Ren Dhark Drakhon 13 – Cyborg Krise 1. »Sie vermuten richtig, Mensch. Ja, ich bin einer aus dem Volk, das ihr die Myster...
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Ren Dhark Drakhon 13 – Cyborg Krise 1. »Sie vermuten richtig, Mensch. Ja, ich bin einer aus dem Volk, das ihr die Mysterious nennt.« Ren Dhark ließ die Worte in sich nachklingen. Der sie gesprochen hatte, stand vor ihm - augenscheinlich ein Mensch, schlank und muskulös, hochgewachsen, mit dunklem Haar und dunklen Augen. Dhark schätzte ihn auf etwa 40 Jahre, eher etwas weniger. Jim Smith. War das sein richtiger Name? Bestimmt nicht! Als Jim Smith war er auf Terra aufgetreten, vorher als John Brown auf Babylon. Und jetzt hatte er mit seinem Ringraumer die Entscheidung herbeigeführt, als es darum ging, das entartete Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße zu einem »normalen« Super Black Hole zu machen. Eine waghalsige Aktion. Wäre sie fehlgeschlagen, gäbe es in ein paar Wochen oder Monaten zwei Galaxien nicht mehr, aber statt dessen eine Strahlenhölle aus kollidierenden Sternen, weil dann die Galaxis Drakhon, angezogen von der Superschwerkraft des manipulierten Black Holes im Zentrum der Milchstraße, per Transition in der Menschheitsgalaxis materialisiert wäre. Vorboten der Katastrophe forderten schon seit Jahren und Jahrzehnten ihren Tribut, hatten ganze Völker gezwungen, ihre Heimatwelten aufzugeben und in »ruhigere« stellare Bereiche auszuwandern - sofern sie dazu in der Lage waren. Wer nicht fliehen konnte, starb oder trug schwerste Strahlenschäden davon, die den Nachwuchs zu nicht lebensfähigen Kreaturen mutieren ließ. Aber es war gelungen. Statt dessen gab es die Rahim nicht mehr, die mit ihren unwahrscheinlich starken Parakräften terranische Spezialraumer jenseits des Ereignishorizonts vor einem Absturz in das Schwarze Loch bewahrt hatten, während die an Bord installierten Masseneutralisatoren die Manipulation rückgängig machten, die vor über tausend Jahren von den Mysterious vorgenommen worden war!
Ich bin einer aus dem Volk, das ihr die Mysterious nennt. Einer aus dem Volk, das für den Beinahe-Untergang zweier Ga-laxien mit all ihren Zivilisationen verantwortlich war. Fühlte er sich unter Ren Dharks Blick unbehaglich? Keine Regung zeichnete sich in seinem Gesicht ab, das Dhark von den Fahndungsfotos der Galaktischen Sicherheitsorganisation her kannte. Aber als er dann den Blick wandte und zu dem etwa zehnjährigen Mädchen hinübersah, das immer noch bewußtlos in einem der Kontursitze des breiten Instrumentenpults mehr lag als saß, glaubte Dhark eine Wärme und Zuneigung zu spüren, die er zum letzten Mal bei seinen eigenen Eltern erlebt hatte. Dann sah Smith wieder Ren Dhark an. Er wirkte müde. »Sie wird gleich erwachen«, sagte er. Dhark nickte. Er sah sich einmal mehr in der Zentrale des Ring-raumers um, den Jim Smith EPOY nannte. Sie glich der der POINT OF bis ins Detail - von einer Ausnahme abgesehen. Der EPOY fehlte ein Checkmaster! Damit war Ren Dharks Schiff der EPOY auf jeden Fall überlegen! Aber die EPOY mußte trotzdem noch um Klassen besser sein als die S-Kreuzer, die die POINT OF ins Zentrum der Galaxis begleitet hatten. Die Bildkugel über dem Steuerpult zeigte sie und auch die drei großen Ellipsenraumer der Nogk, die als Beobachter hergesandt worden waren. Es zuckte Dhark in den Fingern, sich im Kommandosessel niederzulassen und die EPOY zu steuern. Zu erproben, wie gut dieses Raumschiff wirklich war. Jim Smith schien seine Gedanken zu erahnen. »Bitte, Commander... wenn Sie Platz nehmen wollen?