umfeldvariablen die relevanten Aspekte auszuwählen und diese in geeigneter Form messbar zu machen.
2.3.3
Messbarmachung des Umfelds
Aufgrund der Komplexität des Umfelds einer Organisation stellt neben der Auswahl der relevanten Aspekte insbesondere auch deren Messung eine Schwierigkeit dar. In der Organisationstheorie wurde bereits früh auf die Notwendigkeit einer klaren Definition der Komponenten und Dimensionen des Umfelds hingewiesen, so bspw. von Duncan 1972: "If a theory of organization-environment interaction is to be developed to facilitate empirical research, it is necessary that the components and dimensions of the environment be more clearly defined."320 Allerdings ist trotz Duncans Appell kein Ansatz zur Konzeptualisierung des Umfelds auszumachen, der als allgemein vorherrschend bezeichnet werden kann: "neither a single approach to conceptualizing the environment nor to measuring it has received widespread acceptance […]. Authors use a variety of concepts and measures, making it difficult to compare results across studies."321 Arbough et al. konstatieren zumindest eine generelle Zunahme der Berücksichtigung solcher Effekte im Strategischen Management und in der Entrepreneurship-Forschung: "controlling for industry effects has received some emphasis in strategy and entrepreneurship research".322 Auch im Strategischen Management
317 318 319 320 321 322
Ketchen et al. (1993), S. 1286. Goll/Rasheed (2004), S. 50. Vgl. Ireland et al. (2001), S. 53. Duncan (1972), S. 313. Sharfman/Dean (1991a), S. 681f. Arbough et al. (2005), S. 109.
55
werden mögliche Einflüsse des Umfelds auf den Erfolg jedoch nicht immer in konsistenter Form überprüft.323 Es herrscht nur ein vager Konsens darüber, welche Dimensionen relevant für die Abbildung des Umfelds sein könnten, und kaum Einigkeit darüber, wie die Messung der Dimensionen erfolgen sollte.324 Abbildung des Umfelds über Industriezugehörigkeit Eine erste Möglichkeit, die Auswirkungen des unterschiedlichen Umfelds von Unternehmen in Untersuchungen messbar zu machen, besteht in der Nutzung der Industriezugehörigkeit der befragten Unternehmen als Kontrollvariable. Eine Vielzahl von Arbeiten, die sich der Bedeutung von Industrieeffekten für den Unternehmenserfolg widmen, basiert auf der Auswertung von US-Unternehmensdaten. Diese stammen zumeist aus Quellen wie der Datenbank der Federal Trade Commission (FTC) Line of Business survey oder der COMPUSTAT-Datenbank.325 In diesen Datenbanken sind ausgewählte Geschäftszahlen von zahlreichen US-Unternehmen abrufbar. Die Firmen sind zudem jeweils über einen mehrstelligen Code einer bestimmten Industrie zugeordnet, wobei die COMPUSTAT-Datenbank auf das vierstellige System der Standard Industrial Classification (SIC) zurückgreift.326 Die FTC hat eigene Kategorien definiert, welche aber weitestgehend an die SIC-Kategorien angelehnt sind.327 Der Rückgriff auf Industriezuordnungen nach dem SIC- oder FTC-System ist komfortabel, bringt jedoch auch eine Reihe von Problemen mit sich. So wurde bereits früh der hohe Aggregationsgrad der Industriecodes kritisiert und der Wunsch nach präziseren Industrieklassifizierungen geäußert.328 Des Weiteren sind häufig Firmen ohne eindeutige Zuordnung zu einer Industrie oder mit einer Zuordnung zu Kategorien wie "Sonstige" von einer sinnvollen Betrachtung ausgeschlossen.329 Die FTC-Daten unterliegen zudem der Einschränkung, dass sie auf diversifizierte Großunternehmen beschränkt sind, deren Daten zwar auf Geschäftseinheitsebene erfasst werden, die aber aufgrund ihrer gezielten Auswahl keine vollständige Repräsentativität der US-Industrie garantieren können.330
323 324 325 326
327 328 329 330
56
Vgl. Dess et al. (1990), S. 7. Vgl. Harris (2004), S. 857f.; Dess/Rasheed (1991), S. 701ff.; Sharfman/Dean (1991b), S. 711ff. Vgl. Arend (2008), S. 4. Bei den vierstelligen SIC-Codes handelt es sich um ein System der Industriezuordnung der US-Regierung, das offiziell 1997 durch ein sechsstelliges System abgelöst wurde, jedoch aufgrund seiner Bekanntheit weiterhin häufig Verwendung findet. Vgl. Ravenscraft (1983), S. 24. Vgl. bspw. Rumelt (1991), S. 182; Beard/Dess (1981), S. 685. Vgl. bspw. Hawawini et al. (2003), S. 6; Dean et al. (1998), S. 717. Vgl. Ravenscraft (1983), S. 24.
Auch Studien auf Basis von SIC-Codes haben oftmals bewusst eine Einschränkung auf diversifizierte Unternehmen vorgenommen, was McGahan/Porter als verzerrend kritisieren.331 Noch kritischer jedoch ist die Tatsache zu beurteilen, dass solche Einteilungssysteme die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einer bestimmten Industrie in der Regel anhand dessen Produktionsprozesses vornehmen, und andere wichtige Klassifizierungsdimensionen außen vor bleiben.332 So stellt Powell fest, dass die FTC-Daten häufig auch Firmen zu einer Industrie zusammenfassen (d. h. in der Datenbank dem gleichen Code zuordnen), die gar nicht miteinander im Wettbewerb stehen und generell wenige Gemeinsamkeiten haben.333 Levitt merkte bereits 1960 an, dass Industriegrenzen oftmals fließend und nicht an Produkten festzumachen seien. Vielmehr sieht er die Kundenbedürfnisse als bestimmend an.334 Auch Goddard et al. weisen darauf hin, dass die Eigenschaften einer Industrie nicht als fix zu betrachten sind, sondern sich im Zeitverlauf ändern können.335 Auf diese Probleme ist ggf. auch zurückzuführen, dass die Bandbreite der Ergebnisse bei der Untersuchung der Bedeutung der Industriezugehörigkeit stark schwankt.336 So stellt Schmalensee zwar fest: "Industry effects exist and are important".337 Gleichzeitig weist er jedoch darauf hin, dass 80 Prozent der Varianz im Erfolg der untersuchten Geschäftseinheiten nicht durch die Industriezugehörigkeit erklärt werden, sondern andere Ursachen vorliegen müssen.338 Rumelt kommt in seiner Untersuchung zu ähnlichen Ergebnissen, sieht jedoch die Industrieeffekte als weniger stabil an und hält fest: "business-units differ from one another within industries much more than industries differ from one another."339 McGahan/Porter kommen dagegen zu dem Schluss, dass die Industrieeffekte über Zeit stabiler seien als firmenspezifische Effekte.340 Hawawini et al. wiederum schließen, dass nur für wenige Extremfälle von Unternehmen die firmenspezifischen Effekte von hoher Bedeutung sind, die Mehrheit der Firmen jedoch in ihrem Erfolg maßgeblich von Industrieeffekten beeinflusst wird.341, 342
331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342
Vgl. McGahan/Porter (2005), S. 879. Vgl. Hawawini et al. (2003), S. 14. Vgl. Powell (1996), S. 325. Vgl. Levitt (1960), S. 55. Vgl. Goddard et al. (2008), S. 12. Vgl. Ruefli/Wiggins (2003), S. 862. Schmalensee (1985), S. 349. Vgl. Schmalensee (1985), S. 350. Rumelt (1991), S. 179. Vgl. McGahan/Porter (1997), S. 29f. Vgl. Hawawini et al. (2003), S. 13f. Dieses Ergebnis wird allerdings von McNamara et al. (2005) in ihrer Kritik rein dem statistischen Vorgehen zugeordnet, was wiederum Hawawini et al. (2005) bestreiten und sich vielmehr in ihrer Aussage durch die Arbeit von McNamara et al. (2005) bestätigt sehen. Vgl. Hawawini et al. (2005), S. 1086; McNamara et al. (2005), S. 1075ff.
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Wichtig ist die Anmerkung von Hawawini et al., dass ihre und die von ihnen betrachteten Studien343 einen bedeutsamen Aspekt nicht schätzen könnten, nämlich die Interaktion zwischen Industrie und Firma, welche die Bedeutung von Interdependenzen zwischen Ressourcen und Fähigkeiten der Firmen einerseits und des Umfelds der jeweiligen Industrie andererseits widerspiegle.344 Dess et al. weisen ebenfalls darauf hin, dass auch innerhalb einer Industrie durchaus heterogene Umfelder herrschen können und nicht angenommen werden kann, dass alle strukturellen Charakteristika einer Industrie gleichermaßen auf alle Unternehmen wirken.345 In neueren Studien wurden Interaktionseffekte zwischen Industrie- und Firmeneffekten in verschiedener Art und Weise einbezogen.346 Die Ergebnisse bestätigen weitgehend, dass die Industrie einen Einfluss auf den Erfolg hat, jedoch firmenbezogene Effekte dominieren.347 Eriksen/Knudsen finden zwar nur einen weniger bedeutenden Interaktionseffekt, schließen aus ihren Ergebnissen dennoch, dass Kontext und Strategien nicht unabhängig betrachtet werden sollten: "the industry context and the firms’ strategies are not independent constructs. In addition to seeking a favorable industry position, maintaining alignment of the firm’s specific resources with the specific industry context(s) within which it operates will, at least to some extent, be a source of higher profitability."348 Auch Arend kommt in seiner Analyse zu dem Schluss: "firm–industry synergistic interactions are an important determinant of firm profitability."349 Er fordert allerdings, die Einteilung nach SIC-Codes zu überdenken, da basierend auf dieser Einteilung die Industriezugehörigkeit einen geringen Erklärungsbeitrag zu der Frage nach dem Erfolg liefert: "The main theoretical implication is that industry matters less than previously believed; separating firms into bins based on SIC codes may be less useful than, for example, categorizing them by product-andgeographically-related underlying technology or core value-adding processes or network strength. These latter collection methods may provide greater insights into what is driving performance differences."350 Ein methodisches Problem der auf Industrieklassifizierungen basierenden Arbeiten besteht darin, dass sie im Regelfall auf die Methode der Varianzkomponenten-Analyse zurück-
343 344 345 346 347 348 349 350
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Dabei handelt es sich um McGahan/Porter (1997); Rumelt (1991); Schmalensee (1985). Vgl. Hawawini et al. (2003), S. 14. Vgl. Dess et al. (1990), S. 19. Vgl. Arend (2008), S. 1ff.; Eriksen/Knudsen (2003), S. 191ff. Vgl. Eriksen/Knudsen (2003), S. 198. Eriksen/Knudsen (2003), S. 198. Arend (2008), S. 9. Arend (2008), S. 8.
greifen.351 Diese beschränkt sich jedoch darauf, die reine Existenz von Industrieeffekten nachzuweisen, liefert dabei aber keine Erklärung hinsichtlich der Wirkung der identifizierten Effekte: "variance decomposition only describes and does not explain the influences on firm performance".352 Damit wird die Frage, welche Aspekte den Erfolg in welcher Weise beeinflussen, nicht beantwortet: "It offers no information about the drivers of business performance or about the mechanisms by which performance is generated."353 Diese Art von Betrachtung erlaubt es also nicht, die dem Effekt zu Grunde liegenden Faktoren herauszuarbeiten und ist damit von geringerem Wert für das Verständnis von Erfolgsfaktoren und für praktische Implikationen.354 Schmalensee hat bereits 1985 darauf hingewiesen, dass der Nachweis der Existenz von Industrieeffekten nur ein erster Schritt sein kann: "we ought instead to investigate the industry-level factors that affect its [the industry effect's] nature and importance."355 Aufgrund dieser inhaltlichen und methodischen Schwierigkeiten erscheint die Abbildung der Umfeldbedingungen über die Industriezugehörigkeit eines Unternehmens nicht ausreichend, wenn es gilt, die genaue Wirkung des Umfelds auf die Beziehung zwischen Geschäftsmodell und Erfolg zu verstehen. Abbildung des Umfelds über Konstrukte Eine Erfassung des Umfelds in Form von Konstrukten, welche die relevanten Dimensionen des Umfelds abbilden, sollte einen höheren Erkenntnisbeitrag liefern. Hier herrscht jedoch eine Vielfalt an möglichen Dimensionen vor, da das Umfeld eines Unternehmens aus praktisch unendlich vielen Elementen besteht: "the environment of an organization is composed of an infinite set of elements outside the boundaries of the organization".356 Aus den zahlreichen Möglichkeiten, die zur Abbildung der Dimensionen des Umfelds entwickelt wurden, gilt es, eine Auswahl zu treffen: "Business environments are classified into various dimensions, such as munificence, dynamism, complexity, and uncertainty […], and some dimensions have been subdivided further".357 Jeder dieser Aspekte kann in seinem Einfluss auf die Aktivitäten des Unternehmens von Bedeutung sein, je nach betrachtetem Zusammen-
351 352 353 354 355 356 357
Vgl. McGahan/Porter (2005), S. 873ff.; Ruefli/Wiggins (2005), S. 881ff.; Ruefli/Wiggins (2003), S. 861ff. Goddard et al. (2008), S. 1. McGahan/Porter (2005), S. 873. Vgl. Misangyi et al. (2006), S. 572. Schmalensee (1985), S. 350. Osborn/Hunt (1974), S. 231. Park/Mezias (2005), S. 1004.
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hang.358 Bei der Betrachtung des Umfelds eines Unternehmens stellt sich also zunächst die Frage nach den für die jeweilige Untersuchung relevanten Aspekten. Die Bandbreite existierender Konzeptualisierungen des Umfelds ist folglich sehr groß, da eine Vielzahl an Forschern versucht hat, die bedeutsamsten Aspekte des Umfelds zu erarbeiten.359 Oft berücksichtigen Autoren dabei nur eine einzelne, für ihre Arbeit scheinbar bedeutsamste, Dimension des Umfelds. Andere versuchen den Kontext mit möglichst vielen Umfeldvariablen zu erfassen. So verwendet Khandwalla bspw. fünf Variablen, um das Umfeld abzubilden.360 Covin/Slevin dagegen liefern ein Beispiel für die Einschränkung auf eine Umfelddimension, da sie zwar auf Khandwallas Arbeit aufbauen, jedoch nur die Dimension der "environmental hostility" verwenden.361 Beiden Arbeiten ist gemein, dass sie die Umfeldvariablen jeweils über mehrere Indikatoren, die sie vom Management der von ihnen befragten Unternehmen beurteilen lassen, erfassen.362 Damit wird das Umfeld anhand der subjektiven Wahrnehmung der befragten Führungskräfte abgebildet. Dess/Beard wählen einen anderen Weg der Messung von Umfelddimensionen, indem sie rein auf objektiven Daten aufbauen.363 Mit diesen bilden sie drei Dimensionen des Umfelds ab: Munificence, Dynamism und Complexity.364 Diese Dimensionen und Variablen verwenden auch McArthur/Nystrom.365 Dess/Beard untersuchen in ihrer Arbeit das Umfeld auf Branchenebene und aggregieren die Daten einzelner Unternehmen.366 McArthur/Nystrom verwenden dagegen Daten auf Unternehmensebene.367 Beiden Arbeiten ist gemein, dass sie sich in ihren Analysen auf Großunternehmen des produzierenden Gewerbes beschränken, für die entsprechende objektive Daten zur Verfügung stehen. Die Aufgabe besteht nun darin, die für die Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung relevanten Dimensionen zu identifizieren und konzeptionell abzugrenzen, sowie die für diese Untersuchung geeignete Art der Erfassung (subjektiv oder objektiv) festzulegen.
358 359 360 361 362 363 364 365 366 367
60
Vgl. Park/Mezias (2005), S. 1004. Vgl. Burton/Obel (2004), S. 198ff.; Khandwalla (1976/77), S. 26f. Vgl. Khandwalla (1976/77), S. 27. Vgl. Covin/Slevin (1989), S. 78. Vgl. Covin/Slevin (1989), S. 78; Khandwalla (1976/77), S. 29. Vgl. Dess/Beard (1984), S. 53. Vgl. Dess/Beard (1984), S. 55. Vgl. McArthur/Nystrom (1991), S. 351f. Vgl. Dess/Beard (1984), S. 54. Vgl. McArthur/Nystrom (1991), S. 351ff.
Hilfreich bei der Eingrenzung der relevanten Umfeldfaktoren für diese Arbeit ist die Einteilung des Unternehmensumfelds in verschiedene Ebenen, da zumeist eine bestimmte Ebene für den jeweiligen Untersuchungszweck die höchste Relevanz aufweist.368 Eine vielfach verwendete Einteilung liefern Osborn/Hunt, sie unterscheiden zwischen "macro, aggregation, and task environments".369 Während nach ihrer Definition das macro environment den generellen kulturellen Kontext, in dem Unternehmen sich bewegen, abbildet, besteht das aggregation environment aus Verbänden, Interessensgruppen und anderen Einrichtungen, die in einem gegebenen macro environment agieren.370 Für die Analyse auf Unternehmensebene scheint die dritte Ebene, das task environment, am besten geeignet, da auf den beiden höheren Ebenen die Umfeldbedingungen für alle Unternehmen eines Staates oder innerhalb eines geografischen Raums gleichermaßen gelten.371 Der Begriff des task environments geht auf die Arbeit von Dill aus dem Jahr 1958 zurück: "I have denoted that part of the total environment of management which was potentially relevant to goal setting and goal attainment as the task environment."372 Dill zählt vier wesentliche Elemente des task environment auf: "customers (both distributors and users), suppliers (of materials, labor, equipment, capital, and work space), competitors (for both markets and resources), and regulatory groups (government agencies, unions, and interfirm associations)."373 Osborn/Hunt folgen in ihrer Definition des task environment weitgehend der Definition von Dill und sehen es als den Teil des Umfelds, der für Zielsetzung und Zielerreichung des Unternehmens relevant ist.374 Damit besteht das task environment aus allen Organisationen, mit denen ein Unternehmen interagieren muss, um zu wachsen und zu überleben: "Specifically, the task environment of a given organization consists of all those organizations with which it must interact to grow and survive."375 Über die genauen Bestandteile des task environments herrscht jedoch nicht immer Einigkeit unter verschiedenen Autoren.376 Eine Reihe von Autoren schließt den von Dill genannten Bestandteil des task environments der "regulatory groups" aus der Betrachtung aus, da diese nicht unmittelbar und aktiv mit dem zu
368 369 370 371 372 373 374 375 376
Vgl. Castrogiovanni (1991), S. 547. Osborn/Hunt (1974), S. 231. Vgl. Osborn/Hunt (1974), S. 231f. Vgl. Osborn/Hunt (1974), S. 232. Dill (1958), S. 410. Dill (1958), S. 424. Vgl. Osborn/Hunt (1974), S. 232. Osborn/Hunt (1974), S. 233. Vgl. Starbuck (1976), S. 1082.
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betrachtenden Unternehmen kooperieren oder im Wettbewerb stehen: "The unit of analysis was the organizational task environment, which included those elements that actively and directly cooperated and competed with the focal organization, as dicussed by Starbuck (1976). This task environment might have differed from that specified by Dill (1958) in that it excluded regulatory groups of an organization's environment."377 Ilinitch et al. betonen zwar, dass "the effect of governmental policies on firms' ability to compete in hypercompetitive markets warrants attention."378 Jedoch ist dieser Einfluss eher indirekt im Vergleich zu dem Einfluss, den etwa Kunden, Lieferanten und Wettbewerber auf ein Unternehmen haben. Diese Unterscheidung nach direkter und indirekter Interaktion mit dem Unternehmen ist auch für andere Autoren ausschlaggebend bei der Definition des task environments.379 Dieses umfasst demnach Sektoren, die direkte Interaktion mit dem Unternehmen haben, insbesondere Lieferanten, Kunden und Wettbewerber.380 Diese Sektoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie in direkten Transaktionsbeziehungen zum Unternehmen stehen.381 Da das Konzept des Geschäftsmodells auf die Analyse der Gestaltung der Transaktionen eines Unternehmens abzielt, erscheint diese Ebene des Umfelds besonders passend. Castrogiovanni nennt zwei weitere Ebenen des Umfelds, welche er als Bestandteile des task environments ansieht, nämlich subenvironments und resource pools.382 Für die Untersuchung von Unterschieden auf Unternehmensebene sieht jedoch auch er die Ebene des task environment als geeignet an: "Studies at this level should focus on the decisions, actions, outcomes, and characteristics of whole organizations to explain similarities and differences between individual organizations."383 Wenn die Ebene geklärt ist, auf welcher die Dimensionen des Umfelds betrachtet werden, stellt sich noch die Frage, ob eine Messung über subjektive Indikatoren wie bei Khandwalla oder objektive Variablen wie bei Dess/Beard vorteilhafter ist.384 Dabei spricht sich Castrogiovanni für die Nutzung subjektiver Daten aus: "At both the subenvironment and task environment levels, researchers are likely to rely on subjective data
377 378 379 380 381 382 383 384
62
Dess/Beard (1984), S. 54. Ilinitch et al. (1996), S. 217. Vgl. May et al. (2000), S. 405; Daft et al. (1988), S. 124. Vgl. Stewart et al. (2008), S. 87; May et al. (2000), S. 405. Vgl. Daft et al. (1988), S. 124. Vgl. Castrogiovanni (1991), S. 545ff. Castrogiovanni (1991), S. 546. Vgl. Dess/Beard (1984), Khandwalla (1976/77).
obtained from managers because relevant information is too difficult to ascertain".385 Zahlreiche Studien in verschiedenen Forschungsbereichen der Betriebswirtschaft greifen demzufolge auf subjektive Beurteilungen des Umfelds durch die Befragten zurück.386 Downey et al. merken bezogen auf die Unsicherheit des Umfelds an, dass die subjektive Wahrnehmung des Umfelds immer vom wahrnehmenden Individuum abhängt: "perception of uncertainty can be considered as an individual psychological trait rather than simply as an environmental attribute."387 Sie kommen zu dem Schluss, dass die tatsächlichen Attribute des Umfelds nur dann bedeutsam sind, wenn sie auch ähnlich wahrgenommen werden.388 Empirische Ergebnisse unterstützen die Bedeutung wie auch die Eignung von subjektiv gemessenen Umfeldvariablen: "The use of managerial perceptions of environment has been supported by a number of studies based on the relevance of such perceptions to the formulation of strategy […] as well as on their accuracy with respect to objective measures of environmental conditions".389 Die Wahrnehmung des Umfelds durch die Unternehmensleitung bestimmt maßgeblich deren Entscheidungen hinsichtlich der Anpassung an das Umfeld.390 So stellt Snow 1976 fest: "management responds only to what it perceives; those environmental conditions that are not noticed do not affect management's decisions and actions."391 Wie aus den bisherigen Erläuterungen deutlich wird, existiert eine Vielzahl verschiedener für den Erfolg als wichtig erachteter Umfeldcharakteristika. Diese sind jedoch häufig zwar unterschiedlich benannt, in ihrer Definition aber nicht überschneidungsfrei. So stellen Dess et al. fest, dass die Definition von "hostility", welche Zahra/Covin verwenden, Elemente von "uncertainty" wie auch "heterogeneity" enthält.392 Lumpkin/Dess wiederum bezeichnen das Konzept der "environmental hostility", welches Covin/Slevin verwenden, als ihrem eigenen Konzept der "environmental munificence" ähnlich.393 Ein zweites Problem besteht darin, dass verschiedene Autoren eine von ihnen gewählte Umfelddimension zwar gleich benennen, jedoch anders definieren. Dies beklagt bspw. Castrogiovanni für "environmental munificience".394
385 386
387 388 389 390 391 392 393 394
Castrogiovanni (1991), S. 556. Vgl. bspw. Song et al. (2005), S. 264f.; Jaworski/Kohli (1993), S. 59f.; Covin/Slevin (1989), S. 78ff.; Khandwalla (1976/77), S. 29. Downey et al. (1975), S. 614. Vgl. Downey et al. (1975), S. 615. Dess et al. (1997), S. 683. Vgl. Yasai-Ardekani (1989), S. 133; Prescott (1986), S. 330; Bourgeois (1980b), S. 35. Snow (1976), S. 249. Vgl. Dess et al. (1997), S. 680; Zahra/Covin (1995), S. 48. Vgl. bspw. Lumpkin/Dess (1996), S. 159. Vgl. Castrogiovanni (1991), S. 551f.
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Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die im Vorfeld genannten Studien zum Einfluss des Umfelds auf den Erfolg, in welchen subjektive Umfeldvariablen Verwendung gefunden haben:
Autoren
Untersuchungszweck
Khandwalla (1976/77)
Erfolg verschiedener Management-Stile in Abhängigkeit des Kontexts der Unternehmen
Untersuchungseinheit 103 kanadische Unternehmen verschiedener Industrien
Umfeldvariablen
- Turbulenz - Feindlichkeit - Heterogenität
Kernergebnisse - Kontext spielt eine wichtige Rolle für den Erfolg des gewählten Management-Stils
- Restriktivität - Technologische Komplexität Covin/Slevin (1989)
Erfolgswirkung organischer Struktur und unternehmerischer Strategie kleiner Unternehmen in feindlichem Umfeld
161 nicht diversifizierte Unternehmen, "independently owned", zwischen 5 und 500 Mitarbeiter
- Feindlichkeit
- Firmen in "feindlichem" Umfeld, die eine unternehmerische Strategie haben, sind erfolgreicher
Jaworski/Kohli (1993)
Erfolgswirkung und Kontextabhängigkeit der Marktorientierung
Sample 1: 222 Geschäftseinheiten großer Firmen, Sample 2: 230 Mitglieder der AMA
- Markt-Turbulenz
- Marktorientierung wirkt auf den Erfolg, jedoch unabhängig vom Umfeld
Dess et al. (1997)
Untersuchung der Beziehung von Entrepreneurial Strategy Making mit Strategie, Umfeld und Erfolg
32 Unternehmen verschiedener Industrien
Vergleich von Kontingenzund Konfigurationsansätzen (2-Wege- bzw. 3Wege-Interaktion) Song et al. (2005)
Tabelle 7: Quelle:
Überprüfung der Wirkung von marketing- bzw. technologiebezogenen Fähigkeiten auf den Erfolg in zwei unterschiedlichen Umfeldern
466 Joint Ventures aus wissens- und technologieintensiven Branchen
- Wettbewerbsintensität - Technologische Turbulenz - Unsicherheit (kombiniert aus "Dynamik" und "Unvorhersehbarkeit")
- Kein signifikanter Einfluss der moderierenden Umfeldvariablen im Kontingenzansatz
- Heterogenität
- Teilweise signifikanter Einfluss im Konfigurationsansatz
- Technologische Turbulenz
- Unterschiedliche Erfolgswirkung von marketingbezogenen Fähigkeiten (niedriger bei hoher Technologischer Turbulenz)
Auswahl empirischer Studien mit Berücksichtigung verschiedener Umfelddimensionen und subjektiver Messung des Umfelds Eigene Darstellung
Die Untersuchung der Erfolgswirkung des Geschäftsmodells erfolgt im Rahmen dieser Arbeit anhand der Betrachtung auf Unternehmensebene. Damit stellt das task environment die geeignete Ebene des Umfelds dar und subjektiv gemessene Umfeldvariablen eignen sich somit für diese Untersuchung. Die obige Tabelle zeigt jedoch auch, dass eine große
64
Bandbreite möglicher Umfelddimensionen in bisherigen Untersuchungen Verwendung gefunden hat. Dabei reichen die Ergebnisse von sehr starker Abhängigkeit der untersuchten Wirkungsbeziehungen vom Kontext bis zu völliger Unabhängigkeit von den betrachteten Umfelddimensionen. Dies spricht dafür, dass die für die Untersuchung der Erfolgswirkung des Geschäftsmodells einzubeziehenden Umfelddimensionen sorgfältig auszuwählen sind. Bevor aus den möglichen Dimensionen des Umfelds die für die vorliegende Untersuchung als geeignet und relevant erscheinenden Aspekte ausgewählt werden können, ist zunächst erforderlich, ein besseres Verständnis des Untersuchungsgegenstands der Gestaltung des Geschäftsmodells zu schaffen.
65
3 Theoretischer Hintergrund Firmen gestalten ihre Geschäftsmodelle unterschiedlich und versuchen dabei, sich durch ihr Geschäftsmodell relative Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.395 In Kapitel 2.1.2 wurde die Definition des Geschäftsmodells von Amit/Zott als eine für die Verwendung im Rahmen dieser Arbeit geeignete Definition ausgewählt. Darin werden Inhalt, Struktur und Steuerung von Transaktionen zur Wertschöpfung als die Elemente gesehen, die das Geschäftsmodell ausmachen. Das Geschäftsmodell stellt damit eine Konzeptualisierung des Musters der Transaktionsbeziehungen des Unternehmens mit seinen Transaktionspartnern dar.396 Es bedarf nun einer Möglichkeit zu erfassen, wie diese Bestandteile des Geschäftsmodells von Unternehmen zum Zweck der Wertschöpfung gestaltet werden können. Bei der Betrachtung der Gestaltung von organisationalen Strukturen fordern Dunbar/Starbuck: "For organization design to have a scientific base, research must develop concepts and propositions that suggest design options."397 Zott/Amit nutzen daher sog. "Gestaltungsthemen", um unterschiedliche Geschäftsmodelle zu beschreiben: "Business models can be characterized by their design themes, which capture the common threads that orchestrate and connect the focal firm's transactions with external parties. The design themes describe the holistic gestalt of a firm's business model, and they facilitate its conceptualization and measurement. They are not mutually exclusive: several design themes may be present in any given business model."398 Im Folgenden wird der konfigurative Ansatz als Basis für diese Art der Betrachtung der Gestaltung des Geschäftsmodells erläutert, und es werden die maßgeblichen Gestaltungsrichtungen beschrieben. Darüber hinaus wird auf die Interaktion zwischen diesen Möglichkeiten der Gestaltung eingegangen.
395 396 397 398
66
Vgl. Chesbrough (2006), S. 107. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 3. Dunbar/Starbuck (2006), S. 171. Zott/Amit (2008), S. 4.
3.1
Gestaltungsthemen des Geschäftsmodells
Das theoretische Fundament für die an den Gestaltungsthemen orientierte Sicht auf Geschäftsmodelle bildet der konfigurative Ansatz. Dieser wird im folgenden Kapitel 3.1.1 erläutert. Die Kapitel 3.1.2 bis 3.1.5 beschreiben jeweils eines der vier untersuchten Gestaltungsthemen des Geschäftsmodells. Anschließend behandelt Kapitel 3.1.6 mögliche Abhängigkeiten und Interaktionen zwischen den Gestaltungsrichtungen, bevor in Kapitel 3.1.7 ein Fazit zu diesen gezogen wird.
3.1.1
Konfiguration als theoretisches Fundament
Grundannahme des konfigurativen Ansatzes ist, dass das Verhalten von Unternehmen am besten anhand von Konfigurationen zu erklären ist: "The behaviors of organizations are best described in terms of configurations – distinct, integrated clusters of dimensions concerning state and time."399 Der konfigurative Ansatz erfährt seit Mitte der 1980er Jahre zunehmendes Interesse in der Forschung.400 Hambrick bezeichnet die Klassifizierung verschiedener strategischer Typen von Miles/Snow als einen der Ausgangspunkte des konfigurativen Ansatzes.401, 402 Der Begriff "organisationale Konfiguration" beschreibt im Rahmen dieses Ansatzes allgemein eine mehrdimensionale Konstellation konzeptionell verschiedener Charakteristika, die für gewöhnlich zusammen auftreten.403 Eine Konfiguration stellt damit eine Anzahl spezifischer, voneinander verschiedener Attribute dar, welche erst in ihrer Gesamtheit und nicht individuell Bedeutung erlangen.404 Die Anzahl möglicher Konfigurationen von Attributen ist hypothetisch nahezu unendlich, jedoch praktisch begrenzt durch das Auftreten in bestimmten Mustern, da die Attribute zum Teil interdependent sind.405 Meyer et al. argumentieren, dass nur eine Betrachtung dieser gesamthaften Muster zu einem Verständnis von organisationalen Strukturen führt, eine Betrachtung einzelner organisationaler Eigenschaften sei wenig gewinnbringend.406 Der konfigurative Ansatz vertritt also die Ansicht, dass Organisationen
399 400 401 402 403 404 405 406
Mintzberg (1990), S. 182. Vgl. Mintzberg (1990), S. 191. Vgl. Hambrick (2003), S. 116. Wobei Miles/Snow den Begriff "Konfiguration" selbst nicht verwenden. Vgl. Miles/Snow (1978). Vgl. Meyer et al. (1993), S. 1175. Vgl. Dess et al. (1993), S. 775f. Vgl. Meyer et al. (1993), S. 1176. Vgl. Meyer et al. (1993), S. 1181.
67
am besten als Gesamtheit von miteinander verbundenen Eigenschaften, Strukturen und Vorgehensweisen zu verstehen sind, und nicht als modulare oder lose gekoppelte Einheiten mit Einzelkomponenten, welche sich in isolierter Betrachtung verstehen lassen.407 Wichtig dabei ist, dass es nicht zwangsläufig eine ideale, erfolgversprechende Konfiguration gibt, sondern dass theoretisch verschiedene Konfigurationen gleichermaßen erfolgreich sein können, auch innerhalb derselben Industrie.408 Jedoch wird die Anzahl solcher Konfigurationen begrenzt sein, da die Umfeldbedingungen Unternehmen mit weniger vorteilhaften Konfigurationen zwingen, sich anzupassen und ihre Konfigurationen zu ändern.409 Die Anwendbarkeit des Konzepts von Konfigurationen beschränkt sich nicht nur auf interne Elemente einer Organisation, auch wenn diese häufig im Zentrum der Forschung im Bereich Konfigurationstheorie stehen.410 Auch Konfigurationen des Unternehmensumfelds und anderer kontextualer Faktoren sind denkbar.411 So können die Beziehungen zwischen verschiedenen, für die Forschung im strategischen Managementbereich interessanten Konstrukten als Konfigurationen oder Archetypen dargestellt werden.412 Aufgrund seiner expliziten Berücksichtigung von mehreren Dimensionen ist der konfigurative Ansatz besonders relevant für die Forschung im Bereich Strategisches Management.413 Fiss sieht im konfigurativen Ansatz gar einen Kern des Strategischen Managements, da ein wesentlicher Bestandteil dieser Forschung die Frage umgibt, wie Firmen die richtige Abstimmung zwischen ihrer Struktur, ihren Aktivitäten und ihrem Umfeld finden – im wesentlichen also auch eine Frage nach der geeigneten Konfiguration: "A core theme of strategy concernes how firms can achieve a match among structures, activities, and the environment, suggesting that configuration itself is the very essence of strategy".414 Dess et al. heben hervor, dass der konfigurative Ansatz einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der vielschichtigen und mehrdimensionalen Konstrukte und deren Beziehungen untereinander beitragen kann.415 Ein weiterer Vorteil des Ansatzes ist in seiner Kompatibilität zu verschiedenen theoretischen Perspektiven zu sehen. Auch kann er sowohl zur Betrachtung
407 408 409 410 411 412 413 414 415
68
Vgl. Fiss (2007), S. 1180. Vgl. Dess et al. (1993), S. 783. Vgl. Miller (1986), S. 236. Vgl. Meyer et al. (1993), S. 1184. Vgl. Meyer et al. (1993), S. 1184. Vgl. Dess et al. (1993), S. 775. Vgl. Fiss (2007), S. 1180; Ketchen et al. (1993), S. 1278. Fiss (2007), S. 1180. Vgl. Dess et al. (1993), S. 790.
von statischen als auch dynamischen Aspekten von Organisationen und ihren Umfeldern herangezogen werden und ist flexibel, was die Wahl der Analysemethode angeht.416 Das Geschäftsmodell bzw. seine Gestaltung stellt eine relativ neue Betrachtungsweise von organisationalen Konfigurationen dar. Bisherige Untersuchungen der Konfigurationen auf Organisationsebene setzten zumeist bei der Ausprägung einzelner Funktionen wie Forschung und Entwicklung, Marketing oder Produktion an, um die Unternehmen anhand dieser induktiv zu kategorisieren.417 Die dadurch gebildeten Taxonomien von Unternehmen sind häufig Ergebnis von Forschung im Rahmen des konfigurativen Ansatzes. Demgegenüber stehen sogenannte Typologien, die theoriegeleitet mögliche Konfigurationen aufzeigen und diese dann versuchen empirisch nachzuweisen.418 Zott/Amit heben Millers Sichtweise von Konfigurationen als für die Betrachtung des Geschäftsmodells besonders geeignet hervor.419 Miller geht davon aus, dass jede Konfiguration, bedingt durch ihre jeweiligen Rahmenbedingungen, ein zentrales Thema erkennen lässt, an dem sie sich ausrichtet.420 Dieses zentrale Thema stellt er in den Mittelpunkt seiner Betrachtungsweise von Konfiguration und definiert diese wie folgt: "Configuration […] can be defined as the degree to which an organization's elements are orchestrated and connected by a single theme."421 Er sieht Konfiguration demnach als den Grad an, zu welchem Unternehmen in ihren Eigenschaften abgestimmt sind. Dabei können sich diese Themen übergreifend über verschiedene Kategorien manifestieren, also bspw. in der Strategie des Unternehmens genauso wie in der Struktur, der Unternehmenskultur oder den IT-Systemen.422 Miller sieht Konfiguration damit als eine Eigenschaft von Unternehmen, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann und auch eine Quelle für einen möglichen Wettbewerbsvorteil darstellt: "Configuration, in short, is likely to be a far greater source of competitive advantage than any single aspect of strategy."423 Der Wettbewerbsvorteil kann dann aus dem übergeordneten, das Unternehmen orchestrierenden Thema resultieren, welches die verschiedenen Aspekte des Unternehmens besser aufeinander abstimmt.424 Die folgende
416 417 418 419 420 421 422 423 424
Vgl. Dess et al. (1993), S. 792. Vgl. bspw. Ketchen et al. (1993), S. 1291ff. Vgl. Miller (1996), S. 506ff. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 183. Vgl. Miller (1987b), S. 697. Miller (1996), S. 509. Vgl. Miller (1996), S. 509. Miller (1996), S. 510. Vgl. Miller (1996), S. 509.
