Business Engineering Herausgegeben von H. Österle, R. Winter, W. Brenner
Business Engineering V. Bach, H. Österle (Hrsg.) Customer Relationship Management in der Praxis 2000. ISBN 3-540-67309-1 H. Österle, R. Winter (Hrsg.) Business Engineering, 2. Auflage 2003. ISBN 3-540-00049-6 R. Jung, R. Winter (Hrsg.) Data Warehousing Strategie 2000. ISBN 3-540-67308-3 E. Fleisch Das Netzwerkunternehmen 2001. ISBN 3-540-41154-2 H. Österle, E. Fleisch, R. Alt Business Networking in der Praxis 2002. ISBN 3-540-42776-7 S. Leist, R. Winter (Hrsg.) Retail Banking im Informationszeitalter 2002. ISBN 3-540-42776-7 C. Reichmayr Collaboration und WebServices 2003. ISBN 3-540-44291-X O. Christ Content Management in der Praxis 2003. ISBN 3-540-00103-4
E. von Maur, R. Winter (Hrsg.) Data Warehouse Management 2003. ISBN 3-540-00585-4 L. Kolbe, H. Österle, W. Brenner (Hrsg.) Customer Knowledge Management 2003. ISBN 3-540-00541-2 R. Alt, H. Österle Real-time Business 2003. ISBN 3-540-44099-2 G. Riempp Integrierte Wissensmanagement-Systeme 2003. ISBN 3-540-20495-4 T. Puschmann Prozessportale 2004. ISBN 3-540-20715-5 H. Österle, A. Back, R. Winter, W. Brenner Business Engineering – Die ersten 15 Jahre 2004. ISBN 3-540-22051-8 R. Zarnekow, W. Brenner, U. Pilgram Integriertes Informationsmanagement 2005. ISBN 3-540-23303-2
Ulrike Baumöl · Hubert Österle Robert Winter Herausgeber
Business Engineering in der Praxis mit 245 Abbildungen und 9 Tabellen
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Dr. Ulrike Baumöl Räffelstrasse 20 8022 Zürich Schweiz E-mail:
[email protected] Professor Dr. Hubert Österle Professor Dr. Robert Winter Müller-Friedberg-Strasse 8 9000 St. Gallen Schweiz E-mail:
[email protected] E-mail:
[email protected] ISSN 1616-0002 ISBN 3-540-20517-9 Springer Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Herstellung: Helmut Petri Druck: Strauss Offsetdruck SPIN 10971246
Gedruckt auf säurefreiem Papier – 42/3153 – 5 4 3 2 1 0
Vorwort Die Transformation der Wirtschaft stellt hohe Anforderungen an die Unternehmen in Bezug auf Reaktionsgeschwindigkeit und Flexibilität. Nur pragmatische, aber gleichzeitig gut fundierte Konzepte können hier eine angemessene Unterstützung leisten. Diese Konzepte entstehen durch die enge Kooperation von Forschung und Praxis durch den Austausch von Ideen und Erfahrungen. Wichtige Plattformen für diesen Austausch sind erstens die Entwicklung von „communities“, im Sinne von Netzwerken, die die Konzepte verstehen und umsetzen können, zweitens die Ausbildung als Grundlage dafür und drittens der kontinuierliche Wissenstransfer, um die Weiterentwicklung und gegenseitige Inspiration sicherzustellen. Die Disziplin Business Engineering stellt sich diesen Herausforderungen und steht mit ihren Konzepten für einen ganzheitlichen Ansatz der Transformation von Unternehmen. Das spiegelt sich auch in den bearbeiteten Themen im vorliegenden Buch wider: Die Bandbreite der Beiträge reicht von strategischen Ansätzen, die sich mit der Positionierung und Steuerung von Unternehmen im Informationszeitalter beschäftigen, über die Analyse von Wertschöpfungspotenzialen durch innovative Technologien und neuen Prozessarchitekturen, die den Fokus vor allem auf die Unternehmenssteuerung und die Ausschöpfung technologischer Potenziale legt, bis zur Auseinandersetzung mit den kulturellen Aspekten und Konsequenzen der Transformation, z.B. durch den Versuch, die kulturelle Transformation in einem Vorgehensmodell abzubilden oder durch Überlegungen zu einem gezielten Management sozialer Netzwerke. Dabei stehen in den Beiträgen, die sich aus der Praxis des Business Engineering und den im Rahmen des Nachdiploms in Business Engineering verfassten Diplomarbeiten zusammensetzen, nicht nur die Professional Service Firm im Mittelpunkt der Überlegungen, sondern auch der Industriekonzern oder das Finanzdienstleistungsunternehmen. Branchenübergreifend wird darüber hinaus die Anwendbarkeit der Business Engineering-Konzepte auf kleinere und mittlere Unternehmen, die sich den Anforderungen der Transformation stellen müssen, untersucht. Die Erfolgsformel lautet, eine zwischen Forschung und Praxis vernetzte Entwicklung von Methoden und Techniken anzustreben. Nehmen wir uns dieser spannenden Aufgabe an! Die Herausgeber danken der engagierten Business Engineering-Community, die das Zustandekommen dieses Bandes durch ihre Beiträge ermöglicht hat. Darüber hinaus geht unser Dank an das Team um Herrn Dipl.-Inf. Christian Braun, ohne dessen redaktionellen Einsatz dieser Band nicht hätte produziert werden können.
St. Gallen im April 2005
Die Herausgeber
Inhaltsverzeichnis Ulrike Baumöl, Hubert Österle, Robert Winter Business Engineering in der Praxis .......................................................................1
I. Strategische Ansätze für Geschäftsmodelle im Informationszeitalter Thomas Gutzwiller, Ariel Hugentobler, Martin Liebich Professional Services im Informationszeitalter ...................................................17 Eric Bauer, Rolf Kaufmann, Josef Rusch Ansätze des Business Engineering für KMU ......................................................35 Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner Outside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister im Informationszeitalter ......................................................................................51 Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter – Business Case einer Versicherung .......................................................................................................83 René Früh, Daniel Kesch, Stephan Plüss Mobile Computing – Business Opportunities and Business Models from the Perspective of an IT Service Provider .........................................................117 Martin Gehring, Guido Meyer E-Service Business Model for the Management of Equity-Linked Compensation....................................................................................................157 Markus Hausheer, Thomas Müller, Peter Oesch Ubiquitous Computing im Supply Chain Management.....................................193 Felix Huber, Daniel Jörg, Stefan Sieger Ein Geschäftsmodell für Rückversicherer im Informationszeitalter .................229 Eric Hunziker, Raphael Landolt, Alexander Otth c-Business: Ein strategischer Ansatz für ein Finanzinstitut im Privatkundengeschäft zur erfolgreichen Bindung profitabler Kunden ..............255 Thomas Kocherhans, Kurt Meyer, Rosmarie Widmer Gysel Der Industriekonzern im Informationszeitalter .................................................281 Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti Ein Orientierungsrahmen zur Erfassung der Fitness von Human Resources Bereichen .........................................................................................307
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Inhaltsverzeichnis
Peter Staub, Martin Zeder Technische Innovationen als Enabler neuer Geschäftsmodelle im Immobilienmanagement....................................................................................323
II. Wertschöpfungspotenziale durch innovative Technologien und neue Prozessarchitekturen Ferri Abolhassan, Thomas Beck Performance Measurement als Voraussetzung für Business Process Excellence .........................................................................................................361 Heinz Berger, Siegmund Himmel Wissensmanagement in der Praxis: Von der Strategie zur methodischen Umsetzung.........................................................................................................379 Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäftsund Prozessebene ..............................................................................................401 Alexander Etter, Christian Fux, Guido Grütter Swiss Army Window – das Schweizer Armee-Fenster im globalen Dorf.........427 Daniel Fasnacht Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren oder wie komplexe IT-Projekte ganzheitlich geführt werden ..........................................455 Iris Hauter-Heinke, Markus Zenker New Business Network Navigator ....................................................................479
III. Kulturelle Veränderungsprozesse im Informationszeitalter Daniela Mäder, Lukas Weibel Individuelle Netzwerke – Ihr Nutzen für die Unternehmung ............................515 Philip Ferber, Thomas Schmitz, Günter Waibel Integratives Vorgehensmodell für die methodische Veränderung von Unternehmenskulturen ......................................................................................553 Autorenverzeichnis............................................................................................585 Index..................................................................................................................593
Business Engineering in der Praxis Ulrike Baumöl, Hubert Österle, Robert Winter
1 Business Engineering: Herausforderungen in der Praxis....................................2 2 Lösungsansätze des Business Engineering .........................................................4 2.1
Methoden-Engineering ..............................................................................4
2.2
Basisanforderungen an die Methodenentwicklung ....................................5
2.3
Grundlegende Fragestellungen ..................................................................7
3 Transfer des Business Engineering-Wissens ....................................................10 4 Literatur ............................................................................................................13
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Ulrike Baumöl, Hubert Österle, Robert Winter
1 Business Engineering: Herausforderungen in der Praxis Die Führung und erfolgreiche Umsetzung von Veränderungsvorhaben sind immense Herausforderungen für Unternehmen [Kanter et al. 1992; Kotter 1996; Classen et al. 2003]. Das Ziel, das Geschäftsmodell „fit für die Zukunft“ zu machen, stellt hohe Anforderungen an die Lösungsansätze. Das frühzeitige Erkennen von Innovationen, deren schnelle Umsetzung und damit das Ausnutzen innovativer Potenziale für das operative Geschäft, wie z.B. unternehmensübergreifende Prozessarchitekturen oder mobile Technologien, sind dabei nur eine Dimension der Herausforderung. Genauso hohe Anforderungen an das Management des Wandels stellt die Restrukturierung der Organisation aufgrund von Wettbewerbsund Kostendruck. Das Business Engineering (BE) versteht sich als umfassende Konstruktionslehre für Geschäftsmodelle, welche die Potenziale von Informations- und Kommunikationstechnik nutzen. Dieser Beitrag diskutiert zunächst die aktuellen Herausforderungen für das BE anhand von zwei Kriterien: (a) Methodenkonstruktion, d.h. wie müssen Methoden entwickelt und eingesetzt werden, damit leistungsfähige Lösungen entstehen, und (b) Inhalte, d.h. welche Inhalte stehen aktuell im Fokus der Entwicklung von Lösungen. Im Anschluss daran werden in Bezug auf den ersten Punkt Lösungsansätze diskutiert. Der zweite Punkt wird durch die Beiträge der BE-Community im vorliegenden Buch eindrücklich diskutiert und mit Lösungsansätzen hinterlegt. Im dritten Abschnitt des Beitrags wird der für die Weiterentwicklung des BE zentrale Aspekt „Wissenstransfer“ aufgegriffen und die Anforderungen kurz diskutiert. Business Engineering in der Praxis heisst, strukturiert und mit geeigneten Methoden individuelle Veränderungsprojekte erfolgreich zu führen. Dabei wird die Informationstechnologie (IT) als „enabler“ von Business Innovationen und Business Redesign aufgefasst, aber nicht als primärer Treiber eingesetzt. Erfolgreiche Veränderungsprojekte basieren vielmehr auf der Entwicklung einer leistungsfähigen Geschäftsarchitektur durch Methoden des Strategie-, Prozess- und Technologiemanagement sowie der bewussten Intervention in die Unternehmenskultur. Die eingesetzten Methoden sollen alle relevanten Themenstellungen und Veränderungshebel abdecken. Über die vergangenen Jahre ist, dieser Forderung folgend, eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Methoden und Lösungsansätzen entstanden. Ohne übergeordnete Strukturierungshilfe, Regeln und einem Grad an Standardisierung, der effiziente Lösungen ermöglicht, ohne dabei einschränkend zu wirken, kann die Erfolgsquote von Veränderungsvorhaben nicht gesteigert werden. Unreflektiert wieder verwendbare Referenzlösungen oder gar „Kochrezepte“ für alle Herausforderungen von Veränderungsprojekten kann es nicht geben. Dennoch existieren bereits einige Ansätze, die einen Beitrag zu erfolgreichen Veränderungsprojekten leisten.
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Eine übergeordnete Strukturierungshilfe, um Methoden oder Erklärungsmodelle entsprechend ihrer Hauptansatzpunkte zu positionieren, ist die so genannte BELandkarte („BE-Map“, vgl. Abbildung 1). Mit der BE-Landkarte als Navigationshilfe können Methoden bzw. einzelne Methodenbausteine nach ihrem inhaltlichen Fokus positioniert, Entscheidungen über angemessene Methoden für konkrete Aufgabenstellungen des Projekts getroffen und in eine sinnvolle Kombination gebracht werden.
Abbildung 1: BE-Map als Strukturierungshilfe Es bleibt jedoch die Herausforderung bestehen, den individuellen und situativ unterschiedlichen Anforderungen des Projekts gerecht zu werden. Es muss ein Ansatz gefunden werden, wie bestehende Methoden und Erfahrungen in Form einer Wissensbasis, vielleicht sogar als „best practice“ bzw. „best solution“ nutzbar sind. Gleichzeitig ist die situative Anpassungsfähigkeit der Methoden sicherzustellen. Nur die Kombination beider Aspekte „Wiederverwendung von best solutions“ und „Anpassung an situative Anforderungen“ verhindert, dass die von Dörner aufgezeigten Probleme des „Methodismus“ greifen: Einerseits kontinuierliches Wiederanwenden von erfolgreichen Methoden, weil der Ist-Zustand in die Zukunft fortgeschrieben wird, und andererseits affirmative und damit selektive Informationsbeschaffung, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen (vgl. Dörner 2000, S. 58-67). Die Entwicklungsgeschichte des BE zeigt deutlich, dass die grundlegenden Inhalte und daraus folgenden Fragestellungen sich nicht wesentlich geändert haben, wohl aber die Schwerpunkte, die gesetzt werden. Nach dem E-Business Crash wird das scheinbar unbegrenzte Potenzial von „IT als Enabler“ in Frage gestellt (vgl. Carr 2003). Unternehmen stellen sich vermehrt wieder die Frage, ob die ITKosten nicht zu hoch sind und worin eigentlich der (Mehr-)Wert der eingesetzten Applikationen für das Unternehmen liegt. Damit ist auch die schnelle und systematische Entwicklung von IT-getriebenen Geschäftsmodellen in „dynamischen“ Start-Ups wieder mehr in den Hintergrund getreten. Dafür liegt der Fokus des BE
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auch heute immer noch im frühzeitigen Erkennen und systematischen Entwickeln von Potenzialen. Nun steht aber das Ziel im Vordergrund, Flexibilität und Innovation in bestehenden Unternehmensstrukturen zu unterstützen und daraus Neues zu entwickeln. Ein Beispiel dafür ist die Weiterentwicklung des „Business Networking“ zu einer Grundlage für effizientere Kooperationen von Unternehmen (vgl. z.B. Fleisch 2002). Weitere Schwerpunkte und Herausforderungen finden sich aber auch in der systematischen Restrukturierung von Geschäftsmodellen, in der Nutzung von ITPotenzialen für die Kostenoptimierung, d.h. der Sicherstellung von Effizienz der Geschäftsprozesse, der Unterstützung bei der Umsetzung neuer Produktmodelle, sowie schliesslich und nicht zuletzt in der Umsetzung des Business-IT-Alignments durch eine systematische Abstimmung der Geschäfts- und IT-Architektur. Diese Herausforderungen treiben das BE, innovative und leistungsfähige Lösungsansätze zu entwickeln, deren Grundlagen und Ausprägungen im nächsten Abschnitt diskutiert werden.
2 Lösungsansätze des Business Engineering Die Methodenkonstruktion ist die Basis für die im BE entwickelten Lösungen. In diesem Abschnitt liegt der Fokus auf den Methoden und dient als Grundgerüst für die weiteren Beiträge des Sammelbands. Zu diesem Zweck werden drei Aspekte diskutiert, die das Vorgehen für die Methodenkonstruktion strukturieren: 1. Das Methoden-Engineering als Basis für die Methodenentwicklung. 2. Anforderungen an die Methodenentwicklung. 3. Grundlegende Fragestellungen für die Ebenen der BE-Landkarte, um Methoden bzw. Methodenbausteine als Veränderungshebel positionieren zu können.
2.1 Methoden-Engineering Der „Bauplan“ für BE-Methoden wird durch das Metamodell des MethodenEngineering bereitgestellt. Ausgehend von der Aktivität wird die Methode mit ihren Elementen „Rolle“, „Ergebnis“, „Technik“, „Werkzeug“ und „Informationsmodell“ aufgebaut [vgl. Gutzwiller 1984, S. 11-17; Winter 2003, S. 88; Österle/Blessing 2003, S. 65-85]. Durch das Metamodell wird sichergestellt, dass Methoden mit den gleichen Komponenten, wenn auch unterschiedlicher Ausprägung, entwickelt und so einerseits vergleichbar und andererseits nachvollziehbar werden. Darüber hinaus wird sichergestellt, dass keine Komponente, wie z.B. das Ergebnis bzw. das Ergebnisdokument, unberücksichtigt bleibt. Ähnlich wie die BELandkarte dient dieses Metamodell als Strukturierungshilfe.
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vorangehen
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bestehen aus
Aktivität
Rolle ausführen
erzeugen, verwenden
Technik
Erstellung definieren
Ergebnis bestehen aus
Anwendung unterstützen
Zusammenhänge darstellen
Werkzeug
Informationsmodell
Abbildung 2: Metamodell für die Methodenentwicklung BE-Methoden entstehen hauptsächlich induktiv, d.h. es werden „successful practices“ in Unternehmen konsolidiert und mit dem Erkenntnisstand der Literatur integriert, um daraus eine Methode für eine bestimmte Problemstellung abzuleiten. Die zuvor formulierten Anforderungen bezüglich Wiederverwendung und Standardisierung werden so bereits zu einem gewissen Grad erfüllt. Noch nicht explizit abgedeckt ist allerdings die Forderung nach kontextabhängiger Individualisierung. Dazu müsste z.B. ein Methodenbaustein integriert sein, der den Kontext abbildet und Regeln unterstützt, nach denen die Methode entsprechend kontextabhängig konstruiert werden kann. Um diesen Aspekt integrieren zu können, ist es erforderlich, die Basisanforderungen an die Methodenentwicklung zu untersuchen.
2.2 Basisanforderungen an die Methodenentwicklung Die Ansätze zur Lösung der Aufgabenstellungen des BE können aus einer methodischen Perspektive unter zwei Begriffen zusammengefasst werden: Vernetzung und Standardisierung. Sie bilden zusammen mit dem Methoden-Engineering die Basis für die Entwicklung von Methoden im BE (vgl. Tabelle 1). Vernetzung • Vernetzung der verschiedenen Disziplinen zur Lösung von Veränderungsaufgaben • Vernetzung der Aktivitäten und Methoden auf den unterschiedlichen Ebenen der BE-Landkarte
Standardisierung • Standardisierung auf Basis einer spezifischen Themenstellung • Standardisierung auf Basis von Methodenbausteinen
Tabelle 1: Vernetzung und Standardisierung als Basis Vernetzung Die Vernetzung findet einerseits auf der Ebene der Disziplinen statt, denn die Themen, mit denen sich das Business Engineering befasst, stammen aus den un-
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terschiedlichsten Anwendungsbereichen. Aus diesem Grund müssen z.B. Beiträge der Betriebswirtschaftslehre, der Wirtschaftsinformatik und/oder der Organisationspsychologie integriert werden. Andererseits muss eine Vernetzung über die vier Ebenen der BE-Landkarte hinweg erfolgen. Diese Forderung bedingt, dass die verschiedenen Aktivitäten einer Methode über die Ebenen hinweg durch ihre Ergebnisdokumente verknüpft werden. Ein reines Nebeneinander vieler für einzelne Ebenen zwar geeigneter, aber „vertikal“ inkompatibler Aktivitäten oder Methoden ist also für das BE kein erfolgversprechender Ansatz. Standardisierung Neben der Vernetzung spielt die Standardisierung eine zentrale Rolle. Sie muss sicherstellen, dass die Ergebnisse eines Veränderungsprojekts wiederhol- und nachvollziehbar sind. Bei der Standardisierung können ebenfalls zwei Fälle unterschieden werden. Im ersten Fall liegt eine thematisch klar abgrenzbare Aufgabenstellung vor, wie z.B. die Definition und Umsetzung einer Sourcing-Strategie oder einer Data Warehouse-Strategie. Hier bietet sich an, eine Standardisierung auf Methodenebene vorzunehmen. Das heisst, dass die Bausteine der Methode und ihr Ablauf vorgegeben sind und dann entsprechend der Aufgabenstellung individuell ausgestaltet werden. Im zweiten Fall ist die Aufgabenstellung thematisch nicht klar abgrenzbar, sondern zielt z.B. auf die strategische Neuausrichtung des Unternehmens ab. In diesem Fall eignen sich vorgegebene Methoden nur begrenzt, weil sie für umfangreiche und „multi-thematische“ Aufgabenstellungen oftmals zu starr oder zu fokussiert auf bestimmte Aspekte sind. Eine Anpassung an die Anforderungen des entsprechenden Veränderungsprojekts wäre zu aufwändig [vgl. Classen et al. 2003]. Um in diesem Fall trotzdem die Vorteile einer Standardisierung ausschöpfen zu können und nicht für jedes Veränderungsprojekt eine eigene Methode entwickeln zu müssen, muss ein Lösungsansatz auf Ebene der Methodenelemente gesucht werden. Das sind entsprechend dem Methoden-Engineering die Aktivitäten, die als Ausgangspunkt für die Entwicklung der weiteren Methodenelemente dienen (vgl. Abbildung 2). Die Standardisierung erfolgt hier in einem ersten Schritt, wie bereits oben beschrieben, durch die Verwendung des Metamodells, so dass um eine Aktivität zu spezifizieren, jedes Element auf Basis der gleichen Ausgangselemente des Metamodells beschrieben wird. Nicht gelöst wird damit jedoch die Beherrschung der Vielzahl an Situationen bzw. Kontexten, in die ein Veränderungsprojekt eingebettet sein kann. Deshalb muss versucht werden, bezüglich der Anforderungen gleiche oder ähnliche Themengebiete zusammenzufassen und die immer wiederkehrenden Aktivitäten für diese Kontexte zu identifizieren. So wird eine Wiederverwendung von situativ geeigneten Aktivitäten wie z.B. die „Definition einer Prozessarchitektur“ ermöglicht. Dadurch, dass jede Aktivität anhand des Metamodells mit den gleichen Elementen spezifiziert wird, lassen sich die einzeln ausgewählten Aktivitäten aufgrund ihrer
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definitorischen Standardisierung zu einer individuellen Methode zusammenfügen. Somit entsteht die Möglichkeit, situativ individuelle Methoden auf Basis eines Konstruktions- und Vorgehensstandards zu entwickeln. Der letzte offene Aspekt in Bezug auf die oben genannten Herausforderungen ist nun noch das Vorgehen zur Positionierung der Aktivitäten bzw. Methoden auf der jeweils relevanten Ebene der BE-Landkarte. Diese Positionierung dient gleichzeitig als Unterstützung, um eine angemessene Reihenfolge der Methodenbausteine zu identifizieren und damit die eigentliche Methode zu konstruieren.
2.3 Grundlegende Fragestellungen Jede Ebene der BE-Landkarte kann durch einen Fragenkatalog inhaltlich thematisiert werden. So bietet es sich an, die Positionierung von Aktivitäten auf der „richtigen“ Ebene mit Hilfe dieser Fragenkataloge vorzunehmen: Unterstützt eine Aktivität die Beantwortung einer oder mehrerer Fragen auf einer Ebene, kann sie dieser Ebene zugeordnet werden. Es entsteht ein Zusammenspiel von strukturierter Analyse der Aufgabenstellung durch gezielte Fragen und Identifikation geeigneter Aktivitäten, um diese Fragen zu beantworten. Nachfolgend sind beispielhaft pro Ebene einige Fragen, beginnend mit der „Geschäftsstrategie“ aufgeführt. • Wie weit muss sich das Unternehmen aus Wettbewerbsgründen wandeln? • Werden wir Teile der Strategie beibehalten können oder konfrontiert uns ein fundamentaler Wandel? • Hat das Unternehmen die Ressourcen, um die Veränderung durchzuführen? • Wie viel Wandel ist politisch erwünscht und wie viel kulturell verkraftbar? • Wie schaffen wir ein (fachliches/emotionales) Umfeld für den Wandel? • Wie können wir die Komplexität beherrschen: in welche Phasen wird der Veränderungsprozess zerlegt? • Wie sieht unser Geschäftsmodell heute aus und wie soll es morgen aussehen? • Hinsichtlich welcher Partner im Wertschöpfungsnetzwerk verändern sich welche Leistungs-Austauschbeziehungen, und wie werden diese Veränderungen ökonomisch bewertet? • Welche Auswirkungen hat die Veränderung auf die grundlegende Strukturierung des Leistungssystems? • Welche Hauptziele ändern sich in welcher Weise und wie muss diese Veränderung auf Ebene der Erfolgsfaktoren abgebildet werden? Entstehen andere Erfolgsfaktoren? Sind diese messbar? Änderungen auf der Ebene der Geschäftsstrategie ziehen organisatorische Änderungen (d.h. veränderte Geschäftsprozesse und / oder veränderte organisatori-
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sche Strukturen) nach sich, denn sie unterstützen die Umsetzung der strategischen Ziele. Hier sind die folgenden Fragestellungen relevant: • Welche Auswirkungen haben die Veränderungen auf die Wertschöpfung? • Welche Kerngeschäftsprozesse sind betroffen? • Welche Geschäftsprozesse müssen neu entworfen, welche Geschäftsprozesse restrukturiert werden? • Wie muss die neue Prozesslandschaft gestaltet sein? • Wie wird der Erfolg der Geschäftsprozessentwicklung gemessen? • Welche veränderten aufbauorganisatorischen Strukturen (Verantwortlichkeiten, Stellenbeschreibungen o.ä.) resultieren aus der Veränderung der Geschäftsprozesse? Besteht eine klare Vision darüber, wie die Geschäftsprozesse und damit auch die Geschäftsprozessarchitektur gestaltet sein sollte, müssen anschliessend Anpassungen auf der Ebene der Informations- und Kommunikationstechnologie erfolgen. Die Fragen, die auf dieser Ebene zu beantworten sind, drehen sich vor allem um die Anforderungen an die technologischen Innovationspotenziale und das Informationsmanagement: • Welche Auswirkungen haben die Veränderungen auf der Geschäftsmodell- und Geschäftsprozessebene auf das Informations- und Kommunikationssystem? • Welche innovativen Applikationen benötigen wir, welche bestehenden Applikationen können angepasst werden? • Nach welchen Kriterien und wie findet eine Applikationsintegration statt? • Wie kann ein integrierendes Informationsmanagement aussehen? Die Veränderungen auf den zuvor genannten Ebenen können nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn sie auch auf der Ebene der Unternehmenskultur, der Führung und der Machtverhältnisse wirksam werden. In diesem Bereich geht es vor allem um das soziale System Unternehmen und die potenziellen Auswirkungen der Veränderungen. Folgende Fragestellungen sind in diesem Themenbereich relevant: • Welche Auswirkungen haben die Veränderungen auf die Unternehmenskultur? • Wie können wir den Wandel „orchestrieren“? • Auf welche Weise findet Kommunikation im Unternehmen statt? • Wie gehen wir mit Widerständen und Emotionen um? • Welche Rollen werden zukünftig entstehen? • Welche Verhaltensweisen sind in der Veränderung erforderlich; welche Rolle und Verhaltensweisen sind nach der Veränderung „erlaubt“? • Wie muss das Wissensmanagement die Änderungen reflektieren? • Wie kann der Erfolg von Transformationsprojekten gemessen werden? Eines der Grundprinzipien des BE ist, dass die Veränderung auf allen Ebenen wirksam werden muss, damit sie nicht nur erfolgreich, sondern auch nachhaltig umgesetzt werden kann [Österle/Winter 2003, S. 11-13]. Mit Hilfe der vorge-
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schlagenen Vorgehensweise wird dieser Forderung Rechnung getragen und die Basis für erfolgreichere Veränderungsprojekte gelegt. Die Konsequenz für die Arbeit des Business Engineers als Veränderungsarchitekt wird ebenso unmittelbar klar: Business Engineers müssen Generalisten sein, die über ein exzellentes methodisches Wissen verfügen [vgl. auch Baumöl/Winter 2003, S. 45-61]. Die vorgeschlagenen Lösungsansätze zur Bewältigung der Herausforderungen sind in Tabelle 2 zusammengefasst). Herausforderung Strukturierungshilfe
Standardisierung
Individualisierung
Lösungsansatz BE-Landkarte, Metamodell des Methoden-Engineering, Fragenkatalog für die Ebenen der BELandkarte Metamodell des Methoden-Engineering, Methodenentwicklung auf Basis von fokussierten Themenstellungen, mit einer vorgegebenen Methode als Ergebnis, Identifikation von Standardkontexten Methodenentwicklung auf Basis von Aktivitäten, individuelle Komposition der Methoden im relevanten Kontext
Tabelle 2: Herausforderungen und Lösungsansätze des BE Somit ist die methodische Grundlage für eine praktische Umsetzung der Disziplin BE gelegt. Die verschiedenen Lösungen, die die vorgestellten BE-Ansätze in der einen oder anderen Form aufgreifen und umsetzen, stellen nachfolgend den Hauptteil des Buches dar. Die Beiträge lassen sich in drei Hauptthemenbereiche einordnen, die analog zu den Ebenen der BE-Landkarte sind (vgl. Abbildung 3): • Strategische Ansätze für Geschäftsmodelle im Informationszeitalter • Wertschöpfungspotenziale durch innovative Technologien und neue Prozessarchitekturen • Kulturelle Veränderungsprozesse im Informationszeitalter Die Zuordnung der Beiträge zu den (teil-aggregierten) Ebenen der BELandkarte (vgl. Abbildung 3) zeigt die Auseinandersetzung mit den Veränderungshebeln und den Konzepten des BE.
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Ulrike Baumöl, Hubert Österle, Robert Winter
Strategische Ansätze für Geschäftsmodelle im Informationszeitalter Thomas Gutzwiller, Ariel Hugentobler, Martin Liebich: Professional Services im Informationszeitalter Eric Bauer, Rolf Kaufmann, Josef Rusch: Ansätze des Business Engineering für KMU Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner: Outside in: Das dynamische Geschäftsmodell des Informationszeitalters Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler: Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter: Business Case einer Versicherung
Markus Hausheer, Thomas Müller, Peter Oesch: Ubiquitous Computing as Enabler for State-of-the-Art Supply Chain Management in Retail for Perishable Goods Felix Huber, Daniel Jörg, Stefan Sieger: Ein Geschäftsmodell für Rückversicherer im Informationszeitalter: Herleitung, Beschreibung und Umsetzung Eric Hunziker, Raphael Landolt, Alexander Otth: C-Business: Ein strategischer Ansatz für ein Finanzinstitut im Privatkundengeschäft zur erfolgreichen Bindung profitabler Kunden Thomas Kocherhans, Kurt Meyer, Rosmarie Widmer-Gysel: Der Industriekonzern im Informationszeitalter Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti: BE for HR - ein Orientierungsrahmen zur Erfassung der Fitness von HR Bereichen Peter Staub, Martin Zeder: Technologische Innovationen als Enabler neuer Geschäftsmodelle im Immobilienmanagement
Wertschöpfungspotenziale durch innovative Technologien und neue Prozessarchitekturen Ferri Abolhassan, Thomas Beck: Performance Measurement als Voraussetzung für Business Process Excellence Heinz Berger, Sigmund Himmel: Knowledge Management in der Praxis: Von der Strategie zur methodischen Umsetzung Andreas Burger, Wofgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder: Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene Alexander Etter, Christian Fux, Guido Grütter: SwissArmy Window - das Schweizer Armee-Fenster im globalen Dorf
Kulturelle Veränderungsprozesse im Informationszeitalter
Martin Gehring, Guido Meyer: Employee Equity Services - E-Service Business Model for the Management of Equity-Linked Employee Compensation
Daniela Mäder, Lukas Weibel: Management individueller Netzwerke Philipp Ferber, Thomas Schmitz, Günther Waibel: Integratives Vorgehensmodell für die methodische Veränderung von Unternehmenskulturen
René Früh, Daniel Kesch, Stefan Plüss: Mobile Computing - Business Opportunities and Business Models from the Perspective of an IT Service Provider
Daniel Fasnacht: Netzwerkmodell zur Simulation von Kritischen Erfolgsfaktoren in komplexen Projekten Iris Hauter-Heinke, Markus Zenker: New Business Network Navigator
Abbildung 3: Positionierung der Beiträge in den Themenbereichen der BE-Landkarte
3 Transfer des Business Engineering-Wissens Die Vielfalt der Themen und die individuellen Anforderungen von Veränderungsprojekten machen einen Wissens- und Erfahrungsaustausch unabdingbar. Vor allem die Bildung und Weiterentwicklung einer BE-Community spielt dabei eine zentrale Rolle. Ein wesentlicher Aspekt einer so genannten „Community of Practice“ der Business Engineers ist das aktive Beziehungsmanagement im Sinne der
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Weiterentwicklung der Disziplin. Dabei ist es aber auch das Ziel, ein Netzwerk entstehen zu lassen, das einerseits aus den Alumni der verschiedenen Studiengänge, der aktiven Teilnehmer und Studierenden besteht und andererseits aus den Praktikern und Forschern, die sich mit Business Engineering-Themen beschäftigen. Dieses Netzwerk sollte in seinen Elementen visualisiert und für alle Mitglieder der Community zugänglich sein. Visualisierung bedeutet, dass das Netzwerk, z.B. grafisch, aufbereitet wird und die „hubs“, wie in der „nodal architecture“ nach Bahrami/Evans [vgl. Bahrami/Evans 2004, S. 113-114] dargestellt werden. So sind Fähigkeiten und Verknüpfungen sicht- und nutzbar. Das verbindende Element der „hubs“, also die „cohesive dimension“ ist einerseits die BE-Philosophie und anderseits die auf Methoden basierende BE-Vorgehensweise. Der Wissenstransfer kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden und sollte sich in einer ausgewogenen Kombination von virtueller Kommunikation und persönlichen Treffen niederschlagen. Auf diese Weise kann allen Bedürfnisse im Rahmen des Wissens- und Erfahrungsaustausches Rechnung getragen werden. Daraus folgt eine weitere, wichtige Aufgabe für einen systematischen Wissenstransfer, nämlich der Aufbau von geeigneten Kommunikationskanälen. Diese Kanäle sind so zu entwickeln, dass der Austausch reibungslos stattfindet und gleichzeitig gefördert wird. Dreh- und Angelpunkt einer Kommunikationsstrategie sollte dabei eine einfach zugängliche Plattform sein, die auf der Basis einer geeigneten Wissensstruktur die Inhalte bedarfsgerecht systematisiert. Diese Wissensstruktur ist zwar in Ansätzen vorhanden, dennoch ist auch hier noch Entwicklungsarbeit zu leisten. Das Kommunikationsportfolio besteht z.B. aus dem vorliegenden Sammelband, der hauptsächlich aus Masterarbeiten des Studiengangs „Executive Master of Business Administration in Business Engineering“ an der Universität St. Gallen besteht, einer entsprechenden Buchreihe sowie Vorträgen und Forschungsprojekten. Das „Business Engineering Center (BEC)“ stellt bereits einen Teil der Kommunikationsplattform dar, die aber noch erweitert werden muss, um das den Wissensentstehungs- und –transferprozess (vgl. auch Abbildung 4) besser zu unterstützen. Zusätzlich zu den bestehenden Inhalten wäre z.B. die Diskussion und Dokumentation von „best solutions“ und Lehren aus gescheiterten Ansätzen von immenser Bedeutung. Durch die Vernetzung der Elemente „Community of Practice“, „Kommunikationskanäle“, „Diskussionsplattform“ und „Dokumentation“ sowie einer geeigneten Führung, im Sinne der verantwortlichen Steuerung des Wissensprozesses, entsteht ein Zyklus, der das BE-Wissen kontinuierlich wachsen lässt (vgl. Abbildung 4). Damit folgt es dem Leitsatz „Wissen ist das einzige Gut, das durch Teilung wertvoller wird“.
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Identifikation und Beobachtung relevanter Problemstellungen
Entwicklung fundierter Lösungsansätze Vermittlung und Einsatz der Lösungen Kommunikationskanäle Kommunikationsplattform Führung
BEAusbildung
Diskussion in der Community
Identifikation und Dokumentation von „best und worst solutions“
Abbildung 4: Wissensentstehungs- und -transferzyklus im BE Die so entstehende, umfassende Wissensbasis unterstützt die Weiterentwicklung des BE durch die Entwicklung von relevanten Themen aus identifizierten Makro-Trends, dem Lernen aus und die Toleranz für andere Kulturen, Disziplinen bzw. Denkansätzen. Die Bandbreite darf gross sein, und es lässt sich feststellen, dass die Überlegungen in ihrer Grundstruktur „zeitlos“ sind. Sie bilden eine solide Basis, um die zugrunde liegenden Themen am Trend der Zeit weiterzuentwickeln. Nachfolgend wird dieser Punkt eindrücklich durch die Beiträge aus der wachsenden BECommunity belegt.
Business Engineering in der Praxis
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4 Literatur [Bahrami/Evans 2004] Bahrami, H.; Evans, S.: Super-Flexibility for Knowledge Enterprises, Berlin et al. 2004. [Baumöl/Winter 2003] Baumöl, U.; Winter, R.: Qualifikation für die Veränderung, in: Business Engineering – Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, 2. Aufl., Berlin et al. 2003, S. 45-61. [Carr 2003] Carr, N.G.: IT doesn’t matter, in: Harvard Business Review, OnPoint Collection #3566, Mai 2003, S. 4-11. [Classen et al. 2004] Classen, M., Alex, B., Arnold, S.: Veränderungen erfolgreich gestalten: Change Management 2003/2008, Bedeutungen, Strategien, Trends, Studie des Handelsblatts (Deutschland), des Standards (Österreich), der Handelszeitung (Schweiz) mit Cap Gemini und Ernst & Young: http://www.ch.cgey.com/servlet/PB/menu/1004221_l1/index.html (Zugriff am 10. Oktober 2004) [Dörner 2000] Dörner, D.: Die Logik des Misslingens, Reinbek bei Hamburg 2000. [Fleisch 2002] Fleisch, E.: Das Netzwerkunternehmen, Berlin et al. 2002. [Gutzwiller 1994] Gutzwiller, T.: Das CC RIM-Referenzmodell für den Entwurf von betrieblichen, transaktionsorientierten Informationssystemen, Heidelberg 1994. [Kanter et al. 1992] Kanter, R.M. et al.: The Challenge of Organizational Change, New York et al. 1992. [Kotter 1998] Kotter, J.P.: Leading Change, Boston (Mass.) 1998. [Österle/Winter 2003] Österle, H.; Winter, R.: Business Engineering, in: Business Engineering – Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, 2. Aufl., Berlin et al. 2003, S. 3-19. [Österle/Blessing 2003] Österle, H.; Blessing, D.: Business Engineering Modell, in: Business Engineering – Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, 2. Aufl., Berlin et al. 2003, S. 65-85. [Winter 2003] Winter, R.: Modelle, Techniken und Werkzeuge im Business Engineering, in: Business Engineering – Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, 2. Aufl., Berlin et al. 2003, S. 87-118.
Erster Teil
Strategische Ansätze für Geschäftsmodelle im Informationszeitalter
Professional Services im Informationszeitalter Thomas Gutzwiller, Ariel Hugentobler, Martin Liebich
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Einführung ....................................................................................................18 Infrastruktur in einer virtuellen Organisation ...............................................19 2.1 Home Office für Berater.......................................................................19 2.2 Hohe Mobilität auch unterwegs............................................................19 2.3 Office Infrastruktur und Arbeitsplätze..................................................20 2.4 VPN Netzwerk .....................................................................................20 2.5 Groupware-Applikationen ....................................................................20 Operative Steuerung der IMG im Informationszeitalter ...............................21 3.1 Forecasting und Sales Pipeline Management .......................................21 3.2 Monthly Closing...................................................................................22 3.3 Reports für das Management................................................................24 Operative Steuerung des Projekteinsatzes im Informationszeitalter .............25 4.1 Resourcing............................................................................................25 4.2 Knowledge Meta Database...................................................................26 4.3 Communities & Knowledge Pool.........................................................27 PROMET®-Methoden...................................................................................29 Mitarbeiterkommunikation ...........................................................................30 Zusammenfassung und Ausblick ..................................................................31 Literaturverzeichnis ......................................................................................33
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1 Einführung Für eine international tätige Unternehmensberatung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, dass weltweit einheitliche Prozesse und Systeme zum Einsatz kommen, sei dies im Management der Unternehmensgruppe, in der Unterstützung der täglichen Bedürfnisse der Berater im Management von Kundenprojekten, bei der Selbstverwaltung oder z.B. beim Wissensaufbau innerhalb der Firma. Als junge Unternehmensberatungsfirma (vgl. Kurzprofil Abbildung 1), die seit 1995 ihre Expansion eingeleitet hat, hatte The Information Management Group (IMG) die einmalige Chance, einen „Green Field Approach“ zu gehen, um eine einheitliche Infrastruktur für die Unterstützung des Beratungsgeschäftes im aufkeimenden InternetZeitalter auf die Beine zu stellen.
About The Information Management Group The Information Management Group (IMG) ist eine auf E-Business spezialisierte Unternehmensberatung mit derzeit über 600 Mitarbeitern und Niederlassungen in Europa, den Vereinigten Staaten und Japan. Schwerpunkte in der Beratung sind Customer Relationship Management, Supply Chain Management und damit zentrale „Collaborative Processes“ vor dem Hintergrund effizienter Geschäfts- und Führungsprozesse. Dabei werden alle Schritte, ausgehend von der E-Business-Strategie über das Management von Informations-Systemen und -Technologien bis hin zur Implementierung der Lösung berücksichtigt. Die IMG ist spezialisiert auf die Branchensegmente Financial Institutions, Consumer Products, Trade, Services, Manufacturing Industries sowie Chemicals und Life Sciences. Die Nähe zur Forschung und Entwicklung am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen (HSG) sowie Partnerschaften mit führenden Technologieanbietern ermöglichen der IMG eine ganzheitliche Beratung, ausgehend von der Strategie über das Prozessmanagement bis zur Implementierung der Systeme.
Abbildung 1: Kurzprofil The Information Management Group (IMG) Die Bereiche, auf die sich die IT-Unterstützung des IMG-Geschäftes konzentrieren, sind das unternehmensweite Netzwerk, der mobile Beraterarbeitsplatz sowie Anwendungen zur operativen Steuerung der Firmengruppe, Anwendungen zur Steuerung des Projektgeschäftes, Methoden für die Projektabwicklung und ein Intranet für die Mitarbeiterkommunikation (vgl. Abbildung 2).
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Steuerung der Gruppe
Steuerung des Projektgeschäfts
Projektmethoden
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MitarbeiterKommunikation
Arbeitsplatz Netzwerk Abbildung 2: Unterstützungsbereiche der IT für das IMG-Geschäft
2 Infrastruktur in einer virtuellen Organisation 2.1 Home Office für Berater Die Geschäftstätigkeit der IMG bringt es mit sich, dass die Berater einen grossen Teil ihrer Arbeitszeit vor Ort beim Kunden verbringen. Einen kleineren Teil verbringen sie mit Reisen, im Home Office oder in einem IMG Office. Die Berater haben grundsätzlich keinen festen Arbeitsplatz in den inzwischen weltweit 15 Niederlassungen. Jeder Berater verfügt hingegen über ein voll ausgestattetes Home Office. Das Home Office besteht aus Notebook, Drucker, Faxgerät und Telefon. Für den Voice- und Datenverkehr steht je nach lokaler Verfügbarkeit ein ISDN-, xDSL- oder Kabelmodem-Anschluss zur Verfügung. Vom Home Office aus können die Berater sämtliche IMG-Anwendungen und Dateiablagen erreichen, rund um die Uhr, standortunabhängig und mit guter Performance.
2.2 Hohe Mobilität auch unterwegs Um eine maximale Mobilität der Berater zu ermöglichen, sind alle für die Berater wichtigen Applikationen auch offline auf dem Notebook verfügbar. Der Austausch von zeitkritischen Daten und Informationen (z.B. Mailverkehr) erfolgt über eine ISDN- oder xDSL-Verbindung zu einem Internet Provider. Um auch vom Ausland aus zu günstigen Konditionen auf die ca. 40 zentralen Server im Rechenzentrum des Headquarters zugreifen zu können, steht auf den Notebooks iPass – ein internationaler Data Access Service der Swisscom AG – zur Verfügung. Mit iPass haben die Berater von jedem Standort der Welt jeweils Zugriff auf einen lokalen Einwahlknoten ins Internet, mit Bandbreiten bis zu 115 KB/s. Damit kann auf die Bereitstellung und den Unterhalt von zentralen Modemanschlüssen, RAS-Servern etc. weitestgehend verzichtet werden. Zusätzlich können viele Applikationen (z.B. e-Mail) und Dateiablagen (z.B. Intranet) über einem beliebigen Web-Browser erreicht werden (beim Kunden, in der Airport Lounge etc.).
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2.3 Office Infrastruktur und Arbeitsplätze Die Berater nutzen die IMG Offices in der Regel nur für Besprechungen, Workshops und Kundenpräsentationen. Aufgrund ihrer hohen Mobilität benötigen die Berater keinen fest zugeteilten Arbeitsplatz in einem IMG Office. Dies mag auf den ersten Blick als Nachteil angesehen werden. Stattdessen verfügen sie über ein Home Office, das ihnen ermöglicht, durchschnittlich an einem Tag in der Woche zu Hause bei der Familie zu arbeiten, was ihre Abwesenheit von zu Hause auf maximal drei Nächte in der Woche beschränkt. Ebenfalls ist jeder Berater mit einem Dienstfahrzeug ausgestattet, das er auch unentgeltlich privat nutzen kann. In jedem IMG Office stehen Pool-Arbeitsplätze für die Berater zur Verfügung. Diese Arbeitsplätze bieten Netzwerkzugang für Notebooks und Telefon. Über diese so genannten "e-Platzes" können die Berater auch grosse Informationsmengen auf ihrem Notebook auf den neuesten Stand bringen, die aus Performancegründen nur in einem Office effizient repliziert werden können. In den IMG Offices steht eine komplette Infrastruktur zur Verfügung, um Kundenpräsentationen, Besprechungen, Trainings etc. effizient durchführen zu können. Über eine "Resource Reservation Datenbank" können Meetingräume und Ressourcen, wie beispielsweise Videobeamer, durch die Mitarbeiter reserviert werden.
2.4 VPN Netzwerk Die IMG vernetzt die Berater sowie die einzelnen Offices über ein Virtual Private Network (VPN) mit dem Headquarter in St. Gallen. Im VPN-Netzwerk können beliebige Anwendungen, die das IP-Protokoll verwenden, eingesetzt werden. Dabei kann es sich sowohl um klassische Internet-Dienste wie Web und e-Mail, als auch um betriebswirtschaftliche Standardanwendungen wie SAP R/3 oder auch um Groupware-Anwendungen handeln. Dabei wird sämtliche Kommunikation authentifiziert und verschlüsselt. Durch ein VPN wird auch die Konsolidierung verschiedener Dienste im Headquarter möglich. Das "Plus" an Sicherheit, das die implementierte VPN-Technologie garantiert, erlaubt die Nutzung sehr preiswerter Internet-Zugänge. Gerade durch die Nutzung des Internets als verbindende Netzwerkinfrastruktur ergeben sich eine ganze Reihe weiterer Vorteile. Diese wirken sich nicht nur positiv auf die laufenden Kosten aus, sondern erlauben auch sehr flexible Lösungen. Das Internet als "virtueller Backbone" ermöglicht die Wahl der optimalen lokalen Internet-Anbindung.
2.5 Groupware-Applikationen Die IMG hat bereits vor mehr als fünf Jahren begonnen, Lotus Notes/Domino als Groupware-Plattform zu nutzen. Lotus Notes/Domino erfüllt die Anforderungen
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der IMG, den Beratern mobile und offline-fähige Applikationen rund um die Uhr in idealer Weise zur Verfügung zu stellen. Bei vielen Kunden haben die IMG-Berater vor Ort (heute leider immer noch) weder Zugang zu einem Web-Browser noch auf eine Modem- oder ISDNVerbindung. Deshalb ist es erforderlich, dass die wichtigsten Applikationen und Informationsquellen offline auf den Notebooks der Berater verfügbar sind. Die Replizierfunktion von Notes ermöglicht den Beratern, Informationen auf ihrem Notebook mit zentralen Servern über Internet zu synchronisieren. Groupware-Applikationen haben bei der IMG eine zentrale Bedeutung und werden derzeit primär in folgenden Bereichen eingesetzt: • Demand & Account Management • Skills Management & Resourcing • Project Delivery • Knowledge Management • Employee Management Die einzelnen Groupware-Applikationen sind hochgradig integriert und unterstützen Notes-spezifische Mail-Funktionalitäten wie Links oder Mail-in-Datenbanken. Die Anbindung von Personal Digital Assistants (PDAs) an GroupwareApplikationen findet insbesondere im Bereich Personal Productivity Tools (eMail, Calendaring, Tasks etc.) Anwendung. Die Groupware-Applikationen sind zunehmend web-fähig und sollen mittelfristig zusammen mit den Corporate-Systemen, wie beispielsweise dem zentralen SAP R/3 System, in ein Mitarbeiterportal integriert werden.
3 Operative Steuerung der IMG im Informationszeitalter 3.1 Forecasting und Sales Pipeline Management Zukunftsgerichtete Controlling-Instrumente sind für die Steuerung von Unternehmen essenziell. Seit dem Wandel des Beratungsmarktes vom Verkäufer- zum Käufermarkt gelten auch für Beratungsunternehmen die gleichen Prinzipien wie für Industriebetriebe: Die Planung und Steuerung des Unternehmens muss auf einer Absatzplanung basieren. So ist der geplante Verkaufsumsatz die wichtigste Basisgrösse für Entscheidungen bei der Ressourcenplanung. Geben die vergangenheitsorientierten Monatsberichte (Management Accounting) Auskunft über die eingetretene Situation, so zeigen die Veränderungen des Auftragsbestands und der Sales Pipeline zukünftige Geschäftsentwicklungen und ermöglichen proaktives Handeln und gegebenenfalls Gegensteuerung. Die IMG-Planungsprozesse richten sich nach einheitlichen Prinzipien. Für die jährliche Umsatzplanung sind der Auftragsbestand und die Sales Pipeline die
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Ausgangsgrössen. Diese Absatzplanung wird bottom-up auf Projektebene erhoben; d.h. die Kundenverantwortlichen erfassen monatlich ihre laufenden und geplanten Projekte. Für die Beurteilung der Qualität der Planannahmen hat sich die Einteilung der Projekte in folgende Kategorien bewährt: 1. Auftragsbestand – verkaufte Projekte 2. Folgeprojekte bei bestehenden Kunden 3. Identifizierte Projekte bei neuen Kunden 4. Erwartete Projekte, wobei die Kunden noch nicht genau identifiziert sind Die Realisierbarkeit der geplanten Projekte ist bei der Kategorie 1 am höchsten und bei der Kategorie 4 am niedrigsten. Dementsprechend werden die geplanten Umsätze auch mit den geschätzten Wahrscheinlichkeiten gewichtet. Die „Zauberformel“ der IMG verlangt, dass mindestens 75% des budgetierten Jahresumsatzes den Kategorien 1 bis 3 zuzuordnen ist. Dies gewährleistet, dass der geplante Umsatz als Basisgrösse der weiteren Planung eine fundierte Grundlage hat. Neben den Planungsprozessen dient das operative Sales Pipeline Management dazu, den erwarteten Geschäftsgang zu prognostizieren. Dies wird durch monatlich aktualisierte und konsolidierte Darstellungen der Sales Pipeline erreicht. Damit wird die Entwicklung des Auftragsbestands als wichtigster Indikator genutzt. Bei vorhersehbarer Umsatzsteigerung können rechtzeitig Rekrutierungsmassnahmen eingeleitet werden. Auf der Gegenseite wird auf die Einstellungsbremse getreten, sofern die Aussichten an der Verkaufsfront weniger positiv sind.
3.2 Monthly Closing Zentrale Messgrössen für das Berichtswesen eines Beratungsunternehmens können unter den Kategorien Finanzkennzahlen, Pipeline, Projekte und Mitarbeiter subsumiert werden. Die folgende Darstellung liefert eine gute Übersicht über kritische Erfolgsfaktoren des Beratungsgeschäfts:
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Abbildung 3: Kritische Erfolgsfaktoren für das Beratergeschäft [Goldman Sachs 2001, S. 90] Das Zahlenwerk der IMG kommt durch ein monatliches Berichtswesen zustande, das auf einem einheitlichen Fakturierungsprozess basiert (Times and Material Reporting). Dieser ist durch eine Online- wie Offline-Erfassungsapplikation unterstützt, wo jeder der 600 Mitarbeiter individuell via Internet seine Stunden und Ausgaben auf den Kundenprojekten berichtet. Diese Daten werden vom Projektvorgesetzten eingesehen und freigegeben, worauf schliesslich die Kundenrechnung automatisch assembliert wird. Die Projektstunden sowie nicht produktive Zeiten werden in dem zentralen SAP R/3 System verbucht. Das Berichtswesen der IMG basiert auf Kennzahlen, die monatlich unternehmensweit nach einheitlichen Kriterien gemessen werden, indem das zentrale SAP R/3 System, auf dem alle Niederlassungen rechnen, ausgewertet wird. Die Auswahl und Definition der Kennzahlen erfolgte im Rahmen eines Balanced Scorecard Projekts. Ausgangspunkte waren die Interpretation der Unternehmensstrategie und eine SWOT-Analyse. Als Ergebnis wurden die folgenden Kennzahlen als Key Performance Indicators identifiziert und in einer Balanced Scorecard dargestellt:
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Balanced Scorecard Period: Jan./FY02
Financials 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Projects
Revenue (MCHF) Project ROS (%) EBIT (MCHF) EBIT (%) Overhead Cost
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
People 3.1 3.2 3.3 3.4
Billbability of consultants Billability of management # of Consultants < Revenue Target Delivery delta (TCHF) Average revenue by client (TCHF)
Pipeline
# of employees # of VPs/SVPs/EVPs/total empl. Employee satisfaction index Employee turnover rate (%)
4.1 4.2 4.3 4.4
Sold revenue/budget Identified revenue/budget Weighted sales pipeline next 12 months Increase/decrease of sales pipeline
Abbildung 4: IMG Balanced Scorecards
3.3 Reports für das Management Die Balanced Scorecard stellt die höchste Aggregationsstufe des ManagementReportings dar. In den nächsten Stufen dienen die aus dem zentralen SAP R/3 System erstellten Profit Center-Berichte, Umsatz- und Auslastungsübersichten der Berater sowie Projektaufstellungen als Basis für das Controlling und die operative Steuerung. Die IMG ist in mehrere Profit Center und in ein Cost Center (Corporate Center für die Erbringung der zentralen Dienstleistungen) gegliedert. Jedes Profit Center wird monatlich in einer detaillierten eigenen Ergebnisrechnung dargestellt. Diese basiert auf dem Prinzip des Direct Costing; d.h. die Kosten werden auf der tiefstmöglichen Stufe (falls möglich pro Berater) alloziert. Die Kosten des Corporate Centers (CC) werden separat dargestellt. Wie bei einer Produktfirma ist es auch für eine Beratungsfirma wichtig zu wissen, mit welchen Produkten welche Renditen erzielt werden. Ähnlich wie bei der Produktkalkulation eines Konsumgutes ist es auch bei Projekten möglich, einen Projekt-Deckungsbeitrag und eine Rendite zu ermitteln. Dies erfolgt bei der IMG, indem von den Umsatzerlösen die mit dem Projekt verbundenen Cash Out-Kosten und zusätzlich die Standardkosten abgezogen werden. Für die Ermittlung der Standardkosten werden die auf den Projekten geleisteten Stunden mit einem Standardkostensatz (einheitlich pro Beraterkategorie) bewertet. Der Standardkostensatz ist so gewählt, dass bei Planauslastung die Kosten eines Beraters gedeckt sind. Das Ergebnis dieser Kalkulation ist eine detaillierte Liste aller Projekte, welche die monatlich erzielten Umsätze und Renditen darstellt. Damit werden
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eventuelle Projekte bzw. Kunden mit einer unterdurchschnittlichen Rendite frühzeitig erkannt und es können mögliche Massnahmen und Konsequenzen evaluiert werden.
4 Operative Steuerung des Projekteinsatzes im Informationszeitalter 4.1 Resourcing Für eine Beratungsgesellschaft wie die IMG ist es von zentraler Bedeutung, die Skills und die aktuelle Kapazitätsplanung jedes Mitarbeiters zu kennen. Nur damit ist es möglich, die Projekte optimal zu staffen, die Skills der Mitarbeiter zu entwickeln und die Mitarbeiter auszulasten. Basierend auf einer vordefinierten Skills-Matrix erfassen und aktualisieren die Berater ihre Skills. Für jeden Skill gibt es eine Beschreibung sowie Links zu entsprechenden Trainingsangeboten von IMG oder externen Anbietern. Über eine integrierte Suchmaschine können für eine beliebige Skills-Kombination die entsprechenden Mitarbeiter lokalisiert werden. Zusätzlich pflegen die Berater ihre Planung bezüglich Projekteinsatz, Training, Urlaub etc. auf Tagesbasis und mit einem Zeithorizont von sechs Monaten. Die Skills der einzelnen Berater, kombiniert mit der individuellen Kapazitätsplanung, bilden die Grundlage für das eigentliche Resourcing. Für ein Projekt können so die verfügbaren Beratungsressourcen nach Skills-Kategorie interaktiv abgefragt und schliesslich auch gefunden werden (Project Staffing). Vakante Positionen für Projekte werden in einem Marktplatz ausgeschrieben. So können freie Ressourcen frühzeitig lokalisiert werden und eine optimale Auslastung der Berater wird ermöglicht (Employee Staffing). Das nachfolgende Bild zeigt die Kapazitätsplanung und Auslastungssituation eines Beraters über die nächsten sechs Monate.
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Abbildung 5: Kapazitätsplanung eines Beraters
4.2 Knowledge Meta Database Für die IMG als Beratungsunternehmen ist es eine zentrale Aufgabe, den Consultants das für ihre Projektarbeit benötigte Wissen in geeigneter Form zeitnah zur Verfügung zu stellen. Das Wissen der IMG ist derzeit in verschiedensten NotesDatenbanken sowie im Intranet abgelegt. Dazu gehören Projektdokumentationen, Entwicklungsarbeiten zu Service Lines sowie externe Dokumente wie beispielsweise Marktstudien oder White Papers. Insbesondere für neue Mitarbeiter wird es zunehmend schwierig, sich in der Vielfalt von Informationsquellen zurechtzufinden. Um den Mitarbeitern einen zentralen Einstiegspunkt (Single Point of Entry) zu den diversen Wissensquellen zu ermöglichen, wurde die Knowledge MetaDatenbank aufgesetzt. Diese Datenbank enthält Meta-Daten sowie Links zu den eigentlichen Wissensquellen. Im Falle von Notes-Datenbanken sind dies Links zu einzelnen Datenbanken bzw. -ansichten. Einzelne Wissensbereiche (Cluster) wurden anhand verschiedener Attribute wie Service, Branche, Produkt oder Kunde kategorisiert. Mit Hilfe dieser Meta-Datenstrukturen können die Mitarbeiter die Wissensquellen zu einem bestimmten Service, zu einer bestimmten Branche etc. einfach lokalisieren und darauf zugreifen.
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Abbildung 6: Knowledge Meta Database Verschiedene Wissensdatenbanken können zudem direkt über die Lotus NotesDomänensuche mittels Volltextsuche angesprochen werden.
4.3 Communities & Knowledge Pool Communities & Knowledge Pool ist eine für die spezifischen Anforderungen der IMG-Berater entwickelte Knowledge Management-Lösung. Diese Lösung optimiert einerseits die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch in Teams (Communities) und unterstützt andererseits die zentrale und strukturierte Ablage von Wissensdokumenten und somit deren Wiederverwendung. Kern dieser Lösung ist eine Taxonomie-Datenbank. Die Taxonomie enthält alle für die Klassifizierung von Wissensdokumenten relevanten Attribute und deren Werte. Attribute sind beispielsweise Sprache, Branche, Kundenprozess, Dokumententyp etc. Um die Taxonomie konsistent halten zu können, wird diese zentral gepflegt. Communities basieren auf replizierbaren und web-fähigen Datenbanken für den Austausch von Dokumenten für einen klar definierten Zweck und eine begrenzte Benutzergruppe. Communities werden für Projekte, Themenbereiche oder Organisationseinheiten gebildet. Die Mitarbeiter entscheiden selber, welche Community wofür und von wem benutzt wird. Alle Communities basieren auf einem einheitlichen Lotus Notes Template, welches je nach Anforderung unterschiedlich ausgeprägt wird. So können beispielsweise die Vorgabewerte für die Kategorisierung der Dokumente definiert oder die Ablagestruktur für die Wissensdokumente innerhalb der Community an die spezifischen Anforderungen angepasst werden. Mitglieder der Community können Dokumente in die Community einstellen, diese lesen und bearbeiten bzw. nur lesen. Für die Berater ist es von hoher Bedeutung, dass sie die Inhalte von Communities auch lokal auf ihrem Notebook beim Kunden zur Verfügung haben. Durch regelmässige Replizierung der Dokumente haben die Mitglieder stets die aktuellen
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Dokumente verfügbar. Das Verschicken von Dokumenten per e-Mail entfällt weitgehend. Da die Communities auch über Web zugänglich sind, können Berater auch beim Kunden per Browser auf die Communities zugreifen. Bei Bedarf können auch IMG-externe Projektmitarbeiter des Kunden oder der weiteren in das Projekt involvierten Lieferanten per Browser auf eine Community zugelassen werden.
Abbildung 7: Project Communities Qualitativ hochwertige Wissensdokumente können vom Ersteller bzw. dem Community Manager per Mausklick in den zentralen Knowledge Pool überführt werden. Um sicherzustellen, dass diese Dokumente über die Attributsuche im Pool auch gefunden werden, ist eine minimale Kategorisierung der Dokumente zwingend erforderlich. Bei der Publizierung eines Dokumentes gibt der Mitarbeiter eine Verweilzeit im Pool an. Nach Ablauf dieser Frist wird der Mitarbeiter bzw. der Knowledge Manager automatisch aufgefordert, die Verweilzeit zu verlängern. Falls innerhalb von vier Wochen keine Reaktion erfolgt, wird das entsprechende Dokument in das Pool-Archiv verschoben. Als Grundlage für die Attributsuche dient ebenfalls die Taxonomie. Bei der Attributsuche können beliebige Werte aus den einzelnen Attributen kombiniert werden. Zudem steht eine sehr mächtige Volltextsuche zur Verfügung. Bei der Volltextsuche werden auch Anhänge in der Form von MS Excel-, Word-, Powerpoint-, Project- oder auch PDF-Files berücksichtigt. Volltext- und Attributsuche können auch kombiniert eingesetzt werden. Auf den Knowledge Pool können die Mitarbeiter sowohl über Notes als auch über Browser (z.B. vor Ort beim Kunden) zugreifen. Im Gegensatz zu den Communities können alle Mitarbeiter auf den Pool zugreifen. Da der Pool aufgrund seiner Grösse nicht repliziert werden kann, werden so genannte Knowledge Packs gebildet. Ein Pack ist ein Subset an Dokumenten aus
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dem Pool und entspricht einer bestimmten Ausprägung der Taxonomie, z.B. alle deutschsprachigen Dokumente zur Branche "Communications" oder zum Topic "Customer Relationship Management". Diese Knowledge Packs können selektiv repliziert werden. Damit haben die Mitarbeiter auch offline das für sie relevante Wissen zur Verfügung.
Abbildung 8: Volltext- und Attributsuche im Knowledge Pool
5 PROMET®-Methoden Komplexe Transformationsbereiche des e-Business erfordern ein methodengestütztes Vorgehen. Unter dem Begriff PROMET® (Prozessmethode) wird ein Set von aufeinander abgestimmten Methoden zusammengefasst. Die Methoden sind alle in sich klar und einheitlich nach den Grundsätzen des „Method Engineering“ [Gutzwiller 1994, S. 12-14] strukturiert. Die Methoden unterstützen die effiziente und effektive Erbringung der Projektarbeit und erleichtern den Beratern zudem die schnelle Einarbeitung in neue Themen. Ein methodengestütztes Vorgehen in komplexen Projekten ist erfolgsentscheidend, denn es gewährleistet u.a.: • die Vollständigkeit der Entwurfsentscheidungen und Projektdokumentation, was insbesondere zur Steuerung des Kunden/Lieferanten-Verhältnisses wichtig ist • eine klare, zeitliche und logische Strukturierung des Vorgehens • eine kostengünstige und zielgerichtete Projektdurchführung, denn das Projektteam kann auf Vorhandenes zurückgreifen und muss nichts Neues erfinden, z.B. wie das Projekt angegangen werden soll • schliesslich eine höhere Unabhängigkeit von ausführenden Personen
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Mit PROMET@Web ist das umfassende und bewährte Methodenset auch über das Internet verfügbar. Vorgehensmodelle, Ergebnistemplates mit Beispielen sowie ausführliche Beschreibungen können damit standortunabhängig und flexibel genutzt werden.
Abbildung 9: PROMET@WEB
6 Mitarbeiterkommunikation • Für eine virtuelle Firma ist es entscheidend, die Kommunikation und Information aktiv zu fördern. • Für die regelmässige Information der Mitarbeiter dient die IMG Website, welche von Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern gleichfalls genutzt wird. • Die im Intranet publizierte Mitarbeiterzeitschrift „IMG World“ informiert die Mitarbeiter regelmässig über News, Projekte, Organisation etc.. • Quartalsweise wird, basierend auf einer Intranet-Applikation, ein „Employee Survey“ durchgeführt. Damit wird sichergestellt, dass die Mitarbeiterkommunikation nicht nur top-down funktioniert, sondern dass auch ein starkes bottom-up Element zur Analyse der Mitarbeiterzufriedenheit und der Mitarbeiterbedürfnisse die Kommunikation fördert. Die Ergebnisse der Employee Surveys gehen entsprechend in die Balanced Scorecard ein (vgl. Kapitel 3.2 und 3.3).
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• Die unstrukturierte Kommunikation von Mitarbeiter zu Mitarbeiter erfolgt vorwiegend über e-Mail und Telefon. Über Communities können Mitarbeiter Informationen oder Dokumente zu bestimmten Themen austauschen. Der Einsatz von Lotus Sametime zur Unterstützung von Instant Messaging, virtuellen Meetings etc. wird derzeit in einem Pilotprojekt evaluiert. • Trotz dieser vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten legt die IMG hohen Wert auf persönliche Kommunikation im Rahmen von Practice- oder Business Unit Meetings sowie formellen IMG-weiten Anlässen und informellen ‚Social Events’.
7 Zusammenfassung und Ausblick Als junge Beratungsgesellschaft hat die IMG die einmalige Chance gehabt, ihre Business-Infrastruktur basierend auf neuen Technologien wie VPN oder Internet aufzubauen. Der heute erreichte Integrationsgrad ist schon recht beachtlich und der dadurch resultierende Benutzerkomfort und die zur Verfügung gestellte Funktionalität ist entsprechend hoch (vgl. Abbildung 10). Steuerung der Gruppe: Forecasting & Sales Pipeline Mgmt., Time & Material Reporting, Monthly Closing & Mgmt. Reporting, Employee Mgmt.
Steuerung des Projektgeschäfts: Demand & Account Mgmt., Skills Mgmt. & Resourcing, Knowledge Meta Database, Communities & Knowledge Pool
Projektmethoden: PROMET@Web
MitarbeiterKommunikation: e-Mail, Communities, IMG World, Employee Survey
Arbeitsplatz: Home Office mit ISDN oder xDSL Anschluss, Mobilität für unterwegs mit iPass Netzwerk: VPN Netzwerk, Zentrales Rechenzentrum der IMG Gruppe in St. Gallen Abbildung 10: IT-Unterstützung innerhalb der IMG Zentraler Erfolgsfaktor ist der Remote-Zugriff auf zentrale Applikationen, Informationen und Knowledge über Internet und VPN. Dies ermöglicht der IMG, dass jeder Mitarbeiter standortunabhängig (im Office, im Home Office, im Hotel und teilweise beim Kunden vor Ort) und weltweit innerhalb von maximal acht Stunden
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mit Informationen beliefert werden kann respektive Informationen für die andere Mitarbeiter oder das Corporate Center absetzen kann. Die teilweise noch fehlenden Zugänge ins Internet (beim Kunden) oder geringe Bandbreiten (im Hotel) machen es erforderlich, dass Daten aufwändig repliziert werden müssen, damit diese dem Berater standortunabhängig und mit hoher Performance zur Verfügung stehen. In einem nächsten Schritt plant die IMG die Realisierung eines umfassenden Mitarbeiterportals. Dieses wird realisiert, sobald Technologien wie Wireless LAN (WLAN) oder UMTS verfügbar und verbreitet sind. Ziel ist es, über einen „Single Point of Entry“ eine umfassende Meta-Anwendung zur Verfügung zu stellen, welche alle bisherigen Anwendungen online per Browser mit einer hohen Bandbreite zur Verfügung stellt.
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8 Literaturverzeichnis [Goldman Sachs 2001] Leggett, R.; Cohen, D.; Malkoun, D.; Gould, G.: Inflection Point, A Handbook for Understanding and Investing in European Technology Services Industry, Goldman Sachs Global Equity Research, London, 2001. [Gutzwiller 1994] Gutzwiller, T.: Das CC RIM-Referenzmodell für den Entwurf von betrieblichen, transaktionsorientierten Informationssystemen, Physica Verlag, Heidelberg, 1994.
Ansätze des Business Engineering für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Evaluation ausgewählter Bereiche des Business Engineering mit nachhaltigem Nutzen für produzierende KMU aufgrund empirischer Erkenntnisse Eric Bauer, Rolf Kaufmann, Josef Rusch
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Einleitung......................................................................................................36 1.1 Ausgangslage für die Untersuchung.....................................................36 1.2 Problemstellung für die Untersuchung .................................................37 Analyse und Ableitung .................................................................................37 2.1 Forschungsprojekt KMU der ETH .......................................................37 2.2 Kritische Erfolgsfaktoren .....................................................................38 2.3 Business Engineering ...........................................................................39 2.4 Business Engineering für KMU ...........................................................40 2.5 Ableitung der Hypothesen ....................................................................40 Empirische Untersuchung .............................................................................42 Wichtigste Untersuchungsergebnisse............................................................43 4.1 Hypothese Change Management ..........................................................43 4.2 Hypothese Prozessentwicklung ............................................................44 4.3 Hypothese Supply Chain Management ................................................45 4.4 Hypothese Knowledge Management....................................................46 Zusammenfassung ........................................................................................47 5.1 Erkenntnisse .........................................................................................47 5.2 Schlussfolgerungen...............................................................................48 Literatur ........................................................................................................50
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Eric Bauer, Rolf Kaufmann, Josef Rusch
1 Einleitung Um eine Übertragbarkeit des für Grossunternehmen entwickelten „Business Engineering“ [vgl. Österle/Winter 2000; Österle 1995] auf kleine und mittlere Unternehmen zu untersuchen, wurden ausgehend von bestehenden Erhebungen, den Kerninhalten des Business Engineering sowie der Analyse eines ausgewählten Kleinunternehmens mögliche Anwendungsoptionen abgeleitet. Die sich daraus ergebenden Hypothesen wurden mit einer empirischen Erhebung überprüft, an der sich 94 produzierende kleine und mittlere Unternehmen aus der Schreinerbranche und der mechanischen Branche beteiligten. Die Auswertung der Untersuchung zeigt, dass sich die Problemstellungen kleiner und mittlerer Unternehmen zwar von jenen in Grossunternehmen unterscheiden, ausgewählte Konzepte des Business Engineering jedoch nach bestimmten Anpassungen geeignet sind, wichtige Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen zu unterstützen. Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), d.h. Unternehmen mit weniger als 250 MitarbeiterInnen [vgl. Pichler et al. 1997, S. 13 f.] bilden mit 99.7% den Grossteil der Schweizer Unternehmen; für die Gesamtwirtschaft des Landes sind sie somit von grösster Bedeutung. Die KMU sind ein in der Schweiz zwar allgemein betriebswirtschaftlich intensiv untersuchtes Gebiet, nicht aber unter Berücksichtigung Business Engineering-spezifischer Themen. Einen ersten Beitrag leistet die vorliegende Arbeit, eine Zusammenfassung der Diplomarbeit [Bauer/ Kaufmann/Rusch 2000] im Rahmen des Nachdiplomstudiums „Master of Business Engineering“ (MBE HSG) der Universität St. Gallen. Auf der Grundlage des an der HSG entwickelten Konzeptes des Business Engineering [vgl. Österle 1995; Österle/Winter 2000], der empirischen Untersuchung des „Polyprojekts“ über Erfolgs- und Risikofaktoren von kleinen und mittleren Schweizer Unternehmen der ETH Zürich [vgl. BWI 1997; Brodbeck 1998; Sattes et al. 1998 u.a.] und der Analyse eines ausgewählten KMU wurden Hypothesen über die Anwendbarkeit bzw. Ausgestaltung ausgewählter Konzepte des Business Engineering auf KMUProblemfelder untersucht. Im Fokus der Untersuchung zur Anwendbarkeit standen Konzepte des Change Managements und des organisatorischen Wandels, der Prozessentwicklung, der Ausgestaltung von Wertschöpfungsketten und die Bedeutung von Wissen und deren Umsetzung im Unternehmen. Die Hypothesen werden in der Folge in Form einer Erhebung geprüft.
1.1 Ausgangslage für die Untersuchung Im Zuge der sich mit der rasanten Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik (IT) rasch wandelnden ökonomischen Rahmenbedingungen (Übergang vom Industrie- ins Informationszeitalter, überregionaler bis globaler Wettbewerb) müssen sich auch KMU ständig neu ausrichten und positionieren. Aufgrund der immer kürzeren Produkt- bzw. Innovationszyklen entscheiden der Einsatz neuer Technologien, Innovationsorientierung und Kooperationen über den
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Erfolg eines Unternehmens. Informationen und Wissen werden zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Durch die „virtuelle Mobilität“ der Unternehmen aufgrund der IT wird eine andere Art der Kundenbindung entstehen. Der Innovationsdruck der Märkte und somit der Kunden steigt durch die schnelle Entwicklung von regionalen zu überregionalen bzw. globalen Märkten mit der plötzlich sehr grossen Anzahl potenzieller Mitbewerber. Verschärft wird die Situation durch zunehmende Preistransparenz und sinkende Logistikkosten, die eine grössere geografische Reichweite ermöglichen. Gegenüber Grossunternehmen (GU) weisen KMU Vorteile wie z.B. Flexibilität, Marktnähe und Überschaubarkeit auf, die sicher bald nicht mehr als Wettbewerbsvorteile betrachtet werden können, wohl aber als Chance, um sich sehr rasch den geänderten Bedingungen anzupassen. Die Konzentration der GU auf ihren Kernkompetenzen und die daraus folgende Ausgliederung kleiner, selbständiger Einheiten zeigt den Weg vor: Effizienz, Autonomie, Agilität.
1.2 Problemstellung für die Untersuchung Business Engineering (BE) bietet Methoden, um die notwendigen organisatorischen und informationssystembezogenen Veränderungen ganzheitlich, arbeitsteilig, transparent und effektiv zu gestalten; ist aber schwerpunktmässig auf Grossunternehmen (GU) ausgelegt. Zahlreiche Untersuchungen belegen den Nutzen dieser Methoden im Umfeld der GU [vgl. z.B. Österle/Winter 2000; Österle 1995]. Da das BE in KMU noch wenig Anwendung findet, ist es nicht möglich, auf Erfahrungen mit der Umsetzung dieser Methoden zurückzugreifen. Um die Übertragbarkeit von Ansätzen des BE auf KMU zu untersuchen, ergeben sich im Rahmen der Untersuchung folgende Fragen: • Sind die Problemstellungen der KMU und GU vergleichbar? • Welches sind die daraus ableitbaren Konsequenzen für KMU? • Eignen sich die Methoden des BE für den Einsatz in KMU?
2 Analyse und Ableitung 2.1 Forschungsprojekt KMU der ETH Die nachfolgend dargestellten Erfolgsfaktoren basieren auf Forschungsergebnissen, die an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) im Rahmen des „Polyprojekts“ über „Erfolgs- und Risikofaktoren von kleinen und mittleren Schweizer Unternehmen“ im Zeitraum von viereinhalb Jahren gesammelt wurden. Das interdisziplinäre Projekt basiert auf 1667 ausgewerteten Fragebogen der Branchen Metallbearbeitung und -verarbeitung, Maschinen- und Fahrzeugbau sowie Elektrotechnik und Elektronik. In dem Forschungsprojekt berücksichtigten die Autoren die folgenden Themenbereiche: Strategien, Technologie, Struktur und Systeme, Unternehmer, Human Ressource und Umfeld.
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Abbildung 1: Themenbereiche des Polyprojektes „Erfolgs- und Risikofaktoren in Schweizer KMU“ Aufgrund der Untersuchungsergebnisse, die durch die Gegenüberstellung von erfolgreichen und erfolglosen KMU statistisch signifikant sind, kamen die Autoren zu den folgenden Schlüssen: Erfolgreiche KMU [vgl. Sattes et al. 1998] • befinden sich in Märkten mit geringem Wettbewerbsdruck und/oder in Nischenmärkten (weniger preisempfindlich, geringerer Druck von Zulieferanten und Kunden, höhere Eintrittsbarrieren), • sind in allen Bereichen des Betriebes innovationsorientiert (Produkt-, Prozessund Sozialinnovationen), • haben eine hohe Qualitätsorientierung, • setzen neue Technologien ein und nutzen diese gezielt zur Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern (Produkte und Prozesse), • bilden ihre Mitarbeiter systematisch und kontinuierlich aus mit dem Ergebnis flexibler, qualifizierter und motivierter Mitarbeiter und • praktizieren einen mitarbeiterorientierten Führungsstil, um dem dynamischen Umfeld mit den hohen Flexibilitätsanforderungen zu genügen.
2.2 Kritische Erfolgsfaktoren Aufgrund der Erkenntnisse der ETH Studie sind die folgenden Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen: • Markt- und Produktstrategie: Marktsegmentierung, Kundennutzen, und Differenzierung durch Dienstleistungen
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• Technologie: Einsatz neuer Technologien bei den Prozessen, den Herstellverfahren und den Produkten • Innovation: Innovationsorientierung in allen Bereichen des Betriebes: bei Produkten (mehr neue Produkte) und Prozessen • Unternehmer; Führung: Persönlichkeit des Unternehmers und partizipatives Führungsverhalten • Qualifizierung; Weiterbildung: systematische Ausbildung auf hohem Niveau und kontinuierliche Weiterbildung der Mitarbeiter • Kooperationen: Nutzen von Synergien durch Kooperation mit anderen Unternehmen, Kompensation grössenbedingter Nachteile Die beschriebenen Erfolgsfaktoren dürfen nur bedingt einzeln betrachtet werden; sie sind in der auf das Unternehmen bezogenen Ganzheit bzw. Priorisierung zu betrachten und beeinflussen sich gegenseitig. Unter diesen Gesichtspunkten sowie der Anwendbarkeit der Methoden des BE wurde ein ausgewähltes KMU analysiert. Auf dieser Grundlage erfolgte die Ableitung der zu untersuchenden Hypothesen.
2.3 Business Engineering Auf die steigende Komplexität und Dynamik wird mit neuen, unternehmensübergreifenden Organisationsformen reagiert. Entsprechend sind neue Ansätze für Konzepte und Methoden gefragt. Den Kern des BE [vgl. Österle/Winter 2000; Österle 1995] bilden deshalb Methoden, die es ermöglichen, den unternehmerischen Wandel in Richtung eines unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsnetzes zu konzipieren und umzusetzen. Business Engineering als Disziplin folgt den folgenden Prinzipien: • Die Transformation von Unternehmen erfordert ein ingenieurmässiges, methoden- und modellbasiertes Vorgehen. • In erster Linie IT-Innovationen, aber auch veränderte Umweltbedingungen oder veränderte Kundenbedürfnisse bieten erhebliche Potenziale für neue, wirtschaftlich attraktive Geschäftslösungen. • Die Transformation zum Informationszeitalter ist durch vernetzte Geschäftsarchitekturen und durch die Möglichkeit geprägt, Geschäftsmodelle entweder auf Produktionsprozesse oder auf Kundenprozesse auszurichten. • Innovationen werden erst wirksam, wenn sie auf Strategie-, Prozess- und Systemebene umgesetzt wurden. • Die Informations- und Kommunikationstechnik setzt Restriktionen, die bei der Strategieentwicklung (und natürlich auch auf die nachfolgenden Gestaltungsebenen) beachtet werden müssen. Ergänzend zu den rein fachlichen Aspekten werden die „weichen“ Aspekte von Veränderungsprozessen, d.h. politische, kulturelle und emotionale Faktoren berücksichtigt. Die drei Ebenen des BE: Geschäftsmodelle (Strategie), Geschäftsprozesse (Prozesse) und Informations- und Kommunikationssysteme (Systeme)- haben eine fachliche, eine politische (Macht) und eine kulturelle (emotionale) Dimension. Sie
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werden durch externe Einflüsse wie z.B. staatlich vorgegebene Rahmenbedingungen, Märkte und Technologien ergänzt.
2.4 Business Engineering für KMU Aus den Kernthemen des Business Engineering werden aufgrund der von der ETH-Studie ermittelten kritischen Erfolgsfaktoren in KMU, der Annahme, dass sie für KMU wesentlich anders als für GU behandelt werden und der Verhältnismässigkeit im Hinblick auf die Unternehmensgrösse (d.h. Umsetzbarkeit für KMU) die folgenden vier Themengebiete als für die weitere Untersuchung relevant identifiziert: • Change Management (Management des Wandels, integriertes HR-Management, Komplexitätsmanagement, Strukturwandel, Change- und Innovationsmanagement usw.) • Prozesse (Strategieumsetzung, Kernkompetenzen, Kernprozesse, Prozessorganisation, Prozessentwicklung, Prozessumsetzung, Prozessführung, Scorecards, IT-Nutzung als Wettbewerbsfaktor usw.) • Supply Chain Management (Business Networking, E-Business / E-Commerce, Outsourcing, Produktarchitektur usw.) • Knowledge Management (Methoden und Medien, Document Processing, Vertrieb und Kommunikation, Integrierte Unternehmenskommunikation usw.) Die identifizierten Themengebiete sind insofern relevant, als dass sie die kritischen Erfolgsfaktoren in geeigneter Form unterstützen und so eine erfolgreiche Entwicklung der Unternehmen ermöglichen bzw. fördern.
2.5 Ableitung der Hypothesen Das Change Management hat die Aufgabe, das Gleichgewicht zwischen Unternehmens-, Organisations- und persönlicher Entwicklung zu gewährleisten. Voraussetzung dafür ist ein klares Management-Commitment: Der Veränderungsbedarf und dessen Ursachen müssen erkannt werden, Führungswille muss aufgebracht und entsprechend gehandelt werden, der Kurs des Unternehmens ist zu prüfen, Leute und Ziele sind abzustimmen, die Zusammenarbeit ist zu pflegen und durch den Unternehmer (bzw. das Management) mit Taten und Werten vorzuleben. Der Schwerpunkt der Aufgaben der Führungskräfte verlagert sich auf Zukunftssicherung, Menschenführung und Management des permanenten organisatorischen Wandels (vgl. Doppler/Lauterburg 2000, S. 60). Die Erkenntnis, dass einerseits die fehlende Veränderungsbereitschaft als zweitwichtigstes Problem bei Restrukturierungen erwähnt wird [vgl. Hafen et al. 1999, S. 39] und andererseits die KMU sich durch Eigentümer-Führung kennzeichnen, führt zu Hypothese 1: In KMU werden tiefgreifende Reorganisationsprojekte durch soziale Bindungen innerhalb der Unternehmen erschwert.
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Im Rahmen der Prozessentwicklung werden Leitbild, Vision, Strategie, Prozesse und Führungsgrössen einzeln abgehandelt, um Zusammenhänge und wechselseitige Abhängigkeiten aufzuzeigen. Nach [Sattes et al. 1998, S. 26] verfügen vor allem kleinere Unternehmen in wenigen Fällen über ein ausformuliertes Leitbild. Selbstverständlich darf dies nicht zu der Aussage führen, dass diese Unternehmen kein Leitbild und keine Ziele verfolgen; es darf vielmehr angenommen werden, dass das schriftliche Festhalten nicht als notwendig erachtet wird. In [Sattes et al. 1998, S. 36] wird jedoch gezeigt, dass sich eine explizite Unternehmensplanung positiv auf den Erfolg auswirkt. Ausgehend von der Definition der Vision können die Ziele und der Weg zu diesen Zielen mit Hilfe der Strategie bestimmt werden. Aufgrund dieser Ziele können in der Folge Führungsgrössen abgeleitet werden, welche die Prozesse messbar bzw. die kritischen Erfolgsfaktoren periodisch, z.B. monatlich, überprüfbar machen sollen. Von zentraler Bedeutung bei der Bestimmung der Führungsgrössen ist das Ziel der daraus generierbaren Kennzahlen. In der Geschäftspraxis werden grösstenteils rein finanziell orientierte Bewertungsmassstäbe angewendet. Ziel der Balanced Scorecard [vgl. Kaplan/Norton 1996] ist es deshalb, den Geschäftsgang ganzheitlich sowohl aus finanzieller Perspektive wie auch aus ProzessPerspektive, Perspektive der Lern- und Wachstumsfähigkeit und vor allem Kundenperspektive zu messen. Es stellt sich allgemein die Frage, ob diese Bereiche aufeinander abgestimmt sind und somit die in der Vision und Strategie identifizierten Faktoren und Ziele durch die Gestaltung und Überwachung der Prozesse beobachtet bzw. gemessen werden. Daraus ergibt sich Hypothese 2: In KMU gibt es keine Unternehmensstrategie in dem Sinne, dass basierend auf den kritischen Erfolgsfaktoren die entsprechenden Führungsgrössen abgeleitet werden. Die Wertschöpfungskette der Unternehmen verlagert sich zunehmend über die Unternehmensgrenzen hinaus. Die Betrachtung, Gestaltung und Steuerung der Informations-, Material- und Geldflüsse über die gesamte Lieferkette vom Lieferanten für Rohmaterial bis zum Endkunden wird als “Supply Chain Management“ (SCM) bezeichnet [vgl. SCM 1999]. Die Intensivierung der Zusammenarbeit über die unterschiedlichen Stufen des Logistiknetzwerkes eröffnet tiefe Einblicke in die beteiligten Unternehmen. Das bedingt ein hohes Mass an Vertrauen, welches durch persönliche Kontakte aufgebaut und unterstützt wird. Eine stabile Zusammenarbeit ist gewährleistet, wenn die Beteiligten durch die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit einen Synergieeffekt erreichen und diese zu einer Win-WinSituation führt. Die meisten KMU gehen heute Partnerschaften in regionalen engen Kreisen ein. Typischerweise basieren diese auf informellen Abmachungen. Bei Kapazitätsengpässen greifen KMU informell und äusserst flexibel auf befreundete Unternehmen der Region zu. Der Trend hin zur Internationalisierung der Beziehungen, ausgelöst durch vereinfachte, kostengünstige Kommunikation, erfordert jedoch ein gezieltes, professionelleres Vorgehen unter Ausnützung der Potenziale moderner Informations- und Kommunikationstechnik. Gerade KMU können durch intensive Zusam-
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menarbeit grössenbedingte Nachteile wie fehlende Ressourcen für Entwicklungen, fehlendes Know-how, fehlender Zugang zu Vertriebsnetzen, fehlende Volumeneffekte beim Einkauf und Auslastung der Kapazitäten usw. kompensieren. Daraus ergibt sich Hypothese 3: In KMU wird das Potenzial der bestehenden Informatik-Infrastruktur und die entsprechende Mitarbeiterqualifikation für die IT-unterstützte Kommunikation mit Kunden/Lieferanten beschränkt ausgeschöpft. Das Knowledge Management gewinnt auf allen Ebenen an Bedeutung. Auf strategischer Ebene ist es an die Unternehmensziele gebunden, auf der Prozessebene ist es eng an die Kernprozesse gebunden. Auf der Systemebene findet sich die dafür notwendige technische Infrastruktur. Sowohl in der fachlichen als auch in der kulturellen Dimension ist Knowledge Management ebenfalls ein unabdingbarer Bestandteil des Change Management und dessen Kommunikation. Hinzu kommt der Machtaspekt, der eine paradoxe Rolle spielt: Der Alleinbesitz von Wissen kann intern hemmend sein; extern jedoch ein Wettbewerbsvorteil. Auch für KMU gelten folgende ausgewählte, aus der Praxis gewonnene Erkenntnisse [vgl. Bach et al. 1999, S. 33f.]: Das Wissen über Kunden, Märkte, Technologien, Produkte, Dienstleistungen, Prozesse, Lieferanten usw. wird zur Unique Selling Proposition, d.h. zum unvergleichbaren, überlegenen, verkaufenden Differenzierungsmerkmal von Unternehmen. Nicht das Sammeln und Speichern von Wissen, sondern das Anwenden bzw. Umsetzen des Wissens bestimmt den Wert von Wissen. Die Informations- und Kommunikationstechnologie erlaubt neue Produkte und Dienste; auch dehnt sie die Grenzen der beherrschbaren Komplexität und das Volumen des zu organisierenden Wissens aus. Die zunehmende Bedeutung des Wissens für die Entwicklung des Unternehmens sowie die Differenzierung und Behauptung im Wettbewerb erfordert einen systematischen Umgang mit Informationen und Fähigkeiten. Deshalb lautet Hypothese 4: In KMU werden Informationen und Kenntnisse meist unsystematisch festgehalten, weitergegeben und umgesetzt.
3 Empirische Untersuchung Zur Validierung der Hypothesen wird als methodisches Vorgehen die Unternehmerbefragung gewählt. Dies hat den Vorteil, dass Fragebogen und Interviews von Personen beantwortet werden, die in KMU Einblick in alle Bereiche haben und die strategisch wichtigste Stelle des Unternehmens repräsentieren. Allerdings liegen gleichzeitig die Grenzen dieses methodischen Vorgehens gerade darin, dass die Unternehmersicht eher eine planerisch/strategische und weniger eine operative Sichtweise beinhaltet. Bei der Interpretation muss deshalb berücksichtigt werden, dass es sich nicht um eine reine Faktenanalyse handelt, sondern um die subjektive Einschätzung des jeweiligen Unternehmers.
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Die Vorgehensweise der empirischen Untersuchung erfolgt in Anlehnung an [vgl. Diekmann 1998]. Es wird eine Momentaufnahme erhoben (Querschnittsdesign). Die Bestimmung der Vergleichsgruppen, der Aufteilungsmodus und die Datenanalyse erfolgen erst nach Datenerhebung (nicht-experimentelles Ex-postfacto-Design). Zur Prüfung der Hypothesen ist keine repräsentative Stichprobe erforderlich. Es soll lediglich geprüft werden, ob die bei KMU - insbesondere des ausgewählten KMU - festgestellten Zusammenhänge auch auf andere KMU zutreffen. Die Auswahl der Unternehmen erfolgt aufgrund geschäftlicher und persönlicher Kontakte der Autoren und unter Zuhilfenahme von [Kompass 1999] nach den Kriterien: Eigenständiges Unternehmen, produzierende Unternehmen (Schreinerbranche oder mechanischen Branche), Unternehmensgrösse 5 – 149 Mitarbeiter und Firmensitz in der Deutschschweiz. Erhebungsinstrument ist eine schriftliche Befragung mit telefonischer Ergänzung. Insgesamt wurden 121 Fragebogen versandt. Die Rücklaufquote betrug mit 94 gültig ausgefüllten Fragebogen insgesamt 78 % (Schreinerbranche: 60 von 61 Unternehmen = 98%, mechanische Branche: 34 von 60 Unternehmen = 57%). Die antwortenden Firmen sind dominiert durch Unternehmen aus der Schreinerbranche (64 %); insbesondere befinden sich diese mehrheitlich in der Unternehmensgrösse 5 - 20 Mitarbeiter (53 %), was einem Anteil von 34 % aller Unternehmen entspricht. Die Unternehmen aus der mechanischen Branche setzen sich v.a. aus der Unternehmensgrösse 50 - 149 Mitarbeiter zusammen (62 %). Weiter unterscheiden sich die teilnehmenden Unternehmen durch ihre Position in der Wertschöpfungskette.
4 Wichtigste Untersuchungsergebnisse 4.1 Hypothese Change Management Die wichtigsten Ergebnisse zur Hypothese ‚In KMU werden tiefgreifende Reorganisationsprojekte durch soziale Bindungen innerhalb der Unternehmen erschwert’ werden hier unter zwei Gesichtspunkten dargestellt: • Art von durchgeführten Reorganisationsprojekten und deren Zielerreichung • Beziehung zwischen Reorganisationsprojekten und sozialer Bindung Reorganisationsprojekte: Die durchgeführten Reorganisationsprojekte, d.h. tiefgreifende organisatorische Änderungen, welche die Unternehmen in den letzten fünf Jahren durchgeführt haben, sind Produktivitätssteigerung/Optimierung (44%), intern bedingte Neuausrichtung (16%) und Betriebserweiterung/Wachstum (13%). Rund zwei Drittel der befragten Unternehmen haben ein Reorganisationsprojekt durchgeführt; davon wurden in zwei Dritteln der Fälle die gesetzten Ziele des Projektes als erwartungsgemäss umgesetzt beurteilt. Beziehung Reorganisationsprojekte und soziale Bindung: Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der Reorganisation und der sozialen Bindung (vgl. Abbilung 2). Die soziale Bindung widerspiegelt, inwiefern andere Faktoren als unternehmerische Betrachtungen auf die Unternehmen einwirken
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können. Diese Faktoren sind z.B. Eigner-, Familien- und Mitarbeiterinteressen oder gewachsene Strukturen im Unternehmen. 100% 43%
32%
Erfolgreiche Reorganisation
28%
Erfolglose
80% 22%
Keine 7%
35%
40%
Schwache
Starke Bindung
13% 0% Keine
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Reorganisationsprojekte und Bindungsgrad [n=94] Der Anteil erfolgreicher Reorganisationen wird umso kleiner, je grösser der Bindungsgrad ist; der Anteil erfolgloser Reorganisationen wird umso grösser, je grösser der Bindungsgrad ist; Es werden umso weniger Reorganisationen durchgeführt, je grösser der Bindungsgrad ist. Validierung: Die Hypothese kann aufgrund der festgestellten Zusammenhänge als validiert bezeichnet werden.
4.2 Hypothese Prozessentwicklung Die wichtigsten Ergebnisse zur Hypothese ,In KMU gibt es keine Unternehmensstrategie in dem Sinne, dass basierend auf den kritischen Erfolgsfaktoren die entsprechenden Führungsgrössen abgeleitet werden’ werden hier unter zwei Gesichtspunkten dargestellt: • Schriftliches Festhalten strategischer Ziele • Zusammenhang zwischen Strategie, kritischen Erfolgsfaktoren und Führungsgrössen am Beispiel der Kundenzufriedenheit Schriftliches Festhalten strategischer Ziele: Mehr als 70 % der befragten Unternehmen halten ihre strategischen Ziele schriftlich fest. Grössere Abweichungen treten hier in der Schreinerbranche bei Unternehmen bis zu 20 Mitarbeitern auf, wo nur knapp die Hälfte ihre Ziele schriftlich festhält. Zusammenhang zwischen Strategie, kritische Erfolgsfaktoren und Führungsgrössen am Beispiel Kundenzufriedenheit: Ausgehend von der Strategie (vgl. Abbildung 3:) nennen 69 % der betrachteten Unternehmen die Kundenzufriedenheit in 1. bzw. 2. Priorität; davon bezeichnen 27 % die Kundenzufriedenheit als kritischen Erfolgsfaktor des Unternehmens; 19 % messen die Kundenzufriedenheit. Insgesamt besteht bei 19 % der Unternehmen eine Relation zwischen allen
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drei Bereichen. Zusammengefasst kann bei der Kundenzufriedenheit über die drei Stufen festgehalten werden, dass bei der Mehrheit der Unternehmen kein systematischer Zusammenhang besteht.
Abbildung 3: Zusammenhang Strategie, kritische Erfolgsfaktoren (KEF) und Führungsgrössen (FG) für die Kundenzufriedenheit [n= 85] Validierung: Die Hypothese kann aufgrund der vorliegenden Untersuchung als validiert bezeichnet werden.
4.3 Hypothese Supply Chain Management Die wichtigsten Ergebnisse zur Hypothese ,In KMU wird das Potenzial der bestehenden Informatik-Infrastruktur und die entsprechende Mitarbeiterqualifikation für die IT-unterstützte Kommunikation mit Kunden/Lieferanten beschränkt ausgeschöpft’ werden hier unter zwei Gesichtspunkten dargestellt: • Intensität der IT-unterstützten Kommunikation und externer Druck von Kunden und Lieferanten zur Verwendung von IT in der Zusammenarbeit • IT-unterstützte Bereiche der Unternehmen, geplante Investitionen in IT und Anwendung der Technologie Intensität des IT-Einsatzes und externer Druck: 40 % der befragten Unternehmen nutzen IT mittel bis viel zur Kommunikation mit ihren Kunden und Lieferanten (E-Mail / Datenaustausch). Unterteilt sind es mehr als die Hälfte der mechanischen Unternehmen und rund ein Drittel aus der Schreinerbranche. Für die Kommunikation mit Kunden wird in der mechanischen Branche in rund zwei Drittel der Unternehmen IT intensiv eingesetzt. Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen der Forderung von Kunden und Lieferanten, IT für die Kommunikation einzusetzen, und dem Verhalten der Unternehmen. Die Unternehmen der Schreinerbranche beurteilen die Erwartungen zu ihren Kunden als erfüllt; 10 % sehen eine Diskrepanz zu den Erwartungen ihrer Lieferanten. Bei den mechanischen Unternehmen sehen 21 % eine Diskrepanz zu den Erwartungen ihrer Kunden und 9 % zu den Erwartungen der Lieferanten. Insgesamt ist festzustellen, dass IT für die übergreifende Koordination, Planung und Steuerung, wie z.B. Lieferabrufe, Lagerbewirtschaftung, wenig verwendet wird. Investitionen in IT und Anwendung der Technologie: 37 % der Unternehmen planen eine grössere Investition in ihre IT-Infrastruktur. Insgesamt existiert bei 80 % der Unternehmen (Schreiner 70 %, mechanische 97 %) Computerunterstützung in mindestens vier der folgenden Bereiche: Administration, Angebots- und Auf-
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tragsabwicklung, Planung, Konstruktion, Produktion. 77 % der Befragten erachten ihre Mitarbeiter als gut bis sehr gut qualifiziert, um die bestehende InformatikInfrastruktur zu nutzen. Validierung: Die aufgestellte Hypothese kann für die untersuchten Unternehmen als teilweise validiert bezeichnet werden.
4.4 Hypothese Knowledge Management Die wichtigsten Ergebnisse zur Hypothese ,In KMU werden Informationen und Kenntnisse meist unsystematisch festgehalten, weitergegeben und umgesetzt’ werden hier unter zwei Gesichtspunkten dargestellt: • Stellenwert von Informationen über Kunden/Lieferanten, getätigter Aufwand zur Sammlung und Erfassung von Informationen • Informationsquellen, -verteilung und Aktualisierung der Informationen Stellenwert der Informationen: Rund 90 % der befragten Unternehmen betrachten Informationen über Kunden und potenzielle Kunden als besonders wichtig und rund 60 % solche über Lieferanten. Die meistgenannten wünschenswerten Informationen über Kunden sind Kundenbedürfnisse, geplante Projekte und Bonität. Jene Informationen über Lieferanten sind Preis-/Leistungsverhältnis, Lieferbereitschaft und Termintreue. Der monatliche Aufwand für die Beschaffung von Informationen über Kunden (4,9 Mitarbeitertage) ist wesentlich höher als jener über Lieferanten (1,4 Mitarbeitertage) und wächst mit der Unternehmensgrösse. Die Unternehmen, welche Informationen über Kunden und Lieferanten als wichtig erachten, erfassen zu rund 80% diese Daten systematisch. Informationsquellen, -verteilung und -aktualisierung: 58 % verwenden höchstens eine Informationsquelle (z.B. persönliche Kontakte, Marktstudien oder Erhebungen der Branchenverbände), um ihre Kunden und potenziellen Kunden besser kennenzulernen. 23 % verwenden höchstens eine Informationsquelle (z.B. Messebesuche, Aussendienstmitarbeiter der Lieferanten oder direkte Besuche bei Lieferanten), um Informationen über ihre Lieferanten und potenziellen Lieferanten zu sammeln. Bei der Analyse des Informationszugangs kann festgestellt werden, dass die Mitarbeiter des Verkaufs in 18 % nicht direkt Kenntnis von den Kundenbedürfnissen und in 23 % nicht direkt einen Feedback über erbrachte Leistungen haben. Jedem dritten Mitarbeiter der Auftragsabwicklung sind Informationen über Lieferanten nicht direkt zugänglich. Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen aktualisieren laufend ihre Kunden- und Lieferantendaten. Dafür wenden sie durchschnittlich pro Monat 2,6 Mitarbeitertage für Kundendaten und 1,0 Mitarbeitertage für Lieferantendaten auf. In der mechanischen Branche ist der Aufwand insgesamt mindestens zweimal grösser als in der Schreinerbranche. Validierung: Die formulierte Hypothese kann zumindest für die Datenerfassung und -beschaffung als validiert bezeichnet werden.
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5 Zusammenfassung Die empirische Untersuchung erfolgte in der Schreinerbranche und mechanischen Branche, d.h. einem Teilbereich des produzierenden Gewerbes. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass Probleme der Unternehmensbereiche, die keiner branchenspezifischen Ausprägung unterliegen, auch in KMU der anderen Branchen des produzierenden Gewerbes zu finden sind [vgl. Sattes et al. 1998, S. 5].
5.1 Erkenntnisse • Change Management: Zahlreiche Unternehmen setzen sich mit der Verbesserung und Optimierung auseinander. Es besteht ein konkreter Zusammenhang zwischen sozialer Bindung und den Reorganisationsergebnissen. Bei grösserer sozialer Bindung werden weniger Reorganisationen gemacht; sie sind auch weniger oft erfolgreich. Nach Angaben der Unternehmer werden insgesamt ein unerwartet grosser Anteil von Reorganisationsprojekten mit Erfolg durchgeführt. Die stark ausgeprägten engen und persönlichen Beziehungen zu und unter den Mitarbeitern müssen beachtet werden, damit die in den Unternehmen bereits vorhandenen, grossen Potenziale der Mitarbeiter zum Gewinn aller Beteiligten eingesetzt werden können. Das Change Management ist eine noch wenig verbreitete Disziplin und wird in Ausbildungen bisher wenig thematisiert. • Prozessentwicklung: Die strategische Planung unter Berücksichtigung der kritischen Erfolgsfaktoren steht in keinem Bezug zu der Überprüfung der Ziele, obschon diese zu einem grossen Teil explizit in Form einer Strategie vorliegen. In den Unternehmen ist die Wichtigkeit der strategischen Ausrichtung erkannt, es fehlt aber an einfachen Ansatzpunkten für die konkrete Umsetzung im operativen Geschäftsalltag. Für einen Grossteil der Unternehmen, die über eine strategische Planung verfügen, sind Ziel, Zweck und Zusammenhänge nicht klar. Bei den Prozessen haben die KMU eine starke Innensicht; es bestehen kaum definierte unternehmensübergreifende Prozesse. Die konkrete Erfolgs-messung basiert grösstenteils auf einem finanziellen Bewertungssystem und nicht aufgrund der ebenfalls definierten Ziele, wie z.B. Erfüllung des Kundennutzens, Weiterbildung, Mitarbeiterzufriedenheit usw. • Supply Chain Management: Kooperationen sind oft regional, informell und wenig systematisch. Die IT wird vorwiegend in Insellösungen innerhalb der Unternehmung angewendet. Die IT-Kommunikation innerhalb der Wertschöpfungskette ist zunehmend, es erfolgt nur punktuell übergreifende Anbindung und Integration. Fehlende bzw. sich ständig ändernde Standards für die Datenübernahme sind Ursachen dafür, dass die befragten Unternehmen die IT nur wenig für die übergreifende Kommunikation einsetzt. Das Potenzial zur Kostenreduktion wie z.B. IT-unterstützte Lieferabrufe, Fakturierung, Frachtpapiere wird wenig genutzt. • Knowledge Management: Die Unternehmer sind sich über die Wichtigkeit der Informationen der Kunden und Lieferanten bewusst. Die Möglichkeiten einer
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Differenzierung durch Informations- und Wissensvorsprung werden noch wenig ausgenutzt. Die informelle Kommunikation erlaubt schnelle Verständigung und spontane Handlungen. Durch die fehlende Systematisierung kann Wissen und die damit verbundenen Innovationspotentiale nicht ausgenutzt werden.
5.2 Schlussfolgerungen Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse sind für die ausgewählten Bereiche des BE die nachfolgenden Methoden und Ansätze denkbar: • Change Management: Beim Change Management kann nicht von einzelnen Methoden ausgegangen werden; die sehr vielfältigen Aspekte von Veränderungsprozessen betreffen verschiedenste Bereiche des ganzen Unternehmens. Bindungen sollten als Vorteil genutzt werden (Werte, Identifikation, schnelle Entscheidungsfindung). Die externe Sicht sollte z.B. durch Workshops mit Kunden, den Beizug eines externen Verwaltungsrates in die Unternehmensführung einfliessen. Veränderungen sind klar zu kommunizieren, um aus Betroffenen Beteiligte zu machen. • Prozessentwicklung: Eine ganzheitliche, systematische und Kunden- sowie Lieferantenprozesse einschliessende Prozessentwicklung sollte die gesamte Bandbreite von der Strategie bis zu den Führungsgrössen umfassen. Es ist notwendig, Prozesse zu identifizieren und zu beschreiben, Prozessverantwortliche zu bestimmen und eine kontinuierliche Prozessverbesserung zu installieren. Grundlage der Prozessentwicklung ist das systematische Identifizieren der Kernkompetenzen bzw. Kernprozesse. Einfache Applikationen sollten eingeführt werden, z. B. für die unternehmensübergreifende „End to End“Betrachtung als Prozessunterstützung. Die Unternehmensführung kann durch den Einsatz einer vereinfachten, auf KMU-Bedürfnisse angepassten Balanced Scorecard unterstützt werden. • Supply Chain Management: Auch für KMU erscheint es unabdingbar, ausgehend vom Kundenprozess unternehmensübergreifende Prozessketten aufzubauen. Die wichtigsten Bestandteile der Prozesse sollten für das gemeinsame Verständnis der beteiligten Unternehmen und Schnittstellendefinition standardisiert werden. Sowohl Applikationen zur Anbindung zu Kunden und Lieferanten (wie Business to Business und E-Commerce) wie auch der Einsatz der IT für die Koordination und Steuerung sowie Simulation übergreifender Prozesse erscheinen sinnvoll. Bei steigender Komplexität der IT-Unterstützung sind ITOutsourcing, Applikations-Hosting usw. zu prüfen. • Knowledge Management: Der Umgang mit Daten, Informationen und Wissen muss professionalisiert werden. Der Wert des Wissensmanagement als Enabler zu mehr Innovation ist klar zu kommunizieren und durch entsprechende Belohnungssysteme zu stützen. Für das Business Engineering ergeben sich aus dieser Analyse die folgenden Anforderungen für neue bzw. erweiterte Methoden:
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• Unterstützung der Neuausrichtung von Unternehmen auf der Basis einfacher Prozessentwicklung und darauf aufbauenden Applikationen. • Unterstützung der Modellierung und Realisierung unternehmensübergreifender Kooperationen; IT-Interface-Standardisierung zu Kunden und Lieferanten. • Unterstützung des zukünftigen Wettbewerbs zwischen den Wertschöpfungsnetzen. • Verfügbarmachung einfacher Modelle und Applikationen für das Wissensmanagement. • „Missionierung“ des Change Management als Bestandteil der Führungsaufgabe. In KMUs muss grundsätzlich beachtet werden, dass sehr viele der denkbaren BEMethoden den Bedürfnissen und Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass die finanziellen Mittel nur begrenzt verfügbar sind und in der Regel kein speziell ausgebildetes Fachpersonal innerhalb des Unternehmens z. B. für die Betreuung von Informatikprojekten, für methodisches Vorgehen bei Reorganisationen usw. verfügbar ist. Schliesslich müssen Umfang und Detaillierungsgrad einzelner Methoden in vertretbarem Verhältnis zu der Grösse des Unternehmens und somit der verfügbaren Ressourcen stehen.
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6 Literatur [Bach et al. 1999] Bach, V.; Vogler, P.; Österle, H. (Hrsg.): Business Knowledge Management, Springer, Berlin, 1999. [Bauer et al. 2000] Bauer, E.; Kaufmann, R.; Rusch, J.: Ansätze des Business Engineering für kleine und mittlere Unternehmen, Diplomarbeit, 2. MBE HSG, St. Gallen, 2000. [BWI 1997] BWI: Betriebswirtschaftliches Institut der ETH Zürich: Erfolgs- und Risikofaktoren in Schweizer Unternehmen 1993 bis 1997, Zürich, 1997. [Brodbeck 1998] Brodbeck, H.: Erfolgsfaktoren in Kleinunternehmen, Management, Nr. 6, 1998, S. 78 ff.. [Diekmann 1998] Diekmann, A.: Empirische Sozialforschung - Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 4. Auflage, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 1998. [Doppler/Lauterburg 2000] Doppler, K.; Lauterburg, C.: Change Management: Den Unternehmenswandel gestalten, 9. Auflage, Campus, Frankfurt an der Main/New York, 2000. [Hafen et al. 1999] Hafen, U.; Künzler, C.; Fischer, D.: Erfolgreich restrukturieren in KMU, vdf Hochschulverlag an der ETH, Zürich, 1999. [Kaplan/Norton 1996] Kaplan, R.; Norton, D.: The Balanced Scorecard, Harvard Business School Press, Boston, 1996. [Kompass 1999] Kompass: Informationswerk für die Wirtschaft, 48. Ausgabe 1998/99, Zürich, 1999. [Österle 1995] Österle, H.: Business Engineering – Prozeß- und Systementwicklung, Springen, Berlin, 1995. [Österle/Winter 2000] Österle, H.; Winter R. (Hrsg.): Business Engineering – Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer, Berlin, 2000. [Pichler et al. 1997] Pichler, H. J.; Pleitner, H. J.; Schmidt K.-H.: Management KMU: die Führung von Klein- und Mittelunternehmen, 2. aktualisierte Auflage, Haupt, Bern/Stuttgart/Wien, 1997. [Sattes et al. 1998] Sattes, I.; Brodbeck, H.; Lang, H. C.; Domeisen, H. (Hrsg.): Erfolg in kleinen und mittleren Unternehmen, 2. Auflage, vdf, Zürich, 1998. [SCM 1999] SCM: Supply Chain Management Competence & Transfer Center, http://www.scm-ctc.de/ (gefunden am 17.12.1999).
Outside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister im Informationszeitalter Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
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Einleitung......................................................................................................52 Vision des Geschäftsmodells ........................................................................53 Entwicklungen in der Finanzindustrie ..........................................................55 Kundenbedürfniserhebung ............................................................................55 Geschäftsmodell des Finanzdienstleisters im Informationszeitalter .............56 5.1 Herleitung des Geschäftsmodells .........................................................56 5.2 Modellierungs-Vorgehen......................................................................58 5.3 Kundenprozess Modell.........................................................................59 5.4 Kanalkonzept........................................................................................62 5.5 Prozessportal ........................................................................................63 5.6 CRM Prozessmodell.............................................................................65 5.7 Kundenmanagement .............................................................................65 5.8 Prozessunterstützung und Wissensmanagement...................................66 5.9 Geschäftslösung....................................................................................67 5.10 e-Services .............................................................................................68 5.11 Supply Chain ........................................................................................69 Geschäftsmodell Credit Suisse Financial Services .......................................70 Transformation des Geschäftsmodells ..........................................................70 7.1 Veränderungsmodell.............................................................................71 7.2 Transformation Scorecard ....................................................................77 7.3 Transformationslogik ...........................................................................77 Schlussbetrachtungen....................................................................................78 Literatur ........................................................................................................80
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1 Einleitung Seit den 90er Jahren wird das schweizerische Retailbanking von unzähligen Filialschliessungen geprägt. Als Ersatz werden den Kunden dafür hochtechnologische direkte Vertriebskanäle wie Internet, Telefon und Call Center angeboten. Diese erzielen zwar Vorteile, wie lokale und zeitlich uneingeschränkte Zugriffsmöglichkeiten, bringen jedoch auch die Gefahr mit sich, den Kunden und die Entwicklung seiner Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren, da der Kunde im persönlichen Kontakt nicht mehr existieren muss. Eine vergleichbare technologische Entwicklung ist im Versicherungsbereich zu beobachten. Zusätzlich umwerben Banken und Versicherungen mit ergänzenden und teilweise vergleichbaren Produkten die gleichen Kunden, was dazu führt, dass Banken und Versicherungen mit gegenseitigen Aktienbeteiligungen oder sogar Übernahmen die Zusammenarbeit suchen. Das Wachstum der neuen technologischen Vertriebs- und Servicekanäle beinhaltet jedoch nicht nur die Vorteile der Unabhängigkeit des Kunden, sondern verhindert auch seinen direkten Kontakt zu seiner Bank oder Versicherung und lässt tendenziell seine Loyalität zum angestammten Geschäftspartner sinken. Zudem wird die Konkurrenz aus dem „Near-„ und „Nonbankbereich“ in Zukunft auf dem Markt als günstigere Anbieter auftreten, weil diese vielfach keine technische und organisatorische Altlasten mit sich führen. Als Konsequenz wird sich der Kunde in Zukunft vermehrt an den günstigen Angeboten mit vergleichbaren Leistungen orientieren und wird viel rascher bereit sein, seine Bank- oder Versicherungsbeziehung zu wechseln. Um im Wettbewerb um die Kunden bestehen zu können, ist eine klare Differenzierung zu den Mitbewerbern sowie eine laufende Kostenoptimierung nötig. In Zukunft sind nicht Produkte gefragt, sondern, es sind aus der Sicht der Kunden bedürfnisorientierte Problemlösungen gefordert. Bei der Erforschung der Bedürfnisorientierung wird die Optimierung des Kundennutzens stets im Vordergrund stehen. In Bezug auf das Kostenoptimierungspotential steht die Frage im Vordergrund, wie das standardisierte Retailgeschäft im Bank- und Versicherungsbereich von der traditionellen Geschäftsstelle weg in die kostengünstigeren Vertriebskanäle verlagert werden kann, ohne dass der Kontakt und somit die Bindung zum Kunden verloren geht. Aufgrund dieser Entwicklung, haben Unternehmen begonnen, den Kunden und sein Kundenprozess stärker zu berücksichtigen. Dabei wurden die Kundenbedürfnisse meist aus einer stark geprägten Innensicht definiert oder von Life Events (z.B. Familiengründung oder Hausbau) abgeleitet. Es stellt sich die Frage, welches die wirklichen Kundenbedürfnisse aus der Sicht des Kunden sind. Orientieren sich diese Kundenbedürfnisse tatsächlich an den Life Events oder nicht eher am täglichen Leben? Wie muss der Kundenprozess aussehen, damit diese Bedürfnisse lückenlos abgedeckt werden? Der Begriff „lückenlos“ bedeutet hier, dass der Prozess aus der Sicht des Kunden interventionslos durchgängig abläuft und der Kunde bequem durch einen Partner entlang seinem Problemlösungsprozess begleitet
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
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wird. Dieses Kundenverständnis muss sich auch in einem auf den Kunden ausgerichteten Geschäftsmodell niederschlagen. Aus diesem Verständnis und der Tatsache, dass Kundenbedürfnisse dem Wandel der Zeit unterworfen sind, haben sich die Geschäftsmodelle Outside-In entsprechend dynamisch anzupassen. Dies bedingt aber, dass man eine konkrete Vision des Geschäftsmodells hat und die anderen Umwelteinflüsse (politisch, wirtschaftlich, sozial und technologisch) mit berücksichtigt werden.
2 Vision des Geschäftsmodells Vor dem Hintergrund der Entwicklung zur Finanzdienstleistungsgesellschaft und deren Erfolgsfaktoren sowie geleitet durch das Business-Engineering manifestiert sich die Vision des Geschäftsmodells nicht nur in der Ausgestaltung und Modellierung, sondern die Vision des Geschäftsmodells gestaltet sich viel umfassender (vgl. Abbildung 1): Outside-In Megatrends Megatrends zur zur FinanzFinanzDienstleistungsgesellschaft Dienstleistungsgesellschaft im im Informationszeitalter Informationszeitalter
Kundenbedürfnisse Kundenbedürfnisse
treiben treiben
Lieferant Drittanbieter
Prozessportal
Kanal/ KundenMedium prozess
Vision KundenKundenVision beziehung beziehung
Modellierung Modellierung // Ausgestaltung Ausgestaltung
„Bedürfnisse „Bedürfnisse des des täglichen täglichen Lebens Lebens des des Retailkunden Retailkunden eins eins zu zu eins eins über über die die Zeit Zeit möglichst möglichst vollständig vollständig erkennen erkennen und und befriedigen“ befriedigen“
Service Bus e-Services
treiben treiben
Transformationsanforderungen Transformationsanforderungen im im dynamischen dynamischen Umfeld Umfeld
Abbildung 1: Vision des Geschäftsmodells eines Finanzdienstleisters im Informationszeitalter In der Vision wird davon ausgegangen, dass im Informationszeitalter zunächst der Frage nachgegangen werden muss, was denn die ausschlaggebenden Treiber sind, welche neue Geschäftsmodelle entstehen lassen. Im Sinne des Outside-In Gedankens liegt es nahe, dass diese Treiber von aussen kommen müssen; also aus dem Umfeld einer Unternehmung. Die gesuchten Faktoren werden einerseits durch Megatrends des Informationszeitalters sowie andererseits als Kundenbedürfnisse beschrieben. Diese Berücksichtigung der externen Treiber, vor allem das Aus-
54
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
richten auf die Kundenbedürfnisse, bedingt bei der Ausgestaltung des Geschäftsmodells das Berücksichtigen von Prozessportalen als zentrales Element. Prozessportale werden durch Service Integratoren betrieben und bilden im Informationszeitalter die Schnittstelle zum Kunden [vgl. Heinrich/Leist 2000, S. 145]. Diese Integratoren beziehen die benötigten Produkte und Dienstleistungen von verschiedenen Lieferanten und Drittanbietern, mit denen sie Kooperationen eingehen. Weitere, meist hoch standardisierte Dienstleistungen bezieht das Prozessportal von sogenannten Service-Providern. Der Kunde greift – je nach Situation und Präferenz – über beliebige Medien auf das Prozessportal zu. Die Leistungen sind also keineswegs etwa auf das Internet als Kanal beschränkt. Der Kunde kann beispielsweise über das Web auf das Prozessportal zugreifen, um erste Informationen zu erhalten, dann aber möglicherweise eine persönliche Beratung in Anspruch nehmen und schliesslich telefonisch eine Bestellung auslösen [vgl. Schmid et al. 2000, S. 7-11). Es gibt genügend Angebote (u.a. www.immoseek.de von der HypoVereinsbank oder www.yourhome.ch von der Credit Suisse), die zum Ziel haben, den Kundenprozess möglichst umfassend zu unterstützen. Die Identifikation der Kundenprozesse und deren Ausgestaltung geschah in der Vergangenheit jedoch mehrheitlich „Inside-Out“. Darunter ist der Modellierungsansatz zu verstehen, bei dem die Unternehmen von innen heraus bestimmen, was ein Kundenprozess ist und wie er zu verlaufen hat. Genau hier soll der Outside-In Gedanke im Sinne eines neuen Paradigmas ansetzen. Der Finanzdienstleister des Informationszeitalters geht vom Kundenprozess aus. Er gewinnt den Wettbewerb nicht dadurch, dass er klassische Dienstleistungen und Produkte (z.B. ein Kaufantrag für Aktien) „elektrifiziert“, sondern dass er neuen Kundennutzen schafft, der ihn von der Konkurrenz unterscheidet [vgl. Österle 2000, S. 28]. Als Konsequenz daraus ergibt sich das Identifizieren und Verstehen der Kundenprozesse. Dabei soll nicht das Hilfsmittel der „Life Events“1, welche die Kundenprozesse anstossen, im Vordergrund stehen – im Gegenteil, eine Befragung der Kunden soll Auskunft darüber geben, was deren Bedürfnisse sind, wie deren Prozesse verlaufen und welche Medien benutzt werden (vgl. Kapitel 4). Dabei grenzt eine klare Vision der Kundenbeziehung die Bedürfniswelt des Kunden ein. Diese Vision der Kundenbeziehung ist nichts anderes, als eine konkrete Vorstellung darüber, wie die Beziehung zum Retailkunden aus Sicht des Finanzdienstleister aussehen sollte. Im Rahmen dieser Vorstellung wurde die Vision der Kundenbeziehung so formuliert: „Bedürfnisse des täglichen Lebens eines Retailkunden eins zu eins über die Zeit möglichst vollständig erkennen und befriedigen“ Die abschliessende Komponente in der Vision des Geschäftsmodells bildet die Berücksichtigung der Transformation. Dabei gilt es, die Mega Trends und die Kundenbedürfnisse aus dem Umfeld soweit zu berücksichtigen, dass die Ausgestal1
Ein Hilfsmittel, um den Kundenprozess zu finden, sind sogenannte Life Events. Beim Auto könnte das der Kauf, der Verkauf, der Unfall, die Wartung oder das Tanken sein [vgl. Österle 2000, S. 28]
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
55
tung des Geschäftmodells auf Plattformen aufsetzt, die soweit flexibel sind, dass man schnell und effizient auf die Veränderungen der Kunden und der übrigen Umwelt reagieren kann.
3 Entwicklungen in der Finanzindustrie Die Welt der Finanzindustrie kann grob in die Bereiche Bank-, Versicherungsund Allfinanzgeschäft unterteilt werden [vgl. Haller 2000, S. 269]. Nachfolgende Zusammenstellung trägt die Kernaussagen der Detailanalyse über die verschiedenen Branchen hinweg zusammen und veranschaulicht in gebündelter Form die Hauptströmungen der Finanzdienstleistungsbranche als Megatrends: • Kritischeres Kundenverhalten und abnehmende Kundenloyalität • Von der Produkt- zur Dienstleistungsorientierung • Aufbau einer Multi-Kanal-Distribution unter Einbezug der traditionellen und neuen Kanäle • Entgrenzung: Es entstehen unternehmens- und branchenübergreifende Netzwerke mit dem Ziel der optimalen Nutzung der Fähigkeiten der einzelnen beteiligten Gesellschaften [vgl. Mass 2000, S. 52] • Technologie verändert zukünftig nicht mehr nur Prozesse, sondern ganze Transaktionssysteme [vgl. Bernet 2000, S. 36] • Fokussierung auf die Leistungs- und Wissensträger (Knowledge Worker) der Unternehmung • Fokussierung auf Eigenkapitalrendite und Shareholdervalue erlangen vorrangige Bedeutung.
4 Kundenbedürfniserhebung Bei der Frage nach den Treibern (Auslösern) von Kundenprozessen gelangt man schnell einmal in der Literatur und in der Praxis zu Life Event Konzepten und anderen naheliegenden Bedürfnis- und Motivstrukturen [vgl. Österle 2000, S. 28]. Alle diese Ansätze haben gemeinsam, dass sie stark aus einer Innensicht Kundenbedürfnisse bestimmen und beschreiben. Im Sinne einer Outside-In Denkhaltung soll der Kunde jedoch bestimmen, was seine Bedürfnisse sind. Für die Erhebung der Kundenbedürfnisse haben wir ein dreistufiges Vorgehen gewählt (vgl. Abbildung 2). In einer ersten Phase wird die Kundenbedürfniserhebung auf der marktforschungstheoretischen Basis erarbeitet. Die eigentliche Durchführung der Kundenbedürfniserhebung erfolgt in einem vereinfachten praktischen Verfahren mittels schriftlichem Fragebogen, einer spezifischen Website im Internet sowie persönlichen Interviews. Der Anspruch auf ein absolut repräsentatives Ergebnis kann aus Aufwandsgründen nicht erfüllt werden. Die Ergebnisse führen dazu, Hypothesen aufzustellen und Hinweise zu Trends der Kundenbedürfnisse zu bekommen. Zusammen mit den Megatrends (vgl. Kapitel 3) ergibt sich
56
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
dadurch ein weiterer Indikator als Input für die Modellierung des Geschäftsmodells eines Finanzdienstleisters. Für eine vertiefte Untersuchung müsste eine professionelle Marktforschungskampagne durchgeführt werden.
Phasen der Kundenbedürfniserhebung
Vorbereitungsphase, theoretischer Teil
Herleitung der Bedürfnisstruktur eines Retailkunden • Untersuchungsziel festlegen • Verlauf der Befragung festlegen • Analyse der verfügbaren Sekundärerhebungen • Erhebungsmethode bestimmen • Definition der Zielgruppen • Stichprobengrösse bestimmen • Befragungskriterien und Befragungsdesign definieren • Fragebogenkonzeption klären • Erhebung über das Internet • Auswertungskonzept festegen Durchführungsphase, vereinfachter praktischer Teil • Durchführung der Befragungen
Nachbearbeitungsphase, Auswertungs-Teil • Analyse der erhobenen Daten l
Schlussfolgerungen und Kernaussagen
Abbildung 2: Phasen der Kundenbedürfniserhebung
5 Geschäftsmodell des Finanzdienstleisters im Informationszeitalter 5.1
Herleitung des Geschäftsmodells
In der Wertschöpfungskette klassischer Banken und Versicherungen werden dem Kunden Produkte verkauft, die von der eigenen Unternehmung angeboten werden und bei denen auch die Transaktionsabwicklung im eigenen Haus stattfindet. Ernst & Young beschreibt in einer Studie [vgl. Ernst & Young 1999] die Aufspaltung dieser Wertschöpfungskette und die Entwicklung von drei spezialisierten Rollen, welche in einem wechselseitigen Geschäftsverhältnis stehen und so ein Wertschöpfungsnetzwerk bilden.
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
57
Retail Retail Kunde Kunde
Service Service Integrator Integrator
Share Share Service Service Provider Provider
Exclusive Exclusive Service Service Provider Provider
Public Public Service Service
Business Business Bus Bus
Abbildung 3: Rollen im Wertschöpfungsnetzwerk im Informationszeitalter In unserer Vision des Geschäftsmodells (vgl. Kapitel 2) schwebt uns die Rolle des Serviceintegrators vor. Eine Aufteilung der Kundenprozesse auf die verschiedenen Geschäftsmodell-Rollen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, weil dann mehrere unterschiedliche Geschäftsmodelle zu modellieren wären. Wir gehen davon aus, dass sämtliche identifizierten Kundenprozesse (vgl. Kapitel 5.3) über ein Prozessportal dem Retailkunden angeboten werden und legen im weiteren die Annahme zu Grunde, dass in der Ausgangslage zur Geschäftsmodell-Ausgestaltung bereits ein Finanzdienstleister existiert, der Bank- und Versicherungs-Produkte und Dienstleistungen anbietet. Der Finanzdienstleister wird also nicht als „Greenfield-Approach“ modelliert, sondern er existiert bereits und will die Herausforderungen des Informationszeitalters annehmen.
58
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner Kanal Kanal Konzept Konzept
Kundenprozess Kundenprozess Modell Modell
... ...
Kundenprozess Kundenprozess
....
Medium (Kunde) (Kunde) Medium
SupplySupplyChain Chain ... ...
Kundenprozess Kundenprozess
Prozessportal Prozessportal Kanal (Unternehmen) (Unternehmen) Kanal
CRM CRM Prozess Prozess Modell Modell
... ...
Kundenmanagement Kundenmanagement
Prozessunterstützung Prozessunterstützung und und Wissensmanagement Wissensmanagement
Geschäftslösung Geschäftslösung
e-Services e-Services
Abbildung 4: Geschäftsmodell eines Finanzdienstleisters im Informationszeitalter
5.2
Modellierungs-Vorgehen
Das zentrale Element des Finanzdienstleisters im Informationszeitalter, das Prozessportal (vgl. Abbildung 4), wirft die Frage auf, welche Komponenten benötigt werden, um ein solches Portal umzusetzen. Dazu haben wir eine Modellierungslogik entwickelt (vgl. Abbildung 5), die einerseits aufzeigt, in welcher Reihenfolge welche Komponenten des Geschäftsmodells modelliert werden und andererseits die Abhängigkeiten der Komponenten (Ergebnisse) wiederspiegelt. Dabei wollen wir uns auf einer Makroebene bewegen und die einzelnen Komponenten dieser Ebene detaillieren. Eine Ausgestaltung der Mikroebene ist nicht Gegenstand dieser Arbeit.
Aktivität Aktivität
Ergebnis Ergebnis
Auswertungsrunde 1+2 Fragebogen
Kundenprozesse gestalten
Kundenprozessmodell
Auswertungsrunde 3 Fragebogen
Kanäle und Medien gestalten
Kanalkonzept
Kundenprozessmodell
Prozessportal gestalten
Prozessportal
Prozessportal
CRM Prozesse gestalten
CRM Prozessmodell
CRM Prozessmodell
Kundenmanagement gestalten
Kundenmanagement
Kanalkonzept
CRM Wissensstruktur gestalten
Prozessunterstützung und Wissensmgt.
CRM Prozessmodell
Geschäftslösung gestalten
Geschäftslösung
Kundenprozessmodell
e-Services gestalten
e-Servcices
Kundenprozessmodell
SupplyChain gestalten
Supply Chain
Quelle Quelle // Input Input
59
Geschäftsmodell des des Finanzdienstleisters Finanzdienstleisters im im Informationszeitalter Informationszeitalter Geschäftsmodell
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
Abbildung 5: Modellierungsvorgehen
5.3
Kundenprozess Modell
Ausgehend vom Modellierungsvorgehen (vgl. Kapitel 5.2) geht es in diesem ersten Ausgestaltungsschritt darum, die Kundenprozesse zu gestalten. Um die Sicht auf die Kundenprozesse zu vereinfachen, kann man sich wie bei den Geschäftsprozessen des Hilfsmittels der Prozessarchitektur bedienen. Dabei kann im Zusammenhang mit Kundenprozessen ohne weiteres auch von Makro- und MikroProzessen gesprochen werden [vgl. Österle/Blessing 2000, S. 63-66]. Damit die Ausgestaltung der Kundenprozesse einen Bezugsrahmen hat, wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Kundenprozessmodell entwickelt. Dabei stützen sich die Ergebnisse des Modells auf die Struktur der Erhebung. Die Hauptthemengruppen in der Erhebung reflektieren die Bedürfnisse des täglichen Lebens auf einer Metaebene und werden im Kundenprozessmodell in Makro-Prozessen zusammengefasst. Die erste Untergruppe der Bedürfnisse diente ursprünglich in der Erhebung zur Strukturierung der Bedürfnisse der zweiten Untergruppe. Im Kundenprozessmodell wird auf diese Strukturierung verzichtet; die Bedürfnisse werden auf der zweiten Untergruppenebene direkt in Mikro-Prozessen zusammengetragen. Die Struktur des Customer Buying Cycle (CBC) in Kombination mit der Medienauswahl wird unverändert aus der Erhebung in das Kundenprozessmodell übernommen (vgl. Abbildung 6):
60
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner Aktivitäten Aktivitäten
Ergebnis: Ergebnis: Kundenprozessmodell Kundenprozessmodell
Quelle Quelle // Inupt: Inupt: Fragebogenstruktur Fragebogenstruktur
.... ....
1. 1. MakroMakroProzesse Prozesse identifizieren identifizieren
Hauptthemengruppe Hauptthemengruppe
Makro Makro Prozess Prozess
Bedürfnisse Bedürfnisse des des täglichen täglichen Lebens Lebens
Mikro Mikro Prozess Prozess
2. 2. MikroMikroProzesse Prozesse identifizieren identifizieren
1. 1. Untergruppe Untergruppe 2. 2. Untergruppe Untergruppe
4. 4. Mikro-Prozesse Mikro-Prozesse im im Detail Detail ausgestalten ausgestalten
Bedürfnisse Bedürfnisse des des täglichen täglichen Lebens Lebens
... ...
3. 3. Mikro-Prozesse Mikro-Prozesse mit mit Medien Medien ausgestalten ausgestalten
CBC CBC
Medium Medium
44 Phasen Phasen Customer Customer Buying Buying Cycle Cycle
☺
Abbildung 6: Herleitung Kundenprozessmodell Die Resultate aus der Umfrage sind aus der nachfolgenden Abbildung ersichtlich, welche terminologisch als Kundenprozessarchitektur bezeichnet werden kann.
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
Customer Buying Cycle Informationsphase
Makro / Mikroprozesse
☺
Beratungsphase
☺
Kaufphase
☺
61
Betreuungsphase
☺
Reise und Urlaub Bargeldbezug/Change/Fremdwähr. Fahrzeugversicherung (Kaskovers.) Formalitäten, Ein- /Ausfuhrbestim. Gastronomische Empfehlungen Geschäftsreisen Hotels & Ferienwohnungen Jugendherbergen, Bed & Breakfest Klima- und Länderinformationen Krankheit & Unfall, Zusatzversicherung Kreditkarten Reise- und Erfahrungsberichte Reise-Assistance und Annulation Sehenswürdigkeiten Urlaubsreisen & Ferienangebote Weekend & Städtereisen Freizeit und Hobby Erlebisgastronomie Galerien und Museen Hauslieferdienst / Home Catering Kino / Konzerte / Theater / Veranstaltu. Länderspezialitäten Lesen Musik hören Pizza-Kurier Ticketservice aus Kultur Video / TV Shopping Einrichtungen und Möbel Fotografie und Filmen Freizeit- und Sportbekleidung Gala- und Festgarderobe Genussmittel (Raucherw. & Alkohol) Haushaltgeräte (Raumpflege, Küche) Kinder- und Jugendbekleidung Körperpflege Musik-, TV- und Videoanlagen Nahrungsmittel, Speis und Trank Personal Computer und Zubehör Reformartikel Schuhe Unterhaltungsspiele Beruf, Laufbahn & Jobs Eidg. Fachausweise und Diplome Laufbahnberatung MBA-Programme / Nachdiplomstudien Stellenangebote Mobilität Bahn, Bus und Tram Flugverkehr aus Fahrplänen & Res. Flugverkehr aus öffentlichem Verkehr
Abbildung 7: Kundenprozessarchitektur mit Medien/Kanälen (exemplarisch)
62
5.4
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
Kanalkonzept
Die verfügbaren Kanäle müssen so kombiniert und eingesetzt werden, dass sie im Sinne der Kundenbindung und Kundengewinnung höchstmöglichen Nutzen bringen. Das Kanalkonzept muss die Frage beantworten, über welchen Kanal welcher Kunde in welchem Prozessschritt auf das Unternehmen zugreifen soll [vgl. Bach et al. 2000, S. 135]. Die folgende Darstellung soll einen Überblick verschaffen, welche Bestandteile innerhalb des Kanalkonzeptes modelliert werden: Aktivitäten Aktivitäten
Ergebnis Ergebnis
1. 1. Kanalorganisation Kanalorganisation festlegen festlegen
Kanalorganisation Kanalorganisation
2. 2. Produkt-/ Produkt-/ DienstDienstleistungsbündel leistungsbündel definieren definieren
Produkt Produkt -- // DienstleistungsDienstleistungsbündel bündel
3. 3. Operative Operative AnsatzAnsatzpunkte punkte des des KanalmaKanalmanagements nagements ableiten ableiten
Operative Operative Ansatzpunkte Ansatzpunkte Kanalmanagement Kanalmanagement
Abbildung 8: Modellierungsvorgehen Kanalkonzept Bei der Abgrenzung der verschiedenen Kanäle muss zwischen einer Unternehmenssichtweise und einer Kundensichtweise unterschieden werden. Aus Finanzdienstleistungssicht ist es z.B. relevant, ob ein Kunde über eine Filiale oder über ein Call Center bedient wird, es spielt aber keine Rolle, ob der Kunde die Filiale besucht oder nur dort anruft. Aus Kundensicht hingegen ist es ausschlaggebend, ob er per Telefon mit der Bank Kontakt aufnimmt, oder in die Filiale geht. Ob sein Telefonanruf aber in der Filiale oder in einem Call Center bedient wird, ist dem Kunden egal – sofern ihn die Dienstleistung zufrieden stellt. Für den Kunden relevant sind zunächst die Medien, über die er den Finanzdienstleister kontaktiert [vgl. Schmid/Bach 2000, S. 49]. Im Folgenden ist mit dem Begriff Kanäle die Unternehmenssichtweise und mit dem Begriff Medien die Kundensichtweise gemeint (vgl. Abbildung 9).
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
Prozessportal Prozessportal
Kanäle Kanäle
Medien Medien
Kundenprozess Kundenprozess (Kundensicht) (Kundensicht)
Leistung Leistung 11
Anregung Anregung
Leistung Leistung 22
Evaluation Evaluation
Leistung Leistung 33
Kauf Kauf
Leistung Leistung 44
... ...
... ...
63
Nutzung Nutzung
Abbildung 9: Kanäle aus Unternehmenssicht und aus Kundensicht (Medien)
5.5
Prozessportal
Für den Anbieter eines Prozessportals ist es entscheidend, über ein überzeugendes, überlegenes Wissen im Kundenprozess zu verfügen. Ein Kunde wird die Leistungen eines Prozessportals nur in Anspruch nehmen, wenn er sicher sein kann, von Spezialisten in seinem Prozess unterstützt zu werden. Ein weiterer wichtiger Faktor für die Akzeptanz von Prozessportalen beim Kunden ist das Vertrauen, dass der Kunde dem Prozessportal entgegenbringt. Um die Leistungen in Anspruch zu nehmen, übermittelt der Kunde in der Regel persönliche, teilweise vertrauliche Informationen an den Portalanbieter. Geniesst dieser kein Vertrauen, sind wenige Kunden bereit, persönliche Informationen preiszugeben. Die Möglichkeiten des Prozessportals sind damit stark eingeschränkt. Banken und auch Versicherungen geniessen i.d.R. ein sehr hohes Mass an Vertrauen und haben dadurch einen nicht zu vernachlässigenden Wettbewerbsvorteil beim Aufbau von Prozessportalen. Darüber hinaus sind gerade sie dazu prädestiniert, solche Portale aufzubauen und zu betreiben [vgl. Schmid et al. 2000, S. 7-8]. Der Erfolg eines Prozessportals wird auch durch das Erreichen einer kritischen Zahl von Kunden und Anbietern bestimmt [vgl. Hagel/Singer 1999, S. 169 ff.]. Der Kunde wird einerseits zu dem Prozessportal gehen, über das er die meisten Anbieter erreicht, andererseits wird ein Anbieter bevorzugt mit solchen Portalen kooperieren, über welche er am meisten Kunden erreicht. Eine gewisse kritische Masse ist auch erforderlich, um die hohen Investitionskosten für den Aufbau eines Prozessportals auf möglichst viele Transaktionen umlegen zu können. Neben der Anzahl der Anbieter ist auch die Neutralität gegenüber den Anbietern entscheidend. Kunden erwarten einen möglichst umfassenden und objektiven Vergleich der Leistungen. Prozessportale bilden die Schnittstelle von den unternehmenseigenen Customer Relationship Management (CRM)-Prozessen (vgl. Abbildung 4) zu den individuellen Kundenprozessen. Sie stellen dem Kunden idealerweise genau diejenigen Leistungen zur Verfügung, die er beim Durchlaufen seines Kundenprozesses be-
64
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
nötigt. Das gesamte CRM eines Unternehmens, insbesondere die CRM-Prozesse, müssen also auf den Kundenprozess und damit auf die im Prozessportal angebotenen Leistungen ausgerichtet sein [vgl. Schmid et al. 2000, S. 22-23]. Abbildung 10 veranschaulicht diese Aussage: Prozessportal Prozessportal
Leistung Leistung 22 Verkauf Verkauf
Service Service
Leistung Leistung 33 Leistung Leistung 44
Medium (Kundensicht) (Kundensicht) Medium
Leistung Leistung 11 Marketing Marketing
Kundenprozess Kundenprozess Kanal (Unternehmenssicht) (Unternehmenssicht) Kanal
CRM CRM Prozesse Prozesse
Informieren Informieren
Evaluieren Evaluieren
Kaufen Kaufen
Nutzen Nutzen
Abbildung 10: Logik Prozessportal Der Kunde durchläuft entlang seinem Kundenprozess die Phasen seines Customer Buying Cycle. Es gilt zu beachten, dass jeder Kunde seinen eigenen Kundenprozess durchläuft, d.h. je nach Ausprägung durchläuft er alle Phasen, nur bestimmte Phasen und/oder in unterschiedlicher Sequenz. Dabei tritt er mehrfach über verschiedene Kanäle mit einem Prozessportal, das seinen Kundenprozess unterstützt, in Kontakt. Auf den nächsten Seiten geht es darum, aufbauend auf unseren Ergebnissen aus der Kundenbedürfniserhebung die Leistungen im Prozessportal zu modellieren. Untenstehende Grafik zeigt das Vorgehen im Überblick: Aktivitäten Aktivitäten
Ergebnis Ergebnis
1. 1. Festlegen Festlegen Kundengruppe Kundengruppe
Workshop Workshop Teilnehmer Teilnehmer
2. 2. Kernleistungen Kernleistungen definieren definieren
Kernleistungen Kernleistungen
Abbildung 11: Modellierungsvorgehen Prozessportal
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
5.6
65
CRM Prozessmodell
Aus der Kundenbedürfniserhebung (vgl. Kapitel 4) ergeben sich die Anforderungen an die Ausprägung der CRM Prozesse. Auf Unternehmensseite müssen für jede Aufgabe eines Kundenprozesses adäquate Aufgaben des CRM Prozesses existieren, welche die Aufgabe des Kundenprozesses unterstützen und die erforderlichen Leistungen zur Verfügung stellen. Die ermittelten Aufgaben der Kundenprozesse und die mit den CRM Prozessen ausgetauschten Leistungen stellen den Kern des CRM Prozessmodells dar. Es geht darum, diejenigen Prozesse zu identifizieren und auszugestalten, welche auf die im Prozessportal angebotenen Leistungen ausgerichtet sind. Zudem soll basierend auf den ausgestalteten Prozessen die CRM Funktionalitäten abgeleitet werden, die den Übergang in die Systemlandschaft darstellen (vgl. Abbildung 12). Aktivitäten Aktivitäten 1. 1. CRM CRM Prozesse Prozesse identifizieren identifizieren
Ergebnis Ergebnis CRM CRM Prozesse Prozesse
Kundenprozess Kundenprozess (Kundensicht) (Kundensicht) Anregung Anregung
Prozess Prozess AA Evaluation Evaluation
2. 2. CRM CRM Prozesse Prozesse ausgestalten ausgestalten
Prozess Prozess BB
... ...
3. 3. CRM CRM FunktionaFunktionalitäten litäten definieren definieren
Kauf Kauf
Nutzen Nutzen
CRM CRM Funktionalitäten Funktionalitäten
Abbildung 12: Vorgehen Modellierung CRM Prozessmodell
5.7
Kundenmanagement
Wie schon in den vorangegangenen Kapiteln erwähnt ist eine vollständige Unterstützung der Kundenprozesse zu jedem Preis nicht sinnvoll. Es kommen nur diejenigen Kundenprozesse in Frage, in denen der Kunde ausreichend Bedarf an Produkten und Dienstleistungen hat sowie mit denen das Unternehmen Gewinn erzielen kann. Auf der anderen Seite muss das Unternehmen versuchen, die richtigen – nämlich die profitablen – Kunden zu unterstützen und dies möglichst lang [vgl. Bach/Österle 2000, S. 35 ff.]. In diesem Zusammenhang spricht man auch von Kundenmanagement, das darauf abzielt, die Eins-zu-eins-Beziehung zum Kunden zu optimieren. Diese ganze Thematik umfasst im wesentlichen drei Ansatzpunkte (vgl. Abbildung 13).
66
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner Aktivitäten Aktivitäten
Ergebnis Ergebnis
Verfahren Verfahren zu zu KundenprofilKundenprofilerarbeitung erarbeitung festlegen festlegen
Verfahren Verfahren zu zu Kundenprofil Kundenprofil
Struktur Struktur des des Kundenportfolios Kundenportfolios festlegen festlegen
Struktur Struktur Kundenportfolio Kundenportfolio
Operative Operative AnsatzAnsatzpunkte punkte des des KundenKundenmanagements managements aufzeigen aufzeigen
Operative Operative Ansatzpunkte Ansatzpunkte Kundenmanagement Kundenmanagement
Abbildung 13: Vorgehen und Ansatzpunkte des Kundenmanagements
5.8
Prozessunterstützung und Wissensmanagement
Wie bereits früher erläutert, ist die integrierte Betrachtung der Prozesse Marketing, Verkauf und Service ein zentraler Bestandteil des CRM. Um das volle CRMPotenzial ausschöpfen zu können, müssen die Kundeninformationen prozess- und systemübergreifend integriert werden können. Die Mitarbeiter in den CRMProzessen Marketing, Verkauf und Service müssen Zugriff auf einen konsistenten Bestand an Kundeninformationen haben. Die Informationsbestandteile müssen über ein einheitliches Front-End abrufbar sein, d.h. der Mitarbeiter muss über eine Oberfläche Zugriff auf Stammdaten, Transaktionen, Kundenbewertung, Kontakthistorie, Hintergrundinformationen etc. haben. Die Benutzeroberfläche (User Interface: UI) kann kanalspezifisch unterschiedlich sein. Die benötigten Informationen stellen die Basis für das Wissen der Mitarbeiter in den CRM-Prozessen dar. Die CRM-Wissensstruktur kann im wesentlichen in die vier Kategorien Kunden-, Produkt-, Kampagnen- und Serviceinformation unterteilt werden.
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
5.9
67
Geschäftslösung
Die Geschäftslösung besteht aus den drei Komponenten IT-Systemarchitektur, Unterstützungsprozesse und Mitarbeiter und bildet die Basis des Geschäftsmodells des Finanzdienstleisters. Besondere Bedeutung kommt den Mitarbeitern dadurch zu, dass, neben ihrem generell kundenorientierten Verhalten, insbesondere die Wahrnehmung ihrer Rollen in Prozessen sowie ihr Knowhow erfolgskritisch für das Customer Relationship Management sind [vgl. Schmid et al. 2000, S. 24]. Das Modellierungsvorgehen der IT-Systemarchitektur stellt dar, auf welchen Quellen die Modellierung aufsetzt und zu welchem Ergebnis der Prozess führen wird: Modellierungsvorgehen Modellierungsvorgehen IT-Systemarchitektur IT-Systemarchitektur
Quelle Quelle // Input Input
Aktivität Aktivität
Kanalkonzept Kanalkonzept
1. 1. Medien Medien // Kanäle Kanäle identifizieren identifizieren
Medien Medien // Kanal Kanal Layer Layer
Prozessportal Prozessportal
2. 2. Portal-Layer Portal-Layer bestimmen bestimmen
Portal Portal Layer Layer
CRM CRM ProzessProzessmodell modell
3. 3. CRM CRM Funktionalitäten Funktionalitäten bestimmen bestimmen
CRM CRM Layer Layer
Prozessportal Prozessportal // CRM CRM Prozessmodell Prozessmodell
4. 4. Business Business Services Services bestimmen bestimmen
Business Business Services Services Layer Layer
Prozessportal Prozessportal // CRM CRM Prozessmodell Prozessmodell
5. 5. Workflow Workflow bestimmen bestimmen
Workflow Workflow Layer Layer
Security Security & & Communication Communication Guidelines Guidelines
6. 6. Security Security & & Communication Communication Services Services bestimmen bestimmen
Security Security & & Communication Communication Layer Layer
IT- Systemarchitektur Systemarchitektur IT-
Business Bus
Ergebnis Ergebnis
Abbildung 14: Modellierungsvorgehen IT-Systemarchitektur Die einzelnen Schichten der Systemarchitektur können in folgendem Gesamtmodell dargestellt werden:
68
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
ATM / POS
Medien
persönlicher Kontakt
Brief Telefax
Telefon
Kanal
Point of Sale Partner
Portal
My-Partner Portal (Extranet)
My-Employee Portal (Intranet)
Service Module
Service Module
Access Security
Aussendienst
Mobile SMS WAP
eMail
Filiale / Geschäftsstelle
PC / Browser
Call Center / Contact Center
World Wide Web
Contact Center Portal
My-Customer Portal (Internet/Call Center)
Service Module
Service Module
Communication / Service Layer Security / Directory-Services / Identification Business Services CRM Bus Workflow
E-Business Bus
Communication / Service Layer
Personal / PDI
FiBu / BeBu
In- Exkasso
Provisionen
Schaden/Leistungsservice
Vertragsdatenverwaltung
Wissensmanagement
Zahlungsverkehr
Hypotheken
Kredite / Kommerz
Schalter / Kasse
Devisen / Edelmetalle
Wertschriften / Depot
Konto
Marketing
Partner DB
Security / Authetication
Data Warehousing
SP: Mobilität
SP:Beruf, Laufbahn & Jobs
SP:Shopping
SP:Freizeit & Hobby
Applications of Service Provider - Supply Chain - e-Services
SP: Reisen & Urlaube
Access Security
Datastore
Abbildung 15: Modell der IT Systemarchitektur
5.10 e-Services Der Business Bus wird durch verschiedene Basisdienste (e-Services) ergänzt, die unabhängig von bestimmten Branchen oder Kundenprozessen sind. Einige dieser Basisdienste haben quasi-hoheitliche Struktur oder müssen doch zumindest von besonders vertrauenswürdigen und zuverlässigen Institutionen wahrgenommen werden (z.B. PKI-Service von Swisskey) [vgl. Österle/Winter 2000, S. 9]. Durch das Business Networking entsteht ein weiterer Zweig für e-Services: Netzzugang, Verzeichnisse, Bezahlung (z.B. Paynet), Portale usw. E-Services erfüllen entweder eine koordinierende Aufgabe (z.B. Zahlungsverkehr) oder sind Teilprozesse, die viele Unternehmen benötigen und in elektronischer Form kaufen. E-Services haben gemeinsam, dass • sie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen bzw. Unternehmen und Konsumenten ermöglichen, • sie weitgehend elektronisch aufgesetzt sind, also ohne manuelle Eingriffe auskommen, • sie von Computern und intelligenten Geräten aus erreichbar sind, • sie einzeln oder gebündelt einsetzbar sind, • ihre Leistungsbestandteile hoch standardisiert und • ihre Abrechnung meistens benutzungsabhängig ist.
