Zeisberger Umbruch neu
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Abenteurer Gottes
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Dave und Neta Jackson
David Zeisberger Die Herausforderung
Christliche Literatur-Verbreitung e.V. Postfach 11 01 35 · 33661 Bielefeld
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1. Auflage 1999 Originaltitel: The WarriorÕs Challenge © 1996 by Dave und Neta Jackson © der deutschen Ausgabe 1999 by CLV Christliche Literatur-Verbreitung Postfach 11 01 35 á 33661 Bielefeld †bersetzung: G. Erkens Umschlag: Dieter Otten, Gummersbach Satz: CLV Druck und Bindung: Ebner Ulm ISBN 3-89397-417-2
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Inhalt Vorwort
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Auf dem Weg ins Gelobte Land
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Korbreiter
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Heulsuse
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Ein nŠchtlicher Kampf
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Die Jagd
53
Sonntagsdiebe
65
Opeechee
79
Mutiges Herz
91
EnttŠuschtes Vertrauen
105
Der Himbeerstrauch
118
†ber den Fluss
131
Den anderen Fluss Ÿberqueren
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Ausklang
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Mehr Ÿber David Zeisberger
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Vorwort
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ieses Buch Ÿber David Zeisberger geht auf eine Ÿber hundert Jahre alte ErzŠhlung zurŸck: The Moravian Indian Boy. Der Verfasser der Geschichte ist unbekannt. Er wird nur als Autor von ÈThe Berry PickersÇ (die Beerensammler) gefŸhrt. Wir haben uns bemŸht, die Einzelheiten in diesem Buch wahrheitsgetreu zu berichten. NatŸrlich basiert die Geschichte auf einer wahren Begebenheit. Eine Gruppe blindwŸtiger Menschen Ÿberfiel tatsŠchlich die friedlichen Indianer, die zu ihrer Sicherheit nach Philadelphia gebracht worden waren. Und es gab wirklich einen lahmen Jungen, der auf der Reise vom Susquehanna-Fluss in Pennsylvania zum Muskingum-Fluss in Ohio krank wurde und starb. Und die Liste derer, die zehn Jahre spŠter am Ufer des Muskingum ermordet wurden, enthŠlt auch die Namen Josef (Schebosh oder Shabosh) und John (ohne Nachnamen). Zwei Dinge sind fest zu halten: Erstens, nach der ErzŠhlung The Moravian Indian Boy reiste David Zeisberger den ganzen Weg mit dem Stamm der christlichen Indianer. In seiner Biografie steht allerdings, dass er die Indianer auf halbem Wege traf und sie dann auf dem Rest des Weges zu ihrer neuen Heimat begleitete. 7
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Zweitens haben im oben genannten Moravian Indian Boy weder Josef noch sein Vater, von dem angenommen wird, dass auch er Indianer war, einen Nachnamen. Andere biografische Quellen besagen allerdings, dass der im Massaker von 1781 getštete John Schebosh oder Shabosh der Sohn eines Wei§en war, eines Bšhmischen Bruders europŠischer Herkunft, namens John Josef Schebosh ober Shabosh. Dieser Mann soll mit einer Indianerin verheiratet gewesen sein. Um die Aussage unseres Buches nicht zu verfŠlschen, sind wir der Originalgeschichte gefolgt.
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Auf dem Weg ins Gelobte Land
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osef Shabosh kippte den letzten Eimer Maisbrei in den ausgehšhlten Baumstamm und schŸttelte voller Abscheu den Kopf. ÈDumme, hŠssliche BiesterÇ, murmelte er. ÈZu nichts besserem zu gebrauchen als sich in einem stinkenden Schlammloch zu suhlen, um die Schnaken loszuwerden und mir noch mehr Arbeit zu machen.Ç Der Indianerjunge kletterte mit seinen leeren Eimern Ÿber den Grenzzaun des kleinen …rtchens Pigpen und lie§ sich neben seinem Freund David Heckstein zu Boden fallen, der den RŸcken an einen Baumstumpf gelehnt hatte. ÈWarum haben die Erwachsenen Ÿberhaupt beschlossen, KŸhe und Schweine zu halten?Ç, beschwerte sich Josef. ÈWir hŠtten mehr als genug Fleisch, wenn wir nur šfter auf die Jagd gingen.Ç David verdrehte gelangweilt die Augen. ÈFrŸher oder spŠter endet bei dir sowieso alles beim Jagen, richtig?Ç Er lŠchelte. ÈNimmÕs nicht so schwer, Josef. Du bist fast schon vierzehn Jahre alt. Dein Vater wird dich sicher bald zur Jagd mitnehmen Ð im nŠchsten FrŸhjahr mit Sicherheit.Ç Auf den ersten Blick hŠtte man die beiden Jungen fŸr
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BrŸder halten kšnnen. Beide trugen einfache handgewebte Kittel Ÿber weiten Hosen und Ledermokassins. Die Haare trugen sie glatt bis auf die Schultern, in der einfachen Art, wie alle christlichen Indianer es taten, die ihr Haar abrasiert hatten oder die Federn und Ketten trugen. Aber auf den zweiten Blick konnte man gut einige Unterschiede zwischen den beiden Jungen entdecken. Josef, der Šltere von beiden, war schon fast ein junger Mann, mit einem straffen und krŠftigen Kšrper. Er hatte dickes schwarzes Haar, die dunklen Augen der Seneca-Irokesen, und mit seiner getšnten Haut strahlte er Gesundheit und Energie aus. Der zwšlf Jahre alte David dagegen war klein und schmal, zu schmal fŸr sein Alter. Obwohl auch sein Haar auf die Schultern hing, wie bei allen anderen Indianerjungen, war es nicht schwarz, sondern braun. Seine Augen waren blaugrau Ð ein Erbe seines Vaters, eines Bšhmischen Bruders namens Berthold Heckstein, der hier als Missionar gelebt hatte, und der, als David noch ein Kind war, von feindlichen Indianern getštet wurde. Aber seine dunklen Wimpern und Augenbrauen und die warm leuchtende braune Haut verrieten, dass seine Mutter eine MoheganIndianerin war. Er besa§ ein rasches, offenherziges LŠcheln, aber nur allzu oft war ein Schmerz um seine Augen herum zu bemerken. Die Freunde lŸmmelten sich noch ein Weilchen auf dem Gras herum und freuten sich an der 10
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warmen Septembersonne, die Ÿber dem Tal des Susquehanna-Flusses stand. ÈDas Laub wird buntÇ, murmelte David, als der Wind an den AhornbŠumen und Birken rŸttelte. Josef sprang auf. ÈUnd die Sonne verschwindet bereits hinter den BŠumen! Ich bringe dich besser pŸnktlich zum Abendessen zurŸck, sonst findet deine Mutter womšglich noch mein Versteck.Ç Er beugte sich herunter, schwang David auf seinen RŸcken und hielt ihn mit einem Arm fest, wŠhrend er mit dem anderen nach den Eimern griff. Er bemŸhte sich, David nicht zu sehr durchzuschŸtteln, wŠhrend er zu den ordentlich aneinander gereihten BlockhŠusern eilte, aus denen das Indianerdorf ÈFriedenshŸttenÇ bestand, das am Ufer des Suquahanna-Flusses lag. Das ungewšhnliche Paar bog gerade um die Ecke des ersten Blockhauses, als Josef plštzlich stehenblieb. ÈSchau malÇ, sagte er ein wenig unter seiner Last keuchend. David, der seinen Arm um Josefs Nacken gelegt hatte, linste vorsichtig Ÿber dessen Schulter. Eine gro§e Menschenmenge hatte sich auf der festgetretenen Lehmstra§e in der NŠhe des Missionshauses um zwei wei§e MŠnner versammelt. Die Dorfbewohner waren, neben einigen Mohikanern, Ÿberwiegend Irokesen Ð ein Zusammenschluss sechs einzelner StŠmme, den Senecas, Onondagas, Cayugas, Mohaks, Oneidas und Tuscaroras. Josef war nicht Ÿberrascht, 11
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in dem einen der MŠnner John Heckewelder zu erkennen, einen jungen bšhmischen Missionar, der wŠhrend des letzten Jahres bei ihnen gelebt hatte. Aber der andere Ð? ÈEs ist Vater Zeisberger!Ç, schrie David aufgeregt. ÈEr ist wieder zurŸck!Ç Josef lachte breit und machte sich schnell auf den Weg zum Missionshaus. David Zeisberger war der Pfarrer und geistliche FŸhrer unter den etwa zweihundert Indianer-Christen, die sich entlang des Susquehanna-Flusses niedergelassen hatten. Er war den grš§ten Teil des Jahres 1771 auf einer Missionsreise im Westen von Pennsylvania und Ohio unterwegs gewesen, um dort noch einige andere IndianerstŠmme mit dem Evangelium zu erreichen. WŠhrend seiner Abwesenheit war Bruder Heckewelder fŸr die Missionsstation verantwortlich gewesen. Aber jetzt war Vater Zeisberger zurŸck! Josef war froh darŸber; er mochte und respektierte den schmalen drahtigen Mann sehr. Er war nur ein klein wenig grš§er als Josef und hatte ein offenes, ernstes Gesicht. Er sprach auch sehr offen Ð brachte es immer genau auf den Punkt, war ehrlich und stand zu seinem Wort. Das, so dachte Josef ironisch, war fŸr einen der ÈEnglischenÇ mehr als ungewšhnlich. Aber trotz ihrer wei§en Haut waren Vater Zeisberger und Bruder Heckenwelder keine EnglŠnder. Sie waren aus Bšhmen nach Amerika ge12
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kommen. Das war ein weit entfernter Ort, quer Ÿber den Ozean, genau wie England, aber man sprach dort eine lustige Sprache, die Deutsch hie§. GlŸcklicherweise hatten beide MŠnner die Sprache der Irokesen gelernt, die von allen sechs StŠmmen gesprochen wurde. Als die beiden Jungen sich der aufgeregt schwatzenden Menge vor dem Missionshaus nŠherten, hšrten sie, wie David Zeisberger seine Stimme erhob und sagte: ÈBrŸder, lasst uns ins Haus gehen und dort in aller Ruhe Ÿber die Sache reden. Wir haben alle unsere Meinung, aber wir mŸssen erforschen, wie unser Handeln Gottes Willen entsprechen kann.Ç Josefs Vater John Shabosh bemerkte die beiden Jungen, lšste sich von der Gruppe und kam auf sie zu. ÈJosef, hast du deine Pflichten erfŸllt?Ç ÈJa, Vater, aber was Ð?Ç ÈDann bringÕ David zurŸck zu seiner Mutter. Vater Zeisberger ist zurŸckgekommen und hat ein Treffen der DorfŠltesten einberufen. Ich werde heute Abend spŠter kommen. Nun geh schon!Ç, befahl er streng. ÈDas hier ist nichts fŸr Jungen. Ihr werdet noch frŸh genug von allem erfahren.Ç Josef wandte sich um, der Anordnung seines Vaters zu folgen, als dieser ihm noch zurief: ÈUnd spŸle diese Eimer aus!Ç Josef trug David zurŸck zum Blockhaus der Hecksteins, das genau wie alle anderen aus 13
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StŠmmen und Baumrinde gebaut war. Beide waren still in ihrer EnttŠuschung. Man hatte sie einfach weggeschickt! Was ging Ÿberhaupt vor? War irgendetwas geschehen? Anna Heckstein war froh, die Beiden zu sehen. ÈDa seid ihr ja! Ihr wart solange fort, dass ich schon langsam anfing, mir Sorgen zu machen. Vater Zeisberger ist zurŸck, habt ihr ihn gesehen?Ç Sie war immer noch in Sorge. ÈGeht es dir gut David? Vielleicht sind die SchweinestŠlle doch ein wenig zu weit weg fŸr dich Ð.Ç ÈMir gehtÕs gut MutterÇ, beschwichtigte David sie, als Josef ihn langsam auf ein BŠrenfell am Boden gleiten lie§. Beschwšrend sah er seinen Freund an, der jetzt aufbrechen wollte. Josef beugte sich hinunter und flŸsterte ihm leise ins Ohr: ÈIch komme sofort, wenn ich etwas herausgefunden habeÇ, versprach er. Ȇbrigens brauche ich heute Abend etwas Hilfe bei meinen Hausaufgaben.Ç Brennend vor Neugier lie§ Josef die Eimer stehen und ging hinter einer Reihe von BlockhŠusern zurŸck zum Missionshaus. Die Fenster waren gešffnet, um die warme Abendsonne hineinzulassen. Gut so, dachte Josef, kroch unter eines der Fenster und suchte eine bequeme Stelle, um seinen RŸcken an die Wand aus Holzbohlen zu lehnen. Er konnte alles einwandfrei hšren. ÈWas soll das hei§en, die Irokesen haben unser Land an wei§e Siedler verkauft?Ç, fragte eine auf14
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geregte Stimme im Inneren des Hauses. Josef erkannte die Stimme von John Myers, einem jungen Onanganda-Irokesen, der sich den christlichen Indianern angeschlossen und sogar einen christlichen Namen angenommen hatte. ÈDie Iro-
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kesen haben dieses Land entlang des Susquehanna-Flusses vor sieben Jahren an uns vergebenÇ, fuhr John Myers fort. ÈIn gutem Glauben haben wir HŠuser gebaut und Felder angelegt!Ç ÈIch wei§, ich wei§Ç, hšrte man David Zeisbergers beschwichtigende Stimme. ÈGott hat uns wŠhrend der letzten sieben Jahre diese ZufluchtstŠtte des Friedens und Wohlergehens geschenkt Ð und wir alle hofften, das wŸrde noch viele Jahre so weitergehen.Ç ÈVater ZeisbergerÇ, hšrte man eine andere Stimme mit deutschem Akzent in der Irokesen-Sprache sprechen, Èkšnnten wir nicht eine Vereinbarung treffen? Vor fŸnf Jahren gab es schon einmal Streit um dieses Land, aber du gingst vor den Gro§en Rat der sechs StŠmme und der Streit wurde zu unseren Gunsten entschieden.Ç ÈDas stimmt, Bruder HeckewelderÇ, sagte Zeisberger. ÈAber wenn sogar der Verkauf des Landes dabei herauskŠme, Tatsache ist doch, dass die Wei§en immer nŠher kommen Ð mit ihrem Alkohol und ihren Zielen. Wenn wir hier bleiben, werden wir wieder einmal in ihre Streitereien und KŠmpfe verwickelt. Hast du schon den letzten Krieg vergessen, zwischen den Franzosen und den EnglŠndern? Wir, die wir es ablehnten Ÿberhaupt zu kŠmpfen, wurden von beiden Seiten verdŠchtigt, fŸr die Gegenseite zu spionieren. Sogar unsere indianischen BrŸder von den verschiedenen StŠmmen wandten sich gegen 16
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uns, weil wir nicht zu den Waffen greifen wollten. Es gab solch ein Durcheinander, dass wir die ganze Missionsarbeit einstellen mussten.Ç ÈEr hat Recht.Ç Josef erkannte sofort die Stimme seines Vaters. ÈIch mšchte die EnglŠnder nicht wieder um ÝSchutzÜ bitten mŸssen Ð wie in jenem schrecklichen Winter, als sie uns in die Armeekasernen in Philadelphia eingesperrt hatten.Ç Lautes Murmeln war aus dem Blockhaus zu hšren. Sogar Josef, der unter dem Fenster lauschte, konnte sich noch an den wŸtenden Mob der wei§en MŠnner erinnern, die damals alle Indianer umbringen wollten Ð egal, ob Freund oder Feind, Christ oder Heide, friedlich oder kriegerisch Ð es machte keinen Unterschied. Das war der Mob, der David, der damals gerade vier Jahre alt war, aus den Armen seiner Mutter gerissen hatte und É Josefs Gedankengang wurde durch Zeisbergers Stimme unterbrochen. ÈAuf meiner letzten Reise wurde ich von HŠuptling Netawatwes eingeladen, die Delawaren in Ohio zu besuchen. Er mšchte sehr gerne, dass wir eine Missionsstation bei den Delawaren errichten, und er hat uns Land am Ufer des Muskingum-Fluss versprochen. Ehe ich hierher zurŸckkam, habe ich mit den €ltesten unserer Kirche in Bethlehem Pennsylvania Ÿber diese Einladung gesprochen und auch Ÿber den Streit um das Land hier am Susquahanna.Ç Er legte eine Pause ein. Keiner sprach jetzt. Alle warteten. 17
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ÈDie Bšhmischen BrŸder raten unsÇ, fuhr der Pastor fort, Èunsere Mission westwŠrts zu verlagern, ans Ufer des Muskingum. Es ist eine gro§artige Gelegenheit, den Delawaren das Evangelium zu bringen. Und in Ohio werden wir wieder Hunderte von Meilen von den wei§en Siedlern entfernt sein und kšnnen in Frieden leben.Ç Wieder herrschte Schweigen im Blockhaus. Josef, der drau§en unter dem Fenster kauerte, war so schockiert, dass es ihm den Atem verschlug. FriedenshŸtten verlassen? Aber warum? Die Gruppe christlicher Indianer wurde von Ort zu Ort herumgeschubst, seit der blutige Krieg zwischen den Franzosen und EnglŠndern begonnen hatte sich an den Ufern des Susquahanna auszubreiten. Die bšhmischen Missionare hatten die christlichen Indianer ermutigt, das unstete Leben mit der Jagd zugunsten des ruhigen Lebens als Farmer aufzugeben. Das Land war fruchtbar, man erntete gro§e Mengen Getreide, nicht nur fŸr den eigenen Bedarf, sondern auch, um noch an arme IndianerstŠmme abzugeben, die hungerten, oder an JagdzŸge, die vorbeikamen. Neben den Schweinen hatte man im Dorf noch HŸhner, eine gro§e Herde von Fleisch- und MilchkŸhen, und jede Familie besa§ zusŠtzlich einen gro§en GemŸsegarten hinter dem Haus. HandelsgŸter waren auch handgefertigte Kanus und der Ahornsirup, den sie im SpŠtwinter in den nahegelegenen WŠldern ernteten. Das kunst18
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fertige Handwerk der christlichen Indianer war gut bekannt. Aber nicht nur das, die Stadt hatte auch eine Kirche, eine Schule und das Missionshaus. Was wŸrde aus all dem werden? ÈUnsere €ltesten sprechen weise.Ç Josef hšrte seinen Vater das Schweigen brechen. ÈWir werden die Wintermonate benštigen, um alles fertig zu machen. Es gibt viel zu tun. Aber im FrŸhjahr werden wir aufbrechen, so wie du es gesagt hast, Vater Zeisberger. Dies ist ein Ruf an uns, unsere Heimat hier fŸr eine bessere anderswo aufzugeben Ð wie die Kinder Israel, die durch die Wildnis ins Gelobte Land gewandert sind. Gott wird mit uns sein.Ç Bei diesen Worten Ÿberlief Josef ein Schauer. Er war ganz begeistert. Eine Reise in die Wildnis! Das wŸrde wie in den Geschichten sein, die er Ÿber die frŸheren Zeiten gehšrt hatte: ein Leben von der Hand in den Mund, jeden Tag zur Jagd, mit wilden Tieren kŠmpfen, um zu Ÿberleben É Er lŠchelte. Sicher wŸrden sie diese dummen Schweine zurŸcklassen mŸssen. Und dann, ganz plštzlich, war das LŠcheln wie weggeblasen. Ein schrecklicher Gedanke schoss durch seinen Kopf. David konnte nicht laufen. WŸrden sie ihn auch zurŸcklassen mŸssen?
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avid Heckstein band seine restlichen KleidungsstŸcke mit einem StŸck Bindfaden zu einem BŸndel zusammen. Danach schleppte er sich Ÿber den Fu§boden der HŸtte und warf sein BŸndel auf den Haufen, der dort aus Kleidung und Kochtšpfen aufgetŸrmt war. Aber diese Anstrengung brachte ihn zum Stšhnen, denn seine HŸften schmerzten. Er warf einen kurzen Blick auf seine Mutter, die in der offenen TŸr sa§, aber sie hatte nichts mitbekommen. Anna Heckstein, die ihr krŠftiges schwarzes Haar zu einem dicken Zopf geflochten Ÿber den RŸcken herabhŠngend trug, webte an einem riesigen seltsam aussehenden Korb. ÈGuten Morgen, Schwester HecksteinÇ, klang Josefs Stimme von drau§en. ÈDarf ich mit David zum Flussufer hinunter, um den MŠnnern mit den Kanus beim Aufbruch zuzusehen?Ç Davids Gesicht hellte sich auf, als er Josefs Einladung hšrte, aber dann zšgerte er. Vielleicht sollte er seine Mutter doch nicht allein lassen. Er konnte sie doch nicht allein die ganzen Ÿbrigen Sachen einpacken lassen, dachte der Junge.
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Anna sah ihm an, was er dachte. ÈNa los mit euchÇ, sagte sie. ÈIch muss mit diesem Korb fertig werden und dabei kannst du mir nicht helfen. Aber das du mit David vorsichtig bist, Josef Shabosh!Ç Als Josef den Jungen auf seinen RŸcken hob und den Weg zum Fluss einschlug, flŸsterte ihm der Junge ins Ohr: ÈNicht laufen, Josef.Ç Josef nickte. Er hatte verstanden. Die Schmerzen waren heute stark. Monate waren seit dem Entschlu§ vergangen, FriedenshŸtten zu verlassen. Man wollte zum Muskingum-Fluss Ÿbersiedeln. Im Herbst hatten sie die FrŸchte geerntet und eingelagert. WŠhrend des langen Winters hatten sie aus dicken BaumstŠmmen neue Kanus gebaut und neue Mokassins angefertigt. Als der FrŸhling kam, war David Zeisberger zusammen mit fŸnf anderen Familien voraus gezogen, um am Muskingum-Fluss einen guten Platz fŸr ihr neues Dorf zu finden. Vater Zeisberger war zurŸckgekommen und jetzt war der Zeitpunkt der Abreise da. An diesem klaren, strahlenden Junimorgen im Jahr 1772, wimmelte das Ufer des Susquahanna nur so von MŠnnern, die schweres FarmergerŠt und VorrŠte in die Kanus luden. Die christlichen Indianer, die weiter westlich nach Ohio umsiedeln wollten, waren in zwei Gruppen aufgeteilt. Die kleinere Gruppe, bestehend aus etwa fŸnfzig MŠnnern, die in den Kanus die schweren Lasten 21
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befšrderten, brach sofort auf; die grš§ere Gruppe, die auf dem Landweg unterwegs sein wŸrde, sollte morgen aufbrechen. Josef lie§ David sachte von seinem RŸcken ins Gras gleiten. Angesichts der emsig arbeitenden MŠnner verschlug es den Jungen die Sprache. Sie waren begeistert und David verga§ fast seine Schmerzen. Die Schule war schon seit Wochen geschlossen. Alle waren viel zu aufgeregt und beschŠftigt, um sich auf den Schulunterricht zu konzentrieren. David war froh, dass auch seine Mutter und er aufbrachen. Den Gedanken dort zurŸckgelassen zu werden, hŠtte er nicht ertragen. Aber einige Sorgen wollten seine Vorfreude trŸben. Wie sollte seine Mutter ihn den ganzen Weg bis Ohio tragen? Sie war nicht alt, war auch harte Arbeit gewohnt und hatte einen gesunden RŸcken. Aber ihn bis zur Kirche oder beim UnkrautjŠten zu tragen, war doch etwas anderes, als einen Marsch von mehreren hundert Kilometern durch WŠlder, FlŸsse und Ÿber Berge hinter sich zu bringen. Und obwohl David es hasste, es zuzugeben, schien es so, als ob seine Schmerzen von Tag zu Tag stŠrker wurden. Er wurde immer schneller mŸde. WŸrde er die dauernde Bewegung wŠhrend der Reise durchhalten kšnnen? Das Verladen war nun beendet. Die Menschen standen dicht beieinander und merkten schlagartig, dass es nun ans Abschied nehmen ging. Ein Lied wurde gesungen, Pastor Zeisberger 22
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sprach noch ein Gebet und dann machten sich die MŠnner auf den Weg; jeweils zu zweit gingen sie zu einem Kanu, nahmen die Paddel auf und stie§en vom Ufer ab. Was fŸr ein Anblick! Die fŸnfundzwanzig schwer beladenen Kanus 23
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glitten leicht durch das Wasser, wie ein Schwarm buckliger Fische. ÈIch bin gespannt, wann wir sie wiedersehen werdenÇ, sagte Josef ernst, als die Boote hinter der Biegung verschwunden waren. ÈSchsch!Ç, zischte David sorgenvoll, der gerade dasselbe gedacht hatte. WŠhrend die Kinder langsam den Weg durch den Wald zum Dorf zurŸckgingen, sah David zwei MŠnner, die sich mit seiner Mutter vor ihrer HŸtte unterhielten. Sogar aus einiger Entfernung konnte er erkennen, dass die beiden nicht aus FriedenshŸtten stammten, denn ihre Kšpfe waren bis auf eine einzige StrŠhne auf dem Oberkopf geschoren. Diese StrŠhne war mit Federn, silbernen SchmuckstŸcken und Perlen verziert. Sie trugen bestickte BŠnder um ihre blo§en Arme und Fu§gelenke. Als die Jungen nŠher kamen, drehten sich die MŠnner um und betrachteten sie eingehend. ÈIst das der Junge?Ç, fragte einer der beiden. Anna Hecksteins Gesicht erhellte sich. ÈJaÇ, lŠchelte sie. ÈDas ist mein David und sein Freund Josef.Ç Sie hob David vorsichtig von Josefs RŸcken und lehnte ihn gegen den TŸrrahmen. ÈDavid, das ist mein Bruder ÝSilbernes MesserÜ und unser Cousin Opeechee. Du kannst dich bestimmt nicht an die beiden erinnern, denn du warst noch sehr klein, als du sie das letzte Mal gesehen hast.Ç David bekam gro§e Augen. Was machten sein Onkel und Mutters Cousin hier? 24
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Mit ernstem Blick sagte ÝSilbernes MesserÜ: ÈWir bitten dich noch einmal, Schwester, auf diese Reise zu verzichten. Es ist schlimm genug, dass du unseren Stamm verlassen hast, um hier in diesem É diesem Dorf zu leben, das zu keinem Stamm und zu keiner Familie gehšrt Ð.Ç ÈWir gehšren alle zur Vereinigung der IrokesenÇ, erinnerte Anna. ÈNicht die Mohegan!Ç, zischte ihr Bruder. Opeechee trat vor. ÈKomm zurŸck nach Hause, Cousine. Auch wenn der Junge der Sohn eines Wei§en ist, werden wir ihn als deinen Sohn in unseren Stamm aufnehmen und ihn die BrŠuche der Mohegan lehren.Ç ÈAu§erdemÇ, warf ÝSilbernes MesserÜ barsch ein, Èist der Junge ein KrŸppel und kann eine solche Reise gar nicht unternehmen.Ç Anna konnte nicht sofort antworten. David schlug das Herz bis zum Hals. Auch auf Josefs Gesicht war die Besorgnis deutlich zu erkennen. WŸrde seine Mutter es tatsŠchlich in ErwŠgung ziehen, die christlichen Indianer zu verlassen? ÈNeinÇ, sagte sie fest entschlossen. ÈIch freue mich Ÿber euer BemŸhen um mich, aber É ich kann nicht mit euch gehen. Ich muss meinen Sohn im Glauben seines Vaters erziehen Ð auch meines Glaubens. Der gro§e Gott und Vater hat meine SŸnden vergeben und hat mir neues Leben geschenkt Ð hier drinnen.Ç Sie klopfte an 25
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ihre Brust. ÈDies hier ist jetzt mein Volk. Wo sie hingehen, muss ich auch hingehen.Ç ÈDeinen Sohn erziehen?Ç ÝSilbernes MesserÜ lachte verŠchtlich und betrachtete Davids regungslosen Kšrper am TŸrrahmen. ÈSiehst du nicht, dass er krank ist? Er wird innerhalb des nŠchsten Jahres tot sein.Ç ÈDas stimmt nicht!Ç, rief Anna mit blitzenden Augen. ÈEr wird von Tag zu Tag krŠftiger. Die Reise wird hart sein, aber wenn wir am Muskingum ankommen ÐÇ Opeechee hob die Hand und schnitt ihr das Wort ab: ÈIn Ordnung. Du hast dich entschiedenÇ, sagte er. Dann zeigte er plštzlich mit seinem Daumen in Josefs Richtung. ÈAber ihr nehmt auch solche Jungen mit, wie diesen tapferen hier. Willst du auch fŸr sie entscheiden?Ç Ohne ein weiteres Wort gab Opeechee seinem Cousin ein Zeichen, und sie gingen die Hauptstra§e von FriedenshŸtten hinunter und verschwanden im Wald. Anna sah ihnen nach, dann vergrub sie das Gesicht in beiden HŠnden. Josef und David sahen sich wortlos an. Was hatte Opeechee gemeint? In diesem Augenblick kam Bruder Heckewelder zu ihnen gelaufen. ÈSchwester Heckstein, geht es dir gut? Ich sah die beiden MŠnner Ð oh Josef! Dein Vater sucht dich. Beeile dich lieber.Ç 26
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Josef verdrehte die Augen. Er sah zu David hinŸber und ging dann widerstrebend. Offensichtlich wollte er nichts verpassen. Mit sorgenvoller Miene wandte sich Bruder Heckewelder nun zu Anna, die sich inzwischen wieder beruhigt hatte. Sie berichtete kurz von ihrer Unterhaltung mit ihren Verwandten. ÈIch fŸrchte, sie wollen uns die jungen Leute abspenstig machenÇ, murmelte Bruder Heckewelder aufgeregt. ÈAber É dein Bruder hat in einem Punkt Recht, Schwester Heckstein. Wird die Reise nicht zu anstrengend fŸr dich und David? Der Junge ist schwach und du hast keinen Ehemann, der ihn tragen kann.Ç ÈAch!Ç, unterbrach ihn Anna, Èich werde ihn selbst tragen.Ç Sie hob den Korb hoch, den sie seit einigen Tagen aus Seegras geflochten hatte. Er war merkwŸrdig geformt, ganz flach auf einer Seite, mit zwei Lšchern knapp Ÿber dem Boden. Sie schwang den Korb auf ihren RŸcken und rŸckte den dicken, gewobenen Tragegurt Ÿber den Schultern zurecht. ÈNun, Bruder Heckewelder, wenn du David hineinheben kšnntest ÉÇ Wenige Augenblicke spŠter fand sich David in diesem Korb auf dem RŸcken seiner Mutter wieder, seine dŸnnen, nutzlosen Beine hingen durch die Lšcher an der Seite. Er war erstaunt, wie stabil sich die Konstruktion anfŸhlte Ð wie beim Reiten auf Josefs RŸcken, aber mit dem 27
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festen Halt durch den Korb. Vielleicht É aber konnte das tatsŠchlich funktionieren?
