Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus Zwischen Anbiederung und Verfolgung
Herausgegeben von Winfried Nerdinger in Zus...
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Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus Zwischen Anbiederung und Verfolgung
Herausgegeben von Winfried Nerdinger in Zusammenarbeit mit dem Bauhaus-Archiv, Berlin Mit Beiträgen von
U te Brüning, Magdalena Bushart, Magdalena Droste, Peter Hahn, Ekkehard Mai, Winfried Nerdinger, Rolf Sachsse, Renate Scheper, Wolfgang Voigt und Sabine Weißler
Prestel
Auf dem Umschlag: Baubüro Rimpl, Heinkel -Flugzeugwerke Oranienburg, um 1938. Photographie von Heinrich Heidersberger Frontispiz:
Friedrich Wagner, Symbol der Freiheit, in ,Fotobeobachter, 11, 1941 , Juli
Die Deutsche Bibliothek -
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p-Einheitsaufnahme:
Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus: zwischen Anbiederung und Verfolgung hrsg. von Winfried Nerdinger in Zusammenarb. mjt dem Bauhaus-Archiv, Berlin. Mit Beitr. von Ute Brüning ... - München: Prestel, 1993 NE: Nerdinger, Winfried IHrsg.]; Brüning, Ute
© Prestel-Verlag, München 1993 © der abgebildeten Werke, soweit dies nicht
bei den Künstlern oder deren Erben liegt: Eugen Batz, earl Bauer, Herben Bayer und Ludwig Hohl wein bei VG Bild-Kunst, Bonn, 1993; Oskar Schlemmer, bei Familien Nachlaß Oskar Schlemmer, D-Badenweiler, 1993 Photonachweis siehe Seite 216 Prestel-Verlag . MandIstraße 26 . D-80802 München Telefon (089) 38 1709-0 . Telefax (089) 38 1709-35
Reproduktionen : repro-center Färber, München Satz und Druck: Wagner GmbH, Nördlingen Bindung: Auer, Donauwörth Printed in Germany ISBN
3-7913-1269-3
Inhalt
Winfried Nerdinger
Ute Brüning
7
Vorwort
9
Modemisierung . Bauhaus Nationalsozialismus
24 Bauhäusler zwischen Propaganda und
Wirtschaftswerbung Sabine Weißler
48 Bauhaus-Gestaltung in NS- Propaganda-Ausstell ungen
Ralf Sachsse
64 Kontinuitäten, Brüche und
Mißverständnisse Bauhaus-Photographie in den dreißiger fahren Magdalena Droste
85 Bauhaus-Designer zwischen
Handwerk und Modeme Magdalena Bushart
Magdalena Droste
103 Ein Bildhauer zwischen den Stühlen Gerhard Marcks in den meißiger fahren 113 Bauhaus-Maler im Nationalsozialismus
Anpassung, Selbstentfremdung, Verweigerung Renate Scheper
142 Hinnerk Scheper: Arbeiten
zwischen 1933 und 1945 Winfried Nerdinger Wolfgan g Vaigt
153 Bauhaus-Architekten im ,Dritten Reich, 179
"Triumph der Gleichform und des Zusammenpassens Ernst Neufert und die Normung in der Architektur u
Ekkehard Mai
194 Weiterwirken der Bauhaus-Pädagogik
Aspekte und Fragmente Feter Hahn
202 Wege der Bauhäusler in Reich und Exil 214 Register
Vorwort
Seit den provozierenden Thesen von Ralf Dahrendorf und David Schoenbaum, daß erst im Nationalsozialismus eine 1918/19 steckengebliebene ,soziale Revolution< durchgesetzt worden sei, auf der die Gesellschaftsstruktur der Bundesrepublik basiere, ist die Frage der ,Modernität< der dreißiger Jahre immer wieder kontrovers diskutiert worden. Während in den ersten Jahrzehnten der Nachkriegszeit nur die Unterdrückung der Avantgarde-Kunst gesehen wurde, zeigt die historische Forschung zunehmend, daß Teile der modernen Kunst nicht nur eine ,Nische< im Nationalsozialismus gefunden hatten, sondern in einigen Bereichen (Werbung, Design oder Industriearchitektur) ganz offen im Interesse des Systems für dessen Ziele eingesetzt wurden. Auch das 1933 geschlossene Bauhaus, das in der Nachkriegszeit zum Inbegriff der Moderne der Weimarer Republik erhoben wurde, durchzieht mit Ideen und Personen die Zeit des Nationalsozialismus. Dieses ,Weiterleben des Bauhauses< wurde in einem Kolloquium, im Oktober 1991 vom Architekturmuseum der Technischen Universität München und dem
