TOM CLANCY und STEVE PIECZENIK
TOM CLANCY'S OP-CENTER 7
FEINDBILDER Aus dem Amerikanischen von Bea Reiter
WILHELM HEY...
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TOM CLANCY und STEVE PIECZENIK
TOM CLANCY'S OP-CENTER 7
FEINDBILDER Aus dem Amerikanischen von Bea Reiter
WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN
Prolog
Washington, D.C. - Sonntag, 13 Uhr 55 Die beiden Männer mittleren Alters saßen in Ledersesseln, die in der Ecke der holzgetäfelten Bibliothek standen. Der Raum lag in einem ruhigen Teil des großen Hauses in der Massachusetts Avenue. Um die jahrhundertealten Kunstwerke vor den grellen Strahlen der Nachmittagssonne zu schützen, hatte man die Jalousien heruntergelassen. Der einzige Lichtschein kam von einem fast schon heruntergebrannten Feuer, das im Kamin schwelte. Das Feuer ließ den holzgetäfelten Raum leicht nach Rauch riechen. Der eine der beiden Männer trug Freizeitkleidung und war groß und kräftig, mit schütter werdendem grauem Haar und einem hageren Gesicht. Er trank Kaffee aus einer blauen Camp-David-Tasse, während er ein Blatt Papier las. Der andere, der ihm mit dem Rücken zu den Bücherregalen gegenüber saß, war kleiner und dicker. Er hatte raspelkurz geschnittene rote Haare und trug einen grauen Anzug mit Weste. In der Hand hielt er ein leeres Glas, das vor wenigen Augenblicken noch randvoll mit Scotch gewesen war. Er saß mit übergeschlagenen Beinen da und wippte nervös mit dem Fuß. Wangen und Kinn waren mit kleinen Schnitten übersät, die von einer hastigen, unzulänglichen Rasur stammten. Der größere Mann schlug die Akte zu und lächelte. »Das hört sich alles ganz wunderbar an. Einfach perfekt.« »Danke«, sagte der Rothaarige. »Jen schreibt sehr gut.« Er rutschte unruhig auf seinem Sessel herum und nahm das Bein von seinem Knie. Dann beugte er sich nach vorn, so dass das Lederpolster unter ihm ächzte. »Zusammen mit der Besprechung heute Nachmittag dürfte dies das Ganze erheblich beschleunigen. Das ist dir doch bewusst, oder?« 7
»Aber natürlich«, entgegnete der Größere. Er stellte seine Tasse auf einen kleinen Tisch, stand auf und ging zum Kamin hinüber, wo er nach einem Schürhaken griff. »Macht dir das etwa Angst?« »Ein bisschen schon«, gab der Rothaarige zu. »Warum?«, fragte der größere Mann, während er die Akte in die Flammen warf. Sie fing sofort Feuer. »Es führt keine Spur zu uns.« »Um uns mache ich mir keine Sorgen. Aber irgendjemand wird den Preis dafür bezahlen«, antwortete der Rothaarige traurig. »Darüber haben wir doch schon gesprochen. Die Wall Street wird begeistert sein. Wir beseitigen das, worunter sie leidet. Die Leute werden sich schon wieder erholen. Und jede ausländische Macht, die von der Situation profitieren will, wird sich wünschen, sie hätte es gar nicht erst versucht.« Er stieß den Schürhaken in die brennende Akte. »Jack hat sämtliche psychologischen Profile untersucht. Wir wissen, wo die potenziellen Unruheherde liegen. Der Einzige, der dabei zu Schaden kommen wird, ist der Mann, der dieses Problem geschaffen hat. Aber er wird schon wieder auf die Beine kommen. Es wird ihm sogar besser gehen als vorher. Er wird Bücher schreiben, Reden halten und Millionen verdienen.« Die Worte des größeren Mannes klangen gleichgültig, obwohl der Rothaarige wusste, das dem nicht so war. Er kannte den anderen seit fast 35 Jahren, seit der Zeit, als sie zusammen in Vietnam gedient hatten. Während der TetOffensive hatten sie Seite an Seite in Hue gekämpft und ein Munitionsdepot gehalten, nachdem der Rest ihres Zuges getötet worden war. Beide liebten ihr Land aus ganzem Herzen, und das, was sie vorhatten, war Ausdruck dieser tiefen Vaterlandsliebe. »Gibt es etwas Neues aus Aserbaidschan?«, wollte der größere Mann wissen. »Jeder ist an seinem Platz.« Der Rothaarige sah auf seine Uhr. »Sie werden sich wohl gerade das Ziel aus der Nähe ansehen und dem Mann zeigen, was er zu tun hat. 8
Der nächste Bericht dürfte erst in etwa sieben Stunden kommen.« Der Größere nickte. Einen Augenblick lang herrschte Stille, die nur vom Knistern der brennenden Akte unterbrochen wurde. Der Rothaarige seufzte, stellte sein Glas auf den Tisch und erhob sich. »Du musst gleich zur Besprechung. Kann ich sonst noch etwas für dich tun?« Der größere Mann stieß den Schürhaken in die Asche und zerstreute sie. Dann legte er den Schürhaken weg und drehte sich zu dem Rothaarigen um. »Ja«, sagte er. »Es wäre gut, wenn du nicht so nervös wärst. Wir brauchen nur vor einem Angst zu haben.« Der Rothaarige lächelte. »Vor der Angst selbst.« »Nein«, erwiderte der andere. »Panik und Zweifel. Wir wissen, was wir wollen, und wir wissen, wie wir unser Ziel erreichen. Wenn wir ruhig und zuversichtlich bleiben, kann gar nichts schief gehen.« Der Rothaarige nickte und griff nach dem Aktenkoffer aus Leder, der neben dem Sessel stand. »Benjamin Franklin hat einmal gesagt, dass eine Revolution immer dann rechtmäßig sei, wenn es dabei um die erste Person gehe, wie in >unsere< Revolution. Rechtwidrig sei sie nur in der dritten Person, wie in >ihre< Revolution.« »Den Spruch kenne ich noch gar nicht«, sagte der andere. »Er ist gut.« Der Rothaarige lächelte. »Ich sage mir immer wieder, dass wir das Gleiche tun wie die Gründerväter. Wir tauschen eine schlechte Regierungsform gegen eine bessere ein.« »Du hast Recht«, erwiderte der andere. »Und jetzt solltest du nach Hause gehen, dich entspannen und dir im Fernsehen ein Footballspiel ansehen. Hör auf, dir Sorgen zu machen. Es wird alles gut gehen.« »Ich wünschte, ich könnte so zuversichtlich sein wie du.« »Hat Franklin nicht auch gesagt: >Nur zwei Dinge auf dieser Welt sind uns sicher: der Tod und die Steuer