*** Der Himmel war hell, aber die Sonne war noch nicht aufgegangen, als die Bewohner von FriedenshŸtten zu der kleinen Holzkirche stršmten, die in der Mitte des Dorfes stand. Sie gingen nicht hinein, sondern blieben mit ihren Paketen und BŸndeln in dem gro§en Garten stehen, verschlafene Kinder an der Hand haltend. Nachdem die Menschen sich versammelt hatten, begann Bruder Heckewelder ein Lied zu singen. Die Stimmen zitterten ein wenig, aber die Worte gaben Trost. WŠhrend die letzten Tšne verklangen, šffnete Vater Zeisberger seine Bibel und las den Segen vor, den Mose den zwšlf StŠmmen Israel vor ihrem Weg ins Gelobte Land gegeben hatte: ÈÉ Eisen und Erz seien deine Riegel, und wie deine Tage so deine Kraft.Ç Er wandte sich mit freundlichem Blick an seine Gemeinde, die bereit fŸr die lange Reise vor ihm stand. ÈWir wissen nicht, was vor uns liegt oder wie lange diese Reise dauern wird. Aber Gott verspricht, dass Er uns Kraft schenken wird.Ç Die Menschen murmelten dankbar: ÈAmenÇ. Josef hšrte nur mit halbem Ohr zu, als Vater Zeisberger ein lŠngeres Gebet sprach. Irgendetwas Ÿber Gott, der mit ihnen ging, unbekannten Gefahren entgegen É wilde Wasser abzuhalten 28
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É die MŠuler wilder Tiere zu schlie§en É sie vor den Pfeilen feindlicher Indianer zu schŸtzen É sie vor Streit und Anfeindung zu bewahren. Josef hatte viel grš§eres Interesse an dem gro§artigen Korb, den Anna Heckstein geflochten hatte, um ihren lahmen Sohn darin zu tragen. David sah ein bisschen merkwŸrdig aus; er schŠmte sich. Naja, dachte Josef, es sah wirklich ein bisschen komisch aus Ð aber das wŸrde er David niemals sagen. Das Ertšnen des ÈAmensÇ und die MŠnner, die ihre StrohhŸte aufsetzten, zeigten Josef, dass das Gebet vorŸber war. Dann hšrte er Vater Zeisberger laut und deutlich sagen: ÈErhebt euch und geht; denn dies ist nicht eure Ruhestatt!Ç Josef grinste und schŸttelte den Kopf voller Bewunderung: Vater Zeisberger kannte sich hervorragend aus in der Heiligen Schrift. Er konnte zu jeder Gelegenheit das passende Wort zitieren. Josef rannte zu seinem Platz ziemlich am Anfang des Zuges, um den anderen Jungen in seinem Alter beim FŸhren der Ziegen, der MilchkŸhe und beim Treiben der Rinderherde vor ihnen her zu helfen. Immerhin nahmen sie die Schweine nicht mit, dachte er zufrieden. Als die DorfŠltesten beschlossen hatten, die Schweine zu verkaufen, war das nach Josefs Ansicht die beste Entscheidung. Nach den Tieren und den Jungen folgten die Ÿbrigen MŠnner, die Frauen und Kinder. Jede 29
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Familie hatte ein oder zwei Packpferde, die mit Lebensmitteln und VorrŠten fŸr die Reise beladen waren. Nur die ganz alten und gebrechlichen Menschen sa§en auf den Pferden. Als die Reisenden den Rand von FriedenshŸtten erreicht hatten, sah Josef, wie Anna Heckstein und einige andere Frauen einen letzten Blick auf ihr vertrautes Heim warfen. Viele Dinge mussten zurŸckgelassen werden: handgefertigte Tische und StŸhle, Betten, BŠrenfelle und WebstŸhle. Gelbe, rosa und violette Blumen, die vor den HŠusern blŸhten, gaben der fast ganz verlassenen Stadt immer noch den Anschein, bewohnt zu sein. Aber Josef wendete sich nach Westen und schaute Ÿber das Susquehanna-Tal zu den dichten WŠldern, die auf den Pennsylvania-Bergen wuchsen. Heute Abend wŸrden sie unter diesen BŠumen ihr Lager aufschlagen!
*** Die Morgensonne wŠrmte ihnen noch immer den RŸcken, als Josef sie sah Ð eine Gruppe von Irokesen-Kriegern, die plštzlich aus dem Wald trat und ihnen den Weg versperrte. Josef war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, sofort Vater Zeisberger zu alarmieren oder einigen KŸhen, die weggelaufen waren, nachzujagen. Die Entscheidung wurde ihm von seinem Vater abgenommen, der ihm zurief: ÈTreib die KŸhe wieder aus dem Wald heraus, Josef!Ç 30
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Als Josef und einige andere Jungen die KŸhe wieder zur Herde zurŸckgebracht hatten und sich wieder in den Zug einreihten, fragte Vater Zeisberger die Indianer gerade, warum sie ihnen den Weg versperrten. ÈIhr verlasst unser Tal. Vielleicht kommt ihr niemals wiederÇ, sagte einer der MŠnner beilŠufig Ÿber seine Schulter. ÈWir wollen uns nur von unseren Cousins, Cousinen und Freunden verabschieden.Ç Aber wŠhrend er sprach, lie§ er, genau wie die anderen MŠnner, seine Blicke Ÿber die Herde gut genŠhrter KŸhe und Ziegen wandern, die von den Jungen gefŸhrt wurde. Zeisbergers Stimme blieb freundlich, aber seine Augen waren wachsam. ÈGut, dann verabschiedet euch schnell, denn wir haben heute noch einen langen Weg vor uns.Ç Dann wandte sich der Pastor an Josefs Vater und sagte mit leiser Stimme: ÈPass du mit den anderen MŠnnern auf. Seht zu, dass sie schnell fertig sind. Vielleicht haben sie etwas Bšses im Sinn.Ç Trotz der Stšrung kam doch schnell die Aufforderung weiterzuziehen und ein Irokesen-Krieger nach dem anderen blieb vom Zug zurŸck und verschwand wieder zwischen den BŠumen. Aber den ganzen Tag lang dachte Josef, der die Herde fŸhrte, er wŸrde zwischen den BŠumen Schatten sehen, die sich mit ihnen vorwŠrts bewegten.
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Heulsuse
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avid war froh, als der Zug anhielt. Auch zum Mittagessen hatte man schon eine Pause eingelegt, aber die war nur kurz gewesen. Anna drŠngte ihn, von dem gerŠucherten Fisch und dem Maisbrot zu essen, das sie fŸr diesen Tag eingepackt hatte. David bemŸhte sich ihr zuliebe, das meiste davon zu essen. Sie hatten dadurch, dass sie den Weg durchs Tal verlassen hatten und durch die WŠlder gewandert waren, eine ziemlich weite Strecke geschafft. Jetzt, am spŠten Nachmittag, war wieder Gelegenheit fŸr eine kurze Verschnaufpause, wŠhrend einige der MŠnner einen guten Lagerplatz fŸr die Nacht suchten. Anna sa§ auf einem moosbewachsenen Baumstamm und summte leise vor sich hin. David sa§ an sie angelehnt und wŸnschte sich im Stillen, sie kšnnten jetzt und hier das Lager aufschlagen. Er beobachtete einige kleinere Kinder, die Ÿberhaupt nicht mŸde zu sein schienen. Sie rannten herum, spielten Verstecken zwischen den BŸschen und lachten glŸcklich Ÿber ihre Freiheit zum Spielen.
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ÈSchwester Anna! David!Ç Vater Zeisbergers warme Stimme durchbrach das Schweigen. ÈMeine lieben Freunde, ich habe euch kaum gesehen, seit ich vom Muskingum zurŸck bin.Ç Er setzte sich neben sie auf den Baumstamm. ÈSo habt auch ihr euch entschlossen, zu dem neuen Land zu wandern. Und David, wie gehtÕs dir, Junge? Sicher fŸhlst du dich jetzt schon krŠftiger als vor einigen Monaten, als ich zu meiner Reise aufbrach.Ç ÈOh ja, es geht ihm viel besser!Ç, warf Anna eifrig ein. ÈSiehst du seine gesunde Gesichtsfarbe und wie seine Augen glŠnzen? Er war doch sonst immer so blass. Aber die frische Waldluft ist besser als KrŠuter und Medizin.Ç David merkte, dass Vater Zeisberger ihn genau betrachtete. Der Junge wandte den Kopf ab. Vater Zeisberger schien immer ganz genau zu wissen, wie es ihm ging Ð besser sogar als seine Mutter. David wusste, dass sie nur das sah, was sie sehen wollte. Als Vater Zeisberger wieder sprach, klang seine Stimme leiser und auch ernster als vorher. ÈLiebe Anna, du hast ein sehr mutiges Herz. Aber die Reise ist lang. Bist du stark genug, um bis zum Ende durchzuhalten?Ç Anna hob das Kinn. ÈHast du nicht heute morgen aus der Schrift vorgelesen, Vater Zeisberger? ÝWie deine Tage, so deine KraftÜ?Ç 33
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Zeisberger nickte. ÈRichtig. Aber David ist eine schwere Last, wenn eine Mutter ihn so weit tragen soll.Ç Annas Augen blitzten. ÈSchwer? Nein. Davids zerbrechlicher Kšrper ist meine leichteste BŸrde. Die Schmerzen, die er hat und dass er darunter leidet, nicht mit den anderen herumtollen und rennen zu kšnnen, liegt mir viel schwerer auf dem Herzen. Hebe ihn doch einmal hoch, dann siehst du, wie leicht er ist!Ç Vater Zeisberger hob den Jungen hoch und ging eine kurze Strecke mit ihm. Als er die starken Arme um sich spŸrte, legte David dankbar den Kopf an die Schulter des Pastors. ÈDein Vater Berthold war einer meiner besten Freunde, DavidÇ, sagte Zeisberger gedankenverloren. ÈIch wŸnschte er wŠre hier, kšnnte sehen, was fŸr einen prŠchtigen Jungen er hat und sich auf dieser langen Reise um dich und deine Mutter kŸmmern.Ç ÈIch hatte gedacht, dass ich meinen Vater schon viel frŸher wiedersehen wŸrdeÇ, sagte David ehrlich und sprach damit den Gedanken aus, den er vor seiner Mutter verbarg. ÈAber Gott hat mich bis jetzt noch nicht gerufen. Ich denke, ich muss ihr wohl noch eine Weile lŠnger zur Last fallen.Ç ÈDavid, bitte sagÕ so etwas nicht!Ç Die Stimme seiner Mutter traf David všllig unerwartet. Sie musste ihnen gefolgt sein. ÈDu bist meine Freude 34
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und mein einziger Trost Ð alles was ich auf dieser Welt habe. Was sollte ich ohne dich anfangen?Ç In diesem Augenblick hšrten sie den Ruf an alle, sich zum Weiterziehen fertig zu machen. Vater Zeisberger half mit, David wieder in seinen Korb zu setzen. Ehe er ging, sagte er noch leise: ÈGott segne und bewahre dich, mein Junge. Er mšge dich in Frieden zum Ende deiner Reise bringen.Ç Als sie wieder auf dem Waldweg waren, erinnerte David sich an den Ausdruck gŸtigen MitgefŸhls in Zeisbergers Augen. Es war ein Wunschtraum zu denken, dass er mit seiner Mutter diese lange Reise durchstehen wŸrde; der Pastor wusste das auch. Plštzlich Šrgerte sich David Ÿber sich selbst. Er war selbstsŸchtig gewesen, dass er mit den anderen hatte mitgehen wollen. ÈMutter!Ç, rief er laut. ÈDu hast gehšrt, was der Pastor gesagt hat, du kannst mich niemals den ganzen Weg bis Ohio tragen. Lass uns umkehren, Mutter. Wir kšnnen in unserem alten Haus in FriedenshŸtten bleiben, bis Gott mich zu meinem Vater ruft. Es wird nicht mehr lange dauern, ich bin ganz sicher É Ich wei§, dass Gott dann einen Weg finden wird, dich wieder zu den anderen zu bringen, wenn ich nicht mehr da bin.Ç David hatte mit seiner Mutter nie Ÿber das Sterben gesprochen. Er wusste, dass seine Worte ihr weh taten. Aber er musste ihr klar machen, wie tšricht es war, weiterzugehen! 35
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ÈSchsch, David!Ç, sagte Anna bestimmt. ÈDu brichst mir das Herz mit solchen Reden. Meine Schultern spŸren das Gewicht Ÿberhaupt nicht. Ich wŸnschte, du wŠrest schwerer Ð dann wŠre die Last auf meinem Herzen leichter.Ç ÈAber Mutter ÐÇ. ÈIch mšchte nichts mehr hšren, David. Wir werden diese Reise zusammen bewŠltigen und wenn wir in unserem neuen schšnen Zuhause sind, wirst du wieder gesund und stark werden Ð du wirst sehen.Ç David seufzte und sagte nichts mehr. Aber Hoffnungslosigkeit nagte an seinem Herzen. Er wŸrde nie wieder gesund und stark werden! Jeden Tag kŠmpfte er gegen die Schmerzen. Jeden Tag fŸhlte er sich schwŠcher und mŸder. Konnte sie das nicht sehen?
*** Die Sonne verschwand gerade hinter den BŠumen, als der Ruf erklang, neben einem gurgelnden Bach das Lager aufzuschlagen. Josef und die anderen Jungen trieben die Herde auf dem besten Weideplatz zusammen, den sie finden konnten und fertigten dann aus dicken Seilen eine Art Weidezaun. Sie banden die Stricke von Baum zu Baum bis die Rinder sich in einem abgetrennten Kreis befanden. Die Ziegen mussten allerdings einzeln an den BŠumen festgebunden werden. Einige junge MŠnner kamen mit Fell36
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eimern und machten sich daran, die Ziegen und MilchkŸhe zu melken. Als Josef mit seiner Arbeit fertig war, hatten die jŸngeren Kinder genŸgend trockenes Holz gesammelt, um ein Lagerfeuer anzuzŸnden. MŸde, aber zufrieden, sah er zu, wie die Frauen das Abendessen aus Dšrrfleisch und Speck zubereiteten. Es gab noch braunes Brot, Milch fŸr die Kinder und Tee fŸr die Erwachsenen. WŠhrenddessen hatten die MŠnner die Packpferde von den Lasten befreit und schnitzten aus €sten Stangen, um einfache UnterstŠnde fŸr die Frauen und Kinder zu bauen. ÈNa Josef, das war ein guter TagÇ, sagte John Shabosh, als er endlich neben seinem Sohn sa§ und das Abendessen genoss. ÈIn Zeiten wie diesen fehlt mir deine Mutter am meistenÇ, sagte John nachdenklich zwischen zwei Bissen Dšrrfleisch. Josef sah seinen Vater Ÿberrascht an. John Shabosh sprach so gut wie nie Ÿber seine Frau, die an Grippe gestorben war, kurz nachdem sie sich in FriedenshŸtten niedergelassen hatten. Aber das Bild der anderen MŸtter und VŠter, die hier am Lagerfeuer mit ihren Kindern die Begeisterung fŸr diese Reise teilten, hatte in Josef ein dumpfes GefŸhl der Einsamkeit hervorgerufen. Vielleicht fŸhlte sein Vater etwas €hnliches. Vater und Sohn sa§en in gemeinsamem Schweigen am Feuer und a§en. ÈWei§t du, JosefÇ, be37
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gann John Shabosh und leckte den Rest Speckso§e von seinen Fingern, Èin ein paar Tagen werden wir auf die Jagd gehen mŸssen. Vater Zeisberger hat mir die Aufgabe Ÿbertragen, die MŠnner dafŸr zusammenzustellen É und ich denke, es wŠre fŸr dich an der Zeit, mitzugehen.Ç 38
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Josefs Kinnlade klappte herunter. ÈVater! Meinst du wirklich? Ja? Ich werde dich nicht enttŠuschen. Ich kann gut mit Pfeil und Bogen umgehen Ð ich habe geŸbt, wann immer ich Gelegenheit dazu hatte.Ç ÈNun, das werden wir sehenÇ, sagte John Shabosh. ÈJa, du darfst mitgehen, wenn du versprichst, bei der Gruppe zu bleiben und genau das zu tun, was ich dir sage.Ç Josef nickte wild und sprang auf. ÈDarf ich zu David gehen und es ihm erzŠhlen? Er mšchte immer hšren, was ich erlebe.Ç John schŸttelte den Kopf. ÈNicht jetzt É Vater Zeisberger ruft gerade alle zusammen. Vielleicht, wenn noch Zeit ist, nach dem Gottesdienst.Ç Josef war so aufgeregt, dass er am liebsten herumgetanzt wŠre und es jedem erzŠhlt hŠtte: ÈIch gehe auf die Jagd!Ç Aber er beherrschte sich und gesellte sich zu den mŸden MŠnnern, Frauen und Kindern, die sich um das gro§e Feuer versammelten. Es wurden noch einige Scheite nachgelegt und bald loderte das Feuer und knisternd stoben die Funken zum Himmel. Im Feuerschein zog Vater Zeisberger seine Bibel hervor und las die Geschichte der Kinder Israel, die durch die WŸste wanderten. Die Geschichte war bekannt, aber heute erschien sie den Menschen ganz neu. Jetzt war diese Geschichte ihre Geschichte Ð ein Volk drau§en in der Wildnis, 39
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das sich auf Gott verlassen musste, ohne zu wissen, was vor ihm lag, aber mit der Verhei§ung eines neuen Anfangs in einem neuen Land am Ende ihrer Reise. Vater Zeisberger hatte zu Ende gelesen und Bruder Heckewelder stimmte ein Loblied an, das zusammen mit den Funken zum Himmel aufzusteigen schien. Es war schšn, hier in Gottes Schšpfung zusammen zu sein und Ihm als Ausdruck des Vertrauens ein Loblied zu singen. Als das Lied beendet war, herrschte Schweigen. Niemand hier am Lagerfeuer wollte diese Stille brechen. Aber bald nahmen Eltern ihre schlŠfrigen Kinder auf den Arm und die Gruppe Indianer-Christen lšste sich auf und strebte zu Bett. Josef merkte plštzlich, dass er David den ganzen Tag Ÿber kaum gesehen hatte und machte sich auf die Suche nach ihm. Er fand Anna Heckstein, die gerade damit beschŠftigt war, Davids Bett mit Moos zu polstern, unter einem Dach, das die MŠnner ihnen gebaut hatten. Aber David war nicht da. ÈEr ist am FeuerÇ, stie§ Anna hervor. Sie klopfte gerade alles ab, um die Unebenheiten zu finden. ÈIch hole ihn in ein paar Minuten.Ç Josef fand David gegen einen Baum gelehnt, gleich neben dem Feuer. ÈDavid!Ç, rief er begeistert. ÈIst das nicht toll? Ich wŸnschte, wir kšnnten immer im Wald leben und jeden Abend ein Lagerfeuer anzŸnden. Rate mal, was passiert ist. 40
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In ein paar Tagen ist eine Jagd geplant und Vater hat gesagt, ich kšnnte mitgehen! Du hast Recht gehabt. Du hast doch gesagt, er wŸrde mich wahrscheinlich im FrŸhjahr mitgehen lassen.Ç Zu Josefs Erstaunen schlug David die HŠnde vor das Gesicht und fing an, hemmungslos zu weinen. Hatte er irgendetwas falsch gemacht? Nein, das konnte nicht sein. Es musste an den Schmerzen liegen, die David hatte. Josef wusste nicht so recht, was er tun sollte. Er hatte David noch nie zuvor weinen gesehen. Im †brigen, so dachte er mit einem Hauch von Verachtung, wŸrde kein Schmerz der Welt ihn in eine solche Heulsuse verwandeln. Aber als Davids schmale Schultern von Verzweiflung geschŸttelt wurden, rief er sich zur Ordnung. Er hatte noch nie solche Schmerzen ertragen mŸssen, wie sie David Tag fŸr Tag ertrug. Er durfte seinen Freund nicht verurteilen. ÈDas Tagespensum war zu viel fŸr dichÇ, sagte er freundlich und legte David den Arm um die Schultern. ÈTut deine HŸfte wieder weh?Ç €rgerlich schŸttelte David Josefs Arm ab. Er unterdrŸckte gewaltsam das Schluchzen und starrte ins Feuer, das langsam erlosch. Endlich hatte er sich so weit beruhigt, dass er wieder sprechen konnte. ÈE-es sind nicht die Schmerzen. Du wei§t, dass ich genau so wenig wie du w-wegen Schmerzen weinen wŸrde.Ç 41
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Josef fŸhlte sich schuldig. Hatte David seine Gedanken erraten? ÈAber sieh dich anÇ, fuhr David fort, Èdu bist ganz aufgeregt wegen der Jagd, an der du teilnehmen darfst. Und schau dir die anderen Kinder an. Sie lachen und rennen den ganzen Tag herum, hŸten die Tiere oder tragen etwas. Und ich? Ich muss von meiner Mutter auf dem RŸcken getragen werden, ein nutzloser Mensch Ð nein, schlimmer als nutzlos, weil ich nichts anderes bin als eine Last fŸr meine Mutter und alle anderen hier.Ç ÈAber David, nein Ð!Ç ÈSei still Josef! Ich sehe keinen Sinn in all dem! Warum hat Gott mich anders gemacht als die anderen Jungen? Kannst du mir das mal sagen? Ich wŸnschte, Er hŠtte mich Ÿberhaupt nicht gemacht! Ich wŸnschte, ich kšnnte sterben.Ç Josef war vollkommen sprachlos. Das war eine Seite an David, die er noch nie zu sehen bekommen hatte. Sein Freund war sonst immer so geduldig und ausgeglichen. Was hatte ihn so aus dem Gleichgewicht gebracht? Die Jungen hšrten plštzlich noch eine andere Stimme: ÈSoll das Werk zu seinem Schšpfer sagen, warum hast du mich so oder so gemacht?Ç Es war Vater Zeisberger, der eben in den Schein des Feuers trat. Er wandte sich an Josef. ÈWŸrdest du uns wohl allein lassen, Josef?Ç Es war 42
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mehr ein Befehl als eine Bitte. ÈDavid und ich mŸssen uns unterhalten.Ç Sehr erleichtert, war Josef nur gerne bereit zu gehorchen. ÈIch, ich, es tut mir leid, DavidÇ, sagte er noch lahm und verschwand dann eilig in der Dunkelheit des Waldes, wo sein Vater gerade das Bett fŸr sie beide richtete.
