DIE URZEIT-SAGA
William Sarabande
DAS VERBOTENE LAND DIE GROSSEN JÄGER 3
Eine atemberaubende Saga voller Liebe und A...
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DIE URZEIT-SAGA
William Sarabande
DAS VERBOTENE LAND DIE GROSSEN JÄGER 3
Eine atemberaubende Saga voller Liebe und Abenteuer vom Anbeginn der Zeit
Vierzigtausend Jahre vor unserer Zeitrechnung: Der furchtlose Jäger Torka hat eine Handvoll überlebender Krieger durch die Wildnis geführt. Sein Wort ist Gesetz — bis der junge stolze Cheanah sich erhebt und Getreue um sich schart. Torka und seine Frau Lonit müssen fliehen, um ihr Leben zu retten. Auf ihrer Flucht gelangen sie in das sagenumwobene verbotene Land, in das noch niemals ein Mensch seinen Fuß gesetzt hat, denn hier sollen gefährliche mystische Kreaturen ihr Unwesen treiben. Doch selbst in dieser undurchdringlichen Wildnis wird Torkas Sippe vom Zorn des unberechenbaren Cheanah verfolgt.
Packend und mit großer Kunstfertigkeit erzählt WILLIAM SARABANDE von den Anfängen unserer Geschichte in mythischer Zeit. Ein prähistorisches Epos der Sonderklasse. Für alle, die Jean Auel mögen.
Deutsche Erstveröffentlichung ISB N 3 - 404 - 13510 - 5g
gescannt und bearbeitet von wollrino
Seite 3
Widmung Für Carla . . . und im Gedenken an Hubert Howe Bancroft und all 'die gemeinsam gelesenen guten Bücher. Und in liebendem Gedenken an meinen Ururgroßvater, den Brigadegeneral Wladimir Bonaventura Krzyzanowski, der in die Neue Welt einwanderte und dessen Reisen und wagemutigen Entdeckungsfahrten in den Jahren 1872 bis 1874 die Faszination des Autors für die Geschichte des Hohen Nordens auslösten. »Alles war mir fremd«, schrieb er. »Es gab keine Hand, die mich vor der Verzweiflung schützte, und kein brüderliches oder schwesterliches Herz, das mit dem meinen im Einklang schlug. . . . Ich überstand die Verzweiflung in der Hoffnung, daß etwas Besseres daraus erwachsen würde, und wässerte diese mit meinen Tränen.« Er war Vertreter des Finanzministeriums der Vereinigten Staaten und wurde manchmal als der Erste Gouverneur von Alaska bezeichnet, weil er in jenem Territorium oft der einzige höhere Beamte der US-Regierung war. Er bereiste die Hochsee und und die Pässe vom Zollhaus in Sitka bis hin zum Fluß Stikine, zum Fort Wrangell und den Goldfeldern des Klondike. Im Namen seiner Wahlheimat und der eingeborenen Amerikaner - deren Land und Recht er gegen die Schmuggler, korrupten Politiker und goldbesessenen Prospektoren zu verteidigen suchte - kämpfte er tapfer wie schon in Gettysburg, Bull Run, Chancellorsville und als Kommandant der Zweiten Brigade, Dritten Division, XX. Korps der Potomac-Armee in der Schlacht von Cross Keys. Dieses Buch, Das verbotene Land, ist für dich, Kriz, und für all jene ,ersten Amerikaner, die erkannten, wie wunderbar dieses Land ist, die den Mut zum Bleiben hatten, es mit ihren Tränen wässerten und mit ihrer Liebe und ihrem Leben verteidig ten. Seite 4
Personen Torka Lonit Sommermond Demmi Schwan Umak Manaravak Iona
seine zweite Frau
Grek Wallah
alter Jäger seine Frau
Simu Eneela Dak Nantu Larani
junger Jäger seine Frau seine Söhne
Karana Mahnie Naya Cheanah Zhoonali Xhan Mano Yanehva Ank Ken Shar Kimm Honee
Jäger der Eiszeit seine erste Frau seine Töchter
seine Zwillingssöhne
seine Tochter Zauberer seine Frau seine Tochter Jäger seine Mutter seine erste Frau seine Söhne
Seine zweite Frau seine Tochter Seite 5
seine Tochter mit Xhan
Ekoh Bili Seteena Klee
Jäger seine Frau sein Sohn seine Tochter
Teean Frahn
alter Jäger seine Frau
Ram Kivan Buhl Kap
Jäger Jäger Jäger Jäger
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IM SCHATTEN DES SCHWARZEN MONDES
