Janelle Denison
Gestern noch brav, heute...
Tiffany Sexy 05-1
01/03
Gescannt von almutK.
1. KAPITEL »Ich brauch...
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Janelle Denison
Gestern noch brav, heute...
Tiffany Sexy 05-1
01/03
Gescannt von almutK.
1. KAPITEL »Ich brauche eine Frau.« »Das kann man wohl sagen. Wenn du regelmä ßig Sex hättest, dann wärst du bei der Arbeit viel leicht nicht so zerstreut.« Cole Sommers bedachte seinen jüngeren Bruder mit einem nachsichtigen Blick über seinen Eichen holzschreibtisch hinweg. »Haha, sehr witzig, Noah. Du bist wirklich ein richtiger Spaßvogel.« Noah lachte. »Hey, ist doch wahr! Sex wirkt wah re Wunder. Sieh mich an! Ich bin immer bester Lau ne.« Ein mutwilliges Grinsen blitzte in seinem Ge sicht auf, sein Markenzeichen. »In Anbetracht dei ner Verdrießlichkeit ist es wohl schon eine Weile her, dass du mal so richtig Dampf abgelassen hast.« Cole schnaubte verächtlich. Er lehnte sich in sei nem Sessel zurück und ließ die Schultern kreisen. Insgeheim musste er zugeben, dass er sich in letz ter Zeit angespannt und rastlos fühlte. Aber ob das am Mangel an Sex lag, da war er sich nicht so si cher. Eher war es wohl die unglückliche Anhäufung höchst unbefriedigender sexueller Begegnungen. Seine letzte Affäre lag jetzt ein halbes Jahr zurück und war alles andere als umwerfend gewesen. Et was Grundlegendes hatte gefehlt… eine gefühls mäßige Bindung. In der Folge war Cole ziemlich wählerisch geworden, wenn es darum ging, sich zu verabreden, was zu einer eher unfreiwilligen Absti nenz geführt hatte.
Das hatte zumindest ein Gutes gehabt. So konn te er sich voll und ganz auf seine wahre große Lie be konzentrieren, seine Firma. Sommers Investiga tive Specialists, eine erfolgreiche Detektei, war ein nehmend genug, um ihn Tag und Nacht zu beschäf tigen. »Du bist verdächtig still«, unterbrach Noah seine Gedanken. »Soll das heißen, dass ich Recht ha be?« »Wohl kaum«, versetzte Cole. »,Love ’em and leave ’em’ ist dein Motto, nicht meins. Ich schlafe nicht mit einer Frau, um sie hinterher sofort fallen zu lassen.« »Zum Teufel, du schläfst ja nicht mal mit einer.« Noah streckte die langen, in Jeans steckenden Beine aus und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Das ist das Problem mit dir, Cole. Für dich kommt die Arbeit vor dem Vergnügen. So ist es schon immer gewesen.« »Es ist ja nicht so, als hätte ich nie eine Bezie hung gehabt«, widersprach Cole. Doch in einem hatte Noah Recht: die Hingabe an seine Arbeit. Schon in sehr jungen Jahren hatte Cole die Last der Verantwortung auf sich genommen. Er kannte nichts anderes. Und er beklagte sich auch nicht. Im Gegenteil. Er liebte seine Arbeit. Jetzt im Alter von dreiunddreißig Jahren hatte er sich so ziemlich mit seinem Status als ewiger Junggeselle abgefunden und war zufrieden mit seinem Leben. Die Arbeit und andere Verpflichtungen hatten ihn stets völlig in An spruch genommen, von der Zeit an, als seine Eltern sich hatten scheiden lassen. Dann folgten der tragi sche Tod seiner Mutter und der schmerzliche Ver
lust des Mannes, der für ihn immer ein Held gewe sen war. Sein Blick schweifte zu der gerahmten Fotografie an der Wand. Es zeigte seinen Vater in Polizeiuni form. An seiner Seite strahlte ein sorgenfreier Tee nager in die Kamera, Cole. Das Foto war Jahre be vor Coles Vater bei einem Polizeieinsatz ums Leben gekommen war aufgenommen worden. Jahre bevor sich Coles Schicksal in eine völlig unerwartete Rich tung gewendet hatte. Coles strenge Arbeitsmoral resultierte aus schierem Beschützerinstinkt. Für seine Geschwister und nicht zuletzt auch für sich selbst. Sein Leben war nicht immer leicht gewesen, doch er bereute nichts. Er tendierte zu dem Glau ben, dass die Vergangenheit ihn zu einem stärke ren, besseren Menschen gemacht hatte – wenn auch zu einem ohne spektakuläres Liebesleben. »Du erinnerst dich sicher, dass ich mit einund zwanzig bereits eine ganze Familie ernähren muss te«, erklärte Cole. »Fürs Amüsieren blieb da nicht mehr viel Zeit.« Noah wurde sofort ernst. »Du hast mit Joelle und mir verdammt gute Arbeit geleistet. Und während der vergangenen zehn Jahre ist es dir gelungen, die Detektei zu einer florierenden und angesehenen Agentur aufzubauen. Dir haben wir es zu verdan ken, dass wir in Lohn und Brot stehen. Es wird all mählich Zeit, auch mal an dich selbst zu denken und dich den vergnüglichen Seiten des Lebens zu zuwenden.« Cole verzog die Lippen zu einem spöttischen Lä cheln. »Ist das deine Antwort auf alles, kleiner Bru der?«
»Yeah, auf fast alles«, gab Noah unumwunden zu. »Spaß ist ein hervorragendes Mittel gegen Stress. Wetten, dass ich länger lebe als du?« »Wegen all dem tollen Sex, den du hast?« »Ich sage dir, Cole«, grinste Noah, »du solltest wirklich zusehen, dass du mal zum Schuss kommst, und zwar möglichst regelmäßig.« Cole seufzte entnervt. »Könnten wir jetzt viel leicht etwas anderes diskutieren als mein Sexle ben?« »Dein nicht existierendes Sexleben«, verbesserte Noah ihn. »Danke, dass du mich immer wieder daran erin nerst.« »Hey, wir Jungs müssen doch zusammenhalten. Du hast eine Menge Jahre damit verbracht, dich um mich zu kümmern, jetzt bin ich an der Reihe.« Cole bedachte seinen Bruder mit einem strengen Blick. »Lass uns jetzt bitte zum eigentlichen Ge sprächsthema zurückkehren, okay?« »Sicher doch.« Noah setzte sich gerade hin und machte eine ernste Miene. »Also, du brauchst eine Frau und möchtest, dass ich dir eine besorge. Rich tig?« Cole krümmte sich innerlich, da gerade in diesem Augenblick seine Sekretärin, Melodie Turner, ins Büro kam. Ihre braunen Augen weiteten sich vor Erstaunen über Noahs Bemerkung, dann blickte sie neugierig von einem zum anderen. Besonders Cole musterte sie mit einem derart eindringlichen Blick, dass seine Haut anfing zu prickeln. Er versuchte den Gedanken an Sex aus seinem Hirn zu verbannen, doch recht erfolglos. In ihrem
klassischen marineblauen Kleid, das ihren Körper vom Hals bis zu den Waden versteckte, und mit ihrem ordentlichen Zopf sprühte seine spröde und tüchtige Melodie nun wirklich nicht gerade vor Ero tik. Das zumindest versuchte er sich schon seit Mo naten einzureden. Auf eine frische, natürliche Art war sie durchaus attraktiv, aber ganz und gar nicht sein Typ. Für sei nen Geschmack war sie zu lieblich, zu harmlos. Der Inbegriff des anständigen Mädchens, dazu be stimmt, einen ebenso anständigen jungen Mann zu heiraten und ein Häuschen im Speckgürtel der Stadt zu beziehen – plus der statistisch erhobenen 2,5 Kinder und Hund. Nachdem er seine Geschwis ter hatte großziehen müssen, war Cole ganz und gar nicht erpicht darauf, eigene Kinder in die Welt zu setzen. Er genoss seine Freiheit – zu kommen und zu gehen, wann es ihm beliebte, bis spät in den Abend im Büro zu bleiben. Darüber hinaus war Melodie die Tochter eines Freundes seines Vaters, Richard Turner, den Cole sehr respektierte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Richard begeistert wäre zu erfahren, welche Fantasien Cole in Bezug auf sein Töchterchen be flügelten. Fantasien, die darum kreisten, die Knöpfe ihres hochgeschlossenen Kleides zu öffnen, um einen Blick auf die kurvenreiche Figur zu erha schen, die er unter dem lose fallenden Stoff vermu tete. Ob sie wohl wirklich so feste, üppige Brüste und lange, wohlgeformte Beine hatte wie in seinen Träumen? Und trug sie praktische Baumwollunter wäsche oder seidige Spitzenwäsche?
Noahs anzügliches Räuspern katapultierte Cole in die Wirklichkeit zurück. Verdammt, Noah hatte Recht! Es wurde höchste Zeit, mal Dampf abzulas sen, wenn es inzwischen schon so weit war, dass er sich erotische Gedanken über seine Sekretärin machte. Er gab sich alle Mühe, Melodies Anwesenheit zu ignorieren, während sie den Raum durchquerte und eine Akte im Regal an der Wand verstaute. Cole holte tief Luft und richtete seine Aufmerksamkeit auf Noah. »Also, ich gebe dir jetzt alle Details zum Fall, damit du keine falschen Schlüsse ziehst«, sagte er bedeutungsvoll. Er beugte sich vor und schlug die Akte auf, die vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Mit raschem Blick überflog er die Informationen, die er bis jetzt zusammengetragen hatte. »Unsere Klien tin. Elena Russell besitzt ein Geschäft in Pacific Heights. Hauptsächlich verkauft sie antiken Schmuck und seltene Sammlerstücke.« Noah pfiff anerkennend durch die Zähne. »Pacific Heights! Eine richtige Nobelgegend! Wie kommt Elena Russell darauf, ausgerechnet unsere Detektei anzuheuern?« Dasselbe hatte Cole sie auch gefragt, wenn auch in etwas taktvolleren Worten. »Sie wollte jemanden außerhalb ihrer Kreise, damit auf keinen Fall durch sickert, dass sie eine Detektei eingeschaltet hat.« »Das macht Sinn. Wie heißt das Geschäft?« No ahs Schnüfflerinstinkt war erwacht. »Heritage Estate Sales. Im Laufe der Jahre ist es Elena gelungen, sich einen äußerst wohlhabenden Kundenstamm aufzubauen. Die Qualität ihrer Ware
wird hoch geschätzt, und sie gilt als absolut ver trauenswürdig und ehrlich… bis jetzt zumindest.« »Daraus schließe ich, dass jemand versucht, ih ren Ruf in den Schmutz zu ziehen.« »Ja. Und zwar ihr Exliebhaber, Jerry Thornton. Er ist Immobilienmakler. Elena zufolge hat er ihr einen wertvollen antiken Ring mit einem fünfkarätigen Di amanten geschenkt, dessen Wert auf über zwanzig tausend Dollar geschätzt wird. Als ihre Beziehung endete, verlangte er den Ring zurück. Sie besteht darauf, dass der Ring ein Geschenk war, doch er behauptet, Elena habe ihn aus seiner Sammlung gestohlen. Seine Anschuldigungen hat er ziemlich lautstark hinausposaunt, so dass Elenas Ruf ernst haft Schaden zu nehmen droht.« Noah rieb sich nachdenklich das Kinn. »Vielleicht hat sie den Ring ja gestohlen.« »Vielleicht. Elena behauptet jedoch, es existiere ein Brief, in dem Jerry ihr den Ring gewissermaßen als Liebespfand überlässt.« Noah lachte amüsiert auf. »Ein richtiger Roman tiker, was?« »Romantik ist gar kein Ausdruck für die Bezie hung, die die beiden hatten. Ganz offensichtlich hat ten sie Spaß daran, sich gegenseitig sehr eindeuti ge Liebesbriefe zu schreiben, und in einem dieser erotischen Ergüsse versprach Jerry Elena den be sagten Ring.« »Vermutlich in der Hitze des Gefechts«, bemerk te Noah grinsend. »Ich wette, der Brief ist ver schwunden?« »Volltreffer. Doch sie braucht ihn, um ihre Un schuld zu beweisen und ihren Namen reinzuwa
schen.« Aus den Augenwinkeln beobachtete Cole, wie Melodie den Aktenschrank schloss und mit ei nem Stapel Papiere auf den Schreibtisch zusteuer te. Als sie die Papiere ablegte und einige Unterlagen heraussuchte, die Cole unterschreiben sollte, stieg ihm ein verführerischer blumiger Duft in die Nase, der seine Sinne kitzelte und ihm die Konzentration raubte. Mit der Hüfte streifte Melodie seinen Arm, und eine heiße Welle der Erregung durchflutete ihn. Cole biss die Zähne zusammen und wandte sich wieder dem Fall Russell zu. »Elena behauptet, der Brief befinde sich in Jerrys Anwesen, sorgsam ge hütet in einem Lederkästchen mit Monogramm, das sie ihm zum Geburtstag geschenkt hat. Zuletzt hat sie das Kästchen in der Bibliothek gesehen.« »Und sie will, dass du in sein Haus einbrichst, um das Kästchen zu finden?« fragte Noah ungläubig. »Nein, natürlich nicht«, erwiderte Cole schärfer als beabsichtigt. Er holte tief Luft, um seinen Puls zu beruhigen, den Melodies Nähe zum Rasen ge bracht hatte. »In zwei Wochen plant Thornton auf seinem Anwesen eine Wohltätigkeitsveranstaltung für die oberen zehntausend, und es ist Elena gelun gen, zwei Einladungen zu ergattern. Da Thornton über ihre Anwesenheit sicher nicht begeistert wäre, ist das die perfekte Gelegenheit für mich, in sein Haus zu gelangen und nach dem Kästchen zu su chen.« »Klingt nicht besonders schwierig.« Ja, zumindest dieser Aspekt des Falls ist nicht allzu kompliziert, dachte Cole. Unglücklicherweise traf das nicht auf Elenas weiteres Anliegen zu.
Melodie wandte sich zum Gehen, und Cole atme te erleichtert auf. »So einfach bleibt es leider nicht. Ich brauche nämlich eine weibliche Begleitung, eine weltoffene, erfahrene Frau, die die Rolle der sinnli chen Sirene an meiner Seite spielt. Da die Briefe, um die es geht, von sehr eindeutigem Inhalt sind, will Elena auf keinen Fall, dass ein fremder Mann sie liest. Eine Frau soll den Brief finden und lesen, in dem der besagte Ring erwähnt wird.« »Ah, jetzt kapier ich.« Cole klappte die Akte Russell zu. »In Anbetracht deiner regen Kontakte zum anderen Geschlecht dachte ich, dass du mir helfen könntest. Wenn’s geht, würde ich eine Frau vorziehen, die kein kom pletter Dummkopf ist.« »Du willst also Sex-Appeal, Schönheit und Intelli genz in einer Person.« Noah verzog die Lippen zu einem Grinsen. »Mann, du bist wirklich beschei den.« Jetzt erst bemerkte Cole, dass Melodie an der Tür stehen geblieben war. Ganz offensichtlich hatte sie seiner Unterhaltung mit Noah gelauscht. In die sem Moment bedachte sie Cole mit einem Blick, der eine weitere Hitzewelle durch seinen Körper jagte. Ihre Blicke begegneten sich, und Melodie befeuch tete sich die Unterlippe mit ihrer Zungenspitze. Cole ertappte sich bei der Frage, wie diese rosi ge Zunge sich wohl auf seinem Körper anfühlen mochte. Mit aller Macht verbannte er diese verräte rischen Fantasien nach ganz hinten in seinem Be wusstsein. »Brauchst du etwas, Mel?« wandte er sich geschäftsmäßig freundlich an seine Sekretärin,
gerade als das Telefon im Vorzimmer zu schrillen anfing. Sie schüttelte den Kopf, machte aber keine An stalten zu gehen. In ihren großen braunen Augen lag eine Sehnsucht, die seine Erregung noch stei gerte. »Ähem, das Telefon klingelt«, erklärte er in neut ralem Ton, was Melodie endlich dazu veranlasste, sich aus ihrer Erstarrung zu lösen und ins Vorzim mer zu verschwinden. Noah beugte sich verschwörerisch vor. »Die ist scharf auf dich«, behauptete er mit gedämpfter Stimme. In einer Mischung aus Erstaunen und Verärge rung erwiderte Cole: »Um Himmels willen, Melodie ist meine treue Sekretärin und wie eine Schwester für mich.« Noah ließ ein leises, ironisches Lachen hören. »Nun, ich garantiere dir, dass sie in dir jedenfalls nicht den Bruder sieht.« »Wie kommst du darauf?« Cole bemühte sich, so unbeteiligt wie möglich zu klingen. »Du siehst es wirklich nicht, hm?« Noah schüttel te ungläubig den Kopf. »Verdammt, für einen TopSchnüffler bist du manchmal ganz schön blind.« »Was sehe ich nicht?« hakte Cole nach. Plötzlich interessierte es ihn brennend, was sein Bruder wohl beobachtet haben mochte. »Mal überlegen, womit fange ich am besten an?« Er hob die Hand und begann an den Fingern abzu zählen: »Mel kommt früh, geht als Letzte und be sorgt dir etwas zum Lunch, wenn du es nicht schaffst, deine Mittagspause zu nehmen. Sie bringt
deine Sachen in die Reinigung, erledigt allerlei per sönliche Angelegenheiten für dich und steht mehr als zehn Stunden täglich auf Abruf für dich bereit. Den Rest kannst du dir selbst zusammenreimen.« Noah stand auf und fügte mit einem lausbübischen Grinsen hinzu: »Was die Frau betrifft, die du für den Job brauchst, werde ich sehen, was ich für dich tun kann.« »Danke«, murmelte Cole geistesabwesend, als Noah sein Büro verließ. Cole fuhr sich nachdenklich durchs Haar und vergrub das Gesicht dann in den Handflächen. Er war völlig erschüttert von dem, was er soeben er fahren hatte. Wie hatte er nur die deutlichen Anzei chen für Melodies Gefühle übersehen können? Ganz offensichtlich hatte sein Unterbewusstsein ihm Scheuklappen verpasst, was Melodie betraf. Und dabei würde es hoffentlich auch bleiben, denn er beabsichtigte auf gar keinen Fall, eine heiße Af färe mit Richard Turners Tochter anzufangen. Wenn Cole für seinen Job eine Begleiterin brauchte, dann war Melodie nur zu begierig, diese Rolle zu spielen – in jeder Hinsicht. Selbst wenn sie sich mit einer einzigen Verabredung im Rahmen eines Auf trags begnügen musste. Dummerweise hatte sie nicht den geringsten Schimmer, wie sie ihren Boss davon überzeugen sollte, dass sie die Richtige für diesen Job war. Oder, besser gesagt, die Richtige für ihn. »Träum weiter«, stöhnte sie und ließ sich depri miert auf ihren Schreibtischstuhl sinken. Cole Sommers, sexy und umwerfend, beherrschte ihre
Träume und Fantasien nun schon seit Jahren. Sie war sechzehn gewesen, als ihr Vater ihn eines A bends zum Dinner mit nach Hause gebracht hatte. Noch heute erinnerte sie sich ganz genau an die Schmetterlinge in ihrem Bauch, die bei jedem seiner Blicke aus diesen samtblauen Augen zu tanzen an fingen. Und erst der Klang seiner weichen, tiefen Stimme! Ihr war jedes Mal ein wohliger Schauer über den Rücken gelaufen, wenn er etwas gesagt hatte. Und jetzt, zwölf Jahre später, übte er immer noch dieselbe Faszination auf sie aus. Verliebt gab sie sich ihren Tagträumen hin, während das Objekt ih rer Begierde sie nicht beachtete, jedenfalls nicht über ihre Position als tüchtige, ergebene Sekretärin hinaus. Melodie sehnte sich nicht nur danach, von Cole endlich als Frau wahrgenommen zu werden, sie hatte die vergangenen zwei Jahre auch nichts un versucht gelassen, ihm ihren detektivischen Spür sinn zu beweisen. Vom ersten Tag an hatte die Ar beit in der Detektei sie fasziniert, und eifrig hatte sie Cole, Noah und Joelle bei deren Recherchen unter stützt – in erster Linie beim Beschaffen von Hinter grundinformationen. Sie hatte alles über die Arbeit eines Privatdetektivs gelernt, was es zu wissen gab. Jetzt war sie bereit für den nächsten Schritt, bereit, Cole zu beweisen, dass sie zu mehr taugte als zur Erledigung des Papierkrams. Noah kam aus Coles Büro ins Vorzimmer, und Melodie verscheuchte ihre trübsinnigen Gedanken. Sie beugte sich über ihren Schreibtisch und gab sich beschäftigt.
»Hey, süßes Weib.« So nannte Noah sie schon seit ihrem ersten Tag in der Agentur. »Morgen bin ich den ganzen Tag unterwegs, falls du mich also für irgendetwas brauchst, pieps mich einfach an.« Melodie schenkte ihm ein warmherziges Lächeln. Sie hatte Noah schon immer gern gemocht. Er war einer jener Männer, die über reichlich Charisma ver fügten und die Frauen liebten. Ein richtiger Sonny boy. Doch über schwesterliche Zuneigung waren ihre Gefühle nie hinausgegangen. »Mach ich.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Es ist schon fast halb sechs. Warum machst du nicht mal ein bisschen früher Feierabend?« forderte er sie auf, wohl wissend, dass sie das Büro nie und nim mer vor sechs verlassen würde. »Du hast dir eine kleine Pause verdient.« Früh nach Hause gehen, wozu? Ihre Abende ver liefen in einem derart langweiligen Gleichmaß, dass es zum Weinen war: auf dem Nachhauseweg etwas aus dem Imbiss mitnehmen, Abendessen vor dem Fernseher, danach duschen. Dann der obligatori sche Anruf bei ihrem Vater und ab ins Bett, um zu lesen oder fernzusehen, bis der Schlaf sie über mannte. Die Wochenenden fielen ähnlich unspekta kulär aus. Essen gehen oder Kinobesuche in Be gleitung einer Freundin, das war’s. »Selbst Joelle weiß es zu schätzen, pünktlich nach Hause zu kommen.« Noah deutete auf das Büro seiner Schwester, in dem die Lichter bereits gelöscht waren. »Auf Joelle wartet zu Hause ja auch ein attrakti ver Ehemann«, versetzte Melodie.
»Willst du damit sagen, dass auf dich kein heißer Lover wartet, der sich danach verzehrt, über dich herzufallen?« erwiderte er in gespielter Entrüstung. Schön wär’s. »Sehr witzig«, erwiderte sie spitz. »Ich hab da einen kleinen Tipp für dich.« Er beugte sich vertraulich vor und zog neckend an ih rem Zopf. »Wenn du dich hier im Büro vergräbst, findest du deinen Mr. Right nie.« Melodie horchte auf. Sollte das eine versteckte Warnung in Bezug auf seinen Bruder sein, oder war die Bemerkung nichts weiter als eine seiner übli chen Frotzeleien? Er ging zur Tür. »Wie auch immer du deinen A bend verbringst, ich wünsche dir viel Spaß dabei, süßes Weib.« Bevor er die Tür hinter sich zuzog, zwinkerte er ihr noch einmal verschwörerisch zu. Süß. Sie verzog das Gesicht zu einer säuerlichen Miene. Melodie war es leid, mit dem Attribut süß bedacht zu werden. Okay, es war sicher nicht ver kehrt, nett und höflich zu sein, aber Melodie musste sich eingestehen, dass ihre freundliche Art bei den Männern nicht ankam. Sie war immer bescheiden und zurückhaltend gewesen, und als Resultat verlief ihr Leben in langweiligen, äußerst vorhersehbaren Bahnen. Sie hatte es satt, das liebe Mädchen zu sein, das stets das Richtige tat und sich von der Vernunft lei ten ließ. Ihr vorbildliches Benehmen hatte ihr bis jetzt nichts eingebracht, außer ein paar guten Freunden. Keine regelmäßigen Verabredungen und ein Liebesleben schon gar nicht. Jetzt, im Alter von achtundzwanzig, musste sie sich eingestehen, dass sie absolut keinen Spaß am Leben hatte. Sie war
auf dem besten Weg, sich in eine alte Jungfer zu verwandeln, während sie sich doch nichts sehnli cher wünschte, als hip und lebenserfahren zu sein, besonders, was Männer betraf. Melodie stützte das Kinn auf und verzog die Lip pen zu einem bitteren Lächeln. Wie lustig wäre es doch zur Abwechslung mal, das Luder zu spielen und aus dem monotonen Gleichmaß ihres Lebens auszubrechen! Nur einmal für sich selbst einzuste hen und sich zu holen, was sie wollte. Und sie wollte Cole Sommers. Sie wollte die Chance, ihm beweisen zu können, wie viel sie in all den Jahren über die Arbeit als Privatdetektiv gelernt hatte. Jetzt bot sich die Gelegenheit, wo er eine Partnerin brauchte. Sie war vielleicht nicht sexy o der umwerfend schön, doch sie war intelligent und kannte sich im Metier aus. Darüber hinaus war sie mit dem Fall Russell bestens vertraut, was ihr sicher einen Extrabonus einbrachte. Vorfreude und Aufregung packten sie, während ihr Plan langsam Gestalt annahm. Und als Cole wenige Minuten später ins Vorzimmer kam, war sie bereit, den Kampf aufzunehmen. »Hier ist die neue Akte im Fall Russell.« Er blieb vor Melodies Schreibtisch stehen und legte den Ordner in den Drahtkorb. In geschäftsmäßigem Ton fuhr er fort: »Nachdem du alles getippt hast, möchte ich die Akte gern zurückhaben. Heute Abend noch, wenn möglich. Ich habe morgen früh einiges zu er ledigen.« »Schon passiert.« Ein weiterer langer Abend im Büro – ihre eigene Wahl, das war ihr bewusst. Ihr übermäßiger Arbeitseifer war schuld daran, dass
Cole es als selbstverständlich hinnahm, sie als permanent verfügbar zu betrachten. Sie liebte ihren Job, aber ein bisschen abenteuerlicher als ständig nur Akten abtippen durfte es schon sein. Als Cole sich umwandte, um wieder in seinem Büro zu verschwinden, stand Melodie abrupt auf, ehe der Mut sie verließ. Cole blieb abwartend stehen und bedachte sie mit demselben unbeteiligten, wenn auch freundli chen Blick wie immer. Und doch lag diesmal etwas in den Tiefen seiner blauen Augen, was Melodies Herzschlag beschleunigte und ihr die Knie weich werden ließ. »Ja?« Sein schroffer Ton strafte ihre Einbildung Lügen. Die Wärme und die Aufmerksamkeit, die sie soeben noch in seinem Blick zu lesen geglaubt hat te, waren verschwunden. Coles hünenhafte Gestalt hatte sie bis jetzt nie eingeschüchtert, doch jetzt fühlte sie sich regelrecht überwältigt von seiner Anwesenheit. Hoch gewach sen und athletisch gebaut stand er vor ihr, selbst bewusst und robust, mit einer überwältigend männ lichen Ausstrahlung. Das schwarze Haar war zer zaust, das zerknitterte Hemd umspannte seine brei te Brust, und unter der khakifarbenen Hose zeich neten sich seine muskelbepackten Schenkel ab. Ein Fels in der Brandung, stark und ruhig. Und genau Melodies Typ. Ihre Magennerven zogen sich schmerzhaft zu sammen, und die Kehle wurde ihr trocken. Sie schluckte und rief sich das Sprichwort in Erinne rung, das sie von nun an zu ihrem Motto machen wollte, um nicht den Rest ihres Lebens wie eine
Nonne zubringen zu müssen: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! »Ich habe gehört, wie ihr euch über den Fall Russell unterhalten habt. Du brauchst also eine Frau, die dich zu Thorntons Wohltätigkeitsver anstaltung begleitet.« In seinem Blick lag eine Mischung aus Neugier und Wachsamkeit. »Kennst du jemanden, der die sen Part übernehmen könnte?« »Ja, doch.« Ihr wurde bewusst, wie sie nervös die Finger verknotete, eine lästige Angewohnheit, die sie schon als junges Mädchen geärgert hatte. Bewusst löste sie die Hände und stützte sie in die Seiten. »Ich habe die Lösung für dein Problem.« »Tatsächlich?« fragte er überrascht. Sie nickte knapp, holte tief Luft und platzte her aus: »Ich bin die Frau, die du brauchst.« Seine Brauen schössen in die Höhe. »Wie bit te?« Heiße Röte überzog ihr Gesicht. Hatte sie denn gleich so klingen müssen, als wollte sie sich ihm an den Hals werfen? »Für die Wohltätigkeitsveranstal tung, meine ich.« Seine ganze Haltung drückte aus, wie unwohl er sich in seiner Haut fühlte. »Das bezweifle ich.« »Warum?« Ihr ungewohnt herausfordernder Ton ließ ihn stutzen. »Weil ich dich nicht eingestellt habe, um an Fällen mitzuarbeiten.« »Und wenn ich das aber nun gern möchte?« Sie war über sich selbst schockiert. Und erfreut. Na al so, es funktionierte doch! Selbstbewusst straffte sie die Schultern. »Ich kenne mich bestens im Metier aus, und ich bin mit dem Fall vertraut. Wie schwierig
kann es außerdem sein, sich als deine Begleiterin auszugeben und Liebesbriefe zu lesen? Du brauchst eine Frau für den Job, und ich glaube die Voraussetzungen dafür zu erfüllen.« Sein Blick fiel auf ihre Brust, und Melodie wurde bewusst, dass der Stoff ihres Kleides sich über ih ren üppigen Brüsten spannte, wenn sie die Schul tern straffte so wie jetzt. Und was die Sache noch schlimmer machte: Sein unverblümtes Starren be wirkte, dass ihre Brustspitzen sich hart aufrichteten. Er hob den Blick und sah ihr ins Gesicht. Mit ei nem Seufzer rammte er die Fäuste in die Hosenta schen. »Melodie… dein Vater würde es sicher nicht gutheißen, wenn ich dich einer potenziell gefährli chen Situation aussetze.« Sein beschwichtigender Ton brachte sie innerlich in Rage. Sie hatte keine Lust, von Cole ebenso in Watte gepackt zu werden wie von ihrem Vater. Zu ihrem eigenen Erstaunen hörte sie sich sagen: »Ich bin ein erwachsener Mensch, und als solcher kann ich auf mich selbst aufpassen und meine eigenen Entscheidungen treffen. Wenn du dich dabei besser fühlst, mein Vater braucht ja nie von meiner Rolle in diesem Fall zu erfahren.« Er schüttelte entschieden den Kopf, wobei ihm eine widerspenstige dunkle Haarsträhne in die Stirn fiel. »Dieses Risiko kann ich nicht eingehen.« Weil ich Richard Turners Tochter bin, dachte sie, total entmutigt. Als hätte sie nicht ohnehin schon genug Probleme, Coles Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, stand auch noch ihr Vater wie eine Mauer zwischen ihnen. Cole war prinzipientreu genug, um die nächsten fünfzig Jahre zu seinem Entschluss zu
stehen. Obwohl sie seine hohen moralischen An sprüche einerseits bewunderte, wäre sie im Moment vor Wut beinahe geplatzt über seine verflixte An ständigkeit. Doch sie war weit davon entfernt aufzugeben. Melodie ging um den Schreibtisch herum auf ihn zu. »Cole…« Er hob abwehrend die Hand, um jede weitere Diskussion im Keim zu ersticken. »Tut mir Leid, a ber ich werde meine Meinung nicht ändern. Setz deine Talente hier im Büro ein, nicht im Außen dienst. Ende der Diskussion.« Das versteckte Kompliment über ihre Talente ließ ihr Herz höher schlagen. Melodie wusste, dass sie für Cole unersetzlich war, und zwar nicht nur im Hinblick auf ihre Fähigkeiten als Sekretärin. Als er sich erneut umdrehte, um in sein Büro zurückzukeh ren, hob sie trotzig das Kinn. Falls er glaubte, das Thema sei damit vom Tisch, so hatte er sich gründ lich getäuscht. Sie waren noch längst nicht fertig miteinander. Cole bezweifelte also, dass sie die Frau war, die er brauchte. Dann musste sie sich eben etwas ein fallen lassen, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen.
2. KAPITEL Beim Lunch schob Melodie lustlos ihr Essen auf dem Teller hin und her. In Gedanken war sie damit beschäftigt, ihre gestrige Unterhaltung mit Cole im mer wieder von neuem durchzuspielen. Sie hatte das ungute Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken.