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
69
5.11 Supply Chain Das Ziel eines jeden Serviceintegrators ist es, den Kundenprozess umfassend aus einer Hand anzubieten. Daher muss er Produkte und Dienstleistungen auch von anderen Anbietern in sein Angebot aufnehmen. Das Wertschöpfungsnetzwerk (Supply Chain) verschafft einen Überblick über die Marktteilnehmer und ihre Leistungen zur Befriedigung der Kundenbedürfnisse (vgl. Abbildung 16). Im weiteren gewinnt der Serviceintegrator auch einen Überblick über die Position am Markt, insbesondere über mögliche Konkurrenten und Partner [vgl. Österle/Blessing 2000, S. 66]. Jeder Finanzdienstleister wird sich auf diejenigen Kundenprozesse fokussieren, die er (weltweit) am besten beherrscht; dabei muss er entscheiden, welche Leistungen innerhalb der Kundenprozessabdeckung er selber erbringen will, und welche er durch Zulieferer dem Kunden anbieten möchte. Alle anderen Prozesse werden an Spezialisten ausgelagert. Es entstehen e-Services, die teilweise nur eine sehr geringe Wertschöpfung darstellen und hoch spezialisiert sind, in elektronischer Form aber mühelos integrierbar und somit wirtschaftlich machbar werden (vgl. Abbildung 16) [vgl. Österle 2000, S. 34]. Kaufhäuser Kaufhäuser
Hersteller Hersteller
Fachhandel Fachhandel
Möbelgeschäft Möbelgeschäft
Veranstalter Veranstalter
VeranstaltungsVeranstaltungsagentur agentur
FinanzFinanz-
RetailRetail-
dienstdienst-
Kunde Kunde
leister leister des des
... ...
InformationsInformationszeitalter zeitalter
... ...
FinanzFinanzdienstleister dienstleister
TouristikTouristikunternehmen unternehmen
KreditkartenKreditkarteninstitute institute
GastronomieGastronomieBetriebe Betriebe
WeiterbildungsWeiterbildungsinstitute institute
e-Services e-Services
Abbildung 16: Wertschöpfungsnetzwerk Finanzdienstleister im Informationszeitalter
... ...
70
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
6 Geschäftsmodell Credit Suisse Financial Services Das heutige Geschäftsmodell der Credit Suisse Financial Services (CSFS) soll als Referenzmodell im Sinne einer Ausgangslage dienen. Wir beschränken uns bei der Beschreibung des Modells auf eine Makroebene. In der nachfolgenden Abbildung ist das Geschäftsmodell von CSFS vereinfacht dargestellt [vgl. Heinrich/Leist 2000]:
Land/Regionen
Kunden
Schweiz
Retailkunden
Europa
Privatkunden
Firmenkunden
Credit Suisse 1) (exklusiv)
Winterthur (traditionell)
Weninsourance
Wincare
Produkte/DL Credit Suisse
Finanzieren 2)
Anlage- und Sparen
Zahlungsverkehrs-Produkte
Vorsorge Produkte 4)
Beratung
Produkte/DL Winterthur
LebensVersicherung 3)
SachVersicherung
Hypotheken
Vorsorge Produkte 4)
Beratung
Kanäle Credit Suisse
Geschäftsstellen
Internet
Call Center
Makler/ Partner
Automaten
Agenturen
Internet
Call Center
Makler/ Partner
Aussendienst
produkorientiert
problemlösungsorientiert
produktorientiert
ereignisorientiert
Marke
Kanäle Winterthur Charakter der Leistungskombination Credit Suisse Charakter der Leistungskombination Winterthur
Swissline
1) inklusive youtrade, directnet, yourhome und fundlab 2) inklusive Kredite und Hypothekten 3) nur Risikoteil 4) Risiko- und Sparteil
Abbildung 17: Merkmale und Ausprägungen des CSFS Geschäftsmodells Das Geschäftsmodell enthält sechs Merkmale (Land/Region, Kunde, Marke usw.) und deren Ausprägung (z.B. Schweiz, Europa). Dargestellt sind nur die Ausprägungen, welche durch CSFS abgedeckt werden.
7 Transformation des Geschäftsmodells In unserer Vision vom Geschäftsmodell des Finanzdienstleisters (vgl. Kapitel 2) schwebt uns ein dynamisches Konstrukt vor, das flexibler und schneller an die neuen, sich dauernd ändernden externen Anforderungen (Treiber) angepasst werden kann. In unseren Überlegungen stellen sich als Treiber von aussen die Megatrends des Informationszeitalters sowie die Kundenbedürfnisse heraus. Der Kern der Ausgestaltung des Geschäftsmodells ist ein Prozessportal, das sämtliche Leistungen entlang den Kundenprozessen zusammenfasst. Die relevanten Kundenprozesse (Kundenbedürfnisse) werden durch eine klare Vision von der „Kundenbe-
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
71
ziehung“ eingegrenzt. Die Transformationsanforderungen aus dem dynamischen Umfeld beschliesst die Geschäftsmodell-Vision (vgl. Abbildung 1). Dieses Kapitel zeigt in einem ersten Schritt in welchen Dimensionen sich eine Unternehmung überhaupt verändern muss, um die Transformation gestalten zu können. Dabei wird das CSFS-Geschäftsmodell (vgl. Kapitel 6) als Referenzmodell mit dem dynamischen Geschäftsmodell eines Finanzdienstleisters im Informationszeitalter (vgl. Kapitel 5) mit Hilfe eines Veränderungsmodells verglichen. Aus der ermittelten Abweichung lassen sich hernach Massnahmen ableiten, wie die Transformation zu gestalten ist. Dabei wird der Erfolg der Transformation mittels einer Scorecard gemessen und beurteilt. Dieses Instrument wird im dritten Teil (vgl. Kapitel 7.2) dieses Kapitels beschrieben. In einem letzten Schritt wird der Frage nachgegangen, wie eine systematische Transformationslogik (-methodik) im dynamischen Umfeld eines Finanzdienstleisters aussehen könnte. Aktivitäten Aktivitäten
Ergebnis Ergebnis
1. 1. Dimensionen Dimensionen der der VeränderVeränderung ung bestimmen bestimmen
Veränderungsmodell Veränderungsmodell
2. 2. Abweichung Abweichung bestimmen bestimmen und und Massnahmen Massnahmen ableiten ableiten
Massnahmenkatalog Massnahmenkatalog für für die die Transformation Transformation
3. 3. Transformation Transformation Score Score Card Card entwickeln entwickeln
Transformation Transformation Scorecard Scorecard
4. 4. Transformationslogik Transformationslogik ableiten ableiten
Transformationslogik Transformationslogik
Abbildung 18: Inhaltsstruktur Kapitel 7
7.1
Veränderungsmodell
Um ein Geschäftsmodell transformieren zu können, muss einerseits ein Ist-Modell (Referenzmodell) vorhanden sein und andererseits muss geklärt sein, in welche Richtung die Veränderung getrieben werden soll (was soll überhaupt verändert werden). Dieser letzten Prämisse trägt ein Veränderungsmodell Rechnung (vgl. Abbildung 19).
72
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
Herleitung des Veränderungsmodells Megatrends Megatrends aus aus EntwickEntwicklungen lungen in in der der Finanzindustrie Finanzindustrie
Veränderungsmodell •Dimension
•Dimension
7
1 •Dimension
6
Handlungsbedarf Handlungsbedarf (Was (Was tun?) tun?)
Ausprägung Ausprägung Dimension Dimension der der Veränderung Veränderung
sp rä gu
2
•Dimension
5
mittel
Au
•Dimension
ng
schwach
Dimensionen Dimensionen der der Veränderung Veränderung
•Dimension
3
stark •Dimension
4
Abbildung 19: Herleitungslogik des Veränderungsmodells Nachfolgende Abbildung verbindet Megatrend und Handlungsbedarf zur Dimension der Veränderung.
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
73
Abbildung 20: Beziehung zwischen Megatrend und Dimension der Veränderung
74
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
Trägt man nun die Ausprägungsgrade der beiden Geschäftsmodelle (CSFS und „Dynamischer Finanzdienstleiter“) auf die Dimensionen des Modells ab, so ergeben sich Abweichungen oder eben Massnahmen für die Transformationsgestaltung (vgl. Abbildung 21): Ausprägungsgrad des Customer Relationship Mgmt Konzeptes
Grad der Kundenprozessabdeckung/ Prozessportalfähigkeit
Grad der Wertorientierung
Ausprägungsgrad des Personalentwicklungskonzeptes
Grad der MultiKanal-Ausprägung
Legende Geschäftsmodell Finanzdienstleister im Informationszeitalter Ausprägungsgrad der Vernetzung mit Marktpartnern
Grad der Neukonstruktionsfähigkeit
Credit Suisse Financial Services
Abbildung 21: Veränderungs-Ausprägungsgrade der beiden Geschäftsmodelle Es werden nun Massnahmen (zur Schliessung des Gaps – vgl. nachfolgende Tabelle) definiert. Diese werden zu Projekten gebündelt, da die Transformation in Form von Projekten abgewickelt wird. Dabei strukturiert das Business Engineering die Transformation in Strategie-, Prozess-, und System-Projekte. Diese Projektebenen klassifizieren die einzelnen Transformationsprojekte und helfen, die Transformation transparenter zu gestalten und zu steuern. Dabei unterstützt das Business Engineering nicht nur fachliche Projekte, sondern auch Change Management Vorhaben. In diesem Zusammenhang soll das „Business Engineering Modell“ einen Denkrahmen liefern und helfen, die einzelnen Projekte und Projektaktivitäten im Gesamtzusammenhang zu verstehen [vgl. Österle/Blessing 2000, S. 62].
Projekt-Nr.
Change Mgmt
System
Massnahmen
Prozess
Bezug zu “Business Engeneering Modell“ Strategie
Massnahmen-Nr.
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
75
Bündelung zu Projekten
Erweiterung des CRM Konzeptes um: 12
Kundenprozessmodell
X
1
23
Multi-Kanal-Konzept
X
1
4
3
Kundenmanagement
X
2
45
Kundenprofil6
X
2
CRM Projekt: Konzipierung und Realisierung eines Kundenprozessmodells (inkl. Kanalkonzept)
CRM Projekt: Konzipierung und Realisierung einer Kundenmanagement Strategie
Erarbeitung und Implementierung: 57
Kundenprozessmodell
X
1
68
Supply Chain
X
1
79
Erarbeitung und Implementierung eines Multi-KanalKonzeptes
X
1
Abbildung 22: Transformationsprojekte
2 3 4 5 6
7 8 9
Bezug zu Dimension der Veränderung Ausprägungsgrad des CRM Konzeptes (Abb. 20) Bezug zu Dimension der Veränderung Ausprägungsgrad des CRM Konzeptes (Abb. 20) Bezug zu Dimension der Veränderung Ausprägungsgrad des CRM Konzeptes (Abb. 20) Bezug zu Dimension der Veränderung Ausprägungsgrad des CRM Konzeptes (Abb. 20) Kundenprofil ist ein integrierender Bestandteil des Kundenmanagements (vgl. Schmid/ Bach/Österle 2000, S. 34 ff) Bezug zu Dimension der Veränderung Ausprägungsgrad des CRM Konzeptes (Abb. 20) Bezug zu Dimension der Veränderung Ausprägungsgrad des CRM Konzeptes (Abb. 20) Bezug zu Dimension der Veränderung: Grad der Multi-Kanal-Ausprägung (Abb. 20)
76
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
Erarbeitung und Implementierung eines Transaktionsnetzwerkes in Bezug auf: 810
Produkte, Dienstleistungen
911
Prozesse
X
1 X
1
12
Informationssysteme
13
11
Prozessintegration in Bezug auf Supply Chain erweitern
X
1
1214
Modularisierung der Leistungen vertiefen (Leistungskonzept erarbeiten)
X
3
CRM Projekt: Konzipierung und Realisierung einer Leistungsstrategie
4
CRM Projekt: Aktive Ausgestaltung einer CRM Grundhaltung16
5
Organisationsprojekt: Konzipierung und Realisierung einer Vernetzungsstrategie
10
X
1
Paradigmawechsel 1315
weg vom Produktedenken, hin zur Kundenprozessfokussierung
1417
weg von hierarchischen Strukturen, hin zu netzwerkartigen Organisationsformen
1518
Aktive Gestaltung der Unternehmenskultur
X
X
X
4
Abbildung 22: Transformationsprojekte (Fortsetzung)
10
Bezug zu Dimension der Veränderung: Ausprägungsgrad der Vernetzung (Abb. 20) Bezug zu Dimension der Veränderung: Ausprägungsgrad der Vernetzung (Abb. 20) 12 Bezug zu Dimension der Veränderung: Ausprägungsgrad der Vernetzung (Abb. 20) 13 Bezug zu Dimension der Veränderung: Grad der Neukonstruktionsfähigkeit (Abb. 20) 14 Bezug zu Dimension der Veränderung: Grad der Neukonstruktionsfähigkeit (Abb. 20) 15 Bezug zu Dimension der Veränderung: Grad der Wertorientierung (Abb. 20) 16 Unter einer CRM Grundhaltung lässt sich die Denkhaltung beschreiben, in der sämtliche Mitarbeiter einer Unternehmung die optimierte Kundenbeziehung als Teil der Unternehmenswertsteigerung verstehen (vgl. Rapp 1999, S. 23). 17 Bezug zu Dimension der Veränderung: Grad der Wertorientierung (Abb. 20) 18 Bezug zu Dimension der Veränderung: Grad der Wertorientierung (Abb. 20) 11
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
7.2
77
Transformation Scorecard
Die Transformation einer Unternehmung vom Industrie- ins Informationszeitalter ist eine komplexe und vielschichtige Herausforderung. Wir haben in den vorangegangenen Kapiteln die Entwicklungen der Finanzindustrie (Umfeld) analysiert, Kundenbedürfnisse in Erfahrung gebracht, Trends und Megatrends identifiziert und über den Handlungsbedarf, die Dimensionen der Veränderung und die dazugehörigen Massnahmen und Projekte hergeleitet, um die Transformation gestalten zu können.
Abbildung 23: Verbundene Elemente der Transformation Scorecard Die Vision des Geschäftsmodells gibt der Transformation den Rahmen und dient als Klammerfunktion. Die Perspektiven Veränderungsdimension, Projekte und Messgrössen können zu einem ganzheitlichen Transformations-Ansatz verknüpft werden.
7.3
Transformationslogik
Transformation bedeutet, vorhandene Unternehmen zu restrukturieren, neue Unternehmen zu schaffen oder neue Geschäftsfelder aufzubauen. In diesem letzten Unterkapitel gehen wir der Frage nach, wie eine systematische Transformationslogik im dynamischen Umfeld des Finanzdienstleisters aussehen kann. Österle und Winter sehen als Auslöser für die Transformation vorwiegend ITInnovationen [vgl. Österle/Winter 2000, S. 6]. Im Gegensatz dazu ist im Gedankenkonstrukt, das dieser Arbeit zu Grunde liegt, der Auslöser der Transformation der Outside-In Ansatz basierend auf den Trends aus dem Geschäftsumfeld und den Kundenbedürfnissen (vgl. Abbildung 24).
78
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner Abgleich Umfeld Entwicklung mit Massnahmen
IST IST Geschäftsmodell Geschäftsmodell CSFS CSFS
Geschäftsmodell Geschäftsmodell Finanzdienstleister Finanzdienstleister im im Informationszeitalter Informationszeitalter Zielkorrektur
Entwicklungen Entwicklungen im im Umfeld Umfeld
Mega Mega Trends Trends
HandlungsHandlungsbedarf bedarf
Dimensionen Dimensionen der der Veränderung Veränderung
Abweichung Abweichung ermitteln ermitteln
Massnahmen Massnahmen definieren/ definieren/ adaptieren adaptieren
Transformation Transformation Scorecard Scorecard
KundenbedürfnisKundenbedürfniserhebung erhebung
Abgleich Kundenbedürfniserhebung mit Massnahmen
Abbildung 24: Transformationslogik
8 Schlussbetrachtungen In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst der Frage nachgegangen, welches die ausschlaggebenden Treiber sind, welche neue Geschäftsmodelle entstehen lassen. Diese Treiber wurden als Megatrends des Informationszeitalters einerseits sowie die Kundenbedürfnisse andererseits identifiziert. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde ein neues Geschäftsmodell ausgestaltet und mittels eines Veränderungsmodells mit der Referenz des „CSFS Geschäftsmodells“ verglichen. Die sich daraus ergebenden Handlungsalternativen wurden in Form von strategischen Projekten gebündelt. Diese Projekte stellen die Operationalisierung der Transformation dar. Im Sinne einer abschliessenden Betrachtung mit Blick in die Zukunft wird versucht, die im durchlebten Denk-, Herleitungs-, Modellierungs- und Argumentationsprozess gewonnenen Erkenntnisse und Einsichten in Form der erarbeiteten Ergebnisse für die Finanzindustrie im 21. Jahrhundert zusammenzufassen. Diese Ergebnisdokumente sollen mit dem Denkrahmen des Business Engineers, der Business Engineering-Landkarte, strukturiert werden, um die Transformationsvorhaben in beherrschbare, kleine Schritte zu zerlegen und um die Komplexität zu reduzieren (vgl. die für unsere Zwecke leicht modifizierte Landkarte in Abbildung 25).
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
Megatrends Megatrends der der FinanzFinanzindustrie industrie
Vision Vision des des GeschäftsGeschäftsmodells modells
BedürfnisBedürfnisstruktur struktur Retailkunde Retailkunde
Scoring Scoring Profil Profil
KundenproKundenprozessarchitekzessarchitektur tur mit mit Medien Medien
Zuordnung Zuordnung Medium Medium // Kanal Kanal
KundenwertKundenwertportfolio portfolio
Strategie
AufgabenketAufgabenkettendiagramm tendiagramm Kundenrpozess Kundenrpozess
AufgabenketAufgabenkettendiagramm tendiagramm CRM CRM Prozess Prozess
LeistungsLeistungsverzeichnis verzeichnis Prozessportal Prozessportal
79
CSFS CSFS GeschäftsGeschäftsmodell modell
Leistungen Leistungen im im ProzessProzessportal portal
VeränderungsVeränderungsmodell modell
WertschöpWertschöpfungsnetzfungsnetzwerk werk
TransforTransformationsmationsprojekte projekte
TransforTransformation mation Scorecard Scorecard
Prozess CRM CRM FunkFunktionalitäten tionalitäten
IT IT System System architektur architektur
System Fachlicher Fachlicher Entwurf Entwurf
Change Change Management Management
Abbildung 25: Zerlegung der Transformation in Form von Ergebnisdokumenten
80
Rolf Bischofberger, Daniel Kobler, Pirmin Steiner
9 Literatur [Bach/Österle 2000] Bach, V.; Österle, H. (Hrsg.): Customer Relationship Management in der Praxis, Springer, Berlin/Heidelberg, 2000. [Bach et al. 2000] Bach, V.; Gronover, S.; Schmid, R.: Customer Relationship Management: Der Weg zur profitablen Kundenbeziehung, in: Business Engineering, auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer, Berlin/Heidelberg, 2000. [Bernet 2000] Bernet, B.: Technologie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert: Von der Prozess- zur Systemtransformation, Aus Dienstleistungskompetenz und innovative Geschäftsmodelle, THEXIS, St. Gallen, 2000. [Ernst & Young, 1999] Ernst & Young: Managing the Value Network, http://www.ey.com/publicate/ fsi/default.asp, (gefunden am 22.07.1999). [Gomez/Probst 1999] Gomez, P.; Probst, G.: Die Praxis des ganzheitlichen Problemlösens, 3. Auflage, Haupt, 1999. [Hagel/Singer 1999] Hagel, J.; Singer, N.: Unbundling the Cooperation, in: Harvard Business Review, S. 133-141, March/April 1999. [Haller 2000] Haller, M.: Dienstleistungen im Produktkonzept für Financial Services – Konsequenzen für die Versicherung, in: Dienstleistungskompetenz und innovative Geschäftsmodelle, Thexis, 2000. [Heinrich/Leist 2000] Heinrich, B.; Leist, S.: Bankenarchitekturen im Informationszeitalter – Zur Rolle des Geschäftsmodells, in: Österle, H.; Winter, R. (Hrsg.), Business Engineering, Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer, Berlin, Heidelberg, 2000. [Mass 2000] Mass, P.: Transformation von Dienstleistungsunternehmen in Netzwerken Empirische Erkenntnisse im Bereich der Assekuranz, in: Dienstleistungskompetenz und innovative Geschäftsmodelle, Thexis, 2000. [Österle 2000] Österle, H.: Geschäftsmodell des Informationszeitalters, in: Business Engineering, Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer, Berlin/Heidelberg, 2000. [Österle/Blessing 2000] Österle, H.; Blessing, D.: Business Engineering, in: Business Engineering, Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer, Berlin, Heidelberg, 2000.
Ouside-In: Ein dynamisches Geschäftsmodell für Finanzdienstleister
81
[Österle/Winter 2000] Österle, H.; Winter, R.: Business Engineering, Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer, Berlin/Heidelberg, 2000. [Schmid et al. 2000] Schmid, R.; Bach, V.; Österle, H.: Mit Customer Relationship Management zum Prozessportal, in: Customer Relationship Management in der Praxis, Springer, Berlin/Heidelberg/New York, 2000.
Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter – Business Case einer Versicherung Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler
1 2
3
4
5 6
Einleitung......................................................................................................84 Vorgehensmodell ..........................................................................................84 2.1 Enabling Level .....................................................................................85 2.2 Crystallization Level ............................................................................86 2.3 Execution Level....................................................................................86 Einflüsse .......................................................................................................88 3.1 Trends und Enabler...............................................................................88 3.2 Rahmenbedingungen durch die Unternehmenssituation ......................89 3.3 Geschäftsidee........................................................................................89 3.4 Mobilität ...............................................................................................89 3.5 Kundenprozessorientierung ..................................................................90 Lösungsansatz für den Geschäftsmodellentwurf...........................................92 4.1 Prozessbeschreibung und Auswahl geeigneter Prozessvarianten .........92 4.2 Geschäftsarchitektur für den Mobilitätsprozess von Behinderten ........98 4.3 Validierung des Netzwerks.................................................................108 4.4 Geschäftskonzept................................................................................108 Zusammenfassung ......................................................................................112 Literatur ......................................................................................................114
84
Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler
1 Einleitung In Gesprächen mit dem Marketingleiter einer Versicherung1 und dem Geschäftsleiter des Call Centers2 dieser Versicherung wird die Informations- und Kommunikationstechnologie als treibender Faktor für neue Produkte beschrieben. Ergänzt durch passende Leistungen kann dem Kunden ein echter Mehrwert angeboten werden. Dieses Vorgehen wird auch als Inside-Out Ansatz beschrieben. Die Aussensicht, also die moderne Geschäftswelt, mit der sich das Unternehmen konfrontiert sieht, ist unter anderem durch eine steigende Mobilität charakterisiert [vgl. Bundesamt für Statistik/Bundesamt für Raumentwicklung 2001, S. 76]. Dieser Beitrag setzt sich mit den modernen Phänomenen des Mobilitätszeitalters auseinander. Die charakteristischen Prozesse im Zusammenhang mit der Mobilität sollen erkannt und verstanden werden. Die Analyse der damit verbundenen Bedürfnisse unterstützt das Finden von Opportunitäten (Chancen zur Erlangung eines Nutzens) für Konsumenten und die Definition neuer und innovativer Geschäftsmodelle ermöglichen. Der wechselseitige Nutzen zwischen Kunden und den verschiedenen Geschäftspartnern stellt die Grundlage einer Geschäftsidee dar, die mit einer innovativen Geschäftsarchitektur unterlegt ist.
2 Vorgehensmodell Das in dieser Arbeit verwendete Modell, angelehnt an das Business Engineering Modell von [Österle/Winter 2000, S. 12ff], unterscheidet drei Hauptebenen, welche im Folgenden näher beschrieben werden.
1 2
R.R., Geschäftsleitungsmitglied der Versicherung. R.L., Geschäftsleitung des spezifischen Call Centers der Versicherung (im weiteren Text mit CC abgekürzt).
Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter
85
Abbildung 1: Das Drei-Ebenen-Modell
2.1 Enabling Level Weshalb soll sich eine Unternehmung weiterentwickeln? Die Antworten auf diese Frage finden sich in der Dimension des „Enabling Level“ wieder. Mit anderen Worten: Es werden Auslöser für einen erforderlichen Wandel identifiziert. Diese Auslöser können neue Technologien, aber auch veränderte Rahmenbedingungen ökonomischer Art (wie z. B. Deregulierung) und neue Markttrends sein. Durch sie kann ein Bedarf an virtuellen Produkten und Dienstleistungen, wie beispielsweise die Service Integration, ausgelöst werden. Dazu kommen firmeninterne Faktoren, wie vorgegebene Rahmenstrategien, materielle und personelle Ressourcen oder Technologien. Darüber hinaus tragen aber auch Änderungen des Kundenverhaltens im Allgemeinen, wie etwa ein gesteigertes Mobilitätsbedürfnis zu einer erforderlichen Veränderung bei. Gerade dieses führt zu neuen Bedürfnissen innerhalb eines bisher schon etablierten Prozesses, wie zum Beispiel derer des Mobilitätsprozesses. Die entscheidenden Resultate auf dieser Ebene sind die fördernden und restriktiven Bedingungen der Umwelt einerseits und des Unternehmens andererseits sowie die aktuellen Markt- und Technologietrends. Weiter ist bereits auf dieser Ebene das Erarbeiten von Kundenprozess-Szenarien ein Muss. Die den Prozess be-
86
Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler
gleitenden Ereignisse dienen als Basis zur Erstellung eines ersten Kundenprozessmodells. Das Ausformulieren dieser Resultate ist ein interaktiver Ablauf zwischen Rahmenbedingungen, Megatrends und Kundenprozess.
2.2
Crystallization Level
Der „Crystallization Level“ übernimmt die Resultate aus dem „Enabling Level“. Er hat zum Hauptziel, Opportunitäten im Kundenprozess zu identifizieren, welche einerseits für den potenziellen Kunden (beziehungsweise einem ersten Kundensegment) einen möglichen Mehrwert bieten und andererseits auch auf der Leistungserbringerseite genügend Umsetzungsspielraum zulassen. Mit Abschluss des „Crystallization Levels“ muss die Frage beantwortet werden können, ob und wo ein weiteres Vertiefen sinnvoll ist. Die bisher vom Geschäftskontext unabhängig erarbeiteten Resultate müssen in der folgenden Ebene mit geschäftsrelevanten Überlegungen in Zusammenhang gebracht und durchdacht werden.
2.3
Execution Level
Die für die Umsetzung der Geschäftsidee notwendigen Überlegungen finden sich auf der „Execution Level“ wieder. Neben der im Business Engineering Modell erwähnten fachlichen Dimension mit den drei Gestaltungsebenen Strategie, Prozess und Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der politischkulturellen Dimension der Führung wird hier der Aspekt des Geschäftmodells auf der Strategieebene hervorgehoben. Nach der Ausarbeitung der Opportunitäten ist die Richtung der Vertiefung vorgegeben. Die Aufgabe besteht darin, sowohl auf Seite des Kunden als auch auf der Fachbereichsseite zu überprüfen, ob ein Mehrwert geschaffen werden kann. Durch Aufzeigen von Kundenbedürfnissen, welche durch entsprechende Prozessleistungen abgedeckt werden können, kann der potenzielle Nutzen erarbeitet werden. Das Zusammenspiel der beiden Seiten Kundenbedürfnis und Anbieterleistung erlaubt es, eine Geschäftsarchitektur zu entwerfen. Die Architektur besteht aus Teilnehmern des Geschäftsnetzwerks (Knoten), welche die Leistungen für den Kunden erbringen und bestimmte Rollen innerhalb der Geschäftsarchitektur einnehmen.
Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter
87
Abbildung 2: Geschäftsarchitektur und Geschäftskonzept Nach Definition der Geschäftsarchitektur ist einerseits die grobe Machbarkeit bezüglich Verfügbarkeit und Wert von Leistungen sichergestellt und andererseits ein Ansatz bestimmt, um die Architektur mittels eines Piloten zu validieren. Damit ist der Übergang zur Umsetzung in einem spezifischen Geschäftsmodell möglich und die Sicht wechselt von der übergeordneten Netzwerkarchitektur zur Geschäftssicht innerhalb des Netzwerkes, welche in Abbildung 2 durch den unteren Teil dargestellt wird. Der Strategiebereich besteht aus zwei Teilen. Zum einen wird aufgrund der erarbeiteten Gesamtnetzwerkstrategie eine erste Architekturstrategie (mögliche Rolle oder Rollen im Netzwerk) abgeleitet, zum anderen wird unter Berücksichtigung dieser Rollen die eigentliche Geschäftsstrategie entwickelt. Der Begriff der Wertschöpfung nimmt dabei einen wichtigen Stellenwert ein, denn sie muss sowohl für das Netzwerk als auch für das Geschäft selber abgestimmt sein. Die internen Prozesse zur Abdeckung der Leistungserbringung sind Bestandteil dieses Elements. Im Vordergrund steht die Prozessarchitektur (Landkarte) und weniger die Prozessorganisation, wie sie normalerweise parallel dazu entwickelt wird. Der Fokus im Rahmen der Technologieüberlegungen ist die Applikations- und Technologiearchitektur zur Umsetzung der Geschäftsprozesse. Dabei werden die Haupttechnologien beschrieben, wie sie aufgrund der Anforderungen der neuen Prozessen der Mobilität abgeleitet werden. Die Führung des Geschäfts und das Management des Wandels finden in drei Bereichen statt: • Das eigentliche Geschäftsprozessmanagement, • das Management der entsprechenden Stakeholder in einer vernetzten Architektur, • das Change- und Netzwerkmanagement.
88
Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler
Die Umsetzung wird letztendlich durch die Formulierung des Businessplans3 beschrieben und bildet den Abschluss des Vorgehensmodells zur Erstellung vernetzter Geschäftsarchitekturen.
3 Einflüsse In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Einflüsse auf die Entwicklung einer Geschäftsarchitektur für das Mobilitätszeitalter erläutert.
3.1
Trends und Enabler
Die Assekuranz erlebt heute einen tief greifenden und nachhaltigen Strukturwandel. Nachfolgend werden einige ausgewählte Trends im radikalen Wandel des Marktumfelds umschrieben sowie ausgewählte Enabler diskutiert. • Auf Nachfrageebene der Kunden lassen sich Veränderungen feststellen, welche durch immer neue Wahlmöglichkeiten gekennzeichnet sind. Die Kunden werden immer anspruchsvoller, verlangen individualisierte Dienstleistungen, sind wählerischer und somit auch weniger treu gegenüber ihrem Versicherungsunternehmen. • Bislang verfolgten die Versicherungen primär das Ziel, die Risiken ihrer Kunden abzusichern bzw. finanzielle Absicherungsstrategien anzubieten. Die Auflösung der Branchengrenzen im Versicherungsumfeld führt neu dazu, dass auch Services angeboten werden, die im Schadenfall nichtmonetäre Leistungen erbringen. • Die Entstehung von Wertschöpfungsnetzwerken führt zur Entwicklung von Kernkompetenzen, aus denen nachhaltige Wettbewerbsvorteile im Markt generiert werden können [vgl. Maas 2000, S. 57f.]. • Neue Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen den Versicherungsunternehmen eine bessere Wettbewerbsposition zu erreichen, so z.B. durch das Schaffen neuer Vertriebskanäle durch Mobile Commerce. Durch den Einsatz dieser neuen Technologien wird es möglich, die traditionelle Wertschöpfungskette der Versicherer aufzubrechen und Teilbereiche Drittanbietern zu überlassen. • Die Ergebnisse einer Untersuchung in der deutschen Versicherungsbranche zeigen klar einen sich verstärkenden Mobile Commerce Trend bei Versicherungsgesellschaften [vgl. Mummert und Partner 2000, S. 1ff.]. • Reisen und Mobilität ist heute relativ einfach und bequem möglich. Die globale Vernetzung und der demografische Wandel führt zu zunehmend intensiven
3
Der Businessplan ist Bestandteil der diesem Beitrag zugrunde liegenden Diplomarbeit.
Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter
89
Mobilitätsgewohnheiten und zur Überbrückung von beliebigen Distanzen [vgl. Forschungsprogramm Bundesregierung, 2002].
3.2
Rahmenbedingungen durch die Unternehmenssituation
Ein weiteres, wichtiges Element auf dem „Enabling Level“ sind die Rahmenbedingungen. Neben den finanziellen Verhältnissen, mit denen gestartet werden muss, spielen auch die kulturellen Verhältnisse und Wertvorstellungen der Mitarbeiter des Unternehmens für die Entwicklung neuer Geschäftsfelder eine entscheidende Rolle. So kann z.B. ein Geschäftsmodell, dessen Ertragserzielung durch pornografische Inhalte erfolgt aus moralischen Überlegungen unter Umständen von vornherein ausgeschlossen werden. Es werden unter anderem grundsätzliche Fragen beantwortet, wie: • Soll überhaupt ein neues Geschäftsfeld erschlossen werden? • Lässt sich dieses in die Vision des Unternehmens, d.h. in das, was mit dem Unternehmen langfristig erreicht werden soll, integrieren? • Sind die notwendigen Ressourcen vorhanden (kurz vor dem Konkurs wird kaum mehr ein wirklich neues Geschäftsfeld eröffnet werden können)? • Ist die neue Geschäftsidee kompatibel mit den bestehenden kulturellen Rahmenbedingungen?
3.3
Geschäftsidee
Die den Überlegungen zugrunde liegende Versicherungsgesellschaft hat eine führende Stellung im Motorfahrzeugversicherungsbereich in der Schweiz. Diese wurde nicht zuletzt durch ein eigenes Call Center erreicht. Die so erworbenen Kernkompetenzen sowie das heutige, umfangreiche Know-how über den Mobilitätsprozess, soll dabei gezielt eingesetzt bzw. weiter ausgebaut werden.
3.4
Mobilität
Der Beitrag fokussiert auf die Mobilität körperlicher Art, wobei diese Kategorie detaillierter unterteilt werden kann (vgl. Abbildung 3).
90
Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler
Mobilität körperlicher Art
geistiger Art
sozialer Art
Bewegung von Personen
Bewegung von Sachen
Bewegung ohne Ortsveränderung
(A) Bewegung von Sachen
(B) Beweglichkeit
Bewegung mit Ortsveränderung
(C) Bewegung innerhalb A
(D) Bewegung von A nach B
Abbildung 3: Unterteilung der Mobilität Bei der nachfolgenden Analyse des Mobilitätsprozesses wird hauptsächlich auf die Variante (D) Bezug genommen (vgl. Kapitel 3.5). (D) Bewegung von A nach B: Bei dieser Mobilitätsausprägung bewegt sich die Person, um eine bestimmte Zieldestination zu erreichen. In dieser Ausprägung bewegt sich die Person von einer Startdestination „Lokation A“ zu einer Zieldestination „Lokation B“.
3.5
Kundenprozessorientierung
In einem nächsten Schritt ist nun der Prozess der Mobilität Gegenstand einer genaueren Betrachtung. Um eine Idee davon zu vermitteln, wird eine Vision des Kundenprozesses als Orientierungspunkt formuliert. Aus der Vision werden die generischen Hauptprozessphasen abgeleitet, welche dann konkretisiert und weiter untergliedert werden. 3.5.1 Kundenprozess Vision Die Vision des optimalen Mobilitätsprozesses spiegelt sich in der folgenden Formulierung wider [eigene Definition]: Jederzeit in der Lage zu sein, die Mobilität optimal mit Technologie, Dienstleistungen und Produkten sowie Information zu unterstützen, sodass sie möglichst effizient, störungsfrei und angenehm stattfinden kann (Nutzenüberlegung). 3.5.2 Generische Prozessphasen Aus der Vision des Prozesses wird nun ein generischer Prozess abgeleitet. Er soll es ermöglichen, zukünftige Themen in einem einheitlichen Raster zu erfassen und
Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter
91
zu beschreiben. Hierbei wird an das Modell des „Customer Buying Cycle“ verwendet [vgl. Brecht 2001]. Er unterscheidet die vier Phasen Anbahnung, Information, Kauf/Abwicklung und After Sales. Anbahnung
Planung
Durchführung
Nachbetreuung
Abbildung 4: Generische Prozessphasen Auf den Mobilitätsprozess angewandt heisst dies, dass der Prozess mit der Anbahnungsphase, in welcher grundlegende Fragen über den Prozess beantwortet werden müssen, beginnt. In der nächsten Phase erfolgt die Planung der Mobilität. Darin werden Durchführungsalternativen aufgezeigt und schliesslich eine Variante ausgewählt. Die Phase der Durchführung (die „Abwicklung der Mobilität“) ist gleichzusetzen mit der eigentlichen Mobilität. Sie beinhaltet das Element der Fortbewegung. Eine Nachbetreuung findet dann statt, wenn Verbesserungspotenzial erkannt wurde und die Verbesserung in einen nächsten Mobilitätsschritt einfliessen soll. Mit Hilfe dieses theoretischen Verständnisses der Mobilität werden mögliche Mobilitätsszenarien gestaltet, um einen Anhaltspunkt für die Dimensionen der Mobilität zu erhalten. Es geht dabei darum, den Mobilitätsprozess besser zu verstehen und ihn in sinnvolle Bestandteile zu zerlegen. Die erste Überlegung ist dabei einen Grundstein für zukünftige mögliche Kundensegmentierungen zu legen. [Kotler/Bliemel 1999, S. 430/431] beschreiben die wichtigsten Trennvariablen zur Segmentierung von Konsumgütermärkten in den Bereichen Geografie, Demografie, Soziologie und Verhaltensspezifitäten. Die Abbildung erfolgt in einem morphologischen Kasten (vgl. Abbildung 5).
Abbildung 5: Dimensionen des morphologischen Kastens Dem gegenüber sind die Kriterien des Kundennutzens zu berücksichtigen: Convenience, Kosten, Fun, Ökologie, Zeitgewinn, Wahlmöglichkeit, Sicherheit, Benutzerfreundlichkeit, Verfügbarkeit, Time to Benefit, Personalisierung und Prestige [vgl. McKenna 2001].
92
Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler
Bei der Suche nach lukrativen Mobilitätsprozessen können diese nun gezielt fokussiert und die gefundenen Prozesse wiederum bezüglich Attraktivität getestet werden. 3.5.3 Szenarien Mit der Vorgabe der Vision und der Elemente wurden fünf möglichst verschiedene Szenarien gebildet. Sie bilden einen Einstieg in den Mobilitätsprozess. Gleichzeitig zeigen sie Ereignisse auf, die eine mobile Person in ein Umfeld bzw. einen Zustand versetzen, in dem die Bedürfnisse nach bestimmten Leistungen entstehen. 1. Ausflug – Fun: In diesem Szenario wird ein individueller Tagesausflug von Jugendlichen zusammen mit ihren Eltern, ein Familienausflug, in die Berge beschrieben. 2. Behinderter Fahrzeuglenker – Behinderung: Ein behinderter Fahrzeuglenker fährt nach langen Reisevorbereitungen für einen Bekanntenbesuch über das Wochenende nach Italien. 3. Älteres Ehepaar – Senioren: Ein älteres Ehepaar, beide Diabetiker, möchte kurzfristig für einen einwöchigen Besuch bei ihrer Tochter, die soeben Mutter geworden ist, nach Israel reisen. 4. Gütertransport – Geschäft: Ein junger, unerfahrener Unternehmer transportiert in einem Blitzauftrag risikoreiche Materialien mit einem geleasten Lastwagen in den Süden. 5. Junge Frau im Zug – Bedrohung: Eine alleinstehende Frau geht zu Fuss zum Bahnhof. Sie besteigt den letzten regionalen Zug von der Stadt nach Hause. Leider ist es der falsche Zug.
4 Lösungsansatz für den Geschäftsmodellentwurf Nachfolgend werden die verschiedenen Elemente zur Definition des Geschäftsmodells erläutert.
4.1
Prozessbeschreibung und Auswahl geeigneter Prozessvarianten
Das Vorgehen zur Ermittlung der Kundenprozesse, die der zu entwickelnden Geschäftsarchitektur zugrunde liegen sollen sowie deren Definition und Auswahl sind Gegenstand des nachfolgenden Abschnitts.
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4.1.1 Kundenprozess Mobilität Ziel der folgenden Ausführungen ist es, einen spezifischen Kundenprozess in einem Kundensegment auszuwählen, mit dem dann eine Geschäftsarchitektur aufgebaut werden kann. In einer vernetzten Geschäftsarchitektur werden die Geschäftsmodelle der Service Integratoren ausgehend von den Kundenprozessen entworfen. Dabei wird vorausgesetzt, dass Kunden eine ganzheitliche, spezifische Unterstützung, insbesondere von komplexen Prozessen, durch Service Integratoren dem „SelbstKombinieren“ vorziehen [vgl. Winter 2002]. In dieser Architektur werden nicht die einzelnen Komponenten des Wertschöpfungsnetzwerks beschrieben, sondern vielmehr deren Zusammenwirken. Ausgangspunkt des Geschäftsmodells sind die Kundenprozesse, hinter denen in den meisten Fällen auch spezifische Kundensegmente stehen [vgl. Winter 2002]. • Prozessphasen: Die bereits bekannten Phasen der Mobilität dienen zur strukturierten Aufnahme von Bedürfnissen, die während der Mobilität entstehen. Der Phase „Durchführung“ kommt dabei eine wesentliche Rolle zu, da sie • den Hauptteil der Mobilität selbst darstellt, • ereignisgesteuerte Leistungen hervorruft, • ideal für eine weiterführende Vertiefung eines „Business Cases“ (mögliches Geschäftskonzept) ist. In der Durchführung der Mobilität geht es um die Umsetzung der gewählten Lösungsvariante und das Sicherstellen der Unterstützung der optimalen Umsetzung, wie z.B. dem Bereitstellen von adäquater Transportmittel, Informationsleistungen, Hilfestellung usw. Diese sind jedoch vollständig abhängig von entsprechenden Ereignissen während des Mobilitätsprozesses, sie sind also nicht planbar. Aus diesem Grund wird für diese Phase das Prozessmodell erweitert, indem mit einem ereignisorientierten Modell weitergearbeitet wird. • Ereignisse: Ereignisse, wie beispielsweise Unfall, physiologische Symptome oder „falscher Weg“ während der Durchführung der Mobilität bestimmen den Ablauf des Mobilitätsprozesses, indem sie die mobile Person in einen bestimmten Zustand versetzen (Notsituation, Hunger, Orientierungslosigkeit usw.) und entsprechende Bedürfnisse wecken. • Bedürfnisse: Die durch den neuen Zustand aufgetretenen Bedürfnisse können vielfältiger Art sein, wie z.B. genereller Informationsbedarf, Hilfestellung (medizinisch, mechanisch), Betreuung, Rettung oder Verfügbarkeit von Zahlungsmitteln. • Prozessleistungen: Letztendlich sind zur Abdeckung der Bedürfnisse spezifische Leistungen notwendig. So sind in der Durchführungsphase je nach Situation vor allem Orientierungshilfen (Verkehrsleitung), medizinische Unterstützung (akute Fälle), die Alarmierung von Notdiensten und Rettung, Prävention (Wetter, Verkehrsaufkommen, Unfälle) und verschiedenste Hilfestellungen wie Pannenservice, Ersatzfahrer oder Versorgung allgemeiner Art gefragt.
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4.1.2 Auswahlverfahren Ausgehend vom Mobilitätsprozess und den Mobilitätsszenarien werden nachfolgend verschiedene Kundensegmente anhand bestimmter Kriterien analysiert und auf ihre Eignung für den Mobilitätsprozess bewertet. Statt in allen Kundensegmenten gleichzeitig den Wettbewerb aufzunehmen, wird das Marktsegment ermittelt, in welchem die Kunden zur Abdeckung ihrer Bedürfnisse am erfolgreichsten bedient werden können [vgl. Kotler/Bliemel 1999, S. 431]. • Bewertungsmatrix: Die Marktsegmentierung strebt die Aufteilung des Gesamtmarktes in intern homogene und gleichzeitig extern heterogene Marktsegmente an mit dem Ziel, eine hohe Identität zwischen der Marktleistung und deren potenziellen Abnehmern zu erreichen [vgl. Pepels 1995, S. 125]. Aus den vorgängig umschriebenen fünf Szenarien lassen sich nachfolgende Kundensegmente extrahieren: • Frauen (Szenario: junge Frau im Zug) • Senioren (Szenario: älteres Ehepaar) • Jugendliche in der Freizeit (Szenario: Ausflug/Fun) • Mobile Geschäftsleute (Szenario: Gütertransport/Geschäft) • Behinderte (Szenario: Behinderter Fahrzeuglenker) Durch die Fokussierung auf eine ausgewählte Kundengruppe wird es im weiteren Vorgehen möglich, den Mobilitätsprozess spezifisch auf die definierten Kundengruppen anzupassen und die Leistungen gezielt zur Abdeckung der Bedürfnisse im Mobilitätsprozess zu entwickeln [vgl. Pepels 1995, S. 124]. Diese Befriedigung der differenzierten Kundenwünsche führt in der Konsequenz zur Bildung eines akquisitorischen Potenzials. In der nachfolgenden Bewertungsmatrix wird die Einschätzung der Attraktivität der einzelnen Segmente zum Ausdruck gebracht. Ziel ist es, das Kundensegment zu extrahieren, bei welchem die grösste Hebelwirkung bei der Abdeckung der Bedürfnisse in Zusammenhang mit dem Mobilitätsverhalten vermutet werden kann. • Bewertungskriterien: • Homogenität des Kundensegments, d.h. einfache Ansprechbarkeit und gute Verfolgbarkeit. • Segmentgrösse im Verhältnis zum Gesamtmarkt, resp. Marktpotenzial als Gesamtheit möglicher Absatzmengen. • Multiplikationspotenzial, d.h. Möglichkeit der Ausdehnung in andere ZielSegmente [Eigene Entwicklung der Diplomarbeitsgruppe]. • Potenzielle Profitabilität also das Vorhandensein eines möglichst grossen ökonomischen Potenzial. • Substanzialität und Hervorhebbarkeit, d.h. die Dienstleistung ist für den Käufer als differenzierend erkennbar und führt für ihn zu Zusatznutzen [vgl. Kotler/Bliemel 1999, S. 474]. • Anzahl und Qualität der bestehenden Partnerschaften, welche die geforderte Fachkompetenz mitbringen und das Netzwerk aktiv mit aufbauen [vgl. Eisen 2001, S. 149f.].
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Abbildung 6: Bewertungsmatrix für die Kundensegmente Nachdem die einzelnen Segmente gemäss den zuvor definierten Kriterien bewertet wurden, werden nun die entsprechenden Zahlenwerte der Kriterien addiert. Dieses eruierte Total lässt sich nun in eine Rangfolge bringen, welche dazu dient, die favorisierte Kundengruppe auszuwählen. • Fazit: Die Kundengruppen der Behinderten und der Senioren wurden gemäss Abbildung 6 mit der höchsten Punktzahl (24, resp. 23) bewertet. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich beide Kundensegmente für die Entwicklung von spezifischen Dienstleistungen und Produkten in Zusammenhang mit dem Mobilitätsverhalten am besten eignen.
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Abbildung 7: Bewertung der Kundensegmente In der weiteren Arbeit wird insbesondere der Kundenprozess der Behinderten fokussiert behandelt; anhand dieses Prozesses wird das Geschäftsnetzwerk aufgebaut. Das Segment der Behinderten bietet sich als Testmarkt, insbesondere wegen der überschaubaren Grösse, der bestehenden Partnerschaften (eine Partnerschaft der Versicherung mit einer Behindertenorganisation ist bereits existent) und der starken Substanzialität und Hervorhebbarkeit an. Die Auswahl eines geeigneten Kundensegments spielt insbesondere bei der Markteinführung von Innovationen eine grosse Rolle, da es in diesem Fall darum geht, risikobereite und zugleich kaufkräftige Konsumpioniere anzusprechen, die als spätere Meinungsbildner die Verbreitung des Neuprodukts im Zielmarkt fördern. Um einerseits das Einführungsrisiko zu minimieren und andererseits möglichst einfach das Kundenverhalten zu testen, ist ein nicht allzu grosses und wenig komplexes Pilotprojekt vorzusehen, in dem auch die Effektivität der Marketingmittel gewährleistet ist. Eine „Vision des Massenmarktes“ darf auf keinen Fall fehlen, um die Ausdehnung geografischer Art oder über neuen Zielgruppen nicht zu gefährden.
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4.1.3 Gewählte Kundenprozesse Ein mögliches Geschäftsnetzwerk muss bereits in einem frühen Stadium daraufhin geprüft werden, ob es mit nur leichten Modifikationen auch bei der Anwendung auf weitere Kundenprozesse eingesetzt werden könnte. Aus diesem Grund werden zusätzlich zum Mobilitätsprozess von Behinderten zwei weitere Kundengruppen in das weitere Vorgehen einbezogen. Einerseits wird eine im Mobilitätsverhalten ähnliche Kundengruppe (Senioren) und eine gegensätzliche (junge Erwachsene in der Freizeit) ausgewählt. • Mobilitätsprozess von Behinderten: Insbesondere bei Menschen mit körperlichen Behinderungen spielt die Mobilität eine entscheidende Rolle in ihrem täglichen Leben. Viele Behinderte fühlen sich durch die eingeschränkte Mobilität diskriminiert, in ihrer Lebensqualität eingeschränkt [vgl. Lengwiler 2001, S. 2] und erhoffen sich durch das Engagement diverser Organisationen eine Reduktion von Mobilitäts-Barrieren (z.B. behindertengerechte Anpassungen auf Bahnhöfen, Eisenbahnwagen, Flughäfen oder Hotels). Grundsätzlich jedoch sind die Bedürfnisse der Behinderten nicht anders als diejenigen der Gesunden. Einzig der Stellenwert und die Gewichtung für einzelne Faktoren sind unterschiedlich. Folglich handelt es sich hier um eine Kundengruppe, welche bereit ist, Innovationen zur Unterstützung des Mobilitätsprozesses als „early adopter“ anzuwenden und eignet sich deshalb ausgezeichnet als Pilotgruppe. • Mobilitätsprozess von Senioren [vgl. Mollenkopf 1996, S. 32]: „Immer mehr alte Leute werden sich für eine immer längere Zeitspanne nach ihrer Pensionierung in einer Phase befinden, in der sie in körperlicher und geistiger Frische das Leben geniessen können. Anderseits wird auch die nächste Phase verlängert, in denen sich die alten Menschen in unterschiedlichem Ausmass nicht mehr selbst versorgen und bewegen können, sondern auf Hilfe angewiesen sind. Es können dann im Zusammenhang mit Mobilität ähnliche Bedürfnisse wie bei den Behinderten festgestellt werden. Auch diese Leute erfahren eine Einschränkung in der Mobilität und wünschen sich eine Verbesserung des Mobilitätsprozesses. Für eine aktive Lebensgestaltung ist die Möglichkeit, von einem Ort zum anderen zu gelangen, ausserordentlich wichtig - und zwar bis ins hohe Alter.“ • Mobilitätsprozess von jungen Erwachsenen in der Freizeit: „Das "Unterwegssein" spielt in der Lebensgestaltung junger Erwachsener oft eine zentrale Rolle. Die gewohnheitsmässige Assoziation einer autonomen Lebensgestaltung mit der Benutzung eines Automobils legt den Grundstein für eine generalisierte automobile „Ausrichtung“ der Alltagsgestaltung, die im nachhinein nur schwer wieder verändert werden kann [vgl. Deutsches Jugendinstitut 2001]. Die bei den Jugendlichen tendenziell vorhandene Affinität zur Adaption von neuen Technologien und der hohe Drang zur Mobilität kennzeichnen diese Kundengruppe. Im Vordergrund stehen nicht primär Sicherheitsbedürfnisse, vielmehr spielen bei diesen Kunden der Spassfaktor und trendige Erlebnisse eine Rolle.“
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4.2
Geschäftsarchitektur für den Mobilitätsprozess von Behinderten
In den folgenden Abschnitten wird gezeigt, wie die Geschäftsarchitektur ausgestaltet sein muss, um den gewählten Pilotprozess „Mobilitätsprozess von Behinderten“ erfolgreich zu unterstützen. Hierzu ist eine entsprechende Netzwerkstrategie und ein Umsetzungskonzept notwendig. Als Voraussetzung zur Erarbeitung dieser Ergebnisse ist ein detailliertes Verständnis des Pilotprozesses erforderlich. 4.2.1 Pilotprozess: Mobilitätsprozess von Behinderten Um den Mobilitätsprozess, resp. dessen Phasen und Ereignisse umfassend und ganzheitlich angehen zu können, orientiert sich das Vorgehen an der Gliederung des vorhergehenden Abschnitts. Anbahnung
Planung
Durchführung
Nachbetreuung
Start
Ereignisse Panne
Stau/Verkehr
verirrt
Wetterwechsel
Tank wird leer, Restmenge Benzin, Reichweite
Staubildung etc. Verkehrsleistung (Parkplatzsuche, Reisebegleitung)
Weiss nicht, wo er/sie ist
Bevorstehende Hagelfront, Nebelbank, Eisregen, Sturm, Schneefall, Lawine, Eisglätte etc.
Akute Krankheit Unfall leichter oder schwerer Auffahrunfall => Airbag, Notsituation, hilfebedürftig
Körpersignale Hunger, Unpässlichkeit,
Krankheitssymptome, Blutdruck, Puls, K-Temperatur, Blutzucker
Bedrohung Gewaltandrohung, Gewaltanwendung
Übelkeit, Durst, Müdigkeit,
Diebstahl Geldforderung Zahlungsverkehr, Cash, Bargeldlos, e-cash
Entwendung von Fahrhaben, Auto etc.
Grenzübertritt Grenzübertritt, sich ändernde Rahmenbedingungen, Regelungen, Gesetze
Abbildung 8: Mobilitätsphasen und Ereignisse während der Durchführung Diese Strukturierung erlaubt es, sowohl die bereits beschriebenen Prozessphasen Anbahnung, Planung, Durchführung und Nachbetreuung kontextspezifisch zu beschreiben, als auch die auftretenden Bedürfnisse und nützlichen Leistungen innerhalb der Phase zu konkretisieren. Wie in Abbildung ersichtlich ist, bilden die Ereignisse Untergruppen der Durchführungsphase und bestimmen bzw. beeinflussen damit die Bedürfnisse und Leistungen wesentlich. • Behinderten-Mobilitätsprozess: Der Fokus liegt auf zwei Phasen der Mobilität; zum einen auf der Planung, welche für den Behinderten zur Unterstützung seiner Mobilität im Zentrum steht, da Improvisation jeweils nur beschränkt oder gar nicht möglich ist, zum anderen auf der dritten Phase des Mobilitätsprozesses, der Durchführung. • Unterstützung der Planung: Die Planung muss das Erkennen möglicher Hindernisse und Probleme unterstützen, persönliche Rahmenbedingen in Betracht
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ziehen sowie potenzielle Lösungsvarianten innerhalb der Mobilität in Aussicht stellen, welche auch Umweltbedingungen berücksichtigen, um zu einem Vorschlag zu kommen. Damit entstehen umfangreiche Bedürfnisse nach Informationen, die koordiniert und sowohl auf das Reiseziel als auch auf den Weg dahin ausgerichtet werden müssen. Ein Beispiel dafür ist das Bereitstellen von Reisevarianten (Weg und Mittel) und das gleichzeitige Ermöglichen von Reservationen oder Buchungen. Leistungen, wie z.B. Routenplanung oder spezialisierte Buchung von Hotels befriedigen somit wichtige Bedürfnisse. • Ereignisse in der Durchführung: Das Ereignis „Start“ ist das erste und leitet die Mobilitätsphase „Durchführung“ ein. Dabei sind Leistungen im Bereich der Sicherheit, wie z.B. Diebstahlsicherung, der Sicherheitsanlage, wie z.B. Überwachung und Alarmanlage, sowie Tier- und Heim-Services gefragt. Zu den Durchführungsereignissen zählen ungeplante Störungen des Mobilitätsprozesses, wie „Panne“, „Unfall“, „Verirrt“, „Wetterwechsel“, „Krankheit“, „Bedrohung“, „Diebstahl“, „Stau-/Verkehrsaufkommen“ und „Körpersignale“. Um diese Störungen zu beseitigen, sind vielfältigste Services und Dienstleistungen gefordert, die von Hilfestellung, Informationslieferung bis zur Verkehrsleitung reichen. Weitere Durchführungsereignisse sind „Grenzübertritt“ und „Geldforderung“. Dabei sind diejenigen Ereignisse für die Behinderten von grösster Wichtigkeit, die sie dazu zwingen länger als geplant bzw. erlaubt auf den unergonomischen Autositzen zu verweilen. 4.2.2 Entwicklung des Netzwerks „Business Networking in the new economy can be seen as the coordination of processes within and across companies. More precisely, we define Business Networking as the management of IT-enabled relationships between internal and external business partners” [Österle/Fleisch/Alt 2001, S. 2]. Im Folgenden sind die für obige Definition notwendigen Strukturen darzustellen. • Netzwerk-Konzept: Die Kunden des Mobilitätsprozesses von Behinderten fragen zu ihrer Unterstützung unterschiedlichste Leistungen nach. Diese können heute in ihrer Gesamtheit kaum durch ein einzelnes Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Es würde etliche Jahre dauern, bis von einem einzelnen die Kernkompetenzen zur Erstellung von nur wenigen Leistungen aufgebaut wären. Das Geschäftsnetzwerk ermöglicht nun innert kurzer Zeit, unterschiedliche Leistungserbringer für einzelne Bedürfnisse zu einer gemeinsamen Geschäftsarchitektur zusammenzusetzen, ohne dass der Endkunde die dahinter liegende Heterogenität wahrnimmt. Er bezieht lediglich die für ihn notwendigen Leistungen aus einer Hand. • Leistungen/Knoten/Rollen: Unter Leistung wird für Behinderte die objektive und subjektive Wahrnehmung verstanden, wenn sie die von einem Service Integrator angebotene Dienstleistung zur Unterstützung des Mobilitätsprozesses
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in Anspruch nehmen und für welche sie auch bereit sind, ein Entgelt zu entrichten (eigene Definition und aus Interview mit einem Mitglied der Behindertenorganisation). Die Geschäftsarchitektur ermöglicht mittels Partnering, die Leistungen oder Teilleistungen dort abzuholen, wo sie am effizientesten und/oder effektivsten erstellt werden können. Der Service Integrator bündelt sie individuell entsprechend dem Persönlichkeitsprofil des Kunden und stellt sie ihm zur Verfügung. Um eine sinnvolle Geschäftsarchitektur zu ermöglichen, werden nun die analysierten Leistungen den entsprechenden Leistungserbringern – also den Knoten zugeordnet. Dabei stehen hinter jedem Knoten eigene Kernkompetenzen und ein eigenes Geschäftsmodell für die spezifische Leistung, die er erbringt. Die Knoten werden dabei noch unabhängig von spezifischen Unternehmen im Netzwerk dargestellt. Es ist nun wichtig, die Rollen der Leistungserbringer konkreter zu spezifizieren, da diese für die Art der Anbindung des Knotens entscheidend sind. Entsprechend der Funktion, die ein Knoten wahrnimmt, wird ihm eine der folgenden Rollen zugewiesen [vgl. Winter 2002]: Service Integrator (SI), Exclusive Service Provider (ESP), Shared Service Provider (SSP) und Public Service Provider (PSP). Die meisten Knoten bieten allgemein zugängliche Dienstleistungen an und sind folglich bei den SSP oder PSP anzusiedeln. Der vom CC erzielte Mehrwert beruht vor allem auf der zur Befriedigung ganz spezifischer Bedürfnisse ausgerichtete Bündelung der Dienstleistungen, in diesem Falle derjenigen der Pilotgruppe der Behinderten. Zur Sicherung der Leistungen des Netzwerkes werden wenige Knoten von zentraler Bedeutung als ESP gestaltet. Unterstützt werden kann dies noch mit einigen, sehr speziellen Informationsdiensten4 und durch die generelle Bündelung bzw. Kombination verschiedener Informationen zu einem neuen Service, der für die Location Based Services wichtig ist. Shared Service Provider werden sinnvollerweise über den Business Bus (auch: Business Collaboration Infrastructure) ins Netzwerk einbezogen. Dies ermöglicht die Einsetzung von Standards und eine entsprechende Vereinfachung, Flexibilisierung und somit Verbilligung der Schnittstellen. Zwischen SI und ESP kann eine direkte Schnittstelle durchaus anzustreben sein. Sie bildet eine netzwerkspezifische Exklusivität und erhöht die Eintrittshürden für allfällige Wettbewerber erheblich. Die verwendeten Standards bei der Anbindung der Partner an das Netzwerk über den Business Bus ermöglicht dem CC als SI ein Höchstmass an Flexibilität. • Architektur: Das Call-Center hat zum heutigen Zeitpunkt ein hervorragendes Know-how betreffend Customer Care [vgl. Kapitel 4.4]. Es repräsentierte bisher schon eine an Bedeutung zunehmende Kontaktstelle zwischen den Kunden und der Versicherung, indem es einen 7x24-Stunden-Kundenservice anbietet. Die neue Ausrichtung behält diese Kernkompetenz grundsätzlich bei, will sie aber zugleich ausbauen, indem neben dem Customer Care das Partnering intensiviert und ausgedehnt wird, um die Mehrleistungen zur Mobilitätsunterstüt4
Z.B. Informationen über Services, die vorwiegend für die Pilotkunden interessant sind.
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zung des Kunden zu gewährleisten. Während das CC selber bis anhin mehr oder weniger exklusiv Call-Center-Leistungen für die Versicherung erbracht hat, wird im künftigen Modell zur Unterstützung der Mobilitätsservices das CC durch die Ausdehnung des Leistungsumfanges zum SI und die Versicherung zu einem von mehreren SP für das CC. Das oben beschriebene Netzwerk nimmt nun folgende Gestalt an: Kunden
Spezielle. Infodienste
Polizei Sicherheitsdienste
Banken
öffentlicher Verkehr
CC Reha zentren
Pannendienst
Interessensverbände Versicherungen
Garagen ParkplatzReserv. FaciliyManagement
AutoHersteller
Sicherheitseinrichtungen
Reiseveranstalter
Telecom
Rettungsdienste
Hersteller SicherheitsDevices dienste Tourismusorganisationen Wetterdienst
Business Bus Abbildung 9: Geschäftsarchitektur [vgl. Winter 2002] Die dargestellte Struktur bezieht sich lediglich auf die Kundenleistungen und berücksichtigt einen allfälligen Management Provider und dessen Funktionen nicht. Als roten Knoten im Zentrum eingezeichnet ist der Service Integrator CC. Die grünen Knoten stellen die SSP dar, blau sind die PSP dargestellt und beige die beiden ESP. Eine erfolgreiche Geschäftsarchitektur zeichnet sich dadurch aus, dass sie zwischen den unterschiedlich definierten Zielgruppen eine relativ hohe Übereinstimmung erreicht [vgl. Kotler/Bliemel 1999, S. 463ff]5. Das ist eine Voraussetzung, um die Geschäftsprozesse weitgehend standardisieren zu können und den Aufwand und damit die Kosten so gering wie möglich zu halten. Dies ist wiederum 5
Es wird dabei von „Übersegmenten“ gesprochen, welche eine Voraussetzung für die „economy of scope“ darstellt. Diese Betrachtungsweise kann sinngemäss auf die beschriebene Geschäftsarchitektur angewendet werden.
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eine Bedingung, damit eine möglichst breite Kundschaft angesprochen wird, um ein entsprechendes Massengeschäft zu ermöglichen. 4.2.3 Bewertung der Knoten Jeder einzelne Knoten trägt seinen Teil zum Erfolg des Gesamtnetzwerkes bei. Nicht alle Knoten sind jedoch im Verbund gleich bedeutsam. Auf Basis der erarbeiteten Geschäftsarchitektur wurden die einzelnen Knoten im Geschäftsnetzwerk hinsichtlich ihrer Attraktivität bewertet. Die Netzwerkrelevanz der einzelnen Knoten ist einerseits Entscheidungsgrundlage dafür, ob der Besetzung eines einzelnen Knotens im Geschäftsnetzwerk besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, oder ob sehr attraktive Knoten durch den SI bei Übereinstimmung mit der Strategie selber besetzt werden können [vgl. Österle/Fleisch/Alt 2001, S. 21]. Andererseits ist diese Relevanz wichtig für den Aufbau des Netzwerkes, damit die wichtigsten Knoten zuerst eingebunden und somit möglichst frühzeitig QuickWins realisiert werden können. In einem ersten Schritt wurden die generischen Bewertungskriterien zur Überprüfung der Netzwerkrelevanz ermittelt. Sämtliche eruierten Kriterien wurden schlussendlich auf vierzehn relevante Prüfsteine reduziert. Die Priorisierung und Auswahl der Kriterien wurde in der Diplomarbeitsgruppe vorgenommen. Nicht alle Bewertungskriterien sind für die Netzwerkrelevanz gleich bedeutsam. Je nach dem zu unterstützenden Prozess wird in der Bewertungsmatrix (vgl. Abbildung 10). eine andere Gewichtung der Kriterien vorgenommen6. Es wurden folgende Bewertungskriterien angewandt: Customierbarkeit [vgl. Fleisch 2001, S. 36ff], Häufigkeit des Geschäftsfalles, Wert pro Geschäftsfall (value), Mehrfachverwendung, Aufwand/Einfachheit des Einbaus, Geforderte Flexibilität, Substituierbarkeit und Stabilität, Modularisierungsgrad, Umsetzbarkeit, Standardisierung, Digitalisierung, Kundenrelevanz, Prozessrelevanz und Relevanz der Kundendaten. In Abbildung 10 sind diejenigen Knoten mit der jeweils höchsten Netzwerkrelevanz ersichtlich. Neben dem SI, welcher, wie erwartet, mit Abstand am meisten Punkte erhalten hat, sind die Telecom, die „Location Based Services“ und die „Spezifischen Infodienste“ klar auf den ersten vier Plätzen positioniert.
6
Durchschnittswert wurde durch die Diplomarbeitsgruppen-Mitglieder ermittelt.
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Kundenddatenrelevanz
Prozessrelevanz
Kundenrelevanz
Digitalisierung
Standardisierung
Umsetzbarkeit
Substitution/Stabilität
Modularisierung
Flexibilität
Aufwand/Einfachheit
Mehrfachverwendung
Value
Customierbarkeit
Häufigkeit
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Telecom
Location based Services
Spez. Infodienste
Versicherungen 0
10
20
30
40
50
60
70
80
Abbildung 10: Bewertung der Knoten im Geschäftsnetzwerk Diesen Knoten gebührt nun im Geschäftsnetzwerk eine besondere Aufmerksamkeit. Sie sind für den Betreiber des Netzwerkes von besonderer Relevanz. 4.2.4 Technologie – Automatisierung Die notwendige Technologie wird aus den im Pilotprozess spezifizierten Bedürfnissen und Leistungen abgeleitet. Wie aus der Abbildung 11 ersichtlich wird, führt die Kommunikation der Endkunden entweder über das Contact Center oder über den Wireless Application Gateway. Beide Elemente werden durch den SI kontrolliert und gesteuert, sodass der Grundsatz "Single Point of Contact and Information" jederzeit gewährleistet wird. Die Elemente dieser technischen Architektur werden in den folgenden Abschnitten erläutert.
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Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler - Profile - Konfiguration - Lokalisierung-Daten - Geographische-Daten - Partner Daten
GPS Wireless Application Gateway
Geräte im BehindertenFahrzeug und Mobile Phone
Contact Center
GSM & GPRS Mobile Phone für Alarmierung und Information Drittperson
Applikations-Architektur Inhalte Web Database Transaction System Voice
TransformationsPlattform Geräte Filtering Selection Navigation Formatting Defaults
Spezielle Geräte, Mobile Phones, PC, PDA
Profil-Management
Link Session Management Synchronisation Transport / Security Geräteerkennung Lokalisierung
Persönliche Profile Serviceportfolio Security Verrechnung Reporting Auswertungen
TCP/IP
Internet
Konfiguration Information Alarmierung
Shared Service Provider
Abbildung 11: Technische Architektur • Multi Channel: Applikationen, Technologien und Endgeräte: Der Kern der Profilaufnahme, der Konfiguration der gewünschten Services und der aktiven Informationsbeschaffung durch die Kunden bildet idealerweise ein Internet Portal für standardisierte Leistungen, unterstützt durch ein CC für individuelle und nicht standardisierbare Services. Die Prozesse selbst sollten jedoch alle standardisiert werden. Die Architektur muss auch WAP-Telefone unterstützen. Warnungen können durch SMS, WAP-Push oder Telefon-Anrufe auf ein Mobile Phone gemeldet werden. Die für die Location Based Services notwendige Lokalisierung der Kunden geschieht sinnvollerweise durch GPS, das entweder im Fahrzeug oder in einem mobilen Gerät installiert wird. Die Displays dieser Geräte müssen es ermöglichen, Strassenkarten und andere graphische Informationen darzustellen. • Unterstützende Technologien: Für Sicherheitsservices wie Überwachung von Wohnungen, Häusern und Fahrzeugen bzw. für einen Alarmanlagen-Einsatz, können (Infrarot-)Sensoren eingesetzt werden. Die Weiterentwicklung für Körperüberwachung und medizinische Diagnosen wird im Bereiche der Sensortechnik7 liegen. Generell müssen Signale, Sprache, Text und sogar Bilder und Filme übertragen werden können. Einzigartig bei den neuen Services ist die Kombination verschiedener Kommunikationstypen und Technologien. Für eine sofortige Nutzung und auch Bezahlung eines Services ist mittelfristig e-payment mittels Mobile Phone sinnvoll und denkbar. 7
Unter der Sensortechnik sind Technologien zu verstehen, mit denen beispielsweise die Körpertemperatur, die Blutzusammensetzung, der Blutdruck, der Puls etc. gemessen werden können.
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• Infrastruktur: Um als SI funktionieren zu können, muss eine leistungsfähige und skalierbare Infrastruktur zur Verfügung stehen. Ein sehr wichtiges Element ist der Wireless Application Gateway, der die gesamten Services steuert. Hier wird die Logik für das optimale Routing und die Kanalisierung der beteiligten Service Provider eingebaut. Damit das System skalierbar bleibt, sollte es modular mit standardisierten Schnittstellen gebaut werden. Somit ist auch der Ersatz einzelner Module bei technologischen Weiterentwicklungen möglich. 4.2.5 Netzwerkstrategie Die Geschäftsstrategie der Versicherung, bzw. des CC wird in einem nachfolgenden Abschnitt behandelt. Hier wird die strategische Ausrichtung des gesamten Netzwerkes betrachtet. Strategien dienen dazu, eine einmalige und wertvolle Wettbewerbsposition zu erreichen und zu verteidigen. Sie umfassen folgende vier Hauptaktivitäten [vgl. Österle/Fleisch/Alt 2001, S. 91]: 1. Die Analyse der Ist-Situation. 2. Den Entscheid über die zu erreichende strategische Soll-Position. 3. Die Auswahl der Differenzierungselemente, wie z.B. Technologie etc., mit welchen der Wettbewerbsvorteil erreicht werden soll und die entsprechende Ressourcenallokation. 4. Die Festlegung von Kriterien und Standards, welche die Messung des Strategieerfolges zulassen und entsprechend kommuniziert werden müssen. Dabei müssen die einzelnen Geschäftsstrategien so harmonisch, d.h. so nahtlos und konfliktfrei wie nur möglich, verbunden und zu einer gemeinsamen Netzwerkstrategie verschmolzen werden. Eng damit verknüpft ist die Frage der Kernkompetenzen. Das Netzwerk muss diejenigen Partner miteinander verbinden, welche über Kernkompetenzen verfügen, die für bestehende oder zukünftige Geschäftssegmente wertvoll sind und den Netzwerkkunden schliesslich einen entsprechenden Mehrwert garantieren. • Strategische Soll-Position: Vision und Zweck der Netzwerkarchitektur ist grundsätzlich die umfassende Unterstützung von Kunden im Mobilitätsprozess. Dabei sollen die benötigten Leistungen durch einen Verbund von Geschäftspartnern mit unterschiedlichen Kernkompetenzen erbracht werden, durch einen SI gebündelt und aus einer Hand angeboten werden. Die Mehrzahl der Leistungen des damit verbundenen Geschäftsnetzwerkes sind dabei als elektronische Services zu erbringen, welche sich durch folgende Kriterien auszeichnen [vgl. Österle/Fleisch/Alt 2001, S. 44]: • Sie ermöglichen eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den Knoten im Netzwerk bzw. zwischen Knoten und Kunden. • Manuelle Eingriffe beschränken sich auf ein Minimum. • Sie ermöglichen den Zugriff auf die Leistungen und die Kommunikation via Computer und intelligente Geräte. • Die elektronischen Services können individuell oder im Paket eingesetzt werden.
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• Sie ermöglichen einen hohen Grad an Standardisierung. • Der Kunde kann im Rahmen der Nutzung von Services und Leistungen belastet werden. Der Einsatz von elektronischen Services soll einerseits eine kostengünstige Leistungserbringung und damit die Erschliessung von breiten Kundengruppen ermöglichen, andererseits lässt dies auch eine Personalisierung der Leistung mit relativ geringem Aufwand zu. Aufgrund eines vorhandenen Kundenprofils kann der SI Risiken und Dringlichkeit eines Problems/Bedürfnisses eines Kunden beurteilen und die entsprechenden Massnahmen einleiten. Zugleich ist er gegenüber dem Kunden Vertragspartner und Rechnungsteller. Die Koordination der Partner und die Auswahl sollten so weit als möglich automatisch erfolgen. Der Erfolg des Geschäftsnetzwerkes wird davon abhängen, ob die Unterstützungsleistungen für den Mobilitätsprozess zu einem attraktiven Preis angeboten werden können. Dies hängt jedoch wiederum von der Anzahl Kunden ab. Aufgrund der eingesetzten technologischen und personellen Infrastruktur und der damit verbundenen Fixkosten muss diese Art von Geschäft als Massengeschäft lanciert werden, d.h. es müssen möglichst viele Benutzer erreicht werden. Die Herausforderung dabei ist, mit potenziellen Kunden in Kontakt zu treten und das Netzwerk bekannt zu machen. Umfassende Unterstützung für den Mobilitätsprozess wird heute noch von niemandem angeboten. Für Einzelleistungen gibt es bereits gut etablierte SP, welche eine grosse Marktdurchdringung mit hohen Marktanteilen besitzen (z.B. TCS als Pannenservice). Grundsätzlich haben solche Leistungsanbieter, insbesondere wenn sie auf einem CC als Kundenportal basieren, eine gute Ausgangslage, um ähnliche Geschäftsarchitekturen zu bauen und ihre Leistungen entsprechend auszudehnen. Insbesondere die bei fast allen Versicherungen installierten CC eignen sich dazu. Darüber hinaus gehören die Automobilindustrie und Telekommunikationsanbieter zur direkten Konkurrenz. Netzwerkstrategien werden zur Unterstützung verschiedener Prozesse ausgelegt, wobei vorwiegend folgende drei Aspekte betont werden [vgl. Österle/Fleisch/Alt 2001, S. 99]: • Customer Relationship Management (CRM): Diese zielt auf die umfassende Betreuung der Beziehung eines Unternehmens zu einzelnen Kunden. • Supply Chain Management (SCM): Diese Strategie fokussiert auf das Design von reibungslosen Waren-, Informations- und Kapitalströmen und unterscheidet vier Hauptgeschäfts-Prozesse: Quelle/Lieferant, Planung, Herstellung und Lieferung. • Electronic Commerce (EC): Dieser Aspekt adressiert die Transaktionsprozesse. Eine erfolgreiche Netzwerkstrategie integriert diese drei Aspekte möglichst reibungsfrei zu einer gesamtheitlichen Lösung. Während des Mobilitätsprozesses soll der Kunde, wie bereits beschrieben wurde, umfassend bei der Erfüllung seiner Bedürfnisse unterstützt werden, womit der CRM-Aspekt umfänglich abgedeckt ist. Mit dem Einsatz von spezialisierten SP und der Koordination mit Hilfe moderner Technologie können die Anforderungen der SCM- und EC-Aspekte erfüllt werden.
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Die optimale Integration dieser Aspekte führt letztlich zu einer verteidigungsfähigen und erfolgreichen Wettbewerbsposition. Die exklusive Einbindung der Behindertenorganisation und der speziellen Informationsdienste ins Netzwerk sichert die Beziehung zur Pilotkundengruppe. • Differenzierungselemente der Soll-Position: Wie schon in vorherigen Abschnitten beschrieben sind zwei der stärksten und wichtigsten Differenzierungselemente des neuen Geschäftsnetzwerkes einerseits die Netzwerkfähigkeit, andererseits das Wissen um die Bedürfnisse der Kunden und die schnelle Realisierung der notwendigen Leistungen. Um eben diese Leistungen erbringen zu können, ist die Unterstützung und Kombination verschiedener Endgeräte ein entscheidender Erfolgsfaktor. So sollen einerseits Navigationsgeräte von Automobilherstellern mit Mobiltelefonen verknüpft werden. Ebenso sollten GPS-Geräte, kombiniert mit Mobiltelefonen oder Personal Digital Assistants (PDA’s) zum Einsatz kommen. Die Differenzierung erfolgt aber auch durch zusätzliche und neu kombinierte Informationen – speziell durch die Location Based Services. Technologisch heisst das, dass möglichst standardisierte und modularisierte Lösungen anzustreben sind, damit die vielen notwendigen Partner mit wenig Aufwand ins Netzwerk eingebunden werden können. Durch den Einkauf möglichst vieler Leistungen bei SSP fallen die entsprechenden Entwicklungskosten nicht im eigenen Unternehmen an. Gleichzeitig wird es dadurch auch möglich, sehr schnell neue Dienstleistungen auf den Markt zu bringen, da eine hohe Parallelität möglich ist. Ein weiterer Differenzierungsfaktor sind die Fähigkeiten der Mitarbeitenden des Contact Centers, die in vielen Fällen die direkten Ansprechpartner der Kunden sind. Die Mitarbeiter eines Contact Centers müssen die Bedürfnisse der Kunden sehr genau kennen und individuell die richtigen Services zur Verfügung stellen bzw. die Partner effektiv und effizient einsetzen. • Messkriterien des Strategieerfolges: Der Erfolg der Netzwerkstrategie hängt nicht zuletzt von der Netzwerkfähigkeit des gesamten Geschäftsmodells ab. Letzteres setzt sich aus den zahlreichen individuellen Business Cases zusammen, welche jeder der Knoten auf der Basis seiner spezifischen Kernkompetenzen zu erstellen hat und welche ausnahmslos erfolgreich umgesetzt werden müssen. Die Reziprozität des Nutzens muss gewährleistet sein [vgl. Fleisch 2001, S.233-235], d.h. dass für jeden SP die Teilnahme lohnend ist, da die Netzwerke ansonsten leicht instabil werden [Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 220]. Der Erfolg der Netzwerkstrategie muss laufend überprüft werden. Das hat zwei Gründe [vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 514]: 1. Überprüfung, ob die Strategie richtig umgesetzt wird (Willenssicherung). 2. Frühzeitige Erkennung, ob es Strategieanpassungen bedarf (Lernen). Diese beiden Punkte bedeuten, dass der Strategieumsetzungs- und der Strategiefortführungsprozess dauernd überwacht werden muss, um möglichst frühzeitig entsprechende Massnahmen ergreifen zu können.
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4.3
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Validierung des Netzwerks
Die erarbeitete Geschäftsarchitektur ist auf den Mobilitätsprozess für Behinderte ausgerichtet. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass die entstandene Architektur so umfassend ist, dass sie auch Mobilitätsprozesse anderer Kundensegmente abdecken kann. Diese Aussage gilt es jedoch in einem nächsten Schritt zu validieren. Die Segmente Senioren und junge Erwachsene eignen sich hervorragend, um die dazugehörigen Mobilitätsprozesse auf der Geschäftsarchitektur abzubilden, die Architektur zu durchlaufen und um damit mögliche Unterschiede oder gar Lücken zu identifizieren. Die Validierung am Mobilitätsprozess von Senioren und jungen Erwachsenen zeigt auf, dass das vorhandene Geschäftsnetzwerk für Behinderte mit nur marginalen Anpassungen auch auf vermeintlich gegensätzliche Prozesse angewendet werden kann.
4.4
Geschäftskonzept
Die bisherige Strategie des CC ist stark geprägt durch die Anlehnung an die Muttergesellschaft, in welcher eine Portal- und Service-Funktion wahrgenommen wird. Die damit verbundenen Kernkompetenzen beinhalten ein beachtliches Potenzial zur Ausdehnung der Geschäftsfelder. Das wird noch durch den Umstand untermauert, dass das CC eigenständig und erfolgreich existieren muss. Allerdings ist die erfolgreiche Positionierung als selbständiges CC im heutigen Rahmen kaum längerfristig verteidigungsfähig. Nachfolgend wird die Soll-Strategie des CC vorgestellt. 4.4.1 Markt Die Kernkompetenz eines CC kann durchaus gleichzeitig in mehreren Geschäftsmodellen zur Anwendung kommen, d.h. die CC-Funktion wird weiterhin für ihre Muttergesellschaft in Form eines SP durchgeführt. Parallel dazu nimmt das CC jedoch die SI-Funktion für das Geschäftsnetzwerk zur Unterstützung von Mobilitätsprozessen wahr. Das gleichzeitige Zurverfügungstellen von Leistungen in verschiedenen Architekturen hat die Vorteile, dass einerseits die Abhängigkeit von einem einzigen Geschäftsmodell reduziert werden kann, andererseits die Infrastrukturkosten auf verschiedene Modelle verteilt werden können. Dies senkt die Kosten pro Leistung tendenziell. Zudem werden durch die unterschiedlichen Einsatzgebiete wichtige Erfahrungen gesammelt, was wiederum eine Stärkung der Kernkompetenzen bedeutet. Die Summe aller involvierten Geschäftsnetzwerke und den damit verbundenen Modellen muss für das CC ein erfolgreiches Geschäftsmodell ergeben. Die folgende Grafik veranschaulicht die Beziehung der beiden Geschäftsnetzwerke zueinander, in welche das CC zukünftig involviert sein wird.
Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter
109
Tochtergesellschaft 1 Versicherungsgesellschaft
Tochtergesellschaft 2
CC
Spezielle Infodienste
Rehazentren
Business Bus Abbildung 12: Verknüpfung von verschiedenen Geschäftsarchitekturen Das CC Know-how und die Kenntnisse im Customer Care, d.h. die eigentlichen Kernkompetenzen eines CC, bilden dabei die zentralen Elemente und müssen permanent weiter ausgebaut werden. Der Einsatz neuester Kommunikations- und Multimedia-Technologie ist dabei unabdingbar, um im beschriebenen Netzwerk die Rolle als SI und in anderen Netzwerken weitere Funktionen erfüllen zu können. Ziel eines CC muss dabei sein, als Kundenportal zu dienen und erster Ansprechpartner für Kunden, d.h. im beschriebenen Netzwerk für Behinderte bei auftretenden Problemen im Mobilitätsprozess zu sein.
110
Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler
4.4.2 Produkt In Geschäftsnetzwerken entspricht das Endprodukt, welches der Kunde bezieht und für welches er ein Entgelt entrichtet, nicht unbedingt dem Produkt/der Leistung, welche/s durch einen Knoten erbracht wird. Die Knoten liefern ihren Kernkompetenzen entsprechend einen Beitrag für dieses Endprodukt. Die Geschäftsstrategie hat sich folglich auf diese zu erbringenden Teilleistungen zu konzentrieren. Wie bereits beschrieben, müssen dabei die Kernkompetenzen des CC die Basis für die der Geschäftsstrategie zugrunde liegenden Produkte bilden. In diesem Sinne muss die Produktpalette, welche ein CC ins Netzwerk einbringt, folgende Kernkompetenzen enthalten: • 7x24-Service • Verlässlichkeit • Branchenkenntnis betr. Sicherheit und Schutz • Entscheidungsfähigkeit und Kompetenz der Mitarbeiter • Know-how im Betrieb von einem CC und Alarmzentrale • Zusammenarbeit mit Assistance-Partnern 4.4.3 Kunde Die Kundenbeziehung ist in Netzwerkarchitekturen für einen Knoten nicht mehr eindeutig. Obwohl sich sämtliche Leistungen und Teilleistungen am Endkunden orientieren müssen, können in solchen Netzwerken durchaus andere Knoten zum primären Abnehmer der erbrachten Leistung und somit ebenfalls zum Kunden werden. In den jeweiligen Geschäftsstrategien ist diesem Umstand Rechnung zu tragen. Zu vergleichen ist eine solche Situation mit einem Bauprojekt, welches durch einen Generalunternehmer (GU) für den Bauherrn durchgeführt wird. Für die Lieferanten und Unterakkordanten ist somit neben dem Bauherrn auch der entsprechende GU ein Kunde, bei dem es sich lohnt, die Beziehung entsprechend zu pflegen, um auch später wieder Aufträge zu erhalten. Das CC übt neben der SI-Rolle im Netzwerk zur Unterstützung von Mobilitätsprozessen weiterhin die eigentliche Funktion eines CC für die Versicherung aus. Somit bleiben die Kundenbeziehungen, wie sie in der Ist-Analyse der Geschäftsstrategie dargestellt wurden, bestehen. 4.4.4 Konkurrenz Die Übernahme der SI-Funktion für das CC bedeutet eine Entschärfung der Wettbewerbssituation, indem ein zweites Standbein geschaffen wird und somit eine Diversifikation stattfindet. Durch die Konzentration auf die Kernkompetenzen werden diese durch ein zusätzliches Geschäftsmodell nochmals verstärkt, indem mehr Erfahrung gesammelt werden kann. Die Wettbewerbsposition als CC kann zudem verbessert werden, indem die fixen Infrastrukturkosten auf verschiedene Geschäftsmodelle und somit auch auf verschiedene Kundenkreise verteilt werden, können entsprechende Skaleneffekte realisiert werden.
Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter
111
4.4.5 Strategische Position
Entwicklung einer Netzwerkvision gemeinsamer Werte Festlegung und Anpassung einer Netzwerkstrategie wi Ge
Ausarbeitung eines Kompensationsschemas
ne an sp nn
Management-Ebene
Neben der bisherigen Rolle als SP (CC einer Versicherung) bedingt der Aufbau des Geschäftsnetzwerkes mit der Übernahme der SI-Funktion durch das CC zur Unterstützung von Mobilitätsprozessen die Ausübung weiterer, zusätzlicher Funktionen [vgl. Krystek/Redel/Reppegather 1997, S. 287ff.]. Grundsätzlich lässt sich dabei die SI-Funktion in zwei Ebenen unterteilen: 1. Kunden-Ebene: Hier wird die Integration bezüglich der operationellen Leistungen durchgeführt. Sie stellt den Teil dar, welcher mit den Kunden in Interaktion tritt und sich auf die Leistungsbündelung zur Bedürfnisbefriedigung des Kunden konzentriert. 2. Management-Ebene: Auf dieser Ebene wird das Geschäftsnetzwerk als solches betreut. Die für die Leistungserbringung notwendigen Knoten werden zusammengeführt und integriert. Dieser Teil ist vom Kunden kaum wahrnehmbar, ist aber für das Funktionieren des Netzwerkes essentiell. Insofern handelt es sich um die Netzwerkmanagement-Funktion. Die beiden Ebenen werden als Wertkette mit den entsprechenden Funktionen in der folgenden Abbildung 13 dargestellt.
Gestaltung der Kooperationsverträge Festlegung von Prozeduren der Abstimmung und Konfliktlösung
ne in ns pa n G ew
etc.
Informationsaufbereitung
Alarm-Zentrale
Internet-Portal
Call Center
Marketing, Akquisition
Kunden-Ebene
etc.
Abbildung 13: Wertkette [vgl. Porter 1989, S.63-66] Die in der Wertkette aufgeführten Funktionen, welche nicht abschliessend aufgelistet sind, setzen sich aus den Aktivitäten zusammen, für welche der Kunde bereit ist, ein Entgelt zu entrichten. Zusammen mit der Gewinnspanne müssen sie integral einen so grossen Deckungsbeitrag für das CC erwirtschaften, dass die Summe der generierten und durch die Kunden beglichenen Werte in den Wertketten über beide Geschäftsnetzwerke, in welchen heute das CC involviert ist, ein erfolgreiches Geschäftsmodell ergibt.
112
Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler
4.4.6 Prozesse Im vorliegenden Geschäftsmodell werden folgende Prozessarten unterschieden: • Leistungsprozesse • Managementprozesse • Geschäftsprozesse • Unterstützungsprozesse • Kundenprozesse Bei den Leistungsprozessen handelt es sich dabei um solche, die Dienstleistungen von den SP zur Verfügung stellen. Die Kundenprozesse werden durch das durch den SP gebündelte Angebot unterstützt und bilden schliesslich die eigentlichen Treiber des Geschäftsmodells. 4.4.7 Führung Neben den herkömmlichen, prozessintern orientierten Führungsbereichen (intraorganisatorische Führung) kommen neue dazu, welche sich mit den Beziehungen innerhalb des Netzwerks auseinandersetzen (interorganisatorische Führung), resp. dem Netzwerk selbst die notwendige Führung geben (Netzwerkführung). Dies impliziert eine Vielfalt von Managementaufgaben, die es zu koordinieren und auszurichten gilt (siehe auch Harmonisierung von Fremdorganisation und Selbstorganisation [vgl. Krystek et al. 1997, S. 292 ff.]). In der strategischen Führung werden die Schwerpunkte vor allem auf die unternehmensübergreifenden Managementfunktionen – also auf die interorganisatorische Führung und die Netzwerkführung – gelegt. Die Hauptelemente bestehen aus der Systemgestaltung, -lenkung und -entwicklung des Geschäftsnetzwerks, resp. der Netzwerkunternehmung [vgl. Krystek et al. 1997, S. 288].
5 Zusammenfassung Mit der Herleitung des Mobilitätsprozesses und dem weitreichenden Einbezug der Behindertenorganisationen8, wird dieser Beitrag dem Anspruch gerecht, sich mit den Wechselwirkungen der Mobilität auseinandergesetzt zu haben. Das Engineering von für die Unternehmung neuer, relevanter Leistungsangebote ist über einen Outside-In Ansatz erfolgt und berücksichtigt sowohl Kunden- als auch Firmennutzen zu gleichen Teilen. Ferner zeigt der Beitrag auf, dass in modernen vernetzten Geschäftsarchitekturen, dem Wechselspiel der Unternehmung mit der Umwelt als solche, aber auch der Wechselwirkung der bisherigen Wertschöpfungsrolle und der neuen Positio-
8
Mobilität ist eines der zentralsten Themen des Behinderten für die Wiedererlangung der Leistungsfähigkeit in der Arbeitswelt und damit der Eingliederung in das normale soziale Umfeld.
Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter
113
nierung als Teil eines Netzwerkes grössere Beachtung geschenkt werden muss und neue Managementansätze erfordert. Mit den vorliegenden Resultaten ist die Grundlage geschaffen worden, einen Business Plan für eine Geschäftsfeldausdehnung zeitnah als Entscheidungsgrundlage vorzulegen.
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Thomas Brack, Oliver Eugster, René Köfer, Kurt Mühlethaler
6 Literatur [Brecht 2001] Brecht, L.: Vorlesung eMBA in Business Engineering, 2. Block, 2. Woche, „Prozessentwicklung/Methode PROMET“, 2001. [Bundesamt für Statistik 2001] Bundesamt für Statistik: Mobilität in der Schweiz – Ergebnisse des Microzensus 2000 zum Verkehrsverhalten, Bundesamt für Raumentwicklung (Hrsg.), Bern/Neuenburg, 2001. [Deutsches Jugendinstitut 2001] Deutsches Jugendinstitut: Abteilung Jugend und Jugendliche, www.dji.de/projekte/default.htm, (gefunden am 20.11.2001). [Eisen 2001] Eisen, St.: Der Netpreneur – Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen für den Aufbau von Netzwerken, Dissertation der Universität St. Gallen, Nr. 2487, St. Gallen, 2001. [Fleisch 2001] Fleisch, E.: Das Netzwerkunternehmen – Strategien und Prozesse zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in der „Networked economy“, Springer, Berlin, 2001 [Forschungsprogramm Bundesregierung 2002] Forschungsprogramm Bundesregierung: Mobilität und Verkehr, www.tuvpt.de, (gefunden am 10.01.2002). [Kotler/Bliemel 1999] Kotler, P.; Bliemel, F.: Marketing-Management – Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, 9. Auflage, Schäfer-Poeschel, Stuttgart, 1999. [Krystek et al. 1997] Krystek, U.; Redel, W.; Reppregather, S.: Grundzüge virtueller Organisationen, Elemente und Erfolgsfaktoren, Chancen und Risiken, Gabler, Wiesbaden, 1997. [Lengwiler 2001] Lengwiler, C.: Gemeindemanagement in Theorie und Praxis, Ruegger, Chur, 2001. [Maas 2000] Maas, P.: Dienstleistungskompetenz und innovative Geschäftsmodelle, Belz, Ch.; Bieger, Th. (Hrsg.), Thexis, St. Gallen, 2000. [McKenna 2001] McKenna, R.: Speech at Garden Court Hotel, Silicon Valley, Advanced Management Program, Executive Development Center, Leavey School of Business, Santa Clara University, Summer 2001. [Mollenkopf 1996] Mollenkopf, H.: WZB Mitteilungen (Magazin des Wirtschaftszentrums Berlin für Sozialforschung) – Mobilität Älterer, Heft 73-September, Berlin, 1996.
Geschäftsmodell im Mobilitätszeitalter
115
[Mummert und Partner 2000] Mummert + Partner: „Mobile Commerce: Mobile commerce als strategisches Instrument zur Kundengewinnung und Kundenbindung in der Versicherungswirtschaft.“, Mummert und Partner Unternehmensberatung AG, Hamburg, 2000. [Müller-Stewens/Lechner 2001] Müller-Stewens G.; Lechner Ch.: Strategisches Management, SchäfferPoeschel, Stuttgart, 2001. [Österle et al. 2001] Österle, H.; Fleisch, E.; Alt, R.: Business Networking – Shaping Collaboration Between Enterprises, 2. Auflage, Springer, Berlin, 2001. [Österle/Winter 2000] Österle, H.; Winter, R. (Hrsg.): Business Engineering – auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer, Berlin, 2000. [Pepels 1995] Pepels, W.: Käuferverhalten und Marktforschung – Eine praxisorientierte Einführung, Schäffer-Poeschel, Stuttgart, 1995. [Porter 1989] Porter, M.E.: Wettbewerbsvorteile (Competitive Advantage) Spitzenleistungen erreichen und behaupten, Campus, Frankfurt am Main/New York, 1989. [Winter 2002] Winter, R.: Retail Banking im Informationszeitalter – Trends, Geschäftsarchitektur und erste Beispiele, Vorabdruck, St. Gallen, 2002.
Mobile Computing – Business Opportunities and Business Models from the Perspective of an IT Service Provider René Früh, Daniel Kesch, Stephan Plüss
1
2
3
4 5 6
Motivation, Goals and Proceedings ............................................................118 1.1 Goals: Building Blocks for a IT General Contractor Mobile Computing Strategy............................................................................119 1.2 Structure and Methodology ................................................................119 Derivation of Mobile Computing’s Basics .................................................120 2.1 Definitions and Terminology..............................................................120 2.2 Trends.................................................................................................125 2.3 Market ................................................................................................130 Identification and Description of High Potential Branch Cases..................134 3.1 Mobile Enterprise Resource Planning ................................................134 3.2 Mobile Marketing...............................................................................137 Modeling Agile Computing Solutions ........................................................143 Conclusion and Findings.............................................................................153 Literature.....................................................................................................154
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René Früh, Daniel Kesch, Stephan Plüss
1 Motivation, Goals and Proceedings Over the past five years, we have witnessed two global megatrends that have shaped our world as we experience it today: • the exponential growth of the Internet as the digital platform for sharing information and conducting business transactions around the world; and • the continuous and rapid adoption of mobile devices as life-style choices and means of communication leading to an increase of our individual mobility. Although these two megatrends are reaching maturity, a third megatrend has already emerged. This third megatrend is one of convergence: it promises to enable and to integrate different modes of fixed-line and wireless communications – from local area networks, to cellular signals, to radio and TV broadcasting, to satellite communications and the fixed Internet – to eventually culminate in seamless merger of technologies in a global computing infrastructure where mobile users will be able to access any service over any device at any time. Nobody can deny the potential. The players from all technology-related industry segments – telecommunications, mobile device manufacturing, and information technology – are either already executing or are in the process of defining a competitive strategy for gaining a foothold in the ‘magic Mobile Economy Triangle’. Every company will have to find answers to a set of key questions: • How will the market for mobile computing solutions evolve? • What service and solutions opportunities will exist? • How will mobile applications and services look like? • What new business models and structures will prevail? • How will end-users choose services? • What will customers pay for? • What will the mobile value chain look like? What are its dimensions? • How should companies define and execute a competitive strategy? Within the context of our work, we offer some first answers to these questions and present key findings that (hopefully) render transparent the complexities behind the realization of a global mobile computing infrastructure and the business opportunities that it presents. The basic premise was: • the exploration of mobile computing business opportunities • through coverage of emerging trends and the state-of-the-art of mobile computing technologies, and • an assessment of the current mobile computing market, leading to • the definition and derivation of relevant mobile wireless (Electronic-/Mobile-) Business Models • using two high-potential branch cases • from the perspective of a Swiss IT1 general contractor enterprise
1
IT = Information Technology
Mobile Computing
119
• to ultimately formulate several building blocks to be used in a future formulation of a competitive mobile computing strategy. The next chapters define the underlying goals and motivate the work’s underlying structure.
1.1
Goals: Building Blocks for a IT General Contractor Mobile Computing Strategy
The body of work delivers a set of conceptual buildings blocks which can be incorporated into a future body of work(s), such as: • the formulation and definition of a IT general contractor company’s mobile computing strategy; and • the institutionalization of a technology management process; and • the creation of a relevant process map for customer support. However, we cannot present to you the concrete descriptions of these building blocks results in this body of work excerpt for the obvious reason of confidentiality. Although unfortunate, we hope that you will still be able to find some stimulating information.
1.2
Structure and Methodology
To motivate the structure of the body of work, we introduce the analogy of an ‘information funnel’. It enables us to structure the body of work into roughly three parts. • Part one (the collector of the ‘information funnel’) is essentially a coverage of the state-of-the-art of mobile computing trends, technologies, and relevant market developments. • Part two (the body of the ‘information funnel’) represents the conceptualization of the state-of-the-art coverage into abstract models to understand underlying mechanisms with respect to the end-user buying cycle, the value chain, and relevant business models and architectures. • Part three (the tube of the ‘information funnel’) condenses the gathered information and concepts from parts one and two and maps them into several conceptual building blocks for the formulation and definition of a Mobile Computing strategy for an IT general contractor. This information funnel structure is depicted in the following graphic:
120
René Früh, Daniel Kesch, Stephan Plüss
1. Motivation / Problem Context / Goals 2. Definitions / Terminology 3. Trends Analysis
Part One
4. Market Analysis 5. Branch Cases
Part Two
6. Models
Part Three
7. Building Blocks
Figure 1: Work Structure: Information Funnel
2 Derivation of Mobile Computing’s Basics In order to support customers in successful positioning, designing, implementation and operation of Mobile Computing applications, it is necessary for an IT general contractor to understand the Mobile Computing Basics. Starting from clear definitions and terminology, followed by market considerations, promising application areas and finally a set of abstract models that allow to understand and discuss the underlying mechanisms, cumulating finally in a generic Mobile Computing business model. It is the writers intention to provide a kind of jump-start into the field, a solid base for getting in touch with Mobile Computing and to consolidate different aspects in a compressed form, offering various links for more detailed literature.
2.1
Definitions and Terminology
During our research we realized that there existed no concise definition of the topic under consideration. We neither deal with Mobile Computing – which is associated with conservative offline or isolated online (Bluetooth, Wireless Local Area Networking) use of bulky laptop computers and painful data and/or application synchronization – nor with intangible Ubiquitous Computing (do you really want your fridge to order food in the near future?). We care about the promising step between those stages – handy wireless always online communication devices that fulfill the ‘Anywhere-Anything-Anytime Paradigm’ – and created the term
Mobile Computing
121
Agile Computing for it. We would also like to stress the differentiation between Mobile Commerce – same service over a different distribution channel – and Mobile Business – innovative products and services based on the Agile Computing’s Technology Added Values, that exceed today’s customer requirements. 2.1.1 Agile Computing
Ubiquitous Computing
Integrated indistinguishable disappearing
Portable physical, visible
Stationary islands, cells
Pervasive Computing Mobile Computing
Agile Computing
Desktop Computing
Offline
Online Wired
Wireless Computing
Online Wireless
Figure 2: Definition of Terms: Technology-related classification In order to avoid inaccuracy, we introduce ‘Agile Computing’ as a technologyrelated term in the sense of the A3 Paradigm. We place a distinct emphasis on the dimensions ‘anywhere’ and ‘anytime’ and their emerging applications in consumer and corporate business use cases. Notably, for Agile Computing conscious human interaction is still required while the aspects and the process of miniaturization (e.g. device visibility) are of less importance. Agile Computing • comprehensive mobility • permanent connectivity to the same (global) information and application resource environment (e.g. World Wide Web, company intranet, etc.), even when moving from network to network • versatile devices • human interaction interface
122
René Früh, Daniel Kesch, Stephan Plüss 3
2.1.2 The Anywhere-Anything-Anytime (A ) Paradigm The definitions and the more or less precise descriptions of Pervasive/Ubiquitous Computing are not uniform. Even when drawing on additional references about the subject, we find that variety and deviations persist. While they contain no evident contradictions, they ascertain three common elements constituting a new paradigm: Anywhere-Anything-Anytime (A3) Paradigm • increasing number of computers/devices (per capita) removed from people’s awareness (anything) • access to data regardless of location (anywhere) • permanently networking and communicating (anytime) Following the comparison of a selection of different definitions and views, we conclude that the meaning of ‘Mobile Computing’ does not necessarily cover the essentials and requirements of the products and services under investigation. In fact, the meaning of ‘Mobile’ is very much limited to the ability to physically relocate the computing device. 2.1.3 Agile Computing’s Technology Added Value
Info Logistics
Agile Computing offers unique features to add value to the end user. These Technology Added Values are a combination of four underlying attributes and four main application focuses [derived from Zobel 2001, p. 63ff; Geer/Gross 2001, p. 155ff; Durlacher 1999, p. 8ff/66ff]:
Ubiquity Proactivity
Extended Context Awareness
Transaction
Comfotainment
Remote Control
Networking
Figure 3: Technology Added Values by Agile Computing Consisting of Four Characterizing Attributes together with Four Main Application Focuses
Mobile Computing
123
• Networking: Based on the communication possibilities among mobile devices, Agile Computing applications may not only use client/server but also peer-topeer networking and thus exploit the network effect described by Metcalf2 exhaustively. This is considered to be a fundamental property for M-Business. • Ubiquity: Due to its portability and compactness, the mobile communication device is always with the end-user. In addition, future mobile network generations will allow the device to be always online and hence ready for the end-user at all times, from virtually any location, providing instant connectivity to the Internet, without time-consuming boot and dial-in procedures. Ubiquity allows the end-user to act spontaneously. • Proactivity: Due to the always-on concept, providing extended, but end-user controlled availability, together with ubiquity, it is an obvious concept to push information on a permission and profile based marketing model straight to the pervasive end-user device. This enables the transmission and use of timesensitive information, whose value is inherent in its immediate delivery, preventing significant opportunity costs. • Extended Context Awareness: Agile Computing applications benefit not only from the time, activity and preference context, but also from a unique location context that allows Agile Computing solutions to provide the end-user with precise suitable information and integral process support according to the four dimensions: time, activity, preferences and location. • Extended Personal Information Logistics: Mobile devices closing the chasm to the personal information sources through ubiquitous access leads to an increased efficiency and a new type of immediacy, qualified through personalized customization, instant connectivity, extended availability and inherent timeliness. • Comfotainment: Future generation of input/output technologies will boost mobile devices to be the preferred spare-time companion to chat with friends, satisfy information needs, listen to music, watching movie clips and gaming, fully in line with the respective social trends. The perfect media for the convergence of Communication, Information and Entertainment. Technology in itself is exciting, but only its use to make life easier and more convenient makes it successful and valuable. • Transaction: The integration of payment services into the mobile device leads to another payment revolution by further simplifying and dematerializing the payment process as well as bridging the gap between the virtual Internet and the physical real world. Security will be crucial, but the SIM3 and WIM4 card embedded in today’s mobile communication devices as an authentication source, enables a higher level of automated security mechanism than currently typical for the fixed Internet environment. 2
Metcalf's Law illustrates the power of networking: As the number of users doubles, the value of the network quadruples. 3 SIM = Subscriber Identification Module 4 WIM = Wireless Identity Module
124
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• Remote Control: The end user gets empowered by extending his area of influence through permanent control of his personal and business services over his mobile device. The implementation of these unique attributes through applications based on mobile communication devices leads to the term Agile Computing: The seamless and valuable integration of the Computing Revolution‘s third wave – the interconnectivity described by Backus [Backus 2001, p. 71ff] – into everyone’s daily life. This transformation may be best characterized by the A3 Paradigm (see chapter 2.1.2), that summarizes the Technology Added Value described above: Ubiquitous support of end-user processes – anytime, anywhere, anything. 2.1.4 The Agile Computing Value Chain As a differentiatior to the value chains descriptions almost consistently found in the literature considered [see Zobel 2001, p. 121; Geer/Gross 2001, p. 101; Butler Group52001, p. 25], we do not claim a list of Agile Computing stakeholders to represent a value chain. But we strongly follow Porter’s approach and present our Agile Computing Value Chain as a sequence of processes, implemented by a company’s core competencies and accompanied by internal supporting processes. By applying Porter’s principles to a generic Agile Computing company and taking into account the underlying value chains, we identify the following primary activities: • Content Provisioning: Research, aggregation and preparation of shared or exclusive information objects, including both static and dynamic content (e.g. application and service requirements)6 • Content Implementation: Conception and engineering of protocol and device independent information objects • Application Provisioning: Installation, maintenance, monitoring and operation of single applications and services as well as their required infrastructure • Customer Relationship Management: Active management of customer relations by gathering and aggregating customer preferences and behavioral information as well as seamless customer buying cycle support • Portal Provisioning: Aggregation, integration, personalization and multi-access capable provisioning of static as well as dynamic information objects, provided along the end-user process • Network Provisioning: Channel for end-users to access voice and data services through a wide range of different (mobile) communication devices
5
Butler Group (http://www.butlergroup.com) is a European analyst company with an established an enviable reputation for the impartiality and incisiveness of their research on information technologies and their impact on business. 6 Information Objects are used here as term for both, static content (e.g. a news article) and active content (e.g. foreign currency calculator, exchange order entry, etc.) [see Schmid 2001]
Mobile Computing
125
In addition, the following secondary activities are required to finally create immediate added value for the end-user: • Physical and Logical Infrastructure Provisioning: Technical as well as software platforms to run the processes described above Physical Infrastructure Provisioning Logical Infrastructure Provisioning
Content Provisioning
Content Implementation
Application Provisioning
Customer Relationship Management
Immediate Added Value Portal Provisioning
Network Provisioning
Figure 4: Agile Computing Value Chain The unique characteristics of this value chain are the following: • The combination of economy of scale (source: MNO and WA/ISP7) and economy of scope (source: ITSP8) resulting in an economy of scale with individualized but not individual information objects • The goal of the value chain is hence not an aspired profit margin, but an immediate added value to the end-user enabled by the Agile Computing Technology Added Values (see chapter 2.1.3), converted into a company’s revenue on a value-based pricing schema
2.2
Trends
The goal of this chapter is to prepare a solid, multi-perspective base by exploring three major trajectories driving the Agile Computing: Society, Technology and Business together with their underlying mechanisms of actions: • Society: Communication, Values, Beliefs • Technology: Metcalf’s & Moore’s Law • Business: Deregulation, Globalization, (Dis-)Intermediation 2.2.1 Impacts of Society Trends on Agile Computing The first industrial revolution – triggered by James Watt’s improved steam engine in mid 1770s – produced many social and economic changes within only 50 years (among others, the invention of the railroad in 1829). The second industrial revolution – triggered by inventions of the computing in the mid 1940s – also produced massive social and economic changes, culminating only 50 years later with the adoption of the Internet in the 1990s. 7
WASP = Wireless Application Provider; ISP = Internet Service Provider, e.g. Bluewin, Tiscali 8 ITSP = Information Technology Service Provider
126
René Früh, Daniel Kesch, Stephan Plüss
These parallels are close and striking enough to make it almost certain that – as in the earlier industrial revolutions – the main effects of the information revolution on the next society still lie ahead and come hand in hand with an appropriate killer application. However, we do not have to wait another 50 years for Agile Computing breaking through. Anyway, some general impacts may be listed as a conclusion of the trends described in the chapters above [in extension to Zobel 2001, p. 68ff]: Trends
Agile Computing Implications
Social relations and esteem
The phone and the Internet are today’s preferred instruments to initiate and maintain relations. Their convergence together with member based applications supports the building of communities and exploit Metcalf’s Law of tremendous network connectivity power. The trend to balance private and professional life offers opportunities for Agile Computing applications that exploit even the shortest break from competitive struggle by providing communication, information and entertainment facilities. Agile Computing applications have to provide more than ubiquity: The trend towards comfortable, usable, daily micro process supporting aglets9 has to be considered in order to be successful. Agile Computing applications close the personal information logistics gap by leveraging the mobile communication device towards a virtual remote control. This allows the end user to virtually extend his area of power through accessibility of information and functionality as well as bridging the chasm between physical and virtual world. Information processing is taken to the point of action.
Comfotainment
Convenience – simpler, easier, more
Sphere of influence
9
Aglet = Little piece of mobile software (called applet) that supports the end user autonomously (called agent): The aglet represents the next leap forward in the evolution of executable content on the Internet, introducing program code that can be transported along with state information. Aglets are Java objects that can move from one host on the Internet to another, e.g. a mobile communication device. That is, an aglet that executes on one host can suddenly halt execution, dispatch itself to a remote host, and resume execution there. When the aglet moves, it takes along its program code as well as its data. [see IBM 2001c].
Mobile Computing
Personal Safety
Ecology & Health
Willingness to pay
127
Agile Computing devices are dedicated helpers in emergency cases. They are able to transmit position and identification information as well as make helping entities accessible ubiquitously. The set up of the next mobile technology’s infrastructure and the development of advanced mobile communication devices and applications might be delayed by governed regulations based on ecological, healthcare and privacy objections. In the B2C area, professional change management is required to develop the arising consumer’s willingness to pay for value added services considering the predominant Internet coined ‘everything for free’ mentality; it is much easier to persuade the B2B/E area of the business economic benefits resulting from Agile Computing solutions and services
Table 1: Impacts of Society Trends on Agile Computing
2.2.2 The Problem of Interdependent Agile Computing Technologies The proliferation of the Internet and the exponential adoption of mobile phones are the two most influential technological developments in the last five years. The vision of the combination of these two technology developments over the next years is the key driver towards the development of a global Agile Computing infrastructure and the notion of ‘any information service to any device over any network’. With regard to the Agile Computing technology trends, we can currently discern two megatrends that clearly drive the current technology innovation in the areas of communications and network infrastructure development and device/hardware design: • the enabling of broadband wireless connectivity and • the convergence of mobile device functionality. These two megatrends in turn are the key enablers pushing several Agile Computing industry-segmented trends that can be grouped into three broader themes: 1) infrastructure innovation, 2) hardware/device innovation, and 3) the relevant development of software platforms and frameworks. In the body of work, we described the major technology trends and the concrete industry-specific innovation directives currently being undertaken. One key aspect that we would like to motivate at this point is that the implementation of a global Agile Computing technology infrastructure and relevant mobile services and applications certainly will become an issue of mastering complexity.
128
René Früh, Daniel Kesch, Stephan Plüss
The issue of complexity will become clear if we understand that the enabling technologies themes that we motivated are to a great extent interrelated, or conversely dependent upon each other. A relevant mobile service or application is only viable if the underlying enabling technologies (network infrastructure, device manufacturing, software platforms, etc) already contain the necessary characteristics that make the development of a mobile service or application possible at all. Therefore, any future development of Agile Computing services and applications must be looked at upon from a 360 degrees perspective. We achieve this by introducing a comprehensive model for Agile Computing applications. Our Agile Computing reference model [Kahmann 2001, p. 20] is made up of four different layers each presenting relevant enabling technologies. The layers are stacked on top of each other to show the interdependence of enabling technologies with respect to developing and deploying mobile services and applications.
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GSMC / GUMSC
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Gaming Server
Multim . Server
DNS / Radius
Unified Messaging
Banks Banks Internet/ Internet/ Intranet Intranet Other Other Service Service Platforms Platforms
Internet / Internet / Intranet Intranet PSTN PSTN
GGSN
Other Other PLMNs PLMNs
Comm. Network Infrastructure
Smart Phone
End-User Devices
Voice Phone
Palm Pilot
Communicator
Figure 5: Agile Computing Reference Model [Kahmann 2001, p. 20]
Mobile Computing
Trends
Agile Computing Implications
Wireless Broadband Connectivity
The built-up of broadband wireless connectivity in all areas of wireless communications (cellular, network, satellite) is the key enabler for realizing a global computing infrastructure that supports the necessary bandwidth for attractive mobile applications and services. The convergence of mobile devices will greatly enhance their attractiveness to mobile end-users since issues of device incompatibility and synchronization among devices will (slowly) disappear.
Mobile Device Convergence
129
Table 2: Impacts of Technology Trends on Agile Computing
2.2.3 Impacts of Mobile Business Trends on Agile Computing Agile Computing is currently a typical disruptive technology where the initial overall performance does not meet today’s market requirements [Zobel 2001, p. 31ff]. Examples for limitations are among others: Data transfer rate, end user device input/output capabilities, mobile network operator pricing models and lack of omnipresent network availability. Trends
Agile Computing Implications
Differentiation between mobile consumer versus Mobile Business applications and services.
This differing orientation will result in differing applications and services development, hindering an effective deployment of Agile Computing solutions that do not take into account the support of these specific mobile consumer versus Mobile Business characteristics. The deployment of relevant mobile applications and services will get more complex, since compatibility and cost of deployment between these two segments will become an issue.
Enhanced Deployment Complexity
Table 3: Impacts of Mobile Business Trends on Agile Computing
130
2.3
René Früh, Daniel Kesch, Stephan Plüss
Market
The single most important challenge facing all the market players for their future market positioning is the comprehensive coordination of the new Agile Computing Value Chain and its corresponding elements. It is along this new Agile Computing Value Chain that the competition among the market players ultimately takes place. Moreover, since all the value chain elements are connected to each other in some form, the whole Agile Computing market must face the issue of setting overall technology standards that will enable the market (and its players) as a whole to achieve a sustainable growth rate. We will elaborate on this value chain issue later on in this chapter. We have found that the statistical data published by the sources quoted can diverge considerably when compared with other sources. Due to the lack of transparency regarding basic assumptions and underlying sequences the reasons for the differences cannot be identified. Generally, we used the sources providing the highest relative transparency available. 2.3.1 The Magic Mobile Economy Triangle If we look at the wireless mobile market as an ‘economy’ from a bird’s eye perspective, then we can motivate the following macro-concept to position the subsequent discussion of the overall mobile market: the magic triangle of the mobile ‘economy’. Devices
Mobile User
Networks
Applications
Figure 6: The Magic Mobile Economy Triangle [Hess 2002] This mobile economy triangle is fueled by the enormous growth in mobile users and translates into a huge revenue opportunity for the leading players in this space. But the mobile network operators, the device manufacturers, and the mobile appli-
Mobile Computing
131
cation and service providers are in a fierce competition for the mobile end-user and his acceptance of mobile economy’s offerings. However, the mobile economy is looking back on a difficult year 2001, where its overall growth has significantly slowed [Geer/Gross 2001, p.26]. The cause for this slowed growth can certainly be attributed to the complexity of the interplay between mobile network operators, device manufacturers and application and service providers in this triangle of the mobile economy. The mutual accusations of ‘slow GPRS/UMTS infrastructure built-up’, ‘missing end-user devices’, ‘nonusable applications’ currently hinder a focused process of improving the current situation, since each of the actors only perceives his own strategic orientation and unique selling proposition instead of offering a convincing value proposition to the mobile end-user. Additionally, an assessment of the status quo of the mobile economy is further complicated by the regional differences between Japan, Europe, and the United States, and the relevant market players in each of these regions. The magic Mobile Economy Triangle among networks/infrastructure, end-user devices and providers of mobile applications and services, all competing for the mobile end-user's acceptance, rather looks to be a Bermuda Triangle at the present time. In addition, the Agile Computing Value Chain is still subject to transfiguration: In the current stage, the stakeholders tend to cover all of the value chain at the same time. This is supported by legacy structures (e.g. MNOs10 as postgovernmental organizations), supplier-centric and -protective technology evolution (e.g. localization technology is MNO bound) and missing Business Model proof-of-concepts (e.g. sustainable revenue models vs. cross-subsidy). However, mass market penetration, wireless Internet availability and standardization promise the optimistic market projections – more than 1.5 million Agile Computing subscribers in Western Europe in 2003, causing more than 1 billion USD on software investment [Ovum 2001, p. 152] – to become reality. A market too lucrative for a major European IT Service Provider to miss the opportunity. 2.3.2 Market Enablers The following key drivers are responsible for the growth expectations of the Agile Computing market [Durlacher 2002, p.10ff]. • Mass Market Penetration: With mobile communications penetrating the mass market, network providers and operators are facing a decreasing ARPU11. Price erosion especially for mobile voice service is faster with third and sometimes fourth mobile communications operators having entered the market in many European countries. There is a shared expectation throughout the mobile market that within a few years the mobile tariffs will reach the same levels as fixed tariffs. Therefore, network providers will try to continuously innovate and implement new applications and services on their infrastructure in order to turn around the trend of decreasing ARPU. 10 11
MNO = Mobile Network Operator ARPU = Average Revenue per End-user
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• Wireless Internet: With the near-future arrival of mobile end-devices that support a wireless packet-based access to existing Internet services (for example, with GPRS), the overall Internet and mobile markets will once again start to grow due to the existing E-Commerce services that will then be augmented with first M-Commerce applications and services. • Supplier Push: The push from players along the mobile value chain, especially from the equipment manufacturers with microbrowser-enabled smartphones, will help to drive the Agile Computing market up. • New Billing Principles: With the introduction of the GPRS infrastructure, the per-minute pricing model will be no longer relevant. Instant access to mobile applications and services requires an ‘always-on’ connection, necessitating a new form of pricing mechanism: with GPRS, the pricing model will be volumebased based upon the amount of data packet traffic from the mobile end-device to the mobile communications infrastructure. Alternatively, the access to mobile applications and services could be charged based on value-based pricing. This pricing model would relate to various price tags for certain services, whether they are e-mail down- and up-loads, stock trades or location-based map information. NTT DoCoMo has been using this model successfully since February 1999 for their new I-mode service. • Personalization: Since mobile phones already allow for the identification of the end-user through the SIM card, the information to the consumer can be filtered according to his likes and dislikes. The maintenance of a mobile end-user profile will form a fundamental part of end-device personalization. • Location-Based Services: In the near future, a mobile user will have access to a number of personalized services based upon his location in the communications infrastructure. Seamless access to location and navigation applications could become the first wave of popular mobile applications. • Development of Wireless Standards: Network operator and mobile client standards such as GPRS, UMTS and WAP 2.0, and wireless networking standards such as Bluetooth, will provide a structure to allow service providers to build future mobile applications in the market place. 2.3.3 Market Disablers The following key constraints might inhibit or delay the growth expectations of the Agile Computing market [Butler Group 2001, p.15]. • Transmission Speeds: The introduction of GPRS in 2002 in several countries in Europe should help improve on the current limited bandwidth. However, since the built-up of relevant UMTS infrastructures is still two to three years away, mobile applications will need to be designed to take into account the limitations of the mobile communications infrastructure and the constraints of mobile enddevices in terms of display size and storage capacity. • Environment Complexity: The diversity of not only the mobile end-devices (hand-sets, PDAs, smart phones) but also the underlying networking technologies will add complexity to the deployment of mobile applications and services.
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•
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133
This will further be complicated by the use of different data transport mechanisms in Asia, Europe and the United States. Non-Operability of Current Mobile Devices: The heterogeneity of the mobile communications infrastructure, with differing mobile end-device operating systems, access gateways, micro-browsers, and communication protocols means that one combination of technology might not work together with another. The scenario of mobile consumers being locked into vendor proprietary technologies will certainly inhibit the growth of the overall mobile market. Security Infrastructure and Loss of Privacy: All communicating parties along the mobile value chain will need a reliable method obtaining mutual identification and ensuring confidentiality. Therefore, the question is not only about ensuring that no one can access the relevant information, but making sure that the communicating party is in fact who they claim to be. In addition, the loss of privacy due to the ability to precisely locate a mobile hand-set device is potentially a downside for users of mobile devices. Lack of Corporate Standards and Policies: A barrier to the adoption of mobile applications and services by the corporate world lies in the management complexity of the mobile end-devices used by employees. The current lack of overall corporate wireless standards and policies could cause companies to struggle in adopting particular hardware and software. Data Synchronization: The current incompatibility of synchronization technologies could slow the growth in the usage of mobile end-devices. The biggest problem of users of mobile devices and relevant applications is the difficulty of keeping data between each device and application synchronized and up-to-date. Health Safety Concerns: The exponential growth of mobile hand-set usage is causing concerns about possible impacts on public health. Additionally, there is already a growing public unease with the future built-up of new radio masts required by the UMTS infrastructure. Return-On-Investment in UMTS: The huge investments made by the network operators in 1) purchasing UTMS licenses around Europe and 2) the built-up of the required infrastructure in their relevant countries presents the network operators with the problem of how to recoup their massive capital expenditures with revenue-generating mobile applications and services.
2.3.4 The Transfiguration of the Agile Computing Value Chain Up until very recently, the Agile Computing Value Chain originally consisted of only two elements: the mobile phones, manufactured by companies like Nokia, Ericsson and Motorola, and the call handling networks operated by the telecommunications companies, such as Deutsche Telekom, Swisscom, Vodafone, around the world. This was insofar possible that up until the year 2000, the only true major mobile applications were ‘voice’ and SMS. Additionally, the content of these two mobile applications was primarily created by the end-user itself. These mobile applications were also marketed directly by the telecommunications companies themselves as ‘mobile services’.
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Against this historical backdrop, a fundamental change is about to occur: in the near future, more and more mobile applications and their corresponding content will be directly created in the telecommunications network infrastructure by additional companies whose core competency clearly does not lie in the management and operation of the telecommunications infrastructure itself. Based on this change, a new Agile Computing Value Chain comes into existence. It contains additional elements and introduces new interfaces along these elements. Each of these additional elements introduces a new sub-market within the overall Agile Computing market; moreover, the new interfaces along the elements define the areas within the sub-markets where companies will not only compete but in fact have to jointly coordinate their efforts in adding value to the mobile end-user. Moreover, the structure of the overall mobile market becomes very complex indeed. Because market conditions are changing rapidly, players in the value chain are constantly repositioning themselves in their market areas and/or are moving to or between different market areas. It is difficult for a single company to offer end-to-end solutions on its own to customers, which means that partnerships are crucial to their survival. Companies are tangled in a complex network of interrelationships.
3 Identification and Description of High Potential Branch Cases The following chapters motivate – as a kind of appetizers – Agile Computing Business by describing two sound cases from high potential branches where mobile solutions are or are about going to be in place. In order to characterize the branch cases in our body of work, we follow the structure proposed by Timmers [Timmers 1999, p 47ff], if appropriate. First, we introduce the business with its context and its principles. Then we describe the offering as well as the core competencies and technology required to provide those products and services. Next the customer, its process and its benefits are mentioned. A survey of the competition, marketing and positioning strategy completes the description together with a conclusion..
3.1
Mobile Enterprise Resource Planning
Employee mobility is the norm today, but organizations still treat mobility as an exception in terms of the technologies used to support it. Accessing business information and applications at the start of the 21st century remains a largely deskbound pursuit, requiring a PC and a fixed or localized WLAN connection, cutting off mobile workers from the enterprise backbone, disabling them to access or feed data into enterprise applications.
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135
Figure 7: The Two-Way Information Access Evolution from Deskbound Computing towards Either Localized Mobile Computing or True Agile Computing [Ovum 2001, p. 202] Behind Mobile financial services (e.g. stockbroking, banking and payment) as well as personalized, often location-based Mobile shopping services, business applications within the B2B and B2E area will contribute significantly to the Agile Computing market development. Applications as mobile extensions to existing ERP systems (including SCM12 and CRM13) and Workforce solutions within the financial industry are about offering a considerable mid-term opportunity for IT Service Providers having an in-depth business, ERP and Workforce system and mobile technology know-how.
Figure 8: Expense Reimbursement Using mySAP Mobile Business on a J2ME compatible Nextel Handset [SAP 2002]
12 13
SCM = Supply Chain Management CRM = Customer Relationship Management
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Whereas efficiency improvements regarding personal information management and eased administrative processes and tools might be realized across all industries, the applied mobile paradigm is able to add significant value to SCM in manufacturing respectively CRM in the financial services industries: The need to increase the level of customer satisfaction within the financial service industry through value added services is a key focus in an environment of converging products and services. When competition is only one click away, the customers must be motivated to stay. Thus, the ability to respond immediately to customer requests while cut off from conventional personal information logistics and the enabling of high level customer self-service will not only increase customer satisfaction, but also companies will save money by avoiding the use of live customer service representatives. Business-to-Employee (B2E) respectively Business-to-Professional (B2P) applications and services are deployed within the workforce to increase efficiency, automate workflow, and tighten the communication cycle. B2E opportunities are immediate and within reach for businesses with large workforces, a significant number of established customers, or decentralized retail or distribution centers. Agile Computing solutions can be used to mobilize and automate real-time access to critical data and business functions. The following points describe advantages of projects applying Agile Computing to B2E: • Businesses enjoy the control over internal systems and processes. Clear definition of related systems and processes enhances the potential for success. • Most of the companies implemented an ERP solution such as SAP or Peoplesoft14 respectively an office automation/groupware suite such as IBM Lotus Notes/Domino15 that provide interfaces to support the A3 Paradigm today and allow hence a complete seamless information logistic to be provided (M-ERP), from barcode reader to business warehouse, making the user’s choice of information access device and technology less of an issue. • A business has a high level of control over the adoption curve when employees are the end users. Enterprise-wide process can drive adoption based on business priorities. Additionally, enterprise-mandated policy is a strong vehicle for socializing new initiatives. • End-user input and feedback is critical to designing and maintaining of a valuable service offering. Businesses can discover and explore employee needs and expectations more easily and with more certainty than those of any other type of user group. The large size, fragility, complexity and lack of immediacy of laptops have left a large number of mobile workers disenfranchised when it comes to information access. The adoption of wireless communication devices will not only provide untethered access for consumers, but also will increase productivity and mobility for corporate employees. Therefore, enterprises strive to become more efficient by mobilizing their workforces (for a detailed analysis of Agile Computing application potentials within companies [see Steimer/Maier/Spinner 2001, p. 97ff] 14 15
see www.peoplesoft.com for details see http://www.lotus.com/home.nsf/welcome/domeveryplace for more information
Mobile Computing
137
Figure 9: Office Productivity as A Mid-term Agile Computing Opportunity [Ovum 2001, p. 202]
3.2
Mobile Marketing
The massive surge in mobile phone ownership has created a unique communication channel that is direct, personal, interactive, targeted and stays with the consumer everywhere he goes. However, mobile advertising is undeniably in its infancy. Targeted market communication through wireless and mobile channels has the potential to become a strong business case for content and service providers. Leveraging on the specific added value propositions of Agile Computing described in a previous chapter, mobile marketing in general, and mobile advertising in particular, is likely to have a considerable impact on the M-Commerce landscape. Therefore, Mobile Marketing is presented as a high potential branch case with opportunities and inhibitors followed by the description and the analysis of ‘Quick&More’, a B2B/B2C service offered through a joint project of Publicitas and Swisscom Mobile. 3.2.1 Opportunities in Mobile Advertising Much like in the fixed Internet economy mobile advertising will unfold its huge potential only if revolutionary advertising forms specific to the wireless communication technologies are developed. Mobile advertising that plays ubiquity, context sensitivity and data pro-activity is bound to respond to the individual recipient’s interests and requirements, with an unprecedented degree of relevance. The drivers in creating added value are:
138
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• Location-dependency16: In the context of M-Commerce mobile advertising is ideal for the local vendors. The combination of wireless devices enabling location-based services and personalized advertising via the mobile device promises to make good sense. Apart from the location-related provision of directories and listings, target customers can be reached when they are near the actual outlet. Additional wireless enabled functions (e.g. price comparisons, payments services, etc) can support the user in his buying process including the fulfillment. • Pro-active and Personalized Advertising: Based on collected (e.g. from a portal relationship) and utilized calling patterns, user preference and demographic data, personalized advertising messages and offerings can be sent to customer’s handset or TV-set. The personalization of messages is key in mobile advertising. It helps minimizing scattering losses and increases the overall convenience in M-Commerce. In a concept where the mobile end-user grants (general) permission for ads to be sent to his device, the acceptance of personalized adverstising is increased dramatically. • Interactive Advertising: Mobile advertising can engage consumers in a twoway dialogue (e.g. spontaneously responding to a tailored product or service offer). • Mobile Communities: Wireless devices are very personal accessories. Vendors can further leverage on this property and increase customer loyalty by offering membership in social communities such as special interest clubs. ‘FriendZone’ by the Swiss MNO Swisscom Mobile is a good example of such mobile services. Designed as a location-dependent and permission-based service it predominantly addresses young people and could be perfect for targeted lifestyle information. • Viral Marketing: Advertising to social communities via mobile devices further offers a unique opportunity for viral marketing. Ads with innovative and humorous content get forwarded within user communities in a self-driven manner or when prompted to do so. • Measurable Results: Last but not least, one of the main advantages in mobile advertising, similar to Internet advertising, is its atomic measurability. Reach and response of a campaign evaluated in real-time and far more accurately than with traditional media.
16
The Yankee Group defines location-based services as any activity conducted over a cellular network where the accurate determination of a user’s position is fundamental to the enabling of that activity.
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139
3.2.2 Inhibitors in Mobile Advertising Together with the unique and driving features of mobile advertising mentioned above, there comes a whole range of hindering elements: • Agile Computing devices may soon be equipped with larger screens and pictures displayed in color, the advertising impact of ads will still be very much limited and tend to annoy the mobile device user. • Generally, the amount of advertising content and impact M-Commerce offerings can convey is inferior to those in E-Commerce. However, mobile ads are more forceful. • Since the mobile device is part of the personal sphere any kind of unwelcome intrusion runs a strong risk of immediately eroding the brand. Permission-based advertising is the only realistic strategy. All parties involved have to be cautious that the mobile advertising market is not ruined. A good number of regulatory initiatives are to be expected in this area. • Unlike the behavior of PC-users in the wired Internet the wireless user is not inclined to extended surf tours in the cyberspace. Thus, the number of ad impressions17 and, consequently, the click-through rates (CTR)18 in mobile advertising tend to be considerably lower. • Ad loading consumes air time or data volume to be paid for by the user at a higher rate than in the fixed net. Advertising through SMS messages is the exception. For the advertiser it is, therefore, vital to be relevant, to the point and to come up with appealing trade-offs. • In the absence of generally accepted standards the stimulating variety of handheld devices produces diverging technical specifications which require the ad content and format to be adapted for virtually every make or model. In 2001 MMA19 proposed a comprehensive set of industry standards for WAP, SMS and PDA advertising. • The arrival of mobile advertising has also given rise to concerns associated with location-based services (LBS), regarding the illicit surveillance of mobile phone users. Also, the potential violation of consumer privacy by the profiling of data gathered systematically without the explicit consent of a person, makes the mobile user become wary. Protective legislation is to be expected.
17
an ad which is served to a user's browser. CTR = click through rate; the number of users clicking through to the hyperlinked advertising page or editorial content as a percentage of ad impressions. 19 MMA = The Mobile Marketing Association is a global industry trade association devoted to handheld device manufacturers, carriers & operators, software providers, agencies, marketers & retailers, advertisers and service providers of mobile wireless marketing and advertising. http://www.mmaglobal.com. 18
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3.2.3 Quick&More: The Daily Newspaper Becomes Interactive In late 2001 Publicitas20, Swisscom Mobile21 and the ‘Neue Luzerner Zeitung’, a Swiss regional daily launched a joint pilot project named ‘Quick&More’. The new Permission-based value added service enables newspaper readers who also own a mobile phone to be spontaneously connected with an advertising or information content provider in an interactive way or simply retrieve additional information on a product, service or a newspaper article with the ancillary URL22. Quick&More combines the strengths of both media situations, newspapers (i.e. strong brand, massive local penetration) and Agile Computing (i.e. ubiquity, atomic measurability), thereby increasing the print advertising impact. 3.2.3.1
Description of the Service
Prompted by an ad or offering spotted in any classic advertising medium (i.e. newspaper, directory, radio, TV, billboards, flyer, packaging, textbook) the mobile user dials *141* followed by a numeric code (‘Q-number’) displayed on the medium. In the next step two different sets of services are triggered: Service
process of provision
polls, games, competitions, e-coupons, e-tickets, live updates on news, postal interactions (e.g. paper, samples, etc.) links to Web content (URL), access to multimedia content, customer service sites, forums
the requested content is provided on the user’s mobile device by SMS and the interaction is terminated; no follow-up needed the respective URL is automatically registered either on the personalized Internet portal www.quickandmore.com or sent by e-mail to the personal mailbox); during a subsequent online session (e.g. PC, PDA, etc.) the proposed links can be followed through and administered at own discretion
Table 4: With the exception of the non-sponsored contents (e.g. weather report, sport bulletins, etc.) this service is delivered to the mobile user free of charge.
20
Publicitas is a subsidiary of PubliGroupe SA, the Lausanne based group of companies active in the marketing of print advertising space. 21 Swisscom Mobile is a Swiss mobile network operator. 22 URL = Universal Resource Locator
Mobile Computing
3.2.3.2
141
Value Proposition to the Advertiser
The advertiser has the opportunity to enrich his traditional print advertising strategy with the ubiquity and the immediacy of Agile Computing (cross-media approach). The running campaign can be monitored in real-time via the B2B portal access (see Figure 10). Furthermore, the success of the advertising campaign is measured and the collected data allow the profiling of consumer market segments and behavior (anonymous). He pays for the service on dial-through basis.
Advertisers
Newspapers
B2B Labelmanagement
Campaign management
Realtime Reporting
Response management
PC
Phone
B2C Consumers Figure 10: Functional Architecture of Quick&More 3.2.3.3
Roles in the Provisioning of the Service
• Advertiser: As Content Provider the advertiser seeks to market his E-Commerce offer to the consumer. • Advertising medium (publisher of the Neue Luzerner Zeitung): As the primary medium, Neue Luzerner Zeitung is the Advertising (publishing) Space Provider and at the same time the real-world portal attracting the readership (consumer) through its brand. • Quick&More: Quick&More acts as Content Aggregator and Service Provider (advertising agency). He collects permission from the consumer, prepares the contents requested and delivers them to the MNO. Furthermore, he establishes consumer profiles (anonymous). • Swisscom Mobile (MNO): Swisscom Mobile delivers the requested content to the mobile handset. It holds the billing relationship with the mobile phone user and, thus, owns the customer.
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3.2.3.4
Strengths and Weaknesses of the Concept
Strengths • • • • • • • •
compensates all major shortcomings of mobile advertising (see 3.2.2), in particular, the constraints related to a small graphical user interface are removed Permission-based service and anonymity ensures optimal acceptance by mobile user mobile features enhance the quality of the newspaper and the impact of print advertising, especially for the young readership increases traffic on advertiser’s Internet sites location-dependant content is possible integrates the advertiser’s E-Commerce / M-Commerce processes no long URLs need be typed in exploits the current 2G wireless communication standard, however, services can be extended as mobile communication moves into 3Gtechnologies
Weaknesses • •
• •
requires an Internet enabled PC or PDA to benefit from full service change of medium causes time delay for the follow-up to Web links; if the consumer is not motivated to enter the quickandmore.com portal no contact is realized; e-mail option is to be preferred as the second step is turned into a Push message personalized content is not possible elevated cost from SMS returns
Table 5: Analysis of Strengths and Weaknesses of the Quick&More Concept The success of implementation depends to a high degree from the newspaper, since an editorial effort is needed. 3.2.3.5
The Revenue Model
Quick&More is a B2B value added service to the advertiser provided by Publicitas. It is designed to support and increase the efficiency of print advertising. Its revenue model is based on four different revenue streams: • the campaign handling fee including the allocation of the Q-number, paid by the advertiser on a per-month basis • the performance-related response fee, charged to the advertiser on a consumer dial-through basis (SMS) • the usage fee related to pure information query services (SMS), paid by the advertiser on a per-use basis • the software license fee, paid by the advertising medium (i.e. the newspaper editor) including a share of the cost for the allocation of the Q-Number
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143
It is obvious that all revenue components are to be shared with the MNO (i.e. Swisscom Mobile). 3.2.3.6
Appraisal of the Business Model
Even though, the publisher of the Neue Luzerner Zeitung was ready to participate in the Quick&More pilot project, the motivation of publishers for the concept is key to the success of this initiative. The market implementation relies exclusively on the willingness and the capabilities of the publishers. Not only do they have to provide sufficient space and adapt printing processes, but also, they need to effectively advertise the workings of Quick&More through substantial editorial efforts. Whether the publishers can be persuaded into the quality improvement potentials for their products, and additionally, be prepared to bear the proposed software license fee remains to be seen. For the MNO there is hardly any risk involved, since he already has all the necessary network and logical infrastructure systems in place. To him Quick&More means an increase in capacity use. The advertiser is likely to get the most from Quick&More with a limited risk, because, he can leverage on the potentials of the mobile advertising market with costs related to the performance of his campaign. Therefore, the success of Quick&More will strongly depend on advertiser demand. 3.2.4 Conclusions on Mobile Marketing We conclude that mobile advertising will become an important pillar in the refinancing of E-Commerce offerings when larger parts of the population will have adopted the mobile device for far more than just voice telephony. Today, the MBusiness channel is already utilized successfully for business communication and marketing purposes, especially, by flanking the traditional forms of advertising. The potentials of personalized and localized advertising sent to the user’s handset, however, are extremely powerful, provided that innovative and appropriate advertising forms are deployed.
4 Modeling Agile Computing Solutions A sound understanding of the Agile Computing’s underlying abstract models such as: the impacts on the end-user buying cycle, the value chain and its players, a generic business model that is suitable for different positions within the value chain and a business architecture as a network of various business models creating together a value net that adds immediate value to the end-user, is key for the concise documentation, communication and understanding of the business ideas of an IT general contractor’s customers. These concepts are described in detail in our thesis paper. In this excerpt, we just present our generic Agile Computing Business Model.
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4.1.1 Towards an Agile Computing Business Model Although there are numerous definitions of the term Business Model and the concept is widely discussed both in academia and practice, there exist only a few structured approaches for formal descriptions. Nevertheless, sound Business Models are believed to determine the success of any venture. A common sense of understanding, a definition or a taxonomy of business models is just arising. Following the Business Engineering Map [Österle/Winter 2000, p. 12ff] methods, models, techniques and tools evolve from the well understood and engineered system level towards the emerging process layer, reaching now the strategy and hence Business Model level. Our approach to offer a generic Agile Computing Business Model to effectively illustrate and communicate the realization of an Agile Computing business idea is based on the following components: • Overall concept and the systematical approach of using morphologic analysis [Backerra et al. 1997]23 as fundamental approach according to Heinrich [Heinrich 2000]. • The six generic elements of Business Models – Mission, Structure, Processes, Revenues, Legal and Technology proposed by Alt and Zimmermann [ Alt/Zimmermann 2001] as basic dimensions. • Completion of the basic dimensions with Marketing Strategy and support of the idea of the morphologic analysis by splitting and re-combining single elements inspired by Timmers [Timmers 1999]. In addition, usage of one his Business Model descriptions for model verification. • Sophistication of the element ‘Structure and Processes’ through the Media Reference Model by Schmid [Schmid 2001]. • Refinement of the dimensions and their population, e.g. Technology Added Value, Revenue Model, Competition Model, etc., based on the work of Zobel, Geer and Gross [Zobel 2001; Geer/Gross 2001]. We propose a morphologic approach with the seven dimensions: Business Strategy, Marketing Strategy, Structure & Processes, Revenue Model, Technology Approach, Legal Issues and Environment. Every dimension is further structured into one or more sub-categories, each offering possible concrete attribute values to design individual instantiations. Our model is intended to satisfy three key requirements: • Concise business model documentation and description; • Guiding structure for business model analysis and discussion; • Open framework for business model synthesis, based on a business idea. The process to work with our model is to be interpreted as a technology specific extensions to strategy and requirements engineering methods and will be developed towards an IT Service Provider’s consulting offering.
23
see also http://www.pm.iao.fhg.de/wettbewerb/materialien/morpho.pdf
Mobile Computing
Table 6: Thumbnail of the Generic Agile Computing Business Model
145
146
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In the following chapters we discuss the Business Model’s (sub-)dimensions and describe possible occurrences. 4.1.1.1
Business Strategy
Description of the overall vision, strategic goals and the value proposition including the basic product or service features, expressed through: • Mission: Completion of the Value Proposition template proposed by Tyebjee [Tyebjee 2002]. • Technology Added Values: Check the unique features of Agile Computing and their contribution to your solution (see chapter 2.1.3 for discussion) • Killer Criteria [Zobel 2001, p. 117]: Consider the coverage of the MUST criteria for Agile Computing solutions: If the service is not simple (Simplicity in respect to product/service structure, value, navigation and usability) and does not return an immediate (Immediacy in the sense of delay of benefit on investment) value for the end-user (Added Value in the term of not just offering the same service over another channel, but an innovative service over a unique channel), it is not suitable for Agile Computing and is going to be substituted by other services on other channels soon. 4.1.1.2
Marketing Strategy
Following Timmers approach of Value Chain deconstruction and re-bundling using interaction patterns, we define in this dimension the service’s interaction patterns, its competitive advantages and its positioning along the Agile Computing Value Chain, using the criteria: • Interaction Pattern: Relationship of service provider and end-user (e.g. B2C). • Competitive Advantage [derived from Zobel 2001, p. 154ff.; Porter 1985, p. 11ff]. • Cost Base: Reduction of production and service costs through Agile Computing solutions. • Time-2-Market: Fast requirement satisfaction. • Brand: Make use of and leverage existing market perception and reputation. • Market Share/Access: Existing customer base facilitates penetration of new Agile Computing service. • Quality: Simplicity, usability and sophisticated after-sales services are appreciated by end-users and hard to copy by competitors. • Innovation: Exploitation of ICT and new economy potentials to create MBusiness opportunities. • Customer Loyalty/Lock-in: Seamless and pervasive customer process integration – preferably at an existing customer base – due to the Agile Computing Technology Added Values prevents substitution by other channels and the classic Internet threat ‘Competition Is Just One Click Away’. • Integration: Multichannel services with online backend and tight after-sales service integration is a valuable asset.
Mobile Computing
147
• Intellectual Capital: A harmonizing team with and a sophisticated technology and business idea are a considerable barrier for potential competitors. • Value Chain Positioning. • Implementation Staging: As Schmid [Schmid 2001] points out, there exists two implementation paths for a product or service: On the one hand the management, engineering and production, based on well understood engineering- and management culture with processes, organizations, specifications, etc., and on the other hand a branch to be implemented towards the customer, using a communication culture with branding, advertising, public relations, presentations, etc. as important instrument of every marketing mix24. 4.1.1.3
Structure & Processes
The structure determines roles and agents constituting and comprising a specific Business Community. The processes provide a more detailed view on the mission and the structure. A concise definition is provided by including our interpretation of the Media Reference Model as an integral part of our Business Model with its levels Communities, Processes, Transactions and ICT Building Blocks. 4.1.1.4
Revenues
One of the most important business decisions is the question about the revenue model as source for financing the business. This decision is divided into two parts: First the type of revenue and second the pricing policy [ECC Report 1999, p. 23]. The latter topic is well understood and documented in literature today. The pricing policy is about evaluating and implementing the consumer’s monetary reward for a company’s products and services. The price is usually aligned to the production costs, product line, consumer’s demand, competition’s strategy, etc. If different prices are applied over time or in different market segments, we talk about pricing strategies. However, there is less literature available about the first decision, the revenue type. We choose the model presented in ECC Report [ESS Report 1999, p. 25] and completed it with contributions from Zobel, Geer, Gross and Hess [Zobel 2001, p. 209ff; Geer/Gross 2001, p. 194ff; Hess 2002].