"Jetz t!" Die Stimme der alten Frau war scharf wie ihre uralten Krallenhände, die kräftig gegen den Bauch der jungen Frau drückten. »Du mußt pressen! Jetzt!« In der schattigen Dunkelheit der Bluthütte strengte Lonit sich an. Es folgte ein Sturzbach aus Blut und Schmerzen. Sie würde ihr Kind nicht mehr begrüßen können, denn sie war zu müde. Obwohl die Hebammen sie aufrecht hielten, spürte sie, wie sie das Bewußtsein zu verlieren drohte. Die Frauen, die sie an den Oberarmen festhielten, schüttelten sie. Lonit stöhnte protestierend. Der Schmerz ließ nach, aber mit dem vielen Blut war kein Kind gekommen. Warum ließen sie sie nicht ausruhen? Das Blut floß ihre Schenkel hinunter und wurde von dem dicken Teppich aus Gras und Flechten aufgesogen, der den Fußboden bedeckte. Der süße Geruch des Blutes und die abgestandene Luft in der winterdunklen kleinen Hütte widerten sie an. Ihr wurde übel, wenn sie nur daran dachte, und sie wünschte sich, die Hebammen würde das verschmutzteGras hinausschaffen und frisches holen, das nach Sommersonne roch. Wie sehr sie sich nach dem Sommer sehnte! Die grauen Flechten und das goldene Gras kitzelten ihre Fußsohlen. Sie war zu schwach, um sich aus der hockenden Stellung aufzurichten, aber sie sollte sich auch nicht hinlegen. Der Pflanzenteppich war nicht zu ihrer Bequemlichkeit ausgebreitet Seite 7
worden, sondern um das Blut und die Nachgeburt aufzufangen. Ausruhen konnte sie sich später, wenn das Kind geboren war - wenn es jemals geboren würde. »Frau aus dem Westen!Du mußt pressen, sage ich!« Wer sprach da? Die alte Zhoonali mit den Krallenfingern? Wallah? Iana? Kimm oder Xhan? Lonit wußte es nicht. Im Innern der runden, überfüllten Hütte konnte sie die schwitzenden Frauen, die genauso wie sie nackt und mit Asche und ranzigem Fett bemalt waren, nur schemenhaft erkennen. Über ihr bildeten die Mammut- und Kamelrippen ohne ein Abzugsloch das Gewölbe der Hütte. Miteinander verknotete Karibugeweihe hielten das Dach. Sie wünschte sich, eine der Hebammen würde eine Öffnung in den Fellen schaffen, damit der Rauch abzog und frische, kühle Luft eindrang. Es war so eng, dunkel und rauchig, daß sie kaum atmen konnte. Sie verdrehte die Augen. Die Decke schien in unermeßlicher Höhe über ihr zu schweben. Der Rahmen aus Geweihen verschwand in einem Nebel, als ob die Geister der Karibus ihn in die Nacht entführten. Lonit fragte sich, ob ihre Seele ihnen folgen würde. Es wäre gar nicht so schlecht, jetzt zu sterben, sich mit ihren Vorfahren zu vereinigen und dem Schmerz und den Augen und Händen der Hebammen zu entfliehen. Sie würde den Geistern der Karibuherden folgen, wie ihr Stamm es seit Anbeginn der Zeiten getan hatte - nur daß sie diesmal allein gehen und nicht zurückkommen würde. »Nein!« Sie wurde von ihrem eigenen Protestschrei überrascht. Die Karibugeister verschwanden in der Nacht, und das Geweihdach hing wieder fest und unbeweglich über ihr. Plötzlich roch sie intensiv den beißenden Gestank verbrennenden Bisontalgs und wußte, daß die Moosdochte in den Steinlampen schon wieder flackerten. Wie oft waren sie schon erneuert worden, seit ihr Mann sie stolz auf dem Weg zur Bluthütte begleitet hatte? Wie lange war es schon her, seit sie die Hütte betreten und die spezielle Schwangerschaftskleidung abgelegt hatte, die dann symbolisch im Feuer des Neuen Lebens verbrannt worden war? Die Glut dieses Feuers war inzwischen genauso kalt wie die
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Asche, mit der sie und die Hebammen eingerieben worden waren, um die lebensspendenen Mächte von Vater Himmel und Mutter Erde zu ehren. Ihr Mund war trocken. Jemand gab ihr aus einem Schlauch zu trinken. »Nur um die Kehle anzufeuchten. Nicht mehr!« Wallah lächelte, aber in den großen, liebevollen Augen der älteren Frau standen Trauer und Mitleid. Lonit war so erschöpft daß sie kaum trinken konnte. .Sie schloß die Augen. Seit ihre Wehen eingesetzt hatten, war die Sonne zweimal aufgegangen und wieder hinter dem Rand der Welt verschwunden. Jetzt war es wieder Nacht, eine lange, kalte Polarnacht, die mit den Geräuschen des Windes und den langsamen, monotonen Gesängen des Stammes erfüllt war. Sie horchte. Es mußte schon sehr spät sein, denn sie hörte nur noch die Stimmen der Alten. Und die der Wölfe. Wölfe! Sie öffnete die Augen. Sie konnte sie deutlich hören, sie waren nicht weit vom Winterlager entfernt. Die Raubtiere jagten jetzt in Rudeln auf der winterlichen Tundra unter dem Hungermond, um ihren Opfern den Tod zu bringen, während sie darum kämpfte, neues Leben aus ihrem Körper