69
Tabelle fasst die möglichen Wettbewerbsvorteile zusammen, die durch einen hohen Grad an Konfiguration erreicht werden können:
Vorteil hoher Konfiguration
Erläuterung
Synergien
Bei hoher Konfiguration ergänzen sich die verschiedenen Bestandteile einer Organisation optimal
Klarheit der Führung und Koordination
Bei hoher Konfiguration arbeiten die Mitarbeiter besser, da eine klare Richtung vorgegeben ist
Schwierige Imitation
Die komplementären Effekte, die durch hohe Konfiguration entstehen, sind nur schwer von Wettbewerbern zu imitieren
Außergewöhnliche Kompetenz
Fokussierung der Ressourcen ermöglicht Vorteile gegenüber weniger spezialisierten Wettbewerbern
Commitment
Starke Konfiguration geht oft mit klarem Commitment einher und gibt dem Unternehmen Glaubwürdigkeit und First-Mover-Vorteile
Schnelligkeit
Hohe Konfiguration und geteilte Annahmen und Ziele ermöglichen schnelle Reaktionen
Kostenvorteile
Koordination und Kooperation sind durch geteilte Annahmen und Ziele weniger aufwendig
Tabelle 8: Quelle:
Wettbewerbsvorteile durch Konfiguration In Anlehnung an Miller (1996), S. 510
Die Betrachtung der Erfolgswirkung des Geschäftsmodells von Unternehmen lässt sich ebenfalls anhand der im Geschäftsmodell vorhandenen "Konfigurationsthemen" oder Gestaltungsrichtungen vornehmen. Miller sieht qualitative Studien auf Basis historischer Unternehmensdaten als Mittel an, mögliche Themen in Konfigurationen zu entdecken.425 Dies deckt sich mit der Vorgehensweise von Amit/Zott, die in ihrer Untersuchung die vier wesentlichen Themen der Geschäftsmodellgestaltung als Quellen der Wertschöpfung identifiziert haben.426 In den folgenden Abschnitten werden diese vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells erläutert. Dabei wird auf die jeweiligen theoretischen Hintergründe eingegangen sowie auf konkrete Bestandteile eines derart gestalteten Geschäftsmodells. Letztere stellen dabei
425 426
70
Vgl. Miller (1996), S. 507. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 503ff. und Kapitel 2.1.2.
verschiedene Möglichkeiten dar, welche sich einem Unternehmen zur Implementierung eines entsprechenden Geschäftsmodells bieten. Veränderungen in diesen Elementen des Geschäftsmodells stellen damit für die Unternehmen die Modifikationsoptionen in ihren Transaktionsbeziehungen dar, mit denen sie das Geschäftsmodell als Erfolgsfaktor steuern können.427
3.1.2
Effizienz-zentrierte Geschäftsmodelle
Effizienz-zentrierte Geschäftsmodelle zielen darauf ab, die Transaktionen zwischen den beteiligten Parteien (Geschäftspartnern) möglichst effizient zu gestalten und dadurch die Transaktionskosten der Geschäftsbeziehungen soweit möglich zu reduzieren. Theoretischer Hintergrund Die Transaktionskostentheorie, die sich mit der Gestaltung von wirtschaftlichen Transaktionen beschäftigt, liefert die theoretische Basis für die Betrachtung Effizienz-zentrierter Geschäftsmodelle.428 Als Begründer der Transaktionskostentheorie wird generell Oliver E. Williamson gesehen.429 Als Ausgangspunkt des Ansatzes kann die bereits 1937 von Coase aufgebrachte Frage gesehen werden, weshalb zur Abwicklung wirtschaftlicher Aktivitäten Traditionell wurde die neben Märkten auch Unternehmen existieren.430 Transaktionskostentheorie demnach zur Bestimmung der Grenzen der Unternehmung zum Markt herangezogen bzw. zur Betrachtung der geeigneten Form der Transaktionsabwicklung.431 Jedoch wird sie zunehmend auch in anderem Kontext angewandt und hat Anwendung in verschiedenen Fragestellungen gefunden, bei denen es um die Gestaltung der ökonomischen Interaktion zwischen Unternehmen geht.432 Ein Beispiel für eine solche erweiterte Anwendung der Transaktionskostentheorie ist ihr Einsatz bei der Betrachtung der Gestaltung von Kooperationen zwischen Firmen.433 Williamson selbst sieht den Forschungsbedarf, im Rahmen der Transaktionskostentheorie zu untersuchen, welche Faktoren zu strukturellen Unterschieden zwischen alternativen Organisationsformen
427 428 429 430 431 432 433
Vgl. Pecha (2004), S. 36. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 185. Vgl. Williamson (1985); Williamson (1975). Vgl. Coase (1937), S. 386ff. Vgl. Döring (1999), S. 40. Vgl. Rindfleisch/Heide (1997), S. 30ff. Vgl. Clemons/Row (1992), S. 10.
71
führen.434 Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Transaktionskostentheorie auch auf die internen Organisationsbeziehungen innerhalb einer Firma stellten Ghoshal/Moran 1996 fest: "TCE, originally developed as a positive theory to explain a firm's boundaries […] is more recently being extended to explain internal organization and management practices within firms."435 Die Transaktionskostentheorie argumentiert auf der Basis des Konzepts der Transaktionskosten um verschiedene ökonomische Phänomene zu erklären: "Transaction costs economics investigates how interactions among economic activities are organized, explicitly recognizing the costs of managing the interaction, or transaction costs."436 Trotz der zentralen Bedeutung der Transaktionskosten findet sich in der Literatur keine einheitliche und exakte Definition für den Begriff.437 Arrow spricht von den "costs of running the economic system".438 Gemeint sind die Kosten, die im Vorfeld von Transaktionen sowie bei deren Abwicklung entstehen, weshalb Williamson sie als Reibungsverluste im ökonomischen System sieht: "Transaction costs are the economic equivalent of friction in physical systems."439 Transaktionskosten umfassen also eine große Bandbreite an Kosten und lassen sich daher in verschiedene Kategorien einteilen. Dyer unterteilt Transaktionskosten entlang der Chronologie einer Transaktion in vier Kategorien: "Transaction costs can be decomposed into four separate costs related to transacting: (1) search costs, (2) contracting costs, (3) monitoring costs, and (4) enforcement costs […] Search costs include the costs of gathering information to identify and evaluate potential trading partners. Contracting costs refer to the costs associated with negotiating and writing an agreement. Monitoring costs refer to the costs associated with monitoring the agreement to ensure that each party fulfills the predetermined set of obligations. Enforcement costs refer to the costs associated with ex post bargaining and sanctioning a trading partner that does not perform according to the agreement."440 Poppo/Zenger betonen, dass auch die Management-Kosten der internen Überwachung von Transaktionen hinzuzurechnen sind: "Transaction costs encompass the costs of negotiating, monitoring, and enforcing contracts that arise directly from opportunistic behavior […] or
434 435 436 437 438 439 440
72
Vgl. Williamson (1994), S. 45. Ghoshal/Moran (1996), S. 16. Clemons/Row (1992), S. 10. Vgl. Langlois (2006), S. 1389ff.; Döring (1999), S. 31. Arrow (1969), S. 48. Williamson (1985), S. 19. Dyer (1997), S. 536.
from difficulties in measuring the goods or services being exchanged […]. Transaction costs also typically encompass the management costs associated with internally governing these exchanges."441 Albach unterteilt die genannten Transaktionskosten in noch detaillierter gegliederte Kategorien und nennt ebenfalls interne Kosten wie "die Kosten der Entscheidungsvorbereitung durch Stäbe, aber auch die Kosten der innerbetrieblichen Abstimmung".442 Zudem ergänzt er noch mögliche Beendigungskosten, bspw. für die Aufhebung von Verträgen.443 Entscheidend für die Betrachtung von Effizienz-zentrierten Geschäftsmodellen ist die Aussage der Transaktionskostentheorie, dass Transaktionen dann effizienter werden, wenn die Kosten pro Transaktion sinken.444 In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Transaktionskostentheorie auch für die Begründung von Vorteilen durch das Aufkommen moderner IT-Systeme, des Internets und des ECommerce verstärkt herangezogen worden.445 So kann der Einsatz von IT die Transaktionskosten aller Beteiligten deutlich reduzieren, da Informationen kostengünstig oder kostenlos ausgetauscht werden können.446 Technologien, die elektronischen Datenaustausch ermöglichen, Internet-basierte Beschaffungssysteme und andere IT-Systeme ermöglichen es, schneller und günstiger mit Lieferanten zu interagieren oder die Lieferantenbeziehungen komplett neu zu gestalten.447 Dies kann soweit gehen, dass ganze Schritte in der Lieferkette eliminiert werden: "Cost reduction can also be achieved through dis-intermediation of the supply chain."448 So sehen Brynjolfsson/Hitt den eigentlichen Mehrwert der Investitionen in Informationstechnologie in der durch die Technologie erst ermöglichten Einführung neuer und effizienterer Prozesse oder organisatorischer Veränderungen.449 Clemons/Row argumentieren zudem, dass moderne Informationstechnologie und die daraus resultierende schnelle Verfügbarkeit von Informationen sowohl die Koordinationskosten, als auch das Transaktionsrisiko senken können.450 Auch Brews/Tucci sehen Vorteile nicht nur in geringeren Suchkosten: "Wider access to and greater transparency of information decrease not
441 442 443 444 445 446 447 448 449 450
Poppo/Zenger (1998), S. 854. Albach (1988), S. 1160. Vgl. Albach (1988), S. 1160. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 503. Vgl. bspw. Brews/Tucci (2004), S. 430f. Vgl. Rayport/Sviokla (1995), S. 84. Vgl. Brynjolfsson/Hitt (2005), S. 32. Mahadevan (2000), S. 63. Vgl. Brynjolfsson/Hitt (2005), S. 28f. Vgl. Clemons/Row (1992), S. 26.
73
only search, but also monitoring and enforcement costs."451 Bspw. betreibt die Firma Dell, die in der Vergangenheit häufig für ihr "direktes" Geschäftsmodell gelobt wurde, explizit Informationsaustausch über die Firmengrenzen hinweg.452 Elemente eines Effizienz-zentrierten Geschäftsmodells Generell können im Rahmen eines Effizienz-zentrierten Geschäftsmodells die mit einer Transaktion verbundenen Kosten auf verschiedene Weisen reduziert werden und sich somit verschiedene Ausprägungen eines solchen Geschäftsmodells zeigen. Wesentliche Mittel zur Senkung oder Vermeidung von Transaktionskosten sind die Verminderung von Unsicherheit, Komplexität und Informationsasymmetrie sowie die Reduktion von Koordinationsaufwand und Transaktionsrisiko.453 Informationen über den Transaktionspartner sind ein wesentlicher Faktor zur Reduktion Transaktionskosten.454 Dyer identifiziert in seinem Vergleich der Transaktionskosten Automobilherstellern in Japan und den USA als Erfolgsfaktoren zur Senkung Transaktionskosten unter anderem die Stärke des Informationsaustauschs zur Reduktion Informationsasymmetrie und die Nutzung von nicht-vertraglichen aber langfristigen
von von der von und
damit günstigeren Mitteln zur Schaffung von Vertrauen.455 Basierend auf einer Analyse amerikanischer und europäischer Firmen identifizieren Amit/Zott die Effizienz von Transaktionen als einen primären Treiber der Wertschöpfung von EBusiness-Unternehmen.456
Sie nennen verschiedene Methoden, die Effizienz der Transaktionen durch die Gestaltung des Geschäftsmodells zu steigern, darunter als wichtigen Faktor die Vermeidung von Informationsasymmetrien zwischen den Transaktionspartnern durch die Bereitstellung von aktuellen und umfassenden Informationen.457 Diese können nicht nur die Gefahr opportunistischen Verhaltens verringern, sondern zudem die Such- und Verhandlungskosten potenzieller Kunden reduzieren. Das Ermöglichen schnellerer Entscheidungsfindung erhöht zusätzlich die Effizienz von Transaktionen.458 Unternehmen,
welche Effizienz in ihrem Geschäftsmodell in den Vordergrund stellen, bieten Kunden zahlreiche Kostenvorteile: "they provide for greater selection at lower costs by reducing
451 452 453 454 455 456 457 458
74
Brews/Tucci (2004), S. 431. Vgl. Magretta (1998), S. 75f. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 185. Vgl. Langlois (1992), S. 104. Vgl. Dyer (1997), S. 543ff. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 503. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 503. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 185.
distribution costs, streamlining inventory management, simplifying transactions (thus reduce the likelihood of mistakes), allowing individual customers to benefit from scale economies through demand aggregation and bulk purchasing, streamlining the supply chain, and speeding up transaction processing and order fulfillment, thereby benefiting both vendors and customers."459 Beispiel für ein Effizienz-zentriertes Element eines Geschäftsmodells, das die Transparenz einer Transaktion erhöht, ist die Sendungsnachverfolgung, welche zum Beispiel Logistikdienstleister wie DHL und UPS, aber auch das Online-Versandhaus Amazon anbieten.460 Es ist anzumerken, dass das Konzept eines Effizienz-zentrierten Geschäftsmodells auf die Maßnahmen Bezug nimmt, mit denen ein Unternehmen durch sein Geschäftsmodell, d. h. durch die Gestaltung von Transaktionen, Effizienz zu gewährleisten versucht. Andere Maßnahmen zur Erreichung von Effizienz bspw. durch Kostenreduktion in den Produktionsprozessen, sind nicht Bestandteil des Geschäftsmodells im Sinne der angewandten Definition.461 Bedeutung für den Erfolg Ein Unternehmen, das durch sein Geschäftsmodell mehr Wert generiert als seine Wettbewerber, hat dadurch einen potenziellen Vorteil und die Möglichkeit, überdurchschnittlich erfolgreich zu sein.462 Welche Wirkung konkret ein Effizienz-zentriertes Geschäftsmodell hinsichtlich der Wertschöpfung aufweist, soll im Folgenden näher betrachtet werden. Ein Geschäftsmodell ist dann Effizienz-zentriert, wenn es auf Maßnahmen und/oder Prozessen basiert, die auf die Reduktion oder Vermeidung von Transaktionskosten für alle Beteiligten abzielen. Niedrige Transaktionskosten sind insbesondere in Netzwerken von Unternehmen ein wesentlicher Erfolgsfaktor.463 Die Effizienzgewinne durch ein derartiges Geschäftsmodell setzen Ressourcen frei. Dadurch können entweder die Kosten gesenkt werden oder durch Reallokation dieser Ressourcen zusätzliche wertschöpfende Leistungen angeboten werden.464 Daher ist grundsätzlich von einem positiven Effekt einer Effizienzzentrierten Geschäftsmodellgestaltung auf den geschaffenen Wert auszugehen.
459 460 461 462 463 464
Amit/Zott (2001), S. 503f. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 185. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 185. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 4. Vgl. Dyer (1997), S. 536. Vgl. Brynjolfsson/Hitt (2005), S. 32f.
75
Von dieser Senkung der Transaktionskosten profitiert das Unternehmen potenziell auch durch die Anziehung zusätzlicher Kunden, da diese durch die niedrigeren Transaktionskosten ggf. zu einem Wechsel vom Wettbewerb bewegt werden können. Geschaffene Effizienz ist aber nicht immer von Dauer, die Effizienz einer Transaktion kann durch verschiedene Aktivitäten oder neue Optionen in Frage gestellt werden.465 Gelingt aber die Schaffung von Effizienz in einer Art und Weise, die der Wettbewerb nicht ohne weiteres imitieren kann, so kann dies ein maßgeblicher und dauerhafter Erfolgsfaktor für das Unternehmen sein.466 Ebenfalls kann die Transaktionshäufigkeit mit existierenden Kunden gesteigert werden, wenn die Kosten einer Transaktion gesenkt werden.467 Zusätzlich zu der Frage, ob und wie durch das Geschäftsmodell Wert geschaffen wird, stellt sich noch die Frage, wer die Verhandlungsmacht hat, diesen Wert zu vereinnahmen.468 Generell davon auszugehen, dass Wertschöpfung automatisch zum Unternehmenserfolg führt, wäre stark vereinfacht. Vielmehr stellt die Wertschöpfung den ersten Schritt dar, und die Betrachtung der Wertvereinnahmung den zweiten Schritt.469 Um also zu verstehen, ob der durch das Geschäftsmodell zusätzlich geschaffene Wert auch auf den Unternehmenserfolg wirkt, muss nun noch betrachtet werden, wie sich eine bestimmte Geschäftsmodellgestaltung auf die Fähigkeit der Unternehmung auswirkt, den durch das Geschäftsmodell zusätzlich geschaffenen Wert auch zu vereinnahmen.470 Diese Fähigkeit bzw. Verhandlungsposition des Unternehmens basiert auf mehreren Faktoren. Dies sind zum einen die Kosten, die den anderen Geschäftsmodell-Beteiligten entstehen würden, wenn sie ihre Beziehungen zum Unternehmen beenden würden. Zum anderen sind es der Zugang zu Informationen, die Möglichkeiten zur gemeinsamen Absprache und Handlung gegen das Unternehmen sowie die Kosten, die entstehen würden, wenn das Unternehmen durch einen Wettbewerber ersetzt werden müsste.471 Je höher bspw. die Wechselkosten der anderen Geschäftsmodell-Beteiligten sind, desto größer wird die Verhandlungsmacht des Unternehmens sein, den zusätzlich geschaffenen Wert auch für sich zu vereinnahmen.472
465 466 467 468 469 470 471 472
76
Vgl. Ghoshal/Moran (1996), S. 34. Vgl. Mitchell/Coles (2004), S. 22. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 9. Vgl. Fiet/Patel (2008), S. 749f.; Coff (1999), S. 119. Vgl. Coff (1999), S. 120. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 184. Vgl. Coff (1999), S. 122. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 184.
Hinsichtlich der genannten Maßnahmen, die ein Effizienz-zentriertes Geschäftsmodell ausmachen, ist anzunehmen, dass sie die Wechselkosten aller am Geschäftsmodell partizipierenden Transaktionspartner gleichermaßen beeinflussen, so dass sich die Verhandlungspositionen der Beteiligten nicht maßgeblich verändern. Damit sollte auch das Unternehmen von seinem Effizienz-zentrierten Geschäftsmodell profitieren, in dem es zumindest seinen Anteil an dem zusätzlich geschaffenen Wert vereinnahmt.473
3.1.3
Innovations-zentrierte Geschäftsmodelle
Innovations-zentrierte Geschäftsmodelle bringen neue Transaktionspartner zusammen oder verbinden existierende Transaktionspartner auf neue Art und Weise und schaffen so neuartige Transaktionsmöglichkeiten. Theoretischer Hintergrund Das Wertschöpfungspotenzial von Innovationen und neuen Kombinationen wurde schon frühzeitig von Schumpeter dargestellt.474 Die Bedeutung technologischer Innovationen für Industrien, Firmengründungen und Wachstum und Erfolg von Unternehmen steht außer Frage.475 Innovationen müssen allerdings nicht zwangsläufig Erfindungen technischer Art sein, auch innovative Prozesse oder neuartige Dienstleistungen können von großer Bedeutung sein.476 Amit/Zott sehen die Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen, aber auch neuer Produktions-, Distributions- oder Marketing-Methoden als "traditional sources of value creation through innovations".477 Innovationen können also unterschiedliche Formen annehmen, was in ihrer Betrachtung beachtet werden muss: "innovation research often confounds innovation characteristics, innovation types, and the hierarchical locus of the innovation."478 Zudem können sich Innovationen in Bezug auf den Grad ihres Neuigkeitswerts voneinander unterscheiden und von inkrementellen Veränderungen zu radikal neuen Ansätzen reichen.479 Christensen et al. unterscheiden zwischen "sustaining innovations" und "disruptive innovations".480 Erstere zielen darauf ab, die Nachfrage
473 474 475 476 477 478 479 480
Vgl. Zott/Amit (2007), S. 185. Vgl. Schumpeter (1964), S. 99ff.; Schumpeter (1912), S. 170ff. Vgl. Utterback (1971), S. 76. Vgl. Rumelt (1987), S. 139; Drucker (1985), S. 28. Amit/Zott (2001), S. 508. Gatignon et al. (2002), S. 1103. Vgl. Hill/Rothaermel (2003), S. 258. Vgl. Christensen et al. (2002), S. 22.
77
bestehender Kunden in existierenden Märkten zu bedienen, während disruptive Innovationen in der Schaffung gänzlich neuer Märkte münden und somit ein größeres Wachstumspotenzial für Unternehmen erschließen.481 Bei der Betrachtung Innovations-zentrierter Geschäftsmodelle stellt sich zunächst die Frage, wie die Abgrenzung zu Produkt- und Prozessinnovationen erfolgt: "Innovationen betreffen traditionellerweise Produkte oder Fertigungsprozesse, mit denen sich ein Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen abgrenzen kann. Eine erweiterte Sichtweise ist, das Geschäftsmodell als Ausgangspunkt von Innovationen, und damit als Quelle von möglichen Übergewinnen zu sehen."482 Stähler sieht zwei wesentliche Zwecke von Geschäftsmodellinnovationen, die Veränderung der Wertschöpfung in bestehenden Märkten oder die Nutzung innovativer Geschäftsmodelle zur Erschließung neuer Märkte.483 Innovation im Zusammenhang mit dem Geschäftsmodell bezieht sich also auf die Schaffung und Nutzung neuartiger Möglichkeiten, Transaktionen mit Partnern und Kunden durchzuführen.484 Geschäftsmodellinnovation ist dabei unabhängig von anderen Innovationen wie Produkten oder Dienstleistungen zu sehen, schließt diese aber nicht aus, sondern kann vielmehr komplementär dazu betrachtet werden. Elemente eines Innovations-zentrierten Geschäftsmodells Die "Innovation" in einem Innovations-zentrierten Geschäftsmodell liegt in einer neuen Art und Weise, Transaktionsmöglichkeiten zu gestalten oder solche Möglichkeiten neu zu schaffen und damit ggf. ganz neue Märkte zu öffnen: "The essence of novelty-centered business model design is the conceptualization and adoption of new ways of conducting economic exchanges, which can be achieved, for example, by connecting previously unconnected parties, by linking transaction participants in new ways, or by designing new transaction mechanisms."485 Ein wesentliches Ziel innovativer Geschäftsmodelle ist es, bestehenden Kundenbedürfnissen besser gerecht zu werden.486 Auch der Innovationsaspekt von Geschäftsmodellen wurde ausgiebig im Kontext neuer Informationstechnologien diskutiert. Die positive Bedeutung von abteilungs- wie unternehmensübergreifendem Informationsaustausch für die Schaffung von Innovation haben
481 482 483 484 485 486
78
Vgl. Christensen et al. (2002), S. 22. Stähler (2001), S. 52. Vgl. Stähler (2001), S. 52. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 511. Zott/Amit (2007), S. 184. Vgl. Stähler (2001), S. 52.
Ebadi/Utterback bereits 1984 hervorgehoben.487 Die Fortschritte in Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) haben mit den neuen Organisationsformen auch neue Arten aufgebracht, wie Firmen Innovationen generieren und verwerten können.488 Dabei ist auch hier wieder die Unterscheidung zwischen reiner Nutzung einer technischen Innovation/neuen Technologie und einem innovativen Geschäftsmodell notwendig. Bei Letzterem besteht die Innovation "weniger in der Nutzung von technischen Innovationen als in der erst durch IKT ermöglichten Rekonfiguration der Wertschöpfung."489 Durch die Schaffung neuer Transaktionsmöglichkeiten kann es jedoch auch gelingen, neue Produkte und Dienstleistungen einzuführen.490 Innovative Geschäftsmodelle können sogar dabei helfen, vorher weniger profitable Produkte oder Dienstleistungen erfolgreich an den Markt zu bringen.491 Ein neuartiges Geschäftsmodell an sich kann also durchaus eine Innovation darstellen, die einem Unternehmen, zumindest temporär, einen Wettbewerbsvorteil verschaffen kann. Dabei kann jedoch auch bspw. ein Effizienz-zentriertes Geschäftsmodell eine Innovation sein, wenn es in dieser Form in der betreffenden Industrie noch nicht vorkommt und somit auf neue, effizientere Art und Weise Kunden bedienen kann.492 Auch können die effizienzfördernden Elemente des Geschäftsmodells neuartig sein und damit gleichzeitig das Geschäftsmodell innovativ machen. Ähnlich verhält es sich mit Lock-in oder Komplementarität fördernden Elementen des Geschäftsmodells.493 Folglich ist im Hinblick auf Innovations-zentrierte Geschäftsmodelle zwischen zwei sich einander nicht bedingenden aber auch nicht ausschließenden Aspekten zu trennen: Erstens der Schaffung neuer Transaktionsmöglichkeiten durch das Geschäftsmodell und zweitens dem Innovationsgrad des Geschäftsmodells im Vergleich zu Geschäftsmodellen anderer Unternehmen. Bedeutung für den Erfolg Zott/Amit haben in ihrer Untersuchung einen positiven Zusammenhang zwischen innovativen Geschäftsmodellen und Erfolg festgestellt.494 Unternehmen, die über Innovations-zentrierte Geschäftsmodelle verfügen, haben neue Wege eingeführt, Transaktionen mit ihren Geschäftspartnern durchzuführen. Sie erschließen neue Geschäftspartner und ggf. ganz neue
487 488 489 490 491 492 493 494
Vgl. Ebadi/Utterback (1984), S. 584. Vgl. Dahlander/Wallin (2006), S. 1243. Stähler (2001), S. 35. Vgl. Ghosh (1998), S. 131. Vgl. Chesbrough/Rosenbloom (2002), S. 538. Vgl. Christensen et al. (2002), S. 26f. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 508. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 190.
79
Marktsegmente durch innovative Transaktionsmethoden und schaffen dadurch zusätzlichen Wert.495 Diese Schaffung neuer Marktsegmente erlaubt es, den Wettbewerb zumindest temporär zu umgehen und so Wachstumsvorteile zu nutzen.496 Dabei kann ein innovatives Geschäftsmodell nicht nur zur Nutzung einer erkannten Wertschöpfungsmöglichkeit angewandt werden, sondern die Gestaltung des Geschäftsmodells selbst kann vielmehr Teil des Prozesses sein, welcher eine neue Wertschöpfungsmöglichkeit ermöglicht.497 Innovations-zentrierte Geschäftsmodelle können zu First-Mover-Vorteilen führen. Letztere können laut Lieberman/Montgomery aus drei primären Quellen stammen: "(1) technological leadership, (2) preemption of assets, and (3) buyer switching costs."498 Die beiden letzteren Punkte können für ein Innovations-zentriertes Geschäftsmodell relevant sein. Als erstes Unternehmen ein neuartiges Geschäftsmodell am Markt einzuführen erlaubt es, durch frühzeitige Adressierung vorher nicht in Betracht gezogener Kunden diese für das Unternehmen zu gewinnen und eine Reputation aufzubauen. Zudem kann ein Unternehmen durch frühzeitiges Einführen eines innovativen Geschäftsmodells ggf. von Lerneffekten profitieren und begrenzte Ressourcen vereinnahmen.499 Schafft es das Unternehmen auf diese Art und Weise, durch sein innovatives Geschäftsmodell Wechselkosten aufzubauen, so müssten potenzielle Wettbewerber zusätzliche Investitionen in Kauf nehmen, um Kunden oder Geschäftspartner streitig zu machen.500 Derartige First-Mover-Vorteile sind keineswegs auf innovative Produkte oder Technologien begrenzt. Organisatorische Innovationen können gleichermaßen Möglichkeiten für die Unternehmen bieten, welche diese frühzeitig einführen.501 Solche Innovationen und Verbesserungen in der Organisation der Transaktionen können von ebenso hoher Bedeutung für das Unternehmen sein wie technologische Innovationen: "improvements in administrative techniques and in the organization of economic activity may be just as important as technological innovation in terms of their productivity enhancing characteristics."502 Ein neuartiges Geschäftsmodell kann also "entrepreneurial rents" schaffen, die auf der Ausnutzung der Unsicherheit hinsichtlich erwarteter Gewinne basieren.503 Gelingt es, durch
495 496 497 498 499 500 501 502 503
80
Vgl. Amit/Zott (2001), S. 508. Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S. 22; Christensen et al. (2002), S. 24; Kim/Mauborgne (1997), S. 103. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 184. Lieberman/Montgomery (1988), S. 41f. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 508. Vgl. Lieberman/Montgomery (1988), S. 46. Vgl. Teece (1980), S. 464. Teece (1980), S. 464. Vgl. Rumelt (1987), S. 144.
das innovative Geschäftsmodell solche unternehmerischen Übergewinne zu schaffen, können die Stakeholder des Geschäftsmodells diese bis zur Diffusion des Geschäftsmodells einfahren.504 Um diese Übergewinne wirklich generieren zu können, hält Rumelt drei Bedingungen für erforderlich: "The business must be a sufficient innovation to be an efficient replacement for substitutes, it must resist the appropriation of rents, and it must have some protection against imitative competition."505 Pisano/Teece drücken es wie folgt aus: "The challenge is not just creating value from innovation, but capturing that value as well."506 Mögliche Wege, sich den durch eine Innovation geschaffenen Wert zu sichern, stellen rechtliche Mittel einerseits (Patente, Copyrights) und strategische Optionen (z. B. Sicherung relevanter Assets) andererseits dar.507 Die Vorteile, die durch ein neuartiges Geschäftsmodell erreicht werden können sind besonders dann wichtig, wenn durch Produkt- und/oder Prozessinnovationen kein Wettbewerbsvorteil erzielt werden kann. Dies kann bspw. der Fall sein, wenn eine schnelle Diffusion solcher Innovationen erfolgt.508 Laut einer Untersuchung von Mansfield ist dies relativ häufig der Fall: "for both processes and products, the odds are better than 50-50 that a development decision will leak out in less than 18 months."509 Organisatorische Innovationen sind dagegen schwieriger zu imitieren und verbreiten sich daher langsamer, weshalb sie einen dauerhafteren First-Mover-Vorteil verschaffen können als Produkt- oder Prozessinnovationen.510 Dies liegt darin begründet, dass derartige Innovationen häufig mit signifikanten Einführungskosten und größeren organisatorischen Veränderungen verbunden sind, bspw. einer Neuverteilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Unternehmen.511 Auch bedarf die Einführung einer Innovation in der Organisation häufig einer Anpassung an die spezifischen Gegebenheiten des einzelnen Unternehmens, was ebenfalls mit erhöhtem Zeitaufwand verbunden ist: "it could be that considerable tailoring of the innovation to individual firm circumstances is needed, and that this process takes time."512 Nachdem geklärt ist, wie ein Innovations-zentriertes Geschäftsmodell zur Generierung von Wert beiträgt, stellt sich auch hier die Frage, wie es die Möglichkeiten der am
504 505 506 507 508 509 510 511 512
Vgl. Zott/Amit (2007), S. 184. Rumelt (1987), S. 144. Pisano/Teece (2007), S. 278. Vgl. Pisano/Teece (2007), S. 278f.; Jacobides et al. (2006), S. 1211f. Vgl. Mansfield (1985), S. 222. Mansfield (1985), S. 219. Vgl. Lieberman/Montgomery (1988), S. 44. Vgl. Teece (1980), S. 465. Teece (1980), S. 469.
81
Geschäftsmodell beteiligten Parteien beeinflusst, den geschaffenen Wert zu vereinnahmen. Ein Innovations-zentriertes Geschäftsmodell sollte in der Regel einen positiven Effekt auf die Fähigkeit des Unternehmens haben, den geschaffenen Wert auch zu vereinnahmen. Dies kann damit begründet werden, dass mit einem stärkeren Innovationsgrad des Geschäftsmodells auch höhere Wechselkosten für Kunden, Zulieferer und andere Partner einhergehen, welche durch den Mangel an ähnlich innovativen Alternativen bedingt sind.513 Wichtig ist allerdings, dass es dem Unternehmen gelingt, die Vorteile der Innovation den betroffenen Partnern und adressierten Kunden zu verdeutlichen.514 Deren Verständnis der Innovation und ihrer Bedeutung ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Innovation auch genutzt wird und Wert schafffen kann: "innovations must find the balance between novelty and familiarity, between impact and acceptance."515
3.1.4
Lock-in-zentrierte Geschäftsmodelle
Eine weitere Möglichkeit der Wertschöpfungssteigerung durch das Geschäftsmodell für Unternehmen liegt darin, durch das Geschäftsmodell die Bindung von Kunden und Partnern zu erhöhen. Kunden sollten zur Steigerung des gesamten Transaktionsvolumens dazu angehalten werden, wiederholt Transaktionen mit dem Unternehmen zu tätigen und nicht zu Wettbewerbern zu wechseln. Partnern müssen Anreize gegeben werden, die Beziehungen zur Unternehmung beizubehalten und auszubauen.516 Theoretischer Hintergrund Beides kann durch die Schaffung eines sogenannten Lock-in-Effekts erreicht werden. Der Grad des Lock-in ist ein Maß dafür, wie sehr der Kunde bzw. Partner an das Unternehmen gebunden ist. Amit/Zott argumentieren, dass zwei Konzepte ausschlaggebend für das Vorhandensein und die Stärke eines solchen Lock-in-Effekts seien: Umstellungskosten ("switching costs") und Netzwerkexternalitäten.517 Umstellungskosten sind in der Transaktionskostentheorie theoretisch fundiert und bezeichnen die Kosten, die mit dem Wechsel des Transaktionspartners verbunden sind.518
513 514 515 516 517 518
82
Vgl. Zott/Amit (2007), S. 184. Vgl. Hargadon/Douglas (2001), S. 476. Hargadon/Douglas (2001), S. 499. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 505. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 506. Vgl. Kapitel 3.1.2.
Netzwerkexternalitäten sind dagegen in der Netzwerktheorie begründet. Sie liegen dann vor, wenn der Nutzen eines Produkts für einen Kunden steigt, sobald es von einer höheren Zahl weiterer Kunden genutzt wird.519 Es gibt mehrere mögliche Ursachen für das Vorliegen solcher positiven Netzwerkexternalitäten, die sich in direkte und indirekte Effekte unterteilen lassen.520 Ein Beispiel für ein Produkt, das einen direkten Effekt basierend auf der Anzahl Nutzer aufweist, ist das Telefon. Je mehr andere Telefone existieren, desto größer der Nutzen für den einzelnen Telefonbesitzer.521 Auch moderne Peer-to-Peer-Netzwerke zum Datenaustausch zwischen Computernutzern weisen diese direkten Effekte auf.522 Ein indirekter Effekt liegt bspw. dann vor, wenn Qualität und Verfügbarkeit von Serviceleistungen von der Größe des Service-Netzwerks abhängen und Letzteres wiederum von der Anzahl verkaufter Produkte.523 Dauerhaft zur Wertschöpfung beitragen können diese externen Netzwerkeffekte jedoch nur, wenn die Kundenbasis nicht abrupt wegbrechen kann und sie für das Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal sind.524 Chen merkt dazu an: "[Network] externalities are of little value without "lock-in"."525 Shapiro/Varian definieren Lock-in wie folgt: "When the costs of switching from one brand of technology to another are substantial, users face lock-in."526 Die Höhe der Umstellungskosten sei daher als Maß für den Grad eines Lock-in-Effekts zu sehen.527 Unternehmen können nur dann langfristig von gegebenen Netzwerkexternalitäten profitieren, wenn gleichzeitig auch Umstellungskosten vorhanden sind oder geschaffen werden, welche die Kundenbasis sichern.528 Shapiro/Varian stellen fest, dass Lock-in auf verschiedenen Ebenen existieren kann: "Lock-in can occur on an individual level, a company level, or even a societal level."529 Sie identifizieren sieben Arten von Lock-in und dazugehörige Umstellungskosten, welche die folgende Tabelle zusammenfasst:
519 520 521 522 523 524 525 526 527 528 529
Vgl. Amit/Zott (2001), S. 507; Tapscott et al. (2000), S. 6; Katz/Shapiro (1985), S. 424. Vgl. Katz/Shapiro (1985), S. 424. Vgl. Katz/Shapiro (1985), S. 424. Vgl. Schögel/van Delden (2002), S. 511ff. Vgl. Katz/Shapiro (1985), S. 424. Vgl. Porter (2001), S. 68. Chen (2003), S. 31. Shapiro/Varian (1998), S. 104. Vgl. Shapiro/Varian (1998), S. 111. Vgl. Schögel/van Delden (2002), S. 513. Shapiro/Varian (1998), S. 12.
83
Art von Lock-in
Umstellungskosten
Vertragliche Verpflichtungen
Entschädigungen oder Konventionalstrafen
Langlebige Gebrauchsgüter
Kosten für den Ersatz der Gebrauchsgüter (nehmen üblicherweise im Zeitverlauf ab)
Marken-spezifisches Training
Kosten, den Umgang mit einem anderen System zu erlernen (direkte Kosten des Lernens sowie indirekte Kosten des Produktivitätsverlusts; tendenziell im Zeitverlauf zunehmend)
Informationen und Datenbanken
Konvertierungskosten bei Umstellung auf ein neues Format und/oder System (tendenziell im Zeitverlauf mit Wachstum der Datenbasis zunehmend)
Spezialisierte Lieferanten
Kosten der Suche nach einem neuen Lieferanten und des Aufbaus der Beziehung zu diesem (können im Zeitverlauf zunehmen, wenn spezielle Fähigkeiten schwierig zu finden oder aufrechtzuerhalten sind)
Suchkosten
Kombinierte Suchkosten von Käufer und Verkäufer, auch Kosten der Feststellung der Qualität von Alternativen
Loyalitätsprogramme
Verlorene Vorteile aus dem Programm des bestehenden Transaktionspartners, ggf. zzgl. Kosten des Erreichens eines ähnlichen Status mit dem neuen Transaktionspartner
Tabelle 9: Quelle:
Arten von Lock-in und zugehörige Umstellungskosten In Anlehnung an Shapiro/Varian (1998), S. 117
Elemente eines Lock-in-zentrierten Geschäftsmodells Für die Schaffung derartiger Umstellungskosten existieren verschiedene Möglichkeiten. Ein Beispiel kann die Einrichtung einer Austauschplattform für Kunden sein (Community), die diesen nur bei der Nutzung des eigenen Angebots zur Verfügung steht und somit Wechselkosten verursacht.530 Communities können dem Unternehmen außerdem Zugang zu Wissen verschaffen, das außerhalb seiner eigentlichen Grenzen liegt.531 So können durch die "kollektive Kreativität" der Nutzer solcher Communities innovative Ideen entstehen, die das Unternehmen ggf. kommerziell verwerten kann.532
530 531 532
84
Vgl. Mahadevan (2000), S. 61. Vgl. Dahlander/Wallin (2006), S. 1256. Vgl. Shah/Tripsas (2007), S. 126.
Ein weiteres Beispiel kann der Aufbau von Loyalitätsprogrammen sein, welche Kunden oder Partner für wiederholte Transaktionen belohnen und versuchen, die Kunden so an das Unternehmen zu binden sowie diese zu zusätzlichen Transaktionen zu bewegen.533 Dies kann in verschiedener Form erfolgen, bspw. durch Rabatte und Boni, Geschenke oder auch spezielle Leistungen für treue Kunden.534 Im Gegensatz zu einmaligen Werbeaktionen sind Loyalitätsprogramme auf die langfristige Erhöhung der Kundenbindung ausgerichtet und schaffen so einen Lock-in-Effekt.535 Der Nutzen von Loyalitätsprogrammen schwankt dabei je nach Kundengruppe.536 Auch hängt er von Zielsetzung und korrekter Implementierung des Programms ab. Shugan moniert, dass zahlreiche Loyalitätsprogramme nicht den Aufbau von Kundenbindung zum Ziel haben, sondern vielmehr zur Preisdifferenzierung genutzt werden oder zur zeitlichen Steuerung von Umsatz und Kosten.537 Darüber hinaus können durch ein Loyalitätsprogramm aber oftmals detaillierte Daten über das Kundenverhalten gesammelt werden, welche zusätzlich zur Verbesserung der Kundenbeziehung genutzt werden können.538 Der Aufbau und die Pflege eines Loyalitätsprogramms sind allerdings auch mit Kosten verbunden.539 Ein Lock-in-Effekt kann auch durch den Aufbau von Vertrauen in der Beziehung zum Transaktionspartner erzielt werden.540 Dieser Aspekt ist besonders dann wichtig, wenn Unsicherheiten in der Geschäftsbeziehung vorliegen oder Vorleistungen durch eine Seite zu erbringen sind.541 Kunden, die einmal eine Beziehung zu einem Lieferanten aufgebaut haben, schrecken tendenziell davor zurück, den Aufwand erneut für andere Lieferanten zu betreiben.542 Die Personalisierung des eigenen Angebots bzw. der Transaktionswege für Kunden und Geschäftspartner stellt eine weitere Möglichkeit dar, diese an das Unternehmen zu binden.543 Diese Personalisierung kann z. B. in einer Anpassung der angebotenen Funktionen an die Kundenbedürfnisse bestehen.544 Der Grad an möglicher Personalisierung hängt von der jeweiligen Branche ab, jedoch besteht für viele Produkte und Dienstleistungen diese
533 534 535 536 537 538 539 540 541 542 543 544
Vgl. Nunes/Drèze (2006), S. 125f. Vgl. Berman (2006), S. 123ff. Vgl. Liu (2007), S. 20. Vgl. Liu (2007), S. 32. Vgl. Shugan (2005), S. 191. Vgl. Liu (2007), S. 32; Berman (2006), S. 129f.; Nunes/Drèze (2006), S. 126. Vgl. Liu (2007), S. 31; Nunes/Drèze (2006), S. 131. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 506. Vgl. Hummel (2005). S. 21ff. Vgl. Ghosh (1998), S. 129. Vgl. Schögel/van Delden (2002), S. 514; Amit/Zott (2001), S. 506. Vgl. Prahalad/Ramaswamy (2000), S. 65.