« Dhark schüttelte den Kopf. »Kein Bedarf, Jim.« Aber er versuchte mit der Gedankensteuerung des Ringraumers Kontakt aufzunehmen, falls es eine gab. Vielleicht existierte sie ja ebensowenig wie ein Checkmaster. Anflug und Andockversuch an der POINT OF, dachte er konzentriert. Definition: POINT OF ist Raumschiff, zu dem Transmitterverbindung geschaltet wurde. Über diese Transmitterverbindung von Zentrale zu Zentrale war er an Bord der EPOY gekommen, der Warnung seines
Freundes Dan Riker zum Trotz, als Jim Smith ihn dazu eingeladen hatte. Es gab eine Gedankensteuerung in der EPOY! Ungültige Anweisung, kam ihre lautlose Antwort. Ausführung verweigert. Smith, der ein Mysterious sein wollte, lachte leise auf. »Dieses Raumschiff gehorcht nur mir, Commander. Sie würden es nicht einmal steuern können, wenn ich tot wäre. Es sei denn, ich würde Sie autorisieren.« Natürlich. Die Gedankensteuerung hatte sich bei ihm genauso gemeldet wie bei Ren Dhark. Das war auch in der POINT OF normal, aber auf die Kommandozentrale beziehungsweise die Führungsoffiziere begrenzt. Die »normalen« Besatzungsmitglieder bekamen davon nichts mit. Nach welchen Kriterien die Gedankensteuerung oder der hinter ihr stehende Checkmaster bei seiner Auswahl vorging, war bis heute ungeklärt. »Sie haben sich gut abgesichert, Jim.« »Hätten Sie es an meiner Stelle nicht auch getan, Ren?« übernahm Smith die vertraulichere Anredeform. »Wer sind Sie wirklich?« fragte Dhark leise. Er war nicht sicher, ob Smith ihn nicht belog. Immerhin hatte sich dieser Mann auf Terra als Datendieb gezeigt und versucht, sich über das globale Datennetz das gesamte Wissen der Menschheit anzueignen; ein Versuch, der im buchstäblich allerletzten Moment von der Galaktischen Sicherheitsorganisation gestoppt werden konnte. Ob er nicht dennoch jede Menge Informationen gesammelt hatte, ehe sein Treiben entdeckt wurde, war unbekannt. Immerhin war er auch auf Hope aufgetaucht, hatte im Industriedom von Deluge Unruhe gestiftet und anschließend eines der modernsten Raumschiffe der Terranischen Flotte, den Tofirit-Ringraumer EUROPA, gestohlen. Dafür hatte Colonel P. S. Clark, der ExKommandant des Raumers, geschworen, ihm den Hals umzudrehen, wenn ihm dieser Smith jemals in die Finger käme. Smith ein Mysterious? Die Technik, die er benutzte, sprach dafür. Und trotz des Mißtrauens, das in Ren schwelte, wollte er Smith Glauben
schenken. Zu lange hatte er schon all seine Kraft dafür verwendet, dieses vor tausend Jahren aus der Galaxis verschwundene Volk zu finden, das die POINT OF gebaut und überall technische Hinterlassenschaften verstreut hatte, die Terra bislang von größtem Nutzen waren. Er wollte sie endlich kennenlernen, diese Geheimnisvollen, über die kaum mehr bekannt war, als daß sie vielen Völkern der Milchstraße als Mörderrasse verhaßt waren - obgleich das alles sich inzwischen als Verwechslung entpuppt hatte. Grakos