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Ein nächtlicher Kampf
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avid lie§ den Kopf hŠngen. ÈSie denken jetzt bestimmt schlecht von mir, Vater Zeisberger, aber ich meine es wirklich ernst!Ç, sagte er wŸtend. ÈEs ist nicht fair. Warum hat Gott mich nicht sterben lassen als ich in Philadelphia verletzt wurde?Ç Vater Zeisberger setzte sich neben David und lehnte den RŸcken an den Baumstamm. ÈHat Gott nicht das Recht mit uns zu tun, was Er will, David? Wenn Gott zulŠsst, dass wir leiden mŸssen, dann tut Er das aus einem bestimmten Grund, ich bin ganz sicher. Er lie§ seinen eigenen Sohn am Kreuz leiden Ð aber es gab einen wunderbaren Grund. Jesus musste etwas einmaliges vollbringen Ð etwas sehr wichtiges. Und ich wei§, dass unser himmlischer Vater dich liebt, David Ð genauer gesagt, musst du wohl einer Seiner wenigen AuserwŠhlten sein, weil Er dir gestattet, ein so schweres Kreuz zu tragen. Er muss eine gro§e Aufgabe fŸr dich haben Ð entweder hier auf der Erde oder im Himmel Ð auf die Er dich vorbereitet.Ç David schwieg still. Eine gro§e Aufgabe? Was waren das fŸr Reden? Er 44
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konnte Ÿberhaupt kaum etwas erledigen, geschweige denn eine gro§e Aufgabe fŸr Gott bewŠltigen. ÈAber, David, ich wundere mich É normalerweise bist du so geduldig und tapfer. Ich staune immer Ÿber die Gnade, die Gott dir schenkt. Was ist geschehen, das dich so sehr entmutigt hat?Ç David seufzte und zuckte die Achseln: ÈEs ist immer dieselbe alte Sache, Vater Zeisberger.Ç ÈAber fŸr dich ist es neu, so beunruhigt darŸber zu sein.Ç All die GefŸhle, die in David brodelten, kochten nun Ÿber. ÈIch wei§, aber É noch nie war das Ganze so schwer zu ertragen wie heute. Zuhause konnte ich neben meiner Mutter sitzen und mit den HŠnden irgendetwas arbeiten. Hier auf dem Weg muss sie mich tragen, Meile fŸr Meile, wie ein Packpferd sein GepŠck. Und ich kann ihr dabei kein bisschen helfen!Ç David fŸhlte die TrŠnen wieder aufsteigen, aber er kŠmpfte dagegen an. ÈNein DavidÇ, sagte Vater Zeisberger, Èhšr mir bitte zu. Deine Mutter liebt dich, nach Gott, am meisten. Manchmal mache ich mir Sorgen, dass sie dich mehr lieben kšnnte als Gott, denn sie will nicht zugeben, dass Gott dich von ihr wegnehmen kšnnte.Ç David nickte. Wenigstens sagte Vater Zeisberger die Wahrheit und er musste nicht versuchen, sich zu verstellen. 45
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ÈAber du musst Folgendes bedenkenÇ, fuhr Vater Zeisberger fort, Èwas dir wie eine Last fŸr sie erscheint, ist fŸr sie keine Last. Deine Mutter sorgt liebend gerne fŸr dich. Es bereitet ihr gro§e Freude. Obwohl es fŸr dich hart ist, ist es fŸr sie nicht hart Ð das glaube ich von ganzem Herzen und du musst es auch glauben.Ç ÈTrotzdemÇ, jammerte David in seiner Verzweiflung, Èich wŸnschte, ich kšnnte sterben. Sie wŠre besser dran Ð und ich auch.Ç ÈDas ist ein feiger Wunsch, DavidÇ, sagte Vater Zeisberger ernst. ÈWarum dein himmlischer Vater erlaubt, dass du leiden musst, kann ich nicht sagen. Aber Er tut nie etwas, dass nicht zu unserem Besten wŠre Ð oder zum Besten fŸr andere. Ich glaube, dass Er dich vorbereitet auf etwas ganz besonderes. Halte Ausschau danach, David. Halte die Augen auf! Und halte den Blick auf den Himmel gerichtet, wo Seine Belohnung auf dich wartet.Ç Die Worte machten David wŸtend. ÈHimmel? Ich wŸrde liebend gern dorthin gehen Ð aber ich werde hier zurŸckgelassen, obwohl ich schon bereit bin zu gehen. Jesus hat mich vergessenÇ, fŸgte er bitter hinzu. ÈDich vergessen!Ç, rief Vater Zeisberger. ÈJesus hat gesagt, dass er dich nie verlassen noch versŠumen wird. Aber É ich sehe, dass ich dir nicht helfen kann, David. Diese Schlacht musst du 46
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allein schlagen. Ah, ich hšre deine Mutter rufen. Komm, ich bringe dich zu ihr.Ç Vater Zeisberger hob den Jungen auf seine Arme und trug ihn dorthin, wo Anna das Bett fŸr ihn vorbereitet hatte. Der Pastor duckte sich unter den Unterstand und legte David auf das Laken, das Ÿber das Bett aus Moos und weichen Kiefernnadeln gelegt war. ÈDenk daran, David, wirf alle deine Sorgen auf den Herrn, denn Er sorgt fŸr dich.Ç Als der Pastor gegangen war, deckte Anna den Jungen mit einem anderen Laken zu und sagte: ÈWir haben kein Licht, um noch in der Bibel zu lesen. Warum sagst du nicht den Psalm vom guten Hirten fŸr mich auf.Ç David strŠubte sich innerlich. Er hŠtte lieber alles Andere aufgesagt. Aber er wollte seiner Mutter nicht weh tun und zwang sich, den dreiundzwanzigsten Psalm auswendig zu wiederholen. ÈDer Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln ÉÇ Nachdem er geendet hatte, legte Anna sich auf das Bett, das sie fŸr sich selbst neben seinem gemacht hatte. ÈGute Nacht, mein Sohn. Wenn du in der Nacht irgendetwas brauchst, ich bin direkt neben dir. Weck mich.Ç Wenige Minuten spŠter konnte David ihre gleichmŠ§igen AtemzŸge hšren. MŸde von dem langen Tagesmarsch, war Anna sofort eingeschlafen. Aber David konnte keinen Schlaf finden. Er versuchte, sich nicht zu sehr im Bett zu wŠlzen, aus 47
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Angst seine Mutter kšnnte wach werden. Aber seine Gedanken kreisten unaufhšrlich weiter. Was war Ÿberhaupt der Sinn des Lebens? Warum bewahrte ihn Gott wieder und wieder vor dem Tod, nur um ihn als hilflosen KrŸppel zurŸckzulassen? Je mehr Raum David seinen Gedanken gab, umso mehr fra§ die Bitterkeit an ihm. Seine Mutter und er waren bei Verwandten zu Besuch gewesen, an diesem schrecklichen Tag vor zwšlf Jahren, an dem sein Vater und all die anderen Leute in dem kleinen Dorf am Ufer des Mahoney-Flusses Ÿberfallen und getštet worden waren. Warum waren seine Mutter und er verschont geblieben? Und dann in Philadelphia vor acht Jahren É Das wŸtende Heulen der aufgebrachten Menschenmenge schien damals in Davids Ohren zu lŠuten. Er war ein kleiner Junge gewesen, nur vier oder fŸnf Jahre alt, und hatte sich voller Angst am RŸcken seiner Mutter festgeklammert, als die ungefŠhr hundert christlichen Indianer ihren Weg zum Haus des Gouverneurs suchten, weil dieser Mann ihnen Schutz wŠhrend des Krieges zwischen den EnglŠndern und Franzosen versprochen hatte. Irgendwie wurden David und seine Mutter von der Hauptgruppe getrennt. Brutale HŠnde hatten ihn aus den Armen seiner Mutter gerissen und schreiend wurde er, wie ein Kartoffelsack, zwischen zwei Raufbolden hin- und hergesto§en. 48
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ÈWertloses Indianerbalg!Ç Er erinnerte sich an die gršlende Stimme. Seine Mutter hatte um Hilfe geschrien. Dann plštzlich hšrte man eine laute Stimme: ÈAufhšren! Lasst das Kind los!Ç Vorsichtig hatten ihn ein paar HŠnde ergriffen und in Sicherheit gebracht. Aber damals begannen die Schmerzen É und David war seitdem nie wieder gelaufen. Jetzt wŸnschte sich David, dass der mitleidige Christ, der ihn und seine Mutter gerettet hatte und sie beide auch noch durch den langen Winter brachte, sich nur um seine eigenen Angelegenheiten gekŸmmert und ihn sterben lassen hŠtte. Wozu war denn das Leben gut, dass er als hilfloser KrŸppel fŸhrte? David verschrŠnkte die HŠnde hinter dem Kopf und sah zu den BŠumen hinauf, die Ÿber ihm eine Kuppel bildeten. Als er ungefŠhr neun Jahre alt gewesen war, hatte er noch einmal am Rand des Todes gestanden. Er war krank geworden Ð Masern, hatte es gehei§en Ð und seine Mutter und Vater Zeisberger hatten geglaubt, er wŸrde sterben. Aber in ihrer Verzweiflung hatten sie einen Arzt gefunden, der viele Meilen geritten war, um ihm eine Medizin zu geben Ð und deshalb hatte er Ÿberlebt. Warum? Damals, so erinnerte er sich, war er so dankbar gewesen, noch am Leben bleiben zu dŸrfen. Die Sonne schien heller zu sein, É die Blumen leuchtender, die BŠume dufteten sŸ§er und das LŠcheln 49
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seiner Mutter schien so strahlend. Aber diese GefŸhle waren jetzt ganz weit weg. Alles was er wollte war sterben. David ballte die FŠuste auf der Decke. Vater Zeisbergers Worte kamen ihm wieder in den 50
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Sinn: ÈGott bereitet dich auf eine Aufgabe vorÇ und ÈDu bist fŸr deine Mutter keine LastÇ. Er wiederholte die Worte und langsam begannen seine FŠuste sich zu lockern Ð aber dann schwappte die Scham wieder Ÿber ihm zusammen. Er musste den ganzen Tag von seiner Mutter auf dem RŸcken getragen werden, wŠhrend alle anderen Kinder durch den Wald tollten. Er! Ein Junge von zwšlf Jahren! Er stopfte sich die Decke in den Mund, um nicht vor Wut und Verzweiflung laut zu schreien. Wie lange dieser bittere Kampf dauerte, wusste David nicht. Er hatte kein GefŸhl mehr fŸr die Zeit. Das ganze Lager lag in tiefem Schweigen, abgesehen von einigen GerŠuschen wie Pferdestampfen oder dem GerŠusch einer Ziege. Ihm war hei§ und er fŸhlte sich verschwitzt, sogar in der kŸhlen Nachtluft. Sein feuchtes Haar klebte ihm an der Stirn. WŠhrend er so da lag und dem gleichmŠ§igen Atmen seiner Mutter lauschte, kam ihm Annas Lieblingspsalm durch den Sinn: ÈRufe mich an am Tage der Not, so will ich dich erretten.Ç Hatte er das schon getan? Nein É aber warum sollte er auch? Gott konnte ihn ja nicht wieder gesund machen. Die Tage der Zeichen und Wunder waren vorbei Ð oder nicht? Was nŸtzte es, Gott um Hilfe anzurufen, wenn keine Hilfe kam? Wieder gingen ihm Zeilen aus einem bekannten Psalm durch den Kopf: ÈWirf deine Last auf den 51
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Herrn und Er wird dir StŠrke geben.Ç Nun, das war etwas anderes. Wenn Gott seine Last schon nicht verschwinden lie§, konnte Er David wenigstens helfen, sie zu tragen. Dann hšrte er wieder Vater Zeisbergers GuteNacht-Wunsch: ÈWirf all deine Sorgen auf Ihn, denn Er sorgt fŸr dich.Ç Er sorgt fŸr dich É Er sorgt fŸr dich É Die Worte klangen so tršstlich. Liebte Gott ihn wirklich und sorgte Er sich um ihn? Dann schien eine andere Stimme in sein Ohr zu zischen: Nein! Du nicht! Gott sorgt sich nicht um dich! Schau deine armen lahmen Beine an! Und vergiss nicht die Schmerzen, Tag und Nacht É David hatte das GefŸhl, als wŸrde er innerlich zerrissen. ÈOh Gott É hilf mir!Ç, rief er schlie§lich. Anna murmelte im Schlaf und drehte sich um. Hatte er laut gesprochen? Er war nicht ganz sicher, aber wŠhrend er so da lag und darauf wartete, dass der Atem seiner Mutter wieder in langsamen, gleichmŠ§igen ZŸgen zu hšren war, kam eine seltsame Ruhe Ÿber ihn. Sie schien sich Ÿber seinen ganzen Kšrper auszubreiten, lockerte die Muskelspannung und zog die Wut und die Bitterkeit aus ihm heraus. Der Kampf war vorŸber. David hatte noch immer keine Antworten auf seine Frage nach dem Warum, aber Gott hatte die Last leichter gemacht. ÈHerr Jesus, nicht mein Wille, sondern Dein Wille geschehe.Ç Und dann schlief David ein. 52
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Die Jagd
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avid dachte, jemand hŠtte seinen Namen gerufen. Er šffnete die Augen. Ein Mann stand neben seinem Bett, aber David war seltsamerweise gar nicht Ÿberrascht. Das Haar des Mannes hing bis auf seine Schultern herunter und er trug einen langen Umhang, nicht viel anders als die kurzen UmhŠnge, wie die Indianer sie trugen. Der Mann sagte nichts. Er hielt David nur seine HŠnde entgegen Ð und David sah Nagelmale in seinen HandflŠchen. ÈOh!Ç, rief David, Èdas hast du fŸr mich getan, nicht wahr? Du liebst mich doch ÉÇ ÈDavidÇ, sagte eine Frauenstimme lachend. ÈWach auf! NatŸrlich liebe ich dich É und ja, ich habe dir diese Erdbeeren zum FrŸhstŸck mitgebracht. Aber jetzt setz dich erst einmal hin und iss.Ç David šffnete die Augen. Seine Mutter beugte sich Ÿber ihn und lachte, in der einen Hand einen Becher Milch und in der anderen einige Walderdbeeren. Verwundert setzte er sich auf. Er fŸhlte sich so mŸde! Er erinnerte sich an den langen Kampf wŠhrend der Nacht und dann kam Jesus zu ihm É oder war das alles nur ein Traum gewesen?
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ÈKomm schon David, trink das hier Ð und probiere diese Erdbeeren, die ich heute morgen gefunden habe. Kšnnte ein Kšnig denn ein schšneres FrŸhstŸck haben?Ç Die scherzende Stimme seiner Mutter brachte ihn vollstŠndig zum Erwachen. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen, aber das ganze Lager war schon auf den Beinen, alle damit beschŠftigt, die Zelte abzubrechen. David war nicht hungrig, aber seiner Mutter zuliebe biss er in die frischen Erdbeeren. Die FrŸchte fŸhlten sich auf der Zunge kŸhl an und schmeckten sŸ§. Die Ziegenmilch war warm und sahnig. Plštzlich sagte eine freundliche Stimme: ÈHallo! Wie geht es David heute Morgen?Ç Ein nussbraunes Gesicht mit funkelnden Augen erschien unter den Decken, die Ÿber einige StŠmme geworfen waren, um diesen Unterstand zu bilden. Es war Martha Hochberg, eine andere Witwe, die mit ihren beiden kleinen Tšchtern in der NŠhe der Hecksteins Ÿbernachtet hatte. Sie hielt eine Tasse dampfenden Tees in der Hand. ÈDu siehst ÉÇ Martha hielt inne und sah ihn prŸfend an. ÈDu bist blass heute morgen, David, aber du siehst glŸcklich aus.Ç Plštzlich wurde sich David bewusst, dass sie Recht hatte. Er war noch mŸde von der schlaflosen Nacht, aber er war É glŸcklich. 54
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ÈNa jedenfallsÇ, fuhr Martha fort, Èhabe ich dir eine Tasse KrŠutertee gebracht! Das baut dich gleich wieder auf.Ç ÈAch neinÇ, sagte David schnell, ÈGib den Tee lieber meiner Mutter. Sie braucht ihn nštiger als ich.Ç ÈNein danke, nicht fŸr mich!Ç, protestierte Anna. ÈIch habe schon gefrŸhstŸckt ehe du wach geworden bist. BedankÕ dich bei Martha und trink den Tee, David.Ç David zšgerte. Alle wollten ihm stŠndig helfen und taten Gutes fŸr ihn. Warum fŸr ihn? Warum nicht fŸr seine Mutter, die alles fŸr ihn opferte Ð. In seinem Inneren schien eine Stimme zu sagen: Nicht dein Wille, David, sondern Meiner. Er nickte ein Dankeschšn, nahm die dampfende Tasse entgegen und nippte an dem starken Tee. Das tat doch gut. Als Anna und Martha das Packpferd beluden, das sie gemeinsam nutzten, kam einer der alten MŠnner vorbei, der ein mindestens ebenso altes Pferd fŸhrte. ÈSchwester AnnaÇ, sagte er fršhlich mit einem Zwinkern in den dunklen Augen, Èlass den Jungen fŸr eine Stunde auf meinem Pferd reiten. Ich mšchte an diesem schšnen Morgen gern eine Weile zu Fu§ gehen.Ç ÈDanke, Bruder Amos!Ç, erwiderte Anna dankbar. ÈEine VerŠnderung der Sitzposition wird David sicher gut tun.Ç 55
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David war froh, dass seine Mutter ihn jetzt eine Zeit lang nicht tragen musste und au§erdem konnte er vom PferderŸcken aus fast den ganzen Zug Ÿberblicken. Aber als der Ruf zum Aufbruch erklang und der Tagesmarsch begann, wurde David schnell klar, dass die schaukelnde Bewegung auf dem PferderŸcken ihm stechende Schmerzen in der HŸfte verursachte. Er biss die ZŠhne zusammen und hoffte, er wŸrde sich daran gewšhnen. Aber bald stšhnte er ÈMutter! Ich kann nicht!Ç Ð und schwindlig vor Schmerzen rutschte er vom Pferd. Durch einen schnellen Sprung schaffte es Anna, ihn aufzufangen, ehe er auf den Boden aufschlug. Sie setzte ihn wieder in den Korb auf ihrem RŸcken und das Thema Reiten war fŸr David erledigt. BeschŠmt dachte David: Will Gott mich prŸfen? Ich kann noch nicht einmal eine Stunde lang auf einem Pferd sitzen, um meiner Mutter eine Pause zu gšnnen! Aber wieder schien eine Stimme in seinem Inneren zu sagen: Nicht dein Wille, David, sondern Meiner. Mit einem Seufzen entspannte er sich. Es gab nichts, das er hŠtte Šndern kšnnen. Er musste seine Last von Jesus tragen lassen. Es war ein herrlicher Junitag. Die BerghŠnge waren Ÿber und Ÿber mit BlŸten bedeckt und Martha Hochbergs kleine MŠdchen flitzten hin 56
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und her und verteilten kleine StrŠu§e an all die Gro§mŸtter. Nach einer kurzen Mittagsrast mit einem kalten Imbiss trat John Myers, ein junger Onandaga-Irokese, zu ihnen. Er war hochgewachsen und gutaussehend, seine wei§en ZŠhne blitzten, wenn er lachte. ÈSchwester AnnaÇ, rief er laut. ÈLass mich David eine Zeit lang tragen.Ç Mit einer schnellen Drehung schwang er sich den Korb auf die breiten Schultern. ÈNa, wie ist das, David? GehtÕs dir gut?Ç ÈOh jaÇ, antwortete David und winkte seiner Mutter zum Abschied, wŠhrend John mit langen Schritten nach vorn marschierte. ÈDu bist sehr stark.Ç ÈIch schŠme mich, dass ich mich nicht schon frŸher angeboten habe, dich zu tragenÇ, gestand John. ÈDeine Mutter braucht ab und zu eine Pause.Ç Trotz des Friedens, der nach dem letzten nŠchtlichen Kampf in sein Herz eingezogen war, konnte David nicht anders, als mit zitternder Stimme zu fragen: ÈMeinst É Šh, meinst du, dass meine Mutter sehr mŸde wird, wenn sie mich tragen muss?Ç John antwortete nicht sofort. Dann sagte er: ÈDu bist so leicht, David, dass ich dich ein Jahr lang tragen kšnnte, ohne mŸde zu werden. Sie ist eine Frau, also ist es fŸr sie wahrscheinlich nicht 57
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ganz so leicht. Aber mach dir keine Gedanken, David. Hier sind Seth, Abel, James und ich Ð alles gestandene, krŠftige MŠnner. Wir werden uns mit dem Tragen abwechseln, damit deine Mutter nicht zu mŸde wird. Na, wie klingt das?Ç 58
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David konnte kaum glauben, was er da hšrte. ÈOh John! Gott ist so gut zu mir! Er hat gesagt, Er wŸrde fŸr alles sorgen Ð schauÕs dir an. Mein Gebet ist erhšrt worden.Ç Von einer Zentnerlast befreit, schlief David schnell ein. Als er aufwachte wurde er von Abel herzlich in Empfang genommen Ð und dann von Seth und dann von James. Die jungen MŠnner setzten ihn erst ab, als es daran ging, vor Sonnenuntergang das Lager aufzuschlagen. Anna brachte David mit einer Decke nahe ans Lagerfeuer, damit er sich aufwŠrmen konnte, wŠhrend sie kochte. David Zeisberger kam vorbei und sah den Jungen prŸfend an. ÈDu siehst ganz anders aus als der Junge, den ich gestern Abend verlassen habe, David HecksteinÇ, scherzte er. ÈAch, Vater ZeisbergerÇ, begann David aufgeregt zu erzŠhlen. ÈJesus kam vergangene Nacht zu mir. Er zeigte mir Seine HŠnde. Ich wusste, dass Er starb, weil Er mich liebte. Und dann merkte ich, dass deine Worte die Wahrheit gewesen sind. Gott lie§ Seinen Sohn leiden, aber fŸr etwas Gutes. Also, wenn ich leiden muss, dann nicht deshalb, weil Er sich nicht um mich kŸmmert.Ç ÈGanz genau, DavidÇ,sagte Zeisberger.ÈEs ist gut, Ihm zu vertrauen. Das ist es, was Frieden in dein Herz bringt. Zweifle nie daran, dass Er dich liebt.Ç ÈOh, das werde ich nichtÇ, versprach David. ÈNie wieder. Aber ich frage mich doch ÉÇ 59
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ÈJa, was?Ç ÈWar es nur ein Traum?Ç ÈVielleichtÇ, antwortete Zeisberger ehrlich. ÈAber manchmal schickt Gott TrŠume, um uns zu tršsten.Ç David nickte ernst. Er hatte aber noch etwas auf dem Herzen. ÈWie werde ich wissen, ob Gott eine Aufgabe fŸr mich hat?Ç ÈAch so! Mach dir darŸber keine Gedanken, David. Manchmal gebraucht Gott uns, ohne dass wir es Ÿberhaupt merken. Bleib fest im Vertrauen auf Ihn und hšre auf Seine Stimme in deinem Herzen. Dann wirst du es nicht verpassen.Ç
*** Josef sah Vater Zeisberger am Lagerfeuer wieder mit David sprechen. Er wunderte sich, was passiert war. Warum war David am Abend vorher so au§er sich gewesen? Heute schien wieder alles in Ordnung zu sein É, aber er sprach schon wieder mit dem Pastor. Einer der GrŸnde, warum Josef so gern mit David zusammen war, war, dass der Junge nie viel Aufhebens darum machte, dass er nicht laufen konnte. Er hatte die Tatsache einfach akzeptiert und war immer begierig gewesen, den Geschichten Ÿber Josefs Abenteuer und anderem zuzuhšren. Jetzt unterhielt David sich ziemlich oft mit Vater Zeisberger. Josef fŸhlte €rger in sich hochstei60
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gen. Er hatte David von den anderen Indianern erzŠhlen wollen, die er heute im Wald beobachtet hatte. Wenigstens dachte er, dass er jemanden gesehen hatte. Ein bewegter Schatten hier, ein knackender Zweig oder ein schwingender Ast dort. Einmal war er ganz sicher gewesen, einen Irokesen-Krieger auf einem Felsvorsprung zu sehen. Er hatte sich schnell umgedreht, um zu ŸberprŸfen, ob einer der anderen Jungen, die die Herde begleiteten, den Mann auch entdeckt hatte Ð aber als er sich wieder umwandte, war nichts mehr zu sehen. Vielleicht sollte er seinem Vater davon erzŠhlen, oder Vater Zeisberger. Aber É, er war sich ja nicht ganz sicher, was er gesehen hatte. Vielleicht wŸrden sie ihn auslachen und sagen, er habe eine blŸhende Fantasie. Au§erdem, wenn sie doch verfolgt wŸrden, dann richteten die Krieger der Irokesen im Augenblick ja keinen Schaden an. Niemand wurde bedroht oder bedrŠngt. Vielleicht begleiteten sie den Zug zum Schutz, weil die Geschwindigkeit doch durch die Herde, die Frauen und Kinder ziemlich eingeschrŠnkt war. ÈJosef!Ç John Myers laute Stimme unterbrach seinen Gedankengang. ÈDein Vater sagte mir, dass du in ein paar Tagen mit uns zur Jagd gehst. Schšn! Mšchtest du ein wenig mit Pfeil und Bogen Ÿben, ehe das Licht ganz weg ist?Ç Josef sprang auf die FŸ§e. ÈWirklich, John?Ç, rief 61
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er. ÈNichts, was ich lieber tŠte. Aber ich muss zuerst meinen Vater fragen Ð.Ç ÈSchon geschehenÇ, lachte John. ÈWei§t du, ich wŸrde es nicht wagen, John Shaboshs PlŠne zu durchkreuzen, wennÕs um seinen Sohn geht. Aber er fand die Idee gut.Ç Josef suchte eilig seinen Bogen und die Pfeile zusammen und rannte dann hinter John her. Die nŠchsten paar Abende verbrachten John und Josef mit Schie§Ÿbungen, nachdem sie ihre Arbeiten im Lager erledigt hatten. Eines Abends, als sie gerade zurŸckgekehrt waren, sah John Shabosh von einem Gewehr auf, das er gerade reinigte und fragte John Myers: ÈNa John, was meinst du, ist der Junge soweit?Ç ÈEr hat fŸrs Abendessen gesorgtÇ, lachte John Myers und Josef hielt stolz einen Hasen hoch, den er mit Pfeil und Bogen erlegt hatte. ÈAber in den nŠchsten Tagen sollte er einen grš§eren Bogen bekommen Ð einen Bogen fŸr MŠnner.Ç John Shabosh lŠchelte zufrieden. ÈGut. Die Jagd ist fŸr morgen geplant. John sagst du bitte Abel, James und Seth, dass sie vor Sonnenaufgang fertig sein sollen? Wir werden alle guten JŠger brauchen.Ç Josef war so aufgeregt, dass er noch lange Zeit nicht einschlafen konnte. Als ihn dann doch endlich der Schlaf einholte, schien erst eine Minute vergangen zu sein, als sein Vater schon 62
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wieder an seiner Schulter rŸttelte und er aufstehen musste. Es war geplant, dass der Hauptzug mit Vater Zeisberger und Bruder Heckewelder Richtung Westen weiterziehen sollte. Die Gruppe der JŠger, etwa ein Dutzend MŠnner und vier Šltere Jungen, wollten mit John Shabosh nach SŸden gehen, dann nach Westen und Norden schwenken und gegen Abend im Lager eintreffen. Als er mit den anderen JŠgern durch den Wald pirschte, sorgsam darauf bedacht, nicht auf trockene Zweige oder BlŠtter zu treten, meinte Josef, er mŸsse platzen vor lauter Stolz und Freude. Bis die Sonne hoch am Himmel stand, hatte er ein Waldhuhn und zwei Eichhšrnchen erlegt, aber noch niemand hatte ein gro§es StŸck Wild geschossen. Trotzdem war noch keiner entmutigt. Sie a§en ihr Mittagessen, das aus braunem Brot und KŠse bestand, mit lachenden Augen und unter schnellen Scherzen. Alle waren begierig, wieder zurŸck zur Jagd zu kommen. Nachmittags teilten sich die MŠnner in Zweiergruppen auf. Josef und sein Vater folgten einer Rehspur hinunter in eine Steinschlucht Ð und tatsŠchlich Ð hinter einem kleinen FlŸsschen stand ein krŠftiger junger Rehbock. Schie§, Vater, schie§!, dachte Josef Ð aber John Shabosh reichte ihm das Gewehr. Josef bekam gro§e Augen. Ohne ein Wort ergriff er das Ge63
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wehr. Sein Vater legte den Arm um ihn. Langsam, ganz vorsichtig, zeigte er ihm wie er zielen musste. Dann zog Josef den Abzug. Der RŸcksto§ vom Ende des Gewehrs lie§ Josef nach hinten stolpern, aber er hšrte seinen Vater rufen: ÈGetroffen!Ç WŠhrend John Shabosh den Rehbock ausnahm, sollte Josef nach anderen MŠnnern suchen, damit jemand ihm helfen konnte, das Tier wegzutragen. Bald kamen John Shabosh und der junge Mann mit Namen Abel auch schon aus der Schlucht hervor, den Bock an einer Stange auf den Schultern tragend. Der Weg durch den Wald war nun beschwerlich. Josef ging dem Zug voran. Er war immer noch ganz benommen von dem Erlebnis, sein erstes Reh erlegt zu haben Ð auch wenn sein Vater ihm ein bisschen dabei geholfen hatte. Nach einer Weile merkte er, dass es besser wŠre, auf die anderen zu warten. LŠssig legte er einen Pfeil an seinen Bogen und tat so, als ob er schie§en wolle. Dann sah er einen Hasen. SorgfŠltig zielte er und ssssing! Der Hase lag reglos am Boden. ÈSchšner SchussÇ, sagte eine tiefe Stimme hinter ihm. Josef wirbelte herum. Es war Opeechee, der Mohegan-Irokese.