85
Möglichkeit.545 Franke/Piller haben bspw. in Experimenten gezeigt, dass auch im Konsumgüterbereich bei Kunden eine hohe Zahlungsbereitschaft für Personalisierung der Produkte besteht.546 Unternehmen, denen es gelingt, ihr Produkt, ihre Dienstleistung oder auch ihre Prozesse zu einem dominierenden Standard in ihrer Branche zu machen, schaffen damit ebenfalls einen Lock-in-Effekt. Wer einen solchen Standard kontrolliert, verfügt in der Regel über einen großen Wettbewerbsvorteil, insbesondere wenn dabei auch Netzwerkeffekte vorliegen und der Wert der Güter mit ihrer Verbreitung zunimmt.547 Hier sind vor allem die Erwartungen der Kunden ausschlaggebend: "if consumers expect a seller to be dominant, then consumers will be willing to pay more for the firm's product, and it will, in fact, be dominant."548 Lock-in kann auch ungeplant entstehen und durch zufällig eingetretene Ereignisse bedingt sein: "chance events may cause 'lock-in' on inferior technologies […] and may even in special cases generate switching costs for consumers."549 Arthur stellt fest, dass Produkte, die Netzwerkeffekte aufweisen, häufig durch scheinbar unwichtige Ereignisse in der frühen Phase einen Vorteil erhalten und dadurch einen Markt für sich gewinnen: "When two or more increasing-return technologies 'compete' then, for a 'market' of potential adopters, insignificant events may by chance give one of them an initial advantage in adoptions."550 Ein Lock-in-zentriertes Geschäftsmodell kann dabei helfen, diese Vorteile bewusst herbeizuführen. Unter Umständen kann ein positiver Effekt bereits von der reinen Ankündigung Lock-inschaffender Maßnahmen herrühren. So kann auf Wettbewerber bereits die Ankündigung derartiger Maßnahmen abschreckend wirken: "Important also to strategy in knowledge-based markets is psychological positioning. Under increasing returns, rivals will back off in a market not only if it is locked in but if they believe it will be locked in by someone else."551 Bedeutung für den Erfolg Die Schaffung eines Lock-in-Effekts bindet Kunden und Partner an das Unternehmen. Die höhere Kundenbindung fördert die Anzahl von Transaktionen, was in der Regel das Gesamttransaktionsvolumen je Kunde steigert. Die Bindung von Partnern an das
545 546 547 548 549 550 551
86
Vgl. Shugan (2005), S. 189. Vgl. Franke/Piller (2004), S. 409ff. Vgl. Tapscott et al. (2000), S. 6. Katz/Shapiro (1985), S. 425. Teece et al. (1997), S. 523. Arthur (1989), S. 116. Arthur (1996), S. 107.
Unternehmen sorgt für ein besseres Angebot, was wiederum die Zahlungsbereitschaft der Kunden erhöhen kann.552 Rechtzeitige Schaffung von Lock-in kann es einer Firma erlauben, trotz eines eigentlich unterlegenen Produkts am Markt nicht nur zu bestehen, sondern sogar sehr erfolgreich zu sein.553 Z. B. war die Softwareindustrie überrascht, dass einige wenige Softwareprogramme zu solchen Bestsellern und damit zum Standard wurden, dass auch überlegene Produkte diese nicht abzulösen vermochten.554 Lock-in ist nicht immer von Dauer. Technologische Innovationen können andere ablösen und ggf. ganze Marktsegmente überflüssig machen.555 Lock-in erschwert aber eine solche Ablösung durch bessere Produkte: "A new product often has to be two or three times better in some dimension – price, speed, convenience – to dislodge a locked-in rival."556 Ein Lock-in-zentriertes Geschäftsmodell erhöht aber zunächst unabhängig von der Art des Produkts oder der Dienstleistung allein durch die Gestaltung der Transaktionen die Bindung von Kunden und Geschäftspartnern an das Unternehmen. Dadurch wirkt es sich positiv auf die Wertschöpfung des Unternehmens und der Geschäftsmodell-Stakeholder aus. Es ist damit als Möglichkeit zu sehen, aktiv die Bindung von Kunden und Partnern zu erhöhen und so von Netzwerkeffekten zu profitieren.557 Aufgrund der Tatsache, dass ein Lock-in-zentriertes Geschäftsmodell darauf aufbaut, die Umstellungskosten für andere beteiligte Parteien zu erhöhen, sollte es für das zentrale Unternehmen sowohl hinsichtlich der Schaffung als auch der Vereinnahmung der zusätzlichen Wertschöpfung förderlich sein. Die Schaffung von Lock-in ist für das Unternehmen jedoch mit Kosten verbunden, die es mit den erwarteten Vorteilen abzuwägen gilt. Dies ist nicht immer einfach, da oftmals frühzeitig die Grundlagen für Lock-in geschaffen werden müssen und Investitionen erforderlich sind, bevor die Marktstrukturen klar zu erkennen sind.558 Der Aufbau von Vertrauen erfordert zudem langfristiges Engagement auch vom Unternehmen und ist unter Umständen mit Betreuungs- und anderen Kosten verbunden. Zudem entstehen laut Dyer dadurch Opportunitätskosten, dass man den Transaktionspartner nicht übervorteilt oder kurzfristig
552 553 554 555 556 557 558
Vgl. Amit/Zott (2001), S. 505. Vgl. Arthur (1996), S. 102; Arthur (1989), S. 126. Vgl. Rumelt (1987), S. 149. Vgl. Arthur (1996), S. 103. Arthur (1996), S. 105. Vgl. Arthur (1996), S. 105. Vgl. Bettis/Hitt (1995), S. 12.
87
wechselt.559 Daher muss immer situationsabhängig beurteilt werden, welche Maßnahmen und Investitionen zur Schaffung eines Lock-in-Effekts lohnenswert erscheinen. Wie Dyer (am Beispiel eines Vergleichs von Beschaffungsmethoden japanischer und amerikanischer Unternehmen) anmerkt: "practices may be optimal given a rather specific set of conditions."560
3.1.5
Komplementaritäts-zentrierte Geschäftsmodelle
Komplementaritäts-zentrierte Geschäftsmodelle basieren auf der Steigerung der Attraktivität eigener Produkte oder Dienstleistungen durch geschickte Verknüpfung mit anderen Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen aus dem eigenen Portfolio oder dem anderer Unternehmen. Theoretischer Hintergrund Komplementarität wird in der Forschungsrichtung des strategischen Managements oft als wichtiger Erfolgsfaktor genannt, aber selten klar definiert. "While complementarity seems to be a crucial concept in a strategic theory of the firm, it is seldom clearly defined."561 Milgrom/Roberts definieren Komplementarität hinsichtlich Input-Faktoren und Aktivitäten in der Produktion von Unternehmen.562 Ihre Definition von Komplementarität lautet wie folgt: "activities are […] complements if doing (more of) any of them increases the returns of doing (more of) the others."563 Diese Definition bezieht sich im Wesentlichen auf Komplementarität von Inputfaktoren innerhalb eines Unternehmens. Darüber hinaus können aber auch Outputs, also Produkte und Dienstleistungen, zueinander komplementär sein, sowohl innerhalb einer Firma als auch über Firmengrenzen hinweg.564 Eine solche Komplementarität bei Produkten oder Dienstleistungen liegt dann vor, wenn der Nutzen eines Produkts oder einer Dienstleistung bei Besitz eines weiteren Produkts oder einer Dienstleistung steigt. Ein Produkt, das den Nutzen eines anderen Produkts für dessen Besitzer erhöht, ist zu diesem komplementär.565 Je mehr komplementäre Produkte oder Dienstleistungen zum eigenen
559 560 561 562 563 564 565
88
Vgl. Dyer (1997), S. 552. Dyer (1997), S. 552. Stieglitz/Heine (2007), S. 3. Vgl. Milgrom/Roberts (1990), S. 514. Milgrom/Roberts (1995), S. 181. Vgl. Jacobides et al. (2006), S. 1206f. Vgl. Brandenburger/Nalebuff (1996), S. 12.
Angebot existieren und je verfügbarer diese für den Kunden sind, desto höher ist der Wert des eigenen Angebots.566 Im Rahmen des ressourcenbasierten Ansatzes wird die Komplementarität zwischen den Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens als eine mögliche Wertschöpfungsquelle gesehen: "Under complementarity, the combined value of the firm's Resources & Capabilities may be higher than the cost of developing or deploying each asset individually."567 Diese Komplementarität der Ressourcen und Fähigkeiten von Unternehmen zahlt sich insbesondere in Netzwerken aus, wenn Firmen Partnerschaften eingehen, die diese Komplementaritäten ausnutzen können.568 Daher werden Unternehmen für ihre Allianzen oder Netzwerke üblicherweise Partner suchen, die über komplementäre Fähigkeiten oder Ressourcen verfügen.569 Die Nutzung von Komplementaritäten kann bspw. notwendig sein, um neue Produkte oder Dienstleistungen anbieten zu können.570 Die Netzwerktheorie ("network theory" oder "network perspective") erweitert den ressourcenbasierten Ansatz um sogenannte Netzwerk-Ressourcen, die nicht unabhängig innerhalb eines einzelnen am Netzwerk beteiligten Unternehmen existieren, sondern aus dessen Mitgliedschaft in einem Netzwerk resultieren.571 Sie entstehen bspw. aus den Vorteilen in der Informationsgewinnung, die sich aus der Teilnahme am Netzwerk ergeben können.572 Die Nutzung solcher Netzwerk-Ressourcen kann einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil darstellen, da sie aufgrund ihrer netzwerkspezifischen Art sehr schwer für Wettbewerber zu imitieren sind.573 Elemente eines Komplementaritäts-zentrierten Geschäftsmodells Die Bündelung von komplementären Angeboten stellt also einen Weg dar, wie Unternehmen durch ihr Geschäftsmodell Komplementarität ausnutzen.574 Diese komplementären Produkte oder Dienstleistungen können von Partnern angeboten werden.575 Brandenburger/Nalebuff fordern allerdings explizit dazu auf, dass Unternehmen Komplementaritäten in ihrem eigenen
566 567 568 569 570 571 572 573 574 575
Vgl. Brandenburger/Nalebuff (1996), S. 98. Amit/Schoemaker (1993), S. 39. Vgl. Hitt et al. (2001), S. 481; Chung et al. (2000), S. 3. Vgl. Hitt et al. (2001), S. 482; Chung et al. (2000), S. 13. Vgl. Teece et al. (1997), S. 521. Vgl. Gulati (1999), S. 415. Vgl. Gulati (1999), S. 399. Vgl. Gulati (1999), S. 416. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 505. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 505; Brandenburger/Nalebuff (1996), S. 18.
89
Angebot schaffen: "Do it yourself: become your own complementor – don't rely on others to develop and price complements aggressively."576 In jedem Fall sind die komplementären Angebote mit dem Kernangebot des Unternehmens meist eng verbunden und zielen darauf ab, dessen Wert zu erhöhen.577 Die Bedeutung der Komplementarität von Produkten und Dienstleistungen ist mit dem Aufkommen der elektronischen Märkte gestiegen. Zahlreiche Autoren sehen in den neuen Online-Märkten die Möglichkeit, komplementäre Produktangebote besonders effektiv zu bündeln: "companies that furnish complementary services to a common customer base could band together to establish an exclusive bundle of services in the electronic channel."578 Komplementäre Produkte oder Dienstleistungen können in vertikale und horizontale Komplementaritäten unterteilt werden.579 Vertikale Komplementaritäten stellen bspw. Servicedienstleistungen für ein Produkt nach dessen Kauf dar, während horizontale Komplementaritäten z. B. beim Angebot passender Software zur entsprechenden Hardware vorliegen. Darüber hinaus besteht aber auch die Möglichkeit, Online- und Offline-Kanäle zu kombinieren und die Komplementarität der entsprechenden Ressourcen zu nutzen: "The coalescence of highly competitive online and offline markets and the complementarities of online and offline resources can be seen as the overall motivation for cross-channel cooperation. Considering the increasing relevance of multi-channel marketing, the exceptional positions of offline channels on the one hand, and the digital channels on the other, cooperation strategies offer high potentials due to cross-channel complementarities between E-Ventures and traditional enterprises in the areas of communication, distribution and customer service."580 Shapiro/Varian argumentieren, dass das Anbieten komplementärer Produkte und/oder Dienstleistungen besonders für solche Unternehmen sinnvoll ist, die für ein existierendes Angebot bereits über eine Kundenbasis verfügen: "The company that can successfully offer and sell the largest collection of attractive complementary products will enjoy a tremendous advantage in the primary lock-in market, because it will be able to set more attractive terms for the primary product."581
576 577 578 579 580 581
90
Brandenburger/Nalebuff (1996), S. 18. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 505. Ghosh (1998), S. 135. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 505. Kollmann/Häsel (2006), S. 124. Shapiro/Varian (1998), S. 162.
Neben den komplementären Effekten im Produkt- und Dienstleistungsangebot können Unternehmen auch komplementäre Effekte in der Integration ihrer Technologien oder Aktivitäten mit denen anderen Unternehmen nutzen.582 Bedeutung für den Erfolg Das Vorhandensein von Komplementarität hinsichtlich der Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens sollte generell positive Auswirkungen auf den Umsatz des eigenen Angebots haben: "complementarities can be expected to increase value by enabling revenue increases."583 Unternehmen, die mögliche Komplementaritäten nicht nutzen, verzichten damit auf Wertschöpfung: "Not taking into account of complementarities leads to a loss in value creation, revenues, and, ultimately, in profits for the firm, because it fails to realize its full potential."584 Gerade für junge Unternehmen stellt Komplementarität einen Faktor dar, der den Markteintritt erleichtern kann. Dies kann der Fall sein, wenn sie Partnerschaften eingehen und so von einer existierenden Basis komplementärer Produkte profitieren können. Etablierte Firmen sind jedoch möglicherweise schwer zu überzeugen, eine solche Partnerschaft einzugehen. So stellen bspw. Katz/Shapiro im Hinblick auf die Kompatibilität von Produkten fest: "firms with good reputations or large existing networks will tend to be against compatibility, even when welfare is increased by the move to compatibility. In contrast, firms with small networks or weak reputations will tend to favor product compatibility".585 Dennoch wird in der Literatur argumentiert, dass die Geschäftsideen neuer Firmen oftmals auf der Ausnutzung bisher ungenutzer oder nicht entdeckter komplementärer Effekte basieren.586 Dadurch können existierende Wettbewerbsvorteile vernichtet werden.587 Hinsichtlich der Vereinnahmung des durch komplementäre Effekte geschaffenen Mehrwerts ist allerdings zu beachten, dass dieser nicht vollständig dem Unternehmen, dessen Geschäftsmodell Komplementarität in den Mittelpunkt stellt, zufallen wird. Insbesondere, wenn es sich um komplementäre Effekte handelt, welche aus der Kooperation mit anderen Unternehmen entstehen. Letztere müssen ebenfalls Anreize haben, komplementäre Effekte zu schaffen. Diese Anreize sind umso höher, je größer der Anteil an dem geschaffenen Nutzen
582 583 584 585 586 587
Vgl. Amit/Zott (2001), S. 505; Chung et al. (2000), S. 3f. Amit/Zott (2001), S. 505. Stieglitz/Heine (2007), S. 3. Katz/Shapiro (1985), S. 425. Vgl. Lenox et al. (2007), S. 607; Stieglitz/Heine (2007), S. 4. Vgl. Stieglitz/Heine (2007), S. 12.
91
sein wird, den das Unternehmen für sich beanspruchen kann.588 Die jeweiligen Verhandlungspositionen hängen dabei von der Einsatzbarkeit der jeweils vom Partner eingebrachten komplementären Produkte, Dienstleistungen oder Aktivitäten außerhalb der Anwendung im Geschäftsmodell ab. Sind diese eher immobil und bringen außerhalb des betrachteten Geschäftsmodells nur geringen zusätzlichen Wert durch komplementäre Effekte, besteht eine größere Abhängigkeit vom Partner.589
3.1.6
Interaktion zwischen den Gestaltungsthemen
Die vier in den vorangegangenen Abschnitten diskutierten Gestaltungsthemen des Geschäftsmodells sind nicht als sich gegenseitig ausschließende Alternativen zu sehen. Es können durchaus mehrere Gestaltungsrichtungen in dem Geschäftsmodell eines Unternehmens präsent sein.590 Dabei können die Gestaltungsrichtungen sich in ihrer Wirkung auf den Unternehmenserfolg gegenseitig beeinflussen.591 Effizienz und Innovation Ein Zusammenhang zwischen Effizienz- und Innovations-zentrierten Geschäftsmodellen ist bspw. in der Form denkbar, dass gewisse Merkmale oder Elemente eines Geschäftsmodells, die dieses effizient machen, auf neuartigen Transaktionsmöglichkeiten basieren. Amit/Zott nennen als Beispiel die Bereitstellung von neuartigen Informationsdiensten, welche die Transaktionsmöglichkeiten erweitern und gleichzeitig durch die verbesserte Informationslage die Effizienz der Transaktionen erhöhen.592 Die kostenreduzierenden Eigenschaften der Effizienz-zentrierten Elemente des Geschäftsmodells können zudem ein innovatives Geschäftsmodell für eine breitere Kundenbasis interessant werden lassen: "Novel business models that are also designed for efficiency may appeal to a wider range of customers (i.e., not only to those who are intrigued by its novel elements, but also to those who appreciate lower transaction and coordination costs)."593
588 589 590 591 592 593
92
Vgl. Stieglitz/Heine (2007), S. 7. Vgl. Jacobides et al. (2006), S. 1207f. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 4. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 509. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 509. Zott/Amit (2007), S. 186.
Effizienz und Lock-in Hohe Effizienz kann auf ein Lock-in-zentriertes Geschäftsmodell ebenfalls verstärkend wirken. Sind Effizienz-Aspekte im Geschäftsmodell überdurchschnittlich stark ausgeprägt, kann dies zur Gewinnung und Bindung von Kunden beitragen und damit die Kundenbasis für das Lock-in-zentrierte Geschäftsmodell vergrößern und so die in einem derartigen Geschäftsmodell vorhandenen Netzwerkeffekte zusätzlich verstärken.594 Ein Lock-in zentriertes Geschäftsmodell wiederum kann sich seinerseits positiv auf die Effizienz der Transaktionen auswirken. Wie in Kapitel 3.1.4 ausgeführt basieren Lock-inzentrierte Geschäftsmodelle oft auf Personalisierung und Schaffung von Loyalität durch Vertrauen, um Transaktionspartner zu binden. Gelingt es, derart langfristige Transaktionsbeziehungen zu schaffen, so sind diese oft von erhöhter Effizienz geprägt, da bspw. die Transaktionspartner aufgrund des hohen Vertrauens mit geringeren Prüfkosten rechnen können.595 Vertrauen zwischen den Transaktionspartnern senkt also die Transaktionskosten und erlaubt den Beteiligten ggf. auch, für ihre langfristige Transaktionsbeziehung spezifische Investitionen zu tätigen: "efficient governance mechanisms (i.e., trust) can simultaneously lower transaction costs and increase relation-specific investments, thereby creating competitive advantage."596 Effizienz und Komplementarität Amit/Zott betonen zudem die Interdependenzen zwischen Effizienz und Komplementarität im Geschäftsmodell und sehen die erreichten Effizienzvorteile als oftmals ausschlaggebend für die Nutzung von Komplementarität.597 Komplementaritäts-zentrierte Geschäftsmodelle basieren wie dargelegt häufig auf der Verbindung von Ressourcen und Fähigkeiten mehrerer Unternehmen und profitieren daher von niedrigen Transaktionskosten, da die Gefahr von opportunistischem Verhalten in diesem Fall verringert wird.598 Auch der gegenteilige Zusammenhang ist denkbar, vor allem aus Kundensicht kann ein Komplementaritätszentriertes Geschäftsmodell auch gleichzeitig besonders effizient sein: "When customers have access to products and services that are complementary to the primary product of interest, efficiency may be enhanced, for example, through reduced search costs […] and improved decision making."599
594 595 596 597 598 599
Vgl. Amit/Zott (2001), S. 507. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 507. Dyer (1997), S. 552. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 505. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 505. Amit/Zott (2001), S. 505.
93
Innovation und Lock-in Zwischen Innovations- und Lock-in-zentrierten Geschäftsmodellen kann insbesondere dann ein positiver Zusammenhang erwartet werden, wenn das innovative Geschäftsmodell einen Markt erschließt, in dem Netzwerkexternalitäten eine Rolle spielen, und mit steigenden Gewinnen bei höherer Nutzerzahl zu rechnen ist.600 Hier kann ggf. durch eine zusätzliche Lock-in-Zentrierung des Geschäftsmodells der Vorteil, den Markt frühzeitig erschlossen zu haben, in einen langfristigen Wettbewerbsvorteil verwandelt werden. Innovation und Komplementarität Amit/Zott sehen die Verbindung zwischen Innovation und Komplementarität im Geschäftsmodell darin, dass Firmen neuartige Transaktionsmöglichkeiten nutzen können, um komplementäre Angebote zu unterbreiten.601 Innovation im Geschäftsmodell kann somit dazu führen, dass ein Komplementaritäts-zentriertes Geschäftsmodell erst möglich wird. Komplementarität und Lock-in In ähnlicher Weise wie hohe Effizienz kann auch hohe Komplementarität auf ein Lock-inzentriertes Geschäftsmodell verstärkend wirken, in dem die komplementären Effekte im Geschäftsmodell (bspw. Zugang zu komplementären Produkten) zur Verbreiterung der Kundenbasis für das Lock-in-zentrierte Geschäftsmodell beitragen.602 Zudem besteht zwischen Lock-in und Komplementarität dahingehend ein positiver Zusammenhang, das Lock-in-zentrierte Geschäftsmodelle für potenzielle Partner attraktiv sind, denn "a strong potential for lock-in provides an incentive for high-profile partners to contribute complementary products and services because of the promise of high-volume (repeat) business."603 Die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten des Geschäftsmodells sind wie vorstehend aufgeführt interdependent. Sie können einzeln, alle gemeinsam oder aber in verschiedenen Kombinationen in einem Unternehmen auftreten. Dabei kann es Fälle geben, in denen bestimmte Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells erst durch das Vorhandensein anderer Gestaltungsrichtungen ermöglicht werden. Die Frage nach der positiven Wirkung bestimmter Kombinationen oder auch nach den Vor- oder Nachteilen eines fokussierten Geschäftsmodells
600 601 602 603
94
Vgl. Arthur (1996), S. 107; Katz/Shapiro (1985), S. 424. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 508f. Vgl. Amit/Zott (2001), S. 507. Amit/Zott (2001), S. 507.
gegenüber einem in mehreren Gestaltungsrichtungen ausgeprägten Geschäftsmodell ist in der Forschung bisher jedoch nicht beantwortet. Miller warnt vor zu starker Fokussierung auf ein einzelnes Thema in der organisationalen Konfiguration: "the driving theme of a configuration creates a momentum that renders an organization more specialized and internally coherent […]. Ultimately, there is a danger that such very highly configured firms will become too simple - too dominated by a single world view, too monolithic, too driven by one theme or function."604 Andererseits ist davon auszugehen, dass eine Diversifizierung des Geschäftsmodells in verschiedene Gestaltungsrichtungen auch zusätzliche Ressourcen erfordert, die den Unternehmen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen. Zu viele Gestaltungsthemen gleichzeitig zu verfolgen kann demnach zu suboptimaler Ressourcenallokation führen.605 Es besteht dann die Gefahr, dass das Geschäftsmodell nicht fokussiert genug ist und dadurch Probleme verursacht. Zott/Amit warnen, dass "a lack of focus may confuse market participants, undermine the venture's legitimacy, create technological and organizational problems, and lead to higher costs."606 Zudem sehen sie die Gefahr, dass Firmen, die sich nicht auf eine bestimmte Gestaltungsrichtung spezialisieren, letztlich in keiner der von ihnen verfolgten Gestaltungsrichtungen das volle Potenzial erreichen.607 Firmen, die mit ihrem Geschäftsmodell mehrere Gestaltungsrichtungen gleichzeitig verfolgen, deren Geschäftsmodell aber in keiner Richtung überdurchschnittlich stark ausgeprägt sind, könnten demnach in der von Porter beschriebenen "stuck in the middle"-Situation enden und einen Wettbewerbsnachteil erleiden.608
3.1.7
Fazit zu den Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells
Die vorangegangenen Ausführungen zu den vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells, welche im Rahmen der empirischen Untersuchung dieser Arbeit betrachtet werden sollen, haben die unterschiedlichen Möglichkeiten der Wertschöpfung durch das Geschäftsmodell verdeutlicht. Die vier Gestaltungsrichtungen unterscheiden sich hinsichtlich
604 605 606 607 608
Miller (1996), S. 510. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 186. Zott/Amit (2007), S. 186. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 186. Vgl. Porter (1980), S. 41ff. Ähnlich argumentiert Zott (2003) hinsichtlich der alternativen Möglichkeiten "imitation" und "expirementation" zur Suche erfolgversprechender Ressourcenkonfigurationen. Vgl. Zott (2003), S. 119.
95
der Art und Weise, wie sie jeweils zum Erfolg des Unternehmens beitragen sollen, deutlich voneinander. Bereits bei Betrachtung einer einzelnen Gestaltungsrichtung wird ersichtlich, dass einem Unternehmen durch die verschiedenen Elemente mehrere Optionen zur Verfügung stehen, sein Geschäftsmodell entsprechend auszurichten. Die folgende Tabelle gibt die wesentlichen Erkenntnisse der vorhergegangenen Analyse der vier Geschäftsmodellthemen abschließend als Übersicht wieder:
Effizienz
Innovation
Lock-in
Komplementarität
Kern des Geschäftsmodells
Geschäftsmodell zielt darauf ab, Transaktionskosten zu senken
Geschäftsmodell schafft neue Transaktionsmöglichkeiten
Geschäftsmodell erhöht Bindung von Kunden und Partnern durch Transaktionsmechanismen
Geschäftsmodell nutzt komplementäre Effekte in eigenem Angebot und in Angeboten von Partnern
Theoretischer Hintergrund
Transaktionskostentheorie
Schumpetersche Innovation
Transaktionskostentheorie, Netzwerktheorie
Ressourcenbasierter Ansatz, Netzwerktheorie
Wichtige Elemente
Kosten- und Komplexitätsreduktion
Neuartige Transaktionsmöglichkeiten
Nutzung von Netzwerkexternalitäten
Transparenz über Transaktionsverlauf und Informationsaustausch
Innovationsgrad des Geschäftsmodells
Cross-Selling von komplementären Produkten und Dienstleistungen
Flexibilität und Geschwindigkeit in der Transaktionsdurchführung
Personalisierung des Angebots Loyalitäts- und Vertrauensfördernde Maßnahmen Spezifische Investitionen Schaffung eines proprietären Standards
Bündelung von eigenen Angeboten und Angeboten von Partnern Integration komplementärer Aktivitäten und Technologien
Beispiel für Elemente des Geschäftsmodells
Sendungsnachverfolgung von Logistikanbietern zur Schaffung von Transparenz
Verknüpfung neuer Transaktionspartner durch eBay – Schaffung neuer Transaktionsmöglichkeiten
Loyalitätsprogramme von Fluglinien, Hotels, Einzelhandel
Bündelung von Flug, Hotel, Mietwagen etc. durch Reiseanbieter
Bedeutung für den Erfolg
Niedrige Transaktionskosten führen zu steigendem Transaktionsvolumen
Neue Möglichkeiten erschließen zusätzliche Transaktionen für Unternehmen
Höhere Bindung von Kunden und Partnern führt zu wiederholten Transaktionen und sorgt damit für zusätzlichen Wert
Komplementäre Angebote ermöglichen Wertschöpfung durch Generierung zusätzlichen Umsatzes
Tabelle 10: Ergebnisse der Untersuchung der Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells Quelle: Eigene Darstellung
96
Die empirische Untersuchung soll nun die jeweilige Erfolgswirkung der einzelnen Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells, aber auch die Bedeutung der verschiedenen Elemente jeder Gestaltungsrichtung klären. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Umfeld des Unternehmens ebenfalls eine Rolle spielt und diese Erfolgswirkung in bestimmten Fällen beeinflusst.609 In Kapitel 3.1.6 wurde außerdem darauf hingewiesen, dass die vier Gestaltungsrichtungen auch miteinander kombiniert zur Wertschöpfung beitragen können. Dabei ist jedoch zu erwarten, dass sich die möglichen Kombinationen wiederum in ihrer Erfolgswirkung unterscheiden. Zudem wurde dargelegt, dass Unternehmen aufgrund begrenzter Ressourcen vermutlich nicht in der Lage sein werden, alle vier Gestaltungsrichtungen parallel zu verfolgen. Daher soll die empirische Untersuchung auch zur Überprüfung von Hypothesen bzgl. des Auftretens verschiedener Kombinationen von Geschäftsmodellen genutzt werden.
3.2
Umfeld und Geschäftsmodelle
In Kapitel 2.3 wurde auf die Kontextabhängigkeit der Betrachtung der Erfolgswirkung des Geschäftsmodells eingegangen und die Bedeutung des Umfelds eines Unternehmens in diesem Zusammenhang hervorgehoben. Dabei wurde auch erläutert, dass das Umfeld eines Unternehmens ein mehrdimensionaler und komplexer Faktor ist, der zudem auf unterschiedliche Art und Weise erfasst werden kann. Für jede Untersuchung ist es daher unabdingbar, die jeweils wesentlichen Dimensionen des Umfelds zu identifizieren, von denen der größte Einfluss zu erwarten ist. Nachdem im Vorfeld nun die Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells und ihre zu erwartende Erfolgswirkung dargestellt wurden, soll das folgende Kapitel 3.2.1 auf Anhaltspunkte zur Bedeutung bestimmter Umfelddimensionen für die Erfolgswirkung des Geschäftsmodells eingehen. In Kapitel 3.2.2 werden die Umfeldcharakteristika ausgewählt, die in die Untersuchung einbezogen werden.
3.2.1
Bedeutung des Umfelds für die Erfolgswirkung des Geschäftsmodells
Wie die Ausführungen in Kapitel 2.3.3 aufgezeigt haben, erscheint die Abbildung des Umfelds über Konstrukte für die vorliegende Untersuchung geeignet. Unabhängig von der Art
609
Vgl. Kapitel 2.3 und 3.2.
97
und Weise, wie das Umfeld gemessen wird, ist der Einfluss von Umfeldfaktoren auf die Erfolgswirkung des Geschäftsmodells unzureichend untersucht. Ein Zusammenhang wird von vielen Autoren lediglich vermutet, jedoch nicht nachgewiesen. So weisen Morris et al. für Geschäftsmodelle darauf hin, dass deren Komponenten nicht nur unternehmensintern, sondern auch auf das externe Umfeld eines Unternehmens abgestimmt sein müssen.610 Sie treffen jedoch keine Aussage darüber, welche Umfeldcharakteristika sie für besonders wichtig erachten. Andries/Debackere argumentieren, dass Unsicherheit des Umfelds ein wesentlicher Treiber ist, der junge Unternehmen zur Anpassung ihres Geschäftsmodells nötigt.611 Auch Rajala/Westerlund sehen Unsicherheit als einen Faktor, der die Geschäftsmodelle von Unternehmen beeinflusst.612 Letztlich liefern die wenigen existierenden empirischen Untersuchungen zum Geschäftsmodell aber nur sehr begrenzt Anhaltspunkte zur Auswahl relevanter Umfelddimensionen. Daher erscheint es angebracht, auch Studien über die moderierende Wirkung des Umfelds in Betracht zu ziehen, welche sich mit inhaltlich verwandten Analysegegenständen beschäftigen. Wie bereits erläutert ist die Wahrnehmung des Umfelds durch das Management entscheidend für dessen Reaktionen und Entscheidungen.613 Da auch die Gestaltung des Geschäftsmodells im Rahmen der gegebenen Einflussfaktoren Aufgabe des Managements ist, liefert die Betrachtung von Faktoren, welche die strategischen Entscheidungen des Managements beeinflussen, einen Orientierungspunkt für die Auswahl der relevanten Umfelddimensionen. Diverse Arbeiten haben sich bereits mit der Bedeutung verschiedener Umfeldfaktoren für die Erfolgswirkung bestimmter Strategien beschäftigt.614 So beeinflusst bspw. die Verfügbarkeit von Ressourcen die strategischen Entscheidungen und damit auch den Erfolg von Unternehmen.615 Eine generelle Schwierigkeit bei der Auswahl der relevanten Umfeldfaktoren besteht darin, dass nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann, welche Faktoren wann für die strategischen Entscheidungen eines Unternehmens wirklich die größte Rolle spielen: "the relevant set of Strategic Industry Factors changes and cannot be predicted with certainty ex ante."616
610 611 612 613 614 615 616
98
Vgl. Morris et al. (2005), S. 732. Vgl. Andries/Debackere (2007), S. 82. Vgl. Rajala/Westerlund (2007), S. 119. Vgl. Stewart et al. (2008), S. 86f. Vgl. Venkatraman/Prescott (1990), S. 2ff.; Miller (1988), S. 284. Vgl. Park/Mezias (2005), S. 991. Amit/Schoemaker (1993), S. 36.
Duncan ist der Ansicht, dass für die Entscheidungsfindung von Managern insbesondere die Frage relevant ist, ob das externe Umfeld statisch oder dynamisch ist: "the static-dynamic dimension of the environment is a more important contributor to uncertainty than the simplecomplex dimension."617 Auch andere Autoren messen der Dynamik bzw. Veränderung des Umfelds hohe Bedeutung bei und sehen die Fähigkeit des Unternehmens bzw. dessen Managements, diese Veränderungen zu erkennen und auf sie zu reagieren, als maßgeblich für den Erfolg an.618 Amit/Schoemaker nennen als wichtige Aspekte die Unsicherheit und die Komplexität des Umfelds sowie den Konflikt mit dem Wettbewerb, da ohne diese Aspekte kein Raum für diskretionäre Entscheidungen des Managements bestünde: "without uncertainty, complexity, and conflict, there would be no room for discretionary managerial decisions on strategy crafting."619 Erst auf Grund dieser externen Einflüsse werden Firmen sich strategisch unterschiedlich verhalten.620 Die unterschiedliche Wahrnehmung der Unsicherheit führt dazu, dass Manager unterschiedliche Erwartungen an Faktoren wie Marktwachstum, Preisbereitschaft, Kostenentwicklung oder auch Kundenverhalten haben werden, und diese Erwartungen prägen ihre Entscheidungen.621 Dies ist auch insofern von Bedeutung, als dass es bei Fehleinschätzung zu Nachteilen für das Unternehmen kommen kann. Manager, die den Grad der Unsicherheit unterschätzen, werden notwendige Vorsichtsmaßnahmen nicht oder zu spät ergreifen, während Manager, welche die Unsicherheit überschätzen, möglicherweise Chancen ungenutzt lassen.622 Ein weiterer Anhaltspunkt dafür, welche Umfeldcharakteristika in diese Untersuchung einbezogen werden sollten, besteht in der Fokussierung auf wachstumsorientierte KMU. Wie schon im vorhergehenden Abschnitt festgehalten, sind diese Unternehmen im Vergleich zu Großunternehmen generell stärker von ihrem Umfeld beeinflusst. So wird das wahrgenommene Umfeld die Bereitschaft eines potenziellen Gründers beeinflussen, tatsächlich ein Unternehmen zu gründen.623 Umfeldcharakteristika beeinflussen daher die Häufigkeit von Gründungen.624 Darüber hinaus kann das Umfeld aber auch die Art
617 618 619 620 621 622 623 624
Duncan (1972), S. 325. Vgl. Sorensen (2002), S. 70; Zahra et al. (2002), S. 8; Sarkar et al. (2001), S. 704. Amit/Schoemaker (1993), S. 34. Vgl. Amit/Schoemaker (1993), S. 44. Vgl. Amit/Schoemaker (1993), S. 40. Vgl. Bourgeois (1985), S. 565f. Vgl. Begley et al. (2005), S. 36. Vgl. Specht (1993), S. 77.
99
der Gründung beeinflussen.625 So kommen Dean et al. zu dem Schluss, dass in bestimmten Umfeldern kleine Firmengründungen Vorteile gegenüber größeren Gründungen haben.626 Das Umfeld spielt auch nach der Gründung eine wichtige Rolle für den Erfolg junger Unternehmen und KMU.627 Ziel der Berücksichtigung unterschiedlicher Umfeldbedingungen im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist die Beantwortung der Frage, ob klare Aussagen abzuleiten sind, unter welchen Umfeldbedingungen bestimmte besonders erfolgversprechend sind.
3.2.2
Gestaltungsthemen
von
Geschäftsmodellen
Auswahl der Charakteristika für den Untersuchungsrahmen dieser Arbeit
Die Ausführungen zum Zusammenspiel von Umfeld und Geschäftsmodell sprechen klar für die wahrgenommene Unsicherheit des Umfelds als relevante Dimension im Rahmen der vorliegenden Untersuchung. Zusätzlich spricht für die Verwendung dieser Dimension neben der vermuteten Relevanz im Geschäftsmodell-Kontext auch ihre generell häufige Verwendung als Umfelddimension, denn die Unsicherheit des Umfelds, bzw. seine Dynamik, wird als eine der am häufigsten verwendeten Umfeldvariablen angesehen.628 Dies gilt auch bei der Betrachtung von organisationalen Strukturen und deren Beziehung zum Umfeld: "Studies of relationships between environment and structure have typically focused on the effects of environmental uncertainty on the structures of organizations."629 Unsicherheit geht zudem oft einher mit Veränderungen in Netzwerken von Firmen, was für die Betrachtung im Rahmen der Untersuchung des firmenübergreifenden Geschäftsmodells relevant erscheint.630 Auch für die in Kapitel 2.3.3 erläuterte und ausgewählte Betrachtungsebene des task environment, bestehend aus den direkten Transaktionspartnern des Unternehmens, ist die Unsicherheit von großer Bedeutung.631 Daher wird die Unsicherheit des Umfelds als erster Kontextfaktor in die Untersuchung mit einbezogen. Unsicherheit des Umfelds liegt dann vor, wenn die Entscheidungsträger des
625 626 627 628
629 630 631
Vgl. Downey/Slocum (1975), S. 568. Vgl. Dean et al. (1998), S. 724. Vgl. bspw. Hiddemann (2007), S. 138; Park/Mezias (2005), S. 991; Zahra et al. (1997), S. 36. Vgl. Goll/Rasheed (2004), S. 45; Goll/Rasheed (1997), S. 584; Rajagopalan et al. (1993), S. 358; Downey et al. (1975), S. 613. Yasai-Ardekani (1989), S. 132. Vgl. Koka et al. (2006), S. 723. Vgl. Stewart et al. (2008), S. 87ff.; Daft et al. (1988), S. 124ff.
100
Unternehmens ihre erfolgsrelevanten Entscheidungen unter der Einschränkung unvollständigen Wissens über die möglichen Konsequenzen treffen müssen.632 Viele Arbeiten, die den Einfluss des Umfelds miteinbeziehen, beschränken sich in ihrer Untersuchung auf eine einzelne Umfelddimension, zumeist die besagte Unsicherheit des Umfelds: "most of the theoretical interest and empirical effort have been focused on a single environmental dimension, namely dynamism or uncertainty. It is possible that some of the contradictions encountered in prior research are due to the failure to consider other equally important environmental dimensions".633 Es besteht also die Gefahr, dass andere potenziell wichtige Umfelddimensionen vernachlässigt werden. Daher wird oft gefordert, mehr als eine Umfelddimension in die Untersuchung aufzunehmen.634 Aus der Vielzahl möglicher Umfelddimensionen wurde im Rahmen dieser Arbeit für das Geschäftsmodell neben der Unsicherheit zusätzlich die Wettbewerbsintensität des Umfelds herangezogen. Dafür spricht eine Reihe von Faktoren. So hat Dill in seiner Arbeit neben der Stabilität bereits die Wettbewerbsintensität als wesentlichen Aspekt des task environments der von ihm untersuchten beiden Firmen genannt.635 Die zunehmende Intensität des Wettbewerbs wie auch die schnellen Veränderungen des Wettbewerbsumfelds wurden zudem bereits zu Beginn dieser Arbeit als Faktoren erwähnt, welche die Betrachtung des Geschäftsmodells relevant erscheinen lassen.636 Diese Faktoren beeinflussen maßgeblich die Anforderungen an Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit, denen sich Unternehmen stellen müssen.637 Covin/Slevin erwarten, dass "successful firms in hostile environments will gear their competitive efforts to the prevailing conditions by aggressively trying to gain or maintain a competitive advantage."638 Da auch die Gestaltung des Geschäftsmodells als Mittel zur Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit zu sehen ist, interessiert auch in diesem Zusammenhang der Einfluss des Umfelds. Ohne Wettbewerb fehlt zudem der Drang, über andersartige Geschäftsmodelle eine Differenzierung zu erreichen: "in the absence of competition, an organization may perform well […] because customers are "stuck" with the organization's products and services."639
632 633 634 635 636 637 638 639
Vgl. Zahra et al. (2002), S. 8; Downey/Slocum (1975), S. 571. Goll/Rasheed (1997), S. 584. Vgl. McArthur/Nystrom (1991), S. 357. Vgl. Dill (1958), S. 426ff. Vgl. Kapitel 1.1. Vgl. Dess et al. (1997), S. 677. Covin/Slevin (1989), S. 77. Jaworski/Kohli (1993), S. 57.
