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ARCH. MATH.
2-dimensionale differenzierbare projektive Ebenen Von DIETER BETTEN
Einleitung. ,,2-dimensionale di//...
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ARCH. MATH.
2-dimensionale differenzierbare projektive Ebenen Von DIETER BETTEN
Einleitung. ,,2-dimensionale di//erenzierbare projektive Ebene" nennen wit eine 2-dimensionale topologisehe projektive Ebene, deren Punkt- und Geradenmannigfaltigkeit mit je einer differenzierbaren Struktur versehen sind derart, dab Verbinden und Schneiden differenzierbar sind. AuBerdem seien Punktreihen und Geradenbfischel 9 differenzierbare Teilmannigfaltigkeiten des Punkt- bzw. Geradenraumes. Es wird bewiesen : Jede Kollineation ist yon der Klasse C 1, und die Kollineationsgruppe ist eine Lie-Gruppe, die als C1-Transformationsgruppe wirkt. I m desarguesschen Fall gibt es ffir jedes r (1 _~ r _~ r oder r fiir reell analytisch) genau einen Ebenentyp der Klasse Cr. SchlieBlich wird die Nicht-Differenzierbarkeit einiger topolggischer projektiver Ebenen nachgewiesen. Definitionen. Wir erinnern an den B e ~ i f f der 2-dimensionalen topologischen projekriven Ebene [9]: I n der Punktmannigfaltigkeit JP der reellen projektiven Ebene sei ein System g yon Teilmengen -- Geraden genannt -- ausgezeichnet, so dab durch je zwei verschiedene Punkte genau eine Gerade geht und je zwei verschiedene Geraden sich in genau einem P u n k t schneiden. Ferner sei ~ mit eiuer zu P hom6omorphen Topologie derart versehen, dab V e r b i n d e n - w : P • P - - A p - - > g und Schneiden (~ i g • ~ - - Ae -~ P stetige Operationen sind. Die Punktreihen (Menge der Punkte auf einer Geraden) und Geradenbfischel (Menge der Geraden durch einen Punkt) sind dann nicht berandende J o r d a n k u r v e n in P bzw. in g. Eine 2-dimensionale di//erenzierbare pro]ektive Ebene (P, ~, r) der KIasse C r (1 ~_ r _~ oo oder r ffir reell analytisch) habe zus~tzlich auf P und auf ~ je eine differenzierbare Struktur der Klasse C r, Verbinden und Schneiden seien yon der Klasse C r, und Punktreihen und Geradenbfisehel seien differenzierbare Teilmannigfaltigkeiten. Wit nennen zwei di//erenzierbare pro]ektive Ebenen (P, ~, r) und (P', ~', r) isomorph, wenn es Diffeomorphismen g : P --> P ' und 2: g -* g' gibt, welche die Inzidenz erhalten: p e L impliziert p z e L~. Wir interessieren uns ffir die Isomorphietypen yon differenzierbaren projektiven Ebenen. Aus jeder differenzierbaren projektiven Ebene (P, ~, r) entsteht eine topologisehe projektive Ebene (P, ~, r) o, wenn man die differenzierbaren Strukturen auf P und auf g vergiBt. Umgekehrt heiBe eine topologische projektive Ebene (P', ~') di//erenzierbar, wenn es eine differenzierbare projektive Ebene (P, s r) gibt, so dab (P, ~, r) ~ und (P', g') als topologisehe projektive Ebenen isomorph sind. Es entsteht die Frage, warm eine topologische projektive Ebene differenzierbar ist, insbesondere, welche der bekannten topoto~schen projektiven Ebenen differenzierbar sin&
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Differenzierbare projektive Ebenen