Zwar war sie fest entschlossen, ihr Dasein als Mau erblümchen endlich aufzugeben, doch hatte sie kei nen blassen Schimmer, wie sie es schaffen sollte, sich in die Frau zu verwandeln, vor der Cole die Waffen streckte. »Sag nicht, du hast keinen Hunger«, meinte ihr Gegenüber, Coles Schwester Joelle, ungläubig. »Du bist die einzige Frau, die ich kenne, die einen ebenso gesunden Appetit hat wie ich – ich würde es sehr bedauern, eine Mitstreiterin zu verlieren.« Melodie schenkte ihrer Freundin und Kollegin ein amüsiertes Lächeln. »Seit du schwanger bist, hat sich dein Appetit noch verdoppelt, Jo. Wie kann ich mit deinen ewigen Futterattacken mithalten?« Jo rieb sich über den in Anbetracht ihrer fortge schrittenen Schwangerschaft erstaunlich sanft ge rundeten Bauch. Bis jetzt behalf sie sich mit Leg gings und langen, weiten T-Shirts. Umstandsmode schien sie nicht zu benötigen. »Schwanger zu sein liefert einem eine wunderbare Entschuldigung, um ordentlich reinzuhauen, doch Dean ist im Moment immer wie eine Glucke um mich herum. Er passt auf, dass ich auch ja das Richtige esse. Das hindert mich leider daran, mich in meinen Gelüsten frei zu entfalten.« Sie stöhnte in gespielter Verzweiflung. »Er be steht darauf, mir jeden Morgen das Frühstück und jeden Abend das Dinner zu machen, und alles ent hält immer alle wichtigen Bestandteile der Ernäh rungspyramide. Ein Glas Milch darf natürlich auch nicht fehlen. Die einzige Gelegenheit, meine wahren Gelüste zu befriedigen, sind die Mittagessen, die ich ohne ihn einnehme.«
Melodie wickelte einen Bissen Fettucini um ihre Gabel und spießte ein Stück zartes Hühnchen auf. »Sein fürsorgliches Verhalten lässt darauf schlie ßen, dass er einen wunderbaren Vater abgeben wird.« Joelles Blick aus ihren blauen Augen – sie hatten dieselbe Farbe wie Coles – wurde weich. »Ja, das wird er.« Beide arbeiteten sich eine Weile schweigend durch die Berge von Pasta auf ihren Tellern, bis Jo unvermittelt fragte: »Irgendwie wirkst du heute so geistesabwesend, auch schon vorhin im Büro. Stimmt etwas nicht?« Melodie schob sich einen weiteren Gabelbissen Fettucini in den Mund und überlegte, ob es ratsam war, Jo in ihr Dilemma einzuweihen. Sie brauchte dringend jemanden zum Reden – eine weltkluge, erfahrene Ratgeberin, die sich in Melodie hineinver setzen konnte. Melodies Mutter war leider viel zu früh gestorben, und ihr Vater hatte nicht wieder ge heiratet, so war sie ganz ohne weiblichen Beistand aufgewachsen. Natürlich hatte sie auch ein paar Freundinnen, zum Teil noch aus der Schulzeit, doch mit keiner war sie vertraut genug, um ihr ihre nicht vorhandenen Verführungskünste zu gestehen. Jo bot den Vorteil, dass sie als Coles Schwester einen ziemlich genauen Einblick in seine Psyche hatte. Vielleicht würde es Melodie mit ihrer Hilfe besser gelingen zu verstehen, was für ein Mensch er wirklich war. Außerdem betrachtete sie Jo als Freundin und Vertraute. Melodie tupfte sich den Mund mit der Serviette ab, schob ihren erst halb leer gegessenen Teller
beiseite und beschloss, sich Jo anzuvertrauen. »Können wir reden, gewissermaßen von Frau zu Frau?« Ein erwartungsvolles Lächeln legte sich um Joel les Lippen, und ihre Augen blitzten aufgeregt. »Klar doch. Schieß los, was hast du auf dem Herzen?« Sie verdrückte den Rest ihres Hamburgers und spülte ihn mit einem großen Schluck Sodawasser hinunter. Nach kurzem Zögern bekannte Melodie: »Ich hät te gern deinen Rat, wie man einen Mann um den kleinen Finger wickelt.« Joelle ließ ihr perlendes Lachen hören. »Wie um alles in der Welt kommst du auf die Idee, mich als Fachfrau in Männerangelegenheiten zu betrach ten?« »Schließlich hast du es geschafft, dir Dean zu angeln.« »Das passierte doch quasi so nebenbei.« Sie strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Ge sicht. »Als ich Dean begegnete, war ich gar nicht auf Männerfang.« Melodie spürte, wie sie errötete. »Das bin ich auch nicht«, stellte sie klar. »Es gibt nur einen Mann, den ich will.« Während die Kellnerin das Geschirr abräumte, lehnte Joelle sich in ihrem Stuhl zurück und be trachtete ihr Gegenüber nachdenklich. Nachdem sie sich noch ein Stück Schokoladentorte bestellt hatte, erklärte sie unvermittelt: »Ich möchte wetten, es ist Cole, hinter dem du her bist.« Himmel, war das denn so offensichtlich? »Stimmt genau«, gab Melodie zu, einerseits erleichtert, end
lich jemanden zu haben, mit dem sie über ihre Ge fühle sprechen konnte. »Ist mir das denn so sehr anzumerken?« Die Kellnerin brachte das Stück Torte, und Joelle zögerte nicht, sich sofort genüsslich einen großen Bissen einzuverleiben. »Sagen wir mal so, man kann in dir lesen wie in einem offenen Buch.« »Hat Cole etwas gemerkt?« fragte Melodie er schrocken. Joelle zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Aber er neigt dazu, Sachen zu verdrängen, mit denen er nicht umzugehen weiß. Gut möglich, dass du genau in diese Kategorie gehörst«, fügte sie lächelnd hin zu. »Das klingt nicht gerade besonders ermutigend.« »So, wie ich meinen Bruder kenne, versucht er zunächst mal alles, um seine Gefühle zu verleug nen. Du wirst ihn schon regelrecht zwingen müssen zuzugeben, dass er dich attraktiv findet.« Joelle verschlang einen weiteren Bissen der sahnigen Tor te. »Was genau ist denn eigentlich passiert?« Melodie erzählte ihr vom Fall Russell und dass Cole eine Frau brauchte, die ihn zu Thorntons Wohltätigkeitsball begleitete. »Ich habe ihm vorge schlagen mitzukommen und diese Liebesbriefe für ihn zu lesen. Ich bin sowohl mit dem Fall als auch mit dem Metier vertraut. Im Grunde gebietet es doch die Logik, dass ich ihm bei diesem Einsatz helfe, aber nein, er besteht darauf, meine Talente seien im Büro besser genutzt.« Joelle lachte amüsiert auf. »Oh, das hat er aber schön gesagt.«
»Außerdem behauptet er, mich nicht in eine po tenziell gefährliche Situation bringen zu wollen, während er gleichzeitig bereit ist, bei einer anderen weniger zimperlich zu sein. Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, benutzt er seine enge Freundschaft mit meinem Vater als Argument, mich von jeglicher Gefahr fern halten zu müssen, als sei es seine Pflicht, meinen Bodyguard zu spielen. Ich habe dieses übermäßige Behütetwerden endgültig satt!« »Wow, das kann ich dir nur zu gut nachempfin den! Mich hat Cole auch immer in Watte gepackt. Er hat erst nach meiner Heirat damit aufgehört. Seit dem Tag, als meine Eltern sich haben scheiden las sen, hat Cole es sich zur Aufgabe gemacht, den Beschützer für die Menschen zu spielen, die ihm nahe stehen. Als Cole nach dem Tod unseres Va ters die Pflicht zufiel, Noah und mich großzuziehen, ist es noch schlimmer mit ihm geworden. Cole nimmt seine Verantwortung stets sehr ernst.« »Das ist nun wirklich das Letzte, was ich möchte, dass er mich als Verpflichtung betrachtet«, versetz te Melodie niedergeschlagen. Joelle beschäftigte sich intensiv mit ihrem Ku chen, während sie angestrengt überlegte. Plötzlich hellte sich ihre Miene auf. »Wenn du auf dieser Wohltätigkeitsveranstaltung die Frau an seinem Arm sein willst, warum repräsentierst du dann nicht genau das, was er sich vorstellt?« »Und das wäre?« Worauf wollte Jo hinaus? »Was genau hat er Noah gesagt? Welche Krite rien soll sie erfüllen?«
»Eine sexy, weltkluge, intelligente Frau will er haben.« »Dann wirst du ihm genau das präsentieren.« Joelle lächelte schelmisch. »Hey, Jo, sieh dir die Frau, die dir gegenüber sitzt, bitte mal genauer an«, konterte Melodie iro nisch. »Ich triefe nicht gerade vor Sex-Appeal und Weltklugheit.« »Nein, aber du hast das Zeug dazu«, erklärte Joelle zuversichtlich. »Wenn du wirklich so sein willst, dann musst du lernen, dir diese Rolle anzu eignen, und ein paar hinderliche Gewohnheiten ab legen. Glaubst du, dass du das schaffst?« Freudige Erregung durchströmte Melodie. Das war genau das, was sie gebraucht hatte, eine freundschaftliche Ermutigung, endlich von der häss lichen Raupe zum schönen Schmetterling zu wer den. »Zumindest bin ich bereit, es zu versuchen.« »Oh, ich sehe schon, das wird lustig.« Ein mut williges Glitzern in Joelies Blick machte deutlich, wie sehr sie sich für die Sache erwärmte. »Morgen ist Sonnabend. Was hältst du davon, wenn wir beide losziehen, und uns in die Vorbereitungen stürzen? Du weißt schon, das ganze Programm: Friseur, Maniküre, Pediküre und ein paar neue Outfits?« Beim Gedanken an ihr neues, erfolgreicheres Ich verbesserte sich Melodies Laune spürbar. »Wenn Dean nichts dagegen hat, dass ich dich einen gan zen Tag mit Beschlag belege?« »Machst du Witze?« wischte Joelle Melodies Be denken beiseite. »Er profitiert am Ende doch auch davon.«
»Also, abgemacht.« Die Vorfreude ließ Melodies Gesicht erstrahlen. Joelle beugte sich vertraulich vor und raunte ihrer Freundin zu: »Wetten, dass es Cole am Montag morgen bei deinem Anblick aus den Pantinen haut?« Genau das erhoffte sich Melodie. Das und noch einiges mehr. Bis Sonntagabend hatte Melodie die Erfahrung ge macht, dass es harte Arbeit war, sexy und weltklug zu sein. Hochtalentierten Beauty-Beratern war es gelungen, sie zumindest äußerlich in ein Wesen zu verwandeln, mit dem sie sich kaum noch identifizie ren konnte – angefangen bei Schnitt und Farbe ih res Haars über das professionelle Make-up bis hin zum Nagellack für ihre Hände und Füße. Top ge stylte Verkäuferinnen hatten Melodie einen komplett neuen Look verpasst. Ihre neue Garderobe bestand jetzt aus jenen exquisiten, figurnahen modischen Teilen, die sie an anderen Frauen stets bewundert, aber nie für sich selbst in Betracht gezogen hatte. Was ihr Äußeres betraf, entsprach sie somit dem Bild der weltgewandten und attraktiven Frau, die Cole für seinen Auftritt in zwei Wochen brauchte. Jetzt musste sie nur noch an ihrem Innenleben ar beiten, musste sich die Attribute einer selbstbe wussten, unerschrockenen und anspruchsvollen Persönlichkeit zulegen. Glücklicherweise bin ich zumindest mit einer gu ten Portion Intelligenz gesegnet, dachte sie voller Selbstironie, als sie erschöpft ins Bett fiel. Denn es gab vermutlich niemanden, der ihr noch mal eben
auf die Schnelle eine gute Dosis Spürsinn implantie ren konnte. Sie musste mit dem auskommen, was ihr zur Verfügung stand: ihre Kenntnisse, was die Detektivarbeit und den Fall Russell betrafen. Sie war bereit, mehr konnte sie beim besten Willen nicht tun. Melodie boxte ihr Kissen zurecht und machte es sich gemütlich. Dann griff sie nach dem Buch, das sie am vergangenen Abend zu lesen begonnen hat te: ein frecher, schonungslos offener Ratgeber nach dem Motto »Gute Mädchen kommen in den Him mel, böse überallhin«. Nichts wurde hier ausgelas sen – der Ratgeber enthielt Flirttipps, eine Anlei tung, sich möglichst betörend zu bewegen, und gab Auskunft darüber, wie Frau einen Mann mit einer Geste oder einem Blick verführte. Weitere Kapitel ergingen sich in ausführlichen Ratschlägen für ein erfülltes und experimentierfreudiges Sexualleben. Melodie verschlang das Buch förmlich, sog jedes Wort in sich auf und speicherte es sorgfältig in ih rem Gedächtnis ab. Es war fast Mitternacht, als sie die letzte Seite umblätterte. Melodie gelangte zu dem Schluss, dass böse Mädchen offensichtlich das Spaßmonopol besaßen. Und sie glaubte jetzt auch zu wissen, wie sie einen eigenhändig ge schriebenen Liebesbrief nutzen konnte, um Cole zu beweisen, dass sie die Richtige für den Job war. Und die Richtige für ihn. Als Cole am Montagmorgen seine Büroräume betrat, hielt er abrupt inne. Eine fremde Frau saß über eine Akte gebeugt hinter Melodies Schreib tisch. Verwundert ließ er den Blick durch den Raum
schweifen, aber seine Sekretärin war nirgends in Sichtweite. Stirnrunzelnd überlegte er, was die Frau wohl hier zu suchen hatte. Spionierte sie womöglich in den Akten herum? Und wo steckte Melodie? Er hat te ihren Wagen draußen stehen sehen, also musste sie doch irgendwo hier sein. Er betrachtete den festen, kleinen Po der Frau, den ein lavendelfarbener Rock eng umspannte und den Blick auf lange, wohlgeformte Beine in puder farbenen Seidenstrümpfen freigab. Obwohl er ihr Gesicht noch nicht gesehen hatte, stand sein Urteil bereits fest: Die Fremde sah einfach fantastisch aus. Cole baute sich vor Melodies Schreibtisch auf und räusperte sich vernehmlich. »Entschuldigen Sie bitte, kann ich Ihnen behilflich sein?« Sie wirbelte herum und presste erschrocken eine Hand gegen die Brust. »Cole!« rief Melodie atemlos aus. »Ich habe dich gar nicht hereinkommen hö ren!« Cole starrte ungläubig auf die Sexbombe, die vorgab, seine fleißige, biedere Sekretärin zu sein. Unmöglich! Wie konnte die brave Melodie sich qua si übers Wochenende in diesen Vamp verwandelt haben? Verschwunden war der ordentliche Zopf, ersetzt durch einen frechen, schulterlangen Schnitt, der ihr Gesicht vorteilhaft einrahmte und verdammt sexy aussah. Kupferfarbene Highlights ließen ihr brünet tes Haar bei jeder Kopfbewegung aufleuchten. Das geschickte Make-up betonte ihre großen braunen Augen und ließ goldene Fünkchen in den Pupillen
tanzen. Und der schimmernde pfirsichfarbene Lip penstift machte Lust darauf, ihre weichen, sinnli chen Lippen zu liebkosen… am liebsten jetzt sofort! Cole konnte nicht aufhören, sie anzustarren. Sein Blick heftete sich wie magisch angezogen auf Me lodies Dekollete, vorteilhaft zur Geltung gebracht durch eine cremefarbene Seidenbluse, deren Knöp fe gerade so weit geöffnet waren, dass der Brustan satz zu sehen war. Ihre Gesamterscheinung war so umwerfend sexy, dass Cole es kaum glauben konn te. Unter ihren ewig gleichen, unförmigen Kleidern hatte sich also diese wohlproportionierte, schlanke Figur verborgen? Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch kein Wort kam über seine Lippen. Melodie lachte, ein wohlklingendes Perlen mit ei nem völlig unbekannten Unterton. »Was ist los, Boss?« Ein herausforderndes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Hat’s dir die Sprache verschlagen?« Nicht nur das. Seine sorgfältig aufgebaute Ab wehr drohte zusammenzustürzen. Es hatte ihn schon genug Anstrengung gekostet, sich gegen Melodies Anziehungskraft zu wappnen, als sie noch ihre formlosen Kleider und die brave Frisur getragen hatte. Was sollte er ihr jetzt, nach ihrer wundersa men Verwandlung, noch entgegensetzen? Er schüttelte heftig den Kopf, wie um einen Traum abzuschütteln. »Was ist passiert…«, waren die einzigen Worte, die er hervorbrachte, während er hilflos registrierte, wie sich ein im Augenblick höchst unwillkommenes Gefühl in ihm ausbreitete: nackte Begierde.
»Das ist mein neues Ich«, erklärte sie keck und drehte sich auf ihrem Schreibtischstuhl einmal in die Runde, damit Cole auch nur ja kein verführerisches Detail entging. »Veränderung war angesagt. Wie gefällt’s dir?« Sie war die Fleisch gewordene Fantasiefrau sei ner Träume, doch das würde er ihr natürlich nicht verraten. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Ob ihre Metamorphose wohl mit dem Gespräch zusam menhing, das sie letzte Woche geführt hatten: ihre Bitte, ihm im Fall Russell zu assistieren? Falls das so war, so hatte sie ihr Ziel verfehlt. Cole hatte sei ne Meinung nicht geändert, was die Ablehnung ihrer Bitte betraf. Er räusperte sich. »Du siehst…«, umwerfend, verführerisch und verdammt sexy aus, ergänzte er im Stillen. »… wirklich nett aus«, erklärte er tonlos. Sie zögerte einen Moment, straffte dann die Schultern und reichte ihm ein paar Notizzettel. Ihre Bewegungen waren langsam und lasziv anstatt rasch und effizient wie sonst. »Lance Keesling hat zurückgerufen.« Selbst ihre Stimme hatte sich ver ändert, klang irgendwie dunkler, rauchiger. »Bobby Malone hat sich für heute Nachmittag angekündigt, um dir die benötigten Informationen im Fall MacGregor hereinzureichen.« Cole nickte geistesabwesend. Bobby Malone war ebenfalls Privatdetektiv und mit Noah befreundet. Sie ließen einander oft wichtige Informationen zu kommen. »Gut.« Er blätterte die Zettel in seiner Hand durch. »Könntest du mir bitte die Akte Good win heraussuchen und in mein Büro bringen?« »Schon geschehen«, lautete die eifrige Antwort.
»Danke.« Wenigstens das hatte sich nicht geän dert. Trotz ihres neuen Outfits war sie immer noch dieselbe verlässliche und tüchtige Sekretärin, an die er sich so gewöhnt hatte. Und das war doch schließlich die Hauptsache, oder? Abrupt wandte er sich ab und verschwand in sei nem Büro. Doch die Konzentration auf seine Arbeit wollte ihm heute nicht so recht gelingen. Melodie hatte sich augenscheinlich vorgenommen, ihn abzu lenken, so gut es ging. Immer, wenn sie sein Büro betrat, schaffte sie es irgendwie, seine Blicke auf ihre wiegenden Hüften und wohlgeformten Beine zu lenken, während sie sich aufreizend durch den Raum bewegte. Immer wieder ertappte Cole sich dabei, wie er ihre festen, vollen Brüste fixierte, die sich nur allzu deutlich unter dem dünnen Stoff ihrer Bluse abzeichneten. Noch fataler war es, ihrem wissenden, sinnlichen Blick zu begegnen. Zum Teu fel, Cole spitzte sogar die Ohren, wenn sie im Vor zimmer ans Telefon ging, nur um den dunklen, rau chigen Klang ihrer Stimme zu hören. Cole war sich Melodies Anwesenheit mit jeder Faser seines Körpers bewusst, was sie zweifellos beabsichtigt hatte. Und mit jedem einladenden Lä cheln in seine Richtung und jeder zufälligen Berüh rung goss sie Öl in das Feuer der Begierde, die sich in Cole aufstaute. Gegen Ende des Arbeitstages waren seine Sinne derart gereizt, dass der Hauch einer Berührung genügt hätte, ihn die Selbstbeherr schung verlieren zu lassen. Das leise Rascheln, das Melodies Auftritt beglei tete, versetzte seine Hormone auch jetzt wieder in
Alarmstimmung. Mit aller Macht kämpfte er gegen die nur zu offensichtliche Reaktion seines Körpers an und blickte fragend zu Melodie auf, wobei er eine möglichst gleichgültige Miene aufsetzte. »Kann ich dir mal etwas vorlegen, Cole?« fragte sie ernst. Aha, etwas Geschäftliches! Damit konnte er um gehen. Er entspannte sich sichtlich. »Natürlich. Was ist es denn?« »Ein Brief.« Anstatt einen der Besucherstühle zu wählen, kam sie um den Schreibtisch herum und setzte sich zu seiner Linken auf die Tischplatte. »Den würde ich dir gern vorlesen, wenn das okay für dich ist.« Sie schlug die schlanken, seidenbestrumpften Beine übereinander – wie sie es schon Hunderte Male zuvor getan hatte. Nur dass sie da nie auf sei nem Schreibtisch gesessen und einen derart kurzen Rock getragen hatte, der polizeilich verboten gehör te. Cole lehnte sich in seinen Ledersessel zurück, um so viel Abstand wie möglich zwischen sie beide zu bringen. »Geht es um einen Fall?« Sie wirkte plötzlich leicht irritiert, doch Sekunden später hatte sie ihre Selbstsicherheit wiedergefun den. »Ja.« »Also gut. Dann mal los.« Melodies Brust hob und senkte sich merklich, als sie tief einatmete. Sie richtete den Blick auf den Brief in ihren fein säuberlich manikürten Händen. »Den ganzen Tag beherrschst du meine Gedanken, und jetzt sind wir endlich zusammen«, las sie vor, und ihre Stimme zitterte leicht. »Mir ist aufgefallen,
wie du mich ansiehst, wenn du dich unbeobachtet glaubst, und es erregt mich zu wissen, dass du mich wahrnimmst und dass du mich vielleicht eben so sehr begehrst wie ich dich. Deine Blicke liebko sen mich und erfüllen mich mit sehnsüchtigem Ver langen.« Was war denn das? Cole fühlte sich absolut nicht imstande, sich auch noch den Rest dieses Briefes anzuhören. Er musste Melodie stoppen, sofort. »Mel…« »Schsch, lass mich zu Ende lesen«, tadelte sie ihn mit sanfter Stimme, doch es war offensichtlich, dass es sie eine gute Portion Mut kostete, diesen erotischen Brief laut vorzutragen. »Du hast meine Sinne betört, und jetzt dürste ich nach deiner Berüh rung.« Sie hob die Hand und fuhr sich in einer ner vösen Geste über den pochenden Puls an ihrem Hals. »Ich sehne mich danach, deine starken Hän de auf meinem Körper zu spüren, überall, auf mei nen Wangen, meinen Brüsten, der empfindsamen Haut meines Bauches und meiner Schenkel. Allein beim Gedanken an diese genussvolle Erfahrung schlägt mein Herz schneller, und selbst jetzt erbebe ich bei der Vorstellung, wie du mein wachsendes Verlangen stillen wirst.« Sie strich sich eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr und befeuchtete sich die Lippen mit der Zungenspitze. »Hüll mich ein in deine Leidenschaft und dein Verlangen, und ich bin bereit, mich dir be dingungslos hinzugeben. Verführe mich, beglücke mich, lass meine Träume wahr werden.« Jetzt hob sie den Blick und sah Cole aus vor Erregung dunk len Augen an. »Ich warte auf dich. Nimm mich.«
Ihr sinnlicher Monolog hatte Cole derart gefangen genommen, dass seine Fantasie ihm bereits atem beraubende Bilder vorgaukelte, wie er Melodies Bitte nur zu bereitwillig erfüllte. Und sein verräteri scher Körper reagierte wie ein Magnet auf diese Bilder. Cole zweifelte nicht länger daran, dass Me lodie es darauf angelegt hatte, ihn zu verführen. Sie hatte ihr Ziel erreicht, er wurde beherrscht von der Vorstellung, wie sie gemeinsam ihre heißen, verbo tenen Fantasien auslebten. Die Versuchung, Melodie zu berühren, war nahe zu unwiderstehlich, und es kostete ihn übermensch liche Kraft, nicht die Hand auszustrecken, um sie unter ihren Rock gleiten zu lassen. Um herauszu finden, ob sie ebenso erregt war wie er… Mit beiden Händen umklammerte er die Armleh nen seines Sessels, während er so ruhig wie mög lich fragte: »Wo hast du diesen Brief her?« Sie neigte leicht den Kopf, wobei das sanft ge schwungene Haar ihr Gesicht reizvoll umrahmte. »Den habe ich heute in meiner Mittagspause ge schrieben. Wie findest du ihn?« fragte sie gerade heraus. »Dafür hast du zweifellos ein ,Sehr gut’ ver dient«, rutschte es ihm heraus. Melodie quittierte seine unbedachte Bemerkung mit einem zufriedenen Lächeln. »Es war viel einfa cher, als ich gedacht hatte, diesen Brief zu schrei ben, es hat sogar Spaß gemacht. Angst hatte ich nur vor dem Vorlesen.« Sie sah ihn eindringlich an. »Hab ich es gut gemacht?« Nur zu gut. »Ausgezeichnet, Mel.« Erregt stand er auf und ging zum Fenster. »Gibt es einen beson
deren Grund, warum du meinst, mir einen derart persönlichen Brief vorlesen zu müssen?« »Natürlich gibt es einen Grund.« Sie glitt vom Schreibtisch herunter und kam zielstrebig auf ihn zu, Entschlossenheit im Blick. Spielerisch zupfte sie an seinem Hemdkragen. »Ich versuche zu bewei sen, dass ich genau die bin, die du brauchst.« Oh, und wie sehr er sie jetzt brauchte! Mit jeder Faser seines Körpers… »Was meinst du damit?« fragte er misstrauisch. »Ich bewerbe mich um die Rolle als deine Beglei terin bei der Wohltätigkeitsveranstaltung in Thorn tons Haus.« Wie zufällig strich sie mit den Finger spitzen über seinen Hals. »Mir ist klar, dass du si cher eine aufregendere Frau als mich finden könn test«, fuhr sie mit unschuldigem Augenaufschlag fort, »aber du hast mir schließlich selbst ein ,Sehr gut’ für das Vorlesen meines erotischen Briefs ge geben. Na, und genau dafür brauchst du doch je manden, nicht?« »Das ist also der Grund für deine Verwandlung und den Brief?« fragte er ungläubig. »Der Fall Rus sell?« »Ja, zum Teil zumindest.« Sie hob das Kinn an und wirkte auf einmal ungewohnt stark und selbst bewusst. »Mein ganzes Leben lang war ich brav und langweilig. Jetzt bin ich achtundzwanzig Jahre alt. Ich möchte mich amüsieren und sehne mich nach ein bisschen Aufregung in meinem Leben. Und ich möchte wissen, wie es ist, im Außendienst an einem Fall zu arbeiten. Dafür bin ich mehr als qualifiziert. Das werde ich dir beweisen, wenn du mir nur die Chance dazu gibst.«
»Nein.« Es klang fast wie ein Peitschenhieb, so spontan und energisch kam seine Antwort. »Ich bin bereit, alles dafür zu tun«, fuhr sie unbe irrt fort. »Wirklich alles.« Sie reckte sich auf die Ze henspitzen und hauchte in sein Ohr: »Verführe mich, beglücke mich, lass meine Träume wahr wer den«, zitierte sie aus ihrem Brief. Ich warte auf dich. Nimm mich. Die provozieren den Worte hallten in seinem Kopf, und Cole hätte vor Verlangen beinahe laut aufgestöhnt. Melodie strich über seine Schultern, schlang ihm die Arme um den Hals, wobei sie sich eng an ihn schmiegte. Er spürte den Druck ihrer vollen Brüste und ihrer schlanken Schenkel gegen seinen erhitz ten Körper. Unfähig, ihren Betörungen noch länger zu wider stehen, packte er ihre Hände und drängte Melodie mit dem Rücken gegen die Wand. »Verdammt, Mel«, stieß er mit vor Erregung rauer Stimme her vor. »Du spielst mit dem Feuer.« Eigentlich hatte er erwartet, sein absichtlich ro hes Benehmen würde sie abschrecken, doch weit gefehlt. Die neue Melodie sah ihn nur herausfor dernd an und meinte lächelnd: »Vielleicht möchte ich mich ja gern an deiner Fackel verbrennen.« Verdammt, wenn sie so weitermachte, würde er sie gleich hier an Ort und Stelle nehmen. Er musste sie stoppen, denn sein Ehrgefühl machte sie zur verbotenen Frucht. Sein Blick bohrte sich in ihren. »Solchen Spielen bist du nicht gewachsen«, sagte er so barsch wie möglich. »Wenn du nicht aufpasst, machst du dich unglücklich, Mel.«
»Ich bin eine erwachsene Frau, Cole«, konterte sie selbstbewusst. »Und als solche kann ich selbst beurteilen, worauf ich mich einlasse.«
3. KAPITEL Heißes Verlangen durchflutete Cole und breitete sich in seinem ganzen Körper aus. Erst dieser eroti sche Liebesbrief und dann noch Melodies mehr als eindeutiger Hinweis, wie gern sie mit seiner Fackel spielen würde: Das war zu viel für seine Selbstbe herrschung. Den ganzen Tag lang schon hatte er sein Verlangen bändigen müssen, jetzt gab er es auf. Er würde Melodie zeigen, wie rücksichtslos er einer derart offenen Herausforderung begegnete. Aufstöhnend senkte er den Kopf und eroberte ih ren Mund in einem fordernden Kuss voller Leiden schaft. Überwältigt von der Intensität seiner Gefühle seufzte sie auf, und Cole drängte seine Zunge in die süßen Tiefen ihres Mundes. Ihre Hände immer noch zu beiden Seiten ihres Kopfes gegen die Wand ge presst, hatte Cole Melodie voll und ganz in der Ge walt. Sie wehrte sich nicht etwa, aber sie begegnete seiner Leidenschaft auch nicht so hungrig, wie er es erwartet hatte. Doch gerade ihr schrittweises Auf tauen erregte ihn nur umso mehr. Das lockende Spiel ihrer Zunge ließ sein Blut in den Adern rau schen, und er presste sich an ihren warmen, nach giebigen Körper, seine männliche Härte fest gegen ihren Schoß geschmiegt. Herausfordernd ließ er die Lenden rhythmisch kreisen, was Melodie ein sehn süchtiges Stöhnen entlockte.
Vergessen war sein Entschluss, sie abzuschre cken. Cole gab Melodies Hände frei, und sein Kuss wurde zärtlicher, wenn auch nicht weniger verlan gend. Mit jedem sanften Stoß seiner Zunge signali sierte er, wie sehr sein ganzer Körper sich danach verzehrte, sie zu nehmen. Er verflocht die Finger in ihrem seidigen Haar, betörte sie mit jedem feuchten Kuss. Und ihre wohligen Seufzer bedeuteten ihm, wie sehr ihr dieses Spiel gefiel. Ein überwältigendes, nie gekanntes Lustgefühl durchströmte ihn. All seine Sinne waren aufs Äu ßerste gespannt. Er sog den süßen Duft ihrer Haut ein, spürte ihren wilden Herzschlag an seiner Brust, liebkoste ihre üppigen, weichen Brüste. Als er die hart aufgerichteten Spitzen unter dem dünnen Stoff ihrer Bluse und ihres BHs stimulierte, bog sie sich ihm hingebungsvoll entgegen. Und voller Vertrauen. Genau dieser Gedanke war es, der Cole wieder zur Vernunft brachte. Das hier war Melodie, und ihr Vater hatte sie ihm anvertraut. Und was machte er, Cole? Er war drauf und dran, dieses Vertrauen schamlos auszunutzen. Er fuhr zurück und löste sich so abrupt aus Melo dies Umarmung, als hätte er sich verbrannt. Heftig atmend betrachtete er ihr vor Erregung gerötetes Gesicht. Er konnte kaum glauben, wie erfolgreich sie ihn in ihre erotischen Fantasien eingesponnen hatte, so dass er darüber fast seine Pflicht verges sen hätte. Melodie öffnete die Augen und bedachte ihn mit einem schmelzenden Blick. »Cole«, hauchte sie und hob die Fingerspitzen an ihre vom Küssen ge schwollenen Lippen.