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Sonntagsdiebe
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er Mohegan stand reglos auf der sonnenhellen Lichtung. In seine langen Skalplocken waren Falkenfedern gebunden. Silberne Ohrringe baumelten an seinen OhrlŠppchen. Er trug lederne Beinkleider mit Fransen, einen Lendenschurz und geflochtene Mokassins. Seine Brust war nackt, abgesehen von verschiedenen PerlenschnŸren und silbernen Ketten um seinen Hals und perlenverzierten BŠndern an seinen Armen. Josefs Herz raste. Woher war er blo§ gekommen? ÈJa, ein guter, sauberer SchussÇ, sagte Opeechee. ÈDu wirst eines Tages ein sehr guter JŠger sein, Josef Shabosh. Schade nur, dass du mit Leuten unterwegs bist, die das Leben als JŠger aufgegeben haben und stattdessen lieber Mais hacken, wie ein Haufen Weiber.Ç ÈWir jagen Ð wie du siehstÇ, sagte Josef zurŸckhaltend. Er war geschmeichelt von Opeechees Lob und wollte nicht, dass der Mohegan schlecht von den christlichen Indianern dachte. Der Mohegan lachte spšttisch. ÈJa, ich bin froh, dass ihr nicht alle indianischen Gewohnheiten aufgegeben habt. ErzŠhl mir, Josef, Junge, 65
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glaubst du auch an diesen Christengott und akzeptierst du die Art dieser wei§en Missionare ganz und gar?Ç ÈN-nun ja, ich denke schonÇ, sagte Josef stockend. ÈIch meine, ich glaube schon, wenn ich auch sonst nicht mit allem Ÿbereinstimme.Ç ÈAh ja, das ist gut.Ç Opeechee nickte zustimmend. ÈEin junger Mann sollte sich seine eigene Meinung bilden. Wir sollten uns šfter unterhalten, Junge. Wir haben wahrscheinlich mehr gemeinsam, als du denkst. Warum sollten wir nicht Ð.Ç In diesem Augenblick hšrte Josef ein Rufen von weiter vorn. Er wandte den Kopf ruckartig in diese Richtung. Das hšrte sich an wie John Myers Stimme. ÈIch muss gehenÇ, sagte er und drehte sich zu Opeechee um Ð aber der war bereits verschwunden. Josef hob seinen Hasen auf und rannte in die Richtung aus der Johns Stimme gekommen war. ÈIch habe einen BŠrenÇ, lachte John glŸcklich, als Josef nŠherkam. Ein schwarzer Fellberg lag zu FŸ§en des jungen Mannes. ÈSchnell, versuchÕ einige der anderen zu finden, damit wir den hier zusammenbinden und nach Hause tragen kšnnen.Ç
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Die Jagdgesellschaft befand sich in Hochstimmung, als sie wieder zu den anderen zurŸckkam. Diese hatten diesmal das Lager etwas 66
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frŸher als gewšhnlich aufgeschlagen, denn sie wussten, dass nach der Jagd noch zusŠtzliche Arbeit anfallen wŸrde. Mit all den helfenden HŠnden ging das HŠuten und Zerteilen schnell, wenn man bedachte, dass es fŸnf Rehe, einen SchwarzbŠren und viele Hasen, WaldhŸhner und Eichhšrnchen zu verarbeiten gab. An diesem Abend brannten viele kleine Feuer auf denen das Festmahl zubereitet wurde. Mit der Erlaubnis seines Vaters ging Josef zu Anna Hecksteins Feuer und prŠsentierte stolz das Waldhuhn, das er mit eigenem Pfeil und Bogen erlegt hatte. ÈWunderbar, Josef!Ç, jubelte David glŸcklich. ÈIch wusste, dass du ein guter JŠger sein wŸrdest. Ach Mutter, brate es schnell, ich kann kaum erwarten, es zu probieren.Ç Anna sah Ÿberrascht aus. David hatte in letzter Zeit wenig Interesse am Essen gehabt. Zufrieden nahm sie den Vogel. ÈAber du musst hier bleiben und mit uns zusammen essen, JosefÇ, sagte sie bestimmt. ÈDann macht Platz an eurem Feuer fŸr einen zusŠtzlichen GastÇ, tšnte John Myers tiefe Stimme und er Ÿberreichte Anna ein gro§es, dickes BŠrensteak. ÈEs tut mir leid, dass ich heute nicht beim Zug war, um David zu tragenÇ, sagte er, Èdann ist es das wenigste, was ich tun kann, etwas von meiner Beute abzugeben.Ç 67
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John lie§ sich zwischen die beiden Jungen fallen und Anna begann, den Vogel zu rupfen. ÈAch DavidÇ, begann Josef atemlos, Èich wŸnschte, du hŠttest dabei sein kšnnen. Ich habe noch nie solchen Spass gehabt.Ç Er beschrieb, wie er den Rehbock mit dem Gewehr seines Vater geschossen hatte und das Waldhuhn und den Hasen mit seinem eigenen Pfeil und Bogen. ÈVater hat gesagt, ich hŠtte mich sehr gut auf meiner ersten Jagd gehalten. Und eins wei§ ich: Ich werde JŠger und nichts anderes.Ç ÈDannÇ, sagte John Myers nach einer kleinen Pause, Èwirst du uns verlassen mŸssen.Ç ÈWarum?Ç, wollte Josef wissen. ÈWie meinst du das?Ç ÈWei§t du nicht, was unsere Lehrer sagen? Das JŠgerleben fŸhrt die MŠnner wochenlang fort von ihren Familien. Nur von der Jagd zu leben, bedeutet fast immer, dass der Topf entweder randvoll oder ganz leer ist, es gibt entweder zu viel oder nicht genug. Es ist besser, zu Hause zu bleiben und sich um die Ernte und die Familie zu kŸmmern. Und hat sich das nicht bewŠhrt? Letzten Winter zum Beispiel kamen Krieger und JŠger von anderen StŠmmen, um bei uns um Korn und Samen zu bitten, damit sie Ÿberleben konnten!Ç ÈAber du liebst die Jagd doch auch, John, gib es 68
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zuÇ, versuchte Josef ihn zu Ÿberzeugen. ÈWarst du nicht glŸcklich, als du heute den BŠren getštet hast? Ich habe dich noch nie so zufrieden gesehen!Ç ÈJa, ich jage sehr gernÇ, gab John zu. ÈAber das bedeutet nicht, dass ich alles Andere dafŸr aufgeben wŸrde und nur noch JŠger sein wollte. Es war eine Menge Arbeit, eine Stadt wie FriedenshŸtten aufzubauen, so dass alle ein Dach Ÿber dem Kopf und das ganze Jahr genug zu essen haben.Ç ÈNa, ich habe dieses Leben jedenfalls grŸndlich satt!Ç, platzte Josef heraus. ÈEs ist Frauenarbeit, den Mais zu hacken und Schweine zu fŸttern und ich hasse es.Ç Das warÕs. Er hatte es gesagt. David sah erschrocken aus, aber Josef war schon zu weit gegangen, um jetzt aufhšren zu kšnnen. ÈIn den anderen Dšrfern siehst du keine MŠnner, die wie die Frauen den Boden hacken, oder?Ç John hob eine Augenbraue hoch. ÈNein, sehe ich nicht É, aber kein anderes Dorf hat solchen Frieden und †berfluss wie wir. Es hšrt sich ganz danach an, als ob dir jemand diese verrŸckten Ideen in den Kopf gesetzt hat. SagÕ mal!Ç, erinnerte er sich plštzlich. ÈWer war das eigentlich, mit dem du dich heute Nachmittag im Wald unterhalten hast? Ich meine, ich sah dich mit jemandem zusammenstehen, als ich dich rief, um mir bei dem BŠren zu helfen. Ich war so beschŠftigt, dass ich gar nicht erkannt habe, wer das war.Ç 69
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Josef drehte den Kopf weg und antwortete nicht. Er fand, dass John zu neugierig war. Was ging ihn das Ganze Ÿberhaupt an? ÈNun komm schon, Josef, wer war es?Ç John bestand auf einer Antwort. Josef merkte, dass er in der Falle sa§. Wenn er nicht die Wahrheit sagte, wŸrden sie vermuten, es sei etwas Schlimmeres geschehen, als es der Fall war. ÈDas war nur Opeechee, der MoheganÇ, murmelte er. ÈEr war bei David zu Hause, an dem Tag, bevor wir aufgebrochen sind, also kannte er meinen Namen und sprach mich an.Ç ÈDer Cousin meiner Mutter?Ç, fragte David stirnrunzelnd. ÈWas sucht er denn hier drau§en? Waren die anderen auch bei ihm?Ç ÈAls ich ihn gesehen habe, war er allein.Ç John sah besorgt aus. ÈWenn er uns nun schon seit fŸnf Tagen gefolgt ist, hat er bestimmt nichts Gutes im Sinn. War er derjenige, der dir gesagt hat, Mais zu hacken wŠre Frauenarbeit? Ich nehme an, er hat dir gesagt, was fŸr ein toller SchŸtze du bist und dass du einen prŠchtigen JŠger abgeben wŸrdest.Ç ÈUnd wenn schon!Ç, brauste Josef auf. ÈVielleicht hat er ja die Wahrheit gesagt.Ç ÈHast du noch nie von dem Jungen Enoch gehšrt, der von seinem Glauben abgebracht wurde und wieder zu den heidnischen BrŠuchen zurŸckkehrte?Ç, fragte John. ÈDas passier70
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te, bevor ich zu den christlichen Indianern kam, aber ich war hier, als er wieder zurŸckkam Ð ein gebrochener Mann.Ç ÈAch Josef!Ç, sagte David beschwšrend. ÈMeine Mutter traut Opeechee nicht Ÿber den Weg und du solltest das auch nicht tun. Er und ÝSilbernes MesserÜ sind neidisch auf unser christliches Dorf. Bitte sprich nicht wieder mit ihm.Ç ÈAber wenn jemand mich anspricht, ist es nur hšflich, wenn ich antworteÇ, brummelte Josef. ÈIch kann reden mit wem ich will. Es gibt kein Gesetz, das mir das verbietet.Ç In diesem Moment rief Anna John und die beiden Jungen zu Tisch. Josef war froh Ÿber die Unterbrechung. Was wussten John und David Ÿberhaupt Ÿber Opeechee? Au§erdem war er mŸde nach einem langen Tag an der frischen Luft. Anna hatte das Huhn goldbraun gebraten. Au§erdem hatte sie das saftige BŠrensteak, zusammen mit frischem Maisbrot, auf die Teller verteilt. WŠhrend sie a§en, mussten alle Jagdgeschichten fŸr Anna noch einmal erzŠhlt werden und bald lachten und redeten alle durcheinander. Aber Josef war froh, dass Opeechee nicht mehr erwŠhnt wurde.
*** Der nŠchste Tag, ein Sonntag, war ein Ruhetag fŸr die mŸden Reisenden. Nach den Arbeiten, 71
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die fŸr die Tiere notwendig waren, rief Bruder Heckewelder alle zum Gottesdienst zu einer kleinen Lichtung in der NŠhe des Lagers. Es hatte in der vergangenen Nacht geregnet, also war alles noch ein bisschen feucht. Aber die Erwachsenen brachten Decken mit, um sich darauf zu setzen und so schien die NŠsse niemanden zu stšren. Als die bekannten Lieder erklangen, musste Josef bei sich lŠcheln. Dies war eine schšne Art, Gott anzubeten Ð hier drau§en in der freien Natur. Er wusste, dass viele traurig gewesen waren, die schšne Holzkapelle in FriedenshŸtten zu verlassen. Es waren so viele schšne Erinnerungen mit diesem GebŠude verbunden: wenn ein Mann oder eine Frau sich zu Christus bekehrt hatten und nun die alten Wege verlassen wollten, wenn eine Hochzeit zu feiern war oder wenn ein Baby willkommen gehei§en wurde. Aber auch die schweren Zeiten hatten ihren Glauben wachsen lassen. Der Tod eines Glaubensgenossen gab ihnen die Mšglichkeit, ihren Glauben an das ewige Leben zu festigen. Wenn Krankheiten oder andere Schwierigkeiten sie bedrŠngten, hatten sich alle zusammengefunden, um in langen NŠchten Gott anzuflehen und zu loben. Auch Josef war traurig gewesen, die alten Erinnerungen zurŸcklassen zu mŸssen Ð vor allen Dingen das Grab seiner Mutter. Aber die Reise 72
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brachte so viel Neues und Aufregendes durch das Leben in der freien Natur mit sich, dass sogar altgewohnte TŠtigkeiten auf einmal ganz 73
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neu zu sein schienen. Und Gott anzubeten unter einem ÝDachÜ aus Zweigen und BlŠttern, schien einfach É, nun ja, natŸrlich, richtig zu sein. Josefs GedankengŠnge wurden von seinem Vater unterbrochen, der ihn anstie§. ÈTrŠumÕ nicht, JosefÇ, tadelte John Shabosh seinen Sohn. ÈHšrÕ zu, was der Bruder sagt. Es ist wichtig.Ç Bruder Heckewelder predigte Ÿber den HebrŠerbrief, das Opfer Christi, das ein fŸr allemal GŸltigkeit hat. Bruder Heckewelder war schon in Ordnung, aber ihm war nicht so leicht zuzuhšren, wie Vater Zeisberger. Josef seufzte. Er versuchte sich zu konzentrieren, aber ein Schatten zwischen den BŠumen zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er starrte angestrengt auf die BŠume, konnte aber nichts entdecken. Trotzdem meinte er wenig spŠter, wieder eine Bewegung zu sehen. Ein Tier, ein Eichhšrnchen vielleicht? Nein, der Schatten war nicht zufŠllig da. Spionierten die Irokesen sie etwa aus? Wenn ja, warum? Josef hatte sie am ersten Tag kommen und gehen sehen und seither meinte er immer wieder, sie am Wegrand zu entdecken. Aber obwohl John Myers letzten Abend davon gesprochen hatte, dass Opeechee nichts Gutes im Sinn haben kšnne, hatten diese Schattengestalten ihnen doch noch nichts getan. Wenn er nun allen erzŠhlte, was er zu sehen glaubte, wŸrden alle anderen ohne Grund in Aufregung versetzt. 74
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Josef war den ganzen Nachmittag Ÿber ruhelos. Er wŠre lieber in den Wald gegangen und hŠtte nachgesehen, was dort war. Aber sein Vater erlaubte ihm nicht, das Lager zu verlassen. So schnitzte er zum Zeitvertreib einen Messergriff. Vielleicht wŸrde sein Vater ihm helfen, eine richtige Stahlklinge dafŸr zu bekommen, bei einem HŠndler in Ohio Ð wenn die HŠndler Ÿberhaupt so weit in den Westen kamen. Am Abend, als die kleinen Kinder schlafen gelegt worden waren, versammelte man sich noch einmal zum Gottesdienst um ein gro§es Lagerfeuer. Diesmal ging es weniger sachlich zu Ð jeder konnte Lob, Dank oder Gebet beitragen. Josef schaute geistesabwesend in die Flammen; der Gesang und die anderen Stimmen klangen tršstlich vertraut im Hintergrund. Plštzlich bemerkte er, dass Vater Zeisberger aus seiner Kindheit erzŠhlte. ÈÉ gerade fŸnfÇ, sagte er eben, Èals meine Eltern David und Rosina Zeisberger aus MŠhren flohen und auf dem Anwesen des Grafen Nikolaus von Zinzendorf in Sachsen Zuflucht fanden. Ich verstand damals nicht viel von dem was vorging, nur so viel, dass die Staatskirche die Lehren der Unitas Fratrum, oder Bšhmischen BrŸder, als ketzerisch und gefŠhrlich einstuften.Ç Josef spitzte die Ohren. Diese Geschichte hatte er noch nie gehšrt. 75
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ÈDie Vereinigten BrŸder, oder Bšhmischen BrŸder, wie wir manchmal genannt werden, waren schon viele Jahre verfolgt und immer wieder zerstreut worden. Aber immer mehr von uns fanden den Weg zu Graf Zinzendorfs Land, wo eine christliche Gemeinde gegrŸndet wurde, die Herrnhut genannt wurde, das bedeutet Ýunter dem Schutz des HerrnÜ. Bis zum Jahr 1726 war die Gemeinde auf ungefŠhr dreihundert Leute angewachsen Ð darunter auch lutherische Pietisten, ehemalige Katholiken, Separatisten, Reformierte und Anabaptisten.Ç Josef wŠre froh gewesen, wenn Vater Zeisberger nicht solche gro§en Worte benutzt hŠtte. Hatten sich diese ÈStŠmmeÇ in einem Friedensabkommen zusammengeschlossen, wie die Mohikaner, Oneidas, Onondagas und Senecas in der Vereinigung der Irokesen? ÈAber Graf Zinzendorfs Absicht bestand nicht nur darin, eine sichere christliche Gemeinde zu grŸnden. Er wollte auch Menschen ausbilden, das Evangelium weiterzutragen, vor allen Dingen zu solchen Menschen, die Verfolgung und UnterdrŸckung erlitten. Als ich fŸnfzehn war, wurden meine Eltern in die ÝNeue WeltÜ gesandt. So nannte man diesen Kontinent damals. Sie sollten die gute Nachricht von Jesus Christus verbreiten und Gemeinden grŸnden. Am Anfang wurde ich zurŸckgelassen, aber das ist eine andere Geschichte. Wichtig ist, dass ich ein Jahr 76
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spŠter, mit meinen Eltern zusammen, hier in Nordamerika war Ð und dieses Land und seine Menschen sind seither mein Volk. Jeder Mann, jede Frau und jeder Teenager hšrte jetzt gespannt zu. Die Geschichte von Vater Zeisberger war nun in ihre eigene eingemŸndet. ÈWeil wir Gewalt ablehnen, auch zum Schutz des eigenen Lebens, und weil wir lehren, dass alle Menschen BrŸder und Schwestern sind, wurden wir wieder verfolgt, sogar von sogenannten Christen, die nationale und politische Interessen Ÿber unsere Gemeinschaft als Leib Christi stellten.Ç Zustimmendes Gemurmel war am Lagerfeuer zu hšren. ÈWir mšgen vielleicht in der Versuchung stehen, uns selbst zu bedauernÇ, gab Zeisberger zu, Èdenn wieder wurden wir von wei§en Siedlern aus unserer Heimat vertrieben und von den andauernden Kriegen zwischen verschiedenen IndianerstŠmmen und den Franzosen und EnglŠndern. Aber dies ist keine neue Geschichte. Jesus selbst sagte, dass er keinen Platz habe, um Sein Haupt niederzulegen. Wir mŸssen uns mit dem Gedanken tršsten, dass unsere Heimat dort ist, wo zwei oder drei in Seinem Namen versammelt sind. Mag sein, dass wir nie Ruhe finden, ehe wir im Himmel sind.Ç 77
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Es war spŠt geworden. Ein Dankeslied wurde gesungen und Vater Zeisberger betete. Die jungen Leute machten sich schnell auf, um sicherzustellen, dass die Tiere fŸr die Nacht gut untergebracht waren, wŠhrend die anderen sich noch unterhielten, austauschten und dem Feuer zusahen, das langsam erlosch. Aber einige Augenblicke spŠter hšrten sie vom hinteren Ende des Lagers einen Schrei, dann kamen John Myers und Abel angerannt. ÈDie Pferde! FŸnf Packpferde sind gestohlen worden! Ð Und von unseren VorrŠten fehlt auch einiges.Ç
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Opeechee
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Ÿtende Rufe waren von den MŠnnern zu hšren, die noch am Feuer zusammen standen. ÈWartet BrŸder!Ç, rief Vater Zeisberger und hob beschwichtigend die Arme. ÈSeid ihr sicher, dass sie sich nicht einfach losgerissen haben, John?Ç John Myers hielt ein StŸck Seil hoch, das mit einem Messer sauber durchtrennt war. ÈSiehst du, Vater Zeisberger?Ç, schrie Abel wŸtend. Abel war erst zwanzig Jahre alt, ein vielversprechender junger Mann, der aber leider oft handelte, ohne vorher nachzudenken. ÈDas waren diese Irokesen, die uns gefolgt sind. Ich bin dafŸr, dass wir sofort einen Suchtrupp losschicken, damit wir unsere Pferde wieder bekommen.Ç Die Irokesen sind aber nicht die Einzigen, die uns folgen, dachte Josef im Stillen. In dem wŸtenden Gemurmel war Zustimmung zu hšren. ÈEr hat Recht. Sie kšnnen noch nicht allzu weit gekommen sein.Ç ÈBrŸder! Beruhigt euch!Ç, sagte Vater Zeisberger scharf. 79
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ÈGlaubt ihr wirklich, dass die Irokesen, vorausgesetzt sie waren die Diebe, uns die Pferde kampflos zurŸckgeben werden? Nein. Es ist besser, etwas zu verlieren, das uns gehšrt, als Verwundungen oder Tod zu riskieren, um es zurŸckzubekommen. Oder sie kšnnten uns dazu verleiten, selbst zu tšten. Wir werden heute Nacht eine Wache aufstellen, aber dieses Mal mŸssen wir den Verlust eben hinnehmen.Ç Alle wussten, dass er Recht hatte, aber Abel und einige andere junge MŠnner konnten es kaum akzeptieren. Der Raub dieser fŸnf Pferde war ein gro§er Verlust fŸr die Reisenden. Jetzt mussten die anderen Lasttiere schwerer beladen werden und schlie§lich blieben einige der schweren FarmgerŠte zurŸck, weil man sie nicht weiter transportieren konnte. Aber unter dem Zuspruch ihres Pastors dankte die Gemeinde Gott am nŠchsten Morgen, dass keine Toten zu beklagen waren, und dass sie sich noch immer auf dem Weg nach Westen befanden.
***
John Myers und die anderen jungen MŠnner hielten Wort und wechselten sich ab, David jeden Tag zu tragen, so dass Anna ihn nur noch sehr selten tragen musste. Anfangs ging sie immer dicht nebenher, mit einem wachenden Auge auf David. Aber die jungen MŠnner waren sehr vorsichtig beim Heben und Tragen, so dass sie nach einigen Tagen die Sorge verlor und entspannt mit ihren 80
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Freundinnen gehen konnte, weil sie wusste, dass ihr Sohn in guten HŠnden war. David, erleichtert seiner Mutter nicht mehr eine stŠndige BŸrde zu sein, konnte die Reise und die Gesellschaft der jungen MŠnner genie§en. Auch sie schienen das Zusammensein mit David sehr zu mšgen und wetteiferten manchmal untereinander, wer ihn wohl zuerst zum Lachen bringen kšnne. Aber David war in diesen Tagen selten zum Lachen zumute. Er hatte einfach nicht die Kraft dazu. Meist war er zufrieden damit, seinen Kopf auf die starke Schulter seines Helfers zu legen und die EindrŸcke des Waldes zu genie§en. Abends erzŠhlte er dann seiner Mutter von dem Rehkitz, das er hinter einem Busch entdeckt hatte, oder von dem Specht, den er wŠhrend der Mittagsrast an einen Baum hatte klopfen hšren. Der Weg wurde immer unwegsamer und war manchmal kaum noch auszumachen. UmgestŸrzte BŠume mussten aus dem Weg gerŠumt werden. Manchmal ging es auf steinigem Grund steil bergan. Es wŠre fŸr eine kleine Gruppe von MŠnnern nicht schwierig gewesen, aber eine gro§e Gruppe von etwa einhundertundfŸnfzig Menschen, darunter Frauen und Kinder, Gro§mŸtter und SŠuglinge, zusammen mit verschiedenen Haustieren, Packpferden, KŸhen und Ziegen, konnte nur sehr langsam durch den dichten Wald gefŸhrt werden. 81
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Obwohl David die Gesellschaft seiner jungen TrŠger sehr mochte, war er doch immer besonders dankbar, wenn Vater Zeisberger abends an ihrem Feuer anhielt, um sich zu erkundigen, wie seine Mutter und er zurechtkamen. David meinte, er mŸsse immer ein fršhliches Gesicht zeigen, auch wenn er traurig oder mŸde war. Aber Vater Zeisberger gegenŸber musste er sich nicht verstellen. ÈWie geht es dir heute Abend, David?Ç, fragte der Pastor eines Abends, als Anna damit beschŠftigt war, Moos und junge Tannennadeln fŸr Davids Bett zu suchen. ÈIch hšre dich nie klagen, aber deine Mutter sagt, dass du nur sehr wenig isst.Ç David zuckte die Achseln. ÈIch wei§, dass ich ihr zuliebe versuchen sollte, mehr zu essen. Aber É, ich genie§e diese Reise wirklich. Jeder Tag ist anders. Gestern zum Beispiel watete James mit mir in einen Fluss hinein, und am Ende musste er schwimmen und ich war auf seinem RŸcken. Das war ein Abenteuer!Ç David musste lachen, als er sich daran erinnerte, wie das eiskalte, rei§ende Wasser ihm plštzlich bis zum Hals gestanden hatte. Dann merkte er, dass Zeisberger ihn immer noch mit prŸfenden Augen ansah. Das Lachen erstarb. ÈWenn die Schmerzen so stark werden, dass ich weinen mšchte, halte ich mich ganz fest an meinen Heiland. Ich lasse nicht los, Tag und Nacht. Ich wei§, dass Jesus bei mir ist. Er fŸhrt mich, egal wohin ich gehen soll.Ç 82
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ÈEgal wohin, David?Ç, hakte Zeisberger nach. ÈHast du gar keine eigenen WŸnsche?Ç Woher kannte Vater Zeisberger den Wunsch, der in ihm brannte? David traute sich selbst kaum daran zu denken, weil er Angst hatte, dadurch mit Gottes Willen nicht Ÿberein zu stimmen. ÈNa jaÇ, gestand er zšgernd ein, Èich habe schon einen Wunsch É, aber ich mšchte ihn aufgeben Ð wenigstens mšchte ich den Willen haben, ihn aufzugeben.Ç Vater Zeisberger lŠchelte. ÈNur weiter, David. SagÕs mir.Ç ÈNunÇ, sagte der Junge leise, Èich mšchte gern lang genug leben, um mit euch zusammen ins Gelobte Land einzuziehen. So weit zu kommen und es dann doch nicht zu sehen ÉÇ Es war schwierig fŸr ihn, die mšgliche EnttŠuschung in Worte zu fassen. ÈMeinst du, dass ich es schaffe, Vater Zeisberger?Ç Der Pastor neigte nachdenklich den Kopf. ÈDu hast die Reise bis hierhin gut verkraftet. Ich sehe keinen Grund, warum dein Wunsch nicht in ErfŸllung gehen sollte. Aber wenn Gott andere PlŠne hat, David, wŠrst du auch bereit, vorher in den Himmel zu gehen?Ç David nickte ernst. ÈJa, ich glaube schon. Bereit É und gewillt. Aber ist es falsch, Ihn zu bitten, dass ich unsere neue Heimat sehen darf, ehe ich sterbe?Ç 83
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Vater Zeisberger schŸttelte den Kopf. ÈNein. Bitte ohne Scheu. Mšge Gott dir deinen Wunsch erfŸllen!Ç Die beiden sa§en in zufriedenem Schweigen neben dem kleinen Feuer, das knackte und knisterte. Dann sagte David: ÈKannst du dich erinnern, wie du gesagt hast, dass Gott eine besondere Aufgabe fŸr mich haben muss, sonst hŠtte Er mir nicht so viele PrŸfungen auferlegt, um mich vorzubereiten?Ç Der Pastor nickte. ÈJa, ich erinnere mich.Ç ÈIrgendeine Aufgabe auf Erden oder im Himmel, hast du gesagt.Ç David hielt inne und dachte kurz nach. Er wollte Gottes Willen wirklich annehmen, aber es war schwer, so hilflos zu sein. ÈIch denke, es muss eine Aufgabe im Himmel sein. Es scheint nichts zu geben, das ich auf Erden tun kšnnte.Ç ÈWirklich gar nichts?Ç ÈNa ja, ich versuche meiner Mutter ein guter Sohn zu sein, aber das ist auch schon alles.Ç ÈAlles? Das ist nicht alles. Zuallererst bist du fŸr deine Mutter die grš§te Freude, die sie hat. Wer kann das ermessen? Nur eine Mutter, die von einem rebellischen Kind verletzt wird, kann nachfŸhlen, was das fŸr ein gro§es Geschenk ist. Zweitens kannst du Gott dienen, indem du Ihn liebst und Ihm všllig vertraust.Ç ÈAber das ist doch einfach!Ç, protestierte David. ÈDas ist doch keine Arbeit.Ç 84
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Vater Zeisberger schŸttelte den Kopf. ÈNein, David, das stimmt nicht. Die schwerste Arbeit besteht fŸr viele Menschen darin, dass sie lernen mŸssen, Gott zu lieben und Ihm mit ihrem ganzen Leben zu vertrauen.Ç
*** Josef hšrte neben sich die gleichmŠ§igen AtemzŸge seines Vaters, die von leisen SchnarchgerŠuschen begleitet wurden. Das Lager war heute nach einem anstrengenden Marsch von mŸden Wanderern aufgebaut worden. Sie waren an diesem Tag nicht sehr viel weiter gekommen. Aber Josef war nicht mŸde. Die unwegsame Strecke hatte fŸr ihn eine Herausforderung bedeutet. Seine Muskeln wurden stŠrker und er konnte den ganzen Tag marschieren, ohne au§er Atem zu geraten. Der Indianerjunge stand von seiner Decke auf und beschloss, eine Runde um das Lager zu laufen. Vielleicht wŸrde er davon mŸde werden. Seit dem Pferdediebstahl schliefen mindestens zwei MŠnner drau§en, wo die Pferde angebunden waren, und noch einmal zwei bei den anderen Tieren. Er wollte nicht fŸr einen Pferdedieb gehalten werden, also ging er ein wenig in den Wald hinein, vom Lager weg, und atmete tief die warme Waldluft ein. Obwohl das Mondlicht durch die Baumwipfel schien, sah Josef den Mann nicht, der plštzlich 85
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hinter einem Baumstamm hervortrat. Er stie§ fast mit ihm zusammen. Josef hŠtte fast geschrien, so sehr war er erschrocken, aber der Mann legte einen Finger an die Lippen und hob seine andere Hand in freundschaftlichem Gru§. Dann trat er aus dem Schatten und im Mondlicht war sein Gesicht zu erkennen. Opeechee. Der Mohegan winkte Josef heran und trat zurŸck in den Schatten. Josef zšgerte. Er sah zurŸck auf das schlafende Lager. Einige kleine Feuer, die noch nicht ganz erloschen waren, glŸhten noch hier und da. Er sollte umkehren. Er konnte John Myers warnende Stimme fast hšren: Was wollte Opeechee mitten in der Nacht? Opeechee tauchte wieder auf. ÈHab keine AngstÇ, flŸsterte er. ÈIch mšchte nur mit dir reden. Komm, wir setzen uns unter die dicke Eiche; weiter gehen wir nicht.Ç Ein wenig beruhigt Ð und neugierig Ð folgte Josef dem Indianer einige Meter weiter in den Wald hinein und setzte sich mit ihm unter eine stattliche Eiche. ÈWarum marschierst du mitten in der Nacht durch den Wald?Ç, wollte Josef wissen, die Stimme kaum lauter als ein FlŸstern. Opeechee lachte leise. ÈIch kšnnte dich dasselbe fragen, mein FreundÇ, schmunzelte er. ÈAber es ist eine faire Frage. Es stimmt, dass ich deinen 86
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Leuten nachgegangen bin. Aber wie du wei§t, ist die Cousine von ÝSilbernes MesserÜ bei euch. Da diese Bauern sich ja nicht selbst verteidigenÇ Ð Spott lag nun in seiner Stimme Ð Èwill ich mich darum kŸmmern, dass ihr nichts geschieht.Ç Vielleicht, vielleicht auch nicht, dachte Josef zweifelnd. Er war selbst Ÿberrascht, als er herausplatzte: ÈUns sind letzte Nacht fŸnf Packpferde gestohlen worden.Ç ÈAch!Ç, meinte der Mohegan. ÈUnd du glaubst, dass ich das gewesen war? SŠ§e ich hier und wŸrde mit dir reden, wenn ich eure Pferde gestohlen hŠtte?Ç ÈWer war es dann?Ç, fragte Josef geradeheraus. Der Indianer hob die Schultern. ÈIch habe eine Gruppe Irokesen auf dem Weg gesehen.Ç Josef schwieg. Auch er hatte die Irokesen gesehen Ð oder er dachte, sie gesehen zu haben. ÈIch hatte gehofft, dass du mir noch einmal Ÿber den Weg lŠufst, JosefÇ, sprach Opeechee mit freundlicher Stimme weiter. ÈIch bin neugierig zu wissen, was deine Leute glauben und aus welchem Grund ihr diese beschwerliche Reise weg vom Susquehanna-Fluss unternehmt.Ç Josef war Ÿberrascht. ÈAch! Du bist ein Suchender, warum kommst du nicht zu unserem Lagerfeuer und unterhŠltst dich mit meinem Vater oder Bruder Heckewelder oder mit Vater Zeisberger. Sie wŸrden sich freuen Ð.Ç 87
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ÈNein!Ç, fiel Opeechee ihm mit schneidender Stimme ins Wort. ÈSie werden mir nicht zuhšren. Aus irgendeinem Grund mšgen sie mich nicht É, deshalb komme ich zu dir. Du hast dich als wahrer Mann verhalten, indem du einem Mann die Chance gibst zu sprechen, ehe du ein Urteil fŠllst.Ç Diese schmeichelhaften Worte lie§en Josef Ÿber Opeechees Reden ins GrŸbeln geraten. Aber als er merkte, wie lange er schon vom Lager fort war, wurde er doch unruhig. ÈIch É, es tut mir leid. Ich muss jetzt zurŸck, ehe man mich vermisst. Vielleicht ein anderes Ð.Ç ÈJaÇ, sagte Opeechee, Èmorgen Nacht, wenn die Lagerfeuer erloschen sind, werde ich auf dich warten.Ç Und fast ohne einen Laut kam Opeechee auf die FŸ§e und verschwand in der Dunkelheit.
