Zwischen den N o r d r ä n d e r n d e r b e i d e n größten Festländer der Erde, zwischen der Nordküste N o r d a m e ...
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Zwischen den N o r d r ä n d e r n d e r b e i d e n größten Festländer der Erde, zwischen der Nordküste N o r d a m e r i k a s und Europa-Asiens (Eurasiens) liegt d i e Polarw e l t der Arktis. Die Grenze der Arktis f ä l l t nicht mit dem Nördlichen Polarkreis zusammen, dem hellen inneren Kreis in unserer Karte. Der Polarkreis ist der Bereich der „Mitternachtssonne", in dem also über Sommer auch um Mitternacht d i e Sonne strahlt. Die eigentliche Arktis w i r d d a g e g e n von einer Temperaturlinie begrenzt, d i e in unserer Karte durch eine unterbrochene Linie gekennzeichnet ist. Diese Temperaturlinie v e r b i n d e t a l l e Punkte, an denen im wärmsten M o n a t des Jahres, im J u l i , keine höhere Durchschnittswärme als + 10° Celsius gemessen w i r d . Diese Linie w i r d d i e „ + 10° C-Juli-Isotherme" genannt. Die unmittelbar anschließenden Räume diesseits dieser Isotherme, d i e ungefähr mit der N o r d g r e n z e des W a l d e s zusammenfällt, ist die „ S u h a r k t i s " , ein G e b i e t reichster Naturschätze. Die Subarktis geht dann allmählich in d i e g e m ä ß i g t e n Zonen über. — Die Arktis ist zu z w e i Drittel ein riesiges eisgefesseltes Binnenmeer, das größte „ M i t t e l m e e r " der Erde. Dieses M e e r w i r d das „ N ö r d l i c h e Eismeer", d i e „Arktische S e e " o d e r der „ N ö r d l i c h e O z e a n " genannt. Mitten d a r i n liegt im Ewigen Eis der N o r d p o l .
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PANTENBURG
ARKTIS Abenteurer, Sehatzsucher und Forseher im Eis-Norden
VERLAG
SEBASTIAN
LUX
M U R N A U • M Ü N C H E N • I N N S B R U C K • ÖLTEN
Großer weißer Norden ' ild und groß in ihrer hockung ist die polare Welt um die Achspunkte des Erdballs. Keine Landschaft auf dem großen Kugelrund der Erde zog so viele kühne Männer geheimnisvoll in ihren Bann. Keine auch forderte so viele Opfer. Den ersten Arktisfahrern, denen unzählige im Kielwasser folgten, bot diese große weiße Welt nur Furcht und Schrecken, bis der bisher größte, erfolgreichste unter ihnen ihr anderes, geradezu sinnverwirrend schönes Gesicht entdeckte: Fridtjof Nansen, der Nordmann. Er zuerst empfand die hartgegensätzliche Natur als ein erregendes Wunder, das zur Anteilnahme und zur Ergründung aus wahrer innerer Leidenschaft locken mußte. Nansen erst gab den Anstoß zum letzten entscheidenden Sieg über die Gewalten der Arktis. Auch in unseren Tiagen sind freilich für den Forscher immer noch viele Fragen offen. Sie in edlem Wettstreit zu klären, könnte eine großartige und verdienstvolle Aufgabe für die an der Arktisforschung teilnehmenden Nationen sein. Um was es in der Arktis ging und geht, das soll dem aufgeschlossenen jungen Menschen der folgende Bericht nahebringen. Aus langen Aufenthalten und eigenen Expeditionen im großen weißen Norden und aus vieljährigem, eingehendem Studium seiner Probleme hat der Verfasser das Wichtigste und Wissenswerteste hier zusammengetragen.