24
[see Kühn 1999, p. 6; Geer/Gross 2001, p. 211ff; Timmers 1999, p. 150ff] for an overview and a template to define a marketing mix for a target customer segment
148
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Revenue Type
Direct Revenues
load-dependent fee
Indirect Revenues
flat fee
Company
Airtime
Customer Referral one-time
Subsidization
recurrent
Airdata Transaction
State
Economization Connection Fee
Advertising
Datamining
License Fee
Provision
Retention
Subscription Royalty
Figure 11: Revenue Type Taxonomy Direct revenues are originated by the Agile Computing service itself. The subsumed revenue types are further divided into two categories: Load-dependent fees and flat fees: • Load-dependent fees (pay-per-use) include: Airtime (voice and data minutes) and airdata (data volume), both mostly shared with the MNO as well as transaction fees based on transaction value, frequency or duration. These types comprise a considerable billing and non-repudiation effort. • Flat Fees are further separated into one-time and recurrent tributes. One-time fees include connection and license fees whereas recurrent fees include subscriptions and periodical royalties. Indirect revenues result as side effects from the Agile Computing service’s operation. We distinguish between state subsidization (e.g. for emergency services) and company contributions, such as advertising (3rd party promotion on the service, includes sponsoring), customer referral (direction of own service users to 3rd party services on a static or dynamic compensation base; related to advertising), provision (integration of 3rd party service into own service; related to customer referral), economization (process cost savings respectively fulfillment over 3rd channel), data mining (customer profiling and selling) and last but not least customer retention (service as part of the customer relationship management: customer lockin). 4.1.1.5
Technology
In order to assess the underlying technology, we consider the two sub-dimensions network generation and service architecture: • LBS: Is location a context information used by the service and if yes, what technology is used to determine the users location? (see Durlacher for a discussion of different approaches) [ Durlacher 1999, p. 32ff]
Mobile Computing
149
• S/E/M MS: Is the service based on a messaging system such as SMS, EMS25 or MMS26? • WML: Does the services uses WAP? • xHTML: Is it an Internet service? • IVR27: Does the service provide a natural language interface? • J2ME: Is the service implemented as a mobile, local Java application with remote data access? • .NET28: Microsoft’s Mobile Information Server 2001 – Enterprise Edition is the new platform that allows mobile end-users to access Microsoft .NET business applications, business data and the company’s Intranet. 4.1.1.6
Legal
According to Timmers [Timmers 1999, p. 171ff], a significant part of business in Europe seems to be waiting for clear legislation before moving into E-Commerce. Lack of certainty about international mutual recognition of secure E-Commerce services (such as certification and digital signatures) is holding back international Internet commerce. Timmers29 further provides an overview of key legal and regulatory issues in EU and the USA; possible legal traps to be investigated closely and agreed upon by contract (if appropriate), such as: Terms of Use, Disclaimer, Privacy Policies/Statements, Data Protection (customer data collection and profiling), Customer Position Tracking, Electronic Contracting, Signature and Payment, Security (Authentication, Authorization), Intellectual Property (including trade marks), Taxation, Customs, Limited Liability, Money Laundering, State Regulation, Court of Jurisdication, SLA30 with 3rd parties (partners), Reputation. 4.1.1.7
Environment
Quick reality check, whether the whole business model is compliant with today's and tomorrow's social, ecological, economical and technological environment and trend. It is also important to examine inhouse and target group cultural compliance and to confront the new with a possibly existing business model, if not positioned as a start-up.
25
EMS = Enhanced Messaging Service MMS = Multimedia Messaging Service 27 IVR = Interactive Voice Response 28 see http://www.microsoft.com/MOBILE/enterprise/papers/devmobile.asp for an overview and http://www.microsoft.com/catalog/display.asp?subid=31&site=11050 for details. 29 see also http://www.vitconference.org/pages/conference_presentations.html and http://euro.ecom.cmu.edu/resources/elibrary/ecllinks.shtml for further information. 30 SLA = Service Level Agreement 26
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René Früh, Daniel Kesch, Stephan Plüss
4.1.2 Agile Computing Business Architecture In today’s era, called the information age, ICT is pushing the physical disintegration and the logical (re-)intermediation of markets and enterprises to its global limits and thus enabling new solutions based on the maximal specialization of enterprises. Business Networking in the new economy can be defined as the coordination of processes within and across companies [Österle et al. 2001, p. 2]. The correlation between Business Networking and Agile Computing is twofold due to the recursive nature of the definition above. On the one hand, Agile Computing acts in its role as a kind of ICT brick as a promoter for Business Networking. On the other hand, Agile Computing itself is the result from successful appliance of Business Networking. Whereas the first role is discussed in chapter 3, we will focus in this chapter on the Business Networking required to offer Agile Computing solutions. The resulting business architecture is a network of various business models creating together a value net that adds immediate value to the end-user. The business architecture offers the following roles [Österle/Winter 2000, p. 8ff], that are listed with their corresponding counterparts from the Agile Computing Value Chain in Table 7. Business Architecture Role
Role Description
Agile Computing Value Chain Counterpart
Exclusive Service Provider
A private service provider with unique core competencies or customer intimacy, that makes a service with a unique selling proposition available only to one or a few service integrators on an economy of scope or skill basis A private service provider with operational excellence, that makes a service with commodity character and unique pricing available to a wide range of service integrators on an economy of scale basis
Content Provider Content Implementator Application Provider Customer Relationship Manager Portal Provider Network Provider
Shared Service Provider
Content Provider Content Implementator Application Provider Customer Relationship Manager Portal Provider Network Provider
Mobile Computing
Public Service Provider
Intermediary
A quasi-governmental service provider with exceeding trustworthy, that makes a service of public interest available to a wide range of service integrators on a trust basis An integrator packages a large number of suppliers, products and services in such a way, that they conveniently cover the customer’s needs in a particular process
151
not available
Customer Relationship Manager Portal Provider Network Provider
Table 7: Mapping between Roles of the Business Architecture of the Information Age and Its Agile Computing’s Value Chain Counterparts As one can see the role mapping is ambiguous. This means, that a value net might be instantiated in different ways, forming different business architectures, placing different players in more or less powerful positions. This is mainly caused by the Agile Computing’s lack of maturity. In the current stage, the stakeholders tend to cover all of the value chain at the same time. This is supported by legacy structures (e.g. MNOs as post-governmental organizations), supplier-centric and -protective technology evolution (e.g. localization technology is MNO bound) and missing Business Model proof-of-concepts (e.g. sustainable revenue models vs. cross-subsidy). Another reason is the missing implementation of the Business Collaboration Infrastructure. Its role is to provide a standard infrastructure and standard services to enable Agile Computing Business Networking. For closer analysis, the Business Collaboration Infrastructure might be divided into four sublevels, each responsible for specific layer dependent services. Within the Internet world, communication and presentation services as well as a rich infrastructure of products and services are arising [Österle et al. 2001, p. 39]. That is why the Internet world considers ISPs to be a commodity and to be part of the Business Collaboration Infrastructure. For the mobile world in contrary, these services are missing and hence substituted by available MNO infrastructure. The end-user contacts his/her network provider first. Straight access to alternate portal or application providers is not possible. The MNO is a visible and powerful player in the Agile Computing game and not part of the Business Collaboration Infrastructure.
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MNO
S Content Provider
Marketing
Customer Knowledge
E Content Provider S Content Implementator E Content Implementator Intention
S Application Provider E Application Provider Sales
S Portal Provider
E Customer Relationship Manager
Agreement
E Portal Provider
Services
Settlement
Business Level Process Level Application Level Software Component Level
Business Collaboration Infrastructure
E Network Provider
Figure 12: Today’s Agile Computing Business Architecture is Characterized by the MNO’s Strong Position by Controlling any Customer’s Interactions The MNO owns the customer relationship and has control over the customer interaction. This explains the MNO’s strong positions in today’s Agile Computing Business Architecture. However, in the long run the Business Networking idea will succeed and the emerging market will force the players to focus on their core competencies.
Mobile Computing
153
5 Conclusion and Findings We recommend that any IT general contractor starts with the definition of an Agile Computing strategy, following the VIP31 circle [Spickers 2001]: • develop a vision and analyze the competitive rules [e.g. according to Porter 1985] of Agile Computing in order to enter this market • careful assessment of related existing core competencies and the construction of a reliable technology portfolio as well as the initiation of its incorporating actions as part of the competitive strategy • relate an IT general contractor in its current form to 1) its future positioning within the Agile Computing Value Chain, and 2) its relationship to the overall Mobile Economy Triangle environment. Before an IT general contractor starts with developing Agile Computing capabilities and competencies, a sound technology management process with respect to Agile Computing has to be institutionalized. Such a process will provide a structural context around the development of Agile Computing services and applications. We also recommend that a IT general contractor entreprise begins its Agile Computing offering with existing areas of expertise around its vertical industry know-how, competencies, and skills in software development and systems integration: The IT company’s Agile Computing offering should cover the whole IT value chain and follow the Business Engineering map in order to support the customer in defining his Agile Computing strategy, developing the required processes to support the solution, implementing the essential IT components and finally running the solution successfully. Finally, we think that a critical success factor will be the identification of potential partners along the Agile Computing Value Chain – no single company will be able do it alone! A creative partnering process will lead to client and technology access. This will substantially shorten the lengths of Porter’s industry evolutionary processes: the diffusion of proprietary knowledge and the accumulation of experience.
31
VIP = from Vision to Processes
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6 Literature [Alt/Zimmermann 2001] Alt, R.; Zimmermann, H.-D.: Guest Editors Note, in: Electronic Media – Anniversary Edition: Business Models, Vol.11, No. 1, 2001. [Backerra et al.] Backerra, H.; Marlorny Ch.; Schwarz W.: Die sieben Kreativitätswerkzeuge K7, München, 1997. [Backus 2001] Backus, J.: Funding the Computing Revolution’s Third Wave in: Communications of the ACM, November 2001 – Volume 44, Number 11, 2001. [Butler Group 2001] Butler Group: Wireless Internet Revolution, in: Mobile E-Commerce Stream: Volume 1 Concept Report, 2001. [Durlacher 1999] Durlacher: http://www.durlacher.com/research/res-reports.asp (January 4th 2002): Mobile Commerce Report, 1999. [Durlacher 2002] Durlacher: http://www.durlacher.com/fr-research.htm (February 18th 2002): UMTS Report, 2002. [Geer/Gross 2001] Geer R., Gross R.: M-Commerce, Landsberg/Lech, 2001. [Heinrich 2000] Heinrich B.: Dimensionen zur Beschreibung eines Geschäftsmodells für Kreditinstitute im Bereich Privatkunden, 2000. [Hess 2002] Hess J. M.: Mobile Economy Briefing in: eMBE HSG, 5. Lehrgang 2001/2002, Block Kommunikationsmanagement und Mediengestaltung), 2002. [IBM 2001c] IBM: www.trl.ibm.co.jp/aglets (Dezember 28th 2001): IBM Aglets Software Development Kit, 2001. [Kahmann 2001] Kahmann, M.: Report Mobile Business, Symposion Publishing, 2001. [Kühn 1999] Kühn R.: Marketing – Analyse und Strategie, Zürich, 1999. [Österle/Winter 2000] Österle H.; Winter R.: Business Engineering, in: Business Engineering; Österle H., Winter R. (Hrsg.), Berlin Heidelberg New York, 2000. [Österle et al. 2001] Österle H.; Fleisch E.; Alt R.: Business Networking – Shaping Collaboration Between Enterprises, 2nd Edition, Berlin, 2001.
Mobile Computing
155
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E-Service Business Model for the Management of Equity-Linked Compensation Martin Gehring, Guido Meyer
1 2 3
4
5
6 7
Summary.....................................................................................................158 Introduction.................................................................................................158 Equity-Linked Compensation .....................................................................160 3.1 Definition and Characteristics ............................................................161 3.2 Market Trends ....................................................................................162 3.3 Business Idea......................................................................................163 Provisioning Models for ELC Services.......................................................166 4.1 The ASP Model ..................................................................................168 4.2 The e-Service Model ..........................................................................171 4.3 Conclusion..........................................................................................173 Business Model ‘Employee Equity Services’ .............................................174 5.1 Vision .................................................................................................174 5.2 Business Strategy ...............................................................................174 5.3 Value Proposition ...............................................................................175 5.4 Requirements and Services.................................................................177 5.5 ELC Service Opportunities.................................................................178 5.6 Business Networking Architecture .....................................................183 5.7 Pricing Strategy ..................................................................................184 5.8 Technology Infrastructure ..................................................................186 5.9 Marketing Strategy .............................................................................186 5.10 Competitive Strategy ..........................................................................187 5.11 Risks of the EES Business Model ......................................................187 Conclusion ..................................................................................................188 Literature.....................................................................................................190
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Martin Gehring, Guido Meyer
1 Summary Today, in the U.S., equity-linked compensation (ELC) is well established, for the management as well as for the employees. Since ELC is not normally considered as "business critical", companies usually outsource ELC administration in line with the current trend of outsourcing non-core business processes. Many different and very specialized skills are necessary to implement and administer ELC programs. In Europe, implementing and administering ELC is more difficult. Outsourcing is not an accepted practice, especially for sensitive data. In addition, cultural, foreign exchange, legal and tax requirements differ from country to country and make the implementation and administration of European ELC programs very challenging. In spite of the obstacles Europe is seeing a strong and increasing demand for ELC. The business model Employee Equity Services (EES) developed in this paper focuses on ELC-related processes of both, corporations as well as their employees. The core product is an Internet-based collaborative application infrastructure application (EES Platform), which provides corporations and their employees with functions, processes and information to manage their Employee Equity Plans (EEPs) and access to additional 3rd party services. This allows corporations to outsource major parts of the administration of EEPs to service providers. The business architecture is based on an e-service model, which includes application service provisioning (ASP). The ASP model, combined with the Internetenabled collaboration of stakeholders in a community of practice integrates the customer process. The EES business network includes specialized service providers, which enable a comprehensive coverage of client needs during the entire lifecycle of EEPs.
2 Introduction Recent years have seen an explosion of Equity-Linked Compensation (ELC). Existing wealth-creation paradigms are shifting and the importance of entrepreneurial activity as a revenue generator has been extended to executives and key employees of corporations. Inheritance was the main source of wealth creation in the past. This source seems to be diminishing in importance. The vast majority of America’s wealthiest individuals are now self-made [cf. VIP Forum 1999]. In 1980, 60 % of the 'Forbes' 400 wealthiest individuals in the U.S. inherited the majority of their wealth. By 1997, 20 % of the Forbes 400 had inherited their wealth while the remainder (80 %) created their wealth. A large portion of new wealth is created by capital markets. In the U.S., an increase in the value of capital markets is usually correlated with increased entrepreneurial activity. Since most entrepreneurs 'own' shares of their newly created
E-Service Business Model
159
corporation, ELC as a source for wealth is gaining importance [cf. VIP Forum 1999]. Given the prevalence of stock awards and the levels of total compensation in the marketplace, companies must offer competitive levels of total compensation in order to attract, motivate and retain talented executives and key employees. ELC motivates employees to create successful products and shareholder value. ELC is also usually better accepted by shareholders, since there is a clear link between pay and performance: that is, the employee only does well when the company and shareholders do [cf. Mitchell 1999]. Most companies start with an EEP1 for executives (e.g. Long-Term Incentive Plan with stock options) and extend the scope of ELC to a broader population at a later stage and/or with other plan types (e.g. Stock Purchase Plan). In order to meet specific corporate objectives and to consider the individual risk profiles of the target populations, different plans with customized features, characteristics and rules are required for different corporations and in some cases also jurisdictions. When designing a plan for an international corporation, variations in local tax, accounting, security, labour and exchange control laws must be considered in order to maximize the value to the individual, and minimize the costs to the individual plan participants and the corporation. The design and implementation of ELC requires specialized compensation, legal, tax, accounting and finance services. The availability of ongoing ELC administration service providers in Europe is smaller than in the U.S. Integrated solutions, which enable a consistent and comprehensive management of ELC, are available in the U.S., where ELC has existed for more than 30 years. Dominant providers are mainly financial institutions and include Charles Schwab2, Salomon Smith Barney3, Paine Webber4 and Merrill Lynch5. However, the integrated solution offerings of these providers have a major weakness. For plan participants located outside the U.S. (e.g. in Europe), these integrated web-based applications and their business processes require in most cases manual 'workarounds' to accommodate with local needs6. The integration of these solutions suffer outside the U.S. in areas such as support of multiple payrolls and currencies, multiple plan structures, bank account opening and integration with brokerage transactions. A second category of providers in the U.S. are Independent Software Providers (ISVs) that offer ELC management systems to corporations. The systems are usually licensed to and operated by the corporation (e.g. CMS from Customer Man1
ELC and EEP are used synonymous in this context. ELC generically describes a form of employee compensation, which value and realization depends on conditions and future events. EEP (or in brief a 'plan') is the representation of ELC in a corporation, which defines the rules and conditions under which employees can realize the potential value of their awards under a plan. 2 http://www.schwab-worldwide.com 3 http://www.stockoptionaccess.com 4 http://www.painewebber.com/instcorp_frame.htm 5 https://login3.benefits.ml.com/Adm/PostDefault.asp 6 Paine Webber, Charles Schwab, Merrill Lynch, 2000, internal sources
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agement Solutions Inc.7, Pyramid Enterprise Solution from Pyramid Digital Solutions8) or may be hosted following an Application Service Provider (ASP) model (e.g. Benefit Services from Resource Financial Group9, Compensation Center from Hewitt Associates10). The ASP model will be discussed in more detail in chapter 4. Integrated solutions do not yet exist in Europe. The main difficulties in offering comprehensive, integrated and global ELC solutions to corporations are as follows: • ELCs need to comply with Europe's diverse legal, regulatory, tax and multicurrency environment. • This diverse environment leads to different plan structures, which require extremely high flexibility in business process and system design for ELC administration. • A pan-European bank with a pan-European operational infrastructure is required to administer the distribution11 of the assets under a plan efficiently. • The highly diverse infrastructure and regulations (tax withholding requirements) for running payrolls in Europe. The purpose of this thesis is to • investigate the sustainability of the trend towards ELC. • create a business idea for supporting corporations in implementing and managing ELC. • assess concepts for the representation of a value chain with m:1:n networking cardinality [cf. Österle et al. 2000, p. 60] . • design a business model for providing an integrated, comprehensive, one-stopsolution for corporations to manage ELC.
3 Equity-Linked Compensation The trend towards employee ownership started in the U.S. [cf. Rodrick 1999, p. 5]. The trend in Europe started in U.K. [NCOE 1997], where legislation similar to U.S. ESOP law was established in the late 1980s. Some continental European countries have already established or are in the process of creating a legal and regulatory framework for employee ownership and support the trend of introducing ELC. Across continental Europe, broad employee ownership plans have been introduced following privatization of public companies (e.g. Deutsche Telekom). Many newly listed corporations have established ELC prior to their Initial Public Offering (IPO).
7
http://www.cmsoptions.com/products/products.asp http://www.pyramidonline.com/planrep.html 9 http://www.benefits.com 10 https:///was.hewitt.com/ebusiness/compensationcenter/welcome/pp_welc_index.jsp 11 Commonly known as "exercise" (e.g. exercising stock options or selling restricted stock). 8
E-Service Business Model
161
3.1 Definition and Characteristics The generic expression ‘employee participation’ is also known in the context of economic and political theory12. Today’s understanding of the ELC concept focuses mainly on performance and the increase of shareholder value, but its reach is beyond the sole compensation of employees with some form of financial instrument linked to the stock of the company instead of cash. The intention is a participation of the employee on spiritual and or material rights or functions of the corporation. It goes beyond the rights and functions, which have been agreed in the employment contract [cf. von Rosen/Leven 2000, p. 1]. Most corporations seek to create a performance-based culture. The following figure summarizes the design imperatives for a reward strategy and uses basic ELC ideas. James Mitchell designed and implemented EEPs for international companies including (Pepsi, Citicorp and UBS) and works as an independent consultant in this field.
HR Strategy
Financial/Economic Conditions
Legal / Tax / Regulatory / Social Environment
Organisational Culture and Values
Design Imperatives / Objectives
The Optimal Talent Markets
Performance Imperatives
Reward Strategy
Base Salary - Broad-Banding -“No Merit, Just Market”
Annual Incentives - Company-Wide Pools - Division Pools - Team Incentives - Individual Incentives
Long-Term Incentives - Equity - Phantom Equity - Intermediate Term Incentives - Hybrid Programs
Retention / Key Contributors - Restricted Awards - Deferred Compensation - Employment Contracts - Signing / Retention Bonus - Private Banking Package
Benefits / Perquisites -Healthcare -Retirement -Special “perqs”
Figure 1: Design Imperatives for ELC [cf. Mitchell 1999] In Europe, the most common EEPs are company stock or stock option grants to executives. Many companies require their executives to invest part of their cash 12
Max Weber, Karl Marx and Bismarck are main representatives, who consider the active participation of employees as full or co-owners of their corporations in the context of social wealth distribution and factor for ensuring social peace.
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Martin Gehring, Guido Meyer
bonus into EEPs. More broad-based programs encourage employees to invest either a portion of their bonus into company equity or provide the opportunity to invest part of their salary into company equity in order to benefit from a discounted share price or a preferred tax treatment under the plan.
3.2
Market Trends
3.2.1 United States ELC has been adopted by a large number of companies in the US over the last 25 years. „At any rate the number of Employee Stock Ownership Plans has not grown very much in recent years because although there are many new plans put into place each year, other plans are terminated because the company is sold...“ [NCEO 2000]. Number of Plans
Number of Participants
Employee Stock Ownership Plans and Stock Bonus Plans
11.500
8,5 million
Broad Stock Option Plans
4.000
8 - 10 million
Several hundred billion; not realistic to estimate
Stock Purchase Plans
4000
15,7 million
Not realistic to estimate
Type of Plan
Value of Plan Asses US$ 400 billion +
Figure 2: Employee Stock Ownership Plans in U.S. In mature corporations stock options and restricted stock were initially granted to senior executives as long-term incentives. The trend to grant stock options more broadly to employees has been in the high-tech industry to attract and retain professionals and to reduce the immediate compensation cost of high salaries by enabling an EEP, deferring the current expense and shifting risk to employees (option value) and shareholders (share dilution). 3.2.2 Europe In comparison to the U.S., the penetration of ELC throughout Europe is extremely low; however ELC growth rates are very high. Several European countries have already established or launched initiatives to establish laws and tax regulations which motivate corporations to implement and encourage employees to participate in EEPs. More than two thirds of corporations listed on DAX Index have EEPs in place [cf. Kramarsch 2000, p. 1]. An additional factor for the growing rate of ELC is the privatization of public companies. In most European countries shares of the newly created and listed companies have been awarded or offered to employees (e.g. Swisscom, Deutsche Telekom, Epcos, Infineon). The duties on regulatory reporting for corporations, which have implemented such schemes are – compared to the U.S. - extremely
E-Service Business Model
163
low (e.g. Stock Exchange Commission (SEC) filing of awards to senior executives and elected officers). National or Pan-European research is very limited and the use of ELC within Europe can only be determined as an approximate value to prove this trend.
3.3
Business Idea
Based on the analysis of the market environment, a first attempt to shape a business idea and illustrate its potential will follow. To support a better understanding for the business idea, the challenges that corporations face in implementing and administering ELC must be transparent. The story telling technique is applied and the two scenarios are intended to scope the business framework and grasp its potential. 3.3.1 Challenges of Corporations 3.3.1.1 Scenario 1: Large Corporation A large, international Corporation decided to introduce ELC. The global HRM department is mandated to manage the project. A compensation consultant is engaged to support the compensation analysis, plan structure and award allocation. In order to establish the plan design and achieve shareholder approval further issues arise: • The minimization of corporate cost and financial risk • An appropriate accounting treatment • Legal and regulatory requirements in certain countries • Maximize value to the employee while minimizing the cost for the corporation • Employee plan communications and explanatory meetings / presentations • Ongoing plan administration • Integration of financial transactions To meet design and implementation needs, additional expert services are required and need to be integrated into the project; increasing coordination effort, time-tomarket and project risk are the consequences. During the project, the corporation realizes that the ongoing plan administration is complex and standardized solutions are not available from the European market place. In addition to plan design, one of the corporation’s banks supports the highly attractive part of structuring the financial instruments and provides solutions for funding and hedging the EEP. The services of the other consultancy services normally end with a ready-to-go plan design and employee communication. The natural lifecycle of an EEP ends with a financial transaction and, therefore the bank offers or also feels urged to offer a solution for the administration of the EEP. Most banks will try to handle this process with their regular accounting systems, which are not flexible enough to support these plan structures and distribution transactions efficiently. Deficiencies include support of
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Martin Gehring, Guido Meyer
• different plan structures, • employee communication, • plan management (i.e. reporting), • plan event monitoring, • payroll processing. In addition to all this: there is no European or global retail bank, which can support the distribution of the employee's plan assets locally. The plan's design requirements cannot be mapped to the administrative services offered by the corporation's existing bank. A comprehensive, integrated and global solution for the introduction and ongoing administration of ELC is missing. 3.3.1.2 Scenario 2: Small Corporation A small corporation decided to introduce ELC. One of the members of the management board or HRM is mandated to manage the project. Copies of plan documents of other corporations are made available through a personal contact or the business network. First drafts are established and provided to an external lawyer. Additional required skills (compensation, accounting, regulations, tax, and communications) become integrated into the project over time and the plan structure will be refined iteratively. Finally, the plan will be ready and rolled-out to the employees, but the following questions may arise: • Does the plan structure support the original intentions and objectives of the compensation strategy? • Is the compensation strategy a considered trade-off between corporate strategy, HRM strategy, accounting and shareholder interests? • Can ongoing compliance with legal/tax regulations be ensured? • Is the ongoing plan management and administration process defined? • Are plan and administration processes auditable? • Is MS-Excel or MS-Access really an efficient approach to administer sensitive compensation data? • How can ongoing employee communication be supported? The project complexity and the financial resources differ from scenario 1, but the underlying principles for designing, implementing and administering ELC are very similar. 3.3.2 Value Potential More than 50 visits [cf. UBS Warburg 2000] to European corporations led to the conclusion that these clients have a strong interest in cooperating with a fullservice provider for the design, implementation and administration of their EEPs. Three main reasons for this interest are: • The required knowledge for designing, implementing and administering ELC is often not available in-house and would have to be developed. • The required process and system infrastructure would have to be developed, since neither electronic financial services (e-banking, e-trading etc.) nor com-
E-Service Business Model
165
mon HR systems (e.g. Peoplesoft, SAP etc.) can cope with ELC structures and process requirements. • The trend to focus on core competencies and value-creation processes provokes the outsourcing question for internal or support processes. Research on HRM of Small and Medium-sized Enterprises (SMEs)13 [cf. Balbach 1999] shows strong agreement to focus HRM resources on strategic tasks such as recruiting, personnel assessment, career development, knowledge management and performance measurement (74 % agreement) and to outsource routine or administrative tasks to external service providers (78 % agreement). Offering integrated ELC services would be of significant value and represents an opportunity for primary service providers and affiliates of the proposed business network. 3.3.2.1 Corporations A full EEP lifecycle process model combined with a platform-independent infrastructure would allow • corporations to outsource the management of ELC to specialized service providers, • consistent plan data management and integration with subsequent financial transaction and payroll reconciliation, • global access to EEP information by corporate functions (HR, payroll, accounting, treasury) and employees. Significant investments in know-how and infrastructure can be avoided by the corporations and the total cost of ownership reduced through the economies of scale achieved by integration of ELC service providers. 3.3.2.2 Employees EEP assets are an important issue for employees. They seek to access information on their plan portfolio like they receive their bank account information - via statements or electronic banking services. Accessing any plan-related information during the plan lifecycle is essential to assess the value and to act properly when plan events (vesting, exercise, termination etc.) occur. A direct link to electronic financial services would provide the employees with service for straight-through transformation of restricted plan assets into liquid assets.
3.3.2.3 Financial Service Providers Investment and private banking revenue potential is highly attractive and the gateway for these providers at the corporate level. Many corporations with ELC hedge 13
Cooperative Research between Fachhochschule Landshut und Webasto GmbH, Questionnaire to 450 SMEs in Germany.
166
Martin Gehring, Guido Meyer
hedge their exposure to future obligations resulting from plan awards. Specialized equity risk management services are a high margin business for investment banks. The private banking potential is highly attractive as well, since EEPs provide an excellent opportunity to early identify and target rising or actual high net worth individuals, to capture new private clients/assets from straight-through transaction processing and offer sophisticated, customized investment alternatives (i.e. structured products) to this target group. 3.3.2.4 Related 3rd Party Service Providers The design and management of EEPs creates new requirements for corporations. Specialized service providers like compensation consultants, legal firms, accounting firms, HR system and service providers, tax advisers, retail e-brokers etc. are required to run such a program. A lifecycle process model combined with a webbased collaborative infrastructure provides new opportunities to offer these services and channel them via the plan administration services directly to their target group. Chapter 4 analyses alternative concepts and business architectures for IT-based service provisioning. We seek to identify which approach is more suited to support an integrated process model for ELC and the establishment of a business network providing 'best-of-breed' specialized services to corporations and their employees as clients.
4 Provisioning Models for ELC Services How should the infrastructure and the services be delivered? The following discussion analyses alternative concepts and business architectures for IT-based service provisioning. The favourable approach should allow an integrated process model to service ELC-related needs of corporations and employees as well as enable a flexible enhancement of the business network with new specialized services in order to respond to changing market needs. The establishment of an infrastructure to support the administration of EEP's is not cost-effective for most corporations. The required resources to adjust business processes, operate the EEP administration on a global basis and establish a network of specialized service providers make it a challenging (but questionable) investment in a non-core activity. A corporation might want to concentrate on core activities including compensation strategy, plan supervision, award allocation, talent search / development / retention. In the US today, outsourcing models are well established. The acceptance to outsource non-core business processes and applications seems to be high. This is consistent with our experience made during our MBE module in the Silicon Valley, where most of companies visited (e.g. Oracle, Hewlett Packard, Sun Mircrosystems, Intel, Inktomi, Intershop, and Genentech) emphasized the outsourcing of infrastructure services and non-core expert services.
E-Service Business Model
167
In Europe, a significant expansion of outsourcing activities has been projected between 1998 and 2003. Out of 200 analyzed firms, 97% have witnessed an increase in spending on outsourcing over the past years, and the same companies predict an increase in spending over the next years [cf. Corbett 1999]. 0
2000
4000
Business Process Operations
6000 4727
15609 6540
Applications Operations 3059
Network Management Appications Management
1905
1512
Desktop Services
10916
9335
5538
4153
2543 3338
Platform Operations Internet/Intranet Management
8000 10000 12000 14000 16000 18000
300
2430
1998
2003
Figure 3: Outsourcing Expenditures by Business Function in ($m) for Europe [cf. INPUT 2000] Historically the primary reason for outsourcing has been reducing operating costs. Today, the reasons for outsourcing are shifting more to the ability to focus on core competencies and to process improvement. Technology and increasing standardization has enabled the linking of systems and processes beyond the borders of an organization (e.g. Electronic Data Interchange EDI, SWIFT, Internet-based Collaboration, Supply Chain Management). Also the content of outsourcing activities is changing. First, outsourcing began with pure infrastructure outsourcing, and then the application hosting became popular. Today, there are new outsourcing models in the U.S., namely Application Service Provisioning (ASP) and Business Process Outsourcing (BPO).
168
4.1
Martin Gehring, Guido Meyer
The ASP Model
„An ASP provides applications – and all the IT infrastructure and support services necessary to deliver them – to customers on a subscription basis. ASPs typically host applications at a remote data center and deliver them to customers via the Internet or a (virtual) private network“ [ASPIC 2000]. The following figure is an attempt to outline a generic ASP-type business model and to show the different service components: Independent Software Vendor
Client n
Appl. Management/Maintenance Application Operations Data Center Operations
Location 3
Network Operations
Hardware
Client 1
Services
Location 3
Software
Systems Integration
Client 2
Network Provider
Business Integration
Location 3
Location 1 Location 2
Transport and Access
System Integrator
Figure 4: Generic ASP business architecture The ASP model calls for numerous vendors, partnerships, and alliances to put all the pieces together. These solution partners need to converge on new pricing models, risk and revenue-sharing agreements, service-level guarantees, and customer responsibilities, to name just a few leading issues. The success of the ASP model will come from the affiliate networks that are built to include all players (communications, hardware and software vendors, and professional service firms) enough to offer complete solutions a specialist vendor could not deliver. A services structure for the offering of ASP providers in form of service layers is suggested by [Howard 2000].
E-Service Business Model
169
Figure 5: ASP value chain Today, the European ASP market is in its very early stages and currently delivering first-generation solutions. First-generation solutions are largely shaped by what the vendor wants to sell and believes the market will accept, more than by what the customer wants to buy. The next generation of ASP solutions will be
170
Martin Gehring, Guido Meyer
shaped much more by customer demand and will be characterized by much greater integration and a wider range of support services. On the way to acceptance or a productive business model ASP will face major challenges: • Trust and credibility: Probably the most critical factor for success is market acceptance of remotely hosted and managed applications. Potential clients fear the dependencies on the service provider and its ability to engage in long-term commitments. • Political Environment and Culture: IT is widely considered as competitive success factor and as a consequence a management board function. Many corporations have relatively large IT organizations. If IT management power is linked to the size of organizational units rather than their measured importance to the business, the ASP model will not be very appealing. For the ASP model to be successful, the company must support the transformation of the IT organization. • Security: Being a very strong issue in the whole Internet discussion, the security requirements for ASP are very high, since company-specific data is stored outside the direct control of the corporation and collaborative business processes require access to certain data by multiple parties. • Performance and availability: The user expectations on availability and speed of ASP services are very high. Inter-operability of software modules and constantly changing applications and services in a many partner environments are not easy to handle. The question is also open, whether complex application integration environments can be handled with an ASP model. • Flexibility: How do ASPs deal with the constantly changing applications and services? The more parties are involved in a service offering, the higher is the challenge to maintain flexibility. ASPs provide standardized applications, customers by definition require a certain degree of customization. No two companies are the same. • Partnering: Combining different offerings to one service portfolio, delivered through a business network, complex agreements, billing concepts and certification procedures. • New technologies: The rate of technological change will continue at an accelerated pace, therefore, new business models of the information age might compete with the ASP concept. There are still a lot of uncertainties on both sides, ASP providers and ASP customers. ASPs will have to prove that they can manage performance and security requirements. The ASP model seems to provide significant benefits for Small and Medium-sized Enterprises (SMEs) and therefore might be accepted by this market segment first. Large companies would expect ASP providers to have business process integration and business process operation expertise. But these competencies are rarely provided by ASPs and therefore large companies may not see added value and remain hesitant.
E-Service Business Model
4.2
171
The e-Service Model
Concentration on core competencies creates the need to integrate the value creation processes of a company with support processes outside the company. This external collaboration and networking is supported by information technology or especially by web-based technology. This trend is creating opportunities for new service providers, specialized in business processes integration for external collaboration, application design and support, used to collaboration and business network management. Once, a customer has decided to outsource a non-core business process within or across companies, his main goal is to have one single point of contact for this. He requires an integrated service that subsumes any interface problems. To fulfil these customer requirements, the supplier of the required services has two possibilities. Either build-up the offering internally or integrate the different servicecomponents by partnering with other specialized service suppliers in a business network. Regarding the highly specialized skills needed in the ELC model, the second alternative is preferable and allows the possibility of enlarging the service portfolio based on the customer's wishes. The term e-service is primarily a marketing term and used for a variety of different offerings. Solid definitions for this term are rare. Hewlett Packard (HP) is one of the early movers. HP defines e-services as 'an electronic service available via the internet that completes tasks, solves problems, or conducts transactions. Eservices can be used by people, businesses, and other e-services and can be accessed via a wide range of information appliances'.14
service
conducts transactions
business process
e-service
is a
application IT resource
via
the Net
that
completes tasks
solves problems
telcos
hosted by
ISP‘s / ASP‘s
companies
people
for
businesses
things
Figure 6: Hewlett Packard's e-service model A second approach to clarify and structure the complexity of the e-service phenomenon is the model of the University of St. Gallen (USG). It stresses concentration on core competencies, business networking, a clear understanding of the customer processes and their integration as key factors for success.
14
http://e-services.hp.com/understanding/images/blkstrat_page3.gif
172
Martin Gehring, Guido Meyer
According to the USG model, e-services have the following characteristics [cf. Alt et al. 2000, p. 8]: • Enable collaboration between different parties of the value chain. • Take over a clear defined business process. • Deliver an electronic service. • Are high standardized and normally not customer specific. • Are billed on a transaction base. • Are a special form of outsourcing. Unternehmen/ Kundenprozessportal/ Marktplatz
Lieferant
Business Collaboration
Kunde
Business Content
Business Support
eLogistics z.B. UPS, FedEx
Customer Profiling z.B. Inference , Reynolds &Reynolds
Branchenregister z.B. Four11, Wajens Internet G.
Credit Profiles z.B. Equifax , Experian
Lohnabrechnung z.B. ADP, Ceridian
Risikohandel / Versicherung z.B. Catex
ePayment z.B. TransPoint , PayNet
eFulfillment z.B. Swisslog, Netship
Finanzinformationen z.B. Bloomberg , American Express
Online-Datenbanken z.B. Dialog, OneSource
Employee Equity Plan Management z.B. Fed.org
Mitarbeiterrekru tierung z.B. Employment Planet
Business Integration Subscriber Registration z.B. Glarnet
Produktkataloge z.B. GE, MarketSite , Requisite
Data Aggregation z.B. Cnet Data .com
Geschäftsparterverz . z.B. Dun & Bradstr ., Thomas Register
Message Broker z.B. Harbinger , Sterlingcommerce
Netzwerkbetrieb z.B. Exodus, UUNET
eMail z.B. Hotmail , Yahoo!
Collaboration Infrastructure Application Service Provider z.B. Oracle , SignNet
Internet Service Provider z.B. IBM, NetZero
Digitale Zertifikate z.B. VeriSign , SwissKey
Figure 7: e-service examples [Alt et al. 2000, p. 10] The classification of e-services in the above figure includes the ASP model as one element (Collaboration Infrastructure), but reaches far beyond today’s offering of ASPs as discussed in the previous section. The guiding principle of the e-service model is the sourcing process of the customer. The design and structure of the business architecture includes 3rd party products and services in order to fulfil customer requirements and tie into the customer's processes [cf. Alt et al 2000, p. 5]. The e-service model corresponds with the challenges of the EES business model, which requires the collaboration of specialized service-providers. This preliminary assessment is analyzed in more detail by mapping potential ELC services to the service groups of the USG e-service model.
E-Service Business Model
173
Figure 8: Potential ELC services according to USG e-service model
4.3
Conclusion
The implementation and ongoing administration of ELC is not directly impacting the value-creation process of a corporation and has therefore high potential for outsourcing. This statement is supported by the fact, that the required investments for establishing know-how, resources and infrastructures internally are significant
174
Martin Gehring, Guido Meyer
and subsequently the maintenance of exclusive interfaces to external service providers (e.g. legal, tax, finance) is still unavoidable. The ASP model, combined with an Internet-enabled collaboration of the parties involved is a highly attractive approach for delivering ELC services to corporations and employees, but involves risks and challenges (see section Risks and Challenges of the ASP model), which need to be addressed in the business model. The e-service model has a more explicit and comprehensive view than some of the narrower application-centric ASP models. The USG model emphasizes the elements of more mature ASP developments such as collaboration, customer process integration, integration of 3rd party services and business networking). The EES business model will be positioned according to the five e-service groups: Business Collaboration, Business Content, Business Support, Business Integration and Collaboration Infrastructure. The EES business model combines 'Business to Business' and 'Business to Consumer' structures: Employees are normally notional owners of ELC plan assets while their company manages these plan assets until distribution. After distribution, they become investors by managing their assets and consumers of additional, related services of EES.
5 Business Model ‘Employee Equity Services’ 5.1
Vision
Employee Equity Services is an e-services business network, which provides corporations and their employees worldwide best-of-breed services to manage Equity-Linked Compensation. The EES business network and the EES user community are leveraged by enabling access to additional, related professional services through the EES Platform.
5.2
Business Strategy
5.2.1 Market Opportunity EES provides corporations in Europe and their employees worldwide services to manage ELC. The ELC-related needs of corporations and employees are met through selective enhancement of the business network with leading providers in the area of compensation, legal, tax, human resource management and financial services. EES designs and operates business processes, which integrate the ELC processes of corporations and employees to overcome the barriers between vertical ELC service providers [cf. Österle et al. 2000, p. 6].
E-Service Business Model
175
5.2.2 Business Offering The core product of EES is an Internet-based application (EES Platform), which provides corporations and their employees functions, processes and information to manage their ELC. The infrastructure is able to support multiple plan types, currencies and payrolls and may be scaled to support any number of plan participants. The ELC-related value proposition to corporations and employees is enhanced by (procedurally and technically) integrating 3rd party services to meet additional client needs in the wider context of ELC (e.g. Wealth Management Services). EES enables corporations to outsource the complex administration of ELC and avoid internal investments in building skills, infrastructure, business processes and individual interfaces. A continuous analysis of client needs as well as the measurement of user-perceived service quality within the business network helps to ensure comprehensive coverage of the value chain and a network of "trusted" service providers. Employees participating in their corporation’s plans manage their plan assets via the same platform. Employees access any general or personal plan-related information throughout the entire life cycle of their plans. They may also receive brokerage services on distribution of their plan assets. A subsequent offering of financial services to manage and invest plan proceeds establishes the bridge into the life cycle of managing unrestricted ("liquid") assets. The core offering consists of five service categories: • Plan Design and Implementation. • Plan Administration Infrastructure (Application Service Provisioning). • Plan Administration Services (Business Process Outsourcing). • Management of the EES business network and integration of e-services to enable full coverage of EEP lifecycle. • Employee and individual services.
5.3
Value Proposition
„Business in the information age is a network of processes… Business Networking will link processes above and beyond company boundaries and serve customers directly… the result will be a worldwide network of specialists, each of which will lay its part in value creation with its core competence…“ [Österle 2000, p. 36]. The attractiveness of the business network is dependent on the value, which it creates for both, 'buyers' and 'sellers'. This fact creates a fundamental dilemma for pioneering a business network: A broad range of high-quality products and services will attract solvent buyers, whereas the presence of many wealthy buyers will attract a narrower best-of-breed offering. The EES business network delivers value to its affiliates with marginal initial investments. The EES platform embeds products and services to meet common customer requirements and ensures their optimal targeting based on a given customer’s process.
176
Martin Gehring, Guido Meyer
5.3.1 Corporations Many organizations start their EEP projects aggressively, but run into difficulties when they realize the consequences of plan features, legal requirements or plan administration later in the project. Time and cost-efficient design, implementation and administration of ELC require a structured approach to accomplish tasks, and integrate skills in the right sequence. EES has standardized these processes. EES can support corporate functions (including senior management, human resource management, accounting, treasury, and payroll) during all phases of a project as well as outsourcing of the ongoing management and administration of ELC. Specialized e-services offered by 3rd parties via the EES platform will enable the corporation to continuously monitor relevant events (legal, regulatory, tax, accounting, plan exposure) in order to minimize risk and cost for the corporation, maximize value for the employees (e.g. tax-deferred plans) and ensure ongoing global compliance of its ELC schemes. The EES application provides a communication and publishing function, which enables the corporation to intensify the dialog with its employees. A continuous dialog solidifies the relationship between employee performance and the creation of stakeholder value. 5.3.2 Employee The employee value proposition is twofold and depends on the size of restricted asset portfolio: • All employees will have access to general and individual plan information as well as EES-supported distribution with straight-through processing to an eservice broker and related retail e-services (personal brokerage account, standard e-banking services, investment information etc.). • The High Net Worth, Core Affluent and Rising Affluent groups will in addition have access to more sophisticated financial services (financial planning, investment advice, risk management, lending, structured products etc.) offered via e-service channels or client advisor contact. The possibilities for capturing new assets are significant. Successful and efficient servicing of the retail segment will depend on the sophistication of e-banking services, which are accessible via the EES platform. A direct, one-stop transfer of proceeds following the distribution of restricted assets into individual accounts for liquid, investable assets will be a very attractive and differentiating value proposition for this client segment and enable the capturing of new assets for the financial service providers. The geographic coverage of retail financial service providers is primarily domestic and therefore requires business network affiliations on a national or at least regional level. As soon as a critical mass in terms of the employee client base is reached, the business model will be in a position to capitalize on this community and develop towards an employee portal linked to additional services (e.g. insurance, education, professional knowledge etc.) in order to make EES 'sticky' enough to retain employees post-distribution.
E-Service Business Model
177
5.3.3 Network Partners Business Network Partners are providing content to the EES platform or enabling access to specialized information services regarding ELC. These business partners will have access to highly attractive communities of practitioners (corporate function holders) and employees via the EES platform. Higher visibility and additional revenue potential is achievable.
5.4
Requirements and Services
This section analyzes the ELC-related needs of corporations and employees following the concept of Customer Resource Life Cycle [cf. Ives/Learmonth 1984, p. 1193-1201; Fleisch/Österle 2000, p. 75]. HRM-Related Needs
Plan Management
Plan Implementation
Plan Design
Plan Rules
Motivation for ELC
Corporations‘ Customer Resource Life Cycle
Info & Evaluation
Advisor Selection
Engagement / SLA
Risk Management
Financial Planning
Re-Investment
Plan Events
Employees‘ Customer Resource Life Cycle
Portfolio Valuation
Taxation
Exercise Process
Figure 9: Customer Resource Life Cycle for Corporations and Employees Corporations who implement ELC require a set of specialized services of different disciplines. Corporations would prefer one-stop shopping or at least a contract partner, who is in a position to design a comprehensive project structure for design and implementation phase, help coordinate and make best use of specialized service providers and finally provide a solution for the ongoing management of the plan [UBS Warburg 2000].
A recent study15 provides new information about ELC trends: • Out of the 338 listed corporations, 48 % have employee ownership programs in place, 15 % plan to introduce one in the next 12 month and 37 % declared no intention to introduce such a program [cf. von Rosen 2001, p. 15]. 15
Hewitt Associates GmbH, empirical research on broad-based employee ownership programs. The study covers 616 companies of which are 338 publicly listed and 278 have other legal forms (e.g. Subsidiaries of foreign international corporations).
178
Martin Gehring, Guido Meyer
• The majority of the respondents16 (54 %) indicated difficulties with setting-up plans’ administration, 42 % reported problems with employee communication and 36 % lack of acceptance (e.g. inherent financial risk). 84 % of the respondents assess employee communication as critical to the success of the program [cf. von Rosen 2001, p. 23]. ELC links employees closely to their corporations and establishes a clear link between pay and performance [cf. Mitchell 1999]. Employee requirements can be split into two major categories, based on familiarity with financial instruments and asset size: • Retail plan participants with a lower familiarity in financial matters and lower assets, require quality information regarding a plan’s value, rules, tax implications, underlying financial instruments and finally the process of transforming their restricted assets into liquid assets works. • High Net Worth Individuals, Core Affluent and Rising Affluent Individuals need the before mentioned services as well, but have a strong need for advanced financial services (e.g. financial planning, investment, risk management, retirement, tax etc.). For both plan participant categories it is very important, that the process for distributing their plan position is easy to handle and streamlined from employee distribution request to receipt of proceeds in their individual bank accounts.
5.5
ELC Service Opportunities
The analysis of the corporate and employee needs during the customer resource life cycle of ELC serves as the basis for a definition of services and allows service bundling towards a one-stop solution. It is important to understand that ELC in Europe is in its early stage and the knowledge of corporations and employees about this subject is limited. Offering ELC services is therefore an education process for corporations as well as their employees. The value of a comprehensive, cocoordinated service offering is recognized by corporations, if - after the initial information gathering and offering phase - the complexity of designing and implementing ELC has been made transparent. The following figure summarizes potential services and providers to corporations and employees.
16
Multiple entries allowed.
E-Service Business Model
Service
Provider 3rd Party
EES
179
Client Segment Corp.
Employee
Plan Design Implementation Management Configration Services Content Management Services Data Management Services Process Management Services Community Services User Support Services Reporting Services Application Provisioning Services Plan Event Management Services Award Election Services Distribution Services Employee Financial Services Corporate Financial Services Legend: Expert Competence Integration Competence Co-Ordination Competence Service Recipient
Figure 10: Potential services
5.5.1 Implementation Services The primary target market for EES are corporations in Europe seeking to implement EEPs in their organizations or those seeking a comprehensive solution to manage existing plans. Plan Design The definition of the corporate objectives for the ELC introduction is the basis for balancing the trade-offs between structural issues such as cost-effectiveness and incentive effectiveness among other appropriateness considerations. The resulting plan design alternatives scope for possible scenarios the plan objectives and employee eligibility, suggest plan instruments (restricted stock, stock options, structured products), analyze funding and risk management alternatives, outline conceptual tax and accounting implications, determine legal and regulatory requirements, consider implications for other (existing) compensation programs [cf. Mitchell 1999]. This requires the involvement of expert knowledge from compensation consultants (e.g. Arthur Andersen, Watson Wyatt, and Towers Perrin etc.), legal advisors (e.g. Ernst & Young, Clifford Chance etc.), investment banking services (e.g. UBS Warburg etc.), accounting advisors (e.g. KPMG, Deloitte & Touche, Ernst &
180
Martin Gehring, Guido Meyer
Young) and experts on global and local taxation (e.g. Ernst & Young, PriceWaterhouseCoopers, Swiss Tax Partners etc.). The capability to co-ordinate these diverse expert sources towards a comprehensive ELC solution is regarded as extremely valuable by corporations. Implementation Management The implementation of ELC needs to be highly structured and standardized for two reasons: • Full transparency of the tasks and effective document templates will enable the corporate client to assign and accomplish his responsibilities effectively and efficiently. • Short implementation cycles ensure cost-efficiency and reduce project risk. Data sourcing and process implementations are the most critical tasks. The EES provider and business network manager needs to control the core business processes of the operational model. In order to ensure compatibility and efficiency of EES core processes and business processes owned by the corporation, the corporations need to receive best practice reference process models, which can be adopted to reflect the specific needs. After training of all users within corporate functions, the implementation project should be concluded with and full ELC lifecycle user acceptance test. The scope of the test should cover all business events and phases of EEP management. Each client implementation project should be concluded with a post implementation review in order to ensure a continuous improvement of the overall sales implementation process (total quality management). 5.5.2 Administration Services A significant part of the administrative burden could be outsourced to 3rd parties, provided that a centrally managed system infrastructure is supporting the collaboration and current business process gaps between the different service providers ('roles') are closed. The following assumes the availability of such an infrastructure and appropriate 3rd party resources. • Configuration Services: Each EEP has an individual structure and countryspecific variations. The relevant plan parameters need to be analyzed and configured in corporations’ instance of the EES Platform. • Content Management Services: EEPs of corporations with an international employee base result typically in a large amount of different documents. Document management as well as targeted and fast distribution of these documents to plan participants comprise a service, which ensures that employees have comprehensive access to their relevant plan documents as well as educational and supporting information on-demand (self-service). • Data Management Services: Compensation data are extremely sensitive with respect to privacy and accuracy. The allocation of access rights as well as support services regarding data take-on, data quality management and elimination of redundant data maintenance are basic but essential services.
E-Service Business Model
181
• Process Management Services: The administration of EEP requires collaboration beyond the borders of the corporation. The design, implementation as well as the ongoing optimization of business processes is a core competence of the EES provider who is managing the business network including the collaboration infrastructure. • Community Services: The global diversity of EEPs and the complexity of its administration cause a need for exchanging information and experiences. ECL practitioners (corporate plan administrators, ECL service providers) establish communities, which organize conferences and information services. • User Support Services: Corporate and employee support services such as call center, online help and frequently asked questions would establish the minimal requirements for a basic customer service • Reporting Services: Reporting on plan data is extremely important to various corporate functions as well as employees. Due to the fact that all data is managed consistently in a central database, flexible report templates can be supported by a reporting engine and customized reporting be offered as an additional service. • Application Provisioning Services: The design and development of an information system to support multiple plan structures, their local variations and integrate the needs of different parties across a plans lifecycle requires a significant investment and expertise in ELC. Most companies do not want to invest in infrastructure services and look for solution providers. European corporations are highly receptive to an ASP-type service model for managing their ELC-related information. 5.5.3 Distribution Services This category of services addresses a streamlined transformation of restricted plan assets into liquid assets for employees. Besides the interest of the corporation to integrate this process with payroll activities, it is of special importance to the employee. Integration, transparency and speed increase the convenience for the plan participant. This phase of the lifecycle involves financial transactions and closes the gap between the HRM-driven plan management and financial service providers. • Employee Event Services: Depending on type and rules of a plan and the number of plan participants, the amounts of consecutive annual plan events including distribution can range from a few executives to thousands of employees. The granular representation of plan parameters in a database allows the automation of plan event monitoring and subsequent notification on alternative channels. • Award Election Services: Certain plan types require elections by employees (e.g. acceptance of award, plan participation, plan instrument etc.), which in many corporations is accomplished via paper forms and fax or mail. A simple workflow with electronic forms can improve efficiency of currently primarily paper-based activities.
182
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• Distribution Services: The main objective of these services is to overcome the current process gap between a plan’s administration processes and financial transaction processes. Straight-Through-Processing in this context means to feed the relevant parameters of the distribution request17 directly to the broker, who is executing the financial transaction based on the parameters provided. 5.5.4 Business Network Services The intention of this category of services is to enable the integration of ELC context-related 3rd party advisory and e-services. These services can be either electronically accessible via the EES infrastructure (e-services) or can be coordinated ('brokered') via the EES Business Network. Service areas for employees are brokerage services and general electronic banking services for subsequent asset reinvestment as well as more sophisticated wealth management services. Partners, which are best positioned to meet the needs of corporations, provide the following: • Implementation-related advisory on legal, tax and regulatory issues including ongoing monitoring of changes in law and compliance. • Advisory on accounting treatment and balance sheet / profit & loss impact. • Optimization of tax treatment of a global basis. • Advisory regarding the funding of EEPs, the management of the risk exposure, and the creation of plan instruments meeting the risk profile of employees. • Access to plan administration practitioner communities and related information18. • Compensation and competitive pay19. The level of integration will depend on the complexity of the service and the degree of standardization in the area concerned. Additional criteria are: • Consultancy versus content or transaction • Business relationship direct or via portal provider • Value / cost relation of integration
17
Distribution Request is the decision of the employee, if and how he would like to transform his restricted plan assets (e.g. granted options or restricted shares) into liquid assets (e.g. cash, unrestricted shares). 18 Examples: Benefits Link Yellow Pages, http://www.benefitslink.com/yellowpages/index.shtml; Global Equity Organization, http://www.globalequity.org/-index.htm, International Foundation of Employee Benefit Plans, http://www.ifebp.org/. 19 Example: Stock Exchange Commission and Company Information http://www.sec.-gov/edgarhp.htm.
E-Service Business Model
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Business Networking Architecture
The high diversity of required skills for designing EEPs, the market demand for reduced complexity of achieving their implementation and the requirement of interoperable, streamlined business processes for managing and administering EEPs are the determining factors for the business architecture. • Concentration on core competencies: The expert knowledge for a well-balanced EEP is available from specialized service providers requiring co-ordination or integration. • To provide corporations and their employees a comprehensive and integrated offering, a platform for collaboration needs to be established and protocols for business process and transaction interaction are defined or adopted. • Corporations and employees require support during the entire life cycle of EEP, from “grant to cash”. The design needs to consider that the assets under EEPs change their nature from restricted to a liquid (asset), which provides excellent opportunities for affiliation with finance business models. Following the concept of the business bus [cf. Österle et al 1999; Österle 2000] and e-service model [cf. Alt et al. 2000], the business architecture is shaped as a network of specialized service providers around an EES service integrator. Business Support Compensation, Legal, Regulation, Finance, Accounting, Tax
Business Content Compensation, Legal, Regulations, Tax HRM, Communication)
3rd Party Service Providers
Business Level Integration
Business Bus
Process Level Integration
Transaction Level Integration
Corporate Client
Employee Equity Services
ELC Management
Individual Asset Management
Employee /
Business Integration ELC Design ELC Implementation ELC Administration
ELC Management
Business Support Financial Planning, Investment, Risk Mgmt., Tax, Funds, e-banking
Business Collaboration ELC-Brokerage
Business Content Financial & Industry Information, HRM services, Tax, Retirement
Figure 11: Business Bus in Relation to EES
Collaboration Infrastructure Application Development, Application Service Provicer HRM System Provider, System Integrators
Application Level Integration
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5.6.1 Process Architecture The process architecture [cf. Österle 1995, p. 62] identifies four core value creation processes, which are crucial for the success of the EES business model: • Sales and Implementation: Transfer knowledge during sales process, enable one-stop solution for plan design, ensure transparent / fast implementation, manage implementation process. • Employee Equity Plan Administration: Provide services, which allow selective or comprehensive outsourcing of ongoing EEP administration for corporations and help employees to maximize the value of their EEP assets. • Business Network and Product Management: Continious development of the EES platform, measurement of performance of partner services, extension of business network including integration. • General Management: Determination and controlling of key performance indicators regarding EES services and services of business network partners. Corporate Advisory Services (Compensation, Legal, Regulation, Accounting, Tax, Communication etc.)
Corporate E-Services (Compensation, Legal, Regulation, Tax, Accounting, HRM, Communication, etc.)
3rd Party Service Provider
Service Level Agreement
Employee EES Proceeds from Exercise
Notification
General Management
Corporate Services Employee Services
Business Network & Product Management Innovation, Change Management, Analysis, Metrics
Strategic Partnership
Management Of Restricted Assets (EES)
Administration Services, Plan Information, User Support, Execution Handling, Exercise Proceeds Transfer, Reporting, 3rd Party Advisory Co-Ordination
Strategy, Plan Reports
Innovation & Customization
Employee Equity Plan Administration
Corporate
Management Of Personal (Liquid) Assets
Hand-over Operation
Plan Parameters, Awards, Forfeiture, Plan Authority
Sales & Implementation
Strategy, Plan Reports
HRM Treasury Accounting Payroll
EES Implementation
Service Level Agreement Implem. Co-Operation
Corporate Plan Management
Execution EEP Transaction
Election & Exercise
Personal Brokerage, E-Banking
Infrastructure Operation
EES Application Development
EES System Integration Services
HRM System Provider
EES Platform
Manage Other Liquid Assets
Employee Advisory Services (Financial Planning, Investment, Risk Mgmt., Tax, Retirement etc.)
Employee E-Services Brokerage, E-Banking, Financial Information & Products, Tax, Retirement etc)
Figure 12: EES Process Architecture
5.7
Pricing Strategy
The implementation of a solution can vary significantly based on the clients own skills and resources. A consultant-like approach with effort-based fee structures is appropriate. This model allows a flexible integration of 3rd party providers.
E-Service Business Model
185
• Standard Employee Equity Services, which is charged on an annual services fee per employee. A transactional pricing model can be applied for certain planrelated events (grant), employee-related events (new hire, termination, and annual statement) and distribution related events (e.g. option exercise). • Additional Employee Equity Services (including Plan Design, Legal Services, Tax and Accounting Advice, Creation of Plan Instruments, Risk Management, Plan Implementation Services, Brokerage Services, Employee Communication Services, Configuration of New Plans, Corporate Actions such as Mergers and Stock Split, System Integration, HRM Process Integration). The pricing model for 3rd party services is dependent on the level of integration and business practice in the respective industry sector. High
EES Income Potential from 3rd Party Revenue
Transaction Level Integration
Application Level Integration Process Level Integration Business Level Integration
Low Low
Level of Integration of 3rd Party Services
High
Figure 13: Revenue Potential for EES The EES business model can generate additional income through 3rd party revenue. This income potential correlates with the level of integration. It is assumed that a high level of 3rd party integration also increases customer value. Subsequently, the EES income potential does correlate with the customer value as well.
186
5.8
Martin Gehring, Guido Meyer
Technology Infrastructure
The reasons why EES should be based on an ASP-type technological solution are the following: • Closing the gaps in the business process of ELC management requires collaboration and integration of multiple service providers. • The process logic for ELC management is independent from the industry sector of the corporation and therefore customization need is only driven by plan structures. • Requirements for integration with systems of the corporations (e.g. feeds to/from HR system and payroll) and service providers (e.g. brokerage) and can be standardized. • Multiple customers can use the same infrastructure on a 'pay-as-you-go' pricing model instead of establishing costly individual infrastructure and integration. • The approach enables the targeted outsourcing of ELC-related tasks to external service providers without loosing the advantage of integrated business processes and central data management. Considering the reluctance of corporations to use ASP-type solutions, the following propositions are crucial for the acceptance of an ASP-based EES infrastructure: • Security: Ability to demonstrate that the data is as secure as or even more secure than they would be on an internal infrastructure. • Robustness/Trust: Ability to demonstrate high availability for infrastructure and customer service. • Time and Convenience: Ability to implement fast and maximize user experience. • Flexibility: Ability to satisfy customization needs in terms of plan structures, system integration and reporting.
5.9
Marketing Strategy
Corporations and their employees represent the clients of EES. The design of business model implies that an important part of the value proposition is delivered to clients by affiliated members of the EES business network. Therefore, the marketing strategy of EES addresses the supply side (corporate services) as well as the sale side (employee services). EES will be in a position to control the profile data of employees. The range of data available and their usage for targeted marketing on the EES platform depends on three factors: • The service level agreement between EES and client corporations determines how employee profiles may be used to target information on additional services for employees.
E-Service Business Model
187
• EES collects additional profile data from employees directly and will offer partners within the business network the opportunity to target information to employees based on these profiles. • Laws pertaining to the aggregation and usage of data.
5.10 Competitive Strategy Following Porter’s concept of Competitive Strategy [cf. Porter 1997, p. 61], EES anticipates potential threats from competition and addresses these with a differentiation strategy. EES’ differentiating value proposition is an integrated offering. EES is not competing with specialized service providers, but managing a comprehensive business network of specialized service providers, which enables comprehensive solutions and reduces complexity for clients. The ability to cooperate with multiple partners' operations in distinct areas of specialization is a significant competitive advantage for corporations that need to efficiently manage risk and obtain board and shareholder approval. EES' core competence is the understanding of the entire value chain, to design integrated business processes and operate a service platform, which allows the management of the entire lifecycle of an EEP and straight-through processing ('grant to exercise'). With the increasing maturity of the ELC market, profit margins of plan management and administration service providers will come under pressure. The constant development of differentiating services and an emphasis increasing transactional integration will help to reduce the EES cost basis and therefore maintain competitiveness.
5.11 Risks of the EES Business Model Investors into the EES business model should be aware of the following risks: • The attractiveness of Equity-Linked Compensation correlates with the performance of the overall equity market and its downturn reduces incentives for ELC implementation. • The legal and regulatory frameworks for allowing or promoting ELC is developing slowly and the attractiveness of ELC for corporations and employees show significant differences. • Corporations in Europe are extremely sensitive regarding data security / protection and are still reticent about ASP-type solutions. • The risk of building an application, which can support multiple plan structures, integrates HRM-related processes with financial transactions and supports distributed content management can probably be compared with building international payroll systems and therefore is high. • The field of ELC is relatively new in Europe and expert skills are rare and expensive. U.S. business models provide a good benchmark, but cannot be
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Martin Gehring, Guido Meyer
transferred due to structural differences regarding law, regulations, accounting/tax, culture, infrastructure (i.e. banking, payrolls) etc. • Based on provider experience, the quality of affiliated service providers differs by expertise and country. Due to the nascent ELC market, comparisons of affiliate performance are rare and metrics limited.
6 Conclusion The trend towards ELC in Europe opens a variety of business opportunities. Each of the specialized ELC service providers such as compensation consultants, law firms, tax advisors, investment banks, brokers, software vendors, administration services and outsourcing partners may offer valuable services, but their integration into a comprehensive solution has still to be accomplished by the corporations and recognized by them as a deficiency. • The EES business model is based on an analysis of corporations' and employees' needs during the entire lifecycle of EEPs. • The EES business model provides corporations with the knowledge of integrating disparate multi-national, legal, financial, administrative and cultural services, • offers a comprehensive and flexible coverage of these needs through a network of specialized service providers, • overcomes cross-industry gaps by isolating certain elements from vertical value chains and integrating them into business processes, which map to the customer ELC process, • enables outsourcing of routine tasks through precisely defined collaboration of service providers on a common platform. The users of Employee Equity Services establish highly attractive and large communities of • corporate function holders involved in ELC management (human resource management, accounting, treasury, legal). • senior executives and key employees as participants in Long-Term Incentive Plans. • professionals as participants in broad-based Employee Equity Plans. The ability to maintain these communities requires trust in EES' capabilities. A proven track record of successful implementations will permit EES to carefully leverage these communities in order to expand the business model for meeting additional related client needs. The EES Business Model opens up a variety of very attractive business opportunities, which can be developed and delivered best through an integrated network of specialized service providers. Finally, a SWOT analysis outlines an aggregated assessment of the EES business model:
E-Service Business Model
Strengths
Weaknesses
• Comprehensive offering to cover the entire ELC life-cycle for corporations and employees • Competitive advantage due to ELC and integration complexity (hard to copy/keep up with) • Highly attractive user community of corporate function holders and professionals • Flexibility and scalability • Expansion and leverage opportunities
• Scarce ELC expert resources • Time-delayed revenue growth due to ELC inherent asset restriction • Majority of plan participants are ‘Retail‘ clients
Opportunities
Threats
• Extremely fast growing ELC market in Europe • Integrated ELC service offering is not yet available in Europe, but service providers recognize value of integration and cooperation • Technologies and procedures to ensure security are improving quickly • Post-ELC business opportunities
• Time-to-market – window of opportunity to establish EES is 12 to 18 months from now • Competition from U.S. providers targeting European corporations • European legal, regulatory and culture-rooted data protection issues
Potential Business Model Expansion • Corporate HRM (e.g. benefits management, performance measurement, education) • Corporate knowledge management (e.g. skill inventory, employee-to-employee communication) • Employee needs regarding ‘Individual Economy‘ (e.g. ‘Open Finance’, ‘Open Insurance’, individual knowledge management)
Figure 14: EES SWOT Analysis
189
190
Martin Gehring, Guido Meyer
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E-Service Business Model
191
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Ubiquitous Computing im Supply Chain Management Markus Hausheer, Thomas Müller, Peter Oesch
1 2
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5 6
7 8 9
Einleitung....................................................................................................194 Ausgangspunkt für ein „State-of-the-Art” Supply Chain Management im Detailhandel...........................................................................................194 2.1 Herausforderungen im Detailhandel...................................................195 2.2 Mängel im Supply Chain Management ..............................................197 Ubiquitous Computing................................................................................200 3.1 Technologieentwicklung von Ubiquitous Computing ........................201 3.2 Charakteristika von Ubiquitous Computing .......................................203 3.3 Einsatzgebiete von Ubiquitous Computing ........................................204 Eckpfeiler einer Demand & Supply Chain im Detailhandel .......................208 4.1 Informationen in Echtzeit ...................................................................209 4.2 IT-modellierte Prozesse......................................................................210 4.3 Demand Chain Management ..............................................................211 4.4 Kollaborative Planung ........................................................................212 4.5 I-Point of Sales ...................................................................................213 Generisches Soll-Prozessmodell im Supply Chain Management des Detailhandels ..............................................................................................216 Voraussetzungen für eine Demand & Supply Chain im Detailhandel ........218 6.1 Strategie..............................................................................................218 6.2 Prozesse und Organisation .................................................................218 6.3 Technologie ........................................................................................220 Abkürzungsverzeichnis...............................................................................222 Literatur ......................................................................................................225 Internetlinks ................................................................................................227
194
Markus Hausheer, Thomas Müller, Peter Oesch
1 Einleitung Unter Ubiquitous Computing (UC) versteht man die Allgegenwärtigkeit von Rechnern im täglichen Leben eines Jeden von uns. Ubiquitous Computing zeichnet sich aus durch weitgehende Mobilität und Vernetztheit von kleinsten, miteinander drahtlos verbundenen Computern. Diese Netzwerke werden keine klar strukturierten Topologie mehr aufweisen, sondern sich quasi ad hoc zwischen sogenannten „Smart Devices“ (oft wird auch von „smarten Dingen“ gesprochen) untereinander sowie mit der umgebenden Infrastruktur bilden. Die Allgegenwärtigkeit von Rechnern wird durch stetige Miniaturisierung der Computer-Technologie und der gleichzeitigen Erhöhung der Leistungsfähigkeit in absehbarer Zukunft möglich sein. Prozessoren und Sensoren werden immer mehr in Alltagsgegenstände wie Uhren, Kleider, Gepäck, Haushaltsgeräte, Dokumenten usw. integriert werden können. Mit „Smart-Cards“, WAP-fähigen-Mobiltelefonen mit „Bluetooth-Connectivity“ und „Keyless Car Access and Control Systems“ sind erste Vertreter dieser Technologie bereits heute kommerzialisiert. Wie jede Technologie stiftet auch das Ubiquitous Computing nur dann Nutzen, wenn es Geschäftsprozesse zum Positiven verändert, d.h. Kosten und Risiken verringert oder Umsatz und Geschäftschancen erhöht. Anhand der wertschöpfenden Geschäftsprozesse im Detailhandel wird in der folgenden Arbeit aufgezeigt, welche Potentiale durch Ubiquitous Computing im Bereich des Demand & Supply Chain Managements realisiert werden können. Der Schwerpunkt der Prozessoptimierungen liegt dabei bei folgenden Punkten: • Automatisierung von manuellen Tätigkeiten entlang des Güterflusses • Reduktion von nicht wertschöpfenden Tätigkeiten in der Verkaufsstelle • Realisierung eines nachfrage- bzw. absatzgesteuerten Güterflusses • Personalisierung von Produkten und Dienstleistungen • Attraktivitäts- und Effizienzsteigerung für den Konsumenten
2 Ausgangspunkt für ein „State-of-the-Art” Supply Chain Management im Detailhandel Das Supply Chain Management (SCM) hat sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem erfolgsentscheidenden Wettbewerbsfaktor entwickelt, wobei SCM nicht mehr nur auf das eigene Unternehmen bezogen verstanden wird. Die unternehmensübergreifenden Aspekte und damit die Koordination und Harmonisierung der Geschäftsprozesse über die Unternehmensgrenzen hinweg treten in den Vordergrund. Speziell im Detailhandel, welcher sich in einem gesättigten Markt mit geringen Margen bewegt (Umsatzwachstumsrate in den letzten 5 Jahren von 0.5%/J), kommt dem SCM eine entscheidende Rolle zu.
Ubiquitous Computing
2.1
195
Herausforderungen im Detailhandel
Das „Five Forces Model“ von Porter [vgl. Porter 2000, S. 29] dient als Rahmen für das Aufzeigen der Trends, welche den Detailhandel in Zukunft beeinflussen werden (vgl. Abbildung 1):
Neue Konkurrenten
Veränderung der Lieferantenmacht
Veränderungen beim Wettbewerb in der Branche
Veränderung der Kundenmacht
Neue Technologien u/o Produkte
Abbildung 1: „Five Forces Model“
2.1.1 Globalisierung und Konsolidierung
Neue Konkurrenten
Der Lebensmittel-Detailhandel ist eine Industrie mit tiefen Margen – sie bewegen sich zwischen 1% - 3% des Umsatzes und einem beschränkten Umsatzwachstumspotenzial in der Schweiz. Der dadurch entstehende Kostendruck führt dazu, dass die Ausnützung von
Skaleneffekten - Effizienz der Prozesse und Ausspielen der Einkaufsmacht - über Grössenvorteile wichtig wird. Zudem sind die verfügbaren Verkaufslokale an attraktiven Standorten rar. Dies wird vermehrt zu internationalen und globalen Zusammenschlüssen führen, von denen auch der Schweizer Detailhandel nicht verschont bleiben wird [vgl. McPoland 2001]. Arthur Andersen geht davon aus, dass Ende 2010 die weltweit 25 grössten Detailhändler für über 40% des weltweiten Detailhandelsumsatzes verantwortlich sein werden [vgl. Arthur Andersen 2000, S. 13].
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Markus Hausheer, Thomas Müller, Peter Oesch
2.1.2 Zunahme der Marktmacht bei den Lieferanten
Veränderung der Lieferantenmacht
Bei den Herstellern, Grosshändlern bzw. Lieferanten der Produkte findet eine globale Konsolidierung statt, wodurch es für den Detailhandel immer schwieriger wird, das bestehende Kräfteverhältnis zu bewahren oder gar zu seinem Vorteil verändern zu können, ohne
selber den gleichen Schritt zu vollziehen. Als Reaktion darauf hat sich in Europa seit dem Jahr 1988 eine Vielzahl von internationalen Allianzen gebildet. Diese Tendenz wird weiter anhalten, wobei vor allem Standardprodukte, die über nationale Grenzen vermarktet werden können, gemeinsam beschaffen werden. 2.1.3 Abnehmende Loyalität der Kunden und Polarisierung der Einkommen Bei den Konsumenten lassen sich zwei Veränderungen feststellen, die einen entscheidenden Einfluss auf die Detailhandelsunternehmen haben werden. Einerseits kann der Kunde im Informations- und Wissenszeitalter auf einfache Weise und in kurzer Zeit Produkte und Dienstleistungen vergleichen. Andererseits ist eine Polarisierung der Einkommen festzustellen. Die Einkommensschere wird sich noch weiter öffnen, sodass zwei grundsätzlich verschiedene Kundensegmente entstehen werden, die auch unterschiedliche Anforderungen an die Produkte und Dienstleistungen stellen. Beide Trends bewirken, dass eine perfektionierte Kundenorientierung und ein auf die Zielkunden abgestimmtes Sortiment zu kritischen Erfolgsfaktoren werden. Stand früher das Produkt im Zentrum und wurde die Kundschaft „als Ganzes“ betrachtet, muss der Detailhändler, um in Zukunft erfolgreich zu sein, jeden Kunden als Individuum wahrnehmen und seine Produkte und Dienstleistungen, wo immer gefragt, personalisieren. Bereits existierende Kundenkartensysteme, heute nur zu Bonuszwecken und für Statistiken genutzt, sind also nur als Anfang auf dem Weg zu einem vollwertigen CustomerRelationship-Management (CRM) zu werten. Veränderung der Kundenmacht
2.1.4 Steigende Bedeutung von eCommerce Neue Technologien und/oder Produkte
eCommerce spielt bis heute quantitativ eine sehr geringe Rolle. Die Bedeutung wird jedoch zunehmen, wobei das Hauptwachstum im „B2B“-Bereich stattfinden wird und dort vor allem im Bereich der Unternehmensportale. Der Handel von Waren zwischen Produzenten, Logistik- und
Detailhandelsunternehmen wird zukünftig vermehrt über Online- Handelsplattformen abgewickelt werden [vgl. Arthur Andersen 2000, S. 11f]. Das Internet, wenn auch keine Technologie an sich, muss in diesem Kontext als „disruptive technology“ angesehen werden, deren Nichtbeachtung beziehungswei-
Ubiquitous Computing
197
se zu später Berücksichtigung in den Geschäftsmodellen und Prozessen eine existenzbedrohende Gefahr für die Detailhandelsunternehmen darstellen kann. Anders als bei der produzierenden Industrie, wo „disruptive technologies“ primär verbesserte oder neue Produkte entstehen lassen, wird das Internet und die damit verbundenen Technologien im Detailhandel vor allem als „Enabler“ (Befähiger) wie als „Accelerator“ (Beschleuniger) von Veränderungsprozessen wirken, die primär in der Wertschöpfungskette ihren Niederschlag finden werden. 2.1.5 Konzentration auf Kernkompetenzen und Integration des SCM Veränderung beim Wettbewerb in der Branche
Der verstärkte Wettbewerb und der damit hervorgerufene Kostendruck wird dazu führen, dass die Unternehmen ihre Ressourcen auf Prozesse konzentrieren, in denen ihre Kernkompetenzen liegen. Im Detailhandel kann dies die Fokussierung auf die Eingangslogistik der Verkaufsstelle und der
ladeninternen Nachfülllogistik (replenishment) bedeuten, wogegen die vorgelagerte Logistik - die Logistik vom Produktionsort des Produktes bis zur Verkaufsstelle - an ein auf Logistik und Transport spezialisiertes Unternehmen ausgelagert wird. Die Reduzierung der Leistungstiefe bewirkt, dass der Markterfolg eines Produktes nicht mehr nur von der Effektivität und Effizienz eines einzelnen Unternehmens abhängt, sondern massgeblich vom Zusammenspiel mit den Unternehmen der vor- und nachgelagerten Stufen in der Wertschöpfung bestimmt wird. Die Detailhandelsunternehmen werden in Zukunft ihr Augenmerk darauf zu richten haben, die Supply Chain vom Entstehungsort des Produktes bis zu dessen Abverkauf an den Endkunden über die Unternehmensgrenzen hinweg zusammen mit den Produkteherstellern und Logistik Dienstleistungsunternehmen zu optimieren. Dies wird dazu führen, dass diese Unternehmen ihre IT-Systeme mit den jeweiligen Partnern entlang der Supply Chain integrieren werden [vgl. McPoland 2001].
2.2
Mängel im Supply Chain Management
Die grössten Mängel bei der Abwicklung der Geschäftsprozesse im SCM sind der tiefe Automatisierungsgrad, die mangelnde Koordination der verschiedenen Wertschöpfungsstufen bezüglich medienbruchfreier und zeitgerechter Informationsübermittlung, die fehlende kollaborative unternehmensübergreifende Planung sowie die Sicherstellung der Qualität bei verderblichen Produkten. • Tiefer Automatisierungsgrad. Viele Tätigkeiten werden nach wie vor manuell ausgeführt, wie z.B. Planungs-, Kontroll- und Überwachungsaufgaben. Aktivitäten werden auf den verschiedenen Wertschöpfungsstufen mehrfach ausgeführt, wie z.B. Warenein- und –ausgangskontrolle. • Mangelnde Koordination der verschiedenen Wertschöpfungsstufen. Prozesse und Informationssysteme sind über die verschiedenen Wertschöpfungsstufen hinweg nicht aufeinander abgestimmt. Informationen können daher nur bedingt unternehmensintern und –übergreifend ausgetauscht werden (Medienbrüche).
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• Fehlende kollaborative Planung. Eine umfassende (wertschöpfungsstufenübergreifende Planung) Supply Chain Planung fehlt. Die jeweiligen Akteure verfolgen so einseitig das Ziel, ihre Wertschöpfungsstufe zu optimieren. Eine kollaborative Optimierung und Planung ist aus dieser Optik nicht möglich. • Verzögerter Informations- und Datenfluss. Die für eine effiziente und schnelle Abwicklung benötigten Informationen stehen nur bedingt und an bestimmten Punkten der Supply Chain (Checkpoints) den verschiedenen Akteuren zur Verfügung. • Qualitätssicherung (verderblicher) Produkte. Mit der heute zur Verfügung stehenden Technologie, ist eine lückenlose Überwachung von (verderblichen) Produkten (z.B. Temperatur) vom Produzenten bis zum Regal der Verkaufsstelle nicht möglich. Diese Mängel erschweren die Erreichung des Hauptziels im SCM, welche die Synchronisation des Angebots mit der Nachfrage über die gesamte Wertschöpfungskette (von der Herstellung der Güter bis zum Abverkauf) zum Ziel hat, d.h. die art-, mengen-, zeit- und ortsgerechte Bereitstellung von Gütern zur Befriedigung einer Nachfrage. Die Synchronisationsbemühungen werden an der Kundenzufriedenheit bezüglich Fristen gemessen, die der Kunde akzeptiert (unter Vermeidung von übermässigen Lagerbeständen). Im Detailhandel erwartet der Kunde, dass das übliche Angebot in den Regalen verfügbar ist. Nur sehr wenige Güter werden vom Rohmaterial bis zum Endprodukt auf Bestellung hergestellt und verteilt. Zur Sicherstellung eines angemessenen Lieferbereitschaftsgrades werden - unter Berücksichtigung von Volatilität und Unsicherheit der Nachfrage innerhalb der Supply Chain - Lagerbestände angelegt. Diese Lagerbestände markieren Punkte in der Supply Chain, wo unterschiedlich dimensionierte Güterströme hinsichtlich Art, Losgrösse, Zeit und Ort voneinander abgekoppelt werden. Im Detailhandel wird im Regelfall das Angebot von der Endnachfrage mehrmals abgekoppelt [vgl. Marbacher 2001, S. 223]. Im traditionellen Verständnis des SCM findet die Koordination in der Supply Chain nur innerhalb der eigenen Unternehmensgrenzen und teilweise mit den Unternehmen der vor- und nachgelagerten Verarbeitungsstufe statt. Die Detailhandelsbranche hat seit ein paar Jahren begonnen, analog zur produzierenden Industrie, absatzorientierte Prozesse zu implementieren, d.h. es wird vermehrt nach dem „Pull“- und weniger nach dem „Push-Prinzip“ gearbeitet. Die Abverkäufe werden in den Kassensystemen erfasst und mittels festgelegter Bestandesgrenzen automatisch Bestellvorschläge für den Materialnachschub erzeugt (vgl. Abbildung 2).
Ubiquitous Computing
Aufgrund eines für jeden Artikel individuell festgelegten Minimal(Sicherheits-) und Maximal- (Soll-)Bestandes kann vom System automatisch ein Bestellvorschlag erzeugt werden. Diese Schwellen können, basierend auf Modellen, dynamisch angepasst werden. Damit kann der Saisonalität eines Artikels Rechnung getragen werden.
Maximalbestand
Lagerbestand
199
Aktueller Bestand
Minimalbestand
Zeit
Abbildung 2: Automatische Nachbestellung von Artikeln in Abhängigkeit des festgelegten Maximal- und Minimalbestandes Wie aus dieser einfachen Darstellung ersichtlich wird, funktioniert diese Methode nur dann reibungslos, wenn auf Schwankungen des Absatzes sehr schnell reagiert werden kann, d.h. wenn die Wiederbeschaffungszeit im Verhältnis zur Zeitdauer, über die ab vorhandenem Lager verkauft werden kann, sehr kurz ist. Andernfalls muss die Schwelle für den Minimalbestand angehoben werden, was zu unerwünschter Erhöhung der durchschnittlichen Lagerbestände führt. Kommen noch Verzögerungen bei der Übermittlung der Abverkaufsinformationen an die nächstvorgelagerte Stelle dazu, reagiert das System noch träger. Alle Teilnehmer der ganzen Versorgungskette sind bestrebt, auf die registrierte Änderung so schnell wie möglich und in entsprechendem Masse zu reagieren. Über mehrere Stufen der Wertschöpfungskette hinweg kann dies zum „Bull-Whip“-Effekt führen, einem Aufschaukeln der Absatzschwankungen, die mit jeder zusätzlichen Stufe grösser wird (vgl. Abbildung 3). Die Intensität dieses Effekts nimmt zu, je mehr Stufen die Supply Chain aufweist und je schlechter die Aktivitäten zwischen den Unternehmen der Supply Chain koordiniert werden.
Bestellungen
40
- Verkaufsstelle - Detailhändler (Distributor) - Grosshändler - Hersteller
30
20
10
0 0
4
8
12
16
20
24
28
32
36
Wochen
Abbildung 3: Der „Bull-Whip“-Effekt Verstärkt wird dieser Effekt zusätzlich durch die unterschiedlichen Losgrössen auf den verschiedenen Wertschöpfungsstufen. Die Unternehmen jeder Wertschöpfungsstufe versuchen, kostenoptimale Losgrössen in Beschaffung (Bestellmengen,
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Packungsgrössen, Transportkosten), Produktion und Vertrieb (optimale Auslastung von Kapazitäten) zu bilden, die zwar für die Optimierung ihres eigenen Abschnitts im Güterfluss dient, jedoch über die gesamte Supply Chain hinweg zu nicht optimalen Warenbeständen führt.
3 Ubiquitous Computing Die Vision von Smart Devices und einer umfassenden Informatisierung und Vernetzung fast beliebiger Dinge des Alltages scheinen in den nächsten Jahren aus technischer Sicht tatsächlich realisiert [vgl. Mattern 2001]. Die Vielzahl existierender Technologien macht eine Strukturierung sinnvoll. Diese kann nach verschiedenen Dimensionen erfolgen, wie z.B. der Zeit, den Lebensphasen der Technologie bezüglich ihrem Veränderungspotenzial. Es kann zwischen folgenden Technologiereifegraden unterschieden werden, die einem Lebenszyklus ähnlich typischerweise nacheinander durchlaufen werden (vgl. Abbildung 4): Veränderungspotential Basistechnologie
Schlüsseltechnologie
Schrittmachertechnologie
Zukunftstechnologie
Gegenwart
Zeit
Abbildung 4: Technologien über die Dimension Zeit [vgl. Bauknecht 2001, S. 12]
Ubiquitous Computing
201
• Basistechnologie Eine vorhandene, breit eingesetzte Technologie, deren Veränderungspotenzial weitgehend ausgeschöpft ist. Basistechnologiebausteine sind sozusagen das stabile, breit abgestützte Fundament für alle anderen Technologien. • Schlüsseltechnologie Eine vorhandene Technologie, die noch begrenzt Verbreitung gefunden hat und/oder die nur unter bestimmten Rahmenbedingungen nutzbringend eingesetzt werden kann, deren Veränderungspotenzial aber sehr bedeutend ist. • Schrittmachertechnologie Eine neuere Technologie, von der ein erhebliches Veränderungspotenzial erwartet wird, die sich aber noch im Entwicklungsstadium befindet. • Zukunftstechnologie Eine sich abzeichnende Technologie, die sich noch im Forschungsstadium befindet und noch nicht kommerziell verfügbar ist. Es ist wichtig festzuhalten, dass Ubiquitous Computing auf Technologien aller vier Reifegrade basiert und nicht nur, wie man vielleicht gemeinhin annehmen könnte, auf Zukunfts- oder Schrittmachertechnologien beruht. So gründet z.B. das Internet als „Backbone“ der ganzen weltweiten Vernetzung auf TCP/IP, einem Protokoll-Standard, der schon sehr lange existiert, der keine grossen unerschlossenen Potenziale mehr in sich birgt und damit klar zu den Basistechnologien zählt. Basistechnologien stellen häufig das Fundament dar, auf dem Schlüssel- und Schrittmachertechnologien aufgebaut werden. Es kommt äusserst selten vor, dass in einem Anwendungsgebiet ausschliesslich neue Technologien zum Einsatz kommen. Häufig liegt das Erfolgsgeheimnis im optimalen Mix verschiedener Technologien. Nur so kann das Potenzial einer als Schrittmacher-Technologie wahrgenommenen Entwicklung wie Ubiquitous Computing für nutzenbringende Veränderungen voll zum Tragen kommen.
3.1
Technologieentwicklung von Ubiquitous Computing
Im Wesentlichen sprechen sieben Gründe für eine baldige Realitätswerdung der Vision allgegenwärtiger Rechner. • Moore’s Law, wonach sich die Leistungsfähigkeit der Prozessoren ca. alle 18 Monate verdoppelt; zudem werden sie billiger, kleiner, schneller. Dieses „Gesetz“ gilt im Wesentlichen auch für Speicherkapazität bei Halbleiterspeichern und Harddisks sowie für die Bandbreite von Netzwerken. • Die Energieeffizienz v.a. bei mobilen Geräten verbessert sich mit jeder neuen Generation. Gleichzeitig wird durch neue Batterietechnologien die Energiedichte pro Volumen bzw. Gewicht erhöht. • Neue Materialien, welche heutige Technologien ersetzen oder ergänzen. Dazu gehören z.B. organische Halbleiter, Kunststoff-Displays, elektronische Tinte oder neuartige Energiespeicher für Kondensatoren und Batterien.
202
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• Netzwerkinfrastrukturen, drahtgebunden wie drahtlos, werden in der alltäglichen Umgebung „verschwinden“ und im wahrsten Sinne „pervasive“, d.h. alles durchdringend. Power Line Transmission, Raum- und Körpernetzwerke (menschlicher Körper als Übertragungsmedium) sind Beispiele dafür, wie sich die zukünftige allgegenwärtige Vernetzung von „smarten Dingen“ entwickelt. Mittels Wellenlängenmultiplexing werden sich die zur Verfügung stehenden Bandbreiten der bereits verlegten Glasfaserkabel schon in naher Zukunft auf einen Schlag vertausendfachen lassen! • Neben der Entwicklung auf der infrastrukturellen Seite, erlauben neue Konzepte in der Kommunikations-Technologie aus den heute noch weitgehend statischen Netzgebilden, dynamische, spontane Netz-Gemeinschaften zu schaffen. • Sensoren stellen ein zentrales Bindeglied zwischen realer (analoger) und virtueller (digitaler) Welt Sensoren dar. Neben zunehmender Miniaturisierung werden diese Sensoren v.a. „smart“ werden, d.h. in der Lage sein, autonom Mustererkennung und Kontextualisierung durchzuführen sowie drahtlos mit der „intelligenten Umgebung“ zu kommunizieren. • Globale, aufwärtskompatible Standards bei Information und Kommunikation werden heute noch als der Punkt mit dem grössten Defizit betrachtet. Der eigentliche Wert des Internets liegt in den damit geschaffenen, nahezu weltweit akzeptierten Standards bezüglich Kommunikation (TCP/IP, http) und Präsentation (HTML). Mit XML, und WAP halten Weiterentwicklungen dieser Standardisierungen Einzug ins Backbone des UC. Die zunehmende Verteilung der Rechenleistung ist ein typisches Merkmal für das Aufkommen von Ubiquitous Computing. Der heute das Alltagsbild dominierende PC wird dabei zunehmend durch eine Anzahl „smarter Devices“ oder „Dinge, die denken“ ersetzt werden. Mobilkommunikationssysteme wie GSM und UMTS werden zusehends mit dem Internet, dem eigentlichen Backbone von UC, zusammenwachsen. Durch die Ausstattung von Alltagsgegenständen mit Rechnern und drahtloser Kommunikation, bekommt jeder reale Gegenstand eine virtuelle Entsprechung in der Cyberworld [vgl. Mattern 2001, S. 26].
Ubiquitous Computing
203
Abbildung 5: Mittels drahtloser Kommunikation verleihen reale Gegenstände ihren virtuellen Abbildern im Cyberspace „Leben“ [vgl. Mattern 2001, S. 24f] Damit verbunden ist ein eigentlicher Paradigmenwechsel in der Informatik. Typische Merkmale dafür sind [vgl. Fleisch 2001, S. 7ff]: • Nutzer-überwachte anstatt Nutzer-zentrierte Lösungen: Der Mensch ist nicht mehr zentral in jede Transaktion involviert und die 1:1 Beziehung - zwischen ihm und dem Computer (z.B. PC) - wird durch eine 1:n Beziehung ersetzt. Dadurch bewegt sich der Mensch vom Mittelpunkt weg und überwacht und steuert das Geschehen nun von „aussen“. • Die durch die Verbreitung von intelligenten und netzwerkfähigen „Dingen“ exponentiell wachsende Zahl von Netzwerkknoten, Informationsmengen und Kontexten machen Problem- und Lösungsräume derart komplex, dass sie nicht mehr in herkömmlicher Weise mittels deterministischen Methoden angegangen werden können, sondern mit Hilfe probabilistischer Vorgehensweisen gelöst werden müssen. • Da nicht mehr klar vorhersehbar ist, wie das Umfeld für die Erfüllung einer bestimmten Absicht aussehen wird, können Software-Applikationen nicht mehr fix installiert und konfiguriert sein, sondern müssen ebenso mobil und flexibel konfigurierbar sein, wie die Geräte, auf denen sie laufen.
3.2
Charakteristika von Ubiquitous Computing
Der Trend der technologischen Entwicklung und die heute bekannten Einsatzgebiete lassen fünf zentrale, generische Charakteristika von Ubiquitous Computing erkennen. Der nachfolgend verwendete Begriff „Objekt“ meint physische Gegenstände jeglicher Art, egal ob es sich dabei um einen Handelsartikel, ein Infrastrukturelement (z.B. ein Verkaufsgestell) oder um einen PDA eines Kunden handelt. • Informationen über ein Objekt sind beim Objekt selber Informationen werden nicht mehr in einem zentralen System geführt und in Beziehung zu einem physischen Objekt gesetzt, sondern werden dezentral direkt im/am Objekt selber gespeichert. Diese Informationen sind nach standardisier-
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•
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ten Modellen für die Beschreibung von physischen Objekten strukturiert. Ein Beispiel dafür stellt die „physical markup language“ (PML) dar [vgl. Brock 2001, S. 1ff]. Analog zu HTML, welche zur Darstellung von Webseiten definiert wurde, können mittels PML reale Objekte informationstechnisch beschrieben werden. Der Informationsaustausch ist orts- und zeitunabhängig Aufgrund der Informationshaltung im/am Objekt selber und der lückenlosen „Connectivity“ durch drahtlose Netzwerke („always online“) können Informationen zwischen Objekten jederzeit und unabhängig von deren momentaner Lokation ausgetauscht, verarbeitet und gespeichert werden. Ein wichtiger Aspekt ist die „Echtzeitfähigkeit“, wodurch die Zeit für die Sammlung, Bearbeitung und Übermittlung der Informationen keinen relevanten Einfluss auf die damit gesteuerten Prozesse hat, d.h. diese nicht verzögert oder in ihrem Ergebnis verändert werden und die benützten Informationen somit stets aktuell sind. Objekte sind „smart“ Durch die Vernetzung von Objekten untereinander und durch Sensoren zur realen Umwelt sind Objekte in der Lage, Daten situativ in den entsprechenden Kontext zu stellen, d.h. sie sind kontext- und situationsbewusst. Dies bedeutet, dass sämtliche „Intelligenz“, welche zur Interpretation von Daten benötigt wird, direkt vor Ort beim Objekt vorhanden ist. Die Daten müssen also nicht zu einem objekt-externen Rechnersystem übermittelt, dort verarbeitet und davon abhängig dann Entscheidungen getroffen werden, welche nachfolgend wieder am Objekt umgesetzt werden. Die Objekte sind somit „smart“. Objekte lösen selbständig Ereignisse aus Ereignisse werden nicht mehr nur von Menschen und IT-Systemen ausgelöst und kontrolliert, sondern vermehrt direkt von den beteiligten, „smarten“ Objekten, abhängig von deren Rollen und Aufgaben. Der Mensch rückt damit aus dem Zentrum des Geschehens, steuert und kontrolliert es von aussen. Dominiert heute noch die „Mensch-zu-Maschine“-Interaktion, findet diese bei UC direkt von „Maschine-zu-Maschine“ bzw. von „Objekt-zu-Objekt“ statt. Technologie verschwindet in den Objekten Bei UC wird Technologie zunehmend unsichtbar, d.h. sie verschwindet in den Objekten des täglichen Lebens. Wahrgenommen wird nur noch das funktionale Objekt, dessen Gestaltung nicht mehr von der Technologie diktiert oder eingeschränkt wird, sondern sich ausschliesslich nach funktionalen und designspezifischen Kriterien ausrichtet.
3.3
Einsatzgebiete von Ubiquitous Computing
Der nachfolgende Abschnitt gibt einen kurzen Überblick, in welchen Gebieten die zu UC zählenden Technologien bereits zum Einsatz kommen. Zum Teil sind dies völlig neue Anwendungen in Bereichen, die bis vor kurzem noch „elektronikfrei“ waren, beispielsweise bei der Produkt-Authentifizierung, welche die Verbreitung von Falsifikaten unterbindet. In anderen Bereichen wird eine bereits bekannte Anwendung massiv erweitert. Ein Beispiel dafür ist der Detailhandel, wo schon
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seit vielen Jahren mit der „ec-direct“-Karte eine „Smart-Card“ als Zahlungsmittel eingesetzt wird, bisher aber keine weiteren Funktionen damit verbunden wurden. Für Bonuskarten wie „Cumulus“ (Migros) oder „Supercard“ (Coop) wurden sogar spezifische Karten kreiert. Mit der Verfügbarkeit von generischen, multiapplikationsfähigen und standardisierten „SmartCards“ und einem globalen Standard für „RFID-Label“ steht der Durchbruch von UC in dieser Branche kurz bevor. 3.3.1 Produktekennzeichnung Bei der Produktmarkierung gilt es zwischen zwei Hauptanwendungen zu unterscheiden: • Produktidentifikation • Produkt-Authentifizierung Zur Produktidentifikation zählen nicht nur eine eindeutige Artikelnummer, sondern auch die Nennung des Herstellers (z.B. Fleischherkunft), das Produktionslos und die Serienummer. Mit der Authentifizierung soll die Echtheit von höherwertigen oder leicht kopierbaren Produkten (CDROM, Markenkleider etc.) sichergestellt werden. Bild: TI-RFID
3.3.2 Logistik / Supply Chain Im Bereich Logistik wird besonders deutlich, was unter „verschwindendem Computing“ zu verstehen ist. Durch die Markierung mit „RFIDLabel“ fallen ganze Arbeitsschritte wie das „check-in“ oder „check-out“ an den Hubs von Transporteuren weg und entziehen sich damit dem menschlichen Wahrnehmungsbereich. Beim Einladen von Paletten mittels eines Hubstaplers wird die Bewegung durch das Passieren von „Gates“ (Schleusen) direkt durch das System registriert, der Fahrer muss dazu keine spezifische Tätigkeit ausüben.
Bild: TI-RFID
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3.3.3 Zutrittskontrolle / Personenortung Auch die Zutrittskontrolle entlang des ganzen Materialflusses wird durch UC und RFID ubiquitär und tritt in den Hintergrund. Beschränkte sich die elektronische Zutrittskontrolle bis anhin vorwiegend auf den Gebäude- und Raumzutritt, erweitert sich dieses dank UC nun auch auf den mobilen Einsatz. Im Bereich Healthcare wird der Zugang zu Operationsräumen, Medikamentenschränken und Patientenzimmern mittels elektronischen Schlüsseln kontrolliert. Bild: TI-RFID
3.3.4 Dokumenten-Identifikation Mittels elektronischer Markierung wichtiger Dokumente wie Verträge, Testberichte, Studien, Qualitätshandbücher usw. können diese nicht nur leichter aufgefunden und identifiziert, sondern auch automatisch mit zugehörigen elektronischen Unterlagen wie Evaluationsbericht, Rentabilitätsrechung, Test-Reports und EMail-Korrespondenz verknüpft werden. Bild: TI-RFID
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3.3.5 Gepäck-Identifikation Bei automatischen Sortieranlagen für Passagiergepäck wird die Fehlerrate beim Einsatz von RFID-Kennzeichnung gegenüber Barcodestreifen massiv gesenkt. Darüber hinaus ist das Gepäck eindeutig dem Passagier zuordenbar, indem zwischen dem elektronischen Passport und dem Gepäckstück eine Beziehung hergestellt wird, welche sowohl beim „Baggage Claim“ am Zoll, sowie beim Diebstahlschutz grosse Vorteile bringt. Es ist jederzeit eindeutig nachvollziehbar, welches Gepäckstück welchem Passagier gehört. Bild: TI-RFID
3.3.6 Mobile Commerce Zentrale Aspekte beim „Mobile Commerce“ sind Personenidentifikation und „Secure Transaction“. Mit UC können beide Aspekte abdecken und erlauben eine prozessintegrale Identifikation des Kunden mit Echtzeit-Validierung und kryptografisch geschützter Transaktion zur Bezahlung der bezogenen Güter oder Dienstleistungen. Im Pilotversuch testet McDonalds in den USA bereits einen sogenannten SpeedPass, bei dem die Bezahlung nicht mehr bar, sondern mittels „RFID-Tag“ am Schlüsselanhänger des Kunden ausgelöst wird. Bild: TI-RFID
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4 Eckpfeiler einer Demand & Supply Chain im Detailhandel
Charakteristika von Ubiquitous Computing
Technologie getriebene Eckpfeiler im Supply Chain Management
Mängel des Supply Chain Management
Als Ideenquelle für die Formulierung eines ganzheitlichen Konzeptes für ein „State-of-the-Art“ Supply Chain Managements dienen die zentralen Erkenntnisse aus der Analyse der Mängel des heutigen Supply Chain Management, den Herausforderungen denen sich der Detailhandel in den kommenden Jahren gegenüber sieht und den Charakteristika von Ubiquitous Computing.
Herausforderungen des Detailhandels
Abbildung 6: Technologiegetriebene Eckpfeiler im Supply Chain Management Die Umgestaltung der gesamten Wertschöpfungskette des Detailhandels beruht in der Folge auf den folgenden 5 Säulen, den Orientierungspunkten bei der Prozessgestaltung im Rahmen von Optimierungsprojekten.
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iPoint-of-Sales
Kollaborative Planung
Demand Chain Management
IT-modellierte Prozesse
Informationen in Echtzeit
State-of-the-Art-Prozesse im SCM des Detailhandels
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Abbildung 7: Die fünf Eckpfeiler eines UC-getriebenen Detailhandels
4.1
Informationen in Echtzeit
Auf jeder Stufe entlang der Wertschöpfungskette werden Daten für die Planung, Steuerung, operative Abwicklung und Kontrolle des Materialflusses benötigt. Die bisher „batchweise“ und kaskadenförmig, sequentiell durch alle Stufen hindurch weitergegebenen Informationen werden neu durch einen „Operational Information Backbone“ stern- bzw. netzförmig verteilt bzw. abgerufen. Das ermöglicht jedem Teilnehmer im Wertschöpfungsprozess des Detailhandels, vom Endkunden bis zum Hersteller, zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort auf aktuelle Informationen im benötigten Verdichtungs- bzw. Detaillierungsgrad zuzugreifen, die er zur wirtschaftlichen Erfüllung seines Auftrages benötigt. Während statische Daten (z.B. Stammdaten) und Informationen (z.B. Produktzusammensetzung) bereits heute bezüglich Umfang und Qualität den Anforderungen eines optimalen Demand & Supply Chain Management (vgl. Kapitel 4.3) weitgehend genügen, bestehen v.a. bei den Bewegungs-, Verkaufsstellen- und Kundendaten z.T. gravierende Lücken. Diese erklären sich einerseits durch den heute noch nicht oder nicht durchgängig vorhandenen „Operational Information Backbone“, was zu Medienbrüchen und Zeitverzögerungen bei der Übermittlung führt. Andererseits besteht das Problem, dass dem DSCM durch eine unvollständige Kontextualisierung der über die ganze Supply Chain verteilten Daten, keine „echten“ Informationen zur Verfügung stehen, sondern nur „Roh-Daten“, welche von Personen individuell interpretiert und beurteilt werden müssen. Das implizite Wissen, die Erfahrung und „Intuition“ des Menschen kompensieren ein Stück weit
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den heutigen Mangel an zuverlässigen Echtzeit-Informationen im SCM. Da sehr viele Entscheidungen im DSCM vor einem komplexen Hintergrund von Abhängigkeiten und gegenseitigen Einflüssen getroffen werden müssen, sind diese damit aber extrem personenabhängig und schlecht nachvollzieh- bzw. nicht reproduzierbar. UC wird dem Detailhandel einerseits helfen, aktuellere und qualitativ bessere Daten zur Verfügung zu stellen, andererseits mehr Kontext zu diesen Daten geliefert zu bekommen und diese damit zu verlässlichen DSC-Informationen zu machen. Auch wenn in absehbarer Zukunft Maschinen nicht in der Lage sein werden, „wissend“ zu sein, kann UC doch helfen, die Datenflut im DSCM zu bewältigen und die verschiedenen Stellen in der Wertschöpfungskette des Detailhandels jederzeit mit aktuellen und gültigen Informationen zu versehen.
4.2
IT-modellierte Prozesse
Die Modelle und Prozesse des DSCM werden aus den Köpfen der Mitarbeiter in IT-Systeme verlagert. Damit übernehmen IT-Systeme im UC-Umfeld nicht mehr nur funktionale Aufgaben sondern wickeln ganze Prozesse, häufig in einer Maschine-zu-Maschine-Beziehung, selbständig ab. Diese Modelle finden ihr Abbild in Applikationen, die sich grob in zwei Kategorien unterteilen lassen: • Abwicklungs-Applikationen • Management- (entscheidungsunterstützende) Applikationen Es sei an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass für eine unternehmensübgreifende Prozessoptimierung, standardisierte Prozessmodelle (z.B. das Supply Chain Operations Reference Modell SCOR) eine wertvolle Hilfe zur Strukturierung der Prozesse sein können und eine nachfolgende Implementierung in Systeme und Applikationen systematisieren und vereinfachen helfen. Während die verschiedenen Abwicklungs-Applikationen über den „Operational Information Backbone“ auf Echtzeit-Daten („operational Data-Store“) zugreifen und darüber hinaus miteinander gekoppelt sind, greifen die ManagementApplikationen auf einen von den Echtzeit-Daten entkoppelten Daten-Pool („Data Warehouse“) zurück, der in entsprechender Aggregation und Aufbereitung den verschiedenen Entscheidungsstellen zugänglich ist. Bezogen auf die Modellierung der Prozesse bedeutet dies, dass die Parameter, d.h. Stellgrössen der Prozesse, mittels der Management-Applikationen basierend auf dem Daten-Pool evaluiert und eingestellt werden. Die Prozessdaten befinden sich vollständig im EchtzeitBereich, d.h. im „operational Data-Store“. Mit UC sind die Applikationen im Echtzeitdatenbereich vollautomatisiert und medienbruchfrei, wohingegen bei den entscheidungsunterstützenden Applikationen keine vollständige Automatisierung gegeben sein muss und manuelle Eingriffe und Steuerungen möglich sind. Für das SCM im Detailhandel bedeutet dies konkret, dass mit UC praktisch sämtliche nicht-physischen, operationellen Tätigkeiten für Organisation, Planung, Abwicklung und Kontrolle des Güternachschubes automatisiert werden. In der Verkaufsstelle verlagert sich damit der Schwerpunkt von operativer Tätigkeiten zu taktischen und strategischen Tätigkeiten:
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211
Durch IT-modellierte-Prozesse und die damit ermöglichte Verlagerung des personellen Ressourceneinsatzes von operationeller zu taktischer und strategischer Tätigkeit, kann das SCM effizienter gestaltet und qualitativ verbessert werden.
4.3
Demand Chain Management
Anhand des „Bull-Whip“-Effekts wurde gezeigt, dass neben der Steuerung und Überwachung der Produkte vom Produzenten bis zum Endkunden, also dem Steuern und Kontrollieren der Angebotsseite (Supply Chain), die Systematisierung und Integration des Informationsflusses von der Nachfrageseite (Demand Chain) her, zwingende Voraussetzung für den erfolgreichen, absatzgesteuerten Vertrieb im Detailhandel wird. Dieser im Detailhandel eingeleitete Paradigmawechsel von der produktgetriebenen Supply Chain zur kundenfokussierten Demand Chain ermöglicht das Potenzial von UC in Form von virtualisierten Produkten und einer medienbruchfreien Vernetzung des Informationsflusses voll auszuschöpfen. Der Nachschub der Güter wird dank der in Echtzeit vorliegenden Informationen (Bestände und Bewegungen der gesamten Wertschöpfungskette) nicht mehr primär durch planerische Aktivitäten gesteuert, sondern mittels der Informationen über die Abverkaufszahlen und Lagerbestände in den Verkaufsstellen. Diese werden zusammen mit den zur Parametrisierung der Nachschubmodelle benötigten Stellgrössen über den sogenannten „Operational Information Backbone“ allen Teilnehmern zugänglich gemacht. Damit wird dem Informationsfluss mittels Demand Chain Management die gleiche Bedeutung beigemessen wie bis anhin bereits dem Materialfluss mittels Supply Chain Management. Die Supply Chain umfasst den Güter-, Geld- und Informationsfluss von der Produktion bis zum Endkunden. Das Konzept der Demand Chain startet beim Kunden und transferiert dessen Nachfrage zum Produzenten der Güter. Zusammen bilden die Supply und die Demand Chain die Demand & Supply Chain (DSC). Sind beide aufeinander abgestimmt, wird das Angebot mit der Nachfrage synchronisiert. Um die Synchronisation von Supply Chain und Demand Chain zu verstehen, müssen die Verbindungsmöglichkeiten (Synchronisation) der beiden Ketten betrachtet werden. In Abbildung 7 ist schematisch die Demand Chain des Detailhändlers (Verkaufsorganisation) und die Supply Chain der Lieferanten (Produzent, Grosshändler, Logistikunternehmen) dargestellt. Beim SCM-Konzept haben die dem Verkaufsladen vorgelagerten Wertschöpfungsstufen keine aktuellen Informationen über die Abverkäufe. Sobald die einzelnen Produkte in der Verkaufsstelle eine bestimmte Schwelle des Lagerbestandes unterschreiten, wird eine Bestellung ausgelöst. Die Beschaffungsabteilung des Detailhändlers bestimmt, wann und wie viel Waren von wem geliefert werden müssen. Um sofort liefern zu können, müssen die Lieferanten ein grosses Warenlager unterhalten, was die Preise für die Produkte erhöht. Die Schwäche dieses Konzepts liegt in der unabhängig voneinander geplanten Lagerhaltung der Unternehmen entlang der Supply Chain. Beim DSCM-Konzept ist der Lieferant für die Lagerhaltung des Detailhändlers verantwortlich. Der Lieferant überwacht laufend die Abverkäufe und passt die
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Markus Hausheer, Thomas Müller, Peter Oesch
Produktion der Produkte entsprechend an. Damit können sowohl der Detailhändler als auch der Lieferant die Lagerhaltungskosten senken, denn der Lagerbestand wird durch Informationen ersetzt. Das DSCM ist ein Strategiekonzept, das auf der Annahme beruht, dass kooperative Beziehungen zwischen Unternehmen einer Wertschöpfungskette einen verteidigungsfähigen Wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrierenden Wertschöpfungsketten schaffen kann, von dem alle Mitglieder profitieren können. Die Wettbewerbsvorteile beruhen auf der Stärkung der Erlösseite durch innovativere, besser auf die Kundenbedürfnisse abgestimmte Leistungen, beträchtlichen Kosteneinsparungen in der Entwicklung, Herstellung und im Support sowie geringeren operativen Risiken durch die Reduktion der Lagerbestände und die Beschleunigung der Güter und Informationsflüsse in der Supply Chain. Die Optimierung der Logistik allein schafft keine verteidigungsfähige Wettbewerbsposition, weil sie kopierbar ist. Dies gilt nicht für Geschäftsbeziehungen. Leistungsfähige innovative Unternehmesnetzwerke sind schwer imitierbar, weil sie auf einer evolutionären Basis stehen. Beziehungen können nicht einfach eingekauft, sondern müssen entwickelt werden. Die Grundlage bildet ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis [vgl. Marbacher 2001, S. 351]. Das DSCM-Konzept intendiert, nicht nur die intraorganisationalen Schnittstellenprobleme zu überwinden, sondern überwiegend die interorganisationalen Potenziale zur Leistungssteigerung, Kostensenkung und Risikominimierung zu erschliessen, die sich aus einer besseren Koordination der Aktivitäten zwischen verschiedenen Unternehmen einer Supply Chain ergeben.
4.4
Kollaborative Planung
Dem DSCM liegt der Gedanke zugrunde, dass die Unternehmen innerhalb der Supply Chain eng miteinander kooperieren, und dass anstelle des Wettbewerbs der einzelnen Unternehmen der Wettbewerb der unterschiedlichen Wertschöpfungsketten tritt. Massgeschneiderte Beschaffungskonzepte und Bewirtschaftungsmodelle erlauben zusammen mit einer elektronischen Kopplung der operativen und planerischen Systeme eine mehrere Wertschöpfungsstufen übergreifende, gemeinsame Planung der Supply Chain. Ein durch Einzeloptimierung nicht zugängliches Potenzial zur Effizienzsteigerung im Detailhandel wird so durch eine Gesamtoptimierung nutzbar gemacht. Die Unternehmen des Detailhandels werden zukünftig in Geschäftsnetzwerke eingebunden sein, die über Geschäftsbeziehungen miteinander verbunden sind und in interorganisationalen Geschäftsprozessen Produkte und Serviceleistungen für Endkunden erbringen. In Anlehnung an Benz [vgl. Benz 2000, S. 76] können Unternehmensnetzwerke beziehungsweise Business Networks (BN) als eine Form der gemeinsamen Wertschöpfung von zwei oder mehr Geschäftseinheiten definiert werden, welche durch sechs Merkmale gekennzeichnet sind: (1) die Partner verfolgen gemeinsame Ziele, (2) zwischen den Partnern besteht eine Kooperation, (3) die Partner ermöglichen den wechselseitigen Zugriff auf relevante Informationen, (4) für alle Partner ist ein attraktives Beitrags-/Nutzenverhältnis gegeben, (5) die Partner haben zum Teil
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213
ergänzende Kernkompetenzen bzw. Ressourcen und (6) es findet eine gegenseitige Abstimmung der Geschäftsprozesse statt. Damit ein Geschäftsnetzwerk überhaupt funktionieren kann, muss ein Rollenmodell vorhanden sein, das die Verantwortlichkeiten bei der Kooperation der Unternehmen in den Kernprozessen „Planung“, ,Prognose“ und der „Wiederbevorratung“ (Replenishment) festlegt [vgl. Grünauer 2001, S. 106f]: • In der Planung muss ausgehend von geschäftlichen Grundsatzvereinbarungen ein gemeinsamer Business Plan erarbeitet werden • Im Bereich der Prognose werden gemeinsame Verkaufsprognosen erstellt • Im Bereich Wiederbevorratung wird festgelegt, wer für die Auftragsauslösung verantwortlich ist Als Beispiel für ein Rollenmodell, das auch im Schweizer Detailhandel anwendbar ist, gilt das Collaborative Planning, Forecasting and Replenishing Modell (CPFR). Das CPFR Rollenmodell definiert die Verantwortlichkeiten zwischen Handel und Produzenten bei der Kooperation der Unternehmen in den obigen Managementprozessen [vgl. VICS 1998].
4.5
I-Point of Sales
Ein weiterer Eckpfeiler des UC-getriebenen SCM sind die Produkte und Dienstleistungen, welche in den Verkaufsstellen angeboten werden. Wie bereits erläutert, ist eine der grossen Herausforderungen im Detailhandel die abnehmende Kundenloyalität und die daraus folgende generelle Stärkung der Kundenmacht. Die Antwort, wie dieser Entwicklung begegnet werden kann, ist in der Leistung des Detailhandelskanals zu suchen. Einerseits kann die Differenzierung zu den Mitbewerbern über den besseren, tieferen Preis erfolgen und/oder durch eine verbesserte, höhere Qualität der angebotenen Produkte und Dienstleistungen. Im Folgenden liegt der Fokus auf der Erweiterung des Dienstleistungsangebotes in der Verkaufsstelle. Umfangreichere und personalisierte Informationen helfen dem Kunden in den Phasen Informationsbeschaffung, Anbahnung und Vollzug des Kaufs die verschiedenen Aktivitäten in kürzerer Zeit und/oder mit weniger Fehlern abzuwickeln. Die Verkaufsstelle bekommt somit eine Art von „Intelligenz“, wird zum „intelligent Point-of-Sales“ (POS). Dadurch werden die meisten Prozesse am POS sowohl für das Verkaufspersonal wie auch für den Kunden effizienter. Neben dem „besseren“ Verhalten des Verkaufspersonals in der Verkaufsstelle, sind es vor allem die Möglichkeiten von UC, welche in Verbindung mit modernen Kommunikationsmitteln den Kunden am Ort der Kaufentscheidung mit zusätzlichen Informationen unterstützen oder beeinflussen können.
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Markus Hausheer, Thomas Müller, Peter Oesch
Promotionshinweise Da die Informationen über ein Produkt der Verkaufsstelle jederzeit und überall zur Verfügung stehen, ist eine individuellere und dynamischere Promotion von Produkten möglich. Es können z.B. verderbliche Produkte, bei denen das Verfalldatum kurz bevor steht, günstiger angeboten werden. Die Aktionen dieser Produkte können über verschiedene in der Verkaufsstelle platzierte „Displays“ angezeigt werden und erreichen den Kunden proaktiv vor Ort. Dies ersetzt auf keinem Fall die zentral und langfristig geplanten Promotionen einzelner Produkte. Sie unterstützt vielmehr die einzelne Verkaufsstelle bei der kurzfristigen Reaktion auf Nachfrageänderungen sowie bei der individuellen Absatzförderung bestimmter Produkte. Qualität der Produkte Aufgrund der Qualitätsüberwachung der einzelnen Produkte über die gesamte Supply Chain vom Hersteller zur Verkaufsstelle, ist das Anbieten von bereits verfallenen oder in Kürze verfallenden Produkten praktisch ausgeschlossen. Damit reduziert sich auch der manuelle Kontrollaufwand der Produkte in den Regalen durch das Verkaufspersonal. Die Produkte in den Verkaufsregalen melden, dass das Ablaufdatum die kritische Grenze des Verkaufsdatums erreicht hat und können dann vom Verkaufspersonal periodisch und systematisch von den Regalen entfernt werden. In Verbindung mit Promotionshinweisen, können Produkte, welche kurz vor dem Verfall stehen, kurzfristig als Aktionen ausgeschrieben werden. Der Kunde hat somit die Sicherheit, keine Produkte zu kaufen, welche kurz nach dem Kauf (1-2 Tage) verfallen. Für die Verkaufsstelle entsteht der Vorteil, die nach wie vor manuelle Tätigkeit des Regalauffüllens systematischer und daher effizienter ausführen zu können. Self-Check-out-Gates UC ermöglicht die vollautomatisierte Abfertigung der Einkäufe an den Kassensystemen. Alle im Einkaufswagen befindlichen Produkte sind mittels eines „RFIDLabel“ (elektronische Etikette) gekennzeichnet. Im Gegensatz zu den heute herkömmlichen „EAN-Labels“ ist eine sequentielle, individuelle Verarbeitung der einzelnen Produkte auf dem Kassenrollband nicht mehr nötig. Es genügt, wenn man mit dem Einkaufswagen das „Self-Check-out-Gate“ passiert, welches die Produkte im Wagen erfasst und mit denen im zentralen Warenwirtschaftssystem abgelegten Stammdaten vergleicht. Das Aufrechnen der Preise, die Buchung des Warenausganges sowie die Wiederbeschaffung des Produktes (replenishment) geschieht vollautomatisch. Der Kunde braucht nur noch den offenen Betrag mit dem Zahlungsmittel seiner Wahl (Debit-, Kreditkarte) zu begleichen und der Bezahlvorgang ist abgeschlossen. Wesentliche Mängel des heutigen Zahlvorganges, wie lange Wartezeiten für den Kunden und personalintensive Ressourcenbindung an den Kassen, sind damit behoben.
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215
Komplementärhinweise Die Informationen, welche heute schon auf den Produkten und Verpackungen angegeben werden (Zusammensetzung, Nährwert) sind zukünftig durch die „RFID-Label“ auch elektronisch verfügbar und können für verschiedene zusätzliche Dienstleistungen genutzt werden. Beispielsweise kann ein Produkt (Teigwaren) dem Kunden Ideen zur Menügestaltung geben (verschiedene Saucen, welche wiederum verschiedene Zutaten benötigen). Die Informationen zu diesem Produkt werden zentral im Warenwirtschaftssystem verwaltet und dem Kunden auf einem Display am Einkaufswagen angezeigt. Suche von Produkten Die Unterstützung des Kunden in der Verkaufsstelle bei der Suche der Produkte erfolgt durch das Verkaufspersonal, welches nicht immer verfügbar oder anderweitig beschäftigt ist. Weiter kann sich der Kunde an den Hinweisschildern auf den Regalen orientieren. Da jedes Produkt in der Verkaufsstelle jederzeit weiss, wo und in welchem Regal es steht, kann es dem Kunden elektronisch den Weg zeigen. Voraussetzung ist, dass der Kunde seine Einkaufsliste elektronisch erfasst hat, z.B. in seinem PDA, und diese mit der Dockingstation am Einkaufswagen synchronisiert ist. Der kürzeste Weg zum gewünschten Produkt wird dem Kunden über das „Display“ am Einkaufswagen angezeigt.
Verkaufsladen
Endkunde
Kollaborative Demand & Supply Chain Planung
Planung Produktion
Beschaffen Herstellen Liefern
Retournieren
Planung Grosshandel
Beschaffen Liefern
Retournieren
Planung Detailhandel
Beschaffen Liefern
Retournieren
Planung Verkauf
Planung Endkunde
Beschaffen Liefern
Beschaffen
Retournieren
Retournieren
Operational Information Backbone Planungs-Prozesse
Materialflussorientierte Prozesse 'Beschaffen, Herstellen, Liefern, Retournieren'
Kollaborative D&SCM-Prozesse
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Detailhändler
216
Grosshändler
5 Generisches Soll-Prozessmodell im Supply Chain Management des Detailhandels
Hersteller/Produzent
Verbrauch/Konsum
Abbildung 8: Die fünf Eckpfeiler eines UC-getriebenen Detailhandels
Generisches SOLL-Prozessmodell Detailhandel mit Ubiquitous Computing
Ubiquitous Computing
217
Die Darstellung 7 zeigt das prinzipielle Modell eines UC-gestützten SCM im Detailhandel. Mit der durch den Einsatz von UC-Technolgien realisierbaren Kollaboration über die verschiedenen Wertschöpfungsstufen hinweg und des abflussorientierten Realtime DSCM ergeben sich zwei wesentliche Vorteile gegenüber der IstSituation: • Die Planung der Demand & Supply Chain wird nicht mehr von jedem Teilnehmer in der Wertschöpfungskette für sich allein vorgenommen, sondern in einem gemeinsam abgestimmten Prozess über alle Stufen hinweg. Dies ist im Modell mit dem übergreifenden Planungselement „Kollaborative Demand & Supply Chain Planung“ dargestellt. • Zur nachhaltigen Reduzierung des „Bull-Whip“-Effekts müssen die operationellen Informationen in Echtzeit, d.h. ohne relevante Zeitverzögerung zwischen den einzelnen Teilnehmern fliessen. Dabei stehen die Informationen des Demand & Supply Chain Management im Zentrum. Im Prozessmodell ist dieser ebenfalls alle Wertschöpfungsstufen umfassende „Informations-Bus“ als „Operational Information Backbone“ bezeichnet. Dieser stellt einen Aspekt bzw. eine Ausprägung der bei anderen Autoren als „Business Bus“ oder „Collaborative Infrastructure“ bezeichneten, gemeinsamen informationstechnischen Plattform dar.
218
Markus Hausheer, Thomas Müller, Peter Oesch
6 Voraussetzungen für eine Demand & Supply Chain im Detailhandel Damit die Potenziale des im Detailhandel eingeleiteten Paradigmawechsels von der produktgetriebenen Supply Chain zur kundenfokussierten Demand & Supply Chain mittels UC umgesetzt werden können, müssen in den Bereichen ,Strategie“, „Prozesse“ und „Technologie“ verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, welche diese Transformation erst ermöglichen.
6.1
Strategie
Die Detailhandelsunternehmen müssen bei der Festlegung der Strategie definieren, mit welchen Partnern sie zusammenarbeiten wollen und wie die Kooperationsstrategie mit diesen Partnern ausgestaltet werden soll. Der Detailhändler hat ein Produktesortiment von mehreren 10“000 Artikeln und von mehreren 100 Zulieferern. Für den einzelnen Detailhändler wird es aus Zeitund Kostengründen nicht möglich sein, mit jedem einzelnen dieser Zulieferer eine Integration der DSC-Prozesse vorzunehmen. Eine UC-Integration der DSC wird sich daher auf die umsatzstärksten Artikel und die entsprechenden Produzenten konzentrieren. Mit diesen Produzenten müssen Absprachen über Marketing- und Verkaufsaktionen eingegangen werden, da diese in Kombination mit dem Einsatz von UC einen entscheidenden Einfluss auf die Vermeidung des bereits vorgestellten „BullWhip“-Effekts haben.
6.2
Prozesse und Organisation
Damit die Potenziale des DSCM-Konzepts ausgenutzt werden können, muss eine unternehmensübergreifende Synchronisation der Prozesse stattfinden. Dies bedeutet, dass die verschiedenen Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette des Detailhandels - vom Produzenten der Waren bis zur Verkaufsstelle - überbetriebliche Standards definieren müssen, damit die Unternehmen und die Geschäftseinheiten entlang der DSC miteinander „reden“ sowie einander „zuhören“ und „verstehen“ können. Zusätzlich bedürfen die übergreifenden Prozesse einer harmonisierten Steuerung. Die Integration der Prozesse entlang der Supply Chain macht Standardisierungen oberhalb der Anwendungsschicht des OSI-Schichtenmodells - auf den Ebenen „Syntax“, ,Semantik“ und „Pragmatik - notwendig. Die in einer Wertschöpfungkette zusammengefassten Detailhandelsunternehmen müssen sich daher auf
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219
einheitliche Standards in Bezug auf diese drei Ebenen einigen. Die Geschäftsprozesse werden der Ebene „Pragmatik“ zugeordnet, wogegen die Ebenen „Semantik“ und „Syntax“ der Informationstechnik angehören und hier der Vollständigkeit halber behandelt werden. Unternehmen A
Pragmatik
Semantik
Syntax
Beispiele für Standards • SCOR Prozessreferenzmodell • CPFR Rollenmodell • Europäische Artikelnummer (EAN) • Internationale Lokationsnummer (ILN) • Nummer der Versandeinheit (NEV) • EDIFACT
OSI: Anwendungssystem/Transportsystem
Unternehmen B
Pragmatik
Semantik
Syntax OSI: Anwendungssystem/Transportsystem
Übertragungsmedium
Abbildung 9: Standardisierungen oberhalb der Anwendungsschicht Standards auf der pragmatischen Ebene beziehen sich auf die Geschäftsprozessebene. Sie stellen sicher, dass die übertragenen Informationen nicht nur verstanden, sondern auch die entsprechenden Folgereaktionen ausgelöst werden. Ziel der Standards ist somit die richtige Verwendung der Information auf beiden Seiten der Geschäftsbeziehung. Ein Beispiel für einen Standard zur Modellierung von Geschäftsprozessen stellt das „Supply Chain Operations Reference“-Modell (SCOR) dar. Das SCOR-Modell ist ein standardisiertes Prozess-Referenzmodell und dient der einheitlichen Beschreibung, Messung und Analyse von Supply Chain Konfigurationen innerhalb von Unternehmen aber auch unternehmens- bzw. branchenübergreifend. Die Semantik stellt sicher, dass sich Sender und Empfänger „verstehen“ können und setzt voraus, dass diese miteinander „reden“ und einander „zuhören“ können. Beispiele für verfügbare Standards auf der semantischen Ebene in der Konsumgüterindustrie sind die Internationale Lokationsnummer (ILN), die europäische Artikelnummer (EAN) und die Nummer der Versandeinheit (NVE) [vgl. Coorganisation 1995, S. 9] sowie Sprachstandards, die sich im Internet als branchen- bzw. prozessspezifische XML Sprachen [vgl. XML.org 2002] herausgebildet haben. Standards auf der Ebene der Syntax gewährleisten die richtige und vollständige Übertragung von Informationen. Sie stellen sicher, dass Sender und Empfänger miteinander „reden“ und einander „zuhören“ können, nicht aber notwendigerweise, dass sich diese auch „verstehen“ können. Die Syntax bezieht sich auf das Verhältnis von Zeichen und auf formale Regeln, nach denen die Zeichen zusammengesetzt sind. Sie sagt aber nichts über die Bedeutung der Zeichen und die aus ihnen gebildeten Zeichenfolgen aus. Beispiele für verfügbare Standards auf der syntaktischen Ebene sind die branchenunabhängigen Standards wie „EDIFACT“ oder der im deutschen Gross- und Einzelhandel verwendete „SEDAS“ Standard.
220
6.3
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Technologie
Bei der Technologie sind drei Aspekte zu berücksichtigen, anhand derer beurteilt werden kann, inwiefern und wann UC für den Einsatz im DSCM geeignet ist: • Kommerzielle Verfügbarkeit der UC-Bausteile • deren relatives Kostenniveau • und die Etablierung von Standards Die fehlenden Standardisierungen und die Kosten für die elektronische Kennzeichnung der Artikel sind die momentan grössten Hürden auf dem Weg zum wirtschaftlichen, nutzbringenden Einsatz von UC-Technologie. Je nach Reifegrad der Technologiebausteine sieht die Situation sehr unterschiedlich aus. Wie im Kapitel 3 aufgezeigt, werden bezüglich Dimension „Zeit“ vier verschiedene Technologielebensphasen unterschieden: • Basistechnologie • Schlüsseltechnologie • Schrittmachertechnologie • Zukunftstechnologie Für die durchgängige Elektronifizierung der Supply Chain im Detailhandel werden Bausteine aus allen vier Lebenszyklen der Technologie benötigt. In Tabelle 8 sind die verschiedenen generischen Bausteine von UC den Technologielebensphasen zugeordnet und bezüglich Voraussetzungen und Relevanz für das Demand & Supply Chain Management für die nächsten 2 – 3 Jahre bewertet.
☺
Legende: nicht gegeben weitgehend gegeben günstig/gut
ansatzweise gegeben voll gegeben mässig/durchschnittlich
Relevanz für das DSCM
☺ / ☺/
221
Etablierte Standards
Rel. Kostenniveau
Kommerz. Verfügbarkeit
Zukunftstechnologie
Schrittmachertechnologie
UC Elemente / Bausteine Smart Cards - Cash/Debit/Credit-Card - Authentification-Card - Multimedia-Card Embedded Systems - fixed - mobile RFID Tags - Passive - Active - Smart Smart Sensors - Klimatische Bedingungen - Schadstoffe - Position Wireless Networks - Wireless LAN IEEE 802.11b - Wireless LAN IEEE 802.11a/g - Bluetooth V1.2 - UMTS
Schlüsseltechnologie
Basistechnologie
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/
☺
/ /
☺
teilweise gegeben erfüllt/vorhanden ungünstig/schlecht
Abbildung 10: UC-Bausteine im DSCM
222
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7 Abkürzungsverzeichnis ADSL AP API APS ATM B2B B2C B2E BAN BIP B-ISDN BGA BSE CATV CDMA CPFR CPU CRT CMOS DECT DIP DIN DSC DSCM DSL DSP EAN EAS EDI EDIFACT EPC ERP FDDI FDMA FPGA FTP GAN GSM GTIN HTML HTTP
Advanced Digital Subscriber Line Access-Point Application Programming Interface Advanced Planning Systems Asynchronous Transfer Mode Business-to-Business Business-to-Consumer Business-to-Employee Body Area Network Bruttoinlandprodukt Broadband ISDN (Integrated Service Digital Network) Ball Grid Array Bovine Spongiforme Enzephalopathie Cable TV Code Division Multiple Access Collaborative Planning Forecasting and Replenishing Central Processing Unit Cathode Ray Tube Complementary Metal Oxide Silicon Digital European Cordless Telephony Dual Inline Package Deutsche Industrienorm Demand & Supply Chain Demand & Supply Chain Management Digital Subscriber Line Digital Signal Processor Europäische Artikel Nummer Electronic Article Surveillance Electronic Data Interchange Electronic Data Interchange for Administration, Com merce and Transport Electronic Product Code Enterprise Resource Planning Fibre Distributed Data Interface Frequency Division Multiple Access Field Programmable Gate Array File Transfer Protocol Global Area Network Global Standard Mobile Global Trade Item Number Hyper Text Markup Language Hyper Text Transfer Protocol
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i.d.R. I/O IEEE ILN ISO ISDN KEF KPI LAN LCA LCD LINUX MAN MBS MDE MKS MOS MRP NiCd NMOS NRZ NVE OCR ODBC OEM OS OSI OSOS PAN PDA PKI PML PMOS POA POC POS PRMA RFID SC SCC SCM SCOR SEDAS SEF SMTP SSL SynchML
in der Regel Input/Output Institute of Electrical and Electronics Engineers Item Location Number International Organisation for Standardization Integrated Service Digital Network Kritische Erfolgsfaktoren Key Performance Indicator Local Area Network Life Cycle Assessment Liquid Crystal Display Linus Torvald“s UNIX Metropolitan Area Network Mobile Broadband System Manuelles Datenerfassungsgerät Maul und Klauenseuche Metal Oxide Silicon Material Requirements Planning Nickel Cadmium (Akku) N-Channel Metal Oxide Silicon Non return Zero Nummer der Versandeinheit Optical Character Recognition Open Database Connectivity Original Equipment Manufacturer Operating System Open System Interconnection One-Stop-Online-Shopping Personal Area Network Personal Digital Assistant Public Key Infrastructure Physical Markup Language P-Channel Metal Oxide Silicon Point of Action Point of Consumption Point of Sale Packet Random Multiple Access Radio Frequency Identification Supply Chain Supply Chain Council Supply Chain Management Supply Chain Operations Reference Model Standardregelung einheitlicher Datenaustausch System Strategische Erfolgsfaktoren Simple Mail Transfer Protocol Security Socket Layer Synchronization Markup Language
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Markus Hausheer, Thomas Müller, Peter Oesch
TCP/IP TDMA TFT-LCD TQM µP UC UMTS UPC WAN WAP XML
Transfer Control Protocol / Internet Protocol Time Division Multiple Access Thin Film Transistor LCD (Liquid Crystal Display) Total Quality Management µ-Processor Ubiquitous Computing Universal Mobile Telecommunication Standard Uniform Product Code Wide Area Network Wireless Application Protocol Extensible Markup Language
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8 Literatur [Andersen 2000] Andersen, A.: Retailing in the New Economy: Retail Industry POV, GMP Training, Presentation, New York, July 25-26, 2000. [Bauknecht 2001] Bauknecht, K.: Technologie - Management, Präsentation, Universität Zürich, Mai 2001. [Benz 2000] Benz, R.: Entwurf geschäftsübergreifender Prozessnetzwerke, Dissertation an der Universität St. Gallen, St. Gallen, 2000. [Bluetooth SIG 1995] Bluetooth SIG: Bluetooth SIG Inc., http://www.bluetooth.org, [Zugriff: 1.12.2001]. [Brock 1995] Brock D.L.: The Physical Markup Language, Presentation, Februar 2001. [Coorganisation 1995] Coorganisation: Die EAN-Codes in der Konsumgüterwirtschaft, Centrale für Coorganisation, Edition Deutschland, Band 4, Köln, 1995. [Fleisch 2001] Fleisch, E.: Ubiquitous Computing in der Logistik: Architektur und betriebswirtschaftliche Auswirkungen, Universität St. Gallen, Februar 2001. [Grünauer 2001] Grünauer, K.M.: Supply Chain Management: Architektur, Werkzeuge und Methoden, Bamberg, 2001. [Marbacher 2001] Marbacher, A.: Demand & Supply Chain Management: Zentrale Aspekte der Gestaltung und Überwachung unternehmensübergreifender Leistungsprozesse betrachtet aus der Perspektive eines Markenartikelherstellers der Konsumgüterindustrie, Bern, Verlag Paul Haupt, 2001. [Mattern 2001] Mattern, F.: Portals and Infrastructure for Communicating Smart Objects, ETH Zürich, Februar 2001. [Mattern 2000] Mattern, F.; Schiele B.: Fachseminar SS2000, ETHZ Zürich. [McPoland 2001] McPoland, D.: Leading Trends That Will Impact the Food Supply Chain Over the Next Five Years, http://www.logistics.about.com, 2001, [Zugriff: 24.09.01]. [Porter 2000] Porter, M.E.: Wettbewerbsvorteile: Spitzenleistungen erreichen und behaupten, Feldbach, Campus Verlag, 6. Auflage, 2000. [Supply-Chain Council 2001] Supply-Chain Council: Supply-Chain Operations Reference-model, SCOR Version 5.0, Supply-Chain Council, Inc., http://www.supply-chain.org, [Zugriff 9.11.2001].
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9 Internetlinks www.acsisinc.com www.bar-mail.org www.card-forum.com www.dialoc-international.com www.gemplus.com www.idsystems.com www.insidefr.com www.javacard.org www.javacardforum.org www.opencard.org www.semiconductors.com www.smartcardcentral.com www.smarthomeusa.com www.supply-chain.org www.ti-rfid.com
System Integrator GSM based barcode reading and lookup service Smart-Card Forum Deutschland RFID/EAS Provider SmartCard Provider Supply Chain Systems Smart Label PicoLabel Java™ Card Consortium Java™ Card Forum Open Card Consortium Philips Semiconductor“s site for I-Code (Smart Label devices) Smart card related informations and links X10-based home automation products Supply Chain Council Texas Instruments, RFID section
Ein Geschäftsmodell für Rückversicherer im Informationszeitalter Felix Huber, Daniel Jörg, Stefan Sieger
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Einleitung....................................................................................................230 Rückversicherungsindustrie ........................................................................230 2.1 Finanzdienstleistungsindustrie............................................................231 2.2 Rückversicherungsmärkte ..................................................................232 2.3 Value Proposition des Rückversicherers ............................................233 2.4 Fazit....................................................................................................234 Need for Change – Transformation ins Informationszeitalter.....................235 3.1 Einflussfaktoren..................................................................................235 3.2 Neue Formen der ökonomischen Leistungserstellung........................236 3.3 Auswirkungen auf die Rückversicherungsindustrie ...........................237 3.4 Fazit....................................................................................................238 Rückversicherungsmärkte als elektronische Märkte...................................239 4.1 Modellierung des Soll-Zustandes .......................................................240 4.2 Fazit....................................................................................................242 Beschreibung des Geschäftsmodells ...........................................................243 5.1 Heutiges Geschäftsmodell ..................................................................243 5.2 Neues Geschäftsmodell ......................................................................244 5.3 Fazit....................................................................................................248 Implementierung des Geschäftsmodells .....................................................248 6.1 Fachliche Dimension ..........................................................................248 6.2 Politische Dimension..........................................................................249 6.3 Kulturelle Dimension .........................................................................250 6.4 Marketing ...........................................................................................250 6.5 Fazit....................................................................................................251 Literatur ......................................................................................................252
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1 Einleitung "When our first parents were driven out of Paradise, Adam is believed to have remarked to Eve: 'My dear, we live in an age of transition'." Inge W.R., Dean of St. Paul's London [Inge W.R. 1929] Das Informationszeitalter stellt neue Herausforderungen an die Unternehmen und fordert neue Geschäftsmodelle, die an die Stelle von etablierten treten. Die Transformation der Unternehmen bedeutet nicht nur technologische, sondern auch prozessbezogene und strukturelle Herausforderungen und Potenziale. Wir haben uns auf die Rückversicherungsindustrie konzentriert - eine für die Elektronifizierung sehr interessante Branche. Da es sich bei den Rückversicherungsprodukten um immaterielle Güter handelt, sind diese gut digitalisierbar. Die Prozesse dieser Unternehmen basieren heute aber noch weitgehend auf manuellen und nicht standardisierten Tätigkeiten. Ein riesiges Potenzial für eBusiness. Diese Arbeit hat das Ziel, ein neues Geschäftsmodell für Rückversicherungen aus den Eigenschaften und Entwicklungen des Informationszeitalters herzuleiten, in seiner Ausgestaltung zu beschreiben und die Umsetzung zu dokumentieren. Das neu entwickelte Geschäftsmodell zeigt auf, wie die Abwicklung von Rückversicherungsgeschäften revolutionär verändert werden kann. Das neue Geschäftsmodell positioniert sich als Intermediär in der neuen vernetzten Versicherungsindustrie. Es integriert Teile der Wertschöpfungskette der Marktteilnehmer und orientiert sich an den Kundenbedürfnissen. Das Marketing, insbesondere Branding, und die Nutzung der neuen technologischen Möglichkeiten, stehen dabei im Zentrum. Durch den Einsatz von internetbasierten Lösungen werden die marginalen Kosten der Informationsverteilung soweit gesenkt, dass neue Märkte geschaffen werden können. Kostenvorteile durch Automatisierung, Standardisierung und Integration lassen neue innovative Dienstleistungen entlang des gesamten Kundenprozesses entstehen, die gezielte Mehrwerte generieren.
2 Rückversicherungsindustrie „Der Gegenpol zum Risiko ist aber nicht Sicherheit; es gibt in der menschlichen Existenz gar keine Alternative zum Risiko: Das Leben ist an und für sich lebensgefährlich. Der realistische Ansatz geht also von einer positiven Einstellung zum Risiko aus." U. Bremi, Verwaltungsratspräsident Swiss Re [Swiss Re 1999c, S. 2]
Ein Geschäftsmodell für Rückversicherer im Informationszeitalter
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Risiken können allgemein auf zwei Arten bewältigt werden: • durch Risikokontrolle: sie wirkt präventiv, aktiv und ist ursachenbezogen. Es geht dabei um die Vermeidung von Risiken, z.B. durch den Verzicht auf bestimmte Projekte und Technologien oder durch das Ausweichen auf Alternativen und die Verminderung von Risiken durch technischen Schutz oder Präventivmassnahmen. • durch Risikofinanzierung: sie wirkt kurativ, passiv und ist wirkungsbezogen. Es geht dabei um eine Optimierung von Sicherheit und Kosten durch das Überwälzen von Risiken auf die Versicherung (Risikotransfer) oder durch das Selbertragen des Risikos (insbesondere von nicht-versicherbaren Risiken). Das folgende Kapitel konzentriert sich auf die wirkungsbezogene Risikofinanzierung, welche durch Rückversicherungen angeboten wird, insbesondere den Risikotransfer. Es geht dabei um die Frage der Optimierung von Kapitaleinsatz und Risikobewältigung von Grossunternehmen, insbesondere von Erstversicherungen.
2.1 Finanzdienstleistungsindustrie 2.1.1 Segmentierung der Finanzdienstleistungsindustrie Die Finanzdienstleistungsindustrie kann in einen Banken-verwandten (im Folgenden Banken genannt) und einen Versicherungs-verwandten (im Folgenden Versicherung genannt) Teil aufgeteilt werden. Bei der Versicherung geht es um die Deckung eines im Einzelnen ungewissen, insgesamt geschätzten Mittelbedarfs auf der Grundlage des Risikoausgleichs im Kollektiv und in der Zeit [vgl. Farny 1989, S. 13] oder einfacher gesagt um die Übernahme eines Risikos gegen Zahlung eines Geldbetrages [vgl. Swiss Re 1998, S. 5]. Die Hauptfunktionen von Banken sind die Kreditvermittlung (also die Gewährung von Kapital gegen Zahlung eines Zinses), die Zahlungsvermittlung und die Mitwirkung im Effektengeschäft [vgl. Albisetti et al. 1990, S. 17]. Vereinfacht kann gesagt werden: „Erstversicherer sind in der Struktur eigentlich Detaillisten, während Rückversicherer Grossisten sind; sie verfügen über keine Organisation, die direkt mit einer grossen Zahl von Kunden Geschäfte tätigen kann. Diese Trennlinie ist sehr wichtig und wahrscheinlich viel klarer als die Unterscheidung zwischen Assekuranz und Banking." [Swiss Re 1999c, S. 4]
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Abbildung 1: Segmentierung der Finanzdienstleistungsindustrie
2.2 Rückversicherungsmärkte Die Nachfrager und Anbieter auf Rückversicherungsmärkten sowie die globalen Rückversicherungszentren können vereinfacht wie folgt beschrieben werden: • Nachfrager nach Rückversicherung: Die Hauptkäufer von Rückversicherungsdeckung sind die Erstversicherungen. Obwohl Rückversicherungen eigentlich Anbieter von Rückversicherungsdeckungen sind, treten diese auch als Nachfrager auf. Captives1 nennt man Versicherungsgesellschaften, die Grossunternehmen oder Konzernen gehören und ausschliesslich oder überwiegend Risiken der zur jeweiligen Unternehmensgruppe gehörenden Firmen zeichnen oder in Rückdeckung nehmen („self-insurance"). Zum Teil treten auch Grossunternehmen direkt als Nachfrager von Rückversicherungsdeckung auf (z.B. Versicherung einer ganzen Flugzeugflotte oder einer Bohrinsel). Wir nennen im Folgenden die Nachfrager nach Rückversicherung „Erstversicherer". • Anbieter von Rückversicherung: Die grössten vier Rückversicherer (Munich Re, Swiss Re, General Re, Employers Re) haben heute weltweit einen Marktanteil von ungefähr 34% am Rückversicherungsgeschäft [vgl. Sigma, 1998, S. 3]. Neben den professionellen Rückversicherern zeichnen auch viele grosse Erstversicherungsgesellschaften Rückversicherungsgeschäfte, entweder durch eigene Rückversicherungsabteilungen oder durch Rückversicherungs-Tochtergesellschaften. Wir nennen im Folgenden die Anbieter von Rückversicherung „Rückversicherer". • Globale Rückversicherungszentren: Es können sechs bedeutende Rückversicherungszentren identifiziert werden, welche Rückversicherungs1
Weltweit gab es 1996 ca. 3800 Captives (Tendenz steigend), wovon ein Drittel auf den Bermudas beheimatet sind [vgl. Swiss Re 1998, S. 7].
Ein Geschäftsmodell für Rückversicherer im Informationszeitalter
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deckungen zur Verfügung stellen: USA, Bermuda, Londoner Markt, Deutschland, Schweiz und Frankreich. Die professionellen Rückversicherer aus den genannten sechs Märkten machen mehr als 80% des Angebotes an Rückversicherung2 aus.
2.3 Value Proposition des Rückversicherers Die Value Proposition eines Rückversicherers zeichnet sich hauptsächlich durch den Ausgleich des Risikobestandes sowie der Risikoaufteilung aus: • Ausgleich des Risikobestandes: Der Risikobestand – das Portefeuille – des Erstversicherers ist durch eine finite Anzahl von Risiken gekennzeichnet. Die Risiken sind in ihrer Art und Grösse verschieden, der Schadenverlauf zufallsbedingt. Der Schadenverlauf wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Ohne entsprechende Vorkehrungen ist deshalb ein Risikobestand unausgeglichen. Die Schwankungen im Resultatverlauf tangieren je nach Ausmass überlebenswichtige Grössen wie Solvabilität, Liquidität, Rendite und Ertrag. Zu den unternehmerischen Zielen des Erstversicherers gehört deshalb das Beschränken der Schwankungen im Resultatverlauf auf bestimmte Grenzen [vgl. Swiss Re 1997, S. 5 ff.]. Generell führen drei Wege zu diesem Ziel: Selbstbeschränkung, Mitversicherung oder die Rückversicherung (als die „Versicherung der Versicherer"). • Risikoaufteilung: Mit der Abbildung 2 wird vereinfacht erklärt, wie die Risikoaufteilung durch Rückversicherung funktioniert. Ein Versicherungsnehmer (Individualkunde) schliesst mit seiner Versicherung einen Versicherungsvertrag für sein Auto ab (z.B. Haftpflichtversicherung). Somit übernimmt der Erstversicherer dieses Risiko und haftet gegenüber dem Versicherungsnehmer für eventuelle Schäden. Falls der Erstversicherer das Risiko nicht in voller Höhe behalten will, gibt er einen Teil dieses (z.B. 60%) durch Zession3 an einen oder mehrere Rückversicherer weiter. Der Rückversicherer übernimmt seinen Anteil und haftet gegenüber dem Erstversicherer für diesen Anteil (in unserem Beispiel teilen sich zwei Rückversicherer das Risiko aus dem AutoPortefeuille des Erstversicherers). Falls der Rückversicherer seinen Anteil am Risiko nicht in voller Höhe behalten will, retrozediert (z.B. 25% und 30%) er an einen oder mehrere andere Rückversicherer (=Retrozessionäre).
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1997 betrug das globale Marktvolumen der Rückversicherung 124 Mrd. USD. Davon entfielen 83% auf die Nichtleben-Versicherung und 17% auf die Lebens- und Krankenversicherung [vgl. Sigma 1998, S. 5]. Zession ist die Weitergabe von Risiken des (Erst)Versicherers an den Rückversicherer gegen Bezahlung eines Entgelts (Rückversicherungsprämie) [vgl. Swiss Re 1995, S. 35].
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Abbildung 2: Schematische Darstellung der Risikoaufteilung durch die Rückversicherung [vgl. Swiss Re 1995, S. 18 f.]
2.4 Fazit Kapitaleinsatz und Risikobewältigung sind unmittelbar miteinander verknüpft. Die Optimierung dieser zwei Tätigkeiten entspricht dem Grundbedürfnis der einzelnen Individuen und Organisationen und nicht nur der Erstversicherer. In der Optimierung von Kapitaleinsatz und Risikobewältigung gibt es einen wichtigen gemeinsamen Nenner: Es geht bei beiden Tätigkeiten im Grunde darum, die Volatilität richtig einzuschätzen und damit bewältigen zu können. Im Kapitaleinsatz und in der Risikobewältigung wird eine nach Weltregionen sowie nach Branchen und Währungen differenzierte Diversifikation angestrebt, die weitere Vorteile mit sich bringt. Während Kunden Risiken abgeben können und so Kapitalkosten sparen, kann ein Rückversicherer dieses Risiko aufgrund der Diversifikation mit weniger Kapital und damit geringeren Kapitalkosten decken. Die Differenz zwischen dem beim Kunden eingesparten und beim Rückversicherer benötigten Risikokapital ist die eigentliche volkswirtschaftliche Wertschöpfung eines Rückversicherers. So erfüllen die Rückversicherer eine wichtige Funktion, indem sie helfen, das bei Innovationen und Fortschritt eigene Risiko mit einer positiven Einstellung zu bewältigen; oder wie die Swiss Re zu pflegen sagt: „Risk is our business."
Ein Geschäftsmodell für Rückversicherer im Informationszeitalter
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3 Need for Change – Transformation ins Informationszeitalter „It is not the strongest of the species that survive, not the most intelligent, but the ones most responsive to change.“[Charles Darwin] In diesem Kapitel gehen wir darauf ein, weshalb sich die Versicherungsindustrie und somit auch die Rückversicherungsindustrie vom Industriezeitalter ins Informationszeitalter zu transformieren hat. Als Auslöser des Veränderungsprozesses wirken drei grundlegende Einflussfaktoren. Die fundamentalen Einflussfaktoren beschreiben die Veränderungen, welche direkt auf den Inhalt des Rückversicherungsgeschäfts wirken, wie z.B. durch veränderte Risikowahrnehmung und durch Innovationen. Die strukturellen Einflussfaktoren charakterisieren die Veränderungen aufgrund von veränderten „Spielregeln des Wettbewerbs", wie sie vor allem durch regulatorische Tendenzen bewirkt werden. Mit technologischen Einflussfaktoren umschreiben wir die direkten Veränderungen durch den Einsatz von neuen Technologien, wie z.B. der Informations- und Kommunikationstechnologie. Es ist offensichtlich, dass bei den drei obengenannten Treibern der Veränderung starke Wechselbeziehungen bestehen.