*** Josef stellte fest, dass er sich auf das geheime Treffen mit Opeechee freute. Das war ein weiteres StŸck Abenteuer und Aufregung auf dieser Reise. Warum hatte Opeechee gerade ihn ausgesucht Ð aus all den anderen Leuten? Josef war erst vierzehn, aber Opeechee sprach schon von Mann zu Mann mit ihm, das war mehr, als sein Vater oder John Myers oder seine Lehrer taten. Josef fŸhlte sich gut. Hatten all die anderen Opeechee falsch eingeschŠtzt? War Josef der Einzige, der bereit war, Opeechee eine Chance zu geben? 88
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Am nŠchsten Abend blieb sein Vater allerdings lange auf. Er sprach mit Vater Zeisberger, Bruder Heckewelder und einigen anderen MŠnnern, welche Route man Ÿber die unwegsamen dicht bewaldeten Berge wŠhlen sollte. Josef ging zu Bett, als er dazu aufgefordert wurde und schloss die Augen, bis sein Vater zu Bett kam. Aber als er die Augen wieder šffnete, zwitscherten fršhlich die Všgel und der Himmel wurde schon hell. Josef kam sich dumm vor. Was wŸrde Opeechee nun von ihm denken? Er schaffte es nicht einmal, bis zu seiner Verabredung mit Opeechee wach zu bleiben, wie er es versprochen hatte. Nun, er hatte es ja nicht direkt versprochen, aber Opeechee hatte ihn erwartet. Er war entschlossen, dass sich so etwas nicht wiederholen wŸrde und machte die Augen nicht zu, bis sein Vater fest eingeschlafen war. Dann schlich er leise in den Wald. Er wusste nicht, wo er nach Opeechee suchen sollte, aber das machte nichts aus. Opeechee fand ihn. Sie setzten sich auf einen Baumstamm und redeten. Josef war erleichtert, dass der Indianer ihm keine Fragen nach den Inhalten des christlichen Glaubens stellte. Stattdessen erzŠhlte er dem Jungen von seiner eigenen Kindheit und Jugend in einem Dorf der Mohegan-Indianer. Er beschrieb die Feste, Zeremonien und TŠnze, die Bestandteil jeder Jahreszeit waren, wie den Jungen jagen und fischen gelehrt wurde und wie man 89
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Speere, KnŸppel, Pfeil, Bogen und Messer gebrauchte. Josef bekam eine GŠnsehaut, als Opeechee erzŠhlte, wie er das erste Mal mit seinem Stamm auf den Kriegspfad gezogen war, um fŸr einen HŠuptling Rache zu nehmen, der von einem wei§en Mann erschossen worden war. ÈDu bist ein guter ZuhšrerÇ, lobte ihn Opeechee. ÈKomm morgen wieder und dann reden wir wieder.Ç Aber auch als er neben seinem Vater unter die Decke gekrochen war, konnte Josef nicht schlafen. Er war všllig durcheinander. Warum erzŠhlte Opeechee ihm das alles? Manche der Geschichten waren seltsam Ð wie die von dem Maskentanz und anderen Ritualen, um Leute von Krankheiten zu heilen. Er war entsetzt gewesen, als Opeechee beschrieb, wie ein junger Krieger Skalps nach Hause bringen musste, um seinen Mut unter Beweis zu stellen. Aber bei Opeechee hšrte sich alles so logisch an, als ob die †berfŠlle auf wei§e Siedler und die Massaker an feindlichen StŠmmen, der einzig ehrenvolle Weg wŠren, die althergebrachten indianischen Traditionen zu bewahren. Welche echten Indianer wŸrden sich von irgendwelchen Leuten so einfach ihre Frauen oder ihr Land wegnehmen lassen É oder ihre Packpferde? Josef war fasziniert. Er musste zugeben, dass die Geschichten aufregend und spannend waren Ð viel aufregender, als das ruhige friedliche Leben der christlichen Indianer in FriedenshŸtten. 90
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Mutiges Herz
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osef schlich sich nicht jeden Abend davon, um Opeechee zu treffen. Er hatte Angst, sein Vater kšnnte etwas herausfinden. Obwohl Josef ein schlechtes Gewissen hatte, etwas hinter seines Vaters RŸcken zu tun, tršstete er sich damit, dass Opeechee manchmal nach dem christlichen Glauben fragte. WŸrden nicht die bšhmischen Missionare, ja sogar sein Vater, es begrŸ§en, dass er mit Opeechee Ÿber das Evangelium sprach? War es nicht genau dasselbe, was Vater Zeisberger auf seinen Reisen zu den verschiedenen IndianerstŠmmen tat? Und einige von ihnen waren viel brutaler und gefŠhrlicher als Opeechee, der Mohegan-Indianer. Aber manchmal verwirrten Opeechees Kommentare Josef. ÈSag mir eins, JosefÇ, begann Opeechee eines Abends, als sie an einem kleinen Bergbach, wenige hundert Meter vom Lager entfernt, sa§en. ÈAngenommen, der Gro§e Geist gab dem wei§en Mann die Bibel, wie sollte ihm das denn helfen?Ç Wie sollte ihm das denn helfen? Das ist eine einfache Frage, dachte Josef. ÈNun, es hilft ihnen sehrÇ, sagte er offenherzig. ÈSieh dir Vater Zeisberger an Ð.Ç 91
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ÈJa, ja, euer Zeisberger meint es gutÇ, fiel Opeechee ihm ins Wort, Èauch wenn er Krieger Ÿberredet, zu Hause zu bleiben und Bauernarbeit wie die Frauen zu verrichten, und gegen eure Feinde nicht mit Waffen zu kŠmpfen.Ç Josef fŸhlte sich unbehaglich. Er kannte Opeechees beleidigenden Spott von frŸheren GesprŠchen. ÈAberÇ, rŠumte Opeechee ein, Èer behandelt die Indianer anstŠndig und ist ehrlich. Aber wie viele Wei§e sind so wie er? Schau dir an, wie verlogen die meisten sind! Sie schlie§en VertrŠge und brechen sie im nŠchsten Moment wieder, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie beschlagnahmen einfach Indianerland, ohne zu bezahlen. Sie sagen eine Sache und tun eine ganz andere. Sie treiben Tauschhandel, um unsere wertvollen Felle, Kanus und die schšnen geflochtenen Kšrbe zu bekommen Ð und geben uns im Gegenzug Alkohol, der unseren Kopf auffrisst und uns verrŸckt macht. So! ErklŠrÕ mir das, Josef. In welchem Punkt sind die Wei§en mit ihrer Bibel besser, als die Indianer ohne sie?Ç Josef schwieg. Er fŸhlte sich in die Enge getrieben Ð sa§ in der Falle. Vielleicht hatte Opeechee Recht. Denn sogar Vater Zeisberger traute den meisten Siedlern nicht Ÿber den Weg! Und das war ja auch der Grund, warum die christlichen Indianer jetzt diese Reise machten. Um wegzukommen von all den RassenkŠmpfen, Kriegen 92
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und Alkoholausschweifungen, die immer mit den Siedlern kamen.
*** Am nŠchsten Abend versuchte David den Maisbrei mit frischer Milch zu essen, den seine Mutter ihm als Abendessen zubereitet hatte, aber er hatte keinen Hunger. Der Schmerz in seiner HŸfte verursachte ihm †belkeit und es war fast unmšglich, etwas zu essen. Aber Anna stand da, die HŠnde auf den HŸften, und beobachtete ihn. Also schaufelte er einen weiteren Lšffel in den Mund. ÈDavid! David!Ç, rief Josef von weitem. Einen Augenblick spŠter kam er angerannt und lie§ sich neben dem kleinen Feuer auf die Erde plumpsen. David lŠchelte ihn an. Er sah Josef nicht mehr so oft wie frŸher zu Hause, aber sein Freund brachte immer Abwechslung in seinen gleichfšrmigen Tagesablauf. ÈRate mal was passiert ist!Ç, keuchte Josef. ÈWir gehen morgen wieder auf die Jagd! Und Bruder Heckewelder sagt, dass ich sein Gewehr mitnehmen darf, weil er nicht mitgeht Ð wenn mein Vater es erlaubt, aber ich bin sicher, dass erÕs erlaubt!Ç ÈSchon wieder jagen?Ç, sagte David. ÈAber ihr seid doch gerade erst letzte Woche gegangen und mit fŸnf Rehen nach Hause gekommen Ð von dem BŠren und der kleinen Beute ganz zu schweigen.Ç ÈHa, das ist doch gar nichts!Ç, tšnte Josef. ÈEs braucht eine Menge Fleisch, um diese vielen 93
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Menschen zu ernŠhren, besonders weil wir hier jetzt keine GŠrten haben. Au§erdem hat Vater Zeisberger es angeordnet, und du wei§t, dass er uns niemals jagen lŠsst, wenn es nicht unbedingt notwendig ist.Ç David runzelte die Stirn. Er hšrte einen spšttischen Unterton in Josefs Stimme. ÈAu§erdemÇ, sprach Josef weiter, wŠhrend er kleine SpŠne ins Feuer schnippte, ÈwennÕs nach mir ginge, kšnnten wir jeden Tag auf die Jagd gehen. Dieser Marsch wird langsam langweilig Ð alle auf einem Haufen, jeden Tag, jede Nacht. Hier in der Wildnis gŠbe es jede Menge Spuren zu verfolgen und Wild zu erbeuten. Meinst du nicht, es sollte erlaubt sein, dann jagen zu gehen, wenn man Lust dazu hat? Aber nein, im Gegenteil, es gibt eine Unmenge von Regeln! ÝVerlass das Lager nicht des NachtsÜ, ÝGehe nicht auf die Jagd, au§er wenn du musstÜ.Ç Josef verdrehte die Augen. ÈMeinst du nicht, dass es gute GrŸnde fŸr die Regeln gibt?Ç, fragte David. Er fŸhlte sich hilflos, wenn Josef solche Reden fŸhrte. ÈKann schon seinÇ, gab Josef zu. ÈWas wissen Vater Zeisberger und Bruder Heckewelder schon davon, wennÕs ums Jagen geht? Aber was nŸtzt es mit dir darŸber zu reden, David Ð du hast ja auch keine Ahnung davon.Ç David sah seinen Freund genau an. Es war nicht Josefs Art, solch eine gedankenlose Bemerkung 94
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zu machen. TatsŠchlich, kurze Zeit spŠter sah er, dass Josef das Gesagte bereute. ÈIch wollte nicht gemein sein, DavidÇ, sagte Josef schnell. ÈEs ist nur Ð ich bin so frustriert! Ich glaube nicht, dass ich mich jemals wieder in einer Stadt niederlassen kann, nachdem ich Geschmack an dem freien Leben in der Wildnis gefunden habe.Ç ÈIst schon gut, Josef. Du hast mich nicht verletzt. Aber es bringt mich zum Nachdenken É vielleicht bin ich froh, ein KrŸppel zu sein.Ç ÈWie bitte?Ç, rief Josef laut. ÈWer hat je davon gehšrt, dass jemand dankbar dafŸr war, nicht laufen zu kšnnen!Ç ÈNajaÇ, sagte David langsam, Èwenn ich kein KrŸppel wŠre, wŠre ich vielleicht genauso rastlos wie du.Ç Josef starrte ihn an Ð sprachlos. In der Stille, die nun folgte, hšrte David seine Mutter rufen: ÈIsst du auch dein Abendessen, David?Ç Er schob schnell einen Bissen in den Mund und verzog das Gesicht. Der Brei war jetzt kalt und klumpig wie BŠrenfett. ÈNaja, vielleicht hast du ja RechtÇ, murmelte Josef vor sich hin. ÈIch wŸnschte nur, ich kšnnte halb so glŸcklich sein wie du.Ç Besorgt, entschloss David sich dazu, seinen Freund nach etwas zu fragen, das ihm keine Ruhe lie§. ÈJosef, mit wem hast du dich letzte 95
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Nacht getroffen, als du aus dem Camp geschlichen bist?Ç Sein Freund sah Ÿberrascht aus. ÈWas? Wie kommst du darauf, dass ich letzte Nacht das Lager verlassen habe?Ç ÈIch habe dich gesehenÇ, war die einfache Antwort. ÈMeine HŸfte tat so weh, dass ich nicht schlafen konnte. So habe ich aus dem Unterstand hinaus geschaut und habe dich in den Wald gehen sehen É und dann war da noch jemand Ð ein Mann Ð der mit dir ging.Ç Wieder starrte Josef ihn an. Dann seufzte er. ÈNun, ich hatte schon seit einiger Zeit das BedŸrfnis, dir davon zu erzŠhlen. Aber dann hatte ich Angst, du wŸrdest mir sagen, dass ich etwas Falsches tue.Ç ÈNun, ist es denn so? Ich meine, tust du etwas Falsches?Ç ÈIn Ordnung. Ehe du etwas Falsches denkst, erzŠhle ich dir besser, worum es geht. Der Mann war Opeechee, der Mohegan Ð der Cousin von deiner Mutter. Und nein, wir haben nichts schlimmes getan. Wir haben uns nur unterhalten. Alle denken, dass er ein schlechter Mensch ist, aber er ist sehr freundlich. Letzte Nacht hat er sogar Fragen Ÿber unseren Glauben und die Bibel gestellt!Ç David dachte nach. ÈDas ist gut, É glaube ich. Aber wenn er etwas Ÿber den Glauben wissen 96
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mšchte, warum spricht er nicht mit deinem Vater oder Bruder Heckewelder oder Vater Zeisberger, anstatt mit einem Jungen wie dir?Ç ÈHa! Er sagt, dass sie ihn nicht mšgen, deshalb geben sie ihm keine Chance. Und au§erdem behandelt er mich nicht wie einen Jungen. Er spricht mit mir von Mann zu Mann. †brigens sagt Opeechee, dass man ein JŠger oder Krieger und auch ein guter Christ sein kann, genauso sehr wie als Bauer. Und das leuchtet mir ein.Ç Der stolze Ton in Josefs Stimme beunruhigte David. Konnten alle Lehrer und GlŠubigen im Dorf Unrecht haben, und Josef hatte Recht? ÈAch JosefÇ, sagte er und legte seinem Freund eine Hand auf den Arm. ÈIch wŸnschte, du hŠttest mit Opeechee nichts mehr zu tun. Ich befŸrchte, er mšchte dich uns abspenstig machen und dich als Krieger in seinem Stamm haben. Und das bedeutet mehr als nur Jagen. Das wŸrde eine RŸckkehr zu all den alten BrŠuchen bedeuten Ð die Feste, das Opfern, das KŠmpfen und Tšten. Wei§t du, wenn er ehrlich wŠre, wŸrde er einfach zu uns ins Lager kommen und mit uns reden und nicht in der Dunkelheit herum schleichen. Bitte, Josef! Versprich mir, dass du nicht mehr mit ihm redest!Ç Josef riss seinen Arm weg. ÈDu redest Unsinn, David, genau wie alle anderen. Ich wŸnschte, ich hŠtte es dir nicht erzŠhlt. Ich wette, du erzŠhlst es meinem Vater.Ç 97
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David blinzelte. ÈDu meinst, dein Vater wei§ Ÿberhaupt nichts davon?Ç Josef zog die Schultern hoch. ÈWarum hŠtte ich es ihm sagen sollen? Er wŸrde blo§ wieder mit einer seiner Belehrungen ankommen.Ç ÈAber es ist falsch, deinem Vater so etwas zu verheimlichen. Und das wei§t du auch.Ç Die Jungen schwiegen. Eine Gruppe aufgeregt diskutierender junger MŠnner kam vorbei. ÈJohn und Abel haben heute Opeechee, den Mohegan, mit einigen Kriegern gesehen!Ç, berichtete einer gerade. ÈDas bedeutet, dass sie uns schon seit Tagen auf den Fersen sindÇ, meinte ein anderer. ÈSie haben bestimmt etwas Schlechtes im Sinn.Ç ÈNicht, wenn wir es verhindern kšnnenÇ, sagte ein dritter. ÈHeute Nacht sind um das ganze Lager Wachen aufgestellt Ð ich bin schon fŸr die dritte Wache eingeteilt.Ç Die Stimmen wurden leiser, als die jungen MŠnner zwischen den Pinien und BŸschen verschwanden, die vereinzelt im Lager standen. Josefs Augen trafen Davids. ÈIch É ich wusste nicht, dass er mit Kriegern unterwegs ist Ð ehrlich, DavidÇ, flŸsterte er. ÈVielleicht hast du Recht. Ich verspreche, dass ich nicht mehr aus dem Lager gehe, um ihn zu treffen.Ç ÈUnd was ist, wenn du ihn zufŠllig im Wald triffst?Ç, wollte David wissen. 98
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ÈNun, dann kann ich nichts dafŸr. Ich kann doch nicht unhšflich ÉÇ ÈJosef, bitte versprich mir, dass du Ÿberhaupt nichts mehr mit ihm zu tun haben wirst! Sonst hast du nur €rger.Ç ÈIch habe dir schon ein Versprechen gegeben. Reicht das nicht?Ç Josef sprang auf die FŸ§e. ÈGute Nacht, David. Wir mŸssen morgen wegen der Jagd frŸh aufstehen.Ç David schaute seinem Freund nach, bis er in der Dunkelheit hinter dem Feuer verschwunden war. ÈAch JosefÇ, flŸsterte er. ÈWenn du nicht auf mich hšren willst, werde ich Gott bitten, zu deinem Herzen zu sprechen.Ç
***
Aber Josef konnte nicht einschlafen. Das lag nicht nur an der Aufregung wegen der Jagd. Er dachte Ÿber das nach, was er zusammen mit David gehšrt hatte: Ÿber Opeechee und den Trupp Krieger. Er hatte die ganze Zeit ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er hinter dem RŸcken seines Vaters aus dem Lager geschlichen war. Nicht das sein Vater ihm jemals verboten hŠtte, mit Opeechee zu sprechen; er war ziemlich sicher, dass nur John Myers und David wussten, dass er den Mann bei der letzten Jagd zufŠllig getroffen hatte. Aber er wusste, dass sein Vater es nicht guthei§en wŸrde. Und dann beschŠftigte ihn et99
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was, das David gesagt hatte: Wenn Opeechees Absichten ehrenhaft wŠren, wŸrde er offen ins Lager kommen. Ja, die €ltesten wŸrden vielleicht misstrauisch sein, aber sie wŸrden ihn erst einmal in Ruhe anhšren. Also, warum trat Opeechee nicht offen auf und warum hatte er einen Trupp Krieger bei sich? War es zum ÝSchutzÜ wie er gesagt hatte? Oder gab es einen ganz anderen Grund? GleichgŸltig was nun die Wahrheit war, Josef hatte das GefŸhl, dass er zu weit in die Sache hinein zu rutschen drohte. Als die MŠnner sich am nŠchsten Morgen zur Jagd fertigmachten, hatte Josef einen Entschluss gefasst. Er rannte schnell hinŸber zu dem Platz, wo Anna schon damit beschŠftigt war, den Unterstand abzubrechen. Dann flŸsterte er David ins Ohr: ÈDu musst dir keine Sorgen mehr um mich machen, David. Ich habe beschlossen, Opeechee zu vergessen und mich nicht mehr um ihn zu kŸmmern.Ç Mit zerzausten Haaren und ŸbernŠchtigtem Gesicht lŠchelte David. ÈDas wusste ichÇ, sagte er einfach. ÈIch habe die ganze Nacht fŸr dich gebetet.Ç Das Ausma§ von Davids Anteilnahme machte Josef verlegen. ÈIch bin so viel MŸhe gar nicht wert, David. Verzichte wegen mir nicht auf deinen Schlaf.Ç Und damit war er weg, Bruder Heckewelders Flinte Ÿber der Schulter. 100
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Josef lie§ alle Gedanken an David und Opeechee au§er Acht, als er mit seinem Vater und den anderen durch den Wald streifte. Am Tag zuvor waren hŠufig Rehe gesichtet worden. Es schien, als ob es eine erfolgreiche Jagd werden wŸrde. Aber es war schon fast Nachmittag, als die ersten Rehe aus ihrem Versteck in einer kleinen Senke gescheucht werden konnten. Die JŠger verteilten sich zu zweit im Wald. ÈBleibÕ bei mirÇ, sagte John Shabosh zu seinem Sohn. ÈIch habe einen Rehbock hier entlang laufen sehen.Ç Vater und Sohn verfolgten das Tier geduldig, aber jedesmal, wenn sie in Schussweite kamen, hob der Rehbock nervšs den Kopf und sprang weg. ÈSchauÕ dir seine FŠhrte anÇ, sagte Josefs Vater. ÈEr ist hinunter in diese Senke gestiegen. LaufÕ du doch um den Rand herum, damit du vor ihn kommst, wŠhrend ich hinter ihm hergehe und ihn zu dir treibe. Dann kannst du schie§en.Ç Mit hochrotem Kopf und klopfendem Herzen stieg Josef schnell auf den steinigen Rand der Senke. Sein Vater vertraute ihm als Jagdpartner die Verantwortung fŸr diesen Schuss an. Josef wollte ihm beweisen, dass er dieses Vertrauen wert war. Er schŠmte sich dafŸr, wie er seinen Vater hintergangen hatte. Nach der Jagd wollte er seinem Vater alles erzŠhlen und ihn bitten, ihm zu vergeben. Oben angekommen, schlich Josef lautlos durch die Reihen von Birken und AhornbŠumen. Er 101
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war so damit beschŠftigt, mšglichst schnell zum anderen Ende dieser Senke zu gelangen, dass er den Krieger, der sich ihm plštzlich in den Weg stellte, všllig Ÿbersah, bis er fast mit ihm zusammengesto§en wŠre. ÈOpeechee!Ç, rief er erschrocken. ÈIch dachte mir, dass du es bist, Mutiges HerzÇ, sagte der Mohegan weich. ÈIch beobachte dich schon seit einer Stunde und warte auf eine Gelegenheit, mit dir zu sprechen.Ç Mutiges Herz?, dachte Josef verwundert. Wovon redet er Ÿberhaupt? Der Unterschied zwischen den beiden war an diesem Tag gewaltig. Opeechees Gesicht war mit Farbe bemalt und bunte Federn zierten seine Zšpfe. Er trug eine Halskette aus BŠrenklauen, die auf seiner bronzenen Brust glŠnzte. Josef dagegen trug den einfachen Kittel der christlichen Indianer, mit einem GŸrtel zusammengehalten, schlichte Hosen und Mokassins, keine anderen Verzierungen. ÈIch É ich kann heute nicht mit dir redenÇ, stammelte Josef flŸsternd. ÈIch verfolge die Spur eines Rehs, und muss mich beeilen.Ç ÈDas Reh wird auf dich wartenÇ, sagte Opeechee begŸtigend. ÈUnten in der Schlucht gibt es gutes Futter.Ç Dann Šnderte sich sein Tonfall und ein bi§chen anklagend sagte er: ÈMutiges Herz, gestern Abend bist du nicht zu mir gekommen, um dich mit mir zu unterhalten, wie du es versprochen hast.Ç 102
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ÈIch hatte gar nichts versprochenÇ, schoss Josef zurŸck, immer noch mit gedŠmpfter Stimme. ÈIch komme, wenn ich kann É und letzte Nacht konnte ich nicht.Ç 103
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ÈOh?Ç Opeechee zog die Augenbrauen hoch. ÈWas ist mit deinem mutigen Herzen geschehen? Siehst du? Ich hatte dir sogar einen neuen Namen in Anerkennung dieses Versprechens gegeben, tapferer junger Krieger, der mit mir von Mann zu Mann sprechen will, egal was die anderen sagen. Haben die Lehrer in eurem Lager dir gesagt, wie lasterhaft es ist, sich mit einem Mohegan zu unterhalten?Ç Seine Stimme klang jetzt bei§end vor Spott. ÈNeinÇ, antwortete Josef beherzt. ÈSie wissen nicht einmal, dass ich mit dir gesprochen habe.Ç Opeechees Augen verengten sich. ÈDu erzŠhlst ihnen auch besser nichts davon. Das ist eine Sache nur zwischen dir und mir.Ç Josef hob den Kopf. Sein Vater war da unten in der Senke und zŠhlte auf ihn. ÈEs ist nicht richtig, sie zu hintergehen. Ich habe vor, meinem Vater noch heute Abend von unseren Treffen zu berichten.Ç Der Krieger trat drohend einen Schritt auf den Jungen zu. ÈWenn du das tustÇ, zischte er, Èwirst du mit deinem Skalp dafŸr bezahlen!Ç
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Enttäuschtes Vertrauen
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osef stand stocksteif da. ÈIch habe keine Angst vor dirÇ, sagte er entschlossen, straffte die Schultern und griff fest nach seinem Gewehr. Opeechee trat zurŸck und beobachtete Josef vorsichtig. Dann breitete sich ein friedliches LŠcheln auf seinem Gesicht aus und er hielt seine HŠnde in begŸtigender Geste nach oben. ÈIch habe es nicht so gemeint, Mutiges Herz. Ich mšchte nicht deinen Skalp. Ich bin dein Freund. Aber ich sehe keinen Grund, warum du deinem Vater und den anderen von unseren Treffen erzŠhlen solltest. Warum gehst du nicht heute Abend einfach wieder aus dem Lager und wir setzen die Unterhaltung fort, die wir neulich begonnen haben, Ÿber eure Bibel und eure Religion. Und au§erdem habe ich etwas, das ich dir geben mšchte.Ç Josef zšgerte. War es ein Fehler gewesen, David zu versprechen, dass er nicht mehr mit Opeechee sprechen wŸrde? Was war, wenn der Mann wirklich mehr Ÿber Gott wissen wollte? Andererseits konnte er wegen der Wachen, die heute Nacht aufgestellt sein wŸrden, nicht einfach aus dem Lager schleichen, selbst wenn er wollte. 105
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ÈIch É ich kann nicht mehr aus dem Lager herauskommenÇ, sagte er. ÈAb heute werden um das ganze Lager herum Wachen stehen.Ç Wieder wurden Opeechees Augen zu Schlitzen. ÈDas ist ja interessant. Warum? Was soll das?Ç Josef schwieg. ÈSag schon, Junge! Wissen sie, dass ich in der NŠhe bin?Ç Josef nickte. ÈWie viel wissen sie? ErzŠhlÕ mir alles!Ç Widerwillig berichtete Josef, dass Opeechee und seine Krieger von einigen MŠnnern aus dem Lager gesehen worden waren, und dass man daraufhin beschlossen hatte, Wachen aufzustellen. Opeechee schien irritiert zu sein. Er studierte Josef fŸr einige Minuten ganz ausfŸhrlich, die Augen fest auf sein Gesicht geheftet, als ob er scharf Ÿber etwas nachdenken mŸsse. Dann entspannten sich seine ZŸge. ÈNun, dann gebe ich dir das hier eben jetzt schonÇ, sagte er, fasste hinter sich und zog einen wunderschšnen geschnitzten Bogen und einen ledernen Kšcher hervor, in dem mehrere Pfeile steckten. ÈIch habe das fŸr dich gemacht und wollte es dir heute Abend schenken, aber da das nicht mšglich ist É hier Ð nimm sie.Ç Josefs Augen wurden kugelrund vor †berraschung und Freude. Er hatte noch nie einen so schšnen Bogen gesehen. ÈOpeechee!Ç, rief er 106
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und nahm ehrfurchtsvoll Pfeil und Bogen in Empfang. ÈDas hast du fŸr mich gemacht? Wie kann ich dir nur dafŸr danken?Ç Eine Bewegung auf dem Weg hinter Opeechee erregte Josefs Aufmerksamkeit und er schaute auf. Sein Vater kam vom anderen Ende der Schlucht heran. Blitzschnell hatte sich Opeechee umgedreht und war verschwunden. ÈJosef!Ç, sagte sein Vater streng. ÈWas hat das alles zu bedeuten?Ç ÈN-nichts VaterÇ, stotterte Josef. ÈEr sprang mir einfach in den Weg und hat mich angehalten.Ç ÈWei§t du, wer das ist?Ç, wollte Shabosh wissen. ÈJa, Opeechee, der Mohegan.Ç ÈUnser Feind! Und trotzdem bleibst du stehen und schwatzt mit ihm.Ç ÈIch wollte gar nicht, Vater. Aber er lie§ mich nicht durch.Ç ÈDann hŠttest du dich umdrehen und zu mir zurŸckkommen sollenÇ, rŸgte ihn sein Vater. Er sah Josef nachdenklich an. ÈWoher wusstest du, dass es Opeechee, der Mohegan, war?Ç ÈNun, ich habe ihn bei David kennen gelernt, einen Tag, bevor wir aus FriedenshŸtten aufgebrochen sind.Ç Josef holte tief Luft, entschlossen, jetzt seine Entscheidung wahr zu machen und seinem Vater alles zu sagen. ÈIch traf ihn auf der letzten Jagd und manchmal, wenn ich au§erhalb des Lagers unterwegs war.Ç 107
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John Shabosh stand mit vor †berraschung offenem Mund da. ÈDu hast diesen Mann schon šfter getroffen und hast mir nichts davon erzŠhlt? Ich kann das kaum glauben, Josef! Ich dachte, ich kšnnte dir vertrauen!Ç Josef fŸhlte sich hundeelend. Dies lief nicht so ab, wie er gehofft hatte. Er hatte seinem Vater alles von sich aus erzŠhlen und nicht auf frischer Tat ertappt werden wollen. ÈAber Opeechee sagte, niemand aus unserem Dorf wŸrde ihn akzeptieren, oder ihm zuhšren, wenn er etwas sagen wŸrdeÇ, brachte Josef zu seiner Verteidigung vor. ÈIch bin nicht sicher, ob er ein so schlechter Mensch ist. Er fragt viel nach unserem Glauben. Vielleicht mšchte er sich uns irgendwann sogar anschlie§en, wenn wir ihn nicht zu unfreundlich behandeln.Ç Shabosh lachte kurz und spšttisch auf. ÈUnd deshalb macht er sich heimlich an meinen Sohn heran, anstatt wie ein Mann in unser Lager zu kommen und mit den €ltesten zu sprechen.Ç Er beobachtete Josef. ÈSagÕ mir, wie oft und worŸber hat er mit dir gesprochen?Ç Josef zšgerte. Sein Vater war nicht in Versšhnungslaune. Er musste wohl die Wahrheit teilweise fŸr sich behalten. Aber É, seinem Vater einige Dinge nicht zu erzŠhlen war eine Sache; auf direkte Fragen keine Antwort zu geben, war eine andere. Und so kam die ganze Geschichte, 108