101
Von Unsicherheit und Wettbewerbsintensität des Umfelds wird also ein wesentlicher Einfluss auf die Erfolgswirkung des Geschäftsmodells erwartet. Demnach werden diese beiden Faktoren in die empirische Untersuchung mit aufgenommen, und es werden im folgenden Kapitel auch Hypothesen bzgl. der moderierenden Wirkung dieser Umfelddimensionen aufgestellt. Weitere, für im vorliegenden Kontext als weniger bedeutsam erachtete, mögliche Umfelddimensionen wurden dagegen nicht mit aufgenommen. Dies liegt unter anderem darin begründet, dass eine Fokussierung auf die erwarteten wesentlichen Faktoren erfolgen muss, da der Fragebogen für die empirische Untersuchung nicht beliebig umfangreich ausfallen kann. Aus methodischen Gründen soll aber jede Umfelddimension als Konstrukt aus mehreren Indikatoren gebildet werden. Zudem bestehen, wie in Kapitel 2.3.3 geschildert, zwischen vielen in der Literatur verwendeten und unterschiedlich benannten Dimensionen deutliche inhaltliche Überschneidungen (bspw. zwischen Wettbewerbsintensität und der ebenfalls häufig verwendeten Dimension der Feindlichkeit des Umfelds). Die Aufnahme von Kontrollvariablen wie der Industrie der teilnehmenden Unternehmen kann jedoch ggf. weitere Aufschlüsse darüber geben, ob andere Umfeldvariablen wie bspw. die technologische Komplexität oder die technologische Turbulenz eine Rolle spielen könnten.
3.3
Konzeptualisierung des Forschungsmodells
Im folgenden Kapitel erfolgt die Konzeptualisierung der empirischen Untersuchung. Die in den vorhergehenden Kapiteln erarbeiteten Erkenntnisse über die Geschäftsmodellgestaltung und deren Erfolgswirkung werden aufgegriffen, und es werden Hypothesen über die Zusammenhänge zwischen Geschäftsmodellgestaltung, den ausgewählten Umfeldfaktoren und dem Unternehmenserfolg aufgestellt. Diese Hypothesen sollen dann im Rahmen der empirischen Untersuchung getestet werden, mit dem Ziel, die eingangs formulierten Forschungsfragen zu beantworten.
3.3.1
Geschäftsmodellgestaltung und Erfolg
Zunächst sollen im Folgenden die Hypothesen zur generellen oder universellen Wirkung der Geschäftsmodellgestaltungsrichtungen auf den Erfolg aus den bisherigen Erkenntnissen
102
abgeleitet werden. In diesen Fällen geht es um die direkte Beziehung zwischen Geschäftsmodell und Erfolg, ohne Einbezug moderierender Wirkungen.640 Wie in Kapitel 3.1.2 dargestellt, erlauben Effizienz-zentrierte Geschäftsmodelle den an der Transaktion beteiligten Parteien, ihre Transaktionen mit niedrigeren Kosten durchzuführen. Diese Kostenvorteile basieren auf einem oder mehreren Elementen des Geschäftsmodells, welche zur Senkung der Komplexität der Transaktion, zur Vermeidung von Fehlern, zur Reduktion von Informationsdefiziten oder zu anderen die Transaktionskosten reduzierenden Maßnahmen beitragen. Gegenüber Wettbewerbern erhalten Unternehmen mit einem Effizienz-zentrierten Geschäftsmodell dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Folgende Hypothese kann somit abgeleitet werden: H1:
Je stärker Effizienz-zentriert das Geschäftsmodell, desto größer der Erfolg des Unternehmens.
Wie bereits in Kapitel 3.1.3 ausgeführt, erlaubt die Innovations-zentrierte Gestaltung des Geschäftsmodells einem Unternehmen die Schaffung neuer Transaktionsmöglichkeiten. Dies kann entweder durch die Erschließung eines neuen, zuvor nicht zugänglichen Marktes oder durch die Schaffung neuer Transaktionsmöglichkeiten in bestehenden Märkten erfolgen. Beides führt zur Generierung unternehmerischer Gewinne, bis Wettbewerber nachfolgen. Je innovativer das Geschäftsmodell an sich, desto größer der zu erwartende Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen. Die nachfolgende Hypothese kann folglich abgeleitet werden: H2:
Je stärker Innovations-zentriert das Geschäftsmodell, desto größer der Erfolg des Unternehmens.
Lock-in-zentrierte Geschäftsmodelle schaffen für ein Unternehmen dadurch Wert, dass sie die Kundenbindung erhöhen und somit zu häufigeren und wiederholten Transaktionen führen. Dadurch ergibt sich ein klarer Wettbewerbsvorteil für Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf Lock-in-Effekten basiert, gegenüber Unternehmen, denen es nicht gelingt, Kunden und Partner derart an sich zu binden. Wie erläutert, kann ein starker Lock-in-Effekt sogar Unternehmen zum Erfolg verhelfen, deren Angebot eigentlich dem Angebot der Wettbewerber unterlegen ist. Dies erlaubt die Aufstellung der folgenden Hypothese: H3:
640
Je stärker Lock-in-zentriert das Geschäftsmodell, desto größer der Erfolg des Unternehmens.
Robinson/McDougall (2001) sprechen in Abgrenzung zum kontingenztheoretischen Ansatz vom universellen Ansatz ("universal approach"), wenn es um die direkte Wirkung der unabhängigen Variablen ohne Berücksichtigung etwaiger Moderatoren geht. Vgl. Robinson/McDougall (2001), S. 662.
103
Das Vorhandensein komplementärer Effekte bedeutet, dass Kunden ein Produkt oder eine Dienstleistung höher wertschätzen, wenn sie diese(s) im Zusammenhang mit einem anderen Produkt oder einer anderen Dienstleistung erwerben. Ein Geschäftsmodell, das auf der Nutzung solcher Komplementaritäten basiert, sollte dem Unternehmen also aufgrund der gestiegenen Attraktivität des eigenen Angebots zu Umsatzgewinnen verhelfen. Wie in Kapitel 3.1.5 erläutert können komplementäre Effekte gerade jungen Unternehmen zum Markteintritt verhelfen. Folgende Hypothese kann folglich abgeleitet werden: H4:
3.3.2
Je stärker Komplementaritäts-zentriert das Geschäftsmodell, desto größer der Erfolg des Unternehmens.
Umfeld, Geschäftsmodellgestaltung und Erfolg
Die aufgestellten Hypothesen 1 bis 4 beschäftigen sich mit dem generellen Zusammenhang zwischen der Gestaltung des Geschäftsmodells und dem Unternehmenserfolg. Jedoch wurde bereits in Kapitel 2.3 argumentiert, wie wichtig in diesem Kontext auch das Umfeld eines Unternehmens ist. Wie dort erläutert wird das Umfeld in der vorliegenden Arbeit durch die Dimensionen Unsicherheit (welche die Aspekte Dynamik und die Unvorhersehbarkeit des Umfelds umfasst) und Wettbewerbsintensität abgebildet. Die Literatur im Bereich Strategisches Management liefert einige Anhaltspunkte zum Zusammenhang zwischen Umfeld und Strategie. So wird bezogen auf die Strategie eines Unternehmens generell davon ausgegangen, dass hohe Unsicherheit auch viele neue Geschäftsmöglichkeiten mit sich bringt und Unternehmen, die innovativ eingestellt sind, davon eher profitieren als solche, die den Fokus auf Effizienz legen.641 Neben der Tatsache, dass das Geschäftsmodell grundsätzlich vom Begriff der Strategie verschieden ist, ist diese Argumentation auch aus anderem Grunde nicht einfach übertragbar. Der Argumentation liegt nämlich die Annahme zugrunde, dass Unternehmen nur eine Strategie verfolgen und demzufolge immer vor der Wahl "Entweder - Oder" stehen. Wie schon erläutert schließen sich die Richtungen der Geschäftsmodellgestaltung jedoch nicht gegenseitig aus, sondern können durchaus parallel verfolgt werden.642 Bei der Betrachtung der Umfeldausprägungen auf die Beziehung zwischen Geschäftsmodell und Unternehmenserfolg ist demnach für jede Gestaltungsrichtung des Geschäftsmodells zu
641 642
104
Vgl. Ketchen et al. (1993), S. 1289. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 4 sowie Kapitel 3.2.
entscheiden, ob diese bei starker Ausprägung der entsprechenden Umfelddimension im Vergleich zur schwachen Ausprägung vorteilhaft ist oder nicht. Unsicherheit und die Erfolgswirkung des Geschäftsmodells Zunächst soll auf die Bedeutung der Unsicherheit für jede der vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells eingegangen werden. Unsicherheit und Effizienz Hohe Unsicherheit führt dazu, dass es für Unternehmen schwieriger wird, die Folgen von Transaktionen abzusehen, insbesondere bei langfristigen Verpflichtungen wie Verträgen.643 Die Kosten, Verträge auszuarbeiten und abzuschließen und die Einhaltung aller Vereinbarungen sicherzustellen, steigen.644 Bei sehr hoher Unsicherheit kann dies sogar dazu führen, dass Unternehmen bestimmte Tätigkeiten lieber wieder selbst durchführen und auf Transaktionen mit externen Partnern ganz verzichten.645 Eine Effizienz-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung zeichnet sich durch eine Reduktion der Transaktionskosten aus. Ein solches Geschäftsmodell reduziert die Komplexität von Transaktionen, erhöht die Transparenz und die Flexibilität für die Beteiligten und wirkt dadurch der Unsicherheit des Umfelds entgegen. Es erlaubt auch bei steigender Unsicherheit weiterhin auf marktbasierte Transaktionen zurückzugreifen. Ein Unternehmen mit einem stark ausgeprägten Effizienzzentrierten Geschäftsmodell sollte demzufolge einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern haben, da es auch bei Unsicherheit ein potenzieller Transaktionspartner für andere Unternehmen ist und sich somit Marktanteile sichern kann. Unsicherheit und Innovation Wie bereits erwähnt werden im Strategischen Management unsichere und dynamische Umfelder oft gleichzeitig mit vielen Möglichkeiten, Geschäfte zu machen, verbunden und als förderlich für die Entstehung von Produktinnovationen betrachtet.646 Miller et al. halten dabei die häufigen Schwankungen in den Kundenpräferenzen sowie in den Wettbewerbsprodukten für ausschlaggebend: "Product innovations are most prevalent and useful in uncertain environments in which competing products or customers' preferences alter significantly".647 Miller/Friesen sehen das Umfeld generell als Innovationstreiber für Produkt- und
643 644 645 646 647
Vgl. Langlois (1992), S. 103ff. Vgl. Clemons/Row (1992), S. 13. Vgl. Clemons/Row (1992), S. 13. Vgl. Miller et al. (1988), S. 549; Miller/Friesen (1982), S. 11. Miller et al. (1988), S. 549.
105
Technologieinnovationen: "The more dynamic, hostile, or heterogeneous the environment, the higher the level of innovation."648 In stabilen und vorhersehbaren Umfeldern seien Kunden dagegen eher an niedrigen Preisen als an innovativen Produkten interessiert.649 Demzufolge wird auch hinsichtlich der Prozesse von Unternehmen erwartet, dass sich explorative, radikalere Innovationsprozesse in unsicheren Umfeldern stärker bezahlt machen als weniger radikale Prozesse.650 Innovations-zentrierte Geschäftsmodelle müssen jedoch von Innovationen in den Produkten und Dienstleistungen unterschieden werden. Derartig gestaltete Geschäftsmodelle verbinden neue Transaktionspartner und eröffnen damit neue Transaktionsmöglichkeiten, wodurch eine Differenzierung vom Wettbewerb erfolgen kann. Ein unsicheres und dynamisches Umfeld kann in der Tat neue Möglichkeiten für Transaktionen eröffnen und so zum Erfolg beitragen. Andererseits besteht aber auch die Gefahr, dass die neuen durch das Geschäftsmodell erschlossenen Möglichkeiten obsolet werden und damit Wettbewerbsvorteile verschwinden. Zott/Amit weisen darauf hin, dass Unternehmen mit Innovations-zentrierten Geschäftsmodellen darauf angewiesen sind, Kunden und Partner von den Vorzügen ihres innovativen Geschäftsmodells zunächst zu überzeugen.651 Eine solche Überzeugungsarbeit wird durch hohe Unsicherheit im Umfeld erschwert.652 Daher stehen den Möglichkeiten, die sich in einem unsicheren Umfeld ergeben, auch Schwierigkeiten entgegen. Unsicherheit und Lock-in Lock-in-zentrierte Geschäftsmodelle basieren darauf, die Bindung von Kunden und Partnern an das Unternehmen durch Schaffung von Wechselkosten oder anderen Hürden zu erhöhen. Höhere Loyalität zum Unternehmen ist gerade in unsicheren Umfeldern ein Vorteil gegenüber Wettbewerbern.653 Teece et al. merken an, dass insbesondere durch technologische Veränderungen bereits errichtete Wechselkosten unwirksam gemacht werden könnten.654 Die höhere Bindung von Kunden und Partnern bspw. durch Loyalitätsprogramme resultiert aber häufig auch in besseren Informationen über die Bedürfnisse der Kunden und anderer Transaktionspartner. Diese Informationen sollten dem Unternehmen erlauben, Veränderungen in den Präferenzen seiner Transaktionspartner zu antizipieren und entsprechend zu reagieren.
648 649 650 651 652 653 654
106
Miller/Friesen (1982), S. 11. Vgl. Miller et al. (1988), S. 549. Vgl. Jansen et al. (2006), S. 1664. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 184. Vgl. Langlois (1992), S. 123f. Vgl. Miller et al. (1988), S. 549. Vgl. Teece et al. (1997), S. 523.
Demzufolge sollte ein Lock-in-zentriertes Geschäftsmodell vorteilhaft für ein Unternehmen sein, wenn die Unsicherheit des Umfelds zunimmt. Unsicherheit und Komplementarität Komplementaritäts-zentrierte Geschäftsmodelle basieren auf Bündelung von Angeboten und Integration von Aktivitäten, oftmals mit externen Partnern. In Zeiten hoher Unsicherheit kann es vorteilhaft sein, wenn ein Unternehmen auf die Ressourcen von externen Partnern zugreifen kann und Allianzen formt.655 Unsicherheit kann die Fähigkeiten und routinierten Abläufe eines Unternehmens in Frage stellen.656 Durch die Zusammenarbeit mit Partnern, die komplementäre Fähigkeiten aufweisen oder komplementäre Angebote bieten, kann unter Umständen schneller auf Veränderungen im Umfeld und insbesonder auf veränderte Kundenbedürfnisse reagiert werden, als dies einem einzelnen Unternehmen möglich wäre: "in markets where customer needs are evolving rapidly, the potential value in being able to tap into external resource pools to develop products and services that keep pace with demand changes may be substantial. […] complementary capabilities would facilitate appropriate market offerings of new products and services that satisfy emerging customer needs, quick entry into new markets and segments, and access to complementary products".657 Die engen Beziehungen zu Partnern können bei starken Veränderungen im Umfeld jedoch auch Nachteile mit sich bringen. So haben Madhavan et al. gezeigt, dass Unternehmen bestimmte Umfeldereignisse dazu nutzen können, ihre Position im Netzwerk gegenüber Partnern zu verbessern.658 Dies kann insbesondere für junge Unternehmen kritisch sein, die mangels eigener Ressourcen auf etablierte Unternehmen als Partner angewiesen sind.659 Komplementäre Aktivitäten sind zudem mit Koordinationsaufwand und anderen Schwierigkeiten verbunden, welche die Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg mit sich bringt.660 Um ihr Wertschöpfungspotenzial zu nutzen, bedarf es einer aktiven Koordination: "Since the values of complementary assets are interdependent, their use has to
655 656 657 658 659 660
Vgl. Sarkar et al. (2001), S. 703f. Vgl. Poppo/Zenger (1998), S. 860. Sarkar et al. (2001), S. 704. Vgl. Madhavan et al. (1998), S. 456. Vgl. Hite/Hesterly (2001), S. 276f. Vgl. Stieglitz/Heine (2007), S. 9.
107
be actively coordinated."661 Veränderungen in derartigen Systemen mit Komplementaritäten durchzuführen, kann sich als äußerst schwierig erweisen.662
starken
Hohe Unsicherheit des Umfelds kann demnach also den Wert der Nutzung komplementärer Effekte steigern, erhöht jedoch auch den notwendigen Koordinationsaufwand. Daher wird kein expliziter Zusammenhang zwischen dem Grad der Unsicherheit des Umfelds und der Erfolgswirkung Komplementaritäts-zentrierter Geschäftsmodelle hypothetisiert. Zusammenfassend können die folgenden vier Teilhypothesen für die moderierende Wirkung der Unsicherheit des Umfelds auf den Zusammenhang zwischen Geschäftsmodellgestaltung und Unternehmenserfolg aufgestellt werden: H5:
In einem von hoher Unsicherheit geprägten Umfeld wird der positive Zusammenhang zwischen der jeweiligen Gestaltungsrichtung des Geschäftsmodells und dem Unternehmenserfolg im Vergleich zu einem Umfeld mit niedriger Unsicherheit wie folgt ausfallen: (a) Effizienz-zentriert: Zusammenhang deutlicher positiv (b) Innovations-zentriert: Zusammenhang unbestimmt (c) Lock-in-zentriert: Zusammenhang deutlicher positiv (d) Komplementaritäts-zentriert: Zusammenhang unbestimmt.
Wettbewerbsintensität und die Erfolgswirkung des Geschäftsmodells Die Wettbewerbsintensität bezeichnet das Ausmaß, zu welchem das externe Umfeld eines Unternehmens durch starken Wettbewerb gekennzeichnet ist.663 Dies kann sich in einer hohen Anzahl an Wettbewerbern ausdrücken, aber auch in einer großen Bandbreite an Bereichen, in welchen starker Wettbewerb herrscht, wie z. B. Preiswettbewerb, Qualitätswettbewerb etc.664 Während Wettbewerb aus volkswirtschaftlicher Sicht positiv zu sehen ist, senkt starker Wettbewerb die Erfolgschancen des einzelnen Unternehmens, am Markt zu bestehen.665 Das
661 662 663 664 665
Stieglitz/Heine (2007), S. 13. Vgl. Milgrom/Roberts (1995), S. 190. Vgl. Jansen et al. (2006), S. 1664. Vgl. Slater/Narver (1994), S. 49; Miller (1987a), S. 62. Vgl. Begley et al. (2005), S. 38.
108
Geschäftsmodell stellt eine Möglichkeit dar, wie Unternehmen sich gegenüber Wettbewerbern einen Vorteil verschaffen können. Dabei ist zu erwarten, dass die Erfolgswirkung einzelner Gestaltungsrichtungen unterschiedlich stark vom Grad der Wettbewerbsintensität beeinflusst wird. Wettbewerbsintensität und Effizienz Umfelder, die von hoher Wettbewerbsintensität geprägt sind, bringen Knappheit von Ressourcen mit sich, da in ihnen viele Unternehmen um wenige begrenzte Ressourcen kämpfen. In einem derartigen Umfeld ist es von besonders hoher Bedeutung, dass Firmen Möglichkeiten verfolgen, Ressourcen zu schonen und Kosten zu minimieren: "In hostile or non-munificent environments, the scarcity of resources forces firms to pay greater attention to their conservation."666 Verschwendung oder falscher Einsatz von Ressourcen kann in einem solchen Umfeld schnell zu Wettbewerbsnachteilen führen.667 Effizienz-zentrierte Geschäftsmodelle sind kostenreduzierend und sollten demzufolge vorteilhaft in einem derartigen Umfeld sein: "When resources are scarce, efficiency-centered business model design assumes greater importance as a differentiating factor".668 Die Eigenschaften eines solchen Geschäftsmodells helfen dabei, die Beziehungen zu Transaktionspartnern zu wahren, da sie einen Kostenvorteil gegenüber Wettbewerbern ermöglichen, die weniger Effizienz in ihren Transaktionen bieten können. In derartigen Umfeldern dürften sich die Vorteile, die ein Effizienz-zentriertes Geschäftsmodell dem Unternehmen verschafft, also noch deutlicher auswirken.669 Bei niedrigem Wettbewerb werden die Effizienzvorteile weniger bedeutsam, da den Transaktionspartnern weniger Auswahl zur Verfügung steht. Darüber hinaus kann die effiziente Gestaltung des Geschäftsmodells es ermöglichen, frei werdende Ressourcen für andere wertschöpfende Tätigkeiten zu nutzen, was besonders bei hohem Wettbewerb wichtig werden kann.670 Wettbewerbsintensität und Innovation Miller/Friesen argumentieren, dass ein starker Fokus auf Innovation unter verschärften Wettbewerbsbedingungen zu Schwierigkeiten führen könne.671 Ihre empirische Untersuchung
666 667 668 669 670 671
Goll/Rasheed (2004), S. 45. Vgl. Goll/Rasheed (2004), S. 45. Zott/Amit (2007), S. 186. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 186. Vgl. Brynjolfsson/Hitt (2005), S. 33. Vgl. Miller/Friesen (1983), S. 223.
109
liefert jedoch gemischte Ergebnisse, da bestimmte Unternehmen gerade in feindlichen Umfeldern durch Innovation erfolgreich sind.672 Eine Erklärung könnte sein, dass Unternehmen Innovationen aller Art nutzen, um Differenzierung zum Wettbewerb zu erreichen. Bei hoher Wettbewerbsintensität haben Kunden eine große Auswahl an Lieferanten.673 Dies zwingt Unternehmen dazu, nach Möglichkeiten der Differenzierung zu suchen. Diese Differenzierung kann durch die Entwicklung neuer Produkte erreicht werden, aber auch durch die Suche nach neuen Märkten.674 Eine Möglichkeit, neue Märkte zu erreichen, ist ein Innovations-zentriertes Geschäftsmodell, welches Zugang zu neuen Transaktionspartnern ermöglicht, die ggf. von Wettbewerbern nicht adressiert werden. Dadurch erlaubt ein derartiges Geschäftsmodell, zumindest kurzfristig den Wettbewerbsdruck zu verringern. Generell wirkt sich eine hohe Wettbewerbsintensität, insbesondere für jüngere Firmen, einschränkend auf die Wachstumsmöglichkeiten aus: "high levels of competition, especially from large and well-established competitors, limit the growth opportunities of young firms."675 Durch ein Innovationszentriertes Geschäftsmodell kann es gelingen, eine noch unbesetzte Marktnische zu besetzen. Wettbewerber, die folgen werden, müssen dann zusätzliche Ressourcen investieren, um dem Vorreiter bereits gewonnene Kunden streitig zu machen.676 Wettbewerbsintensität und Lock-in Ein hoher Grad von Lock-in ist in der Regel unter allen Bedingungen für jedes Unternehmen wünschenswert. Bei niedriger Wettbewerbsintensität ist der zusätzliche Mehrwert jedoch geringer, da Kunden und Partner ohnehin weniger Auswahl haben, zu Wettbewerbern zu wechseln. Dies spricht für eine positive moderierende Wirkung von Wettbewerbsintensität auf den Erfolg, da die Vorteile eines Lock-in-zentrierten Geschäftsmodells unter hohem Wettbewerb besonders zur Geltung kommen müssten. Die enge Bindung von Kunden und Partnern an das Unternehmen, bspw. durch Personalisierung der Transaktionsbeziehung oder aufgebautes Vertrauen, könnte dazu führen, dass Transaktionspartner trotz großer Auswahl nicht zum Wettbewerber wechseln. Allerdings ist der Aufbau einer solchen Transaktionsbeziehung mit Kosten verbunden.677 Bei hoher Wettbewerbsintensität werden Unternehmen deutlich stärkere Investitionen in Lock-in-
672 673 674 675 676 677
110
Vgl. Miller/Friesen (1983), S. 229. Vgl. Atuahene-Gima (1995), S. 279. Vgl. Atuahene-Gima (1995), S. 280. Eisenhardt/Schoonhoven (1990), S. 508. Vgl. Lieberman/Montgomery (1988), S. 46. Vgl. Dyer (1997), S. 552.
schaffende Maßnahmen tätigen müssen als bei geringem Wettbewerb. Diese Investitionen können ggf. dazu führen, dass andere wichtige Elemente des Geschäftsmodells vernachlässigt werden und nicht genügend Ressourcen erhalten. Daher wird kein klarer Zusammenhang zwischen Wettbewerbsintensität und der Erfolgswirkung eines Lock-in-zentrierten Geschäftsmodells vorhergesagt. Wettbewerbsintensität und Komplementarität Zugang zu einer großen Bandbreite an Produkten und Dienstleistungen sowie die Integration von Aktivitäten mit Partnern sind Elemente eines Komplementaritäts-zentrierten Geschäftsmodells. Diese sollten unter hohem Wettbewerb von Vorteil sein, da die Verfügbarkeit von komplementären Angeboten den Wert des eigenen Angebots für die Kunden steigert.678 Aus Kundensicht kann dieser Mehrwert ein entscheidender Faktor bei der Auswahl des Anbieters sein. Auch die Integration von Aktivitäten oder Technologien mit Partnern kann von Vorteil sein, da die dadurch geschaffenen Netzwerkressourcen von Wettbewerbern, die nicht über eine solche Integration verfügen, schwer zu imitieren sind.679 Zusammenfassend lassen sich für die erwartete moderierende Wirkung der Wettbewerbsintensität des Umfelds die folgenden vier Teilhypothesen aufstellen: H6:
In einem von hoher Wettbewerbsintensität geprägten Umfeld wird der positive Zusammenhang zwischen der jeweiligen Gestaltungsrichtung des Geschäftsmodells und dem Unternehmenserfolg im Vergleich zu einem Umfeld mit niedriger Wettbewerbsintensität wie folgt ausfallen: (a) Effizienz-zentriert: Zusammenhang deutlicher positiv (b) Innovations-zentriert: Zusammenhang deutlicher positiv (c) Lock-in-zentriert: Zusammenhang unbestimmt (d) Komplementaritäts-zentriert: Zusammenhang deutlicher positiv.
678 679
Vgl. Brandenburger/Nalebuff (1996), S. 98. Vgl. Gulati (1999), S. 415.
111
3.3.3
Kombinationen der Geschäftsmodellgestaltung und Erfolg
Wie in Kapitel 3.2 erwähnt, schließen sich die unterschiedlichen Themen der Geschäftsmodellgestaltung nicht gegenseitig aus, sondern können durchaus parallel auftreten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bestimmte Kombinationen häufiger vorkommen als andere und dass verschiedene Kombinationen auch unterschiedlich auf den Erfolg wirken. Über möglicherweise besonders häufig zu erwartende Kombinationen von Geschäftsmodellen und deren Erfolgswirkung existiert nahezu keine Arbeit. Aufgrund mangelnder Anhaltspunkte und der vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten, in denen die vier untersuchten Gestaltungsrichtungen theoretisch auftreten können, erscheint eine Aufstellung von Hypothesen über die Erfolgswirkung jeder möglichen Kombination im Rahmen dieser Arbeit nicht angebracht. Vielmehr werden die folgenden Hypothesen aufgestellt, die sich der Häufigkeit und der Erfolgswirkung verschiedener Kombinationen generell widmen: H7:
Die Analyse der Kombinationshäufigkeit von Geschäftsmodellgestaltungsthemen wird klar abgrenzbare, unterschiedlich häufig auftretende Kombinationen ergeben.
H8:
Die erkennbaren Kombinationen von Geschäftsmodellgestaltungsthemen werden sich in ihrer Erfolgswirkung voneinander unterscheiden.
3.3.4
Gesamtmodell
In der folgenden Abbildung werden die hypothetisierten Zusammenhänge in Übersichtsform dargestellt. Dabei stellen die Pfeile Wirkungsbeziehungen dar, die Zeichen oberhalb der Pfeile geben Auskunft darüber, ob ein positiver (+) oder ein negativer (-) Zusammenhang hypothetisiert wird. Die Pfeile, welche von den Konstrukten Unsicherheit und Wettbewerbsintensität ausgehen, deuten wie in der Abbildung ersichtlich ihrerseits auf die Wirkungsbeziehung zwischen den Geschäftsmodellausprägungen und dem Erfolg. Dies soll die angenommene moderierende Wirkung der Umfeldbedingungen symbolisieren. Ein (+) steht in diesem Fall für die Annahme, dass bei höherer Ausprägung der Umfeldbedingung der Wirkungszusammenhang zwischen der entsprechenden Geschäftsmodelldimension und dem Erfolg stärker ist als bei niedriger Ausprägung der Umfeldbedingung. Ein (o) dagegen steht für die Erwartung, dass die entsprechende Wirkungsbeziehung sich trotz unterschiedlicher Ausprägung der Umfeldbedingung nicht signifikant voneinander unterscheidet. Ein Beispiel: Für die Beziehung zwischen Effizienz-zentriertem Geschäftsmodell und dem Unternehmenserfolg wird erwartet, dass ein positiver Wirkungszusammenhang besteht (H1 +). Betrachtet
112
man die Wettbewerbsintensität des Umfelds als Moderator dieser Beziehung, so bedeutet das (+) bei H6(a), dass erwartet wird, dass bei hoher Ausprägung der Moderatorvariablen Wettbewerbsintensität der positive Zusammenhang zwischen Effizienz-zentriertem Geschäftsmodell und Unternehmenserfolg signifikant stärker ausfällt als bei niedriger Wettbewerbsintensität.
Geschäftsmodell
Effizienz-zentriertes Geschäftsmodell
Innovationszentriertes Geschäftsmodell
Erfolg
H1 +
H2 + Unternehmenserfolg H3 +
Lock-in-zentriertes Geschäftsmodell H4 + Komplementaritäts -zentriertes Geschäftsmodell
H5(a-d): (a) + (b) o (c) + (d) o
H6(a-d) (a) + (b) + (c) o (d) +
Unsicherheit
Wettbewerbsintensität
Moderierende Variablen (Umfeld)
Abb. 8: Quelle:
Gesamtmodell und hypothetisierte Zusammenhänge Eigene Darstellung
Neben den Umfeldfaktoren, zu deren Einfluss auf die Erfolgswirkung der Gestaltung des Geschäftsmodells Hypothesen hergeleitet wurden, können auch andere Faktoren eine Rolle spielen. Die Dimensionen des Umfelds stehen in der vorliegenden Untersuchung zwar im Vordergrund, was sich auch in der entsprechenden Forschungsfrage niederschlägt, es wurden darüber hinaus jedoch weitere Variablen in die empirische Untersuchung aufgenommen. Diese Kontrollvariablen sollen zusätzliche Erkenntnisse über die Art der Erfolgswirkung des Geschäftsmodells liefern. Sie sind jedoch nicht in der obigen Abbildung enthalten.
113
4 Grundlagen der empirischen Untersuchung Kapitel 4 beschreibt den Aufbau der empirischen Untersuchung, die auf den vorhergehenden Ausführungen basiert. Nach einer Übersicht über die zur Beantwortung der Forschungsfragen anzuwendende Methodik in Kapitel 4.1 dient Kapitel 4.2 anschließend der Erläuterung der Operationalisierung des Modells für die Befragung.
4.1
Methodik und Vorgehensweise
Ziel der empirischen Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit ist die Beantwortung der im Kapitel 1.1 gestellten Forschungsfragen, welche die Erfolgswirkung verschiedener Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells, deren Abhängigkeit von den vorherrschenden Umfeldbedingungen und deren Kombinationsmöglichkeiten adressieren. Die Beantwortung der Forschungsfragen erfordert ein mehrstufiges Vorgehen und die Anwendung verschiedener methodischer Verfahren. Zunächst werden im Rahmen einer Faktorenanalyse einzelne Dimensionen der vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells erarbeitet, als Grundlage für die Operationalisierung der Gestaltungsrichtungen. Diese gehen dann in ein Strukturgleichungsmodell ein, in welchem die Erfolgswirkung der vier Gestaltungsrichtungen überprüft wird (Forschungsfrage 1): Welche
Wirkung
haben
unterschiedliche
Gestaltungsrichtungen
von
Geschäftsmodellen auf den Erfolg? (FF 1) Das Strukturgleichungsmodell dient auch als Basis für die Beantwortung der Forschungsfrage 2, also zur Ermittlung der Unterschiede in der Erfolgswirkung in Abhängigkeit des Umfelds: Welche Unterschiede in der Erfolgswirkung der Geschäftsmodellgestaltung bestehen bei verschiedenen Umfeldbedingungen? (FF 2) Die Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells finden außerdem Anwendung als Grundlage einer Clusteranalyse, mit welcher die verschiedenen Kombinationen der Geschäftsmodelle identifiziert und in ihrer Erfolgswirkung analysiert werden (Forschungsfrage 3):
114
Welche Kombinationen von Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells existieren und wie unterscheiden sie sich in ihrer Erfolgswirkung? (FF 3) Die folgende Abbildung zeigt die aufeinanderfolgenden Schritte und jeweils zur Beantwortung der Forschungsfragen notwendigen Analysemethoden der empirischen Untersuchung:
Faktorenanalyse
Strukturgleichungsmodell (SEM) FF1
SEM mit moderierenden Variablen FF2
Clusteranalyse FF3
Abb. 9: Quelle:
Vorgehen, Forschungsmodell und Analysemethoden Eigene Darstellung
In diesem Kapitel werden nun die verschiedenen Methoden einzeln erläutert, welche für die empirische Untersuchung der in dieser Arbeit gestellten Forschungsfragen von Bedeutung sind. Abschnitt 4.1.1 stellt dabei zunächst die Faktorenanalyse vor, welche die Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells in Dimensionen unterteilt, die für die weitere Operationalisierung des Modells verwendet werden. Abschnitt 4.1.2 geht auf das Verfahren der Strukturgleichungsanalyse ein, während in Abschnitt 4.1.3 die Clusteranalyse erläutert wird. Im Anschluss wird in Abschnitt 4.1.4 die weitere Vorgehensweise im Rahmen der empirischen Untersuchung vorgestellt.
4.1.1
Faktorenanalyse
Für die Untersuchung der Geschäftsmodellgestaltungsrichtungen wurden die von Zott/Amit verwendeten Indikatoren (beobachtbaren Variablen) herangezogen.680 Zott/Amit haben vier
680
Vgl. Zott/Amit (2007), S. 196.
115
Sets von neun bis 15 Indikatoren gebildet, mit denen sie jeweils eine Gestaltungsrichtung des Geschäftsmodells abgebildet haben.681 Für jede dieser vier Gestaltungsrichtungen haben sie dann basierend auf den gleich gewichteten Indikatoren einen aggregierten Wert gebildet, welchen sie in ihren Regressionsanalysen verwendet haben.682 Theoretisch wäre es auch im Rahmen dieser Arbeit möglich, die vier Sets von Indikatoren jeweils im Ganzen zur Operationalisierung von vier Geschäftsmodell-Konstrukten zu verwenden, also jede Gestaltungsrichtung mit einem Konstrukt im Strukturgleichungsmodell abzubilden. Eine nähere Betrachtung der Indikatoren legt jedoch die Vermutung nahe, dass sie mehrere Dimensionen oder Elemente der jeweiligen Geschäftsmodellgestaltungsrichtung beschreiben. Würde man unterstellen, dass sie nur eine Dimension (ein einzelnes Konstrukt) erfassten, so wäre mit niedriger Ladung der Indikatoren auf dieses dann in Wahrheit in sich multidimensionale Konstrukt zu rechnen. Eine Partition der Indikatoren in die Dimensionen ist daher vorzuziehen.683 Um zu verstehen, welche separaten Dimensionen die vier Gestaltungsthemen des Geschäftsmodells jeweils umfassen, wurden die vier vorliegenden Sets von Indikatoren daher einer exploratorischen Faktorenanalyse unterzogen. Bei der Faktorenanalyse handelt es sich um ein multivariates statistisches Verfahren mit dem Zweck, Strukturen in einem Set von beobachteten Variablen zu identifizieren.684 Konkret versucht die Faktorenanalyse zu bestimmen, welche beobachteten Variablen gemeinsame Varianz-Kovarianz-Eigenschaften aufweisen.685 Sie ermöglicht somit, die einem Satz von Indikatoren qualitativ zugrunde liegenden Dimensionen zu identifizieren.686 Dadurch trägt sie dazu bei, untereinander unabhängige Beschreibungs- und Erklärungsvariablen zu finden.687 Die exploratorische Faktorenanalyse dient der Identifikation unbekannter Strukturen in einem Datensatz.688 In diesem Fall hat der Anwender "keine konkreten Vorstellungen über den Zusammenhang zwischen Variablen"689, die Existenz hinter den Daten liegender Faktoren wird aber angenommen. Demgegenüber kann die Faktorenanalyse auch zum Test von a priori
681
682 683 684 685 686 687 688 689
116
Dabei stellt jeweils einer der Indikatoren eine zusammenfassende Frage nach dem generellen Vorliegen der jeweiligen Geschäftsmodellrichtung dar und beschreibt nicht wie die anderen Indikatoren einzelne Aspekte eines solchen Geschäftsmodells. Diese zusammenfassenden Indikatoren sind nicht in die Faktorenanalyse der vorliegenden Untersuchung eingegangen, da sie nicht auf der selben inhaltlichen Ebene zu betrachten sind wie die übrigen Indikatoren. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 187. Vgl. Chin (1998b), S. 326. Vgl. Stewart (1981), S. 51. Vgl. Schumacker/Lomax (2004), S. 168. Vgl. Stewart (1981), S. 52. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 260. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 330; Stewart (1981), S. 56. Backhaus et al. (2006), S. 330.
existierenden Vermutungen über Zusammenhänge in den Daten verwendet werden.690 Dann wird von einer konfirmatorischen Faktorenanalyse gesprochen, die es erlaubt, Hypothesen über die Struktur eines Datensatzes zu testen.691 Die exploratorische Faktorenanalyse dient also eher der Generierung von Hypothesen und der Entdeckung von Zusammenhängen, während die konfirmatorische Faktorenanalyse zur Prüfung von Hypothesen eingesetzt wird.692 Bei einer konfirmatorischen Faktorenanalyse wird zunächst vorab die Anzahl der Faktoren festgelegt und bestimmt, welche Faktoren untereinander korrelieren und welche beobachteten Variablen welchen der Faktoren messen sollen.693 Eine konfirmatorische Faktorenanalyse kann somit nur dann durchgeführt werden, wenn es ausreichende theoretische Anhaltspunkte für die zu erwartende Faktorenstruktur gibt.694 Beide Arten der Faktorenanalyse finden in der betriebswirtschaftlichen Forschung häufige Anwendung. So nutzen bspw. Dess et al. eine exploratorische Faktorenanalyse zur Identifikation von vier Faktoren als Dimensionen von Strategiebildung und internen organisatorischen Prozessen.695 Häufig wird das Verfahren der Faktorenanalyse auch zur Skalenbereinigung eingesetzt, wenn es um die Zuordnung von Indikatoren in der Konstruktentwicklung geht.696 Gerbing/Anderson betrachten die exploratorische Faktorenanalyse vor allem als Technik zur Reduktion einer großen Zahl an Indikatoren auf ein überschaubares Set und erachten sie insbesondere bei Fehlen einer detaillierten Theorie über die Zusammenhänge von Indikatoren und dahinterliegenden Konstrukten als nützlich.697 Sie sehen die exploratorische Faktorenanalyse als einen nützlichen ersten Schritt zur Skalenbildung, fordern jedoch eine nachfolgende konfirmatorische Analyse, um die gebildeten Skalen zu bewerten und verfeinern zu können.698 Churchill merkt an, dass die Anwendung einer exploratorischen Faktorenanalyse in frühen Phasen eines Forschungsprojekts angebracht ist, die konfirmatorische Faktorenanalyse
690 691 692 693 694 695 696 697 698
Vgl.Backhaus et al. (2006), S. 330. Vgl. Stewart (1981), S. 56. Vgl. Bühl (2006), S. 486. Vgl. Schumacker/Lomax (2004), S. 169. Vgl. Stewart et al. (2001), S. 78. Vgl. Dess et al. (1997), S. 683ff. Vgl. bspw. Gatignon et al. (2002), S. 1107. Vgl. Gerbing/Anderson (1988), S. 189. Vgl. Gerbing/Anderson (1988), S. 189.