hervorzubringen, ohne dabei selbst das Leben zu verlieren. Doch es schien, daß sie den Kampf verlor. Zwei Tage und zwei Nächte waren eine zu lange Zeit, um ein Kind zur Welt zu bringen. Ihre Wehen waren so kurz nacheinander gekommen, daß kaum die Zeit eines Herzschlages dazwischen lag. Von Anfang an waren es sehr heftige Schmerzen gewesen, die eine Frau mit der Zeit zermürben konnten. Die Sorge stand in den Augen der Hebammen, aber Lonit war zu erschöpft, um sich ebenfalls Sorgen zu machen oder sich zu fragen, ob sie das Heulen der Wölfe als gutes oder als schlechtes Zeichen ansahen. Es war ihr egal, kein Zeichen konnte schlimmer sein als die Schmerzen, die jetzt erneut einsetzten. Sie schnappte nach Luft, hielt den Atem an, biß die Zähne zusammen und schloß die Augen. Sie versuchte, an die Wölfe zu denken und daran, wie es war, ein Wolf zu sein - nicht eine nackte Frau, die in einer engen Hütte eingesperrt war, sondern ein wildes Tier, das sich frei im Seite 9
blauen Schein des Hungermondes bewegte. Sie schien den frischen Atem des Windes auf ihrem Rücken zu spüren und rannte hungrig über die weite, wilde Tundra, im Schatten der hohen, zerklüfteten Gebirgszüge und des Gletschereises der Wandernden Berge. »Du mußt pressen. Frau aus dem Westen!« befahl Zhoonali. »Du bist die erste Frau unseres Häuptlings, aber genauso wie wir bist du nur eine Frau. Schrei, wenn du willst, aber du mußt pressen ! Jetzt !« Lonit war jung und stark, und es lag nicht in ihrer Natur zu schreien. Sie zwang sich, wieder mit den Wölfen über die weite Tundra ihrer Phantasie zu laufen. Ihr Blut floß, und ihr Herz klopfte schnell und heftig. Sie war keine Frau mehr, sondern ein Wolf. Sie war ein starkes, schlankes Tier wie der Wolf, der sie einst angesprungen und fast getötet hatte. An ihrem Arm waren noch die weißlichen Narben zu sehen, die die scharfen Zähne des Wolfes hinterlassen hatten. Ihr Mann trug das Fell und eine Halskette aus den Krallen und Zähnen dieses Tieres. Aber jetzt, während sie rannte. wurde sie von einem schrecklichen weißen Löwen mit schwarzer Mähne verfolgt. »Torka!« In ihrer unermeßlichen Qual schrie Lonit seinen Namen. als eine neue Wehe die Muskeln ihres Unterleibs wie einen Riemen zusammenzog, der ihr ungeborenes Kind zu zerquetschen drohte. Doch dann wurde es endlich aus ihrem Körper herausgetrieben. Das Baby kam! Sie konnte den Kopf spüren, der ihr zartes Fleisch zerriß und sich wie ein Wolf aus einer Falle befreien wollte - es aber nicht schaffte. Noch nie hatte sie solche Qualen erlebt, weder bei der Geburt ihres ersten Kindes Sommermond noch bei ihrer zweiten Tochter Demmi. Lonits Augen weiteten sich vor Angst. Sie fragte sich, ob sie ihre Kleinen jemals wiedersehen und in ihren Armen halten würde. Außerhalb des Winterlagers ihres Stammes zerstreuten sich die Wölfe und verschwanden in den fernen Hügeln und den Tiefen ihres fiebrigen Geistes. Ihre zwei Mädchen und ihr Mann folgten ihnen. Nur die Schmerzen blieben. Sie versuchte, den geliebten Menschen nachzurufen. Doch als sie gerade dazu
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ansetzte, drang grelles Licht in die kleine Hütte. Sie dachte kurz an die Sonne und fragte sich, ob der verstärkte Schmerz das Kind der Sonne war, denn Schmerz war immer mit grellem, blendendem Licht verbunden. »Lonit! Komm zu uns zurück!« Sie wollte nicht zurückkommen, aber Xhan und Kimm, die zwei Hebammen, die sie stützten, schüttelten sie heftig. »Das Kind kommt!« rief Xhan. »Du mußt dich jetzt hinknien! Du mußt jetzt fester pressen!« Lonit hatte sich bereits aufgegeben. Sie war keine Frau mehr, sondern ein Geist, der gemeinsam mit den Geistern der Karibus in Richtung der aufgehenden Sonne entfloh. Warum ließen die Frauen sie nicht in Frieden? Das Kind sollte selbst entscheiden, ob es auf die Welt kommen wollte oder nicht. Sie hatte überhaupt keinen Einfluß mehr darauf. Xhans und Kimms Finger drückten sich in Lonits Achselhöhlen. Doch diesen Schmerz spürte sie kaum. Die Wehen kamen immer heftiger, während die Hebammen sie in eine hockende Stellung mit 'gespreizten Knien zwangen. »Drücken!