Der Alzheimer Report 2003 „Die Suche nach dem Viagra für das Gehirn“
Von Simone A. Hörrlein (Naturwissenschaftlerin, Li...
20 downloads
721 Views
164KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Der Alzheimer Report 2003 „Die Suche nach dem Viagra für das Gehirn“
Von Simone A. Hörrlein (Naturwissenschaftlerin, Life Scientist, (Univ.)) http://www.Biotech-Experte.de
Die demographische Entwicklung der Weltbevölkerung wird die Nachfrage nach wirkungsvollen Medikamenten gegen neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer in den kommenden Jahren sprunghaft ansteigen lassen und Unternehmen, die sich aufgemacht haben das erste „Viagra für das Gehirn“ zu entwickeln, einen Milliardenmarkt bescheren. Der nachfolgende Bericht soll den Stand der Forschung, neue Ansätze in Diagnostik und Therapie, sowie einige der davon profitierenden Unternehmen etwas genauer beleuchten.
Inhalt: I.
Einführung .................................................................................................. 3
II.
Symptomatik und Krankheitsverlauf ........................................................... 3
III.
Molekulare Grundlagen und Therapie neurodegenerativer ....................... 4
Erkrankungen IV.
Marktvolumen ............................................................................................. 4
V.
Neurodegenerative Erkrankungen haben wichtige Ähnlichkeiten .............. 5
VI.
Die Genetik der Alzheimer-Krankheit ......................................................... 6
VII.
Risikofaktoren für Alzheimer....................................................................... 6
VIII.
Erbliche Formen der Alzheimer-Krankheit.................................................. 6
IX.
Neurobiologischen Grundlagen der Alzheimer-Krankheit .......................... 7
X.
Konventionelle Therapien........................................................................... 7
XI.
Neue Therapieansätze ............................................................................... 8
XII.
Andere neurodegenerative Erkrankungen................................................ 10
XIII.
Erste Erfolge innovativer Therapieansätze............................................... 10
Unternehmensanalysen XIV.
Myriad Genetics – Diagnostikaspezialist auf Abwegen ............................ 11
XV.
Axonyx und die duale Wirkung von Phenserine....................................... 12
XVI.
Eli Lilly kämpft gemeinsam mit Neurion Pharmaceuticals........................ 13
XVII.
Cortex - Ein „Viagra“ für das Gehirn? ...................................................... 14
XVIII.
Forest Labs zielt auf fortgeschrittenen Alzheimer .................................... 16
XIX.
AstraZeneca vertraut auf Astex ................................................................ 17
XX.
Nymox - AlzheimAlert soll die Diagnose erleichtern................................. 17
2
I. Einführung “USE it or LOSE it”, so lautet ein schöner Satz wenn es um die Fitness unseres Gehirns geht. Doch was schon für die körperliche Fitness gilt, das setzt sich ebenso bei der mentalen Fitness fort. Der Geist ist willig aber das Fleisch ist schwach. Und so werden immer mehr alternde Menschen nach und nach ihre mentalen Fähigkeiten einbüßen und mit zunehmendem Alter von den innovativen Entwicklungen der Pharma- und Biotechindustrie abhängig sein. Neueste Statistiken gehen davon aus, dass etwa 15 Prozent aller Menschen, die das 65. Lebensjahr erreichen, irgendeine Form von Demenz entwickeln. Ab dem 85. Lebensjahr erhöht sich dieser Anteil sogar auf 35 Prozent. Obwohl es eine Vielzahl neurodegenerativer Erkrankungen gibt, ist die Alzheimer Krankheit wohl die am häufigsten vorkommende Form der Demenz. Man unterscheidet bei Alzheimer zwei unterschiedliche Formen, die frühzeitig auftretende, weil familiär vererbte Form, und die alterbedingte Form der Erkrankung. In den USA leiden gegenwärtig etwa vier Millionen Menschen an Alzheimer, weltweit rechnet man bis 2005 mit ungefähr 22 Millionen Betroffenen. Obwohl man bereits vieles über die Entstehung der Krankheit weiß, liegt fast genauso vieles noch im Dunkeln. Bisher gibt es weder präventive noch kurative Therapieformen gegen diese die Persönlichkeit eines Menschen zerstörende Krankheit.
II. Symptomatik und Krankheitsverlauf Die Symptomatik von Alzheimer ist allerdings bestens dokumentiert. Die AlzheimerKrankheit ist eine chronisch verlaufende hirnorganische Erkrankung, die durch den langsam fortschreitenden Untergang von Nervenzellen und Nervenzellkontakten gekennzeichnet ist. Im Gehirn von Alzheimer Patienten sind typische Eiweißablagerungen festzustellen. Diese befallen vor allem Schläfen- und Scheitellappen des Gehirns und führen so zu den bekannten Alzheimer-Symptomen. Das Krankheitsbild ist im Anfangsstadium gekennzeichnet durch Gedächtnis- und Orientierungsstörungen sowie Störungen des Denk- und Urteilsvermögens. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung lassen sich mit Hilfe der Computertomographie die Symptome, wie deutlich erweiterte Gehirnfurchen und geschrumpfte Hirnwindungen eindeutig diagnostizieren. Frühe Phasen der Erkrankung sind durch einen zunehmenden Verlust der Zellen im Hippocampus, einem Teil des limbischen Systems, charakterisiert, was zu einem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses führt. Auch die Fähigkeit einfache Routinetätigkeiten, wie beispielsweise das tägliche Ankleiden, auszuführen nimmt ab. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung nimmt das Urteilsvermögen zunehmend ab, es kann zu emotionalen Ausbrüchen sowie zu Sprachstörungen kommen. Die Endphase der Erkrankung, die durch einen starken Verlust an Nervenzellen charakterisiert ist, macht sich durch die Auflösung der gesamten Persönlichkeit des Menschen erkennbar. Während dieses Stadiums kann der Betroffene weder bekannte Gesichter erkennen, noch ist er fähig zu irgendeiner Art von Kommunikation. Das allerletzte Stadium des Siechtums ist schließlich der meist erlösende Tod des Patienten. Allerdings kann das Endstadium der Erkrankung sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinziehen, während dieser Zeit ist der Erkrankte auf dauernde Pflege angewiesen. Von der Diagnose Alzheimer bis zum Tod können 20 Jahre und mehr verstreichen, die durchschnittliche Lebensdauer ab Diagnosestellung beläuft sich auf etwa vier bis acht Jahre.
3
III. Molekulare Grundlagen und Therapie neurodegenerativer Erkrankungen Zwar sind die Ursachen der Entstehung der Eiweißablagerungen im Gehirn, die zum Untergang der Nervenzellen führen, noch nicht hinreichend geklärt, man ist aber ziemlich sicher, dass die Fehlfaltung und Aggregation, also das Zusammenklumpen von Proteinen, die so genannten »Protein Conformational Disorders« (PCD), ursächlich an neurodegenerativen Veränderungen wie Alzheimer Erkrankung und Creutzfeld-Jakob Disease(CJD) beteiligt sind. Durch diese Ablagerungen wird die Übertragung von Nervenreizen behindert, bis diese schließlich völlig zum Erliegen kommen. Ausgangspunkt der PCD ist dem neuesten Stand der Forschung zufolge meist eine alpha-helikale oder unstrukturierte Konformation im aktiven Protein. Am Endpunkt liegt dasselbe Protein, nach Konformationsänderung in eine beta-Faltblattstruktur, allerdings in aggregierter Form vor. Laienhaft ausgedrückt passiert also nichts anderes, als dass sich eine zweidimensionale schraubenförmige Proteinstruktur, nämlich die alpha-Helix, in eine andere Struktur, deren Namen sich davon ableitet, dass sie wie ein mehrfach gefaltetes Blatt aussieht, umformt. Was der Auslöser für diese Konformationsänderung im Protein ist konnte noch nicht eindeutig geklärt werden. Doch da sie für die Symptome der Alzheimer Krankheit verantwortlich zu sein scheint, muss eine kausale Therapie das Ziel haben, die Strukturänderung der Proteine entweder zu verhindern oder zumindest rückgängig zu machen. Bisher gab es für die schleichende Demenz der Betroffenen keine nur annähernd wirksame Substanz, doch nun scheint tatsächlich Hoffnung in Sicht. Forschern ist es nämlich erstmals gelungen, einen Wirkstoff zu entwickeln, der die pathologische Konformationsänderung der Eiweißstoffe im Gehirn blockieren kann. Nicht nur in vitro, sondern auch in ersten in vivo-Versuchen konnte der revolutionäre neue Stoff, der unter Experten als »beta-Sheet-Breaker-Peptide« bezeichnet wird, die krankhafte Proteinfaltung zumindest teilweise rückgängig machen. Getestet wurde die Substanz sowohl an den für Alzheimer auslösenden Aß-Peptiden als auch an Prionenproteinen, die eine Rolle bei CJD spielen. Ob der neue Wirkstoff diese positiven Wirkungen auch am menschlichen Gehirn entfaltet, ist derzeit noch offen. Erste präklinische Studien laufen seit 2002.