Arktis... W e l t des „Geronnenen M e e r e s " „Dort, wo das Meer dick geronnen ist, dort liegt das Ende der Welt." Das ist die erste Kunde aus hochnordischer Ferne, die uns aus früher Vorzeit überkommen ist. Diese "Kunde stammt von dem Handelsmann Pytheas aus der Mittelmeerstadt Massilia, die wir heute Marseille nennen. Dieser weitgereiste Kaufmann lebte im 4. Jahrhundert vor Christus und wird mit Recht als einer der wagemutigsten Forschungsreisenden der Menschheit gerühmt. Bis „Thule", wo der Polarstern weit höher steht als drunten am Gestade seiner südländischen Heimat, bis dorthinauf war Pytheas vorgedrungen. Hinter „Thule" aber, dem sagenhaften Nordland, beginnt in seiner Vorstellung das geronnene Meer, die Welt des ewigen Eises: die Arktis. Geheimnisse, Schrecken und Gefahren verbinden sich von jeher mit diesem Namen. „Arktos" (ein griechisches Wort) w a r den Hellenen die Sternfigur des Großen Bären, eine der schönsten und auffallendsten des Himmelsraumes. In unabänderlicher Gesetzmäßigkeit umwandert er den strahlenden einsamen Nordstern, der nie seinen Ort verläßt. „Leidar-Stern" — Leit-Stern — hieß er bei den seegewohnten, beutefrohen Wikingern, die den Kurs ihrer Drachenboote nach ihm bestimmten. Doch — wo verlieren Ewiges Eis und Ewige Kälte ihren beherrschenden Einfluß? Was zählt eigentlich zur Arktis? Die Oberfläche unserer Erde, der erst durch die Weltumseglung des Portugiesen Magellan das Geheimnis ihrer Kugelgestalt endgültig entrissen wurde, ist in das klare Gitterwerk der Breiten- und Längengrade eingeteilt. Diese Grade sind natürlich nur mathematisch gedachte, also unsichtbare Linien. Einer dieser Breiten- oder Parallelkreise ist der Nördliche Polarkreis (auch Arktischer Kreis genannt), der bei 66 Grad und 30 Minuten nördlicher Breite verläuft. Er steht in unmittelbarer Beziehung zum astronomischen System, dessen Gesetzen ja auch die Erde unterliegt. Zu diesen Gesetzen gehört die Umdrehung um die eigene Achse mit ihrem Wechsel von Licht und Dunkelheit. 3
Indes haben die nordwärts des Arktischen Kreises gelege- i nen Regionen keinen Anteil an der vertrauten Aufeinander-! folge von Tag und Nacht. Bei Sommersanfang, also am 21. Juni, ', neigt sich die Nordkuppe der Erde am stärksten zur Sonne. Daher hat die Arktis um diese Zeit das meiste Licht. Sie muß , also am 21. Dezember am wenigsten Licht von der Sonne er- 1 halten. Alles, was zwischen dem Pol und dem Polarkreis liegt, ' muß daher im Sommer auch nachts von der Sonne bestrahlt I: werden, die man deshalb die „Mitternachtssonne" genannt hat. Im Winter ist es genau umgekehrt. Dann ist die Sonne | innerhalb des Polarkreises überhaupt nicht sichtbar. Genau am Nordpol steht sie ein halbes Jahr über der Kimm, dem Seh-Horizont, und das nächste halbe J a h r darunter. Demnach gibt es also hier am Pol nur einen einzigen „Tag" von einem halben J a h r Dauer und ebenso nur eine einzige „Nacht", die ebenfalls ein halbes J a h r währt. Genau umgekehrt wie am Nordpol ist es am Südpol, also in der Antarktis (Siehe Bild auf Seite 21). Das Gebiet, das innerhalb des Arktischen Kreises liegt, ist nicht die „Arktis". Die Wissenschaftler haben sich dahin geeinigt, nur jenen Polarbereich Arktis zu nennen, der besonderen klimatischen Gesichtspunkten entspricht. Und zwar legte man als südliche Begrenzung der Arktis die Linie all der Orte fest, auf der im wärmsten Monat des