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wenn auch teilweise etwas abgeschwŠcht, langsam heraus: die nŠchtlichen SpaziergŠnge au§erhalb des Camps, Opeechees Geschichten Ÿber Indianer-Helden und das Fesselnde an der Jagd, sein UnverstŠndnis fŸr die christlichen Indianer, die Bauern geworden waren (Josef lie§ die verŠchtliche Art Opeechees unerwŠhnt) und seine Fragen Ÿber Inhalte ihres Glaubens. Aber als er das Gesicht seines Vaters ansah, wusste Josef, dass er in den Augen seines Vaters kaum eine grš§ere SŸnde hŠtte begehen kšnnen: nicht nur Machenschaften mit einem Feind ihres Volkes, sondern das Ganze auch noch heimlich hinter seines Vaters RŸcken. Jetzt schien John Shabosh den Bogen und die Pfeile, die Josef in der Hand hielt, zum erstenmal bewusst zu bemerken. ÈWas ist das?Ç, fragte er streng. ÈN-nun, Opeechee hat mir das gegebenÇ, stammelte Josef. ÈHat er sie fŸr dich gemacht?Ç ÈDas hat er gesagt.Ç ÈWirf sie weg.Ç Josef war schockiert. ÈWegwerfen? Warum denn? SchauÕ nur, wie schšn sie sind!Ç ÈKeiner meiner Sšhne wird sich von diesem Mann bestechen lassenÇ, sagte John Shabosh hart. ÈSchmei§Õ sie weg Ð jetzt sofort!Ç 109
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Josefs GefŸhle brodelten. Das war nicht gerecht! Er hatte seinem Vater jetzt alles erzŠhlt. Er hatte sowieso schon beschlossen, Opeechee nicht mehr zu treffen. Was hier auf dem Pfad passiert war, war doch nicht seine Schuld Ð der Mann hatte ihm aufgelauert. Warum sollte er einen absolut perfekten Bogen wegwerfen, der dreimal besser war als sein eigener? ÈJetzt sofort!Ç, verlangte sein Vater. Voller Wut schleuderte er den Bogen zusammen mit den Pfeilen in die BŸsche. John Shabosh schien gerade etwas sagen zu wollen, da kamen zwei der anderen JŠger angerannt. ÈJohn! Josef!Ç, schrien sie, erhitzt und aufgeregt. ÈHabt ihr eine Gruppe Mohegan-Krieger getroffen?Ç ÈNein, eine Gruppe nichtÇ, sagte John ironisch. ÈWarum? Was ist passiert?Ç Beide sprachen aufgeregt durcheinander und erzŠhlten, wie sie damit beschŠftigt gewesen waren, ein erlegtes Reh auszunehmen, als sie plštzlich von einem Dutzend Mohegans auf Pferden umringt worden wŠren. Dann hŠtten die MŠnner sie beiseite gesto§en, das Reh geschnappt und auf ein Pferd gelegt und wŠren dann lachend davon geritten. ÈUnd was das Ganze noch schlimmer machtÇ, brachte einer der beiden bitter hervor, Èzwei der 110
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Pferde gehšrten zu denen, die uns letzten Sonntag gestohlen wurden!Ç ÈWir mŸssen schnellstens die anderen findenÇ, sagte John Shabosh und ging mit gro§en Schritten in Richtung des verabredeten Treffpunktes. Josef trottete hinterher, tief versunken in Selbstmitleid. Als sie mit den anderen JŠgern zusammentrafen stellte sich heraus, dass noch andere von den Mohegans Ÿberfallen und ihrer Beute beraubt worden waren. Von den sieben Rehen, die sie an diesem Tag erlegt hatten, waren nur noch drei Ÿbrig geblieben, die sie ihren hungrigen Weggenossen mitbringen konnten. Alle waren sehr aufgebracht. ÈDas ist unverschŠmt!Ç, machte James sich Luft. Er war einer der jungen MŠnner, die beraubt worden waren. ÈIch gebe zu, dass ich vorhin gewŸnscht habe, nur eine Minute lang wieder ein UnglŠubiger zu sein, gerade lange genug, um diese Unruhestifter hiermit bekannt zu machen.Ç Er schwenkte vielsagend sein Gewehr. ÈGenau!Ç, schnaubte auch Seth wŸtend. ÈSolche †bergriffe dŸrfen wir nicht so einfach hinnehmen. Wir ermutigen sie nur, sich noch schlimmer zu benehmen.Ç ÈIch verstehe euren €rgerÇ, sagte einer der Šlteren MŠnner, ein grauhaariger Seneca, der immer noch fit und stark war. ÈAber was hŠtten zwei 111
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MŠnner gegen ein Dutzend Krieger ausrichten kšnnen Ð selbst wenn in unserer Bibel nicht stŸnde, dass man Bšses nicht mit Bšsem vergelten soll?Ç Josef bemerkte, dass sein Vater ungewšhnlich schweigsam war. Als einer der Respektiertesten unter den €ltesten des Dorfes war er gewšhnlich schnell in der Lage, die jungen Hei§sporne zu beruhigen, die mit der Lehre der Bšhmischen BrŸder, absolut gewaltfrei zu leben, manchmal Probleme hatten. Diese Lehre stellte es in den Vordergrund Èdie andere Wange hinzuhaltenÇ und fŸr seine Feinde zu beten statt Vergeltung zu Ÿben. Aber alles, was er abschlie§end sagte, war: ÈKommt jetzt, wir mŸssen schnell zurŸck zu den anderen.Ç
*** ÈJosefÇ, sagte John Shabosh ernst, Èich Ÿbernehme die nŠchste Wache. Ab in dein Bett Ð und du bist besser noch dort, wenn ich zurŸckkomme.Ç Es war spŠt. Die Lagerbewohner hatten MŸhe gehabt, zur Ruhe zu kommen, nachdem die JŠger mit der Geschichte von den †berfŠllen und dem Diebstahl der vier Rehe zurŸck kamen. ÈDu musst dir keine Sorgen machen, VaterÇ, sagte Josef mŸrrisch. ÈIch habe dir doch schon gesagt, dass ich beschlossen habe, nicht mehr mit Opeechee zu reden.Ç 112
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John Shabosh antwortete nicht, sondern ging mit gro§en Schritten an verschiedenen Lagerfeuern vorbei auf seinen Wachposten. Er war nicht froh darŸber, Josef allein zurŸcklassen zu mŸssen. Wie oft hatte sich der Junge davongeschlichen, um sich mit diesem É diesem Heiden zu treffen? Aber gleichzeitig wollte er die Umgebung des Camps selbst unter Bewachung haben. Denn offensichtlich wurden Opeechee und seine Krieger immer frecher in ihrem Vorgehen. Drei MŠnner hielten gemeinsam Wache. Alle gingen langsam um das Lager herum, immer im etwa gleichen Abstand. Als John den Šu§eren Rand des Lagers kontrollierte, fiel ihm eine vertraute, drahtige kleine Gestalt auf, die durch das Lager lief. ÈVater Zeisberger!Ç, rief er. ÈWŸrdest du mir bitte ein wenig Gesellschaft leisten?Ç ÈNatŸrlich, BruderÇ, sagte der bšhmische Pastor und kam zu John Shabosh herŸber. ÈWas ist los? Du siehst beunruhigt aus.Ç Aufgebracht erzŠhlte Shabosh dem Pastor, was er am Nachmittag Ÿber Josef herausgefunden hatte. Zeisberger hšrte bis zum Ende ruhig zu. ÈIch kann es gar nicht fassen, dass der Junge so hintertrieben sein kann!Ç, schŠumte John. ÈWas mich betrifft, hŠlt sich Josef ab jetzt nur noch innerhalb des Lagers auf Ð und das bedeutet auch keine Jagd mehr fŸr ihn.Ç 113
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Zeisberger wirkte nachdenklich. ÈIch kann verstehen, dass du so wŸtend bist, Bruder Shabosh. Dein Verdacht ist vermutlich richtig. Opeechee hat versucht, den Jungen durch Schmeicheleien einzufangen und ihn uns abspenstig zu machen. Aber zu dem Jungen wŸrde ich nicht so hart sein. Er hat dir jetzt die ganze Geschichte erzŠhlt 114
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und wird denselben Fehler sicherlich nicht noch einmal machen. Es ist die erste Dummheit, die er gemacht hat. Ich denke, du kannst ihm sagen wie betroffen und enttŠuscht du warst und die Sache dann laufen lassen.Ç ÈLaufen lassen?Ç, explodierte Shabosh. ÈDas Ganze lief schon eine ganze Zeit ohne mein Wissen. Das kann schlecht als erste Dummheit bezeichnet werden.Ç ÈTrotzdem war Josef immer ein pflichtbewusster Sohn. Jetzt wird er in Windeseile erwachsen und du musst ihm Vertrauen schenken. Ein zu harter Ma§stab kšnnte jetzt mehr schaden als nŸtzen.Ç ÈAber das ist doch genau der Punkt, Vater Zeisberger! Er soll ja auch erwachsen werden und hat schon einen ziemlichen Mangel an Urteilsvermšgen gezeigt. Wie soll ich ihm denn jetzt vertrauen?Ç Die beiden MŠnner gingen langsam weiter und schwiegen. Ab und zu blieben sie stehen und lauschten der Nacht. Dann sagte Zeisberger: ÈBruder Shabosh, ich werde dir eine Geschichte erzŠhlen. Als ich ein Junge, ungefŠhr in Josefs Alter, war, lie§en mich meine Eltern in Herrnhut zurŸck, einer unserer mŠhrischen Kolonien in Sachsen, damit ich meine Ausbildung beenden konnte. Sie selbst gingen nach Georgia in der neuen Welt, um dort als Missionare zu arbeiten. Ich akzeptierte ihre Entscheidung, aber es war 115
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sehr hart fŸr mich. Meine Lehrer waren mehr als streng, bis hin zur Barschheit. Aber ich versuchte, so gut wie mšglich damit zurecht zu kommen.Ç ÈDann wurde ich eines Tages gebeten, einen Gast zu begleiten, um ihm den Weg in die nŠchste Stadt zu zeigen. Er war ein sehr gro§zŸgiger Mann und gab mir als Belohnung fŸr meine MŸhe eine GoldmŸnze. Uns war es verboten, Geschenke anzunehmen, und so versuchte ich, ihm die MŸnze zurŸckzugeben. Aber der Mann wollte davon nichts wissen und lie§ mich mit der MŸnze in der Hand stehen.Ç John Shabosh runzelte im Dunkeln die Stirn. Was sollte diese Geschichte mit Josef zu tun haben? Vater Zeisberger wollte doch wohl seine GefŠlligkeit als FremdenfŸhrer nicht mit Josefs heimlichen Treffen mit einem wohlbekannten Feind vergleichen! ÈAls ich in die Schule zurŸckkamÇ, setzte Zeisberger seinen Bericht fort, Ègab ich dem Direktor die GoldmŸnze und sagte ihm, wie ich sie bekommen hatte. Aber der Direktor konnte nicht glauben, dass jemand einem Jungen so viel Geld fŸr eine kleine GefŠlligkeit gab! Er beschuldigte mich, zu lŸgen und bestand darauf, dass ich die MŸnze gestohlen haben mŸsse. Und so wurde ich mit dem Rohrstock verprŸgelt, nicht nur fŸr das Stehlen, sondern auch noch fŸr das LŸgen.Ç Im Wald hšrte man ein KŠuzchen rufen. Die 116
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MŠnner blieben kurz stehen, lauschten und gingen dann langsam weiter um das Lager herum. ÈIch war so wŸtend und verletzt Ÿber diese ungerechte Behandlung, dass ich, der im Grunde das Gute wollte, rebellierte. Ich war so wŸtend, dass ich weggelaufen bin. Nur Gott wei§, welchen Gefahren ich auf meinem starrkšpfigen Weg nur haarscharf entronnen bin. Am Ende wusste ich nicht mehr, wohin ich mich wenden sollte, und so Ÿberredete ich General Oglethorpe, mich mit auf sein Schiff zu nehmen, damit ich nach Amerika zu meinen Eltern fahren konnte. Und so wurde ich davor bewahrt, einen schlimmen Fehler zu machen.Ç John Shabosh Ÿberlegte. ÈVater Zeisberger, willst du damit sagen, ich soll meinen Sohn nicht bestrafen?Ç ÈNein, mein FreundÇ, antwortete der schmale Mann neben ihm. ÈIch warne dich nur davor, ihn zu hart zu bestrafen. Gib ihm noch eine Chance, sich zu beweisen.Ç ÈNicht solange dieser Mohegan um das Lager herum schleicht!Ç, sagte Shabosh grimmig. Konnte Pastor Zeisberger denn nicht verstehen, dass sein Sohn fast ein Opfer dieses Mannes geworden wŠre? ÈIch kann das Risiko nicht eingehen. Ich habe mich entschlossen: Josef wird das Lager nicht mehr verlassen, bis wir am Muskingum angekommen sind.Ç 117
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Der Himbeerstrauch
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n Josefs Gesicht regte sich keine Miene, als sein Vater ihm mitteilte, dass er bis zum Ende der Reise das Lager nicht mehr verlassen durfte. Aber in seinem Inneren kochte es. Das ist nicht fair!, dachte er wŸtend. Auch wenn ich meinem Vater die Wahrheit sage, kommt nur Schlechtes dabei heraus! †berhaupt keine Jagd mehr? Das ist zu viel.
Obwohl ihn niemand der anderen darauf ansprach, fragte er sich doch, wie viele von ihnen alles wussten und hinter seinem RŸcken Ÿber ihn redeten. Sie dachten vermutlich, dass er der schlechteste Mensch unter der Sonne sei, weil er mit Opeechee geredet hatte. Nun, er wŸrde jedenfalls nicht darŸber reden und er wŸrde auch keine Heulsuse sein. Ein Krieger trug seine Strafe wie ein Mann. Entschlossen, seine GefŸhle nicht zu zeigen, wurde Josef mŸrrisch und in sich gekehrt. Er tat alles, worum sein Vater ihn bat, aber die Abende am gemeinsamen Lagerfeuer verliefen schweigsam und in gespannter AtmosphŠre. Die Tage waren jetzt lang und šde. Anstatt das Zusammensein mit den anderen Jungen zu genie§en, die sich um die Tiere kŸmmerten, blieb Josef 118
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am liebsten fŸr sich allein. Er dachte, die anderen Jungen wŸrden ihn komisch anschauen, aber er machte sich nichts daraus. Ab und zu sah er John Myers, James, Seth oder Abel, die David auf dem RŸcken trugen, aber er vermied es, sich in Rufweite aufzuhalten. Er wollte nicht mit David sprechen Ð noch nicht. Aber obwohl die Wachen abends rund um das Lager postiert wurden, verschwanden immer mehr GegenstŠnde: verschiedene Gewehre, SŠcke mit Saatgut, Felle und Leder zum Tauschen, Ð und zwei weitere Packpferde. Die DiebstŠhle fŸhrten dazu, dass Josef sich schuldig und schlecht fŸhlte. Wenn Opeechee und seine Krieger verantwortlich waren, und jeder nahm an, sie wŠren es, wŸrden doch sein Vater und alle anderen in ihm den Schuldigen sehen.
*** David lag sicher in John Myers Armbeuge, der vorsichtig seinen Weg durch einen schmalen Bach suchte. ÈBist du sicher, dass du vernŸnftig isst?Ç, fragte John vorwurfsvoll. ÈDu kommst mir jedesmal leichter vor, wenn ich dich trage.Ç ÈIch versuchÕsÇ, sagte David schlicht. Es war schwer zu erklŠren, wie viel Kraft sogar das Essen in diesen Tagen kostete. Aber er war ein bisschen neugierig. Aus Juni war inzwischen Juli geworden und der Treck Ð wenn man die Reisenden als Treck bezeichnen konnte Ð schien nun an 119
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der Westseite der Allegheny-Berge bergab zu gehen. Vater Zeisberger hatte gesagt, dass sie ungefŠhr in der Mitte des Weges zu ihrem neuen Zuhause in Ohio angekommen waren. ÈIch bin gespannt, wie unser neues Zuhause sein wirdÇ, murmelte David. Dann streckte er sich plštzlich. ÈSchau mal, John, da ist Josef! RufÕ ihn doch bitte her. Ich wei§, dass meine Stimme nicht laut genug ist, und ich habe ihn seit Tagen nicht gesehen.Ç Sie hatten Josef zwischen den BŠumen entdeckt. Er versuchte gerade eine ausgerissene Kuh wieder zur Herde zurŸckzutreiben. ÈHallo Josef!Ç, rief John. ÈJosef! Warte mal einen Moment!Ç Josef schien sich kurz umzudrehen, aber dann beeilte er sich, weiterzukommen. ÈOhÇ, sagte David enttŠuscht. ÈVielleicht ist er beschŠftigt und kann jetzt nicht reden.Ç ÈHmhmÇ, brummelte John. ÈKann schon sein. Aber ich glaube eher, dass ihn irgendetwas bekŸmmert. Ich habe ihn noch nie zuvor so schlecht gelaunt und wortkarg erlebt. Wei§t du, was mit ihm los ist, David?Ç David schŸttelte den Kopf. ÈNein. Er hat seit Tagen nicht mehr mit mir gesprochen Ð nicht seit er das letzte Mal auf der Jagd gewesen ist. Aber als er an jenem Morgen aufbrach, war er sehr gut gelaunt und eifrig, alles richtig zu machen.Ç David zšgerte. Er wollte nicht mehr sagen. Er wuss120
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te nicht, wie gut John Myers Ÿber Opeechee informiert war. Aber die anderen JŠger hatten alle von einer Bande Mohegan-Krieger berichtet, von denen sie bestohlen worden waren. Hatte das etwas mit Josefs schlechter Laune zu tun? ÈVergiss esÇ, sagte John und versuchte das Thema zu wechseln. ÈDu wolltest doch wissen, wie unsere neue Heimat wohl aussehen mag, richtig? Nun, hier ist der Mann, der dir alles darŸber sagen kann. Guten Tag, Vater Zeisberger. Wir haben eine Frage.Ç Vater Zeisberger, einen Rucksack auf dem RŸcken, schritt mit seinem Stock zŸgig aus, aber er lŠchelte, als er John und David sah. ÈNunÇ, begann er, als er Davids Frage hšrte, Èwas haltet ihr davon, wenn ich David ein- oder zwei Meilen trage und John solange meinen Rucksack nimmt. Du bekommst natŸrlich das dickere PŠckchenÇ, lachte er, als der junge Mann seinen schweren Rucksack schulterte. Der Rucksack war gefŸllt mit VorrŠten, die nach dem Verlust von zwei weiteren Packpferden jetzt auf diese Weise transportiert werden mussten. ÈDu denkst also Ÿber unsere neue Heimat in Ohio nach, richtig David?Ç, sagte er zu dem Jungen, der ihm locker Ÿber den RŸcken gelegt worden war. ÈNun, David, ich glaube, bis wir in den Himmel kommen, werde ich kein schšneres Fleckchen zu sehen bekommen.Ç 121
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ÈWirklich, Vater Zeisberger?Ç fragte David atemlos. ÈErzŠhlÕ mir davon!Ç ÈNun, die fŸnf Familien, die schon dort sind, haben sich in einem wunderschšnen Tal niedergelassen, das ungefŠhr achtzig Kilometer lang am Ufer des Muskingum-Flusses liegt. Die BerghŠnge, die zum Tal hin verlaufen, sind mit allen mšglichen Baumarten bewachsen Ð Eichen, NussbŠumen, Eschen, Haselnuss und Ahorn Ð so dick und ausladend, dass kaum Unterholz wŠchst. Aber unten im Flusstal! Ð Solche prŠchtigen BŠume hast du noch nie gesehen! WalnussbŠume, Zedern, Falsche HaselnŸsse und LorbeerbŸsche mit ihren duftenden BlŸten. Aber das Allerbeste sind die majestŠtischen Ulmen und riesige Platanen mit so dicken €sten, dass dir die Augen aus dem Kopf fallen, wenn du sie siehst.Ç David musste bei der Vorstellung daran lachen. ÈAber das ist noch nicht alles, David. Dort gibt es Birken mit dicker Rinde, um Kanus zu bauen und die WŠlder sind voll von Wild. Und die Beeren! In den paar Wochen, die ich im FrŸhjahr dort war, habe ich Erdbeeren, Brombeeren, Himbeeren, Stachelbeeren, schwarze Johnnisbeeren und Preiselbeeren blŸhen sehen, obwohl die Beeren fŸr dieses Jahr alle weg sein werden, wenn wir dort ankommen. Aber das schšnste an diesem Tal ist ein schšne, klare Quelle, die einen Bach und einen kleinen See speist.Ç 122
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ÈEine schšne QuelleÇ, murmelte David gedankenverloren. ÈDas wŠre doch ein schšner Name fŸr unsere neue Stadt: Schšne Quelle.Ç Vater Zeisberger lachte. ÈJa, das wŠre es wirklich! Du kannst es ja dem Stadtrat vorschlagen, wenn wir dort ankommen.Ç David war mehrere Minuten lang still. Er versuchte, sich all das vorzustellen, wovon Vater Zeisberger erzŠhlt hatte. Aber er wurde abgelenkt von dem Gedanken an Josef, der vor ihm davongelaufen war, obwohl er Johns Rufen sicher gehšrt hatte. ÈVater ZeisbergerÇ, sagte er unvermittelt, ÈJosef hat schon seit vielen Tagen kein Wort mehr mit mir gewechselt. Wei§t du, was los ist?Ç ÈNaja, ich glaube schonÇ, sagte Vater Zeisberger. ÈAber vielleicht sollte er dir alles selbst erzŠhlen. Er braucht im Augenblick dringend einen Freund.Ç ÈWenn ich kšnnte, wŸrde ich sofort zu ihm gehenÇ, rief David. ÈAber ich kann ihn doch nicht zwingen, zu mir zu kommen.Ç David spŸrte, dass sein Freund kurz die Schultern hochzog. ÈDas vielleicht nichtÇ, stimmte er zu, Èaber vielleicht zeigt Gott dir einen Weg.Ç
*** Josef fŸhlte sich nicht wohl dabei, so zu tun, als wŸrde er John Myers Stimme nicht hšren. Er 123
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wusste, dass es David war, der mit ihm reden wollte. Aber er wollte jetzt im Augenblick mit niemandem reden, auch nicht mit David. David schien immer sofort zu wissen, was mit ihm los war und er wollte auf gar keinen Fall, dass David den Kessel voller schlechter Gedanken und GefŸhle sah, der in ihm brodelte. Trotzdem war David immer noch sein bester Freund. Er hatte es nicht verdient, so behandelt zu werden, wie Josef es getan hatte. Vielleicht sollte er sich einen Vorwand ausdenken, unter dem er ganz zwanglos bei David vorbeischauen konnte Ð einfach so, nur auf einen Sprung. Nach dem abendlichen Gottesdienst bekam er die Gelegenheit, als er bemerkte, dass Anna Heckstein ihren Unterstand in der NŠhe des Hauptfeuers errichtet hatte. WŠhrend sich sein Vater mit einigen anderen €ltesten unterhielt, lief Josef wie beilŠufig zu David hinŸber, der dort, an einige BŸndel gelehnt, sa§. ÈHallo, DavidÇ, sagte er, Èwie gehtÕs dir?Ç Aber schon wŠhrend er das sagte, sah er bestŸrzt, wie dŸnn und schwach David aussah. Seine Augen lagen tief eingesunken in den Hšhlen, seine Wangenknochen stachen aus seinem mageren Gesicht hervor. Aber sein Gesicht strahlte vor Freude. ÈJosef! Schšn, dich zu sehen. Du hast mir noch gar nichts von der letzten Jagd erzŠhlt. Ich bin schon ganz gespannt darauf.Ç 124
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Wohl kaum, dachte Josef ironisch. ÈOh, entschuldige David, aber jetzt kann ich nicht. Mein Vater ÐÇ ÈAch Josef, wie schšn!Ç Anna Heckstein trat aus dem Zelt. ÈIch muss gerade Ômal zu Martha Hochberg gehen, sie wollte mir einige Knoten aus den Haaren entfernen. Aber ich wollte 125
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David nicht allein lassen. Kšnntest du hier bleiben, bis ich zurŸckkomme?Ç Josef fŸhlte sich in die Enge getrieben. Er schaute zum Hauptfeuer hinŸber. Sein Vater stand noch ins GesprŠch versunken da. ÈNa gut, ich denke schon.Ç ÈWunderbar!Ç, rief Anna und griff ihren Muschelkamm. Ihr offenes Haar flog hinter ihr her, als sie davonlief. Als seine Mutter gegangen war, ergriff David Josef sofort am Arm und zog ihn zu sich herunter. ÈJosef, erzŠhlÕ mir von der Jagd. Da ist irgendetwas schief gegangen Ð ich merke es.Ç Und ehe er noch recht wusste, was er tat, hšrte sich Josef erzŠhlen: die ganze verworrene Geschichte von seinem Entschluss, Opeechee nicht mehr zu treffen, das Opeechee ihn aber abgepasst hatte, von dem Geschenk, dem wundervollen Bogen und den Pfeilen, wie er von seinem Vater erwischt worden war, wie der ihn gezwungen hatte, Pfeil und Bogen wegzuwerfen. Und dass sein Vater ihn noch weiter strafte, obwohl er ihm doch freiwillig alles erzŠhlt hatte. Er durfte nicht mehr auf die Jagd gehen, genauer: er durfte das Lager aus irgendeinem Grund Ÿberhaupt nicht mehr verlassen. ÈDas tut mir so leid, JosefÇ, sagte David mit trauriger Stimme. ÈKein Wunder, dass du dich schlecht fŸhlst.Ç 126
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Davids Worte waren wie Balsam fŸr Josefs verletzte GefŸhle. ÈIch habe versucht, das Richtige zu tun, David, ehrlich, ich habe es genauso gemacht, wie ich es dir vor der Jagd versprochen hatte. Jetzt kannst du sehen, wohin mich das gebracht hatÇ, sagte er bitter. ÈVermutlich denken alle, dass ich sehr schlecht bin, weil ich mit Opeechee gesprochen habe, vor allem mein Vater.Ç ÈIch glaube nicht, dass ÝalleÜ das tun.Ç David rŸckte die Aussage seines Freundes zurecht. ÈIch hatte noch gar nicht gehšrt, was passiert ist und John Myers auch nicht Ð und der war mit auf der Jagd! Und dein Vater É hast du ihm gesagt, dass es dir leid tut und ihn um Vergebung gebeten?Ç Josef merkte, wie er sich innerlich versteifte. ÈDas wŸrde bestimmt viel helfen!Ç, schnaubte er. ÈIch sage ihm die Wahrheit und er bestraft mich dafŸr. Er hat mich dafŸr verantwortlich gemacht, dass ich auf dem Weg mit Opeechee gesprochen habe Ð und ich konnte Ÿberhaupt nichts dafŸr! Au§erdem begreife ich immer noch nicht, was daran so schlimm gewesen sein soll.Ç ÈAber Josef, dieser Mann war drauf und dran, dir gro§en Schaden zuzufŸgen. Er hat dich dazu gebracht, dass du rebellisch und unzufrieden bist.Ç Josef verdrehte die Augen. ÈDass ich mich schlecht fŸhle, hat mit Opeechee Ÿberhaupt nichts zu tun. Ich habe meinem Vater die Wahrheit gesagt und dass ich Opeechee nicht mehr treffen werde. Das muss reichen.Ç 127
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ÈNun, dann sagÕ wenigstens Jesus, dass es dir leid tut, und bitte Ihn um Vergebung.Ç Josef schŸttelte den Kopf. ÈEs ist einfach zu schwierig, gut zu sein, David. Ich bin nicht so wie du. Es scheint, egal was ich tue Ð.Ç ÈJosef? Josef! Wo bist du!Ç Das war John Shabosh, der laut aus der Richtung des Hauptfeuers rief. ÈSiehst du, was ich meine?Ç, sagte Josef spšttisch. ÈIch brauche nur einmal fŸr zehn Minuten au§er Sichtweite zu sein, und schon werde ich angeschrien. Wieso denkt er, dass er mich wie einen Gefangenen bewachen muss?Ç ÈImmerhin hast du einen Vater, JosefÇ, sagte David ruhig. ÈSteht nicht in der Bibel, dass ein Vater, der seinen Sohn liebt, ihn auch zŸchtigt? Er muss dich lieben, Josef Ð auch wenn es im Augenblick nicht so aussieht.Ç ÈAch, was wei§t du schon davon, DavidÇ, zischte Josef unfreundlich. Anna kam zurŸck und er rappelte sich auf. ÈDu machst niemals etwas falsch, fŸr dass du bestraft werden musst. Vielleicht wŠre ich viel besser dran, wenn ich nur eine Mutter hŠtte wie deine, die mich einfach nur liebt Ð egal was passiert. Vielleicht wŠre ich dir dann Šhnlicher.Ç Als Josef zu seinem Vater hinŸber ging, wischte er sich noch schnell ein paar TrŠnen ab, die verraten hŠtten, wie einsam und elend er sich fŸhlte.