3.1 Einflussfaktoren 3.1.1 Fundamentale Einflussfaktoren Beschleunigter technologischer Fortschritt und sich verändernde Umweltbedingungen prägen die Risikolandschaft und stellen neue Herausforderungen für die Rückversicherungsbranche dar. Damit verbunden sind Veränderungen bei der Risikowahrnehmung, die sich auf Gesetzgebung und Rechtsprechung auswirken. Besonders neue Technologierisiken haben die Eigenschaft, dass sie zwar erkannt, jedoch wegen fehlenden statistischen und aktuarischen Grundlagen nicht ausreichend beurteilt werden können. In der Haftpflichtbranche wird die Schadenentwicklung zunehmend durch den Trend der Globalisierung bei der Geltendmachung und Durchsetzung von Rechtsansprüchen und Entschädigungsleistungen beeinflusst. Denn die Rechtsverfolgung, die Ausprägung neuer Rechtspositionen sowie die bedeutenden Entschädigungsforderungen überschreiten zunehmend nationale Grenzen und werden rasch vom „Entstehungsland" in andere Länder und Kontinente exportiert. Schwer abschätzbar bleibt, wie sich der weiter beschleunigte medizinische Fortschritt auf die Gesundheitsversorgung und die Lebenserwartung auswirken wird. Einen zunehmenden, wenn auch heute nicht abschätzbaren Einfluss werden zudem die sich verändernden Umweltbedingungen ausüben. Dazu zählen beispielsweise die globale Erwärmung, die Abnahme der Ozonschicht, die Luftverschmutzung und die Strahlenrisiken. Auch in diesem Umfeld ist die Versicherungsindustrie herausgefordert, innovative Lösungen zu fin-
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den, die ebenso der zunehmenden Verunsicherung Rechnung tragen [vgl. Swiss Re 1999c, S. 41]. 3.1.2 Strukturelle Einflussfaktoren Der Konsolidierungsprozess bei Erstversicherern durch die Schaffung grösserer Unternehmenseinheiten reduziert die Rückversicherungsnachfrage. Daneben ist auch zu beobachten, dass sich ein Trend von der proportionalen zur nichtproportionalen Rückversicherungsdeckung abzeichnet; d.h. dass sich die Rückversicherung zunehmend auf die Spitzen- oder Kumulusrisiken beschränkt und so zu einer Erhöhung der Selbstbehalte der Zedenten führt. Da Frequenzrisiken mit niedrigem Schadenausmass im Selbstbehalt der Zedenten verbleiben, reduziert sich das Prämienvolumen der Rückversicherungsprogramme [vgl. Sigma 1998, S. 9]. Durch die Fusionen und Akquisitionen, die in den letzten Jahren stattgefunden haben, sind die schon vorher führenden Rückversicherer noch stärker geworden. Gleichzeitig mit dieser Konsolidierung der vier Global Players (Munich Re, Swiss Re, General Re und Employers Re) ist auf der kleinen Atlantikinsel Bermuda ein bedeutendes und wörtlich echtes Offshore-Zentrum für Spezialfirmen entstanden, die sich mit Erfolg auf Katastrophendeckungen und Finite-Re-Lösungen konzentrieren und immer mehr in traditionelle Märkte – insbesondere in die USA – eindringen. Die Deregulierung des Finanzbereichs führt dazu, dass der Kapitalmarkt zum Treiber der strukturellen Änderungen und Katalyst für neue Produkte und steigenden Wettbewerb wird. 3.1.3 Technologische Einflussfaktoren E-Commerce als neue Form des Handels und e-Business ermöglichen, sehr rasch Marktveränderungen zu adaptieren und so schneller auf Kundenanforderungen zu reagieren. Der Druck nimmt zu, die Wertschöpfungskette und Wertschöpfungsmöglichkeiten einer Unternehmung durch den Einsatz von digitaler Technologie zu optimieren, wobei das Internet als primäres Medium eingesetzt wird. Die Kosten werden durch e-Business teilweise massiv gesenkt, was ein neues Preis/Leistungsverhältnis ermöglicht. Ein e-Business Unternehmen ist ausgerichtet auf den Erfolg im Informationszeitalter; die Ressourcen und Partner der Unternehmung werden so auf neue innovative Art und Weise eingesetzt, dass klare strategische Vorteile erzielt werden.
3.2 Neue Formen der ökonomischen Leistungserstellung Welches sind also die neuen Formen der ökonomischen Leistungserstellung? Wie werden die Unternehmen in Zukunft organisiert und strukturiert sein? Wie wird der Prozess der Wertschöpfung gestaltet sein? Im Umfeld von e-Business lassen sich momentan die folgenden Entwicklungen beobachten [vgl. Zimmermann 1998, S. 2 f.; vgl. Koerner/Zimmermann 2000]:
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• Zunehmende Vernetzung von Wirtschaft und Gesellschaft, welche damit zu potentiellen Teilnehmern einer auf Informations- und Kommunikationstechnologie basierenden Wertschöpfung werden. • Globalisierung der Wirtschaft durch die treibende Kraft der Informations- und Kommunikationstechnologien. • Dekompositionen von Produkten: vor allem bei informationsintensiven Produkten ist eine Desintegration von Inhalt, Kontext und Infrastruktur zu beobachten [vgl. Rayport/Sviokla 1994]. • Neue Industrie-Strukturen durch Dis- bzw. Re-Intermediation von Wertschöpfungsketten, was zu „Value Webs" bzw. zu neuen Intermediären führt. • Verschiebung von Machtverhältnissen zwischen Anbietern und Kunden, zum Beispiel durch mehr marktähnliche Koordinationsmechanismen wie Auktionen. • Entstehung neuer Produkte durch die (Re-)Konfiguration von disintegrierten traditionellen Produkten. • Entstehung neuer Dienste durch die Entstehung von neuen elektronischen Austauschmedien (Plattformen). Die Signifikanz dieser Entwicklungen ist offensichtlich; traditionelle Strukturen und Wertschöpfungsketten und dadurch bestehende Geschäftsmodelle werden in Frage gestellt. Zur Koordination der wirtschaftlichen Leistungserstellung werden zunehmend elektronische Plattformen genutzt und zwar auf allen Stufen eines Wertschöpfungsprozesses. Durch die Reduktion der Koordinationskosten im Sinne der Transaktionskosten findet die Koordination zwischen den an einem Wertschöpfungsprozess beteiligten Institutionen tendenziell weniger hierarchisch und damit zunehmend marktorientiert statt. Ehemals hierarchische Beziehungen entwickeln sich zu netzwerkartigen oder gar marktorientierten Beziehungen. Damit steigt potentiell die Zahl der an einem Wertschöpfungsprozess beteiligten Institutionen. Verstärkt wird diese Tendenz durch die zunehmende Konzentration der Teilnehmer auf die eigenen Kernkompetenzen. Die neu entstehenden, offenen Strukturen bedeuten eine grosse Herausforderung und ein grosses Potenzial für die Entwicklung und Rekonfiguration von Wertschöpfungsketten, Geschäftsmodellen und -prozessen, wobei der Interaktivität der einzelnen wertschöpfenden Institutionen eine herausragende Bedeutung zukommt [vgl. Zimmermann 1998, S. 3].
3.3 Auswirkungen auf die Rückversicherungsindustrie Innerhalb der Rückversicherungsindustrie werden Kenntnisse des Risikomanagements und gute Diversifikation kritische Erfolgsfaktoren4 bleiben, solange die Kostenvorteile von Rückversicherungslösungen gegenüber Kapitalmarktlösungen aufrecht erhalten werden können. E-Business wird die Verfügbarkeit von strukturierten Risiko-Informationen erhöhen und dadurch den Wissensvorsprung professioneller Rückversicherer teilweise verringern. Das könnte den Einstieg von 4
Kritische Erfolgsfaktoren sind die Faktoren, die den Erfolg eines Unternehmens oder Prozesses ausmachen [vgl. Österle 1995].
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neuen Rückversicherungsdeckungsanbietern (z.B. Investmentbanken) erleichtern. Gleichzeitig wird der effiziente und effektive interne Einsatz von Informationen für das Einschätzen von Risiken, Rückversicherungsdienstleistungen, Marketing und Risikoüberlegungen an Wichtigkeit gewinnen. Der Wert des „reinen" Verteilens und Administrierens wird abnehmen. Nur wer die Produktinnovation anführt und gegenüber den anderen Konkurrenten die durch Informations- und Kommunikationstechnologie möglichen Kosteneinsparungen besser und schneller ausschöpft, wird erfolgreich und profitabel die Transformation überstehen können [vgl. Swiss Re 1999f.].
3.4 Fazit Aufgrund der fundamentalen, strukturellen und technologischen Veränderungen müssen sich die Unternehmungen im Informationszeitalter verändern, um den neuen Herausforderungen zu genügen. Business Networking ist eines der Schlüsselkonzepte für Unternehmen im Informationszeitalter [Fleisch 2001]. Im Vordergrund stehen die konsequente Kundenorientierung und das Erstellen massgeschneiderter Lösungen zu wettbewerbsfähigen Kosten. Kundenorientierung bedeutet nicht einzelne Produkte, sondern einen gesamten Kundenprozess anzubieten und dabei auf die Leistungen mehrerer Partner zurückzugreifen. Die Fragen nach den eigenen Kernkompetenzen, der Kooperation mit Kunden und Lieferanten sowie dem Einbinden informationstechnologischer Potenziale haben dabei höchste Bedeutung. Die wesentliche Herausforderung für Unternehmen liegt in der Transformation ihres individuellen Geschäftsmodells in das Informationszeitalter und in der koordinierten Betrachtung ihrer Strategien, Prozesse und Informationssysteme [vgl. Österle et al. 2000]. Vernetze Unternehmen folgen neuen Geschäftsmodellen. Leistungen, die nicht innerhalb der angestrebten Kernkompetenzen liegen, werden von spezialisierten Anbietern oder anderen Business Units fremdbezogen. Die zentralen Elemente neuer Geschäftsmodelle sind: • Kundenorientierte Leistungen werden von einem Service Integrator erbracht. Unternehmen bündeln Leistungen und konzentrieren sich auf die Pflege der Kundenbeziehungen. Die schnelle und effiziente Zusammenstellung spezialisierter e-Services für einen Kundenprozess ist die wichtigste Herausforderung für Service Integratoren. • E-Services erbringen spezifische Geschäftsfunktionen, wie sie von vielen Unternehmen benötigt werden. Sie sind zu grossen Teilen standardisiert, elektronisch und werden transaktionsbasiert verrechnet. Beispiele sind InfrastrukturServices, wie Internet Access Provider-, Hosting-, Support-, Trust-, Community-, Stammdaten-, Beschaffungs- und Personal-Services. Im Mittelpunkt von Koordination und Integration stehen Standards. Sie werden zusammengefasst im Business-Bus, der Verbindungen zwischen vielen Geschäftspartnern herstellt (m:n-Fähigkeit) und die Gesamtheit der technischen, applikatorischen und geschäftlichen Standards für die Anwendungen, die e-Services darstellt.
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4 Rückversicherungsmärkte als elektronische Märkte "Is this reinsurance business really so complicated, or can we do it more easily? [Reinsurance 1999, S. 22] In diesem Kapitel gehen wir der Frage nach, ob und welche Teile der Rückversicherungsindustrie als elektronische Märkte organisiert werden können. Wir werden uns dabei dem ganzheitlichen Ansatz der Modellierung der Wechselwirkungen zwischen Technologie und Unternehmung im Informationszeitalter bedienen; dem Medienreferenzmodell [vgl. Schmid 1999; Hoffmann et al. 1999].
Abbildung 3: Medienreferenzmodell Basierend auf den Bedürfnissen des Rückversicherungsmarktes leiten wir Geschäftsmöglichkeiten ab, gruppieren diese zu Clustern und bewerten sie. Unter Berücksichtigung von gegenseitigen Abhängigkeiten formieren wir das neue Geschäftsmodell.
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4.1 Modellierung des Soll-Zustandes 4.1.1 Evolutionär vs. Revolutionär Für die Modellierung eines Soll-Zustandes können zwei unterschiedliche Methoden identifiziert werden. Manche Vertreter des Business Engineering fordern die einmalige, radikale Veränderung des Geschäfts anstelle eines Inkrementalismus [vgl. Davenport 1993; Hammer/Champy 1993]. Andere sehen die Chance eher in der schrittweisen Weiterentwicklung durch die Mitarbeiter im Sinne der Organisationsentwicklung [vgl. Harrington 1991]. Doch geht es hier um ein „Oder" bzw. „Und"? Grundlegender Wandel ist meist nur durch grosse Kraftanstrengungen in Projektform möglich, aber mit dem Ende eines Projektes nicht abgeschlossen. Dem Projekt muss eine Weiterentwicklung folgen, die • aufgrund der Erfahrungen im Routinebetrieb den Prozess verbessert, • den Prozess immer wieder an den vereinbarten Zielen ausrichtet (permanente Verbesserung) und • den Prozess an die veränderten geschäftlichen Rahmenbedingungen anpasst [vgl. Österle 1995]. 4.1.2 Bedürfnisse Das grundlegende Bedürfnis der Rückversicherungsindustrie ist die Optimierung der Risikobewältigung und des Kapitalmanagements (vgl. Kapitel 2.4). Die folgende Abbildung zeigt die in den bisherigen Ausführungen hergeleiteten, für uns relevanten Bedürfnisse der Erst- und Rückversicherer. Eine spezielle Erwähnung verdient das Bedürfnis Zugang zu „Risikobewertungs-Know-how". Schon heute ist es für die kleineren Rückversicherer nicht möglich, alle Risiken selber zu bewerten, d.h. eine angemessene Prämie zu berechnen. Als Folge schliessen diese Institute einen Rückversicherungsvertrag nicht als erste Unternehmung ab, sondern warten auf das Urteil eines grösseren Mitspielers. Sobald eine grössere Rückversicherung die Prämie berechnet hat und gewillt ist, einen Teil des Risikos zu übernehmen, steigen die kleineren Mitspieler mit Anteilen ein.
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Abbildung 4: Bedürfnisse
4.1.3 Geschäftsmöglichkeiten Aufgrund der Bedürfnisse können wir die nachfolgend visualisierten Möglichkeiten ableiten. Es handelt sich dabei um Pakete von Dienstleistungen, die in der Rückversicherungsindustrie angeboten werden sollen: 1. Service Integrator: Kundenorientierte Leistungen werden vom Service Integrator erbracht. Dieser bündelt Leistungen und konzentriert sich auf die Pflege von Kundenbeziehungen. 2. Standardisierungsorgan: Die Standardisierung des Datenaustausches (Darstellung, Nachrichtentypen, Bedeutungs-Semantik). 3. Produkt Management: Definition und Entwicklung von Rückversicherungsprodukten, Tools für die Risiko- bzw. Prämienberechnung. 4. Risk Research: Marktforschung und Risikoanalysen. 5. Risk Trading Plattform: Matching von Rückversicherungsbedarf aufgrund von Angebot und Nachfrage. 6. Schadenbeurteiler: Beurteilung von Schadenvorfällen auf Berechtigung und Grad. 7. Elektronische Abwicklung: Berechnung der Saldi und Erstellen der detaillierten Abrechnungen. 8. Clearing: Zahlungsausgleich (Inkasso) mit Netting und Zusammenfassen mehrerer Geschäftsbeziehungen mit verschiedenen Gegenparteien.
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9. Business-Bus: Technische Plattform für die Abwicklung des Gesamtgeschäftes. Steuerung, Integration und Koordination für die Verbindung zwischen Geschäftsparteien.
Abbildung 5: Geschäftsmöglichkeiten
4.2 Fazit Die Bewertung der verschiedenen Geschäftsmöglichkeiten zeigt auf, dass der Service-Integrator, der Business-Bus und die elektronische Abwicklung das grösste Potenzial für mögliche neue Geschäftsmodelle bieten. Aus diesem Grund bildet die Kombination dieser Komponenten eine Voraussetzung für ein erfolgreiches neues Geschäftsmodell. [Zimmermann 1998] hält fest, dass ein zentrales Element der Transaktionsabwicklung der elektronische Kontrakt ist. In der Informationsphase bildet die Offerte, die aus einem Produktkatalog generiert werden kann, die Vorstufe zum Kontrakt. Nach Vertragsabschluss dient der Kontrakt als Spezifikation für die Abwicklung bzw. Erfüllung des Kontraktes. Die elektronische Abwicklung basiert dabei auf der Annahme, dass Rückversicherungsverträge die Parameter für die folgenden Prozesse definieren. Deshalb muss das Risk Trading auch elektronisch vollzogen werden und Bestandteil des neuen Geschäftsmodells sein.
Ein Geschäftsmodell für Rückversicherer im Informationszeitalter
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Um die Abwicklungsbedürfnisse der Kunden ganzheitlich befriedigen zu können, ist das Financial Clearing und die Schadenbeurteilung ebenfalls in das Geschäftsmodell zu integrieren. Die Synergie sämtlicher Komponenten erhöht den Nutzen der Agenten und ist wichtig für den Aufbau einer Community.
5 Beschreibung des Geschäftsmodells "Seeing differently means learning to question the framework through which we view and frame competition, competencies and business models."John Seely Brown [Brown, 1997] Ausgangslage für den revolutionären Ansatz beim Erstellen eines neuen Geschäftsmodells sind die Bedürfnisse der Kunden. Durch die Darstellung des heutigen Geschäftsmodells werden wir die spezifischen Anforderungen an die Abwicklung von Rückversicherungsgeschäften aufzeigen. Die Erfüllung dieser Anforderungen helfen, das in Kapitel zwei gezeigte Grundbedürfnis zu befriedigen, welches durch Rückversicherung abgedeckt wird: Optimierung von Kapitaleinsatz und Risikobewältigung. Zugleich machen wir durch die Beschreibung den Veränderungsbedarf sichtbar. Die Beschreibung des neuen Geschäftsmodells beinhaltet die Erläuterung der Voraussetzungen, der Teilnehmer und Rollen, der Leistungen, des Produktes sowie des qualitativen und quantitativen Nutzens.
5.1 Heutiges Geschäftsmodell 5.1.1 Ausgangslage Rückversicherungsverträge werden auch heute noch beinahe ausschliesslich mittels Papier abgewickelt. Nur sehr wenige Dokumente sind „elektronifiziert" worden und können deshalb automatisch verarbeitet werden. Zwischen Erst- und Rückversicherer wird ein Rückversicherungsvertrag abgeschlossen. Die Mitarbeiter der für die Platzierung von Risiken verantwortlichen Marktabteilungen des Rückversicherers erfassen im Vertragsinformationssystem alle relevanten Details aus dem Vertragstext wie Laufzeit, Deckungslimite, Abrechnungsperiodizität und Konditionen. Der Erstversicherer sendet gemäss der vertraglich vereinbarten Periodizität die Abrechnungen an den Rückversicherer. Diese enthalten alle technischen Informationen wie Prämien, Schäden, Kommissionen, Steuern etc. Anhand der Einträge im Vertragsinformationssystem werden die Abrechnungen identifiziert. Diese Identifikation erfolgt manuell, das heisst die Sachbearbeiter müssen im System nach den entsprechenden Zedenten- (d.h. Erstversicherer) und Vertragsdaten suchen. Dies kann unter Umständen ein mühsamer Prozess sein, vor allem wenn der Erstversicherer auf den Abrechnungen keine eindeutigen Angaben macht, welche auf den entsprechenden Vertrag hindeuten. Ein weiteres Problem stellt sich im Rechnungswesen, wenn die Vertragsdaten
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entweder noch nicht erfasst oder bei Vertragserneuerungen geänderte Konditionen im System nicht nachgeführt wurden. Da die Vertragsdaten von den Marktabteilungen im System erfasst werden, sind in solchen Fällen Abklärungen notwendig. Dies kann die Bearbeitung einer Abrechnung beträchtlich verzögern. 5.1.2 Veränderungsbedarf Es ist ersichtlich, dass die Abläufe und vor allem die vielen verschiedenen manuellen und teilweise redundanten Tätigkeiten der Mitarbeiter durch den Einsatz von digitaler Technologie um ein Vielfaches vereinfacht, standardisiert und verbessert werden können. Wichtig ist aber, dass dabei nicht nur eine „Elektronifizierung" der bestehenden Prozesse stattfindet, sondern auch grundsätzlich darüber nachgedacht wird, wie diese aussehen sollen. Die Anforderungen an die Abwicklung eines Rückversicherungsgeschäftes können folgendermassen zusammengefasst werden [vgl. Allheilig 1999]: • minimale Durchlaufzeit • höchste Qualität • vollautomatisch (bzw. minimale manuelle Tätigkeiten) • minimale Abwicklungskosten • standardisierbar (geeignet für Outsourcing) • „one face to the customer"
5.2 Neues Geschäftsmodell Als Arbeitstitel geben wir unserem Geschäftsmodell den Namen E-Center. Das Ziel dieses Modells ist die Erfüllung der unter Kapitel 5.1.2 genannten Anforderungen an die Abwicklung. 5.2.1 Aufteilung des Gesamtablaufes Die Tätigkeiten, welche durch das neue Geschäftsmodell abgedeckt werden müssen (vgl. Kapitel 4.2), können allgemein in die folgenden Prozesse unterteilt werden: Die Voraussetzung für die Abwicklung ist das Risk Trading, welches die Vereinbarung über das Plazieren von Risiken darstellt. Die Schadenbeurteilung überprüft aufgrund des Vertrages die Berechtigung von Schadenforderungen und unterstützt dadurch die Abwicklung. Die daraus resultierenden finanziellen Ansprüche werden durch das Financial Clearing ausgeglichen. Die Gesamtheit der Leistungen, welche während eines Prozesses erbracht werden, nennen wir Services. Der Einsatz von digitaler Technologie macht sie zu e-Services (vgl. Kapitel 3.4).
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5.2.2 Grundannahmen Der Geschäftsidee liegen folgende Grundannahmen zugrunde: • Rückversicherungsverträge können automatisiert abgewickelt werden, wenn die Abwicklungsparameter (wie z.B. Referenzierungen, Laufzeit, Anzahl Abrechnungsperioden, Anteile, Bankkonti, Zahlungszeiten, etc.) durch beide Parteien (Erstversicherer und Rückversicherer) eindeutig bestimmt wurden und elektronisch vorliegen (vgl. Kapitel 4.2). • Die Abwicklung aller möglichen Arten von Rückversicherungsverträgen kann durch die Abwicklungsparameter eindeutig und abschliessend formalisiert werden. • Die e-Services (z.B. Risk Trading oder Financial Clearing) erbringen ihre Leistung nicht nur für eine Unternehmung, sondern sind auch in der Lage, sie für alle involvierten Parteien zu erbringen (z.B. Risk Trading platziert nicht nur die Risikodeckungen eines Rückversicherers, sondern die des ganzen Marktes). • Die Leistungen der e-Services können vollständig formalisiert und daher durch Dritte konfiguriert werden. • Das Geschäftsmodell bestimmt die e-Service-Leistungen, nicht aber die Parteien, welche diese zu erbringen haben. Die Auswahl der Partei, die den e-Service erbringt, kann für jedes Rückversicherungsgeschäft neu erfolgen und wird durch die den Vertrag schliessenden Parteien (d.h. Erstversicherer und Rückversicherer) bestimmt. • Ein Business-Bus (vgl. Kapitel 3.4) verbindet die e-Service-Module (analog zu einer „Steckerleiste"). Die vertragsschliessenden Parteien kommunizieren mit den e-Services über den Business-Bus.
Abbildung 6: Illustrative Darstellung der Ideallösung • Alle beteiligten Parteien tauschen ihre Informationen über eine technische Schnittstelle elektronisch aus.
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Abbildung 7: Schnittstellen • Die e-Services haben eine technische Schnittstelle zum Business-Bus. Zusätzlich haben sie eine applikatorische, geschäftliche Schnittstelle zu den benachbarten Services, über welche die Abwicklungsparameter weitergegeben werden und somit der gesamte Prozess gesteuert wird. Die Abwicklungsparameter werden während des Prozessschrittes des Risk Tradings abschliessend definiert. 5.2.3 Teilnehmer und Rollen Das E-Center positioniert sich allgemein zwischen Anbietern und Nachfragern von Rückversicherungsdeckungen (vgl. Kapitel 2.2). Da der modulare Aufbau des E-Centers verschiedene Kombinationen von e-Services mit den gleichen Leistungen ermöglicht, können die e-Services nur aufgrund ihrer Aufgabe innerhalb des Prozesses beschrieben werden: Risk Trading, Abwicklung, Schadenbeurteilung und Financial Clearing. 5.2.4 Produkt Um sämtliche Abwicklungsbedürfnisse von Nachfragern und Anbietern von Rückversicherungsdeckung abdecken zu können, bedarf es neben den unter Kapitel 5.2.3 beschriebenen e-Services eines Business-Bus. Dieser ist für die Koordination, Steuerung und die Integration des Gesamtprozesses zuständig. Der BusinessBus stellt die Verbindungen zwischen den Geschäftspartnern her und definiert dadurch die technischen, applikatorischen und geschäftlichen Standards für die Anwendung der e-Services. Die Kombination von Business-Bus und den vier e-Services (Risk Trading, Abwicklung, Schadenbeurteilung und Financial Clearing) bilden in ihrer Gesamtheit das E-Center.
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5.2.5 Qualitativer Nutzen Durch den Einsatz des E-Centers kann für die Kunden qualitativer Nutzen auf verschiedenen Ebenen erzielt werden: • ermöglicht Outsourcing • höchste Abwicklungsqualität • verbesserter Service im Zusammenhang mit der Abwicklung des Rückversicherungsgeschäfts • jederzeit verfügbares Abwicklungs-Know-how und -Erfahrung • Reduktion der Komplexität der Abwicklung und Schnittstellen; höhere Transparenz • standardisierte Prozesse und Daten • höchste Reportingqualität • automatische und proaktive Information • geringerer Koordinationsaufwand zwischen den Marktteilnehmern 5.2.6 Quantitativer Nutzen Neben dem qualitativen Nutzen ergibt sich durch den Einsatz des E-Centers auch der folgende quantitative Nutzen: • schnellere Abwicklung durch eine weitgehende Automatisierung • minimierte Durchlaufzeit der Abwicklung • minimale Abwicklungskosten • Einsparpotenzial von Mitarbeitern für die Abwicklung • Entlastung der Mitarbeiter durch die Reduktion der Bearbeitungszeit und Fehlerbehandlung • minimale Entwicklungs- und Wartungskosten für Abwicklungssysteme • Reduktion der für die Abwicklung nötigen Infrastruktur 5.2.7 Einkommensmodell Für die Abwicklung von Rückversicherungsgeschäften werden von den Kunden Transaktionsgebühren verlangt. Diese setzen sich aus den folgenden Teilbeträgen zusammen: • Risk Trading: Bei jedem erfolgreich zustande gekommenen Vertrag wird von den Vertragsparteien eine definierte Abschlussprämie eingefordert. • Abwicklung: Für jede Buchung wird eine minimale Transaktionsgebühr verlangt. • Schadenbeurteilung: Die Prämie für die Beurteilung des Schadens orientiert sich an der Komplexität und am Beurteilungsaufwand. • Financial Clearing: Für jede finanzielle Transaktion wird den Kunden eine Gebühr verrechnet. Der Business-Bus wird durch einen minimalen Anteil an den obengenannten eService-Gebühren finanziert.
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5.3 Fazit Das heutige Geschäftsmodell und dessen Prozesse, welche für die Abwicklung von Rückversicherungsgeschäften zum Einsatz kommen, basieren auf dem Medium „Papier". Deshalb sind viele Tätigkeiten manueller Natur, fehleranfällig, langsam und teilweise auch redundant vorhanden. Das E-Center erhebt den Anspruch, ein revolutionäres Geschäftsmodell zu sein, da wir uns bei der Herleitung nicht an der bestehenden Wertschöpfungskette orientiert und diese zu „elektronifizieren" versucht haben, sondern ausgehend von den Anforderungen der Kunden an die Abwicklung ein neues Geschäftsmodell geschaffen haben. Das E-Center wird den Kunden nachhaltig bei der Optimierung von Kapitaleinsatz und Risikobewältigung unterstützen. Es wäre auch zu überlegen, wieweit sich dieses Geschäftsmodell auf andere Industrien anwenden lässt (z.B. Erstversicherungsindustrie).
6 Implementierung des Geschäftsmodells "A virtual corporation is a temporary network of independent companies - suppliers, customers, even erstwhile rivals - linked by information technology to share skills, cost and access to one anothers's markets. It will have neither central office nor organization chart. It will have no hierarchy, no vertical integration. Instead, proponents say this new, evolving corporate model will be fluid and flexible - a group of collaborators that quickly unite to exploit a specific opportunity.” [Business Week, 1993] In diesem Kapital werden die Voraussetzungen und das Vorgehen für eine erfolgreiche Implementierung des Geschäftsmodells E-Center beschrieben. Dazu bedienen wir uns der Business-Engineering-Landkarte [vgl. Weber 1999]. Diese definiert die ingenieurmässige, methodisch fundierte Verknüpfung von Strategieentwicklung, Prozessmodellierung und Systementwicklung. Schwerpunkt ist die ganzheitliche Verbindung von Führungswissen, Prozessorientierung und Informationsmanagement für Veränderungsprojekte. Die Implementierung des Geschäftsmodells erfolgt in einem Veränderungsprozess integrativ in drei Dimensionen.
6.1 Fachliche Dimension Auf der fachlichen Dimension ist das erforderliche Change-Umfeld zu schaffen. Alle bestehenden e-Business-Initiativen im Bereich des Risk-Trading, der Abwicklung, der Schadenbeurteilung und des Financial Clearing sollten konsequent Business-Bus-fähig gemacht werden. Das heisst, dass diese in der Lage sind, mit dem Business-Bus zu kommunizieren (technische Schnittstelle) sowie auch mit den anderen e-Services (applikatorische Schnittstelle). Dort wo nötig und sinnvoll, werden bestehende e-Services durch diejenigen von Allianzpartnern ergänzt. Wie
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eine Competitive Analysis [vgl. Swiss Re 1999g] gezeigt hat, sind vor allem im Risk-Trading, bei der Schadenbeurteilung und im Financial Clearing sinnvolle Allianzen zwischen Rückversicherern möglich. So gesehen muss also nur das Abwicklungs-Modul und der Business-Bus neu entwickelt werden. Dabei ist es wichtig, dass man nicht versucht, die „alte" und die „neue" Welt zu mischen, da die Voraussetzungen für die Modelle der alten und neuen Welt grundsätzlich verschieden sind. Auch wenn durch beide Lösungen die gleichen Bedürfnisse abgedeckt werden, basiert das alte Modell auf dem Medium Papier, das neue aber auf elektronischen Medien. Es ist sicher ein mutiger Schritt, die Abwicklung von Rückversicherungsgeschäften, wo aufgrund der erfüllten Voraussetzungen möglich, konsequent auf die digitalen Medien auszurichten. Dazu braucht es den Mut aller Teilnehmer der Rückversicherungsindustrie.
6.2 Politische Dimension Die politische Dimension befasst sich mit dem Wunsch der Unternehmung nach Change. Denn eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementation ist die Beherrschung des Veränderungsprozesses. Die grundlegende Idee dabei ist die präventive Steuerung dieses Prozesses. Damit soll erreicht werden, dass Widerstände gegenüber dem Projektvorhaben frühzeitig erkannt und durch konkrete Massnahmen möglichst verhindert werden können. Zu diesem Zweck müssen die verschiedenen Stakeholder des Projekts identifiziert werden, denn Stakeholder sind die Anspruchsgruppen und -personen, die einen unmittelbaren Einfluss auf den Projektfortschritt haben und/oder von den Projektzielen direkt oder indirekt betroffen sind [vgl. Gomez 1993]. Bezüglich Stakeholder sind die folgenden Fragen zu stellen: • Erbringen die Promotoren bezüglich ihrer fachlichen und sozialen Kompetenz den für das Projekt notwendigen Einsatz? • Tragen die Promotoren durch ihre unternehmerische und politische Verantwortung zum Projekterfolg bei? • Welche Stakeholder gefährden das Projekt? • Welche Stakeholder können vermehrt zum Projekterfolg herangezogen werden? Aus Sicht des Projektleiters kann es helfen, aufkommende „politische" Probleme durch die „richtigen" Personen effizient und effektiv lösen zu lassen, ohne dabei selber zuviel Energie einsetzen zu müssen. Es darf dabei aber nicht vergessen werden, dass sicher nicht alle Personen bereit sein werden, ihre informellen Netzwerke auszubreiten und zugänglich zu machen.
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6.3 Kulturelle Dimension Die kulturelle (emotionale) Dimension zeigt auf, wie eine Veränderung initiiert und „verkraftet“ werden kann. Jeder Veränderungsprozess wird durch Kräfte geprägt, die auf Wandel drängen und die den Wandel behindern. Die folgende Aufzählung gibt eine Kurzübersicht über die Phasen des Wandels [vgl. MüllerStevens/Spickers 1995]: • Sensibilisierung (frühe Debatte initiieren, Anforderungen ableiten, Optionen generieren, Stakeholder einschätzen, Konfliktpotentiale ausloten, Grobkonzept entwickeln) • Auftakt (anschieben, enthüllen, Aufmerksamkeit sicherstellen, irritieren, legitimieren von Issues, Führung, sachlichen und emotionalen Anschluss herstellen, Coaching, Ausbildung) • Roll-out (destabilisieren, flexibilisieren, fokussieren, Orientierung schaffen, zügig eine kritische Masse mobilisieren, Solidarität aufbauen, Entschlossenheit zeigen, Vorbildsfunktion übernehmen, sich der Probleme annehmen) • Verstetigung (Verselbständigung des Prozesses von den Machtpromotoren, sich den höher hängenden Trauben zuwenden, weitere Intensivierung der Kommunikation, Coaching und Ausbildung) • Konsolidierung (Überführung, den Prozess sauber schliessen) Die Realisierung des E-Centers stellt die Rückversicherungsindustrie vor einen gewaltigen Wandel. Dabei ist wichtig, dass der angestrebte Wandel nicht nur bei den Rückversicherern, sondern auch bei den Erstversicherern gestartet werden muss. Deshalb kann es ratsam sein, eine professionelle Change Management Einheit zur Hilfe zu nehmen.
6.4 Marketing Die Kommunikation und das Branding werden für die erfolgreiche Implementation des E-Centers entscheidend sein. Da aber mit der Kommunikation und dem Branding nicht erst bei der Fertigstellung des Produktes begonnen werden darf, muss sich man sich schon sehr früh überlegen, welches eine optimale Kommunikations- und Brandingstrategie ist, um die notwendige Community zu schaffen und „die Köpfe richtig zu programmieren". Beim E-Center stellt sich die Frage, wie man den Brand des E-Centers gegenüber anderen Rück- und Erstversichern positioniert. Soll man als neutraler Player mit einem eigenen Brand oder demjenigen eines bestehenden Rückversicherers auftreten? Die Frage ist nicht eindeutig zu beantworten, da die zeitliche Betrachtungsweise sowie das angestrebte Kundensegment eine wichtige Rolle spielt. Kurzfristig und nur für ausgewählte Kunden kann es durchaus ratsam sein, das ECenter auf die eine oder andere Art und Weise mit einem Rückversicherungsbrand zu verknüpfen. Langfristig und mit allen Marktteilnehmern als Kunden könnte dies für den Erfolg hinderlich sein.
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Im Rahmen der Marketinganstrengungen kommt der Kommunikation zentrale Bedeutung zu. Die Kommunikation muss auf eine community-weite Ebene ausgerichtet sein. Nur wenn alle am E-Center beteiligten Player und Kunden vollstes Vertrauen in dieses haben, können alle davon profitieren. Wir sind überzeugt, dass der professionelle Umgang mit der Kommunikation und dem Branding für einen nachhaltigen Erfolg des E-Centers mindestens so wichtig sein wird, wie die Erfüllung aller geschäftlichen und technologischen Voraussetzungen.
6.5 Fazit Die eigentlichen Erfolgsfaktoren des Geschäftsmodells sind die Auslagerung von Tätigkeiten an Dritte, die Auswechselbarkeit der einzelnen Prozessschritte und die flexible Zusammenstellung der Services. Die notwendige flexible Modularisierung kann aber nur über die Standardisierung sowohl der technischen, applikatorischen wie auch geschäftlichen Inhalte erfolgen. Wichtigster Erfolgsfaktor ist aber die konsequente Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse aller Teilnehmer. Die Standardisierung und Automatisierung leistet einen wertvollen Beitrag zur Optimierung von Kapitaleinsatz und Risikobewältigung. Die Kommunikation und das Branding werden für die Transformation entscheidend sein. Einerseits fällt es den einzelnen Anbietern im virtuellen Umfeld noch schwerer, sich von den Mitbewerbern zu differenzieren. Andererseits schwindet die Loyalität der Kunden im gleichen Masse, wie deren Preissensitivität zunimmt. Der Umgang mit der Kommunikation und dem Branding sowie dem Schaffen des notwendigen Vertrauens wird darum mindestens so wichtig sein, wie die Erfüllung aller geschäftlichen und technologischen Voraussetzungen.
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7 Literatur [Albisetti et al. 1990] Albisetti E.; Gsell M.; Nyffeler P.: Bankgeschäfte, 4. Auflage, Band 2, in: Leitfäden für das Bankwesen, Schweizerischer Kaufmännischer Verband, Zürich, 1990. [Allheilig 1999] Allheilig C.: Konzept für eine Internet-Lösung, Interne Swiss Re Studie, April 1999. [Brown 1997] Brown J. H.: Seeing Differently: Insights on Innovation, Harvard Business Review, Book Series, Boston, 1997. [Business Week, 1993] Business Week: The Virtual Corporation, Titelblatt, Business Week, 8. Februar 1993, S. 1. [Davenport 1993] Davenport Th. H.: Prozess Innovation – Reengineering Work through Information Technology, Harvard Business School Press, Boston, 1993. [Farny 1989] Farny D.: Versicherungsbetriebslehre, Verlag Versicherungswirtschaft e.V., Karlsruhe, 1989. [Fleisch 2001] Fleisch E.: Das Netzwerkunternehmen, Springer, Berlin, 2001. [Gomez 1993] Gomez P.: Wertmanagement – Vernetzte Strategien für Unternehmen im Wandel, 1993. [Hammer/Champy 1993] Hammer M.; Champy J.: Reengineering the Corporation, Harper Business, New York, 1993. [Harrington 1991] Harrington H. J.: Business Process Improvement, McGraw-Hill, New York/London, 1991. [Hoffmann et al. 1999] Hoffmann, Ch.; Klose M.; Lechner U.; Schmid B. F.; Zimmermann H.-D.: Analyse und Modellierung von Geschäftsmedien, in: Desel, J.; Pohl, K.; Schürr, A.: Modellierung '99 Workshop der Gesellschaft für Informatik, März 1999 in Karlsruhe. B. G. Teubner, Stuttgart / Leipzig, 01/99, http://www.businessmedia.org/netacademy/publications.nsf/all_pk/1237, (gefunden am 7. Januar 2000). [Inge 1929] Inge, W. R.: Labels and Libels, Kessinger Publishing Company, Whitefish, 2003.
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c-Business: Ein strategischer Ansatz für ein Finanzinstitut im Privatkundengeschäft zur erfolgreichen Bindung profitabler Kunden Eric Hunziker, Raphael Landolt, Alexander Otth
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c-Business ...................................................................................................256 Kundenbedürfnisse und strategische Kundenbindung................................258 2.1 Kundenbedürfnisse identifizieren und verstehen ................................258 2.2 Wesen und Begriff der strategischen Kundenbindung.......................259 2.3 Bewertungsmodell „Profitabilität eines Kunden“ für ein Finanzinstitut..........................................................................264 2.4 Anforderungen aus der Praxis für das Kundenbindungs-Modell im c-Business......................................................................................268 Modellierung des Kundenbindungsmodells ................................................269 3.1 Das Metamodell als Denkraster..........................................................269 3.2 Kundenbindungsmodell im c-Business...............................................271 3.3 Phase Kundenportfolio definieren ......................................................273 3.4 Phase Normstrategien definieren ........................................................275 3.5 Phase Kundenabsicht prognostizieren ................................................276 3.6 Phase Kundenbindungsmassnahmen ableiten .....................................276 3.7 Phase Kundenbindungsmassnahmen validieren..................................277 Überprüfung des Kundenbindungsmodells .................................................277 Literatur ......................................................................................................279
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1 c-Business In diesem Beitrag wird ein innovatives Konzept für die erfolgreiche Kundenbindung im attraktiven Privatkundengeschäft eines Finanzinstitutes mit Schwergewicht auf strategischer Ebene sowie ein Kundenbindungsmodell nach den Grundsätzen des Business Engineering entwickelt. c-Business setzt bei den Bedürfnissen der vorhandenen Kunden und der gewünschten Kunden an, wobei das „c“ für „customer“ steht. c-Business ist somit die konsequent auf bestehende und gewünschte Kunden ausgerichtete Geschäftstätigkeit. Zum Primat des Kunden gehört eine Neuorientierung des gesamten Geschäftsmodells auf strategischer, organisatorischer und Systemebene. Idealtypisch ist ein 360 Grad um den Kunden gerichtetes Geschäftsmodell [vgl. Newell 2000, S.15].
Abbildung 1: Bindung profitabler Kunden Die Finanzdienstleistungsbranche ist weiter im Umbruch begriffen, und der Handlungsbedarf für eine Verbesserung der Kundenbindung ist gross. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Konkurrenzdrucks, aufgrund sinkender Margen, der stetig steigenden und divergierenden Ansprüche der Bankkunden und einer rasanten
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technologischen Entwicklung, sehen sich die Banken vor die Herausforderung gestellt, neue Visionen, Strategien und innovative Konzepte zu entwickeln. In einem Geschäft wie dem Privatkundengeschäft, das vornehmlich auf den Komponenten Vertrauen, Qualität und „Convenience“ beruht, ist der Aufbau und die Stärkung der Beziehung zum profitablen Kunden von entscheidender Bedeutung. Der Zwang, sich weg vom produktzentrierten Denken, hin zu einem interaktiven Management von Kundenbeziehungen zu entwickeln, wird daher immer grösser [vgl. Bach et al. 2000, S. 127]. Der Nutzen der Kundenbindung liegt einerseits in der positiven Ertragswirkung aufgrund der besseren Kundenausschöpfung und anderseits in der positiven Kostenwirkung durch tiefere Kundenabgänge. Das Privatkundengeschäft und im Speziellen die Kunden mit mittlerem Vermögen und gutem Einkommen versprechen für die Zukunft ein attraktives Geschäftsfeld mit grossem Potenzial zu werden. Deshalb konzentrieren sich viele Finanzdienstleister auf die sogenannten Affluent-Kunden. Dies sind ertragreiche Privatkunden in der Schweiz, sowie im grenznahen Ausland, typischerweise mit einem Anlagevermögen im Bereich von 1/4 bis zu 1 Million CHF. Folgende zentrale Fragen sind zu stellen und zu beantworten: • Wie können profitable Kunden und ihre Kundenbindung identifiziert werden? • Welches ist der relevante Markt? • Welche strategischen Aktionen und Massnahmen unterstützen die erfolgreiche Bindung dieser Kunden auch längerfristig? • Welches Kundenbindungsmodell lässt sich daraus modellieren? • Wie lässt sich das Kundenbindungsmodell auf die Praxisrelevanz überprüfen? Ziel des Kundenbindungsmodells im c-Business ist es, die Rentabilität des Finanzinstitutes nachhaltig zu erhöhen. Es werden Kundenbindungsmassnahmen abgeleitet, die eine Optimierung aus Unternehmungssicht und aus Kundensicht erzielen. Dabei ist man sich bewusst, dass es immer einen Kompromiss zwischen diesen beiden Sichten geben muss. Mit der Integration eines lernenden Regelkreises in das Modell stellt man sicher, dass die gemachten Erfahrungen zur laufenden Verbesserung des Modells beitragen. Das Modell ist generisch aufgebaut und lässt sich mit leichten Anpassungen auch auf andere Branchen übertragen. Das Innovative an diesem Ansatz ist die Verbindung der beiden Sichten Unternehmung und Kunde in einem Modell und die Integration eines lernenden Regelkreises, der strukturierte Aufbau und die Beschreibung in einem Vorgehensmodell. Das Einfliessen von vielen Erfahrungen aus der Praxis gewährleistet die Umsetzbarkeit des Modells in der Realität. Ausgehend von den Herausforderungen in der Branche, versucht man in einem ersten Schritt die Thematik des Kundenbedürfnisses und der Kundenbindung sowie der Kundenprofitabilität theoretisch zu erarbeiten und ihre Relevanz für die Finanzindustrie zu verstehen. Danach fliessen die praktischen Erfahrungen aus den bisherigen Kundenbindungsmodellen in der Finanzindustrie in diesen Beitrag ein. Dazu wurden mehrere Interviews mit Fachspezialisten geführt. Der Nutzen des c-Business-Modells liegt darin, die Komplexität der erfolgreichen Bindung profitabler Kunden in einem Vorgehens-, Dokumentations- und Rollenmodell verständlich abzubilden. Dazu wird ein systematisches, methoden-
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und modellbasiertes Vorgehen verwendet, ganz nach dem Prinzip des Business Engineer [vgl. Österle/Winter 2000, S. 13]. Um dem Anspruch zu folgen, die Sicht des Anbieters und die Sicht des Kunden zu berücksichtigen, unterscheidet das c-Business Modell grundsätzlich zwischen den Fragen „Wer soll angesprochen werden?“ und „Wie soll der Kunde angesprochen werden?“. Zur Beantwortung der ersten Frage werden die bestehenden Kunden nach ihrer Bindung und Profitabilität bewertet. Dazu wird je ein Scoring-Modell für die Messung der relevanten Faktoren in der Kundenbindung und -profitabilität verwendet. Anschliessend wird jeder einzelne Kunde aufgrund seiner Werte in einer VierFelder-Matrix positioniert. Dieses Kundenportfolio bildet die Basis für die Gestaltung der Kundenbindungsmassnahmen aus Sicht des Finanzinstitutes. Die Grundsätze dieser Massnahmen werden in differenzierten Normstrategien festgehalten. Aufgrund ihrer verfassungsähnlichen Gestaltung müssen sie nicht bei jeder Marktveränderung sofort wieder neu angepasst werden und stellen somit die Kontinuität der Kundenbindungsmassnahmen sicher. Die Normstrategien sagen aber nur wenig über die Optimierung aus Kundensicht aus. Deshalb werden sie durch strategische Alternativen und Aktionsprogramme ergänzt, die sich an ereignisorientierten Kundencluster ausrichten. Damit können auch kontextspezifische Kundenbedürfnisse berücksichtigt werden. Mit der ereignisgesteuerten Segmentierung kann sehr rasch und gezielt auf veränderte Kundenbedürfnisse eingegangen werden. Dies führt auf der Kundenseite zu einer hohen Zufriedenheit und damit zu einer verbesserten Kundenbindung. Die Zielsetzungen des c-Business werden somit erreicht.
2 Kundenbedürfnisse und strategische Kundenbindung 2.1
Kundenbedürfnisse identifizieren und verstehen
Die Identifizierung der Kundenbedürfnisse hat zum Ziel, die Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden möglichst genau zu kennen und diese systematisch zu erheben, um anschliessend die für den Kunden richtigen Massnahmen zu definieren, damit er seine Ziele unter Berücksichtigung seiner Risikobereitschaft erreichen kann. Zur Ermittlung der Kundenbedürfnisse werden in der Praxis verschiedene bekannte Modelle angewandt: Customer Buying Cycle, Familienlebenszyklus, Originäres Kundenbedürfnis, Anlagebedürfnis oder die Bedürfnisanalyse. Um eine wirklich erfolgreiche Bindung profitabler Kunden zu erreichen, genügt der heutige Praxisansatz nicht. Das Kapitel „Modellierung des Kundenbindungsmodells“ zeigt auf, dass es für den Erfolg einen differenzierten Ansatz braucht und dass Elemente aus jedem der fünf Modelle benötigt werden.
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Es reicht aber nicht aus, die Kunden und ihre Bedürfnisse zu kennen. Man muss auch die relevanten Kundenbedürfnisse für sein Geschäft identifizieren und verstehen [vgl. Newell 2000, S. 70]. Die grundsätzliche Funktion für eine Unternehmung im c-Business ist es deshalb, möglichst detaillierte Daten über den Kunden zu erfahren und sein Nutzungs- und Kaufverhalten zu antizipieren. Dieser Grundsatz steht auch im Zentrum, wenn es um die erfolgreiche Kundenbindung geht [vgl. Kotler/Bliemel 1992, S. 5]. Deshalb gilt es in einem ersten Schritt, die „Key Drivers“ des Kundenverhaltens im Kontext der Finanzdienstleistungen zu identifizieren [vgl. Modahl 2000, S. 4]. Diese Information ist kritisch, weil nur die Unternehmungen im Markt Erfolg haben werden, die wissen, warum ihre Kunden ihre Produkte und Dienstleistungen kaufen, durch wen sie beeinflusst werden und wie ihr Kaufprozess aussieht [vgl. Kotler/Bliemel 1992, S. 247]. Deshalb liegt eine der Herausforderungen für eine Unternehmung darin, die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse ganzheitlich zu verstehen und in den Kontext ihrer strategischen Ausrichtung zu bringen.
2.2
Wesen und Begriff der strategischen Kundenbindung
Die Kundenbeziehung wird oft mit den Begriffen Kundennähe, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung umschrieben. Sie sind selten sauber abgegrenzt oder werden oft auch synonym verwendet. Die Verschiedenheit dieser Begriffe beschreibt folgende Kausalkette [vgl. Homburg 1995, S. 137]: • Kundennähe als Verhalten des Dienstleisters (Anbieters), • Kundenzufriedenheit als Einstellung des Kunden und • Kundenbindung als bisheriges Verhalten und Verhaltensabsichten des Kunden, die nachfolgend näher ausgeführt wird. Mit der verstärkten Behandlung von Geschäftsbeziehungen und der damit einhergehenden höheren Bedeutung der Stammkundenpflege gegenüber der Neukundengewinnung nimmt der Stellenwert der Kundenbindung zu. Kundenbindung schliesst sowohl bisheriges Verhalten (ex post) als auch Verhaltensabsichten (ex ante) ein. Die Wirkung psychologischer und faktischer Bindungsmassnahmen unterscheidet sich stark. Im einen Fall will der Kunde nicht wechseln, im anderen Fall kann er nicht wechseln. Binden auf der Organisations-Ebene vor allem faktische Massnahmen des Anbieters den Kunden, so sind dies auf der Personen-Ebene psychologische Faktoren, d.h., der Kunde möchte die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten oder gar ausbauen. Psychologische Kundenbindung, sprich Vertrauen aufzubauen, ist, im Gegensatz zur faktischen Kundenbindung, ein langfristiger Prozess. Er bedingt eine vom Kunden wahrgenommene Konstanz der positiven Faktoren oder ein Fehlen von störenden Faktoren. Der Schlüssel dazu ist der persönliche Kontakt und der auf den Kunden abgestimmte Prozess.
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Beide Bindungstypen sind nötig, um den Kunden langfristig zu binden. Die psychologische Kundenbindung sollte grundsätzlich gefördert werden, denn vornehmlich Vertrauen und Zufriedenheit führen zur Ausweitung der Kundenbeziehung. Idealerweise wird somit das erfolgreiche Finanzinstitut von der Nebenbankbeziehung zur Hauptbankbeziehung, was die Profitabilität insgesamt verbessert. 2.2.1 Determinanten der Kundenbindung Die Erkenntnisse der Theorie und die Erfahrungsberichte der Vertreter aus der Praxis führen zu den relevanten Determinanten für ein Finanzinstitut. Die folgende Tabelle zeigt die Determinanten, ihre Gewichtung und die Begründung der Wahl und der Gewichtung:
Abbildung 2: Determinanten der Kundenbindung
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Abbildung 2: Determinanten der Kundenbindung (Fortsetzung)
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Abbildung 2: Determinanten der Kundenbindung (Fortsetzung)
2.2.2 Messung der Kundenbindung Im nächsten Schritt werden die Determinanten der Kundenbindung in messbare Faktoren übersetzt, um eine Bewertung zu ermöglichen. Es handelt sich dabei zum grösseren Teil um Kundendaten, die ohne grossen Aufwand zu ermitteln sind. Beispiele sind „Beziehungsdauer“, „Produktnutzung“, „Zunahme oder Abnahme von Anlagevermögen“. Die Faktoren „Kundenzufriedenheit“ und „Verhaltensabsicht des Kunden“ können in der Regel nur durch Anfragen beim Kunden ermittelt werden. Das folgende Scoring-Modell zeigt, wie die relevanten Faktoren gemäss ihrem Gewicht bewertet werden können.
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263
Abbildung 3: Scoring-Modell „Kundenbindungs-Quotient“ (KBQ) Die Überprüfung des Scoring-Modells muss regelmässig erfolgen. Die Überprüfung der Kunden, die gekündigt haben, müsste ergeben, dass der KundenbindungsQuotient tief war. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine Analyse und unter Um-
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ständen eine Korrektur der Faktoren im Scoring-Modell nötig. Folgende Fragen stehen im Vordergrund: • Fehlen relevante Kundenbindungsfaktoren? • Sind die bestehenden Faktoren richtig gewichtet? • Oder waren unvorhersehbare Faktoren der Auslöser?
2.3
Bewertungsmodell „Profitabilität eines Kunden“ für ein Finanzinstitut
Auf der Basis der Erkenntnisse über die Stärken und Schwächen der beschriebenen Modelle entstand ein Bewertungsmodell, das grundsätzlich auf einem ScoringModell beruht. Die Hauptargumente für das Modell sind die Notwendigkeit der Quantifizierbarkeit der Kundenprofitabilität, die Verfügbarkeit der erforderlichen Informationen und die Möglichkeit, Ex-ante-Faktoren zu berücksichtigen. Zudem soll das Modell lernfähig, d.h. durch Erfahrungswerte optimierbar sein. Es werden möglichst objektive Faktoren verwendet, um der beschriebenen Hauptschwäche des Scorings, der scheinbaren Objektivierung subjektiver Faktoren, entgegenzuwirken. Die Gewichtung der Faktoren entspricht Erfahrungswerten aus der Praxis. Zu beachten ist, dass neben den klassischen Erlös- und Kostenfaktoren auch Ertragspotenzial und Referenzpotenzial bewertet wird. Folgende Tabelle zeigt die erfolgsrelevanten Faktoren der Kundenbeziehung und beurteilt diese:
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Abbildung 4: Erfolgsrelevante Faktoren der Kundenprofitabilität Werden diese Faktoren nun in das Modell eingesetzt und sie auf Produktebene bewertet, entsteht das Scoring-Modell für ein Finanzinstitut:
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Abbildung 5: Scoring-Modell „Kundenprofitabilitäts-Quotient“ (KPQ) für ein Finanzinstitut Die Überprüfung des Scoring-Modells muss regelmässig erfolgen. Folgende Fragen sind zu stellen: • Fehlen relevante Erlös- oder Kostenfaktoren? • Sind die bestehenden Faktoren richtig gewichtet? Die Überprüfung erfolgt durch regelmässige, stichprobenartige Ertragsrechnungen. Die Ergebnisse werden den Scoring-Resultaten gegenübergestellt. Die Analyse der Abweichungen gibt Aufschluss über fehlende Faktoren oder falsche Gewichtungen. Hat z.B. ein Kunde einen Profitabilitäts-Quotient von 95 Punkten, die Ertragsrechnung ergibt jedoch, dass dieser Kunde nicht profitabel ist, also Verluste geniert, kann davon ausgegangen werden, dass das Scoring-Modell unvollständig ist. Die Gegenüberstellung der Erlöse der Ertragsrechnung mit den Erlösfaktoren des Scoring-Modells gibt Aufschluss darüber welche Erlöse vernachlässigt wurden. Dasselbe wird auf der Kostenseite durchgeführt. Bei den Ertrags-PotenzialFaktoren sind aufgrund der Unsicherheit der Einschätzung Abweichungen unvermeidlich.
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2.4
Eric Hunziker, Raphael Landolt, Alexander Otth
Anforderungen aus der Praxis für das Kundenbindungs-Modell im c-Business
Aufgrund von geführten Interviews mit Verantwortlichen aus dem Privatkundengeschäft von Schweizer Grossbanken und Kantonalbanken (bei UBS, ZKB und Credit Suisse) werden die in der Literatur beschriebenen, häufig gemachten Fehler validiert. Folgende Fehler konnten festgestellt werden und daraus die entsprechenden Anforderungen abgeleitet werden: a) Unzureichende Segmentierungskriterien, d.h. Beschränkung auf systemmässig einfach zu erfassende Kriterien wie Alter, Geschlecht, etc. b) Anforderungen: Die Kundensegmentierung muss der Bank dazu verhelfen, die Kunden im richtigen Moment mit Informationen zu versorgen, Bedürfnisse zu erkennen und effizient zu befriedigen. Auch muss sie sicherstellen, dass das Berater-Know-how den finanziellen Möglichkeiten und den Ansprüchen der Kunden entspricht. c) Keine klare Segmentierungstrennung, d.h. keine konsequente Produkt- und Beratungsdifferenzierung. d) Anforderungen: Die knappe Ressource „Berater“ muss optimal eingesetzt werden können. Das Pricing und die Produkte- und Beratungsangebote müssen einen Steuerungseffekt haben, so dass die Kunden nur Beraterzeit für anspruchsvolle und lukrative Geschäfte beanspruchen. Weniger komplexe Bankgeschäfte sollte der Kunde über die kostengünstigen Kanäle wie PC-/ Phone Banking erledigen. e) Nicht situationsgerechte Segmentierung. Segmentierungskriterien werden von Konkurrenz oder Beratungsunternehmen übernommen f) Anforderungen: Eine Segmentierung muss auf die Marktgegebenheiten und die Firmenkultur abgestimmt sein. g) Ungenügende strategische Verankerung. Die strategische Verankerung einer Segmentierung ist oft nur in einer Startphase bzw. im Businessplan vorhanden h) Anforderungen: Die gesamte Geschäftsleitung muss hinter der Strategie stehen. Die Kunden wie auch die Mitarbeiter müssen erleben, dass alle Vorgesetzten konsequent an der Umsetzung der Strategie arbeiten. i) Die unbekannte Bedürfnisstruktur: Die Banken kennen die Bedürfnisse ihrer Kunden nur vereinzelt. Diese wären aber der Ausgangspunkt einer erfolgreichen Anlageberatung und Vermögensverwaltung. j) Anforderungen: Alle vorhandenen Daten über die Kundenbedürfnisse und Aktivitäten müssen zentral geführt, permanent gepflegt und für die bedürfnisorientierte Kundenbestandsanalyse regelmässig eingesetzt werden. k) Nichtberücksichtigung der Beziehung zwischen Kunden und Berater. Der Kundenberater nimmt eine wichtige Stellung im Affluent-Geschäft ein. Über die Zeit wird die Beziehung zum Kunden stärker. Dies hat zur Folge, dass der Kunde den Kundenbetreuer nicht wechseln will. Ebenso wenig wird ein Kundenberater bereit sein, eine über Jahre hinweg aufgebaute Kundenbeziehung abzugeben oder das Kundenbüro bzw. das Betreuungsteam zu wechseln. Eine Umsegmentierung aufgrund eines aktiv betriebenen Segmentierungsprogramms
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269
kann deshalb zu Abgängen von Kundenberatern oder kompletter Kundenberatungsteams und demzufolge auch zu Kundenverlusten führen [vgl. Galasso 1999, S. 191]. l) Anforderungen: Bei Umsegmentierungen müssen Kunden und Kundenberater im gleichen Masse im Mittelpunkt stehen. Kunden- / Berater-Beziehungen dürfen nicht zerstört werden. m)Die rentabilitätsorientierte Kundenbestandesanalyse: Nicht jede Kundenbeziehung hat für die Bank den gleichen Wert n) Anforderungen: Kostenwahrheit, Klarheit und Nachvollziehbarkeit, keine Quersubventionierungen. o) Die Mehrheitsfalle: Für Finanzdienstleister gehören einkommensstarke, finanziell aktive, risikofreudige Menschen mit Vermögen, die mitten im Leben stehen, zu den attraktivsten Zielgruppen. Sie sind aber auch am heissesten umworben, weil alle Anbieter sie im Visier haben. Weniger attraktive oder kleinere Marktsegmente können durchaus profitabel sein, weil sich niemand spezifisch um sie kümmert. p) Anforderung: Kundensegmente müssen so definiert sein, dass auch kleine, attraktive Segmente erkennbar werden. q) Unterschätzung des Faktors Zeit. r) Sicherstellung, dass die Systeme die Segmentierungskriterien erfüllen, die neuen Prozesse funktionieren und die Berater genügend ausgebildet sind, um ihr zugeteiltes Kundensegment den Anforderungen entsprechend zu bedienen, bedarf mehrerer Monate. s) Anforderungen: Genügend Zeit einplanen für die vollständige Umsetzung der Segmentierung, d.h. Anpassung aller Prozesse und Unterstützungstools. Intensive Schulung aller Berater über die neuen Beratungsprozesse, Produkte- und Serviceangebote. t) Überholte Organisationsstruktur. u) Anforderungen: Kundenorientierte Profit-Center-Organisationen, die nach Kundenmerkmalen gegliedert sind und nicht nach Produkten. Zentral dabei ist das Kundenbedürfnis.
3 Modellierung des Kundenbindungsmodells 3.1
Das Metamodell als Denkraster
Auf Basis der theoretischen Grundlagen und praktischen Erkenntnissen, soll ein implementierungsnahes Modell erarbeitet werden. Es ist der Versuch, einen strategischen Kundenbindungsansatz zu modellieren, von dem Kundenbindungsmassnahmen ganzheitlich abgeleitet werden können, mit dem Ziel, die Kundenbindung zu verstärken und den Customer Value bzw. die Kundenprofitabilität nachhaltig zu erhöhen.
270
Eric Hunziker, Raphael Landolt, Alexander Otth
Die für das Kundenbindungsmodell relevanten Modellierungskomponenten und deren Zusammenhänge werden im Metamodell aufgezeigt [vgl. Böhm et al. 1993, S. 158]. Dies erleichtert die Herleitung des Kundenbindungsmodells. Relevanter Markt bestimmt
wird segmentiert
werden zugewiesen
Kundenportfolio
definiert
Optimierung Ressourcenallokation aus Unternehmungssicht
Normstrategien
definiert
Kundenbindung ist entscheidend für
Kundenbindungsmassnahmen
Relevante Cluster
Optimierung aus Kundensicht
legt fest
Profitabilität
ist erfolgsentscheidend
Prognostizierte Kundenabsicht beeinflusst/ löst aus
validiert operationalisiert
Ereignis
Erfolgsmessung operationalisiert
passt an
Abbildung 6: Meta-Modell Kundenbindung • Relevanter Markt: Der relevante Markt ist Teilmenge des Gesamtmarktes, der vom Finanzinstitut aktiv bearbeitet wird. • Kundenportfolio: Das Kundenportfolio bildet die Basis für die Kundenbearbeitung, die in den Normstrategien festgelegt ist. Es definiert sich aus den beiden Dimensionen Kundenbindung und Kundenprofitabilität. • Kundenbindung: Die Kundenbindung quantifiziert die gegenwärtige und erwartete Intensität der Beziehung zwischen dem Kunden und dem Finanzinstitut. • Kundenprofitabilität: Die Kundenprofitabilität quantifiziert die gegenwärtige und erwartete Profitabilität des einzelnen Kunden in der Geschäftsbeziehung mit dem Finanzinstitut. • Normstrategien: Normstrategien sind grundsätzliche Standards, Richtlinien und Empfehlungen und bilden die Grundlage für eine effiziente und effektive Planung und Umsetzung von richtungsweisenden Kundenbindungsmassnahmen. • Ereignis: Synonyme davon ist Geschäftsereignis, Event, bestimmtes Kundenverhalten oder Geschäftsfall. Ein Ereignis beeinflusst massgeblich eine bestimmte Kundenabsicht. • Prognostizierte Kundenabsicht: Die prognostizierte Kundenabsicht beschreibt die Absicht, bzw. eine zukünftige Handlung eines Kunden, bezogen auf ein Er-
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271
eignis. Sie wird ex ante definiert und ist abhängig vom individuellen Status und den Bedürfnissen des Kunden. • Relevante Cluster: Gesamtheit aller Kunden mit gleichen Absichten (z.B. abwanderungsgefährdete Kunden, Kunden mit abnehmender Profitabilität, neue Asset Allocation, Kunden ohne Neugeldzufluss). • Kundenbindungsmassnahmen: Kundenbindungsmassnahmen sind eine Summe von Massnahmen, um eine nachhaltige Steigerung der Kundenbindung und der Profitabilität zu erzielen. • Erfolgsmessung: Die Erfolgsmessung dient zur Überprüfung der Effektivität des Kundenbindungsmodells und hat die Funktion des lernenden Regelkreises. Sie validiert die Kundenbindungsmassnahmen aufgrund ihrer Wirkung auf die Kundenbindung und -profitabilität.
3.2
Kundenbindungsmodell im c-Business
Das Kundenbindungsmodell besteht aus verschiedenen Sub-Modellen. Im Business Engineering folgt die Erarbeitung eines Modells nach einer ganz bestimmten Ablauffolge von Phasen mit diversen Aktivitäten. Die Beschreibung dieser ergibt das Vorgehensmodell für die Erarbeitung des Kundenbindungsmodells. Aktivitäten verwenden Ergebnisse als Input und erzeugen neue Ergebnisse für weitere Aktivitäten. Die Gesamtheit der Ergebnisse wird im Dokumentationsmodell beschrieben. Das Rollenmodell als drittes Sub-Modell legt fest, wer welche Aufgaben im Kundenbindungsmodell inne hat. 3.2.1 Vorgehensmodell Im Vorgehensmodell wird die Entwicklung eines Kundenbindungsmodells als durchgängiger Prozess, in dem einzelne Phasen mit ihren Aktivitäten in einer festgelegten Abfolge zu durchlaufen sind beschrieben. Auf der strategischen Gestaltungsebene sind im Vorgehensmodell fünf Phasen zu durchlaufen, die anschliessend näher beschrieben werden: • Kundenportfolio definieren • Normstrategien definieren • Kundenabsicht prognostizieren • Kundenbindungsmassnahmen ableiten • Kundenbindungsmassnahmen validieren Die Kanten im Vorgehensmodell sind gerichtet und zeigen die Ablauffolge zwischen den Phasen bzw. Aktivitäten auf. Sie laufen nur bedingt sequentiell ab. Das Modell ist flexibel gehalten und erlaubt je nach Bedarf, zwischen den einzelnen Phasen einzusteigen oder auch Rücksprünge auf vorhergehende Phasen (Iteration). Innerhalb einer Phase sollten aber alle Aktivitäten wie vorgesehen sequentiell oder parallel abgearbeitet werden.
272
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Abbildung 7: Vorgehensmodell Das Vorgehensmodell hat den Anspruch, mehrere Sichten einzunehmen. So stehen einem Finanzinstitut nicht unbeschränkt Ressourcen für seine Kundenbindungsmassnahmen zur Verfügung. Diese sind gerade im Zuge des allgemeinen Kostendrucks in der Finanzindustrie sehr knapp bemessen. Deshalb wird in der ersten Phase „Kundenportfolio analysieren“ versucht, eine Optimierung der Ressourcenallokation aus Sicht des Finanzinstitutes zu erzielen. In der Phase der Kun-
c-Business
273
denabsicht prognostizieren wird die Sicht des Kunden eingenommen, um eine Optimierung der Kundenbindungsmassnahmen aus dessen Sicht zu erzielen. Im Kontext mit den Normstrategien und den relevanten Clustern werden in der vierten Phase Kundenbindungsmassnahmen abgeleitet. In der letzten Phase werden die Kundenbindungsmassnahmen validiert. Die Ergebnisse daraus, fliessen wieder in die vorhergehenden Phasen ein und stellen so das dynamische Element dieses Modells sicher. 3.2.2 Dokumentationsmodell Jede Aktivität verwendete ein Ergebnis als Input und hat zum Ziel ein klar definiertes Ergebnis zu erarbeiten. Das Modell dokumentiert welche Ergebnisse pro Phase erarbeitet werden und definiert auch die zeitliche Abhängigkeit zwischen den einzelnen Ergebnissen. Das Dokumentationsmodell unterstützt die Erarbeitung des Kundenbindungsmodells also dahingehend, dass keine Phase oder Aktivität gestartet wird, ohne die dafür notwendigen Ergebnisse geschaffen zu haben und ist ein wesentlicher Faktor für die Effektivität. 3.2.3 Rollenmodell Die Zuordnung von Aktivitäten zu Aufgabenträgern im Zusammenhang mit der Gestaltung des Modells, wird als Rollenmodell bezeichnet. Im Kundenbindungsmodell wurden folgende Rollen definiert, die aus einer Organisationseinheit oder einer einzelnen Person besteht: • Geschäftsleitung • Vertriebsmanagement • Produktmanagement • Leitung IT • Leitung strategisches Controlling • Kundenberater Jede Rolle erhält im Kundenbindungsmodell klare Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen zugeteilt.
3.3
Phase Kundenportfolio definieren
In dieser Phase werden die Kundenprofile (u.a. demographische Daten, Kundenbedürfnisse) umfassend aufgenommen. Sie werden als Basisinformationen für die Definition des Kundenportfolios herangezogen. Dieses besteht aus den beiden Dimensionen Kundenbindung und Kundenprofitabilität. Mit der Portfoliobildung ist es möglich, mit Hilfe dieser beiden Dimensionen eine Optimierung der Ressourcenallokation aus Sicht des Finanzinstitutes zu erzielen. Jeder Kunde wird nach festgelegten Bewertungskriterien hinsichtlich Bindung und Profitabilität beurteilt und im Kundenportfolio abgebildet (vgl. Scoring-Modell). Anschliessend
274
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werden die Kunden einem Berater aufgrund seines Wissens und seiner Erfahrung einem Kunden zugeordnet. Zur Definition des Kundenportfolios werden fünf Aktivitäten in folgender Reihenfolge durchgeführt: • Kundenprofil ermitteln • Kundenbindung ermitteln • Kundenprofitabilität ermitteln • Kundenportfolio bilden • Berater allozieren Das Ergebnis dieser Phase ist die Abbildung sämtlicher Kunden nach ihrer Bindung und Profitabilität im Kundenportfolio sowie die Zuordnung des relevanten Kundenberaters. Im Feld I sind die Kunden enthalten, die eine tiefe Kundenbindung haben, als auch über eine tiefe Profitabilität verfügen. Im Feld II sind die Kunden enthalten, die eine hohe Kundenbindung haben, die aber eine niedrige Profitabilität aufweisen. Im Feld III sind die Kunden enthalten, die eine hohe Profitabilität aufweisen, die aber nur eine tiefe Kundenbindung haben. Im Feld IV sind die Kunden enthalten, die über eine hohe Kundenbindung und Kundenprofitabilität verfügen. Kundenbindung hoch
Feld II
Feld IV
Feld I
Feld III
tief
Profitabilität tief
hoch
Abbildung 8: Vier-Felder-Matrix
c-Business
3.4
275
Phase Normstrategien definieren
Dem Ansatz der Normstrategie liegt die Überlegung zugrunde, dass eine Kundenbindungsstrategie nach bestimmten Richtlinien und Empfehlungen ablaufen und somit bis zu einem gewissen Grad standardisiert werden kann. Um trotzdem eine differenzierte Kundenbindungsstrategie zu ermöglichen, werden mehrere Normstrategien definiert. Jede Normstrategie beinhaltet andere Regeln zur Bearbeitung der Kunden. Die Definition lehnt sich am Ansatz der Portfolio-Analyse nach [Hinterhuber 1989, S. 133 ff.] an, der Normstrategien für Geschäftseinheiten (Investitions- und Wachstumsstrategie, Abschöpfungs-/ Desinvestitionsstrategie, selektive Strategie) entwickelt hat. Inhalt einer jeden Normstrategie sind Standards für eine effiziente und effektive Planung/Umsetzung von richtungsweisenden Kundenbindungsmassnahmen und Meilensteinen. Ziel ist es, unter einer beschränkten Verfügbarkeit von Ressourcen, möglichst viele Kunden zu langfristig hoch profitablen Kunden mit einer hohen Kundenbindung zu entwickeln. Im Wesentlichen lassen sich im vorliegenden Modell, vier verschiedene Normstrategien, entsprechend den gebildeten Feldern im Kundenportfolio, auseinanderhalten. Diese werden nachfolgend inhaltlich beschrieben. Die Anwendung der einzelnen Normstrategie, ergibt sich aus der Positionierung des Kunden im Kundenportfolio. Kundenbindung hoch
Entwickeln II
Binden IV
Beobachten I
Nicht verlieren III
tief
Profitabilität tief
hoch
Abbildung 9: Die vier Normstrategien im Kundenportfolio
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3.5
Eric Hunziker, Raphael Landolt, Alexander Otth
Phase Kundenabsicht prognostizieren
Diese Phase hat folgende Zielsetzung: • Umwandlung von Kundeninformation in Kundenwissen (Systematisierung der Kundenprofile) • Gezielte Erfassung der Kundenabsicht und Bildung von Kundencluster • Verminderung von Streuverlusten durch zielgruppenorientierte Massnahmenpakete (Relevante Cluster) Im Rahmen einer streng kundenorientierten Betrachtungsweise, sind die gebildeten Normstrategien für die Bestimmung der Kundenbindungsmassnahmen zu wenig differenziert. Die Normstrategien erzielen eine Optimierung des Ressourceneinsatzes aus Sicht der Unternehmung. Sie sagen aber wenig aus über die Optimierung aus Kundensicht. Deshalb müssen die Normstrategien im Einzelfall durch strategische Alternativen und Aktionsprogramme ergänzt werden. Deshalb werden in das Modell zusätzliche, kontextspezifische Kundenbedürfnisse miteinbezogen, die eine Gestaltung von Kundenbindungsmassnahmen auch aus Kundensicht erlauben. Dazu sind Instrumente einer umfassenden Kundenbeobachtung bereitzustellen, welche sowohl eine Einschätzung der aktuellen Situation, als auch der zukünftigen Entwicklung ermöglichen.
3.6
Phase Kundenbindungsmassnahmen ableiten
Die konkreten Kundenbindungsmassnahmen werden im Kontext der Normstrategien und den verhaltensspezifischen Aktionsprogrammen aus den relevanten Clustern abgeleitet. Sie sind immer ein Kompromiss zwischen der Optimierung aus Sicht des Finanzinstitutes und aus Sicht des Kunden. Als Aktivitäten für die Kundenbindungsmassnahmen werden definiert: • Produktgestaltung/Service bestimmen • Preisgestaltung bestimmen • Kommunikationspolitik bestimmen • Multikanalstrategie definieren Die gewünschte Wirkung auf einzelne Kunden bzw. Kundensegmente können bereits durch einen Gestaltungsfaktor erzielt werden. Es ist also nicht immer notwendig, alle Kundenbindungsmassnahmen gleichzeitig anzuwenden. In der Praxis erfolgen die Massnahmen aber oft in Kombination. Deshalb wird das Ergebnis der einzelnen Kundenbindungsmassnahmen in einem Massnahmenpaket zusammengeschnürt.
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3.7
277
Phase Kundenbindungsmassnahmen validieren
Um präzise Aussagen über die Wirkung der Kundenbindungsmassnahmen zu machen, wird ein Messverfahren benötigt, welches das Kundenverhalten objektiv bewertet. Im Sinne eines lernenden Regelkreises werden die Normstrategien als auch die Bildung der relevanten Cluster auf ihre Wirkung überprüft und gegebenenfalls an die sich veränderte Umwelt angepasst. Zur Operationalisierung dieser Validierung eignen sich z.B. die Scoring-Modelle. Nach der Modellierung der strategischen Kundenbindung werden auf einer nächsten Ebene die Prozesse als Bindeglied zwischen der Strategie- und Systementwicklung neu gestaltet [vgl. Österle 1995, S.63]. Ausgehend von den SOLLProzessen und den Business-Anforderungen an die IT, werden anschliessend auf der Systemebene die relevanten Applikationen und deren Funktionen abgeleitet.
4 Überprüfung des Kundenbindungsmodells Aufgrund der in der Praxis am häufigsten gemachten zehn Fehler wurde ein Anforderungsraster erarbeitet. Anhand dieses Rasters wird das Kundenbindungsmodell im c-Business auf seine Praxisrelevanz überprüft. Die zehn definierten Fehler a – j konnten in beinahe allen Fällen vermieden werden. Die Ausnahmen bilden „die ungenügende strategische Verankerung (d)“ und „die Unterschätzung des Faktors Zeit (i)“. Die strategische Verankerung wird durch die Systematik der Normstrategien gefördert, da diese sich auf die Geschäftsstrategie ausrichtet, sie kann jedoch nicht erzwungen werden. Der limitierende Zeitfaktor ist die Berater/Kundenbeziehung. Sie kann durch kein Modell oder System ersetzt werden. Aufgrund der Überprüfung kann festgestellt werden, dass die meisten in der Praxis gemachten Fehler durch die Einführung des Kundenbindungsmodells im cBusiness vermieden werden könnten.
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Abbildung 10: Überprüfungsraster
Abbildung 11: Überprüfung der häufigsten Fehler auf Erfüllung
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5 Literatur [Bach et al. 2000] Bach, V.; Österle, H.: Customer Relationship Management in der Praxis: erfolgreiche Wege zu kundenzentrierten Lösungen, Springer, Berlin et al., 2000. [Böhm et al. 1993] Böhm, R.; Fuchs, E.; Pacher, G.: System-Entwicklung in der Wirtschaftsinformatik, Verlag der Fachvereine, Zürich, 1993. [Galasso 1999] Galasso, G.: Retention-Marketing im Private-Banking, Haupt, Bern, 1999. [Hinterhuber 1989] Hinterhuber, H. H.: Strategische Unternehmungsführung, de Gruyter, Berlin et al., 1989. [Homburg 1995] Homburg, C.: Kundennähe von Industriegüterunternehmen, Gabler, Wiesbaden, 1995. [Kotler/Bliemel 1992] Kotler, P.; Bliemel, F.: Marketing-Management: Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, Poeschel, Stuttgart, 1992. [Modahl 2000] Modahl, M.: Now or never: how companies must change today to win the battle for the Internet consumer, Irion Business, London, 2000. [Newell 2000] Newell, F.: Loyalty.Com: Customer Relationship Management in the New Era of Internet Marketing, McGraw-Hill, USA, 2000. [Österle 1995] Österle, H.: Business Engineering, Springer, Berlin et al., 1995. [Österle/Winter 2000] Österle, H.; Winter, R.: Business Engineering – Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer, Berlin et al., 2000.
Der Industriekonzern im Informationszeitalter Thomas Kocherhans, Kurt Meyer, Rosmarie Widmer Gysel
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8
Einleitung und Zielsetzung .........................................................................282 Ausgangslage ..............................................................................................282 Handlungsräume der Forbo für die Business Unit Cushion Vinyl..............283 3.1 Strukturierung und Analyse des Umfeldes .........................................284 3.2 Handlungsalternativen ........................................................................286 3.3 Diskussion und Wahl der zu verfolgenden Stossrichtung ..................288 Elektronische Märkte ..................................................................................289 4.1 Schichten ............................................................................................289 4.2 Phasen.................................................................................................290 4.3 Rollen .................................................................................................290 Die Business Unit Cushion Vinyl im elektronischen Markt .......................291 5.1 Community View ...............................................................................292 5.2 Implementation View .........................................................................294 5.3 Transaction View ...............................................................................295 5.4 Infrastructure View.............................................................................295 5.5 Organisatorische und finanzielle Aspekte ..........................................296 5.6 Logistik...............................................................................................296 Transformationsplan und begleitende Massnahmen ...................................297 6.1 Orchestrierung des Wandels...............................................................297 6.2 Aktionsplan ........................................................................................298 Forbo im Jahr 2002 .....................................................................................300 7.1 Entwicklung des Cushion Vinyl Marktes seit 2000............................300 7.2 Informationstechnologie.....................................................................301 7.3 Neue Produktionsanlage .....................................................................302 7.4 Schlussbetrachtung .............................................................................302 Literatur ......................................................................................................304
282
Thomas Kocherhans, Kurt Meyer, Rosmarie Widmer Gysel
1 Einleitung und Zielsetzung Durch den Wandel zur multikulturellen Informationsgesellschaft haben sich in den letzten Jahren die Rahmenbedingungen der Industrieunternehmen weitreichend verändert. Dies wirkt sich auf die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aber auch auf den Arbeitsalltag der einzelnen Mitarbeiter aus. Obwohl in erster Linie ein wirtschaftliches Phänomen, hat der Wandel somit auch Auswirkungen auf die gesamte Organisation und Kultur eines Unternehmens und dessen Partner. Die Transformation zur Informationsgesellschaft ist eng verknüpft mit dem «Buzzword» der Neunzigerjahre: e-Business. Richtig verstanden ist e-Business nur ein «Enabler» dessen strategisch und operativ richtige Anwendung jedoch für zahlreiche Unternehmen erfolgsentscheidend ist. Potential und auch Gefahren einer Umgestaltung des Geschäftsmodells sind hoch. Für die Sicherung einer erfolgreichen Unternehmenszukunft ist es daher unumgänglich, nicht nur unternehmensweite Strategien zu entwickeln und Massnahmen in einzelnen Bereichen (z.B. Customer Relationship Management, Supply Chain Management oder Knowledge Management) zu definieren, sondern auch Unternehmenskultur und Anreizsysteme zu überdenken. Dieser Artikel fasst eine Arbeit zusammen, welche im Jahr 2000 für das Geschäftssegment Kunststoffbodenbeläge (Business Unit Cushion Vinyl, BU CV) der Forbo Holding AG erstellt wurde. Sie hatte zum Ziel, die Anwendungsmöglichkeiten des Business Engineering in Kombination mit neuen Informationsund Kommunikationstechnologien aufzuzeigen. Der Weg zum optimierten Geschäftsmodell einschliesslich eines ausführlichen Massnahmenkatalogs wurde als Transformationsmodell ausgestaltet. Insbesondere den kulturellen, politischen und organisatorischen Auswirkungen des Wandels wurde Beachtung geschenkt, da diese nur zu oft die Ursachen von gescheiterten Transformationen bilden. Vorgehen und Resultate dieses Projektes werden auf den folgenden Seiten zusammengefasst. Zudem hat die Geschäftsleitung der BU CV die wichtigsten Erfolge und «Learnings» aus heutiger Sicht in Form einer Retrospektive beigesteuert.
2 Ausgangslage Die Geschichte von Forbo datiert zurück in das Jahr 1928, als die Continentale Linoleum Union – ein loser Zusammenschluss europäischer Linoleum-Fabriken in Deutschland, Holland, Schweden und der Schweiz – gegründet wurde. 1968 wurde die heutige Holding geschaffen und 1974 die Continentale Linoleum Union in Forbo umbenannt. In den achtziger Jahren nahm Forbo den internationalen Ausbau in Angriff und expandierte mit verschiedenen Akquisitionen im Klebstoffbereich; 1994 erfolgte die Diversifikation in das Geschäft mit Antriebs- und Förderbändern. Ende 1997 zog sich Forbo aus dem verlustreichen Laminatgeschäft
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283
zurück und schloss 1998 den Ausstieg aus dem Wandbelagsgeschäft ab. Im Jahre 2000 wurde der Konzern strategisch neu ausgerichtet und auf die vier Geschäftsbereiche Linoleum, Cushion Vinyls, Belting and Adhesives fokussiert. Alle anderen Aktivitäten wurden desinvestiert. Im Winter 2002 wurde im Bereich Klebstoffe eine Akquisition getätigt. Forbo ist vornehmlich im europäischen Markt (84% gemessen am Umsatz) tätig. Vom nicht-europäischen Umsatz (16%) entfallen 10% auf Amerika und 6% auf Asien. 1964 kaufte Forbo eine stillgelegte Herdfabrik in den Niederlanden und begann mit der Produktion von Vinyl-Bodenbelägen und Nadelfilz. Diese Produktion wurde 1977 stillgelegt und die Fabrikation für die Herstellung von KunststoffSchaumbeläge (Cushion Vinyl, CV) umgestellt. 1981 wurden rund sieben Mio. m2 CV hergestellt. Die BU CV ist vor allem im oberen Preissegment führend. Synergien bestehen mit den Antriebs- und Förderbändern (Einkauf von Rohmaterial, Beschichtungsprozess).
3 Handlungsräume der Forbo für die Business Unit Cushion Vinyl Neben zunehmendem Druck von Seiten der Investoren und Finanzmärkte werden kürzere Produktlebenszyklen im Bereich der Kunststoffbodenbeläge beobachtet. Der Bedarf, z.B. durch kontinuierliche Produktinnovationen, schnell auf Trends und Modeströmungen reagieren zu können, ist gegeben. Dadurch wird die Zeit für die Amortisation kürzer, was zu erhöhten Risiken für Neueinführungen führt. Zudem verlangen die Ansprüche des Marktes nebst zeitgemässen Produkten auch hervorragende zusätzliche Leistungen, wie z.B. Anbieten von Komplementärprodukten, Erbringen von Informationsservices, Ausbildung von Intermediären, Integration in Kunden- und Lieferantenprozesse. Die Marktteilnehmer haben auf diese Herausforderungen u.a. mit Zusammenschlüssen (Akquisition, Allianzen) und Fokussierung auf Kerngeschäfte geantwortet. Die Stärkung der Innovationskraft spielt im hart umkämpften Markt der Kunststoffbodenbeläge eine wichtige Rolle. In diesem Bereich bestehen wesentliche Unterschiede zwischen den Mitbewerbern. Da bei Kaufentscheiden für CV-Bodenbeläge der Preis oft den wichtigsten Faktor darstellt, müssen Produkte und Dienstleistungen kostengünstig erbracht werden können. Dies führt dazu, dass neben Technologieinnovationen die Kernprozesse überdacht und neu, effizient gestaltet werden (häufig gesehenes Resultat: Produkt- und Prozessstandardisierung). Gesellschaftliche Entwicklungen wie die zunehmende Sensibilisierung für Umweltaspekte in Westeuropa sind ebenfalls zu berücksichtigen.
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3.1 Strukturierung und Analyse des Umfeldes Zur Systematisierung des Umfeldes wurde ein Modell angewandt, welches vier Hauptbereiche unterscheidet: allgemeine unternehmensexterne Kräfte, Markt (Beschaffungs- und Absatzmarkt), Allianzen und Produkte. 3.1.1 Externe Kräfte Externe Kräfte sind Faktoren im Umfeld der Forbo, welche die Erreichung der Unternehmensziele behindern bzw. verhindern können. Faktor
BU CV-spezifische Bemerkungen
Politik
Das politische Umfeld in den Hauptmärkten (West-/ Osteuropa) ist stabil und berechenbar. Neue Märkte (z.B. Russland) sind mit erheblichen Risiken verbunden.
Regulatorisches Umfeld & Umwelt(schutz)
Steigender Druck gegen PVC-haltige Produkte und zur Lösung des Entsorgungsproblems seitens Gesetzgeber und Gesellschaft. Produkthaftpflichtrisiko steigt.
Wirtschaft
Globalisierung mit Intensivierung des Wettbewerbs stellt hohe Anforderungen an die BU CV in Bezug auf Produktionstechnologie, Innovationsleistung, Kostenkontrolle und Marktbearbeitung/Distribution. Steigender Konkurrenzdruck kommt zunehmend aus Asien und den USA.
Stake-/Shareholder
Zunehmender Druck auf Forbo zur kontinuierlichen Wertsteigerung seitens Finanzmärkten/Shareholder. Die Berücksichtigung der Ansprüche der anderen Stakeholder (Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Banken, Intermediäre, Staat, etc.) müssen ebenso befriedigt werden (u.a. durch zielgruppengerechte Kommunikation).
Technologie
Investitionen in neue Technologien, Innovationsmanagement sind für die BU CV notwendig um die Produktführerschaft (z.B. halogenfreie Beläge) und damit Marktposition und Marge zu verteidigen. Abbildung 1: Externe Kräfte
3.1.2 Markt Die BU CV vertreibt ihre Produkte vorwiegend in Westeuropa. Die Grösse des Marktes für Bodenbeläge in Westeuropa betrug 1'831 Mio. m2 im Jahr 1997. Davon entfallen auf die Kunststoffbodenbeläge 246 Mio. m2, davon wiederum auf
Der Industriekonzern im Informationszeitalter
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geschäumte Kunststoffbodenbeläge 137 Mio. m2. Die Marktsituation hat sich in den Jahren 1999/2000 stärker verändert (z.B. durch Fusionen/Übernahmen) als in den zehn Jahren zuvor. Dadurch können zukünftige Entwicklungen wenig genau und erst spät abgeschätzt werden. Daraus leitet sich der Bedarf einer sehr schlagkräftigen und flexiblen Organisation ab. Marktsegment
BU CV-spezifische Bemerkungen
Beschaffungsmarkt, Lieferanten
BU CV ist noch wenig gekoppelt, keine engen Partnerschaften bzw. kein aktives Supply Chain Management. Für die Produktqualität und Herstellkosten der Bodenbeläge ist die Qualität bzw. der Preis der Rohstoffe entscheidend.
Konkurrenzsituation
Den Weltmarkt der Kunststoffbodenbeläge teilen sich gegenwärtig etwa 10 Mitbewerber. Der Trend zur weiteren Konzentration ist offensichtlich. Forbo ist, gemessen am Umsatz, im Vergleich zur Konkurrenz im unteren Mittelfeld angesiedelt.
Absatzmarkt/ Kunden
Globalisierung: Bisher abwesende Mitbewerber versuchen sich auf den Heimmärkten der BU CV zu positionieren. Die Konsequenzen sind steigender Druck auf Preise und Verkürzung des Produktlebenszyklus. Für die BU CV ist der Absatzkanal über den Grosshandel nach wie vor am bedeutendsten. Noch unbefriedigend ausgebaut sind die zunehmend wichtiger werdenden Kanäle der Baufachmärkte. Ein wirkungsvolles Customer Relationship Management wird zunehmend wichtiger. Abbildung 2: Marktsegmente der BU CV
3.1.3 Allianzen Die Forbo hat bisher auf inneres Wachstum und den Aufbau eigener Kompetenzen gesetzt, d.h. es wurden keine Allianzen eingegangen. Im Bereich des Produktabsatzes hat die BU CV jedoch in einigen Märkten mit ausgewählten Grosshändlern enge Beziehungen aufgebaut, welche weiterhin gepflegt werden. Die Marktmacht liegt bei den Intermediären/Grosshändlern, was den Handlungsspielraum der BU CV einschränkt. 3.1.4 Produkte In Bezug auf das Produktumfeld und die gegenwärtigen Trends bei der Bodenbelagswahl ist eine Verlagerung festzustellen. Kunststoffbodenbeläge werden hauptsächlich durch sogenannte «harte» Bodenbeläge wie Keramik, Natursteine, Holz, Laminat und teilweise sogar Linoleum bedrängt.
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Die BU CV produziert und vertreibt heute Güter, welche in grossen Mengen hergestellt werden und sich für den Endkunden (z.B. den Bauherrn) im Wesentlichen durch Preis und Design unterscheiden. Faktoren, wie Lieferbereitschaft, Wertbeständigkeit und Langlebigkeit, werden seitens BU CV zwar als Produkteigenschaft kommuniziert, nehmen aber im Entscheidungsprozess des Endabnehmers eine untergeordnete Rolle ein.
3.2 Handlungsalternativen Rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. neue Umweltgesetze) drohen den Absatz von PVC Produkten zu schmälern bzw. im Extremfall gar zu verbieten. Dazu kommt das steigende Umweltbewusstsein der Konsumenten, die vermehrt halogenfreie Produkte bevorzugen. In den bisher wenig bearbeiteten Märkten Osteuropa und Russland dürften solche Überlegungen noch für längere Zeit eine untergeordnete Rolle spielen. Kunststoffbodenbeläge sind als praktisches, jedoch wenig prestigeträchtiges Produkt im Bewusstsein der Kunden verankert. Der klassische Käufer ist daher preissensitiv. Mit anderen Worten, der Spielraum für Preissteigerungen ist klein und das Argument «Qualität» greift nur beschränkt. Die BU CV bewegt sich mit ihrer Produktpalette bereits eher im oberen Preissegment. Im folgenden Abschnitt wird das Vorgehen zur Identifikation der Handlungsalternativen anhand einer bewährten Methodik aufgezeigt.
Abbildung 3: VIP-Kreislauf der Unternehmenswertsteigerung [in Anlehnung an Gomez 1999]
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Ziel jeder unternehmerischen Tätigkeit ist die Schaffung von Werten. In einer kapitalistischen, marktwirtschaftlich orientierten Welt geht dies mit der Steigerung des Unternehmenswertes einher. Das hier angewendete VIP-Konzept bildet einen Denkrahmen, um ausgehend von der Vision über definierte Phasen die Kernprozesse herzuleiten bzw. zu identifizieren und schliesslich die Prozessorganisation zu definieren [Gomez 1999]. Die Aktivitäten aller Phasen haben die Unternehmenswertsteigerung zum Ziel. Der Zusammenhang und das Vorgehen sind in folgender Abbildung veranschaulicht. Phase
BU CV-spezifische Bemerkungen
Vision «Traum mit Verfalldatum»
Eine eigentliche Vision wurde für die BU CV nicht entwickelt. Das Leitmotiv heißt «Attractiveness» auf allen Ebenen und hat vor allem die Erhöhung des Marktanteils, die Qualitätsverbesserung und Kundenzufriedenheit zum Ziel.
Spielregeln des Wettbewerbs (Gestalt der zukünftigen Geschäftswelt)
Die Transformation zur Informationsgesellschaft trifft auch die BU CV, welche sich in einem zunehmend unsicheren Umfeld bewegt. Daher empfiehlt es sich, in Szenarien zu denken und die Organisation auf rasche Änderungen vorzubereiten (Technik des vernetzten Denkens). Struktur, Prozesse und immer wichtiger auch die Informationstechnologie müssen den sich ändernden Spielregeln zeitgerecht und effizient angepasst werden können. Insbesondere in Bezug auf die Produktion hat die BU CV diesbezüglich bereits gute Vorarbeit geleistet. In den andern zwei Bereichen besteht noch Verbesserungspotenzial. Der informationstechnischen Unterstützung des Führungsprozesses kommt dabei große Bedeutung zu.
Kompetenzen (heute und zukünftig)
Die Stärken der BU CV liegen heute insbesondere in der Qualität der Produkte, des Managements und des guten Arbeitsklimas. Um die zukünftig notwendigen Kompetenzen sicherzustellen ist die bessere Nutzung der Informationstechnologie zur Schaffung von Transparenz und Effizienz über alle Kern- und Führungsprozesse sicherzustellen.
Strategie
Forbo will eine erfolgreiche internationale Unternehmung sein, welche von Investoren wie Mitarbeitern gleichermaßen respektiert ist [Forbo 1999]. Die wesentlichen Werte sind: Schaffung von Kundennutzen, angemessene Rendite des investierten Kapitals und die Sicherung einer attraktiven Arbeitsumgebung. Die durchgeführte Strategieanalyse zeigt, dass die BU CV zur Zielerreichung Anstrengungen in folgenden Bereichen unternehmen muss: Erringen der Kostenführerschaft, Marktanteilvergrößerung in Europa, Sortimentsergänzung und Steigerung der Innovationskraft sowie die konsequente Nutzung von Informationstechnologie und
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Phase
BU CV-spezifische Bemerkungen Erschließung neuer Absatzkanäle.
Kernprozesse/ Prozessorganisation
Die Kernprozesse sind die tragenden Vorgänge der Wertschöpfung. In Anlehnung an die Methode Promet [Österle 1995] sind die Kernprozesse Verkauf, Internetaktivitäten, Back-Office, Logistik und Kommunikation/Marketing modelliert worden. Nach dem Grundsatz „process follows strategy and structure follows process“ wurde in der letzten Phase des Kreislaufs die strukturelle Einbettung der Prozesse vorgenommen.
Abbildung 4: Phasen der Unternehmenswertsteigerung für Forbo
3.3 Diskussion und Wahl der zu verfolgenden Stossrichtung Die Ausrichtung der BU CV auf einen härteren Wettbewerb und eine zunehmend unsichere Zukunft legen Massnahmen an zwei Fronten nahe. Einerseits müssen die bestehenden Kernkompetenzen im Bereich der Produktion weiter ausgebaut werden, andererseits ist die Stärkung des Marketings, die Erschliessung von neuen Kanälen, Märkten und Kundengruppen, insbesondere auch über das Internet angezeigt. Damit Produkt und Produktion den spezifischen Anforderungen der neuen Kanäle möglichst gut gerecht werden, ist die «Digitalisierung» der Produkte und der Produktion notwendig. Für ein digitales Produkt sind sämtliche Charakteristiken digital erfasst und begleiten das Produkt vom Design über die Rohstoffbeschaffung bis zum Verkauf und zur Verlegung oder für Garantiearbeiten. Zu erfassen sind z.B. Textur, Farbe, Dicke, Klassierung, Schallabsorption, Beschaffungs- und Produktionsparameter, Garantieleistungen, Verlegebedingungen, Pflegehinweise, Hygieneeigenschaften, Entsorgungshinweise. Digitale Produkte eignen sich auch hervorragend für die Simulation am Bildschirm (Veränderung von Farbtönen, Textur, Muster usw.). Die als Resultat der Simulation erarbeiteten Produktparameter dienen später zur Produktionssteuerung. Zudem bilden digitale Produkte die Basis für elektronische Produktkataloge. Erst mit einem so definierten und implementierten Produkt ist für InternetKunden eine umfassende und flexible Darstellung des Produktes möglich. Zudem sind bisher nicht mögliche, innovative Varianten der Produktpräsentation und Kundeninteraktion, einschliesslich Geschäftstransaktionen in elektronischen Märkten realisierbar.
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4 Elektronische Märkte Um die Forbo im elektronischen Markt darstellen zu können, dient das Konzept und Modell des elektronischen Marktes [Schmid 1999]. Dieses Marktmodell ist auf elektronische Märkte massgeschneidert und ist eine gute Checkliste für die Spezifizierung der Forbo als Marktteilnehmer.
Abbildung 5: Rahmenmodell für elektronische Märkte
4.1 Schichten Das Marktmodell unterscheidet vier Schichten, denen bestimmte Aufgaben bzw. Sichten auf den Markt zugeordnet sind: • Community View: Auf dieser Schicht wird die primär interessierende Marktgemeinschaft beschrieben und strukturiert. Die Marktteilnehmer treten in verschiedenen Rollen auf und benutzen Protokolle, Prozesse und Sprachraum des Mediums. Die Community View definiert also Geschäfts-, Organisations- und Kommunikationsmodell einer Gemeinschaft. • Implementation View: Auf dieser Schicht werden die Rollen, Protokolle und Prozesse sowie der Sprachraum auf der Basis der Dienste der darunterliegenden Schicht (Transaction View) realisiert. • Transaction View: Diese Schicht enthält die generischen Marktdienste. Diese sind unabhängig von den oberen Schichten und demnach auch für andere Marktplätze verwendbar. Beispiele hierfür sind elektronische Produktkataloge. • Infrastructure View: Diese Schicht enthält die Kommunikations-, Transaktionsund Transport-Infrastrukturen, bzw. die Schnittstellen zu ihnen.
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4.2 Phasen Neben den Schichten bilden die Transaktionsphasen die zweite Dimension im Marktmodell: • Wissensphase (Knowledge): Durch den Austausch von Information wird das Wissen der Marktteilnehmer verändert. Instrumente: Werbung, Information im Direktverkauf, usw.. • Absichtsphase (Intention): Konkrete Tauschabsichten werden hier geäussert und Angebote gemacht. Instrumente: Verkaufsgespräche, elektronische Produktkataloge, usw.. • Vereinbarungsphase (Contracting): Hier findet die konkrete Verkaufsverhandlung statt. Instrumente: Telefonverhandlung, elektronische Auktionen usw. • Abwicklungsphase (Settlement): Die vereinbarte Leistung wird erbracht, der Vertrag erfüllt. Je nach dem auszutauschenden Gut finden unterschiedliche logistische Transaktionen Anwendung.
4.3 Rollen Die Rollen der Marktteilnehmer sind nicht direkt im Marktmodell verankert. Sie sind jedoch sehr wichtig für die Positionierung eines Unternehmens im Markt. Anbieter und Nachfrager stehen nicht immer in direktem Verhältnis zueinander, oft ist ein Intermediär dazwischen. In Abhängigkeit der speziellen Leistungen der Marktteilnehmer entstehen verschiedene Beziehungsformen. Zu traditionell bekannten Rollen wie Produzent, Grosshändler, Makler, etc. gesellen sich heute Portale und elektronische Marktplätze, ermöglicht durch die Entwicklung des eCommerce. Vermutlich läuft der Trend weiterhin in Richtung Business-to-Business (B2B) Geschäftsmodelle. Im B2B geht es vor allem um Optimierung und Rationalisierung der Wertschöpfungskette, immer verbunden mit Kostensenkungen. Im Gegensatz zu Business-to-Consumer (B2C) werden hier eher LangzeitBeziehungen geknüpft. Investitionen für die Knüpfung der Beziehung lohnen sich eher. Bei starken Lieferanten-Abnehmer-Netzen werden andere Firmen (z.B. neue Lieferanten) faktisch zum Beitritt gezwungen. E-Commerce wird oftmals gleichgesetzt mit einer Elimination der Intermediäre. Eine Analyse der Funktionen der Intermediäre und existierende e-Commerce Beispiele zeigen aber, dass dies ein Trugschluss ist [Palvia/Lemuri 1999]. Es kommt schlichtweg darauf an, welche Funktion im Markt durch den Intermediär wahrgenommen wird. Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bieten Möglichkeiten, um Intermediärfunktionen neu zu bündeln und unter dem Stichwort e-Services völlig neue Produkte anzubieten. Beispiele für e-Services und eine Klassifikation dazu findet sich in [Österle 2000].
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5 Die Business Unit Cushion Vinyl im elektronischen Markt Die BU CV kann durch «Digitalisierung» ihrer Produkte und einen verbesserten Auftritt im Internet ihre Produkte effektiver im elektronischen Markt positionieren. Der Wandel in den neuen Medien geht extrem schnell vor sich, die Marktteilnehmer suchen kontinuierlich nach neuen Positionen und Möglichkeiten, die Risiken sind hoch. Daher stellt sich auch die Frage nach der geeigneten Strategie, die von Forbo verfolgt werden soll.
Abbildung 6: Bestehendes stärken und neue Chancen nutzen Aus heutiger Sicht kann nur eine Doppelstrategie (vgl. Abbildung 6) empfohlen werden: Einerseits muss die BU CV die Möglichkeiten der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien ausschöpfen und seine Prozesse, insbesondere die Lieferkette, den neuen Gegebenheiten anpassen. Ziele sind Kosteneinsparung, Flexibilisierung und auch wirksame Präsenz in allen Distributionskanälen. Zusätzlich ergibt sich die Möglichkeit, das bestehende Know-how des Konzerns in eine neue Form eines Intermediärs einzubringen. Ziel ist hier eine Position im Markt zu erreichen, die erstens die Ziele des Forbo-Konzerns unterstützt und zweitens aber für sich attraktiv ist.
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5.1 Community View Als erstes geht es darum, die Marktteilnehmer zu identifizieren und die möglichen Rollen, die sie einnehmen, zu erfassen. Die Produkte der BU CV werden über alle drei traditionellen Kanäle abgesetzt. Hauptkanal dabei ist «Forbo über Grosshandel zu Fachhandel an Endkunde». Dieser Absatzweg ist relativ lang und bietet keine direkten Feedback-Funktionalitäten vom Endkunden. Eine steigende Bedeutung kommt dem Absatz über Fachmärkte zu, die jedoch aufgrund ihrer Grösse und Marktmacht wenig beeinflussbar sind.
Abbildung 7: Bestehende Absatzkette für Novilon Waren- und Informationsflüsse sind mehrstufig und daher unzuverlässig. Hauptquelle für das Feedback von der Kundenfront sind die Grosshandelsvertreter. Gleichzeitig sind natürlich auch die Informationswege vom Hersteller zum Kunden sehr lang. Im Markt finden sich stark unterschiedliche Anspruchsgruppen: Architekten, Bauherren, Heimwerker, Fachhändler, Grosshändler, Fachmärkte. Alle genannten Gruppen haben Bedürfnisse, die von der Forbo direkt oder indirekt erfüllt werden können. Die einzelnen Marktteilnehmer nehmen teils überlappende Funktionen wahr und haben auch überlappende Bedürfnisse. Aus Kundensicht können vereinfacht immer «Anbieter» und «Nachfrager» von Waren- und Serviceleistungen rund um die Produkte der BU CV identifiziert werden. Im elektronischen Markt werden einige Rollen bzw. Funktionen besonders attraktiv sein. Unten ist eine Auswahl von Funktionen aufgeführt, die erst durch die neuen Technologien ermöglicht werden und existierende Probleme lösen. • Information vom Produzenten: Die neuen Technologien bieten den Vorteil, dass mit wenig Aufwand Information in jeder gewünschten Detaillierung verbreitet werden kann. Der Langzeitnutzen ist allerdings gering, da die Kunden anonym bleiben.
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• Portal für Bodenbeläge: Architekten, Bauherren oder Heimwerker möchten eine Schnittstelle, ein Portal finden, wo sie alles Mögliche zu Bodenbelägen finden. Vermutlich möchten diese Anspruchsgruppen aber auch andere Baumaterialien sehen und in einer Art «One-Stop Shopping» alle Fragen um den Bau klären. • Aggregator für die BU CV: Die BU CV kann die Entwicklungszeit und die kleinste Fertigungsmenge eines Produktes nur beschränkt reduzieren. Eine Sammlung der Kundenwünsche kommt der Forbo also sehr entgegen. Dies ist möglich mit einem Aggregator, der die Anspruchsgruppen in Communities zusammenführt. Wenn die angestrebten Rollen klar sind, stellt sich die Frage, wer welche Rolle übernehmen soll. Grosshändler beispielsweise sind durch ihre Marktkenntnisse und Finanzkraft durchaus in der Lage, ein Portal im elektronischen Markt aufzusetzen und so ihre physische Präsenz durch eine Informationsdrehscheibe im Internet zu ergänzen. Die Verfasser empfehlen der Forbo, hier die Führung zu übernehmen und einen Intermediär aufzubauen, der aber unter einer eigenen Marke auftritt. Zugleich ist es wichtig, dass kurzfristig die bestehenden Kundenbeziehungen gestärkt und unterstützt werden. Wie in der Einleitung zu diesem Kapitel angedeutet, empfiehlt sich die gleichzeitige Verfolgung von zwei Stossrichtungen. Konkret heisst dies, dass die Präsenz der BU CV und des Forbo-Konzerns im Internet gefestigt wird, während der Intermediär unter eigenem Namen ein Portal zu den Produkten der BU CV und denen anderer Anbietern etabliert. Hier bieten sich natürlich die Produkte aus dem eigenen Konzern an. Andererseits werden Allianzen und Partnerschaften mit anderen Herstellern aus dem Baubedarf notwendig. 5.1.1 Archidea als Modell «Archidea» dient als Arbeitstitel für unser Portal im elektronischen Markt. Archidea ist eine bestehende Zeitschrift für Architekten, herausgegeben von Forbo Krommenie, der Herstellerin von Linoleum. Auch die Internet-Domain www.archidea.com ist im Besitz der Forbo und zeigt Linoleum-Produkte. • Branding: Archidea ist ein passender Name für unser Ansinnen und weist auf eines der Hauptprobleme im Aufbau eines Portals hin. Die Community soll einen Namen tragen und diese Marke muss erst etabliert und dann gepflegt werden. «Make your name mean something» ist eine Grundregel, die zu befolgen ist [Saunders 1999]. Der Name unseres elektronischen Dienstes soll nicht «Forbo» oder «Novilon» bedeuten, sondern etwas, das unsere erste Zielgruppe, die Architekten anspricht und auch für weitere Zielgruppen Potential hat. • Produktangebot: Die BU CV möchte Cushion Vinyl verkaufen. Ein Architekt benötigt Materialien für den Bau und die Ausstattung eines Hauses. Die Forbo Gruppe besitzt viel Kompetenz im Bereich Bodenbelag. Bodenbelag scheint eine vernünftige Fokussierung zu sein, für die genug Know-how gefunden werden kann und die bereits gross genug erscheint, um ein wesentliches Interesse
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der Architekten abdecken zu können. Im Bereich Bodenbeläge ist die Kompetenz der BU CV noch gross, während der Architekt bereits einen Nutzen daraus ziehen kann. • Allianzen: Wenn der Fokus auf Bodenbeläge zielt, dann muss auch alles getan werden, um eine möglichst repräsentative Auswahl an Bodenbelägen zu unterstützen. Also müssen Allianzen mit Herstellern von Bodenbelägen und anderen Produkten gebildet werden. Im Idealfall bündelt der Intermediär gut abgestimmte Angebote der verschiedenen Allianzpartner zu einzigartigen Produkten oder Services, die es sonst nirgendwo gibt.
5.2 Implementation View Bei e-Services, wie auch bei konventionellen Dienstleistungen, stellt sich zuerst die Frage, welche Produkte angeboten werden sollen. Es empfiehlt sich, sich einmal in die Lage eines Architekten zu versetzen. Die Projektarbeit eines Architekten kann grob in drei Phasen aufgeteilt werden: Vorprojekt, Detailprojekt und Bauausführung. Abbildung 8 zeigt ansatzweise die Aufteilung der Projektarbeit in Phasen. Unter den einzelnen Aktivitäten sind bereits Vorgänge sichtbar, die mehr oder weniger nutzenbringend unterstützt werden könnten. Die letzte Spalte gibt Anhaltspunkte über die unterstützenden Leistungen, die dazu nötig sind.
Abbildung 8: Vereinfachtes Phasenmodell eines Bauprojektes Durch weitere Verfeinerung und Detaillierung können aus den Aktivitäten die Dienste und Prozesse der Implementation View entwickelt werden. Die benötigten
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Inputs geben auch bereits Aufschluss über die generischen Dienste der Transaction View. Die Präsentation der einzelnen Services ist von höchster Bedeutung, sie müssen gut durchdacht in Szene gesetzt werden.
5.3 Transaction View Die Transaction View des Marktmodells beschreibt die generischen Marktdienste, die realisiert werden müssen, um die oben beschriebenen Services zu realisieren. Elektronische Produktkataloge sind der Schlüssel für die meisten Dienste, die für die BU CV geplant wurden. Die Bedürfnisse der Anspruchsgruppen können erfüllt werden, wenn die Produktkataloge der Hersteller zur Verfügung stehen und in intelligenter Art übergreifend abgefragt werden können. In diesem Bereich spricht man von «mediating electronic product catalogs», die eben zwischen den verschiedenen Katalogen vermitteln [vgl. Lindemann/Schmid 1999]. Die BU CV und auch die anderen Forbo Geschäftsbereiche besitzen zurzeit noch keinen elektronischen Produktkatalog, der für diese Zwecke geeignet wäre. Hier ist noch technische und organisatorische Pionierarbeit zu leisten, denn ein bestehendes Unternehmen auf offene Schnittstellen und durchgängige Informationen auszurichten, ist ein anspruchsvolles Change-Projekt. Weiter sind MatchingMechanismen notwendig, um zwischen den Anbietern und Nachfragern nach Adressen oder ähnlichem zu vermitteln. Damit die generischen Marktdienste mehrfach wiederverwendbar sind und immer wieder neu zu einzigartigen Services kombiniert werden können, müssen Schnittstellen-Standards eingehalten werden. Die vom Markt geforderte Geschwindigkeit des Wandels lässt keine aufwendigen Eigenentwicklungen im Bereich der generischen Dienste zu.
5.4 Infrastructure View Die benötigte technische Infrastruktur muss zuverlässig, hochflexibel und modular sein. Es ist verlockend, die Infrastruktur nur beim zentralen Betreiber der Community zu sehen. Dabei wird vergessen, dass jeder einzelne Zulieferer von Informationen über zuverlässige, koppelbare Systeme verfügen muss. Auch wenn z.B. die elektronischen Produktkataloge nicht online betrieben werden, so muss doch regelmässig für die Aktualisierung der Daten gesorgt werden. Dies bedingt zweckmässige IT-Architekturen bei allen Partnern. Damit das Portal optimalen Nutzen für die Anbieter und die Kunden bringt, muss eine Multi-Channel-Architektur aufgebaut werden. Dabei ist es nicht notwendig, alle Kanäle sofort zu bedienen, wesentlich ist jedoch, dass die Architektur des Systems ausreichend flexibel ist, um neue Kanäle ohne Systemmodifikation nach Bedarf aufschalten zu können.
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5.5 Organisatorische und finanzielle Aspekte Der Aufbau von Archidea benötigt hohe finanzielle Investitionen. Um finanziellen Risiken entgegenzutreten, sollte die Finanzierung von Archidea nicht konzernintern geschehen. Die Forbo trägt demnach also eine Minderheitsbeteiligung am Portal und tritt vor allem als Know-how Lieferant auf. Einnahmen resultieren aus Umsatzbeteiligungen bei vermittelten Produktbestellungen, Gebühreneinnahmen in der Vermittlung von Kontakten und Werbung auf den Seiten. Bei gutem Geschäftsgang könnte auch ein Börsengang ab etwa dem dritten Jahr angestrebt werden. Dazu müsste Archidea in Europa zu diesem Zeitpunkt unter den drei führenden spezialisierten Portalen in Bezug auf Umsatz sein. Kerngeschäft und Kernkompetenzen lagen früher und liegen auch in der Zukunft in der Produktion von hochwertigen Materialien für die Bauausstattung. Dazu muss alles getan werden, diese Kompetenzen zu schützen und zu erweitern, unter anderem auch mit dem Einsatz von e-Business-Technologie in der Absatzkette. B2B e-Business als notwendige Anpassung an den technologischen Wandel und zur Integration mit Lieferanten und Abnehmern wird idealerweise innerhalb des Unternehmens realisiert. Der Aufbau eines Portals wie Archidea geschieht aber mit Vorteil ausserhalb. Abgesehen von der bereits oben vorgeschlagenen Minderheitsbeteiligung sprechen auch andere Gründe wie z.B. Schnelligkeit, einfachere Rekrutierung und/oder reduziertes Reputationsrisiko für den Aufbau in einer separaten Unternehmung ausserhalb Forbo.
5.6 Logistik Durch Nutzung von Internet-Technologien wird der Bestellvorgang für alle Kunden wesentlich vereinfacht und beschleunigt. Dies führt zu einer zeitlichen Diskrepanz der Prozesse und weckt bei den Kunden hohe Erwartungen an die Geschwindigkeit der Supply Chain. Die allgemeine «Ungeduld» und der Druck auf die Unternehmen, die Lieferkette zu beschleunigen, steigen [KPMG 2001]. Der Aufbau von neuen Vertriebskanälen führt unweigerlich zu Konflikten mit den bestehenden Absatzmittlern. Die e-Business Möglichkeiten führen zu einer Entwertung von gewissen Funktionen des Zwischenhandels (Informationsfunktion, Sortimentsfunktion). Eine Verkürzung der Absatzkette ermöglicht eine Margenerhöhung auf Lieferantenseite und/oder eine Senkung der Preise für den Kunden. Die Forderung nach Direktlieferungen wird von Kundenseite verstärkt, weil der Zwischenhandel wenig Nutzen bringt und die Lieferzeit verlängert. Die Lösung für die schwierige Situation kann nicht «entweder oder» heissen, sondern involviert mehrere Elemente und Szenarien: • Der Grosshandel definiert seine Rolle teilweise neu, profitiert seinerseits von den besseren Informationen durch die neue Technologie. Er wandelt sich vom Lagerhalter zum Logistikdienstleister, der die Verteilung der Ware effizient organisiert. • Der Grosshandel kann selbst eine führende oder teilnehmende Rolle bei den neuen Absatzkanälen/Internet-Portalen einnehmen.
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• Fachhändler werden vermehrt zu reinen Dienstleistern. Durch qualitativ hochstehende Verlegearbeit sichern sich die Fachhändler ihre Existenz, bauen aber Verkäufer-Kapazität ab. Die Rollen in der Absatzkette werden verschoben. Gleichzeitig ergeben sich dadurch neue Chancen für neue Rollen in der Wertschöpfungskette.
6 Transformationsplan und begleitende Massnahmen „Wandel findet nur dort stat,t wo Ideen und Interessen zusammenfinden“ [Müller-Stewens 1999]. Veränderungen sind begleitet von Unsicherheiten, Risiken und hohem Arbeitsaufwand. Damit die Veränderungen so ablaufen können wie beabsichtigt, müssen sie aktiv gestaltet werden. Eine Strategie zeigt den Weg zum angestrebten Ziel oder zur Vision, z.B. der Aufbau von Archidea und die Anpassung der BU CV an die Anforderungen der elektronischen Märkte. Dieser Weg bedeutet Wandel, d.h. er betrifft die Fähigkeiten der BU CV und damit diejenigen der einzelnen Mitarbeiter und Führungskräfte. Fähigkeiten können aber nicht direkt verändert werden. Die meisten Unternehmen machen den Fehler, den Wandel vor allem sachbezogen zu analysieren und implementieren (Strukturen: Systeme, Prozesse usw.). Neben der Sachdimension ist auch die Verhaltensdimension zu berücksichtigen (Politik und Kultur: Werte, Einstellungen, Interessen, Wissen usw.), ansonsten besteht die Gefahr, dass der Wandel nur oberflächlich greifen wird und die Ziele nicht im erwünschten Ausmass erreicht werden.
6.1 Orchestrierung des Wandels Die Orchestrierung umfasst alle Elemente des Wandels, also auch die strukturellen. Wesentlich ist jedoch, dass diese von geeigneten Massnahmen begleitet werden. Das Wandeldesign nach [Müller-Stewens 1999] unterscheidet vier Bereiche, die in der folgenden Abbildung dargestellt sind:
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Abbildung 9: Gestaltungsmodell für den Wandel [vgl. Müller-Stewens 1999] Besonders zu beachten ist das Timing, hier in fünf Phasen definiert: • Sensibilisierung (Wandel vorbereiten) • Auftakt (Prozesseinstieg) • Roll-Out (Energie ins System bringen) • Verstetigung (Momentum erhalten) • Konsolidierung (Prozess sauber abschliessen) Besonders beim für die BU CV vorgesehenen Wandel im Bereich der elektronischen Märkte ist Zeit (Internet-Zeit!) eine äusserst knappe Ressource. Das bewusste Einteilen und Durchleben des Wandels in Phasen hilft Zeit zu sparen und das Ziel zu erreichen [Duck 2001].
6.2 Aktionsplan Unser handlungsorientierter Vorschlag für die Umsetzung entlehnt einer generischen Methode [KPMG 2000] die zweidimensionale Phasenaufteilung, welche für BU CV und Archidea folgende sechs Phasen und vier «Streams» umfasst. Um die Verhaltenskomponente klarer darzustellen, wurde das Modell um die fünf Zyklusphasen des Wandels (vgl. Kapitel 6.1, hier mit römischer Nummerierung) ergänzt und auf die spezifischen Gegebenheiten der BU CV bzw. Forbo angepasst.
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Abbildung 10: Phasen und Streams des Vorgehensmodells zur Umsetzung Zweck der ersten Phase (Projektvision) ist die Entwicklung eines gemeinsamen Kontextes bzw. Verständnisses zwischen den Schlüsselpersonen (v.a. im Management) in Bezug auf die zukünftige Zielrichtung, die Risiken, Vorgehensweise. Zugleich startet anschliessend die Phase II (Auftakt) des Wandeldesigns. Phase I (Sensibilisierung) wurde bereits gestartet und wird im Laufe der Erarbeitung der Projektvision abgeschlossen. Während der zweiten Phase wird das Projektteam zusammengestellt, die Projektorganisation etabliert und Informationen zu den Projektzielen gesammelt, strukturiert und analysiert, erste Kosten-/Nutzenüberlegungen angestellt. Diese Informationen dienen der Erstellung eines Business Case für die zwei Ziele (BU CV im elektronischen Markt und Aufbau Archidea). Ebenfalls zu dieser Zeit wird die Phase III (Roll-Out) des Wandeldesigns gestartet, welche bis nach Abschluss der Phase drei oder sogar Phase vier dauern kann. Die dritte Phase (Konzept) dient dem konzeptionellen Design der neuen Plattform bzw. der Geschäftsmodelle für Archidea und die BU CV. Kosten-/Nutzenund Risikobeurteilungen werden verfeinert. Bei Abschluss dieser Phase ist das Management in der Lage zu entscheiden, ob an den Zielen und den darauf abgestimmten Lösungsvorschlägen Korrekturen vorgenommen werden müssen. Während der vierten Phase werden die Konzepte detailliert ausgearbeitet bis Auswirkungen auf die BU CV, Anforderungen für die Lösungen (Stream A und B) und Rahmenbedingungen für die Implementierung klar sind. Prozesse und Strukturen werden definiert, erste Prototypen erleichtern die Validierung des Designs. In der Realisierungsphase wird das Detail-Design umgesetzt und technische Komponenten/Systeme getestet. Parallel dazu wird in dieser Phase die Einführung vorbereitet. Spätestens in der Realisierungsphase stehen funktionale Prototypen
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zur Verfügung, neue Prozesse und Strukturen werden eingeführt. Sinnvollerweise findet hier der Übergang zur Phase IV (Verstetigung) des Wandeldesigns statt. In der sechsten Phase (Einführung) wird die neue Plattform, bzw. der «Anschluss» an den elektronischen Markt, in Betrieb genommen. Das Wandeldesign geht nach der Einführungsphase von der Verstetigung in die Phase der Konsolidierung über. Die Phasen des Wandeldesigns überdauern normalerweise die Phase des Strukturdesigns bei weitem. Ausgehend von obigem Schema lassen sich relativ einfach die einzelnen Aktionen definieren. Dabei wird auch gleich die Grösse der Aufgabe klar: Durch Formulierung von Aktionspunkten von der Art «Kundenanforderungen pro Markt klären» oder «Elektronische Produktkataloge aufbauen» können leicht 60 Aktionspunkte definiert werden.
7 Forbo im Jahr 2002 Wie bereits in der Einleitung angekündigt, haben die Verfasser heute, zwei Jahre nach Verfassung der Arbeit, wiederum Kontakt zu der BU CV aufgenommen. Es galt herauszufinden, was in der Zwischenzeit passiert ist und welche Anregungen aus der Arbeit des Jahres 2000 in das Geschäft eingeflossen sind.
7.1 Entwicklung des Cushion Vinyl Marktes seit 2000 Der Cushion Vinyl Markt war in den letzten zwei Jahren unverändert von schwierigen Bedingungen bestimmt und litt unter Überkapazitäten sowie Preisdruck. Hinzu kam der ausgeprägte Wettbewerb mit laminierten Bodenbelägen. Preiszugeständnisse im undifferenzierten Volumengeschäft und ein gesunkenes Image von Kunststoffbelägen waren die Folge. Weltweite Überkapazitäten führten im Jahr 2001 zu einem massiven Preiszerfall. Das anhaltend schwierige Marktumfeld führte im Massengeschäft – insbesondere im unteren Preissegment in Westeuropa – zu einer unbefriedigenden Ergebnisentwicklung. Im höherpreisigen Segment konnten jedoch verbesserte Umsätze und Erträge erzielt werden.
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2000 Volumen total
Volumen Westeuropa
2001 Volumen Osteuropa/Asien
Abbildung 11: Entwicklung Cushion Vinyl Absatz der Forbo Die Markenprodukte Novilon/Novilux konnten sich diesem Trend jedoch erfolgreich entziehen. Osteuropa wurde zu einem Wachstumsmarkt und die Umsätze in diesem Markt konnten in den Jahren 2000 und 2001 um je rund einen Drittel gesteigert werden (vgl. Abbildung 11, Kapitel 3.1.1). Das Volumen mit Kunsthoffbodenbelägen für den Bereich Commercial (Geschäftshäuser, öffentliche Gebäude, Grossprojekte) war in Westeuropa rückläufig, wurde aber durch das Wachstum in Osteuropa und China mehr als kompensiert. Insgesamt war im Jahr 2001 ein Volumenzuwachs von 9% zu verzeichnen.
7.2 Informationstechnologie Eine der Zielsetzungen des Forbo Konzerns für das Jahr 2001 war die Einführung von SAP im Bereich Bodenbeläge. Für das Jahr 2002 ist die Einführung von SAP im ganzen Konzern geplant. Forbo Novilon wird gemeinsam mit Forbo Krommenie die Module Supply Chain Management, Financials und Supplier Relationship Management per Mitte 2002 in Betrieb nehmen. Damit werden die Möglichkeiten der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien in Zukunft - im Verbund mit den anderen Geschäftsbereichen des Konzerns - genutzt werden können (vgl. Kapitel 5). In den Jahren 2000 und 2001 wurden die Computernetzwerke im Konzern verbunden, was die Zusammenarbeit zwischen den Produktions- und Verkaufsorganisationen innerhalb des Konzerns positiv beeinflusst hat. Eine neue elektronische Plattform auf www.novilon.nl für Grosshändler (Extranet) ist bereits weit fortgeschritten und kann nächstens benutzt werden.
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Abbildung 12: Startseite von archidea.com Der bestehende Brand von „Archidea“ (vgl. Kapitel 5.1.1) wurde zwischenzeitlich als Portal für Linoleum übernommen – allerdings bestehen auf diesem Portal keinerlei Hinweise oder Links auf die Kunststoffbodenläge.
7.3 Neue Produktionsanlage Die neue Produktionsanlage in Coevorden ist nach wie vor konkurrenzlos. Mit den darauf hergestellten Kunststoffbodenbelägen – bis zu einer Breite von vier Metern – geniesst Forbo vor allem im Objektgeschäft einen grossen Wettbewerbsvorteil. Technologisch bedingt sind diese Beläge widerstandsfähiger und von höherer Qualität als herkömmliche Kunststoffbodenbeläge, was in hervorragenden Gebrauchseigenschaften und einer längeren Lebensdauer zum Ausdruck kommt. Die technologische Entwicklung der digitalen Drucktechnik auf der neuen Anlage ist in den letzten zwei Jahren weiter fortgeschritten, jedoch heute noch nicht anwendbar, da nicht mehr als zwei Laufmeter pro Minute bedruckt werden können. Um hier tatsächlich einen optimalen Nutzen erwirtschaften zu können, bedarf es eines weiteren Entwicklungsschrittes.
7.4 Schlussbetrachtung Die Unternehmensführung in rezessiven Zeiten ist eine andere als in Wachstumsphasen. Ein Unternehmen unter diesen schwierigeren Bedingungen zu führen ist eine grosse Herausforderung. Ein prall gefüllter Rucksack mit Theorien und Kon-
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zepten genügt nicht. Es sind elementare Regeln der Unternehmensführung gefragt. Eine dieser Regeln ist die Voraussicht, sie ist wahrscheinlich eine der schwierigsten. Es gilt die Lage des eigenen Unternehmens und seiner Märkte wirklich zu kennen, daraus gültige Szenarien für die Zukunft abzuleiten und nebst den lauernden Gefahren auch die Chancen zu erkennen. In den letzten zwei Jahren haben sich nur schon zwei wesentliche Faktoren - die Absatzmärkte für Cushion Vinyl und die Situation auf den elektronischen Marktplätzen - massiv verändert. Die letzten zwei Jahre haben vielerorts zu der Erkenntnis geführt, dass neben Voraussicht auch immer etwas Vorsicht angebracht ist. B2B Marktplätze müssen beweisen, dass sie einen wirtschaftlichen Wert schaffen. Ohne Aussicht auf hohe Transaktionsvolumen, bzw. einen gut gesicherten Business-Case, sollten nicht blindlings riesige Investitionen getätigt werden. Anbieter und Nachfrager müssen bereit sein, Schritt für Schritt in die Integration ihrer Systeme und Prozessanpassungen zu investieren. Jedes Unternehmen für sich muss zudem die internen und externen Faktoren (vgl. Kapitel 3.1) laufend im Gleichgewicht halten. Aus dem Ausblick im Geschäftsbericht 2001 wird ersichtlich, dass die Forbo laufend in neue Technologien investiert und damit die Voraussetzungen für den elektronischen Markt schafft. Die in der Diplomarbeit modellhaft aufgezeigten Überlegungen waren dabei von Nutzen, dies bestätigten die Gespräche mit dem Management der BU CV im April 2002. Die Umsetzung wird aber mit Sicherheit mehr Zeit in Anspruch nehmen, als zu Beginn des Jahres 2000 angenommen wurde.
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Thomas Kocherhans, Kurt Meyer, Rosmarie Widmer Gysel
8 Literatur [Duck 2001] Duck, J. D.: The change monster: the human forces that fuel or foil corporate transformation and change, Crown Business, New York, 2001, S. 15f.. [Forbo 1999] Forbo: Group Conference 1999, Präsentation gehalten von W. Kummer am 17.6.1999. [Gomez 1999] Gomez, P.: Referat im Rahmen MBE HSG: Das VIP-Konzept der ganzheitlichen Unternehmensführung: Von der Vision zur Prozessorganisation, IfB HSG, 1999. [KPMG 2000] KPMG: Traction, Internal Methodology Guide, Montvale, 2000. [KPMG 2001] KPMG: Interne Studie der KPMG Consulting, in: Competence Center Beschaffung von KPMG, Jahrbuch der Beschaffung 2001, Einkauf zwischen Vision und Realität, Verlag für Wirtschaftskommunikation, 2001. [Lindemann/Schmid 1999] Lindemann, M. A.; Schmid, B. F.: Elements of a Reference Model Electronic Markets, Proceedings of the 31st Annual Hawaii International Conference on Systems Science HICSS 1998, Vol. IV, pp. 193-201, Hawaii, January 6-9 1998, 01/98, URL: http://www.businessmedia.org/netacademy/publications.nsf/all_pk/466, (gefunden am 3.12.1999). [Müller-Stewens 1999] Müller-Stewens, G.: Referat im Rahmen MBE HSG: Wandel verstehen und gestalten, IfB HSG, 1999. [Österle 1995] Österle, H.: Business Engineering, Prozess- und Systementwicklung, Band 1: Entwurfstechniken, Springer, Berlin, 1995. [Österle 2000] Österle, H.: Geschäftsmodell des Informationszeitalters, in: Österle, H. (Hrsg.); Winter, R. (Hrsg.): Business Engineering: auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer, Berlin, 2000, S. 35f.. [Palvia/Lemuri 1999] Palvia, S. C.; Lemuri, V. K.: Distribution Channels in Electronic Markets: A functional Analysis of the ‘Disintermediation’ Hypothesis, in: Schmid B. F. (Editor); Klein, S.; Seinfeld, C.; Selz D. (Editor); Buchet, B.: EM – Electronic Commerce in the Americas & Local versus Global Electronic Commerce, EM – Electronic Markets, Vol. 9, No. 2, 02/99, URL: http://www.businessmedia.org/netacademy/publications.nsf/all_pk/1345, (gefunden am 3.12.1999). [Saunders 1999] Saunders, R.: Business the amazon.com Way, Secrets of the World's Most Astonishing Web Business, Capstone Publishing, Oxford, 1999.
Der Industriekonzern im Informationszeitalter
305
[Schmid 1999] Schmid, B. F.: Elektronische Märkte - Merkmale, Organisation und Potentiale, in: Hermanns, A.; Sauter, M.: Management-Handbuch Electronic Commerce: Grundlagen, Strategien, Praxisbeispiele, Vahlen, München, 1999, S.31-48.
Ein Orientierungsrahmen zur Erfassung der Fitness von Human Resources Bereichen Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti
1 2
3
4 5
Grundidee....................................................................................................308 Vorgehensweise und zentrale Ergebnisse ...................................................308 2.1 Strategie..............................................................................................309 2.2 Prozesse..............................................................................................311 2.3 System ................................................................................................313 2.4 Transformation ...................................................................................315 Orientierungsrahmen und Tool ...................................................................317 3.1 Orientierungsrahmen ..........................................................................317 3.2 Tool ....................................................................................................319 3.3 Fragenkatalog .....................................................................................319 Fazit ............................................................................................................319 Literatur ......................................................................................................321
308
Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti
1 Grundidee Welche Fragen muss man stellen, wenn man die Fitness des Human Ressources (HR) Bereichs eines Unternehmens überprüfen will? Und woran soll sich eine Geschäftsleitung orientieren, wenn sie ihren Personalbereich neu ausrichten will? Die Beantwortung dieser Fragen - welche im personalwirtschaftlichen Umfeld bis dato mehrheitlich offen sind und einer Klärung harren – waren Motivation und Inhalt einer Diplomarbeit, die im Rahmen des Executive Master of Business Engineering (EMBE HSG) Nachdiplomstudienganges 2001/2002 der Universität St. Gallen verfasst wurde. Das zentrale Ergebnis dieser Arbeit ist ein Orientierungsrahmen, an welchem der aktuelle Zustand eines HR Bereichs und die Entwicklungsmöglichkeiten desselben aufgezeigt werden können. Zur Arbeit gehört auch ein webbasiertes Tool (http://www.be4hr.com), welches insbesondere Geschäftsleitungen erlaubt, eine Einschätzung der Fitness ihres HR Bereichs zu erhalten und damit Grundlagen für die Weiterentwicklung ihres HR Bereichs zu erstellen.
2 Vorgehensweise und zentrale Ergebnisse Der theoretische Rahmen zur Entwicklung dieses Orientierungsrahmens wird von der BE-Map aufgespannt. Unternehmen sollten – gemäss der Business Engineering Vision - in gleichwertiger Betrachtung der Dimensionen Strategie, Prozesse und Systeme verstanden und mittels bewusst angewendeter Transformationsmethodik, bei welcher auch kulturelle Einflüsse mitberücksichtigt werden, gestaltet werden. Was für Unternehmen gilt, kann auch für untergeordnete Organisationseinheiten gelten: So fragte die Arbeit, welche Konsequenzen die Anwendung der Business Engineering (BE) Map auf einen HR Bereich hat. Ausgehend von theoretischen Überlegungen zu den Blöcken Strategie, Prozesse, Systeme und Transformation werden die jeweils relevanten Orientierungspunkte für HR Bereiche herausschält. Oder in anderen Worten: Aus einer Betrachtung der Meta-Ebenen Strategie, Prozesse, Systeme und Transformation werden die konkreten Konsequenzen für die HR Strategie, HR Prozesse, HR Systeme und HR Aufgaben im Bereich Transformation abgeleitet.
Erfassung der Fitness von Human Resources Bereichen
309
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit Dieser Zugang führt insofern zu einer ganz anderen Sicht auf das HR Management (HRM), da in der HR Literatur in der Regel nicht die Aufgaben des HR Bereichs, sondern die HR Aufgaben der Linie im Vordergrund stehen.
2.1
Strategie
Eine Herausforderung im Umgang mit strategischen Überlegungen im HR Bereich stellt sich schon in der Eingrenzung des Begriffs Strategie. Ein erster Fokus auf HR-relevante Anforderungen der Aussenwelt eines Unternehmens zeigt, dass Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler immer wieder vier Trends ausweisen, auf die ein HR Bereich besonders reagieren muss. Es sind dies: Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologie, langfristig von qualitativen Ungleichgewichten geprägte Arbeitsmärkte, Änderungen in gesetzlichen Regelungen, sowie gesellschaftlicher Wertewandel. Weiter stellt sich die Frage, wie sich Werte und Grundannahmen in HR Instrumenten und Prozessen, aber auch in der Personalpolitik niederschlagen. Zu den theoriegeleiteten strategischen Betrachtungen gehören die Entwicklung einer Produkt/Marktkonzeption, die auch auf Kundensegmente des HR Bereichs eingeht, sowie mit Ansätzen zur internen Positionierung und Wertschöpfungstransparenz des HR Bereichs. Als Konsequenz aus diesen strategischen Überlegungen ergibt sich ein Horizont an Leistungen, die ein HR Bereich erbringen muss: 1. strategisch relevante Fähigkeiten und Verhaltensweisen zur Erreichung angestrebter Arbeitsleistungen 2. sowie optimale Arbeitskontexte
310
Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti
bereitzustellen, zu nutzen, zu sichern und weiterzuentwickeln. Er kann dies tun indem er Dienstleistungen im Sinne einer Bereitstellung von Prozessen und Instrumenten, Beratung und die Erstellung Einzelfall-spezifischer Lösungen anbietet. Der HR Bereich wird immer auch eine Aufgabe in der Repräsentation des Unternehmens nach aussen haben, und er wird schliesslich angehalten sein, die Personaladministration im Hintergrund einfach und seine eigene Organisation effizient und effektiv zu gestalten. Eine niedergeschriebene HR Strategie in einem Unternehmen sollte Aussagen über erwartete Veränderungen der Aussenwelt und Implikationen der Business Strategie auf das HRM insgesamt aufzeigen. Eine HR Strategie sollte weiter Auskunft geben über die Ausgestaltung der Erhaltung und Entwicklung von Kernkompetenzen und Fähigkeiten des Unternehmens, über gewählte Ansätze zur Gestaltung der Unternehmenskultur, über Zielgruppen des HR Bereichs und dessen Positionierung und Rolle im Unternehmen sowie zur Ausgestaltung der Wertschöpfung durch den HR Bereich. Diese Vorgaben lassen sich noch weiter in Gruppen von Aufgaben und einzelne Aufgaben weiterentwickeln, die ein HR Bereich zu leisten hat. Ein HR Strategiepapier sollte mindestens die Art und Weise, wie die nachfolgenden Aufgaben in Zukunft gemeistert werden, kurz umreissen: Planungs- und Führungsaufgaben • Strategische Personal- und Fähigkeitsplanung: mittels strategischer Personalund Fähigkeitsplanung sollen Geschäfts-Strategien in (technische und sozial/methodische, individuelle und kollektive) Fähigkeiten übersetzt werden können (qualitativ und quantitativ). Dazu zählt auch die Art und Weise der Bereitstellung von Massnahmen, die es den Mitarbeitern erlauben, Fähigkeiten zu erlangen bzw. weiterzuentwickeln. • Personalcontrolling und Benchmarking: Personalcontrolling und Benchmarking-Leistungen des HR Bereichs sollen zur transparenten Gestaltung des HR Einsatzes beitragen. Leistungserstellungsaufgaben • Personalgewinnung: Ein HR Bereich muss klare Aussagen darüber machen können, wie er fehlende interne Fähigkeiten zur zukünftigen Strategieumsetzung dem Unternehmen mittels Personalgewinnungsmassnahmen und –prozessen zuführen will. • Performance Management: Ein HR Bereich muss durch strategiegesteuerte individuelle Zielvereinbarungs- und Fähigkeitseinschätzungsprozesse sicherstellen, dass Mitarbeitenden zukünftig zu erbringende Arbeitsleistungen optimal erbringen. • Personalentwicklung: durch geeignete Prozesse, Instrumente ist weiter sicherzustellen, dass vorhandene Mitarbeiter die zur Strategieumsetzung notwendigen Fähigkeiten entwickeln und einsetzen können. • Personalerhaltung: Durch ein Bündel von Massnahmen sollte ein HR Bereich darauf hinwirken, dass die Kompetenzträger des Unternehmens beim Unternehmen verbleiben. • Personaltrennung: Schliesslich sollte ein HR Bereich Prozesse anbieten, die es dem Unternehmen erlauben, sich von nicht mehr strategiekonform einsetzbaren
Erfassung der Fitness von Human Resources Bereichen
311
Mitarbeitern - resp. solchen, die das Unternehmen auf eigene Initiative verlassen - auf korrekte Weise zu trennen. Grund- und Unterstützungsaufgaben • Grundlegende Administration (Stammdaten usw.), Organisationsdatenmanagement, Personalabrechnung, Arbeitszeitgestaltung, gesetzliches Meldewesen: • HR Bereichen fällt die Aufgabe zu, HR-Dateninfrastrukturen für alle Personalaufgaben und weitere Funktionen des Unternehmens, die Personaldaten verwenden, aufzubereiten. • Ebenfalls wird ein HR Bereich sicherstellen müssen, dass interne und landesspezifische, gesetzliche oder durch Gesamtarbeitsverträge geregelte Bestimmungen zu Arbeitszeit, Gesundheit und Sicherheit, Lohnzahlung, Datenschutz, Kündigungsfristen usw. eingehalten werden. • Transformations-Support auf Ebene Individuum, Team und Organisation: • Durch die konkrete Ausgestaltung von Persönlichkeitskompetenz- und Fachkompetenzentwicklungsmassnahmen sowie durch den Support informeller Netzwerke sollte ein HR Bereich dazu beitragen, dass Individuen die Möglichkeit haben sich auch individuell zu entwickeln. • HR Bereichen fällt auch Aufgabe zu, die Formulierung und Implementierung von Führungsgrundsätzen, Führungsentwicklungsprogrammen resp. durch Teamcoaching die Entwicklung von Teams unterstützen. • Schliesslich ergibt sich aus allen strategie-geleiteten Betrachtungen für einen HR Bereich die Aufgabe, durch HR Kommunikation, Projektmanagementsupport, bewusste Arbeitsumfeldgestaltung, Prozessgestaltung in Wandelphasen, Sinn- und Wertvermittlung und durch das Ausarbeiten von Sozialplänen die Transformation der Gesamtorganisation unterstützen. • HR Marketing: HR Bereiche werden zudem das Unternehmen auf dem internen und externen Arbeitsmarkt mittels Personalmarketing und Netzwerkpflege so mitpositionieren müssen, dass es die Träger der gesuchten Fähigkeiten anzieht. Schliesslich sind HR Bereiche angehalten, • ihre interne Organisation durch kontinuierliches Prozessmanagement und durch eine HR zielgruppen- und HR dienstleistungsorientierte Aufbauorganisation effizient und effektiv zu gestalten. • professionelle HR Arbeit durch das Vorhandensein entsprechender Fähigkeiten im HR Bereich selbst abzusichern.
2.2
Prozesse
Diese HR-strategischen Überlegungen beeinflussen die Ausgestaltung der HR Prozesse - einteilbar in Planungs- und Führungsprozesse, Leistungsprozesse und Unterstützungsprozesse. Eine Darstellung in Form einer Porterschen Wertschöpfungskette zeigt folgende HR Prozesslandschaft:
Organisationale Kompetenz
Administrative Unterstützungprozesse
Individuelle Leistung
Personaltrennung
Personalerhaltung
Personalentwicklung
Performance Management
Personalgewinnung
Strategische Personal-/ Fähigkeitsplanung
Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti
Geschäfts -/HR Strategie
312
Personalcontrolling / Benchmarking Personalmarketing
Abbildung 2: Wertschöpfungskette / Prozesslandschaft des HR Bereichs Anforderungen an Prozessentwicklung, Prozessbeschreibung und –darstellung, Prozessführung, -integration, -taktung und an eine prozessorientierte Aufbauorganisation bilden dann die Eckpunkte der detaillierten Beschreibung eines jeden einzelnen Prozesses [vgl. Österle/Winter 2000] Nachfolgend nähere Erläuterungen am Beispiel der Personalgewinnung. Hier werden dem Unternehmen die fehlenden Fähigkeiten, welche es zur Strategieumsetzung braucht, zugeführt. Die Personalgewinnung verfolgt das Ziel, eine Position mit einem Kandidaten zu besetzen, welcher das Anforderungsprofil möglichst ideal erfüllt. Es geht also darum, eine personelle Unterdeckung zu beseitigen und die für die betriebliche Leistungserstellung erforderlichen Human Ressourcen in qualitativer, quantitativer, örtlicher und zeitlicher Hinsicht bereitzustellen. Dies kann mit folgender Darstellung abgebildet werden.
Erfassung der Fitness von Human Resources Bereichen
Vorgesetzter
Anforderungsprofil definieren
313
PersonalPersonalverantwortliche verantwortliche PersonalPersonalverantwortliche verantwortliche & Vorgesetzter & Vorgesetzter
Interne & Externe Werbung
Vorselektion
Selektion
Entscheidung
Anstellung
Probezeit
bei Ablehnung
Abbildung 3: Personalgewinnungsprozess Der Personalgewinnungsprozess ist abgeschlossen mit dem Ende der Probe- oder Einführungszeit. Damit ist auch gleich definiert, dass die Einführung auf eine neue Stelle durchaus noch zur kritischen Phase der Personalgewinnung gehört und entsprechend – von Linie und HR Bereich – mitgestaltet werden muss. Es hat sich dabei gezeigt, dass HR Bereiche geradezu vorzügliche Objekte für die Anwendung prozessorientierter Vorgehensweisen sind, ist doch ein Grossteil der Arbeit in standardisierbaren Prozessen abwickelbar. In der Praxis ist denn auch ein Paradigmenwechsel im Organisationsverständnis des HR Bereichs hin zu ablauforientierten Organisationsansätzen auf der Grundlage von Geschäftsprozessmodellen mit klaren Prozessverantwortlichkeiten festzustellen. Dieses prozessorientierte Denken bietet neben dem direkten Nutzen in der operativen Abwicklung von alltäglichen Aufgaben zahlreiche Hinweise auf eine optimale Gestaltung der Aufbauorganisation.
2.3
System
Prozesse wiederum finden in Systemen ihren ordnenden Rahmen. So beschreibt dieses Kapitel, welche Systemanforderungen aus den vorhergehenden strategischen und prozessualen Überlegungen abzuleiten sind. Diese Systemanforderungen werden dabei grossmehrheitlich auf IT Systeme fokussiert. Die prozessualen Vorgaben für ein zeitgemässes HR System sind mit der Einteilung der Prozesse in Leistungsprozesse, Planungs- und Führungsprozesse und Unterstützungsprozesse grundsätzlich gegeben und wie folgt umgesetzt: Unter Grunddienstleistungsfunktionen werden administrative Prozesse wie die Stammdaten-Administration, Lohnbestimmung, Arbeitsplatzbewertung, Personalabrechnung, Gesetzliches Meldewesen und weiteres verstanden. Unterstützungsprozesse umfassen das Veranstaltungsmanagement, Organisationsmanagement, Skills-Management sowie die Zeitwirtschaft. Auf Systemen zu implementierende Leistungsfunktionen müssen die Prozesse Personalgewinnung, Performance-Management, Personalentwicklung und Total Reward-Konzepte unterstützen.
314
Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti
Im Bereich der Planungs- und Führungsfunktionen sind die strategische Personal- und Fähigkeitsplanung, Personalcontrollinganforderungen sowie Benchmarkingfunktionen zu implementieren. Diese Anforderungen fordern Reportingfunktionen resp. Datawarehouse-Funktionalitäten auf Personalsystemen. Führen Unternehmen Balanced Scorecard Konzepte zur Steuerung und Überprüfung der Strategieumsetzung, ergeben sich auch hieraus Systemanforderungen an ein Personalinformationssystem. Die Anwendung von Internet Protocol - basierter Technologie zur Neugestaltung von Prozessen und zur Einbindung von anderen Akteuren in die Funktionalitäten eines HR Systems hat in den vergangenen Jahren die einstmals gesetzten Systemgrenzen gesprengt und Schnittstellen von HR Systemen viel weiter in die Welt hinein reichen lassen, als dies früher denkbar war. Diese zukunftsorientierten Funktionen haben die HR Arbeit stark beeinflusst und verändert, teilweise sogar revolutioniert. Mittels e-HR Konzeptionen soll der grosse Anteil an administrativem Aufwand reduziert werden und mehr Platz für die strategisch relevanten Tätigkeiten geschaffen werden:
Abbildung 4: Verlagerung der HR Tätigkeiten vom Administrations- in den Strategiebereich [vgl. Hennekeuser 2001] Obenstehende Abbildung zeigt sicherlich eine Wunschvorstellung von Systemanbietern. Realistischerweise wird man in der Zukunft von je einem Drittel für Strategie, Service und Administration ausgehen, da letztere trotz der Hilfe von Systemen nicht im erwünschten Masse reduziert werden kann und es sich dabei in den Köpfen vieler immer noch um eine personalwirtschaftliche Kernkompetenz
Erfassung der Fitness von Human Resources Bereichen
315
handelt. Genau umgekehrt sieht es bei der Strategie aus, hier scheuen sich immer noch viele dieses Thema konsequent anzugehen. Die Potentiale für Strategie und Dienstleistung sollen durch HR Informationssysteme geschaffen werden, die einen grossen Teil der Administration erledigen resp. direkt zum Mitarbeiter oder zur Führungskraft verlagern. Weitere Möglichkeiten zur Verringerung des administrativen Aufwands ergeben sich durch den Einsatz von Shared Services und Outsourcing Lösungen. Dieser Aspekt kann noch durch den Einsatz von Portaltechnologie verstärkt werden, kommen doch den e-HR Konzeptionen besondere Bedeutung zu. Portaltechnologien ermöglichen den Mitarbeitern eines Unternehmens den gebündelten, personalisierten und webbasierten Zugriff auf interne und externe HR Systeme und Dienstleistungen.