In ihrer Erregung sah sie so unglaublich sexy aus, dass Cole um ein Haar rückfällig geworden wäre. Es kostete ihn fast übermenschliche Anstren gung, dem Impuls zu widerstehen, ihren Rock hochzuschieben und tief, ganz tief in sie einzudrin gen. Gleich hier an Ort und Stelle. Rasch trat er ein paar Schritte zurück. Mit müh sam beherrschter Stimme brachte er hervor: »Ich würde vorschlagen, dass du jetzt gehst, bevor wir etwas tun, was wir beide später nur bereuen wür den.« Melodie schüttelte den Kopf. »Ich zumindest würde es nicht bereuen.« Schweigend sahen sie einander an. Schließlich wandte sie sich aufseufzend zum Gehen. An der Tür drehte sie sich noch einmal kurz um und sagte: »Um keine Zweifel aufkommen zu lassen, Cole, ich wollte diesen Kuss.« Daran zweifelte Cole keinen Moment. Und noch eines stand fest: Entgegen seiner hohen morali schen Ansprüche begehrte er Melodie mit Leib und Seele. Er steckte bis zum Hals in Schwierigkeiten, das wusste er jetzt. »Hey, du Superweib«, Noah kam aus seinem Bü ro, »ich verschwinde jetzt mal.« Es war kurz vor Feierabend am nächsten Tag. Melodie hob den Blick von ihrem Computerbild schirm. »Na, noch ein heißes Date heute, was?« neckte sie ihn. Ein listiges Lächeln umspielte seine Lippen. »Der Gentleman genießt und schweigt. Hast du zufällig die Akte MacGregor auf deinem Schreibtisch?«
»Ja.« Sie sah rasch den Stapel Akten durch, der sich vor ihr auftürmte. »Brauchst du sie?« »Ich nicht, aber Cole.« Sie horchte auf. »Falls es dir entgangen sein soll te, der ist doch heute gar nicht im Büro.« Und sie hatte auch einen ziemlich eindeutigen Verdacht, warum er sich so rar machte. »Ich weiß. Ich war es schließlich, der sich den lieben langen Tag mit ihm am Telefon herumschla gen musste. Mann, hat der eine Laune!« Er seufzte theatralisch. »Er hat mich gebeten, ihm heute A bend noch die Akte vorbeizubringen, weil er morgen früh einen Termin mit dem Klienten hat.« Das brachte Melodie auf eine Idee. »Ich kann das doch für dich erledigen«, erbot sie sich eifrig. »Es macht mir nichts aus, und du hast es doch si cher eilig, zu deiner Verabredung zu kommen.« »Das würdest du tun?« Noah war höchst erfreut. »Gern. Im Gegensatz zu dir habe ich nichts Be sonderes vor, und es ist schließlich nicht das erste Mal, dass ich den Kurier spiele.« »Danke, Mel, dafür bin ich dir einen Gefallen schuldig.« Einem plötzlichen Impuls folgend, beugte er sich schnell über sie und drückte ihr einen schmatzenden Kuss auf die Wange. »Du bist wirk lich der reinste Engel.« Wenn du wüsstest, dachte sie ironisch. Sie schuldete höchstens ihm Dank für die Gelegenheit, ihren gar nicht so engelsgleichen Plan in die Tat umzusetzen. Noah wandte sich zum Gehen und bedachte Me lodie noch mit einem letzten charmanten Lächeln,
bevor er verschwand. »Übrigens, ein tolles Outfit, was du da anhast. Ran an den Feind, Tiger!« Lachend blickte Melodie an ihrem eng anliegen den Pulli mit Leopardenmuster und dem dazu pas senden braunen Wildlederrock herunter. Noahs Kompliment erfüllte sie mit Stolz und zeigte ihr, dass sie auf dem richtigen Weg war. Sie musste nur weiter am Ball bleiben und verhindern, dass Cole ihr aus dem Weg ging. Sonst war der Sieg, den sie am vergangenen Tag errungen hatte, für die Katz. Und was für ein köstlicher Sieg das gewesen war! Noch jetzt erschauerte Melodie wohlig bei der Erinnerung an Coles heiße, fordernde Lippen, die geschickten Hände und seinen erregten Körper, der sich gegen ihren presste. An seine Hände, die ihre Brüste um schlossen und die hart aufgerichteten Spitzen lieb kosten. Und dann sein plötzlicher Rückzug, das abrupte Ende seiner Zärtlichkeiten. Obwohl sie ihm mehr als deutlich zu verstehen gegeben hatte, wie willkom men ihr seine Liebkosungen waren, war er stand haft geblieben. Das durfte sie nicht gelten lassen. Seine Ritterlichkeit in Ehren, aber sie hatte es gründlich satt, für Cole als unantastbar zu gelten, nur weil er und ihr Vater befreundet waren. Sie lächelte verschmitzt, als sie ihren Schreib tisch aufräumte und den Computer ausschaltete. Gestern Abend, als sie zu aufgewühlt gewesen war, um sofort einzuschlafen, hatte sie weitere höchst erotische Briefe produziert. Sie trug die Briefe in ihrer Tasche bei sich, bereit, sie Cole bei Gelegen heit zuzustecken. Seine heutige Abwesenheit hatte ihr leider einen Strich durch die Rechnung gemacht,
aber das unerwartet bevorstehende Rendezvous ließ wieder alle Möglichkeiten offen. Kein wirklich böses Mädchen würde sich die Chance entgehen lassen, das Objekt ihrer Begierde nach allen Regeln der Kunst zu verführen. Zufrieden mit sich und der Welt, schloss Melodie hinter sich ab, setzte sich in ihren Wagen und fuhr zu Cole. Unterwegs machte sie nur noch einmal Halt, um bei Vince’s Deli zwei Fertigmenüs zu be sorgen. Eine halbe Stunde später klopfte sie an Co les Tür und wartete gespannt auf seine Reaktion. Die Tür wurde ziemlich abrupt geöffnet, und Me lodie war überwältigt von dem Anblick, der sich ihr bot. Wie es schien, hatte sie Cole beim Ausziehen überrascht. Er trug nur eine ausgeblichene Jeans, dessen oberster Knopf geöffnet war, sonst nichts. Wow! Sie hatte ja schon immer gewusst, dass er eine breite Brust hatte, aber diese nun nackt vor sich zu sehen, war ein Hochgenuss. So gestattete sie sich, diesen Genuss auch voll auszukosten. Sein athletischer Oberkörper war muskelbepackt, der Bauch fest und flach, und um seinen Nabel kräuselten sich feine Härchen, die in einer schnur geraden Linie in seinem Hosenbund verschwanden. Mit angehaltenem Atem registrierte Melodie die im posante Ausbuchtung unter seinem Hosenschlitz. Cole war so unglaublich männlich und atemberau bend sexy – von Kopf bis Fuß. »Mel? Was willst du denn hier?« Der brüske Ton ließ sie zusammenzucken. Sie riss sich von dem Anblick los, der sie eben noch so verzaubert hatte, und sah auf. Coles ärgerlicher Miene nach zu schließen, hatte er mit Noah ge
rechnet und schien nicht gerade begeistert über dessen Stellvertreter. Vielleicht ist er nicht allein, sondern hat eine Frau bei sich, überkam sie die erschreckende Erkenntnis. Mit gepresster Stimme fragte sie: »Komme ich ir gendwie ungelegen?« Cole verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein, ich wollte nur gerade ein Bad nehmen.« »Allein?« schoss es aus ihr heraus. Er hob erstaunt die Brauen. »Ja, allein«, erwider te er gedehnt. Erleichtert schenkte sie ihm ein strahlendes Lä cheln. »Dann ist es ja gut, ich hab nämlich nur A bendessen für zwei mitgebracht. Für dich und mich.« Ohne auf die Aufforderung zum Eintreten zu warten, schlüpfte sie an ihm vorbei und strebte sogleich auf die Küche zu. »Abendessen?« »Ich dachte mir, du bist vielleicht hungrig, also hab ich von unterwegs etwas mitgebracht: Kartof felsalat und dein Lieblingssandwich – scharfe Pastrami.« Sie warf einen Blick zurück über ihre Schulter und ertappte Cole dabei, wie er ihren fes ten Po in dem engen Lederrock anstarrte. Sehr gut! »Und für mich Schinken und Käse auf Sauerteig brot.« Er hob den Blick, und in seinem Augenausdruck lag so viel offenkundige Qual und Begierde, dass ihr Herz sofort höher schlug. »Mel, hör zu, ich…« Die unterschwellige Warnung in seiner Stimme ließ sie aufhorchen. Ehe er zu einer Moralpredigt darüber ansetzen konnte, warum sie nicht hier blei ben durfte, kam sie ihm mit einem liebenswürdigen
Lächeln und ihrer gewohnt tüchtigen Art zuvor. »Ach, übrigens, hier ist die Akte MacGregor, die du so dringend haben wolltest.« Sie hielt ihm die Akte hin, wobei sie enttäuscht bemerkte, dass er seine Hose inzwischen wieder zugeknöpft hatte. Doch wenigstens hatte er noch kein Hemd angezogen. Vorsichtig streckte er die Hand aus, um die Akte entgegenzunehmen, wobei er sorgfältig vermied, Melodies Finger zu berühren. »Wieso ist Noah nicht gekommen, wie ich es ihm aufgetragen habe?« Sie stellte die Papiertüte mit dem Essen auf dem Esstisch ab und hängte ihre Handtasche über die Stuhllehne. »Weil er Besseres zu tun hatte und es kaum erwarten konnte wegzukommen.« »Also hat er dich geschickt?« Cole klang verär gert. »Nein, das hat er nicht. Ich habe es ihm angebo ten, und er hat akzeptiert. Das ist doch kein Prob lem«, sie neigte leicht den Kopf und sah ihn fragend an. »Oder?« Es war offenkundig, worauf ihre Frage abzielte. Melodie kannte Cole gut genug, um zu wissen, dass er nie und nimmer seine Unfähigkeit eingestehen würde, mit seinen Gefühlen für sie umzugehen. Dieser männliche Stolz war es, auf den sie ihr Glück setzte. Cole enttäuschte sie nicht. »Nein, natürlich ist es kein Problem«, entgegnete er schroff. Er legte die Akte achtlos auf den Tresen und fuhr sich durch das dichte Haar. »Danke für die Akte und… das Din ner.« Sie schaffte es gerade noch, sich ein zufriedenes Lächeln zu verkneifen. »Gern geschehen. Du hast
also nichts dagegen, wenn ich dir Gesellschaft leis te?« Sie sah ihm deutlich an, wie gern er sie wegge schickt hätte. Wahrscheinlich dachte er an den ver gangenen Abend und befürchtete, dass es ihr ge lingen würde, ihn auch heute wieder so ganz gegen seinen Willen zu verführen. »Ich beiße nicht, keine Angst«, scherzte sie leichthin. »Das hatte ich auch nicht angenommen«, versi cherte er ein wenig zu eifrig. Fast hätte sie laut losgelacht. »Dann bleibe ich also zum Essen, okay?« »Wie du willst.« Ein gleichmütiges Achselzucken, dann machte er sich am Kühlschrank zu schaffen. »Was möchtest du trinken?« Sie riss sich gewaltsam vom Anblick des Spiels seiner mächtigen Rückenmuskeln los und machte sich daran, die Tüte mit dem Essen auszupacken. »Irgendetwas ohne Alkohol bitte.« Er kehrte mit einer Cola für Melodie, einem Bier für sich selbst und zwei Papptellern zurück. »Ah, Pappteller! Typisch Junggeselle«, meinte sie neckend, während sie eine großzügige Portion Kartoffelsalat auf seinen Teller häufte und das Sandwich dazulegte. »Deshalb gibt’s bei dir also keine Stapel schmutzigen Geschirrs.« »Ich hasse Abwaschen.« Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber und wickelte sein Sandwich aus. »Wie übrigens jegliche Art von Hausarbeit. Deshalb suche ich immer nach Bequemlichkeit, was das betrifft.« Er hob die Bierflasche an die Lippen. Erleichtert registrierte sie, wie er sich allmählich entspannte. Gut so. Sie würde ihn mit ihrer unver
fänglichen Plauderei noch weiter in Sicherheit wie gen. »Ich muss schon sagen, es beeindruckt mich, wie sauber es bei dir immer ist.« »Ich habe eine Haushälterin, die einmal wöchent lich kommt«, räumte er ein. »Die restliche Zeit pas se ich allerdings sorgfältig auf, nur ja nichts schmut zig zu machen.« Sie lachte, und ihre Blicke begegneten sich. »Und, wie kommst du mit der Sache MacGregor voran?« »So gut, wie man es in diesem Fall erwarten kann«, erklärte er bereitwillig. Dies war ein berufli ches Thema, und da fühlte er sich auf sicherem Terrain. »Der Kerl, der das Sorgerecht für sein Kind beantragt hat, ist ein ehemaliger Schwerverbrecher. Seiner Exfreundin zufolge ist er äußerst jähzornig und hat in der Nähe eines kleinen Jungen nichts zu suchen. Ich hoffe, dass das, was wir gegen ihn in der Hand haben, ausreicht, um das alleinige Sorge recht für sie zu erstreiten und dem Kerl höchstens ein gelegentliches Besuchsrecht einzuräumen.« »So eine traurige Geschichte.« Melodie empfand heftiges Mitgefühl für diese Mutter, die alles daran setzte, ihr Kind zu schützen. »Es muss schrecklich für ein Kind sein, zwischen zwei Parteien hin- und hergerissen zu werden.« »Es ist für alle Beteiligten sehr schmerzhaft«, versetzte er tonlos. Sie betrachtete ihn nachdenklich. »Das sagst du in einem Ton, als würdest du dich mit so etwas aus kennen.« »Das tue ich auch.« Er sah sie an, seine wahren Gefühle hinter einer ausdruckslosen Maske verbor
gen. »Bevor meine Mutter starb, haben sich meine Eltern scheiden lassen.« »Das hatte ich ganz vergessen. Es tut mir Leid«, murmelte sie verlegen. »Das braucht es nicht. Es ist ja schon lange her.« »Ich weiß, wie schwer es ist, ohne Mutter aufzu wachsen. Aber eine Scheidung ist vermutlich eben so traumatisch, es sei denn, es handelt sich um ei ne einvernehmliche Trennung.« »Das war es nicht.« Er nahm einen großen Schluck von seinem Bier. »Meine Mutter hatte eine Affäre und hat sich dem anderen Mann zuliebe von meinem Vater scheiden lassen. Diesen anderen Mann hat sie dann auch geheiratet. Als sei das nicht schon schlimm genug für meinen Vater gewe sen, hat sie auch noch das Sorgerecht für Joelle vor Gericht erstritten. Die war damals erst fünf. Meine Mutter hat sie einfach mit nach Arizona genom men.« »Aber warum nur Joelle?« »Sie ist die Einzige, die meine Mutter wollte.« In seiner Stimme schwang tiefe Bitterkeit mit. Melodie schmolz schier das Herz vor lauter Mit gefühl, doch sie hütete sich, das zu zeigen. »Was war mit dir und Noah?« fragte sie daher so neutral wie möglich. »Wir lebten bei meinem Vater, und wir hätten es auch nicht anders gewollt. Weißt du, meine Mutter war nicht gerade der fürsorgliche Typ.« Er stieß die Gabel in seinen Kartoffelsalat, nahm aber keinen Bissen. »Es war fast unerträglich, als meine Mutter Joelle damals abgeholt hat. Einfach dazustehen und tatenlos zusehen zu müssen… Sie wollte Jo
doch nur, um meinen Vater noch mehr zu verletzen, als sie es ohnehin schon getan hatte. Und ihr Plan ging auf, wir waren völlig fertig. Aber was ihre Söh ne empfanden, das hatte sie noch nie besonders interessiert.« Melodie legte ihr halb verzehrtes Sandwich auf den Teller. Was sie da soeben über Coles Vergan genheit erfuhr, verdarb ihr den Appetit. »Ich nehme an, nach dem Tod deiner Mutter ist Jo zurückge kehrt, um mit euch zusammenzuleben?« »So einfach war das leider nicht. Mein Vater musste sich das Sorgerecht gegen den zweiten Mann meiner Mutter erst vor Gericht erkämpfen.« Ein ironisches Lächeln huschte um seine Lippen. »Peter, so hieß der Mann, hat Joelle noch volle sechs Monate bei sich behalten, bis der Richter sie endlich wieder in die Obhut meines Vaters über gab.« »Wow, ich hatte ja keine Ahnung.« Betroffen senkte sie den Blick. »Du hast wirklich eine Menge mitgemacht – erst die Scheidung deiner Eltern und der Tod deiner Mutter und dann der deines Vaters.« »Ich habe mein Bestes getan, sowohl für mich als auch für meine Geschwister.« Er klang fast ein wenig so, als müsse er sich verteidigen. »Und die beiden sind ja auch ganz gut geraten.« »Du hast fantastische Arbeit geleistet, Cole«, er klärte sie mit leiser, ernster Stimme. »Nur, weil mir eine Menge Leute hilfreich zur Sei te standen, wie zum Beispiel dein Vater. Ich schulde ihm großen Dank dafür, dass er mich nach dem Tod meines Vaters unter seine Fittiche genommen hat. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich so erfolg
reich ins Detektei-Geschäft einsteigen konnte. Ihm und seinen ausgezeichneten Beziehungen, die er für mich spielen ließ.« »Er hat eine sehr hohe Meinung von dir.« »Das beruht auf Gegenseitigkeit.« Und genau hier lag die Krux des Problems zwi schen ihr und Cole – der Respekt und die Bewun derung für ihren Vater, die ihm verboten, mit dessen Tochter zu schlafen. »Ja, ich weiß«, seufzte sie. Schweigen senkte sich über sie, bis Cole schließ lich mit rauer Stimme bemerkte: »Wie um alles in der Welt sind wir denn bloß auf ein so deprimierendes Thema gekommen?« Melodie bedauerte das Gespräch keineswegs, im Gegenteil, sie fand es sehr aufschlussreich. Jetzt begriff sie endlich, wie Cole ein derart dynamischer, eisern entschlossener Charakter werden konnte, der die Menschen, die ihm anvertraut waren, so vehement zu beschützen bereit war. Doch sie hatte auch einen Einblick in sein verletzliches Inneres gewonnen, das sich unter seiner harten Schale verbarg. Und diese Verletzlichkeit machte ihn in ihren Augen nur noch attraktiver. Das Klingeln des Mobiltelefons auf dem Küchen tresen zerriss die Stille, und Cole stand nur zu be reitwillig auf. Eine willkommene Abwechslung! Be vor er das Gespräch entgegennahm, wandte er sich Melodie zu: »Das wird Bobby Malone sein. Ich fürchte, es wird eine Weile dauern.« Er zog eine bedauernde Grimasse. »Danke fürs Abendessen.« Damit verschwand er in den Tiefen seines nebenan liegenden Arbeitszimmers.
Die Botschaft war unmissverständlich: Melodie sollte verschwinden. Blieb bloß die Frage, würde sie darauf eingehen oder nicht? Melodie entschied sich für Letzteres. Sie grinste frech. Noch vor wenigen Tagen, als das liebe, brave Mädchen, hätte sie sich jetzt taktvoll zurückgezo gen. Nicht so die neue Melodie. Früher oder später musste Cole ja wieder aus seinem Arbeitszimmer auftauchen, und dann waren noch alle Möglichkeiten offen für eine interessante Nacht.
4. KAPITEL Zufrieden beendete Cole das Telefonat mit Bob by Malone. Jetzt hatte er genug Informationen bei sammen, um sicherzustellen, dass Sarah MacGre gor ihren kleinen Sohn bei sich behalten durfte – für immer. Er ließ sich in seinen Ledersessel sinken, wäh rend seine Gedanken zu dem Gespräch mit Melodie zurückkehrten. Es erstaunte ihn selbst, mit welcher Offenheit er ihr seine traurige Kindheitsgeschichte erzählt hatte. All die schmerzlichen Erinnerungen, die er in den hintersten Winkel seines Bewusstseins verdrängt hatte. Er musste sogar eingestehen, dass er es als sehr erleichternd empfunden hatte, endlich mal über all das zu reden. Seinen Geschwistern gegenüber war dieses Thema nämlich tabu, er woll te auf keinen Fall, dass sie seinetwegen Schuldge
fühle entwickelten. Sie hatten schon genug durch gemacht, besonders Joelle. Bis jetzt war ihm noch keine Frau nahe genug gekommen, um ihm derartige Geständnisse zu ent locken. Doch Melodie schien sich aufrichtig für alles zu interessieren, was ihn betraf, das hatte er deut lich gespürt. So wünschte er jetzt einerseits, dass sie nebenan auf ihn wartete. Andererseits war ihm seine Unabhängigkeit immer heilig gewesen. Er brauchte niemanden, schon gar keine Frau. Und er beabsichtigte eigentlich nicht, seine Ansicht darüber zu ändern. Dennoch musste er eingestehen, dass er sich vorhin in Melodies Gesellschaft sehr wohl gefühlt hatte. Nach dem gestrigen Ausrutscher schien der Status quo wieder hergestellt. Und doch… etwas war hängen geblieben, eine bohrende Sehnsucht. Er schüttelte diesen unwillkommenen Gedanken ab und beschloss, da weiterzumachen, wo er bei Melodies unerwartetem Auftauchen aufgehört harte: dem heißen Bad. Das war jetzt genau das Richtige – in heißes Wasser abzutauchen und sich die ver spannten Muskeln von den Massagedüsen lockern zu lassen. Cole ging in die Küche und stellte mit einem lei sen Anflug von Enttäuschung fest, dass Melodie tatsächlich gegangen war. Doch sie hatte ihre Handtasche vergessen, die hing einsam über der Stuhllehne. Und dann entdeckte er den Zettel auf dem Küchentisch – nein, eigentlich war es eher ein Brief, fein säuberlich mit Melodies geschwungener Handschrift bedeckt. Neugierig nahm er den Brief auf und begann zu lesen:
Ich liebe das Gefühl von Wasser auf meiner Haut, wie es weich und seidig meine Brüste um spielt, meinen Bauch und meine Schenkel. Das Rie seln des Wassers lässt meine Brustknospen ganz hart werden, und auch das gefällt mir. Sehr sogar. Wenn ich mit den Fingern über die vor Sehnsucht schmerzenden Spitzen streife, stöhne ich laut auf, so empfindsam sind sie. Wie sehr ich doch wünsch te, meine Hände wären Deine! Wenn ich Dich schon nicht bei mir haben kann, muss ich mich anderweitig behelfen. Ich stelle mir vor, wie Du meinen nassen, glatten Körper berührst, überall, an Stellen, die vor Verlangen erbeben. Du erkundest mit Deinen Händen meine heiße, glän zende Haut, während Du mit Mund und Zunge mei ne lustvolle Qual noch steigerst. Langsam, ganz langsam leckst Du die Wassertropfen von meinem Körper, und ich erbebe vor Lust, nein, ich zerfließe förmlich. Kannst Du schmecken, wie sehr ich Dich begehre? Cole spürte, wie er ganz hart wurde vor Verlan gen. Und das Postskriptum am Ende der Seite gab ihm den Rest. Cole, ich bin schon ganz feucht und warte auf Dich. Komm zu mir und tauche ein in ein Bad unter dem Sternenhimmel. Er hob den Blick, und jetzt erst entdeckte er ihre Schuhe, den Pulli und den Rock auf dem Boden neben der geöffneten Schiebetür, die auf den Hin
terhof hinausführte. Er wusste sofort, wohin sie ver schwunden war und was ihre Einladung bedeutete. Oh, Mann! Er schloss die Augen und sandte ein stummes Stoßgebet zum Himmel. Betete um die Kraft, ihren Verführungskünsten zu widerstehen. Fest entschlossen, sie abblitzen zu lassen und kur zerhand nach Hause zu schicken, ging er in den Hof hinaus. Doch da ahnte er noch nichts von der Faszinati on des Anblicks ihrer sanft illuminierten Silhouette in dem Heißwasserbecken. Am Rand des Beckens blieb er stehen, registrierte erleichtert die schwar zen Träger ihres BHs über ihren Schultern. Sie war also nicht völlig nackt. Das Haar hatte sie sich zu einem lockeren Knoten hochgesteckt, und auf ihrer Haut perlten glitzernde Wassertröpfchen. Blubbernd und gurgelnd umspielte das Wasser ihr Dekollete. Heißer Dampf stieg auf und hüllte ihn ein. Langsam, ganz langsam leckst Du die Wasser tropfen von meinem Körper… Oh, wie gern er das täte und noch viel, viel mehr! Melodies Augen waren dunkel vor Verlangen, als sie den Blick über seine unglaubliche Figur wandern ließ. »Du hast dich also entschlossen, mir Gesell schaft zu leisten?« Er verschränkte die Arme vor der Brust, eisern um Gelassenheit bemüht. »Das wäre wohl im Au genblick nicht besonders klug.« Sie glitt tiefer in das Wasser hinein, legte die kur ze Distanz zu ihm schwimmend zurück, wobei die sanften Wellen, die sie dabei verursachte, über sei ne bloßen Füße schwappten. Dann sah sie zu ihm auf, wobei sie die Arme auf den Beckenrand stützte.
»Lass doch einfach mal locker. Weißt du, ein biss chen Spontaneität kann sehr befreiend wirken – und eine Menge Spaß machen.« Darauf biss er nicht an. »Oder jede Menge Sche rereien.« Sie tauchte die Finger in das heiße Wasser und bespritzte neckisch seine Brust. »Das Risiko gehe ich ein.« »Ich nicht.« Melodie schien nicht im Mindesten entmutigt. »Hat dir der letzte Brief gefallen, den ich dir ge schrieben habe?« fragte sie unschuldig. »Welcher Brief?« konterte er nicht minder harm los. »Der auf dem Küchentisch.« Als er darauf nichts erwiderte, fuhr sie sinnierend fort: »Mal sehen, ob es mir gelingt, dein Gedächtnis aufzufrischen. Es begann ungefähr so… wie sehr ich es liebe, von weichem, warmem Wasser umspült zu werden, und wie ich mir dabei vorstelle, dass deine Hände meine nasse, glatte Haut liebkosen…« »Das reicht, ich erinnere mich«, schnitt er ihr mit rauer Stimme das Wort ab. Noch ein derartiger Satz von ihr, und mit seiner Selbstbeherrschung wäre es vorbei. Ein amüsiertes Lächeln kräuselte ihre Lippen. »Ah, du hast ihn also gelesen«, meinte sie gedehnt. »Jedes einzelne Wort ist wahr. Ganz besonders der letzte Teil.« Unvermittelt richtete sie sich auf, und fasziniert beobachtete er, wie das Wasser an den weiblichen Kurven ihres Körpers herabrieselte. Sie stand jetzt bis zu den hübsch gerundeten Hüften im Wasser,
und es gab genug nasse Haut zu sehen, um Coles Fantasie auf Hochtouren zu bringen. Sie trug zwar einen BH, doch der hauchdünne, von zarten Spit zen eingefasste Stoff klebte wie eine zweite Haut an den üppigen, festen Brüsten, deren Knospen hart aufgerichtet waren. »Ich zerfließe vor Sehnsucht nach dir, Cole«, ge stand sie mit rauer Stimme. Heißes Verlangen durchflutete ihn und schoss ihm in die Lenden. Melodie war so verdammt ver wegen. So frech und verführerisch. Eine unwider stehliche Mischung, die alles von ihm abverlangte, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Sie wünschte sich also Spontaneität? Er würde sie nicht enttäuschen! Cole fragte sich, wie weit sie dieses Spielchen treiben wollte. Er war bereit, auf diese Scharade einzugehen, bis sie endlich genug davon hatte. Gestern Abend noch hatte er sie gewarnt, nicht mit dem Feuer zu spielen, jetzt würde sie erfahren, wie es war, sich die Finger zu verbrennen. Noch hielt sie stand, als er lässig nach seinem Hosenbund tastete und den obersten Knopf öffnete. Ganz langsam zog er den Reißverschluss herunter, über seine mächtige Erektion, und sie schaute im mer noch zu. Es erregte ihn, wie sie ihm so faszi niert beim Strippen zusah. Mit einer raschen Bewe gung entledigte er sich seiner Jeans, behielt den Slip jedoch an. Dann sprang er ins Wasser und glitt auf einen der körpergerecht gestalteten Kunstharz sitze. Die Arme legte er entspannt auf den Becken rand.
Melodie glitt auf den anderen Sitz und streckte die Beine bis fast zu Coles Schoß aus. Wohlig seuf zend tauchte sie tiefer in das sprudelnde Wasser ein. »Toll, was, diese Massagedüsen?« Er wusste genau, wie sich die in den Sitz eingelassenen Dü sen anfühlten. Melodie ließ ein leises, heiseres Lachen hören. »Oh ja, sie kitzeln sogar an ganz besonders emp findsamen Stellen.« Wieder versorgte seine Fantasie ihn mit einem aufreizenden Bild, und er musste noch einmal alle Kraft aufbieten, sich jetzt nicht einfach treiben zu lassen. »Auf nackter Haut fühlt sich das sogar noch besser an«, bemerkte er herausfordernd. »Wenn du schon ein Bad im Jacuzzi nimmst, dann solltest du es auch richtig tun, um den maximalen Genuss auszukosten.« Mit diesen Worten zog er kurzerhand seinen Slip aus und deponierte ihn auf dem Be ckenrand. Sie war bestimmt zu schüchtern, um da mitzuhalten, das hätte er schwören können. Doch Melodie belehrte ihn eines Besseren. Nach kurzem Zögern streifte sie die Träger ihres BHs ü ber die Schultern und entledigte sich des zarten Wäschestücks, während sie Cole unverwandt in die Augen sah. Ihren Slip jedoch behielt sie an. »Oh, wow!« entfuhr ihr ein Ausruf des Entzü ckens. »Du hast Recht. Das fühlt sich ganz un glaublich toll an, wie Hunderte von kleinen Fingern, die über meine Brüste streichen.« Mit vor Verlangen dunkler Stimme fügte sie hinzu: »Aber es reicht nicht annähernd aus, um die Sehnsucht zwischen
meinen Schenkeln zu stillen.« Ohne Vorwarnung glitt sie neben ihn. All seine Instinkte befahlen ihm, sie an sich zu reißen, doch er rührte sich nicht. Seine Neugier war geweckt. Wie weit würde sie gehen, in dem Ver such, ihn zu verführen? Ihm stockte der Atem, als sie sich ohne zu zö gern rittlings über ihn schwang. Ihre Knie streiften seine Hüften, und ihre schlanken Schenkel schmiegten sich an seine. Bei jeder ihrer Berührun gen prickelte seine Haut vor Erregung. Das Zentrum ihrer Weiblichkeit war nur wenige Zentimeter von seiner Erektion entfernt, und Cole dankte dem Schöpfer, dass sie ihren Slip anbehalten hatte. Das würde ihm helfen, sich zu beherrschen. Vielleicht… Er sah ihr in das von heißem Dampf und Vor freude gerötete Gesicht und bemerkte ironisch: »Hast du es auch bequem?« Sein sarkastischer Ton strafte die Anspannung Lügen, die seinen Kör per ergriffen hatte. »Sehr.« Ein süßes Lächeln um die Lippen, um schloss sie seine Handgelenke und zog seine Hän de zu ihren Brüsten, presste sie gegen das weiche, nachgiebige Fleisch. Sofort richteten sich die rosi gen Brustknospen auf. »Ich stelle mir vor, wie du meinen feuchten Körper an seinen empfindsamsten Stellen berührst, Cole«, hauchte sie mit vor Verlan gen bebender Stimme. Entgegen seiner eisernen Vorsätze ließ er sich von ihren Fantasien mitreißen. Er spürte ihren hefti gen Herzschlag, und erst jetzt erkannte er, wie viel Mut und Selbstüberwindung es sie kosten musste, sich so ungewohnt aufreizend zu geben. Er betrach
tete ihren üppigen Mund, die Lippen so voll und weich und einfach unwiderstehlich… Er schluckte. Wenn er jetzt weitermachte, gab es kein Zurück mehr. Aber schließlich war er auch nur ein Mann, ein ganz normaler, heißblütiger Mann, empfänglich für die Reize einer schönen, sinnlichen Frau, erst recht, wenn ihm diese Reize so großzü gig dargeboten wurden. Also fasste er den Ent schluss, alle Vorsicht in den Wind zu schlagen und sich später mit den Konsequenzen seines Handelns auseinander zu setzen. Während er noch seine Schwäche verfluchte, beugte er sich vor und küsste Melodie. Hungrig und voller Leidenschaft eroberte er mit der Zunge das zarte Innere ihres Mundes. Melodie reagierte nicht minder leidenschaftlich. Aufstöhnend vergrub sie die Finger in seinem Haar und drängte sich ihm sehnsüchtig entgegen. Cole umfasste ihre Brüste und rollte die harten Brustspitzen zwischen den Fingern, was sie mit ei nem wollüstigen Seufzer quittierte. Er ließ die Hän de tiefer gleiten, über ihren flachen, straffen Bauch, die sanft gerundeten Hüften, die Außenseiten ihrer Schenkel bis zu ihren Knien. Ihre Haut fühlte sich unglaublich seidig an, und das Bedürfnis, sie überall zu küssen, überfiel ihn mit einer Heftigkeit, die ihm den Atem raubte. Das Gesicht an ihrer Halsbeuge geborgen, sog er ihren verführerischen Duft ein und bedeckte ihre Haut mit lauter kleinen Küssen. Erschauernd legte sie den Kopf zurück. Wie in ihrem Brief fantasiert, leckte er ihr die Wassertropfen von der Haut, und
ihr lustvolles Stöhnen wurde immer lauter, fordernder, drängender. Unvermittelt kam sie auf die Knie hoch. Ihr Ober körper ragte aus dem Wasser, und das helle Mond licht tauchte ihre vor Feuchtigkeit glänzende Haut in sein silbriges Licht. Ihre runden Brüste mit den har ten Knospen waren jetzt ganz dicht vor ihm, und der Anblick steigerte seine Erregung ins schier Uner messliche. Melodie versenkte ihren Blick in seinen, ein Blick voll heißer Sehnsucht. »Ich zerfließe schon beinahe, Cole«, keuchte sie, »du kannst schme cken, wie sehr ich dich begehre.« Sie bog sich ihm entgegen, und er umschloss ei ne ihrer Brustspitzen mit den Lippen, saugte und zog vorsichtig mit den Zähnen daran. Er begann ein aufreizendes Spiel mit der Zunge, bis ihr heftiger Atem ihm signalisierte, welche Lust er ihr bereitete. »Cole…« Immer noch auf den Knien, bewegte sie ihre Hüften instinktiv vor und zurück, rieb sich an seinem Bauch und an seiner Männlichkeit. Sie spür te seine harte, lodernde Erregung ganz nah an ih rem brennenden Feuer der Lust. Sie wollte mehr. »Ich möchte, dass du mich berührst…« Er wusste genau, was sie wollte. Und es erregte ihn in höchstem Maße, dass sie ihr Verlangen so ungeniert aussprach. Er ließ die Hände ihre Schen kel hinauf gleiten, strich mit den Handflächen über ihren erbebenden Bauch und schob die Fingerspit zen unter den Rand ihres Slips. Mit dem Daumen tastete er weiter bis zu ihrem Venusberg, rieb sanft darüber. Als sie zusammenzuckte, fragte er mit rauer Stimme: »Bist du sicher, dass du das willst, Mel?«
Sie schloss die Augen, und ihr Atem kam stoß weise. »Oh, ja, bitte…« Mit seinen kräftigen Schenkeln spreizte er ihre Beine. Spielerisch lüpfte er den Bund ihres Slips, und die gurgelnden Blasen der Massagedüsen fan den ihren Weg, um Melodies Lust noch weiter an zuheizen. »Oh ja, ja«, stöhnte sie mit rauer Stimme auf und umklammerte Coles Schultern, während ihr ganzer Körper erschauerte. Er wusste, es brauchte nicht mehr viel, um sie zum Höhepunkt zu bringen, doch er hatte vor, ihre süße Qual noch ein bisschen zu verlängern. Sozu sagen als Rache für die Torturen, die sie ihm mit ihren erotischen Briefen und ihrem aufreizenden Benehmen gestern und heute bereitet hatte. Cole zog ihren Kopf zu sich heran und flüsterte ihr mit bebender Stimme ins Ohr: »Stell dir vor, die gurgelnden Blasen sind meine Zunge, die leckt und in dich eindringt und deine Lust schmeckt, genau hier.« Mit dem Daumen strich er über das Zentrum ihrer Weiblichkeit, während er erst mit einem, dann mit zwei Fingern in sie eindrang, tief und in sanften Stößen. Sie fühlte sich heiß und feucht an und so wundervoll eng… Cole spürte, wie ihre Muskeln sich um seine Finger schlossen, ihn tiefer hineinzo gen… Er stöhnte verlangend auf, während sie ihre Hüften rhythmisch vor und zurück bewegte und er sich mit seinen Liebkosungen diesem Rhythmus anpasste. »Spürst du mich in dir, Mel?« Statt einer Antwort brachte sie nur ein leises Wimmern zu Stande.