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Am nŠchsten Tag fŸhlte Josef sich miserabel. Er hatte David schon wieder schlecht behandelt Ð den besten Freund, den er auf der ganzen Welt hatte. Er musste David nur sagen, dass es ihm leid tat Ð es irgendwie wieder gut machen. Kurz vor der Mittagsrast, als die Jungen die Herde durch eine schmale, schattige Schlucht trieben, entdeckte Josef einen Himbeerstrauch, an dem noch dicke rote FrŸchte hingen. ÈGro§artig!Ç, sagte Josef, nahm seinen Strohhut ab und pflŸckte schnell die dicken, roten FrŸchte. Es war eigentlich schon keine Erntezeit mehr fŸr Himbeeren, aber dieser Busch hier war so weit ab von der sengenden Julisonne, dass seine Beeren verspŠtet reif geworden waren. Er stopfte einige saftige FrŸchte in den Mund, da hatte er eine Idee. Er wŸrde David die Himbeeren bringen. Das wŸrde ein prima Friedensangebot sein! Kurze Zeit spŠter hšrte man den Ruf zur Mittagsrast. Auf dem RŸckweg zu seiner Ration Dšrrfleisch und Maisbrot hielt er Ausschau nach David. Der sa§ an einen Baum gelehnt da und wurde von seiner Mutter bedrŠngt, doch ein wenig von dem weichen Brei zu essen, den sie fŸr ihn zubereitet hatte. ÈSchauÕ mal, was ich gefunden habe, David!Ç, rief Josef und hielt ihm den Strohhut hin. ÈDie sind fŸr dich!Ç Sofort leuchtete Davids Gesicht auf. Er nahm den Strohhut und steckte sich langsam eine Frucht 129
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nach der anderen in den Mund. Er lŠchelte, so gut schmeckten ihm die frischen kŸhlen FrŸchte. ÈGott segne dich, JosefÇ, sagte Anna und sah erleichtert aus. ÈWo um alles in der Welt hast du die denn gefunden, so spŠt im Jahr?Ç ÈMšchtest du noch mehr davon haben?Ç, fragte Josef. ÈIch habe sie ein StŸckchen weiter hinten, unten in der Schlucht gefunden, die wir durchquert haben. An dem Busch hŠngen immer noch ganz viele. Es wŸrde nur ein paar Minuten dauern, noch mehr zu pflŸcken.Ç Ohne eine Antwort abzuwarten, sauste Josef davon, bahnte sich einen Weg zwischen den mŸden Reisenden hindurch, die hier und da auf umgefallenen BaumstŠmmen oder auf Moosflecken sa§en. Als er an den Packpferden vorbeilief, die am Ende des Zuges angebunden waren und den Waldboden nach genie§baren Grashalmen absuchten, merkte er, dass es doch ein lŠngerer Weg zu der Schlucht war, als er vorher angenommen hatte. UngefŠhr zehn Minuten wŸrde er rennen mŸssen; er spurtete los. Aber gerade als die Packpferde au§er Sichtweite waren, hšrte er hinter sich eine wŸtende Stimme seinen Namen rufen: ÈJosef ShaboshÇ, donnerte die Stimme seines Vaters. ÈWas meinst du, wo du hingehst? Wie kannst du es wagen, dieses Camp zu verlassen?Ç 130
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Über den Fluss
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osef blieb stehen, drehte sich langsam um und sah seinen Vater mit langen wŸtenden Schritten auf sich zukommen. ÈNun, dann erklŠre mir, was das zu bedeuten hat, junger MannÇ, verlangte John Shabosh. Josef holte tief Luft und versuchte das zittrige GefŸhl in seinem Magen unter Kontrolle zu bringen. In seinem Eifer, David eine Freude zu machen, hatte er všllig vergessen, dass er unter Arrest stand. Aber er Šrgerte sich, dass sein Vater ihn schon verdŠchtigte, etwas Bšses im Sinn zu haben, ehe er sich Ÿberhaupt erkundigt hatte. ÈIch wollte nur Himbeeren fŸr David pflŸckenÇ, sagte er gelassen und bemŸhte sich, auch seine Stimme nicht zittern zu lassen. ÈHimbeeren!Ç, spottete Shabosh. ÈDas ist ja ein wunderschšnes MŠrchen. Die Himbeersaison war vor fast zwei Wochen zu Ende. Kann ich dir denn Ÿberhaupt nicht mehr vertrauen, Josef?Ç Trotzig sah Josef seinem Vater in die Augen. ÈIch sage die Wahrheit, Vater. Was kann ich sonst sagen?Ç 131
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John Shabosh sah seinen Sohn lange an. Eine Mischung aus EnttŠuschung und €rger war in seinem Gesicht zu lesen. Schlie§lich sagte er: ÈGehÔ ins Camp zurŸck Ð sofort.Ç Josef schob sich an seinem Vater vorbei und marschierte schnell zurŸck zu der langen Reihe Rastender. Er ging wortlos an David vorbei, sein Gesicht hart und ausdruckslos. Er wusste, dass sein Vater genau hinter ihm sein wŸrde und er hielt nicht eher an, als bis er wieder seinen Platz bei den Hirten am Anfang des Zuges erreicht hatte. Als er sich gegen einen Baum lehnte, um wieder zu Atem zu kommen, fiel ihm ein, dass er sich selbst gar nichts zu essen geholt hatte. Nun, das war auch egal. Er konnte jetzt sowieso nichts essen. Er war viel zu aufgebracht. Bald ging der Ruf zum Aufbruch durch die Reihen. Aus einem Augenwinkel sah Josef, dass sein Vater einen Platz weit vorne in der Kolonne eingenommen hatte, um ihn gut im Auge zu behalten. Josef hieb mit dem Stock auf die letzte Kuh. ÈHeeeiija!Ç, kommandierte er das Tier. Ich halte das nicht lŠnger aus! dachte er wŸtend und trieb die Kuh mit dem Stock an, mit den anderen Schritt zu halten. Ich kann das Lager nicht einmal verlassen, um ein paar Himbeeren fŸr David zu pflŸcken! Ich sage meinem Vater die Wahrheit und er glaubt mir nicht. Es ist É es ist zu erniedrigend und ich werde das nicht lŠnger Ÿber mich ergehen lassen! Ich haue ab. Ich finde Opeechee schon Ð er wird mich 132
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aufnehmen. Was interessiert es mich, wenn er ein schlechter Mensch ist. Er respektiert mich wenigstens und behandelt mich wie einen Mann. Josef presste seine Lippen entschlossen aufeinander.
*** ÈMutterÇ, flŸsterte David mit trockenen Lippen seiner Mutter zu. Es war Abend geworden. ÈIch fŸhle mich nicht wohl, aber ich muss unbedingt Josef sehen. Bitte suchÕ ihn und bitte ihn, zu mir zu kommen, ja?Ç David hatte sich den ganzen Nachmittag Sorgen um Josef gemacht. Er hatte seinen Freund wiederkommen sehen, fast unmittelbar nachdem er losgerannt war, um noch Himbeeren zu pflŸcken. Sein Vater ging dicht hinter ihm. David konnte sich denken, was geschehen war. Heute Abend fŸhlte er sich fast zu schwach, um Ÿberhaupt noch mit jemandem zu sprechen, aber Ð er musste mit Josef sprechen. Er wollte nicht, dass sein Freund seinetwegen in Schwierigkeiten kam. Und Josefs Gesichtsausdruck hatte ihm Angst eingejagt. Anna kam mit einem widerstrebenden Josef neben sich zurŸck. ÈEr ist heute Abend ein wenig mŸde, JosefÇ, sagte sie mit einem sorgenvollen Blick auf David. ÈAber du schaffst es immer, ihn aufzuheitern. Morgen wird es ihm besser gehen. Ich bin ganz sicher.Ç Sie ging zum 133
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Zelt und lie§ die Jungen an dem kleinen Lagerfeuer allein. Josef setzte sich neben David und versuchte, jeden Blickkontakt zu vermeiden. ÈEs scheint dir heute nicht besonders gut zu gehen, DavidÇ, sagte er. ÈWird es dir morgen wirklich besser gehen?Ç ÈIch wei§ es nicht, JosefÇ, flŸsterte David. ÈManchmal denke ich, dass ich den Himmel sehe, ehe wir die schšne Quelle erreichen.Ç Er sah das Befremden in Josefs Augen. ÈAber das war nicht der Grund, aus dem ich dich hergebeten habe. Du hast heute €rger wegen mir gehabt, richtig?Ç Der wŸtende, verletzte Ausdruck erschien wieder auf Josefs Gesicht. ÈEs war nicht deine Schuld. Ich habe meinem Vater gesagt, wohin ich gehen wollte, aber er wollte mir nicht glauben.Ç ÈAber Josef, du hŠttest ihn nur hierher bringen mŸssen und ich hŠtte ihm bestŠtigen kšnnen, dass deine Geschichte stimmt.Ç Josef biss die ZŠhne aufeinander. ÈNein, er sollte mir glauben Ð nicht nur weil du es sagst. Ich sollte es nicht jedesmal beweisen mŸssen.Ç ÈAber JosefÇ, sagte David traurig, Èdu hast selbst gesagt, dass du ihn nicht um Verzeihung gebeten hast, dafŸr dass du ihn hintergangen hast, indem du weggeschlichen bist, um Opeechee zu treffen. Bis du das tust, wirst du es jedesmal beweisen mŸssen.Ç 134
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Josef warf ihm einen zornigen Blick zu. ÈSo? Und woher hast du diese Weisheit?Ç Ein schwaches LŠcheln erschien auf Davids Gesicht. ÈIch bin Ÿberhaupt nicht weise. Es ist nur, na ja, ist das nicht dasselbe, was geschieht, wenn sich jemand zu Christus bekehrt? Egal was fŸr gute Menschen wir sind, wir kšnnen niemals gut genug sein, um uns das ewige Leben zu verdienen. Nur dadurch, dass wir unsere SŸnden bekennen und Jesus bitten, uns zu vergeben, werden wir Kinder Gottes.Ç Wieder schŸttelte Josef den Kopf. ÈEs ist nicht fair. Ja, ich habe etwas falsch gemacht. Aber ich habe meinem Vater alles gebeichtet und ich habe ihm seitdem immer gehorcht. Aber er hšrt nicht auf, mich zu behandeln, als wŠre ich der schlimmste Verbrecher. Nein, ich werde nicht zu Kreuze kriechen. Ich habe meinen Stolz.Ç David biss sich auf die Lippe, um nicht zu schreien, denn der Schmerz von der HŸfte kroch nun den RŸcken hinauf. Das flackernde kleine Feuer warf Schatten auf Josefs grimmiges Gesicht. Er sah sehr unglŸcklich aus. ÈAch JosefÇ, brachte David schlie§lich heraus, ÈJesus kann nicht in deinem Herzen leben, wenn es von Stolz regiert wird. Ich werde fŸr dich beten, dass du den Mut findest, deinen Vater um Verzeihung zu bitten.Ç ÈWarum betest du nicht fŸr meinen Vater, dass er mich um Verzeihung bittet?Ç, sagte Josef 135
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spitz. Er stand auf. ÈNein, lass das Beten am Besten ganz sein. Es wird sowieso nichts helfen Ð und es wird auch nicht nštig sein.Ç David sah traurig, wie Josef davon stakste. Seine Augen brannten von trockenen TrŠnen. Was hatte Josef gemeint mit Èes wird auch nicht nštig seinÇ? Aber tief in seinem Inneren wusste er die Antwort. Josef wŸrde ausrei§en.
*** Am nŠchsten Morgen fehlte wieder ein Gewehr. Als Josef davon hšrte, schmunzelte er in sich hinein. Gut. Das bedeutete, dass Opeechee und seine Krieger immer noch in der NŠhe waren. Heute Abend wŸrde er ausrei§en.
*** Am Vormittag kamen zwei der MŠnner, die den Weg erkunden sollten, mit einer Nachricht zurŸck: ÈDa vorne ist ein Fluss. Damit wir ihn Ÿberqueren kšnnen, werden wir eine Furt suchen mŸssen Ð wenn es eine gibt.Ç †berall wurde aufgeregt miteinander geredet. Das musste wohl der Allegheny-Fluss sein. Aber wŸrden sie eine flache Stelle finden, damit sie den Fluss ohne Kanus Ÿberqueren konnten? Die lange Reihe der Reisenden marschierte am Ostufer des Flusses in sŸdliche Richtung, wŠhrend Kundschafter versuchten, eine Furt zu finden. Die Julisonne brannte hei§, ohne den kŸhlen 136
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Schatten des Waldes. Als der Ruf zur Mittagsrast ertšnte, stŸrzten sich die Jungen und MŠdchen sofort ŸbermŸtig in die kŸhlen Fluten und schwammen und plantschten um die Wette. Alle, au§er Josef Ð er blieb abseits stehen und schaute zu. John Myers hatte David an diesem Vormittag getragen und fand eine schattige Stelle, an der er den Jungen absetzte, damit er den anderen Kindern zuschauen konnte. Er setzte sich neben David und zeigte mit einem Kopfnicken auf Josef. ÈMir kommt es so vor, als ob Josef sich verŠndert hatÇ, sagte er traurig. ÈVor ein paar Wochen war er noch so voll Energie Ð ganz aufgeregt wegen der Reise, begierig seine Jagdtalente auszuprobieren, freundlich und offen. Und jetzt É, als ob er eine andere Person geworden wŠre! Ich habe versucht ihn anzusprechen, habe gefragt, was ihm Kummer macht, aber er hat gar nicht geantwortet.Ç Johns Worte schienen fŸr David von weit her zu kommen. MŸhevoll setzte er sich auf und sagte: ÈBitte gib nicht auf, John. KŸmmere dich um ihn. Sei ihm ein Freund und Bruder, wenn ich nicht mehr da bin.Ç John Myers drehte sich um und sah David scharf an. ÈWas meinst du damit?Ç Davids Augen fielen zu, er war so mŸde. Lange Zeit schwieg er. Aber dann šffnete er die Augen wieder und betrachtete den Fluss, der in der Sonne glitzerte. ÈNun, ich denke, dass ich sehr 137
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bald diesen anderen Fluss Ÿberqueren werdeÇ, sagte er leise. John runzelte die Stirn und wollte etwas sagen, aber in diesem Augenblick hšrte man einen Schrei. Die Nachricht breitete sich schnell aus: Man hatte eine flache Stelle gefunden, gleich hinter der nŠchsten Flussbiegung! In den nun folgenden Stunden wurden junge StŠmme gefŠllt und zu Flš§en zusammengebunden, um damit die kleinen Kinder, Alte und Kranke sowie die meisten VorrŠte Ÿber den Fluss zu befšrdern. Die gro§en Haustiere schwammen hinŸber, die Kleintiere wurden von Schwimmern befšrdert. Die tiefste Stelle war hier nur etwas mehr als einen Meter tief. Die meisten MŠnner gingen mehrfach hin und zurŸck, dirigierten die Flš§e zu sicheren Landungsstellen, transportierten Kinder auf den Schultern oder halfen anderen beim †berqueren, so dass niemand von der starken Stršmung weggerissen wurde. John Myers schwamm mit David hinŸber, setzte ihn dann an einer sonnigen Stelle zum Trocknen ab und ging zurŸck, um Anna Heckstein zu helfen. Das kalte flie§ende Wasser hatte David aus der Benommenheit herausgerissen, unter der er schon seit einigen Tagen gelitten hatte. Er heftete seine Augen fest auf den Fluss, der von kreischenden Kindern, muhenden KŸhen und meckernden Ziegen nur so wimmelte. 138
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Dann entdeckte er Josef, der bis zur Brust im Wasser stand, mit den Armen fuchtelte und schrie, um so die KŸhe zur anderen Seite zu treiben. Er sah sehr einsam aus.
***
David war nicht der Einzige, der Josef beobachtete. John Shabosh sah mit schwerem Herzen, wie sein Sohn MŠnnerarbeit verrichtete: Flš§e hinŸberziehen, die Herde antreiben, die VorrŠte in die Sonne zum Trocknen hinlegen. Der Junge arbeitete wie ein VerrŸckter, so als ob er alles allein schaffen mŸsste. Josef hatte nicht mehr mit ihm gesprochen, seit dem bewussten Tag, an dem er ihn beim Verlassen des Lagers erwischt hatte. Er sagte nur noch ÈJaÇ und ÈNeinÇ. 139
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Als alle auf der anderen Seite angelangt waren, ging John Vater Zeisberger suchen. ÈVater ZeisbergerÇ, begann er. ÈIch muss dringend mit dir reden.Ç Vater Zeisberger machte seine Runde, um sicherzustellen, dass alle wohlbehalten angekommen waren. Er Ÿbergab den ÝInspektorenpostenÜ an Bruder Heckewelder und ging mit dem verzweifelten Vater etwas zur Seite. ÈVater ZeisbergerÇ, begann John Shabosh, die Stirn voller Sorgenfalten. ÈIch wei§ nicht mehr, was ich mit Josef anfangen soll. Ich bin mit meiner Weisheit am Ende! Er wird von Tag zu Tag distanzierter und gleichgŸltiger. Er ist in vorbildlichem Ma§e gehorsam, aber É es ist, als ob zwischen uns beiden eine gro§e Wand stŸnde. Und dann habe ich ihn gestern auf frischer Tat ertappt, als er wŠhrend der Mittagsrast das Lager verlassen wollte!Ç Shabosh schilderte den Vorfall kurz. Zeisberger rieb nachdenklich sein Kinn. ÈUnd du hast nicht geglaubt, dass er die Wahrheit gesagt hat?Ç Josefs Vater schŸttelte den Kopf. ÈZuerst nicht. Es hšrte sich wie eine Ausrede an Ð und ich dachte, er wŠre zu einem Treffen mit diesem Mohegan-Dieb unterwegs gewesen. Aber dann fragte ich Anna Heckstein im Vertrauen, ob Josef ihrem Sohn Himbeeren versprochen hatte É 140
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und es scheint, dass er in einer schattigen Schlucht einen Busch gefunden hatte, der noch reife FrŸchte trug.Ç Ein kleines LŠcheln umspielte Vater Zeisbergers Lippen. ÈAlso hatte er die Wahrheit gesagt.Ç ÈJaÇ, sagte Shabosh einlenkend. ÈAber das war ja nicht das Wesentliche. Er war dabei, das Lager ohne Erlaubnis zu verlassen.Ç ÈJa, natŸrlich. Aber ich glaube in seinem jugendlichen Eifer, seinem kranken Freund eine Freude machen zu wollen, hat er einfach nicht daran gedacht. Oder denkst du, dass er dich absichtlich hintergehen wollte?Ç ÈNein.Ç John Shabosh stand schweigend da. Die GerŠusche der anderen Reisenden blieben unbeachtet. ÈNein, und ich wŸnschte, ich hŠtte ihm gegenŸber nicht so streng reagiert. Aber É, obwohl er mir wahrheitsgemŠ§ berichtet hat, was mit Opeechee vorgefallen war, schien er nicht wirklich reuevoll zu sein! Ich dachte, ich kšnnte ihn zwingen, seinen Fehler einzusehen.Ç ÈBruder ShaboshÇ, sagte Zeisberger ruhig. ÈWir kšnnen durch Zwang ein anderes Benehmen bewirken, aber keine €nderung der inneren Einstellung. Aber es ist noch nicht zu spŠt. SagÕ deinem Sohn, dass er genug gestraft wurde und lassÕ ihm wieder seine Freiheit. Unser Essensvorrat geht zur Neige und ich wollte in den nŠchsten Tagen wieder eine Jagd organisieren. 141
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Warum nimmst du Josef nicht mit?Ç ÈAuf eine Jagd?Ç John Shabosh wirkte eher unentschlossen. ÈIch bin noch nicht sicher, ob Ð.Ç ÈDenkÕ darŸber nach, mein FreundÇ, empfahl Zeisberger und klopfte seinem Freund auf die Schulter. ÈDu hast einen prima Sohn gro§gezogen. Gib ihm die Hand, gib ihm noch eine Chance.Ç John Shabosh sah hinter Vater Zeisberger her, als dieser wieder zum Hauptlager zurŸckging. Er wollte gern die enge Beziehung wiederherstellen, die er all die Jahre zu Josef gehabt hatte seit dessen Mutter tot war! Vielleicht wŸrde er tun, was der Pastor vorgeschlagen hatte. Er wŸrde Josef sagen, dass er lange genug gestraft worden war, und dass er seine Meinung geŠndert hatte: Josef kšnnte trotz allem mit ihm auf die nŠchste Jagd gehen. Ja, er beschloss, ihm das am nŠchsten Tag zu sagen. Was John Shabosh nicht wusste, war, dass Josef noch in derselben Nacht ausrei§en wollte.
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Den anderen Fluss überqueren
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avid sa§ auf seinem Rastplatz im Gras und sah zu, wie Vater Zeisberger von seinem GesprŠch mit Josefs Vater zurŸckkam. ÈWir haben immer noch einige Stunden TageslichtÇ, rief Vater Zeisberger. ÈLasst uns noch weiter am Flussufer entlang gehen, ehe wir unser Nachtlager aufschlagen. Beim Laufen trocknet auch die Kleidung schneller.Ç Alle freuten sich und nahmen ihre Pakete und BŸndel wieder auf, trieben die Rinder und Ziegen an und machten sich in der hei§en Julisonne wieder auf den Weg. John Myers fand sich ein und sagte: ÈLass mich dich wieder tragen, David.Ç David versuchte zu antworten, wurde aber von einem Hustenanfall geschŸttelt. Als er endlich wieder sprechen konnte, sagte er zu Johns †berraschung. ÈNein danke, John. Ich mšchte heute Nachmittag gern von meiner Mutter getragen werden.Ç Sogar Anna war Ÿberrascht. Normalerweise war David sofort bereit, solche Angebote anzunehmen, um seine Mutter zu entlasten. Aber sie setzte sich gern den Korb auf den RŸcken und mit John Myers Hilfe sa§ David bald in dem Korb.