IV. Marktvolumen Aktuellen Marktschätzungen zufolge wird sich das Marktvolumen nur für Medikamente gegen Alzheimer im Jahr 2003 in den USA auf $2,3 Milliarden belaufen. Jährlich beziffern sich die Gesamtkosten für die Behandlung und Pflege von Alzheimer Patienten nur in den USA auf etwa 100 Milliarden Dollar. Bisher leben weltweit schätzungsweise 15 bis 20 Millionen Menschen mit Alzheimer, der Schaden für die Gesellschaft liegt somit fast bei einer Billion Dollar. Der Schaden und die Kosten, die Familien mit Alzheimer Patienten entstehen ist unkalkulierbar. Die demographische Entwicklung in den westlichen Ländern der Erde, die auf Grund der immer besser werdenden medizinischen Versorgung, den Anteil der Alten deutlich zunehmen lassen wird, wird weiterhin für ein kontinuierliches Wachstum dieses Marktes sorgen. Die zunehmende Überalterung unserer westlichen Gesellschaften wird die Anzahl der an Demenz leidenden Pflegefälle in Zukunft noch dramatisch ansteigen lassen. Der nächste Schub steht bereits bevor, die gigantische Anzahl der Baby Boomer Generation kommt nämlich gerade in das Alter, in dem Demenz bei vielen von ihnen zu einem Problem werden könnte. Sollte es den forschenden Unternehmen nicht gelingen, in 4
absehbarer Zukunft eine effektivere Therapie gegen Alzheimer zu entwickeln, wird uns in den nächsten 10 bis 20 Jahren eine gigantische Kostenlawine überrollen. Alleine in den USA rechnet die Alzheimer Gesellschaft bis 2050 mit rund 11,3 bis 16 Millionen Amerikanern die von dieser Form der Demenz betroffen sein werden.
V. Neurodegenerative Erkrankungen haben wichtige Ähnlichkeiten Was die Entwicklung eines Medikaments gegen Demenz etwas erleichtern könnte, wurde in einem Artikel in der April Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins Science veröffentlicht. Der Artikel weist darauf hin, dass die Degeneration von Zellen, wie sie bei Alzheimer, Parkinson, Huntington und CJD (Creuzfeldt Jacob Disease) vorkommt, ähnliche Ursachen haben könnte. Die Molekularbiologen Charles Glabe and Rakez Kayed fanden in ihren Studien heraus, dass kleine toxisch wirkende Moleküle aus Aminosäuren, sogenannte Oligomere, von denen man annimmt, dass sie Auslöser für die degenerativen Veränderungen bei den genannten Erkrankungen sein könnten, eine ähnliche Struktur besitzen. Aufgrund ihrer Strukturähnlichkeit, die ihnen eine ähnliche Funktionalität verleiht, könnten sich diese Verbindungen als universelle Zielmoleküle eignen, die möglicherweise zu einer einheitlichen Therapie führen könnten, um das Fortschreiten vieler degenerativer Erkrankungen in Zukunft erfolgreich zu stoppen. Ziel der Forschungen von Prof. Glabe ist es, den primären Mechanismus für Degeneration und Zelltod aufzuklären. Was immer diese Moleküle zelltoxisch macht, es scheint die gleiche Prozedur in den verschiedenen Erkrankungen zu sein und diese gilt es aufzuklären, so der Forscher in einem Interview. Während des Fortschreitens der degenerativen Erkrankungen kommt es stets zur Ansammlung von Faserproteinen, sogenannten Amyloiden, welche im Laufe der Zeit gesunde Zellen unwiederbringlich zerstören. Die oben genannten Oligomere sind ein wichtiger Baustein während der Formation der Faserproteine. Die jüngsten Studien konnten nun erstmals beweisen, dass diese Moleküle die Zerstörung gesunder Zellen vorantreiben. Durch die Zugabe von oligomer-spezifischen Antikörpern zu den Amyloid Proteinen, die man bei Alzheimer, Parkinson, Huntington wie auch bei durch Prionen vermittelten Krankheiten identifizieren konnte, konnte man beweisen, dass nur die Oligomere gebunden wurden. Eine Bindung des Antikörpers an normale Amyloid Proteine oder Amyloid Moleküle in den Fibrillen konnte nicht nachgewiesen werden. Entscheidend ist allerdings, dass dies bei allen degenerativen Erkrankungen der Fall war, obwohl die Oligomere sich bei den unterschiedlichen Krankheiten unterscheiden. Dazu muss man wissen, dass Antikörper nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip funktionieren, d.h. es kann nur ein ganz bestimmter Schlüssel das Schloss aufsperren. Kann ein Schloss durch verschiedene Schlüssel, wie im Experiment von Prof. Glabe gesehen, geöffnet werden, dann kann man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass die Schlüssel, in diesem Falle also die krankheitsspezifischen Oligomere, dieselbe Form besitzen. Doch das Experiment zeigte noch eine viel interessantere Sache, so konnten die Antikörper die verschiedenen Oligomere nicht nur binden, sondern auch deren zelltoxische Wirkung auf neuronale Zellen aufheben. Sollte sich diese Wirkung auch im Menschen verifizieren lassen, dann hätten Prof. Glabe und seine Kollegen ein universelles Ziel in der Hand, mit dessen Hilfe eine universelle Vakzine gegen alle neurodegenerativen Erkrankungen in greifbare Nähe rückt. Doch bevor man an die Evaluierung einer Wirksamkeit denken kann, müssen zuerst einmal Studien am Menschen die Anwendbarkeit des Antikörper demonstrieren.
5
VI. Die Genetik der Alzheimer-Krankheit Die Entstehung der Alzheimer Erkrankung ist in 90 Prozent aller Fälle ein Zusammenspiel von erblichen Faktoren, Alterungsprozessen, Vorerkrankungen des Gehirns sowie Umwelteinflüssen. Für ein familiär gehäuftes Auftreten von Alzheimer sind in der Regel genetische Faktoren verantwortlich. Bei etwa 30 Prozent aller Alzheimer-Patienten ist die Erkrankung auf die genetische Ausstattung zurückzuführen. Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister, Kinder) haben ein durchschnittlich viermal höheres Erkrankungsrisiko. Dies entspricht einer Wahrscheinlichkeit von etwa 20 Prozent an Alzheimer zu erkranken. Für Verwandte zweiten Grades (Großeltern, Onkel, Tanten, Neffen, Nichten etc.) ist das Erkrankungsrisiko mit 10 Prozent gegenüber dem Bevölkerungsdurchschnitt doppelt so hoch. Die genannten Prozentzahlen beruhen auf einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 72 Jahren für Männer und 78 Jahren für Frauen. Sind mehrere Personen in einer Familie erkrankt, nimmt das Risiko für Verwandte an Alzheimer zu erkranken noch weiter zu. Ein früher Krankheitsbeginn, etwa vor dem 60. Lebensjahr, ist zudem mit einem höheren Erkrankungsrisiko für Verwandte verbunden.
VII. Risikofaktoren für Alzheimer Der Hauptrisikofaktor für die Entstehung der Alzheimer-Krankheit ist das Alter. So erkranken beispielsweise nur etwa 1,7 Prozent der 65 bis 74-Jährigen, während das Risiko für die 75 bis 84-Jährigen schon bei 11 Prozent liegt. Ab dem achtzigsten Lebensjahr steigt das Erkrankungsrisiko mit 30 Prozent rapide an. Auch bestimmte Gene können das Auftreten der Alzheimer-Krankheit begünstigen, als alleinige Ursache reichen sie jedoch nicht aus. Von diesen genetischen Risikofaktoren ist bisher erst die Variante E4 des Gens für Apolipoprotein E (ApoE) gesichert. Das ApoE-Gen kommt in den drei verschiedenen Formen Apo-E2, Apo-E3 und Apo-E4 vor. Diese Formen, die sich nur durch den Austausch einer einzigen Aminosäure unterscheiden nennt man auch Allele E2, E3 und E4. Dass der Austausch von nur einer einzigen Aminosäure in einem Protein solch eine fatale Wirkung haben kann, zeigt erneut die Spezifität der einzelnen Eiweißstoffe im menschlichen Körper. Die Häufigkeit des E4Allels beträgt etwa 10 Prozent bei gesunden Personen, dagegen aber ungefähr 30-42 Prozent bei Alzheimer-Patienten. Das Vorliegen von einer oder zwei Kopien des E4-Allels, auf Grund des doppelten Chromosomensatzes liegt ja jedes Gen in doppelter Ausführung vor, erhöht somit die Wahrscheinlichkeit an Alzheimer zu erkranken. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass das E4-Allel weder eine notwendige noch eine hinreichende Voraussetzung für die Krankheit darstellt. Aus diesem Grunde eignet sich die Bestimmung von ApoE nicht für prognostische Zwecke. Die Bestimmung des ApoE Gens ist deshalb allenfalls für diagnostische Fragestellungen von Bedeutung.