Ohne darüber nachzudenken, was er tat, ersetzte er seinen Daumen durch die Spitze seiner Erektion und rieb sich an ihr. Sein Stöhnen wurde lauter, lustvoller, mischte sich mit ihrem sehnsüchtigen Seufzen. »Du fühlst dich so gut an, Cole«, keuchte sie. Am liebsten wäre er jetzt in sie hineingetaucht, in ihr heißes, vibrierendes Fleisch, um mit ihr ge meinsam zum Höhepunkt zu kommen. Doch das würde nie geschehen1. Er würde ihr Befriedigung verschaffen, das schon, aber er selbst würde sich die Erfüllung versagen. Cole suchte Me lodies Lippen, während er das Reiben und Stoßen seiner Finger und seiner harten Männlichkeit noch verstärkte, voll und ganz auf ihre Lust konzentriert. Mit einem leisen Aufschrei erreichte Melodie den Höhepunkt und sank in wohliger Erschöpfung ge gen Coles Brust, die Arme um seinen Nacken ge schlungen, das Gesicht an seine Schulter ge schmiegt. Cole hielt sie fest an sich gedrückt, während ihr Atem sich allmählich beruhigte. Doch als ihre Hand sich tastend zwischen ihre erhitzten Körper schob und sich um seine pulsierende Männlichkeit schloss, erstarrte er. Sie ließ den Daumen über die empfindsame Spitze gleiten, und er sog scharf die Luft ein. Mit festem Griff umschloss er ihr Handge lenk. »Nein, Mel«, keuchte er, wenn auch halbher zig. Sie sah ihn verständnislos an, ihre Augen immer noch dunkel vor Leidenschaft. »Willst du denn nicht…« 1
Kleine Bemerkung vom k-leser: das ist doch unsagbar unglaub würdig, welcher Mann würde da Nein sagen? Also ehrlich!
»Doch, ich will«, brachte er hervor. Wozu lügen, wo sie doch den Beweis seines Verlangens in der Hand hielt? »Aber wir können nicht zusammen schlafen.« Und er war nicht in der Stimmung für einen Alleingang, während sie zuschaute. »Wir?« In ihrer Stimme lag ein frustrierter Unter ton. »Cole, ich kann für mich selbst sprechen. Ich bin eine erwachsene Frau, die das Recht hat, mit einem Mann zu schlafen. Sogar mit dir.« Das hatte sie ja heute deutlich genug demonst riert. So ruhig wie möglich erwiderte er: »Mel, ich habe keine Kondome im Haus.« Er war sich nicht sicher, ob sie ihm glaubte, aber es entsprach der Wahrheit. Seit seiner letzten Affä re, die Monate zurücklag, hatte er keine Veranlas sung gesehen, sich welche zu besorgen. Das kam ihm jetzt sehr gelegen, hielt es ihn doch davon ab, einen großen Fehler zu begehen. Sie schloss ihre Hand fester um seine Erektion und strich mit der Zungenspitze über seinen Hals bis zu seinem Ohr. »Dann lass mich… Ich verspre che dir, es wird auch so schön für dich…« Das glaubte er ihr aufs Wort, und schon bewegte er sich instinktiv in ihrer Hand. Doch noch war sein Verstand nicht gänzlich ausgeschaltet, und so zog er sich energisch zurück. Dann hob er Melodie hoch und schob sie auf ihren Sitz zurück. »Du machst mich noch ganz verrückt«, stöhnte er. »Warum willst du denn nicht?« fragte sie leise. »Weil…« Er fuhr sich mit der Hand durchs feuch te Haar. »Weil ich dir nicht geben kann, was du brauchst.«
In ihren Augen blitzte es amüsiert auf. »Aber das hast du doch gerade getan.« Er schüttelte den Kopf. Noch immer konnte er nicht fassen, in was für eine lockende Sirene sich seine brave und anständige Melodie verwandelt hatte. Es war offensichtlich, dass sie nicht bereit war aufzugeben. Dann blieb ihm nichts anderes übrig als schonungslose Ehrlichkeit. »Ja, sicher, körperlich habe ich dich befriedigt, aber auf emotio naler Ebene kann ich das nicht. Ich will keine Be ziehung, Mel, mit niemandem.« Und besonders nicht mit ihr. Er würde seinen Junggesellenstatus und sein freundschaftliches Verhältnis zu ihrem Va ter nicht für eine heiße Liebesnacht aufs Spiel set zen. Sie ließ sich tiefer ins Wasser gleiten, bis es ihre Schultern umspülte. »Wenn ich mich recht erinnere, habe ich das auch nicht verlangt. Ich habe dich le diglich gebeten, dich zu dieser Wohltätigkeitsveran staltung begleiten zu dürfen.« »Was heute Abend zwischen uns passiert ist, wird meine Meinung darüber nicht ändern«, versetz te er scharf. Sie seufzte resigniert. »Dann habe ich mich wohl noch nicht genug angestrengt.« Cole fasste diese Worte als versteckte Drohung auf. Melodie würde also ihre erotischen Spielchen weitertreiben, was bedeutete, dass er im wahrsten Sinne des Wortes harten Zeiten2 entgegensah. Oh ne ein weiteres Wort kletterte er aus dem Becken und sprang in den angrenzenden Pool. Der Schock des kalten Wassers war genau das, was er brauch 2
Sicher, was hier hart wird, ist wohl klar ;-)
te, um wieder klar denken zu können. Doch leider richtete er nichts gegen den Tumult seiner Hormone aus und gegen das Verlangen, das er für Melodie empfand. Was hatte sie bloß auf die fixe Idee ge bracht, seine schön geordnete Welt auf den Kopf zu stellen! Mit zunehmender Erschöpfung zog er seine Ban nen, bis er sich einigermaßen abgekühlt hatte. Als er den Kopf hob, um tief durchzuatmen, bemerkte er, dass Melodie nicht mehr im Heißwasserbecken saß. Sie war gegangen, wie er es gewollt hatte3. Warum war er dann plötzlich so enttäuscht, allein zu sein?
5. KAPITEL Am Donnerstagabend nach der Arbeit ging Cole ohne Umweg in sein Stammlokal, Murphy’s Bar and Grill. Sogleich entdeckte er viele bekannte Gesich ter, und er nickte grüßend in die Runde. »Was darf’s sein, Sommers?« rief ihm Murphy hinter seiner auf Hochglanz polierten Theke aus Messing und Mahagoni zu. »Das Übliche?« »Das Übliche, danke.« Er schenkte dem Mann ein freundliches Grinsen, obwohl ihm eigentlich gar nicht besonders fröhlich zu Mute war. Suchend ließ er den Blick durch den Raum schweifen und ent deckte in einer der hinteren Nischen, nach wem er suchte: Richard Turner. Richard hatte ihn angerufen 3
Ich sag ja, Cole ist ein Trottel.
und um dieses Treffen gebeten. Am Telefon hatte er ziemlich besorgt geklungen, wollte aber nicht damit herausrücken, was er auf dem Herzen hatte. Cole, das schlechte Gewissen in Person, hatte natürlich sofort an Melodie gedacht. Deshalb sah er dem bevorstehenden Gespräch auch mit äußerst gemischten Gefühlen entgegen. Jetzt hatte auch Richard ihn entdeckt und winkte ihm grüßend zu. Dann also auf in den Kampf, dach te Cole grimmig und gesellte sich zu seinem Freund und Mentor in den hinteren Teil der Bar. Etwas um ständlich quetschte er sich in die enge Nische, für die seine Beine immer viel zu lang schienen. Nach einer kurzen Begrüßung kam Richard Tur ner ohne Umschweife zur Sache. »Es geht um Me lodie.« Genau das hatte Cole befürchtet. »Was ist los, habt ihr Probleme?« »Das nicht gerade.« Richard blickte nachdenklich vor sich hin. »Weißt du, Cole, nach dem Tod ihrer Mutter habe ich mir alle Mühe gegeben, ihr das Ge fühl zu geben, geliebt zu werden. Ihr sollte es an nichts mangeln. Weibliche Gesellschaft war das Einzige, womit ich ihr nicht dienen konnte, also schickte ich sie auf die besten privaten Mädchen schulen. Dort wähnte ich sie unter Gleichgesinnten, die ihr die Probleme des Erwachsenwerdens leich ter machen würden. Ich wollte, dass eine intelligen te, vernünftige Frau aus ihr wird, die selbstständig ihr Leben meistert.« »Das ist sie ja auch«, ermutigte Cole sein Ge genüber. »Sie ist eine sehr talentierte junge Frau.«
In mancher Hinsicht allerdings zu talentiert, für sei nen Geschmack. »Ja, das ist wahr«, stimmte Richard stolz zu, a ber der besorgte Unterton in seiner Stimme war un verkennbar. »Und doch frage ich mich, ob ich bei ihrer Erziehung nicht etwas falsch gemacht habe. Sie hat sich meinem Entschluss, sie ausschließlich auf Mädchenschulen zu schicken, nie widersetzt, aber ich fürchte fast, dass es sie in ihrer normalen Entwicklung behindert hat. Womöglich hat sie sich wie in einen Kokon eingehüllt gefühlt, abgeschnitten vom wirklichen Leben und von den normalen Ver gnügungen der Jugend.« Cole horchte auf. Die Unterhaltung behagte ihm zwar immer noch nicht, doch sie erklärte so man ches. »Wie kommst du auf diese Idee?« fragte er widerstrebend. »Gestern Abend war ich mit Melodie zum Dinner verabredet, und ich bin fast vom Stuhl gekippt, als sie im Restaurant auf mich zukam. Sie hat eine ganz neue Frisur, irgendwie frech und fransig, und ihre Kleidung erst! Sie trug so etwas wie eine Le derhose und ein Top…« Er wurde rot und fuhr mit gesenkter Stimme fort: »… mit einem viel zu offen herzigen Dekollete. Verdammt, ich hab meine eige ne Tochter beinahe nicht wiedererkannt!« Er kippte den Rest seines Martinis in einem Zug hinunter. Mit Genugtuung stellte Cole fest, dass er nicht der einzige Mann war, den Melodie mit ihrer Trans formation in einen Vamp aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. »Versteh mich nicht falsch«, fuhr Richard grim mig fort, »jede Frau hat das Recht, ihre… Reize so
gut wie möglich zu präsentieren, aber so eine radi kale Veränderung! Wenn es nur die Kleidung und die Frisur wären! Auch Melodies Benehmen hat sich geändert, ihr ganzes Auftreten.« Oh ja, sie war definitiv selbstbewusster, an spruchsvoller und freimütiger. Sie war ein völlig neuer Mensch. Das konnte Cole nur bestätigen. Richard schob sein leeres Glas zum Tischrand, damit die Kellnerin es abräumte. »Du musst die Veränderungen an ihr doch auch bemerkt haben, Cole.« »Das kann mal wohl sagen.« Die Worte waren heraus, bevor er registrierte, dass er seine Gedan ken laut ausgesprochen hatte. Stirnrunzelnd bedachte Richard ihn mit einem Blick, der ihm die Schweißperlen auf die Stirn trieb. »Ich meine, wie sollte man so eine drastische Ver änderung übersehen?« verbesserte er sich rasch. »Du weißt doch, wie unberechenbar Frauen sind. Ich bin sicher, es ist nur eine Laune.« Richard nickte bedächtig. »Ich kann nur hoffen, dass du Recht hast. Ich befürchtete nämlich schon, dass…« »Was?« fuhr Cole scharf dazwischen. »Meine größte Sorge ist, dass sie sich irgendei nem Kerl zuliebe so verändert hat. Falls das so ist, wer weiß, wie weit sie noch geht, um seine Auf merksamkeit zu erregen.« Cole wusste genau, zu welchen Extremen Melo die fähig war, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, doch dieses kleine Geheimnis behielt er wohl bes ser für sich. »Was schlägst du vor?«
Richard bedachte Cole mit einem durchdringen den Blick. »Ich möchte, dass du mir einen Gefallen tust. Bitte hab an meiner Stelle ein Auge auf Melo die.« Sein Ton machte deutlich, dass es sich eher um einen Befehl als um eine Bitte handelte. Cole sah keine Chance, sich aus der Affäre zu ziehen. »Ich soll sie beschatten?« fragte er ungläubig. »Sozusagen.« Richard setzte eine verlegene Miene auf, doch es war unverkennbar, dass er kei nen Rückzieher machen würde. »Mir ist klar, Mel würde mich umbringen, wenn sie das wüsste, aber ich kann einfach nicht anders. Ich mache mir große Sorgen um sie, und du bist der Einzige, dem ich zutraue, sie im Auge zu behalten und zu verhindern, dass irgendein übler Bursche sie ausnutzt.« Na, großartig! Cole verschluckte sich fast an der Erdnuss, die er sich gerade in den Mund gesteckt hatte. Wenn Richard wüsste, dass er diesem üblen Burschen geradewegs gegenübersaß… »Richard, Melodie ist eine erwachsene Frau…« Der ältere Mann hob die Hand, um Coles Vortrag im Keim zu ersticken. »Ich weiß, ich weiß. Das habe ich mir selbst schon hundert Mal gesagt, aber als Vater, der völlig vernarrt ist in seine Tochter, kann ich nicht untätig zusehen, wie jemand sie verletzt. Glaub mir, du wirst das verstehen, wenn du selbst erst einmal Kinder hast.« Das würde noch lange auf sich warten lassen, wenn es überhaupt jemals dazu kam. Cole hatte schon ausreichend Gelegenheit gehabt, Vaterpflich ten an seinen beiden Geschwistern zu erfüllen, das reichte erst einmal. Obwohl es häufig auch viel
Spaß gemacht hatte, wie er sich sofort eingestehen musste. »Ich möchte nur sichergehen, dass Melodie sich nicht in eine Situation hineinmanövriert hat, die sie überfordert«, redete Richard weiter eindringlich auf ihn ein. »Wirst du mir helfen?« Was blieb ihm anderes übrig? Er schuldete Ri chard so viel. »Ja, natürlich«, brachte er gepresst hervor. Ein dankbares Lächeln erhellte Richards Züge, und er seufzte erleichtert. »Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann.« Cole leerte sein Bierglas in großen Zügen und machte der Kellnerin ein Zeichen, ein neues Glas zu bringen. Fast hätte er laut losgelacht. Melodie vor sich zu schützen mochte ja noch zu bewerkstel ligen sein. Aber wer, um Himmels willen, schützte ihn vor Melodie? Melodies Finger krampften sich um den Stift in ihrer Hand, und sie hätte ihrer Frustration am liebsten mit einem lauten Schrei Luft gemacht, während sie zusah, wie Noah eine weitere Frau aus Coles Büro eskortierte und zum Ausgang geleitete. »Es gibt noch weitere Kandidatinnen«, sagte er zu der langbeinigen Frau mit den feuerroten Haa ren, die ihn hoffnungsvoll anstrahlte. »Falls Cole sich für Sie entscheidet, wird er sich telefonisch mit Ihnen in Verbindung setzen.« Mit einem gekünstelten Lächeln fuhr sie ihm mit einem langen, rot lackierten Fingernagel über die Brust. »Ich würde mich freuen, wenn Sie sich an
mich erinnern, Noah. Auch wenn ich den Job nicht bekomme, können Sie mich jederzeit anrufen.« Noah setzte sein wohl bekanntes Verführerlä cheln auf, dem die Frauen reihenweise erlagen. »Ich werde daran denken, Heather.« Er wartete, bis Heather sicher in ihrem Wagen saß, dann schloss er die Tür. Melodie bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick. Abwehrend hob er die Hände. »Hey, ich hab nicht versprochen, sie anzurufen.« »Du bist ein unverbesserlicher Schürzenjäger, Noah Sommers.« Sie schüttelte tadelnd den Kopf. »Ich wünschte nur, dass dich mal eine in die Knie zwingt.« »Das haben schon einige geschafft«, konterte er ungeniert. Melodie spürte, wie sie errötete, doch sie hatte nicht die Absicht, sich durch seinen frechen Kom mentar aus dem Konzept bringen zu lassen. »Lass es mich anders ausdrücken: Ich hoffe, du triffst auf eine Frau, die du unbedingt haben willst, und sie lässt dich ordentlich zappeln. Eine Frau, die dir dei ne Playboy-Allüren gründlich austreibt.« Er schien ernsthaft über ihre Bemerkung nach zudenken, und seine Miene drückte aus, wie sehr ihn die Vorstellung amüsierte. »Ein ganz ungewöhn licher Gedanke, nicht?« Melodie verdrehte entnervt die Augen. Er schien wirklich felsenfest davon überzeugt, dass keine Frau ihn je zähmen würde. Am liebsten hätte sie ihn bei der Gurgel gepackt und gewürgt – ihn und sei nen Bruder.
Noah schob die Hände in die Taschen seiner Jeans. Er wirkte plötzlich besorgt. »Was ist denn heute los mit dir? Hat dich jemand geärgert?« Sie atmete tief durch und begegnete unerschro cken seinem fragenden Blick. »Ja, und zwar du.« Er schien ehrlich verwundert. »Ich?« »Ja, du. Du bist es doch, der seit zwei Tagen all diese Frauen hier antanzen lässt, oder?« »Ich folge nur den Anweisungen vom Boss. Cole hat mich beauftragt, eine Frau aufzutreiben, die ihn zu der Wohltätigkeitsveranstaltung begleitet und Elenas Brief liest. Ich tue nur, was er von mir ver langt hat.« Streng dich bloß nicht so an, hätte sie ihm am liebsten entgegengeschleudert, hielt ihren bissigen Kommentar jedoch noch rechtzeitig zurück. Noah führte ja wirklich nur Coles Anweisungen aus. Aber er war eben im Moment ein bequemes Ventil für ihre Aggressionen. »Ich hoffe, dass Cole sich bald entscheidet«, versetzte Noah mit einem resignierten Seufzer. »Mir gehen nämlich allmählich die Bewerberinnen aus.« Wie gern hätte sie, Melodie, da ausgeholfen. Doch Cole hatte wiederholt klar gemacht, dass sie für diesen Job nicht infrage kam. Hier war ihre Chance, sich beruflich weiterzuentwickeln, doch er blieb stur. Er weigerte sich zuzugeben, wie gut sie beide zusammenpassten, beruflich wie privat. All ihre Versuche, ihn vom Gegenteil zu überzeugen, hatte er im Keim erstickt. Während der vergangenen beiden Tage war Cole Melodie geflissentlich aus dem Weg gegangen. Sein kühles, geschäftsmäßiges Verhalten warf sie
auf den Nullpunkt zurück. Es war fast so, als hätte dieser Abend in seinem Haus nie stattgefunden. Melodie hatte sogar ein paar erotische Briefe in sei nem Schreibtisch und in seiner Aktentasche depo niert, doch keinerlei Reaktion von Cole geerntet, obwohl sie sicher war, dass er die Briefe gelesen hatte. Sie hatte es endgültig satt, ständig ignoriert zu werden, wo sie doch wusste, wie sehr Cole sie in Wahrheit begehrte. Wenn er sie so einfach fallen lassen konnte, dann konnte sie das erst recht. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. Fünf Minuten nach fünf an einem Freitagnachmittag. Es war bald Feierabend, und die Freiheit rief. Melodie hatte plötzlich keine Lust, den Abend so zu verbringen wie üblich: mit einem guten Buch oder vor dem Fernseher. Nein, ihr stand der Sinn nach etwas Auf regenderem. Sie wollte endlich auch mal etwas er leben, wollte ihre neu erworbenen Talente als böses Mädchen draußen in der Welt anwenden und ent decken, wohin sie sie führten. »Ich muss hier raus«, stieß sie gepresst hervor. Abrupt stand sie auf, schaltete ihren Computer aus und fing an, ihren Schreibtisch aufzuräumen. »Und wo willst du hin?« erkundigte sich Noah, der ihren Kommentar offenbar gehört hatte. »Ich gehe heute Abend aus, um mich mal so richtig zu amüsieren.« Sie hob entschlossen das Kinn an. »Du weißt doch sicher, wo man hier am besten Männer trifft.« Er blitzte sie schelmisch an. »Ich fürchte, damit kann ich dir nicht dienen. Männer interessieren mich nicht so besonders.«
»Haha!« Melodie schnitt ihm eine Grimasse. »Du weißt genau, was ich meine. Ein Lokal, wo Männer hingehen, um Frauen kennen zu lernen.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und neig te leicht den Kopf. »Was willst du denn in so einem Lokal?« fragte er neugierig. »Die Gründe liegen doch auf der Hand. Ich habe keine Lust mehr, immer nur das brave Mädchen zu spielen. Ich möchte mich amüsieren und Männer kennen lernen, die mich als vollwertige Frau behan deln.« Sie nahm ihre Handtasche. »Du hast die Wahl, Noah. Entweder nennst du mir ein passendes Lokal, oder ich mache mich eben selbst auf die Su che.« Noah schien es plötzlich ziemlich unbehaglich zu Mute zu sein. »Ehrlich gesagt halte ich es für keine gute Idee, dass du allein ausgehst.« Melodie seufzte. Noah also auch! »Toll! Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als auf eigene Faust mein Glück zu versuchen.« Sie wandte sich entschlossen zum Gehen. »Schon gut«, hielt Noah sie zurück. »Da dir diese fixe Idee anscheinend nicht auszureden ist, gehe ich lieber sicher, dass du nicht in irgendeiner Spe lunke landest. Ich schlage dir das Paxton’s vor – der Laden ist ziemlich hip, und die Türsteher lassen nicht jedes Gesindel rein. Sie öffnen um acht.« Dann beschrieb er ihr noch den Weg zum Paxton’s. »Danke, Noah.« Trotz ihres Bedürfnisses nach Unabhängigkeit wusste sie seine Sorge um ihr Wohlergehen zu schätzen. Im Hinausgehen winkte sie ihm noch einmal fröhlich zu. »Ich wünsche dir
ein schönes Wochenende, Noah. Amüsier dich gut, so wie ich.« Sekunden später kam Cole mit einem Bericht in der Hand aus seinem Büro, den Melodie abtippen soll te. Stirnrunzelnd registrierte er ihren aufgeräumten Schreibtisch und den ausgeschalteten Computer. Irritiert wandte Cole sich an Noah, der am Fenster stand und nach draußen blickte. »Hey, wo steckt denn Melodie?« Noah wandte sich um und kam zum Schreibtisch. Seine Miene war eine Spur zu ernst für Coles See lenfrieden. »Ich bin nicht sicher, ob du das wirklich wissen willst«, erwiderte er mit einem Anflug von Ironie. Coles Magennerven zogen sich zusammen. »Was soll das heißen?« »Ich will es mal so ausdrücken: Melodie ist nicht gerade begeistert über all die Frauen, die du inter viewst, während du sie links liegen lässt. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, sich zu amüsieren und Männer kennen zu lernen, die sie wie eine vollwer tige Frau behandeln. Ihre Worte, nicht meine.« Cole rieb sich die Schläfen. »Damit weiß ich im mer noch nicht, wo sie ist.« »Sie hat mich nach einem Nachtclub gefragt, wo man Männerbekanntschaften machen kann«, erwi derte Noah. »Also hab ich sie ins Paxton’s ge schickt.« Noah hatte sie in einen trendigen Nachtclub ge schickt? In Coles Kopf blitzten sofort quälende Bil der auf: Melodie, die mit fremden Männern tanzte. Melodie, beschwippst und bereit, sämtliche Hem
mungen fallen zu lassen. Er wusste nur zu gut von ihrer unerfüllten Sehnsucht nach Sex, und es mach te ihn wütend, dass Noah ihr geholfen hatte. »Wie, um alles in der Welt, konntest du nur etwas derma ßen Idiotisches tun?« attackierte er seinen Bruder. Noah hob gekränkt die Brauen. »Du solltest mir eigentlich dankbar sein. Es war das Klügste, was ich tun konnte. Melodie war fest entschlossen, aus zugehen und Spaß zu haben. Hätte ich sie nicht auf das Paxton’s verwiesen, würde sie womöglich in irgendeinem miesen Schuppen landen. Ich habe mir gedacht, auf diese Weise weißt du genau, wo sie ist, und kannst ein wachsames Auge auf sie ha ben.« »Wie kommst du auf die Idee, dass ich das will?« fragte Cole scharf. »Dann eben nicht.« Noah zuckte gleichmütig die Schultern. Er musterte seinen Bruder mit einem schwer zu deutenden Blick und setzte ein liebens würdiges Lächeln auf. »Sie ist ja schon ein großes Mädchen, das auf sich selbst aufpassen kann. Sie darf tun und lassen, was sie will und mit wem sie will.« Bei der Vorstellung, dass Melodie irgendetwas mit irgendeinem Mann tat, schnellte Coles Blutdruck in die Höhe. Er war hin- und hergerissen zwischen der Versuchung, sie endlich ihre eigenen Erfahrun gen machen zu lassen, und Richards Bitte, auf Me lodie aufzupassen. Du bist der Einzige, dem ich zu traue, ein Auge auf sie zu haben, hatte er gesagt. Cole wusste, was er zu tun hatte – was er tun würde. Er hatte es Richard versprochen, und falls
Melodie etwas zustoßen sollte, würde er sich das nie verzeihen. »Verdammt«, zischte er und beschloss, für heute mit der Arbeit Schluss zu machen. Er hatte einen harten Tag hinter sich: all die Gespräche mit den Frauen, die Noah hergeschickt hatte. Und keine einzige Bewerberin darunter, die für den Job infrage kam. Und jetzt auch noch der Ärger mit Melodie. Er ging in sein Büro, gefolgt von Noah. »Glaub mir, du tust das Richtige, Cole.« »Als ob ich eine Wahl hätte.« Cole schaltete den Computer aus und schob einen Stapel Akten in sei ne Tasche. Als er Noahs leises Lachen hörte, fun kelte er seinen Bruder wütend an. »Pass bloß auf, dass dir das Lachen nicht vergeht, kleiner Bruder.«
6. KAPITEL Cole bahnte sich seinen Weg durch die dichte Menschenmenge, die sich an diesem Freitagabend im Paxton’s amüsierte. Der stampfende RockRhythmus dröhnte durch seinen erschöpften Körper und ließ das dumpfe Pochen in seinen Schläfen anschwellen. Stroboskoplampen blitzten im Rhyth mus der Musik auf, was das Pochen in einen aus gewachsenen Kopfschmerz verwandelte. Außer dem konnte man in dem flackernden Licht kaum sehen. Hier tobte das Leben, aber die überschallmäßig laute Musik und die Zurschaustellung nackter weib licher Haut waren eigentlich eher etwas für Noah als für den introvertierten Cole. Dieser zog einen ruhi
gen Abend zu Hause oder ein Bier bei Murphy bei weitem diesem ohrenbetäubenden Vergnügen vor. Die herausfordernden Blicke der Frauen, die ihm das Gefühl gaben, ein Bonbon zu sein, das nur dar auf wartete, vernascht zu werden, ließen ihn kalt. Und in dem ganzen Gewusel von erhitzten Leibern keine Spur von Melodie. Alle mehr oder weniger deutlichen Annäherungs versuche ignorierend, setzte Cole mit einer Selters in der Hand die Suche fort. Zwanzig Minuten später wurde er endlich fündig. Melodie stand an einem der drei Tresen, wie Cole mit Erleichterung regist rierte. Sie hatte also auf Noah gehört und sich nicht auf eigene Faust irgendwo anders ins Nachtleben gestürzt. Im Schutz der Menge schob Cole sich etwas nä her an sie heran, um sie besser im Blick zu haben. Gerade eben bestellte sie einen Drink beim Bar keeper. Im flackernden Stroboskoplicht blitzten die Highlights in ihrem braunen Haar auf. Sie trug ein hauteng anliegendes Kleid aus einem beigefarbe nen Rippen-Stretch. Cole ertappte sich bei der Fra ge, ob sie wohl überhaupt einen BH oder Slip unter dem Fummel anhatte. Verlangen stieg in ihm auf, doch er ignorierte diese im Moment höchst unwillkommene Regung. Stattdessen richtete er die Aufmerksamkeit auf ihre Schulter. Was war denn das? Vermutlich das, wo nach es aussah: ein Tattoo in Schmetterlingsform. Ein weiterer Ausdruck der Rebellion. Im Stillen verfluchte Cole seine eigene Haltung. Er war doch selbst Schuld an dieser Entwicklung. Mit seiner Sturheit hatte er Melodie erst so weit ge
trieben. Wer wusste schon, was sie als Nächstes tun würde, um sich und der Welt zu beweisen, dass sie eine selbstbewusste, erfahrene Frau war, die mit allem und jedem fertig wurde? Wie es schien, hatte sie bereits eine Eroberung gemacht. Ein junger gut aussehender Mann mit aschblondem Haar tauchte an ihrer Seite auf und bezahlte ihren Drink, bevor sie das Portemonnaie aus der Handtasche ziehen konnte. Melodie be dankte sich mit einem schmelzenden Lächeln, das Cole schmerzhaft zusammenzucken ließ. Eifersüch tig beobachtete er, was weiter geschah. Der andere Mann beugte sich vor, um ihr etwas ins Ohr zu sagen, und Melodie lachte amüsiert auf. Die Hand auf ihrem Rücken, führte er sie zu einem der Tische im hinteren Teil des Clubs, wo bereits zwei weitere Kerle saßen und ihre Ankunft begeis tert begrüßten. Cole verlegte seinen Beobachtungsposten zum anderen Ende des Raums, von wo aus er das Ge schehen weiterhin unbemerkt im Auge behalten konnte. Als einer der Männer Melodie mit sich auf die Tanzfläche zog, schweifte Coles Blick zwischen dem tanzenden Paar und ihrem verwaisten Drink auf dem Tisch hin und her. So ging es ungefähr an derthalb Stunden lang weiter. Zu seiner Erleichte rung wurde keiner der Männer in einer Weise zu dringlich, die sein sofortiges Einschreiten erfordert hätte. Melodie schien sich prächtig zu amüsieren: Sie tanzte, lachte und flirtete ausgelassen mit den drei Männern, die völlig hingerissen von ihr schie nen.