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Satz 1. Sei (P, ~, r) eine 2.dimensionale di]/erenzierbare projektive Ebene der Klasse Cr, dann gilt (a) Perspektivit~iten und Pro]ektivit~iten sind Di//eomorphismen. (b) Die dif/erenzierbare Strulctur au/ P wird tokal dutch den Schnitt zweier Geradenbi~schel gegeben. (c) Stern/6rmigkeit der Geradenbiischel : Sei ~ das Biischel der Geraden durch p, P T p der Raum der eindimensionalen Teilr5ume des Tangentialraumes Tp bei p. Jeder Geraden L ~ ~ ordnen wit ihre Tangente Lp bei p zu. Dann ist die so erkli~rte Abbildung (L ~ Lp): ~ --> P T~ ein Hom6omorphismus. (d) Es sei of: P --+ P' eine Kollineation der di/]erenzierbaren projektiven Ebene (P, ~, r) au/ die di]/erenzierbare pro]ektive Ebene (P', ~', r) derart, daft ]i~r eine Gerade L e die Beschrdinkung q)L ein Di//eomorphismus ist. Dann ist q3: P--> P' ein Di//eomorphismus. Satz 1 folgt fast unmittelbar aus der Definition einer 2-dimensionalen differenzierbaren projektiven Ebene. Da s~mtliche Aussagen in allgemeinerer Form auch in [1] vorkommen, verzichten wit auf den Beweis und geben nur einige Erl~uterungen und Korollare. Die Aussage (b) heil3t ausfiihrlich : Seien X, Y, W Geraden mit X r Y ~ W. Wir setzen u ----X n W, v ---- Y n W. A u f X und auf Y wird yon P j e eine differenzierbare Struktur induziert, wir haben also auch auf F ---- (X -- {u}) • (Y -- {v}) eine differenzierbare Struktur. Mit Hilfe der Bijektion ---- ((x, y) ~ (x w v) (3 (y w u)): E---~ E ---- P -- [W] iibertragen wir diese Struktur nach E. Dann stimmt die so auf E definierte differenzierbare Struktur fiberein mit der yon P auf E induzierten differenzierbaren Struktur. Aus (b) folgt insbesondere, dal~ sich ]e zwei versehiedene Geraden transversal sehneiden, das heil~t, sie haben in ihrem Sclmittpunkt verschiedene Tangenterrrichtungen. Als Korollar yon (d) ergibt sich: Die di]/erenzierbare Struktur a u / d e m Punktraum einer differenzierbaren projektiven Ebene ist durch die di//erenzierbare Struktur au] einer
ihrer Geraden bestimmt. Satz 2. Jede Kollineation ~v einer 2-dimensionalen di]]erenzierbaren pro~ektiven Ebene {Po ~, r) ist yon der Klasse C 1. Die volle Kollineationsgruppe .F yon (P, ~, r) ist in der Topologie der punktweisen Konvergenz eine Lie-Gruppe und wirkt au/ P (und au/ ~) als di//erenzierbare Trans/ormationsgruppe der Klasse C 1. B e w e i s . (a) Seien p e L, q e M zwei Fahnen, und sei die Beschr/~nkung ~L bei p (stetig) differenzierbar. Dann ist auch die Beschr~nkung ~M bei q (stetig) differenzierbar. Zum Beweis betrachten wir zun/~chst den Fall, dal~ sich die Fahnen p e L und q e M in allgemeiner Lage zueinander befinden, dal3 also die drei Punkte p, q, L (3 M nicht kollinear sind. Wir w/ihlen einen yon p und yon q verschiedenen P u n k t r e p w q und setzen r' = r% p' = p% q' ----qr L' = Zr M' = Me. M_it ~r und ~rr' bezeichnen wir die Perspektivit/~ten 7~r = (X ~--> (r k_) x ) ~ M) : L --->M
und
gr" ---- (y ~"->(r' u y) ~ M') : L' --~ M ' . Archiv der Mathematik XXII
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D. BBTTBN
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Da F Kollineation ist, grit ~PM ~r~l~pLF~r". Nach Satz l a ist ~ bei q ~ M und ~r" bei p ' e Z ' stetig differenzierbar, und nach Voraussetzung ist ~L bei p (stetig) differenzierbar, daher ist die Hintereinanderausfiihrung ~PM bei q (stetig)differenzierbar. J e t z t mSgen sich die Fahnen p e L und q e M in beliebiger Lage zueinander befinden. Dann w~hlen wir eine dritte Fahne r e/V, die sieh zu p e L und zu q e M in allgemeiner Lage befmdet und wenden das eben Bewiesene zweimal an. (b) Ftir jede Gerade L e ~ ist die Beschr&nkung ~L : L --> L~ yon der Klasse C~ : W~re zun~chst ~L bei p e L nieht differenzierbar, dann folgt naeh (a), dal3 ~L auch bei jedem and eren P u n k t x e L nicht differenzierbar ist. Dies ist ein Widersprueh, denn die Punkte, bei denen eine reelle monotone Funktion nicht differenzierbar ist, bilden eine Menge yore Ma~ Null. W~re nun ~L bei 19 e L nieht stetig differenzierbar, dann folgt naeh (a) die ~Niehtstetigkeit der Ableitung dq~L/dx ffir jeden P u n k t x e L einer Koordinatenumgebung yon p. Wegen ~L(x + 1 ) -- ~L(x) ~-