VIII. Erbliche Formen der Alzheimer-Krankheit Weniger als 10 Prozent aller Fälle der Alzheimer-Krankheit werden dominant vererbt. Daraus lässt sich schließen, dass die Veränderung (Mutation) eines einzigen Gens für die Entstehung der Erkrankung ausreichend ist und dass statistisch gesehen die Hälfte der Nachkommen eines Betroffenen ebenfalls erkranken. Bisher sind drei Gene bekannt, die bei autosomal dominant vererbten Formen der Alzheimer-Krankheit mutiert, also verändert sein können. Es handelt sich dabei um die Gene Präsenilin 1 und Präsenilin 2, die auf den Chromosomen 14 bzw. 1 liegen, sowie um das auf Chromosom 21 gelegene Gen für das Amyloid-Vorläufer-Molekül. Patienten, die Mutationen in einem dieser drei Gene besitzen 6
erkranken in der Regel noch vor ihrem sechzigsten Lebensjahr. Liegt eine Mutation im Amyloid-Vorläufer-Gen vor, erkranken die davon betroffenen Personen besonders früh, in etwa um das 40. Lebensjahr.
IX. Neurobiologischen Grundlagen der Alzheimer-Krankheit Makroskopische Veränderungen. Die klinischen Symptome der Alzheimer-Krankheit werden durch einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen hervorgerufen. Als Folge dieses Verlustes an Nervenzellen tritt eine Schrumpfung des Gehirns um bis zu 20 Prozent ein. Diese geht mit einer Vertiefung der Windungsfurchen an der Hirnoberfläche sowie mit einer Erweiterung der Hirnkammern einher. In mittleren und fortgeschrittenen Krankheitsstadien kann diese Schrumpfung durch bildgebende Verfahren wie die Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) sichtbar gemacht werden. Mikroskopische Veränderungen. Der Verlust von Nervenzellen vollzieht sich nicht nur in der Hirnrinde, sondern auch in den tiefer liegenden Hirnstrukturen. Durch den Untergang der Nervenzellen werden auch die für die Weiterleitung und Verarbeitung von Informationen unentbehrlichen Übertragungsstellen, die sogenannten Synapsen, zwischen den Nervenzellen zerstört. Gleichzeitig kommt es zu einer Wucherung von Stützzellen. Eine tiefer liegende Hirnstruktur, die besonders frühzeitig von den Nervenzelluntergängen betroffen ist, ist der Meynert-Basalkern, dessen Nervenzellen den Überträgerstoff Acetylcholin erzeugen. Infolge des gehäuften Absterbens von Zellen in diesem Kern kommt es zu einer erheblichen Reduktion des Neurotransmitters Acetylcholin in der Hirnrinde. Diese Veränderung, die zu dramatischen Störungen bei der Informationsverarbeitung führt, ist ursächlich am Gedächtnisverlust bei Alzheimer beteiligt. Das Typische an der Alzheimer-Krankheit ist jedoch, dass das Absterben der Nervenzellen mit der Bildung von veränderten Eiweißbruchstücken einhergeht, welche sich in Form von Fäserchen im Gehirn ablagern. Diese innerhalb vieler Nervenzellen nachweisbaren Knäuel, die von dem Entdecker der Alzheimer-Krankheit Alois Alzheimer bereits beschrieben wurden, bestehen aus Tau-Protein. Dieser Eiweißstoff ist ein normaler Bestandteil des Zellskeletts, im Falle der Alzheimer-Krankheit wird das Tau-Protein jedoch übermäßig mit Phosphatgruppen beladen. Dadurch kommt es in der Nervenzelle zu Störungen, die letztlich zum Absterben der Zelle führen. Die zweite für die Alzheimer-Krankheit charakteristische pathologische EiweißAblagerung befindet sich zwischen den Nervenzellen und man nennt sie Plaque. Die Plaques bestehen aus einem zentralen Amyloid-Kern, der von krankhaft veränderten Nervenzellfortsätzen und Stützzellen umgeben wird. Das Amyloid ist ein Spaltprodukt eines größeren Eiweißmoleküls, dessen Funktion noch nicht hinreichend geklärt ist.
X. Konventionelle Therapien Die medikamentöse Behandlung der Alzheimer-Krankheit. Eine echte Behandlung der Alzheimer-Krankheit gibt es bis dato nicht. Zur Verbesserung oder Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und zur Alltagsbewältigung werden häufig Antidementiva eingesetzt, andere Medikamente wie Neuroleptika und Antidepressiva dienen der Milderung oder Beseitigung problematischer Verhaltensweisen.
7
Antidementiva Wie wirken Antidementiva? Sinkende geistige Fähigkeiten und nachlassende Alltagsbewältigung sind bei der Alzheimer-Krankheit die Folge eines langsam fortschreitenden Untergangs von Nervenzellen in bestimmten Gegenden der Hirnrinde und des Hirnstammes. Dieser Prozess lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder aufhalten noch verhindern. Aus diesem Grunde können auch Antidementia das Fortschreiten der Symptome nur temporär verzögern, den schleichenden Nervenzellenuntergang und damit die zunehmend Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines Alzheimer-Patienten können diese Arzneimittel allerdings aufhalten. Welche Behandlungserfolge sind zu erwarten? In den ersten Monaten der Behandlung lässt sich die Leistungsfähigkeit von Patienten mit leicht- bis mittelschwerer Erkrankung zwar geringfügig steigern, doch nach etwa neun bis 12 Monaten ist der gesamte Effekt verpufft. Die beschriebenen Effekte sind für die Medikamente der ersten Wahl, zu denen die Acetylcholin-erhöhenden Arzneimittel Rivastigmin, Galantamin und Donepezil gehören, am besten belegt. Die Verabreichung erfolgt so früh wie möglich und solange wie der Patient einen Nutzen daraus ziehen kann. Bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Erkrankung hat sich Memantine bewährt, jedoch kann auch hier nur das Fortschreiten der Erkrankung etwas verlangsamt, jedoch keine Zustandsverbesserung erzielt werden. Antidepressiva und Neuroleptika Wie wirken Neuroleptika und Antidepressiva? Neuroleptika vermindern die Signalübertragung durch den Neurotransmitter Dopamin und wirken dadurch entspannend und beruhigend. Antidepressiva hingegen erhöhen die Verfügbarkeit der Überträgerstoffe Noradrenalin und Serotonin, welche für die Steuerung unserer Stimmungen verantwortlich sind. Welche Behandlungserfolge und Nebenwirkungen sind zu erwarten? Neuroleptika mildern oder beheben die genannten Begleitsymptome der Alzheimer-Krankheit, da sie eine beruhigende Wirkung besitzen. Bevorzugt werden bei Alzheimer-Patienen schwachwirkende Neuroleptika mit vorwiegend beruhigendem Effekt oder neuere Substanzen mit möglichst geringen Nebenwirkungen.