Wenn Cole richtig gezählt hatte, war Melodie in zwischen bei ihrem sechsten Drink angelangt, was sicherlich wesentlich zu ihrer ausgelassenen Stim mung beitrug. Frustriert starrte er auf sein drittes Glas Cola und wünschte sich, zu etwas Hochpro zentigerem überwechseln zu können, um die verwir renden Gefühle zu ersticken, die ihn mit ungeahnter Intensität heimsuchten. Er kippte den Rest der Cola in einem Zug hinun ter und stellte das Glas auf den Tresen. Als er sich wieder zu Melodies Platz umdrehte, konnte er sie nirgends entdecken. Auch von dem blonden Jüng ling, der sie umgarnt hatte, und seinen Kumpeln fehlte jede Spur. Suchend schob Cole sich durch die Menge, scannte jeden Zentimeter mit den Bli cken ab, ohne Erfolg. Das konnte nur eins bedeu ten: Melodie hatte sich von dem Kerl abschleppen lassen! Cole stieß einen unterdrückten Fluch aus. Und ausgerechnet ihm hatte Richard seine Toch ter anvertraut! Er hatte sie nur zwei Minuten aus den Augen gelassen, und schon war sie beschwipst mit einem Haufen Männer abgezogen, die sie nicht einmal kannte. Wie sollte er das bloß ihrem Vater beibringen? Die Konturen eines zweifelsohne weiblichen Kör pers pressten sich gegen seinen Rücken, und er fühlte sich von schlanken Armen umschlungen. Die Frau hinter ihm hob sich auf die Zehenspitzen, wo bei sich ihre vollen Brüste aufreizend an seinem Rücken rieben, und hauchte ihm ins Ohr: »Suchst du jemanden?« Er erkannte Melodie sofort, und sein verräteri scher Körper reagierte auf ihren zarten Duft und die
weichen Kurven, die er inzwischen schon so gut kannte. Cole packte sie an den Handgelenken und drehte sich um. In einer Mischung aus Erleichterung und Verärgerung sah er sie an. Einerseits war er froh, dass sie noch hier war, andererseits war er ihr böse für das Kopfzerbrechen, das sie ihm bereitet hatte. Melodie schmiegte sich in seine Arme und küsste ihn sanft aufs Ohrläppchen. Cole erschauerte, als er ihren warmen Atem auf seiner empfindsamen Haut spürte. Sein Herzschlag beschleunigte sich, und ein ganz bestimmtes Körperteil fing an, sich bemerkbar zu machen. »Du siehst ja nicht so aus, als würdest du dich amüsieren«, rief sie, um die ohrenbetäubende Mu sik zu übertönen. »Ich amüsiere mich sogar prächtig«, konterte er. »Wo steckt denn dein Verehrer?« »Er wollte mit seinen Freunden noch in einen an deren Club.« Spielerisch zupfte sie an seinem Hemdkragen, ließ die Finger dann die Knopfleiste hinunterwandern. Cole unterbrach ihr aufreizendes Spiel, indem er ihre Hand nahm und auf seiner Brust platzierte. »Ich glaube, für dich wird es auch Zeit zu gehen.« Er würde sie jetzt nach Hause bringen und sie ihren Rausch ausschlafen lassen. Sie verzog den Mund zu einem Schmollen. »Ich will aber noch nicht gehen. Gerade jetzt, wo ich mich so gut amüsiere! Außerdem kann es nicht schaden, dich auch ein bisschen in Stimmung zu bringen.«
»Das halte ich für keine gute Idee«, versetzte er barsch. Melodie blickte zu ihm auf, ein mutwilliges Glit zern in den Augen. Ihr Haar umrahmte ihr Gesicht in einer wild zerzausten Mähne, und ihre vollen, schimmernden Lippen weckten den Tiger in ihm4. Sie hob die Hand und ließ die Fingerspitzen feder leicht über seine Wange und seinen Hals gleiten. »Du wirkst ziemlich angespannt. Dagegen weiß ich genau das richtige Mittel.« Sie schenkte ihm ein verführerisches Lächeln. »Komm, tanz mit mir.« Das hatte sie sich wohl so gedacht! Dieses Mal würde er ihren Verführungskünsten standhalten. »Nein.« Doch Melodie zeigte sich wenig beeindruckt von seiner energischen Zurückweisung. »Ich möchte tanzen, Cole. Und zwar mit dir.« Sie hakte ihre Fin ger in den Bund seiner Jeans und zog ihn mit sich in Richtung Tanzfläche. Wenn er nicht riskieren wollte, plötzlich mit heruntergelassenen Hosen da zustehen, musste er ihr wohl oder übel folgen. Plötzlich fand er sich inmitten einer schwitzenden Menge sich windender Leiber wieder. Cole hatte nie gern getanzt, und auch jetzt verspürte er keine Lust dazu. So stand er ziemlich hölzern da, leidvoll ent schlossen, sich für einen Song zu opfern und Melo die ihren Spaß zu gönnen. Danach würde er sie energisch zum Ausgang dirigieren und nach Hause fahren. Auf der Tanzfläche herrschte dichtes Gedränge, was Melodie weidlich ausnutzte, um Cole ganz na 4
Wenn ich mich nicht irre, wurde der Tiger schon im Badezuber geweckt, aber egal – weiter im Text.
he zu kommen. Sie schlang ihm die Arme um den Hals und zog ihn dicht an sich. Dann begann sie sich im Rhythmus der Musik an ihm zu reiben. Sie zog seinen Kopf zu sich herab und brachte ihren Mund an sein Ohr. »Tanz mit mir, Cole! Ich möchte die Bewegungen deines Körpers spüren.« Die aufreizende Aufforderung tat ihre Wirkung. Wieder einmal warf Cole all seine guten Vorsätze über den Haufen und ließ sich von Melodie bezir zen. Er hatte keinen Schimmer, wie sie es immer wieder fertig brachte, ihn dazu zu bewegen, Dinge zu tun, die auf seiner Tabu-Liste standen. Wie an jenem Abend im Jacuzzi, gab er auch heute ihren Verführungskünsten nach und ließ sich von seinem Verlangen leiten. Er umschloss mit beiden Händen Melodies fes ten, kleinen Po, und ihre Lenden verschmolzen in einem heißen Rhythmus. Cole schob seinen kräfti gen Oberschenkel zwischen ihre schlanken Beine, ließ das Knie höher wandern, unter den Saum ihres Kleides, bis sie sich an seinem harten Oberschen kel rieb. Er spürte ihre feuchte Hitze durch den Stoff seiner Hose und stöhnte unterdrückt auf, als ihr Verlangen auch ihn ansteckte. »Ja.« Nur dieses eine Wort kam über ihre Lip pen, verlor sich in den Klängen des stampfenden Beats. Und doch wusste Cole genau, wonach sie sich sehnte, wusste, dass er sie dahin bringen wür de, wohin sie wollte. Hier und jetzt. Der Rhythmus, in dem er sie gegen seinen Schenkel presste, wurde härter, schneller, und ein Blick in ihre dunkel verhangenen Augen zeigte ihm, wie erregt sie war. Niemand um sie herum bemerk
te ihr lustvolles Spiel, keiner registrierte, wie Melo die, sicher geborgen in seinen Armen, ihren ganz eigenen Tanz tanzte. Ihre Unbekümmertheit, sich hier mitten in der Öf fentlichkeit erotischen Spielchen hinzugeben, faszi nierte und erregte Cole. Den Blick fest auf ihr Ge sicht geheftet, sah er, wie ihre Lider flatterten. Fest umklammerte sie seine Schultern und bog sich ihm entgegen, immer heftiger und schneller. Ihr nahender Höhepunkt beschleunigte seinen Atem, und er stöhnte laut auf. Melodie ließ den Kopf zurücksin ken, und ihre Miene sprach von lustvoller Ekstase. Ihre Lippen öffneten sich, und sie umklammerte mit den Schenkeln fest sein Bein. Cole spürte, wie sie erschauerte. Dieser Moment war so unsagbar erotisch, so er regend, und doch gab es für Cole keine Befriedi gung. Zumindest im Augenblick nicht. Melodie öff nete die Augen und sah ihn mit einem sanften Lä cheln an. Allmählich kam wieder Leben in ihren zu frieden erschlafften Körper, und ihr betörendes Spiel begann von neuem. Lockend rieb sie sich an Cole, drehte sich in seinen Armen, presste ihren Po an seine harte Männlichkeit, die gegen den Hosen schlitz spannte. Dann hob sie die Arme über den Kopf und ließ die Hüften an seinen Lenden kreisen, langsam und betörend. Cole fragte sich, wo zum Teufel sie gelernt hatte, sich so zu bewegen. Er riss sie in die Arme und presste sie fest an sich, so dass sie seine Erektion deutlich spüren konnte. »Wir gehen auf der Stelle«, zischte er. Sofort versteifte sie sich. »Ich will aber noch hier bleiben.«
»Zeit fürs Bett, Sweetheart.« Es gab keine ande re Wahl. Wenn er hier blieb, würde er früher oder später mitten auf der Tanzfläche explodieren, das konnte er nicht riskieren. Und allein hier zurücklas sen konnte er Melodie in dieser Stimmung erst recht nicht. »Mach jetzt bitte keine Szene.« Unnachgiebig zog er sie mit sich durch die Menge in Richtung Ausgang. »Komm schon, ich bringe dich nach Hau se.« »Aber es hat doch gerade erst angefangen, rich tig lustig zu werden«, schmollte sie, während sie ihm widerstrebend folgte. »Du kannst ruhig gehen. Ich bleibe, bis sie hier dichtmachen.« Er warf ihr einen finsteren Blick über die Schulter zu. Seine Erektion machte ihm schon genug zu schaffen, da brauchte er nicht noch ihre Widerbors tigkeit. »Den Teufel wirst du…« »Keiner hat dich gebeten, auf mich aufzupassen, Cole.« Er schnaubte verächtlich. »Einer muss doch da für sorgen, dass du auf dem Weg nach Hause nicht umkippst.« Oder im Bett eines anderen Mannes landest. Allein der Gedanke daran trieb seinen Blut druck gefährlich in die Höhe. »Ich bin nicht betrunken«, konterte sie beleidigt. Unnachgiebig pflügte er einen Weg durch die Menge, das rot beleuchtete Ausgang-Schild fest im Blick. »Woher auch?« Sein Ton triefte vor Ironie. »Sechs Drinks innerhalb von zwei Stunden, wie solltest du da betrunken sein!« Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Froh, der lär menden Hölle entkommen zu sein, stieß er die Tür auf und atmete dankbar die klare Nachtluft ein.
»Du kannst mich nicht gegen meinen Willen mit nehmen!« protestierte Melodie lautstark. Das erregte die Aufmerksamkeit eines baumgro ßen Türstehers, der draußen stand, um eine Ziga rette zu rauchen. Cole witterte Unheil, als der massige Kerl seine Zigarette austrat und zu Melodies Rettung heraneil te. Einer plötzlichen Eingebung folgend, zückte Cole seinen Dienstausweis, hielt ihn dem Hünen unter die Nase und erklärte in autoritätsgewohntem Ton: »Das ist meine Schwester. Zu Ihrer Information: In ihrem Alter hat sie in einem Nachtclub nichts verlo ren.« Die Augen des Mannes weiteten sich erschro cken. »Hey, Mann, wir haben doch alle Ausweise kontrolliert.« Melodie bedachte Cole mit einem bitterbösen Blick und zischte: »Ich bin nicht minderjährig!« »Nein, deinem gefälschten Ausweis nach nicht«, erwiderte Cole streng. Er steckte seinen Dienst ausweis wieder ein und wandte sich drohend an den Türsteher. »Dieses Mal will ich noch ein Auge zudrücken, aber wenn so etwas noch mal passiert, kann Ihr Boss den Laden bald dichtmachen!« Eine Entschuldigung vor sich hin murmelnd, trat der Hüne auf der Stelle den Rückzug an. Ehe Melodie noch eine weitere Szene machen konnte, zog Cole sie zu seinem Wagen und bug sierte sie unsanft auf den Beifahrersitz. »Das ist doch wohl nicht wahr, was du da soeben getan hast!« empörte sie sich mit funkelnden Au gen.
Cole zuckte gleichmütig die Achseln. »Ich kann weiß Gott nicht noch mehr Ärger mit dir gebrau chen«, versetzte er ungerührt. »Ärger? Mit mir?« Ihre Stimme überschlug sich fast, so außer sich’ war sie. »Es war doch alles in schönster Ordnung, bis du plötzlich auf der Bildflä che aufgetaucht bist.« Cole schnaubte verächtlich. Er mochte nicht ein mal daran denken, was alles hätte passieren kön nen, wenn er nicht aufgetaucht wäre. Hätte sie ih rem blonden Verehrer dieselben Freiheiten gestattet wie vorhin ihm, Cole? Allein die Vorstellung brachte sein Blut vor Wut zum Kochen. Er wollte gerade den Motor einschalten, als Me lodie die Beifahrertür aufstieß und aus dem Wagen sprang. »Ich fahre nirgends mit dir hin«, erklärte sie dickköpfig und zog den Saum ihres Kleids herunter, der in gewagte Höhen gerutscht war. Coles Kiefermuskeln verkrampften sich. Er war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Den An blick ihrer langen, nackten Beine vermeidend, kam er entschlossen um den Wagen herum und drückte Melodie wieder auf ihren Sitz. Eine Hand auf ihre Schulter gedrückt, blockierte er mit seinem Körper die Tür. Mit der anderen Hand öffnete er die Klappe zum Handschuhfach und holte ein Paar Handschel len heraus, die er für Notfälle dort deponiert hatte. Und dies war definitiv ein Notfall. Er schob die Handschellen durch den Handgriff am Armaturen brett und klickte die Stahlschellen um Melodies Handgelenke. Dann schloss er sorgfältig die Tür und schob sich hinter das Lenkrad.
Als er den Wagen in aller Seelenruhe vom Park platz steuerte, fauchte sie: »Das ist doch wohl nicht dein Ernst! Du kannst mich doch nicht wie eine ge wöhnliche Kriminelle behandeln!« Aufgebracht zerr te sie an den Handschellen, doch vergeblich. »Ich sorge nur für deine Sicherheit, da du dazu offensichtlich nicht mehr in der Lage bist.« »Das ist unglaublich!« Sie schüttelte den Kopf und starrte nach draußen in die Dunkelheit. »Was passiert mit meinem Wagen?« »Den holen wir morgen ab. Dein Vater würde mich umbringen, wenn du heute Nacht womöglich in eine Verkehrskontrolle geraten wärst.« »Wie bitte?« Sie wirbelte herum, und ihre Blicke schienen ihn zu durchbohren. Verdammt. Jetzt hätte er sich fast verraten. Sollte Melodie je von dem Komplott zwischen ihm und ihrem Vater erfahren, dann konnten beide Männer ihr Testament machen. Er warf ihr einen unschulds vollen Seitenblick zu. »Ich meine, dass ich auf jeden Fall vermeiden wollte, dass du in eine Verkehrskon trolle gerätst.« Ihre Augen verengten sich misstrauisch, aber zu Coles Erleichterung ließ sie das Thema auf sich beruhen. »Ich bin nicht betrunken«, behauptete sie stattdessen. »Und ich kann sehr wohl auf mich al lein aufpassen. Jetzt bring mich nach Hause.« Das hatte er ursprünglich vorgehabt, doch inzwi schen fragte er sich, ob es klug war, sie in dieser aufmüpfigen Stimmung allein zu lassen. Würde sie ins Bett kriechen und ihren Rausch ausschlafen oder sich womöglich ein Taxi rufen und zum Nacht club zurückfahren?
Du bist der Einzige, dem ich zutraue, sie im Auge zu behalten5, klangen die Worte ihres Vaters ihm in den Ohren. Sein Entschluss stand fest. Sich inner lich gegen einen weiteren Streit wappnend, schlug er den Weg nach Hause ein. Seinem Zuhause. Ihren Gedanken nachhängend, starrte Melodie aus dem Seitenfenster. Sie konnte es noch immer nicht fassen, dass Cole tatsächlich zu so einem ex tremen Mittel gegriffen hatte wie sie zu fesseln. Und es ärgerte sie unsäglich, dass er sich einbildete, sie vor sich selbst schützen zu müssen. Aus irgendei nem unerfindlichen Grund schien er sich zu ihrem Retter berufen zu fühlen. Melodie seufzte resigniert. Der Abend entwickelte sich ganz und gar nicht nach ihren Vorstellungen. Aber war das nicht immer so, wenn Cole im Spiel war? Eigentlich hatte doch alles ganz viel verspre chend begonnen. Nachdem sie sich nach anfängli chem Zögern dazu durchgerungen hatte, allein ins Paxton’s zu gehen, hatte sie Matt und seine Freun de kennen gelernt, was ihr einen Großteil ihrer Ner vosität genommen hatte. Sie hatten zusammen ge lacht und getanzt, aber der sprichwörtliche Funke war nicht übergesprungen. Wie sollte er auch, wenn jeder Mann im Vergleich mit Cole den Kürzeren zog? Dass Cole ihr ins Paxton’s gefolgt war, hatte sie nicht wirklich überrascht. Sie hatte sich sogar über sein plötzliches Auftauchen gefreut, denn in seiner Anwesenheit fühlte sie sich sicher und geborgen. Es war seine ungehobelte Art, mit ihr umzusprin 5
Im Auge zu behalten, nicht im eigenem Bett zu halten.
gen, als sei sie eine dumme, kleine Gans, die sie auf die Palme brachte. Obwohl Melodie ihm immer noch böse war, stahl sich ein versonnenes Lächeln um ihre Lippen, als sie an ihre frivole Eskapade auf der Tanzfläche zu rückdachte. Einige wenige kostbare Momente hatte er ganz allein ihr, Melodie, gehört, eingehüllt in ei nen Kokon aus Lust und Leidenschaft. Diese Be gegnung war zweifellos eine der erotischsten Erfah rungen ihres ganzen Lebens gewesen. Bis Cole alles kaputtgemacht hatte, indem er mit erhobenem Zeigefinger beschloss, dass es an der Zeit sei, sie nach Hause zu bringen. Verwirrt und verletzt hatte sie sich ihm widersetzt. Es war ihr unbegreiflich, wie Cole es fertig brachte, sie von einer Sekunde zur anderen von sich zu sto ßen. Selbst jetzt noch bebte ihr Körper in der Erwar tung nach Erfüllung, und da saß Cole neben ihr, undurchdringlich wie ein Stein. Melodie fragte sich, was wohl dazu gehörte, ihn zu knacken. Den zutiefst sinnlichen Mann zu ent fesseln, auf den sie während der vergangenen Wo che zumindest einen Blick erhascht hatte. Die Vor stellung faszinierte und erregte sie, und sie spürte, wie ihr ganz heiß wurde. Doch der Gedanke an die Realität ernüchterte sie sofort. Coles Abwehrme chanismen waren noch längst nicht zusammen gebrochen. Das würde noch ein Stück Arbeit kos ten. Der Wagen kam zum Stehen, und Cole schaltete den Motor ab. Jetzt erst registrierte Melodie, dass er nicht den Weg zu ihrer Wohnung genommenen hat
te. Ein Blick aus dem Fenster bedeutete ihr, dass der Wagen auf seiner Auffahrt parkte. »Was wollen wir denn hier?« »Heute Nacht bleibst du bei mir«, erwiderte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Er zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und sah sie an. »Ich möchte sichergehen, dass du dich in dei nem angetrunkenen Zustand nicht zu einer Dumm heit hinreißen lässt.« »Ich bin nicht betrunken«, wiederholte sie frust riert. Seufzend musste sie sich eingestehen, dass es keinen Sinn hatte. Er würde ihr ja doch nicht glauben. Es war reine Zeitverschwendung zu ver suchen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. »Meine Hände und Arme tun weh, Cole«, stöhnte sie. »Be frei mich endlich.« Sein unverkennbares Zögern brachte sie erneut in Rage. »Verdammt noch mal, Cole! Es ist nicht nötig, mich zu fesseln.« »Weißt du, ich erinnere mich an eine Zeit, da warst du nett und umgänglich, und ich wäre nie auf die Idee gekommen, dir Handschellen anzulegen«, erwiderte er spöttisch. »Aber jetzt weiß ich ehrlich gesagt nie, was du als Nächstes tun wirst.« Ihre ehemalige Passivität hatte ihr nicht das Ge ringste eingebracht, und sie war stolz auf ihre neu gewonnene Selbstsicherheit. Auch wenn das Cole nicht passte. »Was hast du vor?« versetzte sie iro nisch. »Willst du mich ans Bett fesseln, damit ich nicht weglaufen kann?« Erst nachdem die Worte heraus waren, wurde Melodie sich ihrer Doppeldeu tigkeit bewusst.
Sein sinnlicher Blick bedeutete ihr, dass auch ihm das nicht entgangen war. »Führ mich nicht in Versuchung«, warnte er sie mit rauer Stimme. Sie verspürte ein köstliches Ziehen im Bauch bei der Vorstellung, ganz seiner Gnade ausgeliefert zu sein. Als wenn das je passieren würde! Cole mit seinem Ehrenkomplex würde sie vermutlich ans Bett gekettet die ganze Nacht sich selbst überlas sen. »Nimmst du mir jetzt bitte diese Dinger ab?« ver legte sie sich aufs Schmeicheln. Er beugte sich vor und schloss die Handschellen auf. »Bleib schön brav.« Sie rieb sich die schmerzenden Handgelenke. »Danke«, meinte sie schnippisch. Nachdem sie ausgestiegen war, kehrte sie seinem Haus den Rü cken zu und marschierte Richtung Straße. Fluchend sprang Cole aus dem Wagen. »Wo willst du hin?« donnerte er. »Nach Hause, wo du mich hättest hinbringen sol len«, erwiderte sie, ohne sich umzudrehen. Bevor sie noch dazu kam, ihr Handy aus der Tasche zu nehmen, um ein Taxi zu rufen, hatte sich Cole dro hend vor ihr aufgebaut. Sie öffnete den Mund, um ihm zu sagen, wo er sich hinscheren sollte, da bückte er sich und schwang sich die völlig verblüffte Melodie wie einen Mehlsack über die Schulter. Keuchend rang sie nach Luft und versuchte sich freizustrampeln. Vergeblich. Das Blut stieg ihr zu Kopf, machte sie schwindelig. Mit beiden Händen krallte sie sich in Coles T-Shirt fest, in dem Versuch, ihren Körper so zu verlagern, dass sie ihm ins Ge sicht sehen konnte. Das einzige Resultat war ein
beunruhigendes Knirschen ihrer Halswirbelsäule. »Was hast du vor?« Den Arm wie eine eiserne Klammer um ihre Beine geschlungen, setzte er festen Schrittes seinen Weg fort. »Ich bringe dich ins Haus.« Sie spürte die Spannung seiner kräftigen Schul ter- und Rückenmuskeln, und sein männlich anima lischer Duft betörte ihre Sinne. »Du kannst mich doch nicht einfach so behandeln!« »Das würde ich auch nicht, wenn du nur einmal tätest, was ich dir sage«, erwiderte er ungerührt. Einen empörten Wutschrei ausstoßend, stram pelte sie mit den Beinen in der Luft und bearbeitete Coles Rücken mit ihren Fäusten, während sie im mer wieder verlangte, abgesetzt zu werden. Doch er dachte gar nicht daran. Stattdessen verlagerte er seinen festen Griff von ihren Knien zu ihren Fesseln und packte mit der anderen Hand ihre bloßen Schenkel, damit sie nur ja nicht entkommen konnte. Die unerwartete Berührung ihrer empfindsamen Haut jagte Melodie einen elektrisierenden Schauer durch den Körper, und sie schnappte hörbar nach Luft. Vor Wut kochend, stieß sie hervor: »Pass auf, ich beiße dich!« »Ich beiße zurück«, warnte er sie, während er mit dem Daumen über ihre zarte Haut strich. »Denk lieber zwei Mal nach, bevor du etwas Unüberlegtes tust. Ich habe hier nämlich Zugang zu einer Menge nackter Haut.« Schlüssel klimperten, als er die Haustür auf schloss. Mit seiner süßen Last auf der Schulter trat Cole ein und knipste das Licht an. Dann stieg er
schnurstracks die Treppe in den ersten Stock hin auf. Melodie schlug mit der flachen Hand auf seinen Po. »Verdammt, Cole, lass mich endlich runter!« Ihre Stimme überschlug sich. Sie hatte genug von der Demonstration seiner männlichen Überlegen heit. »Du bist nicht für mich verantwortlich.« »So, wie du dich im Paxton’s aufgeführt hast, musste sich doch jemand um dich kümmern.« »Du glaubst also, meinen Schutzengel spielen zu müssen?« »Ich habe nie behauptet, ein Engel zu sein.« In seinem Ton schwang eine unterschwellige Warnung mit. »Provozier mich lieber nicht, sonst passiert womöglich etwas, was dir gar nicht gefällt.« »Soll das etwa eine Drohung sein?« zischte sie. »Nein, ein Versprechen.« Oben angekommen, wandte Cole sich nach rechts. »Ich bin nicht in der Stimmung für deine Mätzchen.« »Und ich bin nicht in der Stimmung für dein Ma chogehabe! Das ist echt ätzend, Cole!« »Ts, ts, so spricht aber keine Dame!« tadelte er sie spöttisch! Sie lachte wütend auf. »Was willst du tun? Mir den Mund mit Seife auswaschen?« Er knipste die Nachttischlampe an, und Melodie blickte blinzelnd ins Licht. Endlich ließ Cole sie her unter, wobei ihre Tasche zu Boden fiel. Auf ihren Stilettos schwankend, war Melodie kurz davor hin zufallen, doch Cole hielt sie am Arm fest. Nachdem sie das Gleichgewicht wiedergefunden hatte, ließ er sie los und setzte sich auf die Bettkante. In seinen dunklen Augen lag ein spöttischer Blick. »Am liebs
ten würde ich dich übers Knie legen und dich tüchtig versohlen.« Ehe Melodie bewusst wurde, was geschah, fand sie sich bäuchlings auf seinen kräftigen Schenkeln liegend wieder.
7. KAPITEL Doch statt des erwarteten Klatschens begann Cole, sanft Melodies Po zu massieren. Während der Balgerei war ihr Kleid hochgerutscht, so dass sich ihm jetzt ihre nackten Schenkel präsentierten. Me lodie hörte, wie sich Coles Atem beschleunigte. Seine machtvolle Erektion presste sich gegen ihre Hüfte, und er strich mit den Fingern sanft die Innen seite ihrer Schenkel entlang. Melodie erschauerte wonnevoll, doch sie sagte kein Wort, wollte den Zauber nicht zerstören, der sie beide gefangen hielt. Unter Coles liebkosenden Händen öffnete sie instinktiv leicht die Beine. Cole ließ die Hand unter den Saum ihres Kleides gleiten, ertastete ihren zarten Seidenslip. Dem Zentrum ih rer Weiblichkeit entströmte eine feuchte Hitze, ein deutliches Zeichen ihrer Erregung. Aufstöhnend legte er die Finger auf den feuchten Stoff und rieb mit sanft kreisenden Bewegungen über den Hügel der Lust. Der Höhepunkt, den sie bereits auf der Tanzflä che erlebt hatte, schien Melodies Hunger nicht ge stillt, sondern ihn im Gegenteil noch angestachelt zu haben. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ein weiterer Höhepunkt ihren Körper erschauern ließ.
Instinktiv hob und senkte sie ihre Hüften im Rhyth mus von Coles Liebkosungen, krallte die Hände in die stahlhart gespannten Muskeln seiner Schenkel. Doch so berauscht sie auch war, empfand sie doch keine wirkliche Befriedigung. Sie wollte mehr, wollte Cole in sich spüren. Melodie wandte ihm ihr erhitztes Gesicht zu. Sei ne Züge spiegelten deutlich sein Verlangen wider, sein Blick war dunkel vor Leidenschaft. Auch er wollte sie, das war offensichtlich. »Cole, bitte…« Er blinzelte, als würde er aus einem Traum erwa chen. »Nein«, erwiderte er in gequältem Ton. Mit etwas festerer Stimme wiederholte er: »Nein«, als müsse er sich selbst überreden, sie loszulassen. Mit einem sanften Schubs beförderte er sie vom Schoß, und sie kniete sich zu seinen Füßen nieder. »Cole?« Sie wollte eine Erklärung für seinen plötzli chen Rückzug. Er schloss die Augen und massierte seinen Na senrücken. Seine Brust hob sich unter einem tiefen Atemzug. »Das darf nicht sein.« Dieselbe alte Geschichte, doch heute Nacht woll te Melodie nicht kampflos aufgeben. Sie zog seine Hand weg, zwang ihn, sie anzusehen. »Wenn du es nur zulässt, dann darf es auch sein.« Mit sanfter Gewalt drückte sie die muskulö sen Schenkel auseinander und kuschelte sich in seinen Schoß. »Noch nie habe ich einen Mann so sehr gewollt wie dich, Cole.« Melodie nutzte ihre günstige Position und öffnete den obersten Knopf seiner Hose. Als sie Anstalten machte, den Reißverschluss über seine machtvolle
Erektion herunterzuziehen, packte Cole sie bei den Handgelenken und stoppte sie. »Mel…« Doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Weise mich nicht zurück, Cole, nicht heute Nacht.« Sie beugte sich vor und drückte einen Kuss auf den stark gespannten Stoff seiner Hose. Genüsslich rieb sie ihre Wange an seiner harten Männlichkeit, sog seinen moschusartigen Duft ein. »Ich will das, und ich will dich.« »Du bist beschwipst und kannst nicht klar den ken«, versetzte er heiser. Sie hob den Kopf, warf die zerzauste Haarmähne zurück. »Ich war nie klarer als jetzt.« Er lachte auf. »Wohl kaum. Du hast einen Drink nach dem anderen gekippt.« Sie legte ihm die Hände auf die Brust. Wie sehr sie sich danach sehnte, endlich seine nackte Haut zu berühren! »Ich war durstig.« »Du bist betrunken, und das werde ich nicht aus nutzen«, beharrte er stur auf seinem Standpunkt. Sosehr sie seine Ehrenhaftigkeit auch schätzte, im Moment erwies sie sich als äußerst störend. Es wurde Zeit, ihn ins rechte Bild zu setzen. »Ich habe Gingerale mit Zitrone getrunken.« Er glaubte ihr nicht, das las sie in seinen Augen. Da blieb nur eine Möglichkeit, ihn von der Wahrheit zu überzeugen. Melodie zog seinen Kopf zu sich herab und küsste ihn. Sanft drückte sie seine Lip pen auseinander, ließ die Zunge in seinen Mund gleiten und ihn das Zitronenaroma schmecken. Diesmal war sie es, die sich von seinen Lippen löste, was sie als gutes Zeichen wertete. »Siehst
du?« hauchte sie atemlos. Unter ihrer Handfläche spürte sie seinen rasenden Herzschlag. Der Kuss hatte ihn offensichtlich ebenso sehr erregt wie sie. »Kein Tropfen Alkohol.« »Tut mir Leid, dass ich behauptet habe, du bist betrunken«, entschuldigte er sich. Diese Worte klangen wie Musik in ihren Ohren. »Ein verständlicher Irrtum, den ich dir gern verge be«, meinte sie großzügig. »Aber merk dir für die Zukunft, keine falschen Schlüsse zu ziehen, bevor du dich nicht von den Tatsachen überzeugt hast.« Er zog spöttisch die Brauen hoch. »Spielst du damit auf meine Glaubwürdigkeit als Privatdetektiv an?« »Ich möchte nur sichergehen, dass du nicht ständig meinst, für mich denken zu müssen.« Zwi schen seinen Schenkeln kniend, sah sie ihm in die Augen, während sie seinen festen Bauch streichel te. Diesmal versuchte Cole nicht, sie zu stoppen. »Und noch eins, Cole Sommers. Da ich freiwillig mit dir schlafen möchte, läufst du nicht Gefahr, mich auszunutzen.« Er setzte zu einer Antwort an, doch sie legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen. »Keine Ausflüchte mehr.« Diesmal würde sie ihm keine Gelegenheit bieten, sie zurückzuweisen. Sie zupfte sein Hemd aus dem Hosenbund und zog es ihm über den Kopf, wobei sie erleichtert registrierte, dass er willig die Arme hob, um ihr zu helfen. Sein Widerstand schien also zu schmelzen. Gut so. Das musste sie ausnutzen. »Ich weiß, dass du es genauso sehr willst wie ich«, flüsterte sie verfüh rerisch. Mit dem Zeigefinger strich sie herausfor
dernd über die Ausbuchtung unter dem Hosenstoff. »Vielleicht sogar noch mehr. Habe ich Recht?« »Das Offensichtliche lässt sich schwerlich leug nen«, brachte er mit rauer Stimme hervor. Melodie betrachtete dieses Eingeständnis als grünes Licht weiterzumachen. Berauscht von dem Gefühl der Macht, die sie über ihn hatte, zog sie den Reißverschluss herunter und befreite seine har te Männlichkeit anschließend aus dem Slip. Cole zuckte merklich zusammen und drängte ihr seine Lenden entgegen, als sie anfing, ihn ganz sanft zu streicheln. Fasziniert von der samtweichen heißen Haut, wurden ihre Liebkosungen kühner, fordernder. Coles lustvolles Stöhnen erregte sie, und sie verspürte ein sehnsuchtsvolles Ziehen im Unterleib. Melodie sah zu ihm auf, und sein vor Begehren ge rötetes Gesicht und die halb geschlossenen Lider seiner Augen sagten ihr, welche Lust sie ihm berei tete. »Ich… ich habe das noch nie zuvor gemacht«, hauchte sie. »Sag mir, was ich tun soll. Sag mir, was du magst.« Er nahm ihre Hand und hob sie an die Lippen, um ihre Handfläche und ihre Finger mit der Zunge zu befeuchten. Dann legte er ihre Hand wieder um seine Erektion und bedeutete ihr, mit festem Griff rhythmisch auf und ab zu massieren. Mit geschlos senen Augen lehnte er sich zurück, stützte die Arme nach hinten auf und überließ sich ganz Melodies nun kundigen Händen. Spielerisch ließ sie die Fin ger um die Spitze seiner männlichen Härte kreisen, und er erschauerte.