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Sie hatten ungefŠhr einen Kilometer schweigend zurŸckgelegt, als David plštzlich Ÿber ihre Schulter flŸsterte: ÈMutter, wŠrst du sehr einsam, wenn ich dich verlassen wŸrde, um bei meinem Vater im Himmel zu sein?Ç ÈWas sagst du denn da, David?Ç, fragte seine Mutter erschrocken. ÈWeil É die Zeit ist gekommenÇ, flŸsterte David. ÈIch glaube, Jesus ruft mich. Bitte sei nicht traurig wegen mir, Mutter Ð.Ç Sein FlŸstern wurde von einem erneuten Hustenanfall unterbrochen. ÈIch bin froh, dass wir diese Reise gemeinsam begonnen haben. Aber du wirst É sie, glaube ich, ohne mich beenden mŸssen. Weil ich auf eine andere Reise gehe Ð.Ç ÈVater Zeisberger!Ç, schrie Anna. ÈVater Zeisberger! Komm! Hilf mir! Bitte schnell!Ç Vater Zeisberger hšrte ihren angstvollen Schrei und kam angelaufen. Etliche andere Familien merkten, dass etwas passiert war und eilten zu Hilfe. David sah den Pastor mit klaren, leuchtenden Augen an und er wusste, dass Zeisberger verstanden hatte. Es war Zeit, Abschied zu nehmen. Der Pastor nahm David sachte in beide Arme und hob ihn aus dem Korb auf dem RŸcken seiner Mutter heraus. Dann setzte er sich auf einen moosbewachsenen Baumstamm am Rande des Weges. Angesichts des weit entfernt scheinen144
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den Blickes in Davids Augen, schien Anna vor Angst fšrmlich zu erstarren. Martha Hochberg legte schnell die Arme um ihre Freundin und hielt sie ganz fest. Schnell ging die Aufforderung zum Anhalten durch den ganzen Zug, weil der junge David Heckstein im Sterben lag. John Myers schob sich durch den stillen kleinen Kreis, der sich um David gebildet hatte und stand stumm und kummervoll vor seinem jungen Freund dort in den Armen des Pastors. ÈBist du bereit fŸr diesen Teil der Reise, David?Ç, fragte Zeisberger leise. David hielt den Blick auf das Gesicht des Pastors gerichtet. ÈJaÇ, flŸsterte er, Èau§er, dass ich nie mehr herausfinden werde, welche Aufgabe Gott fŸr mich hatte.Ç Er hielt inne, jedes Wort bereitete ihm MŸhe. ÈAber das macht nichts. Ich habe gelernt zu sagen: ÝNicht mein Wille, Dein Wille gescheheÜ.Ç Vater Zeisberger konnte die TrŠnen nicht zurŸckhalten, aber er lŠchelte auf den Jungen in seinen Armen hinunter. ÈAber Vater Zeisberger, ich habe noch einen WunschÇ, sagte David plštzlich. ÈIch mšchte getauft werden. Wei§t du, É ich hatte gehofft, im Gelobten Land getauft zu werden. Aber jetzt É ich wei§, dass ich diese Reise nicht mit euch beenden werde.Ç Er sah Vater Zeisberger mit 145
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brennenden Augen an. ÈKšnntest du mich jetzt taufen?Ç Mit frohem LŠcheln stand Zeisberger auf, den Jungen immer noch auf den Armen. Er flŸsterte John etwas zu, der Anna beim Arm nahm. Nachdem die ganze Reisegesellschaft sich wortlos am Flussufer versammelt hatte, wateten die vier Ð Vater Zeisberger, David, Anna und John Myers Ð ins Wasser. Zeisberger wandte sich um, um die ganze Versammlung christlicher Indianer anzusehen, weit weg von ihrer Heimat, hier mitten in der Wildnis Pennsylvanias. Laut und klar sagte er: ÈDavid Heckstein, du hast Jesus Christus als deinen Herrn und Heiland angenommen und so taufe ich dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.Ç Von der Gemeinde am Ufer ertšnte laut im Chor: ÈAmen.Ç Dann tauchten Vater Zeisberger und Anna David kurz unter Wasser und hoben ihn wieder heraus. Er strahlte und lachte Ÿber das nasse Gesicht. Als die vier wieder aus dem Fluss herauskamen, wurde schnell ein Bett aus Moos bereitet, das mit einem Laken abgedeckt wurde. Alle konnten jetzt verstehen, dass die Reise nicht weitergehen wŸrde, bis David diesen ÝanderenÜ Fluss Ÿberquert haben wŸrde. Aber als er auf dieses Bett gelegt wurde, suchten Davids Augen alle 146
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Gesichter ab, die besorgten MŠnner und Frauen, die Kinder, die alle um ihn herumstanden. ÈWo ist Josef?Ç, fragte er.
*** John Myers fand ihn, allein am anderen Ende der Gesellschaft, den Kopf auf die Arme gelegt, die geballten FŠuste mit wei§en Fingerknšcheln, so sehr kŠmpfte er den Kampf gegen sich selbst. Er wusste, warum der Zug angehalten hatte. Er hatte gesehen, wie David ins Wasser getragen und getauft worden war. Aber er hatte nicht den Mut gehabt, zu ihm zu gehen. Wie sehr er die Worte bedauerte, die er zuletzt zu David gesagt hatte: MachÕ dir nicht die MŸhe, zu beten. ÈEr fragt nach dirÇ, sagte John Myers leise. Josef stand auf und ging stumm hinter John her, bis zu dem freien Raum, der um Davids Bett geblieben war. Warum wollte David immer noch mit ihm zu tun haben, wenn er, Josef, ihn doch immer wieder zurŸckstie§? Jetzt lag er im Sterben É im Sterben! Er wŸrde David verlieren, den besten Freund, den ein Junge Ÿberhaupt haben konnte. Nun, er verdiente Davids Freundschaft auch nicht! Hier war er nun und machte PlŠne, wie er heute nacht am Besten weglaufen konnte, wŠhrend David É David É 147
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Mechanisch kniete sich Josef neben das Moosbett. Das NŠchste, das er mitbekam, waren Davids dŸnne Arme, die sich um seinen Hals schlangen und seinen Kopf zu sich herunterzogen, sein Gesicht ganz dicht neben Davids. ÈJosefÇ, hšrte er ein FlŸstern am Ohr, so leise dass kein anderer es hšren konnte. ÈJosef, versprich mir É bitte versprich mir, dass du unser Volk nicht verlassen wirst.Ç Die Stimme war heiser und klang gepresst. ÈIch kann nur dann ruhig zu meinem Vater im Himmel gehen, wenn ich wei§, dass du hier sicher unter den Menschen lebst, die Jesus lieben.Ç Josef prallte zurŸck. Ach David! Kannst du immer noch meine geheimsten Gedanken lesen? Was du verlangst ist hart! Ich war bereit, heute Abend wegzulaufen! David schaute Josef immer noch ins Gesicht. Sein Mund formte noch einmal fast unhšrbar die Worte. ÈVersprichÕ es mir!Ç Josef vergrub sein Gesicht in seinen HŠnden. Er fŸhlte immer noch Davids Finger, die sich an sein Hemd klammerten. David, dessen armer kranker Kšrper ihn von all den Freuden ausschloss, nach denen Josef sich sehnte: die Freiheit zu gehen, wann und wohin man wollte, die aufregenden Jagden, das Begeisternde an einem Leben als Krieger. Und trotzdem war David glŸcklich. Warum? 148
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Josef wusste warum. Weil David glaubte, dass Gott ihn liebte. Er nahm die kšrperlichen BeschrŠnkungen, die Gott ihm auferlegt hatte, an und sah die Liebe dahinter. Konnte Josef Ð? Konnte er es wagen Ð? Josef hob den Kopf. David sah ihn immer noch mit riesigen, tiefen Augen an. Und plštzlich wich der Druck des Kampfes aus Josefs Kšrper. Er musste sich fast schŸtteln, als die angestaute Wut, die ihn so lange begleitet hatte, ihn verlie§. Josef nahm Davids schmale Hand in seine. ÈIch verspreche esÇ, flŸsterte er zurŸck. Und dann fŸgte er noch fŸr sich selbst hinzu: Und ich werde noch mehr tun. Ich werde tun, worum du mich gebeten hast, ich werde meinen Vater um Vergebung bitten. Die Menschenmenge um die beiden Freunde herum schwieg. Eine Brise schŸttelte die BlŠtter an den BŠumen; Všgel flatterten und zwitscherten einander zu. Dann sagte David laut und deutlich: ÈMein himmlischer Vater ruft mich É ich muss gehen. Josef, du hast gesagt, dass du dir eine Mutter wŸnschst. Siehst du? Ich gebe dir meine.Ç Die Augen des Jungen suchten bis er Anna gefunden hatte. ÈMutter, lassÕ bitte Josef deinen Sohn sein, an meiner Stelle.Ç TrŠnen liefen Ÿber Annas Gesicht Ð und Ÿber Josefs. Und er schŠmte sich nicht, dass alle sie sehen konnten. Wie David, wollte er nie aus 149
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Schmerzen oder wegen schwieriger UmstŠnde weinen, aber Anteilnahme und Sanftheit berŸhrten ihn ganz tief innen drin. Aber durch seine TrŠnen sah Josef, dass David die Augen geschlossen hatte. David hatte den anderen Fluss Ÿberquert.
***
Die ganze Nacht sa§ Anna neben dem Kšrper ihres toten Jungen. Sie wollte nicht schlafen. Etwas abseits sa§en Vater Zeisberger, John Myers und Josef und hielten mit ihr gemeinsam Wacht. Als die Mitternachtsstunde kam, merkte Josef, dass er gerade eine Wahl getroffen hatte. Um diese Zeit hatte er sich eigentlich auf den Weg machen wollen, weg von hier, zurŸck zu Opeechee. Wie hie§ das noch, was David so oft vor sich hingeflŸstert hatte?, Ÿberlegte er: ÈNicht mein Wille, Dein Wille geschehe.Ç Am nŠchsten Morgen beerdigten sie David an Ort und Stelle. John Myers hatte ein einfaches Holzkreuz gemacht und schlug es am Kopfende in die Erde. Vater Zeisberger las eine Stelle aus der Offenbarung: ÈÉ und er wird jede TrŠne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein: denn das Erste ist vergangen.Ç Keine Schmerzen mehr fŸr David. Nachdem sie noch ein Lied gesungen hatten, nahmen alle ihre BŸndel, Pakete und Wander150
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stšcke auf und machten sich wieder auf den Weg. Aber Josef musste vorher noch etwas Wichtiges erledigen. ÈVater!Ç, rief er. ÈVater! Darf ich ein StŸck mit dir gehen?Ç John Shabosh nickte und schien etwas sagen zu wollen, aber Josef sagte schnell: ÈNein, Vater, lassÕ mich zuerst sprechen.Ç Er holte tief Luft. ÈIch habe mich sehr schlecht benommen und É und ich wollte dich um Vergebung bitten.Ç Und diesmal sagte Josef alles, was er auf dem Herzen hatte Ð nicht nur alles, was er getan hatte, sondern auch die Begeisterung fŸr Opeechees Geschichten und das Kriegerleben und den Zwiespalt, den er dadurch im Herzen gehabt hatte. Er gab zu, wie verbittert er gewesen war, als sein Vater ihn zum Arrest verurteilt hatte, und er erzŠhlte von seiner Absicht wegzulaufen und zu den Mohegans Ÿberzuwechseln. Wenn David ihn nicht aufgehalten hŠtte, wŠre er jetzt schon fort. Josef schluckte hart. ÈVater, ich akzeptiere gern jede Strafe, die dir angemessen erscheint, denn ich war weit schlechter, als du geahnt hast. Aber es tut mir leid. Kannst du mir jemals vergeben?Ç Zu Josefs †berraschung sagte sein Vater Ÿberhaupt nichts, sondern nahm ihn nur in die Arme und drŸckte ihn fest an sich. Vater und Sohn 151
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blieben so stehen, wŠhrend der Zug an ihnen vorbeimarschierte. Schlie§lich fand John Shabosh seine Stimme wieder. ÈJosefÇ, begann er heiser, Èes wird keine Strafe mehr geben. Du bist nach Hause gekommen. Ich verzeihe dir Ð všllig. †brigens hat Vater Zeisberger mir gestern gesagt, dass in den nŠchsten Tagen wieder eine Jagd organisiert wird. Ich mšchte, dass du mit mir kommst.Ç Všllig unbemerkt von den beiden war Vater Zeisberger nŠher gekommen. Mit einem strahlenden Gesicht legte er einen Arm um den Vater, den anderen um den Sohn und sagte, als sie zu dritt weitergingen: ÈIch glaube, unser himmlischer Vater hat David zu sich heimgeholt, weil die Aufgabe, die Er fŸr ihn hatte, getan war.Ç
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Ausklang Wochen spŠter kamen die christlichen Indianer im Tal des Muskingum-Flusses in Ohio an. Dort feierten sie ihre erste Zusammenkunft als Gemeinde am 23. August 1772. Sie gaben ihrem neuen Dorf den Namen Wilhik-Tupeek (auf Deutsch Schšnbrunn). WŠhrend der nŠchsten zehn Jahre lebten sie friedlich unter dem Stamm der Delawaren, gewannen viele GlaubensbrŸder und grŸndeten neue Dšrfer. Die christlichen Indianer, manchmal auch bšhmische Indianer genannt, wurden sowohl von den Indianern wie auch von den Wei§en sehr geachtet, wegen ihres Flei§es, ihres Wohlstandes, ihrer Sauberkeit und Ordentlichkeit, wegen ihrer Ehrlichkeit und Gerechtigkeit. Josef Shabosh stand zu seinem Versprechen und wurde ein treuer Mitarbeiter von Vater Zeisberger. Er kannte die Versuchungen des Èalten LebensÇ und hatte so gro§en Einfluss unter den jungen Leuten. WŠhrenddessen erklŠrten die Amerikanischen Siedler ihre UnabhŠngigkeit von Gro§britannien im Jahre 1776. Innerhalb weniger Jahre holte der BŸrgerkrieg die christlichen Indianer ein, die mit keiner Seite verbŸndet waren, sondern nur mit beiden Seiten in Frieden leben wollten. 153
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Die Briten versuchten allerdings, die Indianer gegen die amerikanischen Siedler aufzubringen. Als Zeisberger seinen Einfluss geltend machte und die Delawaren Ÿberzeugte, dass es besser sei, sich aus dem Krieg heraus zu halten, waren die Briten wŸtend. Im Jahre 1781 wurden die Missionare gefangen genommen und ins GefŠngnis von Detroit gesteckt (spŠter wurden sie wieder entlassen). Die Ÿbrigen Indianer wurden gezwungen, ihr Dorf zu verlassen und sich weiter westlich am Sandusky-Fluss niederzulassen. Sie grŸndeten dort sofort ein Dorf mit dem Namen ÈStadt der VertriebenenÇ. Nach einem harten Winter am Rande des Hungertods, kehrten einige christliche Indianer ins Tal des Muskingum-Flusses zurŸck, um ihre verlassene Ernte einzubringen, die sich immer noch auf den Feldern entlang des Flusses befand. UngefŠhr einhundertfŸnfzig militante Wei§e trieben die unbewaffneten Indianer zusammen und ermordeten sie grausam, MŠnner, Frauen und Kinder, ohne Unterschied. Neunzig Menschen wurden am 8. MŠrz 1782 getštet. Josef Shabosh und John Myers waren unter den MŠrtyrern.
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Mehr über David Zeisberger Die AnfŠnge der Bšhmischen BrŸder Im Jahre 1400 rief Johannes Hus, ein ršmisch-katholischer Priester zu einer ethischen Reform seiner Kirche auf, aber er wurde im Jahre 1415 wegen Ketzerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Seine Nachfolger, die merkten, dass die Kirche Reformen strikt ablehnte, beschlossen, eine neue Kirche zu grŸnden, die sich nur am Neuen Testament orientierte. Dies war der Beginn der Vereinigten BrŸder, spŠter auch unter dem Namen Bšhmische BrŸder bekannt. Zusammen mit anderen Protestanten wurden sie verfolgt und zerstreut. Aber ein verborgenes HŠufchen Bšhmischer BrŸder setzte im 17. Jahrhundert unter der FŸrsorge von Johannes Comenius die Linie fort. Im frŸhen 18. Jahrhundert wollte Nikolaus Graf Zinzendorf eine christliche Gemeinde im Ort Bertelsdorf, seinem Anwesen nahe Dresden, in Sachsen, grŸnden. Dann tauchte eines Tages vor seiner TŸr in Dresden ein Bšhmischer Bruder mit Namen Christian David auf. Er hatte gehšrt, dass der junge Graf bereit war, verfolgte Bšhmische BrŸder in seinem Land aufzunehmen. Zinzendorf war einverstanden und im Jahre 1722 kam die erste Gruppe Bšhmischer BrŸder in Bertelsdorf an. Die Ansiedlung auf Zinzendorfs Anwesen wurde Herrnhut genannt, was so viel bedeuten sollte, wie Ýunter dem Schutz des HerrnÜ. Zinzendorf unterstŸtzte die Gemeinde bei der GrŸndung einer Schule, einer Druckerei, einer Leinenweberei und einer Tšpferei. Im Jahre 1726 war die Zahl der BŸrger schon auf dreihundert angewachsen. Das Ziel in Herrnhut war nicht nur die GrŸndung christlicher Gemeinden, sondern auch die Ausbildung von Missionaren, die das Evangelium vor allem zu verfolgten und unterdrŸckten Menschen bringen sollten.
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Die ersten beiden Missionare wurden zu den farbigen Sklaven auf den Karibischen Inseln gesandt. Bis zum Jahr 1760, dem Todesjahr Zinzendorfs, waren schon 226 Missionare in die ganze Welt entsandt worden. Keine andere Kirche hat sich mit den Bšhmischen BrŸdern im Punkt Missionsarbeit messen kšnnen. Sie hatten Erfolg, wo andere versagten, weil sie nichts anderes als das Evangelium vertraten und keine Staatsinteressen verfolgten. Sie lehnten Gewalt, auch zur eigenen Verteidigung, vollstŠndig ab und blieben in Kriegszeiten immer neutral, oft unter GefŠhrdung des eigenen Lebens. David Zeisberger, Indianermissionar David und Rosina Zeisberger flŸchteten im Jahre 1726 auf der Suche nach Glaubensfreiheit aus Bšhmen und trafen in Herrnhut auf Hunderte von Glaubens- und Leidensgenossen, die alle aus Bšhmen hierher geflŸchtet waren. Ihr Sohn David war damals gerade fŸnf Jahre alt. Zehn Jahre spŠter schlossen sich die Zeisbergers einer Gruppe von Missionaren an, die in Georgia in der Neuen Welt eine Mission der Bšhmischen BrŸder errichten wollten. Der fŸnfzehnjŠhrige David wurde zurŸckgelassen, um seine Schulausbildung zu beenden. Aber die Strenge seiner Schullehrer war Ÿber die Ma§en gro§ und als David hart fŸr etwas bestraft wurde, das er nicht getan hatte, lief der Junge davon, um seinen Eltern nach Georgia zu folgen. Unter den abenteuerlichen Bedingungen des Pionierlebens in Amerika blŸhte David fšrmlich auf. Pastor Peter Bšhler, einer der Bšhmischen BrŸder in Georgia, nahm ihn als SchŸler unter seine Fittiche. Wenige Jahre spŠter zog eine Gruppe von BrŸdern, darunter auch der junge David, ins nšrdliche Pennsylvania, um dort eine Gemeinde aufzurichten, die sie Bethlehem nannten. Dies wurde spŠter das Mutterhaus der Bšhmischen BrŸder in Nordamerika. David hatte eine gro§e Sprachbegabung und bekam die Gelegenheit,
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nach Europa zurŸckzukehren. Er sagte jedoch seinem Lehrer Bšhler, dass er Ènur wahrhaftig mit Christus leben und Ihm hier in diesem Land dienen wolleÇ. Bethlehem wurde das Zentrum fŸr verschiedene missionarische FeldzŸge unter den IndianerstŠmmen. Zusammen mit einem anderen Bruder lebte David eine Zeit lang unter den Mohikanern, um deren Sprache zu lernen. Sie wurden jedoch von den Briten verdŠchtigt, fŸr die Franzosen Spionage zu betreiben und wurden inhaftiert, weil sie es ablehnten, Kšnig George den Treueeid zu leisten. David Zeisberger gewann den Respekt und die Freundschaft der Indianer, indem er geradeheraus sagte, was er dachte und sie nicht betrog und belog, wie viele der anderen Wei§en es taten. Er lebte unter ihnen, lernte ihre Sprachen und wurde ihr Berater und Freund. Als die Indianer sich zu Jesus Christus bekehrten, grŸndeten auch sie Dšrfer der ÈBšhmischen IndianerÇ. Diese Indianer wurden einerseits bewundert und andererseits gehasst. Bewunderung genossen sie wegen ihres Flei§es und ihres daraus erwachsenden Wohlstandes. Hass ernteten sie, weil sie in den verschiedenen feindlichen Auseinandersetzungen zwischen den Wei§en und den Indianern neutral bleiben wollten. Immer wieder wurden sie aus ihren Siedlungen verjagt und von einem Landstrich zum andern getrieben. WŠhrend des siebenjŠhrigen Krieges zwischen England und Frankreich (1756 Ð1763) gerieten sie oft zwischen die Fronten, weil sie sich auf keine Seite schlugen. Missionsarbeit war dann unmšglich. Zu Beginn des Krieges wurde sogar ein Dorf der Bšhmischen BrŸder mit Namen GnadenhŸtten angegriffen und MŠnner, Frauen und Kinder ermordet. David Zeisberger entkam nur knapp. Auch nach diesem Krieg blieben die Beziehungen zwischen den Wei§en und Indianern gespannt. Die Indianer sahen sich massiv in ihrer Existenz bedroht und
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die Wei§en machten oft keinerlei Unterschied zwischen freundlich oder feindlich gesonnenen Indianern. Schwierigkeiten zeichneten sich ab, und die christlichen Indianer baten die britische Regierung um Hilfe. Die Gruppe von Indianern Ð 120 MŠnner, Frauen und Kinder, begleitet von David Zeisberger Ð wurde zu ihrem ÈSchutzÇ nach Philadelphia gebracht. Aber als sie dort eintrafen, wartete der Mob auf sie, mit der Drohung Èdiese WildenÇ umzubringen. Die Indianer wurden zu ihrem Schutz in Armeebaracken eingeschlossen. 56 Menschen starben wŠhrend dieser Zeit an Blattern. Endlich war Frieden und die christlichen Indianer wurden wieder in die Freiheit entlassen. Die kleine Gruppe verlie§ Philadelphia im MŠrz 1765, gelangte nach einer fŸnfwšchigen Reise ans Ufer des Susquehanna-Flusses und lie§ sich dort, hunderte Meilen von wei§en Siedlungen entfernt, nieder. Sie nannten ihre neue Stadt Wyalusing oder FriedenshŸtten. FriedenshŸtten wuchs und gedieh prŠchtig und hatte bald 150 Einwohner. Dort standen 29 BlockhŠuser, 13 Zelte, eine Kapelle mit einem SchulhausflŸgel, ein Missionshaus und Blumen- und ObstgŠrten hinter jedem Haus. Die Stadt war eingegrenzt von einem Zaun, hinter dem sich riesige Wiesen und WeideflŠchen erstreckten, auf denen gro§e Rinder- und Schweineherden sowie HŸhner und GŠnse untergebracht waren. Am Flussufer lagen Kanus vertŠut, fŸr jeden Haushalt eines. Die Einwohner trieben Tauschhandel mit Getreide, Malzzucker, Butter, Schweinefleisch und kunstvoll gefertigten Kanus. Sie wurden von vielen StŠmmen aufgesucht: Mohawks, Cajugas, Senecas, Onanadagas, Tuscaroras, Nanticokes Ð alle hšrten sie das Evangelium von der Erlšsung und viele waren beeindruckt von der ordentlichen und produktiven Lebensweise der christlichen Indianer. Aber einige benachbarte StŠmme waren misstrauisch und Šrgerten sich Ÿber die Indianer, weil sie den ÈGott der
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Wei§enÇ anbeteten. Manche versuchten, sie zu Ÿberreden, wieder zu ihren frŸheren Traditionen und heidnischen BrŠuchen zurŸckzukehren, die sie hinter sich gelassen hatten. Nach einigen Jahren reiste David Zeisberger weiter nach Westen, um dort das Evangelium zu verkŸndigen. Schlie§lich wurde ein neues Missionsdorf am Ufer des Beaver-River gegrŸndet. Es erhielt den Namen Friedensstadt. Dann wurde David Zeisberger vom HŠuptling der Delawaren in Ohio, Netawatwes, eingeladen, bei seinem Stamm zu leben. Inzwischen wurden die Bewohner von FriedenshŸtten immer schlimmer von wei§en Siedlern bedrŠngt. Deren Siedlungen waren immer nŠher an das Territorium der Indianer gebaut worden. Wieder gab es Spannungen zwischen anderen Indianern und den Wei§en und wieder sollten die christlichen Indianer in alles hineingezogen werden. So wurde im Jahre 1771 beschlossen, die Mission fŸr die Indianer von Pennsylvania in die Wildnis von Ohio zu verlegen. Zu Beginn des FrŸhjahres 1772 reisten fŸnf Familien aus FriedenshŸtten zum Muskingum-Fluss, um dort eine geeignete Stelle zu finden, an der man sich niederlassen konnte. Dann kehrte David Zeisberger zurŸck, um die Ÿbrigen Familien auf ihrer Reise zu der neuen Heimat zu begleiten, die sie Schšnbrunn nannten. Die christlichen Indianer genossen zehn Jahre Frieden und Wohlstand. Im Jahre 1781 heiratete David Zeisberger, im Alter von sechzig Jahren, sogar noch eine junge Frau namens Susan Lecrone. Aber noch im selben Jahr wurde ihre Idylle in Ohio durch den Ausbruch der Amerikanischen Revolution gestšrt. Die Briten versuchten, die Indianer gegen die wei§en Siedler aufzubringen. Zeisberger bewahrte durch seinen Einfluss die Delawaren davor, in den Krieg hineingezogen zu werden. Das brachte ihm aber VerdŠchtigungen von britischer Seite ein.
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Schlie§lich wurde Zeisberger zusammen mit den anderen Missionaren in Detroit gefangengesetzt und die restlichen christlichen Indianer wurden gezwungen, ihre HŠuser zu verlassen und nach Westen zum Sandusky-Fluss zu ziehen. Dort wurde bald eine Stadt gegrŸndet, die sie ÝStadt der VertriebenenÜ nannten. Die Indianer standen vor dem Hungertod, und so machten sich einige der christlichen Indianer auf und zogen zurŸck nach Schšnbrunn, um ihre Ernten zu retten. Aber sie wurden von bewaffneten Wei§en angegriffen. Diese wollten Rache fŸr den Mord an einer wei§en Siedlerfamilie nehmen, der von kriegerischen Indianern verŸbt wurde. Neunzig wehrlose MŠnner, Frauen und Kinder wurden zu Tode geprŸgelt. Trotz dieser gro§en Tragšdie blieb die Mission der Bšhmischen BrŸder unter den Indianern Nordamerikas bestehen. David Zeisberger war sehr in Sorge um seine zerstreute Herde. Der neue U.S.-Kongress wies ihnen ein eigenes Gebiet am Muskingum-Fluss zu, ihrer alten Heimat. Aber die Spannungen in dieser Gegend waren immer noch sehr gro§. Im Jahre 1791 fanden sie Zuflucht in Kanada, zogen aber schlie§lich zurŸck nach Schšnbrunn, wo sie die †berreste ihrer ermordeten BrŸder fanden. Sie gaben ihnen ein christliches BegrŠbnis. Neben seinen Reisen und seinem Dienst als Prediger, verfasste David Zeisberger ein Buch mit Glaubensliedern der Delawaren, die †bersetzung eines bekannten christlichen Liederbuches, ein Rechtschreib- und Grammatikbuch fŸr die Delawaren, ein Lexikon fŸr Deutsch und die Sprache der Onandangas, eine Grammatik fŸr die Onandangas und Predigten in der Sprache der Delawaren. David Zeisberger starb im Jahre 1808 im Alter von siebenundachtzig Jahren. Er wurde in Goshen in Ohio beerdigt, der StŠtte, an der er seine letzte Mission gegrŸndet hatte.
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