XI. Neue Therapieansätze Offensive und defensive Wirkstoffe. Sicher konnten in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte in der Neurologie gemacht werden, dennoch ist es Medizinern bisher noch nicht möglich, das Risiko für Alzheimer exakt zu bestimmen. Selbst die Diagnose kann einwandfrei erst nach dem Tod eines Patienten verifiziert werden. Nur durch die Autopsie lassen sich nämlich die Plaques bestehend aus dem Protein Amyloid eindeutig nachweisen, die für die langsame Zerstörung der Nervenzellen verantwortlich sind. Mögliche Therapieansätze gibt es genügend, rund 60 verschiedene Unternehmen rund um die Welt arbeiten gegenwärtig an potenziellen Alzheimer-Medikamenten. Etwa 40 Produktkandidaten befinden sich aktuell in verschiedenen Stadien der klinischen Entwicklung. Die innovativsten Therapieansätze kommen aber wie so oft von den kleinen, meist noch nicht börsennotierten Unternehmen. Zwei interessante Kandidaten, die ich ihnen hier nicht vorenthalten möchte, sind Unternehmen, die von Universitätsprofessoren gegründet wurden. Dr. Eric R. Kandel, Professor für Psychiatry an der Columbia University und Gründer des Unternehmens Memory Pharmaceuticals ist der Ansicht, dass die gegenwärtigen 8
Arzneimittel gegen Alzheimer nur ein Akt der Verzweiflung sind. Wenn wir Erfolg haben wollen, so Kandel, dann müssen wir viel früher beginnen. Und Dr. Kandel muss es wissen, schließlich wurde er für seine bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Neurologie 2000 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Gemeinsam mit den Arbeiten seines Kollegen Tim Tully von den renommierten Cold Spring Harbor Laboratories auf Long Island konnte Kandel das Verständnis für unser Gedächtnis revolutionieren. Dr. Kandel entdeckte, dass ein bestimmter Neurotransmitter, das zyklische AMP oder CAMP eine Schlüsselrolle bei der Stärkung der Synapsen spielt. Dazu aktiviert CAMP ein Protein mit Namen CREB, diese CREB verhält sich wie ein Schlüssel und schaltet ein bestimmtes Gen an, welches seinerseits für die Freisetzung von Neurotransmittern im Gehirn zuständig ist, die für das Langzeitgedächtnis eine essentielle Rolle spielen. Laut Tully ist CREB nichts anderes als eine Art Bauleiter, der seine Arbeiter, also die Gene, so organisiert, dass am Ende das Haus, was in unserem Falle das Gedächtnis ist, steht. Das CREB tatsächlich dieser Bauleiter ist konnte Tully mit einem weiteren Experiment bestätigen. Er kreierte Fruchtfliegen, bei denen CREB ständig aktiviert war. Diese Fliegen unterschieden sich von ihren normalen Pendants durch ein fotografisches Gedächtnis. Diese bahnbrechenden Ergebnisse wollen Kandel und Tully nun in ihren eigenen Unternehmen nutzen, um in einer hoffentlich nicht allzu fernen Zukunft, das erste wirklich wirksame Medikament gegen Alzheimer auf den Markt zu bringen. Kandel's Firma Memory Pharmaceuticals Corp. mit Sitz in Montvale, N.J., ist am weitesten fortgeschritten, wenn es um Wirkstoffe geht, die den Abbau von CAMP hemmen könnten. Auch die Pharmaindustrie schläft nicht, so hat die Schweizer Roche Holding bereits einen Fuß bei Memory Pharmaceuticals in der Tür. 150 Millionen Dollar erhielt Kandel jüngst für die Unterzeichnung eines Partnerschaftsvertrages. Sechs potenzielle Kandidaten konnte Memory Pharmaceuticals bereits selektieren, einer davon wird sogar bereits in einer frühen Phase am Menschen getestet. Noch nicht ganz soweit fortgeschritten ist Tully's Helicon Therapeutics Inc., in Farmingdale, N.Y.. Im Gegensatz zu Kandel, der nach Substanzen sucht, die den Abbau von CAMP hemmen, ist Tully auf der Suche nach potenziellen Wirkstoffen die die Aktivität von CREB ankurbeln, wobei das Ergebnis aber das gleiche ist. Beide Ansätze sollen dazu beitragen, die Kommunikation zwischen den Nervenzellen zu erhöhen. Sämtliche von Tully bisher gefundenen Substanzen sind noch im Forschungsstadium. In Mäusen konnte Tully mit einigen Kandidaten aber bereits erfolgversprechende Ergebnisse erzielen. Generell kann man die meisten der neuen Wirkstoffe in die zwei Gruppen einteilen, in die auch die von Kandel und Tully erforschten Substanzen fallen. Die Offensiven verstärken Neurotransmitter, welche die Kommunikation zwischen den Neuronen erhöhen und dadurch den Gedächtnisaufbau stärken, während die Defensiven solche Neurotransmitter hemmen, die diesem Prozess entgegenwirken. Cortex Pharmaceuticals z.B. erforscht Stoffe, die den Neurotransmitter Glutamat verstärken was zur Produktion neuer Synapsen beiträgt. Besonders interessant bei Cortex’s Ampakine, das Produkt könnte sowohl bei alten als auch bei jungen Menschen wirksam sein. Die defensive Strategie wird auch von Saegis Pharmaceuticals Inc. im Kalifornischen Half Moon Bay verfolgt. Der experimentelle Wirkstoff, SGS742, blockiert GABA, einen Neurotransmitter der aus Glutamat entsteht und für die Blockade der Reizleitung zuständig ist. Die Hemmung von GABA bewirkt somit eine verstärkte Kommunikation unter den Nervenzellen. Die Ergebnisse des abgeschlossenen Phase II Versuchs bei MCI müssen noch veröffentlicht werden, doch CEO Rodney Pearlman hat im Vorfeld bereits bekannt gegeben, dass eine statische Signifikanz gegenüber der Placebo Gruppe erzielt werden konnte.
9
Der Cholesterin Link. Neue Studiendaten weisen darauf hin, dass die zur Cholesterinsenkung eingesetzten Statine auch bei der Alzheimer Krankheit eine positive Wirkung besitzen könnten. Gegenwärtig werden Studien, finanziert von den National Institutes of Health (NIH), durchgeführt, die diesem ersten Hinweis nachgehen sollen. Die Studien sollen die beiden populärsten Cholesterinsenker Zocor von Merck & Co. sowie das von Pfizer vermarktete Lipitor auf ihre potenzielle Fähigkeit den Gedächtnisverlust zu verlangsamen evaluieren. Ob sich die Statine in den nächsten paar Jahren tatsächlich im Kampf gegen Alzheimer als wirksam erweisen werden, muss abgewartet werden. Erst kürzlich hat man zwischen arteriosklerotischen Plaques, wie sie in den Arterien von Patienten mit hohem Cholesterinspiegel vorkommen, und den Plaques im Gehirn von Alzheimer Patienten allerdings einige wichtige Gemeinsamkeiten gefunden. Möglicherweise können Statine ja auf Grund dieser Gemeinsamkeiten die Amyloid Plaques im Gehirn genauso erfolgreich auflösen wie die entsprechenden Plaques in den Arterien.
XII. Andere neurodegenerative Erkrankungen Parkinson-Krankheit. Ursache der Parkinson Krankheit ist ein Nervenzelluntergang in Kerngebieten, die für die Koordination der Bewegungsabläufe verantwortlich sind. Dabei können auch Hirnleistungsstörungen auftreten, die durch eine ausgeprägte Verlangsamung der Denkabläufe gekennzeichnet sind, die Sprache ist jedoch nicht betroffen. Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Diese neurodegenerative Erkrankung wird durch infektiöse Partikel (Prionen) hervorgerufen. Sie führen zu einer schwammartigen Veränderung der Hirnrinde. Klinische Kennzeichen sind ein sehr rascher Verlauf sowie das Auftreten von Muskelzuckungen und Gehstörungen.
XIII. Erste Erfolge innovativer Therapieansätze Alzheimer-Impfung bei Mäusen. Amerikanischen Forschern gelang erst vor kurzem mit einer Impfung die Gedächtnisleistung von Mäusen mit der Alzheimer-Krankheit deutlich zu steigern. Die Tiere wurden mit Antikörpern behandelt, die ganz spezifisch an die lösliche Form des Alzheimer-Proteins binden. Die Ergebnisse ließen aber auch Rückschlüsse auf die Ursachen der Krankheit zu. Bereits eine einmalige Behandlung mit dem spezifischen Antikörper gegen die lösliche Form des Beta-Amyloidpeptids verbesserte sich die Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit der Mäuse deutlich. Aus früheren Versuchen wussten die Forscher, dass die verabreichten Antikörper an Beta-Amyloidpeptide im Blut binden und dafür sorgen, dass zusätzliche Peptide aus dem Gehirn in das Blut gelangen. Auf diese Weise verringert sich die Menge an Alzheimer-Proteinen im Gehirn. Allerdings hatte die Behandlung keine Auswirkungen auf die Protein-Ablagerungen in den Gehirnen der Mäuse. Dieses Ergebnis spricht dafür, dass möglicherweise die lösliche Form des Beta-Amyloidpeptids für den Gedächtnisverlust bei Alzheimer-Patienten verantwortlich sein könnte. Erste Versuche einer solchen Therapie am Menschen waren allerdings mit schweren Nebenwirkungen assoziiert. Ohne Klebstoff keine Klumpen. Mit einer cleveren Strategie wollen Forscher den schädlichen Protein-Ablagerungen im Gehirn zu Leibe rücken. In ersten Tests an Tieren und an Menschen ließ sich die Bildung der Plaques durch den Entzug ihres molekularen Klebstoffs stoppen, in einzelnen Fällen sogar rückgängig machen. Eine Vielzahl von Krankheiten wird von Ablagerungen falsch gefalteter Proteine begleitet, die Organe 10
verkleben können. Im Fall von Alzheimer handelt es sich um das Beta-Amyloid-Protein, das im Gehirn der Kranken große Plaques bildet und durch das Protein „Serum Amyloid P“, kurz SAP, zusammengehalten wird. Forscher des Pharmaunternehmens Roche und verschiedener Universitäten konzentrieren sich bei ihren Forschung auf dieses Protein, das die schädlichen Ablagerungen wie Klebstoff zusammenhält. SAP kommt im normalen Blut vor und zeichnet sich durch ein große Stabilität aus. Ziel der Forschungen ist es, potenzielle Wirkstoffe zu finden, die SAP abfangen können und zu dessen beschleunigtem Abbau beitragen können. Und die Wissenschaftler konnten auch bereits eine aussichtsreiche Substanz ausmachen, die dies bewerkstelligen könnte. CPHPC nennt sich der Kandidat, der ähnlich einem Doppelmolekül der Aminosäure Prolin aussieht. In der Zeitschrift Nature wurde der neuartige Therapieansatz gegen Alzheimer bereits vorgestellt. Der Leiter der Studie, Mark Pepys von der Londoner Royal Free and University College Medical School, ist der Meinung, die CPHPC-Therapie sei tatsächlich ein hoffnungsvoller Ansatz im Kampf gegen Alzheimer. Knochenmark spendet Zellen fürs Gehirn. Auch die Stammzellenforschung lässt auf eine mögliche Therapie der Alzheimer Krankheit hoffen. Forschern der University of Minnesota ist es nämlich gelungen, den Beweis zu erbringen, dass sich adulte Stammzellen in wichtige Typen von Gehirnzellen differenzieren lassen. Die aus dem Knochenmark erwachsener Spender entnommenen Stammzellen wurden in die Blastozyste (Keimbläschen) einer Maus injiziert. Die aus diesem frühen Embryonalstadium entwickelten Mäuse besaßen nicht nur eigene Hirnzellen, sondern auch Hirnzellen, die sich aus den adulten Stammzellen gebildet hatten. Innerhalb des Gehirns entwickelten sich diese transplantierten Zellen zu Nervenzellen, die elektrische Impulse weiterleiteten, Gliazellen, die die Nervenzellen unterstützten und Myelin-bildende Zellen, die die Weiterleitung der elektrischen Impulse durch die Nervenzellen verstärkten. Mit diesen Erkenntnissen sollen nun ganz neue Therapien zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen entwickelt werden.