Endlich hatte sie Gelegenheit, die Fantasien aus zuleben, die sie seit Wochen Tag und Nacht ver folgten. Sie reckte sich vor und strich mit den Lip pen forschend über Coles breite Brust. Bei seinen hart aufgerichteten Brustspitzen verweilte sie und umkreiste diese mit der Zunge, was Cole ein heise res Stöhnen entlockte. Kühner werdend, setzte sie ihre Erkundung weiter nach unten fort, küsste sei nen festen Bauch, schmeckte die salzige Haut und den erregend männlichen Duft. Endlich war sie am Ziel ihrer spielerischen Er kundung angekommen, und sie fuhr mit der Zunge über die Spitze seiner Erektion. Sein Körper erbebte, und Melodie blickte fragend zu ihm auf. »Sag mir, was dir gefällt, Cole.« Er zog ihren Kopf dichter an seinen Schoß und stieß mit rauer Stimme hervor: »Nimm mich in dei nen Mund. So tief du kannst.« Melodie öffnete die Lippen und nahm ihn in sich auf, liebkoste ihn mit der Zunge. Cole verflocht die Finger in ihrem Haar und drängte ihren Kopf dichter an sich heran. Melodie verstand und sog ihn noch tiefer in den Mund. Instinktiv bewegte er rhythmisch die Lenden vor und zurück, und ihr Saugen passte sich diesem Rhythmus an. Schließlich stöhnte Cole laut auf und zog ihren Kopf sanft zurück. Sein Brustkorb hob und senkte sich, während er schwer atmete. Melodie zog ihm rasch die Jeans und den Slip aus. Beim Anblick seines nackten Körpers durchströmte sie heißes Verlangen, und sie beugte sich vor, um Co les männliche Härte erneut zu liebkosen. Doch Cole
hielt sie zurück, packte sie unter den Armen und legte sie auf sein breites Bett. Melodie stützte sich auf die Ellbogen und sah ihn an, wie er groß und kräftig vor dem Bett stand, ei nen besitzergreifenden Blick in den Augen, der sie vor Vorfreude schier vergehen ließ. »Ich fühle mich ein bisschen overdressed«, meinte sie mit einem schelmischen Lächeln. »Keine Sorge, darum kümmere ich mich sofort.« Er zog ihr den Schuh vom Fuß und fuhr mit dem Daumen leicht über ihre Fußsohle, bis sie vor Be hagen seufzte. Diese Prozedur wiederholte er auch mit dem anderen Fuß. Auf allen vieren kam er über sie, geschmeidig wie ein Panter. Dann setzte er sich rittlings auf sie und presste seine Knie gegen ihre Mitte, wobei er sorgfältig darauf achtete, sie nicht mit seinem vollen Gewicht zu belasten. Melo die genoss das Gefühl, ihrem geliebten Cole jetzt völlig ausgeliefert zu sein, ein williges Opfer seiner erotischen Fantasien. Er beugte sich über sie und strich mit den Lippen über die empfindsame Haut ihres Halses, während er die Finger unter die Träger ihres Kleides gleiten ließ. Zentimeter für Zentimeter streifte er ihr das Kleid von den Schultern, küsste jeden Flecken nackter Haut. Als er die Zunge zwischen ihren Brustansatz gleiten ließ, sog Melodie scharf die Luft ein und riss sich das Kleid so weit herunter, bis ihre Brüste entblößt waren. Mit beiden Händen um schloss sie Coles Gesicht, führte seine Lippen an die hart aufgerichteten Spitzen. Sanft knabberte er an den rosigen Knospen, saugte daran und ließ ver
führerisch die Zunge kreisen, bis Melodie das Ge fühl hatte, vor Wonne dahinzuschmelzen. Sie schrie leise auf, und Cole setzte sein aufrei zendes Spiel mit neu entfachtem Eifer fort. Stöh nend wand sich Melodie unter ihm, gefangen in ih rer Lust. Cole schälte sie Stück für Stück aus ihrem Kleid, strich mit der Zunge über ihren erbebenden Bauch, umkreiste ihren Bauchnabel mit der Zun genspitze und hakte die Daumen schließlich unter den Bund ihres Slips. In einem Anflug von Scham umfasste Melodie seine Handgelenke, um ihn zurückzuhalten. Cole sah ihr mit brennendem Blick in die Augen. »Du hast damit angefangen«, brachte er rau hervor. »Auch ich möchte dich schmecken. Überall.« Auf einmal war es gar nicht mehr schwer, sich vertrauensvoll seinen Zärtlichkeiten zu überlassen. Melodie gab seine Hände frei, und Cole streifte ihr den Slip ab. Dann öffnete er leicht ihre Beine, fuhr mit den Lippen über ihre Waden, küsste die emp findsamen Kniekehlen und liebkoste die Innenseite ihrer Schenkel mit der Zunge. Als er sich dem Zentrum ihrer Weiblichkeit näher te, bäumte Melodie sich ihm aufstöhnend entgegen. Sie spürte, wie er mit einem Finger in sie eindrang, hart und tief. Ein Vorgeschmack auf die zu erwar tenden Wonnen. Als Cole mit dem Daumen über den kleinen Hügel der Lust strich, gefolgt von seiner forschenden Zunge, biss Melodie sich auf die Lip pen, um einen lauten Schrei zu unterdrücken. Sie war mittlerweile derart erregt, dass nur wenige Liebkosungen genügten, sie einen atemberauben den Höhepunkt erleben zu lassen. Die Hände in die
Bettdecke gekrallt, überließ sie sich dem Sinnen rausch, der ihren Körper immer wieder erbeben ließ. Cole schob sich über sie, barg sie in seinen kräf tigen Armen, hauchte federleichte Küsse auf ihre Augenlider, die Schläfen, die Wangen. An seinen warmen, muskulösen Körper gekuschelt, beruhigte Melodie sich allmählich. Ihr keuchender Atem wurde ruhiger, und das Zittern ihres Körpers ebbte ab. »Verdammt«, stieß Cole hervor und machte An stalten aufzustehen. Alarmiert hielt sie ihn zurück. »Was ist los, Cole?« Sie waren so weit gegangen, und sie hatte nicht vor, jetzt aufzuhören. »Tut mir Leid, Mel. Ich habe keine Kondome da bei.« Ein mutwilliges Lächeln umspielte ihre Lippen. Einer Vorahnung folgend, hatte sie sich reichlich mit Kondomen eingedeckt. »Aber ich.« »Ach?« »In meiner Handtasche.« Spielerisch wanderte sie mit den Fingerspitzen sein Rückgrat entlang. »Ein halbes Dutzend.« Seine erschrockene Miene ließ sie amüsiert auf lachen. »Ich hatte gehofft, heute Abend mit dir ins Bett zu gehen«, erklärte sie, damit er nicht auf fal sche Gedanken kam. »Und ich wollte vorbereitet sein.« Er bohrte seinen Blick in ihren. »Wie konntest du wissen, dass wir miteinander schlafen würden?« »Ich hab es nicht gewusst. Nenn es reines Wunschdenken.« Lächelnd zerzauste sie ihm das
Haar. »Übrigens, deine Fragerei killt die Stim mung.« Er erwiderte ihr Lächeln, und in seinen Augen blitzte es auf. »Das wollen wir doch nicht riskieren, oder?« Mit einem Griff fischte er eine Hand voll Kondome aus ihrer Tasche und deponierte sie auf dem Nachttisch. Melodie rekelte sich wohlig auf der Bettdecke und beobachtete fasziniert, wie er eines der Kon dome über seine machtvolle Erektion streifte. Er spreizte ihre Schenkel und legte sich auf sie, wobei er eine Hand unter ihre Hüften schob. Ohne weite res Vorspiel drang er mit einem kräftigen Stoß tief in sie ein. Aufstöhnend bog sich Melodie ihm hinge bungsvoll entgegen. Es war ein unbeschreiblich sinnliches Erlebnis, derart von seiner harten Männ lichkeit ausgefüllt zu werden. Er war so groß, so heiß und so tief in ihrem Schoß. Cole erstarrte. »Oh, nein.« Er suchte ihren Blick. »Sag mir, dass du keine Jungfrau mehr bist.« »Keine Sorge, das bin ich nicht. Es ist nur schon so lange her.« Zärtlich strich er ihr eine schweißfeuchte Haar strähne aus dem Gesicht. »Wie lange?« »Mehr als drei Jahre. Außerdem liegt es wohl weniger an mir als an dir.« »Wie bitte?« meinte er verwirrt. »Nicht, dass ich mich beklagen will, aber die Na tur hat dich ziemlich großzügig ausgestattet. Doch ich gewöhne mich schon daran«, erwiderte sie mit einem schelmischen Lächeln. »Gott sei Dank! Du fühlst dich unglaublich toll an, so heiß und eng… ich kann nicht länger warten…«
Er drang noch ein Stück tiefer in sie ein und regist rierte aufstöhnend die leichten Kontraktionen ihrer Muskeln. Melodie schlang ihm die Beine um den Rücken und hob ihm die Hüften entgegen. Cole schloss die Augen. Sein Körper brannte regelrecht vor Verlan gen, und er begann sich hart und tief in ihr zu be wegen. An ihrem Liebesspiel war nichts Zärtliches mehr, nichts Sanftes. Ihre Körper, in wilder Ekstase miteinander verschlungen, waren nass vor Schweiß, ihre Münder fanden sich zu einem leiden schaftlichen Kuss. Immer härter, schneller wurde der Rhythmus ih rer Vereinigung, und Melodie wand sich aufstöh nend unter Coles muskulösem Körper. Und dann wurde sie von einem Höhepunkt hinweggerissen, der sie alles um sich her vergessen ließ. Ihre Mus keln krampften sich um Coles Erektion, und er warf mit einem rauen Aufschrei den Kopf zurück. Mit ei nem letzten kräftigen Stoß verströmte er sich in ihr und ließ sich dann erschöpft auf sie sinken. Melodie hielt ihn fest umschlungen, ihr keuchender Atem mischte sich mit seinem. Sie schloss die Augen, wollte den kostbaren Augenblick so lange wie möglich festhalten. Die Realität würde sie früh genug wieder einholen, dessen war sie sich be wusst. Mit Cole zu schlafen war die Erfüllung all ihrer Träume gewesen. Aber wie sollte es nun weiterge hen? Er war nicht der Typ für eine feste Bindung, daran hatte er nie einen Zweifel gelassen.
Doch jetzt, da sie ihn besessen hatte, konnte sie ihn nie wieder aufgeben, das wusste sie mit schmerzlicher Gewissheit. Als Cole am nächsten Morgen aufwachte, war er allein im Bett. Das zerwühlte Bettzeug rief ihm in Erinnerung, wie er die Nacht verbracht hatte – und mit wem. Oh, Mann! Er hatte mit Melodie geschlafen. Nicht nur ein Mal, auch nicht zwei Mal, sondern ganze unglaubli che drei Mal! Und die Erektion, mit der er erwacht war, bedeutete, dass er sie schon wieder wollte. Diese Erkenntnis brachte Komplikationen auf, denen er sich nicht gewachsen fühlte. Was erwarte te Melodie jetzt von ihm, da sie nicht länger nur Freunde, sondern ein Liebespaar waren? Wie wür de sich ihre neue Beziehung auf die Arbeit auswir ken? Und wie würde Richard reagieren, wenn er je davon erfuhr, was Cole mit seiner Tochter angestellt hatte? Auf all diese Fragen wusste Cole keine Antwort. Seufzend rieb er sich das stoppelige Kinn. Wie hatte er sich nur derart gehen lassen können, mit Melodie zu schlafen? Alle guten Vorsätze hatte er über den Haufen geworfen. Und doch konnte er nicht leugnen, dass es sich gut und richtig angefühlt hatte, mit ihr zusammen zu sein – genau gesagt war es sogar die Erfüllung seiner Träume gewesen. Zwischen ihnen stimmte die Chemie, sie harmonier ten in jeder Beziehung miteinander, sexuell und ge fühlsmäßig. Melodie weckte Emotionen in ihm –
sehnsüchtige und besitzergreifende –, die er bei sich nicht für möglich gehalten hatte. Er fuhr tastend über die leere Fläche neben sich. Das Bettlaken war ganz kühl. Melodie musste also schon eine Weile weg sein. Vermutlich hatte sie sich ein Taxi genommen und sich zum Paxton’s fahren lassen, um dort ihren Wagen abzuholen. Cole schüttelte den Kopf, erstaunt über Melodies wenig forderndes Verhalten. Sie hatte ihm alles ge geben und nichts dafür gefordert. Das steigerte sei ne Hochachtung für sie noch. Und eigentlich könnte er jetzt auch erleichtert sein. Ohne irgendwelche Zukunftsversprechen hatten sie beide eine wunder schöne Nacht miteinander verbracht, mehr nicht. Das war doch ganz in seinem Sinn. Warum fühlte er sich dann nur so fürchterlich einsam, leer und ent täuscht, weil Melodie nicht mehr da war? Cole setzte sich auf, und sein Blick fiel auf einen Zettel auf dem Kopfkissen neben sich. Als er die Notiz aufnahm, erkannte er Melodies Handschrift. In der Nacht hast Du meine Lust befriedigt, doch jetzt, im Morgengrauen, begehre ich Dich schon wieder. Ich kann nie genug von Dir bekommen. Dein Duft haftet noch an meiner Haut, erregt mein Verlangen, erfüllt mich mit atemloser Sehnsucht nach Deiner Berührung. Deine leidenschaftliche Umarmung hat in meiner Seele eine Flamme ent zündet, die heiß und strahlend brennt. Der kurze Brief traf Cole mitten ins Herz. Sein Verstand wehrte sich gegen die plötzliche Erkennt nis, wie viel Melodie ihm tatsächlich bedeutete.
Doch bevor er Gelegenheit hatte, das Gefühlschaos zu entwirren, in dem er sich befand, brachte ihn das Geräusch leiser Schritte auf der Treppe in die Reali tät zurück. Er legte den Zettel auf den Nachttisch und warf sich die Bettdecke über die Lenden, um seine Erektion zu verbergen. Sekunden später betrat Melodie das Zimmer, zwei dampfende Becher in den Händen und ein ver träumtes Lächeln auf den Lippen. Sie trug eines von Coles Hemden, und ihre langen, schlanken Beine waren nackt. Ihr Haar war zerzaust, die Lippen rot und geschwollen von seinen Küssen. An ihrem Hals prangte ein bläulich verfärbter Knutschfleck. Sie hatte das Gesicht vom Make-up des vergan genen Abends gereinigt, und ihre Haut strahlte, ge nauso wie ihre braunen Augen. Auch ohne sich herauszuputzen, besaß sie so viel Sex-Appeal, wie es sich ein Mann nur wünschen konnte, das wurde Cole in diesem Augenblick bewusst. »Guten Morgen«, begrüßte sie ihn fröhlich und reichte ihm einen Becher Kaffee mit Milch. »Du bist ja noch immer da«, brachte er verwirrt hervor. Sie zuckte kaum merklich zusammen. »Du hast letzte Nacht selbst darauf bestanden, dass ich blei be«, erklärte sie hastig. »Aber ich kann jederzeit verschwinden, wenn dir das lieber ist.« Sofort bedauerte Cole seine unbedachte Bemer kung. »Tut mir Leid, ich habe es nicht so gemeint. Ich bin allein aufgewacht und dachte, du seist schon gegangen.«
Melodie bedachte ihn mit einem spöttischen Lä cheln. »Siehst du, du ziehst schon wieder voreilige Schlüsse.« »Eine schlechte Angewohnheit von mir, ich weiß.« Er stapelte ein paar Kissen am Kopfende des Betts und klopfte auf die Matratze. »Setz dich zu mir und trink in Ruhe deinen Kaffee.« Sie kletterte aufs Bett und hockte sich im Schnei dersitz neben ihn. An ihrem Kaffee nippend, be trachtete sie Cole mit einem versonnenen Blick, bevor sie sagte: »Ich hoffe, du machst dir keine Vorwürfe wegen gestern Nacht.« Konnte sie etwa Gedanken lesen? Es verunsi cherte ihn, dass sie immer genau zu wissen schien, was er gerade dachte. »Was die vergangene Nacht betrifft…« Mit einer hastigen Geste schnitt sie ihm das Wort ab. »Wage es ja nicht zu behaupten, dass du be reust, was passiert ist.« Ihr ernster Blick strafte den leichten, unbekümmerten Ton Lügen. Cole seufzte. Nein, er bedauerte nichts, und das war es ja gerade, was ihm eine Höllenangst einjag te. »Es wird nicht wieder passieren«, sagte er sanft. »Bist du sicher?« Ihr herausfordernder Ton entging ihm nicht, und ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. Täusch dich nur ja nicht, dachte er. Er würde alles daran setzen, seinem Vorsatz treu zu bleiben. Natürlich zu ihrem eigenen Besten, wie er sich selbst versicher te. Später würde sie ihm dafür dankbar sein. »Da gibt es noch etwas, worüber ich mit dir reden möchte, bevor ich gehe.«
Cole erstarrte. Jetzt kommt’s, durchfuhr es ihn. Die ewig alte Leier, ein endlos ausgewalztes Bezie hungsgespräch, das alles kaputtmachen würde. »Was hast du auf dem Herzen?« fragte er, sich innerlich wappnend. Sie beugte sich vor und stellte den Kaffeebecher auf den Nachttisch, wobei das Hemd auseinander klaffte und eine feste, runde Brust entblößte. Sofort schoss Cole heißes Verlangen in die Lenden. Am liebsten hätte er Melodie gepackt und sich in ihrer warmen Weiblichkeit vergraben. Mit ernster Miene erklärte sie: »Ich möchte im Fall Russell mit dir zusammenarbeiten und dich zu der Wohltätigkeitsveranstaltung nächste Woche begleiten.« Cole traute seinen Ohren nicht. Er hatte einen Vortrag darüber erwartet, wie gut sie zusammen passten und ob sie es nicht wenigstens einmal mit einander versuchen sollten, und dann das! »Hast du in der Hoffnung mit mir geschlafen, dass ich meine Meinung in dieser Angelegenheit ändere?« fragte er scharf. »Ich habe mit dir geschlafen, weil ich dich attrak tiv und sexy finde. Eine heiße Nacht reicht nicht, um dich umzustimmen, das ist mir schon klar«, versetz te sie spöttisch. »Aber ich denke, ausreichend be wiesen zu haben, dass ich dem Job gewachsen bin. Ich bin mit dem Fall vertraut, die perfekte Begleitung für dich, und ich bin in der Lage, Liebesbriefe zu lesen.« Und zu schreiben, oh ja! »Nachdem du also ein halbes Dutzend Bewerbe rinnen mit mehr Silikon in den Brüsten als Grips im
Schädel abgelehnt hast, bitte ich dich, mir den Job zu geben.« »Warum bist du eigentlich so scharf darauf?« wollte er ehrlich interessiert wissen. »Weil es aufregend ist. Und weil ich schon seit langem eine aktivere Rolle in der Agentur spielen möchte. Es ist ja schön und gut, tüchtig und hilfsbe reit zu sein, aber ein kleines Abenteuer hin und wieder kann sicher nicht schaden. Das gibt dem Leben erst den richtigen Kick.« »Ich habe dich gewarnt, dass es gefährlich wer den könnte. Wenn Thornton uns erwischt, landen wir vermutlich für eine Nacht im Gefängnis und handeln uns eine Anklage ein. Das würde dein Va ter mir nie verzeihen.« Melodie nahm ihm die Kaffeetasse ab, stellte sie auf den Nachttisch und streckte sich neben Cole aus. »Warum überlässt du diese Sorge nicht mir? Es ist schließlich mein Vater.« Cole betrachtete ihren nackten Schenkel und fragte sich, ob sie wohl einen Slip unter seinem Hemd trug. Energisch schüttelte er diesen im Mo ment eher hinderlichen Gedanken ab. »Weil dein Vater mir vertraut, dass ich stets auf dein Wohler gehen achte. Sollte dir etwas zustoßen, würde ich mich verantwortlich fühlen.« Sie seufzte ungeduldig. »Ich spreche dich von jeglicher Verantwortung für mich frei, Cole. Wenn dir das hilft, sage ich das auch meinem Vater.« »Nein!« lautete Coles barsche Antwort. Er räus perte sich und fügte ruhig hinzu: »Ich meine, lassen wir deinen Vater doch da raus.«
»Ganz meine Meinung.« Sie strich wie zufällig über die Decke, die er über seinen Schoß gebreitet hatte. »Gib mir den Job, und meine Mitarbeit an diesem Fall bleibt unser kleines Geheimnis.« Er sah sie streng an. »Könnte es sein, dass du mich erpressen willst?« »Es geht hier nicht um Erpressung. Ich habe während der vergangenen zwei Jahre hart für dich gearbeitet und mir diese Chance redlich verdient. Ich bin die Richtige für den Job, und das weißt du auch. Sonst hättest du längst eine andere enga giert.« Wieder einmal traf sie den Nagel auf den Kopf. In seinem tiefsten Innern war es Cole die ganze Zeit klar gewesen, dass keine der Bewerberinnen sich mit Melodie messen konnte. Das wurde ihm jetzt bewusst. »Also, was sagst du?« drängte sie und blickte ihn erwartungsvoll an. »Ich verspreche dir, ich werde dich nicht enttäuschen.« »Okay, du hast den Job«, gab er schließlich nach. Vor Freude strahlend, fiel Melodie ihm um den Hals und drückte ihn überschwänglich. »Danke, danke, danke!« Sein Körper reagierte sofort auf ihre spontane Umarmung, und heißes Verlangen durchströmte ihn. Ihre warmen, weichen Brüste, die sich an seine Brust schmiegten, fühlten sich einfach himmlisch an. Vergessen war der Vorsatz, Melodie nicht anzu rühren. Cole legte die Hand auf ihren nackten Schenkel, wanderte forschend höher, um herauszu finden, ob sie unter dem Hemd ebenfalls nackt war.
Doch Melodie entzog sich seiner Liebkosung, stütz te sich auf die Hände und sah ihm in die Augen. »Ich schwöre, dass du deine Entscheidung nicht bereuen wirst.« Ihr zärtlicher Blick ließ sein Herz schneller schla gen. »Nicht vergessen, ich bin der Boss, und du unterstehst meinem Kommando.« »Zu Befehl, Sir.« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange, ein triumphierendes Glitzern in den Au gen.
8. KAPITEL »Wie um alles in der Welt hast du es geschafft, meinen Bruder dazu zu überreden, dich mitzuneh men?« staunte Joelle, während Melodie mit vier Kleidern über dem Arm zur Anprobe in der Umklei dekabine verschwand. »Alles eine Frage der Überzeugungskraft. Ich habe ihm anschaulich demonstriert, dass ich die Richtige für den Job bin.« Es waren nur noch drei Tage Zeit bis zur Benefiz-Veranstaltung, und Melo die hatte bis jetzt kein passendes Kleid gefunden. »Glaub mir, das hat eine Menge Spaß gemacht.« »Darauf wette ich!« meinte Joelle fröhlich. »Alle Achtung, Mel! Cole ist schwer umzustimmen, wenn er sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat. Aber um die Verwandlung, die mit dir vorgegangen ist, zu ignorieren, hätte er schon halb tot sein müs sen.« Oh nein, von ignorieren konnte wahrlich nicht die Rede sein! Cole hatte Melodie sehr viel mehr zur
Kenntnis genommen, als sich jemand vorstellen konnte. Er hatte sie nackt gesehen, mit vor Verlan gen erhitzter Haut, vor Lust laut aufstöhnend, wäh rend sie sich unter seinem harten, männlichen Kör per wand. Sie hatte ihm Facetten ihrer Persönlich keit offenbart, die anderen Männern zuvor verbor gen geblieben waren, hatte sich ihm von ihrer in timsten und verletzlichsten Seite gezeigt. Offensichtlich war es ihm gelungen zu akzeptie ren, dass sie nicht länger nur die liebe, brave Sekre tärin war, sondern eine selbstbewusste Frau, die sich ein erfülltes Sexleben wünschte. Und Melodie hätte schwören können, dass ihm diese neue, fas zinierende Mischung auch gut gefiel. Dennoch frag te sie sich, wie es wohl nach Abschluss des Rus sell-Falls mit ihnen weitergehen würde. Dann würde keine Notwendigkeit mehr bestehen, Cole derart offensiv zu umgarnen. Würde er sie trotzdem wei terhin attraktiv finden? Oder war er lediglich von dem hemmungslos fordernden Vamp fasziniert, den sie während der vergangenen anderthalb Wochen herausgekehrt hatte? Denn eines war klar: Ewig so weitermachen konnte sie nicht. Sie konnte ihren wahren Charakter nicht ständig verleugnen. Okay, es gab einiges, was ihr an der frechen, sinnlichen Frau gefiel, in deren Rolle sie geschlüpft war. Jetzt galt es, die richtige Balance zwischen ihrem alten und ihrem neuen Ich zu finden. Melodie schlüpfte in ein hautenges Glitzerkleid. Der kühle metallische Stoff kratzte leicht auf der Haut. Eigentlich bevorzugte sie seidige, fließende Materialien wie die Luxuswäsche, die sie sich in
letzter Zeit gönnte. Der weiche Stoff auf ihrer Haut erinnerte sie immer an Coles forschende Lippen auf ihrem Bauch und ihren Schenkeln und erregte sie. Selbst jetzt, beim Gedanken an Cole, durchfuhr sie eine Hitzewelle, und ihre Brustspitzen richteten sich hart auf. Melodies Hunger nach Cole war ein fach nicht zu stillen. »Das schwarze Glitzerkleid steht mir nicht«, rief sie Joelle über die geschlossene Kabinentür zu. »Ich probiere das nächste an.« »Okay.« Joelle unterdrückte ein Gähnen. »Lass dir ruhig Zeit. Der Stuhl hier ist so bequem, dass ich direkt ein Nickerchen machen könnte.« Melodie lachte. »Das Baby liefert dir wirklich prächtige Ausreden zu essen und zu schlafen.« »Ich schlafe schon mal vor. Es heißt doch immer, wenn das Baby erst da ist, ist es mit der Ruhe vor bei.« Melodie schlüpfte aus dem schwarzen Kleid und wählte ein Kleid aus elastischer Spitze, das zwar an genau den falschen Stellen Falten warf, aber ein fantastisches Dekollete zauberte. Mit den Finger spitzen strich Melodie sich über die wohlgerundeten Brüste und schloss die Augen. Sie stellte sich vor, Cole wäre mit ihr hier in der Kabine und stellte lau ter aufregende Dinge mit ihr an. Es war jetzt fünf Tage her, seit sie miteinander geschlafen hatten, doch weder sie noch Cole hatten das Thema auf diese unvergessliche Nacht ge bracht. Das hieß jedoch nicht, dass es nicht zwi schen ihnen knisterte, im Gegenteil. Ein triumphie rendes Lächeln um die Lippen, dachte Melodie an
die erotische Spannung, die Tag für Tag im Büro herrschte. Aber mehr hatte Melodie nicht zugelassen. Man sagte doch, dass Männer immer das wollen, was sie nicht so leicht haben können. An diesen Rat schlag hielt sie sich. Sie hatte Cole gezeigt, welche Gipfel der Lust ihn mit ihr erwarteten, aber jetzt woll te sie die Initiative ihm überlassen. Außerdem wollte sie ihm Zeit geben, sich an die neue Melodie zu gewöhnen. Oh, es hatte nicht an Gelegenheiten gemangelt, Cole zu verführen, doch sie hatte tapfer widerstan den. Das hatte die Vorfreude auf die erneute Erfül lung ihrer Sehnsucht deutlich gesteigert. Außer zu fälligen Berührungen ließ sie keine Zärtlichkeiten zwischen ihnen zu, forderte Cole jedoch immer wie der mit tiefen, schmachtenden Blicken heraus. Außerdem hatte sie sorgfältig darauf geachtet, ihm keinen Vorwand zu liefern, sich zurückzuziehen und seine alten Schutzmauern wieder aufzubauen. Als Resultat hatte sich ein zartes Band zwischen ihnen gebildet. Immerhin, für den Anfang nicht schlecht. Melodie hoffte, dieses Band zu festigen, bis eine echte Beziehung daraus entstand. Seufzend verwarf sie auch das zweite Kleid und startete den dritten Versuch: ein Kleid im BandeauStil. Sie verließ die Kabine, um sich von Joelle be gutachten zu lassen. »Hm, nicht gerade umwerfend.« Joelle rieb sich den Bauch an der Stelle, wo das Baby sie in letzter Zeit häufig trat. »Ich denke, du könntest etwas Schöneres finden.«
Joelies Offenheit war der Grund, warum Melodie die Freundin zum Kleiderkauf mitgenommen hatte. Da sie, Melodie, keine Mutter oder Schwester hatte, vertraute sie Joelles Rat. »Mir gefällt es auch nicht besonders.« Sie zupfte an der steifen Seidenkorsage. »Ich glaube, es ist diese schreiend bunte Blume, die mich stört. Das Kleid erinnert mich irgendwie an einen Fummel für einen High-School-Ball.« »Mich auch«, stimmte Joelle amüsiert zu. Melodie tauchte wieder in die Umkleidekabine ab und zog das Kleid aus. Jetzt war nur noch eins üb rig, ihr Favorit, den sie sich bis zum Schluss aufbe wahrt hatte. Hoffentlich stand es ihr. »Was gibt’s eigentlich Neues im Fall Russell?« wollte Joelle wissen. »Letzte Woche hab ich Elena ein paar Mal im Büro gesehen.« Da das Kleid, das sie anprobieren wollte, einen tiefen Rückenausschnitt hatte, legte Melodie den BH ab. »Sie hat uns einen Grundriss des Anwesens gegeben und uns darüber informiert, wo wir das Kästchen mit den Briefen höchstwahrscheinlich fin den werden.« »Muss ja ziemlich pikant sein, der Inhalt, wenn sie unbedingt verhindern will, dass Cole die Briefe liest.« Melodie nahm das schicke schwarze Samtkleid mit dem rückenfreien Oberteil vom Bügel und zog es sich behutsam über den Kopf. »Die Briefe sind bestimmt so intim, dass sie sie wohl am liebsten niemandem zu lesen geben möchte.« Das konnte sie Elena aus tiefster Seele nachempfinden. Auch Melodies Briefe an Cole offenbarten ihre geheims
ten Gefühle und waren nur für ihn bestimmt. Es würde ihr gar nicht gefallen, wenn jemand anderes sie in die Hände bekäme. Das schwarze Samtkleid raschelte an ihrem Kör per hinunter. Ein Blick in den Spiegel bedeutete Me lodie, dass es wie angegossen saß. Das perlenbe stickte Oberteil schmiegte sie, vorteilhaft um ihre Brüste. Der lange Seitenschlitz gab bei jedem Schritt den Blick auf ein wohlgeformtes Bein frei. Sehr sexy! Melodie war zufrieden. Genau danach hatte sie gesucht. In einer sinnlichen Pose hielt sie sich das Haar auf dem Kopf hoch. Wie zufällig um schmeichelten ein paar Strähnen ihr Gesicht und den Hals, was besonders erotisch wirkte. Perfekt. Melodie betrachtete fast ungläubig ihr Spiegel bild. Die äußerliche Verwandlung, die sie vollzogen hatte, erstaunte sie immer wieder selbst. Doch in diesem Moment wurde ihr eines bewusst: Unter ihrer zurückhaltenden und konservativen Schale hatte sich schon immer eine sinnliche, verführeri sche Frau verborgen. Wie Dornröschen hatte sie nur auf den Prinzen gewartet, der sie zum Leben erweckte. Wie auch immer die Sache zwischen ihr und Cole ausging, Melodie würde ihm immer dankbar sein, dass er die selbstbewusste, unabhängige Frau in ihr befreit hatte. Cole heftete den Blick auf Melodies entblößten Rü cken, während sie sich unter die Gästeschar misch ten, die bereits die Benefiz-Veranstaltung im Hause Thornton bevölkerte. Irgendetwas war heute Abend
anders an Melodie, doch er hätte nicht sagen kön nen, was es war. Als er sie vor wenigen Stunden von zu Hause abgeholt hatte, war er überwältigt gewesen vom Anblick der Frau, die ihm die Tür geöffnet hatte. In ihrem schwarzen Samtkleid mit dem hohen Bein schlitz sah sie einfach überwältigend sexy aus. Das hochgesteckte Haar gab den Blick auf ihren schlan ken Hals frei. Cole konnte sich kaum zurückhalten, um sie nicht an Ort und Stelle in Besitz zu nehmen. Sie war so schön und elegant, wie eine Frau nur sein konnte. Charmant plauderte sie während der Cocktailstunde und des Dinners mit den anderen Gästen. Ihr Intellekt machte sie nur noch attraktiver, und mit ihrem leichten, perlenden Lachen zog sie die bewundernden Blicke vieler Männer auf sich. Kurzum, Melodie war die perfekte Begleiterin, und Cole war stolz, sich mit einer solchen Frau an der Seite präsentieren zu können. Darüber hinaus verspürte er in ihrer Gegenwart eine konstante sexuelle Erregung. Die eine Woche Zölibat hatte ihm ziemlich zugesetzt, und seine Fan tasie versorgte ihn mit verlockenden Bildern von Melodie in allen möglichen verführerischen Posen. Jetzt, da er wusste, wie gut sie sich anfühlte, wollte er mehr davon. Seine Hormone waren völlig aus dem Ruder, während ihre sie unerklärlicherwei se in Ruhe zu lassen schienen. Cole war sich be wusst, dass er auf die geringste herausfordernde Geste ihrerseits reagieren würde, obwohl er sich eigentlich vorgenommen hatte, nicht noch einmal mit ihr zu schlafen.