hatten die Utaren sie genannt. Wo immer ein Geschwader Ringraumer auftauchte, stand der Tod im Hintergrund, hatten sie seinerzeit berichtet. Und davon, daß diese Grakos ganze Planeten entvölkerten und ihre Bewohner in die Sklaverei entführten. Inzwischen war klar, daß Grakos und Mysterious nicht identisch waren, aber Grakos mußten Ringraumer der Mysterious erobert und benutzt haben und hatten damit all ihre Grausamkeit und Bos-haftigkeit den Mysterious zugeschoben, deren Aussehen ebenso wie das der Grakos niemals jemand hatte beschreiben können, weil bei ihren Aktionen die einen wie die anderen angeblich ihre Raumschiffe niemals verlassen hatten... Grakos... Sie bedeuteten keine Gefahr mehr. Was vor tausend Jahren die Mysterious nicht geschafft hatten, war den Terranem gelungen. Im Vorfeld der Aktion um das entartete Schwarze Loch hatten sie die Grakogefahr ausgeschaltet und Verträge geschlossen. Die insek-toiden Gordo, die in einer letzten Entwicklungsstufe aus den vormals mörderischen Grakos entstanden, schienen vertrauenswürdig und friedliebend zu sein. Und diese Gordo hatten jetzt die Kontrolle über ihr Gesamtvolk. 10 Mysterious... Schon einmal hatte Ren geglaubt, am Ziel seiner Suche zu stehen. Damals, als er nach Drakhon vorstieß und noch nicht ahnte, welche Bedeutung diese mit der Milchstraße kollidierende zweite Galaxis hatte. Auf einem DrakhonPlaneten, auf der Welt der Shirs, hatte er die Salter entdeckt,
die vorgaben, die letzten aussterbenden Mysterious zu sein. Er hatte sie nach Terra gebracht, und dort waren sie dann tatsächlich gestorben. Nur stellte sich dabei heraus, daß das alles eine große Täuschung war. Die Shirs hatten mit ihren hypnosuggestiven Parakräften den Terranem vorgeschwindelt, die Salter seien die Mysterious. Die Wirklichkeit sah anders aus. Die Salter hatten einst auf der Erde gelebt. Sie hatten Terra Lern, wie sie es nannten - verlassen müssen und waren zu einem Hilfsvolk der Mysterious geworden. Nicht mehr und nicht weniger. War es ein Wunder, daß Ren deshalb diesem Jim Smith gegenüber mißtrauisch blieb? Ich bin einer aus dem Volk, das ihr die Mysterious nennt. Konnte es wirklich sein? War diese Lösung nicht zu einfach, zu sehr aus dem Hut gezaubert nach den Enttäuschungen, die Ren in den letzten Jahren seiner Suche immer wieder erlebt hatte? Die Tel in der Stemenbrücke... die Salter... die Rahim in Drakhon... immer wieder hatte er glauben wollen und gehofft, und jedesmal war er ins Leere gestoßen. Er fürchtete, daß ihm jetzt eine weitere Enttäuschung bevorstand. »Wer sind Sie wirklich, Jim Smith?« Der vorgebliche Mysterious lächelte. »Die Wahrheit, Commander Ren Dhark, befindet sich immer im Verstand des Fragenden«, sagte er. »Commander?« meldete sich eine zaghafte Stimme. »Commander Ren Dhark?« Juanita Gonzales! Die Zehnjährige war aus ihrer Bewußtlosigkeit erwacht. Mit ein paar Schritten war Smith bei ihr, half ihr in eine aufrechte Sitzposition. Strich ihr durch das lange, weiche Haar. Das Mädchen sah Dhark aus großen Augen an, musterte den großen, weißblonden Mann eingehend. »Sie sind Ren Dhark? Echt?« »Ganz echt«, schmunzelte er. »Möchtest du meinen Ausweis sehen, Juanita?« »Woher wissen Sie, wer ich bin?« stieß sie erschrocken