XIV. Myriad Genetics – Diagnostikaspezialist auf Abwegen Myriad Genetics, Inc., besteht aus zwei Geschäftseinheiten, die sich mit der Entwicklung und Vermarktung von gänzlich verschiedenen Produkten beschäftigen. Während Myriad Therapeutics sich auf die Entwicklung neuartiger Therapeutika spezialisiert hat, liegt der Fokus von Myriad Genetics Laboratories auf der Entwicklung und Vermarktung von prädiktiven Diagnostika, mit denen sich das Risiko für die Entstehung einer Erkrankung abschätzen lassen. Den meisten ist Myriad aber durch seine Gentests zum Nachweis von Mutationen ein Begriff. Die Tests BRACAnalysis, COLARIS, COLARIS AP, MELARIS und CardiaRisk, die durch Lab Corporation of America Holdings (LabCorp) vermarktet werden, sind hinreichende Beweise für die Expertise des Unternehmens in diesem Bereich. Der Bereich Wirkstoffentwicklung ist bei Myriad zwar noch eher unterentwickelt, dennoch ist der Alzheimer Kandidat, der nun in die Phase II der klinischen Entwicklung eingetreten ist, als aussichtsreich zu bezeichnen. MPC-7869 (R-Flurbiprofen), das zur Behandlung des milden bis mittleren Schwergrades der Erkrankung zum Einsatz kommen soll, wird demnächst in Kanada und Großbritannien an etwa 200 Alzheimer Patienten auf sein Potenzial das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen getestet. Sollte MPC-7869 dies gelingen, hätte Myriad allen Grund zur Freude, den alle bisherigen Therapien gegen Alzheimer können lediglich eine zeitlich begrenzte Verbesserung erzielen. Die in der Präklinik zum Ausdruck kommenden Eigenschaften von MPC-7869, sprechen dafür, dass der experimentelle Wirkstoff das Potenzial zu einer Verlangsamung des Fortschreitens von Alzheimer besitzen könnte. Abeta42, die Abkürzung für Beta11
Amyloidpeptid bestehend aus 42 Aminosäuren, ist der primäre Bestandteil der senilen Plaques und mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit der Initiator der Erkrankung. Dafür spricht auch, dass die meisten Gendefekte, die zum frühen Auftreten von Alzheimer führen, die Produktion von Abeta42 ankurbeln. Das von Myriad entwickelte MPC-7869 konnte im in vitro als auch im Tierversuch die Konzentration an Abeta42 signifikant erniedrigen. Damit ist das Myriad Produkt die erste nun am Menschen getestete Substanz, die Abeta42 nachweislich erniedrigen konnte. Ob MPC-7869 diese hohen Erwartungen erfüllen kann, wird sich allerdings frühestens in einem Jahr zeigen, so lange soll nämlich die erst kürzlich initiierte Studie laufen. Die im August von Myriad vorgelegten Geschäftszahlen waren mit einem Umsatz von $15,71 Millionen und einem Nettoverlust von 26 cents pro Aktie zwar besser als im Vorjahresquartal, lagen jedoch unter den Erwartungen der Analysten. Diese hatten gemäß Reuters Research, aufgrund gesunkener F&E Kosten, mit einem Umsatz von $17,2 Millionen und einem EPS von minus 22 cents spekuliert.
XV. Axonyx und die duale Wirkung von Phenserine Axonyx nennt sich das biopharmazeutische Unternehmen, dessen Fokus ganz und gar auf der Akquisition sowie der Entwicklung von Produkten zur Behandlung und Diagnose neurodegenerativer Erkrankungen liegt. Dem Schlüsselprodukt Phenserine gegen Alzheimer gelang erst im Juni der Sprung in die Phase III der klinischen Entwicklung. Die Studie, die 375 Patienten mit milder bis moderater Alzheimer Krankheit einschließen soll und eine Therapie von sechs Monaten vorsieht, wird in verschiedenen Studienzentren in Europa durchgeführt. Phenserine ist eine Eigenentwicklung von Axonyx, es handelt sich dabei um einen Hemmstoff der Acetylcholinesterase und des beta-APP (beta-Amyloid Precursor Protein). In einer Phase IIb Studie wird Phenserine zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf seine Fähigkeit getestet, die Konzentration des Beta-Amyloid Vorläuferproteins (beta-APP) und des Beta-Amyloid Proteins in Plasma und Rückenmarkflüssigkeit zu erniedrigen. Die Anwesenheit von Beta-Amyloid im Gehirn ist wohl nicht nur das Schlüsselereignis für die Entstehung von Alzheimer, sondern trägt aller Wahrscheinlichkeit nach auch zum Fortschreiten der Erkrankung bei. Phenserine ist insofern etwas Besonderes, da es neben der Verbesserung der Gedächtnisleistung auch noch das Potenzial in sich trägt, das Fortschreiten von Alzheimer zu verlangsamen, womit es in direkte Konkurrenz zum Myriad Produkt tritt. Alle anderen potenziellen Wirkstoffkandidaten von Axonyx befinden sich im präklinischen Stadium, sind also noch weit von einer möglichen Vermarktung entfernt. Das Potenzial von Phenserine brachte Axonyx aber jüngst die Aufmerksamkeit vieler Investoren ein. Grund hierfür, die ermutigenden Phase II Daten, die es nun in Phase III zu verifizieren gilt. Die Technologie, die Axonyx als Grundlage für die Entwicklung von Wirkstoffen gegen neurodegenerative Erkrankungen nutzt, wurde von der Universität von New York und den National Institutes of Health lizenziert. Eine mehr als interessante Partnerschaft besteht mit dem größten europäischen Biotechunternehmen, der Schweizer Serono. Serono hat sich die exklusiven Rechte an den „Amyloidhemmenden Peptiden“ (AIPs) und den „Prionhemmenden Peptiden“ (PIPs) von Axonyx gesichert. Zu der ersten Stoffklasse gehört auch Phenserine, dass Serono in seinen präklinischen Studien als aussichtsreichen Kandidaten selektieren konnte und das nun bereits in Phase III getestet wird. Phenserine ist ein selektiv wirkender Hemmstoff der Acetylcholinesterase, einem Enzym, das für den Abbau des wichtigen Neurotransmitters Acetylcholin im Gehirn verantwortlich ist. Phenserine konnte in Ratten das Gedächtnis und die Lernfähigkeit ganz 12
deutlich steigern. Die Substanz wirkt durch zwei unterschiedliche Mechanismen, sie hemmt den Abbau des Überträgerstoffes Acetylcholin und gleichzeitig die Produktion einer toxischen Form des Beta-Amyloid Proteins im Gehirn, von der man annimmt, dass sie für den Tod der Gehirnzellen verantwortlich ist. Auf Grund dieses dualen Mechanismus könnte Phenserine herkömmlichen Acetylcholinesterasehemmern überlegen sein. Ein weiterer Vorteil von Phenserine ist seine bevorzugte Ansammlung im Gehirn. Das Konzentrationsverhältnis Gehirn:Blut liegt bei 10:1, was im Menschen zu einer maximalen therapeutischen Wirkung und zu minimalen Nebenwirkungen beitragen sollte. Damit dürfte Phenserine auch eine weitaus besser verträgliche Behandlungsalternative als bisher existierende Präparate sein. Acetylcholin wird in Nervenzellen gebildet und ist für einen reibungslosen Informationsfluss von Bedeutung. Der Verlust von Nervenzellen führt zur Abnahme des Neurotransmitters Acetylcholin und das Enzym Acetylcholinesterase verringert so dessen Konzentration noch zusätzlich. Dadurch kommt es zu den bei Alzheimer Patienten bekannten Gedächtnisstörungen. Phenserine hemmt das Acetylcholin spaltende Enzym und verbessert dadurch den Informationsfluss im Gehirn. Da Phenserine die Acetylcholinesterase sehr fest bindet besitzt es ein lange Verweildauer im Gehirn, was mit einer langanhaltenden Wirkung korreliert sein dürfte. Darüber hinaus besitzt Phenserine die ungewöhnliche Fähigkeit die Bildung des beta-Amyloid Vorläufer Proteins (beta-APP) zu hemmen. Das Vorläufer Protein ist die Quelle für das neurotoxische Peptid beta-Amyloid, das sich in Form von Amyloid-Plaques im Gehirn von Alzheimer Patienten ablagert. In Nagern konnte Phenserine die Bildung von beta-Amyloid verzögern, was dafür spricht, dass Phenserine das Fortschreiten von Alzheimer verzögern könnte.