117
dagegen in späteren Phasen zur Anwendung kommen sollte: "the use of factor analysis in a confirmatory fashion would seem better at later stages."699 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit stellt die exploratorische Faktorenanalyse einen vorbereitenden Schritt für die nachfolgende konfirmatorische Überprüfung dar, die im Strukturgleichungsmodell erfolgt. Die exploratorische Faktorenanalyse dient zunächst der Ermittlung der Dimensionen, welche die vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells ausmachen. Bei der Durchführung der exploratorischen Faktorenanalyse gilt es vorab die Eignung der Ausgangsdaten zu beachten, da diese für die Güte der Ergebnisse entscheidend ist.700 Liegt der Erhebung eine sehr heterogene Datenstruktur zugrunde, wird dies für niedrige Korrelationen zwischen den Variablen sorgen und die Anwendung der Faktorenanalyse grundsätzlich in Frage stellen.701 Die Eignung der Ausgangsdaten lässt sich aber mittels einer Reihe von Prüfkriterien beurteilen, welche die Korrelationen zwischen den Ausgangsdaten untersuchen. Als das beste der verfügbaren Prüfverfahren wird in der Literatur die "measure of sampling adequacy (MSA)" angesehen, deren Berechnung vor Durchführung der Faktorenanalyse empfohlen wird.702 Das MSA-Kriterium ist ein Maß dafür, wie stark die Ausgangsvariablen zusammengehören, und kann somit darüber Auskunft geben, ob eine Faktorenanalyse generell sinnvoll anwendbar ist oder nicht.703 Kaiser/Rice geben Grenzwerte für die Beurteilung vor. Die folgende Tabelle fasst die vorgeschlagenen Beurteilungen zusammen:
699 700 701 702 703
Churchill (1979), S. 69. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 269. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 273. Vgl. Stewart (1981), S. 57; Dziuban/Shirkey (1974), S. 360f. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 276; Stewart (1981), S. 57.
118
Wert:
Beurteilung:
ab 0,90
marvelous – erstaunlich
von 0,80 bis 0,90
meritorious – verdienstvoll
von 0,70 bis 0,80
middling – ziemlich gut
von 0,60 bis 0,70
mediocre – mittelmäßig
von 0,50 bis 0,60
miserable – kläglich
unter 0,50
unacceptable – untragbar
Tabelle 11: Beurteilung des MSA-Kriteriums Quelle: In Anlehnung an Backhaus et al. (2006), S. 276; Kaiser/Rice (1974), S. 112
Eine Korrelationsmatrix, welche einen MSA-Wert von unter 0,5 aufweist, sehen Kaiser/Rice demnach für die Durchführung einer Faktorenanalyse als nicht akzeptabel an.704 Shirkey/Dziuban bestätigen diese Einschätzung in ihrer Untersuchung für verschiedene Samplegrößen mit zwischen 5 und 1000 Variablen.705 Das MSA-Kriterium lässt sich zudem für jede einzelne Variable ermitteln, was einen weiteren Anhaltspunkt für die Beurteilung der Eignung der Ausgangsdaten für die Faktorenanalyse liefert und ggf. zum Ausschluss ungeeigneter Variablen führen sollte.706 Sind die Ausgangsdaten für die Durchführung der Faktorenanalyse für geeignet befunden worden, gilt es, die Extraktion der Faktoren vorzunehmen. Die Faktorenanalyse geht von der Annahme aus, dass sich jeder "Beobachtungswert einer Ausgangsvariablen […] als eine Linearkombination mehrerer (hypothetischer) Faktoren beschreiben" lässt.707 Relevant für die Zuordnung der Variablen zu Faktoren ist die sog. Faktorladung, die den Zusammenhang zwischen Variable und Faktor misst. Es existieren mehrere unterschiedliche Verfahren zur Durchführung der Faktorenextraktion, die jedoch in der Regel zu ähnlichen Interpretationen der Datenstruktur führen.708 Von besonderer Bedeutung sind die Hauptkomponentenanalyse
704 705 706 707 708
Vgl. Kaiser/Rice (1974), S. 112. Vgl. Shirkey/Dziuban (1976), S. 126. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 276f. Backhaus et al. (2006), S. 278. Vgl. Stewart (1981), S. 56.
119
(Principal Components Analysis) und die Hauptachsenanalyse, die sich hinsichtlich der Bestimmung der Kommunalitäten unterscheiden.709 Sie sind jedoch in ihrer Rechentechnik identisch und unterscheiden sich nur bei der Interpretation der Faktoren als "Sammelbegriff" (Komponentenanalyse) bzw. "Ursache" (Achsenanalyse) der Variablen.710 Wie Stewart anmerkt, ist die praktische Bedeutung dieser Unterschiede für die Forschung gering: "the subjective choice of procedure ultimately has little bearing on the results of an analysis."711 Insbesondere gilt dies für exploratorische Faktorenanalysen, wenn die Ausgangsdaten für eine solche geeignet sind: "it does not seem to matter what method of factor analysis is used in an exploratory analysis, especially if there is indeed a structure to be identified and the data are appropriate for a factor analysis."712 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die weiter verbreitete Hauptkomponentenanalyse eingesetzt, da es darum geht, Indikatoren zu Dimensionen der Geschäftsmodellrichtungen zusammenzufassen. Nach Festlegung des Extraktionsverfahrens kann die Faktorenextraktion durchgeführt werden. Es bedarf dann der Bestimmung der Zahl der extrahierten Faktoren. Dazu Backhaus et al.: "Generell ist zu bemerken, dass zur Bestimmung der Faktorenzahl keine eindeutigen Vorschriften existieren, so dass hier der subjektive Eingriff des Anwenders erforderlich ist."713 Ein in empirischen Untersuchungen oft herangezogenes statistisches Kriterium ist das KaiserKriterium, nach dem die Anzahl zu extrahierender Faktoren gleich der Anzahl von identifizierten Faktoren mit Eigenwerten größer eins ist.714 Der Eigenwert misst die durch den Faktor erklärte Varianz der Beobachtungswerte und wird berechnet als Summe der quadrierten Ladungen aller Variablen auf diesen Faktor.715 Auch in dieser Arbeit wurde auf das Kaiser-Kriterium bei der Bestimmung der Faktorenzahl zurückgegriffen.716 Liegt die Anzahl der Faktoren fest, so werden diese mit Hilfe der ermittelten Faktorladungen interpretiert. Zur Erleichterung der Interpretation wird oft eine Rotation der Faktoren durchgeführt, welche die Ladungen der Indikatoren auf die ermittelten Faktoren erhöht, die Ergebnisse jedoch nicht in ihrer Aussage verändert. Als sehr häufig angewandte Methode gilt
709
710 711 712 713 714 715 716
Als Kommunalität bezeichnet man den Teil der Gesamtvarianz einer Variablen, der durch die extrahierten Faktoren erklärt werden soll. Vgl. zur Bestimmung der Kommunalität ausführlich Backhaus et al. (2006), S. 289ff. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 292f. Stewart (1981), S. 56. Stewart et al. (2001), S. 76. Backhaus et al. (2006), S. 295. Vgl. Acito et al. (1980), S. 149. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 295. Die Ergebnisse wurden jedoch mit dem sogenannten Scree-Test überprüft, der die Anzahl "brauchbarer" Faktoren, also solcher mit höherem Erklärungsgehalt, grafisch darstellt. Die Ergebnisse stimmten für diese Arbeit mit denen des Kaiser-Kriteriums überein.
120
die orthogonale Varimax-Rotation.717 Diese geht davon aus, dass die Faktoren untereinander nicht korrelieren. Diese Annahme wird teilweise als den theoretischen Gegebenheiten nicht immer gerecht werdend kritisiert und eine oblique (schiefwinklige) Rotation als vorteilhaft beschrieben.718 Jedoch führt die Aufgabe dieser Annahme der Unabhängigkeit der Faktoren und die Annahme ihrer Multikollinearität zu methodischen Problemen, welche die Interpretation erschweren.719 Daher wurde auch für die vorliegende Arbeit die weit verbreitete orthogonale Varimax-Rotation verwendet. Letztlich ist die Faktorladung der Variablen heranzuziehen, um diese den Faktoren zuzuordnen. Als Konvention gilt in der Literatur eine Grenze von 0,5, ab der von einer hohen Ladung gesprochen wird und die Variable dem entsprechenden Faktor zugeordnet werden kann.720 Es ist jedoch zu beachten, dass Variablen, die auf mehrere Faktoren hoch laden, bei der Interpretation jedes dieser Faktoren herangezogen werden müssten. Diese Variablen werden daher häufig eliminiert, wenn die Faktorenanalyse zur Bestimmung von Konstrukten in der Skalenentwicklung verwendet wird, um überschneidungsfreie Dimensionen herauszubilden.721 Ergebnis der Faktorenanalyse wird die Aufteilung der vier Sets von Indikatoren in zusammenhängende Faktoren sein, welche die verschiedenen Dimensionen der vier Geschäftsmodellthemen darstellen. Diese gilt es dann im nächsten Schritt konfirmatorisch zu prüfen. Diese Überprüfung erfolgt im Rahmen des Strukturgleichungsmodells.
4.1.2
Strukturgleichungsmodell
Zur Überprüfung der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Hypothesen ist der Einsatz eines multivariaten Analyseverfahrens erforderlich. Einen geeigneten Ansatz, der in der betriebswirtschaftlichen Forschung mittlerweile etabliert ist, stellt die Kausalanalyse dar. Homburg/Klarmann bezeichnen die Kausalanalyse als "diejenige multivariate Methode […], die die betriebswirtschaftliche empirische Forschung in den letzten ca. 20 Jahren am stärksten geprägt hat."722 Der Begriff "Kausalanalyse" ist eigentlich problematisch, da die Untersuchung von Kausalität mit einem statistischen Verfahren streng wissenschafts-
717 718 719 720 721 722
Vgl. Tabachnick/Fidell (2007), S. 620f.; Backhaus et al. (2006), S. 300. Vgl. Stewart et al. (2001), S. 78. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 300; Stewart et al. (2001), S. 79. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 299. Vgl. Litfin et al. (2000), S. 285f.; Homburg/Giering (1996), S. 12; Churchill (1979), S. 69. Homburg/Klarmann (2006), S. 727.
121
theoretisch nicht möglich ist.723 Da sich der Begriff aber im Sprachgebrauch etabliert hat, wird er auch im Rahmen dieser Arbeit analog zu Homburg/Hildebrandt verwendet. In der englischsprachigen Forschung wird meist der Begriff "Structural Equation Modeling", abgekürzt "SEM", verwendet.724 Das im Rahmen von Kausalanalysen untersuchte Modell wird daher auch in der deutschsprachigen Literatur als "Strukturgleichungsmodell" bezeichnet. Bei der Betrachtung der Verfahren, die im Rahmen einer Kausalanalyse zur Anwendung kommen können, ist zwischen kovarianzbasierten Ansätzen einerseits und varianzbasierten Methoden andererseits zu unterscheiden. In der Vergangenheit wurde der Begriff der Kausalanalyse aufgrund der weiten Verbreitung der kovarianzbasierten Methoden oft mit diesen synonym verwendet und insbesondere mit der verbreiteten Software LISREL verbunden.725 Varianzbasierte Verfahren haben seit Beginn der 1980er Jahre mit der PartialLeast-Squares (PLS)-Methode größere Aufmerksamkeit gewonnen.726 Im Folgenden sollen die Begriffe "Kausalanalyse" und "Strukturgleichungsmodell" sowohl für kovarianz- als auch für varianzbasierte Ansätze verwendet werden. Einsatz und Funktionsweise von Strukturgleichungsmodellen Strukturgleichungsmodelle finden in der Forschung dann Anwendung, wenn es gilt, die möglichen Ursachen und Konsequenzen eines Phänomens zu untersuchen. Der Vorteil von Strukturgleichungsmodellen im Rahmen von Kausalanalysen liegt darin, dass sie die Überprüfung von Beziehungen zwischen sog. latenten, also nicht direkt messbaren Variablen ermöglichen.727 Dies geschieht über die Verwendung von einem oder mehreren Indikatoren für die latenten Variablen, welche aufgrund ihrer Messbarkeit auch manifeste Variablen genannt werden. Darüber hinaus erlauben Strukturgleichungsmodelle die Überprüfung der Beziehungen zwischen mehreren unabhängigen und abhängigen Variablen sowie die statistische Überprüfung von theoretischen Annahmen anhand empirischer Daten, also ein konfirmatorisches Vorgehen.728 Der Ablauf der Analyse eines Strukturgleichungsmodells lässt sich in mehrere Schritte unterteilen. Grundvoraussetzung ist zunächst einmal die Existenz von Hypothesen über die
723 724 725 726 727 728
122
Vgl. Homburg/Hildebrandt (1998), S. 17. Vgl. bspw. Fornell/Bookstein (1982). Vgl. Homburg/Hildebrandt (1998), S. 17. Vgl. Fornell/Bookstein (1982). Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 338; Chin (1998b), S. 297. Vgl. Chin (1998b), S. 297.
Beziehungen in den empirischen Daten.729 Die Hypothesen müssen dann in mathematische Strukturen umgesetzt werden, wobei moderne Software-Anwendungen eine grafische Abbildung erlauben und die Umwandlung von grafischer Struktur (Pfaddiagramm) in mathematische Spezifikation übernehmen. Bei dieser Modellspezifizierung legt der Forscher sämtliche Beziehungen und Parameter im Modell fest, welche für die Untersuchung von Interesse sind.730 Die Spezifizierung umfasst die Aufstellung eines Strukturmodells, das die hypothetischen Zusammenhänge zwischen den latenten Variablen (Konstrukten) beschreibt, und der Messmodelle, welche die Beziehungen zwischen den beobachteten Variablen (Indikatoren) und dem jeweils zugehörigen Konstrukt abbilden.731 Die Beziehungen des Strukturmodells können in einem Gleichungssystem formal wie folgt dargestellt werden:
K = %K + *[+] wobei gilt: K, [: Vektoren der Konstruktwerte der endogenen (abhängigen) bzw. exogenen (unabhängigen) latenten Variablen % ,*: Matrizen der Pfadkoeffizienten im Strukturmodell
]: Vektor der Fehler- bzw. Residualvariablen.732 Wie zu erkennen ist, ergibt sich eine endogene Variable somit aus der Summe der Wirkungen anderer endogener sowie exogener Variablen und einem Fehlerterm. Die direkten kausalen Effekte endogener Variablen auf andere endogene Variablen bilden die Elemente der Matrix B, während die Elemente der Matrix * für die direkten kausalen Effekten exogener auf endogener Variablen stehen.733 Jedem Konstrukt ist zudem ein Messmodell zugehörig, welches die Beziehung zwischen dem Konstrukt und seinen Indikatoren spezifiziert.734 Dabei ist zwischen reflektiv und formativ spezifizierten Messmodellen zu unterscheiden.735 Bei reflektiv spezifizierten Konstrukten werden die Indikatoren als Repräsentation des dahinterstehenden Konstrukts angesehen,
729 730 731 732 733 734 735
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 358. Vgl. Schumacker/Lomax (2004), S. 62. Vgl. Homburg/Baumgartner (1995), S. 163. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 717; Jöreskog/Sörbom (1982), S. 404. Vgl. Jöreskog/Sörbom (1982), S. 404. Vgl. Homburg/Baumgartner (1995), S. 163. Vgl. Fornell/Bookstein (1982), S. 441.
123
während sie im formativen Fall als das Konstrukt definierende Eigenschaften zu sehen sind.736 Auch das Messmodell kann mittels Gleichungen dargestellt werden, welche angeben, wie die manifesten Indikatoren mit den latenten Variablen (Konstrukten) zusammenhängen.737 Im Fall eines reflektiven Messmodells lauten diese Gleichungen wie folgt: y = yK + x = x[ + wobei gilt: y, x: Vektoren der Indikatoren der latenten endogenen bzw. exogenen Variablen y, x: Faktorladungsmatrizen
K, [: Vektoren der Konstruktwerte der endogenen bzw. exogenen latenten Variablen , : Vektoren der Messfehler der Indikatoren.738 Im formativen Fall ergibt sich das Konstrukt dagegen als Linearkombination der Indikatoren sowie einem Fehlerterm. Das entsprechende Gleichungssystem ist im Folgenden dargestellt:
K = y + [ = x + wobei gilt:
K, [: Vektoren der Konstruktwerte der endogenen bzw. exogenen latenten Variablen y, x: Vektoren der Indikatoren der latenten endogenen bzw. exogenen Variablen , : Gewichtungskoeffizientenmatrizen , : Fehlerterme.739 Spezifikation der Messmodelle Innerhalb eines einzelnen Strukturgleichungsmodells können sowohl reflektiv als auch formativ spezifizierte Messmodelle zur Anwendung kommen können.740 Die Entscheidung darüber, ob ein Messmodell bzw. das entsprechende Konstrukt reflektiv oder formativ zu spezifizieren ist, wird primär anhand inhaltlicher Überlegungen zur Richtung der Kausalität zwischen Indikatoren und Konstrukt getroffen.741 Wie bereits erläutert wird bei reflektiven
736 737 738 739 740 741
124
Vgl. Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 717ff. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 717. Vgl. Jöreskog/Sörbom (1982), S. 405. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 718f. Vgl. Fornell/Bookstein (1982), S. 442. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 274.
Konstrukten eine Kausalität vom Konstrukt zu den Indikatoren unterstellt, d.h., die Indikatoren sind Manifestationen des Konstrukts und Veränderungen des Konstrukts lösen Veränderungen der Indikatoren aus. Daraus ergibt sich, dass reflektive Indikatoren miteinander korrelieren müssen.742 Veränderungen eines Indikators sollten also immer mit Veränderungen aller Indikatoren verbunden sein. Dies gilt nicht für formative Konstrukte, bei denen eine Kausalität von den Indikatoren in Richtung des Konstrukts vorliegt. Demnach lösen Veränderungen in den Indikatoren eine Veränderung im Konstrukt aus – sie sind Ursache und nicht Folge einer latenten Variablen.743 Dabei ist eine Veränderung in einem der Indikatoren jedoch nicht zwangsläufig mit Veränderungen in den anderen Indikatoren verbunden, die Veränderung eines einzelnen Indikators reicht.744 Die formativen Indikatoren können gänzlich unkorreliert sein, was bspw. dann der Fall sein kann, wenn die Indikatoren eines Konstrukts sich gegenseitig ausschließende Verhaltensweisen darstellen.745 Vorliegende Korrelation zwischen Indikatoren ist jedoch kein eindeutiges Zeichen reflektiver Indikatoren, auch formative Indikatoren können durchaus hohe Korrelationen aufweisen.746 Die Unterscheidung von reflektiven und formativen Konstrukten ist bereits seit langem bekannt. Fornell/Bookstein merken 1982 an: "the unobserved constructs can be viewed either as underlying factors or as indices produced by the observable variables. That is, the observed indicators can be treated as reflective or formative."747 Dennoch konstatieren Jarvis et al. zwar einen deutlichen Fortschritt in der generellen Validitätsbeurteilung von Konstrukten seit den 1980er Jahren, bemängeln aber, dass nahezu der gesamte Fortschritt auf der klassischen Testtheorie basiere und die Frage nach der korrekten Spezifizierung von Konstrukten selten gestellt werde.748 Die klassische Testtheorie, basierend unter anderem auf dem grundlegenden Artikel von Churchill zur Skalenentwicklung, geht jedoch von einer reflektiven Spezifizierung aus.749 Diese ist zwar in vielen Fällen auch konzeptionell angemessen, aber nicht für alle Konstrukte sinnvoll.750 Bei verschiedenen Sachverhalten ist die Anwendung formativer Messmodelle vorteilhaft.751 Formative Konstrukte sind insbesondere dann häufig angebracht, wenn es gilt, Handlungsempfehlungen und konkrete Ansatzpunkte für das Management abzuleiten: "Will man z. B. für das Management konkrete
742 743 744 745 746 747 748 749 750 751
Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 12. Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 306. Vgl. Diamantopoulos (1999), S. 447. Vgl. Jarvis et al. (2003), S. 202. Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 12. Fornell/Bookstein (1982), S. 441. Vgl. Jarvis et al. (2003), S. 199f. Vgl. Churchill (1979). Vgl. Jarvis et al. (2003), S. 200. Vgl. Ruiz et al. (2008), S. 1278; Diamantopoulos (1999), S. 454.
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Handlungsempfehlungen abgeben, müssen wegen der zugrunde liegenden Maßnahmen die Indikatoren formativ spezifiziert sein, nämlich das Konstrukt als Input formieren und nicht als Output reflektieren."752 Formativ spezifizierte Konstrukte ermöglichen demnach häufig praktisch relevanteren Erkenntnisfortschritt und beschränken sich nicht nur auf die empirische Erschließung theoretischer Konzepte.753 Für formativ spezifizierte Konstrukte ist die Auswahl der Indikatoren von besonders hoher Bedeutung. Diese sollten das inhaltlich gewünschte Konstrukt in all seinen Facetten abdecken: "failure to consider all facets of the construct will lead to an exclusion of relevant indicators […], the items used as indicators must cover the entire scope of the latent variable as described under the content specification."754 Diese Anforderung lässt formativ spezifizierte Konstrukte oftmals abstrakter und vieldeutiger sein als eine reflektiv spezifizierte Variable.755 Die theoretischen und praktischen Implikationen der Spezifizierung der Konstrukte sind nicht zu unterschätzen.756 Jarvis et al. weisen darauf hin, dass eine falsche Spezifikation des Messmodells zu vermeiden ist: "some potentially serious consequences of measurement model misspecification exist, and researchers need to think carefully about the direction of causality between constructs and their measures."757 Daher ist für alle Konstrukte die korrekte Spezifikation zu prüfen. Eberl diskutiert ausführlich, weshalb sowohl eine irrtümlich formative Spezifikation als auch eine irrtümlich reflektive Spezifikation eines Konstrukts zu gravierenden Problemen bei der Anwendung von Strukturgleichungsmodellen führen.758 Insbesondere seien diese durch fälschliche Anwendung der jeweiligen Skalenbereinigungsschritte bedingt. Eberl kommt daher zu dem Schluss: "vor Anwendung der jeweils nötigen Skalenbereinigungsschritte ist zwingend die Spezifikationshypothese zu bilden."759 Zur Gewinnung ebendieser Spezifikationshypothese schlägt Eberl vor, sich an den in der Literatur bereits existierenden Entscheidungsfragen zu orientieren und ggf. Experten zu Rate zu ziehen.760 Die Entscheidungsfragen von Jarvis et al. werden besonders häufig in der Literatur verwendet.761 Diese sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
752 753 754 755 756 757 758 759 760 761
126
Albers/Hildebrandt (2006), S. 4. Vgl. Diller (2006), S. 614. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 271. Vgl. Bagozzi (1994), S. 333. Vgl. Rossiter (2002), S. 315. Jarvis et al. (2003), S. 200. Vgl. Eberl (2006a), S. 654f. Eberl (2006a), S. 655. Vgl. Eberl (2006a), S. 657f. Vgl. bspw. Claas (2006), S. 176ff.; Fassott (2006), S. 71f.; Giere et al. (2006), S. 682.
Dimension Richtung der Kausalität
Austauschbarkeit der Indikatoren
Kovarianz zwischen den Indikatoren
Nomologisches Netz der Indikatoren
Formatives Messmodell
Reflektives Messmodell
Von den Indikatoren zum Konstrukt
Vom Konstrukt zu den Indikatoren
Indikatoren sind definierende Charakteristika des Konstrukts
Indikatoren sind Manifestationen des Konstrukts
Veränderungen der Indikatoren führen zu Veränderungen des Konstrukts
Veränderungen des Konstrukts führen zu Veränderungen der Indikatoren
Indikatoren sind nicht austauschbar
Indikatoren sollten austauschbar sein
Eliminierung von Indikatoren kann den konzeptionellen Inhalt des Konstrukts verändern
Eliminierung von Indikatoren sollte den konzeptionellen Inhalt des Konstrukts nicht verändern
Indikatoren müssen nicht miteinander kovariieren
Indikatoren sollten erwartungsgemäß miteinander kovariieren
Veränderung eines Indikators bedeutet nicht unbedingt eine Veränderung der anderen Indikatoren
Veränderung eines Indikators ist mit Veränderung der anderen Indikatoren verbunden
Nomologische Netze der Indikatoren können unterschiedlich sein
Nomologische Netze der Indikatoren sollten sich nicht unterscheiden
Indikatoren müssen nicht die gleichen Ursachen bzw. Konsequenzen haben
Indikatoren sollten gleiche Ursachen und Konsequenzen haben
Tabelle 12: Entscheidungsregeln zur Konstruktspezifizierung Quelle: In Anlehnung an Jarvis et al. (2003), S. 203
Auswahl des varianzbasierten PLS-Verfahrens Wie zu Beginn des Abschnitts erwähnt, kann bei Strukturgleichungsmodellen zwischen kovarianzbasierten Verfahren einerseits und varianzbasierten Verfahren andererseits unterschieden werden.762 Die Kovarianzstrukturanalyse geht dabei auf die Arbeiten von Jöreskog und seinen LISREL-Ansatz zurück.763 Der varianzbasierte Partial-Least-Squares (PLS)-Ansatz hat seinen Ursprung in Arbeiten von Wold.764 Der kovarianzbasierte Ansatz dominierte lange Zeit die Anwendungen in der betriebswirtschaftlichen Forschung, was unter anderem auch auf die Verfügbarkeit entsprechender Softwarepakete zurückgeführt wird.765 Neben dem weit verbreiteten LISREL-Softwarepaket sind hier ebenfalls die Programme EQS
762 763 764 765
Vgl. Scholderer/Balderjahn (2006), S. 57. Vgl. Jöreskog (1973); Jöreskog (1970). Vgl. Wold (1985); Wold (1982a); Wold (1982b); Wold (1980); Wold (1974). Vgl. Fassott (2005), S. 21; Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 715; Chin (1998b), S. 297.
127
und Amos zu nennen.766 In den letzten Jahren hat jedoch der PLS-Ansatz in der betriebswirtschaftlichen Forschung an Popularität gewonnen.767 Die beiden Verfahren unterscheiden sich grundlegend im Algorithmus, der zur Schätzung des Strukturgleichungsmodells angewendet wird. Die Kovarianzstrukturanalyse hat zum Ziel, im Modell die empirisch ermittelte Kovarianzmatrix der Indikatoren möglichst exakt zu reproduzieren.768 Der PLS-Ansatz versucht dagegen, einen möglichst großen Anteil der Varianz der abhängigen Variablen zu erklären und minimiert zu diesem Zweck die Residualvarianzen aller abhängigen Variablen des Modells.769 Dabei schätzt der PLS-Ansatz zunächst konkrete Werte für die latenten Variablen, bevor anschließend mit diesen Schätzwerten die Parameter des Strukturmodells ermittelt werden.770 Der Grund für die in den letzten Jahren zunehmende Verbreitung des PLS-Verfahrens in der Forschung ist in einer Reihe von Unterschieden gegenüber den kovarianzbasierten Verfahren zu sehen, welche in bestimmten Situationen Vorteile in der Anwendung bieten. Zunächst stellt die Anwendung des PLS-Verfahrens geringere Anforderungen an die Qualität der Ausgangsdaten und setzt keine Multinormalverteilung der Daten voraus.771 Darüber hinaus ist im Vergleich zu kovarianzbasierten Verfahren eine geringe Stichprobengröße ausreichend.772 Kovarianzbasierte Verfahren wie LISREL sind dagegen schlecht geeignet für den Umgang mit kleineren Stichproben.773 Ein weiterer wesentlicher Vorteil des PLS-Ansatzes liegt darin, dass es in der Lage ist, auch formative Messmodelle ohne größere Schwierigkeiten abzubilden.774 Scholderer/Balderjahn merken zwar an, dass es sich bei der häufig getroffenen Annahme, kovarianzbasierte Ansätze wie LISREL seien zur Abbildung formativer Messmodelle nicht in der Lage, um ein Missverständnis handelt.775 Jedoch ist dies in kovarianzbasierten Verfahren im Zusammenhang mit komplexeren Strukturgleichungsmodellen deutlich schwieriger machbar und mit zusätzlichen Restriktionen verbunden.776 Der PLS-Schätzalgorithmus hingegen berücksichtigt die Einbindung formativer Konstrukte explizit.777
766 767 768 769 770 771 772 773 774 775 776 777
128
Vgl. Schumacker/Lomax (2004), S. 6ff. Vgl. Scholderer/Balderjahn (2006), S. 57; Chin et al. (2003), S. 197. Vgl. Fassott (2005), S. 26; Chin (1998b), S. 299f. Vgl. Chin (1998b), S. 301. Vgl. Lohmöller (1989), S. 30. Vgl. Huber et al. (2007), S. 10; Wold (1985), S. 581; Fornell/Bookstein (1982), S. 440. Vgl. Huber et al. (2007), S. 10; Wold (1985), S. 590; Fornell/Bookstein (1982), S. 449. Vgl. Hulland (1999), S. 195. Vgl. Herrmann et al. (2006), S. 35; Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 715. Vgl. Scholderer/Balderjahn (2006), S. 65; Scholderer/Balderjahn (2005), S. 93. Vgl. Herrmann et al. (2006), S. 35; MacCallum/Browne (1993), S. 540. Vgl. Herrmann et al. (2006), S. 44.
Kovarianz- und varianzbasierte Verfahren unterscheiden sich zudem grundlegend in ihren Anwendungsmöglichkeiten. Kovarianzstrukturanalysen sind als konfirmatorisches Verfahren vor allem als Test von Theorien geeignet, da sie von der Annahme ausgehen, dass das aufgestellte Modell korrekt ist.778 Dadurch erfordert ihre korrekte Anwendung ausführliches theoretisches Vorwissen.779 Dagegen kann der PLS-Ansatz nicht nur zur Theorieprüfung angewendet werden, sondern auch zur generellen Prüfung, ob überhaupt eine Beziehung zwischen zwei Größen besteht.780 Damit ist das PLS-Verfahren besonders gut geeignet, Modelle auf ihre Prognosegenauigkeit zu prüfen.781 Es bietet sich somit an, wenn insbesondere die Erklärung von Veränderungen bzw. die Vorhersage einer Zielvariablen von Interesse ist.782 Aufgrund der undeterminierten Konstruktwerte in kovarianzbasierten Verfahren eignen diese sich deutlich schlechter für Problemstellungen, in denen es um Vorhersagekraft geht.783 Wie Herrmann et al. anmerken, bietet sich das PLS-Verfahren "für Modelle an, in denen Relationen zwischen Konstrukten, aber auch Beziehungen zwischen Indikatoren und Konstrukten nicht von Beginn an klar definiert sind."784 Wenn die den untersuchten Wirkungsbeziehungen zugrunde liegende Theorie noch nicht ausführlich untersucht wurde, ist dies besonders wertvoll.785 Neben den zahlreichen beschriebenen Vorteilen ist im Zusammenhang mit dem PLSVerfahren jedoch auf einen Nachteil hinzuweisen, der zumeist als Sachverhalt der "consistency at large" bezeichnet wird.786 Dieses Problem äußert sich in der Tendenz des PLS-Ansatzes, die Parameterschätzungen zu verzerren. Dies erklärt sich dadurch, dass die Schätzwerte der latenten Variablen durch Aggregation der manifesten Variablen entstehen, welche teilweise Messfehler beinhalten können.787 Die Verzerrungen äußern sich in tendenziell überschätzten Werten für das Messmodell und tendenziell unterschätzten Werten im Strukturmodell.788 Die Schätzwerte nähern sich den tatsächlichen Werten an, je höher sowohl Anzahl der Indikatoren je latenter Variable als auch Stichprobengröße werden.789 Da vollständige Konsistenz mit den tatsächlichen Werten jedoch nur bei unendlicher Indikatorenanzahl und Stichprobengröße erreicht wird, ist in allen tatsächlichen Anwendun-
778 779 780 781 782 783 784 785 786 787 788 789
Vgl. Fassott (2005), S. 26; Fornell (1987), S. 420. Vgl. Fornell (1987), S. 428; Fornell/Bookstein (1982), S. 449ff. Vgl. Chin/Newsted (1999), S. 313; Chin (1998b), S. 295. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 721. Vgl. Herrmann et al. (2006), S. 45. Vgl. Fornell/Bookstein (1982), S. 450. Herrmann et al. (2006), S. 45. Vgl. Huber et al. (2007), S. 13ff.; Lohmöller (1989), S. 28. Vgl. Haenlein/Kaplan (2004), S. 292; Lohmöller (1989), S. 213ff.; Wold (1982a), S. 25. Vgl. Chin (1998b), S. 328. Vgl. Chin/Newsted (1999), S. 328f. Vgl. Chin/Newsted (1999), S. 329; Chin (1998b), S. 329.
129
gen mit zumindest leichten Verzerrungen zu rechnen.790 Wichtig ist jedoch anzumerken, dass diese Verzerrungen "keine Auswirkungen hinsichtlich der Vorhersagequalität der PLSSchätzung" haben.791 Die Verzerrungen von Mess- und Strukturmodell heben sich gegenseitig auf, so dass die vorhergesagten Korrelationen zwischen Indikatoren verschiedener Konstrukte nicht verzerrt sind.792 Herrmann et al. deuten die im Vergleich zur Kovarianzstrukturanalyse konservativen (unterschätzten) Strukturparameter als positive Eigenschaft von PLS, wenn das theoretische Vorwissen hinsichtlich der Beziehungen zwischen den latenten Variablen begrenzt ist.793 Trotz zahlreicher Vorteile kann der PLS-Ansatz also nicht uneingeschränkt als überlegen betrachtet werden. Vielmehr ist je nach Situation zu entscheiden, ob ein varianz- oder ein kovarianzbasiertes Verfahren zur Anwendung kommen sollte. Bei der Auswahl des zu verwendenden Analyseverfahrens spielen verschiedene Aspekte eine Rolle. Chin/Newsted fassen diese wie folgt zusammen: "depending on the researcher's objectives and epistemic view of data to theory, properties of the data at hand, or level of theoretical knowledge and measurement development, the PLS approach can be argued to be more suitable."794 Diese Argumentation konkretisieren Bliemel et al. und nennen sieben Bedingungen, unter denen der PLS-Ansatz vorzuziehen sei: - Vorhersagen sollen getroffen werden - Forschungsgegenstand ist neuartig - Modell ist komplex und weist viele Indikatoren auf - Daten sind nicht multinormal verteilt - Beobachtungswerte sind nicht unabhängig - Stichprobe ist relativ klein - Formative Messmodelle sollen eingesetzt werden.795
790 791 792 793 794 795
130
Vgl. Haenlein/Kaplan (2004), S. 292. Herrmann et al. (2006), S. 41. Vgl. Chin/Newsted (1999), S. 329. Vgl. Herrmann et al. (2006), S. 41. Chin/Newsted (1999), S. 313. Vgl. Bliemel et al. (2005), S. 10.
Bliemel et al. weisen dabei darauf hin, dass der PLS-Ansatz gegenüber der Kovarianzstrukturanalyse vorzuziehen sei, wenn bereits eine der genannten Bedingungen zutrifft.796 Auf die empirische Untersuchung der vorliegenden Arbeit trifft eine Reihe der Bedingungen zu. Zum einen ist das Hauptziel der Untersuchung die Ermittlung der Wirkung des Geschäftsmodells auf den Erfolg, es interessiert also eine möglichst gute Erklärung der Veränderung des Erfolgs als Zielvariable.797 Des Weiteren handelt es sich beim Forschungsgegenstand Geschäftsmodell um einen Bereich, für den bisher wenige empirische Untersuchungen vorliegen, welche die Erfolgswirkung der Gestaltung des Geschäftsmodells untersuchen. Die Komplexität der Untersuchung aller vier Gestaltungsrichtungen und ihrer SubDimensionen in einem Modell erfordert zudem eine entsprechende Modellstruktur und den Einsatz von formativen Messmodellen. Da sowohl die Komplexität des Modells als auch die formativen Messmodelle im PLS-Verfahren deutlich leichter anzuwenden sind, spricht dies zusätzlich für den Einsatz des Verfahrens. Letztlich sind auch die bereits erläuterten geringeren Anforderungen an die Stichprobengröße ein Argument, welches für die Anwendung des PLS-Verfahrens im Rahmen dieser Untersuchung spricht. Zudem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die erhobenen Daten multinormal verteilt sein werden.798 Die Wahl des PLS-Ansatzes im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erscheint also als angemessen. Analyse multidimensionaler Konstrukte Eine Besonderheit im Rahmen der Kausalanalyse stellen multidimensionale Konstrukte dar. Diese ergeben sich dann, wenn zwei oder mehr latente Variablen (Konstrukte) als Subdimensionen eines weiteren Konstrukts aufgefasst werden: "A multidimensional construct is a construct involving more than one dimension. These dimensions are usually moderately correlated and are imperfect representations of the latent construct of interest. They are grouped under the same multidimensional construct because each dimension represents some portion of the overall latent construct."799 Das multidimensionale Konstrukt wird nicht durch eigene Indikatoren im Sinne manifester Variablen gemessen, sondern durch die Subkonstrukte, welche die unterschiedlichen Dimensionen oder Facetten des übergeordneten Konstrukts darstellen. Daher spricht man bei einem multidimensionalen Konstrukt, welches
796 797 798 799
Vgl. Bliemel et al. (2005), S. 10. Vgl. Huber et al. (2007), S. 13f. Vgl. Fornell/Bookstein (1982), S. 440. Law/Wong (1999), S. 144.