E-HR B2A Business to Applicant
B2E Business to Employee
• E-Cruiting (extern)
• E-Ministration (ESS) • E-Cruiting (intern) • E-Learning • E-Counselling • Managerportale
B2B Business to Business • HR Professional Portal • E-Personalmanagement • Application Service Provider (ASP)
Abbildung 5: Aufteilung von e-HR in Unterbereiche Innerhalb der Portale kann wiederum nach verschiedenen Zielgruppen und Prozessfunktionen unterschieden werden. Wobei die Unterscheidung nach Zielgruppen nach einem auf dem HR System zu implementierenden Rollenkonzept verlangt, in welchem die verschiedenen Zugriffsmöglichkeiten der einzelnen User definiert werden. Obenstehende Abbildung gibt Auskunft über eine sinnvolle Unterteilung verschiedener (Teil-)Portale einer e-HR Konzeption. [vgl. Jäger 2001]
2.4
Transformation
Nicht alle Aufgaben eines HR Bereichs lassen sich in Form oben der beschriebenen standardisierbaren Prozesse und mittels Systemunterstützung abwickeln: Die Transformation eines Unternehmens führt zu Support- und Beratungsaufgaben für den HR Bereich, die sehr kontextspezifisch im Sinne von Einzellösungen ausgestaltet werden müssen. So wird im Kapitel Transformation gefragt, welche Rolle ein HR Bereich bei der Transformation eines Unternehmens übernehmen soll. Die Vielfalt der wissenschaftlichen Ansätze zur Transformationsgestaltung erwies sich dabei als besonde-
316
Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti
re Herausforderung. Der Mehrebenen-Ansatz sozialer Systeme von [Tschan 1990, S. 41 ff.] hat sich schliesslich als besonders zielführend herausgestellt. Der Ansatz geht zunächst davon aus, dass soziale Systeme über mehrere Ebenen des Systems (Individuum bis Gesellschaft) interagieren und sich in dieser Verflechtung der Ebenen selbst steuern und weiterentwickeln.
Abbildung 6: Eine Klassifikation sozialer Systeme [vgl. Tschan 1990] Die Aufteilung auf mehrere Ebenen erweist sich als ideal für die Beschreibung der Transformationsupport-Aufgaben eines HR Bereichs. • Transformationsunterstützungs-Anforderungen auf Ebene Individuum schlagen sich im HR Management in Konzepten zur Persönlichkeitskompetenzentwicklung und Fachkompetenzentwicklung nieder. Zudem können und sollten HR
Erfassung der Fitness von Human Resources Bereichen
317
Bereiche als Kompetente Partner bei Fragen des Supports informeller Netzwerke auftreten. • Auf Ebene Team fällt HR Bereichen mindestens eine moderierende Rolle bei der Entwicklung von Führungsgrundsätzen sowie eine umsetzende Rolle in der Führungsentwicklung zu. • Auf der Ebene der Gesamt-Organisation fallen für den HR Bereich generelle Aufgaben der HR Kommunikation an, das konsequente Weiterdenken der strategischen Anforderungen zeigt aber auch, dass ein Unternehmen von seinem HR Bereich Support bei seinen Projektmanagement-Aktivitäten erwarten sollte. HR Bereiche müssen Kompetenzzentren in der Wandelgestaltung (Prozessgestaltung, Sinn- und Wertgestaltung) werden, und ihnen fällt die Aufgabe zu, insbesondere in Wandelsituationen mittels Sozialplänen.
3 Orientierungsrahmen und Tool 3.1
Orientierungsrahmen
Die nachstehende Abbildung gibt Auskunft über den Aufbau der Arbeit und stellt gleichzeitig den Orientierungsrahmen dar, der die Grundlage für die Fragen des Tools bilden, mit welchem sich die Fitness des HR-Bereichs messen lassen kann. Er beinhaltet demnach die Werte, nach denen gesucht werden soll.
318
Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti
Abbildung 7: Orientierungsrahmen
Erfassung der Fitness von Human Resources Bereichen
3.2
319
Tool
Entlang von 18 Fragen, welche aus dem Orientierungsrahmen abgeleitet sind, lässt sich eine Erfassung der Fitness von HR Bereichen durchführen. Das zentrale Ergebnis dieser Arbeit ist ein webbasiertes Tool (vgl. http://www.be4hr.com), welches insbesondere Geschäftsleitungen erlaubt, eine Einschätzung der Fitness ihres HR Bereichs zu erhalten und damit Grundlagen für Diskussionen rund um die Weiterentwicklung ihres HR Bereichs zu erstellen Die Fragen sind entlang der BE Map aufgeteilt und werden zum Schluss durch zwei allgemeine abschliessende Fragen ergänzt. Ergänzungen durch einen einleitenden Block, der gewisse Merkmale der Beantworter erfasst, und nach welchen später ausgewertet werden soll, sind unternehmensspezifisch zu gestalten und vorzubereiten. Der Fragebogen soll zwar im speziellen einer Geschäftleitung dienen, ist aber bewusst so konzipiert, dass ein viel breiteres Publikum – z.B. alle Führungskräfte – daran teilnehmen können, um ein breiter abgestütztes Bild zu erhalten.
3.3
Fragenkatalog
Der Fragenkatalog umfasst demnach Fragen zur a) HR Strategie b) HR Prozessen c) HR Systemen d) HR Transformation e) Abschliessende Fragen Dieser Fragekatalog ist auch über ein Webtool (auf www.be4hr.com) aufrufbar, welches die automatische Konsolidierung aller Antworten ermöglicht. Auf dieser Internetseite befinden sich zudem weitere Angaben zur gesamten Arbeit und weitere interessante Aspekte rund um den Bereich Personalwirtschaft.
4 Fazit Kaum ein Geschäftsbericht heute, der den erfolgsentscheidenden Beitrag der Mitarbeiter nicht betonte; kaum ein Unternehmen, das sich nicht Gedanken darüber machen würde, wie es sich im war for talents positioniert Und kaum ein Geschäftsführer, der sich nicht regelmässig in Interviews oder sogar in eigenen Publikationen öffentlich über seine Führungsgrundsätze und HRM Konzepte äusserte. Der Umgang mit den Human Ressourcen im Unternehmen wird in der Praxis in vielfacher Hinsicht thematisiert, beschrieben, in Frage gestellt, neu- und wiedererfunden. Der Weg von der Erkenntnis der Relevanz von HRM bis hin zur Umsetzung in den Unternehmensalltag allerdings bleibt weit. Wo auf dem Niveau einfa-
320
Maria Märchy, Hans-Ulrich Schär, Stefan Zanetti
cher, allgemeingültiger Formeln wie der Relevanz der Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg noch Einigkeit herrscht, löst Ratlosigkeit dieselbe ab, wenn es um die Realisierung entsprechender Vorhaben geht - umso unangenehmer, als die Human Ressourcen in den meisten Unternehmen zum grössten Kostenfaktor avanciert sind. Die neuerliche Präsenz aller grossen Consulting-Unternehmen im HRM Consulting ist ein weiterer Hinweis sowohl auf die Aktualität des Themas als auch auf die Unbeholfenheit der Unternehmen selbst bei der Implementierung entsprechender Konzepte. Aus Sicht der Praxis ist die Lücke zwischen Angestrebtem und Erreichtem also gross und wahrscheinlich trotzdem schliessbar. Der Bedarf für wissenschaftlich fundierte und trotzdem praxisorientierte HRM Ansätze ist folglich gegeben. Die Diplomarbeit, welche hier auf ein wesentliches Minimum reduziert wurde, trägt dabei mit Ihrer Methode und Ihrem Toll zur Lösung der aktuellen Herausforderungen in der Personalwirtschaft bei.
Erfassung der Fitness von Human Resources Bereichen
321
5 Literatur [Hennekeuser 2001] Hennekeuser, J.: Pesonalmanagement in der New Economy, in: E-HR Personalarbeit, Special IBM, 2001. [Jäger 2001] Jäger, W: E-Business im Personalmanagement, in: Personalwirtschaft, Heft 9, 2001. [Österle/Winter 2000] Österle, H.; Winter, R.: Business Engineering, Springer, Berlin/Heidelberg, 2000. [Tschan 1990] Tschan, F.: Zielgerichtetes Verhalten sozialer Systeme als mehrstufiger Prozess, in: Boss, M. (Hrsg.) Vom Umgang mit Komplexität in Organisationen, Konstanz, 1990.
Technische Innovationen als Enabler neuer Geschäftsmodelle im Immobilienmanagement Peter Staub, Martin Zeder
1
2
3
4
5 6
Einleitung....................................................................................................324 1.1 Ausgangslage......................................................................................324 1.2 Ziele....................................................................................................326 1.3 Forschungsfrage und -ansatz ..............................................................327 Betriebswirtschaftliche und informationstechnische Grundlagen des Immobilienmanagements......................................................................328 2.1 Betriebswirtschaftliche Aspekte .........................................................328 2.2 Neue Technologien.............................................................................331 Geschäftsmodell für das Facility Management...........................................332 3.1 Anforderungen und Zielsetzungen .....................................................332 3.2 Geschäftsebene ...................................................................................333 3.3 Prozessebene ......................................................................................339 3.4 Software- und Applikationsebene ......................................................344 Case „smart place“......................................................................................350 4.1 Anwendung des Geschäftsmodelles im Case „smart place”...............350 4.2 Wirtschaftlichkeit und Potenzial im Case „smart place“ ....................353 4.3 Fazit für den Case „smart place“ ........................................................354 Ergebnisse...................................................................................................355 Literatur ......................................................................................................357
324
Peter Staub, Martin Zeder
1 Einleitung 1.1 Ausgangslage Der Immobilienmarkt befindet sich aus verschiedenen Gründen seit Beginn der 90er-Jahre in einem starken Wandel. Generell ist ein Trend zur Professionalisierung im Immobilienmanagement feststellbar [vgl. Staub 2001a], was sich an verschiedenen Merkmalen äussert. Eigentümer von Liegenschaften haben das zusätzliche Potenzial ihres Investments erkannt, Benutzer betrachten Immobilien nicht mehr nur als reine Kostenfaktoren und Betreiber bieten ihre Dienstleistungen kunden- und bedarfsgerecht an. Entsprechend diesen Interessengruppen kann der Prozess des Immobilienmanagements in die beiden Teilprozesse Portfoliomanagement (PFM) und Facility Management (FM) aufgeteilt werden.
Abbildung 1: Immobilienmanagement als Lenkungsfunktion im Lebenszyklus eines Bauwerks FM und PFM haben als Lenkungsprozesse im Lebenszyklus einer Immobilie den Zweck, sämtliche operativen Prozesse von der Beschaffung des Bauwerks durch Bau, Kauf oder Miete über die Bewirtschaftungsphase mit Betrieb und Instandhaltung, Verwaltung und Diensten bis zur Rückgabe durch Rückbau, Verkauf oder Kündigung optimal hinsichtlich der Interessen von Eigentümer, Benutzer und Dienstleister zu koordinieren. Für den Eigentümer mit dem Fokus der Werterhaltung und –steigerung eines Immobilienportfolios ist Portfolio Management ein Instrument zur nachhaltigen Steuerung seines Anlagevermögens. In vielen Unternehmungen sind die Aufgaben
Technische Innovationen als Enabler neuer Geschäftsmodelle
325
in Zusammenhang mit der aktiven Lenkung des Immobilienbestandes bis in die 90er-Jahre vernachlässigt worden. Immobilien wurden vor allem als stille Reserven betrachtet. Heute haben alle grösseren Immobilienbesitzer erkannt, dass entsprechende Instrumente aufbereitet und umgesetzt werden müssen. Ein erster grosser, nicht zu unterschätzender Schritt in Richtung der geforderten Transparenz ist in der Regel die Aufbereitung der entsprechenden Grundlagendaten. Der Dienstleister betrachtet FM als Mittel, um die geforderte kundenorientierte und wirtschaftliche Bereitstellung aller Leistungen sicherzustellen. Hier sind verschiedene Trends erkennbar. Einerseits haben viele Unternehmungen ihre internen Organisationen zielgerichteter auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet oder in eigene Organisationseinheiten ausgegliedert. Andererseits sind in den letzten Jahren verschiedene Organisationen, welche gebäude- und benutzerbezogene Dienstleistungen integriert aus einer Hand anbieten, neu entstanden oder haben sich aus bestehenden Unternehmungen entwickelt. Dazu gehören in der Schweiz beispielweise die MIB AG, die m+w Zander, hälg & Co. oder Johnson Controls. Für den Benutzer resp. Mieter bedeutet Facility Management primär die Bereitstellung von auf die Nutzung ausgerichteten Arbeitsplätzen oder Mietflächen und die Steuerung der damit verbundenen Services. Die Erwartungshaltung der Benutzer hat sich in den letzten Jahren diesbezüglich massgeblich verändert. Diese Kunden sind anspruchsvoller geworden und verlangen eine höhere Qualität durch spezifischer auf sie ausgerichtete Leistungsspezifikationen und entsprechende Leistungserbringung. Viele Unternehmungen nehmen heute sowohl die Rolle des Eigentümers, des Benutzers als auch des Dienstleisters wahr. Wenn heute von einer Professionalisierung im Immobilienmarkt gesprochen wird, entspricht dies in erster Linie einer Professionalisierung der Rollen des Eigentümers, des Benutzers und des Dienstleisters. Ob eine Unternehmung jedoch alle drei Rollen wahrnehmen kann, hängt von verschiedensten Faktoren ab, wobei sicher die Grösse der Unternehmen eine zentrale Bedeutung hat. Wenn eine Unternehmung Eigentum an Immobilien haben will, diese selber nutzen und gleichzeitig den Betrieb sicherstellen will, muss sie dies in der auf die Unternehmensstrategie ausgerichteten Immobilienstrategie festlegen. Die gewählte Strategie, z.B. eine verstärkte Konzentration auf die Kernkompetenzen, bestimmt die Ausprägung von Portfolio und Facility Management in den Führungsprozessen der jeweiligen Unternehmungen. Man kann also davon ausgehen, dass im Zusammenhang mit Immobilien im Markt fundamentale Veränderungen und eine Abkehr von der technischen zur betriebswirtschaftlichen Sicht nötig sind, um eine Effizienz- und Effektivitätssteigerung herbeizuführen. Diese müssen jedoch der Immobilität der Objekte Rechnung tragen, denn im Gegensatz zu vielen anderen Gütern sind Bauwerke ortsgebunden. Wie andere Objekte können sie in der virtuellen Welt gehandelt werden, eine Lieferung findet jedoch nicht statt, d.h. im Gegensatz zu mobilen Gütern, welche zum Kunden geliefert werden, kommt bei einer Immobilie ein Kunde immer zum Objekt. Diese nicht vorhandene Mobilität begrenzt die oft erwähnte Globalisierung weniger hinsichtlich der Eigentümerrolle - welche zumindest in der Schweiz höchstens von gesetzlichen Vorschriften beschränkt wird - als bezüglich der Nutzer- und Bewirtschafterrolle.
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Peter Staub, Martin Zeder
Mit der differenzierten Betrachtung der wesentlichen Funktionen im Immobilienwesen ist auch eine Veränderung und Weiterentwicklung der entsprechenden Informationssysteme verbunden. Eigentümer, Bewirtschafter und Benutzer haben zu grossen Teilen einerseits sehr unterschiedliche Anforderungen an Applikationen zur Unterstützung ihrer Prozesse und erfordern bedürfnisgerechte Funktionalitäten. Andererseits ist gerade den rollenübergreifenden Prozessen und Datenbeständen, wie beispielweise im Bereich der Instandhaltung, besondere Beachtung zu schenken. Diesen Anforderungen kommen viele der heute verbreiteten Applikationen nicht nach. Vielmehr ist es eine Tatsache, dass Eigentümer, Bewirtschafter und Benutzer gleiche Datenbestände (z.B. Flächendaten) redundant halten, was zu einer Inkonsistenz führt. Nur diejenigen Applikationen, auch aus dem so genannten Computer Aided Facility Management (CAFM) Bereich, die sich aus der historisch bedingten funktionalen CAD-Sicht lösen und eine betriebswirtschaftliche Sicht abbilden können, haben eine Zukunft. Neueste Technologien werden fundamentale Veränderungen mit sich bringen und ermöglichen, dass Informationen in Zukunft sofort und überall zugänglich sein werden. Neben beispielsweise kontaktlosen Chipkarten, Personal Digital Assistants (PDAs) ist in diesem Bereich dem Ubiquitous1 Computing eine besondere Bedeutung beizumessen. Ubiquitous Computing bedeutet einen Quantensprung, indem sich die Mensch-MaschineKommunikation zur Maschine-Maschine - resp. Ding zu Ding - Kommunikation weiterentwickelt. Dinge können in diesem Zusammenhang beliebige materielle Objekte sein. Dies ermöglicht eine Abkehr vom bisherigen Ansatz, die reale Welt im Computer abzubilden und führt zu einem wirklichen Paradigmenwechsel durch den Einsatz diskreter Technologien in den materiellen Objekten unserer Wahrnehmungswelt. Dieses Potenzial wurde in der Immobilienbranche bisher nur ansatzweise in der Gebäudeleittechnik genutzt.
1.2 Ziele In der Bilanz einer Unternehmung kann der Anteil der Immobilien an den Aktivposten bis zu 18% betragen [vgl. Staudt/Kriegesmann/Thomzik 1999]. Es ist die Pflicht jedes Eigentümers, diese Werte nicht nur zu bewahren, sondern auch zu entwickeln. Neben einem aktiven Portfolio Management gehört dazu auch eine professionelle Organisation der Bewirtschaftung. Zudem betragen die Kosten im Lebenszyklus eines Bauwerks (Life Cycle Costs) ein mehrfaches der ursprünglichen Erstellungskosten. Dies ist Motivation genug, um mit einer ganzheitlichen Sicht diese Werte zu erhalten oder zu steigern und Kosten zu senken. Die grösste Herausforderung bei der feststellbaren Segmentierung der Immobilienbranche in professionellere, sich auf Kernkompetenzen konzentrierende Organisationseinheiten besteht darin, zu verhindern, dass die in der heutigen Situation zweifellos vorhandenen Synergien innerhalb einer Unternehmung oder in einem Unternehmensnetzwerk nicht verloren gehen. In diesem Fall besteht das Risiko, dass der Nutzen einer kompetenteren Leistungserbringung durch Schnittstellen1
Zu Deutsch: ubiquitär resp. allgegenwärtig.
Technische Innovationen als Enabler neuer Geschäftsmodelle
327
probleme und Koordinationsaufwand wieder verloren geht. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Sicherstellung der Informations- und Kommunikationsflüsse durch den Einsatz geeigneter Instrumente [vgl. Fleisch 2001a, S 1]. Neben den auf das Kerngeschäft ausgerichteten Fähigkeiten muss insbesondere die Netzwerkfähigkeit zu einer Kernkompetenz werden. Die Rolle der Unternehmungen in der traditionellen Wertschöpfungskette muss neu evaluiert werden. Neue Vertriebsund Beschaffungswege entstehen, und neue Wettbewerber können vereinfacht in den Markt eindringen. Während die aus den Veränderungen der Branche entstehenden Netzwerke neue Geschäftsmodelle bedingen, wirken die technologischen Innovationen als Enabler solcher Modelle. Im Zentrum dieses Modells stehen dabei konsequent die Kundenprozesse, also alle Aufgaben, welche der Kunde in seinem Kerngeschäft zu erfüllen hat und die untereinander über Daten zusammenhängen [vgl. Österle/Winter 2000, S 24]. Auch im Immobilienmanagement ist es zentral zu wissen, dass Veränderungen im Kundenprozess je länger je mehr durch IT-Innovationen ausgelöst werden, z.B. durch die Verfügbarkeit breitbandiger Kommunikationsnetze, die Digitalisierung der Medien, Connected Smart Appliances2 und Assets oder die Entwicklung neuer Applikationen für das Daten- und Wissensmanagement. Folglich ist auch in der Immobilienbranche eine verstärkte und konsequente Ausrichtung auf die Anforderungen des Markts, die Bedürfnisse der Kunden und die Kernkompetenzen der jeweiligen Organisationen erforderlich.
Abbildung 2: Umständliche Erfüllung der Kundenbedürfnisse
1.3 Forschungsfrage und -ansatz Zusammenfassend soll die Frage beantwortet werden, ob das am Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI) der Universität St. Gallen entwickelte Modell für das Informationszeitalter, das neue St. Galler Unternehmensmodell und das Konzept des Ubiquitous Computing geeignet sind, um ein Branchenmodell für den Immobilienbereich abzuleiten. Massgebliche Treiber sind dabei die Differenzierung der 2
Geräte und Dinge. Für Appliances und Assets wird zukünftig in diesem Bericht der Begriff Connected Smart Objects (CSO) verwendet.
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Rollen von Eigentümer, Benutzer und Bewirtschafter sowie der Bedarf nach schnellerer, zuverlässigerer Bereitstellung von Informationen. Dabei soll weniger auf die Kundengruppe Eigentümer mit der Erwartung der Wertsteigerung einer Immobilie fokussiert werden, sondern auf die Rolle des Benutzers (Fokussierung auf Facility Management). Als Benutzer gelten dabei sowohl der Endkonsument als auch Benutzerorganisationen, welche die Benutzer vertreten3. Ausgehend vom der aktuellen Situation im Immobilienmanagement und unter Berücksichtigung der Problemfelder mit dem grössten Handlungsbedarf, wurden die Einsatzmöglichkeiten neuer Technologien, insbesondere die des Ubiquitous Computing untersucht. Gleichzeitig wurde auf der Basis des erwähnten Business Model of the Information Age (BMIA) ein Modell für die Immobilienbranche abgeleitet. Das Modell sollte insbesondere dem Aspekt des flexiblen Unternehmensnetzwerks Rechnung tragen und zu einer höheren Wertschöpfung im Immobilienmanagement beitragen. Eine höhere Wertschöpfung bedingt auf der einen Seite eine Optimierung der Erträge und auf der anderen Seite eine Reduktion der Kosten. Im Vordergrund stand bei den Betrachtungen weniger die Optimierung der Erträge4, welche primär vom wirtschaftlichen Umfeld und den konjunkturellen Schwankungen abhängig sind. Vielmehr sollte untersucht werden, welches Potenzial neueste Technologien wie beispielsweise das Ubiquitous Computing zur Erneuerung und Optimierung der Prozesse beitragen können. Anhand eines konkreten Beispiels wurden die formulierten Ergebnisse anschliessend verifiziert.
2 Betriebswirtschaftliche und informationstechnische Grundlagen des Immobilienmanagements 2.1 Betriebswirtschaftliche Aspekte 2.1.1 Marktpotential Die Kosten eines Bauwerks werden immer noch hinsichtlich des Bauprojekts optimiert und nicht hinsichtlich der Kosten über den ganzen Lebenszyklus. Zu oft scheuen Bauherren immer noch diesbezügliche Investitionen, die sich aber in sehr kurzer Zeit amortisieren würden, denn die Bewirtschaftungskosten betragen in der Regel ein mehrfaches der ursprünglichen Erstellungskosten. So liegt in der Optimierung der Nahtstelle zwischen Bau- und Bewirtschaftungsprozess immer noch ein erhebliches Potenzial brach. Auch in der Bewirtschaftungsphase, welche geprägt ist von einer fragmentierten, zu wenig koordinierten Erbringungen von Teilleistungen zur Erfüllung der Bedürfnisse von Eigentümern und Benutzern, könnte 3 4
Im BMIA wird in der Regel unter dem Kunden immer der End Consumer verstanden. In der Regel handelt es sich dabei um Mieterträge, welche intern oder extern verrechnet werden.
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die Wertschöpfung massiv gesteigert werden [vgl. Schalcher 2000]. In verschiedenen Untersuchungen wurde versucht, dieses Potenzial zu spezifizieren, welches hauptsächlich in der übergeordneten Koordination der Prozesse und Leistungen über alle Lebensphasen eines Bauwerks und einer Unternehmung hinweg brachliegt und konsequent auf die Kunden (Eigentümer, Benutzer) ausgerichtet werden muss.
Abbildung 3: Wertschöpfungskette im Immobilienmanagement Weniger Einigkeit herrscht in Bezug auf das Marktpotenzial von Facility Management. In der Studie des BFE [vgl. BFE 2001, S. 9] wird in der Schweiz von einem Markt zwischen 30 und 80 Mrd. Franken ausgegangen. Diese Berechnung basiert auf einem Gebäudeinventarwert von 1500 bis 1800 Mrd. Franken und den vom jeweiligen Gebäudetyp5 abhängigen Bewirtschaftungskosten von zweieinhalb bis fünf Prozent. Eine andere Studie der IBM aus dem Jahre 1995 basiert auf dem erforderlichen Bestand von Mitarbeitenden für die Bewirtschaftung eines Immobilienbestandes. Bei dieser Marktabschätzung werden die Energiekosten sowie die Material- und Inventarkosten für den Betrieb und den Unterhalt vernachlässigt. Für die Bereitstellung6 von 1000 Arbeitsplätzen sind zwischen 54 und 70 Mitarbeitende erforderlich. Geht man aus von ca. 1.8 Mio. Arbeitsplätzen in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitenden (MA), durchschnittlichen Vollkosten von CHF 110'000.-/MA p.a und der Annahme, dass 60% der Leistungen in-house erbracht werden, ergibt sich gesamtschweizerisch ein Marktvolumen von zehn bis dreizehn Mrd. Franken. Von verschiedenen Experten wird geschätzt, dass in der Immobilienbewirtschaftung ein Rationalisierungspotenzial von 30% vorhanden ist. Somit ergibt sich alleine für den Markt Schweiz ein Potenzial von einigen Milliarden. 5 6
Z.B. Wohn- und Geschäftsbauten, Büro, Verwaltung, öffentliche Gebäude, Industrie und Gewerbe, Landwirtschaft, etc. Corporate Real Estate, Raumbereitstellung, Instandhaltung, Nachrichtenwesen, Verpflegungs- und Gesundheitswesen, Wach- und Schutzdienst, Hausmeister, Reinigung, Telefon etc.
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Neben anderen Faktoren wie beispielsweise der unwirtschaftlichen Nutzung des Bauwerks, der mangelhaften Verwaltung oder der veränderten Unternehmenskultur sollte alleine die finanzielle Sicht genügend Motivation sein, sich professioneller um Immobilien zu kümmern [vgl. Staub 2000]. 2.1.2 Das Business Model of the Information Age An der zunehmenden Bedeutung der Informationstechnologie für die meisten Bereiche im privaten und beruflichen Alltag zweifelt heute niemand mehr. Es steht auch nicht zur Diskussion, dass unter dem Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnologien neue Geschäftsmodelle entstanden sind (z.B. Einkauf von Literatur übers Internet) und dass sich diese weiterentwickeln werden. Allerdings bestehen noch keine konsolidierten und international anerkannten Modelle und Methoden. Das entwickelte Modell für die Immobilienbranche baut konsequent auf dem St. Galler – Ansatz auf, welcher als Grundlage für die ganze Ausbildung zum Master of Business Engineering dient. Prof. Dr. H. Österle und Prof. Dr. R. Winter haben zusammen mit anderen Spezialisten am Institut für Wirtschaftsinformatik das so genannte Business Model of the Information Age (BMIA) entwickelt [vgl. Österle/Winter 2000, S. 24]. 2.1.3 Das St. Galler Managementmodell 2001 Anfangs der 70er-Jahre wurde von Hans Ulrich und Walter Krieg [vgl. Ulrich 1985] auf der Basis der Kybernetik das erste ganzheitliche St. Galler Managementmodell entwickelt. Im Jahre 2001 wurde ausgehend vom Ersten ein neues Modell entwickelt [vgl. Rüegg-Stürm 2001], welches das bestehende in mancher Hinsicht erweitert. Von besonderer Bedeutung ist die Betrachtung der Unternehmung als System von Prozessen. Auch im neuen St. Galler Managementmodell erfolgt die Prozessgestaltung hinsichtlich einer effizienten und effektiven Erzielung des Kundennutzens auf der Basis der Wertschöpfungskette. Mit der Prozessarchitektur werden die wechselseitigen Abhängigkeiten von Kunden- und Lieferantenbeziehungen beschrieben. Schon Ulrich und Krieg haben zu diesem Zweck in ihrem Modell zwischen Führungs-, Vollzugs- und Versorgungsbereich unterschieden. Im St. Galler Modell der neunziger Jahre bezeichnet man sie als Management-, Geschäfts- und Unterstützungsprozesse. Wobei die Unterstützungsprozesse der Erstellung interner Dienstleistungen dienen (Personalarbeit, Bildungsmanagement, Infrastrukturbewirtschaftung im Sinne von Facility Management, Informationswesen, Kommunikation, Risikobewältigung und Recht). Das Prozessmodell gemäss dem St. Galler Managementmodell lässt sich sehr gut auch als Basis für die Prozessgestaltung im Facility Management verwenden. Im BMIA und im St. Galler Managementmodell kommt der Begriff Kundenprozess vor. Er wird allerdings sehr unterschiedlich interpretiert. Im BMIA entspricht der Kundenprozess den Prozessabläufen in der Organisation des Kunden, während im St. Galler Managementmodell der Kundenprozess jene Aufgaben umfasst,
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welche letztlich zu einem Kaufentscheid eines Kunden führen. Im vorliegenden Bericht wird der Begriff des Kundenprozesses gemäss dem BMIA verwendet, während für den Kundenprozess im St. Galler Managementmodell der Begriff „Marketing & CRM“7 benutzt wird.
2.2 Neue Technologien Bei der Entwicklung und Verbreitung von Ubiquitous Computing spielen verschiedene Faktoren eine zentrale Rolle. Als die Treiber des UC lassen sich der Preiszerfall, die Miniaturisierung und der damit verbundene geringere Energieverbrauch der Hardware, die Sensorik-Technologien, neue Technologien, Standards (z.B. Bluetooth) sowie Konzepte in der Kommunikation, neue Materialien sowie globale Standards identifizieren. 2.2.1 Hardware Moore's Gesetz beschreibt den empirisch festgestellten Trend, dass sich die Anzahl der Transistoren auf einem Silizium Chip alle 18 bis 24 Monate verdoppeln. Für mehr als 35 Jahre war dieser Trend die treibende Kraft der mikroelektronischen Revolution. Die steigende Anzahl der verfügbaren Transistoren auf einem Chip führt zu vielfältigen Integrationsmöglichkeiten. Benötigten früher einzelne Funktionen wie die Fliesskomma-Recheneinheit oder der Cache-Speicher jeweils eigenständige Bauteile, so sind sie heute auf ein und demselben Chip integriert. Mit den immer kleiner werdenden Strukturen stösst man jedoch vermehrt an physikalische und thermodynamische Grenzen. Die Wärmeentwicklung stellt dabei eine der grössten Herausforderungen dar. Innovation auf dem Gebiet der Herstellung wie beispielsweise neue Möglichkeiten in der Lithographie als eine der Basistechnologien, um immer feinere Strukturen bauen zu können, oder der Einsatz von neuen Materialien werden in Zukunft dafür sorgen, dass Moore's Gesetz wahrscheinlich auch in den nächsten Jahrzehnten seine Gültigkeit haben wird. 2.2.2 Sensorik Sensoren sind die Bindeglieder zwischen den physikalischen Grössen der Umwelt und der elektronischen Informations-verarbeitung. Die Auswertung von Sensormessdaten erfolgt heute in den meisten Fällen in einer digitalen Verarbeitungseinheit, so dass die Sensoren direkt die Schnittstelle zur analogen Aussenwelt darstellen. Auch im Bereich der Sensorik haben sich aufgrund der Miniaturisierung neue Möglichkeiten ergeben. Dank Produktionstechnologien und Materia-
7
Der Bereich Marketing soll jedoch den vollständigen Inhalt des Kundenprozesses im St. Galler Unternehmensmodell umfassen: Marktforschung, Marktbearbeitung, Customer Relationship Management (CRM).
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lien, wie sie heute in der Mikroelektronik eingesetzt werden, haben sich auch in der Mikromechanik völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Heute werden in zunehmendem Masse Sensorverarbeitungsschaltungen und Sensoren auf dem gleichen Chip integriert. Neben der Reduktion von Fehlerquellen hat die Integration von Sensor und Elektronik auf einem Chip noch weitere Vorteile: tiefere Produktionskosten, kleinere Grösse, weniger Gewicht, höhere Zuverlässigkeit und die Möglichkeit, Sensor-Arrays mit komplexer Signalverarbeitung zu kombinieren. 2.2.3 Kommunikation Bei der Kommunikation und den Standards geht man einerseits davon aus, dass sich, wie Gilder's Gesetz es sagt, die Bandbreite von Kommunikationsnetzwerken während den nächsten Jahren alle 12 Monate verdreifacht und der Preis pro übertragenes Bit gegen Null konvergiert und andererseits, dass sich immer mehr globale Standards bilden als Voraussetzung dafür, dass sich Technologien in einem breiteren Umfeld überhaupt durchsetzen können. Daraus erst ergeben sich neue Anwendungspotentiale, die echten Nutzen stiften können. 2.2.4 Globale Standards Globale Standards bilden die Voraussetzung dafür, dass sich Technologien in einem breiteren Umfeld überhaupt durchsetzen können. Denn nur wenn die Interoperabilität von Geräten durch akzeptierte Standards sichergestellt wird, kann der Benutzer nach seinen Wünschen ein System aus einzelnen Komponenten zusammenstellen, das genau seinen Bedürfnissen entspricht, sowie einen Zusatznutzen aus der Vernetzung ziehen. Dabei werden offene Standards - wie z.B.: TCP/IP im Falle des Internets - weiterhin eine wesentliche Rolle spielen. Die Extensible Markup Language (XML) stellt beispielsweise einen weiteren wichtigen Baustein in dieser Entwicklung dar. Durch die Flexibilität im Umgang mit der „Verpackung“ von Daten wird XML die Basis bilden für den Austausch von Datenpaketen im Business-to-Business (B2B) Bereich.
3 Geschäftsmodell für das Facility Management 3.1 Anforderungen und Zielsetzungen Ein Geschäftsmodell beschreibt die Vorstellung, wie sich ein Unternehmen gegenüber den sozioökonomischen Systemen (Kunden, Lieferanten, Konkurrenten, usw. ) mit denen es in Berührung kommt, verhält. Die Beschreibung erfolgt unter dem Aspekt der Aussensicht, d.h. die Positionierung des Unternehmens in fokus-
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sierten Märkten und unter dem Aspekt der Innensicht mit der Spezifikation der Wertschöpfungskette. Im Immobilienmanagement handelt es sich beim Unternehmen nicht um eine nach traditionellen Überlegungen abgrenzbare Organisationseinheit, sondern um eine virtuelle Unternehmung resp. ein Unternehmensnetzwerk, welches sich durch die an der Wertschöpfung einer einzelnen Immobilie oder einem Immobilienportfolio beteiligten Organisationseinheiten eingrenzen lässt [vgl. Fleisch 2001b, S 171]. Die Kunden dieses Netzwerks sind sowohl der Eigentümer als auch der Benutzer. In der vorliegenden Arbeit soll jedoch fokussiert werden auf die Interessen der Benutzer resp. Mieter und somit mehr auf den Aspekt des Facility Managements als des Portfolio Managements. Das Geschäftsmodell kann auf drei Ebenen beschrieben werden. Auf der Geschäftsebene erfolgt die Spezifikation des Unternehmensnetzwerks, resp. die Interaktion des Unternehmens mit seiner Umwelt, die fachliche Ausrichtung des Unternehmens und die Beantwortung von Fragen bezüglich Marktleistungen, Kundenbedürfnissen und Kompetenzen. Auf der Prozessebene werden ausgehend vom Kundenprozess Aufgaben und Abläufe beschrieben und auf der Applikationsebene die unterstützenden Applikationen, Komponenten, deren Beziehungen und die erforderlichen Datenbanken charakterisiert [vgl. Leist 2001a, S. 20]. In den folgenden Kapiteln werden die erforderlichen Elemente des ReferenzGeschäftsmodells so weit spezifiziert werden, dass sie bei der Entwicklung einer konkreten Anwendung wiederverwendet und angepasst werden können. Damit soll insgesamt der Aufwand für die Gestaltung von neuen, spezifisch auf bestimmte Unternehmensnetzwerke ausgerichtete Geschäftsmodelle im Facility Management reduziert werden. Die entsprechenden Teilmodelle werden denn auch im Case „smart place“ wiederverwendet. Besondere Beachtung wird dabei auch der Entwicklung der einzelnen Modelle beigemessen, um die Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Dadurch werden gewisse Teilschritte dargestellt, die für das Endresultat keine Bedeutung mehr haben.
3.2 Geschäftsebene Auf der Ebene des Geschäftsnetzwerks werden die beteiligten Rollen und deren Interaktion in einem Unternehmensnetzwerk beschrieben, wobei der Ausgangspunkt der End Consumer (Kunde) darstellt. Im Gegensatz zu den klassischen Ansätzen im Business Engineering [vgl. Österle/Winter 2000, S. 21] wird beim folgenden Ansatz für das Netzwerk im Immobilienmanagement nicht der Einzelkunde als End Consumer verstanden, sondern die Gesamtheit aller Personen, welche hinsichtlich einer bestimmten Immobilie resp. eines Immobilienportfolios während dessen Lebenszyklus gemeinsame Bedürfnisse haben. In dem folgenden Kapitel werden die wesentlichen Rollen im Lebenszyklus von Immobilien beschrieben.
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3.2.1 Rollen, Ziele und Zweck Generell werden mit dem Ansatz des Facility Managements folgende Zielsetzungen verfolgt [vgl. Kahlen 2001, S. 39]: • Marktorientierung • Optimale Erfüllung der Kundenanforderungen • Verbesserung der Qualität des ganzheitlichen Bauprozesses • Senkung der Kosten über den Bauwerkslebenszyklus • Einhaltung der geplanten Termine und Leistungen • Bedarfsgerechte Bereitstellung von Wissen • Verbesserung der Koordination und Kooperation aller Stakeholder Im Besonderen können die Rollen des Eigentümers, des Bewirtschafters und des Benutzers unterschieden werden. Der Eigentümer investiert Kapital und erwartet daraus einen finanziellen Nutzen, der in Form laufender Erträge und in der Wertsteigerung der Immobilie anfällt. Der Benutzer braucht die Immobilie im Rahmen seiner betrieblichen Leistungserbringung, resp. im privaten Bereich zum Wohnen. Der Wert der Immobilie besteht für ihn in ihrer Eigenschaft als infrastrukturelle Ressource bzw. als Produktionsfaktor. Wenn man von Kunden im Immobilienmanagement spricht, handelt es sich dabei sowohl um den Eigentümer als auch um den Benutzer. Oft nimmt auch die Öffentlichkeit als weiterer Stakeholder im Lebenszyklus einer Immobilie unter dem Aspekt der kulturellen Werte eine nicht zu unterschätzende, eigenständige Rolle ein. Die Bewirtschaftung von kulturell wertvollen Immobilien steht jedoch nicht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit, so dass auf eine detaillierte Betrachtung der Erwartungen der Öffentlichkeit und einer eigenen Rollenbetrachtung verzichtet wird [vgl. Staub 2001a]. Im Mittelpunkt des Netzwerks steht der Bewirtschafter, welcher als Service Integrator immobilienbezogene Produkte und Dienstleistungen anbietet, resp. solche von shared oder exclusive Service Providern zu einer kundenbezogenen Lösung integriert. In der klassischen Betriebwirtschaftslehre wird unter einer Rolle eine Aggregation von gleichartigen Aufgaben verstanden, welche einer ausführenden Stelle mit den entsprechenden Kompetenzen und Verantwortung zugeordnet werden können [vgl. Österle / Winter 2000, S. 77]. Wenn man berücksichtigt, dass mit der Informationstechnologie des Ubiquitous Computing die meisten physischen Güter von „dummen Dingen“ in „intelligente Dinge“, welche selbständig auf bestimmte Ereignisse reagieren, umgewandelt werden können, kann man solche so genannte Connected Smart Objects8 als eigenständige Akteure und somit als eigene Rollen in das Geschäftsmodell aufnehmen. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass materielle Dinge keine Ziele verfolgen können, sondern einen Zweck erfüllen.
8
Für die Menge aller für Facility Management relevanter Connected Smart Objects wird in der Folge auch der Begriff der intelligenten Infrastruktur verwendet.
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Abbildung 4 : Ziele der Netzwerkpartner (Rollen)
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Abbildung 4 : Ziele der Netzwerkpartner (Rollen) (Fortsetzung)
Abbildung 5: Zweck der Smart Objects
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3.2.2 Organisatorische Umsetzung der Rollen im Markt Die Gestaltung der Organisation setzt ein klares Rollenverständnis voraus. In vielen heutigen Unternehmungen sind die Rollen noch nicht klar spezifiziert und den Organisationseinheiten zugeordnet. Dies betrifft vor allem jene Unternehmungen, welche verschiedene Rollen innerhalb ihrer Organisation selber wahrnehmen. Gemäss dem Ansatz des Business Models for the Information Age (BMIA) erfolgt die Integration der einzelnen Rollen zu einem kooperierenden Verbund durch eine gemeinsame Infrastruktur (Business Collaboration Infrastructure). Die zwischen den verschiedenen Rollen entstehenden Schnittstellen auf der Organisations-, Prozess- und Informatikebene hängen nicht wesentlich davon ab, ob nun alle Rollen einer einzigen Unternehmung zugeordnet werden oder ob die Rollen auf verschiedene Unternehmen verteilt sind. Die einzelnen Rollen müssen somit nicht zwingend rechtlich und wirtschaftlich autonomen Unternehmen zugewiesen werden. Viel wesentlicher ist, dass die Rollen nicht mittels zentraler Hierarchie, sondern mittels Marktmechanismen koordiniert werden [vgl. Leist 2001b]. Die Ansätze zur Realisierung eines kooperierenden Verbundes von Unternehmungen sind in der Immobilienbranche zumindest auf der organisatorischen Ebene nicht neu. Seit Jahrzehnten werden Bauprojekte durch General- resp. Totalunternehmer und Architekten realisiert. Sie entlasten den Bauherrn durch die Übernahme der Koordinationsfunktion über die beteiligten Leistungserbringer resp. Lieferanten. Auch in der Bewirtschaftungsphase haben sich seit Beginn der neunziger Jahre Facility Management Unternehmungen als Gesamtleistungsanbieter etabliert9. Das Geschäftsmodell des Informationszeitalter geht jedoch davon aus, dass ein wesentlicher Mehrwert im Unternehmensnetzwerk nicht nur auf der organisatorischen Ebene, sondern auch auf der Ebene der Business Collaboration Infrastructure (BCI) durch eine Standardisierung von Geschäftsvorfällen auf der technischen Ebene erfolgen muss. Die Business Collaboration Infrastructure gewährleistet in dieser Architektur die jederzeitige Koordination der Unternehmen im Netzwerk nicht nur in organisatorischer, sondern auch fachlicher und technischer Hinsicht.
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Dazu gehören beispielsweise die im schweizerischen Markt führende Merkur Immobilien Bewirtschaftung AG (MIB AG), die m+w zander AG, Johnson Controls oder hälg Facility Management AG.
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Abbildung 6: Architektur für ein Unternehmensnetzwerk in der Immobilienbranche Neben der mit der Professionalisierung verbundenen Fragmentierung der mit Immobilien verbundenen Managementfunktionen in Eigentümer, Bewirtschafter und Benutzer ist gleichzeitig ein Trend zur Bündelung von Leistungen auf der operativen Ebene erkennbar. Der Mehrwert besteht darin, dass der Bewirtschafter die Koordinationsfunktion der verschiedenen Teilleistungen sicherstellt oder diese sogar selber erbringt. Im Gegensatz dazu bieten Shared Service Provider ihre Leistungen mehreren Service Integratoren an. Typische Beispiele sind in diesem Bereich Reinigungsunternehmen, die für verschiedene Facility Management Systemanbieter Leistungen erbringen. Im Gegensatz dazu arbeiten Exclusive Service Provider nur mit einem einzigen Service Integrator zusammen. Solche Unternehmungen, die nur für einen einzigen Kunden Leistungen erbringen, sind in der Regel von diesem rechtlich nicht vollständig unabhängig. Beispiele dazu sind mit immobilienbezogenen Leistungen beauftragte Organisationseinheiten innerhalb eines Konzerns. Unter dem Aspekt der Informationsverarbeitung sollte der Service Integrator die im Kundenprozess erforderlichen Informationen aus einer Hand aufeinander abgestimmt, bereitstellen. Das Unternehmensportal bildet dabei die Schnittstelle zwischen dem Unternehmen und dem Kunden. In diesem so genannten Kundenprozessportal werden alle Leistungen repräsentiert, welche für einen spezifischen Kundenprozess angeboten werden. Im folgenden Geschäftsnetzwerk sind für das Facility Management die wesentlichen Elemente (beteiligte interne und externe Geschäftseinheiten, deren wich-
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tigste Prozesse, die zentralen Leistungen, sowie Material-, Finanz- und Informationsflüsse) der Zusammenarbeit von Geschäftseinheiten auf den Ebenen Strategie und Prozess dargestellt (Lieferantennetzwerk, Kernnetzwerk und Kundennetzwerk) [vgl. Fleisch 2001b, S. 237].
Abbildung 7: Facility Management als Geschäftsnetzwerk
3.3 Prozessebene 3.3.1 Kundenprozesse Bei der Prozessgestaltung gemäss dem St. Galler Unternehmensmodell [vgl. Rüegg-Stürm 2001] unterscheidet man die Geschäfts-, Support- und Managementprozesse. Zu den Geschäftsprozessen gehören jene Prozesse, welche die Leistungen zur Erfüllung der Kundenanforderungen umfassen und die Wertschöpfungskette bilden, und die Supportprozesse umfassen interne Leistungen zur Unterstützung der Kernprozesse. Sowohl Kern- als uch Supportprozesse werden von den Managementprozessen gelenkt (siehe folgende Darstellung).
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Abbildung 8: Unternehmensprozesse potenzieller Kunden im Immobilienmanagement Der Bedarf nach baulichen Ressourcen und entsprechenden Dienstleistungen ergibt sich bei einem professionellen Benutzer aus den Geschäftsprozessen, insbesondere den Prozessen für die Leistungserstellung. Neben dem professionellen Benutzer kann bei einer Wohnliegenschaft von einem privaten Benutzer gesprochen werden. Sein Prozess „Wohnen“ ist nicht in der Architektur des St. Galler Unternehmensmodells abgebildet, da es sich nicht um einen Unternehmensprozess im eigentlichen Sinne handelt. Allerdings hat der Prozess Wohnen natürlich im Umfeld von Wohnimmobilien seine Relevanz. Die Bereitstellung von Flächen, Räumen und Dienstleistungen ist konsequenterweise ein Unterstützungsprozess und wird als Facility Management bezeichnet.10 Somit sind aus der Sicht dieses Unterstützungsprozesses die Bedarfsträger die Kunden, und ihre Prozesse sind im professionellen Bereich die Prozesse der Leistungserstellung resp. der Wohnprozess im privaten Bereich.
10
Hier wird der Prozess Facility Management anstelle der Infrastrukturbewirtschaftung gemäss dem St. Galler Unternehmensmodell nach Rüegg-Stürm verwendet: „Die Prozesse der Infrastrukturbewirtschaftung dienen der Bereitstellung und dem kostengünstigen Unterhalt aller Arten von Anlagen.“ Facility Management wird umfassender bezüglich der Leistungserbringung verstanden (Bereitstellung von Räumen und Services). Die Informatik bildet hier hingegen nicht Bestandteil des Facility Managements.
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Abbildung 9: Kundenprozesse von Facility Management Die Nutzung einer Immobilie ist also nicht ein eigentlicher Kundenprozess, sondern ergibt sich aus dem Gebrauch der Immobilie im Rahmen der Leistungserstellung resp. des Wohnens. Die Nutzungsart beim professionellen Benutzer ist darum selbstverständlich abhängig von der Leistungserstellung und bestimmt den Zweck der Immobilie. Gemäss der Norm sia d0165 [vgl. sia 2000, S. 59] können folgende Hauptnutzflächen (HNF) für Hochbauten unterschieden werden: • HNF1: Wohnen und Aufenthalt • HNF2: Büroarbeit • HNF3: Produktion, Hand- und Maschinenarbeit, Experimente • HNF4: Lager, Verteilen, Verkaufen • HNF5: Bildung, Unterricht und Kultur • HNF6: Heilen und Pflegen 3.3.2 Entwicklung der Prozessarchitektur Im Rollenmodell wurde aufgezeigt, dass die organisatorische Gestaltung des Facility Managements verschiedene Ausprägungen haben kann. Es wurde jedoch auch erwähnt, dass die Interaktion von Eigentümer, Bewirtschafter und Benutzer invariant davon ist, ob die Rollen innerhalb der rechtlich gleichen Unternehmung wahrgenommen werden. Unter dem angestrebten Aspekt der Professionalisierung des Immobilienbereichs kann deshalb die Annahme getroffen werden, dass die mit dem Facility Management beauftragte Organisationseinheit wie eine eigene Unternehmung agiert, unabhängig davon, ob sie dies auch wirklich ist.
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Abbildung 10: Prozessarchitektur von Facility Management im Unternehmensnetzwerk Eine eigenständige Organisation würde jenem Fall entsprechen, wo eine Unternehmung ihren Supportprozess - im Sinne eines Outsourcing - ausgelagert hat. Wenn man in der Entwicklung einer Prozessarchitektur für eine Netzwerkunternehmung sämtliche Prozesse einbezieht, wird die Aufgabe sehr schnell kompliziert und unübersichtlich. In der vorhergehenden Abbildung, in welcher nur drei Unternehmungen dargestellt sind, wird dies schnell ersichtlich. Es geht also darum, die Komplexität mit geeigneten Massnahmen zu reduzieren, beispielsweise durch die Klassifikation von Prozessen bezüglich Relevanz im Unternehmensnetzwerk [vgl. Fleisch 2001b, S. 239]. In der folgenden Tabelle sind die Prozesse des St. Galler Managementmodells unter dem Aspekt der Entwickung einer Prozessarchitektur für ein Facility Management Prozessnetzwerk klassifiziert.
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Abbildung 11: Ziele der Netzwerkpartner (Rollen) Für das zu entwickelnde Modell werden nur noch jene Prozesse betrachtet, welche eng über mehrere Organisationseinheiten hinweg koordiniert werden müssen (Kategorie gv). Hingegen wird als weiterer Akteur resp. als weitere Rolle die intelligente Infrastruktur, die sich aus intelligenten Objekten zusammensetzt, eingeführt.
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Abbildung 12: Prozessarchitektur für ein Unternehmensnetzwerk im Facility Management
3.4 Software- und Applikationsebene Bei der Entwicklung der Software- und Applikationsebene geht es darum, die Business Collaboration Infrastruktur zu spezifizieren. Dazu sollen in einem ersten Schritt noch einmal die sich aus der Prozesssicht ergebenden Portaltypen beschrieben werden.
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Abbildung 13: BMIA – Die verschiedenen Portaltypen im BMIA für Facility Management In der obigen Grafik sind die wichtigsten Geschäftsbeziehungen zwischen den Kunden (Benutzer und Eigentümer) und dem System Integrator resp. Lieferanten dargestellt. Zwischen dem System Integrator und dem Benutzer kann sowohl eine Beziehung auf der Geschäftsebene bestehen als auch eine direkte Beziehung zum Endkunden (Mitarbeiter der Benutzerorganisation resp. Mieter von Wohnungen). Eine reine Geschäftsbeziehung besteht einerseits zwischen dem System Integrator und dem Eigentümer und andererseits zwischen dem Benutzer und dem Eigentümer. Auch zwischen den verschiedenen Lieferanten und dem System Integrator bestehen reine geschäftliche Beziehungen. Zwischen allen Rollen besteht zudem eine Interaktion mit den Connected Smart Objects, welche als B2O (Business-toObjects) bezeichnet werden kann. Das Kundenprozessportal, das alle Services für den Benutzer auf einer Webseite zusammenfasst, muss also der B2B (Beziehungen zwischen System Integrator und Benutzer), der B2B (Beziehung zwischen System Integrator und Eigentümer), der B2C (Beziehung zwischen System Integrator und Endkunden) und der B2O (Beziehung zwischen System Integrator und den Connected Smart Objects) Rechnung tragen. Aus den Zielsetzungen der einzelnen Rollen und der Analyse der Kundenprozesse ergeben sich für das Facility Management folgende primäre Interaktionen in den einzelnen Portalen. Es ist nicht möglich und auch nicht das Ziel im Rahmen dieser Arbeit eine komplette Übersicht über die Bedürfnisse aller Beteiligter am Facility Management Prozess zu erarbeiten. Die folgende Tabelle zeigt deshalb nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Gesamtsystem.
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Abbildung 14: Beispiele für Portalservices im BMIA Auch die Gestaltung der Business Collaboration Infrastructure kann hier nicht ganzheitlich dargestellt werden. Dies müsste im Rahmen eines weiterführenden Projekts für das Referenzmodell BMIA „Facility Management“ erfolgen. Aus der Literatur sowie aus einer grossen Anzahl von Facility Management Projekten lassen sich jedoch die folgenden typischen Funktionalitäten, welche von Applikationen bereitgestellt werden müssen, beschreiben. Da heute praktisch alle Unternehmungen diese Funktionalitäten proprietär in ihren eigenen Applikationen bereitstellen, stellt sich die Frage, welche Auswahl an Funktionalitäten sich in einem Unternehmensnetzwerk als Web-Services realisieren lassen würde. In der folgenden Tabelle ist dargestellt, welche Funktionalitäten insgesamt in einem Unternehmensnetzwerk für Facility Management erforderlich sind. Die meisten dieser Funktionsgruppen haben auch grosses Potenzial, um als um remote verfügbare Funktionen bereitgestellt zu werden.
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Abbildung 15: Auswahl der wichtigsten Funktionsgruppen Der zweite Bereich der Business Collaboration Infrastructure umfasst Services im Bereich Informationsbereitstellung (Content & Transaction). Dazu gehört die Bereitstellung allgemeiner Informationen über Markt, allgemeine Medienservices, Forschungsberichte, etc. Für den FM-Prozess sind beispielsweise die folgenden Bereiche relevant: • Benchmarking-Pool (Bereitstellung von Kennzahlen und Benchmarks) • Immobilien-Handelsplatz • Elektronische Produktkataloge • Anbieterverzeichnisse (yellow pages) • Veranstaltungsverzeichnisse Die nächste Schicht im der Business Collaboration Infrastructure umfasst WebServices im Bereich der Unternehmensvernetzung. Dazu gehören im FM-Bereich beispielweise Bus-Systeme (EIB und LON) oder wireless Technologien wie Bluetooth und Infrarot und Sensorik-Technologien. Dienste der IT-Operation umfassen Services der technischen Infrastruktur, auf welche die anderen aufsetzen. Dazu gehören typischerweise Internet Service Provider, Sicherheitsdienste, Netzwerk-Betrieb, Backup-Systeme, etc. Damit ergibt sich die folgende Web Services resp. Funktions-Architektur:
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Abbildung 16: Webservices für Facility Management Die Entwicklung und Umsetzung der Business Collaboration Infrastruktur ist im FM-Markt noch nicht besonders weit fortgeschritten. Grosses Potenzial haben Entwicklungsfirmen wie SAP, welche bei der Realisierung der erforderlichen Technologien einen gewissen Vorsprung haben.
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4 Case „smart place“ 4.1 Anwendung des Geschäftsmodelles im Case „smart place” Unterschiedliche Studien gehen allein im Schweizer FM-Markt von einem Rationalisierungspotenzial in der Höhe von einigen Milliarden Franken aus, wovon der grösste Anteil auf den Instandhaltungsbereich entfällt. Gemäss diesen Fakten wurde denn auch im Fallbeispiel zur Verifikation des abgeleiteten Geschäftsmodells die Instandhaltung ausgewählt, dies um zu zeigen, wie das Potenzial unter Einbezug von innovativen Technologien neu genutzt werden kann. Mit der Maag Holding AG konnte eine Unternehmung gewonnen werden, die beste Voraussetzungen mitbringt und auch entsprechendes Optimierungspotential aufweist. Im Unternehmensnetzwerk der Maag Holding AG mit dem Fokus auf die Instandhaltung sind die Rollen Benutzer, Eigentümer, Service Integrator und Lieferanten wie folgt besetzt:
Abbildung 17: Kongruenz der Bausteine eines Geschäftsmodells zum BMIA Daraus abgeleitet ergibt sich das folgende Geschäftsnetzwerk für den Instandhaltungsprozess:
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Abbildung 18: Geschäftsnetzwerk „smart place” Nach der Spezifikation der erforderlichen Elemente auf der Geschäftsebene wird als nächstes die Prozessarchitektur entwickelt [vgl. Österle 1995]. Die Prozesse sollen firmenübergreifend sein, d.h. das Prozessdesign umfasst das ganze Unternehmensnetzwerk und nicht nur eine einzelne Firma daraus. Bei der Aufteilung der Prozesse (Makroebene) geht der Ansatz grundsätzlich von einer Aufgabenteilung zwischen Service Integrator und Shared (SSP) oder Exclusive Service Providern (ESP) aus. Nach der Spezifikation der Marktsegmente und der Definition der Leistungen, die in den jeweiligen Segmenten erbracht werden sollen, zeigt die Analyse, dass Marketing, Verkauf (Eigentümer/Benutzer), Knowledge Management, Betrieb und Instandhaltung und Customer Service die wesentlichen Prozesse sind.
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Abbildung 19: Prozessarchitektur „smart place“ Um eine Aussage zur Wirtschaftlichkeit machen zu können ist es sinnvoll, sich auf den Prozess zu konzentrieren, der im Unternehmensnetzwerk den grössten Kostentreiber darstellt. Hier ist es der Prozess „Betriebs und Instandhaltung”, der diese Bedingung erfüllt. Er wird daher bezüglich seiner Leistungen, Aufgaben und Aussenbeziehungen weiter spezifiziert. Mit der detaillierten Beschreibung des Prozesses lässt sich nun die Betrachtung zur Wirtschaftlichkeit des Geschäftmodells unter Einbezug der „smarten“ Objekte erarbeiten.
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Wirtschaftlichkeit und Potenzial im Case „smart place“
Obwohl bei der Entwicklung eines Netzwerkunternehmens für Facility Management die Steigerung der Wertschöpfung im gesamten Netzwerk angestrebt werden muss, steht für die beteiligten Organisationseinheiten ihr individueller Profit im Vordergrund. Die folgenden Nutzen- und Wirtschaftlichkeitsüberlegungen beziehen sich denn auch auf die beteiligten Unternehmen Maag Holding AG, Maag Real Estate Service AG, futurElife AG und IBM. Die Berechnung der Wirtschaftlichkeit erfolgt nach qualitativen und quantitativen Kriterien. Im verwendeten Wirtschaftlichkeitsmodell wird unterschieden zwischen der Phase I, in der die Instandhaltungsleistungen auf das heutige Portfolio der Maag Holding AG beschränkt werden. In der Phase II ist eine Expansion auf den Markt resp. auf andere Portfolios denkbar. Die folgende Tabelle zeigt die Einflussgrössen der Wirtschaftlichkeitsrechnung. 4.2.1 Einflussgrössen Phase I (Systemgrenze Portfolio Maag Holding 11 AG)
Abbildung 20: Einflussgrössen für die Wirtschaftlichkeitsberechnung Phase I
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[vgl. Maag 2001]
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4.2.2 Zusätzliche Einflussgrössen Phase II
Abbildung 21: Zusätzliche Einflussgrössen für die Wirtschaftlichkeitsberechnung Phase II Basierend auf noch groben Annahmen, jedoch unter Berücksichtigung der relevanten Einflussgrössen, muss für die Realisierung des Unternehmensnetzwerks der Maag Holding AG mit Investitionen von ca. CHF 1.68 Mio. gerechnet werden. Die jährlichen Betriebskosten liegen bei ca. CHF 0.43 Mio. und können einer potenziellen Kostenreduktion, unter anderem dank einer tieferen Fluktuationsrate in den Mietobjekten, von ca. CHF 0.93 Mio. gegenübergestellt werden. Durch höhere Kostentransparenz, bessere technologische Unterstützung und einheitlichere Handhabung von Objekten steigt die Attraktivität der Mietobjekte, was wiederum zu einer Reduktion des Leerstandes führen kann. Vorsichtige Abschätzungen dieses Potenzials zeigen, dass dadurch zusätzliche Steigerungen der Mieteinnahmen im Immobilienportfolio der Maag Holding von ca. CHF 0.75 Mio. möglich wären und damit der Break-Even – ohne den allfälligen Synergieeffekt durch den Einbezug weiterer Prozesse - nach etwa drei bis fünf Jahren erreicht werden könnte. Aufgrund der Entwicklungen im Markt und auf der Basis der bisherigen Erfahrungen der Maag Holding AG kann man davon ausgehen, dass die ermittelten Kosten nach Aussage der beteiligten Unternehmungen als realistisch betrachtet werden. Andererseits ist es sehr schwierig, sowohl die geschätzten Kosteneinsparungen als auch die erwarteten Mehreinnahmen zu beurteilen. Tendenziell sind diese aber eher optimistisch angenommen.
4.3 Fazit für den Case „smart place“ Gemäss diesen Berechnungen kann grob ausgesagt werden, dass sich die Investitionen in eine Connected Smart Object Infrastruktur kombiniert mit einer Enterprise Portal Lösung nach minimal drei, maximal sieben Jahren amortisieren könnten. Den Entscheid, in innovative Technologien zu investieren und beispielsweise eine solche Business Networking Infrastruktur für Facility Management zu realisieren, wird niemand alleine aufgrund reiner Wirtschaftlichkeitsüberlegungen vollziehen. Es sind weitere Aspekte zu berücksichtigen wie beispielsweise die Fähigkeit, längerfristig marktfähig zu bleiben oder sogar einen Marktvorsprung zu
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erlangen, die Entwicklung des Brandings und weitere nicht exakt quantifizierbare sondern qualitative Kriterien.
5 Ergebnisse Die Immobilienbranche befindet sich in verschiedenen Bereichen in einem starken Wandel. Während früher der Besitz von Immobilien zum Stolz jeder Unternehmung zählte, realisieren heute viele Unternehmen eine andere Strategie. Nicht nur die nicht zum Kerngeschäft gehörenden Leistungen des Immobilienmanagement werden ausgelagert, sondern die Immobilien selber verkauft, um einerseits eine grössere Flexibilität zu erlangen und anderseits die Liquidität zu erhöhen. Im Rahmen dieses Trends entstehen denn auch auf der einen Seite immer mehr institutionelle Immobilien-Investoren und auf der anderen Seite integrale Facility Management Dienstleister, welche sich um den Immobilienbestand kümmern. Zudem verlangen die Benutzer von Liegenschaften heute einen kundengerechteren Service und transparente Informationen. Um den ganzen Wandel zu beherrschen oder zumindest zu unterstützen sind neue Methoden und Geschäftsmodelle erforderlich. Die grobe Analyse des Marktes im Immobilienmanagement hat ergeben, dass ein erhebliches Potenzial allein in der Optimierung der Schnittstelle zwischen Bau- und Bewirtschaftungsprozess liegt. Unterschiedliche Studien gehen im Markt Schweiz von einem Rationalisierungspotenzial - für die Bewirtschaftungsphase selber - von mehreren Milliarden Franken aus. Bei den Informationssystemen sind heute bereits verschiedene Tools auf dem Markt verfügbar. Für operative FM-Leistungen wie interne Umzüge, Reinigung, Flächenmanagement etc. gibt es Computer Aided Facility Management Werkzeuge (CAFM-Tools), für die Unterstützung von Instandhaltungsaufgaben, Instandhaltungstools und für die Abbildung der Werteflüsse Enterprise Ressource Planning Systeme (ERP-Systems). Neueren Datums sind Portallösungen und kanalorientierte Anwendungen die Mobiltelefone und Personal Digital Assistants (PDAs) unterstützen. Es hat sich gezeigt, dass es noch keine integrierten Lösungen gibt, die den ganzen Lebenszyklus einer Immobilie wirkungsvoll unterstützen. Die erwähnten neuen Technologien sind für den Bau von Prototypen und ShowCases im Einzelfall bereits verfügbar, wie die Projekte mit intelligenten Häusern (z.B. futurElife in Hünenberg bei Cham, CH) zeigen. Für eine allgemeine Verbreitung von Ubiquitous Computing (UC) müssen aber vor allem bei der Standardisierung (z.B. ePC12) und bei Fragen der Datensicherheit im Rahmen von persönlichen Daten (Privacy-Issues) noch weitere Fortschritte erzielt werden. Eine wirtschaftliche Anwendung von Ubiquitous Computing findet man heute schon in Bereichen, wo sich Prozesse stark optimieren lassen wie beispielsweise in der Beschaffung (Supply Chain Management). Ein neuartiger Ansatz, resp. eine Erweiterung der bestehenden Modelle, wurde mit dem Konzept der Connected Smart Objects gewählt. Darunter versteht man 12
Electronic Product Code
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Geräte und Objekte, welche selbständig mit ihrer Umwelt interagieren können. Da materielle Dinge keine Ziele verfolgen können, wurde deren Zweck spezifiziert. Das Ergebnis umfasst ein Geschäftsnetzwerk für das Facility Management, das über die Business Collaboration Infrastructure miteinander kommuniziert und Transaktionen abwickelt. Auf der Prozessebene wurden die Kundenprozesse und die Prozessarchitektur entwickelt. Auf der Software- und Applikationsebene schliesslich wurde geklärt, welche Anwendungen welche Funktionen im Unternehmensnetzwerk übernehmen.
Technische Innovationen als Enabler neuer Geschäftsmodelle
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6 Literatur [BFE 2001] Bundesamt für Energie, pom+Consulting AG.: Facility Management und Energieeffizienz, Bundesamt für Energie, Bern, 2001. [Fleisch 2001a] Fleisch, E.: Ubiquitous Computing in der Logistik: Architektur und betriebswirtschaftliche Auswirkungen, Universität St. Gallen, IWI, M-Lab, 08. Februar 2001. [Fleisch 2001b] Fleisch, E.: Das Netzwerkunternehmen, Springer, Berlin/Heidelberg, 2001. [Kahlen 2001] Kahlen, H.: Facility Management, Entstehung, Konzeptionen, Perspektiven, Hans Kahlen; Springer, Berlin/Heidelberg 2001. [Leist 2001a] Leist, S.: Der Business Bus als Enabler neuer Geschäftsmodelle, Institut für Wirtschaftsinformatik, Universität St. Gallen, 2001. [Leist 2001b] Leist, S.: Bankenarchitekturen im Informationszeitalter – Zielsetzung und Gestaltungsebenen, Institut für Wirtschaftsinformatik, Universität St. Gallen, 2001. [Maag 2001] Maag Holding AG: Geschäftsbericht, 2001. [Österle 1995] Österle, H.: Prozess- und Systementwicklung, Springer, Berlin/Heidelberg, 1995. [Österle / Winter 2000] Österle, H.: Winter R.: Geschäftsmodell des Informationszeitalters, in: Business Engineering, Springer, Berlin/Heidelberg, 2000. [Rüegg-Stürm 2001] Rüegg-Stürm, J.: Was ist eine Unternehmung – Ein Unternehmensmodell zur Einführung in die Grundkategorien einer modernen Managementlehre, Diskussionsbeitrag, Nr. 36, Institut für Betriebswirtschaft, Universität St. Gallen, 2001. [sia 2000] Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (sia), Schweizerischer Verband der Immobilientreuhänder (SVIT), sia d0165: Kennzahlen im Immobilienmanagement, sia normenverlag, Muttenz, 2000. [Schalcher 2000] Schalcher, H. R.: Die Gunst der Nutzer erlangt, wer das Facility Management beherrscht, in: Finanz & Wirtschaft, Mai 2000. [Staub 2000] Staub, P.: Facility Management – eine Führungsaufgabe in jeder Unternehmung, in: NZZ, 4. Juli 2000.
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Peter Staub, Martin Zeder
[Staub 2001a] Staub, P.: Der Weg zur Professionalisierung, in: Handelszeitung Nr. 10, 07. März 2001. [Staudt/Kriegesmann/Thomzik 1999] Staudt, E.: Kriegesmann B.; Thomzik M.: Facility Management – Der Kampf um Marktanteile beginnt, NZZ Verlag, Zürich, 1999. [Ulrich 1985] Ulrich, H.; Krieg, W.: St. Galler Management-Modell, Haupt, Bern, 1985.
Zweiter Teil
Wertschöpfungspotenziale durch innovative Technologien und neue Prozessarchitekturen
Performance Measurement als Voraussetzung für Business Process Excellence Ferri Abolhassan, Thomas Beck
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Einführung ..................................................................................................362 Marktveränderungen durch e-Business Initiativen .....................................362 2.1 Ernüchterung nach dem Boom ...........................................................362 2.2 Lessons learnt .....................................................................................363 Neuausrichtung auf Business Prozesse .......................................................364 3.1 Business Modell .................................................................................364 3.2 Performance Measurement .................................................................365 3.3 Informationssysteme...........................................................................369 Organisatorische Anpassungen ...................................................................371 4.1 Implementierung des Prozessgedankens ............................................372 4.2 Prozessmanagement als dauerhafte Aufgabe......................................372 4.3 Verlagerung der Managementaufgaben..............................................374 Zusammenfassung ......................................................................................375 Literatur ......................................................................................................377
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1 Einführung Als der italienische Radweltmeister Francesco Moser im Januar 1984 den Stundenrekord gleich zweimal verbesserte, führten dies die meisten Konkurrenten auf sein überlegenes Material und seine Technologien zurück: Karbonfelgen, aerodynamische Bekleidung, computerunterstütztes Monitoring seiner Geschwindigkeit, Höhentraining etc. Sein Erfolg liess sich aber eher mit der konsequenten Ausrichtung seines Trainings an der Herzfrequenz erklären. Sein Sportarzt Dr. Conconi untersuchte die Herzfrequenz in Abhängigkeit der Trainingsintensität und setzte seine Erkenntnisse in ein individuelles Trainingsprogramm für Francesco Moser um. Basierend auf diesem “Key Performance Indicator” verbesserte sich sowohl die Effizienz und Effektivität des Trainings als auch das taktische Verhalten während der Rennen und die physiologischen wie auch psychologischen Änderungen trugen massgebend zu den Weltrekorden bei. Im Folgenden soll diskutiert werden, wie weit sich dieser erfolgsversprechende Ansatz auf modernes Management übertragen lässt und wo er an seine Grenzen stösst. Ebenso soll der Umsetzungsgrad ein wenig beleuchtet werden.
2 Marktveränderungen durch e-Business Initiativen 2.1 Ernüchterung nach dem Boom Als das Internet den e-Business Boom hervorrief, machten sich viele Manager Gedanken, welche Konsequenzen dies für ihr Geschäft hat und wie sie die neuen Herausforderungen anpacken müssen. Kreative Unternehmer nutzten die Gunst der Stunde und setzten im Eilzugstempo technologiegetriebene Konzepte um. Betrachtet man die Märkte heute, ist es offensichtlich, dass sich in Europa das e-Business nicht wie erhofft durchsetzen konnte und sich die Manager vorübergehend von der Euphorie geblendet - wieder auf fundamentale Werte zurückbesinnen. Ein Blick in die Investitionspolitik global tätiger Firmen zeigt, dass aufgrund vergangener Erfahrungen die Risikoaversion stark zugenommen hat. Unternehmen überlegen es sich heute viel mehr, ob und in welche Technologien sie überhaupt investieren sollen. Vielfach wird stattdessen versucht, die neuen Herausforderungen mit der bestehenden IT Architektur zu lösen. Ebenso geht es bei e-Business Projekten im Allgemeinen auch nur darum, das traditionelle Geschäft zu verbessern, indem Aufbau- und Ablauforganisationen optimiert werden. Kaum jemand versucht zurzeit, wirklich neue Wege zu gehen. Nur die wenigsten europäischen Grossfirmen setzen heute elektronische Märkte für den Ein- oder Verkauf
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ein, obwohl dies von den Meinungsbildnern immer wieder als zukunftsträchtig gepriesen wurde. Ebenso wenig wurden damit “globale” Märkte erobert, wenn man bedenkt, dass die erhaltenen Bestellungen meistens lokaler Natur sind [vgl. McMahon 2002b]. Gemäss einer Studie erwirtschafteten im Jahre 2001 die 25 führenden elektronischen Märkte in Europa einen Ertrag von € 350 Millionen, wofür aber Investitionen von € 2 Milliarden notwendig waren. Im Jahr 2001 waren 22 dieser Märkte unprofitabel und nur deren acht erhoffen sich im Jahre 2002 den finanziellen Durchbruch [vgl. McMahon 2002a]. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie es soweit kommen konnte, ob Fehler begannen wurden, und ob man diese hätte vermeiden können.
2.2 Lessons learnt 2.2.1 IT-Produktivität Unternehmen, welche sich Produktivitätssteigerungen durch IT-Investitionen per se erhofften, waren schlecht beraten. Studien belegen nämlich, dass eine solche direkte Korrelation kaum existiert [vgl. Nevens 2001]. IT-Verantwortliche investierten zwar viel Geld in neue Technologien, verstanden es aber nicht, einen Mehrwert für das Business zu generieren. Die neue Infrastruktur war sicherlich ein Hilfsmittel für verbesserte Geschäftsprozesse - mehr aber nicht. 2.2.2 Schlechte Business Modelle Obwohl der Begriff “Business Modell” während der Internet Euphorie in aller Munde war, hatten viele dot coms gar keine oder nur unzureichende Business Modelle [Sandberg 2002]. Diese basierten zudem vielfach auf unrealistischen Annahmen und wurden von den Geldgebern kaum hinterfragt. Old economy Firmen im Gegensatz versuchten zu wenig, die Möglichkeiten des Internets kreativ auszuschöpfen. Stattdessen wurde an alten Abläufen festgehalten. 2.2.3 Allgemeine Wirtschaftslage Es wäre falsch, die heutige Situation mit Fehleinschätzungen und Managementfehlern im e-Business Umfeld alleine erklären zu wollen. Vor allem in Europa gilt es tief greifende Strukturprobleme auf politischer wie auch auf wirtschaftlicher Ebene zu lösen, um die Voraussetzungen für unternehmerische Tätigkeiten in dynamischen Märkten erst zu schaffen. Dies darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass sich das Management vorübergehend zu stark den Technologietrends widmete und dabei vergass, das Kerngeschäft voranzutreiben. Durch das Fehlen von Management Informationssystemen wurden die Entscheidungsträger zu wenig auf diesen Missstand aufmerksam gemacht und der Blindflug dauerte zu lange.
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Um nochmals auf den Radrennsport zurückzukommen: Man verfolgte gespannt die technische Weiterentwicklung der Radsätze, verlor aber das Hauptziel aus den Augen - den Stundenrekord zu brechen. Die Verantwortlichen machten sich zu wenig Gedanken, ob sie das Richtige beobachteten: Radsätze spielen zwar eine grosse Rolle, aber ob sie eine zuverlässige Indikation für das Gesamtvorhaben geben, ist zweifelhaft.
3 Neuausrichtung auf Business Prozesse Im Folgenden soll ein Vorgehen aufgezeigt werden, welches es ermöglicht, eine Strategie erfolgreich umzusetzen und deren Zielerreichung durch ein institutionalisiertes Kennzahlensystem zu messen.
3.1 Business Modell Business Modelle stehen heute mehr denn je im Zentrum der Unternehmensführung. Sie versuchen, die Strategien der Unternehmen zu operationalisieren und sind somit bedeutend mehr als nur Marketingkonzepte. Richtig umgesetzt stellen sie sicher, dass die Aktivitäten der Mitarbeiter im Einklang mit der Strategie stehen und somit auch Mehrwert schaffen. Fragen zu mindestens vier Aspekten müssen dabei beantwortet werden [vgl. Sandberg 2002]: 1. Kunden und deren Bedürfnisse: Welche Kundensegmente sollen adressiert und welche latenten Bedürfnisse können durch das Unternehmen befriedigt werden? Besonders wichtig ist es, nicht einfach eine Technologie im Markt verkaufen zu wollen, sondern Kundenbedürfnisse zu identifizieren. 2. Unique Value Proposition: Welche Produkte und Dienstleistungen sollen auf den identifizierten Märkten angeboten werden? Weshalb sollten die Kunden ihr Geld gerade für diese Dienstleistungen ausgeben wollen? Was macht dieses Angebot einzigartig? Wie kann man die Mitarbeiter und Lieferanten vom Business Plan überzeugen? Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, damit sie mitmachen? 3. Umsetzung: Wie sehen die Geschäftsprozesse aus? Welche Teilaspekte werden selber gemacht und was wird eingekauft (Make or Buy)? Können Teile ausgelagert werden (Outsourcing)? Wo soll das Rohmaterial bezogen und qualifiziertes Personal akquiriert werden? Welche Fabrikationsstandorte und Vertriebskanäle sollen genutzt werden? Wie werden Lieferanten gemanagt und wo soll es Kollaborationen geben? 4. Erträge, Cash Flows und Risiken: Wie soll die Preisstrategie aussehen und wie wird sichergestellt, dass die Einnahmen nachhaltig sind? Wie lange wird es dauern, bis man die Gewinnzone erreicht hat und wie sollen diese Gewinne auf die Beteiligten verteilt werden? Wie sieht der Cash Flow und die Liquiditätsplanung aus?
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Hat man diese Aspekte transparent dargelegt, wird es den Verantwortlichen einfacher fallen, fundierte Entscheide zu fällen und deren Implikationen abzuschätzen. Ebenso wird ersichtlich sein, was man sich von e-Business Initiativen verspricht (Kosteneinsparungen, Time to Market, Kundenbindung, neue Produkte etc.) und welche Innovationskraft, aber auch Komplexität diese Vorhaben mit sich bringen. Ziel muss es sein, sämtliche Initiativen auf den konkreten Mehrwert für die Kunden umzumünzen. Wichtig ist auch, dass man nicht an einem Business Modell festhält, sondern ständig auf der Suche nach besseren Modellen ist. Die Lebensdauer von Business Modellen ist bei ein paar Jahren angelangt und dürfte in Zukunft noch kürzer werden [vgl. Sandberg 2002].
3.2 Performance Measurement Um den Umsetzungserfolg der Strategie und des Business Modells bestimmen zu können, ist es unabdingbar, ein Kennzahlensystem einzuführen. Einige Unternehmen haben dies bereits gemacht und sehen heute in ihren Management Cockpits aufgrund der konjunkturellen Lage einige Kennzahlen in den roten Bereich laufen. In diesem Zusammenhang stellen sich die Unternehmen vermehrt die Frage, ob ihr Kennzahlensystem überhaupt noch adäquat ist oder nicht eventuell an die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden müsste. Die eigentliche Frage muss aber heissen: Ist die aktuelle Strategie noch angebracht und drücken die angewandten Kennzahlen tatsächlich die Zielerreichung der Strategieumsetzung aus [vgl. Gary 2002]?
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Abbildung 1: Management Cockpit
3.2.1 Balanced Scorecard Meistens werden nur Finanzkennzahlen gemessen, was aber zu eindimensional ist. Leider haben die Führungskräfte wenig Erfahrung mit nicht-finanziellen Kennzahlen und wissen selten, welches die Treiber des Geschäfts sind und wie sich diese zueinander verhalten [vgl. Gary 2002]. Im Sinne des Balanced Scorecard Konzepts [vgl. Kaplan/Norton 2001] müssen auch die Kunden-, interne Prozess- und Lern-/Entwicklungsperspektiven mit Kennzahlen erfasst werden. Durch diese Anordnung der Kennzahlen wird eine gewisse Ausgewogenheit hinsichtlich kurzfristiger und langfristiger Ziele, monetärer und nicht-monetärer Kennzahlen, Früh- und Spätindikatoren sowie interner und externer Sichtweisen erreicht.
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Abbildung 2: Perspektiven der Balanced Scorecard Häufig wird ein zweiter Fehler begangen: Die strategische Planung wird von unten nach oben umgesetzt. Zuerst werden laufende oder geplante Initiativen aufgelistet und dann mit einem Kennzahlensystem die Zielerreichung dieser Initiativen gemessen. Initiativen haben aber keinen Selbstzweck, sondern helfen, die verabschiedete Strategie umzusetzen. Somit muss die Reihenfolge umgekehrt sein: zuerst die Strategie entwickeln, dann ein Kennzahlensystem aufbauen und zuletzt überlegen, mit welchen Initiativen die Kennzahlen verbessert, das heisst die Strategie umgesetzt werden kann [vgl. Gary 2002]. Wie bereits oben erwähnt, haben die Zielvorgaben unterschiedliche Fristigkeiten: während operative Effizienzziele eher kurzfristiger Natur sind, sind Vorgaben im Bereich des Kundenmanagements mittelfristig und Produktentwicklungen je nach Branche langfristig zu betrachten. 3.2.2 Kurzsichtige Kostensparmassnahmen Das Führen einer Unternehmung kann auch als Abwägen zwischen (kurzfristigen) Produktivitäts- und (langfristigen) Wachstumszielen gesehen werden. Diese Fähigkeit scheint gerade in rezessiven Zeiten enorm wichtig zu sein, bereitet aber vor allem jüngeren Managern Mühe, da sie nie lernten, mit einer solchen Situation umzugehen. Anders lässt sich kaum erklären, weshalb sich Unternehmen nur noch auf die Produktivitätskennzahlen konzentrieren und dabei mit allen Mitteln versuchen, flächendeckend Kosten zu sparen. Dies kann zum Beispiel durch Kürzungen von Ausbildungsbudgets und/oder Mitarbeiterfreisetzungen einfach erzielt werden.
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Erweitert man den Betrachtungshorizont solcher Aktionen, treten schnell negative Implikationen zu Tage: kurzsichtige Entlassungen führen unter anderem dazu, dass das verbliebene Personal verunsichert und unmotiviert wird, welches sich direkt auf die Arbeitsmoral und den Kundenservice niederschlägt. Dies erhöht die Gefahr, dass profitable Kunden abspringen und gute Mitarbeiter freiwillig kündigen, womit die Arbeitsqualität noch weiter sinkt. Bedeutend sinnvoller wäre es, das mehrdimensionale Kennzahlensystem beizubehalten und gezielt dort Kosten einzusparen, wo man es sich leisten kann: sich von unprofitablen Kunden zu trennen, unprofitable Produkte zu eliminieren, Teilprozesse auszulagern, Lieferantenverträge zu überarbeiten etc. - alles Aktivitäten, welche kurzfristig Kosten einsparen, aber die Erreichung der langfristigen Ziele nicht gefährden. Dies unterstreicht die Wichtigkeit eines Business Modells, damit die verlangten Kostensenkungen strategisch sinnvoll durchgeführt werden und man sich nicht durch kurzsichtiges Zerschlagen die Zukunft verbaut. 3.2.3 Kontinuierliche Optimierung des Kennzahlensystems Selbst wenn eine Unternehmung ein ausgewogenes Kennzahlensystem hat, muss sie sich ständig überlegen, wie sich diese Key Performance Indicators (KPI) zur eigentlichen Strategieumsetzung verhalten und ob sie auch das Richtige messen. Vor allem im Bereich der Finanzkennzahlen kann man relativ einfach falsche Steuerungsimpulse geben. Geht es zum Beispiel im Zahlungsverkehr mit typischerweise hohen Fixkosten darum, sich von unprofitablen Kunden zu trennen, muss man es sich genau überlegen, ob man für die Berechnung der Kundenprofitabilität wirklich die Vollkosten herannehmen soll: Sobald sich die Kundenbasis nach der ersten Trennungsrunde reduziert hat, müssen die gleichgebliebenen Fixkosten auf weniger Kunden verteilt werden, was zuvor profitable Kunden plötzlich unprofitabel macht. Dreht man diese Spirale weiter, muss man sich früher oder später von allen Kunden trennen, was kaum im Sinne der Strategie sein dürfte. Wird in der Automobilindustrie zum Beispiel entschieden, die Produktion um 10% zu reduzieren, heisst dies noch lange nicht, dass die Kosten entsprechend reduziert werden. Erst wenn man weiss, welche Aktivitäten dadurch effektiv entfallen, kann man die Kosteneinsparungen schätzen. Zudem sollte man sich bewusst sein, welche Auswirkungen die 10%-ige Produktionskürzung entlang der Wertschöpfungskette haben wird. Die Lieferanten werden ihrerseits die Produktion um mehr als 10% kürzen müssen, da sie selber noch Ware auf Lager haben. Somit wird sich diese einfache Kürzung auf alle Vorgänger um ein Mehrfaches übertragen. Vermeintlich einfache Fragestellungen, ob man zum Beispiel die Gewinnmaximierung (Maximaler Ertrag minus minimale Personalkosten) eines Geschäftsprozesses mittels Messung der Bearbeitungszeit, des Rückstands oder der Kundennachfrage steuern soll, bewegen sich schnell auf einer wissenschaftlichen Ebene [vgl. Powell/Schwaninger/Trimble 2001]. Dies ist ein Indiz dafür, dass in der Praxis kaum bekannt und auch in der Literatur nur spärlich beschrieben ist,
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wie ein solch geschlossener Regelkreislauf mit seinen Frühwarnindikatoren im Detail operationalisiert werden soll [vgl. Powell et al. 2001, S. 64]. Es zeigt sich also, dass es nicht genügt, ein Balanced Scorecard Modell einmalig einzuführen. Das Management muss vielmehr bemüht sein, die angewandten Kennzahlen auf die aktuelle Strategie abzustimmen und deren Interdependenzen und Sinnhaftigkeit kontinuierlich zu überprüfen. Dies wird im Verlaufe der Zeit den Regelkreislauf verfeinern und dessen Qualität erhöhen.
3.3 Informationssysteme 3.3.1 Data Warehouses und Operational Data Stores Hat man das Kennzahlensystem bestimmt, geht es darum, dieses regelmässig zu erheben und auszuwerten. Dafür bieten sich klassischerweise Data Warehouses an. Deren Zweck ist es, Daten aus operativen Systemen auf einer eigenständigen Plattform in einer integrierten, konsistenten und historisierten Form abzulegen und den Entscheidungsträgern in einer Art und Weise zugänglich zu machen, die eine zielgerichtete Geschäftssteuerung ermöglicht [vgl. Meyer 2000, S. 19]. Die Auswertungen geschehen meistens nach den Dimensionen Kunde, Produkt, Zeitperiode und Ort und sind somit geschäftsfall- und weniger prozessorientiert. Der eigentliche Mehrwert liegt bei der Integration und Konsistenz der Daten, zumal diese im Allgemeinen von unterschiedlichen operativen Systemen stammen. Typisch ist auch, dass Data Warehouses rein analytische Systeme sind und keinen direkten Einfluss auf das Tagesgeschäft haben. Ebenso typisch ist die Nicht-Volatilität der Daten. Einen anderen Fokus haben Operational Data Stores, wo die Anforderungen an Volatilität, Historisierung und Detaillierung unterschiedlich sind. Betrachtet man zum Beispiel ein CRM System eines Call Centers, so muss jede Zustandsänderung der Kunden sofort nachvollzogen werden. Dadurch erst ergibt sich für das Management die Möglichkeit, das Tagesgeschäft mit diesem System zu steuern oder den Kunden neue Dienstleistungen anzubieten. 3.3.2 Messung von Prozesskennzahlen Weder Data Warehouses noch Operational Data Stores messen Gesamtprozesse. Während erstere zwar flächendeckend, dafür aber produkt- respektive transaktionsorientiert sind, sind zweitere teilweise prozessorientiert, aber nicht flächendeckend. Betrachtet man moderne Workflow Systeme, besitzen diese sehr wohl gute Informations- und Analysekomponenten, decken aber auch nur die Bereiche der angebundenen Applikationen ab. Dies kann, muss aber nicht, flächendeckend sein. Je nachdem begründet sich hier ein Managementbedarf nach zusätzlichen Informationen.
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Gefordert ist ein analytisches Informationssystem, welches integrierte, konsistente Prozesskennzahlen entlang der Gesamtprozesse misst und analysiert. Ein solches System ist nicht als Konkurrenz, sondern als wichtige Ergänzung zu den bestehenden Informationssystemen zu verstehen. 3.3.3 Real-time Technologie Beim Bau und Betrieb von Informationssystemen gilt es immer, einen Kompromiss zwischen Datenqualität, Periodenlänge und Auslieferungszeit einzugehen. Je nach Priorität werden Monatszahlen einmalig verarbeitet, wobei die Datenveredelung und Qualitätskontrollen ein paar Tage in Anspruch nehmen können, oder Informationssysteme werden sofort aktualisiert, was aber heisst, dass die Qualitätsanforderungen geringer sind.
Abbildung 3: Kompromiss bei Informationssystemen Organisatorische Anpassungen und technologische Entwicklungen haben diesen Kompromiss bereits stark verkleinert und werden ihn über kurz oder lang zum Verschwinden bringen. Dies wird zur Folge haben, dass die Entscheidungsträger immer mehr und bessere Daten zur Verfügung haben werden. Übernimmt man das Gedankengut des letzten Kapitels und setzt dies mit realtime Technologie um, eröffnen sich der Unternehmensführung neue Möglichkeiten. Die Idee ist, dass man zum Beispiel die Balanced Scorecards nicht auf einer
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monatlichen Basis bekommt, sondern die Kennzahlen real-time aktualisiert werden. Durch die einfachere Verfügbarkeit von aussagekräftigen und aktuellen Informationen lässt sich die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der Unternehmung qualitativ verbessern, da es dem Management einfacher fällt, die Situation zu analysieren und Implikationen von Eingriffen abzuschätzen. Mit kürzeren Feedbackzyklen können die Verantwortlichen schneller reagieren und zielgerichteter Prozessoptimierungen vornehmen. Ebenso können Vorhaben in Angriff genommen werden, welche bis jetzt als zu komplex galten [vgl. Reengineering in real time 2002], wie zum Beispiel unternehmensübergreifende Prozessoptimierung [vgl. Champy 2002] oder dauerhaftes Prozessmanagement im Gegensatz zu einmaligen Optimierungsprojekten [vgl. Hammer 2001]. Dadurch erhöht sich die Effizienz wie auch Effektivität des Prozessmanagements, was sich in niedrigeren Kosten niederschlägt. Noch weitreichender wird der Einfluss der real-time Technologie auf das Tagesgeschäft sein. Was man heute vom Betrieb von IT Systemen schon kennt, dürfte vermehrt auf das Tagesgeschäft übertragen werden: ereignisgesteuerte Informationssysteme nehmen direkt Einfluss auf die Lenkung, lösen kleinere Probleme selber und alarmieren das Management nur in Ausnahmesituationen. Die Frage stellt sich, wie weit qualitative Arbeitsschritte mittels Workflow Systemen automatisiert werden können und wo deren Grenzen liegen werden. 3.3.4 IT Operations Eine der Haupterkenntnisse dieses Beitrags war bis jetzt, dass sich Unternehmen während des Internet Booms zu stark auf technologische Entwicklungen konzentriert und dabei die Geschäftssicht vernachlässigt haben. Als Konsequenz wurde gefordert, sich wieder auf die Wertschöpfungskette und die Befriedigung von Kundenbedürfnissen zu fokussieren. Dazu wurden Wege aufgezeigt, wie man mit wertbasierten Informationssystemen das Management unterstützen kann. Bei dieser Forderung darf aber die Wichtigkeit der IT Operations nicht vergessen werden: nur wenn die Verfügbarkeit, Leistungsfähigkeit, Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit der IT Systeme gewährleistet ist, kann eine Unternehmung professionell den Kunden gegenübertreten [vgl. Paquet 2002].
4 Organisatorische Anpassungen Der Unternehmenserfolg hängt schlussendlich von der Leistungsfähigkeit und Motivation der MitarbeiterInnen ab. Informationssysteme sind lediglich Werkzeuge. Mit organisatorischen Anpassungen kann einerseits ein Fit zwischen den Arbeitsstellen und IT Systemen erzeugt werden und mit Ausbildung wird andererseits sichergestellt, dass im Sinne des Ganzen gehandelt wird.
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4.1 Implementierung des Prozessgedankens Das Bewusstsein bezüglich Prozesssicht ist in den Unternehmen unterschiedlich vorhanden: Je höher das Management, umso fundierter ist das allgemeine Prozesswissen und um so mehr bestehen konzeptionelle Vorstellungen, was Prozessorientierung für die eigene Unternehmung heissen könnte. Je näher das untere Management am operativen Tagesgeschäft ist, umso weniger ist es für sie von Interesse, ob man anscheinend funktions- oder prozessorientiert arbeitet - Hauptsache, das Tagesgeschäft verläuft reibungslos. Ähnliches gilt für LinienmitarbeiterInnen, welche unabhängig von diesen Grundsatzdiskussionen einfach ihre Arbeit so gut als möglich machen wollen. Jegliche Versuche, Transformationen erfolgreich durchzuführen, bedürfen der Einsicht und des Verständnisses aller Stufen. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, MitarbeiterInnen und Führungskräfte stufengerecht auszubilden und auf Änderungen vorzubereiten. Dazu gibt es seit Jahren gute Literatur und Seminare, welche extern wie auch intern angeboten werden. Eine Herausforderung ist aber nach wie vor, die Lerninhalte und Beispiele so zu präsentieren, dass es die Lernenden auf ihre konkrete Arbeitssituation übertragen können und wirklich verstehen, was Prozessorientierung und –management für sie und das ganze Unternehmen heisst. Die Führungskräfte und MitarbeiterInnen müssen für sich einen Mehrwert sehen. Diese fundamentalen Gedankengänge müssen von allen Beteiligten verstanden worden sein, wenn man über Optimierung und Kostensenkungsmassnahmen spricht. Ansonsten werden damit nur negative Aspekte wie Reorganisation, Machtverlust, Unsicherheit, Entlassungen etc. assoziiert, was ein schlechter Nährboden für Transformationen ist. Ist das Prozessverständnis vorhanden, werden nicht nur Managemententscheide besser verstanden, sondern auch Verbesserungsvorschläge von unten hervorgebracht - aus Betroffenen werden Beteiligte. Die gleiche Sensibilisierung gilt es auch bezüglich kennzahlenbasierter Unternehmensführung herbeizuführen. Das Management muss gewillt sein, die Auswirkungen ihres Handelns mit Kennzahlen zu messen, zu analysieren und anschliessend Massnahmen einzuleiten. Sensibilisierung und Ausbildung sind die ersten Schritte zur Unternehmensentwicklung.
4.2 Prozessmanagement als dauerhafte Aufgabe Wird Unternehmensführung als Gestaltung, Lenkung und Entwicklung sozialer Systeme verstanden [vgl. Ulrich 2001, S. 245ff.], genügt es nicht, die Prozesse nur einmalig zu gestalten. Insbesondere der Entwicklungsaspekt verlangt, dass die Strukturen und Prozesse kontinuierlich den sich ändernden Gegebenheiten angepasst werden. Mit dem Zyklus Prozessentwurf, Implementierung und Prozess Controlling wird dies sichergestellt.
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Abbildung 4: Business Process Excellence Mit der Verankerung des Prozess Controllings stossen die meisten Unternehmen in einen neuen Reifegrad des Prozessmanagements vor, da sich der Betrachtungshorizont ändert: nicht mehr das Projekt sondern der Prozess steht im Vordergrund. Bei einem klassischen Optimierungsprojekt führt ein temporäres Team in einer gewissen Zeit mit einem bestimmten Budget gewisse Prozessänderungen durch. Die Initiative und Projektleitung liegt meistens bei Stabsstellen oder externen Beratern, da in der Linie das Projektmanagement-Wissen fehlt. Nach Projektabschluss wird das Projektteam auf neue Projekte aufgeteilt und der Prozess wird wieder an die Linie übergeben, welche sich ab sofort mit den neuen Abläufen arrangieren muss. Existiert ein Prozess Controlling und werden die Linienverantwortlichen auch danach gemessen, haben diese einen ganz anderen Anreiz, die Prozessverantwortung wahrzunehmen. Sie lassen sich Optimierungsprojekte nicht mehr von aussen aufdrücken, sondern bestimmen selbst, was in welcher Reihenfolge mit wieviel Aufwand optimiert werden muss. Selbstverständlich werden sie auf das Methoden- und Projektmanagement-Wissen anderer nicht verzichten können, aber das Eigeninteresse am Erfolg und der Qualitätsansporn sind viel grösser. Das “Run-the-Company” und “Change-the-Company” wird dadurch qualitativ besser verzahnt. Dies wird konsequenterweise auch Auswirkungen auf die Organisationsstruktur haben. Prozessberater werden vorzugsweise auf allen Stufen den Entscheidungsträgern zur Seite stehen und diese bezüglich Prozessmanagement unterstützen. Sie werden funktional dem Chief Process Officer (CPO) unterstellt sein und ihre Arbeiten bezüglich Ausbildung, Standardisierung etc. koordinieren. Hierarchisch
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sind sie aber dem Linienverantwortlichen unterstellt und lassen seine konkreten Anliegen in die Projekte einfliessen. Wie zentral respektive dezentral das Prozessmanagement organisatorisch aufgehängt werden sollte und wie viele Redundanzen gewollt sind, muss jede Unternehmung für sich selber entscheiden, da es keine richtigen oder falschen Lösungen gibt. Entscheidend ist lediglich, dass die Prozessverantwortung dezentral von der Linie wahrgenommen wird.
4.3 Verlagerung der Managementaufgaben Mit der Gestaltung von Unternehmen wird versucht, die Lenkung und Steuerung des Tagesgeschäfts so gut wie möglich zu automatisieren. Dies erlaubt den Führungskräften, sich noch stärker auf die Gestaltung und Entwicklung zu konzentrieren, da sie mehr von nicht-wertgenerierenden Aktivitäten befreit werden. Zusätzlich zur Optimierung interner Strukturen und Abläufe können dabei auch externe und interne Beziehungen verbessert werden. Einige Aspekte sollen im Folgenden angesprochen werden, wobei aber auf eine detailliertere Betrachtung in diesem Beitrag verzichtet wird: • Kundenkontakt: Führungskräfte und MitarbeiterInnen können dort eingesetzt werden, wo sie zusätzlichen Mehrwert generieren, wie zum Beispiel bei der Bearbeitung von Spezialfällen oder beim direkten Kundenkontakt. Dadurch steigt nicht nur die Verarbeitungsqualität, sondern auch die Kunden- und Marktnähe, was die strategische Wettbewerbsposition der Unternehmen stärkt. • Vertragsverhandlungen: Lieferantenverträge können besser verhandelt und die Einhaltung der Service Level Agreements überwacht werden, was sich auf die Qualität der Verträge und somit auch auf die Kosten auswirkt. • Mitarbeiterführung: Zielvereinbarungen können klarer kommuniziert werden, da man Dank der KPIs eine gemeinsame Sprache spricht. Erbrachte Leistungen werden sachlicher diskutiert und bei Bedarf Entwicklungsmassnahmen eingeleitet, deren Resultate natürlich wieder messbar sind. • Planung: Mit den in diesem Beitrag beschriebenen Informationssystemen stehen dem Management gute Werkzeuge für eine effektive Planung zur Verfügung. Entscheide können sowohl auf strategischer, wie auch taktischer und operativer Ebene fundierter gefällt und umgesetzt werden. Ebenso können Pläne für diverse Szenarien vorbereitet und je nach (Ausnahme-) Situation hervorgeholt werden. Als logische Fortsetzung empfiehlt es sich, Simulationsmodelle zu entwickeln und für die Entscheidungsfindungen heranzuziehen. Während klassische Informationssysteme Momentaufnahmen festhalten, können Simulationsmodelle die Dynamik und das Verhalten des Gesamtsystems aufzeigen, was dem Management einen unglaublichen Mehrwert generiert. Als besonders erfolgreich haben sich Management Flugsimulatoren1 erwiesen. 1
Zum Thema Management Flugsimulatoren und System Dynamics gibt es reichlich Literatur diverser Autoren wie zum Beispiel JW Forrester oder JD Sterman von der MIT Sloan School of Management.
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• Reaktions- und Anpassungsfähigkeit: Aufgrund verbesserter Informationssysteme kann besser und schneller auf Umweltveränderungen reagiert und Transformationen durchgesetzt werden. Manager können gestärkt in Diskussionen über Make or Buy, Outsourcing, Insourcing, Service Level Agreements etc. eintreten, da sie die aktuelle Kostenstruktur kennen und mögliche Implikationen von Änderungen abschätzen können. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Führungskräfte mehr Zeit für Kommunikation haben werden und die Qualität zunehmen wird, was im multikulturellen Umfeld globaltätiger Firmen ein entscheidender Erfolgsfaktor ist.
5 Zusammenfassung In diesem Beitrag wurde versucht aufzuzeigen, wie Unternehmensführung durch den Einsatz eines wertbasierten Kennzahlensystems eine neue Bedeutung bekommt und die Qualität entsprechend gesteigert wird. Aufgrund der allgemein zunehmenden Komplexität und den (negativen) Erfahrungen während des Internet Booms, wuchs die Einsicht der Manager, dass Führung messbar gemacht werden muss und man sich Blindflüge nicht mehr leisten kann. Dazu wurden die Konzepte des “Business Modells” und der “Balanced Scorecard” vorgestellt und dafür plädiert, auch in rezessiven Zeiten langfristige Wachstumsziele nicht aus den Augen zu verlieren. Ebenso wurde darauf hingewiesen, wie schwierig die Operationalisierung des Kennzahlensystems im Tagesgeschäft ist und dass sowohl die Literatur wie auch die Praxis noch einen weiten Weg vor sich haben. Dennoch soll daran festgehalten werden, dass der Unternehmenserfolg nur dann garantiert werden kann, wenn die Strategieumsetzung regelmässig gemessen und analysiert wird. Weiter wurden diverse Informationssysteme als mögliche Datenlieferanten betrachtet, wobei auffiel, dass es für die Messung von Prozesskennzahlen noch kaum flächendeckende Systeme gibt. Dies wiegt umso schwerer, wenn man bedenkt, wie zentral Begriffe wie Geschäftsprozessoptimierung oder kontinuierliches Prozessmanagement im heutigen Management sind. Nach der Behandlung der technischen Seite wurde auf organisatorische Implikationen eingegangen. Ausser Diskussion steht heute die Einsicht, dass auf die sich ändernden Umweltbedingungen (Kunden, Märkte, Politik, Gesetzgebung etc.) mit der Neugestaltung respektive Optimierung von Geschäftsprozessen reagiert werden muss. Als notwendige Voraussetzung braucht es dafür eine unternehmensweite Sensibilisierung und eine konsequente Ausrichtung der Organisationsstrukturen auf die Geschäftsprozesse. Sowohl die Rolle des Chief Process Officers als auch die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Prozessmanagements wurden dabei diskutiert. Ziel der Prozessoptimierungen muss es sein, Führungskräfte und MitarbeiterInnen dort einzusetzen, wo sie am meisten Mehrwert generieren. Wenn es den Managern gelingt, sich von der direkten Lenkung und Steuerung des Tagesgeschäfts zu lösen, können sie sich vermehrt den Gestaltungs- und Entwicklungsaufgaben widmen, was die Überlebensfähigkeit der Unternehmung verbessert. Mit verbes-
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Ferri Abolhassan, Thomas Beck
serten Planungs- und Simulationstools können fundiertere Entscheide gefällt und diese auch besser kommuniziert werden. Ist diese Mess- und Analysekultur in den Unternehmen verankert, besteht eine gute Chance, dass die nächsten Trends realistischer eingeschätzt werden und nachhaltigere Erträge abwerfen.
Performance Measurement
377
6 Literatur [Champy 2002] Champy, J.: X-Engineering the Corporation: Reinventing Your Business in the Digital Age, Time Warner, New York, 2002. [Gary 2002] Gary, L.: How to Think About Performance Measures Now. Harvard Management Update, Vol. 7, Nr. 2, 2002. [Hammer 2001] Hammer, M.: The Agenda: What Every Business Must Do to Dominate the Decade, Random House, New York, 2001. [Kaplan/Norton 2001] Kaplan, R. S.; Norton, D. P.: The Strategy-Focused Organization - How Balanced Scorecard Companies Thrive in the New Business Environment, McGraw-Hill, 2001. [McMahon 2002a] McMahon T.: E-marketplaces failing to score succes, www.europemedia.net/shownews.asp?ArticleID=9649, (gefunden im März 2002). [McMahon 2002b] McMahon, T.: B2B companies optimistic about internet, www.europemedia.net/shownews.asp?ArticleID=8833, (gefunden im März 2002). [Meyer 2000] Meyer, M.: Organisatorische Gestaltung des unternehmensweiten Data Warehousing, Dissertation der Universität St.Gallen (HSG), Bamberg, 2000. [Nevens 2001] Nevens M.: Looking Behind the Myth of IT Productivity, Harvard Management Update, Vol. 6, Nr. 12, 2001. [Paquet/Scott 2002] Paquet, R., Scott, D.: The Business Importance of IT Operations. www.gartner.com, Note Number AV-16-0892, (gefunden im April 2002). [Powell et al. 2001] Powell, S. G.; Schwaninger, M.; Trimble, C.: Measurement and control of business processes. System Dynamics Review, Vol. 17, Nr. 1, Spring 2001. [Sandberg 2002] Sandberg, K. D.: Is It Time to Trade In Your Business Model? Harvard Management Update, Vol. 7, Nr. 1, 2002. [Ulrich 2001] Ulrich, H.: Anleitung zum ganzheitlichen Denken und Handeln, Gesammelte Schriften, Haupt, Bern, 2001.
Wissensmanagement in der Praxis: Von der Strategie zur methodischen Umsetzung Heinz Berger, Siegmund Himmel
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Ausgangslage und Problemstellung ............................................................380 Ziele und Vorgehen.....................................................................................380 Wissensmanagement förderliche Kultur .....................................................382 3.1 Spezifische Empfehlungen .................................................................383 3.2 Implikationen auf die Wissensmanagement-Strategie........................383 Wissensmanagement-Strategie ...................................................................384 4.1 Einstieg und Erfolgsfaktoren ..............................................................385 4.2 Grundsätze und Hauptausrichtungen..................................................386 4.3 Spezifische Empfehlungen .................................................................386 Wissensmanagement, Prozesse, IT-Systeme ..............................................387 5.1 Wissensmanagement-Unterstützungsprozesse und entsprechende IT-Systeme..................................................................388 5.2 Communities of Practice ....................................................................389 5.3 Empfehlungen: Einsatz von Communities of Practice .......................390 Integration des Wissensmanagements in die methodische Geschäftsprozess-Entwicklung ...................................................................391 6.1 Architekturplanung.............................................................................392 6.2 Spezielle Betrachtungen zu Wissensmanagement im MRP Know-how Transfer-Prozess.....................................................396 Zusammenfassung ......................................................................................399 Literatur ......................................................................................................400
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Heinz Berger, Siegmund Himmel
1 Ausgangslage und Problemstellung Im Rahmen der industriellen Revolution wurden die hauptsächlichen Produktionsfaktoren Boden und Arbeit durch den Faktor Kapital und schliesslich mit dem Aufkommen neuer Technologien, wie dem Computer, durch Information und Wissen abgelöst. Die zunehmende Bedeutung von Wissen in unserer Gesellschaft erfordert, dass das Management heutiger Unternehmen dieser „Ressource" genügend Beachtung schenkt und sie als massgebliche Komponente in die Unternehmensstrategien mit einbezieht. Welches sind jedoch die Trends unserer Wissensgesellschaft, welche ein professionelles Wissensmanagement zu einem stützenden Pfeiler unternehmerischen Handelns werden lassen? Diese können anhand der in diesem Beitrag untersuchten Unternehmen Rentenanstalt/Swiss Life und UBS1 veranschaulicht werden: In einer verschärften globalen Wettbewerbssituation besteht hoher Druck zur schnellen Innovation und Bereitstellung neuer Produkte und Dienstleistungen (Wissensvermehrung). Gleichzeitig werden mit der stürmischen Entwicklung und Verbreitung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ganze Wertschöpfungsketten umgestaltet. Durch die Omnipräsenz des Internets ohne zeitliche oder geographische Grenzen ist es heute möglich, wichtige Informationen innerhalb kürzester Zeit zu erhalten (Wissensglobalisierung). Multinationale Unternehmen wie Rentenanstalt/Swiss Life und die UBS AG erschliessen neue Märkte, eröffnen neue Vertriebskanäle und entwickeln innovative Geschäftsmodelle, um ihre Position im globalen Markt zu stärken. Endkunden und Lieferanten werden in die Veränderung bzw. Optimierung des Wertschöpfungsnetzwerks eingebunden2. Schliesslich findet eine stetige Abwanderung von Wissen durch Personalfluktuation (Wissensfluktuation) statt, und im Zeitalter der Globalisierung erfordert die Wissensfragmentierung über räumliche Distanzen einen erhöhten Koordinationsaufwand.
2 Ziele und Vorgehen Mit Bezug auf die obengenannten Herausforderungen war es ein Ziel der zu diesem Beitrag geführten Untersuchungen festzustellen, welche Bedeutung dem Thema Wissensmanagement in den Unternehmen Rentenanstalt/Swiss Life und UBS beigemessen wird, und inwiefern dieses bereits umgesetzt ist bzw. konkrete Vorhaben bestehen. Diesbezügliche Ergebnisse und Empfehlungen werden in den Kapiteln 3 bis 5 dargestellt. Ein weiteres Hauptziel war es zu zeigen, inwiefern die
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2
Die Autoren konzentrierten sich auf Teile der UBS (Schweiz) und des Corporate Center der UBS AG Vergleiche hierzu auch die Geschäftsarchitektur des Informationszeitalters [Oesterle et al. 2000, S. 23ff].
Wissensmanagement in der Praxis
381
Integration des Wissensmanagements in die Geschäftsprozesse methodisch herbeigeführt werden kann. Dies wird in Kapitel 6 dargelegt. Um ein möglichst umfassendes Bild zu Bedeutung und Vorhaben des Wissensmanagements zu erhalten, wurden im Herbst 1999 mit einem Dutzend ausgewählter Management Vertreter beider Unternehmen strukturierte Interviews geführt. Die Befragung gliederte sich primär nach den Bausteinen des Wissensmanagements.
Abbildung 1: Bausteine des Wissensmanagements [Probst, S. 58] Die Antworten wurden konsolidiert und im Hinblick auf signifikante Gemeinsamkeiten und Differenzen sowohl zwischen den beiden Unternehmen, als auch zwischen den jeweiligen Bereichen innerhalb der Unternehmen selbst untersucht. Dabei wurden die Ebenen Strategie, Prozesse, Informationssysteme und Kultur analysiert und auf Best Practices basierende Empfehlungen für beide Unternehmen abgeleitet. Im Fokus stand hierbei die Integration des Wissensmanagements in die Geschäftsprozesse. Daher wurde anschliessend im Rahmen eines Projektes ein Geschäftsprozess unter Anwendung der PROMET-BPR® Methode entwickelt, wobei diese auf die Erkenntnisse aus der Interviewphase zurückgreifend um Komponenten des Wissensmanagements systematisch erweitert werden konnte. Warum war jedoch für die Autoren die Integration des Wissensmanagements in die Geschäftsprozesse ein wichtiger Fokus? Das Modellieren und Optimieren von Geschäftsprozessen hat sich zumindest seit den frühren 90-er Jahren mit der Welle von „Business Process Reeingineering" Projekten zu einer wichtigen Management-Disziplin entwickelt. Unternehmen wie Rentenanstalt/SwissLife und UBS haben Prozessentwicklungsprojekte durchgeführt, welche zum Ziel hatten, die Geschäftsprozesse des Unternehmens zu erfassen, zu analysieren, zu verbessern und schliesslich durch optimalen Einsatz geeigneter Informationstechnologien effizient zu unterstützen. Mit dem Einsatz entsprechender Methoden wie PROMET-BPR® wird sichergestellt, dass Aktivitäten in der richtigen Reihenfolge durchgeführt werden, die notwendigen Dokumente und Informationsobjekte den zuständigen Mitarbeitern zur richtigen Zeit zur Verfügung gestellt werden usw.
382
Heinz Berger, Siegmund Himmel
Eine wesentliche Ressource für die effiziente Gestaltung der Kooperation, Koordination und Kommunikation von Menschen innerhalb eines Geschäftsprozesses bleibt jedoch meist unbeachtet: Das Wissen der Mitarbeiter oder im Idealfall das Wissen der Organisation. Ein Grund für diese Tatsache mag darin liegen, dass Daten und Informationen, die meist in strukturierter, leicht abzubildender und zu verarbeitender Form vorliegen, einfacher zu behandeln (hier: zu modellieren) sind als das Wissen, das in den Köpfen der Mitarbeiter vorhanden ist. Eine besondere Anwendung des Wissensmanagements ergibt sich somit aus der Integration von Wissen in die Gestaltung und Durchführung von Geschäftsprozessen. Bei Entwurf und Führung von Geschäftsprozessen soll hier das Problem angegangen werden, dass eine Vielzahl von Mitarbeitern Wissen über einen bestimmten Prozessausschnitt haben, dieses aber nicht hinreichend bekannt ist.
3 Wissensmanagement förderliche Kultur Wissensteilung ist ein zentraler Bestandteil einer derartigen Unternehmenskultur. Es geht hier einerseits um die Bereitschaft, eigenes Wissen anderen zur Verfügung zu stellen (z.B. durch Explizierung und Pflege informeller und formeller Netzwerke), aber um auch die Bereitschaft, fremdes Wissen anzuwenden. Hiermit wird die Voraussetzung gegeben, neues Unternehmenswissen zu entwickeln. The Conference Board befragte in seiner Praxisstudie über Wissensmanagement und organisationales Lernen 200 Führungspersonen in 158 global tätigen Unternehmen und kam zum Schluss: „a culture of hoarding knowledge is the second biggest barrier to successful KM efforts" [The Conference Board 2000]. Gemäss Interviews scheinen in beiden befragten Unternehmen (Rentenanstalt/Swiss Life, UBS) weitgehend identische Probleme bezüglich der Bereitschaft zur Wissensteilung und Nutzung fremden Wissens zu bestehen3. Alle Befragten nannten diesen Punkt als bedeutend, obwohl sie die Nutzungsbereitschaft fremden Wissens für ihre eigenen Einheiten überdurchschnittlich hoch einschätzten. „Only 13 percent of CEOs initiate and direct the shared learning culture; 33 percent are active participants; and more than 50 percent have only a limited involvement" stellt The Conference Board weiter fest. Demzufolge reicht es nicht, Strategien zu entwickeln und Massnahmen zu beschliessen. Das Thema gehört in die Agenda eines CEO. Wissensspezifische Verhaltenswerte - gemeint ist hier die Bereitschaft zur Wissensteilung und Aufnahme fremden Wissens - werden zumindest auf oberster Stufe in den beiden untersuchten Unternehmen erst allmählich kommuniziert. Allerdings finden sich diesbezüglich bei den Unternehmen in vergangener Zeit erfreuliche Signale (Rentenanstalt/SwissLife4, UBS5). 3
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Es wurden wiederholte Aussagen zu NIH-Syndrom (NIH = Not Invented Here) und Kommunikationsproblemen zwischen benachbarten Organisations-einheiten gemacht. Zitat von Manfred Zobl, CEO Rentenanstalt/SwissLife in der Sonntagszeitung vom 30.12.2000: „Zwar braucht es zum Erfolg eines Unternehmens den Einsatz modernster Technologien, aber entscheidend ist auch, das Wissen der Mitarbeitenden zu nutzen und zu optimieren. Knowledge-Management wird zu einem zentralen Instrument der Unter-
Wissensmanagement in der Praxis
3.1
383
Spezifische Empfehlungen
Die grundsätzlichen Probleme scheinen also in beiden Unternehmen erkannt zu sein. Trotzdem ist die Verankerung der kulturellen Basis bzw. der entsprechenden Werte und Verhaltensregeln ein fortlaufender Prozess der kleinen Schritte, welcher auch ohne das Vorliegen einer ausdefinierten Wissensmanagement-Strategie in Angriff genommen werden sollte. Folgende Aktionspunkte können dabei die kulturelle Verankerung im Unternehmen unterstützen: • Vermittlung von Wissensmanagment-Grundlagen (Bedeutung, Aspekte, Barrieren und Verhaltensrichtlinien) und Grundlagen des Organisationalen Lernens in der internen Führungsausbildung und dabei Sensibilisierung auf entsprechende Kulturelemente (mit Praxisbeispielen, Übungen etc.). Diesbezüglich soll nicht nur der Führungsnachwuchs, sondern auch das mittlere und obere Management aktiviert werden. • Vermittlung und Vorleben gemeinsam propagierter Werte im täglichen Führungsverhalten, auch mittels offener und aktueller Informationspolitik. • Förderung team-basierter, flacher Organisationsformen mit weitgehender Delegation und Coaching-Führungsstil. • Zu speziellen Themen Förderung bzw. Einsetzen interdisziplinärer ThinkTanks, welche klare Ziele haben und in welchen Spezialisten unterschiedlicher Rangstufen mitarbeiten. Kommunikation der Ergebnisse (Motivation). • Erweiterung bzw. teilweise Neuausrichtung des betrieblichen Vorschlagswesens im Sinn der Belohnung von Nutzung 'fremden' Wissens, d.h. aus anderen Organisationsbereichen. Es sollte also weniger das Plazieren von Vorschlägen für Umsetzung durch andere, sondern Ideen zur Umsetzung am eigenen Arbeitsplatz gefördert werden. • Schaffen von Anreizen (Incentives) durch Einbau der Bewertung von Wissensteilung und Nutzung 'fremden' Wissens in die persönlichen Zielsetzungs- und Zielbewertungssysteme (MbO) auf allen Mitarbeiterebenen. Hiermit würde sich auch die Wissensteilung zwischen organisatorischen Bereichen verbessern.
3.2
Implikationen auf die Wissensmanagement-Strategie
Die kulturellen bzw. verhaltensspezifischen Werte und Aspekte haben wesentlichen Einfluss auf die Ziele einer WM-Strategie und die Erfolgschancen davon abgeleiteter Programme bzw. Projekte. So ist auch Gartner [GartnerGroup 1999D, S.11] der Meinung, dass bei der Verfolgung von WissensmanagementProgrammen die kulturellen Probleme die technologischen bei weitem überschatten. Da in den meisten Unternehmen im allgemeinen eine klare Abneigung
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nehmensführung. Es gilt, eine Kultur des Teilens und Mitteilens zu schaffen, denn Wissen ist das einzige Gut, das sich mehrt, wenn man es teilt." Das UBS-Mitarbeitermagazin „Our Times" Nr. 5 vom 12.2000 ist dem Thema „Teamwork" gewidmet
384
Heinz Berger, Siegmund Himmel
herrscht, Wissen aus Furcht vor vermindertem 'persönlichem Wert' zu teilen, sollte diesem Punkt bei Wissensmanagement-Programmen zentrale Beachtung geschenkt werden. Dieser Kulturwandel ist entsprechend zu inszenieren und vom „Change Management" zu begleiten.
4 Wissensmanagement-Strategie Die Rentenanstalt/Swiss Life war gemäss Interviews Ende 1999 der UBS insofern voraus, dass sie bereits eine Wissensmanagement-Strategie ausgearbeitet hatte. Diese umfasst eine Wissensmanagement-Vision, strategische Vorgaben mit drei Stossrichtungen und sieben konkrete Massnahmen bzw. Projekte erster Priorität6. Der Leser soll sich jedoch bewusst sein, dass der Inhalt einer konkreten Wissensmanagement-Strategie sich an den unternehmensspezifischen strategischen Zielen und Werten orientiert und somit auf andere Unternehmen nicht übertragbar ist. Die Fundamente der Wissensmanagement-Initiative werden also in der Strategie gelegt. Gartner [GartnerGroup 1999A] spricht von drei WissensmanagementFundamenten (WM-Kultur, WM-Projekt, WM-Technik) als Basis für entsprechende Initiativen bzw. davon abgeleitete Projekte. Wird dieses Schema auf die zwei untersuchten Unternehmen angewendet, kann anhand der Interview-Ergebnisse festgestellt werden, dass im Bereich kulturelles Fundament sich zum Zeitpunkt der Befragung beide Firmen bezüglich Führungsstil recht ähnlich waren. Das Projektfundament für WM war bei Rentenanstalt/Swiss Life weitgehend gegeben; Projektverantwortungen und Teams für die in der WM-Strategie definierten Massnahmen waren festgelegt, jedoch die Mittel noch nicht vollumfänglich gesichert. Bei UBS war den Autoren zum Zeitpunkt der Befragung weder eine klare Management-Unterstützung noch eine geeignete Projektorganisation bekannt, um eine WM-Strategie und entsprechende Folgeprojekte zu initiieren. Die Ressourcen (auch Kompetenzen, Expertenwissen) waren aber grundsätzlich vorhanden. Das technische Fundament hingegen schien bei UBS stärker zu sein, da im Vergleich zu Rentenanstalt/Swiss Life mehr Erfahrung mit Internet- und Intranet-Technologien vorhanden war. Die nun folgenden sehr gerafften Empfehlungen der Autoren werden sich somit nicht auf den Inhalt einer konkreten Wissensmanagement-Strategie konzentrieren, sondern auf einige grundsätzliche Fragen des Vorgehens bei deren Erarbeitung.
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Diese sind im groben: Definieren der wichtigsten geschäftsrelevanten Kernkompetenzen und der entsprechenden Experten mit Hilfe von Skills Repositories bzw. Yellow Pages, Erarbeitung von Konzept und Applikation Client Contact Management für wichtigste Bereiche, Etablierung eines Wissensmanagement-Dienstleistungszentrums, Aufsetzen zweier erster Communities of Practice und einer internen WissensmanagementReportingstruktur, sowie genereller IT-Richtlinien für WM-Anwendungen.
Wissensmanagement in der Praxis
4.1
385
Einstieg und Erfolgsfaktoren
Erster Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen WM-Strategie ist die Situationsanalyse (Hauptschwergewicht der Interviews). Je nach hierbei erkannten Stärken und Schwächen lassen sich in der WM-Strategie spezifische Schwerpunkte setzen. Eine WM-Strategie muss sich nicht unbedingt auf das gesamte Unternehmen beziehen; dies ist in globalen Konzernen ohnehin ein überaus schwieriges Unterfangen. Ansatzpunkte können auch einzelne Organisationseinheiten oder einzelne Geschäftsprozesse sein (vgl. Untersuchung von Gartner [GartnerGroup 1999B7]). Die Strategie soll die Grundlage einer WM-Initiative8 bilden und diese auslösen. Die in der Strategie bereits umrissenen wichtigsten Projekte werden im Rahmen der Initiative schrittweise lanciert. Bei WM-Projekten ist die Realisierung erster Quick Wins (eindeutige Projekterfolge in 6-12 Monaten) besonders wichtig. Diese können dann von der Projektleitung kommuniziert werden und helfen, weitere materielle und politische Unterstützung der Geschäftsleitung zu erhalten. So kann die WM-Initiative mittelfristig auf sichere Beine gestellt werden, denn zumindest zu Beginn ist – wie bereits dargestellt – mit erheblichen kulturellen Widerständen zu rechnen. Weiterhin sollte beachtet werden, dass ein gemäss Fristigkeiten von Projekterfolgen ausgeglichenes WM-Projektportfolio aufgestellt wird. Quick Wins versprechende Projekte werden mit Projekten gemischt, welche längerfristige, kulturelle Änderungen erfordern, wodurch ein stetiger Fluss von Projektergebnissen sichergestellt wird. Bei der Auswahl von Geschäftsbereichen für die Umsetzung von WM-Projekten ist es ratsam, mit solchen zu beginnen, welche kulturell besser vorbereitet sind bzw. bei welchen mit weniger Widerständen gerechnet wird.
Abbildung 2: Wissensmanagement-Strategie als Fundament der WM-Initiative Bezüglich des WM-Projektfundaments werden gemäss Gartner [GartnerGroup 1999A] folgende sechs Kritische Erfolgsfaktoren (KEF) verstanden: 1. Sponsor, 2. Business Case, 3. Projekt Manager, 4. Projektteam, 5. regelmässige Ergebnisse, 6. Risiko-Management.
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8
Basierend auf einer GartnerGroup Untersuchung in USA und Europa 1998-99 über Stand von WM-Projekten und Plänen: 31% der WM-Strategien waren unternehmensweit, lokale am häufigsten innerhalb IT (27%), in Marketing (23%), F&E (21%), Personal (21%), Verkauf (19%) und Kundendienst (18%) Der Begriff WM-Initiative wird in der Literatur oftmals synonym zum Begriff WMProgramm benutzt. Die Initiative beinhaltet koordiniertes Aufsetzen und gegenseitige Koordination verschiedener (paralleler bzw. sequentieller) WM-Projekte
386
4.2
Heinz Berger, Siegmund Himmel
Grundsätze und Hauptausrichtungen
In den bisherigen Ausführungen wurden bereits viele Gründe dargelegt, warum Wissensmanagement Sinn macht; die Aufzählung ist lang und je nach Unternehmen spezifisch. Gibt es aber in umgekehrter Richtung Gründe, die besser nicht als Initiatoren einer WM-Strategie dienen sollen? Gartner [GartnerGroup 1999C] empfiehlt, bei Formulierung einer WM-Strategie keinesfalls eine defensive Haltung einzunehmen. Eine solche wäre beispielsweise: • Wissensmanagement ist „Mode", es ist das nächste grosse Management-Paradigma (Nachahmer-Strategie) • das Unternehmen besitzt viel wertvolles intellektuelles Kapital, welches erfasst werden soll (reine Strategie der Explizierung implizitem Wissens) • das Unternehmen sieht sich dem ständigem Verlust von Wissen gegenüber, infolge Abgang der besten Mitarbeiter (Verteidigungsstrategie) Diese Haltung basiert nicht auf einem Verständnis der effektiven Chancen von Wissensmanagement; sondern auf der Idee, dass Wissensmanagement etwas Intuitives bzw. schlicht und einfach sinnvoll sei. Die Rechtfertigung für Wissensmanagement muss von den effektiven Geschäftsresultaten kommen, die durch ein WM-Programm beeinflusst werden können. Ausgangspunkt der WM-Strategie sind somit die Geschäftsstrategien9 der wichtigsten Geschäftsbereiche. Die Auswahl kritischer Geschäftsprozesse soll dort erfolgen, wo Entscheidungen mit grosser Hebelwirkung auf die Geschäftsresultate getroffen werden. Diese Geschäftsprozesse sind für die Wertschaffung kritisch und die Art der Wertschaffung steuert wiederum die Definition der Kernkompetenzen des Unternehmens. Es müssen also die verschiedenen Wissens- bzw. Fähigkeitstypen des betrachteten WM-Wirkungsfeldes identifiziert werden, damit die WM-Strategie am richtigen Ort mit richtigen Massnahmen ansetzen kann. Die operativen Wissensziele werden dann im Rahmen der Führungsprozesse oder einzelner WM-Projekte festgelegt und mit entsprechenden Messkriterien versehen.
4.3
Spezifische Empfehlungen
Obige Ausführungen geben bereits eine Reihe genereller Empfehlungen zu Einstieg, Erfolgsfaktoren, Ansätzen und generellen Richtungen erfolgsversprechender WM-Initiativen. Den beiden untersuchten Unternehmen empfehlen die Autoren folgende Massnahmen: • Es sollte nicht in erster Linie der Aspekt der Bewertung des intellektuellen Kapitals verfolgt werden, da in diesem Bereich noch wenig methodische Grundlagen vorliegen und die Beispiele aus der Praxis in ihrer Aussagekraft auch umstritten sind.10 9
10
Mit dem Begriff „Geschäftsstrategie" ist nicht unbedingt die (globale) Unternehmensstrategie gemeint. vgl. Probst [Probst et al. 1999, S. 333ff.] zum Ausweis des Intellektuellen Kapitals von Skandia und den verschiedenen potentiellen Fehlerquellen bei diesem Vorhaben.
Wissensmanagement in der Praxis
387
• Die WM-Initiative ist gemischt top-down und bottom-up umzusetzen, um einerseits strategische Verankerung und eine Koordination der WM-Projekte zu gewährleisten und andererseits die Mitarbeiter aktiv zu involvieren und so schnelle Projekterfolge zeigen zu können. Bei allen WM-Projekten muss einerseits die Sicht des Unternehmens, aber auch die Sicht des einzelnen Mitarbeiters berücksichtigt werden (im Sinn: „was bringt mir das in meinem direkten Arbeitsumfeld?" oder „What's in for me?"). • UBS: da zum Zeitpunkt der Befragung (10.2000) keine WM-Strategie bekannt war, aber bereits verschiedene WM-Aktivitäten und Projekte bereits anliefen, war die Empfehlung der Autoren, bei der Geschäftsleitung die Erarbeitung einer WM-Strategie11 mit folgenden Schritte zu beantragen: 1. Aufstellung eines interdisziplinären WM-Strategie-Teams und eines Leiters (Sicherstellung Ressourcenausstattung für WM-Strategieerarbeitung) 2. Erstellung einer WM-Situationsanalyse (Untersuchung der drei beschriebenen WM-Fundamente, unter Berücksichtigung des vorliegenden Beitrags und der Festlegung ausgewählter Geschäftsfelder) 3. Systematische Identifikation und Zusammenführung der verschiedenen relevanten WM-Aktivitäten, unter Führung des WM-Strategieteams 4. Ausarbeitung der WM-Strategie durch das Team, in enger Zusammenarbeit mit dem involvierten Business-Mananagement und einzelnen engagierten Mitarbeitern aus den Fachbereichen
5 Wissensmanagement, Prozesse, IT-Systeme Bei der Betrachtung der Wissensmanagement-Kernprozesse (vgl. Abbildung 1) geht der Bezug zu den Geschäftsprozessen schnell verloren. WissensmanagementProzesse sollten – wie oben bei 'Strategie' bereits besprochen – unbedingt auch im Kontext mit den im Unternehmen bestehenden Geschäftsprozessen implementiert werden, damit sie diese bzgl. Effektivität und Effizienz unterstützen können. Obwohl in den Interviews nicht gezielt auf diesen Punkt angesprochen, äusserten sich die Befragten interessiert, Wissensmanagement mit Geschäftsprozessen zu verbinden, um eben dieses Potential erschliessen zu können. Ein methodischer Ansatz zur Bearbeitung dieser Herausforderung wird in Kapitel 6 beschrieben.
11
Auftrag zu WM-Strategieerarbeitung mit klaren Zielsetzungen zu Vorgehen und Zeitplan; sinnvollerweise mit Zeitrahmen von vier-sechs Monaten (Zeitdruck zwingt zu Konzentration auf pragmatische Aspekte und Motivation der Beteiligten, bald ein konkretes Ergebnis zu erreichen).
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Heinz Berger, Siegmund Himmel
5.1 Wissensmanagement-Unterstützungsprozesse und entsprechende IT-Systeme Zum „Werkzeugkasten" Wissensmanagements gehören verschiedene Praktiken bzw. spezifische Unterstützungsprozesse, welche im Unternehmensalltag Anwendung finden können. Einige dieser Praktiken12 werden nur im Zusammenspiel mit entsprechenden IT-Systemen eingesetzt, andere können rein organisatorisch implementiert werden. Andererseits gibt es auch spezielle, unterstützende IT-Applikationen bzw. IT-Systeme, die nicht klar einzelnen WM-Unterstützungsprozessen zugeordnet werden können. Aus den Interview-Antworten wurden zwei spezifische Projekte aus diesem Werkzeugkasten identifiziert, welche bei Rentenanstalt/Swiss Life im Rahmen der WM-Strategie in Angriff genommen wurden: Communities of Practice und Skills Inventory bzw. Yellow Pages. Derartige Anwendungen befanden sich zum Zeitpunkt der Befragung auch bei UBS in Stadium der Projektgründung.
Unterstützende IT-Applikationen bzw. Systeme für… Groupware13, DokumentManagement Skills Mgmt. Systeme, Yellow Pages Wissenslandkarten Suchmaschinen, Taxonomien Portale, PushSysteme Data Warehousing
Wissensmanagement-Unterstützungsprozesse bzw. Praktiken Lessons Talk Rooms, Best Communities Learned, Open Spaces, Practice of Practice Learning Wissensmessen Histories sehr geeiggeeignet sehr geeignet net14 geeignet geeignet
sehr geeignet geeignet
geeignet geeignet
geeignet
sehr geeignet
geeignet
geeignet
Abbildung 3: WM-Unterstützungsprozesse und IT-Systeme
12
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Die Autoren definieren „Praktiken" in diesem Zusammenhang als Wissensmana gement-Prozesse, gekoppelt mit organisatorischen Massnahmen. Groupware-Anwendungen sind: E-Mail, Instant Messaging bzw. Chat, Electronic Meeting Systeme, Diskussionsforen, Group Calendaring & Scheduling und allgemein dokumentenbasierte Applikationen. In diesem Zusammenhang wird auch von „Best-Practice Systemen“ gesprochen.
Wissensmanagement in der Praxis
389
In beiden Unternehmen waren natürlich verschiedene weitere Wissensmanagement unterstützende IT-Anwendungen bzw. IT-Systeme (vgl. Abbildung 3) im Einsatz, auch ohne Vorhandensein einer entsprechende Strategie. Es sind dies insbesondere Groupware- und Dokumenten-Management-Systeme, Data Warehousing und natürlich die jeweiligen Intranets, welche in beiden Unternehmen massiv ausgebaut wurden. Wissensmanagement wurde zum Zeitpunkt der Befragung also bereits betrieben, auch wenn die Projekte nicht unter dieser Bezeichnung liefen. Eine eingehende Behandlung aller o.g. Praktiken würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Im folgenden Kapitel gehen die Autoren exemplarisch auf die Communities of Practice ein, da diese bei der Umsetzung von Wissensmanagement im unternehmerischen Alltag sehr effektiv sind. Im Folgenden wird der Begriff Communities of Practice auch mit „CoP" abgekürzt und hier mit dem Begriff Wissensgemeinschaften gleichgesetzt.
5.2
Communities of Practice
Wissen kann nicht von den Gemeinschaften, welche das Wissen erzeugen, nutzen und umsetzen, getrennt werden. Communities of Practice bilden sich, weil Menschen den Gedanken- und Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten suchen (vgl. Abbildung 4). Insbesondere in komplexen Tätigkeitsbereichen verlassen sie sich auf CoP bzw. Wissensgemeinschaften als primäre Wissensquelle. Hier können Lessons Learned gemeinsam erarbeitet und/oder Best Practices entwickelt werden. CoP sind also eine (zur Hierarchie) querliegende, freiwillige Organisationsform, welche diese WM-Praktiken unterstützt. Gemeinsames Wissensgebiet (Domain)
Soziale Gemeinschaft (Community)
Mitglieder formieren sich um das Wissensgebiert (gemeinsame Identifikation, gegenseitiges Verständnis der eigenen Situation)
bildet sich durch Beziehungen und allseitiges Engagement (regelmässige Interaktionen und gemeinsame Aktivitäten bilden Vertrauen)
Ausübende Tätigkeit (Practice) Steigerung der Kompetenz durch geteiltes Fachverständnis, gemeinsame Resourcen und Werkzeuge, Dokumente, Routinen, Vokabular, Symbole etc.
Abbildung 4: Drei konstituierende Pfeiler von „Communities of Practice" Mittels geeigneter IT-Mittel werden verschiedene Wissensmanagement-Prozesse (vgl. Abbildung 1) in CoP effizient unterstützt: Wissensidentifikation kann insofern verbessert werden, als durch Aussagen und Lösungsansätze von Mitgliedern der Community eigene Wissensdefizite bzw. Wissensvorsprünge sichtbar werden. Unterstützende IT-Systeme sind sog. Yellow Pages. Wissenskarten können manuell oder IT-gestützt implementiert werden. Wissenserwerb wird stark gefördert, indem Mitglieder praktische Erfahrungsberichte und wissenschaftliche Werke der Community durch das Bereitstellen von
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Dokumenten, Foliensätzen, Software-Demoversionen u.ä. zur Verfügung stellen. Unterstützende IT-Systeme: Groupware-Anwendungen. Wissensentwicklung innerhalb der CoP wird durch Bereitstellung der oben beschriebenen IT-Mittel und persönlicher Kommunikationsbeziehungen unterstützt. Diese schaffen die Voraussetzungen für Kreativität und kollektive Lernprozesse. Durch die Fokussierung von Interessen können übergreifende Think Tanks bzw. community-interne Kompetenzzentren gefördert werden. Wissens(ver)teilung kann aufgrund der verschiedenen Benutzerprofile bzw. Benutzergruppen bspw. nach Interessenschwerpunkten erfolgen. Informationen lassen sich selektiv zuteilen oder Community-Mitglieder können sich InformationsAbonnements erstellen. Durch die Verknüpfung der verschiedenen IT-basierten Informationsträger im Intranet wird One-to-One Kommunikationen ermöglicht und so der Aufbau eines informellen Netzwerks unterstützt.
5.3
Empfehlungen: Einsatz von Communities of Practice
Zum Zeitpunkt der Befragung waren bei Rentenanstalt/Swiss Life CoP zwar Teil der Wissensmanagement-Strategie und erste Schritte bereits angelaufen, diese sind jedoch lediglich ein erster Schritt auf dem Weg zur unternehmensweiten Verbreitung von CoP. Hier nun einige Empfehlungen an die beiden Unternehmen: • Der Wert von CoP wird vom oberen und mittleren Management oft nicht wahrgenommen. Das Management muss die Bildung von CoP ermöglichen und fördern, ohne diesen jedoch zu stark zu steuern versuchen. • Awareness-Kampagnen beispielsweise durch Management Support- und HRStellen können hierzu ein erster Schritt sein. CoP müssen überhaupt erst erkannt werden, damit sie gefördert werden können. • CoP erleichtern es, im Unternehmen Wissen zu identifizieren, welches dann in wichtigen Projekten bzw. Programmen eingesetzt werden kann. ProgrammManager sollten sich für Aufbau und Pflege unterstützender CoP einsetzen. • CoP brauchen Coaching, damit sie gedeihen und bestehen bleiben. Spezifische Rollen wie sog. Facilitators oder Community-Managers sind zu schaffen und die Inhaber auf ihre Funktion zu schulen. Die Bereitstellung derartiger personeller Ressourcen erfordert ein Commitment des Managements; mit der Implementierung von IT-Lösungen ist es nicht getan. • Für beide Unternehmen empfiehlt es sich, über eine Corporate Community Development Strategy nachzudenken. Diese sollte einen integrierten Teil der Wissensmanagement-Strategie bilden. • Auf dieser Basis können mit Vorteil Virtuelle Communities auf dem Internet kultiviert werden, in welchen Kunden15 und andere Anspruchsgruppen enger an das Unternehmen gebunden werden. So wird beispielsweise eine Customer Relationship Management (CRM) Massnahme umgesetzt.
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Mit Kunden, Lieferanten, Aktionären, Investoren und anderen Partnern kann mittels Virtual Communities ein intensiver Kontakt und Feedback-Kanal gepflegt werden.
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6 Integration des Wissensmanagements in die methodische Geschäftsprozess-Entwicklung Im Folgenden wird ein methodischer Ansatz vorgestellt, auf welchen bereits in vorhergehenden Kapiteln hingewiesen wurde. In einem Prozessentwicklungsprojekt erarbeiteten die Autoren am konkreten Beispiel aus dem Bereich Chief Credit Officer (CCO) der UBS im Bereich Geschäftsbereich Privat- und Firmenkunden ein auf der Methode PROMET BPR® basierendes Vorgehen zum Entwurf eines Geschäftsprozesses, bei welchem für den Prozessablauf benötigte explizite und implizite Wissenskomponenten berücksichtigt werden sollten. PROMET BPR ist eine Methode zur systematischen Prozessentwicklung. Ausgehend von einer in der Prozesslandkarte dokumentierten Prozessarchitektur werden die Prozesse einem Makroentwurf unterzogen, in dem eine Klassifizierung in Leistungs- und Unterstützungsprozesse vorgenommen wird. In der darauffolgenden Phase des Mikroentwurfs werden zu den Makroprozessen Aktivitätsdiagramme entwickelt. Die Prozessentwicklung erfolgt in Form von Workshops unter Einbezug der Prozessbeteiligten und des Prozessowners. Die Organisationseinheit Methoden und Ratingprozesse (MRP) repräsentiert UBS-intern den Stand des Wissens (State-of-the-art) über das Rating im Kreditgeschäft. MRP beliefert ihre internen Kunden mit Know-how, Methoden und Tools zur Kreditrisikomessung und Kreditbewertung. Die nachfolgende Darstellung (vgl. Abbildung 5) stellt den Kontext dar, in dem MRP als Competence Center den Input für den Kreditsprechungsprozess und den Kreditüberwachungsgprozess liefert.
Abbildung 5: Know-how Transferprozess im Kontext der Kreditprozesse
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6.1
Heinz Berger, Siegmund Himmel
Architekturplanung
Erster Schritt war die Identifikation von Leistungsprozesskandiaten. Zu diesem Zweck wurden in einer Matrix (vgl. Abbildung 6) Kombinationen aus Leistungen und Kundensegmenten gebildet. Mit grauer Schraffierung ist dargestellt, welche Leistungen für welche Segmente angeboten werden. Als nächstes wurden die Leistungen zu Leistungsbündeln zusammengefasst und mit unterschiedlichen Buchstaben gekennzeichnet. Alle Leistungsprozesse wurden nach den im Rahmen der Strategieanalyse ermittelten Kriterien bewertet und priorisiert (vgl. Abbildung 7), um die Umsetzungsreihenfolge festlegen zu können. Hierbei bezog die Bewertung externe (strategische Bedeutung) und interne Kriterien (Kernkompetenzen) mit ein. Die Priorisierung basiert auf Faktoren wie das geschätzte Potential einer Reorganisation, die Durchführbarkeit des Redesign Projekts oder das aktuelle Praxisbedürfnis zur schnellen Realisation eines Prozesses.
Leistungen A B C D
A A B B C C C C C B
D A
Externe
393
BTC
Revisoren
RTC
Controlling
Ressort Ausbildung
Kundenberater (Kube)
CCO UBS-Group
CCO UBS-Schweiz
Leistungen Modelle erarbeiten Instruktionen geben Modell-Spezifikationen erstellen Prozess-Spezifikationen erstellen Schulung: Tools, Spezialfragen Argumentationshilfen erarbeiten Risk-Culture vermitteln Feedback geben Wissensaustausch fördern Qualitätsreport Operation Qualitätsreport Modelle Sign-Off-Dokumente Konsistenzsicherung (Sign-offs und Spezifikationen) Consulting / 3rd level Hotline Studien / Gutachten erstellen Risikoanalysen (Transaktionen) Externe Dokumentation sicherstellen Interne Dokumentation sicherstellen Neue Risk-Konzepte erarbeiten Führung (intern)
Credit Officers (CO)
Kundensegmente
RTC (Markt- & Prduktmgmt)
Wissensmanagement in der Praxis
A
C
C
B A A
B A A
B
B
A A C
A A C
A
A
A B B C C C C C B
A B B C C C C C B
A
A
D
B D A
A B B C C C C
C
B
B B
A B B
B B
C
C
C
C
B A A
B A A
B A
B
B
B
A A C
A A C
C
A
A
A
Leistungsprozesse Risikomodellprozess Spezifikationsprozess Know-how-Transferprozess Führungsprozess
Abbildung 6: Leistungssegmentmatrix von MRP
A B
C
A
[4]
[3]
[4]
[2]
[1]
Prozessmanager
Führbarkeit
Geschlossenheit
Standardisierbar
Erfüllungsgrad
Potential
[1]
resultierende Priorität
Gewichte
Ressourcenbindung
Bewertungskriterien
Kernkompetenzen
Heinz Berger, Siegmund Himmel
Strategische Bedeutung
394
[3]
[3]
[3]
●
√
√
√
2
●
√
√
√
3
Prozesskandidaten
● ● ● ●
Risiko Modell Prozess Spezifikationsprozess Know-how Transferprozess
Führungsprozess
Legende: Bewertung:
tief ●
● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● mittel
●
● ●
gross
1 √
●
√
√
4
erfüllt
Abbildung 7: Prozessbewertung der MRP-Leistungsprozesse Bei der Prozessbewertung sind die Kriterien „Geschlossenheit“, „Führbarkeit“ und „Prozessmanager“ MUSS-Kriterien. Die Priorität ergibt sich als Produkt von Bewertung (tief, mittel, hoch) und Gewicht (in eckigen Klammern [4] - [1]). Alle Prozesskandidaten weisen eine grosse strategische Bedeutung auf. Der Know-how Transferprozess verspricht jedoch grosses Potential einer Reorganisation und wurde unter den vier Leistungsprozesskandidaten mit höchster Priorität (1) bewertet. Im nächsten Schritt der Architekturplanung wurde die Prozesslandkarte (vgl. Abbildung 8) abgeleitet. Die Leistungsprozesse sind hier um den Führungsprozess und die Unterstützungsprozesse ergänzt. Die Leistungen von und zum Führungsprozess sowie der Leistungsaustausch mit den Unterstützungsprozessen sind nur rudimentär dargestellt. Ebenso wurden wegen der zu bewahrenden Übersichtlichkeit gewisse Leistungen zu Leistungsgruppen zusammengefasst. Die Leistungen von MRP an die Kundensegmente, sowie die festgelegten Makroprozesse stehen im Mittelpunkt der Prozesslandkarte und bilden die Basis für die weitere Prozessgestaltung. Der Know-how Transferprozess wurde in der Prozesslandkarte durch einen schraffierten Hintergrund hervorgehoben.
Wissensmanagement in der Praxis
395
Abbildung 8: Prozesslandkarte von MRP Bei der Bildung von Mikroprozessen wurden folgende Grundregeln beachtet. Jeder Mikroprozess hat mindestens eine Leistung als Output und jede Leistung ist eindeutig einem Mikroprozess zugeordnet. Weitere Kriterien für die Bildung von Mikroprozessen waren: • Kundensicht • Geschlossenheit (Geschäftsfallbetrachtung) • Zeitfolge (MP 1 kommt vor 2; grobe Ablaufbetrachtung) • Führbarkeit • Ressourcenbindung & Mengengerüst • Standardisierbarkeit • IT
396
6.2
Heinz Berger, Siegmund Himmel
Spezielle Betrachtungen zu Wissensmanagement im MRP Know-how Transfer-Prozess
Die folgende Darstellung (vgl. Abbildung 9) zeigt die Grundidee zur Gestaltung der MRP-Prozesse. Insbesondere steht das Zusammenspiel zwischen den Kundenprozessen (in diesem Fall dem Kreditsprechungsprozess und dem Kreditüberwachungsprozess) und den MRP-Prozessen im Mittelpunkt. Die MRP-Prozesse sind in diesem Kontext zugleich Wissensmanagement-Kernprozesse (vgl. auch Abbildung 1 in Kapitel 2), deren eigentlicher Inhalt sich von den Bedürfnissen der Kundenprozesse ableitet. Die daraus abgeleiteten Module (Nachfrage nach Wissenselementen) werden in den Wissensmanagement-Prozessen gebündelt. Somit kann ein nachhaltiger, systematischer und effektiver Know-how Transfer vom MRP Wissen in die Kundenprozesse sichergestellt werden. Die Gestaltung der definierten Module umfasst organisatorische, technische (u.a. IT) und Human Resources Management (HRM) Aktivitäten.