XVI. Eli Lilly kämpft gemeinsam mit Neurion Pharmaceuticals Im Januar 2002 wurde das Unternehmen Neurion Pharmaceuticals, Inc., mit finanzieller Unterstützung von Convergent Ventures, einer in Los Angeles ansässigen Life Science Venture Capital Firma, gegründet. Da sich Neurion noch im frühen Entwicklungsstadium befindet, besitzt das Unternehmen noch keinerlei Produkte, hat allerdings eine recht aussichtsreiche Technologie Plattform zu bieten, mit deren Hilfe sich Ionenkanalmodulatoren und Modulatoren von Rezeptoren erforschen und entwickeln lassen. Ionenkanäle kommen in den Membranen aller Zellen vor und sind für den Transport geladener Partikel durch die Zellmembran verantwortlich. Ebenso findet man Rezeptoren in den Membranen aller Zellen. Auch Rezeptoren dienen entweder dem Stoffoder auch nur dem Signaltransport. Gemeinsam ist beiden Eiweißkomplexen, dass sie durch die Bindung bestimmter Stoffe in den Zellen eine bestimmte Reaktion auslösen. Um Wirkstoffe zu entwickeln, die mit Ionenkanälen oder Rezeptoren in Wechselwirkung treten können, muss man deren Struktur exakt dem Ionenkanal oder dem Rezeptor anpassen. Ionenkanäle und Rezeptoren arbeiten nämlich wie Enzyme nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, nur wenn eine Substanz ganz selektiv gebunden wird besitzt man einen aussichtsreichen Wirkstoff mit geringem Nebenwirkungsprofil. Substanzen, denen diese Selektivität fehlt können meist nämlich mit ähnlichen Rezeptorstrukturen wechselwirken und dadurch nicht erwünschte Ereignisse hervorrufen. Neurion Pharmaceuticals hat sich auf die Ionenkanäle und Rezeptoren der Nervenzellen spezialisiert und hat es sich zum Ziel gesetzt, wirkungsvolle Medikamente gegen Erkrankungen des Zentralnervensystems zu entwickeln, die mit Veränderungen an Ionenkanälen assoziiert sind. Das die Technologie des Unternehmens, die den bezeichnenden Namen Precision Neurochemistry Plattform (NP2) trägt und zur 13
Erforschung von neuen selektiv wirkenden Ionenkanalmodulatoren dient, tatsächlich Aussicht auf Erfolg hat, dafür spricht einiges. So zum Beispiel das Interesse des Pharmakonzerns Eli Lilly, der ein Fachmann auf dem Gebiet der neurologischen Wirkstoffentwicklung ist. Im Juli 2003 hat sich Eli Lilly dazu entschlossen, den Kampf gegen Erkrankungen des Zentralnervensystems mit Hilfe der Precision Neurochemistry Plattform von Neurion zu führen. Im Rahmen einer Forschungskollaboration wird Neurion mit Hilfe seiner Technologie nach kleinen Wirkstoffmolekülen fahnden, die eine Veränderung an bestimmten Ionenkanälen in den Membranen der Nervenzellen hervorrufen. Dabei haben sich der Spezialist für die Entwicklung von Ionenkanal-Wirkstoffen und der Pharmagigant Eli Lilly auf ein breites Spektrum von Erkrankungen des zentralen Nervensystems geeinigt. Neben Alzheimer und verwandten Demenzen, zielt man auch auf Wirkstoffe gegen Parkinson, das Tourette Syndrom, Schizophrenie, Depression, Aufmerksamkeitsdefizitstörung und chronische Schmerzen. Der Vorteil der Neurion Technologie liegt in ihrer Fähigkeit Strukturen der Zielmoleküle, die an die Ionenkanäle oder Rezeptoren an der Oberfläche von Nervenzellen binden, ganz präzise zu erkennen. Dadurch wird es möglich, Wirkstoffe zu entwickeln, die exakt diesen Strukturen entsprechen und anstelle des Zielmoleküls andocken können. Durch den präzisen Nachbau dieser Strukturen entstehen maßgeschneiderte Wirkstoffe mit einem deutlich verbesserten Sicherheitsprofil und so ganz nebenbei reduzieren sie die Ausfallquote der experimentellen Wirkstoffkandidaten und damit den wohl größten Kostenfaktor bei der Entwicklung neuer Medikamente. Neben der Forschungskollaboration mit Eli Lilly ist Neurion noch mit zwei weiteren Entwicklungsprogrammen beschäftigt. Zwar sind sämtliche Forschungsprojekte noch in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung, doch Eli Lilly setzt mit Neurion bereits auf die Zukunft. Auch die Alzheimer Erkrankung will Lilly mit Hilfe der Precision Neurochemistry Plattform (NP2) einer effektiven Therapie zugänglich machen. Eli Lilly wird neben seiner Forschungserfahrung auch das nötige Kleingeld für das Projekt aufbringen. Für diesen Einsatz sicherte sich Eli Lilly allerdings die Vermarktungsrechte an erfolgreich entwickelten Produkten.