Jahres, im Juli, die gleiche mittlere Durchschnittstemperatur herrscht. Diese Verbindungslinie aller Punkte gleicher mittlerer Monatswärme nennt man Isotherme; die Linie, auf der eine JuliDurchschnittstemperatur von + 10 ° gemessen wird, wird als die „+ 10° C-Juli-Isotherme" bezeichnet. Alles, was sich nördlich dieser Temperaturlinie ausbreitet, wird zur eigentlichen Arktis (Zentral-Arktis) gerechnet. Zwischen der Grenzlinie dieser Isotherme und dem Nordpol liegen 26,44 Millionen Quadratkilometer. Darin könnte man Europa (einschließlich des europäischen Teiles der Sowjetunion) etwa zweieinhalbmal unterbringen. 7,9 Millionen Quadratkilometer sind in der Arktis festes Land; 18,5 Millionen bedecken die nördlichen Meere. Diese Grenze der Arktis fällt fast mit der Nordgrenze des Waldes zusammen. Die äußerste Linie der menschlichen Dauer- j Siedlung verläuft allerdings beträchtlich nördlicher. Hingegen 4
reichen tief nach Süden über die Grenze der Zentral-Arktis noch weite Räume, in denen die Erde gefroren ist. Dieser sogenannte „Eisboden" hat indes keineswegs eine tödliche Wirkung auf das Wachstum der Pflanzen in den obersten, sommerüber auftauenden Schicht, oder gar auf die Lebensmöglichkeit der nordpolaren Landtierwelt. Besonders die Übergarigszonen zwischen der eigentlichen Arktis und den Regionen des gemäßigten Klimas, die „Subarktis", sind von sehr großer, bisher noch kaum recht erkannter Bedeutung für die Ansiedlung von Nordkolonisten wie überhaupt für die wirtschaftlich-industrielle Nutzung der Naturschätze in und über der Erde, vor allem auch des Waldes. Die „+ 10° C-Juli-Isotherme" (siehe letztes Umschlagbild) biegt dank der Wärme des Golfstromes, das Nordkap umrundend, erstaunlich weit nach Norden aus; dann schneidet sie am Kola-Golf das Festland wieder an und bezieht den Nordrand des europäisch-asiatischen (eurasischen) Rußland ein, umfaßt den an den Nördlichen Ozean rainenden Landsaum Nordamerikas, verläuft durch den Nordteil der Halbinsel Labrador, quert den Nordatlantik, wobei Island zum Teil noch im Bereich der Arktis liegt, und geht schließlich auf die norwegische Finnmarkküste zu. Die zwei größten Kontinente der Erde (Europa — Asien, die man kurz auch Eurasien nennt, und Nordamerika) sind zwei ungeheure Landklammern: Getrennt durch die zwei größten Ozeane Atlantik und Pazifik, fassen sie die Zentral-Arktis ein. Das große Nördliche Eismeer bedeckt allein über zwei Drittel der Nordpolarwelt. Es ist damit zugleich das größte und eigentliche „Mittelmeer" der Erde. Genau am Nordpol haben russische Forscher eine Tiefe von 3700 m erlotet. Die bisher größte Tiefe wurde nördlich der Neusibirischen Inseln mit 5625 m festgestellt. Wie leicht ließen sich die Groß-Erdteile Europa — Asien und Nordamerika über die Arktische See verbinden! Doch ist sie zum weitaus größten Teil mit ständig treibenden Eismassen bedeckt, die von jeher der Schiffahrt unüberwindbare Schwierigkeiten bereitet haben; bis in unseren Tagen der technische Fortschritt ideale Mittel zur Überwindung des Eises zur Verfügung stellte: Spezial-Eisbrecher, Luftschiff und Flugzeug.
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Abenteurer, Schatzsucher und Kaufleute im Eis-Norden Als ein einziges frostumschlossenes Geheimnis, von dem erst 1 die Neuzeit den kristallenen Schleier hob, dehnt sich die 1 fernnordische Eiswelt hinter den treibenden weißen Vortrupps