131
eine Ebene von Subdimensionen aufweist, auch von einem Konstrukt zweiter Ordnung (engl.: second-order construct) und bei den Subdimensionen von Konstrukten erster Ordnung (firstorder construct).800 Die Dimensionen des multidimensionalen Konstrukts sind nicht mit Ursachen oder sog. "Antecedents" zu verwechseln, die nicht Teil des eigentlichen Konstrukts wären.801 Vielmehr stellt jede der Dimensionen einen bestimmten Teil des übergeordneten Konstrukts dar, welches ohne diese Dimensionen gar nicht existent wäre: "Because a multidimensional construct is conceptualized in terms of its dimensions, it does not exist separately from its dimensions. Therefore, the relationships between a multidimensional construct and its dimensions are not causal forces linking separate conceptual entities, but instead represent associations between a general concept and the dimensions that represent or constitute the construct".802 Für die Definition eines multidimensionalen Konstrukts ist es unerlässlich, dass die Beziehungen zwischen übergeordnetem Konstrukt und dessen Dimensionen spezifiziert werden.803 Ohne die Spezifikation dieser Beziehungen stellen die verschiedenen Dimensionen (Subkonstrukte) nur eine Sammlung verwandter Variablen dar und nicht die Komponenten eines multidimensionalen Konstrukts.804 In Abhängigkeit von der kausalen Beziehung zwischen übergeordnetem Konstrukt und Dimensionen unterscheidet Edwards zwischen "superordinate" und "aggregate" Konstrukten zweiter Ordnung. In ersterem Fall verläuft die Beziehung vom Konstrukt zu seinen Dimensionen (analog zu einer reflektiven Spezifikation), im zweiten Fall von den Dimensionen zum Konstrukt (analog zu einer formativen Spezifikation).805 Law/Wong sprechen im ersten Fall vom "Factor Model", im zweiten Fall vom "Composite Model".806 Allerdings ist eine ausschließliche Betrachtung der Beziehung zwischen Dimensionen und Konstrukt nicht ausreichend zur Spezifikationen des mehrdimensionalen Konstrukts, da auch die Beziehung der Indikatoren zu den Dimensionen (Subkonstrukten) betrachtet werden muss. MacKenzie weist darauf hin, dass "the measurement model relating the first-order
800 801 802 803 804 805 806
132
Vgl. Huber et al. (2007), S. 27ff.; MacKenzie (2003), S. 326. Vgl. Law/Wong (1999), S. 147. Edwards (2001), S. 145f. Vgl. Law et al. (1998), S. 741. Vgl. Law et al. (1998), S. 742. Vgl. Edwards (2001), S. 145. Vgl. Law/Wong (1999), S. 144ff.
subdimensions to the measures need not be the same as the measurement model relating the second-order construct to its first-order subdimensions."807 Albers/Götz nennen demzufolge als entscheidend für die korrekte Spezifikation von multidimensionalen Konstrukten zweiter Ordnung "die Richtung der Kausalität zwischen Indikator, Dimension (d. h. Konstrukt erster Ordnung) und Konstrukt zweiter Ordnung."808 Anhand der Richtung der Beziehungen zwischen Indikatoren und Dimensionen erster Ordnung einerseits, sowie Dimensionen und Konstrukt zweiter Ordnung andererseits, lassen sich vier Typen von mehrdimensionalen Konstrukten unterscheiden, wie die folgende Abbildung zeigt.809
Typ I
Typ II
Typ III
Typ IV
Abb. 10: Mehrdimensionale Konstrukte zweiter Ordnung Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jarvis et al. (2003), S. 205
Jarvis et al. konstatieren, dass in der Literatur vor allem mehrdimensionale Konstrukte der Typen I und III, also mit reflektiver Beziehung zwischen Konstrukt und Dimensionen vorherrschen.810 Albers/Götz weisen allerdings darauf hin, dass bei einer reflektiven Spezifikation der Beziehung zwischen übergeordnetem Konstrukt und Dimensionen, wie sie
807 808 809 810
MacKenzie (2003), S. 326. Albers/Götz (2006), S. 672. Vgl. Jarvis et al. (2003), S. 204f. Vgl. Jarvis et al. (2003), S. 204.
133
bei beiden Typen vorherrscht, die Dimensionen erster Ordnung eigentlich austauschbar seien für die Messung des übergeordneten Konstrukts.811 Sie vertreten daher die Ansicht, "dass man von Konstrukten zweiter Ordnung nur sprechen kann, wenn die Dimensionen verschiedene Facetten darstellen und damit das Konstrukt zweiter Ordnung formen. Offen ist dann lediglich die Frage, ob die Konstrukte erster Ordnung wiederum reflektiv (Typ II) oder formativ (Typ IV) operationalisiert sind."812 In der vorliegenden Arbeit werden die vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells als Konstrukte zweiter Ordnung betrachtet, welche durch ihre Dimensionen geformt werden. Da die Dimensionen als Konstrukte erster Ordnung wiederum reflektiv spezifiziert sind, handelt es sich um mehrdimensionale Konstrukte des Typs II nach der Klassifizierung von Jarvis et al..813 Trotz ihrer von Jarvis et al. angemerkten seltenen Verwendung ist die Idee solcher mehrdimensionalen Konstrukte für die betriebswirtschaftliche Forschung nicht neu: "This composite view of the relationship between multidimensional constructs and their facets is not new and has been used by early founders of management studies since the 1960s."814 Der Vorteil derartiger Konstrukte liegt darin, dass durch sie auch komplexe Phänomene gesamthaft abgebildet werden können.815 Die Nutzung mehrdimensionaler Konstrukte erlaubt die Abbildung von Konzepten auf einem höheren Abstraktionsgrad.816 Ein solcher höherer Abstraktionsgrad in der Modellierung herrscht häufig in der Erfolgsfaktorenforschung vor.817 Auch die Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells können als eher abstrakte Konzepte betrachtet werden. Die Operationalisierung als mehrdimensionales Konstrukt erlaubt daher die einzelnen Dimensionen auf einer weniger abstrakten Ebene zu erfassen, jedoch theoretisch sinnvoll unter einem Oberbegriff zusammenzufassen und dadurch gleichzeitig die Komplexität des Modells zu begrenzen: "In contrast to a set of interrelated unidimensional constructs, the dimensions of a multidimensional construct can be conceptualized under an overall abstraction, and it is theoretically meaningful and parsimonious to use this overall abstraction as a representation
811 812 813 814 815 816 817
134
Vgl. Albers/Götz (2006), S. 672f. Albers/Götz (2006), S. 673. Vgl. Jarvis et al. (2003), S. 204f. Law/Wong (1999), S. 148. Vgl. Edwards (2001), S. 145. Vgl. Jarvis et al. (2003), S. 204. Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 3.
of the dimensions."818 Das jeweilige Konstrukt der Gestaltungsrichtung des Geschäftsmodells existiert somit nur als Aggregat seiner Dimensionen.819 Die Operationalisierung mehrdimensionaler Konstrukte vom in dieser Arbeit verwendeten Typ II (gleiches gilt für IV) erfolgt also als Funktion ihrer Dimensionen, welche linear oder auch nichtlinearer Natur sein kann. Eine Modellierung als lineare Kombination der Dimensionen ist jedoch üblich.820 Die Dimensionen wiederum können gleich oder verschieden stark gewichtet sein.821 In einigen Fällen kann eine exakte algebraische Funktion theoretisch hergeleitet werden, meist jedoch ist dies nicht möglich, wobei Law et al. vorschlagen: "we suggest the use of the common assumption of a linear relationship between the construct and its dimensions and estimation of the weights of different dimensions based on the relations between the construct and other constructs in its nomological network."822 Bei der Verwendung multidimensionaler Konstrukte merkt Edwards an, dass Modelle mit geschätzten Gewichten/Ladungen der Dimensionen in ihrem Erklärungsgehalt am nächsten an vollständig multivariate Modelle heranreichen.823 Auch bei der Schätzung von Konstrukten zweiter Ordnung in PLS sind Besonderheiten zu beachten, da diese Konstrukte nicht ohne weiteres mit ihren Subdimensionen im Strukturgleichungsmodell integriert werden können. Es existieren zwei unterschiedliche Ansätze für die Modellierung formativer Second-Order-Konstrukte in PLS. Der erste Ansatz ist das "Hierarchical Component Model", auch "Repeated Indicators Approach" (Methode der wiederholten Indikatoren) genannt. Dabei werden die Indikatoren der Konstrukte erster Ordnung (Dimensionen) direkt als Indikatoren des Konstrukts zweiter Ordnung verwendet. Dieses Vorgehen hat bereits Lohmöller getestet.824 Dieser Ansatz ist ohne großen Aufwand in PLS umsetzbar und wird daher häufig verwendet.825 Er funktioniert allerdings nur dann ohne Verzerrungen, wenn die Messmodelle der Konstrukte erster Ordnung, welche die Dimensionen des Konstrukts zweiter Ordnung darstellen, jeweils die gleiche Anzahl an Indikatoren umfassen.826 Andernfalls findet nämlich eine implizite
818 819 820 821 822 823 824 825 826
Law et al. (1998), S. 741. Vgl. Law et al. (1998), S. 746. Vgl. Law/Wong (1999), S. 148. Vgl. Law et al. (1998), S. 745. Law et al. (1998), S. 751. Vgl. Edwards (2001), S. 174. Vgl. Lohmöller (1989), S. 128ff. Vgl. bspw. Reinartz et al. (2004), S. 298. Vgl. Chin (1997).
135
Gewichtung der Konstrukte erster Ordnung statt.827 Zudem liefert der Ansatz in einer Simulation von Wilson/Henseler inkonsistente Ergebnisse bei kleinen Samplegrößen (N = 50).828 Da die Dimensionen der Geschäftsmodellgestaltungsrichtungen als Ergebnis der Faktorenanalyse mit jeweils unterschiedlicher Indikatorenanzahl operationalisiert wurden, würde die Verwendung der Methode der wiederholten Indikatoren zu den genannten Verzerrungen führen. Zudem werden im Rahmen der Gruppenvergleiche relativ kleine Teilgruppen verwendet. Eine mögliche Alternative ist der sogenannte Faktorwert-basierte Ansatz. Dieser Ansatz kann problemlos für multidimensionale Konstrukte verwendet, deren Dimensionen über unterschiedlich viele Indikatoren verfügen.829 Bei diesem Ansatz wird in einem zweistufigen Verfahren eine Ebene an Messmodellen eliminiert und so das Konstrukt handhabbar gemacht.830 In einem ersten Schritt werden die Faktorwerte der Konstrukte erster Ordnung ermittelt, welche dann im zweiten Schritt in einem separaten Modell als Indikatoren für das Konstrukt zweiter Ordnung verwendet werden.831 Im vorliegenden Fall multidimensionaler Konstrukte des Typs II nach Jarvis et al. "kann man die Konstrukte erster Ordnung durch ihre jeweiligen Faktorwerte ersetzen und diese dann direkt als formative Indikatoren des Konstrukts auf der zweiten Ebene nutzen."832 Dabei werden die Dimensionen im zweiten Modell also methodisch wie formative Indikatoren gehandhabt, auch wenn sie in ihrer inhaltlichen Bedeutung nicht mit diesen gleichzusetzen sind.833 In der Literatur findet sich eine Reihe von Beispielen für ein solches zweistufiges, auf Faktorwerten basierendes Vorgehen.834 Sánchez-Franco hebt einen weiteren Vorteil der Verwendung von Faktorwerten hervor: "The resulting scores more accurately form or precede the underlying construct than any of the individual items by accounting for the unique factors and error measurements that may also affect each item".835
827 828 829 830 831 832 833 834
835
136
Vgl. Giere et al. (2006), S. 687f. Vgl. Wilson/Henseler (2007), S. 794. Vgl. Giere et al. (2006), S. 688. Vgl. Albers/Götz (2006), S. 674; Giere et al. (2006), S. 688. Vgl. Giere et al. (2006), S. 688. Albers/Götz (2006), S. 674. Vgl. Edwards (2001), S. 147. Vgl. bspw. Brettel et al. (2008), S. 1205; Sánchez-Franco (2006), S. 25f.; Pavlou/Gefen (2005), S. 388f.; Yi/Davis (2003), S. 158f.; Agarwal/Karahanna (2000), S. 683. Sánchez-Franco (2006), S. 25f.
Bei der Gütebeurteilung ist zu beachten, dass diese für die Konstrukte erster Ordnung anhand eines separaten Modells vorgenommen werden muss, da diese Konstrukte im Hauptmodell mit den Konstrukten zweiter Ordnung ja nur noch in Form ihrer Faktorwerte enthalten sind.836 Edwards merkt in diesem Zusammenhang an, dass multidimensionale Konstrukte in einem Strukturgleichungsmodell oftmals bei der Gütebeurteilung schlechter abschneiden als Modelle, welche die Dimensionen der Konstrukte direkt als unabhängige Variablen verwenden.837 Dies begründet er zum einen mit der Zusammenfassung naturgemäß voneinander verschiedener Dimensionen im multidimensionalen Konstrukt, zum anderen mit der größeren Bedingtheit solcher Modelle. Solche Modelle seien hinsichtlich der üblichen Gütemaße unterlegen, erlauben dafür eine Reduktion der Modellkomplexität, da sie mit weniger Konstrukten und Beziehungen zwischen diesen auskommen.838 Moderierende Wirkungen - Gruppenvergleich Ein wesentlicher Bestandteil der vorliegenden empirischen Untersuchung ist die Analyse der moderierenden Wirkung des Umfelds auf die Wirkungszusammenhänge zwischen Geschäftsmodell und Erfolg. Bei einem Moderator handelt es sich allgemein um eine qualitative oder quantitative Variable, welche die Stärke und/oder Richtung der Beziehung zwischen einer unabhängigen und einer abhängigen Variable beeinflusst.839 Ein moderierender Effekt impliziert also, dass sich die kausale Beziehung zwischen zwei Variablen als Funktion der Moderatorvariable ändert.840 Zur methodischen Abbildung eines solchen vermuteten moderierenden Effekts bieten sich im Rahmen von Kausalanalysen mit PLS zwei Alternativen, die Interaktionstermmethode und die Gruppenvergleichsmethode. Die erste Möglichkeit besteht darin, moderierende Effekte mit Hilfe von Interaktionstermen zu berechnen. Diese werden in Form von Interaktionskonstrukten in das zu schätzende Modell einbezogen. Im Fall einer vermuteten Interaktion zwischen zwei reflektiv spezifizierten Konstrukten (exogene Variable und Moderatorvariable) ergeben sich durch paarweise Multiplikation der standardisierten Indikatorwerte der beiden Konstrukte die Indikatoren der Interaktionsvariable.841 Ist zumindest eines der beiden interagierenden Konstrukte formativ spezifiziert, so werden statt der jeweiligen Indikatorwerte die standardisierten Konstruktwerte
836 837 838 839 840 841
Vgl. Yi/Davis (2003), S. 158f. Vgl. Edwards (2001), S. 185. Vgl. Edwards (2001), S. 185. Vgl. Baron/Kenny (1986), S. 1174. Vgl. Baron/Kenny (1986), S. 1174. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 725.
137
der beiden Variablen miteinander multipliziert.842, 843 Das gebildete Interaktionskonstrukt wird dann in das Strukturgleichungsmodell aufgenommen und seine Wirkung auf die abhängige Variable ermittelt. Die Interpretation des moderierenden Effekts erfolgt anhand des berechneten Pfadkoeffizienten vom Interaktionskonstrukt zur abhängigen Variable.844 Außerdem kann die Stärke des Interaktionseffekts mit Hilfe der Veränderung des Bestimmtheitsmaßes R² gemessen werden, wozu die Effektgröße f² berechnet wird.845 An der Effektgröße kann abgelesen werden, ob die Aufnahme des Interaktionskonstrukts den Erklärungsgehalt des Modells maßgeblich verändert hat.846 Das PLS-Verfahren ist für die Berechnung von Interaktionstermen besonders geeignet.847 Aufgrund der Multiplikation der Indikatoren zur Berechnung des Interaktionsterms ergeben sich zwangsläufig auch korrelierte Fehlerterme.848 Anders als bei kovarianzbasierten Verfahren entstehen bei der Berechnung von Interaktionstermen mit PLS keine Probleme dadurch, dass die Fehlerterme der Indikatorvariablen korreliert sind.849 Trotz der leichten Umsetzbarkeit der Interaktionstermberechnung mit PLS bringt diese Methode auch Nachteile mit sich. Carte/Russell halten die Interpretation des Pfadkoeffizienten von Interaktionsterm zu abhängiger Variable für intervallskalierte Variablen für unzulässig und durch Multikollinearität beeinflusst.850 Huber et al. kritisieren vor allem die Möglichkeit verzerrter Parameterschätzungen.851 Auch Chin et al. räumen ein, dass für eine korrekte Abbildung von Interaktionstermen in PLS größere Stichproben und vor allem eine Mindestzahl an Indikatoren pro Konstrukt notwendig seien: "appropriate detection of interaction terms require sample sizes of 100-150 and 4 or more indicators for each predictor and moderator constructs."852 Aufgrund der genannten Einschränkungen der Interaktionsterm-Methode wird in dieser Arbeit auf die zweite Möglichkeit zur Untersuchung moderierender Effekte zurückgegriffen. Dabei handelt es sich um die auch im Rahmen von Kausalanalysen sehr häufig eingesetzte Gruppenvergleichsmethode oder Mehrgruppenkausalanalyse.853 Bei dieser wird zunächst die
842 843
844 845 846 847 848 849 850 851 852 853
138
Vgl. Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 725; Chin et al. (2003), Appendix D. Hierfür ist ein zweistufiges Vorgehen erforderlich, da zunächst im Hauptmodell die standardisierten Konstruktwerte für exogene Variable und Moderatorvariable berechnet werden müssen, die es zu multiplizieren gilt. Vgl. dazu Eggert et al. (2005), S. 108f. Vgl. Chin et al. (2003), S. 211. Vgl. Eggert et al. (2005), S. 109f.; Chin et al. (2003), S. 195f. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 727. Vgl. Eggert et al. (2005), S. 108; Chin et al. (2003), S. 197. Vgl. Eggert et al. (2005), S. 107; Kenny/Judd (1984), S. 203ff. Vgl. Chin et al. (2003), S. 197f. Vgl. Carte/Russell (2003), S. 482ff. Vgl. Huber et al. (2006), S. 701. Chin et al. (2003), S. 203. Vgl. Homburg/Klarmann (2006), S. 730; Carte/Russell (2003), S. 485.
Stichprobe anhand der Ausprägung der vermeintlich moderierenden Variable in Gruppen unterteilt. Bei internationalen Vergleichen kann dies die situative Variable der jeweiligen Nation sein.854 Bei skalierten Variablen und einer Aufteilung in zwei Gruppen anhand der Ausprägung dieser Variable wird dagegen oft auf den Median zurückgegriffen.855 Für die identifizierten Gruppen wird im nächsten Schritt jeweils isoliert das Strukturgleichungsmodell geschätzt und damit Pfadkoeffizienten generiert.856 Ergeben sich signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen in den Pfadkoeffizienten des Modells, so kann ein moderierender Effekt unterstellt werden.857 Die Signifikanz der Unterschiede in den Pfadkoeffizienten der Strukturgleichungsmodelle zweier zu vergleichender Gruppen kann mit Hilfe der folgenden Formel ermittelt werden:858, 859
t
Pfadkoeffi zient Gruppe1 Pfadkoeffi zient Gruppe 2 ª m 1 2 º ª 1 1º ( n 1) 2 2 2 « * SE Gruppe * SE Gruppe » 1 2 »*« ( 2 ) ( 2 ) m n m n «¬ »¼ ¬ m n ¼
Dabei stehen m und n für die jeweilige Stichprobengröße der beiden Gruppen, SE steht für den Standardfehler der Pfadkoeffizienten. Carte/Russell weisen auf eine Schwierigkeit im Zusammenhang mit Gruppenvergleichen hin: "Problems occur when PLS derives new factor loadings and weights in separate analyses conducted in each subsample. The construct-level scores are subsequently estimated using different item weights in each subsample."860 Da für jede Gruppe das Strukturgleichungsmodell separat geschätzt wird, ergeben sich die Konstruktwerte in den jeweiligen Gruppen auf Basis unterschiedlicher Gewichte.861 Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass etwaige signifikante Unterschiede in den Pfadkoeffizienten nicht auf inhaltlichen Gründen eines moderierenden Effekts basieren, sondern vielmehr auf Unterschiede in den zugrunde-
854 855 856 857 858 859
860 861
Vgl. bspw. Engelen (2007), S. 196; Tsang (2002), S. 845ff.; Keil et al. (2000), S. 312ff. Vgl. bspw. Avolio et al. (1999), S. 222. Vgl. Carte/Russell (2003), S. 493. Vgl. Homburg/Klarmann (2006), S. 730. Vgl. Huber et al. (2007), S. 50f.; Eberl (2006b), S. 133; Chin (2000). Die von Chin (2000) genannte Formel unterscheidet sich durch die Quadrierung der Terme (m-1) bzw. (n-1) von der bei Keil et al. (2000) genannten Formel, welche in der Literatur mehrfach zitiert und verwendet wird (vgl. Sánchez-Franco (2006), S. 30; Tsang (2002), S. 845; Keil et al. (2000), S. 315). In der vorliegenden Arbeit wurde die konservativere Formel mit der Quadrierung verwendet. Wird die Formel von Keil et al. (2000) angewandt, ergeben sich deutlich höhere t-Werte. Alle in dieser Arbeit ermittelten signifikanten Unterschiede in den Pfadkoeffizienten der Gruppen hätten sich demnach auch bei Anwendung der Formel in der Form von Keil et al. (2000) ergeben. Carte/Russell (2003), S. 493. Vgl. Chin (1998b), S. 327.
139
liegenden Konstruktwerten zurückzuführen sind.862 Um Letzteres auszuschließen sollten also die Konstruktstrukturen möglichst ähnlich sein, nur dann können die Pfadkoeffizienten der Gruppen inhaltlich verglichen werden: "Subgroups cannot be compared without evidence that they do not vary significantly in construct score weighting."863 Carte/Russell empfehlen, die Ähnlichkeit der Faktorladungsstrukturen von Konstrukten in verschiedenen Gruppen mit Hilfe des Kongruenzkoeffizienten zu beurteilen.864 Dieser stellt eine Messung des Grads der Ähnlichkeit zwischen zwei Messungen eines Faktors in verschiedenen Samples dar.865 Er berechnet sich, wie die folgende Formel zeigt, als Summe der Kreuzprodukte der jeweiligen Faktorladungen, dividiert durch die Quadratwurzel des Produkts der Summen der quadrierten Ladungen beider Faktoren.866
K
¦ Faktorladu ng
Gruppe1,i
Faktorladu ng Gruppe 2,i
i
§ · § · 2 2 ¨ ¦ Faktorladu ng Gruppe 1,i ¸ ¨ ¦ Faktorladu ng Gruppe 2 ,i ¸ ¹ © i ¹ © i
Ein Kongruenzkoeffizient mit einem Wert von eins bedeutet, dass eine vollkommene Übereinstimmung der Faktorladungsstrukturen der Gruppen vorliegt, ein Wert von null bedeutet keinerlei Übereinstimmung.867 Ein allgemein akzeptierter Grenzwert für ausreichende Ähnlichkeit in den Ladungen existiert nicht, Werte im Bereich ab 0,9 werden jedoch in der Regel als ausreichend hoch angesehen.868
4.1.3
Clusteranalyse
Zur Beantwortung der Forschungsfrage nach der Häufigkeit des Auftretens verschiedener Kombinationen von Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells und deren Erfolgswirkung bedarf es eines Verfahrens, welches die Unternehmen anhand ihrer jeweiligen Ausprägung in den vier untersuchten Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells überprüfen kann.
862 863 864 865 866 867 868
Vgl. Carte/Russell (2003), S. 493. Carte/Russell (2003), S. 496. Vgl. Carte/Russell (2003), S. 494. Vgl. Teel/Verran (1991), S. 69f.; Harman (1976), S. 343ff. Vgl. Pinneau/Newhouse (1964), S. 275. Vgl. Harman (1976), S. 344. Vgl. Teel/Verran (1991), S. 70.
140
Ein dazu geeignetes Verfahren stellt die Clusteranalyse dar, ein im Forschungsbereich des Strategischen Managements etabliertes und häufig verwendetes Verfahren.869, 870 Die Clusteranalyse wird auch häufig im Kontext der Konfigurationstheorie verwendet, wenn es darum geht, häufige organisationale Konfigurationen anhand verschiedener Variablen zu identifizieren.871 Wenn sie richtig angewandt wird, kann die Clusteranalyse für die Forschung im Bereich Strategisches Management von großem Wert sein: "cluster analysis can be valuable to future strategy research because of the technique's unparalleled ability to classify a large number of observations along multiple variables."872 Zielsetzung einer Clusteranalyse ist die Zusammenfassung von Untersuchungsobjekten zu Gruppen, auf der Basis von zu den Eigenschaften der Untersuchungsobjekte erhobenen Daten. Dabei soll zwischen den Untersuchungsobjekten einer Gruppe eine möglichst ähnliche Eigenschaftsstruktur herrschen, während zwischen den Gruppen eine möglichst geringe Ähnlichkeit vorliegen soll. Die Clusteranalyse zieht dabei in der Gruppenbildung simultan alle ausgewählten Merkmale der Untersuchungsobjekte heran.873 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit stellen die befragten Unternehmen die Untersuchungsobjekte dar, welche in Gruppen eingeteilt werden sollen. Basis für die Einteilung sollen die Ausprägungen der Unternehmen hinsichtlich der vier Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells sein, welche demnach die Eigenschaften darstellen, anhand derer die Ähnlichkeit zwischen den Unternehmen beurteilt werden kann. Es gibt keine Regeln, welche Mindestzahl an Untersuchungseinheiten für eine Clusteranalyse erforderlich ist.874, 875 Ketchen/Shook warnen jedoch vor einer Instabilität der Ergebnisse bestimmter Clustering-Verfahren bei zu kleinen Sample-Größen, welche gerade im Bereich des Strategischen Managements oftmals vorliegen, und nennen in diesem Zusammenhang Anwendungsbeispiele mit Samples von 16 und 18 Unternehmen.876 Problematisch wird eine geringe Sample-Größe insbesondere bei hoher Anzahl an Variablen, welche als Eigenschaften
869 870
871 872 873 874 875
876
Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 441ff.; Miller (1988), S. 242. Ketchen/Shook (1996) listen 44 Arbeiten auf, die im Bereich Strategisches Management zwischen 1978 und 1993 in fünf renommierten wissenschaftlichen Publikationen (u. a. Strategic Management Journal und Academy of Management Journal) erschienen sind. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 458. Vgl. bspw. Homburg et al. (2008), S. 140; Payne (2006), S. 762; Ketchen et al. (1993), S. 1295ff. Ketchen/Shook (1996), S. 453. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 490. Vgl. Dolnicar (2002), S. 2. Die von Backhaus et al. (2006) genannten Anwendungsbeispiele aus dem Bereich Wirtschaftswissenschaften reichen von 10 bis 4500 Untersuchungseinheiten. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 491. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 445.
141
der Untersuchungseinheiten in die Analyse eingehen sollen.877 Basierend auf Erkenntnissen aus der Latent-Class-Analyse schlägt Dolnicar eine Mindestzahl an Untersuchungseinheiten von 2k, besser jedoch 5*2k, vor, wobei k für die Anzahl der Variablen steht.878 Für die vorliegende Untersuchung ergibt sich bei Anwendung der höheren der vorgeschlagenen Grenzen und vier Variablen eine Mindestzahl von 80 Untersuchungseinheiten. Diese Grenze wird um mehr als das Zweieinhalbfache überschritten, so dass die Anwendung der Clusteranalyse ohne Bedenken erfolgen kann. Das Vorgehen bei der Clusteranalyse erfolgt mehrstufig. Die Auswahl der Eigenschaften bzw. Variablen, anhand derer die Gruppierung der Untersuchungsobjekte erfolgen soll, ist dabei der fundamentale erste Schritt.879 Im folgenden Schritt werden die Ähnlichkeiten zwischen den Untersuchungsobjekten bestimmt, wozu die ausgewählten Eigenschaften herangezogen werden. Dann folgt auf Basis der Ähnlichkeiten die Fusionierung zu Clustern über einen Fusionierungsalgorithmus und zuletzt die Bestimmung der Clusteranzahl. In allen Schritten stehen bei der Wahl der konkreten Methode eine Reihe von Alternativen zur Verfügung, so dass jeweils ein Verfahren ausgewählt werden muss. Die Auswahl der Variablen kann entweder deduktiv, d. h. theoriegeleitet, erfolgen, oder ohne theoretische Basis. In letzterem Fall wird häufig eine möglichst große Zahl an Variablen einbezogen, in der Hoffnung, aussagekräftige Unterschiede zu entdecken.880 Ein derartiges Vorgehen ist jedoch mit Gefahren verbunden, da der Einbezug von für die Cluster irrelevanten Variablen zu Verzerrungen in der Lösung führt.881 In der vorliegenden Arbeit wird deduktiv vorgegangen, da die theoretisch hergeleiteten vier Ausprägungen hinsichtlich des Geschäftsmodells als Variablen für die Clusteranalyse herangezogen werden. Bei der Bestimmung der Ähnlichkeit zwischen Untersuchungsobjekten stehen verschiedene Maße zur Verfügung, welche sich in Distanzmaße und Ähnlichkeitsmaße unterteilen lassen. Erstere sind "immer dann geeignet, wenn der absolute Abstand zwischen Objekten von Interesse ist und die Unähnlichkeit dann als umso größer anzusehen ist, wenn zwei Objekte weit entfernt voneinander liegen".882 Bei Ähnlichkeitsmaßen steht dagegen der Profilverlauf
877 878 879 880
881 882
Vgl. Dolnicar (2002), S. 2; Lewis/Thomas (1990), S. 390. Vgl. Dolnicar (2002), S. 2. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 443. Vgl. Ketchen/Shook (1996) sprechen in diesem Fall vom induktiven Ansatz, wenn die Auswahl der Variablen vom Forscher durchgeführt wird bzw. vom kognitiven Ansatz, wenn die Auswahl der Variablen auf Expertenmeinungen beruht. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 443. Vgl. Punj/Stewart (1983), S. 146. Backhaus et al. (2006), S. 507.
142
der Variablen von Untersuchungsobjekten im Vordergrund, unabhängig vom Niveau der jeweiligen Ausprägungen.883 Untersuchungsobjekte gelten also dann als ähnlich, wenn sie in ihren Ausprägungen ein ähnliches Profil zeigen, unabhängig von der absoluten Stärke der Ausprägung (ein Unternehmen, welches in allen Variablen gleich schwach ausgeprägt ist wäre demnach einem Unternehmen sehr ähnlich, welches in allen Variablen gleich stark ausgeprägt ist, trotz eines großen absoluten Unterschieds zwischen den Unternehmen in allen Variablen). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird angenommen, dass eine starke Ausprägung bei einer Gestaltungsrichtung generell vorteilhaft für den Unternehmenserfolg ist. Daher sollte auch für die Clusteranalyse ein Distanzmaß gewählt werden, da dieses die Ähnlichkeit zwischen zwei Unternehmen dann anhand der Unterschiede in der Stärke der Ausprägung der vier Gestaltungsrichtungen ermittelt. Punj/Stewart kommen allerdings auf der Basis zahlreicher empirischer Vergleiche verschiedener Clusteranalyse-Methoden zu dem Schluss, dass die Auswahl des Distanz- bzw. Ähnlichkeitsmaßes im Vergleich zur Auswahl des Clustering-Algorithmus nur von sehr untergeordneter Bedeutung für das Ergebnis ist.884 Für die vorliegende Arbeit wurde das etablierte Distanzmaß der quadrierten Euklidischen Distanz gewählt.885 Die ermittelten Distanzmaße bilden nun den Ausgangspunkt für die Zusammenfassung der Untersuchungsobjekte zu Clustern. Dazu muss ein Clusteralgorithmus ausgewählt werden. Die Auswahl eines geeigneten Algorithmus ist für den Erfolg der Clusteranalyse von zentraler Bedeutung.886 Es existiert eine Vielzahl möglicher Verfahren, die sich in ihrer ClusteringMethode mehr oder weniger stark unterscheiden.887 Wesentlich ist die Unterscheidung zwischen hierarchischen Algorithmen und nicht-hierarchischen Algorithmen.888 Häufigste Anwendung finden die hierarchischen, agglomerativen Verfahren.889 Auch innerhalb dieser Gruppe von Verfahren existieren verschiedene Algorithmen. Die fünf meist verwendeten Verfahren dieser Art sind Single Linkage, Complete Linkage, Average Linkage, Centroidund Ward-Methode.890 Die Unterschiede zwischen den Verfahren bestehen in den genauen mathematischen Prozeduren zur Berechnung der Cluster, und daher verfügen sie über spezifische Stärken und Schwächen.891 Backhaus et al. empfehlen aufgrund der unter-
883 884 885 886 887
888 889 890 891
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 507. Vgl. Punj/Stewart (1983), S. 143. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 504f.; Lewis/Thomas (1990), S. 390; Miller (1988), S. 243. Vgl. Punj/Stewart (1983), S. 145. Für Übersichten von verschiedenen Cluster-Algorithmen und deren Methodik vgl. Backhaus et al. (2006), S. 511ff.; Punj/Stewart (1983), S. 139. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 444f. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 511; Ketchen/Shook (1996), S. 449. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 445. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 445.
143
schiedlichen Fusionierungseigenschaften der verschiedenen Algorithmen, dass "bei praktischen Anwendungen eine Objektmenge zunächst mit Hilfe des Single-Linkage-Verfahrens auf Ausreißer untersucht werden sollte. Anschließend sind die gefundenen "AusreißerObjekte" zu eliminieren, und die reduzierte Objektmenge ist dann mit Hilfe eines anderen agglomerativen Verfahrens zu gruppieren, wobei die Auswahl des Verfahrens vor dem Hintergrund der jeweiligen Anwendungssituation zu erfolgen hat."892 Beim Single-LinkageVerfahren werden Objekte dann zu einer Gruppe hinzugefügt, wenn sie mindestens einem der bereits in der Gruppe befindlichen Objekte ähnlich sind.893 Im Ward-Verfahren besteht dagegen das Ziel darin, Objekte zu Gruppen mit möglichst geringer Varianz zusammenzufassen.894 Das Ward-Verfahren stellt die im Strategischen Management am häufigsten gewählte hierarchische Cluster-Methode dar.895 Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Empfehlung von Backhaus et al. gefolgt und zunächst das Single-Linkage-Verfahren angewandt, um potenzielle Ausreißer zu identifizieren. Im Anschluss wurden die Objekte mit dem WardVerfahren erneut gruppiert, welches im Vergleich zu den anderen hierarchischen Algorithmen als das Verfahren gilt, das in den meisten Fällen die besten Lösungen findet.896 Punj/Stewart konstatieren allerdings die Überlegenheit nicht-hierarchischer, partitionierender Verfahren: "Empirical studies of the performance of clustering algorithms suggest that one of the iterative partitioning methods is preferable to the hierarchical methods."897 Dies ist darin begründet, dass die partitionierenden Verfahren auf mehreren Durchläufen basieren, in denen sie vorgenommene Zuordnungen von Objekten zu Clustern ändern können und generell die Homogenität innerhalb der Gruppen sowie die Heterogenität zwischen den Gruppen erhöhen.898 Einer der Gründe für die in der Praxis dennoch eher seltene Anwendung dieser Verfahren ist, dass sie eine a priori Festlegung der Anzahl zu ermittelnder Cluster erfordern.899 Daher wird vorgeschlagen, zunächst mittels eines hierarchischen Verfahrens die Anzahl der Cluster zu ermitteln und die Ergebnisse als Ausgangspunkt für ein nichthierarchisches Verfahren zu verwenden: "A solution advocated by many experts is to use a two-stage procedure where a hierarchical algorithm is used to define the number of clusters and cluster centroids; these results then serve as the starting points for subsequent
892 893 894 895 896 897 898 899
Backhaus et al. (2006), S. 530. Vgl. Punj/Stewart (1983), S. 139. Vgl. Kronthaler (2005), S. 742; Punj/Stewart (1983), S. 139. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 445. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 528. Punj/Stewart (1983), S. 144. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 446. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 446; Punj/Stewart (1983), S. 144.
144
nonhierarchical clustering".900 Durch dieses Vorgehen sind die besten Ergebnisse zu erzielen.901 Daher wurde im Anschluss an die Ermittlung der Clusteranzahl auf Basis der Ergebnisse der Ward-Methode eine nicht-hierarchische partitionierende Clusteranalyse durchgeführt.902 Hierbei wurde auf das k-means-Verfahren zurückgegriffen, welches die Untersuchungsobjekte jeweils der Gruppe mit dem nächsten Zentroiden zuordnet und in der Praxis häufig erfolgreich Anwendung gefunden hat.903 Die Kombination von Ward-Methode und k-means-Verfahren gilt als besonders erfolgversprechend: "Using Ward's method to compute a starting solution for k-means has been shown to be a powerful combination".904 Hierarchische Verfahren sind angebracht, die signifikante Anzahl unterschiedlicher Cluster zu ermitteln.905 Dabei starten die agglomerativen hierarchischen Verfahren jeweils mit der Partition "1 Objekt = 1 Cluster" und enden mit der Zusammenfassung aller Objekte zu einem einzigen Cluster. Es ist Aufgabe des Anwenders, aus den Zwischenschritten die Clusterlösung zu identifizieren, welche die "beste" Anzahl an Clustern liefert. Auch hierfür stehen verschiedene Methoden zur Auswahl. Eine einfache, sehr häufig verwendete Methode ist die Analyse von sog. Dendogrammen, welche die Abfolge der Clusterbildung grafisch wiedergeben.906 Ebenfalls sehr häufig wird die Entwicklung des Heterogenitätsmaßes als statistisches Kriterium zur Bestimmung der Clusteranzahl verwendet.907 Im Fall des WardVerfahrens dient die Fehlerquadratsumme als Heterogenitätsmaß.908 Ein großer Anstieg in der inkrementellen Veränderungen des Heterogenitätsmaßes von einem Schritt zum nächsten deutet darauf hin, dass zwei sehr verschiedene Gruppen zusammengefasst wurden, und die optimale Clusterzahl die Zahl vor diesem Schritt sein sollte.909 Zur Unterstützung können Clusterzahl (x-Achse) und Heterogenitätsmaß (y-Achse) grafisch abgebildet werden. Zeigt sich im Diagramm ein deutlicher "Ellbogen", dann liegt dort die angemessene Clusterzahl.910 Es wird empfohlen, auch bei der Ermittlung der Clusterzahl mehrere Techniken zu kombinieren, da alle Methoden in bestimmten Fällen Beschränkungen unterliegen (z. B.,
900 901 902
903 904 905 906 907 908 909 910
Ketchen/Shook (1996), S. 452. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 452. Für ein ebensolches Vorgehen vgl. bspw. Cardon et al. (2008), S. 300; Zhang et al. (2008), S. 120; Perrey (1998), S. 185f.; Furse et al. (1984), S. 425. Vgl. Ketchen et al. (1993), S. 1295. Homburg et al. (2008), S. 142. Vgl. Molliere (1986), S. 313. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 446; Ketchen et al. (1993), S. 1295. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 534. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 534. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 446. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 534ff.; Ketchen/Shook (1996), S. 446.
145
wenn keine deutlichen Anstiege im Heterogenitätsmaß vorliegen).911 Dieser Empfehlung wurde in der vorliegenden Arbeit gefolgt. Da eine Clusteranalyse rein rechnerisch immer zu einem Ergebnis führt, auch wenn keine natürlichen Gruppierungen in den Daten vorliegen, gilt es nach Ermittlung der Clusterzahl die Validität der Cluster zu überprüfen und sicherzustellen, dass aussagekräftige und verwendbare Gruppierungen gebildet wurden.912 Die Reliabilität der Clusterlösung, welche bspw. über Konsistenz der Ergebnisse bei mehrfacher Durchführung der Clusteranalyse mit verschiedenen Algorithmen nachgewiesen werden kann, ist dabei nur eine notwendige Bedingung für Validität.913 Zur Prüfung der Kriterien-bezogenen Validität der Clusterlösung empfehlen Ketchen/Shook den Rückgriff auf Signifikanztests (bspw. mittels Varianzanalyse) mit externen Variablen, welche einen theoretischen Bezug zu den Clustern aufweisen, jedoch nicht für die Gruppierung verwendet wurden.914 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird hierfür der Unternehmenserfolg herangezogen und eine Varianzanalyse (ANOVA) durchgeführt.915 Diese dient der Beantwortung der Frage, ob signifikante Gruppeneffekte hinsichtlich des Erfolgs auftreten, die Varianz des Erfolgs zwischen Clustern also signifikant größer ist als die Varianz innerhalb eines Clusters.916 Der Test, ob signifikante Erfolgsunterschiede zwischen den Clustern bestehen, wird ohnehin zur Beantwortung der Forschungsfrage benötigt. Damit wird auch gleichzeitig geprüft, ob die identifizierten Cluster "brauchbar" sind, wie von Punj/Stewart gefordert: "The ultimate test of a set of clusters is its usefulness. Thus, the user of cluster analysis should provide a demonstration that clusters are related to variables other than those used to generate the solution."917
4.1.4
Beschreibung der Vorgehensweise
Um die im Forschungsmodell unterstellten Zusammenhänge zu überprüfen, muss ein geeignetes Messinstrument entwickelt werden. Hierbei folgt man i. d. R. einer zweistufigen Vorgehensweise. Zunächst ist es erforderlich, die zu betrachtenden Variablen inhaltlich und strukturell festzulegen (Konzeptualisierung). Dies ist in Kapitel 3.4 erfolgt. Anschließend gilt
911 912 913 914 915 916 917
Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 447. Vgl. Punj/Stewart (1983), S. 145. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 447. Vgl. Ketchen/Shook (1996), S. 447. Vgl. Knoke et al. (2002), S. 111ff. Vgl. Knoke et al. (2002), S. 118f. Punj/Stewart (1983), S. 146.