Bauhaus-Archiv in Berlin veranstaltet, untersucht. Nicht Personen und Verstrickungen mit dem Nationalsozialismus, sondern Funktion, Gestaltungsspielraum und Entwicklung der Moderne innerhalb des Ns-Systems standen im Vordergrund des Interesses. Mit diesem Buch werden die Ergebnisse des Kolloquiums in überarbeiteter und wesentlich erweiterter Form vorgelegt. Vier Beiträge kamen neu hinzu, um noch fehlende Bereiche abzudecken. Die gesamte Spannweite des Weiterwirkens ist allerdings damit keineswegs erschöpfend behandelt, denn zur Arbeit vieler Bauhaus-Absolventen im Nationalsozialismus fehlen immer noch genaue Unterlagen und Auskünfte. Stellungnahmen noch lebender Bauhäusler wurden nicht aufgenommen, um eine distanzierte, historisch-kritische Sicht durchgehend beizubehalten.
Winfried Nerdinger Architekturmuseum, TU München
Peter Hahn· Magdalena Droste Bauhaus-Archiv, Berlin
WINFRIED NERDINGER
Modernisierung . Bauhaus . Nationalsozialismus
Man ist se hr freigebig, wenn es noch einmal loszuwettern gIlt gegen die Hersteller von Lampenschirmen aus Menschenhaut. Man ist sehr wenig geneigt, das Furchtbare zu durchdenken, das die Zukunft viel unsensationeller bedroht: die unwahrscheinliche Rückhaltlosigkeit der talentiertesten deutschen Gelehrten und Künstler, wie sie 1933 zum Vorschein kam und bis heute noch nicht zugegeben wird. Ludwig Marcuse, Mein Zwanzigstes /ahrhundert'
In der ThemensteIlung dieser Publikation Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus überlagern sich zwei Fragen, die beide seit einiger Zeit im Zentrum wissenschaftlicher Diskussionen stehen und die ihrerseits wieder miteinander verknüpft sind. Es geht zum einen um die Frage nach Kontinuität und Bruch jeweils am Beginn und Ende des Nationalsozialismus und zum andern um die Frage nach der Moderne im Nationalsozialismus. Mit dem Begriff ,Bauhaus-Moderne· soll dabei nur eine spezifische Spielart innerhalb der modernen Bewegung eingegrenzt werden. In der Münchner Ausstellung ,ArgusAuge. im Sommer 1991 waren beide Problemkreise auf dem beziehungsreichen, geschichtsbeladenen Königsplatz künstlerisch thematisiert. 2 Hans Haacke hing eine schwarze Fahne mit ssTotenkopf und der Inschrift: .. Zum Appell Deutsche Industrie im Irak« in die Propyläen und listete auf zwei weiteren Fahnen die Namen der beteiligten Firmen auf (Abb.2). Der Zusammenhang zwischen SS-Staat und Industrie, zwischen Massenmord und moderner Technik, aber auch die zeitlose Kontinuität I Plakat Internationale Automobil- und MotorradAusstellung, Berlin 1939
der Kriegsgewinnler wurden damit schlagartig deutlich. Als Gegenstück stellten Tamara Horakova und Ewald Maurer vor die Glyptothek ein um das Zweieinhalbfache vergrößertes Buffet von Mies van der Rohe aus der Villa Tugendhat (Abb.3). Moderne, Klassizismus und die Nazi-Ästhetik der angrenzenden Parteibauten sowie deren Totalitätsanspruch wurden ineinandergespiegelt. Mies, Klenze und Troost schienen aus dieser Perspektive demselben Kunstideal verpflichtet. Beide Gestaltungen verletzten bewußt Tabus, denn die Motoren der Modernisierung, Technik sowie Industrie und Wirtschaft, das .. Heil-Hitler der Gegenwart«3, wie Hans Wollschläger einmal sarkastisch formulierte, stehen trotz aller mit ihnen verknüpften Verbrechen und Katastrophen, von Auschwitz und Hiroschima bis Tschernobyl, bis heute weitgehend außerhalb jeder Verantwortung. Und der letzte Bauhaus-Direktor steht für die Legende vom besseren Deutschland, das 