Die Ankündigung des Conferenciers, dass die Versteigerung in zehn Minuten beginnen würde, riss Cole aus seinen Gedanken. Melodie wandte sich ihm mit einem strahlenden Lächeln zu. »Hast du Lust, vorher noch eine Runde zu tanzen?« Ein heißes Sehnen durchzog seine Lenden in Er innerung an das, was geschehen war, als sie das letzte Mal zusammen getanzt hatten. »Wirst du dich diesmal benehmen?« Melodie bedachte ihn mit einem unschuldsvollen Augenaufschlag, der das mutwillige Glitzern in ih rem Blick Lügen strafte. »Erwartest du wirklich, dass ich so etwas verspreche und mich auch noch daran halte?« Ihre provozierende Antwort brachte seinen Puls zum Rasen, worauf sie es zweifellos angelegt hatte. Widerstandslos ließ sich Cole von Melodie mitten unter die Menge tanzender Paare ziehen. Fasziniert betrachtete er den sanften Schwung ihrer Hüften, während er sehnsüchtig daran dachte, beim Tanzen gleich ihre nackte Haut unter den Händen zu spü ren. Sein Blick fiel auf ihre Schulter, und ihm wurde bewusst, dass etwas fehlte. Der Schmetterling! Die Tätowierung war verschwunden. Cole legte eine Hand auf ihren Po und zog Melo die in die Arme, während er mit der anderen Hand sanft über die seidenweiche Haut ihres Rückens strich. Er sah ihr in das lächelnde Gesicht und tat sein Bestes, die zum Kuss leicht geöffneten Lippen zu ignorieren. »Was ist denn mit deinem Tattoo passiert?«
Sie schlang ihm die Arme um die Schultern und schmiegte ihre weichen Brüste an seine Brust. »Ach, das war doch nur so eine Art Abziehbild, das man in jedem Laden kaufen kann.« Sie neigte leicht den Kopf, wobei ihr eine Haarsträhne über die Wange fiel. »Du hast den Schmetterling doch nicht etwa für eine echte Tätowierung gehalten, oder?« fragte sie ungläubig. »Ich fürchte, doch«, gab er zu. »Besonders in Anbetracht deiner jüngsten Eskapaden.« »Für einen Abend war es ganz lustig, aber ich glaube nicht, dass ich mir in nächster Zeit eine dau erhafte Tätowierung zulegen werde.« Sie zupfte spielerisch an den kurzen Härchen in seinem Na cken. »Hat es dir gefallen?« »Es war sehr sexy.« Melodie lächelte zufrieden. »Nur zu deiner Infor mation, ich trage heute auch ein Tattoo.« Er stöhnte leise auf. »Nun, zu sehen ist es jeden falls nicht.« »Nein, in bekleidetem Zustand leider nicht«, bes tätigte sie mit blitzenden Augen. Bei der Vorstellung, wie er sie ausziehen und ih ren wunderschönen Körper an allen möglichen Stel len nach dem Tattoo absuchen würde – ihre Brüste, zwischen ihren Schenkeln, die kleine, süße Kerbe am Ende ihres Rückrads –, wurde ihm ganz heiß. Cole räusperte sich und zwang seine Gedanken in eine andere Richtung. Immerhin waren sie heute Abend beruflich hier, und die Arbeit lag noch vor ihnen. »Bist du bereit, den Raum unbemerkt zu ver lassen, sobald die Auktion begonnen hat?« »So bereit, wie man nur sein kann.«
Er suchte ihre Miene nach Anzeichen von Unbe hagen ab, konnte aber keine entdecken. »Bist du nervös?« fragte er dennoch, um sich zu vergewis sern, dass er sich nicht irrte. »Nicht im Geringsten«, erwiderte sie zuversicht lich. »Im Gegenteil, ich fühle mich regelrecht ener giegeladen. Geht dir das auch so, wenn du under cover arbeitest?« Die Aufregung, die sie im Moment empfinden musste, war ihm nur zu bekannt, und er lächelte. »Immer wieder.« Sie war wirklich eine beeindru ckende Frau, sehr viel stärker und kompetenter, als er es je für möglich gehalten hatte. Die Musik verstummte, und so sehr sich Cole auch danach sehnte, Melodie weiter in den Armen zu halten, die Arbeit ging vor. Sie hatten einen Job zu erledigen, einen Job, bei dem es um den guten Ruf ihrer Klientin ging. Die Gäste versammelten sich um die Bühne und das Podium, die man beide extra für die Auktion aufgebaut hatte. Alles wartete gespannt darauf, für Schmuck, Kunsthandwerk und andere Kostbarkei ten bieten zu können. Jerry Thornton, eine distinguierte Erscheinung Ende fünfzig, nahm das Mikrofon und begrüßte die Gäste. Dann begann er die Regeln für die Auktion zu erklären. »Das ist die Gelegenheit, unbemerkt zu ver schwinden«, raunte Cole Melodie zu und dirigierte sie aus der Menge. Unter dem Vorwand, nach dem Waschraum zu suchen, verschwanden sie in dem lang gestreckten Flur, der zum Westflügel des Hau ses führte, genau wie Elena sie instruiert hatte. Höf
lich lächelten sie den paar Leuten zu, die ihren Weg kreuzten, bis das Stimmengewirr aus dem Ballraum schließlich abebbte und sie an die Treppe gelang ten, die in den ersten Stock führte. Der Aufgang war mit einer dicken Kordel blo ckiert, ganz offensichtlich, um die Gäste daran zu hindern, in Gebäudeteile vorzustoßen, wo sie nichts zu suchen hatten. Melodie und Cole schlüpften un ter der Absperrung hindurch und huschten leise die Treppe hoch. Sie wandten sich nach rechts, schli chen über den weichen, dicken Läufer und schlüpf ten schließlich durch die dritte Tür auf der linken Seite des Flurs. Der Geruch nach teurem Tabak und echtem Le der stieg Cole in die Nase. Silbriges Mondlicht fiel durch das deckenhohe Fenster und ergoss seinen Schein auf die polierten Holzdielen. Cole zog eine kleine Taschenlampe aus der Jackentasche und schaltete sie ein, um den Raum näher zu inspizie ren. Sie befanden sich in der Bibliothek. Massive Bü cherregale bedeckten die Wände bis zur Decke, und in der Mitte des Zimmers stand ein imposanter Schreibtisch aus poliertem Mahagoniholz. Vor dem Kamin zur Rechten befand sich eine lederne Sitz gruppe, die aus einer Couch und zwei Sesseln be stand. Offenbar besaß Thornton eine Menge Geld, und er scheute sich nicht, es auszugeben. »Elena hat gesagt, er bewahrt das lederne Käst chen mit eingestanztem Monogramm im untersten Regal neben dem Kamin auf«, flüsterte Melodie, und Cole wandte sich in die angegebene Richtung. Er bewunderte Melodies Entschlossenheit. Sie ging
professionell und unerschrocken vor, als sei es das Normalste von der Welt, sich wie ein Einbrecher zu benehmen. Cole bückte sich und ließ den Strahl seiner Taschenlampe über die unteren Regale wandern, bis der Lichtkegel schließlich auf das Le derkästchen fiel. Vorsichtig nahm Melodie das Kästchen aus dem Regal und stellte es auf den Teppich. »Das war ja lächerlich einfach«, meinte sie beinahe enttäuscht. Sie klang gerade so, als sei ihr der Einsatz nicht gefährlich genug gewesen. Cole unterdrückte ein Lachen. »Thornton hat schließlich nicht erwartet, dass sich jemand ein schleicht, um nach dem Kästchen zu suchen. Also sah er keine Veranlassung, es zu verstecken.« »Trotzdem hätte er vorsichtiger sein sollen.« Sie streckte die Hand aus. »Gib mir die Taschenlampe. Ich möchte jetzt die Briefe lesen.« Er gab ihr die Lampe und widerstand dem Im puls, Melodie über die Schulter zu spähen, um ei nen Blick auf den Inhalt der Briefe zu erhaschen. Stattdessen setzte er sich in einen Sessel, während er Melodie betrachtete, wie sie auf dem Boden kau erte und nacheinander die Briefbogen entfaltete. Gleichzeitig lauschte er gespannt nach irgendwel chen verdächtigen Geräuschen. Nichts. Alles war still. Ab und zu nur sog Melodie scharf die Luft ein. Offensichtlich war der Inhalt der Briefe wirklich sehr pikant. Ihre Brust hob und senkte sich mit ihrem Atem, und der sanfte Schein der Taschenlampe illuminierte ihr Gesicht und den heftig pochenden Puls an ihrem Hals. Ihre feuchten Lippen waren
leicht geöffnet. Sie schien völlig hingerissen von dem, was sie da las. Cole rutschte unbehaglich in seinem Sessel hin und her. Es schien eine Ewigkeit her, seit sie hier in die Bibliothek eingedrungen waren, während in Wirklichkeit vielleicht höchstens eine Viertelstunde vergangen war. »Bist du schon auf etwas gestoßen, was uns weiterhelfen könnte?« Sie blickte auf und sah ihn aus vor Verlangen dunklen Augen an. »Nein, bis jetzt noch nicht«, sag te sie mit leiser, sanfter Stimme in die Stille des Raums hinein. »Aber ich begreife jetzt, warum sie nicht wollte, dass du diese Briefe zu lesen be kommst. Die lassen ja sogar mich erröten.« Darüber hinaus waren sie offenbar höchst erre gend. Ihre Stimme zitterte vor unterdrückter Leiden schaft, das hatte Cole deutlich herausgehört. Die Atmosphäre knisterte plötzlich förmlich vor Erotik. Coles Atem beschleunigte sich, und eine heiße Welle der Begierde durchfuhr seinen angespannten Körper. Er musste sich mit aller Kraft zusammen reißen, um nicht über Melanie herzufallen und sie gleich hier und jetzt zu nehmen. Hart und tief und schnell. Die aufgestaute sexuelle Spannung drohte sich mit aller Macht zu entladen. Melodie wandte sich wieder ihrer Aufgabe zu. Cole riss sich von ihrem Anblick los, musterte statt dessen die protzige Einrichtung des Zimmers. »Hier ist es, Cole!« rief Melodie plötzlich aufge regt aus. Rasch senkte sie die Stimme. »Ich habe besagten Brief gefunden.« »Bist du sicher, dass es der Brief ist, in dem Thornton Elena den Ring als Geschenk ver
spricht?« Ihnen blieb nur diese eine Chance, und Cole wollte nicht mit dem falschen Brief abziehen. »Ganz sicher.« Sie richtete den Strahl der Ta schenlampe auf den Briefbogen in ihrer Hand, der mit einer kühnen männlichen Handschrift bedeckt war. »Hier heißt es ganz deutlich ,Nimm diesen Ring als Zeichen meiner ewigen Hingabe. Als ein Geschenk meines Herzens an dein Herz, ein Unter pfand der Liebe, die uns verbindet. Dieser Ring ist auf ewig Dein, so wie Dir mein Herz, mein Körper und meine Seele gehören. In Liebe, Jerry.’« »Das ist es«, stimmte Cole tief zufrieden zu. Er hockte sich neben Melodie auf den Boden, um ihr zu helfen, die anderen Briefe wieder in das Käst chen zu sortieren. »Steck den Brief in deine Hand tasche und stell das Kästchen an seinen Platz im Regal zurück. Und dann schnell weg von hier.« Melodie tat, wie ihr geheißen. Gerade wandten sie sich in Richtung Tür, als draußen Stimmen laut wurden. »Verdammt.« Cole erstarrte. Dann tat er das Erstbeste, was ihm in den Sinn kam, um sie beide vor der Entdeckung zu schützen. Er ließ sich der Länge nach auf die Ledercouch vor dem Kamin fal len, die mit der Rückseite zur Tür stand, und riss Melodie mit sich. Er zog die Knie an, damit seine Füße nicht über die Lehne herabbaumelten. Mit et was Glück blieben sie so unentdeckt, falls jemand hereinkam. Das Herz hämmerte ihm gegen die Brust, und Melodie, die auf ihm lag, sah ihn aus vor Schreck geweiteten Augen an. »Kein Wort jetzt!« zischte er und drückte ihr Ge sicht in seine Halsbeuge.
Sekunden später wurde die Tür geöffnet, und gedämpftes Licht flammte auf. Zwei Männerstim men durchdrangen die Stille. Ihre Schritte echoten auf den blank polierten Holzdielen, als sie sich durch den Raum bewegten. »Ich habe Churchills oder Palma Larga«, erklang eine Stimme, die Cole als Thorntons identifizierte. »Welche Zigarre hätten Sie denn gern, Randall?« Melodies warme Lippen berührten Coles Hals, und die unerwartete Liebkosung ihrer Zunge ließ Cole zusammenfahren. Was zum Teufel hatte Me lodie vor? »Ich nehme eine von den Churchills«, erwiderte der Mann, den Thornton mit Randall angesprochen hatte. »Eine gute Wahl«, meinte Thornton jovial. Melodie fuhr mit ihrer süßen Folter fort, hauchte feuchte, kleine Küsse Coles Hals bis zum Ohr hin auf. Dann begann sie, abwechselnd ganz sanft an seinem Ohrläppchen zu saugen und zu knabbern. Trotz der Gefahr, ertappt zu werden, reagierte Co les Körper mit hemmungsloser Begierde. Das Risi ko, das Melodie mit ihrem frivolen Tun einging, er regte Cole. Ihm blieb ohnehin nichts weiter übrig, als sich ihren Liebkosungen zu überlassen, denn wenn er jetzt versuchte, sie zu stoppen, würde man sie bestimmt entdecken. Dessen war sie sich offenbar bewusst. »Ich habe Brandy und ein Pokerspiel, das uns erwartet, wenn die Gäste in etwa einer Stunde ver schwunden sind«, eröffnete Thornton soeben sei nem Gegenüber.
»Sie schmeißen doch immer noch die besten Partys«, erwiderte der andere Mann anerkennend. »Das höre ich oft.« Thornton lachte. »Kommen Sie, genießen wir die Zigarre in Ruhe auf der Ter rasse, bis die Auktion vorüber ist.« Gerade in dem Moment, als die Männer zur Tür gingen, steckte Melodie Cole die Zungenspitze ins Ohr. Mühsam unterdrückte er ein lustvolles Stöhnen und verflocht die Hände mit ihrem Haar. Anschei nend hatte der Inhalt der Briefe sie zu dieser amou rösen Attacke stimuliert. Na warte, dachte er. Wenn die beiden erst mal weg sind, dann wirst du bezah len… Das Licht wurde gelöscht, und die Tür fiel hinter den Männern ins Schloss. Cole wartete, bis ihre leisen Stimmen ganz verklungen waren, bevor er mit rauer Stimme hervorstieß: »Was soll das eigent lich, Melodie?« Sie bewegte sich provozierend auf ihm, und ihr heißer Atem streifte seine Haut. »Ich kann einfach nicht genug von dir bekommen«, hauchte sie ihm ins Ohr. Sie hob den Kopf und sah ihm tief in die Augen. »Ich brauche dich, Cole. Jetzt sofort.« Oh, ja… Er verstand, was sie meinte, brannte doch auch er schon die ganze Woche vor Verlan gen! Und dieses Mal machte er sich auch keine Vorwürfe, weil er nicht stark genug war, diesem Verlangen zu widerstehen. Er wollte Melodie. Jetzt sofort. Er setzte sich auf, wobei er sie mit sich zog. Dann positionierte er sie so, dass sie rittlings auf seinem Schoß saß. Vorsichtig löste er ihr Haar, und eine silberne Spange und einige Haarnadeln fielen
zu Boden. In einem nie gekannten Hunger eroberte Cole ihren Mund, während das Adrenalin durch sei ne Adern pumpte. Aufstöhnend schob Melodie die Aufschläge sei nes Jacketts zur Seite und tastete nach dem Ho senbund. Mit bebenden Fingern öffnete sie die Gür telschnalle und zog den Reißverschluss herunter, entblößte Coles beeindruckende Erektion. Dann pulsierte er in ihren kundigen Händen, während sie ihn massierte und streichelte, bis Coles ganzer Kör per lustvoll erschauerte. Er schob die Hände unter ihr Kleid und zerrte es ihr hastig bis zur Taille hoch. Dann riss er an ihrem schwarzen Spitzenslip, und sie erhob sich, um ihn sich rasch abzustreifen. Cole ließ den Slip in seiner Jacketttasche ver schwinden, und Melodie stieß ihn in die Polster zu rück. Heftig atmend schob sie sich wieder über ihn, senkte ihre Hüften rittlings auf seinen Schoß. Die Spitze seiner männlichen Härte berührte ihre heiße, feuchte Haut. Unfähig, sich noch länger zurückzu halten, fasste Cole Melodie um die Taille und stieß tief und hart in sie hinein. Mit einem leisen Lust schrei nahm sie ihn in sich auf, umschloss ihn wie flüssiges Feuer. Aufstöhnend genoss Cole das betörende Gefühl, ganz und gar in die heiße Enge aufgesogen zu werden. Melodie schloss die Augen und ließ den Kopf zurücksinken. In immer schneller werdendem Rhythmus ließ sie ihre Hüften kreisen. Ihr Atem kam stoßweise, während sie das Tempo beschleunigte. Cole schob den schweren Samtstoff ihres Kleids höher, so dass er sehen konnte, wie sie seine Erek tion immer tiefer in sich aufnahm.
Und da entdeckte er es, ihr Tattoo: eine zarte Fee direkt über ihrem Venushügel. Bei jeder Aufund Abbewegung von Melodies Hüften schien die Fee mit den Flügeln zu schlagen. Fasziniert rieb er mit dem Daumen über das Schmuckbild, ließ die Finger dann tiefer gleiten, zwischen Melodies Schenkel, bis er das Zentrum ihrer Weiblichkeit fand. Sein kundiges Streicheln löste Sekunden später ihren Höhepunkt aus, er spürte die Zuckungen hart und heftig. Aufstöhnend küsste er Melodie, erstickte ihre lustvollen Schreie mit seinem Mund. Beide Hände fest um ihren Po gelegt, bewegte Cole sich in ihr, drängender, fordernder, bis ein letzter harter Stoß auch ihn einen ekstatischen Höhepunkt erle ben ließ. Ihm wurde schwindelig, und in seiner Brust verspürte er eine seltsame Regung, die er nie zuvor erfahren hatte. Eine machtvolle Sehnsucht, die ihm regelrecht den Atem raubte. Und dann traf ihn die Erkenntnis: Er hatte sich hoffnungslos in Melodie verliebt6.
9. KAPITEL »Melodie, kann ich dich bitte in meinem Büro sprechen?« erklang Coles Stimme durch die Ge gensprechanlage auf ihrem Schreibtisch. 6
K-leser: also ich kann in so einem Moment gar nichts denken, Cole scheint bemerkenswerte Fähigkeiten zu besitzen, völlig a-typisch so zusagen, zudem hat er sehr schnelle Finger, zuerst sind sie vorne, plötzlich an ihrem Po – „magic Fingers“
Sein geschäftsmäßiger Ton ließ nichts Gutes ah nen und verstärkte die Frustration, die Melodie nach ihrem gemeinsamen Einsatz in Thorntons Villa ü berfallen hatte. Danach nämlich hatte Cole sich spürbar zurückgezogen, was für ihn an sich ja nichts Besonderes war. Doch als sie an jenem A bend in der Bibliothek in Thorntons Haus miteinan der geschlafen hatten, hätte Melodie schwören können, dass seine Liebkosungen irgendwie an ders, intensiver gewesen waren. Darum empfand sie umso mehr Enttäuschung über seine plötzliche Reserviertheit. Der Fall Russell war abgeschlossen und damit offensichtlich auch ihre Affäre. »Ich bin gleich da«, erwiderte sie, bemüht, ihren Ton ebenfalls neutral geschäftsmäßig zu halten. Sie tippte rasch den Bericht über den Fall Russell zu Ende, um ihn Cole gleich zur Unterschrift vorzule gen. Seit jenem Abend hatte Melodie wohl sämtliche Aspekte der Gefühlsskala durchlaufen. Verwirrung, Verzweiflung und Wut über die Art und Weise, wie Cole sie so ohne weiteres wieder aus seinem Leben aussperrte, als sei nichts geschehen. Sie hatte alles in ihrer Macht Stehende getan, um ihm zu zeigen, dass das, was sie verband, weit über heißen Sex hinausging. Okay, laut ausgesprochen hatte er sei ne Zuneigung nicht. Er hielt sie immer noch auf Ar meslänge von sich entfernt, darauf bedacht, sie nicht an seinem Gefühlsleben teilhaben zu lassen. Und genau danach sehnte sie sich doch so sehr! Fest entschlossen, ihm mit ungebrochenem Selbstbewusstsein zu begegnen, ging Melodie mit
der Akte Russell nach nebenan in sein Büro. Cole saß hinter seinem Schreibtisch, die Hemdsärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt und mit biererns ter Miene. Oh, wie sehr wünschte sie, er würde ihr entgegenlächeln, sie an sich ziehen, um sie zu küs sen! Es war fast so, als hätten die erotischen Be gegnungen zwischen ihnen nie stattgefunden. Es ärgerte Melodie zwar, wie leicht es Cole fiel, ihre Affäre zu verdrängen, doch wollte sie ihn anderer seits auch zu nichts drängen, wozu er nicht wirklich bereit war. »Hier sind der Abschlussbericht und die Rech nung im Fall Russell«, erklärte sie und platzierte die Akte auf seinem Schreibtisch. »Elena schien sehr glücklich, dass wir den Brief gefunden haben.« Cole nickte und setzte seine Unterschrift unter die Rechnung, wobei er sorgfältig darauf bedacht war, Melodies Blick auszuweichen, wie er es schon den ganzen Vormittag lang getan hatte. »Ich bin sicher, dass der Brief dazu beiträgt, ihren guten Ruf wieder herzustellen.« »Das hoffe ich für sie«, sagte Melodie und meinte das auch so. Sie mochte Elena und wünschte ihr nur das Beste. »Aber ich bedaure wirklich, dass ihre Beziehung gescheitert ist. Wie es schien, haben sie einmal wahre Leidenschaft füreinander empfunden. Das machte der Inhalt der Briefe deutlich.« »Leidenschaft allein reicht nicht, um eine Bezie hung aufrecht zu erhalten«, erklärte Cole, während er die Akte durchblätterte. Sein nüchterner Ton versetzte Melodie einen schmerzhaften Stich in der Brust. Sie wusste, seine Bemerkung bezog sich auf sie beide. »Nein, ver
mutlich nicht, aber es ist zumindest eine Basis, auf der sich eine dauerhafte Beziehung aufbauen lässt. Aus Leidenschaft kann sehr wohl Liebe werden, wenn beide Partner bereit sind, daran zu arbeiten.« Endlich sah Cole sie an, doch seine verschlosse ne Miene verriet nichts über seine Gefühle. »Das war bei Elena und Jerry offensichtlich nicht der Fall.« Melodie entnahm seiner Antwort, dass er auch für ihre Beziehung keine Zukunft sah. So einfach hatte er das letzte zarte Band zwischen ihnen zer rissen, Melodies letzte Hoffnung zerstört, dass sich doch noch alles zum Guten wenden würde. Es war unwiderruflich aus zwischen ihnen. Melodie hatte Mühe, etwas zu sagen, ohne dass ihre Stimme ihren Schmerz verriet. »Du sagtest, du willst etwas mit mir besprechen?« wechselte sie das Thema. »Ja, Verschiedenes.« Mit einer einladenden Ges te bedeutete er ihr, sich zu setzen. Jetzt war Melodie wirklich gespannt, worauf er hinauswollte. Bereitwillig nahm sie auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz. Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen. »Ich möchte dir für deine Hilfe im Fall Russell dan ken und dir das hier geben.« Er schob ihr einen Umschlag zu. »Du hast fantastische Arbeit geleistet, und ich bewundere deine Professionalität.« Ihre Professionalität? Mit einem beklemmenden Gefühl griff sie nach dem Umschlag und zog einen Scheck heraus, der auf eine enorm hohe Summe ausgestellt war. Jetzt wusste Melodie gar nicht mehr, was sie von Cole halten sollte. Sie bedachte
ihn mit einem durchdringenden Blick. »Wofür soll das sein?« »Ein Bonus für ausgezeichnete Arbeit.« Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, eine Geste, die die emotionale und physische Distanz zwischen ihnen nur noch betonte. »Du hast es dir verdient.« Am liebsten hätte Melodie ihm den Scheck ins Gesicht geschleudert, doch sie zügelte ihr Tempe rament. Sie wollte seine Dankbarkeit nicht, noch weniger sein Geld für etwas, das für sie viel mehr als nur ein Job gewesen war. Jetzt kam sie sich billig und fallen gelassen vor. Melodie fragte sich, ob dies wohl Coles Art war, seine Schuldgefühle zu beschwichtigen, weil er seinem Verlangen nachge geben und mit ihr geschlafen hatte. Trotz ihres Zorns und ihrer Verwirrung brachte sie ein raues »Dankeschön!« hervor und machte Anstalten aufzustehen. Er bedeutete ihr mit einer Geste, sitzen zu blei ben. »Da gibt es noch etwas.« Nach kurzem Zögern meinte er: »Wir haben am Sonnabend kein Kondom benutzt.« Es war ihm deutlich anzusehen, wie un behaglich er sich fühlte. Der abrupte Wechsel zu einem derart intimen Thema verblüffte Melodie. Doch Coles förmlicher Ton und die distanzierte Miene ließen die Angele genheit wie eine geschäftliche Transaktion wirken, und sie erschauderte vor Kälte. Natürlich war auch ihr nicht entgangen, dass sie ungeschützten Sex gehabt hatten. Auch Coles plötzlich unmissverständlich besorgter Blick war ihr bewusst. Nachdem er sich jahrelang abgemüht hat te, seine Geschwister großzuziehen, war er offen
sichtlich nicht darauf aus, die ganze Prozedur so bald mit einer eigenen Familie noch einmal zu durchlaufen. Das erwartete Melodie auch gar nicht von ihm. Er hatte ihr keine Versprechungen gemacht, und sie würde eine ungeplante Schwangerschaft nie dazu benutzen, einen Mann an sich zu binden. Wenn er sich für sie entschied, dann sollte er aus Liebe bleiben und nicht, weil er sich dazu verpflich tet fühlte. Doch Ersteres war er anscheinend nicht bereit, ihr zu geben. Zwischen Wut und Schmerz hin- und hergeris sen, sah sie ihn an, doch sie tat ihr Bestes, ihre Ge fühle vor ihm zu verbergen. »Ich kann dir ja Be scheid sagen, wenn ich meine Periode bekomme«, schlug sie vor. Er seufzte erleichtert. »Das wäre großartig.« Cole nahm einen Stoß Papiere von einem Stapel und reichte ihn ihr. Damit war das unbequeme Thema für ihn anscheinend abgehakt. »Hier sind die Zahlungsanweisungen, die ich abzeichnen soll te, sowie einige Aussagen zum Abheften.« Damit war sie offensichtlich entlassen. Melodie nahm die Papiere entgegen und kehrte an ihren eigenen Schreibtisch zurück. Jetzt hieß es, ihren Herzschmerz zu vergessen und zur Tagesordnung überzugehen. »Ist alles in Ordnung mit dir, Liebes?« Richard blick te Melodie über den Tisch im Restaurant hinweg besorgt an. Die beiden hatten sich hier zum Mittag essen getroffen. »Du scheinst heute irgendwie ne ben dir zu stehen.«
Im Stillen räumte Melodie ein, dass er Recht hat te. Sie war heute ungewöhnlich in sich gekehrt. Sie brachte es einfach nicht fertig, sich lustig und ver gnügt zu geben, nachdem sie eine so schreckliche Woche hinter sich hatte. Fast hatte sie das Gefühl, innerlich abzusterben, während sie in Coles Ge genwart nach außen hin ein gleichgültiges Gebaren zur Schau trug, um überhaupt den Tag zu überste hen. Ihre Nächte waren erfüllt von heißen Erinne rungen an die leidenschaftlichen Begegnungen mit Cole. Abend für Abend schrieb sie sich ihre Sehn sucht in weiteren erotischen Briefen von der Seele, die er nie zu lesen bekommen würde. Was die Arbeit betraf, schien sie nach ihrem kur zen Ausflug in den Außendienst wieder zur Sekretä rin degradiert worden zu sein. Auch das trug we sentlich zu ihrer Frustration bei. Sie hatte nichts er reicht. Weder hatte sie Coles Herz erobert, noch war es ihr gelungen, der Arbeit, die sie sich wünsch te, auch nur einen Schritt näher zu kommen. »Ich bin okay«, log sie tapfer und zwang ein Lä cheln auf ihre Lippen. »Mir geht zurzeit nur eine Menge durch den Kopf.« »Ach?« Ihr Vater legte die Gabel auf den Teller und tupfte sich den Mund mit der Serviette ab. »Kann ich dir vielleicht helfen, Klarheit in deine Ge danken zu bringen?« Melodie hatte sich ihrem Vater schon oft in ihrem Leben anvertraut, und er hatte immer einen brauch baren Rat für sie parat gehabt. Doch diesmal war es etwas anderes – sie konnte ihm unmöglich von ihrer Beziehung mit Cole und dessen abrupten Ende er zählen. Zu ihrem eigenen und Coles Bestem. »Ich
glaube, es ist etwas, was sich von sich selbst erle digen wird, wenn du verstehst, was ich meine.« »Natürlich.« Richard ergriff tröstend ihre Hand. »Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, aber ich bin erleichtert festzustellen, dass du wieder zur Norma lität zurückgekehrt bist.« Trotz ihres Kummers musste Melodie lachen. »Normalität? Was willst du damit sagen?« »Nun, ich gebe zu, dass mir all die plötzlichen Veränderungen an dir ziemliche Sorgen gemacht haben. Ich gebe zu, dein Haarschnitt ist schick, und es gefällt mir, was du heute anhast. Aber dennoch habe ich den Eindruck, dass du dich selbst wieder gefunden hast und wieder mein kleines Mädchen bist. Das ist vermutlich Cole zu verdanken.« Cole? Was hatte der denn damit zu tun? Stirn runzelnd schob sie ihren Teller zur Seite, während sie ein Gefühl des Unbehagens überkam. »Wor über, um alles in der Welt, redest du, Dad?« Richard faltete die Hände auf dem Tisch und senkte verlegen den Blick. »Ich muss gestehen, dass ich fürchtete, du hättest dich so drastisch ver ändert, um irgendeinem Kerl zu gefallen. Meine größte Sorge war, jemand könnte dich ausnutzen. Also habe ich Cole gebeten, ein wenig auf dich Acht zu geben.« Melodie sog scharf den Atem ein. Das kam ja immer schlimmer! Sie konnte kaum glauben, was ihr Vater ihr da soeben eröffnet hatte, und doch er klärte es perfekt Coles Überfürsorge während der vergangen zwei Wochen. Er hatte ihrem Vater ei nen Gefallen getan, hatte eine weitere Verpflichtung übernommen. Abgesehen von den paar Malen, als
sie miteinander geschlafen hatten, war sie nichts weiter als eine Art Job für ihn gewesen. Jetzt hatte Melodie aber endgültig genug von all den wohlmeinenden Männern in ihrem Leben! »Weder du noch Cole braucht auf mich aufzu passen, Dad«, erklärte sie gelassener, als ihr zu Mute war. Sie würde sich erst einmal ihren Vater vorknöpfen und mit Cole später abrechnen. »Ich führe seit Jahren ein selbstständiges Leben und kann sehr gut auf mich allein aufpassen.« »Ich kann mir einfach nicht helfen.« Sein Blick bat um Verständnis für seine väterliche Fürsorge. »Ich machte mir Sorgen um dich, und ich wusste, dass ich Cole vertrauen kann, dafür zu sorgen, dass du nicht in eine Situation gerätst, mit der du nicht fertig wirst.« Sie für ihren Teil hatte keine Probleme damit, mit der Situation fertig zu werden. Es war Cole, der derart zwischen seinen Bedürfnissen und seinem selbst ernannten Ehrenkomplex hin- und hergeris sen war, dass er sich scheute, auch mal ein Risiko einzugehen. Und es gefiel ihr gar nicht, dass die beiden Männer, die sie am meisten liebte, über ih ren Kopf hinweg über ihr Leben bestimmten. »Ich habe dich lieb, Dad, aber ich bin nicht mehr länger dein kleines Mädchen.« Es wurde endlich Zeit, das einmal deutlich auszusprechen. »Ich weiß, nach Moms Tod hast du dein Bestes getan, mich aufzuziehen, und du warst wirklich immer ein groß artiger Vater. Ich kann mich glücklich schätzen, ei nen so liebevollen, fürsorglichen Dad zu haben, der für seine Tochter stets nur das Beste wollte. Aber jetzt bin ich eine erwachsene Frau und brauche
meinen Freiraum, um mich weiterzuentwickeln, oh ne mich ständig eingeengt fühlen zu müssen. Schluss mit dem ewigen Beschützen und Umsor gen! Lass mich meine eigenen Fehler machen und daraus lernen.« »Du hast Recht«, erwiderte Richard in ernstem Ton. »Es fällt mir bloß so schwer, meinen väterli chen Beschützerinstinkt abzulegen.« Er bedachte sie mit einem neugierigen Blick. »Darf ich fragen… ist für deine plötzliche Wandlung eigentlich ein Mann verantwortlich?« Melodie wollte nicht lügen, schließlich war es zum großen Teil Cole zu verdanken – wenn auch nur indirekt –, dass sie sich zu einer selbstbewuss ten, starken Frau entwickelt hatte. »Ja, aber es ist aus.« »Das tut mir Leid«, erwiderte ihr Vater mitfüh lend. »Mir auch. Ich bin sicher, dass du ihn gemocht hättest.« Mit einem bedauernden Lächeln über das, was hätte sein können, stand sie auf, nahm ihre Handtasche und küsste ihren Vater zum Abschied auf die Wange. »Jetzt muss ich aber zurück ins Bü ro. Ich habe da noch etwas Wichtiges zu erledi gen.« Melodie betrat ohne anzuklopfen Coles Büro. Ihr anklagender Blick versetzte ihn sofort in Alarm stimmung. Ganz offensichtlich hatte sie nichts Ge schäftliches auf dem Herzen. Sich innerlich gegen unangenehme Neuigkeiten wappnend, sicherte er die Internet-Seite, auf der er gerade gesurft hatte, und blickte Melodie erwartungsvoll entgegen.
Sie baute sich vor seinem Schreibtisch auf, uner schrocken und hitzig und unbeschreiblich schön. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass mein Vater dich beauftragt hat, auf mich aufzupassen wie auf ein kleines Kind?« Der Schmerz, der in ihrem Ton mitschwang, ließ Cole zusammenzucken. Er beschloss, ihr so auf richtig wie möglich zu antworten, auch wenn seine Entschuldigung selbst in seinen Ohren erbärmlich klang. »Weil ich es nicht für nötig hielt, es dir zu sa gen.« »Vielleicht auch, weil du es nicht fertig brachtest, meinem Vater etwas abzuschlagen. Um ihn nicht zu enttäuschen, hast du getan, worum er dich bat, oh ne dabei an meine Gefühle zu denken«, versetzte sie vorwurfsvoll. Ihre Worte verletzten ihn. Besonders deshalb, weil sie genau ins Schwarze getroffen hatte, er hat te sich die Wahrheit bloß nicht eingestehen wollen. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, Richard eine Bitte abzuschlagen, nachdem der Mann ihm nach dem Tod seines Vater so viel Gutes getan hat te. Außerdem vertraute Richard Cole bedingungs los. Dieses Vertrauen hatte Cole nicht zerstören wollen, was bedeutete, Richards Bitte, auf Melodie aufzupassen, nachgeben zu müssen. Doch Cole wusste tief in seinem Innern, dass er Melodie auch beschützt hätte, hätte Richard ihn nicht dazu aufge fordert. Es lag in seiner Natur, auf die Menschen zu achten, die er liebte. Und wenn zwischen ihnen beiden auch alles schief gelaufen war, so gehörte Melodie doch zu diesen Menschen.