XVII. Cortex - Ein „Viagra“ für das Gehirn? Vor gar nicht allzu langer Zeit war das Unternehmen Cortex und sein experimenteller Wirkstoff CX516 in aller Munde, als nämlich ein 76 jähriger Richter aus Kalifornien all seine Verbindungen spielen ließ, um an einer klinischen Studie teilzunehmen, in der CX516 zur Behandlung von MCI (Mild Cognitive Impairment) getestet werden sollte. Unter MCI versteht man ein Nachlassen des Kurzzeitgedächtnisses, wie es vorwiegend mit zunehmendem Alter in Erscheinung tritt. Obwohl diese Störung das tägliche Leben nicht allzu sehr beeinflusst, so ist sie dennoch ernst zu nehmen. MCI kann nämlich ein erstes Signal für die Entstehung der Alzheimer Erkrankung sein. Auch Alzheimer beginnt, wie wir einführend bereits gehört haben, ganz langsam mit einer kontinuierlich zunehmenden Verschlechterung des Kurzeitgedächtnisses. Bei etwa 15 Prozent aller an MCI leidenden Menschen schreitet der Gedächtnisverlust weiter fort und endet im Krankheitsbild Alzheimer. CX516 wurde zur Behandlung von MCI entwickelt und im Frühjahr in einer Phase II Studie getestet. Dem Richter gelang es auch in diese Studie eingeschlossen zu werden, was weit reichende Folgen für sein weiteres Leben hatte. Zwölf Wochen lang nahm der Rentner täglich acht Kapseln des Wirkstoffes CX516 zu sich und war von Anfang an begeistert. Konnte er sich vor dem Versuch aus einer Liste mit 20 Wörtern lediglich fünf merken, so waren es nach zwei Wochen unter CX516 schon 14 Wörter, an die er sich ohne 14
Schwierigkeiten erinnern konnte. Das war ein wirklich bemerkenswertes Ergebnis, weshalb es unserem Probanden auch das Herz brach, sich nach der Studie von CX516 loszusagen. Ob der Richter seine Drohung tatsächlich war macht, und versuchen wird mit allen Mitteln an das experimentelle Präparat zu kommen, bleibt dahingestellt. Doch wenn er noch ein paar Jahre warten kann, dann wird sich sein Problem mit Sicherheit auch legal lösen lassen. Dr. Leon J. Thal, Direktor des Lehrstuhls für Neurowissenschaften an der Universität von Kalifornien in San Diego, geht nämlich davon aus, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre erste Medikamente auf den Markt kommen werden, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen oder sogar ihre Entstehung um einige Jahre hinausschieben können. Die Chancen für das von Cortex entwickelte CX516 stehen nicht einmal schlecht, eines der ersten dieser Produkte am Markt zu sein. Um ein ausreichendes Marktvolumen brauchen sich CX516 und Co. keine Gedanken machen, denn in 10 Jahren haben die 77 Millionen Baby Boomer die 50 längst überschritten und etwa 25 Prozent von ihnen werden an irgendeiner Form von Demenz erkranken. Alle von Cortex entwickelten Produkte werden unter dem Sammelbegriff der AMPAKINE® zusammengefasst. In klinischen Studien der Phase IIa konnte diese Verbindungsklasse ihren Wirkungsbeweis bereits erbringen. AMPAKINE® verbessern nicht nur das Gedächtnis und die Wahrnehmung im Allgemeinen, sondern beeinflussen auch den altersbedingten Gedächtnisverlust positiv und wirken bei Störungen wie Autismus und dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom. Damit ist Cortex in einem Marktsegment angesiedelt, dass bereits jetzt ein Volumen von bis zu 30 Milliarden Dollar besitzt und mit etwa 17 Prozent im Jahr wächst. Die Wirkung der AMPAKINE® Verbindungen beruht darauf, dass sie in den meisten Stoffwechselwegen aktiv sind, die für die Übertragung von Nervenreizen verantwortlich sind. Die Schlüsselverbindung der AMPAKINE® ist CX516, das gegenwärtig in zwei Phase IIb Versuchen evaluiert wird. Bei Patienten mit Alzheimer und bei Schizophrenie konnte CX516 nicht nur eine Wirksamkeit, sondern auch ein erstaunlich gutes Sicherheitsprofil zeigen. Cortex besitzt für die Substanzklasse der AMPAKINE® ein weitreichendes Patentportfolio, das die Substanzen selbst und deren Anwendung vor unerwünschter Konkurrenz schützt. Doch wo im Gehirn wirken AMPAKINE® und wie kommt es durch diese Interaktionen zu einer Verbesserung der Gedächtnisleistung. Dazu ist ein kleiner Ausflug in die Funktionsweise des Gehirns unumgänglich. Alle Denkprozesse im Gehirn werden durch verschiedene Überträgerstoffe geregelt. Um beispielsweise ein Information von einer Gehirnzelle zu nächsten weiterzugeben, wird am Fortsatz der Nervenzelle, der sogenannten Synapse, ein Überträgerstoff freigesetzt. Dieser auch Neurotransmitter genannte Stoff wandert dann über den synaptischen Spalt zur Synapse der benachbarten Nervenzelle und wird dort an einen Rezeptor in der Zellmembran gebunden. Diese Bindung löst in der benachbarten Zelle eine ganz bestimmte Reaktion aus, was sich z.B. in einer Bewegung eines Armes äußern kann. Ampakine wie CX516 wirken nun an ganz bestimmten Rezeptoren von Nervenzellen, den sogenannten AMPA-Glutamat Rezeptoren. Ein großer Teil der Reizleitung zwischen den Neuronen im Gehirn erfolgt mittels GlutamatRezeptoren, weshalb Glutamat mit zu den häufigsten Neurotransmittern zählt. Kommt nun ein Reiz an der Nervenzelle an, dann wird Glutamat in den synaptischen Spalt freigesetzt und wandert zum AMPA-Rezeptor der benachbarten Zelle. Durch die Bindung an diesen geht der Reiz auf die folgende Zelle über. An dieser Stelle tritt Ampakine in Aktion. Ampakine verstärkt über eine Interaktion mit Glutamat den Effekt am Rezeptor und wirkt deshalb wie ein Verstärker für den Nervenreiz. Ampakine können oral verabreicht werden, passieren sehr schnell die Blut-Hirn-Schranke und verbessern nachweislich die Kommunikation unter den Nervenzellen. 15
Zusätzlich zu CX516, dass Blockbusterpotenzial besitzt, hat Cortex noch zwei weitere Substanzen der AMPAKINE Familie in der klinischen Entwicklung. Allerdings sollen Org24448 gegen Schizophrenie und S18986 gegen Alzheimer im Rahmen eines Lizenzvertrages von Organon und Servier zur Marktreife geführt werden. In den letzten sechs Monaten konnte Cortex seine Position durch eine Anzahl positiver Entwicklungen deutlich stärken. Die Einstellung eines erfahrenen neuen CEOs ist nur eine Maßnahme, das Schlüsselprodukt CX516 möglichst schnell auf den Markt zu bringen. Auch will Cortex künftig seine Auslizenzierungsstrategie ändern, um den Wert seiner Entwicklungen zu maximieren sollen die experimentellen Wirkstoffe so weit wie möglich im eigenen Haus entwickelt werden. Die erst jüngst erfolgte erfolgreiche Platzierung zusätzlicher Aktien im Wert von $5.000.000 und die Forschungsgelder des Partners Servier ermöglichen Cortex nun die Entwicklung einiger aussichtsreicher AMPAKINE Verbindungen der zweiten Generation, zu denen auch der Kandidat CX717 gehört. Cortex gehört zwar noch in die Kategorie spekulatives Investment und eignet sich deshalb nur für den risikobereiten Investor. Wer einen langen Atem besitzt, für den könnte sich Cortex aber durchaus eignen. Bisher sieht es nämlich ganz so aus, als wenn Cortex mit seiner AMPAKINE Technologie ein sehr lohnendes Projekt entwickeln konnte. Die Marktkapitalisierung von nur 70 Millionen Dollar lädt dazu ein, auf einen künftigen Gewinner zu setzen. Auch wenn für das Gesamtjahr 2003 der Verlust von $1.175.000 ($0,07 pro Aktie) über dem Verlust des Vorjahres von $983.000 ($0,06 pro Aktie) lag. Das deutlich bessere Ergebnis des Vorjahres war nämlich lediglich auf eine Meilensteinzahlung von Organon im September 2001 zurückzuführen.
XVIII. Forest Labs zielt auf fortgeschrittenen Alzheimer Bereits seit 1956 existiert das Unternehmen Forest Labs, das neben Generika, also Nachahmerpräparaten aus patentfreien Wirkstoffen, auch Markenpräparate vermarktet. Sowohl rezeptfreie als auch verschreibungspflichtige Arzneimittel sind das Geschäft von Forest Labs, das bereits beträchtliche Gewinne abwirft. Eine Schlüsselindikation bei Forest Labs waren bisher die depressiven Erkrankungen, für diese vermarktet das Unternehmen eine Vielzahl von Produkten. So z.B. Lexapro und Celexa, die zu den Serotonin reuptake Hemmern zählen. Diese Medikamente entfalten ihre Wirkung, indem sie die Wiederaufnahme von Serotonin, einen Neurotransmitter der für Glücksgefühle zuständig ist, aus dem synaptischen Spalt in die Nervenzelle hemmen. Und Forest Labs hat noch eine Menge anderer Produkte in der Pipeline. Was das Unternehmen im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen interessant macht ist der Wirkstoff Memantine, der erst kürzlich ein positives Votum eines Expertengremiums der FDA erhalten konnte. In Europa ist Memantine unter dem Handelsnamen Ebixa bereits auf dem Markt und wird dort vom Schwedischen Unternehmen H. Lundbeck vermarktet. Die Rechte für Memantine stammen vom deutschen Unternehmen Merz. Memantine wirkt am Glutamat-Rezeptor im Gehirn und verbessert so die Kommunikation zwischen Nervenzellen. Der Neurotransmitter Glutamat ist an den meisten komplexen Denkvorgängen und am Aufbau des Gedächtnisses beteiligt. Die Kombinationstherapie bestehend aus Ebixa und Pfizer’s Aricept konnte die Gedächtnisleistung von Patienten mit mäßigem bis schwerem Alzheimer deutlich verbessern. Mit der Empfehlung des FDA Gremiums in der Tasche kommt Memantine seiner Zulassung in den USA einen großen Schritt näher. Damit wäre Memantine in den USA das erste Präparat am Markt, dass Patienten mit einer fortgeschrittenen Erkrankung Erleichterung verschaffen könnte. Auf Grund der Überalterung unserer Gesellschaft wird die Zahl der Alzheimer Betroffenen kontinuierlich wachsen, Memantine dürfte deshalb in nächster die Erwartungen von Forest Labs hinsichtlich Umsatz und Gewinn erfüllen. 16
Marktexperten rechnen Memantine im Fiskaljahr 2004, das am 31. März zuende gehen wird, ein Marktvolumen von $25 Millionen aus. Wenn die Schätzungen richtig liegen, wird im Geschäftsjahr 2005 ein Umsatz von $180 Millionen erwartet, dieser soll sich auf etwa $650 Millionen im Geschäftsjahr 2008 steigern. Memantine wird Alzheimer ebenso wenig heilen wie alle anderen Produkte, doch die klinischen Ergebnisse zeigen, dass sich mit Memantine der Niedergang der Nervenzellen deutlich verlangsamen lässt.