1933 emigrierte und nach 1945 aus dem Exil als demokratische Basis der Bundesrepublik zurückkehrte. Angesichts des Nationalsozialismus waren und sind die Fragen nach Kontinuität oder Bruch bis heute von höchster Brisanz. Fand 1933 ein Einbruch in der deutschen Geschichte statt, der 1945 mit einem Neuanfang, mit der berühmten Stunde Null wieder behoben war, geschahen die Verbrechen von anonymer .. nationalsozialistischer Hand", wie es auf vielen Gedenktafeln heißt, geschahen sie nur .. im deutschen Namen", wie Bundeskanzler Helmut Kohl in Bitburg erklärte, oder handelt es sich um einen historisch folgerichtigen Prozeß .. Von Nietzsche zu Hitler", wie Georg Lukacs 9
schon 1954 plakativ formulierte? Die Antworten der Geschichtswissenschaft, von der ·verspäteten Nation. bis zum ·deutschen Sonderweg· sowie die dazugehörigen Kontroversen füllen inzwischen eine eigene Bibliothek. 4 Eine Verschärfung und zusätzliche Stoßrichtung kam in diese Debatten durch die seit den sechziger Jahren im Anschluß an Max Weber entwickelten Modernisierungstheorien. 5 Mit dem Verweis auf die im Nationalsozialismus eher noch gesteigerte Industrialisierung und Technisierung, auf sozialpolitische Entwicklungen sowie auf eine fortschreitende Urbanisierung, Mobilisierung und Egalisierung der Gesellschaft wurden Kontinuitäten zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik betont und gewollt oder nicht - neue Ansätze zur Historisierung und häufig auch Relativierung des Nationalsozialismus geliefert. Was David Schoenbaum und Ralf Dahrendorf in Untersuchungen über den Wandel der Sozialstruktur durch den Nationalsozialismus in den sechziger Jahren noch als eine »Modernisierung wider Willen,, 6 erschien, dient heute vielfach einer Tendenz, den »Faschismus als Modernisierung abzufeiern,, 7 oder liefert Gründe zu einer Verdammung der Moderne insgesamt. So will auf dem
einen Extrem Rainer Zitclmann 8 in Hitler nur noch einen Sozialrevolutionär und Techniknarren sehen, der nicht wie früher angenommen eine Agrarisierung, sondern eine Amerikanisierung Dc;utschlands erstrebte, und auf dem anderen Extrem ist für Susanne Heim und Götz Aly Auschwitz Endpunkt und Ergebnis einer geplanten Modernisierung. 9 Das Gegenstück zu diesen beiden Historiker-Positionen findet sich auch im Bereich der Kunst- und Architekturgeschichte. So verteidigt einerseits Leon Krier den »liebenswerten" 10 Architekten Albert Speer als größten deutschen Architekten nach Schinkel, den das »tragische Schicksal" traf, wegen Hitlers Technikbegeisterung zum Rüstungsminister und damit zu einer Art Opfer des modernistischen Ns-Systems zu werden, und andererseits vertri tt Alfred Hrdlicka die Auffassung, der Na tionalsozialismus sei eine »logische Konsequenz technokratischen Denkens"II, er produziere eine »typisierte Massen-Avantgarde", und deshalb gebe es keinen Unterschied zwischen Arbeiten von Breker, Mondrian oder Newman . Die Kombination von Kontinuitätsbehauptung und Modernisierung wird schließlich aber auch zunehmend für Denunziation und
2 Han s Haa ck e, "Zum Appell - Deutsche Industrie im Irak .. , Ausstellung .ArgusAuge., Miinch en /99/
10 Win!n ed Nerdinger