146
es nun, darauf aufbauend Indikatoren zu bilden, welche quantitativ erfasst werden können und welche die zu betrachtenden Variablen abbilden sollen (Operationalisierung). Diese finden nach ausführlicher Überprüfung auch im Rahmen von Expertengesprächen und Vortests Eingang in den Fragebogen, der letztlich zur Erhebung der Daten für die empirische Untersuchung verwendet wird. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht noch einmal die einzelnen Schritte der empirischen Untersuchung: Erstellung des Messinstruments Literaturrecherche
Erarbeitung der relevanten Grundlagen zu den Bereichen Geschäftsmodell, KMU und Wachstumsunternehmen, Umfeld
Kap. 2 - 3
Konzeptualisierung
Literaturbasierte Entwicklung der für die empirische Untersuchung relevanten Konstrukte und Zusammenhänge
Kap. 3.4
Vorläufige Operationalisierung, Entwurf des Fragebogens
Operationalisierung der Konstrukte auf Basis bestehender Messmodelle, ggf. Anpassung auf Grund konzeptioneller Überlegungen
Expertengespräche, Pre-Test
Expertengespräche zur Sicherstellung der Abdeckung relevanter Aspekte und des Verständnisses, Test des Online-Fragebogens
Finalisierung des Fragebogens
Datenerhebung
Datenauswertung
Kap. 4.2
Anpassung des Fragebogens auf Basis der Ergebnisse der Expertengespräche und des durchgeführten Pre-Tests
Durchführung der großzahligen empirischen Untersuchung mittels Online-Fragebogen
Kap. 5.1
Gütebeurteilung (Messmodelle und Strukturmodell) und Auswertung der erhobenen Daten
Kap. 5.2
Abb. 11: Schritte der empirischen Untersuchung Quelle: Eigene Darstellung
147
4.2
Empirische Operationalisierung
In Kapitel 3 wurden die dieser Arbeit zu Grunde liegenden theoretischen Konzepte beschrieben und Hypothesen aufgestellt, welche Wirkungszusammenhänge zwischen diesen existieren sollten. Der vorliegende Abschnitt geht nun auf die Operationalisierung, d.h. die Entwicklung der Messmodelle, ein.918 Dabei werden die Beziehungen zwischen den theoretischen Konzepten (Konstrukten) und ihren Messgrößen (Indikatoren) definiert. Generell wird empfohlen, jedes Konstrukt durch mehrere Indikatoren zu operationalisieren.919 Mehrere Indikatoren helfen i. d. R. dabei, die Reliabilität zu erhöhen und Messfehler zu reduzieren bzw. die durch Messfehler entstehenden Verzerrungen zu berücksichtigen.920 Zudem erlaubt die Anwendung mehrerer Indikatoren eine genauere Differenzierung der Antwortenden als die Einteilung anhand eines Indikators.921 Auch soll durch die Kombination mehrerer Indikatoren sichergestellt werden, dass alle Facetten des abzubildenden Konstrukts abgedeckt sind.922 Darüber hinaus werden für Strukturgleichungsmodelle in der Regel ebenfalls Messmodelle mit mehreren Indikatoren verwendet.923 Aus diesen Gründen hat sich die Nutzung von mehreren Indikatoren je Konstrukt weitgehend etabliert.924 Zahlreiche Autoren empfehlen darüber hinaus, im Rahmen der Operationalisierung soweit möglich auf bereits eingeführte Skalen oder Messmodelle zurückzugreifen.925 Dadurch kann die Vergleichbarkeit von Forschungsergebnissen verschiedener Studien erhöht werden.926 Auch trägt dies langfristig zur Standardisierung und Validierung von für die Forschung zentralen Konstrukten bei.927 Die Verwendung von als reliabel und valide einzustufenden Messmethoden unterstützt zudem die Güte der eigenen Messung und ermöglicht ggf. die Überprüfung des eigenen Modells anhand der Ergebnisse analoger Untersuchungen.928 Allerdings muss einschränkend angemerkt werden, dass eine Übernahme existierender
918 919 920 921 922 923 924
925
926 927 928
Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 5. Vgl. Churchill (1979), S. 66; Peter (1979), S. 16. Vgl. Bagozzi et al. (1991), S. 421; Churchill (1979), S. 66. Vgl. Bergkvist/Rossiter (2007), S. 176; Churchill (1979), S. 66. Vgl. Little et al. (1999), S. 206; Baumgartner/Homburg (1996), S. 143. Vgl. Baumgartner/Homburg (1996), S. 143; Anderson/Gerbing (1988), S. 415. Rossiter (2002) und Bergkvist/Rossiter (2007) kritisieren diesen Umstand und sind der Meinung, dass für "konkrete" Konstrukte ein "konkreter" Indikator ausreichend sei. Vgl. Bergkvist/Rossiter (2007), S. 175ff.; Rossiter (2002), S. 321. Vgl. Hildebrandt/Temme (2006), S. 619; Diller (2004), S. 177; Bruner II (2003), S. 362ff.; Churchill (1979), S. 67. Vgl. Bearden/Netemeyer (1998), S. 1 Vgl. Homburg/Klarmann (2006), S. 732; Bruner II (2003), S. 362f. Vgl. Diller (2004), S. 177.
148
Messmodelle nicht unreflektiert erfolgen sollte, da deren Qualität wie auch die Eignung für den spezifischen Forschungskontext kritisch betrachtet werden sollten.929 Diesen Empfehlungen folgend wurde auch im Rahmen dieser Arbeit soweit möglich auf existierende Messmethoden zurückgegriffen. Diese wurden jedoch immer auch auf ihre Zweckmäßigkeit für den Einsatz im Rahmen der vorliegenden Untersuchung geprüft und bei Bedarf ergänzt oder verändert. Die so gebildeten Konstrukte wurden dann in Expertengesprächen mit Wissenschaftlern und Praktikern (Gründer, Geschäftsführer und Unternehmensberater) hinsichtlich ihrer Bedeutung, der Verständlichkeit der Formulierung und der Vollständigkeit aller relevanten Aspekte des Konstrukts überprüft und bei Bedarf entsprechend erneut angepasst. Dies diente der Sicherstellung inhaltlicher Validität.930 Darüber hinaus sollte im Rahmen der Operationalisierung auch die Beziehung zwischen einem Konstrukt und seinen Indikatoren überprüft werden. Wie in Kapitel 4.1.2 geschildert, gilt es zwischen reflektiver und formativer Operationalisierung zu unterscheiden. Auch bei Nutzung existierender Skalen ist es angebracht, die Kausalität der Konstrukt-IndikatorBeziehung zu prüfen, da Fehlspezifikationen relativ häufig vorkommen.931
4.2.1
Geschäftsmodellgestaltungsrichtungen
Bei der empirischen Operationalisierung der vier Geschäftsmodellgestaltungsrichtungen wurde auf die existierende Operationalisierung von Zott/Amit zurückgegriffen.932 Die Indikatoren, welche Zott/Amit zur Messung der Geschäftsmodellgestaltung verwendeten, wurden zunächst ins Deutsche übersetzt.933 Darüber hinaus waren jedoch auch weitere Anpassungen erforderlich. Ein wesentlicher Unterschied in der Durchführung der Datenerhebung besteht in der Tatsache, dass Zott/Amit in ihrer Untersuchung auf öffentlich zugängliche Daten zurückgegriffen haben, und sich an MBA-Studenten und wissenschaftliche Mitarbeiter wandten, welche die Fragen des entwickelten Messinstruments zum Geschäfts-
929 930 931 932 933
Vgl. Homburg/Klarmann (2006), S. 732; Ping (2004), S. 132. Vgl. Homburg/Klarmann (2006), S. 732. Vgl. Jarvis et al. (2003), S. 207. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 196. Die Übersetzung wurde von einer Diplom-Übersetzerin überprüft. Darüber hinaus wurden die übersetzten Indikatoren im Rahmen der Expertengespräche auf Verständlichkeit getestet.
149
modell der ausgewählten Unternehmen anhand dieser Daten beantworten sollten.934 Der Fragebogen für die vorliegende Untersuchung wurde dagegen direkt an die Geschäftsführer der zu untersuchenden Unternehmen adressiert. Damit besteht ein wichtiger Unterschied in der "rater entity", wie Rossiter anmerkt: "The number of items needed to form the scale is the same regardless of whether the rater entity is an individual, a panel of experts, or a larger group of target population raters. However, the content (wording) of the scale items is certainly not independent of the rater entity. The items must be easily comprehended by the target raters, and pre-testing is needed to ensure this."935 Insofern mussten die Indikatoren umformuliert werden, um die direkte Ansprache der Befragten abbzubilden, aber auch um dem unterschiedlichen Verständnis für das Thema gerecht zu werden. So war bspw. aufgrund der bei den befragten Geschäftsführern unterschiedlichen möglichen Ausbildungshintergründe nicht davon auszugehen, dass spezielle betriebswirtschaftliche Fachbegriffe jedem Geschäftsführer verständlich sein würden. Ein weiterer Unterschied, der zu Anpassungen bei der Formulierung der Indikatoren führte, war die Ausweitung auf Unternehmen verschiedener Branchen im Vergleich zur Beschränkung von Zott/Amit auf Firmen, die ihren gesamten oder einen Teil ihres Umsatzes über das Internet erzielten.936 So wurden einige Indikatoren dahingehend umformuliert, dass sie nicht nur auf Internet-basierte Unternehmen, sondern branchenübergreifend anwendbar sind. Die übersetzen und den beschriebenen Gegebenheiten angepassten Indikatoren wurden in Expertengesprächen mit Akademikern und Unternehmern besonders hinsichtlich ihrer Verständlichkeit und Bedeutung überprüft und ggf. entsprechend angepasst. Als Antwortmöglichkeit wurde jeweils eine siebenstufige Likert-Skala mit den beiden Extrema "Trifft gar nicht zu" (1) und "Trifft voll zu" (7) genutzt.937 Diese häufig genutzten Intervallskalen geben dem Antwortenden die Möglichkeit, den Grad der Ausprägung entlang der Skala anzugeben.938 Die folgenden Seiten stellen nun die Operationalisierung der Konstrukte mit ihren Indikatoren dar. Dabei wird für die Gestaltungsrichtungen des Geschäftsmodells jeweils das gesamte Set der Indikatoren aufgeführt. Die Einteilung in verschiedene Dimensionen anhand der
934 935 936 937 938
150
Vgl. Zott/Amit (2007), S. 187 zur ausführlichen Beschreibung der Datenerhebung. Rossiter (2002), S. 320. Vgl. Zott/Amit (2007), S. 186. Vgl. Likert (1932), S. 25ff. Vgl. Bagozzi (1994), S. 12.
Faktorenanalyse führt dazu, dass aus diesen Sets mehrere Konstrukte entstehen. Auf diese wird in Kapitel 5.2.1 näher eingegangen. Die folgende Tabelle zeigt die vorläufige Operationalisierung der Effizienz-zentrierten Gestaltung des Geschäftsmodells:
Konstrukt:
Effizienz-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Zott/Amit (2007)
Indikatoren: 1
Die Durchführung von Transaktionen mit uns ist für Kunden/Nutzer einfach.
2
Unser Geschäftsmodell ermöglicht eine niedrige Fehlerquote bei der Durchführung von Transaktionen.
3
Unser Geschäftsmodell reduziert die Lagerhaltungskosten aller Beteiligten.
4
Unser Geschäftsmodell reduziert darüber hinaus weitere Kosten für uns und/oder unsere Geschäftspartner (z. B. Marketing- und Vertriebskosten, Transaktionsbearbeitungskosten, Kommunikationskosten).
5
Unser Geschäftsmodell kann kleine und große Volumina gleichermaßen verarbeiten.
6
Unser Geschäftsmodell erlaubt den Beteiligten gut informiert ihre Entscheidungen zu treffen.
7 8 9 10 11
Transaktionen mit uns sind transparent: Informations- und/oder Warenflüsse können nachvollzogen und verifiziert werden. Wir liefern unseren Geschäftspartnern Informationen, um Beschaffenheit und Qualität unserer Produkte/Dienstleistungen transparent zu machen (z. B. Muster, Probebestellungen, Referenzen). Unsere Transaktionen beinhalten gegenseitigen Informationsaustausch mit dem Geschäftspartner. Wir liefern Zugang zu einer großen Bandbreite an Produkten, Dienstleistungen und anderen Geschäftspartnern. Unser Geschäftsmodell ermöglicht Vorteile durch die Bündelung von Nachfrage (z. B. durch Bündelung kleiner Bestellmengen zu Sammelbestellungen).
12
Unser Geschäftsmodell ermöglicht eine schnelle Abwicklung von Transaktionen.
13
Unser Geschäftsmodell erlaubt insgesamt hohe Effizienz bei der Abwicklung von Transaktionen.
Tabelle 13: Operationalisierung des Konstrukts "Effizienz-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" Quelle: Eigene Darstellung
Auch für die Operationalisierung der Innovations-zentrierten Geschäftsmodellgestaltung wurde auf die vorliegenden Indikatoren von Zott/Amit zurückgegriffen, und diese wurden entsprechend angepasst. Die folgende Tabelle zeigt die vorläufige Operationalisierung der Geschäftsmodellgestaltungsrichtung "Innovation":
151
Konstrukt:
Innovations-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Zott/Amit (2007)
Indikatoren: Unser Geschäftsmodell bietet neue Kombinationen von Produkten, Dienstleistungen und Informationen. Unser Geschäftsmodell bringt neue Geschäftspartner zusammen (z. B. durch Schaffung neuer Geschäftsmöglichkeiten, bspw. eBay).
1 2 3
Unser Geschäftsmodell bietet Kunden/Geschäftspartnern neuartige Anreize (Incentives). Unser Geschäftsmodell bietet Zugang zu einer großen Vielfalt an Geschäftspartnern und/oder Produkten/Dienstleistungen. Unser Geschäftsmodell bringt Transaktionspartner und Transaktionen auf neue Art und Weise zusammen (z. B. über neue Vertriebswege).
4 5 6
Die Stärke (Qualität und Intensität) einiger durch uns ermöglichter Geschäftsbeziehungen ist neuartig.
7
Wir haben zahlreiche Patente für Aspekte unseres Geschäftsmodells erhalten.
8
Unser Geschäftsmodell basiert stark auf Copyrights und/oder geheimem Wissen.
9
Wir sind in unserer Branche Pionier mit unserem Geschäftsmodell.
10
Wir haben kontinuierlich Innovationen in unserem Geschäftsmodell eingeführt.
11
In unserer Branche gibt es kein anderes Geschäftsmodell, das unserem gefährlich werden könnte.
12
Es gibt andere wichtige Aspekte, die unser Geschäftsmodell innovativ machen.
13
Unser Geschäftsmodell ist insgesamt innovativ.
Tabelle 14: Operationalisierung des Konstrukts "Innovations-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" Quelle: Eigene Darstellung
Gleichermaßen wurde mit den Indikatoren für die Gestaltungsrichtungen Geschäftsmodells "Lock-in" und "Komplementarität" verfahren.939
des
Die folgende Tabelle zeigt die Operationalisierung der Geschäftsmodellgestaltungsrichtung "Lock-in":
939
Dank gilt an dieser Stelle Prof. Christoph Zott für die zur Verfügung gestellten Indikatoren dieser beiden Gestaltungsrichtungen.
152
Konstrukt:
Lock-in-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Zott/Amit (2007)
Indikatoren: 1
Wir bieten Kunden/Geschäftspartnern durch Loyalitätsprogramme starke Anreize, wiederholt mit uns Geschäfte zu machen.
2
Wir bieten hohe Sicherheit und Verlässlichkeit bei Transaktionen und werben damit.
3
Wir geben Kunden Kontrolle über eine evtl. Nutzung ihrer persönlichen Daten durch uns.
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Wir verwenden weitere Methoden, um das Vertrauen unserer Kunden zu gewinnen (bspw. unabhängige Gutachten, Bewertungssysteme etc.). Unsere Kunden/Geschäftspartner müssen zunächst Aufwand betreiben, bevor sie mit uns Geschäfte machen können (z. B. bestimmte Akkreditierungsprozesse durchlaufen). Unsere Kunden/Geschäftspartner müssen spezifische Tools (z. B. spezielle Software) verwenden, um mit uns Geschäfte machen zu können. Wir haben einen Standard für unsere Geschäftsprozesse, Produkte und/oder Dienstleistungen entwickelt, der in unserer Branche führend ist (proprietärer Standard). Unsere Geschäftspartner/Kunden können benötigte Produkte/Dienstleistungen oder Informationen an ihren speziellen Bedarf anpassen. Wir verwenden verschiedene Methoden zur Personalisierung unseres Auftritts gegenüber Kunden (z. B. Analyse von Kundendaten und vergangenen Transaktionen, personalisierte Anschreiben/ Mailings/Internetauftritte, gezielte Angebote). Diese Personalisierung trägt zur Gewinnung neuer und Bindung bestehender Kunden/ Geschäftspartner bei. Das Konzept einer Gemeinschaft (Community) zum Erfahrungsaustausch zwischen unseren Kunden und/oder Geschäftspartnern spielt eine wichtige Rolle in unserem Geschäftsmodell. Es ist wesentlicher Bestandteil unseres Geschäftsmodells, Kunden auch Geschäfte mit anderen Unternehmen (Partnern) zu vermitteln. Jeder Teilnehmer (z. B. Käufer) profitiert von einer höheren Teilnehmerzahl seiner Gruppe (z. B. andere Käufer des gleichen Produkts). Jeder Teilnehmer profitiert von einer höheren Teilnehmerzahl einer anderen Gruppe (z. B. Käufer, die von höherer Zahl Anbieter profitieren). Insgesamt ist unser Geschäftsmodell erfolgreich darin, Kunden/Geschäftspartner an unser Unternehmen zu binden.
Tabelle 15: Operationalisierung des Konstrukts "Lock-in-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" Quelle: Eigene Darstellung
Folgende Tabelle zeigt die Operationalisierung der Geschäftsmodellgestaltungsrichtung "Komplementarität":
153
Konstrukt:
Komplementaritäts-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Zott/Amit (2007)
Indikatoren: 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Unser Geschäftsmodell bietet Kunden eine große Bandbreite an komplementären (d. h., sich ergänzenden) Dienstleistungen und Produkten von verschiedenen Geschäftspartnern. Wir bieten durch unser Geschäftsmodell Kunden eine große Bandbreite an komplementären Dienstleistungen und/oder Produkten unseres Unternehmens. Cross-selling (Verkauf von passenden Zusatzangeboten) von Produkten/Dienstleistungen ist ein wichtiger Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Es gibt komplementäre Effekte zwischen online- und offline-Aspekten unseres Geschäftsmodells (z. B. Umtausch/Reparatur im Ladenlokal für online gekaufte Produkte). Es gibt starke vertikale Komplementaritäten in unserem Produkt/Dienstleistungsangebot (z. B. ServiceAngebote für eigene Produkte). Es gibt starke horizontale Komplementaritäten in unserem Produkt/Dienstleistungsangebot (z. B. Hardware und passende Software, Bündelung von Produkten). Unser Geschäftsmodell ermöglicht die Nutzung komplementärer Effekte in den Aktivitäten verschiedener Geschäftspartner, z. B. durch Integration der Lieferkette (Supply Chain). Unser Geschäftsmodell ermöglicht die Nutzung komplementärer Effekte zwischen unserer Technologie und den Technologien anderer Unternehmen. Insgesamt ist die Bündelung von komplementären Produkten/Dienstleistungen ein wichtiger Bestandteil unseres Geschäftsmodells.
Tabelle 16: Operationalisierung des Konstrukts "Komplementaritäts-zentrierte Geschäftsmodellgestaltung" Quelle: Eigene Darstellung
4.2.2
Umfeld des Unternehmens
Wie in Kapitel 2.3 geschildert, gibt es eine große Zahl an Möglichkeiten der Operationalisierung des Umfelds eines Unternehmens. Für die vorliegende Arbeit wurden in Kapitel 3.2.2 zwei Aspekte des Umfelds als besonders relevant herausgestellt: Die (externe) Unsicherheit und die Wettbewerbsintensität des Unternehmensumfelds. Diese beiden Umfeldbedingungen werden auf der Basis etablierter Konstrukte mit mehreren Indikatoren operationalisiert und so als Bestandteil in die Befragung aufgenommen. Die folgende Tabelle zeigt die gewählte Operationalisierung der Unsicherheit des Unternehmensumfelds:
154
Konstrukt:
Unsicherheit des Umfelds
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Miller (1988), Miller/Dröge (1986)
Indikatoren: 1
In unserer Branche sind die Handlungen von Wettbewerbern unberechenbar.
2
Die Nachfrage bzw. die Kundenwünsche sind schwierig vorherzusagen.
3
Unser Unternehmen muss seine Marketing-Aktivitäten häufig ändern/anpassen.
4
Unsere Produkte/Dienstleistungen haben eine kurze Lebensdauer.
5
Die Herstellungsprozesse für unser Produkt/Dienstleistung ändern sich häufig und stark.
Tabelle 17: Operationalisierung des Konstrukts "Unsicherheit des Umfelds" Quelle: Eigene Darstellung
Die folgende Tabelle zeigt die gewählte Operationalisierung der Wettbewerbsintensität des Unternehmensumfelds:
Konstrukt:
Wettbewerbsintensität des Umfelds
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Jaworski/Kohli (1993)
Indikatoren: 1
Der Wettbewerb in unserer Branche ist sehr hart.
2
In unserer Branche finden häufig aggressive Werbe- und/oder Rabattaktionen statt.
3
Alles, was ein Wettbewerber anbieten kann, können die anderen leicht imitieren.
4
Preiswettbewerb ist ein Kennzeichen unserer Branche.
5
Wir hören fast jeden Tag von einer neuen Entwicklung im Wettbewerb.
6
Unsere Wettbewerber sind relativ stark.
Tabelle 18: Operationalisierung des Konstrukts "Wettbewerbsintensität des Umfelds" Quelle: Eigene Darstellung
155
4.2.3
Erfolg
Die fundamentale Bedeutung des Unternehmenserfolgs für Wissenschaft und Praxis des Managements, insbesondere hinsichtlich Fragestellungen des Strategischen Managements, steht außer Frage.940 Ohne Erfolgsmessung können z. B. die strategischen Entscheidungen von Managern nicht objektiv oder konsistent beurteilt werden.941 Der Unternehmenserfolg ist demnach auch ein wesentlicher Bestandteil der empirischen Forschung in der Betriebswirtschaft.942 Doch während Einigkeit über die hohe Bedeutung des Erfolgskonzepts herrscht, fehlt es oftmals an der gebotenen Sorgfalt und vor allem an Konsistenz bei der Messung des Erfolgs.943 Venkatraman/Ramanujam beklagen, dass "Strategic management researchers, in their quest for establishing performance implications of strategic conduct of businesses, continue to measure business performance using a wide array of operationalizing schemes."944 Diese Vielzahl an möglichen und angewandten Operationalisierungen zur Erfolgsmessung lässt Venkatraman/Ramanujam den Umgang mit dem Erfolg in der Forschung als "perhaps one of the thorniest issues confronting the academic researcher today" bezeichnen.945 Auch Keats/Hitt stellen fest: "Performance is a difficult concept, both in terms of definition and measurement."946 Metaanalysen verdeutlichen die Vielfalt existierender Operationalisierungen des Unternehmenserfolgs: Brush/Vanderwerf identifizierten in einer Untersuchung von 34 verschiedenen Studien aus dem Entrepreneurship-Bereich, welche den Unternehmenserfolg als abhängige Variable nutzten, 35 verschiedene Erfolgsmaße.947 Murphy et al. stellten ebenfalls die mangelnde Konsistenz in der Erfolgsmessung der Entrepreneurship-Forschung fest. Sie identifizierten sogar 71 verschiedene unabhängige Variablen der Erfolgsmessung in 51 Artikeln, veröffentlicht zwischen 1987 und 1993.948 Carton/Hofer identifizierten 88 verschiedene Variablen der Erfolgsmessung in 138 Artikeln, veröffentlicht zwischen Juli 1996 und Juni 2001.949 Diese 88 Variablen gruppieren Carton/Hofer in neun Dimensionen von Erfolg, welche sie aus der Literatur abgeleitet haben.950
940
941 942 943 944 945 946 947 948 949 950
156
Vgl. Arend (2008), S. 1; Venkatraman/Ramanujam (1987), S. 109; Venkatraman/Ramanujam (1986), S. 801. Vgl. Chakravarthy (1986), S. 437. Vgl. Dess/Robinson (1984), S. 265. Vgl. Venkatraman/Ramanujam (1987), S. 109. Venkatraman/Ramanujam (1986), S. 813. Venkatraman/Ramanujam (1986), S. 801. Keats/Hitt (1988), S. 576. Vgl. Brush/Vanderwerf (1992), S. 159. Vgl. Murphy et al. (1996), S. 16. Vgl. Carton/Hofer (2006), S. 27f. Vgl. Carton/Hofer (2006), S. 28ff.
Diese Mehrdimensionalität des Erfolgskonstrukts wird von einer Reihe weiterer Autoren hervorgehoben. So verwenden bspw. Gupta/Govindarajan in ihrer Untersuchung zwölf "performance dimensions", um den Erfolg bei der Implementierung einer Strategie zu messen, unter anderem auch nicht-finanzielle Kennzahlen wie F&E-Aktivität und Personalentwicklung.951 Bourgeois dagegen beschränkt sich bei seiner Auswahl auf den finanziellen Erfolg als Kriterium und begründet dies damit, dass "the various non-financial ends a business firm might be expected to serve can only be pursued to the extent that the firm prospers financially."952 Auch er weist jedoch darauf hin, dass wirtschaftlicher Erfolg ein mehrdimensionales Konstrukt sei und identifiziert zwei Aspekte: Profitabilität und Wachstum.953 Carton/Hofer stellen in ihrer Analyse fest, dass Kennzahlen der Profitabilität die mit Abstand am häufigsten verwendeten Variablen darstellen und in 70% der Artikel eine derartige Kennzahl zumindest Bestandteil der Erfolgsmessung war.954 Mit 27% am zweithäufigsten in den untersuchten Artikeln vertreten waren Kennzahlen der Dimension Wachstum.955 Im Vergleich zur Studie von Murphy et al. stellen Carton/Hofer für den von ihnen untersuchten Zeitraum eine stärkere Verwendung marktbasierter Kennzahlen wie bspw. "Return to shareholders" fest. 956 Die Verwendung marktbasierter Kennzahlen, wie auch generell die Verwendung objektiver Erfolgsmaße bspw. aus der Buchhaltung, ist jedoch nicht immer uneingeschränkt möglich. Dess/Robinson identifizieren zwei problematische Forschungskontexte: "Obtaining accurate economic performance data is often a problem in two salient research settings: business units of multi-industry firms and privately-held firms."957 Für die Untersuchung großer Firmen mit mehreren Geschäftseinheiten in verschiedenen Branchen bestehe das Problem für den Forscher darin, die verschiedenen Größen wie Anlagevermögen, Umsatz etc. den in verschiedenen Industrien tätigen Geschäftseinheiten zuzuordnen.958 Zudem beeinflussen industriespezifische Faktoren den Gewinn und mindern folglich die Vergleichbarkeit.959
951 952 953 954 955 956 957 958 959
Vgl. Gupta/Govindarajan (1984), S. 34. Bourgeois (1980a), S. 235. Vgl. Bourgeois (1980a), S. 235. Vgl. Carton/Hofer (2006), S. 35. Vgl. Carton/Hofer (2006), S. 35. Vgl. Carton/Hofer (2006), S. 35. Dess/Robinson (1984), S. 265. Vgl. Dess/Robinson (1984), S. 266. Vgl. Rumelt (1991), S. 173.
157
Bei der Untersuchung kleiner Firmen herrschen dagegen andere Probleme vor: "the researcher investigating small firms is often confronted with an inability to obtain objective performance measures on a consistent basis. […] access to performance data on privately-held firms is severely restricted. Such information is not publicly available. Owners, very sensitive about releasing any performance-related data, are the sole gatekeepers to such information on individual firms."960 Gelingt es doch einmal, von Unternehmen in Privatbesitz die gewünschten Zahlen zu erhalten, sehen Sapienza et al. die Gefahr der Manipulation durch den Eigentümer: "often when such data are made available they are not representative of the firm's actual performance, as many owner/entrepreneurs for a variety of reasons report manipulated performance outcomes (e.g., profits). For example, an owner may understate earnings to avoid paying both corporate and personal income taxes."961 Auch ohne diese Unterstellung der Manipulation von Erfolgszahlen herrschen bei kleineren Firmen in Privatbesitz oft nicht direkt vergleichbare Buchaltungsrichtlinien: "even if access to such information is obtained with a sample of privately-held firms, there is greater risk of error attributable to varying accounting procedures".962 Auch unabhängig von den Besitzverhältnissen oder der Größe des betrachteten Unternehmens wird die Verwendung von buchhalterischen Kennzahlen häufig kritisiert, da sie Spielraum zur Manipulation bieten und aufgrund verschiedener Verfahren mangelnde Vergleichbarkeit herrscht.963 Hawawini et al. weisen darauf hin, dass die Verwendung von reinen AccountingKennzahlen nicht ausreichend ist, um Erfolg im Sinne von Wertschöpfung abzubilden.964 Die gesamte Wertschöpfung jedoch sollte das wesentliche Erfolgskriterium für Unternehmen sein.965 Eine Möglichkeit, die genannten Probleme (schwierige bis unmögliche Datenbeschaffung und mangelnde Vergleichbarkeit) zu umgehen, ist die Verwendung subjektiver Erfolgsmaße. Anders als die in der Regel auf finanzielle bzw. marktbezogene Kennzahlen zurückgreifenden objektiven Messungen basieren subjektive Erfolgsmaße auf der persönlichen Einschätzung der Befragten zur Unternehmensentwicklung.966 Subjektive Erfolgsmaße beziehen sich dabei häufig auf die Einschätzung des Erfolgs relativ zu einem (häufig dem wichtigsten oder größten) oder einer Gruppe von Wettbewerbern.967
960 961 962 963 964 965 966 967
158
Dess/Robinson (1984), S. 266. Sapienza et al. (1988), S. 46. Dess/Robinson (1984), S. 267. Vgl. Chakravarthy (1986), S. 442f.; Snow/Hrebiniak (1980), S. 322. Vgl. Hawawini et al. (2003), S. 1. Vgl. Carton/Hofer (2006), S. 3; Coff (1999), S. 122. Vgl. Claas (2006), S. 164. Vgl. bspw. Deshpandé et al. (1993), S. 29.
Unternehmer und Manager sind in der Regel eher gewillt, subjektive Erfolgseinschätzungen abzugeben als objektive Kennzahlen zu veröffentlichen.968 Dess/Robinson finden in den Ergebnissen ihrer Studie sehr starke Unterstützung der Hypothese, dass zwischen objektiven und subjektiven Erfolgsmaßen eine hohe Korrelation besteht.969 Sie weisen zwar daraufhin, dass sie subjektiven Erfolgsmaßen nicht generell den Vorzug vor objektiven Erfolgsmaßen geben würden, wenn diese ebenfalls verfügbar wären.970 Seien objektive Erfolgsmaße jedoch nicht erhältlich und müsste der Forscher sonst auf den Einbezug von Erfolgsmaßen in seine Untersuchung verzichten, so halten Dess/Robinson die Verwendung subjektiver Erfolgsmaße für eine mögliche Alternative.971 Sapienza et al. halten die Verwendung subjektiver Erfolgsmaße ebenfalls für möglich, stellen aber fest: "making use of such [subjective] measures in the small business setting […] places increased demands on the researcher."972 Naman/Slevin sehen ebenfalls objektive und subjektive Erfolgsmessung als Möglichkeiten an: "Firm performance can be measured both in 'objective' and 'subjective' ways, and indeed is a complex issue".973 Aufgrund der Komplexität des Konzepts Unternehmenserfolg empfehlen sie wenn möglich den Rückgriff auf verschiedene Erfolgsmaße gleichzeitig.974 Covin/Slevin verwenden in ihrer Studie zum strategischen Management kleiner Firmen ein subjektives Maß für den finanziellen Unternehmenserfolg und nennen drei Gründe: Erstens das Unvermögen und die Unwilligkeit kleiner Unternehmen, die benötigten objektiven Daten bereitzustellen und deren mangelnde Überprüfbarkeit. Zweitens die schwierige Interpretation solcher Daten, so sie denn doch bereitgestellt würden, und drittens die Industrieabhängigkeit objektiver Daten.975 Auch Powell sieht insbesondere bei Studien, die industrieübergreifend den Erfolg verschiedener Unternehmen betrachten, die subjektiven Messungen im Vorteil: "Perceptual measures not only facilitate performance comparisons across industries without distortions based on capital structures and accounting conventions, but also enable researchers to study privately held firms, many of which do not release accounting data as a matter of policy."976 Die Vorteile subjektiver Erfolgsmaße bei der Vergleichbarkeit von Unternehmen in verschiedenen Situationen sehen auch Song et al.: "Using perceived performance scales
968 969 970 971 972 973 974 975 976
Vgl. Song et al. (2005), S. 264f. Vgl. Dess/Robinson (1984), S. 269. Vgl. Dess/Robinson (1984), S. 270. Vgl. Dess/Robinson (1984), S. 271. Sapienza et al. (1988), S. 52. Naman/Slevin (1993), S. 144. Vgl. Naman/Slevin (1993), S. 145. Vgl. Covin/Slevin (1989), S. 80. Powell (1996), S. 329.
159
relative to objectives permits comparisons across firms and contexts (such as across particular industries, cultures, time horizons, economic conditions, and expectations of parent firms)."977 Powell überprüft in seinen Studien die Aussagekraft der subjektiven Erfolgsmessung, indem er für die öffentlich notierten Unternehmen in seinem Sample die objektiven AccountingZahlen mit den subjektiven Erfolgsangaben vergleicht. Er stellt eine hohe Korrelation zwischen subjektivem finanziellem Erfolg und der von ihm untersuchten objektiven Kennzahl "Return on sales" fest.978 Venkatraman/Ramanujam untersuchen in ihrer Studie von 1987 die Konvergenz zwischen zwei maximal verschiedenen Methoden der Erfolgsmessung, subjektive Primärdaten im Vergleich zu objektiven Sekundärdaten, und kommen zu dem Schluss: "Results […] indicate that there is a strong degree of convergence between the two methods."979 Die oft geäußerte Vermutung, dass Manager dazu tendierten, ihre eigene Leistung verzerrt – nämlich übermäßig positiv- zu bewerten, weisen Venkatraman/Ramanujam zurück: "It appears that perceptual data from senior managers, which tend to strongly correlate with the secondary data […], can be employed as acceptable operationalizations of BEP [Business Economic Performance]."980 Auch im Vergleich zu Erfolgseinschätzungen durch Vorgesetzte haben Selbstbeurteilungen von Managern keine Nachteile, wenn geklärt ist, dass die Leistungsbeurteilung rein zu Forschungszwecken erfolgt.981 Ist dies der Fall, so besteht in der Regel eine sehr hohe Korrelation zwischen beiden Einschätzungen.982 Ein weiterer Vorteil subjektiver Erfolgsmessung liegt darin, dass sie die zukünftigen Erfolgserwartungen der Befragten berücksichtigen kann. Idealerweise muss die Messung des Unternehmenserfolgs auch zukunftsgerichtet sein.983 Dies können Finanzkennzahlen in der Regel nicht leisten: "The focus of financial reporting is to present the historical actions of the company, and financial statements measure investments only at book value and reflect only the execution on existing opportunities. In other words, the do not fully incorporate the future value of investments and the opportunities they create."984
977 978 979 980 981 982 983 984
160
Song et al. (2005), S. 264f. Vgl. Powell (1996), S. 329; Powell (1995), S. 25. Venkatraman/Ramanujam (1987), S. 117. Venkatraman/Ramanujam (1987), S. 118. Vgl. Heneman III (1974), S. 642. Vgl. Gupta/Govindarajan (1984), S. 34. Vgl. Carton/Hofer (2006), S. 6; Keats/Hitt (1988), S. 576; Chakravarthy (1986), S. 444. Carton/Hofer (2006), S. 63f.
Aus den genannten Gründen wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf eine subjektive Operationalisierung des Unternehmenserfolgs zurückgegriffen. Diese berücksichtigt explizit sowohl Profitabilitäts- als auch Wachstumsaspekte des Erfolgs und enthält auch zukunftsgerichtete Indikatoren. Die Indikatoren beziehen sich bewusst nicht auf die Zufriedenheit in einem bestimmten Zeitraum, wie bspw. dem vorangegangen Jahr. Gerade bei jungen und kleineren Unternehmen ist damit zu rechnen, dass die jährlichen Fluktuationen hoch sind.985 Die folgende Tabelle zeigt die für diese Arbeit gewählte Operationalisierung des Unternehmenserfolgs:
Konstrukt:
Unternehmenserfolg
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Claas (2006), Pelham (1999)
Indikatoren: Mit der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Unternehmens im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern sind wir zufrieden. Mit dem Wachstum unseres Unternehmens im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern sind wir zufrieden
1 2 3
Mit der Prognose unseres Betriebsergebnisses für die nächsten Jahre sind wir zufrieden. Mit dem Erfolg unserer Produkte/Dienstleistungen im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern sind wir zufrieden Mit der Anzahl der gewonnenen Neukunden im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern sind wir zufrieden. Mit dem Ausmaß der Bindung der Kunden an unser Unternehmen im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern sind wir zufrieden.
4 5 6 7
Mit dem erreichten Marktanteil im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern sind wir zufrieden.
Tabelle 19: Operationalisierung des Konstrukts "Unternehmenserfolg" Quelle: Eigene Darstellung
4.2.4
Kontrollvariablen
Wie in Kapitel 2.2 erläutert, wurden kleine und mittlere Wachstumsunternehmen als für die Betrachtung der Gestaltung des Geschäftsmodells geeignet befunden. Die in Kapitel 3.4 abgeleiteten Hypothesen wurden unter der Annahme gebildet, dass sie für derartige
985
Vgl. Robinson (1998), S. 176.
161
Unternehmen generell von Bedeutung sind. Die Auswirkungen bestimmter Umfeldbedingungen wurden ebenfalls einbezogen. Es besteht jedoch darüber hinaus die Möglichkeit, dass bestimmte Zusammenhänge zwischen Geschäftsmodell und Erfolg nicht für alle betrachteten Unternehmen gleichermaßen gelten, auch wenn diese in demselben Umfeld agieren, sondern dass die Zusammenhänge von weiteren Faktoren beeinflusst werden. Um derartige Effekte feststellen zu können, wurde der Fragebogen daher um eine Reihe von Kontrollvariablen ergänzt. Eine kurze Begründung zur Auswahl der jeweiligen Variable sowie deren jeweilige Operationalisierung findet sich in den folgenden Abschnitten. Strategie Wie in Kapitel 2.1.3 ausgeführt, stellt die Strategie eines Unternehmens einen Erfolgsfaktor dar, welcher separat von der Gestaltung des Geschäftsmodells zu betrachten ist. Allerdings kann angenommen werden, dass es zwischen unterschiedlichen Strategien einerseits und Geschäftsmodellen andererseits Wechselwirkungen gibt.986 Porter sieht in der Abstimmung von Strategie und Organisationsgestaltung einen möglichen Beitrag zum Unternehmenserfolg durch nachhaltige komplementäre Effekte.987 Zott/Amit haben in ihrer Untersuchung die Interaktionen zwischen Effizienz-zentrierten und Innovations-zentrierten Geschäftsmodellen einerseits, sowie Wettbewerbsstrategien von Unternehmen andererseits bereits untersucht und teilweise signifikante Beziehungen festgestellt.988 Die relevanten Ausprägungen der Wettbewerbsstrategie hinsichtlich der Positionierung am Markt sind dabei Differenzierung auf der einen und Kostenführerschaft auf der anderen Seite.989 Diese wurden als Kontrollvariablen in die vorliegende Untersuchung mit aufgenommen. Die folgende Tabelle zeigt die gewählte Operationalisierung der Differenzierungsstrategie des Unternehmens:
986 987 988 989
162
Vgl. Fiss (2007), S. 1194. Vgl. Porter (1996), S. 74. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 1ff. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 3.