Aber diese Erkenntnis änderte leider nichts an der gegenwärtigen Situation. Die Ereignisse hatten dazu geführt, dass Melodie tief verletzt und desillu sioniert war. Und Cole machte sich schwere Vor würfe, dass er ihre Beziehung hatte so weit eskalie ren lassen, dass sie miteinander geschlafen hatten. »Es tut mir Leid«, sagte er, wohl wissend, wie unangemessen diese Worte klangen, in Anbetracht des Kummers, den er ihnen beiden verursacht hat te. Melodie verschränkte die Arme vor der Brust, wie um sich zu schützen. »Ich war also nichts weiter als eine Art Job für dich, eine Verpflichtung, wie alles andere in deinem Leben«, schleuderte sie Cole entgegen. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, so schuldig fühlte er sich. Unfähig, noch länger ruhig dazusitzen, stand er auf und ging um den Schreib tisch herum. Melodie wich einen Schritt zurück, be deutete Cole auf diese Weise, dass sie nicht berührt werden wollte. »Du warst viel mehr als das, Melodie«, erklärte er mit vor Bewegung rauer Stimme. »Ich habe einen furchtbaren Fehler gemacht, nicht du. Ich hätte dich nie im Leben anfassen dürfen.« Sie lachte hart auf. »Du Ehrenmann!« Das klang eher wie ein Fluch als wie ein Kompliment. »Ich bin überrascht, dass du nicht darauf bestehst, mich zu heiraten, wo wir doch ungeschützten Sex hatten.« »Du weißt genau, dass ich dich heiraten würde, wenn du schwanger wärst«, entgegnete er spontan. »Warum? Wegen meinem Vater? Weil es das Richtige wäre und du deine Verpflichtungen ernst
nimmst? Besten Dank! Falls ich schwanger bin, werde ich lieber allein erziehende Mutter, als einen Mann zu heiraten, der meine Liebe nicht erwidert.« Wieder trafen ihre Worte ihn hart. Cole zuckte wie unter einem Schlag zusammen. »Es stimmt, ich liebe dich«, sagte sie weich, »a ber ich würde dich nie in eine Situation bringen, die dich zum Gefangenen macht. Ich kenne doch deine unglückliche Kindheit, und ich bewundere dich für das, was trotz allem aus dir geworden ist. Du hast die besten Jahre deines Lebens geopfert, um dei nen Geschwistern ein Zuhause zu geben. Selbst jetzt noch fühlst du dich für alle verantwortlich. Du bist wirklich wie der sprichwörtliche Fels in der Brandung. Aber hast du je darüber nachgedacht, was du dir für dich selbst wünscht? Sehnst du dich nicht auch manchmal nach Veränderung?« Cole versteifte sich. Es war Melodie gelungen, einen Blick unter die Fassade zu tun, und das be hagte ihm gar nicht. »Ich habe alles, was ich mir nur wünschen kann.« Warum hatte er dann solche Angst, Melodie zu verlieren? Und warum kamen ihm die Nächte ohne sie einsam und unendlich lang vor? »Hast du das wirklich?« Sie schien ihm direkt in die Seele zu blicken, so eindringlich sah sie ihn an. »Du bist immer schnell dabei, die Bedürfnisse der anderen zu erkennen und dich um alles zu küm mern. Aber wer kümmert sich um dich, Cole?« »Habe ich behauptet, dass ich jemanden brau che, der sich um mich kümmert?« »Wir alle brauchen hin und wieder Trost und Zu wendung. Sogar du, ob du es nun zugibst oder
nicht.« Ihre Stimme klang plötzlich müde. Müde, sich mit ihm zu streiten. »Ich will mich doch nur um dich kümmern, deine Freundin und Geliebte sein. Von Heirat habe ich nie gesprochen, nicht mal von einer festen Bindung, obwohl es gelogen wäre zu behaupten, dass ich nicht mehr als eine Affäre woll te. Aber dieses Thema steht ja ohnehin nicht mehr zur Debatte, oder?« Coles Schweigen sprach für sich selbst. Melodie seufzte resigniert. Dann hob sie ent schlossen das Kinn. »In Anbetracht der verfahrenen Situation denke ich, es ist besser, wenn ich kündi ge.« Genau das war eine seiner schlimmsten Ängste. »Das kannst du nicht ernst meinen«, fuhr er sie barsch an. »Und du glaubst doch wohl nicht ernstlich, dass ich nach allem, was passiert ist, hier bleibe? Ich hatte wirklich angenommen, dass der Fall Russell dazu beiträgt, deine Meinung über mich zu ändern, nicht nur in privater, sondern auch in beruflicher Hinsicht.« Die Vorstellung, sie könnte in wenigen Minuten aus diesem Büro und damit aus seinem Leben ver schwinden, versetzte Cole in helle Panik. Und das Chaos in seinem Innern rührte keineswegs daher, dass er sich um ihr Wohlergehen sorgte. Es waren ganz andere Ängste, die ihn quälten. »Mel…« »Du hast deine Gefühle unmissverständlich klar gelegt, genau wie ich«, unterbrach sie ihn. »Diese Entscheidung habe ich zu meinem eigenen Besten getroffen. Ich habe keine Lust, als VorzimmerSekretärin zu versauern. Hier bei dir komme ich
beruflich nicht weiter, weil du einfach nicht aufhören kannst, mich als Richards Tochter zu betrachten, die du vor allem Unbill beschützen musst. Ich möch te in meinem Leben vorankommen, nicht stagnieren und davon träumen, was hätte sein können. Also ziehe ich die Konsequenzen und gehe, und zwar ohne Bedauern.« Cole bewunderte sie für ihren Mut, sich privat wie beruflich voll ins Risiko zu stürzen, auch auf die Ge fahr hin zu scheitern. »Bevor ich gehe, sag mir bitte noch eins.« Ihre Stimme zitterte verdächtig, und ihre Augen schim merten feucht. »Fandest du mich eigentlich je att raktiv oder nur die Frau, die ich gespielt habe?« Ein spannungsgeladenes Schweigen senkte sich über sie. Cole fand sie nicht nur attraktiv, er hatte sich in sie verliebt – in die einfühlsame, praktisch veranlagte Frau, die sie gewesen war, und in die sinnliche, verführerische Sirene, in die sie sich ver wandelt hatte. Doch die Worte blieben unausge sprochen, denn Cole wusste, dass er die Erwartun gen, die mit einem solchen Geständnis verbunden waren, nicht erfüllen konnte. »Schon gut. Du brauchst mir nicht zu antworten«, versetzte Melodie resigniert, als er schwieg. »Ich glaube, ich will die Wahrheit lieber gar nicht wissen und damit meine letzten Illusionen zerstören. Es war ein schöner Traum, solange er dauerte.« Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und ging. Sofort überfiel Cole eine tiefe, schwarze Lee re, die sein Leben von nun an über Monate verfins tern würde, wie er wusste.
»Was würdest du sagen, wenn ich dich bäte, für mich auf Melodie aufzupassen?« fragte Cole seinen Bruder. Die beiden hatten sich nach Feierabend auf ein Bier bei Murphy getroffen. »Vergiss es«, erwiderte Noah scharf. »Ich bin nicht bereit, mich an ihre Fersen zu heften, als sei sie eine Strafgefangene auf Bewährung. Wenn du wissen willst, wie sie ihre Tage verbringt, dann spi onier doch selbst hinter ihr her.« Er schüttelte den Kopf. »Gott, jetzt übertreibst du wirklich.« Ja, das tat er wohl, und darüber hinaus war er zutiefst verzweifelt. Mit einem tiefen Zug leerte Cole sein Bierglas. Er war hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, die Verbindung zu Melodie auf rechtzuerhalten, und der Scham darüber, dass er ihr im Auftrag seines Vaters nachspioniert hatte. »Ich will doch nur sichergehen, dass sie okay ist.« »Das glaubst du doch selbst nicht.« Noah gab der Serviererin ein Zeichen, zwei weitere Biere zu bringen. »Du fühlst dich doch nur schuldig wegen dem, was zwischen euch passiert ist. Das ist ein fach lächerlich! Melodie geht es gut, jedenfalls bes ser als dir. Jo zufolge hat sie sich bei verschiedenen Detekteien beworben und bereits einige gute Ange bote. Du hingegen vergräbst dich schlecht gelaunt im Büro und leckst deine Wunden. Im Übrigen siehst du furchtbar aus, ungepflegt und müde.« Natalie, die Kellnerin, kam mit der Bestellung und einer Schüssel Erdnüsse an den Tisch. Während Noah die Gelegenheit für einen Flirt nutzte, sinnierte Cole über die Worte seines Bruders nach. Er rieb sich über das unrasierte Kinn. Noah hatte Recht, er fühlte sich wie in der Hölle und sah vermutlich dem
entsprechend aus. Ein wesentlicher Teil von ihm schien verloren, was dazu führte, dass Cole sich ziellos treiben ließ. Er hatte die Kontrolle über sein Leben verloren, war unfähig, wieder Fuß zu fassen. Nachdem er sich erst einmal seine Zuneigung zu Melodie eingestanden hatte, ließen sich seine Ge fühle nicht mehr bändigen. Und weil er so dumm gewesen war, Geschäftliches mit Vergnügen zu verbinden, hatte er die beste Sekretärin verloren, die er je gehabt hatte. Das war natürlich nicht der einzige Verlust, den er zu beklagen hatte. Jetzt, da Melodie nicht mehr da war, wurde ihm bewusst, dass sie ihm in berufli cher Hinsicht viel mehr bedeutet hatte als nur eine Hilfe für die Büroarbeiten. Sie war ihm Vertraute gewesen, Inspiration. Stets hatte sie sich mit gro ßem Enthusiasmus in die Arbeit gestürzt, hatte so manchen Aspekt an einem Fall aufgedeckt, der ihm, Cole, entgangen war. Ohne Melodie war nichts mehr wie früher, und Cole brachte es auch nicht über sich, eine Nachfol gerin für sie zu suchen. Die Wärme ihrer Freund schaft und ihre Begeisterungsfähigkeit konnte ihm niemand ersetzen. Ganz zu schweigen von ihren Qualitäten als Geliebte. Keiner konnte die Lücke füllen, die sie hinterlassen hatte. Vorbei die spontanen gemeinsamen Mittagessen, kein strahlendes Lächeln erhellte mehr seinen Tag, es gab keine erotischen Briefe und keine vor Erotik knisternde Spannung. Es kam sogar ab und zu vor, dass Cole nach vorne an den Empfang ging, um einen Fall zu diskutieren, und dann erst feststellte, dass Melodie ja nicht mehr da war. Sie war nicht
länger Teil seines Lebens, und zwar in jeder Hin sicht. Er fand keinen Vorwand, Kontakt zu ihr aufzu nehmen, zumal sie ihm erst vor wenigen Tagen ei ne nüchtern vorgetragene Nachricht auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen hatte, in der sie Cole mitteilte, dass sie nicht schwanger sei. Anstatt Er leichterung darüber zu empfinden, hatte die Neuig keit die kalte Leere in seinem Innern nur noch ver größert. Geistesabwesend rieb Cole sich seine Brust ge nau an der Stelle, wo sein Herz war. Geduldig war tete er, bis Natalie an den nächsten Tisch weiter ging, und registrierte, wie Noahs Blick ihr mit einem versonnenen Ausdruck folgte. »Vor der musst du dich hüten«, meinte Cole in einem Anflug brüderlicher Fürsorge. »Sie macht nicht den Eindruck, als sei sie die Richtige für eine belanglose Affäre.« »Mach dir in dieser Hinsicht um mich bloß keine Sorgen.« Grinsend prostete Noah seinem Bruder mit dem Bierglas zu. »Ich weiß, wie man mit Frauen umgeht, ganz im Gegensatz zu dir. Du musst noch eine Menge lernen.« Dem hatte Cole nichts entgegenzusetzen. Er knackte eine Erdnuss und verspeiste sie genüss lich. Dann stellte er endlich die Fragen, die ihm schon die ganze Zeit auf der Seele brannten. »Denkst du auch manchmal an Mom und Dad? Ich meine, hast du auch das Gefühl, dass ihre schmut zige Scheidung dich vorsichtiger gemacht hat, was die Beziehung zu Frauen betrifft?«
Noah zuckte die Achseln. »Da du der Älteste bist, hat dich die Scheidung sicher am härtesten getrof fen. Und dann noch Vaters Tod… Du warst so da mit beschäftigt, dich um Jo und mich zu kümmern, dass du dir nie richtig Zeit für dich selbst genommen hast.« Genau dasselbe hatte Melodie behauptet… »Ihr seid beide längst erwachsen und habt euer eigenes Leben. Da bleibt mir genug Zeit für mich.« »Und wie nutzt du diese Zeit?« Noah beantworte te sich die Frage selbst, bevor Cole es tun konnte. »Du vergräbst dich in deiner Arbeit und gönnst dir ab und zu mal einen Drink mit einem Kumpel. Wünschst du dir nicht mehr als das?« Genau dasselbe hatte Melodie ihn auch kürzlich gefragt. Damals hätte er geantwortet, nein, er sei glücklich als Junggeselle und mit der Art und Weise, wie er sein Leben gestaltete. Doch die Zeit mit Me lodie hatte ihn dazu gebracht, seine Meinung zu ändern und sein Leben mit anderen Augen zu be trachten. Er hatte begonnen, sich zu fragen, was er auf Grund seiner Engstirnigkeit bereits alles ver säumt hatte. Noah trank einen großen Schluck von seinem Bier und bedachte seinen Bruder mit einem ernsten Blick. »Wann wirst du dir endlich eingestehen, dass Melodie die Richtige für dich ist?« Cole hob die Brauen. »Wie bitte?« »Ich sehe es und Jo auch«, fuhr Noah scho nungslos fort. »Hast du Melodie gesagt, dass du sie liebst, bevor sie gekündigt hat?« »Wie kommst du darauf, dass ich sie liebe?«
»Weil sie es fertig gebracht hat, dein Innerstes nach außen zu kehren, und das ist bis jetzt nie zu vor jemandem gelungen. Du bist so in sie verknallt, dass du keinen klaren Gedanken mehr fassen kannst.« Er hob die Hand, um Coles Protest im Keim zu ersticken. »Versuch gar nicht erst, es ab zustreiten. Die einzige Person, die du damit belügst, bist du selbst.« Und dieser Selbstbetrug hatte ihn, Cole, bis jetzt auch nicht weitergebracht. Das Bierglas in der Hand, stand Noah auf. »Denk mal in aller Ruhe über den Schlamassel nach, den du da angerichtet hast. Und dann bring die Sache in Ordnung, bevor Jo und ich dir an die Gurgel ge hen.« Damit schlenderte er zur Bar und schwang sich neben Natalie auf einen Hocker. Cole nippte an seinem Bier, während er sich die Worte seines Bruders durch den Kopf gehen ließ. Aber egal, in welche Richtung er auch dachte, am Ende kam er immer zur selben Schlussfolgerung. Er liebte Melodie, sie bedeutete ihm mehr als sein Leben. Er hatte die Wahl, sie gehen zu lassen oder sie zurückzuerobern – für sich selbst und die Agentur. Die Entscheidung lag bei ihm. Jetzt, da ihm das endlich klar war, überlief ihn ein Schauer der Erre gung. Er hatte es sich nicht aussuchen können, ob er seine Geschwister großziehen wollte oder nicht. Aber jetzt hatte er die Wahl. Es lag in seiner Macht, sich für ein Leben mit Melodie zu entscheiden. Cole wusste, was er zu tun hatte. Keine Ausre den mehr. Und was Richard betraf, so würde der
alte Mann eben akzeptieren müssen, dass Cole seine Tochter liebte. Er wollte alles daransetzen, Melodie zurückzu gewinnen – mit allen Konsequenzen. Melodie lag gemütlich zusammengekringelt im Bett, vertieft in einen Liebesroman, als ein lautes Klopfen an der Eingangstür sie hochschrecken ließ. Ein Blick auf den Wecker sagte ihr, dass es bereits kurz vor elf Uhr nachts war. Normalerweise bekam sie um diese Zeit keinen Besuch mehr, schon gar nicht unangemeldet. Zuerst dachte sie an ihren Vater, aber der würde sie niemals einfach so überfallen, ohne vorher anzurufen. In einer Mischung aus Unbehagen und Neugier legte Melodie das Buch auf den Nachttisch, schlüpf te in ihren alten Chenille-Bademantel und ging zur Tür. Sie spähte sorgsam durch den Türspion, konn te aber niemanden entdecken. Dann fiel ihr Blick auf einen cremefarbenen Briefumschlag, den je mand unter dem Türschlitz hindurchgeschoben ha ben musste. Sie bückte sich, um den Brief aufzuhe ben. Als sie den Bogen aus dem Umschlag zog, erkannte sie sofort Coles Handschrift. Ihr Herz machte einen freudigen Satz, und ein wohliger Schauer überrieselte ihren Rücken. Gespannt las sie die Zeilen, die er ihr geschrie ben hatte: Bis ich mich in Dich verliebt hatte, wusste ich nicht, wie leidenschaftlich und aufregend das Leben sein kann. Die Ekstase und das Vergnügen, die wir zusammen erlebt haben, lassen sich nicht leugnen.
Nichts wird mehr sein, wie es einmal war. Ich bitte Dich, gib mir noch eine Chance! Nirgends möchte ich lieber sein als bei Dir. Du bist immer in meinen Gedanken und in meinen Träumen, und ich verzeh re mich vor Sehnsucht nach Dir. Ich möchte Dich küssen, Dich in den Armen halten und Dich lieben. Bitte, gib mir noch eine Chance! Ich bin völlig verrückt nach Dir. Du bist die Einzi ge für mich, und ich schwöre bei meiner Ehre, Dir immer treu zu sein. Wenn Du bereit bist, mir noch einmal eine Chance zu geben, öffne die Tür und lass mich wieder in Dein Leben hinein. Ganz schwindelig vor Freude drückte Melodie den Brief an ihre Brust, während Coles Worte lang sam in ihr Bewusstsein drangen. Wie hatte sie sich danach gesehnt, diese Liebesversprechen von ihm zu hören! Und jetzt endlich war ihr kühnster Traum tatsächlich Wirklichkeit geworden. Über ihre Antwort auf seine Bitte, ihnen beiden noch einmal eine Chance zu geben, brauchte sie nicht einmal eine Sekunde lang nachzudenken. Sie flog förmlich zur Tür, riss sie weit auf, ein deutliches Signal für Cole, dass er willkommen war. Melodie war selbst erstaunt darüber, wie unglaub lich leicht es ihr fiel, Cole wieder in ihr Leben aufzu nehmen. Sie liebte ihn nicht nur, sie glaubte an ihn und sein Versprechen. In diesem Fall war sein aus geprägter Ehrenkodex durchaus von Vorteil – Cole war ein Mann, dem man mit Leib und Seele ver trauen konnte. Jetzt stand er auf ihrer Türschwelle, das dunkle Haar zerzaust und ein verlegenes Lächeln um die
Lippen. »Meine dichterischen Talente sind leider nur beschränkt«, bekannte er, den Blick aus seinen blauen Augen fest auf Melodie gerichtet. Nur mühsam widerstand Melodie der Versu chung, ihm einfach die Arme um den Hals zu schlingen und ihn zu küssen, bis ihnen beiden die Sinne schwanden. »Dein Brief hat mir alles gesagt, was ich hören wollte«, erwiderte sie ernst. Ein So nett von Shakespeare höchstpersönlich hätte nicht mit Coles Brief konkurrieren können. »Nicht ganz«, sagte er mit rauer Stimme. Cole trat ein und schloss die Tür hinter sich. »Da gibt es noch etwas, was ich dir sagen möchte.« Melodie dirigierte ihn ins Wohnzimmer. »Muss ich mich dazu hinsetzen?« Lächelnd schüttelte er den Kopf. »Nein, ich den ke, das ist nicht nötig. Aber du musst schon Geduld mit mir haben. Meine Beziehungserfahrung ist äu ßerst begrenzt, und ich fürchte, mir werden noch ein paar Fehler unterlaufen.« »Keine Sorge, ich sorge schon dafür, dass du nicht vom rechten Weg abkommst.« Ein schelmi sches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen.« Mit raschen Schritten durchmaß er den Raum, bis er dicht vor ihr stand, und streichelte ihr zärtlich ü ber die Wange. »Zunächst mal, ich bin nicht ge kommen, weil ich mich aus irgendeinem Grund da zu verpflichtet fühle. Ich bin hier, weil ich es so möchte.« Sie erschauerte unter den Liebkosungen seiner Finger, mit denen er ihren Hals hinunter bis zum
Ausschnitt ihres Bademantels strich. »Daran zweifle ich auch nicht.« Er sah ihr ernst in die Augen. »Zweitens habe ich noch nicht deine Frage beantwortet, die du mir neu lich im Büro gestellt hast – ob ich die wahre Melodie attraktiv finde oder nur den Vamp, den du kreiert hast. Ich will dir sagen, dass ich beide Frauen anbe te. Von Anfang an war ich von deinem Intellekt und deiner liebenswürdigen Art eingenommen, und ich fing an, dich zu wollen. Dein neues sinnliches Ich empfand ich als aufregende Dreingabe. Aber ganz abgesehen von allem Äußeren warst du in meinen Augen schon immer ungeheuer sexy.« Melodie hatte ihm mit angehaltenem Atem zuge hört. Schmetterlinge tanzten in ihrem Bauch. Bevor sie noch etwas erwidern konnte, fuhr Cole fort: »Ich kann nichts Falsches, Aufgesetztes an dir finden. Du präsentierst dich so, wie du bist, und du schaffst es immer wieder, mir klarzumachen, dass auch ich ein fühlendes Wesen bin und nicht nur ein Mensch mit Pflichten. Du bist fähig zu geben, ohne eine Gegenleistung zu fordern. Das hat nie jemand für mich getan. Ich glaube, du bist mehr, als ich verdiene. Einerseits habe ich verdammte Angst vor den heftigen Gefühlen, die du in mir weckst, ande rerseits kann ich dich auch nicht gehen lassen.« »Ich nehme, was immer du bereit bist, mir zu ge ben, Cole«, erwiderte sie mit bebender Stimme. »Keine Zwänge, keine Verpflichtungen. Warten wir einfach in Ruhe ab, was daraus wird.« »Mir ist es ehrlich gesagt wirklich lieber, die Sa che langsam angehen zu lassen, aber eines weiß
ich auch jetzt schon: Ich liebe dich. Alle Zeit der Welt wird diese Tatsache nicht ändern.« Melodie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Ihr Puls raste, und die Knie wurden ihr weich. »Du liebst mich?« »Oh ja, das tue ich.« Sein Blick ruhte voller Zärt lichkeit auf ihr, und in den Tiefen seiner Augen konnte sie lesen, dass er die Wahrheit sagte. »Ich liebe dein Lachen und deinen süßen kleinen Mund.« Cole beugte sich vor, küsste ihren Hals und sog tief ihren lieblichen Duft ein. »Ich liebe es, wie du duftest, wie du schmeckst, und deine Hem mungslosigkeit erregt mich.« Er drückte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen und lächelte. »Um ehr lich zu sein, ich liebe einfach alles an dir.« Tränen traten ihr in die Augen, aber sie blinzelte sie weg. »Ich liebe dich auch.« »Ich bin ein verdammt glücklicher Mann.« Er um schloss ihr Gesicht mit beiden Händen und strich mit den Daumen zärtlich über ihre Wangen; »Gib mir noch einmal eine Chance, Mel.« »Ja.« Er war jedes Risiko wert. »Es war ernst gemeint, als ich sagte, dass ich nie genug von dir bekomme.« Ein mutwilliges Glitzern in den Augen, löste er den Gürtel ihres Bademantels. »Ich nehme dich beim Wort.« »Gleich hier an Ort und Stelle?« meinte sie er wartungsvoll. »Oh ja.« Er schob ihr den schweren Stoff von den Schultern und streifte die Spaghettiträger ihres Nachthemds herunter. Mit feurigen Augen sog er ihren Anblick förmlich in sich auf.
Dann streichelte er ihre vollen Brüste, ihren fla chen Bauch. Es war ein herrliches Gefühl für Melo die, endlich wieder seine Hände auf ihrem Körper zu spüren. Überwältigt vor Verlangen, half sie ihm mit bebenden Händen beim Ausziehen. Sie schafften es gerade noch bis zur Couch. Cole schob sich über Melodie und nahm sie mit einem einzigen heftigen Stoß, der sie beide vor lustvoller Wonne erschauern ließ. Die Arme um ihre Taille geschlungen, zog Cole Melodie ganz fest an sich. Sie klammerte sich an seinen erhitzten Körper, sog seinen männlichen Duft ein und genoss das Gefühl, ihn endlich wieder in sich zu spüren. Aufstöhnend schmiegte er das Gesicht in ihr Haar. »Ich habe dich so vermisst.« Es erfüllte Melodie mit einem unermesslichen Glücksgefühl zu wissen, dass sie die ganze Zeit in seinem Herzen und seinen Gedanken gewesen war. »Stimmt das wirklich?« fragte sie kokett. »So ungern ich es auch zugebe, ja. Sehr sogar.« Er hob den Kopf, um ihr in die Augen zu sehen, wo bei er noch etwas tiefer in sie eindrang. »Ich möchte meine Sekretärin wieder zurück«, meinte er mit ne ckischem Grinsen. Als er sah, wie sie den Mund zum Protest öffne te, musste er laut lachen. »Nein, im Ernst, ich habe dich vermisst«, beruhigte er sie. »Aber darüber hin aus brauche ich auch Melodie, die tüchtige Tippse, im Büro. Und hin und wieder einen Partner für einen meiner Fälle.« »Was springt dabei für mich heraus?« fragte sie frech.
Langsam und verführerisch begann er seine Hüf ten vor- und zurückzubewegen. Aufstöhnend schlang Melodie ihre Beine um seine kräftigen Schenkel. »Ein Superbonus.« In Erinnerung an den letzten Bonus, den er ihr zugedacht und der ihr gar nicht gefallen hatte, sah Melodie ihn misstrauisch an. »Ich möchte kein Geld für etwas, was ich gerne tue.« »Wir finden schon eine Lösung, hm? Deine Dienste gegen meine.« Er hob fragend die Brauen und zog sie noch enger an sich. »Was hältst du da von?« Melodie hatte ihn nie zuvor so ausgelassen und unbeschwert erlebt, und sie liebte diese neue Seite an ihm. »Abgemacht.« Bevor er sie mit seinem Lie besspiel vollends betörte, wollte sie noch etwas loswerden, was ihr auf der Seele lastete. »Cole… was ist mit meinem Vater?« Er verzog das Gesicht. »Ich glaube kaum, dass wir uns ausgerechnet jetzt über ihn unterhalten soll ten. Es sei denn, du willst die Stimmung zerstören.« Melodie schüttelte entschlossen den Kopf. »Oh nein, das will ich ganz und gar nicht! Aber früher oder später wirst du dich dem Problem stellen müs sen. Es wäre unfair, ihm unsere Beziehung zu ver schweigen. Und ich glaube, er sollte es von dir er fahren.« »Ich weiß.« Cole legte seine Stirn auf ihre. »Ich will mich ja auch gar nicht davor drücken. Aber im Augenblick kann ich nur an dich denken und daran, wie himmlisch es ist, wieder da zu sein, wo ich hin gehöre.«
Melodie seufzte zustimmend und gab sich end lich voll und ganz Coles fordernden, leidenschaftli chen Liebkosungen hin. Die Welt um sie herum ver sank in einem rosaroten Nebel, während Melodie sich von Cole nach allen Regeln der Kunst verfüh ren ließ… so, wie einst sie ihn verführt hatte.
EPILOG »Melodie, kommst du bitte in mein Büro?« sprach Cole in die Gegensprechanlage und wartete dann auf das prompte Erscheinen seiner tüchtigen Sekre tärin. In weniger als einer Minute war sie da, betrat mit wiegenden Hüften den Raum. Ihr kurzer Rock stachelte sofort Coles Fantasie an. Glücklicherwei se war es bereits nach sechs Uhr, und seine Ge schwister waren gegangen. So waren sie beide ganz allein im Büro. Genau, wie er es geplant hatte. Seit drei Monaten waren sie jetzt fest zusammen, und Cole konnte sich keine andere Frau in seinem Leben vorstellen. Melodie war in jeder Hinsicht ein fach perfekt. Sie waren einander intellektuell eben bürtig, sie harmonierten sexuell, wie es besser nicht sein könnte, und sie erweckte eine solch tiefe Zu neigung in ihm, wie er es noch nie erfahren hatte. Nie hielt sie mit ihren Gefühlen oder Gedanken zu rück, und das ermunterte auch ihn, sich allmählich immer mehr zu öffnen. Cole hätte es nie für möglich gehalten, ein so rei ches und zufriedenes Leben zu führen. Immer wie der erschien es ihm wie ein Wunder, dass allein Melodie der Grund dafür war. Und wie ein noch
größeres Wunder kam es ihm vor, dass sie ihn ge nauso wollte wie er sie. »Brauchst du etwas?« unterbrach sie seine Ge danken. Ihrem Ton war zu entnehmen, dass sie etwas Geschäftliches erwartete. Mit einem mutwilligen Lächeln streckte er die Hand nach ihr aus. »Ich brauche dich.« Sofort wurde ihr Blick dunkel vor Verlangen, und ein sinnliches Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie kam um den Schreibtisch herum, setzte sich zu Cole auf den Schoß und schlang ihm die Arme um den Hals. Sehnsüchtig hob sie ihm das Gesicht entge gen, und ihre Lippen trafen sich in einem leiden schaftlichen Kuss. Cole wusste nur zu gut, dass solch ein Bürogeplänkel rasch zu einer ekstatischen sexuellen Begegnung ausarten konnte. Deshalb löste er widerstrebend seine Lippen von Melodies, bevor er sie womöglich gleich hier auf dem Schreib tisch nahm. Sie stieß einen verträumten Seufzer aus und zupfte spielerisch an dem kurzen Haar in seinem Nacken. »Weißt du, die Zusatzleistungen hier wer den immer besser.« »Es freut mich, das zu hören. Apropos Zusatz leistungen, ich habe einen Bonus für dich, als Be lohnung für deine ausgezeichnete Arbeit.« Melodie versteifte sich. »Cole…« »Schsch…« Sanft legte er ihr einen Finger auf die Lippen und suchte ihren Blick. »Weise deinen Bonus nicht zurück, bevor du nicht weißt, was es ist.« Sie wartete gespannt, während er eine Schreib tischschublade aufzog und eine kleine quadratische
Samtschachtel herausnahm. Als er das Kästchen aufmachte und ein blitzender Einkarat-Solitärring zum Vorschein kam, schnappte Melodie hörbar nach Luft. »Heirate mich, Melodie«, bat Cole mit vor Bewe gung rauer Stimme. Sie presste sich eine Hand auf die Brust. In ihren Augen schimmerten Tränen. »Dich heiraten?« Das klang beinahe erschrocken, und Cole fragte sich, ob sie vielleicht doch mit ihren regelmäßigen Treffen zufrieden war und die Verpflichtungen, die eine Ehe mit sich brachte, scheute. »Ich hätte nie geglaubt, dass ich jemanden so sehr lieben könnte, wie ich dich liebe«, erklärte er. »Und ich will alles, was dazugehört – Eheversprechen, Hochzeit, ein gemeinsames Dach über dem Kopf, morgens in deinen Armen aufwachen.« »Und was ist mit einer eigenen Familie?« hakte sie vorsichtig nach. Cole verstand, was sie bewegte. Er wusste, dass sie sich eine Familie wünschte. Im Moment viel leicht noch nicht, aber irgendwann würde das The ma im Raum stehen. Er hatte die Zeit genutzt und gründlich darüber nachgedacht. Und er hatte eine Antwort auf ihre Frage. »Ja, sogar ein Familie.« Er holte tief Luft. »Mit dir.« Behutsam legte Cole ihr die Hand auf den Bauch, stellte sich vor, wie es wohl sein würde, wenn sie schwanger war, wenn sie ein Kind trug, das ihre Liebe hervorgebracht hatte. »Ein Baby mit dir zu haben wäre etwas ganz Besonderes.« Er lä chelte triumphierend. »Ich habe sogar bei deinem Vater um deine Hand angehalten. Er hat mir seinen
Segen gegeben und meinte, es wird höchste Zeit, dass ich eine ehrbare Frau aus dir mache.« Wegen Richard hatte Cole sich ganz unnötig den Kopf zerbrochen. Als er ihm vor drei Monaten eröff net hatte, dass er seine Tochter liebte, war Cole unsagbar nervös gewesen und hatte sich vor einer Riesen-Standpauke gefürchtet. Doch Richard hatte sich ehrlich gefreut. Es schien, als hätte sich ein geheimer Wunsch für ihn erfüllt. Melodie lachte und weinte abwechselnd vor Glück. »Oh, Cole! Das ist mehr, als ich mir je er träumt habe!« Cole nahm ihre linke Hand und streifte ihr den Ring auf den Finger. Er passte perfekt, so wie sie perfekt in sein Leben passte. »Heirate mich, Melo die, gib auch mir meine Ehre zurück«, flehte er the atralisch. Ihr atemlos hingehauchtes »Ja!« machte ihn zum glücklichsten Menschen auf Erden. - ENDE -