Kernprozesse des Wissensmanagements SOLL-Prozesse MRP)
Kreditsprechungsund Kreditüberwachungsprozess
Rating
Wissensidentifikation Wissenserwerb Wissensentwicklung
Organi Organi-- IT IT sation sation Ist Ist-Analyse -Analyse Wissensprofil Wissensprofil (Wissenskarte) (Wissenskarte)
Wissensnutzung
Problemidentifikation Problemidentifikation und Schwachstellen und Schwachstellen analyse analyse Bewertung und Bewertung und Anforderungsdefinition Anforderungsdefinition
Wissensbewahrung
GAP Analyse GAP--Analyse Interventionspotenzial Interventionspotenzial
Wissensbewertung
Gesamtszenario Gesamtszenario Massnahmenkatalog Massnahmenkatalog
Wissens(ver)teilung
HRM HRM
Wissenszielfestlegung
Abbildung 9: Kreditprozesse im Kontext der WM-Kernprozesse Die in einer Ist-Analyse ermittelten Wissensprofile wurden auf Schwachstellen untersucht, bewertet und für eine Anforderungsdefinition herangezogen. Eine darauf folgende GAP-Analyse führte unmittelbar zu Interventionspotentialen. Die einzelnen Szenarien führten zu einem Gesamtszenario und anschliessend zu einem Massnahmenkatalog. Die Wissensprofile wurden in einer Wissensträgerkarte (vgl. Abbildung 10) zusammengestellt, welche als Grundlage für die Besetzung der in den Prozessen definierten Rollen diente. Sie wurde sukzessive im Verlauf der Prozessentwurfs um neue Wissenskategorien erweitert und mit den bewerteten
Wissensmanagement in der Praxis
397
Fähigkeiten der Mitarbeiter gefüllt. Zur Klassifizierung der Professionalität wurde eine Skala (hier 0=kein Wissen bis 5=Experte) angewendet. Skills Name H. Sturzenegger M. Wolf D.Saarbach
Start-Up's 5 2 2
Hypothek
Baufinanzierung
0 5 5
0 5 5
...... ... ... ...
Abbildung 10: Beispiel einer MRP-Wissensträgerkarte, Skala 0-5 Die MRP-Wissensstrukturkarte (vgl. Abbildung 11) ist ebenfalls für ein systematisches Management von Know-how unabdingbar. Sie zeigt, welche Arten von Wissen wie zusammengesetzt bzw. gegliedert sind. Explizite und implizite Wissenskomponenten werden offen gelegt, was es ermöglicht, diese bei Prozessentwicklung und bei der Prozessführung in den Geschäftsprozessen gezielt, systematisch und nachhaltig einzusetzen. Wissen für Roadshow
EventMgmt.
Präsentationstechnik
MRP-FachWissen
UBS Who-is-Who Legende:
Wissen über Teilnehmer
Wissensobjekt
Präferenzen
Implizites Wissensobjekt
Vorlage Anfrage “anfr.doc” ProzessWissen
Explizites Wissensobj.
Machbarkeit, Effizienz
Abbildung 11: Wissensstrukturkarte (Basis: Roadshow-Mikroprozess) Die Einheit MRP hatte bis zu diesem Zeitpunkt weder eine Wissensträgerkarte noch eine Wissensstrukturkarte. Im Verlauf des Geschäftsprozessentwurfs wurden diese Werkzeuge systematisch und schrittweise entwickelt. Diese Vorgehensweise wurde einer a priori Erfassung von Wissenskomponenten aus folgenden Gründen vorgezogen: Am konkreten Beispiel (Modellierung konkreter Geschäftsprozesse) gestaltete sich das Definieren von Wissenskategorien einfacher. Die Terminologie für die Bildung der Wissenskategorien hatte im Geschäftsprozess einen klar abgegrenzten Kontext, was das gemeinsame Verständnis innerhalb des Projektteams förderte.
398
Heinz Berger, Siegmund Himmel
Nur die für die Prozessabwicklung relevanten Wissenskategorien und Wissensobjekte wurden erfasst, was die Effizienz steigerte und die Prozessorientierung unterstrich. Das Aufgabenkettendiagramm (vgl. Abbildung 12) zeigt, wie auf der Basis der MRP Wissensträger- und Wissensstrukturkarte ein Geschäftsprozess um Wissensobjekte ergänzt werden konnte. Initialisierung
Meta-Planung, Zielfestlegung (Methodenprozess )
Organigram m COOrganisation
Abklärung Anzahl Teilnehmer (Weiss)
Who-is-who
Nominationsanfrage aussenden (Weiss)
Vorlage Anfrage
persönliche Auswal (bestimmte MA + Gäste)
Nomination Teilnehmer durch Vorgesetzte (Heads of CRC)
zeitlicher Aufwand Roadshow abschätzen
Nomiationen (E-Mails)
Organisation & Vorbereitung
Inhaltsraster der Roadshow erstellen (Weiss, Wolf)
VeranstalterVerzeichnisse Budget
Örtlichkeit organisieren (Weiss)
Programmverlauf letze Roadshows
Erfahrungen letzter Roadshows Machbarkeit, Effizienz, geeignete Örtlichkeiten
Programmverlauf
Teilnehmerliste pro Anlass erstellen (Weiss)
Einladungen erstellen & versenden (Weiss, Sturzenegger)
Feedbackformular erstellen (Weiss)
Programmverlauf
Methoden-HB, Konzepte bestehende Powerpoint-Shows (zB aus Projekten
Kundenfeedbacks
inhaltliche, didaktische und Umgebungsaspekte
Programmverlauf der Roadshow erstellen (Weiss, Wolf)
Erstellung Inhalt (div. Themenverantwortliche in MRP)
neue Powerpoint-Shows
implizites Methodenwissen
1.& 2. Besprechung neue Inhalt: Umfang, Powerpoint-Shows 1 Iteration themat. Abstimmung etc. (alle)
Powerpoint-Shows
Abbildung 12: Teil des Aufgabenkettendiagramms Mikroprozess „Roadshow" Das MRP Prozessentwicklungsprojekt zeigte, dass die Integration von Wissenskomponenten in den Entwurf eines Geschäftsprozesses ein iterativer Vorgang ist, bei dem einerseits die für die Prozessabwicklung benötigten Wissensobjekte in die
Wissensmanagement in der Praxis
399
Kategorien der Wissensträgerkarte und der Wissensstrukturkarte eingeordnet und diese anderseits um neue Kategorien und Wissensobjekte erweitert werden.
7 Zusammenfassung Im Rahmen der für diesen Beitrag durchgeführten Interviews bestätigte sich die These, dass Wissensmanagement – in welcher Form auch immer – zwar einen hohen Stellenwert in den untersuchten Unternehmen Rentenanstalt/Swiss Life und UBS einnahm, jedoch für die konkrete Umsetzung zum Zeitpunkt der Befragung ein aktueller Handlungsbedarf bestand. Die Interviews, welche das Ziel hatten, mittels einer Erhebung des Ist-Zustandes die konkreten Einstiegspunkte ins Wissensmanagement zu erkennen, boten ausreichende Basis zur Ableitung von Schwachstellen, zum Aufzeigen von Geplantem oder Erreichtem und schliesslich zur Formulierung konkreter Empfehlungen. Als grösstes Hindernis bei der Einführung von Wissensmanagement erwies sich nach Ansicht der Autoren die mangelnde Kultur der Wissensteilung und Nutzung fremden Wissens. Während die UBS eine bottom-up Einführung des Wissensmanagements vorzog, hatte sich die Rentenanstalt/Swiss Life für ein koordiniertes, in der Strategie klar kommuniziertes top-down Vorgehen entschieden. Durch einen strategiegetragenen Ansatz wollte sie ein Wissensmanagement-freundliches Umfeld schaffen, dessen Potentialnutzung jedem einzelnen Mitarbeiter obliegt. Aus den empirischen Erkenntnissen der auf dem Gebiet des Wissensmanagement führenden Unternehmen ist ein ganzheitlicher Ansatz unter Einbezug von kulturellen Aspekten am meisten erfolgsversprechend. Dieser Ansatz erfordert nicht nur ein ausgeklügeltes Anreizsystem für alle Stakeholder, sondern innere Einsicht und einen nachhaltigen Kulturwandel. Je grösser ein Unternehmen und je ausgeprägter seine Kultur sind, umso länger dauert ein solcher Wandel. Die methodische Entwicklung und systematische Erfassung von Geschäftsprozessen ist ein wichtiger Schritt zur Wandlung von einem funktionalen zu einem prozessorientierten Unternehmen. Diese lässt sich um die Integration von Wissensmanagement gut ergänzen, in dem die Wissensmanagement-Kernprozesse als Leistungs- oder Unterstützungsprozesse in die Prozesslandschaft aufgenommen und methodisch entwickelt werden, wie im vorliegenden Beitrag aufgezeigt wurde. Die sogenannte wissensorientierte Prozessentwicklung bietet zugleich die Gelegenheit Wissensmanagement-Werkzeuge, wie Wissensträgerkarte oder Wissensstrukturkarte „business driven“ einzuführen und dabei die Akzeptanz für Wissensmanagement-Aktivitäten zu stärken.
400
Heinz Berger, Siegmund Himmel
8 Literatur [GartnerGroup 1999A] GartnerGroup Conference Presentation (Hayward) anlässlich Gartner ITXPO, Cannes: „KM - Making it happen" 11.1999, in www.gartnerweb.com (gefunden am 05.2000; Zugriff nur für Gartner-Kunden möglich). [GartnerGroup 1999B] GartnerGroup Conference Presentation (Casonato) anlässlich Gartner ITXPO, Cannes: „Key Trend - Will KM Sizzle or Fizzle?" 11.1999, in www.gartnerweb.com (gefunden am 05.2000; Zugriff nur für GartnerKunden möglich). [GartnerGroup 1999C] GartnerGroup Conference Presentation (Harris) anlässlich Gartner ITXPO, Cannes: „Knowledge Management: A New Source of Enterprise Wealth" 11.1999, in www.gartnerweb.com (gefunden am 05.2000; Zugriff nur für Gartner-Kunden möglich). [GartnerGroup 1999D] GartnerGroup Conference Presentation (Harris) anlässlich Gartner ITXPO, Cannes: „KM Scenario" 11.1999, in www.gartnerweb.com (gefunden am 05.2000; Zugriff nur für Gartner-Kunden möglich). [Österle 2000] Österle, H.; Winter, R. (Hrsg.): Business Engineering, Springer, Berlin, 2000. [Probst 1999] Probst, G. J. B.: Wissen managen: Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen / Probst, G.; Raub, S.; Rombardt, K., 3. Auflage, FAZ Verlag, Frankfurt am Main,1999. [The Conference Board 2000] The Conference Board: „Beyond Knowledge Management: New Ways to Work and Learn", www.conference-board.org (gefunden am 11. 2000).
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
1 2
3
4
5 6 7
Einleitung....................................................................................................402 Strukturierte Transformation einer Universalbank .....................................403 2.1 Zur Rolle des Business Engineering...................................................403 2.2 Gestaltungsebenen des Business Engineering ....................................404 2.3 Schritte der Transformation................................................................405 Von der Universalbank zur Transaktionsbank ............................................406 3.1 Organisatorische Entflechtung der Universalbank .............................406 3.2 Geschäftstypen für den Bankbereich ..................................................410 3.3 Abgrenzung der Produktion innerhalb der spezifischen Wertketten................................................................411 Die Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene......................413 4.1 Die Vision einer Transaktionsbank ....................................................413 4.2 Die Produktion im Zahlungsverkehrsgeschäft....................................414 4.3 Das Geschäftsmodell der Transaktionsbank.......................................417 4.4 Die Transaktionsbank auf der Prozessebene ......................................420 Handlungsoptionen einer Transaktionsbank ...............................................422 Fazit und Ausblick ......................................................................................423 Literatur ......................................................................................................425
402
Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
1 Einleitung Die Internationalisierung wie auch die Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien haben den Banken neue Möglichkeiten zur Gestaltung ihres Geschäftes gegeben. Sie stellen aber auch neue Herausforderungen an die klassischen integrierten Universalbanken in Europa dar. Ein verändertes Kundenverhalten, hohe Erwartungen der Stakeholder einer Bank sowie die Deregulierung der Branche haben den Druck auf die Banken massiv erhöht, sich in der veränderten Landschaft zu positionieren. Dabei wird die blosse graduelle Anpassung der heutigen traditionellen Strukturen nicht mehr ausreichen, erfolgreich zu sein. Die nötigen radikalen Änderungen werden zu einer neuen Branchenstruktur führen. Die Beobachtung anderer Branchen zeigt eine Transformation von traditionellen, integrierten Grossunternehmen zu modularisierten Unternehmen, die sich auf eine Kernkompetenz ausrichten und sich zu Unternehmensnetzwerken zusammenschliessen. Es ist vorauszusehen, dass die Bankenbranche eine analoge Entwicklung durchlaufen wird. Banken in ihrer integrierten Organisationsform stossen an ihre Grenzen. Viele Institute haben dies erkannt, befinden sich aber erst am Anfang des Transformationsprozesses. Sie stehen dabei vor dem Problem, dass sie weder wissen, nach welchen Kriterien die Auftrennung ihres Geschäfts erfolgen wird, noch kennen sie die Bruchstellen zur Bildung der einzelnen neuen Einheiten. Die engagierte Diskussion, sowohl in den einzelnen Bankinstituten, wie auch in der Öffentlichkeit zeigt, dass der Handlungsbedarf erkannt ist. Insbesondere wird die Frage nach der Auslagerung der Produktion von Bankleistungen aufgeworfen. Trotz der damit vorhergesagten Kosteneinsparung, finden sich aber nur wenige, eher zurückhaltend realisierte Ansätze zu Kooperationen im Allgemeinen und speziell zum Produktions-Sourcing. Die Motivation für diesen Beitrag1 findet sich gerade darin, diese Blockade im Veränderungsprozess zu lösen und Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie eine Universalbank sich in der Zukunft entwickeln kann. Ausgehend von den veränderten Rahmenbedingungen von Universalbanken wird untersucht, wie die Entflechtungslogik und die Stufen der Entflechtung einer Universalbank aussehen und welche Geschäftstypen daraus entstehen. Aus den neu entstehenden Unternehmensteilen soll insbesondere aus der Zusammenfassung der Bankproduktion ein eigenständiges Geschäftsmodell einer Transaktionsbank oder noch weitergehend die Transaktionsbank als ein neuer Banktypus definiert werden.
1
Eine umfassendere Darstellung der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene findet sich in [Burger et al. 2002].
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
403
2 Strukturierte Transformation einer Universalbank 2.1
Zur Rolle des Business Engineering
Angesichts der wirtschaftlichen Dynamik, mit dem ein Unternehmen konfrontiert ist, genügt es heute nicht mehr, die Leistungsfähigkeit im Bereich der kritischen Erfolgsfaktoren wie Kosten, Qualität und Geschwindigkeit in kleinen Schritten zu erhöhen. Die von der optimalen Kunden- und Marktorientierung ausgehende, prozessorientierte Unternehmensgestaltung und -entwicklung ermöglicht viel besser als die Funktionsorientierung das flexible Reagieren auf Veränderungen und die radikale Umgestaltung der Unternehmung. Der vorliegende Beitrag orientiert sich im methodischen Aufbau an den Prinzipien des Business Engineering [vgl. Österle/Winter 2000, S. 7]. Dieses verlangt ein konsequent ingenieurmässiges, methodisches Vorgehen in der Ableitung der Transformationsschritte für ein Unternehmen. Ausgehend von einem systemischen Verständnis wird die Entwicklung vom Groben ins Detail und die schrittweise Verfeinerung von Konzepten verfolgt. Dadurch und unter systematischer Anwendung einer Methode, welche Vorgehensschritte, Ergebnisse und Techniken zum Voraus festlegt, wird der Forderung nach einem deduktiven und strukturierten Verfahren entsprochen. Mit seinem interdisziplinären Ansatz vereint es die verschiedenen fachlichen, als auch politisch-kulturellen Aspekte der Transformation von Unternehmen. Positionierung der vorliegenden Arbeit auf der Business Engineering Landkarte
IT und neue Wirtschaft
Geschäftsstrategie
Transformations des Unternehmens Geschäftsprozesse
Führung Verhalten Macht
Informations- und Kommunikationssysteme
Abbildung 1: Positionierung auf der Business-Engineering-Landkarte
404
Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
Die Inhalte dieses Beitrages bewegen sich im Bereich der fachlichen Gestaltung einer Unternehmung auf der Geschäftsstrategie- und Geschäftsprozessebene (vgl. Abbildung 1) [vgl. Österle/Winter 2000, S. 12]. Die Ebene Informations- und Kommunikationssysteme wie auch der Bereich Führung, Verhalten und Macht (Change Management) werden nicht näher betrachtet.
2.2
Gestaltungsebenen des Business Engineering
Das Business Engineering unterstützt eine strukturierte Transformation der Unternehmung, insbesondere auf den drei fachlichen Gestaltungsebenen: Strategie, Prozess und System. Die drei Ebenen (Geschäfts-) Strategie, (Geschäfts-) Prozesse und (Informations- und Kommunikations-) Systeme werden zeitlich in dieser Reihenfolge durchlaufen, wobei sich die verschiedenen Ebenen gegenseitig beeinflussen können. Die Gestaltungsebenen beschäftigen sich mit der inhaltlichen Zieldefinition auf der strategischen Ebene (was soll erreicht werden?), mit der prozessmässigen und organisatorischen Ausgestaltung (wie soll etwas erreicht werden?) sowie mit der informationssystemmässigen Ausgestaltung (womit soll etwas erreicht werden?). Der Grad der Detaillierung und Kon-kretisierung wird dabei, unter Verwendung der über den Business Engineering Prozess erarbeiteten Ergebnisse, schrittweise erhöht. Die Kernergebnisse zu den drei Gestaltungsebenen bilden die Geschäftsarchitektur, die Prozessarchitektur und die System- bzw. Applikationsarchitektur des betrachteten Unternehmens. Die Ergebnisse in diesem Beitrag wurden unter Zuhilfenahme der PROMET Methode erarbeitet [vgl. Gutzwiller/Brecht 1997; Österle/Blessing 2000, S. 6182]. Unter einer Methode wird hier eine systematische Vorgehensweise zur Erreichung eines bestimmten Zieles verstanden. Eine Methode bietet Unter-stützung bei der Strukturierung der vorliegenden Informationen durch geeignete Begriffsund Modellbildung, bei der Planung der Arbeitsschritte und bei der Festlegung der Zwischen- und Endergebnisse sowie deren Darstellung [vgl. Heym 1995, S. 14]. Bei der Erstellung des Prozessentwurfes für die Transaktionsbank liegt das Schwergewicht auf den Ergebnissen der Phase „Vorstudie“ nach PROMET®BPR. Auf ausgewählte Ergebnisse der Phase „Makro-Entwurf“ wird nur soweit eingegangen, als dass sie für eine Diskussion und grobe Analyse der Prozessebene notwendig sind. Zur Bearbeitung der Aufgabenstellung erscheinen insbesondere die Ergebnisse Prozesslandkarte und kritische Erfolgsfaktoren als wichtige Bestandteile für die Dokumentation. Eine weitere Vertiefung des Prozessentwurfs und eine Beschreibung der Gestaltungsebene System erscheint vorerst nicht notwendig. Des Weiteren werden Fragen der Umsetzung - Change Management und begleitende Massnahmen – in diesem Artikel nicht behandelt. Bedingt durch die Argumentation – Umweltveränderungen, Entflechtung im Bankbereich, Aufbrechen der Wertketten, Bildung von Geschäftstypen - erscheint der Gestaltungsraum Strategie/Prozess/System als nicht ausreichend. Zur Beschreibung der Entflechtung einer Unternehmung wird daher in diesem Beitrag die Ebene Unternehmensnetzwerk eingeführt. Die Ebene Unternehmensnetzwerk bil-
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
405
det nicht eine Gestaltungsebene im Sinne des Business Engineering, sondern vielmehr eine Ebene zur Beschreibung von Veränderungen. Die nachfolgende Grafik (vgl. Abbildung 2) zeigt das resultierende Ergebnismodell für die Transformation. Neben den verschiedenen Gestaltungsebenen werden die Kernergebnisse auf den verschiedenen Ebenen, sowie ihre inhaltliche Abhängigkeit zueinander zusammenfassend dargestellt. Generische Wertketten
Geschäftsarchitektur
Erweiterte Ebene
Einflussfaktoren
Geschäftstypen
Unternehmensnetzwerk
Schnittstellen Leistungsgruppen/ Segmente
Leistungsgruppen/ Services
Produkte
Kooperationen
Kernkompe -tenzen
Vision
Kundengruppen Strateg. Geschäftsfelder
Marktstruktur/ Kanäle
Geschäftsmodell
Service Strategie
Strategie
Prozess
System
Prozessverzeichnis
Prozesslandkarte
Kritische Erfolgsfaktoren
Drei Ebenen des Business Engineering
Determinanten
Applikation sarchitektur PROMET-BPR Ergebnisse
Eigene Ergebnisse
Abbildung 2: Übersicht Ergebnismodell
2.3
Schritte der Transformation
Das Thema des vorliegenden Beitrags wird in fünf Schritten systematisch entwickelt. Im ersten theoretisch ausgerichteten Schritt werden grundsätzliche Einflussfaktoren der Transformation der Bank- und Finanzbranche identifiziert und erklärt. Davon ausgehend werden in einem zweiten Schritt die Auswirkungen dieser Einflussfaktoren auf die Entflechtung der Wertschöpfungskette von Universalbanken analysiert und im Detail diskutiert. Das Ergebnis dieser Analyse fliesst in Form einer Determinantenliste, der Entflechtungslogik, der Entflechtungsstufen, der Geschäftsarchitektur und der Geschäftstypen in den nachfolgenden Schritt ein. Im nächsten Schritt werden die theoretischen Erkenntnisse aufgenommen und auf die Bankproduktion angewendet. Ausgehend von den Wertketten der Banksparten wird untersucht, wie mit Hilfe der Determinanten die Produktionsfunktionen klar von den anderen Funktionen getrennt werden können, um daraus eine Transaktionsbank zu bilden. Anschliessend werden für die Transaktionsbank die Produkt-/Markt-Kombinationen und die Identifizierung der strategischen Ge-
406
Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
schäftsfelder beschrieben. Es resultiert ein Modell der Transaktionsbank auf der Geschäftsebene. In einem weiteren Schritt wird aus dem Geschäftsmodell die Prozesslandkarte und das Prozessverzeichnis erarbeitet. Ein integriertes Modell vereinigt die Geschäfts- und Prozessebene der Transaktionsbank. Im letzten Schritt schliesslich werden Handlungsoptionen für die integrierte Bank untersucht, die es ihr erlauben, ausgehend von der bestehenden universellen Struktur den Produktionsbereich an eine Transaktionsbank auszugliedern.
3 Von der Universalbank zur Transaktionsbank 3.1
Organisatorische Entflechtung der Universalbank
Die Universalbank bildet – insbesondere im kontinentaleuropäischen Verständnis – den Prototypen einer Bank [vgl. Süchting 1992, S. 8]. Unter einer Universalbank – oder auch ‚Bank‘– ist eine Institution zu verstehen, die die Entwicklung, Produktion und Distribution von ‚Bankdienstleistungen‘ übernimmt. Traditionell bedient eine Universalbank die verschiedensten Kundengruppen – von den Privatkunden bis zu den multinationalen Unternehmen – mit der gesamten Palette an Bankdienstleistungen, von Einlagen über den Zahlungsverkehr, bis hin zu Krediten. Seit Jahren gibt es eine Diskussion darüber, inwieweit die Universalbank in der Lage sein wird, sich im Wettbewerb mit spezialisierten Instituten – den Spezialbanken – zu behaupten. In der Literatur wird die Meinung vertreten, dass die Strukturen der verflochtenen Universalbank aufgebrochen werden müssen; durch eine Fokussierung soll die Universalbank regeneriert werden [vgl. Bierer et al. 1992, S. 501]. Unter der Entflechtung einer Unternehmung soll das Aufbrechen der klassischen organisatorischen Strukturen verstanden werden. Ein Instrument zur innerbetrieblichen Spezialisierung – und damit zur organisatorischen Entflechtung – bildet die Modularisierung von einzelnen Geschäftsbereichen. Unter der Modularisierung einer Unternehmung ist die Restrukturierung der Unternehmensorganisation auf Basis integrierter, kundenorientierter Prozesse in relativ kleine, überschaubare Einheiten (Module) zu verstehen [vgl. Picot et al. 1998, S. 201]. Die Modularisierung einer Unternehmung erfolgt im allgemeinen unter einer kritischen Diskussion der durch die organisatorische Änderung zu erzielenden Spezialisierungseffekte (economies of scope) beziehungsweise der zu realisierenden Skaleneffekte (economies of scale). Bei der Organisationsbildung stellt sich die Frage, wie viel Effizienz in der Ausführung der Aktivitäten ein Unternehmen bereit ist, für zusätzliche Effektivität – beispielsweise in der Kundenbetreuung – aufzugeben. Traditionell stand in den Banken die Aufbauorganisation im Mittelpunkt der Reorganisationsbestrebungen [vgl. für Strukturmodelle der Bankorganisation Kilgus 1995, S. 66-106]. Aber vor dem Hintergrund der Möglichkeit der Realisierung von Wettbewerbsvorteilen durch Verfahrensinnovationen, wird die bisher vernachlässigte Ablauforganisation für Banken jedoch immer wichtiger [vgl. Richter 1995, S. 342-345]. Die Entflechtung von Unternehmen ist stark durch die Verbesserung der Abläufe getrieben.
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
407
Die Abbildung 3 zeigt – in Anlehnung an das analytische Konzept der Wertkette nach [Porter 1999, S. 67-70/2001, S. 74] – die generische Wertschöpfungskette einer Bank und ihre zentralen Aktivitäten. Die Aktivitäten nach Porter entsprechen einem Prozess auf höchster Darstellungsebene, der Makroebene nach [Österle 1995, S. 62-92]. Führung
Geschäftsentwicklung
Risk Management
Verwaltung
Process Management
Vertrieb (Beratung)
Primäre Aktivitäten
Produktion (Betreuung)
(Abwicklung)
nne
(Akquisition)
Gew inns pa
(Innovation)
Personal
ReWe, Controlling, Compliance, Revision, Recht, Meldewesen
Informationstechnologie
Entwicklung
Einkauf
e ann
Treasury
Infrastruktur
p inns Gew
Kommunikation Unterstützende Aktivitäten
Strategie
In Anlehnung an Porter (1985)
Abbildung 3: Wertkette einer Bank [vgl. Porter 1985] Für eine Unternehmung ist es erfolgskritisch, sich für wenige Prozesse zu entscheiden und diese mit den notwendigen Fähigkeiten zu betreiben. Nur klare und fokussierte Geschäftsmodelle können zu einem nachhaltigen Wettbewerbserfolg führen [vgl. Treacy/Wiersema 1995, S. 44-45]. Zur Erhöhung der Rentabilität von Banken, wird seit Beginn der 90er Jahre die Verringerung der Wertschöpfungstiefe (Synonym: Fertigungstiefe) von Banken gefordert [vgl. Moormann/Wölfing 1991, S. 677-680]. Es geht für eine Bank darum, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Die Entwicklung neuer Technologien, insbesondere Kommunikations- und Netzwerktechnologien, erlaubt es den Banken zunehmend ihre Wertschöpfungskette zu entflechten, d.h. einzelne Aktivitäten von selbständigen, integrierten Geschäftseinheiten zu beziehen, die sich sowohl innerhalb, als auch ausserhalb der eigenen Hierarchie befinden können. Innerhalb der Bankenbranche wird dieser Transformationsprozess dazu führen, dass sich die vormals stark vertikal integrierte Bankenindustrie, zunehmend zu einer horizontal integrierten Struktur entwickelt. Dieser Prozess folgt einer Entwicklung, wie sie schon Jahre zuvor in anderen Branchen in ganz ähnlicher Weise abgelaufen ist [vgl. Grove 1996, S. 42, zeigt dies sehr schön für die Computerindustrie auf]. Über die Jahre haben sich die verschiedenen Geschäftsfelder einer Universalbank stark differenziert. Retail Banking, Private Banking, Corporate Banking, Investmentbanking, Asset Management oder auch das Transaction Banking weisen nur noch wenige Gemeinsamkeiten auf und unterscheiden sich hinsichtlich Kunden, Produkten, Technologien, Wettbewerbsstrukturen, etc. nachhaltig [vgl. Mül-
408
Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
ler-Stewens/Lechner, 2001, S. 211]. Die aktuellen Strukturen einer Bank zeigen also, dass die Entflechtung – über eine Spezialisierung und interne Modularisierung - auf Basis der Ordnungskriterien Kundengruppen, Produkte und entlang der Wertschöpfungskette heute bereits begonnen hat. Die Entflechtung der Universalbank – also das Aufbrechen der integrierten Organisationsstruktur – erfolgt in drei Stufen. Ausgehend von einer monolithischen Struktur erfolgt in der ersten Stufe eine Modularisierung von Geschäftseinheiten innerhalb der Hierarchie einer Unternehmung. In der zweiten Stufe erfolgt eine‚ Erste Welle‘ der Disaggregation einzelner Unternehmensteile. Wichtige Funktionen der Unternehmung verlassen die Hierarchie der Bank und werden von einem externen Dritten bezogen. Spezialisierte Unternehmen vernetzten sich untereinander, um Geschäftsprozesse gemeinsam durchzuführen. In einer dritten Stufe der Entflechtung – der ‚Zweiten Welle‘ der Disaggregation – teilen sich die durch die erste Welle entstanden Funktionsteile entsprechend einer weiteren Spezialisierung der Aktivitäten. Die drei Stufen der Entwicklung und ihre zeitliche Abfolge sind in der Abbildung 4 dargestellt. Die erste Stufe der Entflechtung, die interne Modularisierung, schafft die Grundlage für eine Externalisierung von internen Leistungsmodulen. Die Koexistenz verschiedener Geschäftsmodule innerhalb einer gemeinsamen Hierarchie führt allerdings zwangsläufig zu hybriden Strukturen. Die bereits angesprochene Ausdifferenzierung der verschiedenen Geschäftsfelder einer Bank hat zur Folge, das innerhalb der verschiedenen Geschäftsmodule unterschiedliche Geschäftsmodelle zur Anwendung kommen müssen, um eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit dieser Einheiten gewährleisten zu können: Es geht darum die entsprechende Wettbewerbsstrategie zu verfolgen. Steht im Bereich des Private Banking die individuelle und bedarfsorientierte Betreuung des Kunden im Mittelpunkt der Bemühungen (= Differenzierungsstrategie), so geht es im Bereich Retail Banking um eine hohe Standardisierung der Leistungspalette um daraus entsprechende Kostenvorteile (= Kostenführerschaft) zu erzielen. Das gleichzeitige Verfolgen verschiedener Wettbewerbsstrategien innerhalb einer Hierarchie bedingt zwangsläufig ein internes strategisches Dilemma und führt dazu, dass eine Organisation „zwischen die Stühle“ gerät und in der Regel nur mittelmässige Leistungen und Ergebnisse erzielen werden [vgl. Porter 1999, S. 44-45]. Die interne Koordination dieser verschiedenartigen Module ist für die Organisation und das Management mit grossem Koordinationsaufwand und erheblichen Risiken verbunden [vgl. Müller-Stewens 1997, S. 10-14]. Die Disaggregation oder Entflechtung verschiedener Module aus der gemeinsamen Hierarchie, d.h. die organisatorische und rechtliche Abspaltung von spezialisierten Geschäftsmodulen, kann als ein möglicher Lösungsansatz angesehen werden (Zweite Stufe der Entflechtung: Erste Welle der Disaggregation). Als Konsequenz daraus entstehen Wertschöpfungsnetzwerke, die sich in Form virtueller Unternehmen, Allianzen oder loser Verbünde organisieren und bestimmte Marktleistungen letztlich gemeinsam erbringen [vgl. Winter 2002, S. 31]. Für die dritte Stufe der Entflechtung, die zweite Welle der Disaggregation, ist eine weitergehende, funktionsorientierte Entflechtung der spezialisierten Geschäftsmodule zu erwarten, wie sie bereits heute im Elektrizitätsbereich zu beobachten ist [vgl. Birch/Burnett/Kant 2001, S.103-111].
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
409
Ausmass der Entflechtung
Unternehmens Netzwerk
‚Erste Welle‘ der Disaggregation
Hybride Organisation, Outsourcing
Interne Modularisierung
2 1
Integrierte, monolithische Strukturen
Monolith integrierte Struktur
3
innerbetrieblich
Virtuelle Unternehmung
Unternehmens übergreifend
‚Zweite Welle‘ der Disaggregation
1990
2000
2010
Zeit
heute
1
Wertkette einer Bank
Unterstützende Aktivitäten
2
Erste Welle der Disaggregation
Vertrieb Vertrieb
Produktion
Entwicklung
Primäre Primäre Aktivitäten Aktivitäten
3
Zweite Welle der Disaggregation ? ?
Entwicklung
Entwicklung
Product Innovation Business Product Leadership
Vertrieb
Produktion
Customer Relationship Business Customer Intimacy
Infrastruktur Business Operational Excellence
Produktion
Vertrieb
Abbildung 4: Organisatorische Entflechtung der Banken
410
3.2
Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
Geschäftstypen für den Bankbereich
Die drei Geschäftstypen für den Bankbereich beschreiben eine mögliche Antwort auf die Entwicklungen der Entflechtung der Universalbank entlang der Wertschöpfungskette; sie zeigen die grundsätzliche Möglichkeit zur erfolgreichen Wettbewerbspositionierung in den verschiedenen Bereichen der Wertschöpfungskette auf. Die Geschäftstypen heissen: Entwicklungsspezialist, Vertriebsspezialist und Produktionsspezialist. Hier geht es nicht um die abschliessende Beschreibung eines Geschäftsmodells für diese Geschäftstypen, sondern um die Darstellung einer grundsätzlichen Leistungsbeschreibung, der Erfolgsfaktoren und der notwendigen Fähigkeiten, die auf Basis von theoretischen Überlegungen abgeleitet werden können. Drei Geschäftstypen können wie folgt kurz beschrieben werden: Die Stärke des Entwicklungsspezialisten ist die Fokussierung auf die Entwicklung differenzierter Produkte und Leistungen. Er übernimmt in der Regel keine Vertriebsfunktion. Innovationskraft, ‚time-to-market‘ und das Produktdesign sind für ihn erfolgskritisch und generieren überdurchschnittliche Margen. Der Vertriebsspezialist bildet die Schnittstelle zum Endkunden. Die Integration von Leistungen um den Kundenprozess, sowie die Gestaltung der Kundenbeziehung, der Zugangsmöglichkeiten und der Servicequalität sind für ihn erfolgskritisch. Von seiner Ausrichtung her ist der Vertriebsspezialist eher dezentral organisiert. Der Produktionsspezialist übernimmt die Herstellung der Bankprodukte und –leistungen. Tiefe Produktionskosten bei hoher Sicherheit und Zuverlässigkeit sind erfolgskritisch für ihn. Einige wenige grosse, zentrale Einheiten werden die gesamte Herstellung für die übrigen Marktteilnehmer übernehmen. Eine Umsetzung der mit der Spezialisierung einhergehenden Modularisierung wird die Organisation einer Universalbank nachhaltig verändern. Die Abbildung 5 zeigt die Module einer Universalbank und beschreibt, welche spezialisierten Geschäftsmodule sich auf den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette als Entwicklungs-, Vertriebs und Produktionsspezialisten herausbilden könnten.
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
Vermögens-, Vorsorge Management
Investment Banking Private
Cashflow Cash Management - Mgmt KMU Private
IB light
411
IB high profile Cashflow Mgmt Professionell
Zahlungsverkehr Wertpapiere/ Handel Einlagen
Private Kredite
Retailkunden
Private Banking
Firmenkunden
Grosskunden/ MNCs
Asset-, Pensions Mgmt
Kredite Entwicklung
Private Bank
Firmen Kredite Vertrieb
Retail Bank
Corporate Banking
Produktion
Entwicklungsspezialisten Vertriebsspezialisten Produktionsspezialisten
Transaction Banking - ZV Transaction Banking - Kredite
Transaction Banking - Einlagen
Transaction Banking - WP
Abbildung 5: Die Module einer Universalbank Dem Bereich Transaction Banking wird der Geschäftstyp Produktionsspezialist zugeordnet. Im Mittelpunkt des Transaction Banking steht die kostengünstige, industrielle und hoch automatisierte Abwicklung und Produktion der verschiedenen Bankdienstleistungen unter Ausnutzung von Skaleneffekten [vgl. Frohmüller/Moser 2000, S. 20-20-22].
3.3
Abgrenzung der Produktion innerhalb der spezifischen Wertketten
Das Geschäftskonzept der Transaktionsbank basiert auf der Annahme, dass eine hoch spezialisierte Einheit die (Bank-) Produktion, unter der Bündelung der Produktion verschiedener Banken, effektiver und effizienter durchführen kann. Die Fragen, welche Teile der Wertschöpfungskette zum einen zur Bankproduktion zu zählen sind und zum anderen in einer spezialisierten Einheit der Transaktionsbank, ausgeführt werden sollten, werden durch ein strukturiertes Vorgehen beantwortet. Dies gewährleistet, ganz im Sinne der Ideen des Business Engineering, eine ingenieurmässige Analyse der Wertschöpfungskette und ihrer Aktivitäten. Im vorherigen Abschnitt wurde bereits die Wertschöpfungskette einer Bank und die Unterscheidung nach den drei generischen Aktivitäten - Entwicklung, Vertrieb und Produktion – vorgestellt. Aus den vier Sparten der Bank und der grundsätzlichen Wertkette einer Bank lassen sich die spezifischen Wertschöpfungsketten für die Bereiche Wertschriften, Einlagen, Kredit und Zahlungsverkehr ableiten [vgl. Emch/Renz 1984, S. 19]. Innerhalb der spezifischen Wertschöpfungsketten können die Bereiche Entwicklung, Vertrieb und Produktion verschiedene Bedeutungen – im Sinne der Wichtigkeit für die Leistungserbringung - aufweisen. Die Aktivitäten werden durch Services [synonym: Leistungen] ausgeführt. Die Wertkette
412
Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
Zahlungsverkehr kann als produktionslastig bezeichnet werden, die Wertkette Kredit hingegen als eher vertriebslastig [Die Beurteilung basiert auf einer Expertenschätzung der Autoren; es erfolgte keine entsprechende Untersuchung mit wissenschaftlichen Methoden]. Die Identifikation der Produktions-Services bildet eine Voraussetzung für die Entwicklung eines Prozessmodells der Transaktionsbank. Die Identifikation der einzelnen Aktivitäten der Produktion soll durch eine dreistufige top-down Analyse der drei spezifischen Wertschöpfungsketten der Bank erfolgen. In einem ersten Schritt werden diese strukturiert mit ihren Aktivitäten und Services dargestellt. In einem zweiten Schritt werden die Aktivitäten und Services der Produktion identifiziert und von den Bereichen Entwicklung und Vertrieb separiert. Im dritten und letzten Schritt werden die Services aus dem Bereich Produktion auf Basis eines Bewertungsmodells auf ihre Transaktionsbankfähigkeit untersucht. Durch dieses Vorgehen wird die spezifischen Wertschöpfungsketten der Bank quasi entsprechend ihrer generischen Aktivitäten Entwicklung, Vertrieb und Produktion „geschnitten“. Die Abbildung 6 fasst das Vorgehen zusammen.
1. Prozessebene
Identifikation der Aktivitäten inkl. Services
Entwicklung
Servicesebene
EntwicklungsServices
Vertrieb
VertriebsServices
Produktion
Services der distributiven Produktion
Services der Produktion im engeren Sinne
Services der Transaktionsbank
ProduktionsServices
2.
Identifikation der Produktions-Services
3.
Trennung der ProduktionsServices auf Basis eines Bewertungsmodells
Abbildung 6: Strukturiertes Vorgehen zum „Schneiden“ der Wertschöpfungsketten Der letzte Schritt des Vorgehens, die Beurteilung der Produktions-Services auf Basis eines Bewertungssystems soll hier noch vertieft werden. Basis des Bewertungssystems ist ein Set von Determinanten, das zur mehrdimensionalen und umfassenden Bewertung der Transaktionsbankfähigkeit verwendet wird. Die verwendeten Determinanten basieren sowohl auf unternehmensexternen Faktoren (d.h. Umwelteinflüssen und Veränderungen), als auch auf unternehmensinternen Faktoren (d.h. Kernkompetenzen). Insgesamt generieren sich die Determinanten aus den Bereichen Kultur, Recht, Prozesse, IT/Systeme und Ökonomie. Die Ableitung dieser Determinanten wird hier nicht weiterbetrachtet. Aufgrund der unterschiedlichen Wirkung der verschiedenen Determinanten werden diese in zwei Gruppen eingeteilt. Die kritischen Determinanten bestimmen grundsätzlich über die Auslagerungsfähigkeit eines Services und werden daher in der Bewertung multiplikativ betrachtet. Sollte nur eine dieser Kriterien nicht er-
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
413
füllt sein, so kann keine Auslagerung in einer Transaktionsbank erfolgen. Die unkritischen Determinanten hingegen wirken graduell auf die Auslagerungsfähigkeit ein und werden daher in der Bewertung additiv betrachtet. Ist eine dieser Kriterien nicht vollständig erfüllt, so wird die Transaktionsbankfähigkeit dieses Services eingeschränkt, eine Auslagerung allerdings nicht vollständig verhindert. Die nachfolgende Abbildung zeigt eine Aufstellung der kritischen und unkritischen Determinanten: Kritische Determinanten:
Unkritische Determinanten:
• • • • •
• • • • • •
Trenn- und Modularisierbarkeit Datenverfügbarkeit Erlaubnis durch Compliance Erlaubnis durch Sourcing Gesetze Skalenpotenziale, mind. 30%
Kulturfit mit Vision Ohne Auswirkungen auf Vertrauen Automatisierbarkeit Standardisierbarkeit Skalierbarkeit Tiefe Koordinationskosten Übereinstimmung mit Kernkompetenzen/Vision
Abbildung 7: Kritische und unkritische Determinanten Die Bewertung erfolgt über ein fünfstufiges Bewertungssystem. Die abschliessende Bewertung erfolgt über eine Aggregation der Beurteilung der verschiedenen Determinanten.
4 Die Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene 4.1
Die Vision einer Transaktionsbank
Trotz der Vielzahl von Institutionen, die sich mit dem In- resp. Outsourcing von Produktionsbereichen beschäftigen, hat sich die Transaktionsbank als eigener Banktypus noch nicht oder nur rudimentär durchgesetzt. Ausgangspunkt für die Formulierung der Vision einer Transaktionsbank ist das Ergebnis der Entflechtung des Bankmonolithen (vgl. Abbildung 5). Die Vision der Transaktionsbank ist, dass es in einem Netzwerk von Unternehmen einen Bereich gibt, der die Produktionstätigkeiten für die Abwicklung von Bankdienstleistungen von mehreren Vertriebseinheiten übernimmt. Durch die Zusammenfassung der Volumen von mehreren Banken kann die Transaktionsbank Skaleneffekte erzielen. Damit diese realisiert werden, richtet sich die Transaktionsbank konsequent auf eine fabrikmässige Produktion von Standardleistungen für ihre Kunden aus und kann dadurch tiefe Stückkostenpreise erreichen. So ist sie ist in der Lage, rentabel zu sein und dennoch die einzelne Produktionsfunktion billiger anzubieten, als das jede einzelne Bank für sich kann. In der typischen „Wir“-Formulierung ausgedrückt könnte die Vision lauten:
414
Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
• Wir verstehen uns als führende Transaktionsbank für Back-Office-Dienstleistungen rund um das Wertpapiergeschäft, den Einlagenbereich, das Kreditgeschäft und den Zahlungsverkehr. • Dabei übernehmen wir alle Aufgaben rund um Abwicklung, Verwaltung, Verwahrung und Terminservice. • Mit der Konzentration auf den Ausbau der Informationstechnologie wird es gelingen, sowohl unseren Anspruch auf Marktführerschaft zu unterstreichen als auch eine einheitliche Systemplattform zu etablieren. Dabei setzen wir konsequent auf die Verwendung von internationalen Standards. • Neben der Rationalisierung von Prozessen bildet das Bündeln von Volumina eine elementare Basis, unsere Position in diesem Markt als neutraler Dienstleister zu festigen – mit Blick auf Europa und immer unter Berücksichtigung der Bedürfnisse unserer Partner. • Wir produzieren unsere Services billiger als dies unsere Konkurrenten tun können. Ein wichtiges Ziel von Kooperationen ist das Erreichen einer „Win-WinSituation“ für beide Partner, ohne zu starke Einschränkung der Flexibilität. Die Vision der Transaktionsbank postuliert zudem, dass für den Produktionsteil der entflochtenen Bank ein Markt besteht. Die Abnehmer der Services sind dabei die Kunden der Transaktionsbank, wie z.B. • Endkunden, • Service-Integratoren, wie z.B reine Vertriebsbanken oder Fondsgesellschaften, • Shared- und Exclusive-Service-Providers, wie beispielsweise Clearing Gesellschaften oder auch andere Transaktionsbanken.
4.2
Die Produktion im Zahlungsverkehrsgeschäft
Das Geschäftskonzept der Transaktionsbank basiert auf der Annahme, dass eine hoch spezialisierte Einheit die (Bank-)Produktion, durch Bündelung der Produktion verschiedener Banken, effektiver und effizienter durchführt. Die Identifikation der verschiedenen Produktionsfunktionen innerhalb einer Wertschöpfungskette wird im Folgenden exemplarisch am Zahlungsverkehr aufgezeigt. Der Zahlungsverkehr (ZV), der oft als Kerngeschäft einer Bank bezeichnet wird [vgl. Ullrich 2001, S. 26; Stark 2001, S. 15.], ist kein Service, der für sich allein stehen kann. Der Zahlungsverkehr ist eine Folge eines Geschäftes, das zwei Partner abgeschlossen haben und umfasst die Bezahlung und Entgegennahme des Kaufpreises. „Aus der Natur dieser Dienstleistung ergibt sich notwendigerweise ein Minimum an gemeinsamem Vorgehen und an Koordination oder Kooperation, sind doch beim Austausch von Zahlungsmitteln… im Allgemeinen mehrere Partner involviert“ [Kilgus 1985, S. 251]. Diese beiden Merkmale bestimmen somit auch die Wertkette im Zahlungsverkehr (vgl. Abbildung 8).
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
415
Abbildung 8: Zahlungsverkehr-Wertkette Für jedes Element dieser Wertkette werden anschliessend gemäss dem zuvor beschriebenen Vorgehen die Funktionen identifiziert, die zur Bankproduktion gehören: Wertk ettenelement
Produk tionsfunk tion
Entw icklung
keine Produktionsfunktionen
Verkauf
keine Produktionsfunktionen
Auftragserteilung
Auftragsentgegennahme (Posteingang, Avorisierung)
Erfassung im System (Digitalisierung der Daten)
Datenergänzung (abw icklungsspezifischen Daten, z.B. Zahlw eg)
Disposition (Bonitätsprüfung)
Erstellen Buchungsrecords
Clearing/ Settlement
Meldungsübermittlung (an Clearingsystem)
After Sales
Kundeninformation (Anzeigen)
Recherchen (bei Fehlabw icklungen)
Reporting
Archivierung (der ausgeführten Aufträge)
Abw icklung
Abbildung 9: Wertekettenelemente und Produktionsfunktion Diese einzelnen Services werden auf ihre Transaktionsbank-Tauglichkeit hin geprüft (vgl. Abbildung 10).
416
Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
Abbildung 10: Durch Determinanten identifizierte Produktionsfunktionen des Zahlungsverkehrs Nicht unerwartet für den Bereich Zahlungsverkehr, kann ein Grossteil der Wertkette der Produktion zugeordnet werden. Die Schnittstellen zur Bildung des Produktionsbereiches Zahlungsverkehr einer Transaktionsbank sind in 11 eingezeichnet. Dieser Bereich umfasst den gesamten Prozess der Zahlungsabwicklung, von der Entgegennahme eines Auftrages bis hin zur Archivierung nach der Ausführung. Die Identifikation eines ganzen, zusammenhängenden Produktionsprozesses aus der gesamten Wertkette ist für ein erfolgreiches Geschäftsmodell einer Transaktionsbank von zentraler Bedeutung; es erlaubt der Transaktionsbank die effiziente und effektive Gestaltung ihres Prozesses, ohne dass die damit erzielten Einsparungen dank Spezialisierung durch höhere Koordinationskosten zum Verkauf und Vertrieb zu nichte gemacht werden. Anders als beim Wertschriften- und Kreditproduktionsbereich, erbringt der Zahlungsverkehr dem Endkunden gegenüber unmittelbar eine Leistung. Damit hat die Transaktionsbank im Zahlungsverkehr direkten Kundenkontakt sowohl bei der Auftragsentgegennahme, wie auch beim Versand von Anzeigen und bei der Lösung von Investigationsfällen haben. Wie im Element After Sales dargestellt, können einzelne Services wie das Investigations dem Verkauf zugeordnet werden; dies hängt davon ab, ob und in welchem Umfang eine Vertriebsbank direkten und persönlichen Kontakt zwischen ihren Kunden und der Transaktionsbank zulassen will.
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
417
Abbildung 11: Schnittstellen in Zahlungsverkehr-Wertkette
4.3
Das Geschäftsmodell der Transaktionsbank
Zur Erarbeitung eines alle Sparten umfassenden Geschäftsmodelles einer Transaktionsbank werden die Produktionsservices des Zahlungsverkehrs durch die des Wertschriften- und des Kreditgeschäftes ergänzt. Die Transaktionsbank-tauglichen Services für diese Sparten werden durch dasselbe Verfahren (und den gleichen Determinanten) wie zuvor beim Zahlungsverkehr aus den entsprechenden Wertketten abgeleitet. Aus der Marktstruktur, die Auskunft gibt über das wirtschaftliche Beziehungsnetz, den potenziellen Kunden und den Vertriebskanälen, über die die Services angeboten werden können, lassen sich die strategischen Geschäftsfelder einer Transaktionsbank ableiten (vgl. Abbildung 12).
elektro.
Leasinggesellschaften Telefon
Papier
elektro.
Broker, unabhängige Vermögensverw. Telefon
Papier
elektro.
Finanz- und Konzerngesellschaften Telefon
Papier
elektro.
Kreditkartenorganisationen Telefon
Papier
elektro.
Post-finance Warenhausketten Telefon
Papier
elektro.
Versicherungen Telefon
Papier
elektro.
Telefon
Papier
elektro.
Produkte Wertschriften Prod. i.e.S. Kreditgeschäft Prod. i.e.S. Zahlungsverkehr Prod. i.e.S. Depotführung Kontoführung Kreditdossierführung Stammdatenverwaltung CRMDatenverwaltung
Papier
Kunden
Vertriebsbank
End-Kunde
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Telefon
418
Abbildung 12: Identifikation der strategischen Geschäftsfelder in der Produkt-/Markt-Kombination Die durch die Transaktionsbank angebotenen Produkte lassen sich so bündeln, dass sich damit die Geschäftsfelder Wertschriftengeschäft (SGF 1), Kreditgeschäft (SGF 2), Zahlungsverkehr (SGF 3) und Kundendaten Management (SGF 4) abdecken lassen. Die Leistungen, die in den strategischen Geschäftseinheiten SGE 1, SGE 2 und SGE 3 erbracht werden zeichnen sich dadurch aus, dass sie als beliebig oft ausführbare Einzelprozesse angesehen werden können. Dem gegenüber sind Leistungen wie Depot-, Konto- oder Kundendossierführung und das Kundendaten Management im SGE 4 als Daueraufgaben zu betrachten. Für solche Daueraufgaben haben die kritischen Erfolgsfaktoren andere Ausprägungen als für die Einzelleistungen. Das nachfolgende Geschäftsmodell zeigt, wie ausgehend von der Vision die Transaktionsbank die Produktionsservices im engeren Sinne aus den drei Geschäftssparten in Strategische Geschäftsfeldern zusammenfasst und ihren Kunden anbietet (vgl. Abbildung 13).
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
419
Abbildung 13: Transaktionsbanknetzwerk Die dreidimensionale Darstellung der Transaktionsbank soll zeigen, dass eine Transaktionsbank eine Vielzahl von Vertriebseinheiten bedient. Der Würfel im Zentrum der Abbildung 13 stellt die Transaktionsbank dar, um die sich die Vertriebseinheiten gruppieren. Die grauen Flächen bilden die Trennflächen zwischen der Transaktionsbank und den Endkunden, wobei diese im Zahlungsverkehr auch direkten Zugang zur Transaktionsbank haben. Die zur Erbringung ihrer Services notwendigen Kooperationspartner (Clearinghäuser) verbinden die einzelnen Transaktionsbanken, haben jedoch selber keine direkte Schnittstelle zu den Vertriebseinheiten. Die einzelne Transaktionsbank stellt einen Teil eines Geschäftsnetzwerkes dar. Auf der einen Seite produziert sie Services für eine ganze Reihe verschiedener Vertriebseinheiten in- und ausserhalb des Bankensektors, auf der anderen Seite ist sie über Knoten, meist Clearinghäuser, mit anderen Transaktionsbanken verbunden. Diese Clearinghäuser ermöglichen den Austausch von Leistungen, die über das eigene Netz hinausgehen.
420
4.4
Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
Die Transaktionsbank auf der Prozessebene
4.4.1 Die Prozesslandkarte der Transaktionsbank Basierend auf den zuvor erarbeiteten Ergebnissen Kunden(gruppen), Produkte (resp. Leistungsgruppen) und strategische Geschäftsfelder wird nachfolgend die in der PROMET®-BPR Methode als Architekturplanung bezeichnete Phase, die der Prozessebene zuzuordnen ist, beschrieben. Die Architekturplanung ist die wichtigste Technik für den Übergang von der Strategie- zur Prozessebene, denn der Erfolg der gesamten Prozessentwicklung hängt stark von einer sinnvollen Identifikation und Abgrenzung der Prozesse ab. Aufgabe der Architekturplanung ist es, die Makroprozesse mit dem grössten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit zu identifizieren und abzugrenzen. Ein erster Schritt auf dem Weg zur Prozesslandkarte ist die Erarbeitung der Prozesskandidaten mit Hilfe der Leistungsgruppen/Segmente-Matrix. Dazu werden die durch die Transaktionsbank zu erbringende Leistungen zu Leistungsgruppen gebündelt und gegenüber den in der Geschäftsstrategie beschriebenen Kundensegmenten (aus den strategischen Geschäftsfeldern) aufgetragen. Durch sinnvolle Zuordnung der Leistungen auf die verschiedenen Kundengruppen werden sogenannte Prozesskandidaten identifiziert. Diese stellen die für die Transaktionsbank wettbewerbsrelevanten Makro-Prozesse dar.
Abbildung 14: Prozesslandkarte
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
421
Diese Makro-Prozesse der drei Sparten, ergänzt durch die der Kunden und der Drittfirmen sowie der Unterstützungs- und Führungsprozesse, runden das Bild der Prozesslandkarte einer Transaktionsbank ab (vgl. Abbildung 14). Ohne die Unterschiede in der Produktion der einzelnen Sparten zu vernachlässigen werden in diesem Modell einer Transaktionsbank die potenziellen Synergien in den Bereichen Auftragseingang, Kundendaten Management und Archiv ausgenützt. Durch die Möglichkeit zur Bündelung von Volumen in gemeinsamen Bereichen können höhere Skaleneffekte erzielt werden. Trotz der Integration von Funktionen am Anfang und Ende eines Prozesses (Posteingang, Konto-/Depotführung und Archiv), die durch die zusätzlichen Schnittstellen einen höheren Koordinationsaufwand notwendig machen, bleibt das Modell flexibel; Kunden können die Fertigungstiefe selbst auswählen oder die Produktion nur einer Sparte auslagern. In jedem Fall profitieren sie von den Skaleneffekten der gesamten Transaktionsbank. 4.4.2 Die kritischen Erfolgsfaktoren einer Transaktionsbank Langanhaltende Wettbewerbsfaktoren beruhen auf spezifischen und wettbewerbsrelevanten Fähigkeiten, sogenannten kritischen Erfolgsfaktoren (KEF), die von der Konkurrenz nur schwierig und allenfalls über langfristigen, massiven Mitteleinsatz kopiert werden können. Zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit müssen die kritischen Erfolgsfaktoren identifiziert, aufgebaut und gepflegt werden. Zur Identifikation der KEF können sowohl die potenziellen Kernkompetenzen einer Transaktionsbank, als auch die Determinanten, die zur Entflechtung der Wertketten benötigt wurden, beigezogen werden. Die wichtigsten KEF können dabei grundsätzlich in drei Gruppen eingeteilt werden (vgl. Abbildung 15). Die erste Gruppe ist von entscheidender Wichtigkeit für den Abwicklungsbereich (Geschwindigkeit), die zweite Gruppe für die Pflege der (Kunden-)Daten (Zuverlässigkeit) und die dritte Gruppe zeigt die generellen KEF eines Transaktions-Dienstleisters (Wirtschaftlichkeit).
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Andreas Burger, Wolfgang Luef, Markus Moll, Andreas Werder
Zuverlässig- Geschwindi keit gkeit
Kritische Erfolgsfaktoren
Beschreibung und Beispiele Performance der System(w eiter)entw icklung, der Prozesse und des Systems selber Straight Trough Processing w ird durch die Entw icklung im Bereich des E- und MCommerce ein immens w ichtiger Erfolgsfaktor. Auf das operative Geschäft abgestimmte Prozessabläufe Standardisierte Abläufe, Datenformate und Schnittstellen. 7x24h, 99.9% Verfügbarkeit = Stabile Systeme mit geringen Ausfallraten. Schutz der Kundendaten vor unbefugtem Zugriff Termingerechte nationale und internationale Abw icklung Regel- und gesetzkonforme Abw icklung Unabhängigkeit und Selbständigkeit (w hite label Serviceanbieter)
Wirtschaftlichkeit
Kosten- Transparenz Abbau von Fixkostenblöcken, Umw andlung dieser in variable Kosten um damit die Reaktionsfähigkeit auf volumenvolatile Märkte zu erhöhen. Fakturierung nach Transaktionsmengen Ausnützen von Skaleneffekten: Kostenvorteil in der Leistungserstellung. Möglichst hohes Transaktionsvolumen über eine einheitliche Plattform abw ickeln. Kostenführerschaft Eigenkapitalvereinbarungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht für das operationelle Risiko, w ie z.B. Verlustrisiko bei Computerfehlern oder Betrug.
Abbildung 15: Beispiele kritischer Erfolgsfaktoren Die Pflege der Kritischen Erfolgsfaktoren erfolgt durch: • Investitionen in innovative Technologie zur Bereitstellung von realtime-fähigen Abwicklungssystemen. • Investitionen in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter • Betreiben eines Knowledge Managements • Konzentration auf ein oder wenige Geschäftsfelder und zwar auf solche, bei denen durch Automatisierung und Prozessoptimierung Synergien entstehen und die nur dann realisierbar sind, wenn diese mit industrieller Denkweise und Fertigungsmethoden angegangen werden • Verbessern der Kostensituation über Skaleneffekte.
5 Handlungsoptionen einer Transaktionsbank Die Frage, wie sich eine heutige Universalbank zu den oben beschriebenen Entwicklungen verhalten soll, lässt sich nicht einfach beantworten. Der Entscheid, Produktionsfunktionen in eine Transaktionsbank auszulagern ist nicht rasch rückgängig zu machen. Es wird für jedes einzelne Institut darum gehen, seine eigene Ausgangsposition genau zu analysieren und die für sie beste Handlungsoption einzuschlagen. Grundsätzlich stehen dabei die vier in Abbildung 16 beschriebenen strategischen Optionen zur Verfügung. Die Option „Joint Venture“ scheint für eine grosse Universalbank die geeignetste zu sein, bietet sie auf der einen Seite eine langfristige, nachhaltige Wirkung; auf der anderen Seite berücksichtigt sie, dass kurzfristig keine raschen Auslagerungen an eine Transaktionsbank möglich sind.
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
423
Der Entscheid über den einzuschlagenden Weg, sowie die Umsetzung der gewählten Strategie ist der letzte Schritt der in Kapitel 2.3 beschriebenen Transformation.
Abbildung 16: Handlungsoptionen für eine Universalbank
6 Fazit und Ausblick Die Internationalisierung des Geschäftes wie auch die Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien haben den Banken neue Möglichkeiten zur Gestaltung ihres Geschäftes gegeben. Sie stellen aber auch neue Herausforderungen an die klassischen integrierten Universalbanken in Europa dar. Banken in ihrer integrierten Organisationsform sind an ihre Grenzen gestossen. Wie dies in anderen Branchen der Wirtschaft bereits geschehen ist, verläuft die Transformation in Richtung entflochtene, stärker modularisierte Unternehmen mit klarer Ausrichtung der Geschäftseinheiten auf bestimmte Fähigkeiten. Im Zuge der Spezialisierung und der Reduktion der Fertigungstiefe ist schon heute ein bestimmtes Gliederungsmerkmal zu beobachten: eine funktionsorientierte Entflechtung entlang der Wertschöpfungskette einer Bank. Das Ergebnis dieses Veränderungsmusters wird die Ausdifferenzierung in Spezialisten der Entwicklung, des Vertriebs und der Produktion sein. Banken mit spezifischer funktionaler Ausrichtung und mit unterschiedlichem Kundenfokus erbringen Leistungen innerhalb eines vernetzten Systems und bilden zusammen ein komplexes, marktmässig organisiertes Unternehmensnetzwerk. Ein bestimmter Geschäftstyp in diesem Netzwerk entflochtener und modularisierter Spezialbanken ist die Produktionseinheit oder eben die Transaktionsbank. Sie ist Spezialist in der Abwicklung von Back-Office Dienstleistungen für das
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Wertpapier-, Einlagen-, Kredit- und Zahlungsverkehrsgeschäft. Ihre strategische Grundausrichtung ist die der Kostenführerschaft, welche sie durch Realisierung von Skaleneffekten auf hohe Verarbeitungsvolumen zu erzielen sucht. Wie der Entwurf der Transaktionsbank auf der Geschäftsebene zeigt, können durch ein sorgfältiges Evaluationsverfahren durchaus die Produktionsfunktionen im engeren Sinne identifiziert und von den übrigen Funktionen der Wertschöpfungskette getrennt werden. Dadurch lassen sich auch die eigentlichen Leistungen der Transaktionsbank klar definieren. Auf der Prozessebene können im Rahmen der Architekturplanung die Prozesslandkarte sowie ein Verzeichnis der kritischen Erfolgsfaktoren erstellt werden. Durch das schrittweise, deduktive Vorgehen des Prozessentwurfs kann sichergestellt werden, dass die Prozessausgestaltung der Grundstrategie entspricht und dass die ursprünglichen Vorgaben für die Ausrichtung der Transaktionsbank wie Ausnutzen von Spezialisierungsvorteilen und Skaleneffekten eingehalten werden. Ausgehend von der eigenen, individuellen Ausgangslage muss jede Universalbank prüfen, welche Strategie sie im Transformationsprozess einschlagen will. Sie kann dabei unter vier grundsätzlichen Handlungsoptionen auswählen. Die Autoren sind davon überzeugt, dass der Prozess der Disaggregation und Ausdifferenzierung von Spezialbanken und deren horizontale und vertikale Integration in einem Unternehmensnetzwerk auch in der Bankenwelt nicht aufzuhalten ist und innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre ähnliche Dynamik annehmen wird, wie er bereits im industriellen Sektor in den letzten zehn Jahren zu beobachten war. Die Autoren haben ein strukturiertes, deduktives und durch zahlreiche Techniken unterstütztes Verfahren eingesetzt. Ihre Erwartungen an das Business Engineering als Werkzeug der Transformation wurden erfüllt und das Verfahren hat sich gemäss ihrer eigenen Einschätzung als valide gezeigt.
Entwicklung eines Modells der Transaktionsbank auf der Geschäfts- und Prozessebene
425
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Swiss Army Window – das Schweizer Armee-Fenster im globalen Dorf Alexander Etter, Christian Fux, Guido Grütter
1 2
3
4
5
6 7
Einleitung....................................................................................................428 Bedürfnisanalyse.........................................................................................429 2.1 Umfeld................................................................................................429 2.2 Entwicklung des SAWI Grundangebotes ...........................................434 Geschäftsmodell..........................................................................................437 3.1 Value Proposition ...............................................................................438 3.2 Geschäftsarchitektur ...........................................................................439 3.3 Kombiniertes Erlösmodell..................................................................440 Komponenten..............................................................................................441 4.1 Prozesse..............................................................................................442 4.2 Inhalte.................................................................................................443 4.3 Aufbau der Reichhaltigkeit.................................................................444 4.4 Prototyp der Homepage ......................................................................445 Technologie ................................................................................................446 5.1 Verfügbare Technologien ...................................................................446 5.2 Telematik der Armee 2003 bis 2010 ..................................................448 5.3 Technologiekonzept SAWI ................................................................450 5.4 Technologische Trends.......................................................................451 SAWI Friendly User Testkonfiguration......................................................452 Literatur ......................................................................................................454
428
Alexander Etter, Christian Fux, Guido Grütter
1 Einleitung Der technologische Fortschritt mit den neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten hat Wirtschaft und Gesellschaft innerhalb weniger Jahre nachhaltig verändert. Obwohl schon oft totgesagt, birgt die ganzheitliche Sicht auf die Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie nach wie vor ein grosses Potenzial innovativer Geschäftsideen und Geschäftsmodelle. Die Welt im Informations- und Kommunikationszeitalter ist keine friedliche Welt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es gelingen wird, gewaltsame durch gewaltfreie Konfliktlösungsprozesse abzulösen ist gering. Weil der gewaltsame Konflikt als Handlungsoption unüberwindbar scheint, wird auch der Soldat nicht überflüssig werden. Hingegen wird das ursprüngliche Wesen des Soldaten als Krieger und Eroberer durch die Rolle des Schützers, Helfers und Retters zunehmend erweitert. Diese zusätzliche Rolle des Soldaten basiert auf der Erkenntnis, dass die Nationen gemeinsam versuchen sollten, gewaltsame Konflikte zu vermeiden, ausgebrochene Konflikte einzudämmen und deren Auswirkungen zu mildern. Die Schweiz trägt dieser Erkenntnis schon seit Jahrzehnten Rechnung und stellt den Vereinten Nationen Angehörige der Schweizer Armee für friedensunterstützende Aktivitäten zur Verfügung. Die neue sicherheitspolitische Ausrichtung der Schweiz sieht den umfassenden Ausbau der friedensunterstützenden Aktivitäten vor. Der Soldat, insbesondere der Milizsoldat der Schweizer Armee, ist jemand, der mit dem raschen Verlauf der Technologieentwicklung aufgewachsen ist und sich dadurch ein fortschrittliches Informations- und Kommunikationsverhalten angeeignet hat. Nimmt der Schweizer Angehörige der Armee an einem Auslandeinsatz teil, wird sein Informations- und Kommunikationsverhalten je nach Einsatzregion stark eingeschränkt. In der Einsatzregion ist die technische Infrastruktur oft zerstört oder im Vergleich zur Schweiz hoffnungslos rückständig. Mit Hilfe der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie soll dafür gesorgt werden, dass der Schweizer Angehörige der Armee, wie auch Angehörige ziviler Organisationen, ihr gewohntes Kommunikations- und Informationsverhalten im Auslandeinsatz nicht ändern müssen. Der Teilnehmer soll jederzeit und überall Zugriff auf ein individuelles und leistungsfähiges Informations- und Kommunikationsportal haben. Dieses Informations- und Kommunikationsportal ist ein Fenster in die Heimat und damit ein bedeutendes Instrument zur Erhöhung der Einsatzattraktivität sowie zur Erhaltung der Einsatzmoral.
Swiss Army Window
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Abbildung 1: Swiss Army Window Grobmodell
2 Bedürfnisanalyse 2.1
Umfeld
2.1.1 Globales Informationsumfeld Technologische Perspektive Die Technologie Entwicklung ist seit Jahrhunderten eine zentrale Triebkraft der militärischen Entwicklungen, die jeweils einen revolutionären Wandel in der Verwendung von Streitkräften und in der Taktik der Truppen auslösen. Mit dem technologisch bedingten Auftreten des Informationsumfeldes werden die klassischen Grenzen zwischen Krieg und Frieden zunehmend verwischt. Der in der europäischen Neuzeit vor allem durch Clausewitz geprägte Begriff des Krieges, als zeitlich – räumlich relativ klar isolierbares Instrument zwischenstaatlichen Handelns [vgl. Clausewitz 1832, S. 15 – 24], wird den künftigen Formen gewaltsamer Konflikte und militärischer Interventionen zunehmend weniger entsprechen. Die Technologie bestimmt die Doktrin einer Armee und damit die Grundsätze nach welchen diese eingesetzt werden kann. Die Geschichte zeigt, dass jene politische oder militärische Armeeführung, die gegenüber der Einführung neuer Tech-
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nologien skeptisch und zögerlich ist, wenig Aussicht auf strategischen Erfolg hat. Daher sind die Beobachtung der Technologieentwicklung sowie die Bildung einer Technologiestrategie zentrale Elemente der militärstrategischen Planung. Ökonomische Perspektive Die Ursache ökonomischer Konflikte liegt im individuell erlebten Widerspruch zwischen subjektiven Bedürfnissen und objektiven Befriedigungsmöglichkeiten. Die Konfliktvermeidung besteht aus der freiwilligen gegenseitigen Übertragung von materiellen und immateriellen Gütern im Sinn eines für beide Seiten vorteilhaften Interessenausgleichs [vgl. Senger 1980, S. 3]. Viele Strategien von Staaten zielen in ihrem Kern darauf ab, den materiellen Ausgleich mit politischen oder militärischen Mitteln zu eigenen Gunsten zu verschieben. Die natürlichen Ressourcen verknappen sich weiter und die Wahrscheinlichkeit ökonomisch und ökologisch motivierter Konflikte nimmt zu. Im Zusammenhang mit den natürlichen Ressourcen steht die Migration. Die wichtigste Ursache der Migration sind die durch Misswirtschaft entstandenen ökonomischen Probleme und das damit verbundene Wohlstandsgefälle. Die Zahl der grenzüberschreitenden Flüchtlinge hat sich zwischen 1980 und 1995 weltweit verdreifacht. Dieser Migrationsdruck wirkt sich auf die Industrieländer aus. Die Industrieländer reagieren mit immer schärferen Einwanderungsund Asylrechtsbestimmungen. Damit eröffnen sich neue zwischenstaatliche Konfliktfelder, da die Migration oft für politische Zwecke – etwa ethnische Vertreibungen sowie vorsätzliche Destabilisierungen und Konfliktausweitungen – ausgenutzt wird. Soziologische Perspektive Der gewaltsame Konflikt ist ein wesentlicher Gestaltungsfaktor in der Entwicklung der Gesellschaft. Krieg versteht sich als Prozess äusserster Intensivierung militärischer Aktivität, psychologischer Spannung, gesetzlicher Vollmacht und sozialer sowie politischer Integration. Aus Sicht der Polemologie, der Wissenschaft die den Krieg als gesellschaftliches Phänomen zum Gegenstand hat, ist der Krieg immer als integraler Bestandteil der gesellschaftlichen Geschichte zu betrachten. Die Lösung gewaltsamer Konflikte ist sehr komplex, weil sie aus einer dynamischen Wechselwirkung zwischen vielen Bereichen auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Zusammenlebens entstehen. Aus der individuellen Sicht des Soldaten zeichnet sich eine Veränderung ab. War der Soldat in der Antike bis in die Neuzeit ein heroischer Krieger, wird er immer mehr zu einem Soldaten der schützt, hilft und rettet, dem Miles Protector. Dies weil Streitkräfte immer mehr eine Präventions-, Interventions- und Ordnungsfunktion, statt einer Abschreckungs-, Eroberungs- und Verteidigungsfunktion haben. Eine Gewichtsverlagerung vom Krieger zum Soldaten im Sinne des Miles Protector wäre eine Art Kriegsprophylaxe. Jedoch kann der Krieger nur verschwinden, wenn der Krieg überflüssig gemacht wird. Dies setzt allerdings voraus, dass nicht nur die gesellschaftliche Funktion des Krieges durch andere Institutionen übernommen würde, sondern auch die Befriedung, Kompensation, Stabilisierung, usw. in den psychosozialen Arrangements erledigt würden [vgl. Strässle 1998, S 37 – 156].
Swiss Army Window
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Mit der ökonomischen und politischen Globalisierung mit ihrer weltweiten räumlichen und zeitlichen Vernetzung und der gegenläufigen Tendenz zur Regionalisierung und Fragmentierung, läuft gegenwärtig ein Wandelungsprozess in den Ideologien und soziokulturellen Werten ab. Die Vermutung, dass sich nach dem Kollaps der Sowjetunion die westlichen Grundwerte weltweit durchsetzen, hat sich nicht bestätigt. Stattdessen haben sich die ambivalenten und gegenläufigen Tendenzen verstärkt. Militärische Perspektive In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts hat sich die Zahl der Kriege stetig erhöht und erreichte 1992 mit etwa 50 Kriegen und bewaffneten Konflikten einen Höhepunkt. Zwischen 1990 und 1994 befanden sich über 50 Staaten zeitweise im Kriegszustand. Von 1979 bis 1989 waren mehr als 100 Staaten in Kriege involviert. Seit 1945 wurden insgesamt mehr als 200 Kriege gezählt. In den letzten Jahren ist ein Rückgang der Kriegshäufigkeit festzustellen. Der Gesamttrend bleibt allerdings offen. Eine Welt ohne Kriege und gewaltsame Konflikte bleibt auf absehbare Zeit eine Utopie. Unter dem Arbeitstitel Revolution in Military Affairs (RMA) läuft seit 1996 eine breite Diskussion über den nächsten grossen Schritt im Wandel von Armeen. Die RMA beruht auf der Interaktion von drei Instrumenten. • Systems of Systems: Ist die technische, räumlich-zeitliche Vernetzung der drei Systeme “Battle Space Awareness”, “AC4IRS (Advanced Command, Control, Communications, Computing, Intelligence, Surveillance and Reconnaissance)” und “Precision Force Use”: • Battle Space Awareness: Ist der Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen. Diese weltweit über alle Interessengebiete verteilten Sensoren, ermöglichen den verzugslosen Einsatz zielgenauer ebenfalls unbemannter Waffensysteme. • AC4IRS: Ist der schnittstellenlose Verbund von allen Sensoren zur Führung und zu den Waffensystemen. • Precision Force Use: Ist die Digitalisierung militärischer Verbände (Digitized Bataillon) um diese rasch, präzise und wirkungsvoll einzusetzen. • Extended Information Dominance: Es soll eine Vernetzung aller Informationen über den gesamten Gefechtsraum erreicht werden. Damit können die eingesetzten Kräfte mit einem Echtzeitbild über den Gefechtsraum versorgt werden. Wer jederzeit über aktuelle Informationen verfügt, verfügt gleichzeitig über die volle Freiheit des Handelns im Gefechtsraum. • Hacker Warfare: Dieses Instrument ermöglicht es gegnerische Netzwerke zu stören, Daten unbemerkt zu manipulieren oder umzuleiten. Externe Telefonund Internetverbindungen öffnen den Zugang zu diesen Netzwerken. Diese Möglichkeiten betreffen nicht nur militärische sondern auch zivile und kommerzielle Netzwerke. So kann dem Gegner die Lahmlegung der kommerziellen Computer angedroht werden. Gibt er der Forderung nicht nach, werden wichtige Bereiche seiner Wirtschaft neutralisiert.
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High Technology versus Low Technology Gemäss dem israelischen Militärwissenschaftler Martin van Creveld steht dem High Tech Krieg heute in der Regel der Primitive Krieg gegenüber. Diese Kriegsart, asymmetrische Kriegsführung genannt, wird mit einfachsten Waffen geführt. Die Akteure sind fundamentalistische Gruppierungen aller Art und kriminelle Banden die meist ohne Kontrolle von Staaten, ganze Regionen verwüsten, Menschen tyrannisieren und ausrotten. Eine Hochtechnologie Armee, die auf diese Art Gegner trifft, muss sich auf einen langdauernden Abnützungskampf einstellen. Mit High Tech Mitteln können diese Gegner nur bedingt erfasst und bekämpft werden. Die Vordenker des neuen strategischen Zeitalters, haben die Asymmetrie der Kriegführung der Gegenwart erkannt. Sie verfügen derzeit noch über keine Lösung für die Bewältigung dieser Asymmetrie. Krisenvorbeugung durch Stabilitätstransfer Die Sicherheitspolitik steht über der staatlich organisierten Gewalt und demzufolge über der militärischen Streitkraft als eines von verschiedenen sicherheitspolitischen Instrumente [vgl. Kaldor 2000]. Die Sicherheitspolitik aller Demokratien nach westlichem Muster wird gegenwärtig koordiniert und ganzheitlich darauf ausgerichtet, Krisen aller Art zu verhindern oder mindestens einzudämmen und deren Gründe mittel- bis langfristig zu beseitigen. Daher soll das Instrument Armee primär als Stabilisierungsinstrument im Bereich Friedensunterstützung und Katastrophenhilfe eingesetzt werden. Jedoch soll die Kernkompetenz der Armee „Krieg führen und gewinnen“ nicht aufgegeben werden. Dies um in friedensunterstützenden Operationen glaubwürdig zu sein und in letzter Konsequenz die Wahrung der nationalen Souveränität und Integrität durchzusetzen. “To provide one of the indispensable foundations for a stable Euro-Atlantic security environment, based on the growth of democratic institutions and commitment to the peaceful resolution of disputes, in which no country would be able to intimidate or coerce any other through the threat or use of force” [NATO Doctrine 2001]. 2.1.2 Die Schweiz im eurostrategischen Umfeld Die Schaffung von wirksamen sicherheitspolitischen Instrumenten gegen die vorvielfältigen Bedrohungen geht weit über die Möglichkeiten einzelner Staaten hinaus. Die Folgen sind, dass sich mehr denn je internationale, sicherheitspolitische Regelungen und kooperatives Vorgehen zu etablieren beginnen. Dies ist der Grund, weshalb sich die verschiedenen Streitkräfte Europas einander annähern und sich in einem koordinierten Vorgehen zunehmend zu multinationalen Instrumenten der Friedenserhaltung, Krisenprävention und des Krisenmanagements entwickeln. Die sicherheitspolitische Strategie der Schweiz zielt darauf ab, die zivilen und militärischen Mittel im Inland optimal aufeinander abzustimmen. Auf internationaler Ebene geht es darum, mit befreundeten Staaten und internationalen Sicherheitsorganisationen intensiv zusammen zu arbeiten. Das Engagement der Schweiz soll im Bereich der Friedensunterstützung intensiviert werden. Damit wird dazu beigetragen, das Risiko von Instabilität und Krieg
Swiss Army Window
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zu vermindern, was auch die Sicherheit der Schweiz erhöht. Der Weg zu mehr Sicherheit führt zunehmend mehr über die intensive Kooperation sowohl im Inland wie mit dem Ausland. Die Strategie der Sicherheit durch Kooperation besteht aus: • Friedensunterstützung und Krisenbewältigung mittels Teilnahme an internationalen Organisationen, friedenserhaltenden Aktivitäten, humanitären Aktionen sowie Entwicklungszusammenarbeit. • Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren durch Hilfeleistung im Inund Ausland bei natur- und zivilisationsbedingten Katastrophen, Schutz von wichtiger Infrastruktur sowie Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus • Verteidigung mittels einer eigenen glaubwürdigen, militärischen Verteidigungsfähigkeit und einer Verteidigungskooperation mit anderen Staaten, falls das notwendig werden sollte. Entsprechend den Übereinkommen mit der UNO beteiligt sich die Schweiz an friedenserhaltenen Operationen (Peacekeeping) und leistet humanitäre Unterstützung (Humanitarian Assistance). An friedenserzwingenden Operationen (Peace Enforcement) beteiligt sich die Schweiz nicht. “The first United Nations peacekeeping operation was „an attempt to confront and defeat the worst in man with the best in man: to counter violence with tolerance, might with moderation, and war with peace. Since then, day after day, year after year, UN peacekeepers have been meeting the threat and reality of conflict, without losing faith, without giving in, without giving up.” Kofi A. Annan, United Nations Secretary – General
MOOTW Dom est ic Em ergencies
Military Aid to Civil Aut hority
Peace Support Operat ions
Hum anit aria n Assistance
Natural Disast er Relief
Military Aid to Civil Power
Peacekeeping Operation
Disaster Relief
Maj or Disaster Relief
Military Aid t o Civil Ministries
Peace Enforcement
Humanit arian Aid
Air Policing
Conflict Prevent ion Civil-Milit ary Operation
Mine Action Non- Combatant Evacuation
Abbildung 2: MOOTW, Military Operations Other Than War
434
2.2
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Entwicklung des SAWI Grundangebotes
Durch Befragungen von Teilnehmern sowie durch statistische Auswertungen von Teilnehmerdaten, konnte ein Bild über die Informations- und Kommunikationsbedürfnisse der Swiss Army Peace Keeper gewonnen werden. • Die Kommunikation mit den Familienangehörigen wird als sehr bedeutend angegeben. Bedeutend deshalb, weil gerade in Krisen die persönlichen Situationen rasch geklärt werden können. • Der breite Zugang zu verschiedenen Informationsquellen wird häufig genannt. Dieser Zugang ist deshalb wesentlich, weil nur so ein klares Bild über die Lage in der Einsatzregion erzeugt werden kann. Die Kenntnis der Lage ist eine Voraussetzung sich entsprechend verhalten zu können. • Die Möglichkeit persönliche Angelegenheiten rasch und unkompliziert zu erledigen, wird vor allem von Teilnehmern von aktuellen Operationen und Missionen sehr häufig genannt. Business via Internet ist heute fast schon normal. Häufig genannt werden eBanking, Buchbestellungen, eKatalogsuche. • Die Unterhaltung wird ebenfalls von Teilnehmern laufender Operationen häufig genannt. Diese Freizeitbeschäftigung enthält das Surfen im WWW wie auch die Suche nach Informationen. Ferner wird Chatten, SMS sowie das Spielen via Internet genannt. Allen Aussagen ist gemeinsam, dass die Beschäftigung mit dem WWW zeitlich nicht zu stark eingeschränkt werden darf und die Benutzung innerhalb einer geschlossenen Umgebung, einer klar abgrenzbaren Privatsphäre gewährleistet werden kann. • Ebenfalls genannt wird die Nutzung des WWW zur Aus- und Weiterbildungszwecken. Diese Forderung wurde vor allem von Teilnehmern an langdauernden Operationen und Missionen genannt, die in Einsatzregionen stattfinden, welche keine Beschäftigungsmöglichkeiten während der Freizeit zulassen.
Swiss Army Window
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Arbeitseinsatz
Bus
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435
Unterhaltung
Abbildung 3: SAWI Grundangebot Das SAWI Grundangebot und dessen Funktionalitäten sind abhängig vom Operationstyp. Aus militärischen - oft auch politischen Gründen - ist es nicht möglich in jedem Operationstyp sämtliche Grundangebote bereitzustellen. Demzufolge können bezüglich Reichweite und Reichhaltigkeit des SAWI Grundangebotes, bereits in einer sehr frühen Phase, Eckwerte für die weitere Realisierung von SAWI pro Einsatzregion gemacht werden. Die nachfolgende Matrix zeigt die grundsätzliche Einschätzung der Möglichkeiten in Bezug darauf, welche SAWI Grundangebote zu welchem Operationstyp zugelassen sein könnten oder nicht. Inwieweit diese Grundsätze in einer konkreten Operation oder Mission angewendet werden können, muss aus einer Umfeldanalyse heraus bestimmt werden.
Unterhaltung
Weiterbildung
Op era t io nsTy pen
Business
SA W I Gr un d A nge bo te
Inform ation
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Kom m unik ation
436
Operation in War I nform ation Operations
Sehr eingeschr änkt m öglich
Nicht m öglich
Sehr einges chränkt m öglich
Nicht m öglich
PSO
Military Operations Othe r Than War
Peace Enforcem ent Peacek eeping Operation Conflict Prev ention
Gut bis s ehr gut m öglich
Civ il- Military Operation
HA
Disaster Relief Hum anitarian Aid
Gut bis s ehr gut m öglich
Mine Action
MATCA
Military Aid to Civ il Pow er
DE
Non- Com batant Evacuation
NGO‘s
Civ ilians
Military Forces
Special Operation
Natural Disaster Relief
Mililtary Aid to Civ il Ministr ies
Gut bis s ehr gut m öglich
Air Policing Maj or Disaster Relief
m öglich
OSCE Missions I KRK Religion Organisations
Sehr gut m öglich
I ndustrial En terpri ses
Abbildung 4: Bezugsmatrix Operationstyp – SAWI Grundangebot Je nach Phase der Operation pro Einsatzregion, verändern sich auch die Möglichkeiten SAWI Grundangebote und Funktionalitäten zu erweitern oder zu reduzieren. Das bedeutet, dass pro Phase einer Operation eine bestimmte SollKonfiguration der SAWI Grundangebote und Funktionalitäten festgelegt und umgesetzt wird. Die nachfolgende Darstellung zeigt eine Möglichkeit, wie eine SAWI SollKonfiguration pro Operation und Einsatzregion, abgestimmt auf den jeweiligen Operationstyp pro Operationsphase, visualisiert werden und in der Umsetzung gesteuert werden kann. Das verwendete Beispiel zeigt über drei Stabilisierungsphasen die Zunahme der Funktionalitäten innerhalb der jeweiligen Angebotsgruppe von SAWI. Je stabiler eine Einsatzregion wird und je rascher eine leistungsfähige Informations- und Kommunikationsinfrastruktur zur Verfügung steht, umso mehr Funktionalitäten können innerhalb der SAWI Angebotsgruppen aufgeschaltet werden.
Swiss Army Window
437
Abbildung 5: SAWI Grundkonfiguration im Bezug zum Operationsverlauf
3 Geschäftsmodell Das Geschäftsmodell behandelt die wirtschaftlichen Aspekte des Swiss Army Window. Es handelt sich um ein Internet Portal für eine Virtuelle Gemeinschaft. Die Virtuelle Gemeinschaft begründet und unterstützt eine online Gemeinschaft von Endbenutzern welche gemeinsame Interessen und Bedürfnissen haben und im Internetportal zusammenarbeiten und Leistungen in Anspruch nehmen [vgl. Weill/Vitale 2001, S. 21]. Bei der Virtuellen Gemeinschaft steht eine bestimmte Kundengruppe im Mittelpunkt. Das Portal erstellt eine Systemleistung die sich auf die Befriedigung themenspezifischer Bedürfnisse dieser Kundengruppe richtet. Dabei werden Informations-, Unterhaltungs- Kommunikationsleistungen und Einkaufsmöglichkeiten zusammengestellt und angeboten [vgl. Hagel/Armstrong 1997]. Beim Aufbau einer Virtuellen Gemeinschaft geht es darum, so rasch wie möglich die kritische Masse von wiederkehrenden Endbenutzern zu erreichen. Das Geschäftsmodell zielt darauf ab, rasch für Mitglieder zu sorgen, ihre Beteiligung zu verstärken und sie dauerhaft an die Gemeinschaft zu binden. Das Vorgehen kann in drei sich teilweise überlappende Phasen [vgl. Hagel/Armstrong 1997, S. 155 ff.] aufgeteilt werden.
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Neue Endbenutzer für das Portal gewinnen Das Erlebnis des Entdeckens kann durch das Bereitstellen eines gut abgestimmten Initialangebots ermöglicht werden. Es muss neue Besucher anziehen und den Besucherstrom maximieren. Das Angebot des Portals erweitern und die Nutzungsquote erhöhen Der Betreiber muss Anreize schaffen, damit die Besucher zunehmend mehr Zeit im Portal verbringen. Steigende Nutzungsquoten ermöglichen es dem Betreiber, detaillierte Profile der Endbenutzer zu erstellen. Die Analyse der Nutzungsmuster ermöglicht Aussagen über die Attraktivität von einzelnen Leistungen des Portals. Dadurch können neue Inhalte und Funktionalitäten bereitgestellt werden, welche für den Besucher noch nützlicher sind als die bestehenden. Die Endbenutzer an die Virtuelle Gemeinschaft binden und den Ertrag maximieren Mit einem konkurrenzfähigen Leistungsangebot wird der Endbenutzer an die Virtuelle Gemeinschaft gebunden und der Ertrag maximiert. Das Portal wird so zur Austauschplattform zwischen aktiven und ehemaligen Mitgliedern von Auslandeinsätzen und deren Angehörigen. Eine echte Interessengemeinschaft kann entstehen und das legitime Anliegen der Friedenswahrung und Friedensförderung kann als verbindende Idee gepflegt werden.
3.1
Value Proposition
Mit dem Geschäftsmodell der Virtuellen Gemeinschaft soll folgender Nutzen für die Endbenutzer gestiftet werden: • Das Portal schafft eine Umgebung, in der die Angehörigen der Armee und deren Familien elektronisch kommunizieren können. • Die Endbenutzer können eigene Informationen, Dienstleistungen und Produkte effizient anbieten. • Anbieter von Informationen, Dienstleistungen und Produkten können diese zielgruppengerecht aufbereiten und offerieren. Dem Portalbetreiber eröffnen sich daraus Einnahmemöglichkeiten (Werbung, Mitgliederbeiträge) • Der Austausch von Informationen, Diensten und Produkten über das Internet ermöglicht Kostenersparnisse mit einer adäquaten Qualität. • Das Portal erhöht die Attraktivität des Arbeitgebers und fördert die Loyalität und Einsatzbereitschaft der Angehörigen der Armee.
Swiss Army Window
3.2
439
Geschäftsarchitektur
In diesem Unterkapitel wird die Architektur des Geschäftsnetzwerkes beschrieben. Das SAWI tritt in diesem Netzwerk als Service Integrator auf. Das Schema1 [vgl. Alpar et al. 2000] der Geschäftsarchitektur zeigt auf, welche Leistungen zwischen den wirtschaftlichen Akteuren ausgetauscht werden. Zu den Akteuren gehören das SAWI, die Anbieter und die Endbenutzer. Zu den Leistungen werden die Geld-, Informations-, Produkt- und Dienstleistungsflüsse gezählt. CHF
Werbeanbieter
i
i
Endbenutzer 1 i
CHF
CHF
Inhalte Anbieter 1
CHF
SAWI
0,i
Endbenutzer 2
0 F CH
F CH 0
Inhalte Anbieter 2 Business Bus
Primäre Beziehung Sekundäre Beziehung
CHF
Geldfluss
i
Informationsfluss
0
Produktfluss, Dienstleistungsfluss
Abbildung 6: Modell der Virtuellen Gemeinschaft Im Zentrum des Modells steht der Betreiber des SAWI. Er stellt den Endbenutzern eine Plattform zur Verfügung, über welche sie Informationen, Dienstleistungen und Produkte beziehen können. Der Endbenutzer bezieht Leistungen über das Portal. Diese Leistungen bestehen aus der Verfügbarkeit von relevanten Informationen, der Unterstützung der Zusammenarbeit, der Kommunikation und dem Bereitstellen von Einkaufsmöglichkeiten. Die Anbieter stellen den Endbenutzern und dem Betreiber des Portals Leistungen zur Verfügung. Die Zusammenarbeit mit Anbietern erlaubt es dem VBS sich weiterhin auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren. Die Leistungserbringung durch verschiedene wirtschaftliche Akteure verringert das unternehmerische Risiko der Betreiber und führt zu hoher Flexibilität im Angebot. Durch den Zugriff auf umfangreiche Res1
Als Schema wird ein bestimmter, mit Hilfe eines Modells abgebildeter Realitätsausschnitt bezeichnet.
440
Alexander Etter, Christian Fux, Guido Grütter
sourcen der Anbieter können Innovationspotentiale erschlossen und eine schnelle Marktpenetration realisiert werden.
3.3
Kombiniertes Erlösmodell
Das Erlösmodell beschreibt wie mit dem SAWI Erlöse generiert werden. Erlöse fliessen in der Dreiecksbeziehung [vgl. Goldhammer 1998, S. 149 ff.] zwischen SAWI, Endbenutzern und Anbietern. Aus unternehmerischer Sicht bietet die Struktur der anfallenden Kosten bei der Gestaltung der Erlösformen einen ersten Anhaltspunkt. Wenn die Basis für das Portal geschaffen ist, entstehen durch das Anbieten weiterer Funktionalitäten und Inhalte nur kleine zusätzliche Kosten. Die variablen Kosten sind also klein. Die zu beantwortende Frage ist, wie die fixen Kosten bezahlt werden können. Der zweite Anhaltspunkt bei der Festlegung der Erlösformen ist die Nutzenwahrnehmung und das Nutzungsverhalten der Endbenutzer. Generell gilt der Zusammenhang, dass eine konkretere Nutzenwahrnehmung auch mit einer höheren Zahlungsbereitschaft verbunden ist. Aus diesem Grund bieten sich nutzungsabhängige Erlösformen, bei denen der Endbenutzer nur für die tatsächlich bezogenen Leistungen bezahlt. Den drei Phasen des vereinfachten Geschäftsmodells folgend, können die Erlösformen zu einem sich wandelnden Erlösmodell kombiniert werden: • In der Phase 1 geht es darum, mit einem Initialangebot Endbenutzer anzuziehen und den Besucherstrom zu maximieren. Mit möglichst wenig Aufwand muss ein attraktives Angebot bezüglich der Reichhaltigkeit bereitgestellt werden. Durch die kostenlose Nutzung vieler Funktionalitäten und Inhalte des Portals wird eine möglichst grosse Basis von Endbenutzern aufgebaut. Die geeigneten Erlösformen sind die Subvention und die direkten Erlöse für kostenintensive Funktionalitäten wie WebTelefonie. • In der Phase 2 geht es darum, Profile über die Endbenutzer anzulegen, das Angebot des Portals weiterzuentwickeln und die Nutzungsquote zu erhöhen. Eine grosse Endbenutzerbasis und intensive Benutzungsquote generieren Erlöse über Werbung, Kommissionen und Datamining. • In der Phase 3 wird die Virtuelle Gemeinschaft gepflegt und durch das Angebot spezifischer Leistungen eine möglichst hohe Kundenbindung geschaffen. Durch das Angebot von verschiedenen Versionen kann die Zahlungsbereitschaft der Endbenutzer erlösmaximierend genutzt werden. Als neue Erlösform kann der Mitgliederbeitrag geprüft werden.
Swiss Army Window Phase
Phase 1 Neue Endbenutzer gewinnen
Phase 2 Nutzungsquote erhöhen
441
Phase 3 Ertrag maximieren
Gestaltung der Reichhaltigkeit
Attraktives Initialangebot
Erweiterung des Angebots unter Verwendung von Endbenutzerprofilen
Differenzierung durch Versionen
Erlösformen
Kostenlose Nutzung, Subventionierung, Nutzungsabhängige Erlöse
Grosser Kundenstamm und Endbenutzerprofile ermöglichen Erlöse durch Werbung, Kommissionen und Datamining
Kundenbindung ermöglicht die Einführung von Mitgliederbeiträgen
Abbildung 7: Übersicht der Phasen
4 Komponenten Das SAWI ist ein Internetportal. Es besteht aus den Komponenten Endbenutzeroberfläche, Funktionalitäten und Inhalte [vgl. Österle/Fleisch/Alt 2000, S. 125]. Alle drei Komponenten werden von den Endbenutzerbedürfnissen abgeleitet damit sie eine zielgruppenorientierte Systemleistung erbringen. Es gibt vier grundlegende Leistungsprozesse: Information, Kollaboration, Transaktion und Personalisierung. Die Leistungsprozesse können in Funktionalitäten heruntergebrochen werden. Der Endbenutzer bedient sich der bereitstehenden Funktionalitäten um Inhalte zu finden, mit anderen Endbenutzern zusammenzuarbeiten, Transaktionen auszuführen und das Portal seinen Ansprüchen entsprechend zu personalisieren. Inhalte können Informationen, Dienstleistungen und Produkte sein. Der Betreiber des Portals stellt die Funktionalitäten und Inhalte in Zusammenarbeit mit Anbietern bereit. Anbieter • Information • Dienste • Produkte
Grundbedürfnisse
Endbenutzeroberfläche Funktionalitäten
Prozess Information Prozess Transaktion
• Kommunikation
Prozess Personalisierung
• Business • Weiterbildung
Prozess Kollaboration
• Unterhaltung
Inhalte Information
• Information
Dienstleistungen
Produkte
Abbildung 8: Komponenten des SAWI
• Personalisierung
442
4.1
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Prozesse
4.1.1 Leistungsprozess Information Viele Endbenutzer und Organisationen machen die Erfahrung, dass es schwierig ist mit Daten und Informationen umzugehen. Je nach Situation hat man es mit einem Mangel an relevanten Informationen oder aber einem Überfluss an irrelevanten Daten und Informationen zu tun. Im Prozess Information wird dem Endbenutzer aus der unendlichen Fülle von Daten und Informationen zum richtigen Zeitpunkt, die relevante Information bereitgestellt, damit er zielgerichtet handeln kann. Durch das zielgerichtete Handeln manifestiert sich Wissen. Aus der Analyse des Umfeldes und der Anspruchsgruppen wissen wir, dass der Endbenutzer des Portals folgende Informationen benötigt: • Information über das aktuelle Geschehen in der Heimat • Informationen über das aktuelle Geschehen am Einsatzort und in der Welt • Hintergrundinformationen Die Funktionalitäten Suchmaschine, Taxonomie und Index ermöglichen dem Endbenutzer die Navigation im Internet und Intranet und somit das Benutzen von weiteren Funktionalitäten und Inhalten. Dadurch wird mit dem Portal Nutzen geschaffen. 4.1.2 Leistungsprozess Kollaboration Der Endbenutzer des SAWI möchte mit anderen Endbenutzern kommunizieren, gemeinsam Aufgaben bewältigen und Erfahrungen austauschen. Die Funktionalitäten e-Mail, Chatroom, Forum, kollaborative Filter, WebTelefonie, WebVideokonferenz ermöglichen die Kollaboration. 4.1.3 Leistungsprozess Transaktion Der Leistungsprozess Transaktion stellt eine Umgebung bereit in welcher der Endbenutzer Transaktionen auslösen kann. Bei der Durchführung einer Transaktion werden nach einem vorbestimmten Ablauf Informationen ausgetauscht und Datenbankeinträge erstellt und geändert. Damit die Transaktion gültig ist, muss der Ablauf vollständig durchgeführt werden. Ein Beispiel dafür ist das Bestellen von Waren im Internet. Das SAWI muss folgende Bedürfnisse befriedigen können: • Einkäufe tätigen • Bankgeschäfte erledigen • Versicherungsgeschäfte erledigen Dazu müssen die relevanten elektronischen Dienste mit adäquater Datensicherheit bereitgestellt werden. Die Privatsphäre des Endbenutzers muss geschützt werden.
Swiss Army Window
443
4.1.4 Leistungsprozess Personalisierung Die Personalisierung trägt zur Effizienzsteigerung und Attraktivität der Leistungsprozesse Information, Kollaboration und Transaktion bei. Das Portal stellt dem Endbenutzer eine grosse Zahl von Funktionalitäten und Inhalten zur Verfügung. Alle diese Elemente werden über Hyperlinks, Menupunkte oder Befehle zugänglich gemacht. Jeder Endbenutzer hat mehrere individuelle Bedürfnisse Anforderungen an das Portal. Die im Portal angebotenen Funktionalitäten und Inhalte können entsprechend der wahrgenommenen Rolle gefiltert, angeordnet, dargestellt und geschützt werden. Eine Sammlung der Personalisierungseinstellungen für die Endbenutzer ist ein Profil. Es gibt eine lange Liste von Funktionalitäten welche die Personalisierung der Leistungen auf dem Endgerät unterstützen. Für das SAWI werden die folgenden berücksichtigt: persönliche Ablage von Dokumenten und e-Mails, persönliche Favoriten, persönliches Adressbuch und die Replikation von Daten.
4.2
Inhalte
Die Inhalte sind eine weitere Komponente des SAWI. Inhalte werden zu Inhaltstypen gruppiert und den Endbenutzerbedürfnissen zugeordnet: aktuelles Geschehen, Informationsdienste, e-Learning, Produkte und Dienste, Radio- und Fernsehprogramme, Musik, Film, Spiele. 4.2.1 Bedürfnis-Inhaltstyp-Inhalt-Matrix Die Bedürfnis-Inhaltstyp-Inhalt-Matrix ist ein Baukasten zur Festlegung der Inhalte des SAWI. Sie beantwortet die Frage [vgl. Boutellier 1999, S. 276 ff] warum der Inhalt einbezogen wurde und wie das Endbenutzerbedürfnis inhaltlich gelöst wurde. Die Inhalte werden Inhaltstypen zugeordnet. Die Inhaltstypen befriedigen die definierten Bedürfnisse der Endbenutzer. Die Inhaltstypen unterscheiden sich unter anderem durch Interaktivität, Tiefe, Breite und Detaillierungsgrad. Während Informationen über das aktuelle Geschehen noch mit wenigen Funktionalitäten und kleiner Übertragungsrate vermittelt werden können, benötigen Inhalte wie Spiele und Filme spezielle Funktionalitäten und große Übertragungsraten. Beim Aufbau des SAWI muss der Einfluss der Übertragungsrate auf die Gestaltung der Inhalte berücksichtigt werden.
VBS "www.vbs.ch" BAZ "www.baz.ch" ISN "www.isn.ethz.ch" Orell Füssli "www.books.ch" Raiffeisenbank "www.raiffeisenbank.ch" Kuoni "www.kuoni.ch" Universität Amsterdam "www.netuni.nl/demos/tcc" Schweizer Radio DRS "www.srdrs.ch" Universität Bern "www.cx.unibe.ch/imw/links.htm" Windowsmedia "www.windowsmedia.com" Videodetektive "www.videodetektive.com" Electronic Art "www.ea.com" Sony "www.everquest.station.sony.com"
Spiele
Unterhaltung
Güter & Dienste
Inhalt
Online Training
Endbenutzerbedürfnis
Hintergrundinformation
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Aktuelles Geschehen
444
Aktuelles Geschehen, Informationsdienste E-learning, Produkte & Dienste Radio, TV, Musik, Film Inhaltstyp Spiele
Abbildung 9: Bedürfnis-Inhaltstyp-Inhalt-Matrix
4.3
Aufbau der Reichhaltigkeit
Obwohl der technologische Wandel die Ökonomie der Information verändert, ist zusätzliche Reichhaltigkeit und Reichweite mit höheren Kosten verbunden. So erfordert das Bereitstellen von WebTV eine große Übertragungsrate welche zusätzliche Kosten erzeugt. Das Geschäftsmodell der Virtuellen Gemeinschaft sieht ein Vorgehen in drei Phasen vor. Jede Phase kann als Investitionsprojekt betrachtet werden, das sich durch spezifische Bedürfnisse, Inhalte, Funktionalitäten, Erlösformen und Kosten charakterisiert. In jeder Phase wird die Reichhaltigkeit von der angebotenen Übertragungsrate mitbestimmt. Um das langfristige Überleben des Portals zu sichern, muss das Angebot auch nach Abschluss dieser Phasen laufend an die Bedürfnisse der Endbenutzer angepasst werden.
Funktionalität
Inhalt
445
E-mail Index Taxonomie Suchmaschine Chatroom Sicherheit Pers. Favoriten Pers. Ablage Pers. Adressbuch WebTelephonie Kollaborative Filter WebRadio WebTV Replikation WebVideokonferen z
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VBS "www.vbs.ch" BAZ "www.baz.ch" ISN "www.isn.ethz.ch" Universität Amsterdam "www.netuni.nl/demos/tcc" Orell Füssli "www.books.ch" Raiffeisenbank "www.raiffeisenbank.ch"
Phase 1
Kuoni "www.kuoni.ch" Schweizer Radio DRS "www.srdrs.ch" Universität Bern "www.cx.unibe.ch/imw/links.htm" Windowsmedia "www.windowsmedia.com" Videodetektive "www.videodetektive.com" Electronic Art "www.ea.com" Sony "www.everquest.station.sony.com"
Phase 2
Phase 3
Abbildung 10: Aufbauphasen In jeder Phase müssen folgende Anforderungen erfüllt werden: • Die Abhängigkeiten von Inhalten und Funktionalitäten müssen koordiniert werden. • Das Angebot der komplementären Funktionalitäten und Inhalten muss ausgewogen sein, um den größtmöglichen Nutzen zu schaffen. Um das Interesse an der Virtuellen Gemeinschaft aufrechtzuerhalten, muss sich das Portal mit den Bedürfnissen der Benutzer weiterentwickeln. Ein in jeder Phase koordiniertes und ausgewogenes Angebot an Funktionalitäten und Inhalten maximiert den Nutzen des SAWI bei gleichem Einsatz von Ressourcen.
4.4
Prototyp der Homepage
Der Prototyp der SAWI Homepage lehnt sich in Struktur und stilistischen Elementen stark an die VBS Homepage an.
446
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Abbildung 11: Homepage des SAWI
5 Technologie In diesem Kapitel werden die technologischen Aspekte für die Realisierung des SAWI untersucht. Zunächst werden die in der IKT-Industrie verfügbaren Technologien für die Anbindung verschiedener Endgeräte an Daten- und Applikationsserver über öffentliche und private Telekommunikations-Infrastrukturen dargestellt. Danach folgt eine Übersicht der vom VBS zur Verfügung gestellten Konzepte und Projektideen "Telematik der Armee 2003 bis 2010". Dabei wird die Entwicklung der mobilen Datenkommunikation mit "TRANET mobil" und das "Telematik-Netz Ausland" untersucht und auf die daraus resultierenden Möglichkeiten für die Ausweitung der Reichweite für das SAWI eingegangen. Anschliessend werden im Technologiekonzept aus den verfügbaren Elementen mögliche Varianten für die spätere Implementierung des SAWI gebildet und schlussendlich auf die Trends in der Telekommunikation eingegangen.
5.1
Verfügbare Technologien
Für die Beschreibung der verfügbaren Technologien wird auf die Multimediawertschöpfungskette aus dem ECC Report [vgl. Zerdick et al. 1999, S. 174] abgestützt.
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447
Die Multimediawertschöpfungskette
PC
Satellit
Browser Intelligent Agents
Abrechnung Installation Schulung
PDA Mobilephone TV Smartphone
Information Weiterbildung Unterhaltung
Endbenutzer
Business
MultimediaLeistung
Internet
Java
Beratung
Endgeräte
Elektron. Marktplätze
Packaging
Inhalte
Spiele
Nachrichten Agenturen
Kabelnetz
WWW
MehrwertDienste
Datenbanken
Portale
Notebook
Server
Navigation
Nachrichten
Telefonnetz
Übertragung
Verlage
Websites
Produkte
Kommunikation
Sender
Filme
European Communication Council Report 1998; Die Internet-Ökonomie - Strategien für die digitale Wirtschaft
Abbildung 12: Multimediawertschöpfungskette nach ECC Die Multimediawertschöpfungskette resultiert aus dem Zusammenwachsen der ursprünglich weitgehend unabhängig operierenden Industrien Medien, Telekommunikation und Informationstechnologie. Dieser Vorgang wird als Konvergenz bezeichnet und führt zur Entstehung der Internet-Ökonomie. Die Konvergenz kennzeichnet sowohl die Annäherung der Technologien als auch die Verbindung der Wertschöpfungsketten sowie das Zusammenwachsen der Märkte insgesamt. Die einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette können folgendermassen beschrieben werden [vgl. Zerdick et al 1999, S. 173]: • Inhalte: Diese Stufe umfasst die Herstellung verschiedenster Inhalte, vom Artikel oder Film bis zum Computerspiel. In diesem Bereich wird in den nächsten Jahren eine dynamische Entwicklung erwartet. • Packaging: Auch die Aufbereitung und Zusammenstellung von bereits vorhandenen Inhalten oder Produkten gewinnt an Bedeutung. Hierzu zählen insbesondere die Leistungen von Online-Publishern, Internet-Portalen oder elektronischen Marktplätzen. • Übertragung: Die erstellten oder aggregierten Inhalte werden durch die Leistung der Netzbetreiber und Dienstanbieter zum Empfänger gebracht. • Navigation: Dieser Wertschöpfungsbereich betrifft die Manipulation der Infrastruktur, d.h. die Hard- und Softwarekomponenten, welche die Orientierung und Steuerung der physischen Infrastruktur ermöglichen. • Mehrwertdienste: Dienstleistungen wie Installation, Schulung oder MultimediaBeratung gehören zu denjenigen Bereichen der Wertschöpfungskette, die ebenfalls stark an Bedeutung gewinnen werden.
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Alexander Etter, Christian Fux, Guido Grütter
• Endgeräte: Diese Stufe umfasst die Geräte, die von Endbenutzer zum Empfang und zur Nutzung der erstellten, aggregierten und übertragenen Inhalte benötigt werden. • Multimedia Leistung: Die Inhalte von SAWI, zusammengestellt aus den Grundangeboten Kommunikation, Information, Business, Unterhaltung und Weiterbildung. Besondere Aufmerksamkeit bei der Untersuchung der einzelnen Stufen in dieser Wertschöpfungskette verdienen die Endgeräte und die Übertragung. Die Endgeräte weil sie das sicht- und fühlbare Verbindungsglied zwischen dem Endbenutzer und dem SAWI sind und die Übertragung, weil die Kosten für die Fernverbindung einen wesentlichen Anteil der gesamten Betriebskosten für das SAWI darstellen. Schlussfolgerung „Verfügbare Technologien“ Das Angebot an Technologie ist gross und wird zunehmend unübersichtlich. Besonders im Bereich der Endgeräte erwarten wir in den nächsten Jahren eine starke Zunahme der Vielfalt. Die Verbindung zwischen den Endgeräten zu den SAWIServern stellt sowohl aus technischer als auch aus kommerzieller und betrieblicher Sicht eine grosse Herausforderung dar. Aus technischer Sicht ist sicherzustellen, dass Übertragungsrate und Reichhaltigkeit aufeinander abgestimmt sind und dass die Quality of Service (QoS) nicht nur auf Teilstrecken, sondern über die ganze Verbindung zwischen dem Endgerät und dem SAWI-Server Ende-zu-Ende gewährleistet ist. Zudem ist konsequent darauf zu achten, dass nur standardkonforme Elemente zum Einsatz kommen. Aus kommerzieller und betrieblicher Sicht muss dem Umstand, dass die globalen und lokalen Netzbetreiber und Dienstanbieter mit ihren Angeboten nicht alle Stufen der Multimediawertschöpfungskette durchgängig abdecken, Rechnung getragen werden. Die Lücken sind sowohl im Angebot als auch in der geografischen Abdeckung auszumachen. Aus diesem Grund fällt dem Co-opetition Management für die Kombination der Angebote der verschiedenen Netzbetreiber und Dienstanbieter eine wichtige Rolle zu.
5.2
Telematik der Armee 2003 bis 2010
Mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln liesse sich eine Minimalvariante des SAWI austesten. Die Übertragungsrate von 64 kbit/s stellt dabei die limitierende Komponente dar. Mit 64 kbit/s lassen sich nur eine beschränkte Anzahl von Angeboten aus den Bereichen Information und Kollaboration für eine beschränkte Anzahl gleichzeitiger Endbenutzer realisieren. Auf Anwendungen wie z.B. WebTelefonie, WebRadio, WebVideokonferenz oder WebTV, die hohe bis sehr hohe Übertragungsraten erfordern, muss unter diesen Umständen verzichtet werden. Die Modellierung des bestmöglichen Angebotsmix (maximale Reichhaltigkeit unter den gegebenen Umständen) bei optimaler Ausnutzung der verfügbaren 64 kbit/s stellen unter diesen Rahmenbedingungen die beiden wichtigsten Kriterien dar.
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5.2.1 Telematikkonzept der Armee Das Telematikkonzept der Armee umfasst die Kommunikationsmittel für Kommando- und Unterstützungsverbindungen. Der in der Privatwirtschaft erkennbare Trend zu mobilen Datenverbindungen ist im militärischen Umfeld ebenfalls festzustellen. Als Fundament für die Übertragung von Sprache und Daten dient heute das "TRANET permanent" (WAN Sprache/Daten). Dieses wird in den kommenden Jahren mit neuen, mobilitätsfördernden Funktionen zum "TRANET mobil" erweitert werden. Für die Verbindung der mobilen Einheiten kommen VHF- und HFFunkverbindungen zum Einsatz. Die Standorte im Ausland (z.B. Suva Reka im Kosovo) werden über Satelliten angebunden.
Abbildung 13: Positionierung von „Telematik im Ausland“2
5.2.2 Telematik im Ausland Das Teilprojekt "Telematik im Ausland" deckt die Anbindung von militärischen Anwendungen wie IMFS, die Verbindung zu Netzen & Systemen von PartnerStaaten (PfP) sowie die Integration der persönlichen Kommunikationsbedürfnisse der AdA über Satellitenkommunikation ab.
2
Zur Verfügung gestellt durch VBS Generalstab Untergruppe Führungsunterstützung.
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Netze & Systeme von Partner-Staaten (PfP)
Telematik-Netz „Ausland“
PfP LAN
Publifon
IMFS/TRANET mobil Teilnetz mit Führungs-Informations- & Fach-Systemen
AmtsAnschlüsse
Natel-Zelle
ISDN Vermittler
NatelBasisStation
AF-Netz oder Swisscom
Natel
Internet-Café
Abbildung 14: Telematik-Netz „Ausland“3 Obwohl das Teilprojekt Telematik-Netz "Ausland" gemäss Planung erst für das Jahr 2007 vorgesehen ist, besteht bereits heute eine Satellitenverbindung zwischen der Schweiz und dem Swisscoy Kontingent in Suva Reka (Kosovo). Über diese Satellitenverbindung werden sowohl die militärischen Verbindungen als auch die nichtmilitärischen Verbindungen ins Internet geführt. Ab circa 2007 kann mit einer normierten und standardisierten Fernverbindung zwischen der Schweiz und den Einsatzorten im Ausland gerechnet werden. In der Zwischenzeit muss die Art der Fernverbindung von Fall zu Fall ermittelt werden.
5.3
Technologiekonzept SAWI
Aus den zur Verfügung stehenden Ausprägungen aller Stufen entlang der Multimediawertschöpfungskette lassen sich verschiedene Varianten zusammenstellen. Die Varianten werden im Wesentlichen durch die erzielbare Reichweite (bestimmt durch Übertragungsrate und Dienstgüte) und die damit realisierbare Reichhaltigkeit (Angebot) bestimmt. Folgende drei Varianten wurden für SAWI definiert: • Best Effort (die Gratis-Variante): Eingeschränktes Angebot aus den Bereichen Information und Kollaboration, welches mit der verfügbaren Übertragungsrate bewältigt werden kann. Nur für Anwendungen und Transaktionen, die über den Standardbrowser bedient werden können. Keine Personalisierung. Ausgerichtet auf minimierte Betriebskosten. Gratisdienst, Browserbasiert, minimierte Betriebskosten, kein Support.
3
Zur Verfügung gestellt durch VBS Generalstab Untergruppe Führungsunterstützung.
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• Economy (die Basis-Variante): Eingeschränktes Angebot aus den Bereichen Information und Kollaboration, welches mit einer Übertragungsrate von 33 kbit/s bis 64 kbit/s bewältigt werden kann. Anwendungen und Transaktionen, die nicht über den Standardbrowser bedient werden können, liegen in der Verantwortung des Endbenutzers. Personalisierung. Preisgünstiges Angebot, das die Kosten für den Betrieb, die Personalisierung und den Support deckt. Preisgünstig, Browserbasiert, Angebot für Übertragungsrate von 33 kbit/s bis 64 kbit/s optimiert, Personalisierung und Support. • Business (die Variante für den professionellen Einsatz): Angebot für Übertragungsraten von 64 kbit/s bis 1 Mbit/s abgestuft. Information, Kollaboration und Transaktion. Spezielle Clients für Applikationen und Anwendungen auf dem Endgerät werden unterstützt. Personalisierung. Die Preisgestaltung richtet sich nach den Kosten für den Betrieb, die Personalisierung, die Integration spezieller Clients, den Support und der Gewährleistung der Verfügbarkeit. Kostendeckendes Angebot, Browser- und Clientbasiert, Angebot auf verfügbare Übertragungsrate zugeschnitten, Personalisierung und Support. Welche der Varianten zum Einsatz kommt, hängt von der Zahlungsbereitschaft der Endbenutzer (oder deren Arbeitgeber) und den vorherrschenden Umständen bezüglich Reichhaltigkeit und Reichweite ab.
5.4
Technologische Trends
Bis vor kurzem konnten reichhaltige, also qualitativ hochwertige Informationen nur einer sehr kleinen Personenzahl und weniger hochwertige Information einer grösseren Personenzahl zugänglich gemacht werden. Es war jedoch unmöglich, ein Maximum an Qualität gleichzeitig beliebig vielen Menschen zukommen zu lassen. Es besteht eine allgemeine Kompromissbeziehung zwischen der Reichhaltigkeit von Informationen und ihrer Reichweite. Dieser Kompromiss ist das Kernstück der alten Informationsökonomie [vgl. Evans/Wurster 2000, S. 31]. Moderne digitale Netzwerke ermöglichen es heute einer rasch wachsenden Zahl von Menschen, sehr reichhaltige Informationen auszutauschen. Digitalisierte Informationen (Text, Bild, Ton, Film) lassen sich über grosse Distanzen und innerhalb kürzester Zeit an praktisch jeden Ort auf der Welt übertragen. Zwei Kräfte haben diesen Prozess vorangetrieben: die explosionsartige Entwicklung von leistungsfähigen Verknüpfungen (Konnektivität) und die Einführung allgemein gültiger Standards. Konnektivität an sich reicht nicht aus, um den Kompromiss zwischen Reichhaltigkeit und Reichweite aufzubrechen. Es bedarf als zweiter Voraussetzung allgemein gültige Standards. Das schnelle Entstehen allgemeiner technischer Kommunikationsstandards, mit deren Hilfe jeder mit jedem und praktisch zum Nulltarif kommunizieren kann, stellt den grossen Wandel dar. Ergänzend unterstützt die Miniaturisierung4 diesen Prozess, indem sie die erforderlichen Endgeräte mit der nötigen Rechenleistung und handlichen Abmessungen erst ermöglicht. 4
Moore's Law: alle 18 Monate verdoppelt sich die Zahl der Transistorschaltungen auf einem Computerchip. Dieses Gesetz war über die vergangenen 15 Jahre hinweg gültig.
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Die Digitalisierung, bessere Konnektivität, die Standardisierung und die Miniaturisierung stellen aus technischer Sicht die treibenden Kräfte dar, die es erlauben, den Kompromiss zwischen Reichhaltigkeit und Reichweite zu verlagern – gleichzeitiges Hinzufügen von Reichhaltigkeit und Reichweite. Die zunehmende Mobilität führt zu stetig steigenden Ansprüchen. Die Benutzer erwarten den orts- und zeitunabhängigen Zugang zu allen digitalisierten Informationen. Diese Entwicklungen in der Telekommunikationsbranche führen weltweit zu einer kontinuierlichen Zunahme der Reichweite. Diese Entwicklung ist für das SAWI vorteilhaft, lässt sich durch den Einzelnen nicht direkt beeinflussen. Aus eigenen Kräften lässt sich die Reichweite durch geeignete Kooperationen mit lokalen und globalen Netzbetreibern und Dienstanbietern sowie durch die Mitnutzung der militärischen Übertragungseinrichtungen optimieren. Den Gestaltungsspielraum haben wir bei der Reichhaltigkeit. Das SAWI muss so konzipiert werden, dass sich in Abhängigkeit der aktuellen Zielgruppe(n), der vorherrschenden militärischen Rahmenbedingungen und der vorhandenen Reichweite (Übertragungsrate, QoS, militärische Telekommunikations-infrastruktur) das Angebot flexibel modellieren lässt.
6 SAWI Friendly User Testkonfiguration Ausgehend vom Initialangebot und der Annahme, dass die bestehende Satellitenverbindung mitbenutzt werden kann, wird in Ergänzung zum Vorprojekt eine SAWI Friendly User Testkonfiguration aufgebaut und betrieben. Friendly Users sind dem SAWI gegenüber positiv eingestellte Testkandidaten. Die Friendly User Testkonfiguration umfasst das "Best Effort" Angebot für fünf bis zehn Endbenutzer und wird während einer gesamten Swisscoy Ablösung von sechs Monaten betrieben, um praktische Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln.
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Abbildung 15: SAWI Friendly User Testkonfiguration Die Erkenntnisse der Testkandidaten werden in Verbesserungsmassnahmen umgesetzt und fliessen direkt in das Vorprojekt ein. Mit dieser Vorgehensweise lassen sich wichtige Erkenntnisse für die Machbarkeit und Angaben für die Bedarfsabklärung gewinnen. Anstelle einer theoretischen Studie werden Theorie und Praxis in zweckmässiger Weise kombiniert und in fünf Schritten eine Testkonfiguration aufgebaut.
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7 Literatur [Alpar et al. 2000] Alpar, P.: Definition des Begriffes Schema, in: Alpar, P.: Anwendungsorientierte Wirtschaftsinformatik, 2. überarbeitete Auflage, Vieweg, 2000. [Boutellier 1999] Boutellier, R.: Qualitätsplanung, In: Masing, W.: Handbuch Qualitätsmanagement, München, 1999. [Clausewitz 1832] Clausewitz, C.: Über die Natur des Krieges, in: Stumpf, R. (Hrsg.): Kriegstheorie und Kriegsgeschichte, Frankfurt am Main, 1993. [Evans/Wurster 2000] Evans, P.; Wurster, T. S.: Beschreibung des Kompromisses zwischen Reichhaltigkeit und Reichweite, in: WEB ATT@CK, Strategien für die InternetRevolution, Carl Hanser Verlag, München, 2000. [Goldhammer 1998] Goldhammer, K.: Beschreibung der Dreiecksbeziehung zwischen Portalbetreiber, Endbenutzer und Anbieter, in: Golhammer, K.: Hörfunk und Werbung, Vistas Verlag, Berlin, 1998. [Hagel/Armstrong 1997] Hagel. J.; Armstrong, A.: Beschreibung des Geschäftsmodells einer Virtuellen Gemeinschaft, in: Hagel, J.; Armstrong, A.: Net Gain, Harvard Business School Press, 1997. [Kaldor 2000] Kaldor, M.: Restructuring the Global Military Sector, in: Global Insecurity, London/New York, 2000. [Österle et al. 2000] Österle, H.; Fleisch, E.; Alt, R.: Enterprise in the Information Age, in: Business Networking, Shaping Enterprise realtionships on the Internet, St.Gallen, 2000. [Senger 1980] Senger, J.: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der rüstungstechnologischen Forschung und Entwicklung, in: Rüstungswirtschaft und Rüstungstechnologie, Würzburg, 1980. [Strässle 1998] Strässle, M. P.: Krieger versus Soldat, Kriege ohne Menschlichkeit in Zukunft, Bütschwil, 1980. [Weill/Vitale 2001] Weill, P.; Vitale, M.: Beschreibung des Modells “Virtual Community”, in: Weill, P.; Vitale, M. R.: Place to Space, Migrating to eBusiness Models, Harvard Business School Press, 2001. [Zerdick et al. 1999] Zerdick, A.: Multimediawertschöpfungskette in der Internet-Ökonomie, in: Die Internet–Ökonomie, Strategien für die digitale Wirtschaft, European Communication Council Report, Springer, 1999.
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren oder wie komplexe IT-Projekte ganzheitlich geführt werden Daniel Fasnacht
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7 8
Einleitung....................................................................................................456 Projektmanagement im Wandel ..................................................................457 2.1 Komplexität im Fokus ........................................................................458 2.2 Der Umgang mit der komplexitätstreibenden Dynamik.....................458 2.3 Das Fallbeispiel der Financial Services AG .......................................459 Das Projektumfeld analysieren ...................................................................460 3.1 Stakeholder identifizieren...................................................................461 3.2 Stakeholder interviewen .....................................................................462 Das Netzwerk der integrierten Projektführung ...........................................463 4.1 Was ist ein Netzwerk? ........................................................................463 4.2 Netzwerk entwickeln und beschreiben ...............................................464 4.3 Zeitliche Abhängigkeiten und Intensitäten .........................................468 Szenarien aufbauen und simulieren ............................................................468 Projektüberwachung ...................................................................................472 6.1 Vernetztes Denken und Frühwarnung ................................................472 6.2 Die Balanced Scorecard .....................................................................473 6.3 Indikatoren-Cockpit............................................................................475 Konklusion..................................................................................................477 Literatur ......................................................................................................478
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Daniel Fasnacht
1 Einleitung Der folgende Beitrag basiert auf einer Diplomarbeit im Rahmen des Executive MBA in Business Engineering an der Universität St. Gallen [Fasnacht et al. 2000]. Die intensiven Diskussionen führten zu einer umfangreichen Weiterentwicklung und einer weiteren Vertiefung der Komplexitäts- und Projektthematik im unternehmerischen Umfeld, welche in Form eines Buches „Komplexe IT-Projekte ganzheitlich führen“ herausgegeben wurden [Gomez et al. 2002]. Wegleitend war dabei eine grösstmögliche Integration von theoretischem Wissen und Praxiserfahrung. Ergänzend zu den Ausführungen liegt die jahrelange Erfahrung des Autors im Umgang mit komplexen Projekten zugrunde. Die Erfahrung zeigt, dass es meist eine Utopie ist, Projekte wie geplant - oder mit geringerem zeitlichen oder finanziellen Aufwand - erfolgreich abzuschliessen. Komplexe Projekte zeichnen sich durch viele verschiedene, stark verknüpfte Einflussgrössen aus, deren Interaktionen sich aber laufend verändern. Hauptcharakteristikum ist die Dynamik, ein Eigenleben, das Auftreten immer neuer Muster und Konstellationen. Mit linearer Denkweise sind solche Projekte nicht zu beherrschen. Verlangt wird ein holistischer Ansatz. Um Situationen zu erfassen und Probleme unter Berücksichtigung der Interessen und Perspektiven aller Anspruchsgruppen abzugrenzen und die Zusammenhänge und Abhängigkeiten von kritischen Erfolgsfaktoren darzustellen, werden kritische Erfolgsfaktoren aus der Sicht der Stakeholder eruiert. Die Einnahme unterschiedlicher Standpunkte der Stakeholder ist auch Voraussetzung, um dem ganzheitlichen Ansatz der modernen Projektführung gerecht zu werden. Aus den Aussagen der Stakeholder ergeben sich dann die Faktoren, die in Form eines Netzwerkes zueinander in Beziehung gebracht werden. Das Netzwerk liefert nicht nur einen umfassenden Überblick über Einflussfaktoren und deren Zusammenhänge - vielmehr wird damit eine gemeinsame Kommunikations- und Diskussionsgrundlage geschaffen. Darüber hinaus erlaubt ein derartiges Modell die Einordnung des in der Praxis oft zu wenig beachteten Risikomanagements. Durch die Simulation von verschiedenen Szenarien in Netzwerken kann die Frage beantwortet werden: „Was wäre wenn?“. Um das Netzwerkmodell auf seine Praxistauglichkeit zu überprüfen, wird das Beispiel der Financial Services AG verwendet, um Simulationen in den Szenariobereichen Wirtschaft, Technologie und Arbeitsmarkt durchzuspielen. Das Beispiel bei der fiktiven Financial Services AG liegt einem realen Projekt zugrunde, welches in diesem Beitrag anonymisiert wird. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Identifikation und Überwachung von Frühwarnindikatoren. Bei komplexen Veränderungsprozessen genügt die Messung der Zielerreichung nicht - vielmehr muss der Fortschritt, die Performance des Prozesses, kontinuierlich beurteilt werden. Moderne Führungs- und Kontrollinstrumente, wie etwa die Balanced Scorecard, werden dynamisch angewendet und bieten die Möglichkeit, aufgrund von Finanz-, Kunden-, Prozess- und Mitarbeiterperspekti-
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
457
ven sich ein umfassendes Bild über den Stand des Veränderungsvorhabens zu machen. Die eingebauten Frühwarnindikatoren machen nicht nur rasch Probleme sichtbar – das Modell erlaubt auch, anhand von Simulationen proaktiv und präventiv die richtigen Entscheidungen zu fällen.
2 Projektmanagement im Wandel Die revolutionären Möglichkeiten der Informationstechnologie und die Geschwindigkeit, mit der Geschäftsmodelle und Strategien ändern oder neue Produkte und Dienstleistungen im globalen Markt eingeführt werden, sind enorm. Täglich ist zu lesen, dass Unternehmen verkauft und fusioniert werden, Spin-Offs und Management-Buy-Outs sind allgegenwärtig. Auch ist offensichtlich, dass die Informationstechnik, vor allem das Internet, Auslöser vieler Veränderungsprozesse ist. Diese Transformation vom Industrie- zum Informationszeitalter ist eine grosse Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Erfolgsgeschichten wechseln sich ab mit Berichten über gescheiterte Projekte. Unsere Umwelt wird dadurch immer komplexer. Die komplexitätstreibenden Faktoren der Informationsgesellschaft sind auch oft Ausdruck der Überforderung, mit einer bestimmten Situation umzugehen. Während aber die einen die steigende Komplexität als Entschuldigung ansehen, bestimmte Situationen nicht überblicken oder lösen zu können, dient sie den anderen als Chance. Beschränkte Vereinfachungen oder radikale Eliminierung jeglicher Komplexität sollte aber nicht das primäre Ziel sein. Denn wer dies wollte, müsste auf die Annehmlichkeiten des Fortschritts verzichten oder nach Henry Miller „Zivilisiert sein heisst komplizierte Bedürfnisse haben“. Offensichtlich lassen sich die Komplexitätstreiber nicht beliebig optimieren. Wenn die Zahl der Komplexität verursachenden Informationen permanent zunimmt, sinkt subjektiv die Wirkung und der Wert der einzelnen Informationen bis hin zur Bedeutungslosigkeit. Eine ganzheitliche und vernetzte Problemlösungsmethodik mit den entsprechenden unternehmerischen Handlungen ist bei komplexen Veränderungsprojekten geradezu unabdingbar. Um aber die unaufhaltsame Transformation Richtung Informationszeitalter bewältigen zu können, sind grössere Anstrengungen notwendig, welche in Form von komplexen Projekten realisiert werden. Nach wie vor gehört das Projektmanagement zu den traditionellen Methoden der Gestaltung des Unternehmenswandels. Um den Unternehmenswandel mit komplexen Projekten zu bewältigen, sind zusätzliche Denkansätze gefordert. Solche Vorhaben sind dadurch gekennzeichnet, dass die Dynamik des Projektverlaufs und die Ausprägung der Unternehmenskultur den Erfolg wesentlich bestimmen. Um Probleme frühzeitig zu erkennen und zukünftige Veränderungen antizipieren zu können, müssen alle möglichen Einflüsse von Aussen und deren Interdependenzen in Betracht gezogen werden, die alleinige Kenntnis des Projekts in seinem Innern reicht dazu nicht aus. Besonders deutlich zu spüren bekommt die zunehmende Komplexität die ITIndustrie. Immer mehr Unternehmen wickeln heute beispielsweise einen Grossteil ihres Umsatzvolumens elektronisch direkt über Netze ab, so zum Beispiel Cisco, Dell, DHL und UPS. Die Kommunikation entwickelt sich zur Lebensader von
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Daniel Fasnacht
multinationalen Unternehmen. Dieser schnell wachsende Veränderungsdruck stellt hohe Anforderungen an die Anbieter von IT- und Kommunikationsinfrastrukturen. Entsprechend hoch sind die Erwartungen, die ein global tätiges Unternehmen erfüllen muss.
2.1
Komplexität im Fokus
In der Systemtheorie, die in den vierziger Jahren vom Biologen Humberto Maturana und Physiker Karl Floeter entwickelt wurde, werden Sachverhalte mit Eigenschaften wie „selbstregulierend“, „nicht berechenbar“ und „unvorhersehbar“ als komplex bezeichnet. Von Komplexität wird auch gesprochen, wenn etwas (1) eine grosse Anzahl Elemente aufweist, die (2) in einer grossen Zahl Beziehungen zueinander stehen, die (3) verschiedenartig sind und (4) deren Zahl und Verschiedenartigkeit zeitlichen Schwankungen unterworfen ist. Wichtig ist die Erkenntnis, dass komplex nicht mit unlösbar gleichzusetzen ist. Mit einem neuen systemgerechten Ansatz und der nötigen Sensibilität für Komplexität können äusserst komplexe Systeme erfasst werden, indem ihr Verhalten verständlich wird, was ein entsprechendes Denken und Handeln ermöglicht. Vom phasenorientierten Projektmanagement-Ansatz, wie dem Wasserfallmodell, findet in letzter Zeit eine Entwicklung hin zu einem ganzheitlichen Projektmanagement statt, indem die lernende und iterativ operierende Projektorganisation in den Vordergrund rückt. Letztlich stehen bei erfolgreichen Veränderungen immer Menschen im Vordergrund. Um Betroffene auf umfassende Veränderungen vorzubereiten und für das „Neue“ zu gewinnen, sind bei allen komplexen Projekten flankierende Change Management Massnahmen unerlässlich.
2.2
Der Umgang mit der komplexitätstreibenden Dynamik
Es ist die Dynamik, welche Art und Intensität der Beziehungen und Einflussfaktoren verändert und das Muster der Zusammenhänge einem stetigen Wandel unterwirft. Speziell bei komplexen Projekten, die Mittel der Informatik nutzen, sind konstante Bedingungen über Jahre oder sogar Monate kaum denkbar. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, sind neue Denkweisen gefordert: Denken in Kreisläufen, antizipierend in Zusammenhängen und unter Berücksichtigung von Umwelten - vernetztes Denken anstelle von linearem Denken. Gefordert wird die Umsetzung dieser Denkweise. Dazu muss sie nachvollziehbar und allgemein verständlich sein. Jeder Beteiligte muss somit in der Lage sein, seine individuellen Lösungsstrategien unter Einbezug des vernetzten Denkens und einer gesamtheitlichen Betrachtung des Problems weiterzuentwickeln. Nicht nur die Problemlandschaft ist vielfältiger geworden, sondern auch die Einsicht ist gewachsen, dass der Wahrnehmungsapparat der Menschen bezüglich Komplexität und Veränderung an seine Grenzen stösst und für die Bewältigung
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
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komplexer Probleme überfordert ist. Die Fähigkeit (Kapazität) des Menschen, Informationen pro Zeiteinheit zu verarbeiten ist beschränkt. Je komplexer die Problemstellungen werden, desto bedeutender wird die Zerlegung der Systeme in einzelne Teile sowie deren getrennte Analyse, wobei aber gleichzeitig die ganzheitliche und vernetzte Betrachtung berücksichtigt werden muss. Dies führt oft zu einem Dilemma. [Dörner 1993] hat aufgezeigt, dass der Mensch im Umgang mit komplexen Projekten immer wieder sogenannte „Komplexitätsfehler“ macht: • Nur der augenblickliche Zustand eines Systems, die momentane Problemsituation, wird beurteilt – zeitliche Abhängigkeiten und Interdependenzen von Einflussfaktoren werden vernachlässigt. • Die Fähigkeit, interaktiv mit Nebenwirkungen, Schwellenwerten, Umkippeffekten und exponentiellen Entwicklungen von Situationsdeterminanten umgehen zu können, scheitert oft schon an der Unfähigkeit diese, und damit die Komplexität des Gesamten, zu erfassen. • Das menschliche Denken und Handeln orientiert sich am Ursache-WirkungsPrinzip kausaler Abhängigkeiten. Vernachlässigt wird dabei, dass eine Ursache viele unterschiedliche, starke Wirkungen haben kann, letztlich auch wieder auf sich selbst. [Gomez/Probst 1997, S. 32/33] haben drei Punkte zusammengefasst, die massgebend sind, um komplexe Projekte erfolgreich zu bewältigen: • Das Lösen komplexer Probleme ist eine Führungsaufgabe und kann nicht delegiert werden! • Komplexe Probleme können nur in Teamarbeit erfolgreich bewältigt werden! • Die Bewältigung komplexer Probleme ist ein Lernprozess!
2.3
Das Fallbeispiel der Financial Services AG
Die Financial Services AG ist ein in vielen Ländern tätiges Versicherungsunternehmen. Für den Abstrakt in diesem Buch wurde die Unternehmung anonymisiert. Kürzlich wurde die Management-Struktur der Financial Services AG weiter verbessert. Dies war wieder ein Schritt in der Entwicklung einer neuen Organisationsstruktur, die eine verbesserte Zusammenarbeit über nationale, regionale und funktionale Grenzen hinweg ermöglicht. Die Unternehmensstruktur der Financial Services AG beruht auf selbständig operierenden strategischen Geschäftseinheiten. Die Geschäftseinheiten stellen unternehmerische MarktmanagementEinheiten dar, über welche die Kunden bedient werden. Die Geschäftseinheiten werden unter mehreren Geschäftsbereichen zusammengefasst: Regional ausgerichtete sowie ein globaler Geschäftsbereich. Die geographischen Geschäftsbereiche sind Europa, Asien-Pazifik und Amerika. Alle Geschäftsbereiche werden von CEOs geleitet, die dem Präsidenten und CEO der Financial Services AGGruppe direkt unterstellt sind. Das Geschäftsumfeld des Finanzdienstleitungsbereichs ist gekennzeichnet durch harte Konkurrenz und einem immer schneller werdenden Wandel, d.h. Entscheidungen müssen immer schneller getroffen werden können. Das Dilemma dabei ist,
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Daniel Fasnacht
dass Entscheide nur aufgrund von bestehenden Informationen getroffen werden können. Diese Informationen müssen jederzeit, an jedem Ort konsistent und aktuell zur Verfügung stehen. Um das zu erreichen wird weltweit ein zentrales Finanz- und Controllingsystem benötigt, welches zum Ziel hat, präzise und zuverlässige Daten in Echtzeit bereitzustellen. Durch generelle, standardisierte Funktionen werden Dienstleistungen allgemein nutzbar gemacht. Weiter sollen bereits gemachte Erfahrungen von Geschäftseinheiten, wie auch implizites Wissen allen Anspruchsgruppen der Financial Services AG zur Verfügung stehen. Die Konzernleitung der Financial Services AG wünscht, dass mit diesem Projekt eine Brücke geschlagen werden kann zwischen den finanziellen organisatorischen Fähigkeiten und der finanziellen Lösungs- und Dienstleistungskompetenz der Financial Services AG. Mit dem Projekt Global Standard, welches alle Eigenschaften eines komplexen Projektes aufweist, werden von 2001 bis 2004 über 50 Business Units in 40 Ländern mit standardisierten Einstellungen und Entwicklungen auf Basis eines Standardsoftware-Pakets beliefert. Alle Einstellungen werden in der Konzernzentrale entwickelt und dann an die Geschäftseinheiten zur lokalen Anpassung ausgeliefert. Der Nutzen dieses Vorhabens ist die Verbesserung der Kooperation und Koordination zwischen Geschäftseinheiten innerhalb von Regionen. Weiter die Verbesserung von Finanzierungen und Analyse von regionalen Marktbedingungen und die Verbesserung des Reportings und gleichzeitiges Reduzieren des Abschlussaufwandes durch Prozessoptimierung. Weiter werden durch die zentrale Entwicklung Kostensenkungen erzielt. Der Erfahrungsaustausch bei lokalen Implementierungen sowie bei der Hardware Wartung und dem Betrieb (Zusammenlegung von Rechenzentren) ist ein weiterer wichtiger Mehrwert. Aufgrund der Ziele und des Mehrwertes des über vier Jahre dauernden Projektes ist sofort ersichtlich, dass sämtliche Ebenen der Financial Services AG tangiert werden – dazu noch weltweit, was zusätzlich noch soziale und kulturelle Herausforderungen mit sich bringt. Weitere kritische Erfolgsfaktoren sind die gemeinsame Zielvorstellung, die Unterstützung und das Commitment der ganzen Konzernleitung und des Managements, sowie die enge Zusammenarbeit des Global Standard Projektteams mit allen lokalen Geschäftseinheiten.
3 Das Projektumfeld analysieren Komplexe Projekte unterscheiden sich von komplizierten dadurch, dass zwar auch viele verschiedene, stark verknüpfte Einflussgrössen die Problemsituation auszeichnen, deren Interaktion sich aber laufend verändert. Dynamik, ein Eigenleben und das Auftreten immer neuer Muster und Konstellation sind für komplexe Projekte charakteristisch, wie globale Projekte oder die Erschliessung und Nutzung neuer Technologien. E-Business und die damit einhergehenden, teilweise umwäl-
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zenden Veränderungen, zählen zu dieser Art von Problemstellungen, um nur ein Beispiel zu nennen. Nachdem die Art des Projektes charakterisiert ist wird das Umfeld und dessen Dynamik analysiert. Dabei besteht das Umfeld aus verschiedensten Anspruchsgruppen, wie Abteilungen, Gruppen und Einzelpersonen, sowie indirekt Betroffenen wie Partnern, Behörden, Aktionären, die mit dem Projekt heute oder zukünftig und mit unterschiedlicher Intensität in irgendeiner Beziehung stehen. Stakeholder sind alle diejenigen Personen, die als sogenannte Interessensgruppen im Sinne des Projekts gesehen werden. Die Stakeholderanalyse ist ein wichtiger Bestandteil des Risikomanagements und dient der systematischen Erfassung aller Anspruchsgruppen, sowie deren Interessen und Zielen. Das Ergebnis ist eine Liste mit kritischen Erfolgsfaktoren, welche dann zueinander in Beziehung gebracht bzw. vernetzt werden.
3.1
Stakeholder identifizieren
Durch die Identifikation von Schlüsselrollen aus den verschiedenen Projekt-Anspruchsgruppen und deren Umfeld werden die repräsentativen Stakeholder ermittelt. Entscheidend ist die Selektion verschiedene Hierarchie- und Funktionsstufen. Um der ganzheitlichen Betrachtung gerecht zu werden, sollten, wenn möglich, Vertreter aller Quadranten gemäss Abbildung eins gefunden werden. Da die formulierte Strategie immer von Menschen mit entsprechenden technologischen Mitteln umgesetzt wird, steht schlussendlich hinter jeder Funktion eines Geschäftsprozesses die Zuständigkeit und Verantwortung eines Menschen. Somit sind für derartige Projekte Methoden und Verfahren anzuwenden, welche die Ressource Mensch besonders berücksichtigen. Die verwendete Matrix lehnt sich an das Business Engineering Modell der Universität St. Gallen an. Die Disziplin des Business Engineerings unterstützt das strukturierte und ganzheitliche Vorgehen bei der Transformation von alten zu neuen Geschäftsmodellen. Neben der fachlichen sollte zusätzlich die politische und kulturelle/soziale Ebene mitberücksichtigt werden. Ziel ist es, alle möglichen Einflüsse und Störgrössen aus dem Projektumfeld zu erfassen und die Auslöser zu identifizieren. Die Kernfrage dabei ist stets: wie beeinflusst diese Rolle und Person das Projekt? Empfohlen wird, zuerst die Rolle zu suchen und dann die entsprechenden Personen auf der Matrix zuzuordnen. In grossen Projektorganisationen übernehmen meist mehrere Personen des Teams ähnliche Aufgaben. Liegt dieser Fall vor, sollte versucht werden, die wichtigste Person zu bezeichnen. Auch Anspruchsgruppen aus dem indirekten (externen) Umfeld sollten identifiziert werden. Insbesondere bei Projektergebnissen, die die Grenzen des Unternehmens überschreiten und beispielsweise Kunden, Lieferanten oder Kapitalgeber betreffen. Um eine wertorientierte Unternehmensstrategie zu verfolgen, stellt sich die Frage, inwieweit Fremdkapitalgeber oder Aktionäre ein Interesse am Projekt haben. Behörden, Fremdkapitalgeber und Aktionäre haben deshalb vorwiegend einen politischen und strategischen Einfluss auf das Projekt. Wogegen alle Stakeholder, die etwas mit Hardware und Software oder IT zu tun haben meistens im
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Bereich der fachlichen Informationssysteme und der IT anzusiedeln sind. Diejenigen, welche die Strategie in Geschäftsprozesse mit Hilfe von Informationssystemen umsetzen sind auf der fachlichen Geschäftsprozessebene zu gruppieren. Dies sind Fachabteilungen, Experten, Implementierungspartner und Projektmitarbeiter. Abbildung eins zeigt eine ganzheitliche Zuordnung dieser möglichen Stakeholder in den verschiedenen Bereichen wie sie bei der Financial Services AG anzutreffen waren.
Abbildung 1: Stakeholder-Aufteilung nach Rollen
3.2
Stakeholder interviewen
Der Hauptteil der Stakeholder-Analyse beginnt mit der Beurteilung der einzelnen Personen. Nachdem der Grad der Betroffenheit feststeht, können die Stakeholder angegangen werden. Ein erstes Ziel besteht darin, herauszufinden was die Stakeholder über das Projekt denken. Zuerst wird das Problem formuliert und aus verschiedenen Perspektiven der Stakeholder betrachtet. Damit ist eine erste Abgrenzung möglich. Entscheidend ist die Erfassung aller wesentlichen Faktoren durch die gezielte Befragung der Stakeholder. Nur damit wird die notwendige Abstützung in der Praxis erreicht. Die Interessen, Ängste und Ziele, Chancen und Risiken jedes Einzelnen sollten danach bekannt sein. Methodisch bieten sich Gespräche, Interviews, Workshops, schriftliche Befragungen und weitere Erhebungstechniken an. Je höher die Stellung des Stakeholders, desto informeller sollte die
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
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Befragung sein. Die Frage nach Problemen kann auch belastend wirken, wobei sich der Befragte angeklagt oder mitverantwortlich fühlt. Fragen nach Verbesserungsmöglichkeiten und Zielen werden immer positiv beurteilt. Komplexe Projekte sind immer teuer und verändern eine Unternehmung derart stark, dass die Verantwortlichen auf einer emotionalen Ebene persönlich abgeholt werden müssen, bevor sie Informationen freigeben. Ziel der Erhebung ist das Sammeln möglichst umfangreicher Informationen über das Projekt. Nachfolgend exemplarisch einige Kernfragen. • Beziehung zum Projekt? • Persönliches Ziel im/während Projekt? • Probleme? • Ursachen der Probleme? • Lösungsansätze? • Chancen? • Risiken/Konflikte? Die Hauptaussagen der durchgeführten Interviews am Beispiel des Projektes der Financial Services AG weisen auf kritische Erfolgsfaktoren in komplexen Projekten hin und werden im nächsten Schritt zueinander in Beziehung gebracht, wodurch sich das Netzwerk gestaltet. Das Herleiten dieser kritischen Erfolgsfaktoren ist die Hauptaufgabe der Stakeholderanalyse. Am Beispiel des Projektes bei der Financial Services AG wurden aufgrund der Analyse sämtlicher StakeholderInterviews die erfolgskritischen Schlüsselvariablen in einem iterativen Prozess aggregiert und zu Schlüsselerfolgsbereichen gruppiert. Das Resultat ist eine umfangreiche Liste möglicher Schlüsselfaktoren, welche als Informationsgrundlage beim Erstellen des Netzwerkes dient. Auszugsweise sind aus dem Schlüsselerfolgsbereich „Oekonomische Umwelt“ folgende Variablen entstanden: Wirtschaftslage, Arbeitsmarkt, Lohnniveau, Fachkräfte, Konkurrenz und Marktdynamik. Weitere Schlüsselerfolgsbereiche könnten sein: Technologische Umwelt, Politische Umwelt, Finanzen, Wissensmanagement, Projektmanagement und weitere.
4 Das Netzwerk der integrierten Projektführung
4.1
Was ist ein Netzwerk?
Netzwerke helfen, das lineare Ursache-Wirkungs-Denken zu verlassen, um zu einem integrativen Denken und Handeln in Kreisläufen überzugehen. In der Praxis kann dies den Aufbau eines neuen, für die aktuelle Projektsituation passendes Netzwerk bedeuten. Vor allem bei ähnlichen Aufgabenstellungen ist die Weiterentwicklung bestehender Kreisläufe ins Auge zu fassen. Dies spart Zeit und beschleunigt den Wissenstransfer zwischen Projektteams enorm. Netzwerke fördern
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Daniel Fasnacht
aber auch das gedankliche Durchspielen zukünftiger Situationen und Verhaltensweisen. Unter einem Grundkreislauf wird der zentrale Kreislauf, welcher den eigentlichen Motor des Netzwerkes bildet verstanden. "Ein Grundkreislauf ist ein Gebilde aus Schlüsselvariablen und Beziehungen, das zum Ziel hat, die Komplexität eines Beobachtungsbereiches auf die Basiszusammenhänge zu reduzieren und strukturiert zu visualisieren" [Gomez/Probst 1997]. Darauf aufbauend kann der Gesamtzusammenhang eines Systems relativ einfach entwickelt und simuliert werden.
4.2
Netzwerk entwickeln und beschreiben
Für die Entwicklung dieses Motors empfiehlt sich folgendes Vorgehen: 1. Stellen der zentralen Frage: „Wieso werden komplexe Projekte durchgeführt und welchen Einfluss haben diese mittelfristig und langfristig auf die Entwicklung des Unternehmens?“ 2. Selektieren der wichtigsten kritischen Erfolgsfaktoren (maximal sechs bis zehn) und die ausgewählten kritischen Erfolgsfaktoren zueinander in Beziehung bringen. 3. Den Kreislauf modellieren. Die für das Erstellen des Grundkreislaufes notwendigen Variablen basieren auf der Liste der möglichen kritischen Erfolgsfaktoren aus den StakeholderInterviews. Wird das Netzwerk erweitert, so kann die Liste jederzeit wieder als Grundlage herangezogen werden. Die Beziehungen im Kreislauf sind durch Pfeile dargestellt, welche nicht nur die einzelnen Aspekte (Ursache-Wirkung) der Problemsituation in ihrer gegenseitigen Einwirkung, sondern vor allem die gleich- und gegengerichtete Polarität dieser Wirkung erfassen und darstellen. Ein Pluszeichen bedeutet eine verstärkende, ein Minuszeichen eine entgegengerichtete Entwicklung von miteinander in Beziehung stehenden Variablen.