3 Tamara Horakova/ Ewald Maurer, Mies- Buffet vor der Glyptothek, Ausstellung >ArgusAugeArbeitsgemeinschaft deutsch-arischer Fabrikanten und HändlerADEFA< als arisch auswies und den durch ihre Hände gegangenen Produkten damit einen besonderen Qualitätsbeweis zu geben meinte42 , verwendete ein Motiv, das Bayer für die Textilveredelungsfirma Pfersee in Augsburg kurz zuvor entwickelt hatte. 43 Der Vorrang, den man Bayers suggestiver Verbindung von Qualitätsbeweis und zeitloser, individueller Eleganz vor etwa einer geschlossenen Kampffront von Textilarbeitern in Linolschnitt einräumte, zeugt von einer möglichen Politisierung zukunftsträchtiger Werbestrategien, zu deren Entwicklung der >Bayer-Stil< beigetragen hatte. Parallel zur suggestiven Werbung existierte die >lautere· Sachwerbung (5 . 36, Abb. V, VI), in der eine Fortentwicklung der Errungenschaften der Neuen Typographie stattfinden konnte. Da der Werberat die Forderungen zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs aus den zwanziger Jahren weiterpropagierte, sollte auch jetzt die Werbung von Übertreibung und Unwahrheit »gereinigt .. werden. Dagegen sollten Klarheit, Sauberkeit und sachliche Hervorhebung der Produktqualitäten (Abb. 13) zur gegenseitigen Leistungssteigerung beitragen und eine Zerstörung der schwächeren Konkurrenten vermeiden helfen. 44 Gerade kleinere Firmendrucksachen und Kataloge bedienen sich daher weiterhin vornehm zurückhaltender Layoutgestaltung und sachdienlicher, >neutraler· Typographie.
9 Toni Zepf, Plakat z ur Saarabstimmung 1935
Propaganda und Wirtschaftswerbung 41
sermaßen die Konkurrenz mit der ,Neuen Linie, auf. Denn ihr Konzept bestand darin, das Layout zur absoluten Modernität zu steigern. Es ging kaum mehr um Bildvermittlung, sondern um die graphische Präsentation, die jeweils 10 bis 20 Bilder zu monumentalen Themenseiten zusammenfassen mußte. Für diese künstlerische Aufwertung der photographisehen ,Dokumente, durch eine Verabsolutierung des Layouts befahl der Schriftleiter Walter Kiehl48 , persönlicher Pressereferent Leys, die Mitarbeiter Kurt Kranz' und der Gebrüder Neuner. Ihr Einfluß prägte das Gesicht der Zeitschrift, die auch viele andere Berliner Maler und Graphiker beschäftigte, nachhaltig bis 1943. Ihre Arbeiten, die von SS-Leuten, die das Dorlandstudio ohnehin oft kontrolliert haben sollen, unter ungeheuerem Zeitdruck und mit »viel, viel Farbe« eingefordert wurden 49, sind leider oft nicht signiert, so daß nicht gen au zu erkennen ist, welchen Umfang Neuners und Kranz' Mitarbeit tatsächlich hatte. 10 Karl Straub, ganzseitige Anzeige in ,Die Dame
76 Rolf Sachsse
Gattungsspezifisch gesehen hat das Bauhaus kaum eigene Ansätze in der Photographie entwickelt - das war ja mit dem Rekurs auf einen Bauhaus-Stil bereits angedeutet worden; gegebene Anwendungsformen des Mediums und deren Erscheinen wurden überdacht und erweitert. Wichtigstes Spezifikum mag dabei die private Erinnerungsphotographie gewesen sein: Dort ist offensichtlich die Entwicklung eigener Lösungen am weitesten vorangeschritten - sowohl bei Lehrern wie Moholy-N agy 43 als auch bei den Studenten. 44 Die Bedeutung des Bauhauses für die funktionale Entwicklung des Neuen Sehens ist eher als marginal anzusehen; deutlichster Beleg dafür mag sein,
16 Herbert Bayer, Große Deutsche Ausstellung z ur Olympiade Bulin 1936, Faltblatt 17 Kurt Kranz, Titel eines Prospektes, 1937
18 Al/red Ehrhardt, Wattenmeer, in >Volk und Welt
78 Ralf Sachsse
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daß das Bauhaus zwar an Ausstellungen wie der -FiFo· in Stuttgart 1929 beteiligt war, aber doch auch nur als eine Schule unter vielen. 