hervor und wechselte einen schnellen Blick mit Smith. »Es gehört zu meinen Pflichten, so viele Menschen wie möglich zu kennen«, erwiderte Ren. Er wußte aus dem GSODossier, wen er vor sich hatte. Juanita Gonzales stammte aus den Slums von Rio de Janeiro. Smith hatte sie dort aufgegabelt und mitgenommen. Zuerst war die GSO von einer Entführung ausgegangen, aber auf Hope hatte sich gezeigt, daß sich das Mädchen durchaus freiwillig und offensichtlich gern bei Smith aufhielt. Und offenbar verfügte sie über eine interessante Parabegabung. Sie konnte sich und andere »unsichtbar« machen... Nicht wirklich unsichtbar. Nicht in der Form, wie es die entarteten Cyborgs Mildan und Dordig einst gekonnt hatten, die von Crekker-Tels umgedreht worden waren. Die Crekker gab es nicht mehr, wie es auch Mildan und Dordig nicht mehr gab, aber damals waren diese Cyborgs nur sichtbar geworden, wenn man in direkten Körperkontakt mit ihnen kam. Ortungsgeräte und Fotoapparate hatten nicht auf sie angesprochen. Auf Juanita Gonzales schon! Aber irgendwie schaffte sie es, anderen Menschen vorzugaukeln, da sei niemand. Sie wurde einfach nicht wahrgenommen. Und sie konnte andere, wie zum Beispiel diesen Jim Smith, in das Nicht-wahrgenommenwerden mit einbeziehen! Dieses Talent hatte sie jedenfalls auf Hope im Industriedom von 12 Deluge einige Male unter Beweis gestellt und dabei eine Menge Unruhe gestiftet. Die größere Unruhe hingegen hatte Smith verursacht, als er die EUROPA kaperte. Unwillkürlich mußte Dhark bei dem Gedanken schmunzeln, was der vor Zorn tobende Colonel P. S. Clark wohl tun würde, wenn er erführ, daß es sich bei dem Dieb um einen Mysterious handelte! »He, reden Sie nicht mit jedem?« hörte er im nächsten Moment Juanitas Stimme. Da wurde ihm klar, daß er ihre Frage noch nicht beantwortet hatte, die sie ihm eben stellte.
»Entschuldige bitte«, sagte er. »Ich habe wohl gerade nicht aufgepaßt. Was hattest du gefragt?« »Ob Sie sehr viele Menschen kennen, Mister Dhark. Und wie viele.« »Wie viele... hm. Ich glaube, das kann ich dir nicht beantworten.« Sie nickte. »Habe ich mir gedacht. Aber Sie haben es geschafft, nicht? Sie haben dieses Schwarze Loch kaputtgemacht, ja? Das, was uns sonst alle umbringen würde?« »Dein großer Freund Jim hat mir dabei sehr geholfen«, sagte Dhark. Ihre Augen leuchteten, als sie Smith ansah. »Hast du? Wunderbar! Ich wußte, daß ihr es schaffen würdet.« Der Fremde lächelte. »Ich habe so gut wie nichts dazu beigetragen«, sagte er. »Der Commander der Planeten hat die Arbeit erledigt. Er wäre auch ganz gut ohne mich zurechtgekommen.« Er wandte sich Dhark zu. »Sie war immer überzeugt, daß Sie es schaffen würden, Dhark. Ich hatte eher Bedenken. Uns ist es seinerzeit nicht mehr gelungen, den Prozeß umzukehren, als wir erkannten, was geschehen würde...« »Moment mal!« fuhr Juanita auf. »Was heißt das, Jim? Uns ist es nicht mehr gelungen? Wir haben doch nie...« »Ich meinte das etwas anders«, sagte Smith leise. »Terraner Dhark, ich glaube, wir sollten unser kleines Gespräch etwas vertagen.« 13 Das Mädchen runzelte die Stirn. »Jim, was soll das heißen? Wie anders meintest du das? Du nennst den Commander Terraner Dhark, als wenn du selbst kein Terraner wärst! Und wer ist >wir