XIX. AstraZeneca vertraut auf Astex Astex Technology heißt ein kleines Unternehmen an das AstraZeneca seine Hoffnungen im Hinblick auf ein innovatives Präparat gegen die Alzheimer Erkrankung knüpft. Erst vor wenigen Wochen erhielt Astex für erste Erfolge bei der Suche nach kleinen Wirkstoffmolekülen, die wichtige Proteine beim Entstehungsprozess von Alzheimer hemmen, eine Meilensteinzahlung. Im März 2003 hatte sich AstraZeneca zu einer Kollaboration mit Astex entschlossen und nun, kaum sechs Monate später, konnte Astex die erste Serie von Hemmstoffen gegen wichtige Schlüsselproteine im Krankheitsprozess von Alzheimer liefern. „Fragment-Based Drug Discovery“, so lautet das Erfolgsgeheimnis bei Astex. Hinter diesem etwas befremdlichen Ausdruck verbirgt sich ein Verfahren, das auf einer Technik beruht, die es schon seit geraumer Zeit gibt. Nach Astex die Umgestaltung dieser Technik zu einem High-Throughput Verfahren gelungen war, hatte das Unternehmen eine effektive Methode zur schnellen Identifizierung kleiner Wirkstoffmoleküle an der Hand. Pyramid nennt Astex seine geniale Methode und die Technik auf der sie beruht ist die gute alte Röntgenkristallografie. Mit Hilfe der Röntgekristallografie oder auch Röntgenstrukturanalyse lassen sich Proteinstrukturen am Computer sichtbar machen. Nach Zusatz potenzieller Wirkstofffragmente erfolgt mittels einer Software die Berechnung der Bindungsstärke zwischen dem Zielprotein und dem Wirkstofffragment. Dank Pyramid läuft dieser Prozess der Wirkstoffselektion allerdings im Hochdurchsatzverfahren ab, so dass innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl von möglichen Wirkstoffkandidaten geprüft werden kann. Über die Stärke der Bindung der Wirkstofffragmente an die kristallisierten Zielproteine lassen sich potenzielle LeadVerbindungen selektieren und anschließend weiter optimieren. Eine integrierte „Drug Dicovery Plattform“ ermöglicht Astex sämtliche Arbeitsschritte, von der Proteinisolierung über die Kristallisation des Eiweißstoffes bis hin zur Strukturermittlung von Protein und Wirkstofffragment. Dass die Astex Technologie Erfolg haben wird, daran glaubt nicht nur AstraZeneca, wie die vielfältigen Kooperationen mit hochkarätigen Partnern zeigen. Neben der Forschungskollaboration mit AstraZeneca sind auch noch Schering, Mitsubishi Pharma, Fujisawa Pharma, Aventis Pharmaceuticals sowie das britische Institute of Cancer Research und Cancer Research Technology an der Astex Technologie interessiert.
XX. Nymox - AlzheimAlert soll die Diagnose erleichtern Noch gibt es keine wirklich sichere Möglichkeit Alzheimer mit einhundert Prozent zu diagnostizieren. Erst nach dem Tod lässt sich durch eine Autopsie die Erkrankung durch den histologischen Nachweis exakt diagnostizieren. Doch mit AlzheimAlert, einem von Nymox Pharmaceutical Corporation (NASDAQ: NYMX) entwickelten diagnostischen Verfahren soll sich die Diagnose von Alzheimer sehr viel leichter stellen lassen. In neuesten klinischen Studien, durchgeführt in den USA, konnte AlzheimAlert deutlich 17
besser als erwartete Ergebnisse erbringen. Überprüft wurde inwieweit sich durch AlzheimAlert gesunde von kranken Patienten unterscheiden lassen. Und der Urintest von Nymox scheint tatsächlich eine echte Hilfe zu sein, wenn es darum geht, auf das Vorliegen einer Alzheimer Erkrankung zu schließen. AlzheimAlert ist ein standardisiertes nicht invasives Verfahren, das eine chemische Substanz im Urin der Patienten nachweist, die mit der Erkrankung korreliert ist. Das Nachweisverfahren selbst ist zwar kompliziert, doch für den Patienten, der lediglich eine Urinprobe abgeben muss, ist es unkompliziert und völlig schmerzlos. Darüber hinaus ist AlzheimAlert im Gegensatz zur Kernspintomographie die sehr viel günstigere Alternative zum Nachweis von Alzheimer. AlzheimAlert weist im Urin ein Protein mit Namen Neurales Fadenprotein nach. Dieses im Gehirn vorkommende Eiweiß ist im Urin von Patienten mit Alzheimer erhöht und lässt sich mit dem Nymox Test ziemlich genau nachweisen. Bisher konnten Ärzte AlzheimAlert zwar nur über das Nymox-eigene CLIAzertifizierte Referenzlabor in New Jersey für einen Preis von 295 Dollar pro Test erhalten, doch nun soll AlzheimAlert auch den globalen Markt erobern. Einen ersten Schritt in dieses Richtung konnte Nymox mit der Entwicklung einer Kit-Version von AlzheimAlert erst jüngst bekannt geben. Ein Testkit vereinfacht die Anwendung eines analytischen Verfahrens und soll nun sämtlichen Laboratorien weltweit die Durchführung des Tests ermöglichen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Zulassungsbehörden in den entsprechenden Ländern sich wohlwollend zu AlzheimAlert äußern. Angesichts des Preisunterschieds zwischen AlzheimAlert und einer Kernspintomographie dürfte den Zulassungsbehörden auch außerhalb der USA die Entscheidung aber nicht allzu schwer fallen. Vor allem für Länder wie Kanada, Europa und Japan, die sich einer zunehmenden Überalterung ihrer Gesellschaft gegenüber sehen, dürfte AlzheimAlert ein wichtiges Produkt zur Kostensenkung in den Gesundheitssystemen sein. Seit die Entwicklung des neuen Testkits bekannt wurde, kann sich Nymox vor Anfragen aus dem Ausland kaum noch retten, was angesichts der weltweiten Prognosen kaum verwunderlich ist. Bis jetzt leben weltweit rund 15 bis 20 Millionen Menschen mit Alzheimer, der Schaden für die Gesellschaft ist gigantisch und die Kosten, die Familien mit Alzheimer Patienten entstehen, sind unkalkulierbar. In den USA kostet die Alzheimer Erkrankung der Gesellschaft jährlich etwa 100 Milliarden Dollar. Eine frühzeitige, relativ genaue und zudem noch billige Methode zur Diagnose von Alzheimer wird deshalb händeringend gesucht. Damit dürfte AlzheimAlert nach einer weltweiten Zulassung wohl kein schlechter Umsatz ins Haus stehen, schließlich kommt die gigantische Anzahl der Baby Boomer gerade erst in das Alter, bei dem sich ein entsprechender Test lohnen dürfte. BioTech-Experte.de bedankt sich für Ihr Interesse am Alzheimer-Report 2003 und möchte Sie sogleich auf die folgenden Studien hinweisen. Mitglieder des Service "www.BioTech-Experte.de" erhalten neben den laufenden Analysen, täglichen News und Chartchecks auch sämtliche „zukünftigen“ Studien kostenlos. Haftungshinweis: Alle Angaben und Quellen werden sorgfältig recherchiert. Dennoch kann eine Haftung nicht übernommen werden. Überprüfen Sie im Besonderen bitte alle Angaben, die Ihnen von fremden Anbietern zur Verfügung gestellt werden. Wir sind nicht in der Lage, deren Verbindlichkeit und Seriosität im jedem Einzelfall zu überprüfen. Die Informationen von BörseGo und BioTech-Experte stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Wenden Sie sich diesbezüglich bitte an Ihren Anlageberater.
Copyright: BörseGo GmbH http://www.boerse-go.de/ http://www.BioTech-Experte.de/
18