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
465
Abbildung 2: Grundkreislauf Ausgangspunkt des Grundkreislaufes ist die Zielerreichung und damit das Eintreffen eines dem Auftrag entsprechenden Projektergebnisses. Mit der erfolgreichen Realisierung von Projekten wird die Unternehmensstrategie, welche ausgehend von einer gemeinsamen Vision und der davon abgeleiteten Mission entwickelt wird, umgesetzt. Die Strategie bestimmt dabei die Marschrichtung und die notwendigen Aktivitäten, welche die Diskrepanz zwischen dem Ist-Zustand und dem angestrebten (visionären) Soll-Zustand - ermittelt durch Gap-Analysen - schrittweise und über längere Zeit schliesst. Der Erfüllungsgrad der Strategie wird vom Erfolg der ergriffenen Massnahmen und der Zielerreichung der daraus identifizierten strategischen Projekte beeinflusst. Eine erfolgreich umgesetzte Strategie beeinflusst die unternehmerische Initiative nachhaltig, bestärkt die Unternehmensführung im Glauben an die eingeschlagene strategische Richtung und motiviert diese zu weiteren, noch innovativeren und kreativeren Umsetzungsmassnahmen. Das konsequente Verfolgen der strategischen Ausrichtung und dessen erfolgreiche (Teil)-Umsetzung schafft ein gesteigertes Vertrauen in die Unternehmung und beeinflusst dadurch die Attraktivität der Unternehmung für sämtliche Anspruchsgruppen. Die Rekrutierungschancen steigen und die Mitarbeitermotivation ist, ausgelöst durch eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen und dessen Ziele, hoch. Motivierte Mitarbeiter erbringen qualitativ bessere Arbeitsleistungen, können effizienter und zielgerichteter gefördert werden und tragen somit entscheidend zu einem positiven Projektergebnis bei. Die strategischen Ziele sind erreicht, und der Strategie-Erfüllungsgrad steigt. Der Kreislauf beginnt von neuem – in diesem Fall mit positivem Vorzeichen. Allerdings funktioniert er auch genauso konsequent im negativen Sinn.
466
Daniel Fasnacht
Interne Kommunik.
Kommunik.Plattform
Team Performance Standard isierung
Externe Kommunik.
System Integration
InformationsManagement ProjektPortfolio Management
Knowledge Management
Technologie ProjektManagement
Change Management
Kommunik.Management
RiskManagement
STRATEGIEERFÜLLUNGSGRAD
Markt Dynamik
UNTERNEHMERISCHE INITIATIVE
ZIELERREICHUNG PROJEKTERGEBNIS
VERTRAUEN UNTERNEHMUNG
ARBEITSLEISTUNG MA
Auftragspotential
KonfliktPotential
Konkurrenz IDENTIFIKATION
ATTRAKTIVITÄT UNTERNEHMUNG
MOTIVATION MA
Wettbewerbsvorteil Fachkräfte
Stakeholder Value Aufträge Rekrutierungs chancen
Shareholder Value
Innovationskraft
Ausbildungspolitik Allianzen Investition
Lohnniveau Zukünftig verfügbare Mittel
Wirtschaftslage Kontinuität
Gesetzliche Rahmenbed.
Arbeitsmarkt
Abbildung 3: Netzwerk der integrierten Projektführung Das Netzwerk soll illustrieren, dass jede Veränderung eines Schlüsselfaktors zu einer Kettenreaktion führt, die früher oder später auf sich selbst zurückwirkt (verstärkend oder abschwächend). Analog der Interpretation des Grundkreislaufes wird im Folgenden das gesamte Netzwerk der integrierten Projektführung beschrieben. Dient die unternehmerische Initiative, die ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Inangriffnahme und Bewältigung komplexer Projekte darstellt, als Ausgangspunkt, stellt sich die Frage, wie die Auswirkungen auf die Zielerreichung und das Projektergebnis sind. Offensichtlich besteht kein direkter Zusammenhang, deshalb werden Zwischenschritte notwendig. Unmittelbar beeinflusst wird das Kommunikationsmanagement, das einerseits die externe Kommunikation sicherstellt und andererseits neue Ideen und Verbesserungsprogramme unternehmensweit auf geeigneten Kommunikations-
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
467
plattformen bekannt macht. Je besser diese Plattformen definiert sind, umso besser kann die Interne Kommunikation darauf aufsetzen. In der Folge wirkt sich eine gute interne Kommunikation positiv auf die Team Performance, da Klarheit über den Auftrag und die Ziele herrschen. Damit wird die Einsicht in die Notwendigkeit des Projektes oder der Massnahmen gefördert, und die einzelnen Teammitglieder zielen mit ihrem Engagement in die gleiche Richtung. Eine gute Performance des Teams wirkt sich in hohem Masse auf das Knowledge Management aus. Mit der Weiterentwicklung der Wissensbasis sind zwei grundsätzliche Fragestellungen zu lösen. Einerseits die Zugänglichkeit des expliziten Wissens, d.h. in Medien gespeichertes Wissen, das sich in Dokumenten oder Datenbanken wiederfindet, zu verbessern und andererseits Strukturen zu schaffen, die den Austausch von implizitem Wissen (Wissen in den Köpfen der einzelnen Mitarbeiter) fördern. Je besser das Knowledge Management gelöst ist, desto höher ist die Arbeitsleistung der Mitarbeiter, da rasch auf Kenntnisse inner- oder ausserhalb des Unternehmens zurückgegriffen werden kann. Das Rad muss nicht jedesmal wieder neu erfunden werden. Wie bereits im Grundkreislauf vermerkt, beeinflusst die Arbeitsleistung direkt die Zielerreichung respektive das Projektergebnis. Damit ist ein möglicher Zusammenhang zwischen der unternehmerischen Initiative und der Zielereichung via verschiedener Schlüsselvariablen aufgezeigt. Dieser Pfad zeichnet sich dadurch aus, dass er sich nur verstärkend oder nur abschwächend auswirkt, d.h. positive Einflussgrössen wirken durchwegs verstärkend, negative Einflüsse konsequent abschwächend. Mit vorstehend beschriebenem Pfad wird der Grundkreislauf zu einem erweiterten Netzwerk ausgebaut. Die weitere Vervollständigung des Netzwerkes erfolgt nach dem gleichen Verfahren. Beispielhaft werden im folgenden zwei weitere Pfade dokumentiert. Nochmals ausgehend von der unternehmerischen Initiative, wird klar, dass eine Variable des Grundkreislaufes nicht nur eine, sondern mehrere Verknüpfungen haben kann. Je nach unternehmerischer Initiative sind mehr oder weniger hohe Auswirkungen auf das Risikomanagement zu erwarten. Das Risikomanagement und mögliche Risikofaktoren nehmen Einfluss auf die Technologie, die evaluiert und schliesslich eingesetzt wird. Diese wiederum wirkt sich auf die Marktdynamik aus, da in der Regel ein Wettbewerbsvorsprung im IT- und High-Tech-Bereich nur von kurzer Dauer ist, bis die Mitbewerber nachziehen. Aus dieser Dynamik des Marktes und der herrschenden Wirtschaftslage wird das Auftragspotenzial beeinflusst. Je höher das Auftragspotential ist, desto grösser ist die zu erwartende Konkurrenz. Mehr Konkurrenz führt zu weniger Aufträgen. Weniger Aufträge erhöhen den Druck, mehr Allianzen einzugehen. Diese Allianzen führen zu einer verbesserten Kontinuität in der Leistungserbringung. Ein kontinuierlich guter Geschäftsgang steigert die zukünftig verfügbaren Mittel. Damit können vermehrt Gelder in die Rekrutierung qualifizierter Mitarbeiter fliessen, was zu besseren Rekrutierungschancen auf dem Arbeitsmarkt führt. Diese erhöhen die Wahrscheinlichkeit, gute Fachkräfte zu finden, die sich wiederum positiv auf die Arbeitsleistung der Mitarbeiter auswirken. Nun befinden wir uns wieder im Grundkreislauf. Wenn der Pfad, ausgehend vom Risikomanagement, nicht wie vorhin in Richtung Technologie verfolgt wird, sondern der Einfluss auf das Projekt-Portfolio-Management betrachtet wird, ergibt sich eine Verzweigung im Netzwerk. Je besser das Risikoma-
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Daniel Fasnacht
nagement, desto besser - und ausgewogener - das Projekt-Portfolio. Das ProjektPortfolio-Management hat massgebenden Einfluss auf das Projektmanagement, da die Eckpunkte und Rahmenbedingungen eines Projektes von einem geschickten „Projekte-Mix“ auf Stufe des Gesamtunternehmens abhängig sind. Je besser das Projektmanagement, desto besser der Einfluss auf das Change Management, da der angestrebte Wandel in definierten Schritten projektmässig erreicht wird. Damit wird das Konfliktpotenzial gesenkt, d.h. je besser der Change-Prozess, desto weniger Konflikte treten auf. Ein tiefes Konfliktpotential erhöht den Stakeholder Value, da der Wandel erwartungsgemäss umgesetzt wird. Ein hoher Stakeholder Value führt zu einer hohen Attraktivität der Unternehmung. Somit befindet sich der Leser wieder im Grundkreislauf.
4.3
Zeitliche Abhängigkeiten und Intensitäten
In komplexen Systemen bestehen viele Einflussgrössen. Ihre Wirkung hängt von der Intensität der Beeinflussung und von ihrem zeitlichen Verhalten ab. Das zeitliche Verhalten hängt eng zusammen mit unerwarteten Wirkungen. Kurzfristig wirkende Einflussgrössen führen selten zu Überraschungen. Veränderungen sind rasch ersichtlich und dank der kurzen Reaktionszeit kann unmittelbar eingegriffen werden um das System rechtzeitig wieder in die gewünschte Richtung zu lenken. Überraschungen stecken hingegen oft in mittel- und langfristig wirkenden Faktoren. Während geraumer Zeit sind ihre Folgen nicht wahrnehmbar. Der Zeitpunkt der Wahrnehmung ist zu spät, um noch eingreifen zu können. Kurzfristige Massnahmen bleiben wirkungslos. Durch die Trägheit des Systems werden alle Anstrengungen wirkungslos. Das bisher beschriebene Netzwerkmodell könnte den Eindruck erwecken, dass sich Veränderungen einer Grösse, beispielsweise verstärkte Aktivitäten des Change Managements, unmittelbar auf die Zielerreichung und das Projektergebnis auswirken würden. In der Praxis sind das aber Prozesse, die sich erst mittelfristig auswirken. Anderseits wirken sich Change Management-Massnahmen kurzfristig auf eine andere Schlüsselvariable aus – die Arbeitsleistung der Mitarbeiter. Diese hat wiederum einen kurzfristigen Einfluss auf die Zielerreichung des Projektergebnisses. Um dieser Dynamik gerecht zu werden, sind deshalb die zeitlichen Verhältnisse (was in diesem Abstrakt nicht gemacht wurde) mit ein zu beziehen. Zudem wird der Faktor Zeit in Projekten oftmals stark unterschätzt.
5 Szenarien aufbauen und simulieren Ein Netzwerk kann grundsätzlich keine abschliessende Betrachtung darstellen. Sein Beizug soll vielmehr Denkanstoss und Hilfestellung bei der Bewältigung komplexer Projekte bieten. Damit werden die Grundlagen und die notwendige Transparenz, um komplexe Projekte professionell angehen zu können geschaffen.
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
469
Die Adaption des Netzwerkes an die spezifischen Bedürfnisse des Projektes und des Unternehmens sind in jedem Fall Voraussetzung für eine erfolgversprechende Nutzung in der Praxis. Gerade dieser Prozess der Erarbeitung respektive der Verifizierung des Netzwerkes im Team trägt viel zur Erlangung eines gemeinsamen Verständnisses der Problemstellung bei. Die gleiche Sprache sprechen, dasselbe Grundverständnis einer Situation haben, sind essentielle Voraussetzungen für die Bewältigung anspruchsvoller Aufgaben. Besonders von Interesse ist, welche Grössen beeinflussbar sind und welche nicht. Somit folgt eine Einteilung in lenkbare Grössen, nicht lenkbare Größen und Indikatoren. Lenkbare Grössen können unmittelbar beeinflusst werden, nicht lenkbare bilden die Rahmenbedingungen, mit denen Projektverantwortliche rechnen müssen. Die mit Indikatoren bezeichneten Grössen geben Anhaltspunkte, wie sich die Projektsituation unter dem Einfluss der Rahmenbedingungen oder durch eigene Lenkungsaktivitäten verändert hat. Die als nicht lenkbar identifizierten Grössen sind in den folgenden Szenariobereichen zusammengefasst; Wirtschaft und Wettbewerb, Technologie und Arbeitsmarkt. Aufgrund von Annahmen können nun Grundszenarien erstellt werden, die von den wahrscheinlichen Entwicklungen in den einzelnen Szenariobereichen ausgehen und sowohl Chancen als auch Gefahren bergen. Die nachfolgenden Szenarien und Simulationen sind aus Sicht der Financial Services AG zu betrachten. Die Financial Services AG hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Durch gezielte Akquisitionen und Fusionen hat sie ihre Position in den Regionen Nordamerika, Mitteleuropa und Grossbritannien massiv gestärkt und sich zudem zu einem der weltweit grössten All-Finanzanbieter entwickelt. Die Financial Services AG sieht sich deshalb auch mit einer neuen Konkurrenzsituation konfrontiert. Nicht mehr nur die reinen, traditionellen Unternehmen, sondern auch Banken und Finanzinstitute gehören heute zu ihren Konkurrenten. Die Wirtschaftslage im Finanzbereich ist zwar weiterhin gut, durch vermehrte Konkurrenz ist dieser Markt aber auch zunehmend härter umkämpft. Gefragt ist, neben innovativen Finanzprodukten und deren globaler Vermarktung, eine hohe Attraktivität bei Kunden, Partnern, Lieferanten und Anleger (Stake- und Shareholder). Der Trend nach immer grösseren und mächtigeren Konzernen wird auch die nächsten Jahre prägen. Wer bei diesem Wettlauf nicht mithält, wird übernommen oder spezialisiert sich als Nischenplayer. Wachstum bedeutet aber nicht nur grösser und mächtiger werden, Synergien nutzen und global handeln können. Wachstum kann auch Rückschläge bedeuten. Übernahmen von maroden Firmen, ausbleibende Synergieeffekte, staatliche Restriktionen im Arbeitsrecht, aufwendige Integrationen u.a. können Unternehmen finanziell und imagemässig massiv schwächen. Ausgehend von diesem Simulationsszenario, bestehend aus den Bereichen Wirtschaftslage, Technologie und Arbeitsmarkt, kann nun eine Simulation mit Hilfe des Netzwerkmodells durchgeführt werden. Um diese anschaulich zu gestalten, wird das Referenzprojekt bei der Financial Services AG verwendet. Der dunkle Pfad in der Abbildung vier, visualisiert die Simulation, während der helle Pfad Eventualstrategien aufzeigt. Ausgangpunkt dabei sind die Fachkräfte, da diese für typische Unternehmen im Informationszeitalter die Basis für das Wissen im Unternehmen sind. Diese Basis wird als Intellektuelles Kapital bezeichnet und ergänzt in gewissem Sinne das fi-
470
Daniel Fasnacht
nanzielle Kapital. Intellektuelles Kapital wird definiert als die Differenz zwischen Markt- und Buchwert einer Unternehmung. Eine weitere Unterteilung erfolgt in Human- und Strukturkapital. Das Strukturkapital ist im Besitz der Unternehmung und beinhaltet die Fähigkeit, mit den Mitarbeitern Gewinne zu erwirtschaften, z.B. mittels Patenten, Fertigungsprozessen, Software oder Partnerbeziehungen. Das Humankapital hingegen ist nicht im Besitz der Firma und auf Werten, wie Ausbildung, Wissen und Fähigkeiten jedes einzelnen Mitarbeiters aufgebaut, welche sodann, Kultur, Kreativität und Innovationsfähigkeit des Unternehmens bestimmen. Der Wert des Intellektuellen Kapitals einer Unternehmung bezeichnet das Ausmass, in dem dieses Wissenskapital in einen Finanzertrag für die Unternehmung umgewandelt werden kann. Es muss folglich unser Ziel sein, die richtigen Fachkräfte (die besten) zum richtigen Zeitpunkt (sofort) am richtigen Platz (in den erfolgskritischen Schlüsselpositionen) zu haben. Wie der Leser aus den Szenariobereichen entnehmen kann, ist der Arbeitsmarkt für gefragte Spezialisten ausgetrocknet und das Lohnniveau entsprechend hoch. Nur Unternehmen, die über ausreichend finanzielle Mittel verfügen und deren Lage eine derart grosse Investition erlaubt, können auf diesem Lohnniveau mithalten. Abhängig ist dies immer von der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Unternehmung. Da die Financial Services AG aber (noch) nicht weder das Ansehen eines technologieführenden Unternehmens noch eines etablierten All-Finanzdienstleisters hat, entscheiden sich IT-Spezialisten und Finanzanalysten für andere Unternehmen, die ihnen zukunftsträchtigere Perspektiven im Umgang mit neuen Technologien und modernere Methoden bieten. Dies reduziert die Rekrutierungschancen und wird den Bedarf nach hoch qualifizierten Fachkräften nicht befriedigen können. Darunter leidet die Arbeitsleistung und beeinflusst die Zielerreichung negativ. Da Knowledge Management eine lenkbare Grösse ist, kann auf den weiteren Verlauf Einfluss genommen werden. Mit Hilfe externer Consultants ist die Unternehmung in der Lage, spezifisches Wissen einzukaufen und dieses Wissen durch interne Mitarbeiter implizit zu übernehmen versuchen. Ist das Verhältnis von externen zu internen Mitarbeitern jedoch zu gross, wird dieser Wissenstransfer nur bedingt funktionieren. Gerade in einem globalen Unternehmen wie der Financial Services AG muss versucht werden, das interne Wissen innerhalb des Konzerns zu verbreiten. Auch das gehört in den Verantwortungsbereich des Knowledge Management, welches diesbezüglich mit Problemen in kulturellen und innerpolitischen Bereichen konfrontiert wird.
.
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
471
Interne Kommunik.
Kommunik.Plattform
Team Performance Standardisierung
Externe Kommunik.
System Integration
InformationsManagement Knowledge Management
ProjektPortfolio Management Technologie ProjektManagement
Kommunik.Management
RiskManagement
Change Management
STRATEGIEERFÜLLUNGSGRAD
Markt Dynamik
UNTERNEHMERISCHE INITIATIVE
ZIELERREICHUNG PROJEKTERGEBNIS
VERTRAUEN UNTERNEHMUNG
ARBEITSLEISTUNG MA
Auftragspotential
KonfliktPotential Konkurrenz IDENTIFIKATION MOTIVATION
ATTRAKTIVITÄT UNTERNEHMUNG
MA Wettbewerbsvorteil Fachkräfte
Stakeholder Value Aufträge Shareholder Value
Rekrutierungs chancen
Innovationskraft
Ausbildungspolitik Allianzen Investition
Lohnniveau Zukünftig verfügbare Mittel
Wirtschaftslage Kontinuität
Gesetzliche Rahmenbed.
Arbeitsmarkt
kurz < 1 Jahr mittel 1-3 Jahre lang > 3 Jahre
nicht lenkbar
lenkbar
Indikator
Abbildung 4: Netzwerkmodell mit Szenariobereichen und Simulationspfad Infolge der ungenügenden Zielerreichung kann die diesbezügliche Strategie nicht wunschgemäss umgesetzt und muss deshalb von der Unternehmensführung überdenkt und entsprechend angepasst werden. Dies wird Einfluss haben auf das Risikomanagement, welches im Kapitel 4.3 als Auflösungskegel detailliert beschrieben ist. Durch ein gutes Risikomanagement wird nicht nur das Projekt-PortfolioManagement transparenter und besser einschätzbar, zudem kann auch, mit neuen Technologien risikobewusster und erfolgversprechender umgegangen werden. Der professionelle Umgang mit dem Risiko ist eines der Kernkompetenzen der Financial Services AG. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die Unternehmensführung im Rahmen des Risikomanagement, welches im Netzwerk eine
472
Daniel Fasnacht
lenkbare Grösse bildet, in diesen Ablauf eingreift und Massnahmen beschliesst. Diese können über zwei Wege positiv beeinflusst werden. Über InformationsManagement Systemintegration Knowledge Management, kann nun die Arbeitsleistung qualitativ erhöht werden. Die zweite Möglichkeit besteht darin, über die Durchführung von Projekten zur Schliessung strategischer Lücken - Change Management die Zielerreichung positiv zu beeinflussen. Das wird allerdings seine Zeit dauern. Bis dahin hingegen wird der halbherzige Umgang mit neuer Technologie kaum Innovationen ermöglichen, welche der Financial Services AG entscheidende Wettbewerbsvorteile bringen würden. Als Folge davon wird die Konkurrenz stärker und das Wachstum in Form von weniger Aufträgen kleiner. Die Unternehmensleitung hat auch die Chance, den Kreislauf positiv zu beeinflussen. Durch sophistifizierte Allianzen und gezielte, substantielle Investitionen kann die Innovationskraft gestärkt und ein gewünschtes Image untermauert werden. Gute Allianzen stärken zudem die Wettbewerbsposition und fördern das Umsatzwachstum der Financial Services AG. Die Simulation zeigt auf, dass Einflüsse an einer beliebigen, unerwarteten Stelle des Netzwerks überraschende Effekte bewirken können. Eine frühe Erkennung unerwünschter Entwicklungen an zahlreichen Stellen erlaubt, bereits vorbereitete Massnahmen und Eventualstrategien auszulösen. Das Netzwerk bietet eine hohe Flexibilität bei der Simulation von komplexen Problemstellungen und bei sich verändernden Bedingungen. In Zukunft werden vermehrt solche Bedingungen gegeben sein. Zudem ist die Simulation integriert in diverse, auf Annahmen beruhenden Szenarien. Diese ändern sich ebenso schnell wie die reale Welt, jedoch können vorausschauende Manager neue Entwicklungen früher antizipieren.
6 Projektüberwachung 6.1
Vernetztes Denken und Frühwarnung
Wir bewegen uns in einer dynamischen Umwelt. In Ergänzung zu bestehenden Planungs- und Kontrollsystemen ermöglicht die Schaffung einer Frühwarnung die Versorgung des Managements mit den richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt. Die Frühwarnung hat die Aufgabe, Veränderungen in der Umwelt sowie in der Unternehmung frühzeitig aufzuzeigen, damit geeignete Massnahmen ergriffen werden können, bevor der Unternehmung ein Schaden erwächst oder eine Chance entgeht. Wie die Planung mit ihren nach Zeithorizonten gegliederten Ebenen muss sich ein Frühwarnsystem sowohl auf längerfristige Entwicklungen als auch auf kurzfristige Erscheinungen ausrichten. Ein Frühwarnsystem hat somit die Aufgabe, potenzielle Gefahren für das Projekt oder das Unternehmen in einem möglichst frühen Stadium aufzuzeigen. Damit werden Entscheidungsträger in die Lage versetzt, geeignete Massnahmen zu treffen, um drohende Gefahren abzuwenden. Kann das vernetzte Denken, das bei der Entwicklung des Netzwerkes angewendet wurde, als Methodik zur systematischen Ermittlung von Frühwarnindikatoren
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
473
verwendet werden? Die Kenntnis und Akzeptanz von Komplexität lässt den Leser bei der Verwendung von Problemlösungsmethoden den absoluten Wahrheits- und Vollständigkeitsanspruch relativieren. Als Orientierungshilfe zusammen mit der Fähigkeit des Menschen, zu abstrahieren und kreativ zu denken, kann jedoch die Wahrscheinlichkeit des Findens einer guten Lösung erhöht werden - garantiert werden kann sie allerdings nicht. Wichtig ist, dass die Methodik sich zuerst auf die Problemerkennung konzentriert. Erst ein in seinen Abhängigkeiten richtig erkanntes Problem bildet die Basis für eine adäquate Lösungsfindung. Ein Eingriff in eine Situation bedeutet immer auch eine Veränderung in einem Wirkungskreislauf, deren Auswirkungen nicht sofort sichtbar sein müssen. Lösungen können somit auch ungewollte Folgen haben. Vernetztes Denken will diese Folgen so weit als möglich simulieren, beziehungsweise voraussehbar machen. Diese Überlegungen führen zum Schluss, dass gerade die Methodik des vernetzten, ganzheitlichen Denkens prädestiniert ist, Frühwarnindikatoren zu identifizieren.
6.2
Die Balanced Scorecard
Unter der Berücksichtigung, dass die Führungssysteme in den Unternehmen bisher grösstenteils auf finanziellen Kennzahlen basierten und sich heutige Managementsituationen durch zunehmende Komplexität auszeichnen, liegt die Folgerung nahe, vernetztes Denken und Balanced Scorecard zu kombinieren. Bei der Balanced Scorecard werden jene Informationen zusammengefasst, die für die strategische Entwicklung wirklich wichtig sind. "Balanced" bezeichnet eine Ausgewogenheit bezüglich der Darstellung des Unternehmens unter Berücksichtigung aller wesentlichen Grössen und deren Kommunikation zu allen Mitarbeitern [Kaplan/Norton 1996]. Es handelt sich letztendlich um ein ausbalanciertes Management-System, das komplexe und dynamische Problemstellungen und deren Vernetzung genügend berücksichtigt: eine dynamisierte Balanced Scorecard. Beginnend mit den Indikatoren des Netzwerkes, die im Sinne von Messgrössen der Zielerreichung spezifiziert wurden. Nachfolgende Abbildung zeigt die zwölf Indikatoren, welche direkt aus dem Netzwerkmodell in Abbildung fünf herausgelesen werden können.
474
Daniel Fasnacht
Referenz
Indikatoren
(1)
Attraktivität Unternehmung
(2)
Identifikation / Motivation MA
(3)
Arbeitsleistung MA
(4)
Zielerreichung / Projektergebnis
(5)
Strategie-Erfüllungsgrad
(6)
Team Performance
(7)
Konfliktpotenzial
(8)
Stakeholder Value
(9)
Shareholder Value
(10)
Zukünftig verfügbare Mittel
(11)
Rekrutierungschancen
(12)
Aufträge
Abbildung 5: Indikatoren des Netzwerks In einem nächsten Schritt werden diese Indikatoren den einzelnen Perspektiven zugeordnet. Damit wird eine erste Verknüpfung zwischen Indikatoren und Perspektiven erreicht. In einer Matrix kann dies einfach dargestellt werden. Ergänzt mit Performance-Treibern, Messgrössen und Frühwarnindikatoren entsteht eine übersichtliche Darstellung aller für die Projektführung relevanter Indikatoren und Messgrössen. In Anlehnung an die Fluginstrumente des Piloten, zur Steuerung und Überwachung des Fluges, wird im Buch im weiteren vom Indikatoren-Cockpit gesprochen. Bei der Festlegung der kritischen Erfolgsfaktoren (PerformanceTreiber) kann das Netzwerk sehr hilfreich sein. All diejenigen Grössen, die in direkter Beziehung zu den Indikatoren stehen (im Modell als eingehende Pfeile dargestellt), konnten direkt ins Indikatoren-Cockpit übertragen werden. Die Faktoren die für den Erfolg der Projektaktivitäten essentiell sind, werden so transparent. Die Ableitung der Performance-Treiber aus den Indikatoren erfolgt somit ganzheitlich und vernetzt. Das Messen der Entwicklung von Performance-Treibern ist somit eine Problemstellung, mit der nach geeigneten Messgrössen gesucht wird die dann in das „Indikatoren Cockpit“ eingetragen werden. Mittels dieser Messgrössen wird der Fortschritt messbar. Erfahrungsgemäss sind die meisten der identifizierten Messgrössen bereits irgendwo im Unternehmen erfasst. Obwohl identifizierte Messgrössen immer einen strategischen Wert aufweisen, muss eine Abwägung vorgenommen werden: Ist der Aufwand für die Erfassung grösser als der resultierende Nutzen, oder ist die gewonnene Messgrösse operationell unpraktisch, muss überlegt werden, ob ein Substitut (Ersatzmessgrösse) definiert werden kann. Für die Ermittlung der Frühwarnindikatoren wird die Darstellung der zeitlichen Abhängigkeiten des Netzwerkmodells der integrierten Projektführung genutzt. Die rekursive Betrachtung der Beziehungen im Netzwerk, ausgehend von den Indikatoren, führt den Betrachter zu denjenigen Schlüsselvariablen, die als Frühwarnung in Frage kom-
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
475
men. Dieses Vorgehen stellt einen Diskussions- und Entscheidungsprozess im Team dar, in dem verschiedene Ansichten und Standpunkte betrachtet werden.
6.3
Indikatoren-Cockpit
In den Abbildungen sechs bis neun sind die verschiedenen Perspektiven der Balanced Scorecard in einem Indikatoren-Cockpit dargestellt. Ref. (Tab.5)
Indikatoren des Netzwerks
Kritische Erfolgsfaktoren (Performance-Treiber)
Messgrössen
Frühwarnindikatoren
(9)
Shareholder Value Zukünftig verfügbare Mittel
Zukünftig verfügbare Mittel Kontinuität, unternehmerische Initiative
Auftragspotential
Aufträge
Konkurrenz
DCF (Discounted Cash Flow) Ertragsentwicklung, Anzahl Akquisitionen und initierte Projekte Verhältnis Offerten/Aufträge
(10)
(12)
Konkurrenz
Technologie
Abbildung 6: Indikator-Cockpit: Perspektive Finanzen Ref. (Tab.5)
Indikatoren des Netzwerks
(1)
Attraktivität Unternehmung
(8)
Stakeholder Value
Kritische Erfolgsfaktoren (Performance-Treiber) Vertrauen Unternehmung Innovationskraft, Shareholder Value, Stakeholder Value
Change Managem ent, Konfliktpotential, zukünftig verfügbare Mittel
Messgrössen
Frühwarnindikatoren
Repräsentative Marktum fragen, Anzahl neuer Produkte, Aktienkurs und Volatilität, Kundenzufriedenheit Mitarbeiterzufriedenheit, Anzahl Eskalationen, DCF (Discounted Cash Flow)
Kontinuität, Wettbewerbsvorteil
Team Perform ance, Konkurrenz
Abbildung 7: Indikator-Cockpit: Perspektive Kunden
476
Daniel Fasnacht
Ref. (Tab.5)
Indikatoren des Netzwerks
(2)
Identifikation/ Motivation der Mitarbeiter Arbeitsteilung Mitarbeiter
(3)
Kritische Erfolgsfaktoren (Performance-Treiber) Attraktivität Unternehmung
Messgrössen
Frühwarnindikatoren
Fluktuationsrate im Branchenvergleich
Wettbewerbsvorteil, Kontinuität
Fachkräfte, Identifikation/Motivation Mitarbeiter, Knowledge Managem ent, Change Managem ent
Anzahl offener Stellen, Zahl Verbesserungsvorschläge, Zugriffsdauer elektr. Archive, Mitarbeiterzufriedenheit
Zukünftig verfügbare Mittel, Technologie
Projekt-PortfolioManagement, unternehmerische Initiativen Kom m unikationsManagement Innovationskraft, Wirtschaftslage
(6)
Team Perform ance
Interne Komm unikation, Konfliktpotential
Anzahl Team Events, Anzahl Eskalationen
(7)
Konfliktpotential
Change Managem ent
(11)
Rekrutierungschancen
Zukünftig verfügbare Mittel, Attraktivität Unternehmung, Lohnniveau
Mitarbeiterzufriedenheit DCF (Discounted Cash Flow), Zeitdauer für Stellenbesetzung, Löhne im Branchenvergleich
Abbildung 8: Indikator-Cockpit: Perspektive Lernen und Entwicklung Ref. (Tab.5)
Indikatoren des Netzwerks
(4)
Zielerreichung/ Projektergebnis
(5)
StrategieErfüllungsgrad
Kritische Erfolgsfaktoren (Performance-Treiber) Arbeitsleistung Mitarbeiter, Change Managem ent Zielerreichung/Projekter gebnis
Messgrössen
Frühwarnindikatoren
Projektreviews/ audits, Mitarbeiterzufriedenheit Projektreviews/ audits, Analystenberichte
Kontinuität, Wettbewerbsvorteil Technologie, zukünft verfügbare Mittel
Abbildung 9: Indikatoren-Cockpit: Perspektive Interne Prozesse Der herkömmliche Ansatz der Balanced Scorecard ist eigentlich eine Simplifizierung des Netzwerkansatzes, vielfach statisch angelegt, der die Beziehungen der Performance-Treiber zueinander unzureichend berücksichtigt. Die Verbindung der Scorecard mit der Methodik des vernetzten Denkens stellt sicher, dass Komplexität reduziert wird, aber trotzdem die hauptsächlichen Einflussgrössen in ihrer Vernetzung aufgezeigt und thematisiert werden. Ausserdem können die in einer dynamischen Umwelt für das Management immer wichtiger werdenden Frühwarnindikatoren in einem Indikatoren-Cockpit angezeigt werden. Dies ist ein erheblicher, zusätzlicher Nutzen des Netzwerkes.
Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren
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7 Konklusion Veränderungsprozesse werden in Form von komplexen Projekten bewältigt. Die meisten Unternehmen tun dies bereits - teilweise unbewusst. Die Methode des vernetzten und ganzheitlichen Denkens mit all ihren Vorteilen, wie beispielsweise der Komplexitätsreduktion und der Simulation, ist dazu nur eine Hilfestellung. Die Kenntnis und Akzeptanz von Komplexität lässt den Leser bei der Verwendung von Problemlösungsmethoden den absoluten Wahrheits- und Vollständigkeitsanspruch relativieren. Als Orientierungshilfe zusammen mit der Fähigkeit des Menschen, zu abstrahieren und kreativ zu denken, kann jedoch die Wahrscheinlichkeit des Findens einer guten Lösung erhöht werden - garantiert werden kann sie allerdings nicht. Wichtig ist, dass die Methodik sich zuerst auf die Problemerkennung konzentriert. Erst ein in seinen Abhängigkeiten richtig erkanntes Problem bildet die Basis für eine adäquate Lösungsfindung. Ein Eingriff in eine Situation bewirkt eine Veränderung in einem Wirkungskreislauf, deren Auswirkungen nicht sofort sichtbar sein müssen. Lösungen können somit auch ungewollte Folgen haben. Vernetztes Denken will diese Folgen so weit als möglich simulieren, beziehungsweise im Voraus erkennbar machen. Frühwarnindikatoren sollen identifiziert und während der gesamten Projektdauer soll permanent das Umfeld betrachtet und neu eingeschätzt werden. Diese Überlegungen führen zum Schluss, dass gerade die Methodik des vernetzten, ganzheitlichen Denkens geeignet ist, komplexe IT-Projekte zu führen.
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Daniel Fasnacht
8 Literatur [Dörner 1993] Dörner, D.: Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen, Rohwolt, Hamburg, 1993. [Gomez/Probst 1997] Gomez, P.; Probst, G.: Die Praxis des ganzheitlichen Problemlösens, 2. überarbeitete Auflage, Haupt, Bern/Stuttgart/Wien, 1997. [Gomez et al. 2002] Gomez, P.; Fasnacht, D.; Waldispühl, R.; Wasserer, C.: Komplexe ITProjekte ganzheitlich führen, Haupt, Bern/Stuttgart/Wien, 2002. [Fasnacht et al. 2000] Fasnacht, D.; Waldispühl, R.; Wasserer, C.: Netzwerkmodell zur Simulation von kritischen Erfolgsfaktoren in komplexen Projekten, Diplomarbeit der Universität St. Gallen im Rahmen des executive MBA in Business Engineering, 2000. [Kaplan/Norton 1996] Kaplan, R.; Norton, D.: Using the Balanced Scorecard as a Strategic Management System, Harvard Business Review, January/February 1996.
New Business Network Navigator Die Integration von Netzwerkkompetenzen und Netzwerkgestaltung zur Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen Iris Hauter-Heinke, Markus Zenker
1 2
3
4 5
Einleitung....................................................................................................480 Bezugsrahmen.............................................................................................481 2.1 General Management Navigator.........................................................481 2.2 New Business Network ......................................................................482 2.3 Schlüsselfähigkeiten - Kompetenzen und Persönlichkeitstypen.........483 Ein Vorgehensmodell zur Netzwerkgestaltung eines neuen ............................ Geschäftsmodells ........................................................................................484 3.1 Arbeitsfeld Initiierung ........................................................................484 3.2 Arbeitsfeld Positionierung..................................................................484 3.3 Arbeitsfeld Wertschöpfung.................................................................484 3.4 Arbeitsfeld Dramaturgie .....................................................................484 3.5 Arbeitsfeld Running Business / Performance.....................................484 3.6 Der gesamtheitliche Ansatz des „New Business Network Navigator“ ..........................................................................................484 Fazit ............................................................................................................484 Literatur ......................................................................................................484
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Iris Hauter-Heinke, Markus Zenker
1 Einleitung Unternehmen sind zunehmender Unprognostizierbarkeit über die Entwicklung von Markt-, Kunden- und Wettbewerbsstrukturen, der Veränderung von Produkten und Leistungen, auftretender Konflikte, Abstimmungsprobleme und unterschiedlicher Sichtweisen oder Eigeninteressen, neuen Anforderungen von Lieferanten und Kunden, sich verändernden organisatorischen Prozessen und Strukturen sowie zunehmender Komplexität ausgesetzt. „Jeder normale Entscheidungsvorgang in einem Unternehmen ist in Wirklichkeit ein Lernprozeß, da die Beteiligten im wechselseitigen Austausch ihre eigenen Vorstellungen verändern und eine neue, gemeinsame Vorstellung entwickeln. Problematisch ist allerdings das Tempo dieses Vorganges. Er kann zu langsam sein für eine Welt, in der die Fähigkeit, schneller zu lernen als die Konkurrenz, unter Umständen den einzigen dauerhaften Wettbewerbsvorteil bildet.“ A. P. De Geus, ehemaliger Leiter der Planungsabteilung des ROYAL DUTCH/SHELL-Konzerns [De Geus 1989, S. 25] Die Globalisierung der Wirtschaft, die Verbreitung der Informationstechnologie, sowie die zunehmende Dynamik der Märkte führen zu einem Strukturwandel von der Industrie- zur Informations- und Wissensgesellschaft, die völlig neue Kompetenzen und zusätzliche Intelligenzaspekte erfordert, d.h. der Geist der Organisationen und der darin Handelnden muß sich verändern. Der Gestaltungsprozess von Organisationen wird täglich komplexer, gilt es nämlich, die implizite Strategie der Organisation in Einklang mit einer konkreten und konsequenten Marktstrategie zu bringen. Dies setzt das Verstehen des (Eigen-) Lebens der Organisation sowie des strategischen Management als fortlaufenden, kollektiven Lernprozeß voraus[vgl. Scholz 1997, S. 21f.]. „Wir arbeiten in Strukturen von gestern mit Methoden von heute, an Problemen von morgen, vorwiegend mit Menschen, die Strukturen von gestern gebaut haben und das Morgen innerhalb der Organisation nicht mehr erleben werden.“ [Bleicher 1994] Wovon hängt es ab, ob Unternehmen oder Unternehmensnetzwerke erfolgreich sind oder nicht? Warum unterscheiden sie sich voneinander? Wo sind ihre Grenzen? Lassen sich Unternehmen oder Unternehmesnetzwerke bewußt gestalten und strategisch managen?
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2 Bezugsrahmen Der vorliegende Beitrag befasst sich mit einem ganzheitlichen und integrierten Ansatz zur strategischen Gestaltung eines Unternehmesnetzwerkes, eines New Business Network. Es wird herausgearbeitet, in welcher Phase des Gestaltungsprozesses welche strategischen Herausforderungen bzgl. Organisation, Fähigkeiten und Führungskonzepte bewältigt werden müssen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Beschreibung des Prozesses sowie den Schlüsselfähigkeiten der am Prozess beteiligten Personen. Die zentralen Fragen dieses Beitrages lauten: • Kann der General Management Navigator [vgl. Müller-Stewens/Lechner 1999], im Sinne eines ganzheitlichen und integrierten Strategie- und Gestaltungsprozesses, für den Aufbau eines Unternehmensnetzwerkes - New Business Network - herangezogen werden? • In welchem Prozeß wird die ökonomische Leistungserstellung zukünftig organisiert und welche Schlüsselfähigkeiten und Führungskonzepte werden von den neuen Geschäftsmodellen benötigt?
2.1
General Management Navigator
Der General Management Navigator ermöglicht die integrierte Betrachtung von Strategie- und Wandelarbeit und visualisiert die damit verbundenen Aufgaben in Form von fünf miteinander vernetzten Arbeitsfeldern [vgl. MüllerStewens/Lechner 2001]. Die ökonomisch argumentierende Strategielehre wird kombiniert mit denen einer sozialwissenschaftlich ausgerichteten Organisationslehre. Die Kluft zwischen Strategieentwürfen und ihrer organisatorischen Wirksamkeit wird dabei thematisiert und überbrückt. Zur Konzeptgestaltung können fünf Arbeitsfelder herangezogen werden, die logisch miteinander vernetzt und aneinander gekoppelt sind. Die Arbeitsfelder werden als Initiierung, Positionierung, Wertschöpfung, Dramaturgie und Performance Messung bezeichnet. In dem Arbeitsfeld Initiierung wird die Frage gestellt, „auf welche Art und Weise die Gestaltungsarbeit vorzubereiten, zu organisieren und in Schwung zu bringen“ ist. Es geht um die aktive Aufbereitung eines interessierten und offenen Umfeldes. Fokus des Arbeitsfeldes Positionierung ist, „wie sich die unternehmerische Einheit gegenüber den Anspruchsgruppen ihrer Umwelt positionieren“ soll. Es geht um die aktive Gestaltung der Beziehungen zu den jeweiligen Anspruchsgruppen der Umwelt. Damit steht das Aussenverhältnis einer unternehmerischen Einheit im Fokus dieses Arbeitsfeldes.
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Was? (Inhalt)
Wie? Prozess
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Abbildung 1: General Management Navigator [Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 3] In dem Arbeitsfeld Wertschöpfung wird das Thema diskutiert, „wie die Wertschöpfung gegenüber den Anspruchsgruppen erbracht werden“ soll. Wie ist die Wertschöpfungskette zu gestalten, um die externe Positionierung der unternehmerischen Einheit umzusetzen? In dem Arbeitsfeld Dramaturgie wird die Frage gestellt, „wie die einzelnen Veränderungsmassnahmen zu einem stimmigen Wandeldesign zu orchestrieren“ sind. Die auf das Innenverhältnis bezogenen Strategien müssen mit dem sozialen System der unternehmerischen Einheit abgestimmt werden. Es gilt, die sozialen Prozesse unter Berücksichtigung des komplexen Zusammenspieles vieler Einflussfaktoren, ihrer gegenseitigen Beeinflussung sowie der Feedbackeffekte zu gestalten. In dem Arbeitsfeld Performance Messung wird die Frage gestellt, „wie Qualität der Gestaltungsarbeit beobachtet und gemessen“ werden kann.
2.2
New Business Network
In diesem Beitrag fokussiert der Begriff New Business Network (N³) auf proaktive, vor allem durch marktökonomische Erfordernisse und technologische Möglichkeiten bedingte und auf die Erschliessung wettbewerbsrelevanter Potentiale gerichtete Neuorganisationen von unternehmensübergreifenden Netzwerken, mit dem Ziel der Bildung neuer Netzwerkkompetenzen sowie der Umsetzung neuer Geschäftsmodelle. Die Autoren folgen dem Standpunkt:
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„New Business Networks are partnerships between suppliers of information, goods and services in which each company pools its core competencies to create a total offering to customers under a single brand they associate with the value provided” [Kandiah/Gossain 1999, S. 2]. In einem Netzwerk werden die Kernkompetenzen der einzelnen Unternehmen zu einem neuen Kerngeschäft eines Unternehmensnetzwerkes integriert. Dieser Prozeß der Unternehmensnetzwerkgestaltung sowie das Management eines Unternehmensnetzwerkes sind ebenfalls Kernkompetenzen, die zukünftig in einem Wirtschaftsumfeld, in dem nicht mehr einzelne Unternehmen, sondern vitale, flexible Unternehmensnetzwerke - New Business Value Network - im Wettbewerb stehen, an Bedeutung zunehmen. Organisationen, die innovativ und netzwerkfähig sind bzw. ihre Partnerbeziehungen besser initiieren, koordinieren und managen und als Netzwerk-Gesamtheit eine engere und agilere Beziehung zu den Endkunden haben, werden erfolgreicher sein.
2.3
Schlüsselfähigkeiten - Kompetenzen und Persönlichkeitstypen
Die Autoren verstehen Schlüsselfähigkeiten als die Kombination aus Qualifikation, der direkt verbundenen Motivation im Hinblick auf bestimmte Ziele und Aufgaben sowie die Präsentation und Wirkung der Person, des Teams, der Organisation nach aussen – kategorisiert durch Persönlichkeitstypen [vgl. Wunderer 2000, S. 114]. Als Referenzmodelle ziehen die Autoren das Kompetenzmodell, die Unterteilung von Kompetenzen in strategische, fachliche, methodische und soziale Kompetenz, und den Myer-Briggs-Typenindikator (MBTI) [vgl. Bents/Blank 1995] heran. Der MBTI geht auf die Typenlehre des Psychoanalytikers C.G. Jung zurück und misst vier verschiedene Persönlichkeitspräferenzen, Wahrnehmungs- und Beurteilungsstile. 2.3.1 Schlüsselfähigkeiten von Individuen Zum entscheidenen Merkmal wird die wachsende Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu bewältigen. An die Stelle der hierarchischen Karriere tritt die Know How Karriere. Dies erfordert nicht nur Mehrfachqualifikation, sondern auch Kreativität, Initiative, Lernfähigkeit und Mut zu Neuen. Durch lebenslanges Lernen und ständig wechselnde Aufgaben, Tätigkeiten und Teamzugehörigkeiten wachsen fachliche, methodische, soziale und strategische Kompetenz.
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Abbildung 2: Persönliche Kompetenzentwicklung [vgl. Fuchs 1999, S. 145] Fähigkeiten, sich schnell in einem ungewohnten Umfeld zurechtzufinden, Veränderung als einzige Konstante zu akzeptieren und diese als Chance zu erkennen sind jedoch ebenso wichtig, denn erst fachliche und menschliche Fähigkeiten machen eine Persönlichkeit aus. Der MBTI hat vier Grunddimensionen, aus denen sich 16 Persönlichkeitstypen ergeben.
Abbildung 3: Vier Grunddimensionen des MBTI
2.3.2 Schlüsselfähigkeiten von Teams Die Fähigkeit einer Gruppe von Menschen, spezifische Ziele in einem festgelegten Zeitraum zu erreichen, wird als Team-Kompetenz definiert. Als relevante Aspekte werden Kernkompetenzen, technische und soziale Kommunikation, Interaktion und Führung angesehen. Es wird eine neue Denkweise gefordert, ein integriertes, zusammenfügendes Denken, das auf einem breiten Horizont beruht, von grösseren Zusammenhängen ausgeht und viele verschiedene Einflussfaktoren berücksichtigt. Die Teamentwicklung besteht aus vier unterschiedlichen Phasen: Forming-Phase
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bzw. Fremdheitsphase, Storming-Phase bzw. Orientierungsphase, NormingPhase bzw. Vertrautheitsphase und Performing-Phase bzw. Differenzierungsphase, auf die hier nicht weiter eingegangen wird. Die Ergebnisse des MBTI-Testes machen die Persönlichkeit der einzelnen Teammitglieder transparent. Die Akzeptanz der Unterschiedlichkeit, der jeweiligen bevorzugten Aktivitäten und Charaktere unterstützt die Bildung eines Teams. Die Stärke des Teams resultiert aus den Stärken der Persönlichkeiten im Team.
Erhalten die Komplexität der Aufgabe
Sorgen für Kommunikation im Team und nach außen Sind offen für neue Faktoren und sichern Flexibilität
Sichern die Fakten
I
Prüfen die Möglichkeiten
S
E
N
P
T J
Planen und terminieren
F
Analysieren kritisch
Vermitteln Akzeptanz der Lösungen im Netzwerk
Abbildung 4: Typen und ihre Aufgaben im Team [vgl. Bents/Blank 1995, S. 85] Teamfähigkeit bezieht sich auf die Art und Weise der Zusammenarbeit in Worten und Taten. Die eigentliche Leistung von Menschen gegenüber anderen lebenden Organismen besteht in der Entwicklung bzw. Nutzung der Sprache für interaktive Prozesse und zur Gestaltung von Beziehungen. Darüber hinaus sind wir zur Reflexion und zu reflexivem Selbst-Bewusstsein fähig. Kommunikative Prozesse sollten enthierarchisiert und partnerschaftlich gestaltet werden. Neue Ideen und Konzepte, Lösungen für komplexe Aufgabenstellungen sind in cross-funktionalen Teams möglich.
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2.3.3 Schlüsselfähigkeiten von Organisationen Der Begriff Organisations-Kompetenz wird definiert als die Fähigkeit einer Organisation zur Erreichung spezifischer Ziele. Kernkompetenzen, Personalmanagement und Kommunikationsstruktur werden als relevante Aspekte, die Organisationskultur als organisationale Voraussetzungen für die Organisations-Kompetenz angesehen. Verfügbarkeit von Kernkompetenzen
Ressourcenu. Personalmanagement
Integrativität der Kommunikationsstruktur
Offenheit der Organsiationskultur
OrganisationsKompetenz
Erfüllung der Aufgaben
Beziehungsspezifische Aufgaben
Beziehungsübergreifende Aufgaben
Vorhandensein von Qualifikationen
Fachliche Q ualifikation
Soziale Qualifikation
Abbildung 5: Elemente der Organisations-Kompetenz [vgl. Ritter/Gemünden 1998] Kernkompetenzen werden verstanden als eine Kombination von Fähigkeiten und Wissen sowie Werten und Denkmodellen, die es der Organisation ermöglichen, die Führung in einem bestimmten Produkte- oder Dienstleistungsbereich zu erlangen. Die folgenden Ausführungen basieren auf [Prahald/Hamel 1991]. Die Personalentwicklung evaluiert Konzepte und plant bzw. realisiert die Steuerung und Förderung personeller Ressourcen von Organisationen [vgl. Becker 1999, S. 4]. Der Austausch von Informationen zwischen organisatorischen Einheiten wird als Kommunikation im organisationalen Verständnis verstanden [vgl. Frese 1995, S. 16]. Die sich in der Organisation etablierenden Kommunikationswege werden Kommunikationsstruktur genannt. Hierbei wird zwischen der formalen und der gelebten Kommunikationsstruktur unterschieden [vgl. Wicher 1989, S. 59]: Die formale Kommunikationsstruktur bezeichnet den Dienstweg, wie ihn Organigramm und Stellenbeschreibung vorgeben, die gelebte Kommunikationsstruktur bezeichnet den „kleinen Dienstweg“, d.h. den tatsächlich stattfindenden Austausch zwischen organisatorischen Einheiten.
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Die Kommunikation beinhaltet weit mehr als den Austausch von Informationen zwischen Personen [vgl. Dachler 1992; Luhmann 1984; Watzlawick/ Beavin/ Jackson 1967]. Bei der organisationalen Kommunikation geht es vielmehr um breit ab-gestützte Beziehungs- und Kommunikationsprozesse, um eine tragfähige Sozialarchitektur, um die Explizierung von „tacit knowledge“, von der das Gelingen von Wandel- und Gestaltungsprozessen unmittelbar abhängt.[vgl. Nonaka/Konno 1998; Rüegg-Stürm 1998]. Eine Organisation wird als Multilayer- oder Cluster-Organisation bezeichnet, wenn Mitarbeiter unterschiedliche Kontaktsituationen zu unterschiedlichen Themen institutionalisiert wahrnehmen. In einer Cluster-Organisation verschwindet zunehmend die Wichtigkeit von Hierarchie. Die Selbstorganisation „kleiner Organisationen“ nimmt zu. Durch informelle und formelle Kontakte tauscht der Mitarbeiter mit unterschiedlichen Personen Informationen aus. Er gestaltet seine Beziehungen, sein Human Network [vgl. Kaiser 1998], und entfaltet sich selbst durch die vielfältigen Aufgaben. Zur Befähigung werden auf der einen Seite die Schlüsselfähigkeiten des Mitarbeiters, auf der anderen Seite die Legitimierung und die Ermöglichung durch das Unternehmen und das Management vorausgesetzt. Ziel der Cluster-Organisation ist die Unterstützung der Explizierung des „tacit knowledge“. Es können folgende Formen des Wissens unterschieden werden: Wissen von Einzelpersonen („Fachwissen“), in Verfahren enthaltenes Wissen („Methoden, Systeme“) und in Verhaltensnormen codiertes Wissen („Kultur“). Kollektives Wissen („Kultur“) ist die einzige Form von Wissen, die nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzeugt. Die Offenheit der Organisationskultur zeichnet sich durch organische Prozesse und externe Positionierung der Organisation aus. Sie wird geprägt durch die Werthaltungen, Wahrnehmens- und Verhaltensmuster, die Gebräuche und Umgangsformen der Organisationsmitglieder. Sie beeinflusst die strukturelle, funktionale und instrumentelle Gestaltung der Organisation. Die Organisationskultur kann als die Gesamtheit der in Organisationen bewusst oder unbewusst anerkannten und gelebten Regeln, Normen und Wertvorstellungen bestimmt werden. Sie prägt das interne Miteinander, die Beziehungen nach aussen sowie die Leistungen einer Organisation. Organisationskultur ist zu einer wichtigen Gestaltungsgrundlage der Personalentwicklung erfolgreicher Unternehmen geworden [vgl. Wunderer 2000, S.194]. Organisationen mit aktivem Gestaltungs- und Anpassungspotential verstehen sich als lernende Organisation. Organisationales Lernen kann dabei nicht mit der Integration individuellen Lernens gleichgesetzt werden. „Unter organisationalem Lernen ist der Prozess der Erhöhung und Veränderung der organisationalen Wertund Wissenbasis, die Verbesserung der Problemlösungs- und Handlungskompetenz sowie die Veränderung des gemeinsamen Orientierungsmusters von und für Mitglieder innerhalb der Organisation“ zu verstehen [vgl. Probst/Büchel 1994, S. 17]. Das Ziel einer lernenden Organisation ist es, den Menschen und die gesamte Organisation zu aktiven Veränderungs- bzw. Lernprozessen im Sinne der Erhaltung und Verbesserung der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit zu befähigen [vgl. Fuchs (1999]. Eine Organisation verhält sich wie ein Organismus, der über seine „Nervenstränge“ kommuniziert - Produkte, Kunden und Zulieferer bilden seine Glied-
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massen. Der Charakter einer Organisation entspricht der Kultur einer Organisationslandschaft, der Persönlichkeit einer bestimmten Organisation. Der Organisationscharakter ist für das Grundgefühl und für bestimmte Handlungsmuster verantwortlich [vgl. Bridges 1998, S. 7]. Der Charakter einer Organisation lässt sich objektiv bestimmen wie ein Persönlichkeitstypus. Der Charakterindex für Organisationen (CIO) ist ein mögliches Instrument. Der CIO ist keine Adaption des MBTI, geht aber ähnlich wie der MBTI von vier gegensätzlichen Neigungen aus [vgl. Bridges 1998, S. 7] (vgl. Kapitel 2.3.1).
3 Ein Vorgehensmodell zur Netzwerkgestaltung eines neuen Geschäftsmodells Jedes Wirtschaftszeitalter hat seine optimale Organisationsform – eine Struktur, die Wohlstand, dominante Technologien und sozialen Kontext unterstützt. Das Industriezeitalter war geprägt von Bürokratie, hierarchischen Organisationen und Produktion. In der „digitalen Economy“ basiert Wohlstand und Erzeugung zusätzlichen Kundennutzens auf Wissen und zwischenmenschlichen Beziehungen. Das Generieren von wissensbasierten Produkten und Dienstleistungen setzt vernetzte Intelligenz für Innovation und Problemlösung voraus. Dafür muß die Organisation flexibel sein, Entscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen treffen, in multifunktionalen Teams arbeiten und lebenslang lernen. Im Folgenden wird ein Vorgehensmodell zur Initiierung und Gestaltung einer solchen Herausforderungen gewachsenen Organisation, eines Netzwerkes, zur Umsetzung eines neuen Geschäftsmodells unter Berücksichtigung der Integration von Kompetenzen, Persönlichkeitstypen und Netzwerkgestaltung in Anlehnung an den „General Management Navigator“ (GMN) beschrieben [vgl. MüllerStewens/Lechner 1999]. In diesem Kapitel wird der GMN über die Unternehmensebene hinaus für die Gestaltung eines New Business Networks entwickelt und als „New Business Network Navigator (N3)“ bezeichnet. Der New Business Network Navigator (N3) integriert in Form von fünf, miteinander vernetzten, Arbeitsfeldern - Initiierung, Positionierung, Wertschöpfung, Dramaturgie und Performance Messung - die in Kapitel 2 beschriebenen Kompetenzen und Persönlichkeitstypen mit dem Prozess der Netzwerkgestaltung.
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3.1
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Arbeitsfeld Initiierung
3.1.1 Gestaltungskonzept für die Initiierung Das Arbeitsfeld „Initiierung“ oder „Wie entsteht eine gute Idee und auf welche Art und Weise ist die Gestaltungsarbeit vorzubereiten, zu organisieren und in Schwung zu bringen?“ Am Anfang steht die Idee. Ideen entstehen überwiegend in kooperativer sozialer Umwelt. Wechselseitige Kooperation, menschliche Begegnung und emotionaler und intellektueller Austausch stehen im Vordergrund. Dieser Austausch ist geprägt von Vertrauen in langfristige Gegenleistungen, anregende Diskussionen. Die menschlichen Netzwerke dienen als Inkubator für Innovationen, sind Cluster des Wissens, beschleunigen das Hervorbringen von Visionen und Ideen – Produktideen, Dienstleistungsideen oder auch neuen Geschäftsideen. „Ideen und Konzepte sind ein alter Hut und wohlbekannt. Wir sind Wissensriesen, aber Realisierungszwerge.“ Lufthansa AG, [Sattelberger, 1996] Damit sich Vision und Strategie formieren und umgesetzt werden können, gilt es, zunächst Rahmenbedingungen in den Dimensionen „Ort – Wo“, „Beteiligte – Wer?“, „Timing – Wann?“, „Mittel – Womit?“, „Vorgehen – Was?“ und „Zusammenarbeit – Wie?“ zu schaffen und Vorbereitungen zu treffen, die dafür förderlich sind [vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S.58]. Im Brennpunkt der Initiierung eines New Business Networks steht der Unternehmer, der Entrepreneur. Er ist von einer Vision, Erfindung und deren Marktakzeptanz und zusätzlichem Kundennutzen gänzlich überzeugt und besitzt die Fähigkeit zur effizienten Verwirklichung kreativer Ideen. Für die Realisierung der eigentlichen innovativen unternehmerischen Wertschöpfung ist neben Intuition eine spezifische Form der Handlungskompetenz erforderlich. Diese befähigt zur Implementierung bzw. Realisierung und Durchsetzung innovativer Ideen innerhalb von mehr oder weniger innovationsfreundlichen, sozialen Systemen [vgl. Bruch 1999, S. 199]. Die Handlungskompetenz lässt sich nur anhand mehrerer Dimensionen in einem dynamischen Zusammenwirken betrachten.
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P e rs on
Innov ativ e Idee
K o m p e ten z e n
Ty p
• E in fa ch , kom pliz iert, ko m p le x • P ro d u kt-, V e rfa h re n -, S o z ia lin n o va tion
K ontext K ultur/ G e se llsch a ft S tra te g ie
Lernprozeß
O rg a n isa tio n / M arkt
P ro zeß
Abbildung 6: Dimensionen der Handlungskompetenz [vgl. Bruch 1999, S. 206] Der Entrepreneur hat nach intensiver Analyse die Aufgabe, aus Relation seiner Person, seinen Kompetenzen und seines Typs, der Kontextgegebenheit und seiner innovativen Idee die Vorstellungen für den Prozess der Umsetzung herzuleiten. Die Vision treibt den Prozess. Der Entrepreneur begeistert durch seine visionäre Erfolgsgeschichte mögliche Partner und motiviert diese zum Mitmachen. In der Regel sind Idee, Vision und Umsetzungsprozeß noch nicht abschliessend operationalisiert, sondern diese werden erst im Verlauf der Umsetzung konkretisiert. Erster Schritt ist damit, ein Team für die Positionierungsarbeit zu bilden. Die Kunst des Entrepreneurs besteht darin, inspirierende Weite (kreative Komponente) und kanalisierende Kraft (Handlungskomponente) im Übergang zum Arbeitsfeld „Positionierung“ miteinander zu vereinen, wie dies die folgende Abbildung illustrieren soll. K re a tive K o m p o n e n te (e x p lo sive W irku n g ) vage ö ffn e n d w e it e n tfe rn te Z u ku n ft m e ta p h ysisch - g e istig re v o lu tion ä r B re ite
H a n d lu n g sko m p o n e n te (S o g w irku n g ) p räz ise ka n a lisie re n d so fo rtig e e rste S ch ritte w e ltlich - m a te rie ll ko n se rv a tiv T ie fe
Abbildung 7: Paradoxe Charakter von Visionen [vgl. Betz 1988]
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3.1.2 Schlüsselfähigkeiten des Erfinders Die „...Erfinder sind meist innenorientierte Personen mit analytischer Urteilsfähigkeit. Sie wirken logisch, analytisch und objektiv kritisch. Sie pflegen einen kleinen Freundeskreis und theoretisieren gern. Manchmal können Sie von einer Idee absorbiert sein, dass sie ihre Aussenwelt nicht richtig wahrnehmen. Sie wirken zurückgezogen und reserviert...“[Bents/Blank 1992, S. 54]. Der Erfinder benötigt hauptsächlich fachliche Kompetenzen und ist von seinen Verhaltensgrunddimensionen meist vom Typ INTP. 3.1.3 Schlüsselfähigkeiten des Entrepreneurs Hier steht die Frage im Mittelpunkt, welche Kernkompetenzen der Entrepreneur, der Unternehmer, benötigt. Etwas zu unternehmen impliziert, innovativ zu sein, feinfühlig auf Bedürfnisse und Gelegenheiten zu reagieren sowie mit Ausdauer und Durchhaltevermögen gesegnet zu sein. Unternehmer sind die Risikoträger, die Innovatoren, die Networker, die wie besessen gegen den Strom schwimmen und ihre Ideen gegen alle äusseren Widerstände durchsetzen. Charismatisch beseelte Akteure sind jedoch hart und weich in einem: Einerseits verkörpern sie „strategische Besessenheit“ [vgl. Prahalad /Hamel 1989, S. 63 ff.] andererseits können sie Situationen intuitiv erfassen und feinfühlig auf Emotionen (soziale Kompetenz) und Energien bei ihren Partnern reagieren. Als komplexer Mensch prägt der Unternehmer paradoxe Persönlichkeitsmerkmale aus und praktiziert verschiedene Modi des Realitätszuganges, je breiter das Spektrum der verwirklichten Begabungen, desto „vollständiger“ die Person. Es wird festgestellt, „dass sich erfolgreiche Manager informationell wie ... Adler verhalten können ..., sie sehen die Wirtschaft, die Gesellschaft und auch die internationale Szene global und damit auch mehr im Sinne einer Makro-Landschaft. Und sie sind gleichzeitig in der Lage, differenzierter zu sehen, d.h. sie können sich wie ein Adler herunterfallen lassen auf kleinste Details und zeigen dort extrem hohe intuitive kombinatorische Fähigkeiten. Trotzdem verlieren sie sich nicht in den Niederungen der Details. Im Gegenteil: Es kann sogar gesagt werden, dass sie die Glorifizierung der ansonsten hochgelobten Praxis geradezu meiden, obwohl sie auch dort kompetent und sachkundig sind. Sie handeln jedoch in der „Praxis über der Praxis“ [vgl. Gerken 1986, S. 225f.]. Der Entrepreneur fühlt sich in undurchsichtigen Situationen offensichtlich wohl: „Effiziente Manager erscheinen in Ambiguität/Offenheit zu schwelgen, in komplexen, mysteriösen Systemen mit relativ wenig Ordnung.“ [vgl. Sprüngli 1981, S. 228]. Die eminente Bedeutung eines beherzten intuitiven Sprungs über die Abgründe sich widersprechender Fakten wird herausgestellt: „Sicherlich musst du so viele relevante Fakten und Prognosen sammeln, wie es nur irgendwie geht. An einem bestimmten Punkt aber wirst du diesen beherzten Sprung wagen müssen. Zum einen, weil selbst die beste Entscheidung falsch ist, wenn sie zu spät kommt. Zum zweiten, weil es in den meisten Fällen so etwas wie Sicherheit gar nicht gibt.“ [vgl. Iacocca/Novak 1984, S. 54].
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Solche Unternehmer suchen das Paradoxe, die Zwiespältigkeit, den Weg zum Neuen und erhöhen künstlich die Problemkomplexität, sie werden zu Katalysatoren für kreative Weiterentwicklung in dem zweiten Arbeitsfeld „Positionierung“. Der Entrepreneur benötigt hauptsächlich fachliche und soziale Kompetenzen und ist von seinen Verhaltensgrunddimensionen meist vom Typ ENTX, er vereinigt „Herz, Verstand und Hand“ in einer Person.
3.2
Arbeitsfeld Positionierung
3.2.1 Gestaltungskonzept für die Positionierung Das Arbeitsfeld „Positionierung“ oder „Wie sollte sich das New Business Network gegenüber den Anspruchsgruppen seiner Umwelt positionieren?“ Bei der Positionierung geht es um die aktive Gestaltung der Beziehungen zu den jeweiligen Anspruchsgruppen der Umwelt (Stakeholder), seien es Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Management, Kapitalgeber, Kooperationspartner, Wettbewerber, Substitutionsanbieter oder staatliche Stellen. Die Strategien beziehen sich dann auf die Ausgestaltung des Handlungsspielraumes zwischen den Stakeholdern und dem New Business Network. Hier empfiehlt sich, in der Analysephase für die zu erwartenden Einflusskräfte des Wunsch-Netzwerkes und der Umwelt einige Szenarien zu entwickeln und zu analysieren, bevor Vision, Mission, Leitbild, Ziele und Erfolgsfaktoren festgelegt werden. Das McKinsey-7S-Modell sieht sieben voneinander abhängige Variablen für die intelligente Behandlung von Organisationsproblemen [vgl. Peters/Waterman 1982]: die Struktur (Structure), die Strategie (Strategy), die Menschen (Staff), der Führungsstil (Style), die Systeme und Verfahren (Systems), die Leitmotive und das Wertesystem (d.h. die Netzwerkkultur) (Shared Values) sowie die vorhandenen bzw. angestrebten Spezialkenntnisse (Skills) des New Business Networks. Alle „S“ müssen zur Erreichung der Netzwerkziele beachtet und aufeinander abgestimmt sein („fit“). Es kann dabei zwischen drei harten „S“ (Hardware der Organisation: Struktur, Strategie, Systeme) und drei weichen „S“ (Software der Organisation: Menschen, Kultur, Fähigkeiten) unterschieden werden. Die Aufgabe kann nicht durch kosmetische Operationen oder Immitation erreicht werden, sondern nur durch organische Selbstentwicklung [Pascale/Athos 1981, S. 206]. Beim 7S-Modell wird der Organisationskultur erfolgsentscheidene Bedeutung zuerkannt. Darüber tritt der Mitarbeiter (Menschen, Fähigkeiten) verstärkt in der Blickpunkt.
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Externe Treiber: Marktwachstum und Veränderung der Umwelt Struktur
Systeme
Strategie
Vision Werte Kultur
Fähigkeiten
Menschen
Interne Treiber: Unternehmenswachstum und Veränderung der Anforderungen
Abbildung 8: McKinsey-7S-Modell [vgl. Peters/Waterman 1982] Veränderungen sind im Geschäftsumfeld von internen und externen Faktoren getrieben. Die genannten Kernelemente bleiben konstant, während ständiges Redesign und Prototyping bzw. Selbstorganisation des Netzwerkes stattfindet. Gemeinsame Vision, Werte und Strategie gewährleisten den Zusammenhalt der vitalen Einheiten. Vision und Werte des New Business Networks sind als stetige Kernelemente in einer Umgebung schneller Veränderungen und starken Wachstums wichtig für Stabilität und Halt des Netzwerkes. Sie dienen allen Beteiligten als Kompass für ihre Geschäftsentscheidungen. Werte garantieren Konsistenz und eine voraussehbare Ethik für Entscheidungen von Einzelpersonen oder Teams bzw. der Gesamtausrichtung des Netzwerkes. Eine gute Vision zeigt ein detailliertes Bild des zukünftigen Netzwerkes sowie Aussagen zu Geschäftsstrategie, Ziel, Performance, Kunden- und Lieferantenbeziehungen, Netzwerkkultur und sogar das „Look and Feel“ der Arbeitsumgebung auf. Die Arbeit an der Positionierung ist daher von grosser Bedeutung. 3.2.2 Schlüsselfähigkeiten des Positionierungsteams Der Entrepreneur führt die Aufgaben der Positionierung sinnvollerweise nicht alleine durch. Er benötigt Geschäftspartner, mit denen er zusammen Vision, Mission, Strategie und Werte ausarbeitet. Diese Partner sollten Leute sein, die sich für die Gestaltung des New Business Networks auf Anhieb begeistern können, über nötige Kompetenzen verfügen, von Persönlichkeitstyp und Wertesystem zum Team passen und bereit sind, bestehende Verpflichtungen in anderen Unternehmen aufzugeben. Persönliche Beziehungen zu einflussreichen Persönlichkeiten
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in dem entsprechenden Marktumfeld, Arbeitserfahrung mit diesen sowie gute Menschenkenntnis sind für die Aufgaben des Entrepreneurs an dieser Stelle unabdingbar. Der Erfolg einer Partner-Akquisition, d.h. einer schnellen Zusammenarbeit, hängt häufig von der bereits bestehenden persönlichen, geschäftlichen oder privaten Beziehung zwischen den Personen ab. Freundschaft jedoch alleine motiviert nicht. Die nachfolgende Abbildung zeigt die vier Ausprägungen einer Kooperationsmotivation:
MakroMotivation (generelle Motivation)
Egoistische Motivation
Nicht-egoistische Motivation
Wunsch nach Bestätigung oder sozialer Anerkennung
Moralische oder ethische Disposition
Angst, eine Chance zu verpassen
Knowledge Worker
Angst vor Sanktionen
MikroMotivation (spezielle Motivation)
Kooperation ist unter bestimmten Bedingungen individuell vorteilhaft
Freundschaftliche Beziehungen zu einer bestimmten Person
Abbildung 9: Vier Ausprägungen der persönlichen Kooperationsmotivation [vgl. Kaiser 1998, S. 138] Keine der vier möglichen Ausprägungen reicht alleine für ein kooperatives Verhalten aus [vgl. Williams 1988, S. 11]. Die vielversprechendste Kombination ist eine Mischung aus egoistischer Mikro- und nicht-egoistischer Makro-Motivation. Es stellt sich die Frage, wie die nicht-egoistische Makro-Motivation gefördert und legitimiert werden kann, angesichts permanenter Äusserungen egoistischer Mikromotivation. Die Entscheidung für oder gegen eine Kooperation wird im Zusammenspiel mehrerer Parameter mal mehr, mal weniger transparent für die Beteiligten entschieden. Bei Human Networking wird von einem sich selbst verstärkenden Prozess gesprochen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. So kann z.B. durch intensive und offene Kommunikation Vertrauen gebildet und die Kooperationsbereit-
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schaft erhöht werden. Für ein erfolgreiches Human Networking ist es wichtig, eine möglichst grosse interne Kohäsion zu gewährleisten ohne die Offenheit gegenüber Dritten zu vernachlässigen [vgl. Kaiser 1998, S. 169].
Beziehungskultur
Bezieheungsstruktur
Beziehungsparameter
Werte und Einstellungen
Beziehungsinhalte
Ziele, Bedürfnisse und Erwartungen
Interpersonale Interpersonale Determinanten Determ inanten
Fähigkeiten
Aufgabenspezifischer externer Kontext
Intrapersonale Intrapersonale Determinanten Determinanten
Erfahrungen
Netzwerk Globaler externer spezifischer externer Kontext Kontext
Unternehmensinterne Unternehmensinterne Determinanten Determ inanten
Strategie Kultur Systeme Struktur
Unternehmensexterne Unternehmensexterne Determinanten Determinanten
Aufgaben
Organisationaler Organisationaler RealisierungsRealisierungsbedarf bedarf
Individueller Individueller RealisierungsRealisierungsbedarf bedarf
Organisationales Organisationales RealisierungsRealisierungspotential potential
Individuelles Individuelles RealisierungsRealisierungspotential potential
Abbildung 10: Zusammenhänge zwischen Determinanten und Realisierungsparametern von Human Networking [vgl. Kaiser 1998, S. 170] Trotz bereits gemeinsamer Geschäftserfahrungen haben gemeinsame Visionen und Werte die höchste Bedeutung. Ohne Herz, Verstand und Hand sollte der Entrepreneur eine Beteiligung Dritter an dem Netzwerk nicht zulassen, denn individuelle Beweggründe sind ein steter Störfaktor in dem Netzwerk. Möglich ist, dass ein bereits gewonnener Partner einen weiteren Kandidaten akquiriert oder der Entrepreneur das einzige Bindeglied zwischen den Partnern darstellt. Der Entrepreneur ist Leader des Teams. Das Positionierungsteam benötigt hauptsächlich strategische und fachliche Kompetenzen und muß alle Verhaltensgrunddimensionen in dem Team abdecken.
3.3
Arbeitsfeld Wertschöpfung
3.3.1 Gestaltungskonzept für die Wertschöpfung Das Arbeitsfeld „Wertschöpfung“ oder „Wie soll die Wertschöpfung gegenüber den Anspruchsgruppen erbracht werden?“ Nachdem Strategien zur externen Position des New Business Networks erarbeitet wurden, stellt sich im Arbeitsfeld Wertschöpfung die Frage der Verbindung und Umsetzung dieser zu einem operativen Plan zur strategischen Bearbeitung des Innenverhältnis [vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S.287]. Die folgende Liste
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gibt einen ersten Eindruck von Menge und Vielfalt der Fragen, die in diesem Arbeitsfeld bearbeitet werden müssen: • Welchen Mehrwert biete ich meinen Kunden? • Wie soll dieser Mehrwert erbracht werden? • Wie erreiche ich Innovation? • Welche Wertschöpfungskette ist erforderlich? • Soll die Wertschöpfungskette daran ausgerichtet zu werden, die Kostenführerschaft zu übernehmen oder wie soll der Wertschöpfungsfokus erreicht werden? • Wie soll das Netzwerk seine Aktivitäten organisieren? • Welche Leistung soll selbst erbracht werden, welche eingekauft werden? • Welche Partner (Einzelpersonen, Teams, Unternehmen) passen bzgl. ihrer Kernkompetenzen und ihrer Kultur in das New Business Network? • Wo kauft man was am besten ein? • Wo und wie produziert man bzw. wo lässt man was produzieren? • Welche Vertriebskanäle setzt man ein? • Woher bekommt man das nötige Kapital? • Wie beschafft man die nötigen Ressourcen? • Woher bekommt man qualifizierte und netzwerkfähige Mitarbeiter? • Welche IT-Infrastruktur setzt man ein? • Sollen die Ressourcen vielerorts und vielfältig oder eher fokussiert und spezialisiert einsetzbar sein? Wie bei diesen Fragen sichtbar wird, sind Positionierung und Wertschöpfung eng miteinander verzahnt und immer wieder iterativ aufeinander abzustimmen. 3.3.2 Schlüsselfähigkeiten des Wertschöpfungsteams Das Wertschöpfungsteam unterscheidet sich gegenüber dem Positionierungsteams in seinen erforderlichen Kompetenzen und damit auch in seiner Zusammensetzung. Zur Beschleunigung des Prozesses können mehrere interaktiv agierende Teams aufgebaut werden, die jeweils von einem Teammitglied des Positionierungsteams geführt werden und ihren Fokus auf die Festlegung von Teilen der Wertschöpfungskette mit Blick für das Ganze legen. Die Wertschöpfungsteams haben die Aufgabe, zusammen mit dem Entrepreneur gemäss der Vorgaben aus dem Positionierungsteam die strategischen Teams und Unternehmen für das New Business Network zu akquirieren und anschliessend mit den neuen Partnern – Management und Prozessspezialisten – die Wertschöpfungsprozesse zu gestalten. Erste Lernergebnisse aus dem ersten Akquisitionsprozess können hier bereits angewendet werden. Anhand der fünf Punkte - Kultur, System, Struktur, Personalpolitik und Prozesse - können erste Ansätze bzgl. der Fähigkeit einer Organisation zum Human Networking geprüft werden. Welche Informationen sind explizit, welche implizit, wie ist das Verhalten der einzelnen Mitarbeiter – der Unternehmensstrategie und Vision folgend oder opportunitisch. Ist die Kultur der Organisation kundenzentriert, prozeßorientiert, auf Kooperation ausgelegt, mit schnellen Entscheidungsprozessen oder doch eher introvertiert, funktionsorientiert und ängstlich?
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Der Test „Charakterindex für Organisationen“ [vgl. Bridges 1998; siehe Anhang C] bietet eine Möglichkeit das ausgewählte Unternehmen anhand des Fragenkatalogs, z.B. während des Prozesses der Kontaktaufnahme mit einem Entscheidungsträger und mehreren beliebig ausgewählten Mitarbeitern, zu prüfen. Es sollte auf jeden Fall nicht nur nach strategischen Gesichtspunkten sondern auch aus systemischen und sozialen Aspekten die Wahl der Partnerunternehmen getroffen werden. Kulturelle Ansatzpunkte • Gerüchte, Symbole,Stories, Fehlerfreiräume, Human Network, Vertrauen
Systematische Ansatzpunkte • IT, Portal • Intranet • Knowledge Management
Strukturelle Ansatzpunkte • MultilayerOrganisation
Personalpolitische Ansatzpunkte • Intellectual Capital, Knowledge Worker • Mitunternehmertum
Prozessuale Ansatzpunkte • Schnelle Entscheidungsfindung • Crossfunktionale Zusammenarbeit • Innovationsprozeß • Informeller Informationsaustausch
Abbildung 11: Magisches Fünfeck der Unternehmensförderung von Human Networking [vgl. Kaiser 1998, S. 236] Das Wertschöpfungsteam benötigt hauptsächlich fachliche und methodische Kompetenzen und sollte alle Verhaltensgrunddimensionen in dem Team abdecken.
3.4
Arbeitsfeld Dramaturgie
3.4.1 Gestaltungskonzept für die Dramaturgie Das Arbeitsfeld „Dramaturgie“ oder „Wie sind die einzelnen Gestaltungsmassnahmen zu einem stimmigen New Business Network zu „orchestrieren“? Bei der Wertschöpfungsarbeit werden eine Vielzahl von Strategien erarbeitet, die das Innenverhältnis des New Business Networks betreffen und primär sachlogischer Natur sind. Die Gestaltung des Netzwerks hat, neben der Sachlogik, die humane Dimension als weitere Dimension. Zentrale Fragestellungen sind: „Timing – Wann?“, „Akzente – Was?“, „Akteure – Wer? und „Räume – „Wo?“ [vgl.
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Iris Hauter-Heinke, Markus Zenker
Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 418]. Die Kunst in dem Arbeitsfeld der Umsetzung, der Dramaturgie, liegt darin, die Mitarbeiter und Teams der strategischen Partnerunternehmen zu gewinnen und ein „Human Network“ zu initiieren und zu orchestrieren. 3.4.2 Schlüsselfähigkeiten des Dramaturgieteams An dieser Stelle ist eine weitere Ebene und damit mehrere Mitarbeiter des in dem Wertschöpfungsteam durch eine Person vertretenen Teams oder Unternehmens einzubeziehen. In diesem Fall können unterschiedliche Probleme auftreten [vgl. Moss-Kanter 1994]: • Menschen in anderen Positionen teilen vielleicht nicht das Hochgefühl, das über der Attraktivität der Kooperation und Zusammenarbeit und der Nähe zu den Partnern bei den Topmanagern herrscht. • Mitarbeiter auf unteren Ebenen sind womöglich weniger visionär und kosmopolitisch als die Topmanager eingestellt, auch weniger erfahren im Zusammenarbeiten mit Menschen aus anderen Unternehmen bzw. Kulturen, ihnen könnte der strategische Zusammenhang, der die Beziehung sinnvoll macht, unklar sein, so dass sie nur jene Aspekte erkennen, in denen die Kooperation überflüssig ist. • Da für viele Mitarbeiter die Zusammenarbeit mit den Partnern meist nur einen Teil ihrer Arbeitszeit betrifft und sie andere Hauptaufgaben und Ziele haben, vernachlässigen sie manche ihrer Pflichten im Zusammenhang mit der neuen Kooperation. • Leute, die ein oder zwei Ebenen unterhalb der Spitze agieren, können sich unter Umständen der Allianz aus egoistischen Gründen – ihre Vergütung hängt z.B. von den Anteilsrechten an dem Unternehmen als Ganzem ab – widersetzen und sie sogar aktiv hintertreiben. In den oben geschilderten Problemfällen haben Entrepreneur und Partner des betroffenen Unternehmens gemeinsam die Aufgabe, die neuen Teammitglieder (mit vertieft fachlichen und methodischen Kompetenzen) durch Vision und Ziele zu motivieren, den Nutzen des Netzwerkes für sie darzustellen sowie sie in das Wertschöpfungsteam zu integrieren. Hierzu müssen die Vorgesetzen die individuellen Motivationsfaktoren ihrer Mitarbeiter für eine Zusammenarbeit kennen und anwenden. Das bereits bestehende Wertschöpfungsteam muss bereit sein, für eine schnelle Aufnahme und Integration weiterer Personen. Es stellt sich nun die Frage, wie die Teams und Teilunternehmen sich zu einem neuen System des New Business Network integrieren und welche Prozesse an dieser Stelle initiiert werden müssen, um Intuition und Extraversion zu verstärken. Aktive Zusammenarbeit findet statt, sobald die Partner Verfahrensweisen – Strukturen, Prozesse und Fertigkeiten – entwickeln, um netzwerk- und personenbedingte Unterschiede zu überbrücken und aus der Beziehung faktisch Nutzen zu ziehen. Vielfältige Bande auf vielen Ebenen sorgen dann für Kommunikation und Koordination. Folgende fünf Ebenen [vgl. Moss-Kanter 1994] der Integration müssen auf dem Weg zu einem System durchlaufen werden:
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1. Strategische Integration: Die Unternehmensführer und der Entrepreneur halten zusammen mit dem Positionierungsteam ständig Kontakt, um die weiteren Schritte der Veränderung zu besprechen. Je mehr sie miteinander austauschen, desto mehr Veränderung erfahren sie. Desto mehr Chancen bekommen sie, ihr Umfeld zu gestalten, desto mehr Informationen fliessen ihnen zu, desto mehr können sie lernen. 2. Taktische Integration: Hier kommen Mittelmanagement und Fachleute aus dem Wertschöpfungsteam zusammen, um spezifische Projekte oder gemeinsame Aktivitäten zu planen, um prozessuale Veränderungen zu treffen und anzutreiben, über die die Netzwerkbeteiligten besser verknüpft werden, und Wissen transferieren können. 3. Operative Integration: Methoden, gemeinsame Sprache und einheitliche Standards helfen die Arbeit unter hohem Zeitdruck zu bewältigen und rechtzeitig Zugang zu benötigten Informationen, Ressourcen und Mitarbeitern zu bekommen. 4. Zwischenmenschliche Integration: Sie schafft eine notwendige Grundlage für künftige Wertschöpfung. Wenn eine Partnerschaft über die ersten Projekte hinaus reift, wird das Netz persönlicher Bindungen zwischen den Netzwerkmitgliedern immer fester und dichter. Es gibt wirklich kein besseres Verfahren, mit Problemen fertig zu werden, als das Nutzen persönlicher Beziehungen. 5. Kulturelle Integration: Die kulturelle Integration erfordert kommunikative Talente und Kulturverständnis, sowie Offenheit für Neues und die Bereitschaft zum Wandel zu einem neuen System. Es gilt, Flexibilität zu entwickeln und die Dinge laufen zu lassen. Netzwerke mit intensiver Kommunikation zwischen allen Netzwerkmitgliedern haben produktivere Beziehungen. Teamwork und Ideenaustausch geben den Ausschlag, um das erhoffte Mass an Schnelligkeit, Innovation und Qualität zu erreichen. Es kann durchaus möglich sein, dass sich in den oben beschriebenen Prozessen zeigt, dass das Unternehmen nicht fähig ist, sich in dem Netzwerk zu integrieren oder nicht zu dem New Business Network passt. Der potentielle Wert der Beziehung muss abgewogen werden gegen den Wert aller anderen Aktivitäten des Unternehmens und des Netzwerkes, die ebenfalls seine Ressourcen beanspruchen, eingeschlossen Zeit und Energie des Managements, selbst wenn Kooperationen sehr wertvoll sind. Eine Organisation kann an Ansprüchen nur so viel verkraften, bis Konflikte und die investiven Erfordernisse (Managementzeit, partnerbezogenes Lernen, Kapitaleinsatz, etc.) die wahrnehmbaren Vorteile überwiegen [vgl. Gomes-Casseres 1996, S. 62ff.]. Das Dramaturgieteam benötigt hauptsächlich methodische und soziale Kompetenzen und sollte alle Verhaltensgrunddimensionen in dem Team abdecken.
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3.5
Iris Hauter-Heinke, Markus Zenker
Arbeitsfeld Running Business / Performance
3.5.1 Gestaltungskonzept für das Running Business Arbeitsfeld „Performance“ oder „Wie kann man die Qualität der Gestaltungsarbeit beobachten und die Vitalität des Netzwerkes messen?“ Die erste Performance Messung ergibt sich nach der Gestaltung des New Business Networks: Erreicht das Netzwerk die gesetzten Ziele? Für ein Misslingen oder eine schlechte Business Performance können die Probleme in unterschiedlichen Dimensionen liegen: Visions-, Strategie- und Prozessqualität oder der Auswahl der Partner und Partnerunternehmen. Während sich bei der Visions- und Strategiequalität die Frage nach Idee und strategischer Positionierung stellt, beschreibt die Prozessqualität die relevanten Aspekte der Gestaltungsarbeit in den einzelnen Phasen Initiierung, Positionierung, Wertschöpfung und Dramaturgie. Für die Gestaltung des New Business Networks ist es sinnvoll, Performance im Sinne einer gesamtheitlichen Bewertung nach den in der Positionierungsphase festgelegten kritischen Erfolgsfaktoren zu messen. Dies kann z.B. mit Hilfe des EFQM-Modells, des Balanced-Scorecard-Modell bzw. des Scandia-Modells durchgeführt werden. In dieser Arbeit gehen die Autoren jedoch nicht weiter auf die unterschiedlichen Performance Messungs-Modelle und deren spezieller Ausprägung für ein New Business Network ein. 3.5.2 Schlüsselfähigkeiten des Running Business Das Running Business des New Business Networks hat in ersten Ansätzen bereits bestehende Systeme, Personen, Teams und Organisationen zu einem neuen System integriert. Dies ist nur möglich, wenn die zu integrierenden Systeme einerseits die Fähigkeit besitzen, sich in einen umfassenden Lernprozess relevanten Umwelten, dem New Business Network, zu öffnen und sich mit diesem hinsichtlich einer Netzwerkvision und –strategie abzustimmen. Andererseits dürfen diese zu integrierenden Systeme nicht ihre Systemidentität und die Fähigkeit zu organisiertem und systematisiertem organisationalem Lernen, dem Wissensmanagement der Organisation [vgl. Wilke 1999] verlieren. Für alle Partner des New Business Network ist es wichtig, die Balance zwischen Offenheit und Geschlossenheit zu finden und sich selbst davor zu bewahren, von einer sich schnell verändernden Umwelt überrollt zu werden. Erst in einem reflexiv und reflektiert gehandhabten Wissen, verkörpert in den Regelsystemen, Geschäftsprozessen, operationalen Prozeduren und im impliziten Wissen der Mitglieder einer Organisation, eines Teams oder einer Einzelperson, kommt es zu einem souveränen Umgang mit der Identität der jeweiligen Partner und damit zu einer Integration in ein New Business Network [vgl. Wilke 1999]. An dieser Stelle stellt sich die Frage nach der Vitalität des gestalteten Netzwerkes. Diese Frage ist in der Forschung noch unbeantwortet. Hierzu scheinen zwei Thesen denkbar [vgl. Scholz 1997]:
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1. Auf der einen Seite scheint der temporäre Verzicht auf den Zustand der Vitalität zulässig. Danach „leben“ die New Business Teileinheiten in einem Verbund, der ihre Lebensfähigkeit sichert. Sie können sich aber aus diesem Verbund lösen und einen anderen Verbund eingehen. Während dieser Phase sind sie dann kurzfristig nicht lebensfähig. 2. Auf der anderen Seite kann argumentiert werden, dass auch virtuelle Einheiten, Teile des New Business Networks, immer und zu jedem Zeitpunkt selbst lebensfähig sein müssen. Es setzen sich also vitale Komponenten zu neuartigen vitalen Komponenten zusammen. Für das New Business Network bedeuten diese Thesen, dass die Frage offen bleibt, ob ein Zustand der Stabilisierung zwangsläufig durchlaufen wird und damit zeitweise andere Fähigkeiten des Netzwerkes nötig sind, oder ob diese Phase übersprungen werden kann und das New Business Network gleich wieder in einen Prozess der Veränderung übergeht. Durch Netzwerkorganisation, interne Systementwicklung (Introversion) und Festlegung operativer Standards zur Gestaltung klarer und transparenter Grundsätze und Abläufe (Sinneswahrnehmung) beginnt die stabile Phase des Netzwerkes. Der Wandel zur Institution ist vollzogen. Typische Muster organisationellen Handelns haben sich herausgebildet, und man begegnet neuen radikalen Ideen mit verhaltener Skepsis (Analyse). Mit einem Mal ist es wichtiger, wie man Dinge tut, und nicht, was man tut. Dazugehören ist wichtig, nicht mehr Produktivität und Effektivität. Es geht darum das Unvorhersehbare zu neutralisieren und Konformität zu gewährleisten. Die Organisation in der Stabilisierungsphase benötigt hauptsächlich fachliche und methodische Kompetenzen und ist von seinen Verhaltensgrunddimensionen meist vom Typ INTP. Um diese Stabilisierungsphase zu verlassen, ist Wandel nötig. Das New Business Network muss sich wieder dem Markt öffnen (Extraversion), Chancen wittern (Intuition) und die Verbindung der eigenen Partner und Mitarbeiter zu ihren Kunden stärken (Fühlen). Die Organisation in der Change-Phase benötigt alle Kompetenzen und ist von seinen Verhaltensgrunddimensionen meist vom Typ ENFX.
3.6
Der gesamtheitliche Ansatz des „New Business Network Navigator“
Die folgende Graphik beschreibt den gesamtheitlichen Prozess des New Business Network Navigators und stellt zu jedem Arbeitsfeld Gestaltungskonzept, Schlüsselkompetenzen und beteiligte Teams und Personen dar:
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Iris Hauter-Heinke, Markus Zenker
Positionierung
Wertschöpfung
Entrepreneur = Team Leader strategische Kompetenz soziale Kompetenz ENTX-Charakter
E P
I S J F
N T
Mitglied Pos.Team + CEO/Fachmann = Team Leader strategische Kompetenz soziale Kompetenz E ENTX-Charakter
P
Positionierungsteam strategische Kompetenz fachliche Kompetenz
Initiierung
I S J F
N T
Wertschöpfungsteam fachliche Kompetenz methodische Kompetenz
Entrepreneur strategische Kompetenz soziale Kompetenz ENTX-Charakter
Dramaturgie
Entrepreneur + CEO = Team Leader
Erfinder fachliche Kompetenz INTP-Charakter
Change Treiber
ENFX-Charakter
Normen Vision
New Business Network Management Kontextgestaltung für Strategie- u. innovationsorientierte Problemlösung Kooperative Selbstorganisation effiziente Umsetzung
strategische Kompetenz soziale Kompetenz ENTX-Charakter
E P
I S J F
N T
Dramaturgieteam methodische Kompetenz soziale Kompetenz
Stabilisierung Treiber
ISTX-Charakter
Running Business Abbildung 12: New Business Network Navigator N3 Der Entrepreneur beeinflusst direkt aufgrund seiner Fähigkeiten, der Geschäftsidee und seines Kontextes die Strategie des New Business Network. Er ist die risikobezogene, innovativ ausgerichtete und kompetitiv handelnde Persönlichkeit mit starkem Führungsbewusstsein. Die Partner übernehmen im Prozessverlauf die Rolle des Mitunternehmers. Sie setzen innovativ um, und handeln selbständig. Im Wertschöpfungsteam finden sich die Subunternehmer, die ebenfalls innovativ gestaltend und selbstverantwortlich aktiv sind. Im letzten Schritt der Dramaturgie werden die unternehmerisch orientierten Mitarbeiter der Partnerunternehmen in das New Business Network integriert. Die Idee der Selbstreferentialität, die Wirkungen des Denkens auf das Denken, des Sprechens auf das Sprechen, des Kommunizierens auf das Kommunizieren, ändert die Regeln des Spiels um Ordnung fundamental. Prozesse, die in selbstverstärkender oder katalysierender oder strukturierender Rückkopplung auf sich selbst einwirken und somit innerhalb eines begrenzten Raumes Operationszyklen entstehen, können eine, entgegen dem physikalischen Gesetz der Entropie, zufällige, unwahrscheinliche Organisation von Partialsystemen zu einem Ganzen stabilisieren und im Laufe der Evolution die Komplexität des Systems sogar steigern [vgl. Willke 1999, S. 315]. Flexible und sich selbst organisierende Netzwerke haben fraktale Eigenschaften [vgl. Wheatley 1992]. Die Werte und Geschäftspraktiken spiegeln sich in gleichem Muster in dem Verhalten und in der Arbeit eines jeden Mitarbeiters wider. Die formende Kraft für das Verhalten in fraktalen Netzwerken besteht, wie auch in natürlichen Systemen, aus einer Kombination einfach ausgedrückter Verhaltensregeln und der Freiheit des einzelnen, sich auf nichtdeterministische Weise zu behaupten. Solche Netzwerke lernen, natürlichen Organisationsphänomenen zu vertrauen. Durch gewisse Leitprinzipien, bestimmte Wertvorstellungen und Sinn
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kann das Verhalten des einzelnen so beeinflusst werden, dass jeder Mitarbeiter, jedes Mitglied zu einem guten Vertreter des Ganzen wird. Ein solches Netzwerk erwartet ähnliche Verhaltensweisen in jedem seiner Teilbereiche, da die ihnen zugrunde liegenden Prinzipien schon ganz zu Anfang in der Positionierungsphase festgelegt worden waren. Die Aufgabe der Führung ist es, den Mitarbeitern diese Werte und Grundsätze deutlich zu machen, es dann aber jedem einzelnen zu überlassen, in dem System seinen eigenen Weg zu finden, auch wenn das manchmal auf chaotische und vollkommen willkürliche Weise geschieht. Die Bewegung des Systems befindet sich jedoch aufgrund der Fähigkeit des Selbstbezuges im Einklang. Statt unterschiedlicher Entwicklung, bleibt sich jedes Teil des Systems trotz Veränderung aber wegen der Berücksichtigung der anderen Systemteile treu. Es gibt eine grundsätzliche Verbindung zwischen Aktivität des einzelnen und dem Ganzen.
4 Fazit Die für das Wissenszeitalter ausschlaggebende Quelle des Reichtums umfaßt nicht nur kumuliertes Wissen, sondern auch unsere menschliche Fähigkeit, Ideen, Eindrücke, Vermutungen, Intuitionen und Einsichten zu ordnen, neue Muster zu erkennen und mit alten Mustern in Beziehung zu setzen. Die Menschen müssen sich selbst erkennen – ihre Visionen, ihr Wissen, ihre Gedanken und Gefühle und mit anderen auf neue und kreative Weise in Kontakt treten. Dabei geht es nicht um Machtbefugnisse, sondern darum, sich gegenseitig zu ermächtigen und für Handlungen zu befähigen. Dazu bedarf es eines integrativen Umfeldes, in das Mitarbeiter, Teams und Unternehmen ihre besten Fähigkeiten einbringen. Vor diesem Hintergrund stellt der vorliegende Beitrag ein Vorgehensmodell für die Gestaltung eines New Business Network bereit, den New Business Network Navigator N3. Der New Business Network Navigator beschreibt einen rekursiven Prozeß zur Formung multipler, sich eigenständig an Aufgaben orientierender, netzwerkintern und netzwerkextern rekrutierter Teams. Der Erfolg des New Business Network hängt von der Geschäftsidee, den darin arbeitenden Menschen, Teams und Unternehmen, sowie des bestehenden Kontextes ab. Daher bietet der General Management Navigator [vgl. Müller-Stewens/Lechner 1999] im Sinne eines ganzheitlichen und integrierten Strategie- und Wandelprozesses auch die grundlegende Basis für den Gestaltungsprozeß eines New Business Network. Welche Schlüsselfähigkeiten werden bei der Gestaltung eines New Business Networks benötigt? Es können drei notwendige Schlüsselkompetenzen unterschieden werden, die Netzwerkfähigkeit, die Handlungskompetenz und die Gestaltungskompetenz. Die Gestaltungskompetenz wird definiert als eine Begabung und Motivation zu innovativ-gestalterischer Aktivität. Diese Innovationsfähigkeit und –bereitschaft zeigt sich in einer Idee für z.B. ein New Business Network oder auch kleine, aber dafür kontinuierliche Verbesserungen im eigenen Arbeitsbereich [vgl. Wunderer 2000, S. 114].
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Die aktionale Handlungskompetenz definiert sich durch die Fähigkeit und Bereitschaft zur effizienten Verwirklichung oder Implementierung innovativer Problemlösungen [vgl. Wunderer 2000, S. 115]. Mitunternehmerische Schlüsselfähigkeit definiert sich als Netzwerkfähigkeit. Sie beschreibt die Kooperations- und Integrationsfähigkeit und –motivation, die zur selbstorganisierten und zugleich kooperativen Verwirklichung von innovativen Ideen im Team oder über Organisationsgrenzen hinweg dient. Die Netzwerkfähigkeit basiert auf den beschriebenen Schlüsselkompetenzen von Personen und Teams. Netzwerkfähigkeit kann als eine – auch situativ – geglückte Verbindung von Selbstständigkeit und Kooperation definiert werden [vgl. Preiser 1978].
Netzwerkfähigkeit Fähigkeit zur Verwirklichung übergeordneter Visionen/Ziele u. menschenwürdigen Gemeinschaftslebens im Netzwerk
Fähigkeit zu hilfsbereitem und solidarischen Handeln „mache es anderen recht“
Verantwortungsbewußtsein
+
Fähigkeit zu autonomem Handeln „sei stark“
Paradoxie
Fähigkeit zur Konfliktlösung
Durchsetzungsfähigkeit
Einfühlungsvermögen
Organisationsfähigkeit
Fähigkeit zur Zusammenarbeit
Kontaktfähigkeit
Kreativität
Konflikttoleranz
Flexibilität
Kognitive Komplexitätsbewältigung „komplexe Probleme durch Leitidee strukturieren“ Soziale Sensibilität: Analysefähigkeit „Verstehen“
Kritikfähigkeit
Kommunikationsfähigkeit „Verständigung“
Wahrnehmungsfähigkeit
Sensibilität
Aktivität
Lernfähigkeit
Sprachliche und nonverbale Ausdrucksfähigkeit
Selbsteinschätzungsfähigkeit
Selbstkontrolle
Selbstvertrauen - Selbstreflektion - Akzeptanz des „Anderen“ - Lebensbejahung - Identität
ICH Abbildung 13: Netzwerkfähigkeit – kooperative Selbstorganisation [vgl. Wunderer 2000, S. 116] Netzwerkfähig handeln heißt, mit sich selbst und anderen konstruktiv, eigenbestimmt und kooperativ umgehen zu können und zu wollen [vgl. Wunderer 2000, S. 117]. Gerade in arbeitsteiligen, sozial stabilen und damit auf langfristige und enge Kooperation angelegten Netzwerken ist die Fähigkeit und Bereitschaft zur übergreifenden Zusammenarbeit eine Grundvoraussetzung für eine effiziente Umsetzung netzwerkstrategisch wesentlicher Innovationen. Welche Führungskonzepte werden bei der Gestaltung eines New Business Networks benötigt? Mitunternehmerisches Führungs- oder Steuerungskonzept definiert sich als Netzwerkgestaltung. Dieser Prozeß integriert die systemische und strukturelle Gestaltung eines New Business Network. Die systemische Gestaltung betrachtet vier Dimensionen: mitunternehmerische, selbst-organisierende Kultur, Vision und Strategie, Netzwerkkompetenzen und Personalstruktur. Die strukturelle Ausgestaltung berücksichtigt Aspekte aus vier Ebenen - Netzwerk/Gesellschaft, Organisation, Team und Person.
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Die Systeme Kultur und Persönlichkeit durchdringen sich gegenseitig. Die Entstehung und Aufrechterhaltung des einen ist ohne die Existenz des anderen kaum möglich. Für die Entwicklung von Netzwerkkulturen sind in diesem Zusammenhang die Mechanismen der Selektion und Sozialisation von Bedeutung. Gängige Theorien gehen davon aus, • daß Persönlichkeitseigensschaften die Berufs- und Unternehmens- und Netzwerkwahl beeinflussen [vgl. Holland 1985], • daß Unternehmen/Netzwerke bestimmte Persönlichkeitsmerkmale oder –typen bevorzugen [vgl. Adkins et al. 1994], • daß sich bestimmte Persönlichkeitsmerkmale im Laufe einer „gelungenen“ Enkulturation dem Unternehmen/Netzwerk anpassen [vgl. Merkens/Schmidt 1988] • daß Mitarbeiter, die aufgrund von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen nicht ins Unternehmen/Netzwerk passen, mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit aus eigener oder fremder Initiative wechseln [vgl. Chatman 1991]. So ist es wahrscheinlich, daß bestimmte Persönlichkeitsmerkmale in einigen Unternehmen/Netzwerken häufiger vorkommen als in anderen bzw., daß unternehmens- bzw. netzwerktypische Persönlichkeitsmerkmale existieren, die unmittelbare unternehmes- bzw. netzwerkkulturelle Relevanz besitzen [vgl. Marre 1997]. Die Personalstruktur bildet daher einen wichtigen Bestandteil der strukturellen Führung. Insbesondere bei wenig, schwer oder nur langfristig veränderbaren Fähigkeiten, wie etwa der Netzwerkfähigkeit, muß bei der Gewinnung und Auswahl von Personen, Teams oder Unternehmen besonders auf das bereits vorhandene Potential geachtet werden. Weiterhin sollen sich in Arbeitsteams die Fähigkeiten der Mitglieder möglichst optimal ergänzen. Das gilt sowohl für verschiedene Kompetenzen – fachliche, strategische, methodische und soziale Kompetenz – als auch für Facetten einzelner Typenausprägung (eine hochgradig einfühlsame Person kann mit einer überzeugungsstarken Person ein ideales Team bilden). Damit werden bei gegenseitiger Akzeptanz und Transparenz unterschiedlicher Fähigkeiten wechselseitige Lerneffekte unterstützt. Ebenso können und müssen Mitarbeiter mit weniger Netzwerkfähigkeit Routinetätigkeiten übernehmen und sinnvoll in Gruppenarbeiten eingebunden werden [vgl. Wunderer 2000, S. 127]. Das Vorgehensmodell des New Business Network Navigator basiert auf der Annahme, daß zur Gestaltung des Netzwerkes nur netzwerkfähige Personen, Teams und Organisationen integriert werden dürfen. Es bleibt die Frage, ob diese Systeme alleine durch Unterstützung der MBTI-Fragebögen für Einzelpersonen und Organisationen, identifiziert werden können bzw. deren Potential abgeschätzt werden kann. Die Annahme, dass zu Beginn des Wissenszeitalters Personen, Teams und Organisationen noch Verhalten aus vorherigen historischen Epochen aufweisen, muss bei der Selektion von hochqualifizierten, netzwerkfähigen Personen, Teams und Organisationen beachtet werden. Systeme, die sich schneller weiterentwickeln als ihr bisheriges ganzes Systems werden aktiv oder passiv aus dem System ausscheiden. Die Vorgehensweise des New Business Network Navigator bietet diesen Teilsystemen Möglichkeit und Kontext, ein neues System aus ähnlich reflektierenden und wahrnehmenden Teilsystemen aufzubauen und weiterzuentwickeln. Das bedeutet, dass der Markt auf der einen Seite ein Cluster von Wissensnetzwerken aufbaut, auf der anderen Seite scheinen die Konzepte und Prinzi-
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pien von Arbeitsteilung, Eigeninteresse, Besitzstanddenken und steilen Hierarchien das Denken und Handeln zu durchwuchern, ohne Aussicht auf Änderung des Systems von innen. Die Autopoiesis sozialer Systeme stellt für jede gezielte Gestaltung folgendes Dilemma: Das System kann sich nur selbst verändern, aber es verändert sich nicht von selbst, nicht im gewünschten Ausmaß und in die angestrebte Richtung. Intervention in autopoietische Systeme bedeutet geeignete Störungen zu finden, die im System erwünschte strukturelle Veränderungen hervorrufen, ohne seine Identität zu vernichten. Es muss Kommunikationsbeiträge geben, die nach den vorherrschenden Interpretationtendenzen verarbeitet werden können, und eben diese Interpretationstendenzen ändern sollen. Solche Art der strukturellen Kopplungsoperationen muss das Sich-Selbst-Verstehen des intervenierten Systems fördern. Der systemisch-konstruktivistische Zugang zu dieser Problematik hat den Vorteil, daß er nach [Rüegg-Stürm 1999] eine klare Trennung von Systementwicklung und Kontextgestaltung, d.h. geeigneter Störungen erlaubt. Systemfunktionen eines Netzwerkes lassen sich nicht auf kontextgestaltende Aufgaben einzelner Führungskräfte reduzieren und umgekehrt. Kontextgestaltende, von außen das System beeinflussende Aufgaben müssen in ihrem kohärenten Zusammenwirken dazu beitragen, daß Systemfunktionen erfolgreich erfüllt werden können [vgl. Scholz 1997]. Kern und Ziel jeder Beeinflussung von Netzwerken sollten die das System konstituierenden Kommunikationsmuster, Kommunikationsregeln und Semantiken sein. Es gilt anzumerken, daß Menschen als Bewußtseinssysteme durch eine strukturelle Koppelung an stattfindenden Kommunikationsprozessen beteiligt sind. Die Regeln der Kommunikation spezifizieren sich durch Selbstreferenz und deren Folgen selbst und schaffen so ein sich selbst konditionierendes Netzwerk möglicher Kommunikationsstrukturen bzw. Interpretationstendenzen, die als Strukturen von autopoeitischen Systemen fungieren können. Wenn weder Personen, noch Teams, noch die Organisation bzw. Unternehmen als Trivialmaschinen begriffen werden können und deshalb einfache Formen der Beeinflussung fehlschlagen müssen, dann erscheint es angebracht bezüglich der Innovation innerhalb von Systemen mit einer Revision der Strategien des Beobachtens bzw. Erkennens zu beginnen. Die Selbstreferentialität und operative Geschlossenheit von Organisationen realisieren eine Eigenlogik, welche von außen nur schemenhaft zu erkennen ist, und sich deshalb direkter Manipulation entzieht [vgl. Heinke/Duvoisin 2000]. Die Kontextgestaltung hat einzig die Aufgabe, das System indirekt zur Selbstrefentialität und damit zum organisationalen Lernen von außen zu enablen.
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K O N T E XT G E S T A L T U N G
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Rekonstruktion / Sollen
Virtuelle Virtuelle Organisation Organisation Moderation
Strukturelle Strukturelle Organisation Organisation
Integration
Strategische Strategische Organisation Organisation , on exi efl n R ne ät, vit Ler d exi Kulturelle efl n un Kulturelle R , e Organisation z k Organisation ren Den e f s e ale str elb tion e S isa sal rgan a B o Menschliche Menschliche Organisation Intellektuelle Organisation Intellektuelle Organisation Organisation
Mobilisierung / Wollen
Bereitstellung von Informationsund KommunikationsTechnologie
Nutzung von Expertenwissen
Source : Hauter-Heinke
Legitimierung / Dürfen
Ermöglichung / Können
Abbildung 14: Kontextgestaltung und Systementwicklung Mit „Rekonstruktion, Legitimierung, Ermöglichung und Mobilisierung“ handelt es sich um vier Aufgabenfelder, die permanent im Auge behalten und durch die geschickte Erfüllung der Aufgaben „Nutzung von Expertenwissen, Bereitstellung von Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, Moderation und Integration“ unterstützt und gefördert werden müssen [vgl. Rüegg-Stürm 1999)]. Wenn die Konzepte des systemischen Konstruktivismus und die Prinzipien des Wissenszeitalters Verständnis finden, stellen sich folgende Fragen [Savage 1997, S. 232]: • „Ist es natürlicher, als Vorgesetzter und Untergebener zu arbeiten oder aber sich als Kollege und Kollegen zu verstehen?“ • „Ist es natürlicher, sich in einem Kästchen zu verstecken oder aber als Wissensressource innerhalb eines Netzwerkes zugänglich zu sein?“ • „Ist es natürlicher, Anweisungen zu befolgen, die wir nicht überblicken können, oder aber unsere Arbeit als Dialog zu begreifen und uns ermutigt zu sehen, unsere Vorstellungsvermögen und unser Wissen aktiv einzubringen?“ • „Ist es natürlicher, ständig auf den zeitgemäßen Ablauf unserer Aktivitäten fixiert zu sein oder aber Zugang zum Verständnis der Netzwerkvision und des kollektiven Wissens zu haben?“ • „Ist es natürlicher, mit der Inflexibilität automatischer Prozesse zu kämpfen oder aber am Entdeckungsprozess eines sich eigenständig an Aufgaben orientierenden Teams teilzuhaben?“
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Iris Hauter-Heinke, Markus Zenker
I think this is a wonderful time to be alive. There have never been so many opportunities to do things that were possible before. It’s also the best time ever to start new companies, advance science (...). It’s important (...) that society as a whole, rather than just technologists can guide (the) direction. Bill Gates, [Gates 1995, S. 276]
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New Business Network Navigator
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Iris Hauter-Heinke, Markus Zenker
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Dritter Teil
Kulturelle Veränderungsprozesse im Informationszeitalter
Individuelle Netzwerke – Ihr Nutzen für die Unternehmung Daniela Mäder, Lukas Weibel
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Einleitung....................................................................................................516 Thematische Motivation .............................................................................517 Der Umgang mit Wissen, Können und Erfahrung im betriebswirtschaftlichen Umfeld .................................................................518 Begrifflichkeit um Wissen ..........................................................................522 4.1 Die Wissensschaffung ........................................................................523 4.2 Implizites Wissen ...............................................................................523 4.3 Intellektuelles Kapital.........................................................................525 Sozialkapital – Beziehungsfähigkeit des Menschen ...................................527 5.1 Soziale Beziehungen ..........................................................................527 5.2 Individuelle Netzwerke als Konkretisierung von Sozialkapital..........528 5.3 Die Bedeutung von Vertrauen in sozialen Beziehungen ....................529 5.4 „Sozialkapital der Unternehmung“.....................................................530 Netzwerke: Typologie und Modell .............................................................531 6.1 Funktionsweise der Netzwerke...........................................................531 6.2 Die Typologie der Netzwerke.............................................................533 6.3 Initialisierte Netzwerke ......................................................................534 6.4 Nicht initialisierte Netzwerke.............................................................535 Das Modell: Der Netzwerk-Navigator ........................................................537 7.1 Der Netzwerk-Navigator ....................................................................537 7.2 Nutzen der Netzwerke für die Unternehmung....................................539 Anforderungen an das Unternehmen und sein Management ......................541 8.1 Kulturmanagement für individuelle Netzwerke .................................541 8.2 Massnahmen zur Förderung der Netzwerkbildung.............................543 8.3 Risiken und Gefahren der Netzwerke.................................................544 Fazit ............................................................................................................545 Literatur ......................................................................................................548
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Daniela Mäder, Lukas Weibel
1 Einleitung Mit dem vorliegenden Buchbeitrag, der auf einer im Rahmen des Studienlehrganges „Executive MBA in Business Engineering“ der Universität St. Gallen verfassten Diplomarbeit beruht, wollen die beiden Autoren dem Menschen und seinen sozialen Beziehungen im Business Engineering ihre volle Aufmerksamkeit zukommen lassen. Denn letztlich stehen hinter allen ökonomischen Aktivitäten stets handelnde Menschen. In der Technikeuphorie der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts sowie als Folge der zunehmenden Komplexität der ökonomischen Zusammenhänge ging der Faktor Mensch verloren. Der Ansatz fokussiert dabei besonders auf soziale Faktoren; insbesondere werden die persönlichen, auf Vertrauen und Emotionen beruhenden Beziehungen zwischen einzelnen Akteuren analysiert und beschrieben. Solche Netzwerke bestehen innerhalb und zwischen Unternehmungen. Anders als die bekannten Organisationsstrukturen gehen sie von den Akteuren, also den Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten eines Unternehmens, aus und sind nicht Teil der Unternehmung selbst. Der Beitrag konzentriert sich auf die informellen Gruppen und Cliquen. Es interessieren weder die interorganisationalen Netzwerke, die Beziehungen zwischen Unternehmen also, welche durch Kooperationen von Unternehmungen entscheidende Wettbewerbsvorteile sehen, noch die intraorganisationalen Netzwerke, wie Teams, Projektgruppen oder offizielle Zirkel und Praxisgemeinschaften. Die Autoren interessieren ausschliesslich die individuellen Netzwerke der einzelnen Akteure in und zwischen Unternehmungen. Ihnen wird sowohl ein besonderes Leistungspotenzial als auch ein entscheidender Einfluss auf unternehmerische Aktivitäten zugeschrieben. Dass derartige Verbindungen auch in und zwischen Unternehmungen bestehen, ist hinlänglich bekannt. In allen Unternehmen können mehr oder weniger offen agierende, persönliche Netzwerke des Managements und deren Einfluss auf Machtstrukturen und Entscheidungsprozesse des Unternehmens ausfindig gemacht und beschrieben werden. Wieweit derartige Beziehungen innerhalb der Mitarbeiterschaft einen Einfluss auf Entscheidungsprozesse oder gar einen gesamtunternehmerischen Nutzen aufweisen, ist bis anhin aber noch zu wenig untersucht worden. Das Erkenntnisinteresse gilt daher dieser Frage. Anhand der Muster der Beziehungsverflechtungen wollen die Autoren darstellen, welchen Nutzen diese individuellen Personennetzwerke für eine Unternehmung haben können, und was jede Unternehmung dazu beitragen kann, um sie nicht nur zu fördern, sondern auch was sie tun kann, um sie auf den Unternehmenserfolg zu fokussieren. Dieser Beitrag hat damit einen praktischen Bezug und versucht, dazu zu bewegen, von einem zwar viel versprechenden, aber letztlich leider doch wenig haltenden und kaum umsetzbaren, Technologie zentrierten Wissensmanagement abzurücken. In erster Linie geht es den Autoren aber darum, Interessierte und Betroffene für das Thema individuelle Netzwerke zu sensibilisieren und zu begeistern.
Individuelle Netzwerke
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2 Thematische Motivation Wissen, Erfahrung und Können der Gesamtheit der Mitarbeiterschaft bilden die tragenden Säulen des wirtschaftlichen Erfolges jedes Unternehmens in der Wissensgesellschaft. Damit kommt der Ressource Wissen eine zentrale Bedeutung im wirtschaftlichen Geschehen zu. Es müsste daher eigentlich erstaunen, dass diese Ressource nur sehr unsystematisch und ungenügend erfasst wird. Wird noch ein gewisser Wert auf das mechanistische Managen von Wissen gelegt, so werden die psychologischen und soziologischen Dimensionen des „Produktionsfaktors Wissen“ weitgehend ausgeklammert und vernachlässigt. Am ehesten finden sie in der Ecke der „weichen“ Faktoren, wo auch die Unternehmenskultur ihr Dasein fristet, eine Heimat. Doch, wie wird mit Wissen gearbeitet? Das Arbeiten mit Wissen hat etwas mit sozialen Beziehungen zu tun hat. Das führt zur entscheidenden Frage: Wer steht denn tatsächlich mit wem in einer Unternehmung in frei gewählter Beziehung? – Organigramme und Prozesslandkarten werden die oftmals verschlungenen Pfade des individuellen Informations-, Wissens- und Erfahrungsaustausches mit Sicherheit nicht wiedergeben können. Alle die in diesem Aufsatz besprochenen sozialen Beziehungen beruhen nicht auf Hierarchien oder Organigrammen, sondern auf Emotionen und Vertrauen. Damit wurde ein zentraler Begriff eingeführt, nämlich Vertrauen. So wie im privaten Umfeld auch suchen sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eines Unternehmens ihre Vertrauten in ihrer Arbeitsumgebung selber aus. Dieses mehr oder weniger eng geflochtene in seinen Aussengrenzen unscharfe, individuelle Netzwerk von Kontakten verfügt über eine ausserordentliche Anpassungsfähigkeit, denn es entwickelt sich mit den Bedürfnissen eines Individuum mit. Gewissermassen zeichnet es die soziale Geschichte eines jeden Menschen auf. Fokussiert wird dabei nicht auf weit entfernte unternehmerische Relevanzen, sondern auf die ganz persönlichen Bedürfnisse und Emotionen des nahen, sozialen Beziehungsnetzes, wie neue sozialwissenschaftliche Forschungen zeigen [vgl. Cohen/Prusak 2001; von Krogh/Ichijo/Nonaka 2000]. Gerade wertvolles, implizites Wissen wird beinahe ausschliesslich innerhalb dieser persönlichen Netzwerke weitergegeben. Innerhalb der Hierarchie oder der Prozessorganisation wird die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung vollbracht, während im individuellen Netzwerk die Innovationsleistungen geschehen. Der Austausch von implizitem Wissen gründet dabei auf individuellen Kontakten und nicht etwa auf aufoktroyierten Strukturen oder auch Systemen wie es im technologie-gläubigen Wissensmanagement der Fall ist. Obwohl die Betriebswirtschaft immer wieder den rationalen Aufbau einer Organisation betont, deren strategische, prozessuale und technologische Ausrichtung, wie sie auch in der Business Engineering Landkarte [vgl. Baumöl/Österle/Winter 2000, S. 12] dargestellt werden, spielen persönliche Beziehungen eine ausserordentlich wichtige Rolle: „The space between people, process and technology“ macht eben den kleinen Unterschied, wie Larry Prusak in einem Interview im Mai 2001 pointiert sagte [De Cagna 2001, S. 40]. Doch erfährt diese irrationale, soziale
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Seite des Menschen bisweilen geringe Aufmerksamkeit. Das manipulativsteuernde Element der betriebswirtschaftlichen Denkweise ist dazu wenig empfänglich. Zwischenpersonelle Beziehungen mit ihrem emotionalen und damit per definitionem unberechenbaren, irrationalen Charakter haben im naturwissenschaftlich geprägten, ökonomischen Denken keinen Platz, ja sie gefährden durch ihre Irrationalität und Unberechenbarkeit gar jede sinnvolle Modellbildung [vgl. Brodbeck 1998]. Die Bildung von Annahmen unter Ausgrenzung irrationalen, interpersonellen Verhaltens ist daher bis zu einem gewissen Grade durchaus legitim, nur darf dabei nicht vergessen werden, dass damit auch wesentliche Aspekte des sozio-ökonomischen Handelns mit ausgegrenzt werden, was die Ergebnisse der Modellbildung mit Sicherheit verfälschen wird. Der Mensch handelt nicht unter Modell- oder Laborbedingungen, auch der homo oeconomicus nicht. Zielsetzung des vorliegenden Beitrages soll in erster Linie die Veranschaulichung der Bedeutung von individuellen Personennetzwerken für die Sache einer modernen, für die zukünftigen Herausforderungen der Wissensgesellschaft gewappneten Unternehmung sein. Der Umgang mit dem Wissen, Können und Erfahrung des Einzelnen bildet den Mittelpunkt der Betrachtung. Weiter soll ein Strukturierungsansatz und ein mögliches Strukturierungsinstrument, nämlich der Netzwerk Navigator, näher erläutert werden. Nicht zuletzt soll damit aber auch das Verständnis für die äusserst komplexen Zusammenhänge zwischen psychologischen, soziologischen und ökonomischen Faktoren im Austausch von Wissen, Erfahrung und Können erhöht werden.
3 Der Umgang mit Wissen, Können und Erfahrung im betriebswirtschaftlichen Umfeld Der erfolgreiche Umgang mit Wissen, Können und Erfahrung wird in der sich zunehmend deutlicher abzeichnenden Wissens- und Informationsgesellschaft [vgl. Willke 1998, S. 20-24] immer wichtiger, gleichzeitig aber auch infolge der steigenden Komplexität der unternehmerischen Zusammenhänge schwieriger. Neben die beinahe schon traditionellen Herausforderungen im Umgang mit Wissen, wie der seit langem kaum mehr zu bewältigenden Menge an produzierter Information und daraus abgeleitetem Wissen, einer immer weiterführenden Spezialisierung und damit Ausdifferenzierung von Wissen sowie der immer kürzeren Halbwertszeit von persönlichem, aber insbesondere auch unternehmerischem Wissen und Können [vgl. Eppler/Sukowski 2001, S. 59-64], treten seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre zusätzlich neue Herausforderungen, welche durch die globale Vernetzung der Volkswirtschaften und besonders auch durch die Geschäftsmodelle der New Economy bedingt sind. Diverse Autoren der Gegenwart befassen sich implizit mit den zukünftigen Herausforderungen der sich bildenden Wissensgesellschaft und sehen grosse Veränderungen – „the third knowledge revolution“ [Ridderstråle/Nordström 2000, S. 20] – auf das vorherrschende kapitalistische Wirtschaftsystem zukommen, gerade weil die Wissensgesellschaft nach neuen Organisationsmodellen, welche den Men-
Individuelle Netzwerke
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schen in wissensintensiven Tätigkeiten eher gerecht werden, verlangen wird [vgl. Ridderstråle/Nordström 2000; Conner 1998; Gladwell 2000; Mandl et al. 2001]. Mindestens deren vier lassen sich im Umgang mit Wissen, Können und Erfahrung formulieren und bedürfen einer näheren Untersuchung und Erläuterung: 1. Die Zahl der Wissensarbeiter, welche alle am Wissensfluss teilhaben wollen, nimmt laufend zu. 2. Die zunehmenden ökonomischen Interdependenzen bei gleichzeitiger Desintegration erschweren dem handelnden und auf Wissensaustausch bedachten Individuum den Austausch. 3. Die Virtualisierung und Dezentralisierung hemmt und erschwert die Vertrauensbildung, welche aber Voraussetzung für einen effektiven Wissensaustausch ist. 4. Fluktuationen und Reorganisationen halten das Wissensgebilde in Unruhe, was den Wissensaustausch stark erschwert, da laufend neues Vertrauen aufgebaut und neue soziale Beziehungen geknüpft werden müssen. • Erstens nimmt die Zahl derjenigen Menschen, die in wissensintensiven Tätigkeitsfeldern beschäftigt sind, in den sich auf Dienstleistungen und Hochtechnologie ausgerichteten Volkswirtschaften stetig an Zahl zu. Die Arbeit mit Wissen zieht damit weltweit immer mehr Menschen in ihren Kreis. Damit vervielfacht sich der potenzielle Austausch zwischen den Akteuren, denn es stehen theoretisch immer mehr Austauschpartner zur Verfügung. Gleichzeitig nehmen aber auch Verflechtung und Komplexität zu. Demzufolge wird es für den einzelnen Teilnehmer immer schwieriger, einen möglichen Austauschpartner zu finden, sich in diesem Kontext zurechtzufinden, um darin für sich relevantes Wissen zu lokalisieren. So bedeutet die Zunahme an Konnektivität noch lange nicht, dass durch dieses Mehr an Teilnehmern am Wissensaustausch auch ein Mehr an Wissen, Erfahrung und Können ausgetauscht wird [vgl. Brown/Duguid 2000, S. 122ff, 149f.]. Die Interaktivität des weltweiten Wissensnetzwerkes und dessen Geschwindigkeit wird damit nämlich nicht zwingend ebenfalls erhöht. Das Gegenteil könnte sogar der Fall sein: Das System wird zu sehr belastet und bricht in der Folge zusammen. Der Austausch wird dadurch verhindert. Wie kann dieser Gefahr begegnet werden? Eine mögliche Lösung ersten Grades wäre, den Wissensaustausch zu ordnen und quantitativ zu verbessern, ganz im Sinne des Wissensmanagement. Eine Lösung zweiten Grades hingegen müsste versuchen, die Qualität des Wissensaustausches zu verbessern, die Akteure also zu befähigen, besser zu kommunizieren und damit schneller für sich relevante Beziehungen aufzubauen und diese in der Folge auch zu pflegen. • Zweitens geht der wachsenden Vernetzung gleichzeitig eine zunehmende Fragmentierung einher. Die zunehmenden Interdependenzen der hochtechnisierten und wissensintensiven Volkswirtschaften erschweren paradoxerweise einen effizienten Austausch von Wissen, da die Informations- und Kommunikationstechnologie die Dezentralität und damit das Individuelle und Partikuläre gegenüber der Gemeinschaft und Gesellschaft einseitig stärkt. Dies führt zu Disparitäten, zu Konflikt und allgemein zu einer Desintegration [vgl. Davidson/Rees-Mogg 1997; Hofmann 2000, S. 85].
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Weltumspannende Unternehmungen schaffen es zwar, effiziente Informations- und Kommunikationsnetzwerke aufzubauen, doch schaffen sie es oftmals nicht, den Wissensfluss ihrer Mitarbeiterschaft ebenso effizient und effektiv zu fördern und auszubauen. Drittens bringen es die Verbesserungen der Informations- und Kommunikationstechnologie mit sich, dass Wissensarbeit zunehmend dezentralisiert und virtualisiert werden kann. Als Folge der beträchtlichen Fortschritte in der Zuverlässigkeit und Übertragungsgeschwindigkeit von Informations- und Kommunikationssystemen können weltumspannende Gemeinschaften von Experten, sogenannte Communities of Practic [vgl. Wenger 1998; Wenger/Snyder 2000, S. 55-62] beinahe in real time miteinander kommunizieren und ihr Wissen austauschen. Der hohen Interaktivität und Konnektivität solcher Gemeinschaften stellt sich ein weiterer Faktor mit positiver Auswirkung zur Seite: die Mitglieder sprechen die gleiche wissenschaftliche Sprache. Sie benutzen folglich die gleiche Kodierung. Die weltweite Zusammenarbeit wird dadurch erheblich gefördert, effizienter und besonders auch schneller. Doch [Cohen/Prusak 2001] sehen ganz eindeutig auch klare Grenzen der Virtualisierung, welchen sie ein eigenes Kapitel, „The Challenge of Virtuality“, in ihrem Buch widmen [S. 155-181]. Neben durchaus positiven Aspekten dieses globalen Austausches lassen sich somit auch gravierende Nachteile erkennen. Denn gerade der Austausch von wertvollem implizitem Wissen, von im oder ausserhalb des Unternehmens gemachten Erfahrungen oder gar das Weitergeben von Können und persönlichen Fertigkeiten gründet wesentlich auf gegenseitigem Sich-Kennen, Sich-Schätzen, Sich-Mögen und vor allem Sich-Vertrauen. Dies ist in virtuellen Gemeinschaften nur bedingt möglich. Eine starke Vertrauensbasis kann in den wenigsten Fällen aufgebaut werden. Der Wissensaustausch in rein virtuellen Gemeinschaften findet damit zu einem grossen Teil nur im expliziten Wissensbereich statt und ist damit grundsätzlich anderer Qualität, als der in dieser Arbeit thematisierte. Dies zeigen Untersuchungen von theoretischen und praktischen WissensmanagementAnsätzen [vgl. von Krogh et al. 2000, S. 18-44]. Beinahe ohne Ausnahme basieren sie auf Modellen und Methoden, welche sich in erster Linie explizitem Wissen widmen [vgl. Probst/Raub/Romhardt 1999; Davenport/Probst 2000]. Die Dezentralisierung und Virtualisierung stösst damit an klare soziale und psychologische Grenzen. Fällt der persönliche Kontakt dauerhaft weg, so lässt sich kaum zwischenmenschliches Vertrauen aufbauen. Vertrauen ist aber wichtigste soziale Voraussetzung für einen offenen Wissensaustausch [vgl. Cohen/Prusak 2001; von Krogh 2000]. Als Folge mangelnden Vertrauens versiegt der Wissensfluss schnell. Auch hier nimmt die Interaktivität und Konnektivität ab. Damit werden die an sich vorhandenen Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur nicht mehr ausgenützt. Nicht ungenügende Kapazitäten oder gar das Fehlen von Informations- und Kommunikationssystemen hemmen den Wissensfluss, sondern die beteiligten Individuen selbst, welche am Austausch nicht mehr teilnehmen, ja sich diesem gar verweigern.
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Viertens halten Fluktuationen und Reorganisationen das Wissensgebilde in dauernder Unruhe, was den Wissensaustausch stark erschwert, da laufend neues Vertrauen aufgebaut und neue soziale Beziehungen geknüpft werden müssen. Dies ist für einen intensiven und erfolgreichen Wissensaustausch vielleicht die dramatischste Herausforderung. Sie lässt sich in zwei getrennt zu betrachtende Teilprobleme gliedern. Eine grosse Mehrheit der Arbeitnehmer versteht aufgrund der hohen Komplexität der globalen ökonomischen Zusammenhänge und der von politischen Interessen verfälschten Information das ökonomische Umfeld, in dem sich die eigene Unternehmung und Volkswirtschaft bewegt, nur ungenügend. Mangels Kommunikation versteht zudem ein grosser Teil der Belegschaft einer Unternehmung das betriebswirtschaftliche Agieren der eigenen Unternehmensspitze in diesem globalen ökonomischen Umfeld auch nicht. Dadurch werden das ökonomische Umfeld und das betriebswirtschaftliche Handeln des eigenen Arbeitgebers undurchsichtig und unberechenbar. Hinzu kommen paradoxe Situationen, wie Entlassungen von Mitarbeitern bei hohen Unternehmensgewinnen sowie Managerlöhne oder abfindungen von bis anhin unvorstellbarem Ausmass, welche das letzte Quentchen Vertrauen der Arbeitnehmerschaft vollends zerstören. Als Folge sind diese nicht nur durch die komplexe ökonomische Situation verunsichert und in ihrer Existenz bedroht, sondern sie fühlen sich auch immer weniger mit ihren jeweiligen Unternehmungen, deren Handeln und Tun sie als unberechenbar und skrupellos empfinden, emotional verbunden. Als Konsequenz steigt auf der einen Seite bei den gut ausgebildeten, sich neue und bessere Chancen erhoffenden High Potentials die Fluktuationsrate an, auf der anderen Seite bleiben immer mehr enttäuschte, unzufriedene Mitarbeiter in den Unternehmungen zurück. Bei den einen werden pekuniäre Anreize zum dominanten Auswahlkriterium bei der Arbeitsplatzwahl, bei den anderen herrscht Argwohn und Misstrauen vor und beide streben sie nach Eigennutz und Selbsterfüllung. „In einer sich ständig umstrukturierenden, routinelosen, kurzfristigen Ökonomie“ spürt der Mensch das Fehlen anhaltender persönlicher Beziehungen und zieht sich in eine „entwürdigende Oberflächlichkeit“ zurück [vgl. Sennett 1998, S. 131]. Eine derartige Situation ist für jede Form von Wissensaustausch fatal. Eine hohe, freiwillige oder durch Entlassungen erzwungene Fluktuationsrate führt zudem zu einer geringen Vernetzung der Mitarbeiterschaft unter sich.
Neben diesen vier neuen Herausforderungen können die drei zu Beginn dieses Kapitels erwähnten klassischen – Information Overload, zunehmende Spezialisierung und immer kürzere Halbwertszeit des Wissens – beinahe schon vernachlässigen. Sie werden daher in dieser Arbeit nurmehr in Kürze behandelt, da ihnen in Theorie und Praxis bis anhin bereits grosse Aufmerksamkeit und genügend Raum zugestanden worden ist. Es hat sich auch in letzter Zeit gezeigt, dass sie etwas aus dem Rampenlicht gerückt sind. Die Betriebswirtschaft hat unter Zuzug von weiteren Disziplinen in den 1990er Jahren sehr erfolgreich geeignete Methoden und Modelle sowie die dazu notwendigen informations- und kommunikationstechnischen Hilfsmittel entwickelt, um
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die oben erwähnten drei klassischen Herausforderungen in den Griff zu bekommen. Mit der Anwendung von Groupware- und Wissensmanagement-Werkzeugen kann der Information Overload recht erfolgreich eingedämmt, gefiltert und kanalisiert werden, während das massgeblich von Davenport, beziehungsweise in seiner wissenschaftlich-theoretischen Fundierung von [Probst/Raub/Romhardt 1997] sowie [Nonaka/Takeuchi 1995] geprägte Wissensmanagement der zunehmenden Spezialisierung und Ausdifferenzierung von Wissen ein klares Vorgehensmodell entgegenstellen kann. Der sich laufend verkürzenden Halbwertszeit des Wissens kann schliesslich auf organisationaler Ebene mit dem ebenfalls weitgehend etablierten Ansatz des Organisationalen Lernens [vgl. Senge 1990] oder auf individueller Ebene des lebenslangen Lernens erfolgreich begegnet werden. Unbestritten bleibt auch die Tatsache, dass Wissensmanagement ein Wertschöpfungsfaktor ist und Wettbewerbsvorteile bietet. Wissen steht somit immer im Dienste des Wettbewerbs. Wo auch immer es in einer Unternehmung Verwendung findet, es soll den Vorsprung am Markt sichern. Die Arbeitspsychologen Wehner und Dick vergleichen diese „offensive Nutzung informationstechnischer Werkzeuge“ des Wissensmanagement mit der Diskussion der Ingenieurwissenschaften um Innovationsstrategien der Vergangenheit, wie zum Beispiel CIM und CAD. Gleich dieser müsse auch die Position des Wissensmanagement ergänzt werden, um eine ganzheitliche Betrachtung zu erreichen. Es müsse erkannt und umgesetzt werden, dass Wissensmanagement ein sozialer Kooperationsprozess sei, der mit partizipativ entwickelten und dialogfähigen informatischen Werkzeugen unterstützt werde und bei dem auch – auf der Ebene betriebs- und volkswirtschaftlicher Bewertungen – Wertschöpfungs- und Wettbewerbsvorteile zu erkennen seien [vgl. Wehner/Dick 1999]. Dieser soziale Kooperationsprozess soll nachfolgend anhand der individuellen Netzwerkstrukturen der im Wissensumfeld beschäftigten Menschen untersucht werden.
4 Begrifflichkeit um Wissen „Wissen“ an sich war aber schon immer ein wichtiger Schlüssel des unternehmerischen Handelns, sei es als Wissen über Produkte und Fertigung, später als Wissen über Absatz- und Rohstoffmärkte, darauf als Wissen über Fähigkeiten der Mitarbeiter und endlich Wissen als Produkt einer sozialen Beziehung und damit eines sozialen Prozesses [vgl. Wehner/Dick 1999]. Dabei ist Wissensmanagement sehr eng mit Projektmanagement, Change Management und der Methoden- und Modellentwicklung im betriebswirtschaftlichen Umfeld verwandt.
Individuelle Netzwerke
4.1
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Die Wissensschaffung
Wissen ist in erster Linie individuelles Wissen eines einzelnen und somit nicht objektiv sondern stark von der Subjektivität des Wissensträgers abhängig. Durch direkte Mitteilung kann Wissen weitergegeben werden; dies ist aber nur durch Explizierung des impliziten, persönlichen Wissens möglich. Implizites Wissen kann nicht weitergegeben werden, da der „Empfänger“ sich nicht in den ursprünglichen Wissensträger oder „Sender“ hineindenken oder -fühlen kann. „Knowledge is justified true belief“, wie [von Krogh et al. 2000, S. 6] schreibt. Diese sehr individuelle Sicht auf Wissen geht davon aus, dass ein Individuum, aufgrund von Beobachtung der Umwelt feststellt, welche Glaubenssätze einer allgemeinen Gültigkeit oder Wahrheit entsprechen. Diese Beobachtungen werden dabei von persönlichen Erfahrungen, vom einzigartigen Blickwinkel des Beobachters sowie von persönlichen Überzeugungen, Wertvorstellungen und Sensibilitäten desselben geprägt. Bei der Bildung von neuem Wissen wird eine Situation sinnbildend mit diesen geprüften wahren Glaubenssätzen verglichen und verbunden. In diesem Sinne kann Wissen keine absolute Wahrheit sein, sondern ist stets eine vom Individuum geprägte Konstruktion der Realität. [Von Krogh et al. 2000] sagen weiter, dass Wissensbildung keine Anhäufung von Fakten sein kann, sondern ein eindeutig menschlicher Prozess ist, welcher nicht einfach reduziert oder repliziert werden kann. Eine wichtige Unterscheidung für die hier diskutierte Sichtweise auf die individuellen Netzwerke ist diejenige von explizitem und implizitem Wissen.
4.2
Implizites Wissen
Ein Erklärungsansatz zur Generierung von Wissen, auf den in der Literatur immer wieder Bezug genommen wird, wurde im Jahre 1995 von [Nonaka/Takeuchi 1995] erstmals veröffentlicht. Mit ihrem Modell der „Vier Formen der Wissensumwandlung“ wollen die Autoren den Zusammenhang der Wissensgenerierung auf der individuellen, der Gruppen- und der Organisationsebene erklären [vgl. Nonaka/Takeuchi 1995, S. 74]. Sie greifen zu diesem Zweck auf die Differenzierung von [Polanyi 1966, S. 135-146] zwischen „tacit“ und „explicit knowledge“ zurück, also implizitem oder „schweigendem“ und explizitem Wissen. Implizites Wissen ist folglich persönliches, kontextspezifisches, analoges Erfahrungswissen (vgl. Abbildung 1). Es wird entweder alleine oder durch eine Gruppe von Personen im Augenblick entwickelt. Es wird also „hier und jetzt“ geschaffen und besitzt damit eine „analoge“ Qualität [vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, S. 73]. Dies setzt eine gleichzeitige Verarbeitung komplexer Fragen durch alle Beteiligten voraus, was wiederum bedeutet, dass implizites Wissen nur in persönlichem Kontakt, also Angesicht zu Angesicht weitergegeben werden kann. Es kann nicht formalisiert und präzise kommuniziert werden, deshalb kann es auch nicht in elektronischen Speichermedien dokumentiert werden. Implizites Wissen kann zum einen eine technische Dimension als schwer beschreibbare Fertigkeiten (Know How, handwerkliches Geschick) und zum anderen eine kognitive Dimension als ein für
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Daniela Mäder, Lukas Weibel
selbstverständlich erachtetes, auf Erfahrung basierendes mentales Modell annehmen. Implizites Wissen ist gerade dadurch auch stark vom Subjekt geprägt. Explizites Wissen hingegen ist Verstandeswissen, es lässt sich in formaler Sprache ausdrücken, kommunizieren oder weitergeben. Explizites Wissen kann vergangene Ereignisse und Dinge von „da und damals“ beschreiben; es ist kontextunabhängig und besitzt eine „digitale“ Qualität [vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, S. 73]. Damit eignet sich explizites Wissen vorzüglich zur Niederschrift und kann dadurch in elektronischen Speichermedien dokumentiert werden. Weiter hat explizites Wissen einen objektiven Charakter. Die beiden Wissensformen existieren aber nicht voneinander getrennt, sondern sind komplementär zu begreifen. Wissen wird durch die Interaktion zwischen beiden Bereichen geschaffen und erweitert. Dieses dynamische, in Spiralen ablaufende Zusammenwirken bezeichnen die beiden Autoren Nonaka und Takeuchi in ihrem Modell als Wissensumwandlung, die ein sozialer Umwandlungsprozess zwischen Menschen darstellt. Dadurch erweitern sich implizites und explizites Wissen sowohl in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht [vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, S. 74]. Implizites Wissen (subjektiv) Erfahrungswissen (Körper) Technische Dimension: Know How, handwerkliche Fertigkeiten Kognitive Dimension: Mentale Modelle, Vorstellungen und Überzeugungen, Bilder und Visionen der Realität und Zukunft Gleichz eitiges Wissen (hier und jetzt) Gemeinsame Erarbeitung, gemeinsames Erleben, Brainstorming Analoges Wissen (Praxis) Nachahmung (on the job learning), handwerkliches Wissen durch Nachahmung, Beobachtung und Praxis weitergeben
Explizites Wissen (objektiv) Verstandeswissen (Geist) Wissensumwandlung durch geistige Leistungen, Kombination, Herleitungen Schulisches Wissen
Sequentielles Wissen (da und damals) Bücher, Dokumente dokumentierbar, ablegbar Digitales Wissen (Theorie) Aus der Praxis abgeleitetes Wissen, Verallgemeinerung, Naturwissenschaftliche Modelle
Abbildung 1: Implizites und explizites Wissen [Nonaka/Takeuchi 1997, S. 73] Die Wissensübertragung von implizit zu implizit, also ohne Inanspruchnahme von Externalisierung, wird dabei als Sozialisation bezeichnet. Sie spielt in Gruppenprozessen und folglich auch in Netzwerken eine grosse Rolle. Gemeinsame Normen, Werte und Erfahrungen sowie gegenseitige Akzeptanz bis hin zu Sympathie und Vertrauen unterstützen diesen zentralen Prozess der Wissensvermittlung. Auf Sozialisation beruht letztlich auch eine Unternehmenskultur, denn nur ein Bruchteil von Tradition und Kultur wird externalisiert in Wort und Schrift festgehalten und so weitergegeben. Als weiterer Prozess spielt Externalisierung in Netzwerken eine wichtige Rolle. Dabei wird implizites Wissen in explizites Wissen umgewandelt. Dies kann anhand von Metaphern, Analogien, aber auch Modellen sowie Methoden geschehen. Auch hier gilt, je besser sich die Austauschpartner kennen, je besser sie sich verstehen, desto erfolgreicher und konsequenter wird der Externalisierungsprozess
Individuelle Netzwerke
525
geführt werden. Das heisst, dass qualitativ und quantitativ mehr implizites Wissen hinübergebracht werden kann. Ein kollektiver Reflektionsprozess in Gruppen unterstützt die Externalisierung. Da keine weiteren Übertragungsarten existieren lässt sich folgern, dass implizites Wissen ist nur durch Sozialisation und Externalisierung übertragbar ist. Beides sind Prozesse, welche auf einer zwischenmenschlichen Beziehung beruhen. Es kann an dieser Stelle also festgehalten werden, dass implizites Wissen nur über zwischenmenschliche Beziehungen, nicht aber über strukturelle Massnahmen von einem Menschen zum anderen übertragen werden kann. Es widersetzt sich damit allen mechanistischen Bemühungen von Wissensmanagement. Es interessieren vor allem Sozialisation und Externalisierung, da diese beiden Umwandlungsprozesse von individuellen Personennetzwerken am vorteilhaftesten unterstützt werden. Indem die Netzwerkmitglieder über gemeinsame Erfahrungen verfügen, durch jene gleiche Normen und Werte verinnerlicht haben, sich allgemein gut kennen und vertrauen, wird der Austausch von implizitem Wissen effektiver und effizienter, denn ohne Worte versteht man sich und weiss, was der andere meint und wohin er hinaus will. Die Mitglieder sind einander freundschaftlich zugetan und stehen damit kaum in Konkurrenz zueinander; sollte dies doch einmal der Fall sein, existieren implizite Normen und Werte, wie der Konflikt einvernehmlich gelöst werden kann. Entscheidend ist dabei folglich die Qualität der sozialen Beziehung der am Austausch Beteiligten.
4.3
Intellektuelles Kapital
Anhand des Konzeptes von Intellektuellem Kapital [vgl. Stewart 1997; Sullivan 2000, S. 238-244] soll im Weiteren der Austausch von implizitem Wissen als Produkt des Zusammenspiels von sozialen Beziehungen der Mitarbeiter auf dem Hintergrund der Infrastruktur der Unternehmung dargestellt werden. Das Konzept eignet sich deshalb hervorragend, weil es dem handelnden Subjekt einen eigenen Raum zubilligt. Dabei fungiert als Motor, der alles antreibt und in Bewegung hält, die Fähigkeit des Menschen, soziale Beziehungen einzugehen und so Wissen als Austauschobjekt weiterzugeben. Intellektuelles Kapital ist definitionsgemäss die Summe des Wissens, der Erfahrung, der Fähigkeiten und der Kompetenzen aller Mitarbeitenden einer Unternehmung, welches dieser einen Wettbewerbsvorsprung verschaffen kann. Wissen, Fähigkeiten, Erfahrung und Kompetenzen der Mitarbeitenden sind schon immer fünfter Produktionsfaktor gewesen. Nur sind sie in der heute vorliegenden Deutlichkeit erst im ausgehenden 20. Jahrhundert wieder von der Betriebswirtschaft „entdeckt“ worden. Was die Zünfte und Innungen des Mittelalters zu bewahren und mehren suchten, war nichts anderes als das kollektive Wissen, die Erfahrung und das Können eines bestimmten Handwerks! Entscheidender noch als die Definition von Intellektuellem Kapital sind genauere Kenntnisse über dessen einzelne Elemente. In Theorie und Praxis scheint sich die Ansicht weitgehend durchgesetzt zu haben, dass Intellektuelles Kapital aus Human- und Strukturkapital einer Organisation besteht. [Cohen/Prusak 2001, S. 8-
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11] gehen in ihrem kürzlich erschienenen Buch „In Good Company“ mit Recht weiter und sehen auch Sozialkapital als zentrales Element. Sozialkapital bezeichnet die Fähigkeit der Mitarbeiterschaft einer Unternehmung zur Kooperation und koordinierten Handlungsweise, um persönliche oder von der Unternehmensstrategie vorgegebene Ziele zu erreichen. Sozialkapital umfasst gemeinsame soziale Werte und Normen, geteilte Ansichten über Vision, Mission und Strategie, gemeinsame Sprache (Taxonomien), und letztlich auch besonders die individuellen sozialen Beziehungsnetzwerke jedes Mitarbeiters innerhalb und ausserhalb der Unternehmung [vgl. Coleman 1991, S. 389-417; Cohen/Prusak 2001; Wellman/Berkowitz 1988]. Das Sozialkapital der Mitarbeiter verbindet somit die Mitarbeiterschaft innerhalb der Unternehmung miteinander, ist aber gleichzeitig auch für die Vernetzung mit der Aussenwelt verantwortlich, ja lässt die Unternehmung teilweise sogar von ganz persönlichen und privaten Kontakten profitieren. Zur Aussenwelt zählen aus der Perspektive der Unternehmung die sozialen Beziehungen der Mitarbeiter zu ihren Familien, Freunden und Bekannten, aber auch zu Kreisen, welche der Unternehmung in der einen oder anderen Weise verbunden sind, wie Kunden, Lieferanten, Konkurrenten oder staatliche Institutionen und Verbände. Im weitesten Sinne also das gesamte soziale Umfeld, in dem sich die Unternehmensangehörigen bewegen. Dazu wird teilweise, gerade auch für private Kontakte, das unternehmerische Strukturkapital benutzt. Strukturkapital ist aber nicht identisch mit Sozialkapital, da ersteres die Infrastruktur betont, zweiteres die interpersonelle und damit soziale Komponente meint. So kann statiert werden, dass Sozialkapital gepaart mit Vertrauen die Weitergabe von Humankapital in der Form von implizitem Wissen im individuellen Netzwerk zugunsten der Organisation oder Gesellschaft bewirkt. Diese Weitergabe muss als Prozess verstanden werden, der durch einen optimierten Einsatz von Strukturkapital durch die Unternehmung unterstützt und gefördert werden kann. Obwohl der Besitz von Sozialkapital als „Grundausstattung“ jedes Menschen bezeichnet werden kann, verhinderte das mechanistische Verständnis der Handlungsweise und des Seins des homo oeconomicus lange Zeit, diese urmenschlichen sozialen Fähigkeiten gewinnbringend zu nutzen [vgl. Brodbeck 1998; Sennett 1998, von Krogh et al. 2000; Cohen/Prusak 2001]. Mit der Idee der Praxisgemeinschaften und der institutionalisierten Netzwerke wird diese Fähigkeit aber seit kürzerer Zeit genutzt, wenn auch nur Ansatzweise in ihrem vollen Umfang und immer noch mit einem manipulativ-kontrollierenden Element. Im Folgenden soll noch ein Schritt weiter in diese Richtung vorgestossen und versucht werden, die ausserhalb der kontrollierenden Hand der Unternehmung stehenden, sozialen Beziehungen der Mitarbeiterschaft heranzuziehen und gewinnbringend einzusetzen. Als soziales Wesen ist der Mensch in der Lage, mit seinen Mitmenschen soziale Beziehungen einzugehen. Die daraus entstehenden Gruppen oder Cliquen von Individuen bestimmen in der heutigen Gesellschaft das Handeln. Die Gestalt dieser Gruppen kann jedoch sehr unterschiedlich sein. Je nach Art der persönlichen Ziele, welche die einzelnen Gruppenmitglieder verfolgen, und der Gruppenziele werden sie andere Eigenschaften aufweisen. Diese volatilen, sich laufend den äusseren Umständen und den Relevanzen ihrer Mitglieder anpassenden Gruppen glei-
Individuelle Netzwerke
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chen einem textilen Geflecht oder einem Netz, deshalb werden sie auch als Netzwerke bezeichnet. Ein zentraler Faktor im Gruppenzusammenhalt spielt die interpersonelle Kompetenz, welche sich im Sozialkapital manifestiert.