45 Die Entwicklung wichtiger Ansätze für das Neue Sehen wurde am Bauhaus und in seinem Umfeld vorderhand theoretisch stimuliert (vor allem über Moholy-Nagys programmatische Schrift -Malerei Fotografie Film· von 1925), in der Praxis einer funktionalen Anbindung photographischer Gestaltungsweisen arbeitete die Schule jedoch mehr hinter der Entwicklung her. 46 Von daher ist meine Betrachtung aus dem NS-Gebrauch heraus auf mögliche Präzendentien in der Photographie rund ums Bauhaus in erster Linie als Gegenprobe zur Kontinuitätsfrage gedacht. Die Bedeutung der Pressephotographie ist am Bauhaus nur unzureichend erkannt worden (mit Ausnahme der Zeit unter Hannes Meyer, wo sie aber funktional auf eine reine Dokumentation eingeengt und daher quasi wertneutral betrieben wurde 47 ; spätere Studenten wie Raviv oder Blühova sind wohl mehr unter dem Blickwinkel zu betrachten, daß sie bestehende Interessen am Journalismus in der BauhausAusbildung mit einem ästhetischen Fundament versahen. 48 Von den ganz späten (und da-
Bauhaus-Photographie in den 30er fahren 79
mit politisierten) Bauhaus-Studenten sind wiederum nur wenige in Deutschland geblieben; auf deren eventuelle Tätigkeiten im Journalismus hat das Bauhaus gestalterisch keinen Einfluß gehabt. Von Begriff und Formgestaltung her ist das Typophoto als Werbemittel eine eigenständige Entwicklung des Bauhauses49 (Abb.19), und diese ist von den NS-Werbern definitiv übernommen worden 50 (S. 121, Abb. XIV). In der NSZeit wird die Photographie als Bestandteil von Typophoto, wie gezeigt, zwar wichtiger, weil die Schrift weniger eigenständig zu sein hat, aber das einzelne Bild wird dafür auch weniger ausdrücklich gestaltet: Meist erfolgt ein starker Rekurs auf Idylle und Romantik, auf Vorspiegelung sachlicher Objektivität oder (besonders bei Arbeitsdarstellungen) auf einen dynamischen Eindruck hin. Im NS-Typophoto wird bevorzugt das Portrait als Träger emotionaler Botschaften eingesetzt, dies sicher auch in An-
19 Herbert Bayer, Titel ,bauhaus
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Das gleichberechtigt von Architekten, Malern und Bildhauern gestaltete Gemeinschaftswerk entstand weder im Umfeld des Arbeitsrates noch am Bauhaus. Während die BauhausWerkstätten für Holz- und Steinbildhauerei ihren Anspruch auf Autonomie aufgaben und sich statt dessen den formalen Vorgaben der Architektur unterordneten, schuf Marcks weiterhin Museums- und Ausstellungsstücke im traditionellen Sinn.2 Doch auch die Werke, die während der Jahre in Halle in Verbindung mit architektonischen Projekten entstanden - die monumentalen Tierskulpturen für die Kröllwitzer Brücke in Halle und ein Relief für das 104 MagdaJen a Bushart
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Restaurant des Flughafens Halle-Leipzig - entsprachen nicht seinen Idealvorstellungen einer Einbindung von Plastik in einen architektonischen Rahmen. Diese hielt er in Skizzen und später, während des Zweiten Weltkriegs, auch in Modellen fest : hohe Turmbauten und klassizierende Tempel, die keinen anderen Zweck haben sollten als den, dem Bildwerk ein Gehäuse bzw. einen monumentalen Sockel zu bieten (Abb. 2,3).3 Die nationalsozialistische Machtübernahme brachte Marcks erneut in einen ideologischen Zwiespalt: Einerseits fühlte er sich vom Gedankengut des Nationalsozialismus
angezogen - 1931 gestand er dem Architekten Erich Consemüller seine Sympathie für die "Schwarze Front", "wie überhaupt das Gefühl nach N.A. tendieren würde, wenn dort nicht völliges Vakuum an Intelligenz wäre ,,4; noch 1936 beschwor er in einem Brief die "guten Grundideen des Nationalsozialismus"s Auf der anderen Seite entsprach die politische Realität des .Dritten Reiches< so gar nicht den Vorstellungen einer nationalen Erneuerung Deutschlands, wie er sie verstand. Vor allem die Kulturpolitik der neuen Machthaber verfolgte er mit wachsendem Unverständnis, ohne freilich zunächst die nationalsozialistische .Bewegung
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