Konstrukt:
Strategie - Differenzierung
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Zott/Amit (2008), Narver/Slater (1990)
Indikatoren: 1 2 3
Die Entwicklung und Einführung neuer Produkte/Dienstleistungen ist wichtiger Bestandteil unserer Strategie. Die Differenzierung unserer Produkte/ Dienstleistungen vom Wettbewerb ist wichtiger Bestandteil unserer Strategie. Es ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie, ein breites Produkt-/Dienstleistungsspektrum anzubieten.
4
Es ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie, Marktforschung zu betreiben.
5
Insgesamt verfolgen wir eine Strategie der Differenzierung.
Tabelle 20: Operationalisierung des Konstrukts "Strategie - Differenzierung" Quelle: Eigene Darstellung
Die folgende Tabelle zeigt die gewählte Operationalisierung der Kostenführerschaftsstrategie des Unternehmens:
Konstrukt:
Strategie - Kostenführerschaft
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Zott/Amit (2008)
Indikatoren: 1 2 3 4
Es ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie, unsere Produkte/Dienstleistungen zu niedrigen Preisen anbieten zu können. Es ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie, unsere Produktkosten zu minimieren, insbesondere durch Prozessverbesserungen. Es ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie, Größenvorteile (Skaleneffekte) in der Herstellung unserer Produkte/Dienstleistungen zu erreichen. Insgesamt verfolgen wir eine Strategie der Kostenführerschaft.
Tabelle 21: Operationalisierung des Konstrukts "Strategie - Kostenführerschaft" Quelle: Eigene Darstellung
Des Weiteren wird häufig argumentiert, dass die Wahl des Zeitpunkts des Markteintritts eine wesentliche Rolle für den Erfolg einer Unternehmung spielt, da insbesondere sog. "FirstMover" Vorteile gegenüber späteren Marktteilnehmern haben. Diese Vorteile können aus drei
163
Quellen stammen, nämlich Technologieführerschaft, der Sicherung limitierter Ressourcen und Wechselkosten auf Kundenseite.990 Um die Bedeutung eines frühen Markteintrittes für das jeweilige Unternehmen abzufragen, wurde ein einzelner Indikator verwendet. Dieser wurde wie folgt operationalisiert:
Konstrukt:
Strategie - Markteintritt
Spezifikation:
Reflektiv
Quelle:
In Anlehnung an Zott/Amit (2008)
Indikatoren: 1
Für uns war es wichtig, unsere Produkte/Dienstleistungen als erste auf den Markt zu bringen, um dadurch einen Vorteil zu erreichen.
Tabelle 22: Operationalisierung des Konstrukts "Strategie - Markteintritt" Quelle: Eigene Darstellung
Wachstumsphasen Ein weiterer möglicher Einflussfaktor ist das Reifestadium des Unternehmens, welches durch die Unternehmensphase abgebildet wird. Die Frage nach dem Unternehmens- oder dem Produktlebenszyklus ist sehr häufig als Einflussfaktor in der Strategieliteratur untersucht worden.991 Auch wenn die Unternehmensphase sich nicht als wichtigste Determinante für die Unternehmensstrategie herausgestellt hat, so wird ihr zumindest eine signifikante Bedeutung für bestimmte Aspekte zugestanden.992 So kommen Anderson/Zeithaml bspw. zu dem Schluss, dass während der sog. "Maturity stage" die Effizienz an Bedeutung für die Profitabilität von Firmen gewinnt.993 Miller argumentiert, dass die in Unternehmen vorherrschenden Konfigurationen vom jeweils für das Unternehmen vorherrschenden Imperativ (Leadership, Umfeld, Struktur oder Strategie) abhängig seien und sich dieser vorherrschende Einflussfaktor auch mit dem Lebenszyklus des Unternehmens verändere.994 Er kommt zu dem Schluss, dass es sinnvoll sein kann, Unternehmen zunächst nach diesen Imperativen zu klassifizieren, bevor man sich
990 991 992 993 994
164
Vgl. Lieberman/Montgomery (1988), S. 41f. Vgl. Hambrick/Lei (1985), S. 768. Vgl. Hambrick/Lei (1985), S. 780; Anderson/Zeithaml (1984), S. 22. Vgl. Anderson/Zeithaml (1984), S. 22. Vgl. Miller (1987b), S. 698.
der Analyse der Zusammenhänge zwischen Strategie, Struktur und Umfeld widmet.995 Vor diesem Hintergrund erscheint eine Einbeziehung der Wachstumsphase als Kontrollvariable für die vorliegende Untersuchung sinnvoll. Auch hinsichtlich des Geschäftmodells wird ein Zusammenhang mit dem Lebenszyklus des Unternehmens gesehen, da sich das Geschäftsmodell im Verlauf der Entwicklung des Unternehmens ändern kann und eine bestimmte Gestaltung des Geschäftsmodells damit immer auch abhängig vom Betrachtungszeitpunkt sein kann.996 In der Literatur existiert eine Reihe von Modellen zur Erfassung des Lebenszyklus, die diesen in Phasen einteilen und in ihrer Gliederung von drei bis zehn Phasen reichen.997 Empirische Studien zur Ermittlung von derartigen Phasenmodellen unterstützen tendenziell die Existenz von vier oder fünf aussagekräftig abgrenzbaren Phasen.998 Darunter sind auch Skalen zur Selbsteinschätzung der Unternehmensphase durch das Management. Verbreitet in empirischen Studien Verwendung gefunden hat die 4-Phasen-Skala der PIMS-Datenbank, welche sich bei ihrer Einteilung an der Nachfrage, Bekanntheit und Verbreitung der Produkte/Dienstleistungen der Unternehmen orientiert.999 Diese Skala startet mit der Einführung des Produkts ("Introduction stage") und endet mit der Verbreitung des Produkts als "Massenware" in der "Decline stage". Damit weist sie zwei für die vorliegende Untersuchung nachteilige Eigenschaften auf. Zum einen berücksichtigt sie nicht explizit eine Phase der Konzeption, in welcher der Fokus noch auf der Entwicklung eines Produkts liegt, welches den großflächigen Markteintritt noch vor sich hat. Zum anderen erscheint die "Decline stage" als Phase, in der bereits eine Marktbereinigung eintritt, vor allem für sehr lange am Markt agierende Unternehmen geeignet, die nicht unbedingt im Fokus dieser Untersuchung stehen. Eine speziell auf technologiebasierte Gründungen abzielende Einteilung, ebenfalls in vier Phasen, liefert Kazanjian.1000 Kazanjian orientiert sich in seiner Einteilung an den Herausforderungen technologiebasierter Unternehmen, welche diese im Verlauf ihres Wachstums überwinden müssen. Allerdings haben seine Beschreibungen der Phasen den Nachteil, dass sie einerseits oftmals mehrdimensional sind und daher möglicherweise eine klare Kategorisierung durch das Management erschweren, und dass sie andererseits die Frage
995 996 997 998 999 1000
Vgl. Miller (1987b), S. 699. Vgl. Rajala/Westerlund (2007), S. 123. Vgl. Lester et al. (2003), S. 340f. Vgl. Lester et al. (2003), S. 341. Vgl. bspw. Anderson/Zeithaml (1984), S. 6ff.; MacMillan et al. (1982), S. 738. Vgl. Kazanjian (1988), S. 261ff.
165
nach der Profitabilität vernachlässigen.1001 Die Erreichung von Profitabilität als Kernaufgabe von Unternehmen im Wachstum stellt zum Beispiel Galbraith heraus.1002 Für die Operationalisierung wurde daher weitgehend auf die Skala von Claas zurückgegriffen, welche aufbauend auf der Skala von Kazanjian die genannten Schwierigkeiten bereits berücksichtigt.1003 Die folgende Tabelle zeigt die Operationalisierung der Wachstumsphasen:
Konstrukt:
Wachstumsphasen
Quelle:
In Anlehnung an Claas (2006), Kazanjian (1988)
Ein Unternehmen durchläuft während seiner Entwicklung verschiedene Phasen. Bitte wählen Sie aus den folgenden Phasen diejenige aus, die am ehesten auf Ihr Unternehmen zutrifft. Bitte wählen Sie nur eine Phase aus:
Start-up-Phase: Der Schwerpunkt der derzeitigen Aktivitäten unseres Unternehmens liegt auf Produktentwicklung und -design, der Sicherung angemessener finanzieller Mittel sowie der Marktentwicklung. Markteintrittsphase: Unser Unternehmen hat ein erfolgreiches Produkt/Dienstleistung, für welches am Markt eine Nachfrage besteht. Wir können bereits Aufträge und einigen Umsatz vorweisen. Wir sind in der Lage, unser Angebot herzustellen und zu verkaufen, aber unser Unternehmen muss sich noch fest am Markt etablieren. Wachstumsphase: Unser Unternehmen ist durch hohes Umsatzwachstum geprägt. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Frage, wie unser Produkt/Dienstleistung in größerer Menge profitabel erstellt und vertrieben werden kann. Konsolidierungsphase: Wir wachsen weiterhin, aber unsere Wachstumsraten nähern sich langsam dem Marktwachstum an. Die 2. oder 3. Generation unseres Produkts ist am Markt erfolgreich eingeführt oder steht kurz vor der Einführung. Wir beschäftigen uns auch intensiv mit der Frage, wie wir unser Geschäft profitabler gestalten und weiter ausbauen können. Reifephase: Der Schwerpunkt unserer Aktivitäten liegt auf der Diversifizierung unseres Geschäfts. Wir entwickeln weitere Produkt-/ Dienstleistungsgenerationen bzw. zusätzlich völlig neue Produkte/ Dienstleistungen. Darüber hinaus erschließen wir neue geografische Märkte.
Tabelle 23: Operationalisierung der Wachstumsphasen der befragten Unternehmen Quelle: Eigene Darstellung
Unternehmensalter Das Alter eines Unternehmens (abgefragt über das Gründungsjahr) wurde ebenfalls als Kontrollvariable mit abgefragt. Zwar erscheint die Einteilung nach Wachstumsphasen wichtiger hinsichtlich der Entwicklung des Geschäftsmodells, jedoch kann die Aufnahme des Unternehmensalters ggf. ergänzende Erkenntnisse bzgl. des Auftretens und der Wirkung bestimmter Geschäftsmodelle ergeben.
1001 1002 1003
166
Vgl. Kazanjian (1988), S. 166f. Vgl. Galbraith (1982), S. 73. Vgl. Claas (2006), S. 167.
Unternehmensgröße Die Größe eines Unternehmens ist eine der am häufigsten verwendeten Kontrollvariablen bei Untersuchungen zum Unternehmenserfolg.1004 Schon 1939 stellte Mason fest: "The size of a firm influences its competitive policies in a number of ways."1005 Operationalisiert wurde die Unternehmensgröße im Rahmen dieser Untersuchung über die Mitarbeiterzahl, welche als Anzahl der Vollzeitäquivalente abgefragt wurde. Branche Da in die vorliegende Untersuchung Unternehmen verschiedener Branchen einbezogen wurden, wurde die Branchenangabe ebenfalls als Kontrollvariable aufgenommen. Zwar wurde bereits zu Beginn der Arbeit diskutiert, dass Branchengrenzen an Aussagekraft verlieren.1006 Die Aufnahme dieser Variable kann aber der Überprüfung dienen, ob in verschiedenen Branchen nicht doch unterschiedliche Aspekte des Geschäftsmodells einen entscheidenden Einfluss auf die Erfolgswirkung haben. Neben der Einordnung in eine von 15 Branchen wurde um die Angabe gebeten, ob das Unternehmen dem produzierendem Gewerbe oder dem Dienstleistungsgewerbe zuzuordnen ist.
1004 1005 1006
Vgl. Spanos/Lioukas (2001), S. 914. Mason (1939), S. 62. Vgl. Kapitel 2.3.2.
167
5 Durchführung der empirischen Untersuchung Nachdem im vorangegangenen Kapitel die zu untersuchenden Hypothesen aufgestellt wurden und die dafür notwendige Operationalisierung der zu messenden Konstrukte erfolgt ist, soll im folgenden Kapitel nun die Durchführung der empirischen Untersuchung näher erläutert werden. Nach einer Beschreibung der Datengrundlage und -erhebung in Kapitel 5.1 wird in Kapitel 5.2 das Messmodell überprüft. Kapitel 5.3 dient schließlich Darstellung, Analyse und Diskussion der Ergebnisse der Untersuchung.
5.1
Datengrundlage
Dieser Abschnitt beschreibt Auswahl, Erhebung und Güte der Datenbasis, welche der empirischen Untersuchung zugrunde lag. Dabei beschäftigt sich Kapitel 5.1.1 mit der Bildung der Stichprobe, während das folgende Kapitel 5.1.2 auf die eigentliche Datenerhebung eingeht. Anschließend werden in den Kapiteln 5.1.3 und 5.1.4 die Verwertbarkeit bzw. Repräsentativität der Daten untersucht.
5.1.1
Bildung der Stichprobe
In der Literatur wird gefordert, dass die Autoren empirischer Arbeiten klarstellen, welche Arten von Unternehmen ihre Stichproben beinhalten bzw. anhand welcher Kriterien die Unternehmen ausgewählt wurden, um bspw. Vergleiche von Ergebnissen verschiedener Studien durchführen zu können.1007 Jedes Unternehmen führt in irgendeiner Form Transaktionen mit Kunden, Lieferanten und/oder Geschäftspartnern durch. Insofern verfügt auch jedes Unternehmen über ein mehr oder weniger differenziertes Geschäftsmodell nach der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Definition. Wie in Kapitel 2.2.2 erläutert, wurden für die vorliegende kleine und mittlere
1007
168
Vgl. Miller (1996), S. 508; Vanderwerf/Brush (1989), S. 54f.
Wachstumsunternehmen als Untersuchungsobjekte ausgewählt, da diese besonders für die Betrachtung der Erfolgswirkung unterschiedlicher Geschäftsmodelle geeignet scheinen. Grundlage für die Auswahl potenzieller Teilnehmer an der empirischen Untersuchung war eine nicht öffentlich zugängliche Datenbank basierend auf Handelsregistereinträgen und Selbstauskünften deutscher Unternehmen. Aus dieser Datenbank wurden zwei zufällige Samples gezogen. Wie in Kapitel 2.2.2 erwähnt, wurde hinsichtlich der Größe der Unternehmen eine Grenze von 500 Mitarbeitern angesetzt. Bei der Bildung der anzuschreibenden Stichprobe wurden darüber hinaus einige Faktoren berücksichtigt, welche die Gesamtheit in Frage kommender Unternehmen einschränken und helfen sollten, potenzielle Untersuchungsteilnehmer zu identifizieren. So blieben nicht-originäre Gründungen bei der Auswahl der Unternehmen unberücksichtigt. Diese Entscheidung wurde getroffen, weil zwischen unabhängigen Unternehmen und Unternehmen in Konzernbesitz substantielle Unterschiede im Erfolg bestehen und eine Vergleichbarkeit somit nicht gegeben ist.1008 Die Arbeiten von Zott/Amit beschäftigen sich ausschließlich mit börsennotierten Unternehmen.1009 Eine Einschränkung auf börsennotierte Firmen bringt Nachteile mit sich, da sie zu adverser Selektion führt; denn Firmen, die vor einem eventuell geplanten Börsengang scheitern, können in einem solchen Sample nicht mehr enthalten sein.1010 Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Unternehmen, die sehr erfolgreich sind, jedoch gar keinen Börsengang anstreben (bspw. Unternehmen in Familienbesitz). Daher kann die Auswahl der mehrheitlich nicht börsennotierten KMU-Unternehmen einen Erkenntniszuwachs hinsichtlich der Anwendbarkeit der Geschäftsmodelldefinition auf solche Unternehmen liefern. Arbough et al. kritisieren, dass Arbeiten im Entrepreneurship-Bereich zumeist auf zu einfache Kriterien bei der Definition, was "entrepreneurial" ist, zurückgreifen und betonen in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Innovation und Wachstumsorientierung: "The qualities of innovation and growth orientation, on the other hand, are widely accepted in the literature as key distinguishing features of true entrepreneurship."1011 Um zu gewährleisten, dass es sich bei den befragten Unternehmen um solche handelt, die Wachstum zum Ziel haben und bei denen somit die Gestaltung des Geschäftsmodells zur Wertschöpfung auch relevant ist, wurde die Untersuchung auf bestimmte Branchen begrenzt.1012 Bei der Auswahl der Unternehmen
1008 1009 1010 1011 1012
Vgl. bspw. Dowling/McGee (1994), S. 1669. Vgl. Zott/Amit (2008), S. 10; Zott/Amit (2007), S. 186; Amit/Zott (2001), S. 501. Vgl. Dowling/McGee (1994), S. 1669. Arbough et al. (2005), S. 112. Vgl. Vanderwerf/Brush (1989), S. 53f.
169
wurde vorausgesetzt, dass die Unternehmen einer so genannten technologienahen bzw. forschungs- und wissensintensiven Branche angehören. Diese wurden über den in der Datenbank angegebenen Wirtschaftszweig (WZ93) ausgewählt.1013 Auf diese Branchen wird häufig zurückgegriffen, um Wachstumsunternehmen generell auszuwählen bzw. um wachstumsorientierte Gründungen von reinen Existenzgründungen abzugrenzen.1014 Mit den genannten Auswahlkriterien wurde die potenzielle Teilnehmermenge soweit möglich dahingehend eingegrenzt, dass Unternehmen mit ausgeprägten Richtungen der Geschäftsmodellgestaltung erwartet werden konnten. Die auf diese Weise identifizierten Unternehmen wurden, soweit nicht in vorherigen Untersuchungen ausreichend geschehen, einer weiteren Prüfung über das Internet unterzogen. Dabei wurden auch die Daten der betreffenden Unternehmen auf Aktualität geprüft und ggf. neue Kontaktdaten aufgenommen. Insgesamt konnten so 2418 Unternehmen ermittelt werden, die als Befragungsobjekte für diese Arbeit geeignet erschienen.
5.1.2
Datenerhebung
Die Durchführung der Umfrage erfolgte im Januar und Februar 2008 mittels eines Internetbasierten Fragebogens. Die potenziellen Teilnehmer wurden per E-Mail eingeladen und aufgefordert, an der Umfrage mitzuwirken. Die E-Mail enthielt dazu einen Link, der den Zugang zum Online-Fragebogen über das Internet herstellte.1015 Dieser Link enthielt gleichzeitig einen für jeden Teilnehmer personalisierten Code, so dass jederzeit über die Umfragesoftware ersichtlich war, welche Teilnehmer bereits an der Befragung teilgenommen hatten und ob sie diese beendet bzw. abgebrochen hatten.1016 Außerdem wurde durch den personalisierten Code sichergestellt, dass jeder Teilnehmer den Fragebogen nur einmal ausfüllen konnte. Neben der Möglichkeit der Nachverfolgung des Antwortverhaltens der angeschriebenen Personen in Echtzeit bietet die Befragung per E-Mail und Internet eine Reihe von weiteren
1013
1014 1015 1016
Der "WZ93" wird bspw. vom Statistischen Bundesamt verwendet und häufig für derartige Klassifikationen von Branchen herangezogen. Vgl. auch Grupp et al. (2000), S. 75ff. Vgl. bspw. Brettel et al. (2008), S. 1202; Claas (2006), S. 169; Burgel/Murray (2000), S. 43. Ein Beispiel für das E-Mail-Anschreiben findet sich in Anhang 1. Die Ergebnisse der individuellen Teilnehmer waren darüber jedoch nicht zuordenbar sondern wurden getrennt abgespeichert. Dies ermöglichte die Zusicherung der Anonymität der Befragungsergebnisse auf Ebene einzelner Unternehmen.
170
Vorteilen gegenüber anderen Methoden. Zu nennen sind zunächst niedrigere Kosten aufgrund Einsparung von Porto- und Druckkosten bei schriftlichen Befragungen per Brief bzw. gegenüber Kosten für die Durchführung von Telefoninterviews.1017 Insbesondere bei höheren Teilnehmerzahlen schlägt sich der Vorteil der niedrigen bis nicht vorhandenen variablen Kosten von Online-Erhebungen nieder, da im Wesentlichen Fixkosten wie Lizenzgebühren entstehen.1018 Zudem erlaubt die Datenerhebung per Internet eine schnellere Durchführung der Umfrage auch bei größeren Teilnehmerzahlen. Andere Methoden können nicht mit gleicher Geschwindigkeit die spezifischen Ansprechpartner erreichen.1019 Cobanoglu et al. ermittelten Antwortzeiten von im Schnitt vier Tagen für Faxantworten, etwa sechs Tage für Internet-basierte Antworten und über 16 Tage für postalisch versendete Antworten.1020 Darüber ist die elektronische Erfassung weniger fehleranfällig bei der Datenübertragung in das jeweils gewählte Programm zur Auswertung. Die Daten können weitestgehend automatisiert übertragen werden, wodurch das Risiko, Fehler bei der manuellen Dateneingabe von Papierfragebögen zu machen, reduziert wird.1021 Die Online-Befragung ermöglicht auch, das Antwortverhalten der Teilnehmer genauer zu analysieren und so z. B. Fragen zu identifizieren, deren Beantwortung besonders viel Zeit in Anspruch zu nehmen scheint oder die besonders häufig zum Abbruch des Fragebogens führen.1022 Zu den Nachteilen Internet-basierter Befragungen gehörte in den Anfängen des Internets die fehlende Repräsentativität der Stichprobe bedingt durch niedrige Verbreitung der notwendigen technischen Mittel (E-Mail-Zugang).1023 Heutzutage kann jedoch davon ausgegangen werden, dass gerade in der Zielgruppe der Unternehmer eine vollständige Verbreitung des Mediums vorliegt.1024 Technische Hindernisse, wie langsame oder unzuverlässige Internetverbindungen, können Teilnehmer zum Abbruch verleiten.1025 Auch dieses Problem sollte aber bei der heutigen technischen Infrastruktur nicht mehr auf die Zielgruppe Unternehmer zutreffen. Bei den durchgeführten Vortests zur Umfrage mit unterschiedlichen Internetbrowsern und über unterschiedliche Internetzugangsanbieter wurden keine Schwierigkeiten festgestellt.
1017 1018 1019 1020 1021 1022 1023 1024 1025
Vgl. Schaefer/Dillman (1998), S. 379. Vgl. Cobanoglu et al. (2001), S. 449. Vgl. Simsek/Veiga (2001), S. 220f. Vgl. Cobanoglu et al. (2001), S. 448. Vgl. Granello/Wheaton (2004), S. 388. Vgl. Bosnjak/Tuten (2001). Vgl. Couper (2000), S. 467f. Vgl. Hiddemann (2007), S. 81. Vgl. Couper (2000), S. 474.
171
Die Vorteile Internet-basierter Befragungen überwogen damit klar die möglichen Nachteile, welche weitestgehend ausgeschlossen oder reduziert werden konnten, bzw. als für diese Befragung unerheblich eingestuft werden können. Ein großes Problem bei schriftlichen Umfragen besteht sehr häufig in einer hohen Zahl nicht antwortender Adressaten.1026 Gerade bei Internet-basierten Umfragen wird häufig eine besonders niedrige Rücklaufquote erwartet.1027 In einer Meta-Analyse von 45 Vergleichen zwischen Internet-basierten Umfragen mit anderen Methoden kommen Manfreda et al. für Internet-basierte Umfragen auf eine im Schnitt 11% niedrigere Antwortquote.1028 Bei Cobanoglu et al. ist die Antwortquote der Befragung per E-Mail dagegen signifikant höher als die Antwortquoten per Fax und Brief.1029 Um die Zahl nicht antwortender Adressaten möglichst gering zu halten und somit eine möglichst hohe Rücklaufquote zu erzielen, wurde eine Reihe von Faktoren bei der Formulierung des Anschreibens wie auch bei der Gestaltung des Online-Fragebogens beachtet, welche in verschiedenen Studien empfohlen wurden.1030 Mit der RWTH Aachen wurde sowohl in der Betreffzeile des E-Mail-Anschreibens als auch im Anschreiben selbst eine renommierte Institution genannt, deren Erwähnung die Vertrauenswürdigkeit des Absenders verstärken sollte und der Untersuchung zusätzliche Bedeutung verleihen sollte. Ebenfalls zu diesem Zweck wurde die Einladung zur Teilnahme auch im Namen von Univ.-Prof. Dr. Brettel ausgesprochen. Die Einleitungsseite zum Fragebogen enthielt ebenfalls den Hinweis auf die RWTH Aachen, das Logo der RWTH Aachen wurde zudem auf jeder Seite des Online-Fragebogens gezeigt. Simsek/Veiga empfehlen gerade für Internet-basierte Befragungen, besonderen Wert auf die Verdeutlichung der hinter einer Umfrage stehenden Personen und Organisationen zu legen, da Identitäten im Internet besonders häufig hinterfragt würden.1031 Anschreiben und Erinnerungen wurden daher auch über die persönliche RWTH-E-Mail-Adresse des Doktoranden versandt. Die E-Mail-Anschreiben wurden immer dann, wenn Informationen zu einem konkreten Ansprechpartner vorlagen oder über die Internet-Recherche ein solcher identifiziert werden konnte, personalisiert. Dazu wurden der Name des Unternehmens sowie Name und vollständiger Titel des Ansprechpartners im Kopf des Anschreibens aufgeführt und der Name
1026 1027 1028 1029 1030 1031
Vgl. Diamantopoulos/Schlegelmilch (1996), S. 505. Vgl. Manfreda et al. (2008), S. 79. Vgl. Manfreda et al. (2008), S. 97. Vgl. Cobanoglu et al. (2001), S. 449. Vgl. Simsek/Veiga (2001), S. 228ff. Vgl. Simsek/Veiga (2001), S. 229.
172
des Ansprechpartners in die Anrede aufgenommen. Zusätzlich wurde der Name des Unternehmens im Text des Anschreibens noch einmal erwähnt. Gendall stellt 2005 fest, dass Personalisierung bei schriftlichen Befragungen mittlerweile zum Standard gehöre und daher nur ein geringer bis gar kein positiver Effekt auf das Antwortverhalten zu erwarten sei.1032 Dennoch empfiehlt er, Anschreiben zu personalisieren: "unless there is a good reason to avoid personalisation, survey researches should use it. At worst, it will have no effect, but it might have a positive effect."1033 Im Anschreiben wurde bewusst darauf hingewiesen, dass sich die Befragung an Teilnehmer mit Erfahrung in leitender Position richtet. Dies sollte zum einen sicherstellen, dass die Teilnehmer zur Beantwortung der Fragen qualifiziert sind, zum anderen aber auch die Bedeutung der Antwort des Teilnehmers aufwerten.1034 Des Weiteren wurde im Anschreiben und an relevanter Stelle im Fragebogen die vertrauliche Behandlung aller Daten zugesichert, die zudem nur zu rein wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden. Der Hinweis auf die vertrauliche Behandlung zu rein wissenschaftlichen Zwecken war von besonderer Bedeutung, da sich unter den Teilnehmern auch zahlreiche Eigentümer/Gründer der jeweiligen Unternehmen befanden. Diese sind oftmals besonders zurückhaltend, wenn es um die Preisgabe von Erfolgszahlen geht.1035 Als Anreiz zur Teilnahme wurden die Teilnehmer darauf hingewiesen, dass sie bei Beendigung des Fragebogens auf Wunsch eine praxisorientierte Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse erhalten könnten. Letztlich wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, den Fragebogen als Datei im PDF-Format auf der Homepage des Lehrstuhls WIN der RWTH Aachen herunterzuladen, auszudrucken und ausgefüllt an die Faxnummer des Lehrstuhls zurückzusenden. Diese Möglichkeit wurde angeboten, um Teilnehmern mit geringer Internet-Affinität die Möglichkeit des papierbasierten Ausfüllens des Fragebogens zu geben. Bei der Gestaltung von Onlinefragebögen besteht großer Spielraum bei der Art und Weise, in der die Fragen präsentiert werden.1036 Eine wesentliche Entscheidung ist hier die Wahl der Seitenzahl. Das Spektrum reicht hier theoretisch von der Präsentation aller Fragen auf einer einzigen langen Seite, bei welcher der Proband dann den Bildschirm mehrfach herunterscrollen muss, um alle Fragen zu Gesicht zu bekommen, bis zu der Verteilung aller
1032 1033 1034 1035 1036
Vgl. Gendall (2005), S. 367. Gendall (2005), S. 380. Vgl. Yu/Cooper (1983), S. 38. Vgl. Dess/Robinson (1984), S. 266. Vgl. Peytchev et al. (2006), S. 597.
173
Fragen auf jeweils eine Seite. Bei letzter Version muss der Proband gar nicht scrollen, dafür sehr häufig die nächste Seite anfordern. Peytchev et al. fanden bei einem Vergleich beider Verfahren keine signifikanten Unterschiede in den Rücklaufquoten.1037 Für die vorliegende Untersuchung wurde dennoch bewusst ein Fragebogendesign mit einer höheren Seitenzahl gewählt, bei dem die zu einem Konstrukt gehörenden Fragen jeweils auf einer Seite oder bei größeren Konstrukten auf zwei Seiten präsentiert wurden. Dieses Design wurde gewählt, da von den Vortestern empfohlen wurde, Scrolling soweit möglich zu vermeiden, weil es als umständlicher und zeitaufwendiger empfunden wurde. Auch ermöglichte das gewählte Design, dass die Antworten je ausgefüllter Seite gespeichert wurden. Letzteres erlaubt den Probanden, bei einer Unterbrechung der Umfrage diese später wieder aufzunehmen, ohne dass die Antworten der bereits ausgefüllten Seiten verloren gehen. Zudem konnten durch die Speicherung der Antworten auch Fragebögen verwendet werden, die kurz vor Erreichen der Endseite abgebrochen wurden. Um eine möglichst hohe Rücklaufquote zu gewährleisten wurden die angeschriebenen Geschäftsführer, die nicht auf die erste Einladung reagiert haben, nach einer Zeitspanne von zwei Wochen mit einer weiteren E-Mail mit verändertem Text an die Umfrage erinnert. Unternehmen, die auch auf diese Erinnerung nicht reagierten, erhielten nach weiteren vierzehn Tagen eine zweite Erinnerung mit noch einmal verändertem Text.1038 Der Versand von Erinnerungsschreiben wird als effektive Methode zur Erhöhung der Rücklaufquote bei Internetbefragungen angesehen.1039 Zur Erhöhung der Teilnahmebereitschaft verwiesen die Erinnerungsschreiben auf den bereits vorliegenden Rücklauf und damit auf interessante Auswertungsmöglichkeiten, wie auch auf die Tatsache, dass der Nutzen der Untersuchung bei höherer Teilnehmerzahl weiter zunehme. Zudem wurde explizit auf die Tatsache hingewiesen, dass die Teilnahme auch zum Gelingen der Doktorarbeit beiträgt. Yu/Cooper empfehlen einen solchen persönlichen Appell um die Rücklaufquote zu erhöhen.1040 Von den 2418 versandten E-Mails kamen 115 als unzustellbar zurück und konnten nicht durch erneute Recherche an eine Kontaktperson des betreffenden Unternehmens nachgeschickt werden. Darüber hinaus meldeten 19 angeschriebene Personen zurück, dass ihr Unternehmen nicht für eine Teilnahme an der Befragung geeignet ist,1041 sie nicht mehr im
1037 1038 1039 1040 1041
174
Vgl. Peytchev et al. (2006), S. 599. Beispiele beider Erinnerungsanschreiben finden sich im Anhang. Vgl. Simsek/Veiga (2001), S. 229. Vgl. Yu/Cooper (1983), S. 38. Z. B. bei einer rein als Komplementär fungierenden Gesellschaft ohne eigenes operatives Geschäft oder bei Unternehmen, die sich derzeit in einer Umstrukturierungsphase befinden.
Unternehmen tätig sind oder das Unternehmen gar nicht mehr existiert. Durch Eliminierung der genannten Fälle reduzierte sich die potenzielle Untersuchungsbasis auf 2284 Unternehmen. Bei 268 an der Untersuchung teilnehmenden Unternehmen ergibt sich damit eine Rücklaufquote von 12%. Weitere 60 angeschriebene Unternehmen meldeten zurück, dass sie sich nicht an der Untersuchung beteiligen möchten. Am häufigsten genannte Gründe hierfür waren Zeitmangel bzw. Ressourcenknappheit, ggf. in Verbindung mit generell hoher Zahl an sonstigen Befragungen. Einige Unternehmen verwiesen auch auf eine grundsätzliche Ablehnung von Umfragen aus Vertraulichkeitsgründen. Die Antwortquote, berechnet aus der Anzahl der Rückmeldungen jeglicher Art (268+19+60) geteilt durch die Anzahl erfolgreich zugestellter Einladungen (2418-115) betrug somit 15%. 40% der verwertbaren Antworten entfielen auf die ursprüngliche Einladung, 30% auf die erste Erinnerung und weitere 30% des Rücklaufs gingen nach der zweiten Erinnerung ein. 14 Tage nach Versand der zweiten Erinnerung wurde die Umfrage beendet und eine Teilnahme war nicht mehr möglich. Folgende Abbildung zeigt die Verteilung des Rücklaufs nach Tagen: Rücklauf kumuliert (%) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 09.01.2008 Start
10-14 Tage 1. Erinnerung
28-30 Tage 2. Erinnerung
29.02.2008 Ende
Zeitverlauf der Umfrage Abb. 12: Zeitliche Verteilung des Rücklaufs der empirischen Untersuchung Quelle: Eigene Darstellung
175
Insgesamt neun Unternehmen machten von der Möglichkeit Gebrauch, den Fragebogen in der bereitgestellten PDF-Version auszudrucken, auszufüllen und per Fax oder Post zurückzusenden.1042
5.1.3
Verwertbarkeit der Daten
In der Summe haben 268 Geschäftsführer oder Führungskräfte den Fragebogen zum Geschäftsmodell ihres Unternehmens ausgefüllt. Zwei Antworten mussten eliminiert werden, da die Befragten in ihrem Antwortverhalten keinerlei Varianz aufwiesen und offensichtlich nur den Fragebogen "durchklicken" wollten. Alle erhaltenen Datensätze wurden auf fehlende Werte überprüft, da bei einem zu hohen Anteil an fehlenden Antworten die Gültigkeit des gesamten Fragebogens angezweifelt werden muss. Als Grenzwert wurde hierfür die von Roth/Switzer vorgeschlagene 30%-Hürde herangezogen.1043 38 Datensätze wiesen einen kritischen Anteil fehlender Werte auf und wurden demzufolge vor der Auswertung eliminiert. Darüber hinaus wurde geprüft, inwiefern die zur Berechnung der abhängigen Variablen benötigten Werte in den Datensätzen vorhanden waren. Hier wurde die von Haenlein genannte kritische Grenze von 50% angesetzt.1044 Es musste allerdings kein weiterer Datensatz anhand dieses Kriteriums eliminiert werden. In die weitere Auswertung geht somit eine Stichprobe von 228 Datensätzen ein.
5.1.4
Repräsentativität der Daten
Diamantopoulos/Schlegelmilch bezeichnen das Problem der Nichtbeteiligung (NonResponse-Bias) als das größte Problem Fragebogen-basierter Umfragen, da es nicht nur quantitative sondern auch qualitative Auswirkungen auf die erhobene Datenbasis hat.1045 Bevor anhand der empirisch erhobenen Daten Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit gezogen
1042
1043 1044 1045
176
Acht Unternehmen sendeten den Fragebogen per Fax zurück, ein Unternehmen per Post. Jeweils drei der Fax- und Postantworten erfolgten nach der ersten Einladung, nach der ersten Erinnerung bzw. nach der zweiten Erinnerung. Vgl. Roth/Switzer (1995), S. 1010. Vgl. Haenlein (2004), S. 78. Vgl. Diamantopoulos/Schlegelmilch (1996), S. 505.
werden können, muss demnach ausgeschlossen werden, dass durch die Nichtbeteiligung an der Umfrage systematische qualitative Unterschiede zwischen erhobener Stichprobe und Grundgesamtheit entstanden sind. Um festzustellen, ob eine solche Verzerrung vorliegt, wurde das Vorliegen eines möglichen Non-Response-Bias mittels einer von Armstrong/Overton vorgeschlagenen Methode getestet.1046 Bei dieser Methode wird angenommen, dass Umfrageteilnehmer, die relativ spät geantwortet haben, den Nichtantwortenden ähnlicher sind als die Teilnehmer, die früh an der Umfrage teilgenommen haben.1047 Zur Prüfung mittels dieses Verfahrens wurden die Teilnehmer anhand ihrer jeweiligen Antwortdauer (Zeitraum seit erster Einladung zur Teilnahme an der Umfrage) in drei Gruppen eingeteilt. Mittels eines geeigneten t-Tests erfolgte dann ein Vergleich der Antworten der Teilnehmer des ersten Drittels und der Teilnehmer des letzten Drittels (letztere simulieren die Nicht-Antworter).1048 Dabei wurde bei 68 von 78 Variablen kein signifikanter Unterschied auf einem Signifikanzniveau von 0,05 festgestellt. Dieses Resultat lässt darauf schließen, dass kein Non-Response-Bias die Antworten verzerrt. Zudem wurde die Verteilung der Stichprobe der teilnehmenden Unternehmen mit verwertbaren Antworten hinsichtlich Branchenzugehörigkeit und regionaler Herkunft der Unternehmen untersucht und mit der Grundgesamtheit der angeschriebenen Unternehmen (abzüglich unzustellbare und ungeeignete Unternehmen) verglichen. Dabei wurde für die Branchenzugehörigkeit die Kategorisierung nach WZ93 gewählt, für die regionale Verteilung wurde auf die erste Stelle der Postleitzahl des Firmensitzes zurückgegriffen. Die Ergebnisse lieferten keinen Hinweis auf außergewöhnliche Verzerrungen der Stichprobe gegenüber der Gesamtheit der angeschriebenen Unternehmen. Ein Informant-Bias liegt vor, wenn Verzerrungen in den Daten bedingt durch die Auswahl der Gruppe der antwortenden Personen vorliegen. Ursache hierfür sind ggf. vorhandene Unterschiede zwischen subjektiver Wahrnehmung der Informanten und objektiv vorliegendem Wert.1049 Dabei ist anzumerken, dass bei der Befragung von Einzelpersonen letztlich alle Antworten als subjektiv zu werten sind, es sollen aber Verzerrungen ausgeschlossen werden, die sich möglicherweise aus der Position der befragten Person
1046 1047
1048
1049
Vgl. Armstrong/Overton (1977), S. 396ff. Vgl. Homburg/Fürst (2005), S. 101; Sands/Pragasam (1997), S. 193; Armstrong/Overton (1977), S. 399f.; Oppenheim (1966), S. 34. Dabei wurde zunächst ein F-Test (Levene's Test for Equality of Variances) durchgeführt um festzustellen, ob gleiche Varianzen angenommen werden. In Abhängigkeit des Ergebnisses des F-Tests wurden dann die ermittelten t-Werte interpretiert. Vgl. Bagozzi et al. (1991), S. 243f.
177
ergeben könnten. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden Geschäftsführer als Adressaten der Umfrage ausgewählt, da diese i. d. R. die Situation des Unternehmens hinsichtlich seines Umfelds, des Erfolgs relativ zu den Wettbewerbern und vor allem seines Geschäftsmodell am besten beurteilen können. Da jedoch ein Teil der Antworten (9%) durch leitende Angestellte oder Mitarbeiter erfolgte, kann als Test ein Vergleich der Antworten von Geschäftsführern und Nicht-Geschäftsführern erfolgen.1050 Der Mittelwertvergleich ergibt, dass 70 von 78 Variablen keine signifikanten Unterschiede aufweisen (p