5 Sozialkapital – Beziehungsfähigkeit des Menschen 5.1
Soziale Beziehungen
Das vorliegende Kapitel befasst sich mit dem Konzept von Gemeinschaften im betriebswirtschaftlichen Kontext. Dazu müssen einige Erläuterungen zu dessen soziologischem Hintergrund vorgenommen werden. Die Soziologie sucht nach generellen Regeln des Geschehens und bildet damit Typen [vgl. Weber 1921, S. 130]. Es soll nun im Sinne des Soziologen Max Weber versucht werden, solche Typen zu definieren, um daraus ein theoretisches Gerüst für die Beurteilung von individuellen Netzwerken abzuleiten. Webers Ausführungen in vier Punkten zusammengefasst: 1. Es kann erst von sozialen Beziehungen gesprochen werden, wenn sie gegenseitiger Natur sind. 2. Soziale Beziehungen bleiben in ihrem Sinngehalt nicht gleich; sie können sich mit der Zeit verändern. 3. Damit soziales Handeln zukünftig berechenbar wird, hält man sich an Erwartungshaltungen fest; man erwartet folglich ein bestimmtes Handeln, weil man weiss, worauf eine bestimmte Person bei ihrem Handeln achtet. 4. Relevanzen können sich aber ändern und damit auch die Verhaltensmuster; hier hört die Berechenbarkeit auf. [Weber 1921, S. 47] definiert soziale Beziehungen als „ein seinem Sinngehalt nach aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer“. Von Bedeutung ist dabei besonders, dass eine Beziehung erst dann entsteht, wenn sie gegenseitig und aufeinander bezogen ist. Inhaltlich oder qualitativ wird damit aber noch keine Aussage vorgenommen: eine Beziehung kann demnach sowohl positiver – Freundschaft, Marktaustausch – als auch negativer Art – Feindschaft, Kampf – sein. Auch über die Dauer der Beziehung wird nichts gesagt, sie kann vorübergehenden oder dauerhaften Charakter aufweisen. Eine soziale Beziehung muss auch in ihrem Sinngehalt nicht stabil sein. Ihr Sinngehalt kann durchaus über die Zeit hinweg wechseln. Damit kann sie aus Solidarität in Interessenkollision umschlagen, je nach dem welche Relevanz die an der Beziehung beteiligten Personen für sinngebend halten. Weiter hält Weber fest, dass der Sinngehalt, welcher eine soziale Beziehung langfristig konstituiere, in „Maximen“ formulierbar sein könne, deren durchschnittliche oder sinnhaft annähernde Innehaltung die Beteiligten von dem oder den Partnern erwarteten und an denen sie ihrerseits (durchschnittlich und annähernd) ihr Handeln orientierten. Dies ist umso mehr der Fall, je rationaler –
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zweck- oder wertrationaler – orientiert das betreffende Handeln seinem allgemeinen Charakter nach sei [vgl. Weber 1921, S. 47]. Dies bedeutet, dass Individuen sich in ihren sozialen Beziehungen an gewisse Erwartungen halten können, wie der jeweilige Beziehungspartner in bestimmten Situationen reagieren wird, da sein Zweck- und Wertegerüst bekannt ist. Gerade in geschäftlichen Verhältnissen dürfte die Bereitschaft des Partners gross sein, sich an diese „Maximen“ zu halten. Je emotionaler aber eine Beziehung ist, desto weniger gilt dies in den Augen von Weber. Dies ermöglicht auch, gewisse Dinge für die Zukunft zu vereinbaren. Künftiges Verhalten wird so an Versprechungen gebunden, was dieses bis zu einem gewissen Grade abwägbar macht. Jeder an solchen Versprechungen Beteiligte zählt dann, soweit er rational erwägt, darauf, dass der andere sein Handeln an einem von ihm (dem Handelnden) selbst verstandenen Sinn der Vereinbarung orientieren werde. Zweckrational orientiert er dieses Verhalten mehr oder minder sinnhaft an der „Loyalität“, wertrational an der „Pflicht“ [vgl. Weber 1921, S. 50].
5.2
Individuelle Netzwerke als Konkretisierung von Sozialkapital
Sozialkapital ist ein generischer Begriff und gibt keine Konkretisierung vor. Die Konkretisierung im vorliegenden Falle ist die Beachtung der vorgeschlagenen Netzwerk-Organisation und zwar nicht irgendeine Form von Netzwerken, sondern ganz besonders die individuellen Netzwerke der Mitarbeiterschaft einer Unternehmung. Sozialkapital äussert sich, wie an anderer Stelle bereits erläutert, als interpersonelle Kompetenz, welche wiederum die Menschen befähigt, in Gruppen zu existieren. Dies bedeutet letztlich aber auch, dass das Schaffen von Strukturen, um endlich Gemeinschaften, Sippen, Cliquen, oder im unternehmerischen Umfeld Gruppen, Teams, Organisationen, Kooperationen und Gesellschaften zu bilden, auch dazu gehört. Sozialkapital kann in drei Dimensionen gegliedert werden. Eine kurze Betrachtung dieser ist für die Untersuchung von individuellen Netzwerken ebenfalls von Nöten, wenn auch nicht detailliert darauf eingegangen werden soll [vgl. Prusak/Lesser 1999]. Diese drei Dimensionen sind also: eine strukturelle Dimension, welche erlaubt, Beziehungen aufzunehmen und Netzwerke zu bilden. Sie ermöglicht auch, die Qualität der Netzwerke zu messen, indem sie die Häufigkeit der Kontakte, die Gegenseitigkeit, beziehungsweise Einseitigkeit des Austausches beschreibt. Weiter können die Kontakte auch in hierarchische oder gleichgestellte unterteilt werden. Die normative oder relationale Dimension beschreibt, welche Normen und Werte in einem Netzwerk Geltung haben. Jeder Netzwerkteilnehmer weiss genau, wie er sich in seinem Netzwerk benehmen muss, was erlaubt, was nicht erlaubt ist, welche Erwartungen andere Netzwerkteilnehmer an ihn stellen und wie sie ihm begegnen. So verfügt er, sei es unbewusst oder bewusst, über sehr genaue Kenntnisse von Normen und Werten und verhält sich dementsprechend, wenn er nicht aus dem Netzwerk ausgestossen werden will.
Individuelle Netzwerke
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Die kognitive Dimension beschäftigt sich mit der Sprache und der vorherrschenden Denkweise in einem Netzwerk. Ein gemeinsamer Kontext, eine gemeinsame Sprache, Analogien oder Metaphern sind nicht nur vertrauensbildend, sondern erhöhen auch den Wiedererkennungseffekt der Mitglieder unter sich. Kognitive Verwandtschaft der Teilnehmenden trägt wesentlich zum Aufbau von sozialem Kapital bei. Während sich strukturelle Merkmale eines Netzwerkes ergeben, werden normative und relationale sowie kognitive Merkmale von den Mitgliedern bewusst oder unbewusst vermittelt oder durch Beobachtung und Nachahmung erlernt. Sozialisation im Sinne von Weitergabe von implizitem Wissen über implizite Kanäle spielt eine zentrale Rolle [vgl. Weber 1921, S. 29]. Da jeder soziale Mensch gleichzeitig verschiedenen Netzwerken angehören kann, beherrscht er auch die Verhaltenscodices, Normen und Werte von verschiedenen Netzwerken gleichzeitig und weiss, diese je nach Netzwerk und Kontext spezifisch und gezielt einzusetzen.
5.3
Die Bedeutung von Vertrauen in sozialen Beziehungen
Vielleicht der wichtigste Bestandteil der normativen und relationalen Dimension bildet Vertrauen. Vertrauen in die Mitglieder ist der eigentliche „Antreiber“ eines Netzwerkes. Doch nicht jedes Netzwerk verhält sich gleich. Sehr stark auf Zweckund Werterationalität ausgerichtete Netzwerke benötigen weitaus weniger Vertrauen als auf Emotionen aufbauende Netzwerke, denn ein gemeinsamer Zweck und gemeinsame Werte ersetzen bis zu einem gewissen Grade den Mangel an Vertrauen. Netzwerke hingegen, welche besonders auf Emotionen und persönlicher Nähe beruhen, benötigen eine wesentlich grössere Vertrauensbasis. Doch spielt Vertrauen immer eine Rolle und ist Grundlage allen Handelns in Netzwerken. Je persönlicher ein Netzwerk also ist, desto mehr Vertrauen braucht es unter den Netzwerkpartnern. Überwiegen der Zweck und das Ziel vollständig, wie in Praxisgemeinschaften, welche einen klaren Zweck verfolgen, so verlieren diese ihren eigentlichen Netzwerkcharakter und werden zu „gewöhnlichen“ Kontakten oder aber zu virtuellen Teams. Dies bedeutet aber in beiden Fällen, dass das ausgetauschte Gut, implizites Wissen, Können und Erfahrungen, an persönlichem Charakter und damit an implizitem Wert verliert. Das Gut wird gewissermassen für die Allgemeinheit durch Externalisierung neutralisiert oder objektiviert und verliert als Folge aber auch seinen subjektiv individualistisch gefärbten Charakter. Zusammenfassend lässt sich daraus folgern, dass Vertrauen Voraussetzung und wichtiger Treiber der Beziehungsbildung und des Beziehungsunterhaltes in individuellen Netzwerken ist. Vertrauen ist die treibende Kraft, welche das Wirksamwerden von sozialem Kapital erst ermöglicht [vgl. Cohen/Prusak 2001]. Wissen und Erfahrungen sind impliziter Besitz des Individuums, ohne Vertrauen fehlt die Motivation, dieses aus der Hand zu geben. Zudem ist weder Erfahrung noch implizites Wissen Objekt und lässt sich nicht von seinem Kontext noch von seiner zeitlichen Dimension trennen. Wissen ist Objekt des Austausches in Netzwerken, damit aber eben an einen bestimmten im Netzwerk bekannten oder einfach be-
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schreibbaren Kontext gebunden, der erst noch zeitlich terminiert werden kann. Ohne Kontext und zeitliche Terminierung ist Wissen Information und kaum mehr. Kontext und Zeit können nicht über Strukturkapital, wie Datenbanken und Kommunikations- und Informationssysteme ausgetauscht werden. Sie können auch nicht einfach über mehr oder weniger aufoktroyierte Praxisgemeinschaften oder Wissen- und Qualitätszirkel weitergegeben werden. Eine Praxisgemeinschaft kann zwar den Charakter eines individuellen Netzwerkes aufweisen, muss dies aber nicht zwingend per definitionem haben, so dass der Austausch von implizitem Wissen in der Praxisgemeinschaft per se nicht gegeben ist. Damit verliert diese künstliche Gemeinschaft ihren Inhalt.
5.4
„Sozialkapital der Unternehmung“
Jedes Unternehmen hat zum Ziel, dauerhaft seinen Erfolg zu erhalten. Einfach ausgedrückt und hinlänglich bekannt, muss das Unternehmen dazu unternehmerisch handeln, das heisst es muss den Gewinn unter Nebenbedingungen maximieren, die Interessen aller Anspruchsgruppen berücksichtigen sowie die Wirtschaft und Gesellschaft ganzheitlich betrachten, um alle möglichen Einflussfaktoren zu kalkulieren. Unternehmerisches Handeln bedingt demzufolge ein bestimmtes Entscheidungsverhalten, welches letztlich über Wahrnehmung, Bedeutungszuweisung und Sinngebung gesteuert wird. Dazu müssen Daten wahrgenommen werden können, Informationen muss Bedeutung zugewiesen und Wissen Sinn gegeben werden. Daten, Informationen und explizites Wissen kommen aus Strukturen heraus, die im Wissensmanagement abgebildet sind. Wissensmanagement thematisiert alles Sichtbare und in der Regel auf Basis der Informationstechnologie auch Dokumentierbare. Es beschäftigt sich im Wesentlichen also mit Wissens-, Daten- und Informationsobjekten. Auf der anderen Seite steht der Mensch mit seinem persönlichen Netzwerk sowie der humane Aspekt, das heisst, die Ausprägungen des Menschen an sich, wie Persönlichkeit, Charakter, Erfahrungen, Können und Fähigkeiten. Letztere drei wurden weiter oben als implizites Wissen bezeichnet. Menschen pflegen bewusst Beziehungen zu anderen, welche gedanklich und menschlich auf der gleichen Wellenlänge liegen und die sie mögen. Oftmals entsteht so ein Klima des Vertrauens; es entstehen Vertrauensbeziehungen oder – netzwerke [vgl. Coleman 1991, S. 115-149]. Aus diesen Netzwerken kommen ebenso gewichtige Beiträge und Impulse wie aus einer Linienhierarchie oder Projektorganisation. In Ergänzung zu den traditionellen Organisationsformen bieten diese individuellen Netzwerkbeziehungen ein wesentliches, von den Firmen noch weitgehend ungenutztes Potenzial. In ihrer Gesamtheit bilden die soeben beschriebenen zwischenmenschlichen Beziehungen das soziale Kapital einer Organisation und tragen damit weitaus mehr zum Unternehmenserfolg bei als gemeinhin angenommen. Es sind nicht die Dokumente in Datenbanken, die Leitbilder und Strategiepapiere oder Prozesse, Gebäude und Technologien, welche die Unternehmung als
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solche ausmachen. Es sind zum grösseren Teil die Menschen, die soziale Beziehungen innerhalb und ausserhalb des Unternehmens aufbauen und pflegen und zum Nutzen des Unternehmens einsetzen.
6 Netzwerke: Typologie und Modell 6.1
Funktionsweise der Netzwerke
Netzwerke, Vernetzt sein und Netzwerkunternehmen sind die Trendbegriffe in aller Management Munde. Wenn sich aber Wissen zu einem der wichtigsten Rohstoffe entwickelt hat, dann führt kein Weg an der Auseinandersetzung mit Netzwerken vorbei. Strategische Entscheidungsträger müssen sich mit Wissenslenkung durch Netzwerke befassen [vgl. Schmidt 2001, S. 45-51]. Denn sie bieten eine effiziente Weise der Wissensverteilung und -vermehrung an. Die Grundlage der hohen und komplexen Vernetzung der heutigen Zeit wurde wesentlich durch die Kybernetisierung unserer Gesellschaft gelegt. Unternehmensleitungen müssen also wissen, wo sie ansetzen sollen, damit sie das Wissen ihrer Mitarbeitenden möglichst wirksam einsetzen können. Abbildung 2 zeigt ein vereinfachtes Netzwerk in einem Unternehmen. Das Unternehmen ist dabei schematisch als Rechteck dargestellt. Die einzelnen Punkte bezeichnen die Menschen, sie sind also die Knotenpunkte. Die Verbindungen zwischen den Knotenpunkten stellen die Beziehungen zwischen den Individuen dar. Innerhalb einer Unternehmung können die Menschen ganz unterschiedlich miteinander vernetzt sein, aber keinesfalls stehen alle mit allen in direkten Beziehungen. Vernetzung bedeutet aber, dass das System durch Rückkoppelung wachsen kann (und umgekehrt natürlich auch schrumpfen kann). Die Verbindungen zwischen Individuen können in ihrer Stärke und Ausprägung sehr unterschiedlich sein. Die Menschen haben unterschiedliche Motivationen, weshalb sie in einem Netz involviert sind; sie verfolgen, bei Zugehörigkeit zum gleichen Netzwerk, vielleicht auch einen anderen Nutzen als andere Mitglieder. Charakteristisch ist weiter, dass sich individuelle Netzwerke – entgegen des zurzeit gängigen Verständnisses von Netzwerken und Netzwerkorganisationen – nicht nur innerhalb der Unternehmensgrenzen entwickeln, sondern weit darüber hinaus. Das hängt damit zusammen, dass individuelle Netzwerke keine Momentaufnahme des „Hier und Jetzt“ sind, sondern den Menschen sein ganzes Leben lang begleiten und deshalb logischerweise nicht nur innerhalb der Unternehmung verankert sind.
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Abbildung 2: Unterschiedliche Stärken und Intensitäten der Beziehungen im Netzwerk Da individuelle Netzwerke grundsätzlich nicht zielorientiert oder zweck- und wertrational sind, verträgt es sich, dass unterschiedlichste Interessen temporär zu ganz verschiedenen Konzentrationen des Netzes führen können, um damit dem gerade aktuellen Ziel eines Individuums gerecht zu werden. Abbildung 3 zeigt die zur Lösung einer gegebenen Aufgabe des zentralen Individuums herbeizuziehenden Netzwerkmitglieder. In Abbildung 4 ist dargestellt, wie sich eine temporäre Konzentration innerhalb des Netzwerkes auf ein bestimmtes Ziel ergibt.
Abbildung 3: Für eine bestimmte Aufgabe herbeizuziehende Netzwerkmitglieder
Individuelle Netzwerke
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Abbildung 4: Temporäre Konzentration des Netzwerkes auf eine bestimmte Aufgabe Der Austausch von implizitem Wissen bedingt die breite Basis des Vertrauens. Nur so funktionieren die individuellen Netzwerke. Vertrauen bildet sozusagen das „Schmiermittel“ oder (ver)bindende und verbindliche Element des Netzwerkes [vgl. Müller 2000]. Demzufolge ist in Abbildung 5 Vertrauen auch als nicht klar abgegrenztes Gebilde, das durch die Netzwerke hindurchfliesst, dargestellt.
Abbildung 5: Vertrauen ist die Basis der Netzwerke
6.2
Die Typologie der Netzwerke
Es gilt im Folgenden zwischen unterschiedlichen Typen, beziehungsweise mehr noch unterschiedlichen Absichten der Netzwerkbildung zu unterscheiden. Eine trennscharfe Klassifizierung von Netzwerken ist allerdings kaum möglich, weil jeder Typ Netzwerk Charakteristiken eines andern enthalten kann.
534
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Abbildung 6: Die Typologie von Netzwerken Die in Abbildung 6 dargestellte Typologisierung versucht deshalb, unter Berücksichtigung der Komplexität von Netzwerken, so weit wie nur möglich konsistent zu sein.
6.3
Initialisierte Netzwerke
Initialisierte Netzwerke werden zu einem bestimmten Zeitpunkt ins Leben gerufen. Dabei kann es sich sowohl um strukturelle als auch formelle Netzwerke handeln. Beide sind entweder rein organisational angelegt, wie die Linie, oder mindestens mit der Organisation verflochten, wie Projekte und gewisse supportive Netzwerke, wie zum Beispiel Expertennetzwerke oder Wissensgemeinschaften [vgl. Wenger 1998]. Es können aber auch eigenständige Einheiten entstehen, was vor allem bei den klandestinen Netzwerken der Fall ist, die sich in „Gemeinschaften“ wie der Mafia manifestieren können. Initialisierte Netzwerke verfolgen ein klares Ziel und sind aus diesem Grunde zweckrational. Sie orientieren sich an Organisationen und können sehr hierarchisch gesteuert werden. Die freie Wählbarkeit zur Teilnahme an einem solchen Netzwerk ist nicht unbedingt gegeben. Strukturelle Netzwerke lassen sich in Linien- und Projektorganisationen unterscheiden. Die Linie innerhalb eines Unternehmens ist einfach, weil sie eben linear angelegt ist, und sie ist hierarchisch von oben nach unten ausgerichtet. Die Orientierung erfolgt überwiegend von der tieferen Stufe zur höheren. So lassen sich Unternehmensziele (ökonomischer Natur selbstverständlich) in Strategien formulieren und auf die einzelnen Organisationseinheiten hinunterbrechen, was die Komplexität der Geschäftstätigkeit für das Verständnis der Geschäftsleitungen und aller Mitarbeitenden reduzieren lässt. Projektorganisationen nun sind bereits eine Stufe schwieriger, weil sie sich über verschiedene Stufen und Organisationseinheiten hinweg bewegen. Daraus resultiert eine Verwässerung der Dienstwege oder anders ausgedrückt, es tritt eine Art Matrixorganisationen auf. Zudem sind Projektorganisationen in ihrer zeitlichen Existenz und Dauer beschränkt.
Individuelle Netzwerke
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In formellen Netzwerken ist die Zugehörigkeit ganz klar geregelt, sie basiert in aller Regel auch auf Hierarchien, Zugehörigkeit zu bestimmten Organisationseinheiten, politischer Akzeptanz sowie Fähigkeiten der ausgewählten Personen. Die formellen Netzwerke haben zumeist eine eingeschränkte Lebensdauer, weil sie der Erfüllung eines bestimmten unternehmerischen oder politischen Ziels dienen. Sie haben keine selbsterhaltende Komponente und brauchen deshalb stets Motivation von aussen, damit sie längerfristig erhalten bleiben. Die formellen Netzwerke werden weiter in supportive und klandestine Netzwerke unterschieden. Supportive Netzwerke sind solche, die sich aus Organisationseinheiten herauskristallisieren und positiv behaftet sind, das heisst sie unterstützen in der Konzentration ihrer Kräfte und somit des Wissens und der Fähigkeiten die Belange eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils. Supportive Netzwerke sind oft einsehbar. Vertrauen steht weniger im Vordergrund als ein ausgezeichnetes Wissen und Fähigkeiten. Meist wird aber nur explizites Wissen ausgetauscht. Die zweite Typologie der formellen Netzwerke sind die klandestinen. Klandestine Netzwerke finden sich vorwiegend im Terrorismus, ganz aktuell als Beispiel die Al-Qaida, oder in Geheimbünden. Charakteristikum dieser Netzwerke ist, dass weltweit Menschen integriert sind, die sich jedoch nicht untereinander persönlich kennen. Solche Netze sind straff organisiert, und ihre Mitglieder verfolgen konsequent das gleiche Ziel. Ein Individuum hat sehr wenige Bezugspersonen, die sich untereinander auch eher weniger kennen. Diese Anonymität garantiert den Schutz und die Geheimhaltung der klandestinen Netzwerke. Vertrauen ist hier Schlüsselfaktor, gerade weil diese Beziehungen auf einem aus der Sicht des Individuums sehr eindimensionalen Netz beruhen.
6.4
Nicht initialisierte Netzwerke
Diese Art von Netzwerken ist an der Grenze zwischen Verankerung in der Organisation und vollkommener Loslösung davon. Nicht initialisierte Netzwerke sind nicht sichtbar, aber spürbar, indem beispielsweise Prozesse einer Leistungserstellung bedeutend schneller ablaufen, ohne dass aber die Ursache dieser Beschleunigung ersichtlich ist. Oder stehen seit längerer Zeit Entscheide an, welche dringend zur Weiterarbeit in einem Projekt gefällt werden müssen, lohnt es sich zu wissen, wer als Lobbing-Partner einen wesentlichen Unterstützung an die Forcierung des Entscheids leisten kann. Menschen finden sich in nicht initialisierten Netzwerken zusammen, ohne dass das Netz lanciert wird. Interessen, Nutzen und Zielausrichtung bringt Menschen mit dem Streben in die gleiche Richtung automatisch zusammen [vgl. Collison/Parcell 2001]. Dabei werden formelle und informelle Netzwerke unterschieden. • Formelle Netzwerke: Formell werden diese Netzwerke genannt, weil sie sich im Rahmen der Vernetzung, die nicht mehr im Kontext mit der Hierarchie steht, trotzdem im Rahmen einer Organisationseinheit oder des ganzen Unternehmens bewegen. Vertrauensnetzwerke bilden eine wichtige soziale Stütze
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für die Mitarbeiter in einer Unternehmung. Sie zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Emotionalität und persönlicher Nähe aus, bleiben dabei aber wegen ihres formellen Charakters distanziert. Die Akteure in diesen Netzwerken vertrauen sich bereitwillig persönliche Informationen, individuelles Wissen, Erfahrung und Können an, da jedes Mitglied sicher gehen kann, dass das ausgetauschte Gut nicht missbraucht wird. • Informelle Netzwerke: Charakteristikum der informellen Netzwerke ist ihre Unsichtbarkeit und Loslösung von Strukturen und Organisationen. Sie kennen aus diesem Grund auch keine Hierarchien mehr, dafür spielen die sozialen Beziehungen die Hauptrolle. Informelle Netzwerke bauen auf dem Schlüsselerfolgsfaktor Vertrauen auf. Letzteres braucht es zwingend für den Austausch von (implizitem) Wissen, Fähigkeiten, Erfahrungen und Können. Die „eingeweihten“ Personen finden sich in aller Regel automatisch und formieren sich zu einem Netzwerk. Da sich diese Netzwerke über Unternehmensgrenzen hinweg bis ins Privatleben der Menschen entwickeln, können sie sowohl innerhalb einer Unternehmung als auch darüber hinaus oder nur im privaten Bereich wirksam sein. Die subversiven Netzwerke sind informeller Natur und treten vor allem aus dem Untergrund in Aktion. Sie haben oft eine starke politische Prägung, aufgrund welcher diese Art Netzwerke eher zweckrational ausgerichtet sind. Das individuelle Netzwerk endlich stellt sozusagen die Krönung der Netzwerke dar. Solche Netzwerke entstehen aus Sicht des Individuums als soziale Geschichte seines Lebens. Immer muss sich als Basis dieser Beziehungen das Vertrauen bilden, welches auf Sympathie, einander mögen und sich aufeinander einlassen, auf gleiche Interessen und Neigungen, auf ähnliche oder gar gleiche Nutzenausrichtungen und Relevanzen, Erwartungssicherheit und Wertschätzung aufbaut. Gerade letztere Aspekte können sich nur in überdauernden Beziehungen entwickeln, weil sie zeitintensiv sind. Durch die Erfahrung, welche sich über die Zeit mit einer Bezugsperson im Netzwerk ergibt, wächst eine beiderseitige Erwartung, dass die durch die Beziehung entstandene Abhängigkeit und somit Verletzlichkeit nicht einseitig ausgenützt oder ausgebeutet wird. Keiner der Beziehungspartner darf also opportunistisch zu Ungunsten des andern handeln [vgl. Müller 2000]. Diese Beziehungen wachsen aus blossen Kontakten und Treffen, entwickeln gemeinsame Verständnisse, bauen eine Taxonomie auf, deren Existenz und Verbindlichkeit erlaubt, die Beziehung aus einem mehr oder weniger statischen Zustand in einen dynamischen zu überführen. Diese Dynamik wiederum erlaubt den Menschen, zukunftsgerichtete Aktivitäten zu lancieren, zu lernen und schliesslich implizites Wissen auszutauschen. Menschen finden sich in Netzwerken, weil sie gleiche oder ähnliche Nutzen verfolgen, was selbstverständlich sehr egoistisch geprägt ist, aber letztlich positiven Ausstoss produzieren kann. Da der Arbeit der Netzwerkmitglieder keine Auflagen im Weg stehen, erreichen sie eine deutlich höhere Effizienz und Effektivität. Die informellen Netzwerke überdauern Organisationen, und zwar weil sie nicht in der Organisation verankert sind, sondern beim Menschen und weil sie auf Vertrauensbeziehungen zwischen Menschen aufbauen. Die Intensität der Beziehungen spielt durchaus auch eine wichtige Rolle hinsichtlich der Dauerhaftigkeit der
Individuelle Netzwerke
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Netzwerke. Gerade deshalb werden die individuellen Netzwerke durch Vertrauensbruch, Missbrauch oder Ausnützung empfindlich gestört. Diejenige Person, die so etwas tut, verliert sehr schnell den Vertrauenskredit und wird aus dem Netzwerk ausgeschlossen.
7 Das Modell: Der Netzwerk-Navigator 7.1
Der Netzwerk-Navigator
Bedeutend für die meisten Menschen in ihrem Leben sind Familie, Freundeskreis und Arbeitsgemeinschaft. Daraus ergeben sich unterschiedliche Beziehungen. Unterschiedlich sind sie in der Thematik, Stärke und Nähe. Diese vier Bereiche – Familie und Freunde, Aus- und Weiterbildung, der berufliche Weg sowie der jetzige Arbeitgeber – tragen wesentlich zur sozialen Geschichte des Menschen bei. Da der Mensch über seine Lebenszeit hinweg reift und sich verändert, erhalten die Beziehungen andere Bedeutungen. Die Fäden zu Familie und Freunden oder aus der Schule sind bedeutend emotionaler behaftet, da sie eher gemeinschaftlichen Charakter haben. Die Beziehungen, die sich aus Weiterbildungen und dem beruflichen Werdegang ergeben, sind im Grundzug ökonomisch orientiert und deshalb eher gesellschaftlicher Natur.
Abbildung 7: Die vier Entwicklungsfelder der Beziehungen im Netzwerk-Navigator
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Die vier Bereiche Familie/Freunde, Aus-/Weiterbildung, beruflicher Weg und gegenwärtiges Arbeitsumfeld lassen sich als Entwicklungsfelder der Beziehungen in Bezug zum Individuum setzen. Daraus ergibt sich der Netzwerk-Navigator (vgl. Abbildung 7). Dieser spannt in den genannten vier Beziehungsbereichen eines Individuums Fächer auf, die verdeutlichen, welche Personen überhaupt dem ganzen Gefüge angehören, wie eng sie mit dem Zentrum verknüpft sind und wie intensiv die Beziehung eingesetzt wird als auch wie dicht die Vernetzung in welchen Entwicklungsfeldern ist. Das Individuum steht dabei im Zentrum seines Beziehungsnetzes. Da nicht alle Beziehungen gleicher Intensität sind, lassen sie sich in einen inneren und einen äusseren Kreis gliedern. Der innere Kreis beschreibt die engen, aktiven Beziehungen, die zum Netzwerk eines Menschen gehören. Beziehungen, die in den äusseren Kreis reichen, sind zwar existierende, aber eher passive Verbindungen. Die Distanz zum Zentrum zeigt die Intensität der Beziehung an. Das Netzwerk des Individuums ist ein organisches Gebilde, dass sich laufend und über längere Zeitspannen hinweg sowieso ändert. Typisch für organische Gebilde ist ja auch, dass „Innen“ und „Aussen“ nie klar abzugrenzen ist, was auf individuelle Netzwerke ebenfalls zutrifft. Individuen können in mehreren Netzwerken leben, je nachdem, in welchem Kontext sie sich befinden. Beispielsweise besitzt ein Mensch im Kontext „Arbeit“ ein Netzwerk und im Kontext „Sport“ ein ganz anderes Netzwerk (vgl. Abbildung 8).
Abbildung 8: Kontextabhängige, sich überlagernde Netzwerke
Individuelle Netzwerke
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Die Komplexität der Netzwerke lässt sich so ganz einfach reduzieren, indem für ein Individuum verschiedene Netzwerke entsprechend des jeweiligen Kontexts aufgezeichnet werden können. Das Individuum vereint alle Beziehungen auf sich, das heisst, dass dieses Gefüge ein Bild von sich überlagernden Netzwerken, die alle das gleiche Zentrum haben, darstellt. Womöglich wirken im Kontext Sport nämlich Einflussfaktoren aus anderen Kontexten mit. Ein Mensch lässt sich nur in einem Bild abbilden - seien hier einmal Krankheiten, wie die Schizophrenie ausgeschlossen.
7.2
Nutzen der Netzwerke für die Unternehmung
Netzwerke dienen also dazu, Wissen, und zwar vor allem implizites Wissen, einerseits zu bewahren und andererseits aber auch weiterzugeben, denn der Austausch von implizitem Wissen leistet ganz allgemein einen wesentlichen Beitrag an die Entwicklung. Je thematisch breiter Entwicklung zugelassen wird, desto mehr „Lösungen“ zu Fragestellungen und Problemen können realisiert werden. Dadurch, dass Netzwerke sich nicht an Organisationen und deren Einheiten orientieren, erlauben sie eine breite Diversifizierung. Das heisst, die Netze werden über verschiedene Themengebiete und somit Kompetenzen der einzelnen Akteure gespannt, so dass daraus Interdisziplinarität entsteht. Der Austausch des Wissens, der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Individuen untereinander eröffnet ungemeine Potentiale, die allein in der Linie oder in Projekten nie gegeben sind.
Abbildung 9: Der für Unternehmen vermeintlich relevante Bereich des Netzwerk-Navigators
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Anhand des Netzwerk-Navigators lässt sich aufzeigen, dass die Unternehmen meistens nur ins Netzwerk des gegenwärtigen Arbeitsumfeldes eines Individuum investierten (vgl. Abbildung 9). Dabei fehlen die drei anderen Felder. Der Navigator ist so nicht ausgeglichen, da den Menschen nicht ermöglicht wird, ihr ganzes Beziehungsgefüge zu nützen, da dieses durch die überlagernde Struktur der Organisation erstickt wird. Solche Netzwerke, die künstlich in Unternehmen lanciert werden, sind nie auf Langfristigkeit ausgerichtet, auch wenn die Unternehmensspitzen davon überzeugt sind, dass die Mitarbeitenden in ihren Firmen vernetzt arbeiten. Dieses Unscheinbare in jedem Menschen wird von Unternehmen unterschätzt, weil es nicht sichtbar ist. Weder Titel noch hierarchische Auszeichnungen beschreiben das (Wissens-)Potential, das aus den individuellen Netzwerken kommt. Manager und Vorgesetzte müssen sich keine Mühe geben, Netzwerkorganisationen auf die Beine zu stellen, sie müssen den Menschen in der Entwicklung seines individuellen Netzwerkes unterstützen(vgl. Abbildung 10).
Abbildung 10: Unterstützung der Netzwerkbildung in Unternehmen Diese Unterstützung äussert sich darin, dass dem Menschen ermöglicht wird, sein Netzwerk zu pflegen, zu nützen und weiterzuentwickeln. Das kann er nur, wenn ihm nicht zu viele strukturelle und hierarchische Hindernisse in den Weg gelegt werden. Reglementierungen und Regulierungen sowie Manipulation und Kontrolle sind Killerkriterien für individuelle Netzwerke. In diesen Fällen kann der Mensch entweder sein Netzwerk nicht heranziehen, weil ihm hierarchische Dienstwege vorgegeben werden oder weil die Einschränkung keine Freiheitsgrade der Beziehungswahl mehr zulässt oder weil der Mensch in seinem Tun ständig be-
Individuelle Netzwerke
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obachtet wird, so dass er sein Netzwerk aus Angst vor dessen Aufdeckung nicht mehr beizieht. Ein Extrem auf die andere Seite, das heisst seitens eines Vorgesetzen so viel anbiedernde Grosszügigkeit zu zeigen, um damit gar eine Aufnahme in ein Netzwerk zu erzwingen, funktioniert genauso schlecht. Denn nur das Individuum selbst entscheidet, wer das Vertrauen erhält, in ein Netzwerk aufgenommen zu werden. Da Netzwerke also nicht direkt angetastet werden können, braucht es einen „Intermediator“, der hilft, Netzwerke in Unternehmen leben und somit wirken zu lassen. Dieser Überbrücker ist die Kultur. Unternehmen müssen Kulturen des Vertrauens und der Freiheiten schaffen, denn sie sind letztlich die Schlüssel zum Erfolg der Netzwerke und der Unternehmung.
8 Anforderungen an das Unternehmen und sein Management 8.1
Kulturmanagement für individuelle Netzwerke
Netzwerke gedeihen wie Pflanzen nur auf fruchtbarem Boden. Fruchtbar ist der Boden dann, wenn die Unternehmenskultur für Netzwerke förderlich ist. Unfruchtbarer Boden erstickt die Netzwerke zwar nicht, aber sie werden nie soweit an die Oberfläche kommen, dass ihre Existenz überhaupt in Form von Aktivitäten und vor allem auch in Form von Ergebnissen spürbar oder beobachtbar wird. Das Unternehmen braucht eine Kultur des Vertrauens, des Respektes der Menschen vor einander, der Freiheitsgrade und der offenen Kommunikation, damit Individuen ihre Netzwerke einsetzen und entwickeln. Herrschen hingegen Manipulation, Kontrolldenken, starre hierarchische Strukturen, Reglementierungen und Auftrags-Empfangs-Verhältnisse vor, dann bleiben Netzwerke verborgen und verschliessen sich auch vor positiven Wirkungen. Allenfalls werden sogar subversive Aktivitäten eingeleitet. Wenn sich die Menschen im Unternehmen wohl fühlen, entwickeln sie Verbundenheit, Loyalität und ein Zugehörigkeitsgefühl. Daraus heraus entwickeln sich Werte, nach denen die Mitarbeiter als Menschen leben. Wie [Malik 2000, S. 65] ausdrückt, ist nicht unbedingt der Begriff „Unternehmenskultur“ besonders nützlich, sondern das, was er bezeichnet. Das Vertrauen ist Schlüsselfaktor auch für die Motivation der Menschen. Motivierte Menschen arbeiten kreativer und innovativer, lösungsorientierter, identifizieren sich mit dem Unternehmen, respektieren die Unternehmensziele und arbeiten mit einer gewissen Geschlossenheit und hohen Zielstrebigkeit darauf hin. Die Unternehmenskultur ist demzufolge Ausdruck der gemeinsamen Werte, Denkmuster und Normen. Dadurch werden die jeweiligen Formen der Wahrnehmung und des Verhaltens geprägt. Der wissenschaftliche Blick auf „Unternehmenskultur“ bringt ein vertieftes und systemisches Verständnis an den Tag. [Schein 1995] beispielsweise definiert Kultur „als den gesammelten gemeinsamen Wissensvorrat einer bestimmten Gruppe.
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[...] Gemeinsames Wissen setzt allerdings eine Geschichte gemeinsamer Erfahrungen voraus, die wiederum auf einer stabilen Mitgliedschaft in der Gruppe beruhen muss.“ [S. 23]. Zusammen mit der Definition von [Weick 2001] zu Organisationen: „... ein Aneinanderreihen und Verknüpfen von Interaktionsprozessen, ein Zusammenspiel von unterschiedlichen Prozessen, aus denen schliesslich habitualisierte Routinen und Netzwerke von Handlungen hervorgehen.” [S. 123], ergibt sich eine gute Grundlage des Kulturverständnisses hinsichtlich der Netzwerke. Unternehmenskultur lässt sich aus den genannten Gründen nicht beliebig von der Unternehmensführung steuern; Kultur ist ähnlich schwer fassbar, wie es die Netzwerke sind. Auch sie unterliegt einer grossen Eigendynamik und kommt bei jedem Menschen im Unternehmen unter Umständen in einem subjektiven Verständnis an. Unternehmenskultur ist ein schillerndes Phänomen, das als Einheitlichkeit in einem Unternehmen wohl kaum durchdringen wird. Subkulturen bilden sich stets über verschiedene Funktionen, Divisionen und Hierarchien, was kein Ausdruck einer Un-Kultur sein muss. Und doch muss das Management dafür sorgen, dass über alle diese Subkulturen hinweg gemeinsame Werte, Leitbilder und Prinzipien gelten, welche das Verhalten prägen. Gelebte Unternehmenskultur lässt sich daran erkennen, wie Menschen innerhalb und ausserhalb der Unternehmung miteinander umgehen. Auch hier zeigt sich also, dass Kulturen ebenso wenig wie Netzwerke Grenzen kennen [vgl. Thom 1999, S. 12]. Damit eine einheitliche Kultur oder gar eine Vertrauenskultur entstehen kann, müssen relevante Informationen zu allen Mitarbeitenden fliessen. Insbesondere betrifft dieser Aspekt die Kommunikation der Unternehmensstrategie in einer für alle verständlichen Art und Weise sowie die Auseinandersetzung mit den Zielen des Unternehmens seitens Vorgesetzten mit ihren Mitarbeitenden. Das ist, was [Hilb 2001, S. 5] unter dem Begriff „Mit-Unternehmer“ anstelle des „Mitarbeiters“ versteht. Sobald die Mit-Unternehmer mit-denken, werden sie auch ihren persönlichen Nutzen am Ganzen – der Unternehmensstrategie – erkennen können und ihren Beitrag an das Erreichen der Unternehmensziele leisten. Somit muss ihnen auch die Möglichkeit zur Mitbestimmung über die Gestaltung ihrer Arbeit zugestanden werden, damit sie ihren Weg zum Ziel selber finden können, ohne permanent kontrolliert zu werden. Und gerade auf diesem Weg werden die Menschen ihr individuelles Netzwerk miteinbeziehen, sofern sie das Vertrauen der Unternehmung ganz allgemein sowie dasjenige ihrer Vorgesetzten im speziellen geniessen [Malik 2000, S. 135ff]. Kulturarbeit ist Schwerstarbeit, und dies wird von den meisten Unternehmensführungen unterschätzt. Deshalb verschwinden die meisten solcher Efforts mit der Bemerkung: „Unter Kultur versteht sowieso jeder etwas anderes.“ Kultur ist natürlich auch sehr eng mit Führung vernetzt. Auch Führung bedeutet, sich auf Menschen einzulassen und ihre Individualität aufzunehmen und zu integrieren.
Individuelle Netzwerke
8.2
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Massnahmen zur Förderung der Netzwerkbildung
Die Problematik in Unternehmen, insbesondere in Zeiten des permanenten Wandels, ist, dass Führungskräfte nur zu oft viel Bedeutung den Strukturen, wie Linie und Hierarchie, zumessen und sich nicht im Geringsten um die informellen Netzwerke kümmern. Diese Orientierung ist rein betriebswirtschaftlich begründet. Die Finanzzahlen lassen allenfalls noch den Bezug zur Strategie, zu Resultaten aus Prozessorientierung und Prozessoptimierung und zur besseren Nutzung der Informations- und Kommunikationssysteme herstellen. Allerdings lassen sich keine direkten Abbildungen der informellen Netzwerke in Finanzzahlen machen, und zwar einfach aus dem Grunde, weil Netzwerke nicht messbar sind. Würde man andererseits Netzwerke messbar machen, wären sie aufgedeckt und somit zerstört. Interessanterweise glauben viele Führungskräfte aus den oberen ManagementEtagen zu wissen, wie die Netzwerke ihrer Untergebenen funktionieren und welche Personen in welchen Netzwerken integriert sind. Allerdings haben sie in dieser Hinsicht nur ihre eigene Sicht, die ihnen nie die richtige Perspektive auf die existierenden Netzwerke liefert [vgl. Krackhardt/Hanson 1993, S. 42-44]. Oftmals wägen sich Führungskräfte auch in der trügerischen Gewissheit, Überblick über das informelle Funktionieren ihres Unternehmens zu haben, ohne sich bewusst zu sein, dass es sich dabei nur um Kenntnisse über die strukturellen oder formellen Netzwerke handelt. Unternehmen können die Netzwerkbildung insofern unterstützen, als sie dem persönlichen Nutzen, den die Individuen verfolgen und um dessen Existenz sich die Individuen gruppieren, Rechnung tragen. Das Unternehmen muss es schaffen, die Ziele so mit dem Nutzen, den die Mitarbeitenden anstreben, zu verbinden, dass jedes einzelne Individuum seinen Nutzen darin findet. Damit lassen sich die vermeintlich klaren Aspekte, wie Strategie, Prozesse und Informations- und Kommunikationstechnologie, wiederum mit den tendenziell unfassbaren Begriffen wie Kultur und Netzwerken verbinden. Diese drei Bereiche, allen voran die Strategie, kann der informelle Zugang zu Netzwerken sein. Durch verbesserte Strategiekenntnisse in der gesamten Mitarbeiterschaft kann die Nutzenorientierung der Individuen im Netzwerk mit den Unternehmenszielen, wie in der Strategie formuliert, in Einklang gebracht werden. Das Netzwerk wird in der Konsequenz in ihrer Nutzenverfolgung auf die Ziele des Unternehmens hinarbeiten.
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Abbildung 11: Business Engineering Landkarte und Netzwerk Aus der Verschmelzung aller vier „klassischen“ Bereiche der Business Engineering-Landkarte resultiert sozusagen als dritte Dimension die Plattform für Nutzung, Entstehung und Entwicklung der Netzwerke (vgl. Abbildung 11).
8.3
Risiken und Gefahren der Netzwerke
Wie schwierig es ist, Netzwerke zu nutzen, dürfte unterdessen klar geworden sein, denn eine Unternehmung muss mit siebtem Sinn erspüren, welche Menschen produktive Netzwerke haben. Das ist aufgrund der vorherigen Ausführungen nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Und dennoch müssen ganzheitlich denkende Unternehmensleitungen durch entsprechende Rahmenbedingungen die Möglichkeiten der Netzwerknutzung schaffen. Die innovativen, kreativen und produktiven Zellen werden sich darauf mit Sicherheit wieder bilden. Das Eingehen von sozialen Beziehungen liegt schliesslich ganz in der Natur des Menschen. Förderlich wird dabei aber in jedem Falle sein, wenn wieder Menschen im Unternehmen arbeiten, welche die nötige Aufmerksamkeit ihrer „VorgeNetzten“ erhalten [vgl. Hilb 2001, S. 10].
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Es führt kein Weg an den Menschen vorbei, auch wenn die vier ausgangs genannten Herausforderungen der Wissensgesellschaft eher technisch behaftet sind und den Eindruck erwecken, mit bereits bekannten Managementtechniken und -instrumenten gelöst werden zu können. Allerdings muss angemerkt werden, dass es keine neuen Techniken und Instrumente braucht, um als Unternehmung weiterhin erfolgreich am Markt bestehen zu können. Eine Auseinandersetzung mit dem Grundlegenden unserer Existenz, eine Besinnung auf die Gesetzmässigkeiten der Natur und auf die damit verbundenen Lösungsmöglichkeiten eröffnen wieder neue Felder im unternehmerischen Handeln.
9 Fazit Der Beginn eines neuen Zeitalters lässt sich immer erst im Nachhinein festlegen. Es werden also nachfolgende Generationen sein, die zu bestimmen haben, wann sich genau die Industriegesellschaft in die Informations- oder gar Wissensgesellschaft transformiert hat. Die Unternehmen der Gegenwart müssen sich für diese herausfordernde Zukunft rüsten, wenn sie auch in Zukunft erfolgreich am Markt bestehen und sich nachhaltig weiterentwickeln wollen. Die technische und wirtschaftliche Entwicklung führt zu zunehmender Komplexität, welche sich auch in der Wechselwirkung mit der Gesellschaft deutlich bemerkbar macht [vgl. Vester 1999]. Dieser Komplexität ist mit linearem Denken nicht mehr beizukommen. Ebenso rückt der Mensch ins Zentrum der Betrachtungen: Er wird nicht nur als ökonomischer Faktor begriffen, sondern auch als soziales Wesen. Die individuellen Netzwerke verdeutlichen eine bestimmte Art von sozialen Beziehungsnetzwerken der Menschen im wirtschaftlichen Geschehen. Die Kultur bildet dabei die Brücke zwischen den individuellen Netzwerken und der Unternehmung. Der Netzwerk Navigator erlaubt als Strukturierungsinstrument die nicht-initialisierten und individuellen Netzwerke modellartig und mit einer gewissen Systematik darzustellen und damit die Unternehmen auf die Bedeutung der Netzwerke zu sensibilisieren. Der einzelne Mensch steht dabei im Mittelpunkt, denn es ist seine Sichtweise, die sein individuelles Netzwerk bestimmt. Werden mehrere derartige Darstellungen eines bestimmten Menschen über einen gewissen Zeitraum hinweg vorgenommen, so lässt sich seine soziale Geschichte aufzeigen. Für das Unternehmen hat dieses Netzwerk insofern einen grossen Nutzen, als es der „persönliche Beraterstab und erste Anlaufstelle“ eines Individuums ist: Sein breit abgestütztes Wissen, seine Zuverlässigkeit, seine Loyalität und seine Kostenneutralität machen seinen Wert aus. Stellt man nun die Überlegungen und Befunde der Untersuchung von individuellen Netzwerken der Business Engineering-Landkarte gegenüber, dann wird deutlich, dass Geschäftsstrategie, Geschäftsprozesse und Informations- und Kommunikationssysteme von sozialen Faktoren, nämlich Führung, Verhalten und Macht zusammengehalten werden. Die nicht-initialisierten und individuellen Netzwerke der gesamten Mitarbeiterschaft umfliessen dieses Unternehmenskon-
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strukt und verankern es gewissermassen im sozialen Raum. Die leeren Räume sind damit verschwunden. Der Einbezug von individuellen Netzwerken in die Wissensthematik kann letztlich einen Beitrag zur Bewältigung der anfänglich erwähnten vier Herausforderungen leisten: 1. Fluktuationen und Reorganisationen halten das Wissensgebilde in Unruhe, was den Wissensaustausch stark erschwert, da laufend neues Vertrauen aufgebaut und neue soziale Beziehungen geknüpft werden müssen. Fluktuationen und Reorganisationen können Netzwerke zwar empfindlich stören, doch nur diejenigen, welche in formellem oder strukturellem Bezug zum Unternehmen stehen. 2. Werden in Organisationen Hierarchien und Organigramme entlastet, bei gleichzeitiger Ermächtigung von individuellen Netzwerken, so wird der Einfluss von Fluktuationen abnehmen. Bei Reorganisationen verhält es sich analog, da die Menschen nicht einseitig auf diese „künstlichen“ Organisationsformen angewiesen sind, werden Reorganisationen einerseits weniger nötig, andererseits werden ihre Auswirkungen aber auch weniger dramatisch empfunden. Dies bedingt aber, dass gezielt Sozialkapital aufgebaut wird. 3. Die Virtualisierung und Dezentralisierung hemmt und erschwert die Vertrauensbildung, welche aber Voraussetzung für einen effektiven Wissensaustausch ist. Die Unternehmung muss ihr Kontroll- und Manipulationsverhalten ablegen, gleichzeitig aber mehr gesellschaftliche Verantwortung übernehmen [vgl. von Koerber 2002, S. 93], dafür muss das Individuum in seinen individuellen Netzwerken mehr soziale Verantwortung übernehmen. Dazu muss es aber nicht nur aufgefordert, sondern auch mit dem nötigen Rüstzeug ausgestattet und ermächtigt werden [vgl. Sennett 1998; von Krogh et al. 2000; Cohen/Prusak 2001]. Unternehmen bewegen sich in anderen Relevanzen als die Individuen und verfolgen nicht kongruente, das heisst mit den Mitarbeitenden abgestimmte Ziele. Durch eine transparente Kommunikation der Strategie und der Ziele des Unternehmens kann diese Diskrepanz aufgehoben werden. 4. Die zunehmenden ökonomischen Interdependenzen bei gleichzeitiger Desintegration erschweren dem handelnden und auf Wissensaustausch bedachten Individuum den Austausch. Das heisst, die Konzentration auf weiter weg liegende Zentren vergrössert nicht nur die physischen Distanzen zwischen den Menschen, sondern sie verhindert auch, den Überblick zu bewahren. Zudem werden die Unternehmensmodelle der Zukunft vermehrt hoch spezialisierte an Prozessen ausgerichtete und miteinander vernetzte Unternehmensgebilde im Sinne einer „Networked Economy“ hervorbringen [vgl. Fleisch 2001]. Dies verlangt umso mehr nach einer Organisation, welche der zunehmenden Komplexität gerecht werden kann. Das Unternehmen wird selbst zum Netzwerk. Umso mehr gewinnt die Vernetzung auch für das Individuum an Bedeutung, denn nur auf diese Weise können die Individuen noch Verständnis und Überblick für die Abläufe behalten. 5. Die Zahl der Wissensarbeiter, welche alle am Wissensfluss teilhaben wollen, nimmt laufend zu. Die bestehenden Organisationsstrukturen werden dadurch überfordert. Die Unternehmen können weltweit zwar auf ein immer grösser
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und bedeutender werdendes Potenzial an Wissen, Können und Erfahrung zugreifen, haben aber nicht gelernt, damit umzugehen und dieses einzusetzen. Es muss wesentlich besser in der Unternehmung verankert und integriert werden [vgl. Thalmann/Stoelzel 2001, S.23]. Integration meint hier aber auch Befähigung der Mitarbeitenden hinsichtlich der Entwicklung des Sozialkapitals. 6. Dadurch wird es zunehmend schwieriger, dieses komplexe Gebilde zentral zu steuern [vgl. Davidson/Rees-Mogg 1997]. Dezentrale Steuerungsmechanismen müssen anstelle der strukturierten, hierarchischen Führung treten. Freiheit und Vertrauen als Basis werden jedoch Ideen, Innovationen und Kreativität aus den Netzwerken generieren. Die angestellten Gedanken und Überlegungen resultieren nicht in Handlungsanweisungen im Sinne eines Rezeptbuches, sondern dienen der Herleitung von Grundlagen und Prinzipien sowie deren Zusammenspiel. Viel mehr steht die Sensibilisierung für eine Thematik, die sich zwischen Menschen, Kultur und den unfassbaren weichen Faktoren abspielt, im Zentrum. Gerade in Zeiten wie den gegenwärtigen rücken Zahlen und fassbare Fakten in den Vordergrund und dienen als wichtigste Entscheidungsgrundlage für anzugehende Aktivitäten. Letztere tragen den weichen Faktoren, insbesondere den Netzwerken, meistens kaum Rechnung oder zerstören sie gar. Die vorliegende Arbeit soll zum Nachdenken über die Bedeutung der individuellen Netzwerke in jedem Unternehmen anregen.
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10 Literatur [Baumöl/Österle/Winter 2000] Baumöl, U.; Österle, H.; Winter, R. (Hrsg.): Business Engineering. Auf dem Weg zum Unternehmen des Informationszeitalters, Springer; Berlin/Heidelberg/New York, 2000. [Brodbeck 1998] Brodbeck, K.-H.: Die fragwürdigen Grundlagen der Ökonomie. Eine philosophische Kritik der modernen Wirtschaftswissenschaften, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1998. [Brown/Duguid 2000] Brown, J. S.; Duguid, P.: The Social Life of Information, Harvard Business School Press, Boston, MA, 2000. [Cohen/Prusak 2001] Cohen, D.; Prusak, L.: In Good Company. How Social Capital Makes Organizations Work, Harvard Business School Press, Boston/MA, 2001. [Coleman 1991] Coleman, J. S.: Grundlagen der Sozialtheorie, Band 1: Handlungen und Handlungssysteme, Oldenbourg, München, 1991. [Collison/Parcell 2001] Collison, C.; Parcell, G.: Learning to Fly. Practical Lessons from one of the World’s Leading Knowledge Companies, Capstone Publishing Limited, Oxford, 2001. [Conner 1998] Conner, D. R.: Leading at the Edge of Chaos. How to Create the Nimble Organization, John Wiley & Sons, Inc., New York, 1998. [Davenport/Probst 2000] Davenport, T.; Probst, G.: Knowledge Management Case Book. Best Practices, Publicis MCD/John Wiley & Sons, Munich, 2000. [Davidson/Rees-Mogg 1997] Davidson, J. D.; Rees-Mogg, W.: The Sovereign Individual. The Coming Economic Revolution. How to Survive and Prosper, in: It, Macmillan, London, 1997. [De Cagna 2001] De Cagna, J.: Keeping Good Company: A Conversation with Larry Prusak, Interview. In: Information Outlook, Special Libraries Association (SLA), May 2001, Washington D.C., S. 36-43. [Eppler/Sukowski 2001] Eppler, M. J.; Sukowski, O.: Wissensmanagement: ein Werkzeug auch für die Politik? in: Die Volkswirtschaft, Nr. 11, 2001, S. 59-64. [Fleisch 2001] Fleisch, E.: Das Netzwerkunternehmen. Strategien und Prozesse zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in der „Networked economy“, Springer, Berlin/Heidelberg/New York, 2001.
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Veränderung der Unternehmenskultur – Bestandteil einer erfolgreichen Transformation von Unternehmen ........................................554 Grundlagen zum Thema Unternehmenskultur ............................................556 2.1 Definition von Unternehmenskultur ...................................................556 2.2 Merkmale und Ebenen einer Unternehmenskultur .............................557 2.3 Wechselwirkungen einer Unternehmenskultur...................................559 2.4 Voraussetzungen für Kulturveränderungen ........................................562 Gewonnene Erkenntnisse zu Kulturveränderungen aus der Praxis.............563 Das integrierte Vorgehensmodell zur Veränderung von Unternehmenskulturen................................................................................565 4.1 Der „Kultur-Kompass“ .......................................................................565 4.2 Kultur-Kompass - Arbeitseinheit I: Initiieren.....................................567 4.3 Kultur-Kompass - Arbeitseinheit II: Orientieren................................569 4.4 Kultur-Kompass - Arbeitseinheit III: Gestalten..................................573 4.5 Kultur-Kompass - Arbeitseinheit IV: Implementieren .......................577 Fazit ............................................................................................................580 Literatur ......................................................................................................582
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1 Veränderung der Unternehmenskultur – Bestandteil einer erfolgreichen Transformation von Unternehmen Untersuchungen zeigen, dass bei Transformationen von Unternehmen zwar die Strukturen verändert, die Kultur aber mit ihren vorhandenen Normen, Werten, Verhaltensweisen etc. überhaupt nicht oder nur teilweise berücksichtigt werden [vgl. French/Bell 1994, S. 32; Stein/Westermayer in, Busch 2000, S. 84], weil diese wesentlich schwieriger zugänglich sind (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Der organisatorische Eisberg [Rüegg-Stürm 2001, S. 29] Der „Business Engineering”-Ansatz der Universität St. Gallen trägt diesem Notstand Rechnung und spricht in diesem Zusammenhang von der Notwendigkeit einer ganzheitlichen Transformation [vgl. Oesterle/Winter 2000, Vorwort].
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Abbildung 2: Ganzheitliche Transformation von Unternehmen [Oesterle/Winter 2000, S. 12] Dabei müssen in Abstimmung miteinander sowohl die fachlichen als auch die politisch-kulturellen Dimensionen eines Unternehmens verändert werden [vgl. Oesterle/Winter 2000, S. 12]. Während sich die fachlichen Dimensionen auf die traditionellen Modelle der Strategie-, Prozess- und Systementwicklung konzentrieren, stehen in der politisch-kulturellen Dimension die Bestandteile und Ausdrucksformen der Unternehmenskultur wie Motivation, Führung, Verhalten oder Machtverhältnisse im Vordergrund. Die Regale der Managementforschung sind voll mit Büchern zum Thema Veränderung von Unternehmenskulturen, was jedoch nichts über die Qualität des Inhalts und der Tiefe der Studien aussagt. Wer einen Leitfaden für die methodische Veränderung von Unternehmenskulturen sucht, muss sich die Angaben mühsam aus der Literatur heraussuchen. Zudem sind die vorhandenen Quellen aus der Literatur häufig oberflächlich beschrieben und decken nur einen Teil der „Phasen“ einer Unternehmenskulturveränderung ab. Vor dem Hintergrund der skizzierten Problemstellung wurde im Rahmen der Diplomarbeit „Integratives Vorgehensmodell für die methodische Veränderung von Unternehmenskulturen“ [Ferber et al. 2002] im Zuge des Nachdiplomstudiums Executive MBA in Business Engineering (MBE-HSG), ein vollumfängliches Vorgehensmodell für die Veränderung von Unternehmenskulturen definiert. Dabei war es ein Anliegen, den kompletten Veränderungsprozess, d.h. von der Initiierung des Kulturwandels bis hin zur Verankerung und Erfolgskontrolle der neuen Kultur, methodisch in Phasen zu unterteilen und entsprechende Ergebnisse zu definieren. Das Modell soll im Sinne eines integrativen Ansatzes die vorhandenen Führungssysteme im Unternehmen wie Strategie und Struktur (inkl. IT-Systeme) berücksichtigen oder auf diesen aufbauen.
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Kulturveränderung in der “Theorie”
Kulturveränderung in der “Praxis”
Gewonnene Erkenntnisse aus “Theorie & Praxis”
Vorgehensmodell zur Kulturveränderungen
Abbildung 3: Struktur der diesem Beitrag zugrundeliegenden Diplomarbeit Zu diesem Zweck wurde in einem ersten „theoretischen Teil“ die Grundlagen für alle nachfolgenden Überlegungen erarbeitet. Parallel dazu wurden sieben, in der Praxis durchgeführte Kulturveränderungsprojekte aus verschiedensten Branchen analysiert. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse führten zu zehn Grundhypothesen, welche im Zusammenhang mit den theoretischen Grundlagen die Basis für das entworfene Vorgehensmodell bildeten (vgl. Abbildung 3).
2 Grundlagen zum Thema Unternehmenskultur 2.1
Definition von Unternehmenskultur
Die Unternehmenskultur ist ein wesentlicher Bestandteil eines Unternehmens und quasi das Verbindende der Menschen im Unternehmen. Ohne Unternehmenskultur ginge es nicht, denn sie ist die Basis für jedes Handeln und Verhalten innerhalb einer Organisation [vgl. Regenthal 1997, S. 93]. Man „spürt“ sie, wenn man ein Unternehmen betritt. Trotzdem hat jedes Unternehmen seine eigene charakteristische Unternehmenskultur, ob es will oder nicht, ob sie eher positiv oder eher negativ zu bewerten ist [vgl. Schnyder 1989, S. 23]. Es gibt keine zwei Unternehmen, welche die gleiche Unternehmenskultur besitzen [vgl. Schubbe 1999, S. 158]. Sucht man in der Literatur nach einer allgemeingültigen Definition des Begriffes Unternehmenskultur, stösst man auf Hunderte von verschiedenen Varianten. Die in der Literatur am meisten zitierte Definition von Unternehmenskultur liefert Schein:
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Die Kultur einer Gruppe ist ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit diesem Problem weitergegeben wird [Schein 1995, S. 25].
2.2 Merkmale und Ebenen einer Unternehmenskultur Für eine strukturierte Gliederung von Kulturmerkmalen, bietet sich das 3-Ebenen Modell von Schein an [vgl. hier und im Folgenden, Schein 1995, S. 29-34]:
Artefakte
bekundete Werte
Grundprämissen
Sichtbare Strukturen und Prozesse im Unternehmen (leicht zu beobachten, aber schwer zu entschlüsseln)
Strategien, Ziele, Philosophie (bekundete Rechtfertigungen)
Unbewusste, selbstverständliche Anschauungen, Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle (Ausgangspunkt für Werte und Handlungen)
Abbildung 4: Ebenen der Kultur nach Schein [Schein 1995, S. 30]
2.2.1 Artefakte Artefakte sind offenkundige Zeugnisse eines Unternehmens und somit für den Beobachter leicht erkennbar. Man hört, sieht oder fühlt sie bereits nach wenigen Minuten, wenn man einem neuen Unternehmen mit noch unbekannter Kultur begegnet. Beispiele für Artefakte sind alle Erscheinungen eines Unternehmens, welche mit dem Auge empirisch wahrgenommen werden, die interne und externe Kommunikation, das Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten, das Verhalten unter den Mitarbeitern bzw. gegenüber der Umwelt, die Personal- und Füh-
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rungssysteme oder die Ausprägungen der Organisationsstruktur bzw. Informationssysteme in einem Unternehmen. Das Gemeinsame aller Artefakte ist, dass sie leicht zu beobachten, aber schwer zu entschlüsseln sind. Denn vielfach weiss der Beobachter nicht, was seine Eindrücke bedeuten und ob sie für die Beschreibung der herrschenden Unternehmenskultur überhaupt entscheidend sind. Dazu sind vertiefte Gespräche mit Mitarbeitern und Führungskräften notwendig, die zur nächsten Stufe, der Ebene der „bekundeten Werte“, führen. 2.2.2 Bekundete Werte Bekundete Werte bilden die Leitlinien, an denen sich die Mitarbeiter in ihrem täglichen Verhalten orientieren [vgl. Schein 1995, S. 31-33]. Dies können Ge- und Verbote, Tabus, bestimmte Arbeits- und Denkweisen, Richtlinien und Grundsätze (z.B. „Der Kunde ist König“) sein, die häufig in Form von Leitbildern schriftlich festgehalten und damit offiziell allen Mitarbeitern bzw. externen Interessierten zugänglich sind. Grundsätzlich dienen die bekundeten Werte zur Rechtfertigung einer herrschenden Unternehmenskultur und sollen bewusst wahrgenommen werden. Trotzdem widersprechen sie sich zum Teil und passen nicht immer zum beobachteten Verhalten. Um die Glaubwürdigkeit der bekundeten Werte zu beurteilen, muss man die Grundprämissen analysieren, aus denen sich die bekundeten Werte heraus entwickelt haben. 2.2.3 Grundprämissen Schein versteht unter Grundprämissen die in einem Unternehmen vorherrschenden Basisannahmen der Mitarbeiter über das Wesen der Welt, des Menschen und des Unternehmens. Ergänzt werden diese sowohl durch kollektive Ideale als auch durch Vorstellungen über Realität, Wahrheit und Gerechtigkeit sowie Zeit und Raum [vgl. Olbrich 1999, S. 14]. Über Grundprämissen wird in einem Unternehmen nicht diskutiert, weil sie als selbstverständlich gelten und deshalb in den Bereich des „Nichtverhandelbaren“ fallen [vgl. Schein 1995, S. 29-30]. Sie bestimmen unbewusst die Anschauungen, Gedanken und Gefühle der Mitarbeiter. Keiner innerhalb des Unternehmens würde eine Grundprämisse anzweifeln, denn sie haben sich über Jahre hinweg bewährt und zum Unternehmenserfolg geführt. Abweichende Meinungen würden als absurd erklärt und abgelehnt werden. Grundprämissen bilden sozusagen den Kern einer Unternehmenskultur. Sie sind der Ausgangspunkt für die Werte und Handlungen der Mitarbeiter, werden aber für den externen Beobachter erst nach gründlicher Analyse und längerem Kontakt mit dem Unternehmen bewusst.
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2.3 Wechselwirkungen einer Unternehmenskultur Die Unternehmenskultur ist kein autonomes, unabhängiges Element im Unternehmen, sondern steht einerseits in Wechselwirkung mit der Strategie und Struktur des Unternehmens (interne Wechselwirkungen) und anderseits mit den Elementen der Umwelt eines Unternehmens (externe Wechselwirkungen). Nur wer die Wirkungsmechanismen der Unternehmenskultur mit anderen Systemen in- und ausserhalb des Unternehmens kennt, bildet die Basis für eine erfolgreiche Veränderung von Unternehmenskulturen. Unternehmen
STRATEGIE
STRUKTUR
3
3 2
1
3 2
1
1
KULTURELLES SYSTEM 4
4
4
UMWELT 1 = Verankerungsgrad im Individuum 2 = Übereinstimmungsmass zwischen Individuum 3 = Harmonie mit unternehmerischen Systemen 4 = Harmonie mit Umwelt
Abbildung 5: Wechselwirkungen einer erfolgreichen Unternehmenskultur [Keller 1991, S. 66]
2.3.1 Unternehmenskultur, Strategie und Struktur Man stelle sich vor was passiert, wenn die Geschäftsleitung eines Unternehmens in ihrer neuen Strategie beschliesst – anstatt wie bisher ihre Produkte über ein Händlernetz zu verkaufen – den Direktvertrieb einzuführen. Auch wenn die notwendigen technischen und strukturellen Umstellungen wie Anpassung der Auf-
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bau- und Ablauforganisation, Einführung eines IT-unterstützten Verkaufssystems usw. erfolgt sind, wird die Geschäftsleitung feststellen müssen, dass diese Massnahmen alleine noch kein Garant für die prognostizierte Umsatzsteigerung sein wird. Ein Grund mag darin liegen, dass z.B. ein ehemaliger Händlerverantwortlicher im Unternehmen nicht automatisch die richtige Einstellung und Verhaltensweise einer für diese Arbeit notwendigen „Verkäufermentalität“ mitbringt. Da mögen Struktur und Marketingstrategie optimal aufeinander abgestimmt sein; wenn sie, wie in diesem Fall, nicht von einer kundenorientierten Unternehmenskultur getragen werden, ist der Misserfolg vorprogrammiert. Jeder kennt solche Beispiele, wo Mitarbeiter mit ihrer unpassenden Denk- und Verhaltensweise (häufig tituliert als die „falschen“ Leute) eine Neuorientierung in Strategie und Struktur erheblich behindern oder gar verhindert haben. Dies zeigt deutlich, dass bei einer Neuausrichtung nicht nur die Struktur nach der Strategie auszurichten ist [gemäss Chandler gilt: „structure follows strategy“, vgl. Chandler in, Rühli 1991, S. 184], sondern ebenfalls die Unternehmenskultur mitberücksichtigt werden muss. Entweder werden die neue Strategie und Struktur von den Rahmenbedingungen bzw. Eigenheiten der bestehenden Unternehmenskultur unterstützt, oder die Unternehmenskultur ist entsprechend zu verändern, dass sie eine tragfähige Basis für die zukünftige Strategie und Struktur bilden wird. Unternehmen sind dann erfolgreich, wenn sie durch gegenseitiges Abstimmen eine Harmonie zwischen Unternehmenskultur, Strategie und Struktur – den sogenannten „Strategy-Structure-Culture-Fit“ – erreichen [vgl. Bromann/Piwinger 1992, S. 105]. 2.3.2 Unternehmenskultur und Umwelt Jede Unternehmenskultur dringt aufgrund der vielfältigen Umweltbeziehungen mit den Kunden, Lieferanten, Partnern usw. auch in die „Aussenwelt“ und beeinflusst diese. In einer Zeit sich immer ähnlicher werdender Produkte und Leistungen legen externe Anspruchsgruppen Wert darauf, dass sich Unternehmen über eine unverwechselbare kulturelle Identität am Markt profilieren und sich so von den Wettbewerbern hervorheben. Aufgabe des Corporate-Identity-Programms [vgl. Bromann/Piwinger 1992, S.150ff.] ist es, diese Aussenwirkung zu erzeugen und damit für die Aussenkontakte zu gewährleisten, dass Fremd- und Eigenbild nicht zu stark divergieren. Unternehmen werden so für die Kunden in ihren Aktionen und Handlungen berechenbarer und damit vertrauenswürdiger. Nachteile einer zu starken Aussenwirkung der Unternehmenskultur können entstehen, falls die kulturellen Differenzen zwischen der eigenen und die des Kunden bzw. Lieferanten zu gross werden [vgl. Jacobsen 1996, S. 58].
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Wandel in den Werthaltungen: • “sinnerfüllter“ • “spassiger“ • “freier“ • “humanistischer“ Wandel im Arbeitsmarkt: • “weiblicher“ • “qualifizierter“ • “älter“ • “multikulturell“
Allg. Rahmenbedingungen für Unternehmen
Wandel in der Wirtschaft: • “internationaler“ • “wettbewerbsstärker“ • “zeitbewusster“ • “umweltbewusster“
Wandel in der Technologie: • “anspruchsvoller“ • “schneller“ • “kurzlebiger“ • “innovativer“
Abbildung 6: Allgemeine Rahmenbedingungen für Unternehmen [vgl. Oertig 2000, S. 25] Umgekehrt ist es die Umwelt, die einen starken Einfluss auf die Unternehmenskultur ausübt. Die Literatur spricht in diesem Fall von der Innenwirkung auf eine Unternehmenskultur [vgl. Rühli 1991, S. 15]. Eine erfolgreiche Kulturgestaltung sollte deshalb mit Hilfe einer Umweltanalyse die veränderten Rahmenbedingungen der Umwelt aufnehmen. Dies sind der Wandel in den Wertehaltungen, Wandel in der Zusammensetzung des Arbeitsmarktes, Technologiewandel und der Wandel in der Wirtschaft (vgl. Abbildung 6). Zusammenfassend ergeben sich durch den Wandel der Umwelt folgende allgemeine Rahmenbedingungen an das heutige Unternehmen: Die Strategie muss sich an den Gegebenheiten und Randbedingungen der Umwelt orientieren und muss auf diese ausgerichtet sein. Technologische, wirtschaftliche, demographische und soziale Entwicklungen einer Gesellschaft gedeihen auf dem Nährboden ihrer Kultur [vgl. Keller 1991, S. 72], d.h. auch die Kultur eines Unternehmens muss in Harmonie mit den Umweltveränderungen, insbesondere den gesellschaftlichen Veränderungen sein. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Werte der Unternehmenskultur im Widerspruch zu den Werten der Gesellschaft stehen und mögliche Chancen und Trends verpasst werden.
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2.4 Voraussetzungen für Kulturveränderungen Um Widerstände zu minimieren, sollten Unternehmen bei den Mitarbeitern ein gemeinsames Verständnis für die Veränderung erwecken, ihnen die Notwendigkeit, Hintergründe, Konsequenzen, aber auch den individuellen Nutzen aufzeigen können [vgl. Manella 2000, S. 85]. Oder anders ausgedrückt: Eine Veränderung kann nur dann stattfinden, wenn diese für den Einzelnen bedeutungsvoll ist, d.h. einen „Sinn“ ergibt, oder gemäss Manella für den Einzelnen relevant wird. Dabei bildet sich Relevanz immer um den Nutzen für die Einzelnen, nie um die Ziele einer Kulturveränderung [sinngemäss verstanden aus Vorlesung Prof. J. Manella vom 24.1.02], d.h. wer eine Unternehmenskultur wirklich beeinflussen bzw. steuern will, muss nicht nur die bestehende Kultur, sondern auch die Relevanz der Veränderung für jeden Einzelnen erkunden. Eine weitere Überlegung im Zusammenhang mit der Kulturanalyse bildet der Einfluss des Kontexts, in dem die Unternehmenskultur eingebettet ist. Der Kontext beinhaltet Geschichten, Vorstellungen, ein geistiges Produkt, welches den sozialen Prozessen zur Lösung der täglichen Arbeit, sprich dem „Tun“ im Unternehmen, seine Bedeutung gibt. Man erkennt die Bedeutung vom Tun im Kontext und der Kontext gibt dem Tun Bedeutung [sinngemäss verstanden aus Vorlesung Prof. J. Manella vom 24.1.02]. Die Menschen haben gelernt, dass bestimmtes Tun innerhalb eines Kontexts Sinn macht und dem Tun Bedeutung gibt oder etwas Bedeutsames wird aus dem Kontext herausgebildet. Der Einfluss des Kontexts, in welchen die Kultur eingebettet ist, muss erfasst und in Beziehung zur Kultur transparent gemacht werden.1 Eine weitere wesentliche Voraussetzung für Kulturveränderungen ist das Vorhandensein einer Kulturvision. Sie gibt die „Richtung“, den Weg für eine zielorientierte Entwicklung der Kultur an. Das anzustrebende „Licht am Horizont“ muss sichtbar gemacht werden. Eine authentisch, glaubhaft und klar formulierte Vision, keine plakativen „Allerweltsaussagen“, kann ein Unternehmen wie eine unsichtbare Kraft nach vorne ziehen und zu aussergewöhnlichen Leistungen treiben. Dabei ist der Inhalt einer kulturellen Vision für jedes Unternehmen speziell zu erarbeiten, weil jedes Unternehmen unterschiedliche Anforderungen und Bedürfnisse hat.
1
Eine weitere Frage lässt sich durch den oben aufgeworfenen Zusammenhang zwischen Kontext und Relevanz beantworten. Nämlich die Frage inwieweit die Kultur, in die das Unternehmen eingebetet ist (Länderkultur) auf die Unternehmenskultur selber Einfluss hat. Die Länderkultur bildet den Kontext in der die Unternehmenskultur eingebetet ist. Die Bedeutung des Tuns wird durch den Kontext bestimmt. Deshalb hat die Länderkultur einen wesentlichen Einfluss auf die Kultur eines Unternehmens, d.h. auch, dass das Vorgehen, um eine Veränderung der Unternehmenskultur zu initiieren an die jeweilige Länderkultur angepasst werden muss.
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3 Gewonnene Erkenntnisse zu Kulturveränderungen aus der Praxis Analysen von sieben durchgeführten Kulturveränderungsprojekten [vgl. Ferber et al. 2002], bei verschiedenen Unternehmen aus der Industrie und dem Dienstleistungsbereich führten zu folgenden Grundhypothesen: • Kultur ist veränderbar: Die zum Thema Veränderung einer Unternehmenskultur gefundenen Beiträge sowie die beobachteten Kulturprojekte diverser Unternehmen haben gezeigt, dass der Wandel aktiv geplant werden kann und Kulturveränderungen erfolgreich realisiert bzw. wahrgenommen wurden. Was die Durchführung des Wandels angeht, so wurde oftmals nach dem Gebot der Flexibilität und gemäss Trial-and-Error vorgegangen. Statt einmal festgelegte Prinzipien vollumfänglich zu verwerfen, gilt es erfolgreiche Elemente einer bestehenden Idee, eines Verfahrens oder einer Struktur umzukonfigurieren und den spezifischen Bedürfnissen des Unternehmens anzupassen (Abrahamson definiert dies als kreative Imitation [vgl. Abrahamson 2001, S. 98]). Generell ist jedoch anzumerken, dass keine allgemeingültigen Rezepte existieren und nur sehr vage Auffassungen über Ursache und Wirkungen von Massnahmen und Instrumenten bestehen. • Kulturwandel in Abstimmung mit der Strategie: Es wurde festgestellt, dass Kultur an die Strategie des Unternehmens angepasst werden muss und nicht umgekehrt, zumal das Kerngeschäft ausnahmslos im Vordergrund steht und die angestrebte SOLL-Kultur zwar wichtig und förderlich, aber letztlich zweitrangig ist. Die Gestaltung der Unternehmenskultur als Teil der strategischen Unternehmensentwicklung muss ganzheitlich und langfristig alle Relevanzen der Anspruchsgruppen im bzw. ausserhalb des Unternehmens berücksichtigen. • Das Management ist die treibende Kraft: Kulturentwicklungen gehen grundsätzlich von der Unternehmensführung aus. Die „Sichtbarkeit der Führungskräfte“ im Unternehmen und die direkte Auseinandersetzungen mit dem Wandel wird als wichtig erachtet, um das Verständnis und Vertrauen der Mitarbeiter für die Veränderungsmassnahmen zu gewinnen [vgl. Hilb (TECTEM) 2000, S. 3]. Das Management – so wurde festgestellt – hat zudem gelernt, sich mit den Mitarbeitern auseinander zu setzen, andere Sichtweisen anzuhören und sich dadurch neue Betrachtungsweisen zu erschliessen. • Die Mitarbeiter werden einbezogen: Um die Mitarbeiter des Unternehmens zu motivieren, ihnen eine Identifizierungsmöglichkeit zu geben und sie dahin zu bringen, eine Kultur aufzunehmen bzw. zu vertreten, sollten sie an der Erarbeitung und Entwicklung der Unternehmenskultur beteiligt werden. In diesem Sinne sind der Einbezug, die Mitsprache und/oder Mitgestaltung der Betroffenen proaktive Massnahmen. • Entscheidend ist die konsequente Durchsetzung: Schwergewichtig wurde festgestellt, dass neben dem Führen mit Zielen die entsprechende Übertragung von Verantwortung, die Förderung und Forderung der Mitarbeiter aller Stufen auf-
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grund ihres Könnens und ihrer persönlichen Bereitschaft als zentrale Punkte bei der Durchsetzung2 von Kulturprojekten gelten. Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation: In der Praxis bleibt das Verständnis über Unternehmenskultur oftmals unklar oder zumindest einseitig bestimmt [vgl. Bate 1997, S. 124]. Erfolgreiche Kulturentwicklung setzt voraus, dass die Inhalte einer neuen Unternehmenskultur in der Gesamtheit erfasst – und auch verstanden werden. Je besser die Mitarbeiter das Geschehen um den Kulturwandel verstehen, desto mehr sind sie an den Ergebnissen und Veränderungen interessiert [vgl. Hilb (TECTEM) 2000, S. 3]. Im Hinblick auf die Motivation spielt Kommunikation – verstanden als gegenseitiger Informationsaustausch – eine zentrale Rolle3. Kulturwandel ist ständiges Lernen: Der teilweise langwierige und mühsame Prozess des Verlernens und Umlernens wird sich in den wenigsten Fällen reibungslos vollziehen. Enttäuschungen und Rückfälle in alte Gewohnheiten und Gewissheiten sind unvermeidlich. Eine Auseinandersetzung mit den Gefühlen der einzelnen Mitarbeiter soll Anlass für mehr Unterstützung und gemeinsames Training sein. Das ständige Lernen entpuppt sich dabei als eine alle angehende Notwendigkeit und muss deshalb in der Organisation verankert werden. Ohne Coaching geht es nicht: Langfristig lassen sich Unternehmenserfolg und Erfüllung der Mitarbeiterinteressen nur gemeinsam erreichen. Damit wird das kontinuierliche Coaching4 der Betroffenen während allen Phasen der Veränderung zu einem kritischen Erfolgsfaktor. Eine Erfolgskontrolle bleibt schwierig: Die Erfolgskontrolle bei einem Wandelprozess ist von entscheidender Bedeutung. Eine Kontrolle bleibt notwendig, um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, ob die Unternehmenskultur der formulierten Vision entspricht und ob die mit der Philosophie verbundenen Wirkungen bei den Anspruchsgruppen erreicht wurden.5 Kulturwandel braucht Zeit: Jede neue Kultur braucht Zeit zu wachsen. Allfällige kurzfristige Nutzenüberlegungen dürfen nicht dazu verführen, die Unternehmenskultur opportunistisch den aktuellen Gegebenheiten oder den modischen Strömungen anzupassen.
Durchsetzung ist hier im Sinne von Realisierung, Umsetzung zu verstehen. Unter Kommunikation wird hier ein gegenseitiger Informationsaustausch (Dialog) dergestalt verstanden, dass die Botschaft des Senders beim Empfänger ankommt, von diesem hinterfragt (nachvollzogen) und schlussendlich in der beabsichtigten Art und Weise auch verstanden wird. Coaching heisst, die Potentiale der Mitarbeiter auf ihrer Entwicklungsstufe zu entfalten, damit diese ihre Leistungen optimieren können, wobei Coaching die Fähigkeit eines Menschen freisetzt, seine Leistung selbst zu steuern [Haberleitner et al. 2002, S.50]. Ein Unternehmen kann dann als erfolgreich bezeichnet werden, wenn es die Anforderungen ihrer diversen Anspruchsgruppen erfüllt bzw. übertrifft (z.B. Unternehmenssicherung, absolute und/oder relative Gewinnerzielung, Erfüllung der sozialen Verantwortung).
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4 Das integrierte Vorgehensmodell zur Veränderung von Unternehmenskulturen 4.1 Der „Kultur-Kompass“
Analyse
Mit dem Kultur-Kompass wird im Folgenden ein Leitfaden vorgestellt, welcher den gesamten Prozess der Veränderung, aber auch die permanente Pflege von Unternehmenskulturen strukturiert. Der Kultur-Kompass soll als Orientierungshilfe bei der Durchführung von Kulturveränderungsprojekten dienen.
Initiieren
Orientieren
Prozess
Inhalt
Gestalten
Konzeption
Implementieren
Abbildung 7: Kultur-Kompass zur Veränderung von Unternehmenskulturen Auf der obersten Ebene wurde das Vorgehensmodell in vier Arbeitseinheiten gegliedert. Dies sind die Arbeitseinheiten Initiieren, Orientieren, Gestalten und Implementieren. Eine der aufgedeckten Schwachstellen von bestehenden Vorgehensmodellen ist es, dass es keine Phase gibt, in der methodisch die notwendige Aufmerksamkeit für eine Kulturveränderung erzeugt und die oberste Führungsebene für das Thema sensibilisiert wird. Diesem Umstand wird damit Rechnung getragen, dass der Kultur-Kompass mit der Arbeitseinheit „Initiieren“ startet.
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Die Zusammenhänge der aktuellen Kultur zu kennen ist Voraussetzung für die Definition einer SOLL-Kultur. Diese Erkenntnis wird in der Arbeitseinheit „Orientieren“ berücksichtigt. Dabei wird einerseits aus internen und externen Quellen die bestehende Kultur in ihren Grundannahmen, Werten und Normen hergeleitet, und anderseits werden wichtige Ergebnisse, Trends und Beobachtungen für die Gestaltung der SOLL-Kultur bestimmt. Ziel und Inhalt der Arbeitseinheit „Gestalten“ ist es, eine Kulturvision in Form eines Leitbildes zu erarbeiten, welches im Einklang mit der Strategie, der Struktur und der Umwelt ist. Mit einem SOLL-IST Abgleich wird der Unterschied zwischen der aktuellen und der angestrebten Kultur identifiziert. Die so aufgedeckte „Kulturlücke“ führt zur Erarbeitung von Massnahmen, welche die Grundlage für die nächste Arbeitseinheit bildet. In dieser nächsten und letzten Arbeitseinheit „Implementieren“ geht es darum, die Kultur im Unternehmen langfristig zu verankern und zu untersuchen, inwieweit eine seriöse Erfolgskontrolle durchgeführt werden kann. Neben der Unterteilung in Arbeitseinheiten gibt es ein weiteres „Strukturierungsmerkmal“ im Kultur-Kompass. Die vier Arbeitseinheiten werden mit Hilfe einer X- und Y-Achse in einen Bezugsrahmen gesetzt. Die Ausprägungen des Bezugsrahmens charakterisieren den Arbeitsschwerpunkt in der jeweiligen Arbeitseinheit. Entlang der X-Achse sind die Ausprägungen Prozess und Inhalt. Entlang der Y-Achse Analyse und Konzeption. Die Unterteilung in die vier Arbeitseinheiten und der durch die Achsen definierte Bezugsrahmen stellen die statische Sicht des Vorgehensmodells dar. Dieser statischen Sichtweise steht eine dynamische Sichtweise gegenüber, welche den prozedualen Aspekt bei der Durchführung eines Kulturveränderungsprojektes berücksichtigt (symbolisiert durch den „Pfeil“ im Kultur-Kompass). Bei einem Kulturwandel sollen die Arbeitseinheiten der Reihe nach, beginnend mit der Einheit „Initiieren“, im Uhrzeigersinn durchlaufen werden. Mit dem „Implementieren“ ist die Kulturveränderung abgeschlossen. Anhand der Erfolgskontrolle ergeben sich Rückschlüsse über die SOLL-IST Abweichung und das kann wiederum Auslöser für eine neue „Initiierung“ sein. Hiermit wird ein permanenter Prozess der Unternehmenskulturpflege in Gang gesetzt. In den folgenden Kapiteln werden nun die einzelnen Arbeitseinheiten und ihre Konzepte diskutiert. Es werden die Zielsetzungen der jeweiligen Einheiten und die verschiedenen Aspekte des Vorgehens besprochen.
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4.2 Kultur-Kompass - Arbeitseinheit I: Initiieren „Initiiere Bewegung, um zu sehen, wie die Dinge zusammenhängen. Denn nur was sich bewegt, kann man verändern [unbekannt].“
Sensibilisierung
Veränderungsbereitschaft oberste Führungsebene
Machtsystem
Machtpromotoren
Organisation
Organisatorische Voraussetzungen
Initiieren
Orientieren
Implementieren
Gestalten
Abbildung 8: Arbeitseinheit „Initiieren" Initiativen für Kulturveränderungsprojekte entstehen z. B. aus Gründen wie der Anpassung an eine neue Strategie (vgl. Kapitel 2.3.1), einem Wechsel im Management, Unternehmenszusammenschlüsse, Marktliberalisierung, Wertewandel usw. Ein weiterer Auslöser, um die Arbeitseinheit „Initiieren“ zu starten und damit den gesamten Prozess des Kultur-Kompasses zu durchlaufen, sind die Rückkoppelungseffekte aus den Erfolgsmessungen in der Arbeitseinheit „Implementieren“ (vgl. Kapitel 4.5). Wobei in diesem Fall nicht von Kulturveränderung, sondern von Kulturpflege oder Kulturentwicklung gesprochen wird. Die Zielsetzung in der Arbeitseinheit „Initiieren“ besteht darin, die Veränderungsbereitschaft der obersten Führungsebene im Unternehmen sicherzustellen und eine Machtbasis für die Umsetzung des Vorhabens zu schaffen. Insbesondere bei Kulturveränderungsprojekten ist es die oberste Führungsebene, welche das Gelingen des Vorhabens unterstützen, aber gleichzeitig auch verhindern kann. Dabei bedarf es einer kritischen Masse von Führungskräften, welche für die Veränderung zu begeistern ist, um diese im Unternehmen durchzusetzen. Damit wird auch eine Sogwirkung erzeugt, für Führungskräfte, die nicht von Anfang an von der Notwendigkeit einer Kulturveränderung überzeugt sind. Neben diesen politischen bzw. taktischen Überlegungen sind auch die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen und Strukturen von Bedeutung, damit das Vorhaben „Kulturveränderung“ auch effizient umgesetzt werden kann. Dies alles führt zu den folgenden Schritten, die in der Arbeitseinheit „Initiieren“ bearbeitet werden müssen:
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• Sensibilisierung • Machtsystem • Organisation 4.2.1 Sensibilisierung Ziel der Sensibilisierung ist es, ein Bewusstsein für die Notwendigkeit eines Kulturwandels zu schaffen und die nötige Veränderungsbereitschaft der obersten Führungsebene sicherzustellen. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, dass die Vergangenheit entsprechend gewürdigt wird [vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 449] und die Veränderungen – auf Grund der sich verändernden Umwelt – neu hergeleitet werden. Es muss bewusst gemacht werden, dass das, was in der Vergangenheit gültig war, jetzt in einem anderen Kontext steht und deshalb verändert werden muss. Damit wird auch das Bewusstsein für die Notwendigkeit der bevorstehenden Veränderungen geschaffen. Dies kann beispielsweise durch einen Transaktionsworkshop [vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 448] erreicht werden. 4.2.2 Machtsystem Parallel zum Arbeitsfeld „Sensibilisierung“ geht es darum, sich das Machtsystem zu sichern, welches für einen erfolgreichen Kulturwandel erforderlich ist. Das beinhaltet vor allem eine „kritische Masse“ von Führungskräften zu mobilisieren, die die Veränderung aktiv unterstützen und mitbegleiten können und auch wollen. Dabei sind folgende Aktivitäten notwendig: • Promotoren für das Vorhaben identifizieren bzw. überzeugen Dies ist umso schwieriger, je grösser das Beharrungsvermögen der aktuellen Unternehmenskultur ist. Die eigene starke Kultur kann den Wandel blockieren. Hier muss es anerkannte und starke Promotoren in der obersten Führungsebene geben, welche die Neuerungen mit ihrem ganzen Gewicht und Einfluss unterstützen. Zusätzlich können an dieser Stelle externe Kulturberater helfen und als Katalysatoren für den Wandlungsprozess wirken. • Die Bereitschaft der identifizierten Promotoren sicherstellen Ziel muss es sein, dass sich die identifizierten Promotoren öffentlich, im Sinne des Unternehmens, zur Kulturveränderung bekennen und somit eine Sogwirkung für „Unentschlossene“ erzeugen. • Rhythmusgruppen orten [Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 439] Hier geht es darum, in einer frühen Phase festzustellen, wo der Veränderungsprozess anzusetzen ist. Dabei stellt sich die Frage, welche Gruppe innerhalb der Organisation „den Ton angibt“ bzw. „den Rhythmus bestimmt“. Dies muss nicht notwendigerweise die oberste Führungsspitze des Unternehmens sein. In einem Krankenhaus sind es als Beispiel weniger die Chefärzte, die den Rhythmus vorgeben, sondern häufig die Oberschwestern, die die alltäglichen Interaktionsmuster vorleben [vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 439].
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4.2.3 Organisation Im Arbeitsfeld „Organisation“ geht es darum, die organisatorischen Voraussetzungen für den Kulturwandel zu schaffen. Dabei sind im Sinne des Projektmanagements die Strukturen und Verantwortlichkeiten festzulegen und die notwendigen Ressourcen bereitzustellen. Wobei es vor allem darum geht, den Rahmen inkl. der Grobplanung für die Arbeitseinheiten „Orientieren“ und „Gestalten“ zu definieren.
4.3 Kultur-Kompass - Arbeitseinheit II: Orientieren „Wenn man versucht, eine Kultur zu ändern, muss man zuerst die Kultur und ihren Kontext, in den sie eingebettet ist, verstehen [Univ. Prof J. Manella].“
Initiieren
Orientieren
Strategieanalyse
Grundorientierung
Relevanzanalyse
Interessen der Anspruchsgruppen
Kulturanalyse
Umweltanalyse Implementieren
Artefakte, Werte, Grundprämissen
Kontext
Gestalten
Abbildung 9: Das 4-Stufen-Modell der Arbeitseinheit „Orientieren" Die Beantwortung der Frage „Wie ist etwas?“, ist die Voraussetzung dafür, um etwas Vorhandenes, Bestehendes zu verändern. Zielsetzung der Arbeitseinheit „Orientieren“ ist es demnach, die Grundlagen für die konzeptionelle Phase des Gestaltens zu schaffen. Die Frage, die sich hier stellt, ist: Welches sind die notwendigen Informationen, um darauf aufbauend gestalterische Massnahmen für die Veränderung einer Unternehmenskultur zu definieren? Unternehmen sind dann erfolgreich, wenn sie durch gegenseitiges Abstimmen eine Harmonie zwischen Unternehmenskultur, Strategie und Struktur erreichen [vgl. Bromann/Piwinger 1992, S. 105]. Um diesen Abgleich durchführen zu können, sind zumindest die Strategie und die Kultur des Unternehmens zu analysieren. Die Struktur selbst kann Hinweise auf die Kultur eines Unternehmens liefern und ist deshalb Bestandteil einer eigentlichen Kulturanalyse. Neben diesen Informationen sind für das „Gestalten“ und „Implementieren“ die Relevanz für den
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Einzelnen und der Kontext (Umwelt), in den die Kultur eingebettet ist, von Bedeutung (vgl. Kapitel 2.3 und 2.4). Aufgrund dieser Erläuterungen und den Detailausführungen in den vorangegangenen Kapiteln lassen sich – im Zusammenhang mit der Arbeitseinheit „Orientieren“ – vier Analyseschritte unterscheiden: • Strategieanalyse • Relevanzanalyse • Kulturanalyse • Umweltanalyse 4.3.1 Strategieanalyse Aus der Vision wird die Strategie des Unternehmens abgeleitet. Sie sollte im Einklang mit der vorrangigen Wertekategorie6 und dem Leitbild des Unternehmens stehen. Eine Strategieanalyse beinhaltet die Identifizierung und Dokumentierung der Bestandteile Auftragsbeschreibung, Unternehmensziele, spezifische Strategien, kritische Erfolgsfaktoren und kritische geschäftliche Fragen [vgl. Geschäftsstrategieanalyse in, CSC Catalyst 1992]. Entweder beinhaltet die Strategie bereits explizite Aussagen über die Unternehmenskultur oder es können im Minimum Aussagen über die Grundorientierung eines Unternehmens herausgelesen werden. 4.3.2 Relevanzanalyse Werden Veränderungen im Unternehmen angestossen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Widerstand erzeugt wird (vgl. Kapitel 2.4). Dies auch deshalb, weil nicht jede Gruppe, die von den Veränderungen betroffen ist, in gleicher Weise von den Veränderungen profitiert. Aus der Sicht verschiedener Gruppen mag die Veränderung eine erhebliche Verschlechterung der aktuellen Situation darstellen (z.B. Machtverlust). Die Analyse der individuellen Relevanzen aller betroffenen Anspruchsgruppen ist Inhalt der Relevanzanalyse. Mögliche Widerstände können daraus erkannt und präventiv Massnahmen abgeleitet werden. 4.3.3 Kulturanalyse Die Darstellungen der Zusammenhänge zwischen den sogenannten harten Faktoren wie Strategie und Struktur sowie dem weichen Faktor „Kultur“ sind vielfach missverständlich. Die Kultur wird als etwas Unabhängiges, Eigenständiges (getrennt von den anderen Faktoren) betrachtet. Dies widerspricht der anthropologi6
CSC Switzerland AG unterscheidet z.B. zwischen den drei Wertekategorien Kunden-, Kosten- und Technologieführerschaft. Ein Unternehmen wählt üblicherweise eine der drei „Stossrichtungen“ – als Grundstrategie für ihre Produkte oder Dienstleistungen – aus. Anzumerken ist, dass immer alle drei Wertekategorien in einer Grundstrategie vorkommen und erfüllt sein müssen, aber die eine oder andere stark überwiegt und die restlichen dieser folgen [vgl. Geschäftsstrategieanalyse 1992].
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schen Sichtweise. Denn die Anthropologie sieht die menschliche Gesellschaft nicht als Besitzer einer Kultur, sondern die einzelnen Gesellschaften sind eine Kultur [vgl. Bate 1997, S. 22]7. Dieses Phänomen gilt also auch für Organisationen und somit ist eine eindeutige Trennung zwischen Kultur und Organisation (Struktur) nicht möglich. Aus diesen Überlegungen folgt, dass durch die Analyse der Struktur wertvolle Rückschlüsse auf die vorhandene Unternehmenskultur gemacht werden können. In der Regel herrscht in einem Unternehmen eine zukunftsorientierte Sichtweise. Diese manifestiert sich in der Vision und den konkreten Zielen des Unternehmens [vgl. Bate 1997, S. 141]. Analysiert man jedoch kulturelle Aspekte, so ist dies immer eine Vergangenheitsbetrachtung. Die aktuelle Kultur in einem Unternehmen, die Annahmen, Werte und Normen haben sich aus dem vergangenen Tun entwickelt. Was sich in der Vergangenheit als richtig erwiesen hat bzw. was funktioniert und zum Erfolg geführt hat, führt zu den Grundannahmen und Verhaltensmustern der Gegenwart. Aus diesem Grund eröffnet eine Analyse der „Entwicklung eines Unternehmens“ – von der Gründung bis zur Gegenwart – ein zusätzliches Verständnis für die aktuelle Kultur.8 Schein weist darauf hin, dass alle gewonnenen Daten aus der Strategie und Struktur eines Unternehmens die Entschlüsselung einer Kultur jedoch nur unterstützen, sie aber niemals vollständig beschreiben können [vgl. Schein 1995, S. 154]. Dies gilt auch für die Daten, welche aus der Unternehmensentwicklungsanalyse gewonnen werden. Um auf die Grundannahmen einer Unternehmenskultur vorzustossen, sind weiterführende Analysen notwendig. Aus der obigen Argumentation verstehen wir im Rahmen dieses Vorgehensmodell innerhalb der Kulturanalyse folgende drei Teilschritte: • Strukturanalyse • Unternehmensentwicklungsanalyse • vertiefte Kulturanalyse Bei der vertieften Kulturanalyse werden alle drei Ebenen einer Unternehmenskultur, d.h. die Artefakte, bekundeten Werte und die Grundprämissen, untersucht. Es ist darauf zu achten, dass die gewonnenen Kulturmerkmale aus den einzelnen „Ebenen“ interdependent [vgl. Schein 1995, S. 30] analysiert werden, d.h. die Deutung der Artefakte kann nur vorgenommen werden, wenn die Grundprämissen bekannt sind und diese mit den untersuchten Artefakte gegenseitig überprüft werden (vgl. Kapitel 2.2). Schein schreibt in diesem Zusammenhang:
Die Essenz einer Kultur liegt in der Struktur ihrer grundlegenden Annahmen, und erst wenn man diese begriffen hat, erfasst man auch die Oberflächenschichten (Artefakte und bekundete Werte) und ist imstande, sich wirklich darauf einzustellen [Schein 1995, S. 33]. 7
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Hinzu kommt, dass die von Bates vertretene (amerikanische) Sichtweise davon ausgeht, dass ein Unternehmen eine Kultur ist, währenddem der auch dieser Studienarbeit zugrundeliegende (europäische) Ansatz den Standpunkt gewählt hat, dass ein Unternehmen eine Kultur hat. Auch beim Menschen sagt der individuelle Werdegang (Lebensweg) viel über den Menschen selbst aus.
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Für eine Diagnose der Unternehmenskultur existieren eine Vielzahl Instrumente, wie z.B. Mitarbeiterumfragen, Mitarbeiterfördergespräche, Analyse von Austrittsgesprächen, Workshops – speziell zum Thema Unternehmenskultur mit ausgewählten Mitarbeitern, Metaphernanalyse [vgl. Morgan 1998, S. 20ff.] usw. Neben diesen sind auch bestimmte Kennzahlen wertvolle „Quellen“ für Rückschlüsse bezüglich Unternehmenskultur. Beispiele sind: Fluktuationsrate im Unternehmen, Rücklaufquote (Wie viele ehemalige Mitarbeiter kehren wieder in das Unternehmen zurück?), Abgänge innerhalb der Probezeit oder innerhalb des ersten Jahres, durchschnittliche Verweildauer des mittleren Managements, Teilnehmerzahl bei Firmenanlässen, durchschnittliche Anzahl von Krankentagen usw. 9 [vgl. Ferber et al. 2002]. 4.3.4 Umweltanalyse Bei der Gestaltung der SOLL-Kultur muss neben dem inneren auch der äussere Kontext, in welchem die Kultur eingebettet ist, berücksichtigt werden (vgl. Kapitel 2.3.2). Da dieser äussere Kontext ebenso Veränderungen unterworfen ist, kann es sein, dass das innere Kulturumfeld nicht mehr den äusseren Begebenheiten entspricht. Dies wird mit der Umweltanalyse festgestellt. Anhand einer Umweltanalyse wird der äussere Kontext ermittelt. Ziel der Umweltanalyse ist es, Entwicklungstendenzen zu erkennen und daraus mögliche Chancen und Gefahren für das Unternehmen als Ganzes, aber auch für die zukünftige SOLL-Kultur abzuschätzen. Die Analyse des Umfeldes kann in folgende Teilanalysen aufgegliedert werden [vgl. Pümpin/Geilinger in, Thommen 1996, S. 716-719]: Analyse der Trends und Entwicklungstendenzen in Bezug auf die Ökologie, die Technologie, die Wirtschaft, den demographischen und sozialpsychologischen Bereich sowie die Politik und das Recht, Marktanalyse mit den Teilbereichen Absatzmarkt, Beschaffungsmarkt, Kapitalmarkt sowie Arbeitsmarkt und der Analyse der Branche in Bezug auf Erfolgsfaktoren, Absatzkanäle, Preis, Lieferfristen usw.
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Erkenntnisse aus der Fallstudie „Geplanter Unternehmenskulturwandel“ der Siemens Nixdorf Informationssysteme (SNI) AG, Paderborn [vgl. Pullig 2000, S. 176-213].
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4.4 Kultur-Kompass - Arbeitseinheit III: Gestalten „Unternehmen sind dann erfolgreich, wenn sie durch gegenseitiges Abstimmen eine Harmonie zwischen Unternehmenskultur, Strategie, Struktur und Umwelt erzielen [vgl. Keller in, Rühli 1991, S. 65].“
Initiieren
Implementieren
Orientieren
Gestalten
SOLL-Kultur definieren
Leitbild
SOLL-IST Abgleich durchführen
Kulturdefizite
Veränderungsprogramm erstellen
Massnahmenkatalog
Abbildung 10: Gestaltung von Unternehmenskulturen Die Arbeitseinheit umfasst in einem ersten Schritt die Definition der SOLL-Kultur, in Abstimmung mit der formulierten Strategie des Unternehmens (vgl. Kapitel 4.3.1), den Interessen der betroffenen Anspruchsgruppen (vgl. Kapitel 4.3.2) sowie den gewonnenen Erkenntnissen aus der Umweltanalyse (vgl. Kapitel 4.3.4). Wie stark die neue SOLL-Kultur von der bestehenden IST-Kultur abweicht, wird anhand eines SOLL-IST Abgleichs in einem zweiten Schritt untersucht. Dabei wird die in der Arbeitseinheit „Orientieren“ analysierte Kultur (vgl. Kapitel 4.3.3) der definierten SOLL-Kultur gegenüber gestellt. Die daraus abgeleiteten „Kulturdefizite“ bestimmen den Inhalt des zu erstellenden Veränderungsprogramms. Daraus ergeben sich der Reihe nach folgende Vorgehensschritte für die Arbeitseinheit „Gestalten“: • SOLL-Kultur definieren • SOLL-IST Abgleich durchführen • Veränderungsprogramm erstellen 4.4.1 SOLL-Kultur definieren Bei der Wahl der Gestaltungsobjekte einer SOLL-Kultur gilt es sich zu überlegen, welche – gemäss Kapitel 2.2) beschriebenen Kulturmerkmale – den direkten Bezug zu den zukünftigen Werten, Regeln oder Verhaltensformen haben und somit als „Basis“ für alle anderen Kulturmerkmale dienen. Wo wird festgelegt, wie beispielsweise die zukünftigen Verhaltenskriterien auszusehen haben oder nach wel-
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chen Grundsätzen sich der neue Führungsstil richtet oder welchen Stellenwert die Umweltpolitik im Unternehmen einnehmen soll? Solche und ähnliche grundsätzliche Entscheidungen, die jedes Unternehmen individuell treffen muss, werden typischerweise im Leitbild ausformuliert. Somit bildet das Leitbild die Basis der eigentlichen SOLL-Ausprägungen einer Unternehmenskultur.10 So wie es kein uniformes Unternehmen gibt, gibt es kein Standardmuster für ein Leitbild. Hingegen empfiehlt sich in Anlehnung an [Bleicher 1994, S. 21-70] und [Bromann/Piwinger 1992, S. 48-59; S. 160-167] folgendes Vorgehen zur Anpassung oder Neuentwicklung eines Leitbildes, welches im Rahmen des vorgestellten Vorgehensmodells Anwendung findet:
Projektgruppe bestimmen
Rahmenbedingungen festlegen
Ideen sammeln
Inhaltsschwerpunkte bestimmen
SOLL-Leitbild ausformulieren
SOLL-Leitbild überprüfen, abnehmen Abbildung 11: Schritte zur Entwicklung eines Leitbildes Jede Firma, die heute etwas auf sich hält, besitzt ein Leitbild. Bei genauer Untersuchung stellt man jedoch fest, dass die Grundsätze vielfach von aussen „aufgepfropft“ wurden, von einer gut gemeinten Public-Relations-Aktion. Die Entwicklung des Leitbildes war nichts anderes als eine Redaktionsübung. Dabei ist gerade der Weg dahin entscheidend für die spätere Umsetzung im Unternehmen. Es ist eine generelle Erkenntnis, dass der Mensch sich eher mit Grundsätzen befreundet und später umsetzt, die er selber mitgestaltet hat [vgl. Gabele/Kretschmer in, Blei10
Die kulturellen Ausdrucksformen in Form der Artefakten und/oder Grundprämissen verändern sich in einem Kulturwandel indirekt, beispielsweise aufgrund eines Neudesigns (z.B. des Corporate Designs) oder in Form eines Lernprozesses (z.B. Verhaltensschulung).
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cher 1994, S. 67]. Wenn alle Mitarbeiter bei der Entwicklung beteiligt wären, so würde der Prozess der Erarbeitung gleichzeitig zum Prozess der Einführung werden. Auch wenn dies in der Praxis unmöglich ist, ist es für die spätere Identifikation entscheidend, dass möglichst viele Mitarbeiter direkt oder indirekt (z.B. mit Hilfe von Mitarbeiterumfragen) an der Entwicklung des Leitbildes teilhaben können. Eine weitere Feststellung bei der Begutachtung von existierenden Leitbildern ist die Tatsache, dass die Formulierungen zwar verständlich sind, jedoch häufig nichtssagend und inhaltslos wirken. Es scheint, als wollten sich die Unternehmen mit Ihren moderaten Aussagen nicht festlegen, um sich so für die Zukunft alle Optionen offen zu lassen. Dabei ist heute – im Zeitalter des Internets und der damit verbundenen leichten Vergleichbarkeit unter Mitbewerbern – die Einzigartigkeit eines Unternehmens, basierend nicht zuletzt auf einem unverwechselbaren Leitbild, mehr denn je gefragt.11 Schwingt das Pendel z.B. durch extravagante Ausführungen zu stark auf die andere Seite, indem Leistungen gefordert werden, die niemand zu erbringen in der Lage ist, erreicht man mit einem Leitbild jedoch das Gegenteil von dem, was ursprünglich beabsichtigt war. Der Grund liegt in der Überforderung der Mitarbeiter und Führungskräfte. Zuallerletzt sollte in einem Leitbild, insbesondere bei alteingesessenen Familienunternehmen, die Tradition und Kultur des Hauses nie verloren gehen. 4.4.2 SOLL-IST-Abgleich Aus dem erarbeiteten SOLL-Leitbild werden in einem ersten Schritt die wichtigsten Kulturmerkmale abgeleitet und den in Kapitel 4.3.3 erarbeiteten IST-Zustand gegenübergestellt. Zusätzlich werden die SOLL-Ausprägungen der einzelnen Kulturmerkmale bestimmt. Die identifizierten Lücken aus dem SOLL-IST-Vergleich geben wichtige Hinweise bezüglich der vorhandenen „Kulturdefizite“. Diese bilden den Ausgangspunkt für das im nächsten Schritt zu erstellende Veränderungsprogramm. 4.4.3 Veränderungsprogramm Bestandteile des Veränderungsprogramms sind die Massnahmen, die definiert werden, um die „Lücken“ zwischen SOLL und IST zu schliessen. Alle Massnahmen werden im Massnahmenkatalog – dem Ausgangspunkt für die Arbeitseinheit „Implementieren“ – zusammengefasst:
11
In Grosskonzernen mit einem international gültigen Leitbild lässt sich ein „lokales“ Leitbild - z.B. für eine untergeordnete Länderorganisation - anhand des „MatrioschkaAnsatz“ von Prof. M. Hilb ableiten [vgl. Hilb 2000, S. 46]. Die „Profilmethodik“ von Prof. K. Bleicher bietet ebenfalls eine Hilfe zur Gewinnung aussagekräftiger Formulierungen [vgl. Bleicher 1994, S. 54-55].
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Wer:
Massnahmen:
erledigt bis:
Vorgehen:
Hilfsmittel:
Erfolgskriterium:
Abbildung 12: Massnahmenkatalog Der Massnahmenkatalog legt fest, wer, was, bis wann, wie, womit (Hilfsmittel) und mit welchem Erfolg in der Arbeitseinheit „Implementieren“ zu erledigen hat [vgl. Hilb 2000, S. 194]. Vorbereitend für die in der Arbeitseinheit „Implementieren“ zu erfolgende Erfolgskontrolle, sollen pro Massnahme quantifizierbare Mess- und Zielgrössen definiert werden. Massnahmen:
Messgrösse:
Zielgrösse:
„Weitere Schulung“ durchführen
Anzahl Teilnehmer
100% aller Mitarbeiter besuchen die Schule
Mitarbeiterumfrage durchführen
Anzahl retournierter Fragebögen
> 50% der versendeten Fragebögen
……………
…………
………..
Abbildung 13: Festlegen der Mess- und Zielgrössen pro Massnahme
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4.5 Kultur-Kompass - Arbeitseinheit IV: Implementieren „Ein kultureller Wandel kann im Unternehmen nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn sich die Denkweise der Mitarbeiter verändert. Dies ist nur dann möglich, wenn die Führungskräfte alle betrieblichen Aktivitäten nach der angestrebten Kultur ausrichten [Ein Personalverantwortlicher aus der Industrie im Interview].“
Mobilisierung
Informieren Aufbruch erzeugen
Veränderung
Massnahmen umsetzen
Verankerung
Sichern, stabilisieren, Erfolgskontrolle, Pflege
Initiieren
Orientieren
Implementieren
Gestalten
Abbildung 14: Arbeitseinheit „Implementieren" In der Arbeitseinheit „Gestalten“ wurde das konzeptionelle Gerüst für den Kulturwandel entworfen. In der Arbeitseinheit „Implementieren“ geht es darum, ein Vorgehen zu entwickeln, wie dieses konzeptionelle Gerüst zum Leben erweckt werden kann und um sicherzustellen, dass langfristig die in Kapitel 4.4 definierte SOLL-Kultur im Unternehmen verankert wird. Im vorliegenden Vorgehensmodell wurde hierfür ein Durchsetzungskonzept (vgl. Abbildung 15) entwickelt, welches die zwei Gruppen Führung und Mitarbeiter beinhaltet. Während die Mitarbeiter im Zuge einer Veränderung die Stadien der Bereitschaft durchlaufen (vgl. Abbildung 15), liegt die „aktive“ Rolle innerhalb der Implementierung bei der Führung. Bevor die definierten Massnahmen aus der Arbeitseinheit „Gestalten“ umgesetzt werden können, gilt es die Massen im gesamten Unternehmen zu mobilisieren, um so die notwendige Aufmerksamkeit für die Veränderung zu schaffen. Für einen erfolgreichen Kulturwandel müssen die Veränderungen gesichert, stabilisiert und gepflegt werden. Dies erfolgt in der Phase Verankerung.
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Führung Elemente
Phasen
Mitarbeiter Massnahmen
Informieren Mobilisierung
Schulung durchführen
Kommunizieren
Kontrolle
Wahrnehmen und Verstehen der Notwendigkeit einer Änderung. Empfangen der “Botschaft“ und Bereitschaft zum Wandel
Sorge ums eigene Wohl
“Sich-auseinandersetzen“ mit der Änderung sowie dem vorgeschlagenen Vorgehen
Mentale Versuchsphase
“Wollen“ des Wandels von der bisherigen Kultur zu den angestrebten, neuen kooperativen Verhaltensweisen
Engagement
“Erlernen“ und “Beherrschen“ der neuen Kultur bis zum Stadium der Selbstverständlichkeit (Grundprämissen)
Artefakte verändern Veränderung
Verankerung
Sichern & stabilisieren Erfolgskontrolle Kulturpflege
Ergebnisse [vgl. Schwarz 1983, S.202]
Bewusstwerdung
Aufbruchstimmung erzeugen
Anordnen Vorleben
Stadien der Bereitschaft
Akzeptanz
Kultur nachhaltig im Unternehmen verankert Erfolg gemessen Korrekturmassnahmen eingeleitet
Abbildung 15: Tabelle Durchsetzungskonzept Die Arbeitseinheit Implementieren umfasst für die verantwortlichen Führungskräfte somit folgende drei Phasen: • Mobilisierung • Veränderung • Verankerung 4.5.1 Mobilisierung Ziel der Mobilisierung ist es – nachdem in der Arbeitseinheit „Initiieren“ bereits die oberste Führungsebene mobilisiert wurde (vgl. Kapitel 4.2) – jetzt auch die gesamte Organisation „in Bewegung“ zu setzen [vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 437]. Entscheidend in der Phase der Mobilisierung ist – neben dem formellen Informieren – die notwendige Aufbruchstimmung zu erzeugen. In der Praxis umgesetzt erfolgt dies häufig anhand von symbolischen Handlungen, wie z. B. Inszenierung
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des Kulturwandel mit Hilfe eines Theaterstücks12, festliche Einweihung des neuen Firmenlogos, Verteilen von Spruchbändern, Mausmatten, Anstecknadeln usw., Inszenierung der persönlichen Übergabe des neuen Leitbildes durch die Geschäftsführung usw. 4.5.2 Veränderung Die Veränderung erfolgt durch das Umsetzen der in der Arbeitseinheit „Gestaltung“ definierten Massnahmen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist folgendes: • Das richtige Timing für die Koordination der verschiedenen Massnahmen festlegen. Denn Artefakte für sich alleine zu schaffen, ohne diese in einen Bedeutungszusammenhang zu setzen, verfehlt die erwartete Wirkung. • Beibehalten von bestehenden und bewährten Ritualen, die den Mitarbeitern in Zeiten der Veränderung den nötigen Halt geben [sinngemäss verstanden aus Vorlesung Prof. G. Müller-Stewens vom 08.05.01]. Bereits in Kapitel 3 wurde auf die entscheidende Rolle der Kommunikation in einem Veränderungsprozess hingewiesen. Die Kommunikation muss vom ersten Tag der Umsetzung erfolgen, wobei in der Form, dem Inhalt und der Qualität zwischen der internen (Mitarbeiter) bzw. externen Kommunikation (Kunden, Lieferanten usw.) zu unterscheiden ist. Während „Informieren“ eindimensional ist und dabei lediglich Informationen in den „Köpfen“ der Mitarbeiter platziert werden, beinhaltet eine Kommunikation den gegenseitigen Austausch von Informationen, z. B. zwischen den Mitarbeitern oder zwischen Mitarbeitern und Management. Um diesen gegenseitigen Austausch in Gang zu bringen und auch wach zu halten, können Einrichtungen wie das regelmässige Feedback-Gespräch, initiierte Debatten unter den Mitarbeitern und bewusste Handlungen, welche das definierte Verhalten der SOLL-Kultur hinterfragen, dienen.
4.5.3 Verankerung Der letzte Schritt in der Arbeitseinheit „Implementieren“ umfasst das Verankern der Kultur. Im Rahmen des Vorgehensmodells beinhaltet dies: • das Sichern und Stabilisieren der neuen Kultur • die Durchführung der Erfolgskontrolle und • die Pflege der Kultur Im Sinne einer „Nachbetreuung“ sind jetzt noch die mit der Sicherung und Stabilisierung der Unternehmenskultur zusammenhängenden Aufgaben zu erledigen [vgl. Haberleitner et al. 2001, S. 59]: • Erstellen der vollständigen Abschlussdokumentation über den Kulturprozess 12
Der Ablauf gestaltet sich in einer einleitenden Würdigung der vergangenen Errungenschaften, gefolgt von den Unzulänglichkeiten der heutigen Unternehmenskultur, wodurch das Publikum (die Mitarbeiter) irritiert und so auf die neue Richtung eingestimmt werden.
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• Ableitung von weiteren Massnahmen („Folgependenzen“) • Information und Kommunikation über die Ergebnisse und den Ablauf Die Erfolgskontrolle hat das Ziel, die umgesetzten Massnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls Korrekturen einzuleiten. Spätestens nach Abschluss des Implementierens stellen sich der Geschäftsleitung die folgenden Fragen: Haben sich die Anstrengungen für das Kulturprojekt gelohnt? Wenn ja, wie können die Ergebnisse gemessen und beurteilt werden? Welcher Einfluss ist auf den finanziellen Erfolg des Unternehmens zu erwarten? Eine Erfolgskontrolle bleibt schwierig (vgl. Kapitel 3). Trotzdem ist es möglich, mit Hilfe verschiedener Verfahren [vgl. auch Schein in, Dülfer 1988, S. 134] indirekte Hinweise auf den Erfolg einer Kulturveränderung zu erhalten. Bewährtes Hilfsmittel diesbezüglich liefern Statistiken, welche die Entwicklung und Veränderungen ausgewählter Parameter in der zeitlichen Folge aufzeigen. Ist die neue Unternehmenskultur einmal eingeführt, gilt es sie „am Leben“ zu erhalten. Im Vorgehensmodell kommen dabei folgende Instrumente zur Anwendung: • Mitarbeiterfördergespräch13 • Permanente Information und Kommunikation • Überzeugen, vermitteln, helfen • Weiterführende Schulungen
5 Fazit Bei der Erarbeitung des Themas wurde den Autoren deutlich, dass ein Kulturwandel ein äusserst komplexes und umfangreiches Vorgehen darstellt. Die Veränderung einer Unternehmenskultur mit Anleitung eines „Kochbuchs“ durchzuführen scheint uns nicht realistisch. Das Vorgehen muss vielmehr situativ auf die speziellen Anforderungen des Unternehmens hin erarbeitet werden. Dabei bietet der „Kultur-Kompass“ eine nützliche „Orientierungshilfe“, die in der gleichen Art und Weise, im vergleichbaren Umfang (d.h. über alle Phasen eines Kulturwandels) in der vorhandenen Literatur von uns nicht gefunden wurde. Die gefundenen Ausführungen beschränkten sich vielmehr auf Erfahrungsberichte oder auf spezielle Methoden für ausgewählte Themen im Zusammenhang mit Kulturveränderungen. Wie sich die Anwendbarkeit des „Kultur-Kompasses“ in der Praxis bewährt, ist schwierig abzuschätzen. In Zeiten des stetigen Wandels sind integrative Vorgehensmodelle für die Veränderung von Unternehmenskulturen mehr den je gefragt. Dabei zeichnet sich eine Richtung für zukünftige Vorgehensmodelle ab, die den 13
Eine umfassendere, aber auch wesentlich aufwendigere Form ist die 360°-Beurteilung. Das 360°-Beurteilungskonzept unterscheidet folgende Stufen [vgl. Hilb 2000, S. 81ff.]: Selbstbeurteilung des Mitarbeiters (Stufe 1), Fremdbeurteilung des Mitarbeiters durch den Vorgesetzten (Stufe 2), Einsicht des nächsthöheren Vorgesetzten in die Konsensbeurteilung (Stufe 3), Fremdbeurteilung des Mitarbeiters durch die Geführten (Stufe 4), Fremdbeurteilung des Mitarbeiters durch die Arbeitskollegen (Stufe 5), Fremdbeurteilung des Mitarbeiters durch interne und externe Kunden (Stufe 6).
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wirtschaftlichen Nutzen einer Kulturveränderung (z. B. mit aussagekräftigen, einfach zu erhebenden und direkt zuzuordnenden „Kultur-Kennzahlen“) noch transparenter und quantifizierbarer herleiten können.
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Autorenverzeichnis Dr. Ferri Abolhassan SAP EMEA NEWS Neue Bahnhofstrasse 21 D-66386 St. Ingbert Eric Bauer Ch. Des Chalets 5 CH-1110 Morges Dr. Ulrike Baumöl Swiss Life AG IT Development & Integration Architektur General-Guisan-Quai 40 CH-8022 Zürich Thomas Beck Swiss Re Life & Health Mythenquai 50/60 CH-8022 Zürich Heinz Berger UBS AG WM&BB, Geschäftsbereich IT CH-8098 Zürich Rolf Bischofberger Winterthur Versicherungen WGR IT / WIVS Gärtnerstrasse 4a CH-8401 Winterthur Thomas Brack at rete ag Eisengasse 16 CH-8008 Zürich Andreas Burger Commerzbank AG ZTB I – TransAction Banking International D-60261 Frankfurt am Main
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Autorenverzeichnis
Alexander Etter Alcatel Schweiz AG Marketing und Business Development Friesenbergstrasse 75 CH-8055 Zürich Oliver Eugster Zürich Schweiz Marktorganisation Ost Thurgauerstrasse 80 CH-8050 Zürich Daniel Fasnacht PhD Candidate in Strategic Management Nottingham University Business School Jubilee Campus, Wollaton Road Nottingham NG8 1BB UK Philip Ferber KPMG Fides Business Performance Services Badenerstrasse 172, Postfach CH-8026 Zürich René Früh PubliGroupe SA Shared Service Center Europe Hochbergerstrasse 15 CH-4002 Basel Christian Fux F. Hoffmann-La Roche Ltd. Diagnostics Division Global SAP Program Management Grenzacherstrasse 124 CH-4070 Basel Martin Gehring UBS AG Corporate Employee Financial Services Bärengasse 29 CH-8098 Zürich
Autorenverzeichnis
Guido Grütter Eidg. Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Gruppe Verteidigung RUAG Business Park Stauffacherstrasse 65 CH-3001 Bern Prof. Dr. Thomas Gutzwiller IMG AG Fürstenlandstrasse 101 CH-9014 St. Gallen Markus Hausheer Credit Suisse IT Systems Engineering P.O. Box 600 CH-8070 Zürich Iris Hauter-Heinke Business Consulting: Business Engineering, Supply Chain Management Organizational Development Strasslacher Strasse 6 D-81479 München Siegmund Himmel Swiss Life AG IT Development & Integration Data Warehousing & Investment Solutions General Guisan Quai 40 CH-8022 Zürich Felix Huber Incentage AG Mülistrasse 18 CH-8320 Fehraltorf/Zürich Ariel Hugentobler IMG AG Fürstenlandstrasse 101 CH-9014 St. Gallen Eric Hunziker Armin Hunziker AG, Hunziker Hebebühnen AG, Maltech Holding AG Finanzen Kanzleistrasse 112 CH-8026 Zürich
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Autorenverzeichnis
Daniel Jörg Graubündner Kantonalbank Produktmanagement Postfach CH-7002 Chur Rolf Kaufmann Beundenring 17 CH-2560 Nidau Daniel Kesch Accenture Technology Solutions Solution Delivery Peter Merian-Strasse 82 CH-4002 Basel Daniel Kobler IMG AG Business Consulting Binzmühlestrasse 13 CH-8050 Zürich Thomas Kocherhans UBS AG WMS Intermediaries Postfach CH-8098 Zürich René Köfer Züricher Kantonalbank Bahnhofstrasse 9 CH-8001 Zürich Raphael Landolt branded experience Ackerstrasse 43 CH-8604 Volketswil Martin Liebich IMG AG Fürstenlandstrasse 101 CH-9014 St. Gallen
Autorenverzeichnis
Dr. Wolfgang Luef Verteidigung - Logistikbasis der Armee Informatik RUAG Business Park Stauffacherstrasse 65 CH-3003 Bern Daniela Mäder Pädagogische Hochschule Zürich Rektoratsstab Excellence Hirschengraben 28 CH-8090 Zürich Maria Märchy UBS AG Human Resources Bahnhofstrasse 45 CH-8098 Zürich Guido Meyer Helsana Versicherungen AG Produktmanagement Zürichstrasse 130 CH-8600 Dübendorf Kurt Meyer Swisscom Mobile AG Risk Management Belpstrasse 37 CH-3050 Bern Markus Moll Credit Suisse Core Banking Applications Postfach 600 CH-8070 Zürich Kurt Mühlethaler Novartis Pharma AG Global Marketing Services Lichtstrasse 35 CH-4056 Basel Thomas Müller Mettler-Toledo Global Electronics Heuwinkelstrasse CH-8606 Nänikon
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Autorenverzeichnis
Peter Oesch Swiss Casinos Services AG Finanzen Albisriederstrasse 164 Postfach 1263 CH-8040 Zürich Prof. Dr. Hubert Österle Institut für Wirtschaftsinformatik Universität St.Gallen Müller-Friedberg-Strasse 8 CH-9000 St.Gallen Alexander Otth UBS AG Business Development & Support PK Nüschelerstrasse 10 CH-8001 Zürich Stephan Plüss Audatex (Schweiz) GmbH Alte Winterthurerstrasse 14a CH-8304 Wallisellen Josef Rusch Knöpfel & Partner AG Unternehmensberatung Stampfenbachstrasse 153 CH-8035 Zürich Hans-Ulrich Schär Hewlett-Packard (Schweiz) GmbH Schorenweg 10 CH-4144 Arlesheim Thomas Schmitz SWX Swiss Exchange Selnaustrasse 30 CH-8021 Zürich Stefan Sieger Swiss Re Standards & Architecture Mythenquai 50/60 CH-8023 Zürich
Autorenverzeichnis
Peter Staub pom+Consulting AG Technoparkstrasse 1 CH-8005 Zürich Pirmin Steiner Credit Suisse Information Technology Uetlibergstrasse 231 CH-8070 Zürich Günther Waibel Zumtobel Staff GmbH Logistik Schweizerstrasse 30a A-6850 Dornbirn Lukas Weibel Migrosbank Business Engineering, Partner-, Konto- und Depotführung Seidengasse 12 CH-8023 Zürich Andreas Werder Credit Suisse IT Architecture and Standards Postfach 600 CH-8070 Zürich Rosmarie Widmer Gysel Erziehungsdepartement Regierungsrätin Herrenacker 3 CH-8200 Schaffhausen Prof. Dr. Robert Winter Institut für Wirtschaftsinformatik Universität St.Gallen Müller-Friedberg-Strasse 8 CH-9000 St.Gallen Stefan Zanetti Basler Versicherungen Corporate Development Aeschengraben 21 CH-4002 Basel
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Autorenverzeichnis
Martin Zeder NOK AG Business Engineering und Projekte Parkstrasse 23 CH-5401 Baden Markus Zenker BE Works Consulting Ostpreussenstrasse 58 D-81927 München
Index Ablauforganisation 406, 426 Agile Computing 121, 125, 126, 127, 130, 133, 134, 136, 139, 140, 144, 145, 146, 150, 151, 153 Applikation 30, 384 Architektur 4, 190, 224, 296, 338, 339, 341, 349, 358, 362, 439 ASP 158, 160, 167, 169, 170, 172, 174, 181, 186, 187, 190 Aufbauorganisation 406 Ausbildung 39, 250, 283, 330, 371, 372, 373, 470 Automatisierung 194, 209, 230, 247, 251, 422 Balanced Scorecard 23, 24, 30, 41, 48, 50, 366, 367, 369, 370, 375, 377, 455, 456, 473, 475, 476, 478, 510 Basisdienste 68 Benchmarking 349 Bewertungskriterien 273 Business Bus 68, 183, 216, 358 Business Collaboration 151, 174, 338, 345, 347, 349, 350, 357 Business Engineer 1, 2, 9, 10, 11, 13, 35, 36, 37, 39, 40, 48, 50, 74, 78, 80, 81, 144, 153, 154, 190, 240, 253, 256, 258, 271, 279, 282, 304, 334, 358, 400, 403, 405, 411, 424, 426, 456, 461, 478 Business Engineering 1, 2, 4, 5, 10, 11, 13, 35, 36, 37, 39, 40, 48, 50, 74, 78, 80, 81, 144, 153, 154, 190, 240, 253, 256, 271, 279, 282, 304, 334, 358, 400, 403, 405, 411, 424, 425, 426, 456, 461, 478 Business Networking 4, 40, 68, 150, 152, 154, 175, 183, 190, 238, 253, 355, 454 Business Process Redesign 425 Business-Engineering-Landkarte 248, 254
Change Management 13, 35, 36, 40, 42, 43, 47, 49, 50, 74, 250, 253, 384, 404, 458, 468, 472 Communities of Practice 384, 388, 389, 390 Community 2, 10, 11, 12, 27, 28, 147, 181, 238, 243, 250, 281, 290, 292, 294, 296, 390, 454 Competition 144, 146 Complexity 129, 132 Content Management 180 Corporations 163, 165, 176, 177, 183, 187 Customer Buying Cycle 59, 64, 258 Customer Relationship Management 29, 63, 67, 80, 81, 124, 135, 279, 282, 285, 331, 391 Data Warehouse 6, 209, 369 Datenqualität 370 Demand Chain 210 Detailhandel 194, 197, 198, 204, 207, 209, 211, 212, 216, 217, 219 Dienstleistung 24, 38, 42, 54, 57, 62, 65, 69, 80, 194, 196, 206, 212, 214, 230, 241, 259, 283, 295, 324, 325, 331, 335, 341, 364, 369, 380, 414, 423, 438, 439, 441, 447, 457, 460, 488 Digitalisierung 289, 291, 327, 431, 452 Distribution 55, 181, 182, 284, 304, 406 Distribution Services 181, 182 Dynamik 39, 374, 403, 424, 455, 456, 458, 460, 461, 467, 468, 480 e-Business 29, 230, 236, 248, 282, 297, 361, 363, 365 e-Commerce 291 EDI 167, 221 Eintrittsbarrieren 38 ELC Services 166 Elektronische Märkte 253, 281, 289, 305
594
Index
Enabler 3, 48, 197, 282, 323, 327, 358 Enterprise Portal 355 Entrepreneur 489, 490, 492, 494, 495, 497, 499, 502 Erfolgsfaktoren 7, 22, 37, 38, 39, 40, 41, 44, 45, 47, 50, 53, 196, 222, 237, 251, 385, 387, 403, 404, 410, 418, 421, 424, 455, 456, 460, 461, 463, 464, 474, 478, 492, 500 ERP 135, 136, 221, 356 e-Services 68, 69, 238, 244, 245, 246, 248, 291, 295 Exclusive Service Provider 150, 339, 352 Executive MBA 456 Externalisierung 408 Facility Management 324, 326, 328, 329, 331, 334, 335, 338, 339, 340, 341, 343, 345, 347, 350, 354, 355, 357, 359 Finanzindustrie 55, 77, 78, 257, 272 Führungsprozess 394 Geschäftsbeziehung 218, 259, 270, 346 Geschäftskonzept 411, 414 Geschäftslösung 67 Geschäftsmodell 2, 7, 8, 51, 53, 56, 57, 58, 70, 71, 78, 80, 1, 230, 239, 242, 243, 245, 248, 256, 282, 304, 333, 335, 338, 358, 401, 402, 406, 416, 418, 427, 437, 438, 444 Geschäftsnetzwerk 212, 340, 351, 352, 357 Geschäftsprozess 381, 391, 398 Geschäftsstrategie 7, 277, 386, 404, 420, 493 Geschäftstypen 401, 402, 404, 405, 410 Global Standard 221, 460 Handeln 21, 377, 442, 458, 459, 463, 506 Handlungsalternativen 78, 281, 286 Hierarchie 338, 389, 407, 408, 461, 487 Human Ressource 37
Identifikation 7, 9, 48, 54, 205, 206, 243, 286, 387, 392, 412, 414, 416, 418, 420, 421, 456, 461, 465 IMG 17, 19, 21, 23, 26, 28, 31, 32 Immobilienmanagement 323, 324, 327, 329, 333, 341, 356, 358 Immobilienmarkt 324, 325 Indikatoren Cockpit 474 Information 18, 30, 118, 120, 123, 124, 135, 149, 182, 190, 202, 208, 210, 216, 218, 247, 252, 259, 290, 293, 328, 330, 338, 380, 426, 431, 441, 444, 448, 450, 454, 512 Informations- und Kommunikationstechnologie 8, 42, 235, 237, 238, 282, 291, 292, 302, 330, 380, 402, 423, 428 Informationsmanagement 8, 248 Informationssystem 370 Informationstechnologie 2, 281, 287, 288, 302, 330, 335, 414, 447, 457, 480 Informationszeitalter 9, 17, 21, 25, 36, 39, 51, 53, 54, 56, 57, 58, 69, 71, 77, 80, 1, 230, 235, 236, 238, 239, 281, 328, 338, 358, 426, 457, 469 Infrastruktur 17, 18, 19, 20, 31, 42, 45, 194, 237, 238, 247, 296, 335, 338, 344, 345, 349, 350, 355, 363, 428, 433, 447, 496 479, 481, 488, 489, 500 Innovation 4, 39, 48, 146, 252, 332, 380, 488, 496, 499, 506 Innovationsmanagement 40, 284 Integration 47, 146, 163, 174, 181, 185, 197, 210, 217, 230, 238, 242, 246, 257, 283, 297, 303, 332, 338, 369, 381, 391, 399, 410, 421, 424, 430, 449, 456, 479, 487, 499, 507 Interaktion 204, 333, 334, 342, 346, 431, 460, 484 Internet 18, 30, 52, 118, 123, 131, 137, 140, 146, 149, 154, 158, 167, 174, 190, 196, 201, 218, 223, 236, 238, 252, 279, 289, 294, 297, 330, 349, 362, 371, 375, 385, 391, 426,
Index
434, 437, 438, 442, 447, 450, 454, 457 Intranet 18, 19, 26, 30, 149, 385, 390, 442 IT 2, 13, 18, 31, 36, 39, 49, 67, 77, 117, 131, 135, 143, 153, 166, 170, 197, 203, 209, 273, 277, 296, 327, 349, 362, 371, 377, 384, 388, 396, 412, 455, 461, 467, 470, 477, 496 IT-Industrie 457 IT-Innovationen 39, 77, 327 Kanal 54, 55, 62, 391 Kernkompetenz 327, 402, 432 Kernprozesse 40, 42, 48, 283, 287, 288, 340, 387, 396, 399 Know-how 42, 240, 247, 268, 292, 294, 296, 391, 392, 394, 396, 397 Knowledge 13, 17, 21, 26, 27, 28, 29, 31, 35, 40, 42, 46, 47, 48, 50, 55, 282, 290, 352, 383, 400, 422, 467, 470, 472, 509 Knowledge Management 21, 27, 35, 40, 42, 46, 47, 48, 50, 282, 352, 400, 422, 467, 470, 472 Kommunikation 8, 11, 19, 20, 30, 31, 40, 41, 42, 45, 47, 48, 202, 250, 251, 284, 288, 326, 331, 332, 375, 383, 434, 439, 448, 457, 466, 473, 484, 487, 495, 499, 506, 510 Kommunikationsmanagement 154, 155, 466 Kompetenz 249, 294, 483, 484, 486, 491, 505 Komplexität 7, 39, 42, 48, 78, 247, 257, 343, 365, 375, 455, 457, 458, 459, 464, 473, 476, 477, 480, 503, 510 Komplexitätsfehler 459 Konzept 210, 211, 252, 256, 287, 289, 300, 304, 328, 356, 384, 407, 509, 511 Kooperation 39, 211, 212, 238, 334, 382, 414, 433, 460, 489, 495, 497, 498, 504, 510 Koordination 45, 48, 194, 197, 198, 211, 237, 238, 242, 246, 254, 329,
595
334, 338, 382, 385, 387, 408, 414, 460, 499 Kosten 3, 20, 24, 194, 219, 230, 231, 236, 238, 300, 326, 328, 329, 334, 355, 367, 371, 374, 403, 440, 448, 451 Kritische Erfolgsfaktoren 23, 35, 38, 222, 237, 386 Kultur 282, 298, 342, 381, 382, 383, 384, 399, 412, 470, 487, 488, 493, 496, 497, 505 Kundenbedürfnisse 39, 46, 52, 53, 54, 55, 69, 70, 78, 211, 251, 258, 259, 268, 273, 276, 325, 327, 364 Kundenbeziehung 54, 80, 259, 260, 264, 268, 269, 277, 410 Kundenbindung 37, 62, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 269, 270, 271, 273, 274, 275, 277, 365, 440 Kundenmanagement 65 Kundenorientierung 196, 238 Kundenprozess 27, 48, 52, 54, 59, 63, 64, 69, 238, 327, 331, 333, 339, 342, 410 Kundenprozessportal 339, 346 Kundenzufriedenheit 44, 45, 198, 259, 262, 287 Lebenszyklus 200, 324, 326, 329, 334, 356 Leistung 212, 245, 291, 395, 416, 447, 448, 485, 496 Lernen 12, 382, 476, 483, 487, 500, 507, 511 Lieferanten 28, 29, 41, 42, 45, 46, 47, 48, 49, 54, 196, 210, 238, 284, 285, 291, 297, 333, 338, 346, 351, 364, 368, 380, 391, 461, 469, 480, 492 Logistik 196, 197, 205, 211, 224, 281, 288, 297, 358 Management 2, 17, 18, 21, 22, 24, 40, 42, 47, 48, 50, 81, 155, 157, 175, 180, 181, 184, 196, 207, 210, 223, 224, 241, 253, 254, 257, 279, 299, 305, 324, 326, 331, 341, 343, 346, 347, 359, 362, 363, 365, 366, 369, 371, 372, 374, 375, 377, 380,
596
Index
386, 388, 390, 396, 397, 407, 408, 418, 421, 425, 426, 448, 459, 467, 468, 470, 471, 472, 473, 479, 480, 483, 487, 488, 492, 497, 503, 509, 512 Marketing 66, 138, 144, 146, 154, 186, 217, 1, 230, 238, 250, 279, 288, 331, 352, 385 Markt 38, 52, 69, 194, 233, 257, 259, 270, 281, 283, 284, 289, 290, 291, 292, 293, 296, 300, 301, 303, 325, 327, 329, 338, 349, 350, 351, 354, 355, 356, 364, 380, 405, 414, 418, 457, 469, 470, 480, 501, 506 Marktforschung 241, 331 Master of Business Engineering 36, 330 Messung 218, 258, 262, 368, 369, 375, 456, 481, 482, 488, 500 Method Engineering 29 Methode 4, 5, 6, 7, 9, 199, 288, 299, 381, 391, 403, 404, 420, 477 Mobile Computing 117, 119, 120, 122, 135 Mobile Marketing 137, 139, 143 Mobilität 17, 19, 20, 31, 37, 194, 325, 452 Modularisierung 251, 406, 408, 410 Monitoring 362 Netzwerk 11, 17, 18, 19, 20, 31, 334, 338, 349, 354, 413, 423, 439, 455, 456, 463, 464, 467, 468, 472, 474, 483, 495, 496, 499, 500, 503, 505, Netzwerke 55, 194, 203, 249, 327, 382, 431, 451, 463, 489, 499, 503, 505, 512 Netzwerkfähigkeit 327, 504, 505 Optimierung 43, 47, 52, 198, 200, 211, 231, 234, 240, 243, 248, 251, 257, 258, 272, 273, 276, 291, 328, 329, 356, 368, 372, 374, 375, 380 Organisation 2, 17, 19, 30, 209, 217, 222, 231, 282, 285, 287, 305, 326, 331, 338, 343, 382, 408, 410, 426, 480, 483, 486, 487, 488, 493, 497, 500, 502, 505, 506, 509, 512
Organisationsstruktur 269, 373, 408, 459 Organisationsstrukturen 375 Outside-In 51, 53, 54, 55, 77 Outsourcing 40, 48, 158, 167, 175, 190, 244, 247, 343, 364, 375, 413 Partnern 197, 211, 217, 296, 391, 461, 469, 491, 495, 497, 498 Performance Measurement 361, 365 Personalisierung 194, 441, 443, 450, 451 Portal 58, 124, 150, 151, 225, 293, 294, 296, 302, 437, 438, 439, 440, 441, 442, 443, 445 Positionierung 7, 10, 275, 291, 333, 403, 449, 479, 481, 482, 487, 488, 490, 492, 493, 494, 496, 500 Produktionsfunktionen 405, 414, 416, 422, 424 Projektführung 455, 456, 463, 466, 474 Projektmanagement 373, 455, 457, 458, 463, 468 Prozess 2, 38, 52, 63, 67, 74, 80, 190, 215, 236, 240, 243, 246, 250, 259, 271, 299, 304, 324, 338, 341, 346, 349, 353, 358, 366, 372, 383, 396, 402, 407, 416, 430, 442, 451, 456, 463, 468, 481, 488, 495, 501 Prozessarchitektur 6, 59, 331, 343, 345, 352, 353, 357, 391, 404 Prozessentwicklung 35, 36, 40, 41, 44, 48, 49, 391, 397, 399, 420 Prozesslandkarte 391, 394, 395, 404, 406, 420, 421, 424 Prozessorganisation 40, 287, 288, 304, 425 Prozessportale 54, 63 Qualität 22, 197, 208, 212, 213, 244, 257, 285, 286, 288, 303, 325, 334, 369, 374, 375, 403, 438, 451, 482, 499, 500 Radio Frequency Identification 222 Referenzmodell 13, 33, 70, 71, 218, 347, 425
Index
Relationship 81, 146, 150, 151, 196, 253, 302 Resourcing 17, 21, 25, 31 Risikomanagement 467, 471, 472 SAP 20, 21, 23, 24, 135, 136, 155, 165, 302, 350 SAWI 427, 434, 435, 436, 437, 439, 440, 441, 442, 443, 445, 446, 448, 450, 452, 453 Sensorik 331, 332, 349 Service 19, 26, 54, 66, 117, 125, 131, 135, 140, 144, 149, 157, 160, 165, 175, 178, 182, 190, 221, 238, 241, 245, 276, 335, 339, 349, 352, 356, 374, 414, 439, 448 Service Integrator 54, 238, 241, 335, 339, 351, 352, 439 Shared Service Provider 150, 339 Stakeholderanalyse 461, 463 Standardisierung 2, 5, 6, 7, 9, 49, 230, 241, 251, 338, 356, 373, 408, 452 Standardsoftware 460 Strategie 2, 6, 39, 44, 74, 154, 217, 268, 275, 288, 292, 298, 325, 340, 356, 364, 369, 379, 381, 384, 385, 399, 404, 420, 423, 432, 461, 465, 471, 480, 489, 493, 500, 505, 511 Strategieentwicklung 39, 248 Supply Chain 35, 40, 41, 45, 47, 48, 50, 69, 135, 167, 194, 197, 198, 199, 200, 205, 207, 208, 209, 210, 211, 213, 215, 216, 217, 218, 219, 221, 222, 224, 226, 282, 285, 297, 302, 356 Supply Chain Management 35, 40, 41, 45, 47, 48, 50, 135, 167, 194, 197, 207, 208, 210, 215, 216, 219, 221, 222, 224, 282, 285, 302, 356 Technologie 20, 37, 39, 45, 55, 80, 194, 196, 198, 200, 201, 204, 217, 219, 224, 236, 239, 244, 284, 297, 364, 370, 371, 422, 427, 429, 446, 448, 456, 467, 469, 472 Technologiemanagement 2 Telematik 427, 446, 448, 449, 450
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Transaktionsbank 401, 402, 404, 405, 406, 411, 412, 413, 414, 415, 416, 417, 418, 419, 420, 421, 422, 423, 424, 425 Transformation 39, 54, 70, 71, 74, 77, 78, 79, 80, 217, 1, 230, 235, 238, 251, 282, 287, 401, 402, 403, 404, 405, 423, 424, 457, 461 Transformation Scorecard 77 Transformationsprozess 407, 424 Ubiquitous Computing 120, 122, 194, 200, 201, 202, 203, 204, 207, 223, 224, 326, 328, 331, 335, 356, 358 Universalbank 401, 402, 403, 406, 407, 408, 410, 411, 422, 423, 424, 425 Unternehmenskultur 2, 8, 282, 330, 382, 457, 510 Unternehmensmodell 328, 331, 340, 341, 358 Unternehmensnetzwerk 327, 333, 334, 338, 339, 343, 345, 347, 351, 352, 353, 357, 404, 423, 424 Unterstützungsprozess 341 Value Potential 164 Value Proposition 141, 146, 175, 1, 233, 364, 427, 438 Veränderung 7, 8, 13, 71, 72, 73, 77, 235, 240, 250, 289, 326, 380, 430, 457, 458, 466, 473, 477, 480, 484, 487, 499, 501, 503 Vernetzung 5, 6, 11, 200, 201, 203, 210, 237, 333, 431, 473, 476 Vertrieb 40, 42, 199, 210, 411, 412, 416 Virtual Private Network 20 Vision 8, 41, 53, 54, 57, 70, 77, 153, 174, 200, 201, 287, 298, 304, 384, 401, 413, 414, 418, 465, 489, 490, 492, 493, 494, 497, 498, 505, 510 Vorgehensmodell 257, 271, 272, 299, 479, 488, 503, 505 Wandel 7, 8, 21, 39, 53, 240, 250, 252, 253, 282, 291, 297, 298, 299, 304, 324, 356, 399, 425, 429, 431,
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Index
444, 451, 455, 457, 458, 459, 468, 487, 499, 501, 511 Wertkette 407, 411, 414, 415, 416, 417 Wertschöpfung 8, 49, 69, 197, 211, 217, 234, 236, 237, 288, 328, 329, 333, 354, 479, 481, 482, 488, 489, 496, 499, 500 Wertschöpfungskette 41, 43, 47, 56, 197, 198, 199, 207, 208, 209, 210, 211, 216, 217, 230, 236, 248, 291, 297, 327, 329, 331, 333, 340, 368, 371, 405, 407, 408, 410, 411, 414, 423, 424, 447, 448, 482, 496 Wettbewerbsfähigkeit 408, 420, 421, 487
Wissen 9, 11, 26, 29, 36, 37, 42, 48, 63, 66, 208, 290, 298, 334, 373, 380, 384, 386, 389, 390, 396, 397, 400, 442, 456, 460, 467, 469, 470, 486, 487, 488, 499, 501, 503, 507 Wissensgesellschaft 380, 480 Wissensmanagement 8, 48, 49, 66, 327, 379, 380, 384, 385, 387, 389, 390, 396, 463, 500 Wissensmanagement-Strategie 383, 384, 385, 386, 390 Wissensstruktur 11, 66 XML 202, 218, 223, 225, 333 Zahlungsverkehr 68, 368, 406, 411, 414, 415, 416, 417, 418, 419, 426 Zielsetzung 276, 281, 282, 358