d~L/dX = lim
1 n
ist die Funktion &fL/dX Grenzwert einer Folge stetiger Funktionen, sic besitzt daher nach B i n g e [3, Chapter V, L e m m a 1] eine fiberall dichte Menge yon Stetigkeitsstellen, ein Widerspruch.. (c) Aus (b) und Satz 1 d folgt, dal3 die Kollineation ~ yon der Klasse C 1 ist. (d) Nach [8, Satz 3.2] ist 2" in der Topologie der punktweisen Konvergenz lokalkompakt. Da nach (c) jede Kollineation yon der Klasse C 1 ist, folgt nach [3, Chapter V, Theorem 2], dab F eine Lie-Gruppe ist. Naeh [3, Chapter V, Theorem 3] ist dann die Abbildung
/ = ((7, x)~-> xV): F • P--> P yon der Klasse C 1. Korollar. Die KoUineation q~ einer 2-dimensionalen di//erenzierbaren 19ro]el~tiven Ebene mgge drei versehiedene Geraden dutch den Punlct 19/esthalten. Dann l~i/3t ~ ]ede Gerade durch 19/est. Dual h5It q~ mit drei verschiedenen Punlcten einer Geraden ]eden Punlct dieser Geraden /est. B e w e i s . Das Differential dT ist eine lineare Abbildung des Tangentialraumes Tp, welehe nach Satz 1 c drei eindimensionale Teilr~ume yon T~ festh~lt. Es folgt, dal3 d~ jeden eindimensionalen Teilraum yon Tp festh~lt, und daraus ergibt sich naeh Satz 1 e die Behauptung. B e m e r k u n g . Die folgenden beiden Aussagen gelten zwar sehon fiir topologische projektive Ebenen, aber im differenzierbaren Fail liefert das Korollar sehr einfache Beweise : (a) Wenn die Kollineation q) ein Punktequadru19el {a, b, e, d} allgemeiner Zage Tunktweise in sich iiber/i~hrt, dann gilt q) -~ 1. B e w e i s . Mit den drei Geraden a ~) b, a u e, a u d durch a hi~lt die Kollineation nach dem Korollar jede Gerade durch a lest. Entsprechend bleiben alle Geraden durch den P u n k t b lest, und es folg% ~ ---- 1.
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(b) Jede di//erenzierbare Mou/ang-Ebene ist desarguessch. B e w e i s . Sei z~ Projektivitat einer Geraden L der Ebene, und ~ halte die drei Punkte a, b, c e L lest. Die Projektivit~t l~l~t sieh zu einer Kollineation fortsetzen, und diese halt nach dem Korollar mit den drei Punkten a, b, c e L jeden Punkt der Geraden L lest. Die Projektivitatsgruppe ist also seharf dreffach transitiv, und die Ebene ist pappossch. Lemma 1. Jede zentrale Kollineation q~: P --> P einer dif/erenzierbaren pro]eI~tiven Ebene (P, 9, r) ist yon der Klasse C r. B e w e i s . Die Beschr~nkung yon ~ auf die Achse ist die Identitat, also yon der Klasse C r, und die Behauptung folgt aus Satz 1 d. lqaeh B~ouwE~ [2; 9, 1.9] ist jede lokalkompakte zusammenh~ngende transitive und effektive Transformationsgruppe der Zahlengeraden isomorph zur Translationsgruppe /:---- {x~->x~-b}, zur Gruppe L ~ = ( x ~ a x + b ; a > O ) oder zur einfaeh zusammenh~ngenden Uberlagerungsgruppe f)* der Gruppe f2 ---- P S L 2 (R). Jede lokalkompakte zusammenhangende transitive und effektive Transformationsgruppe der Kreislinie ist isomorph zur Rotationsgruppe S02 oder zu einer endlichblAttrigen Uberlagerungsgruppe der Gruppe ~Q. Eine differenzierbare Transformationsgruppe (G, M, r) der Klasse C r (1 _< r _< oo oder r fiir reell analytisch) besteht aus der mit einer Cr-Struktur versehenen Mannigfaltigkeit M und einer IAe-Gruppe G, die auf M als Transformationsgruppe ~_rkt, so dab ] ---- ((g, x) ~->xa): G X M--->M yon der Klasse C r ist. Zwei differenzierbare Transformations~uppen (G, M, r) und (H, iV, r) der Klasse C r heiBen isomorph, weun es einen Diffeomorphismus ~: M -+/V und einen analytischen Isomorphismus y:G--> H gibt mit (xa)~---- (x~)g~ fiir aUe x e M und alle g e G. Es gilt Lemma 2. Sei (G, M) eine topologische Brouwer-Trans/ormationsgruppe au/ der Zahlengeraden oder der Kreislinie. Dann wirier/is ]edes r (1 y + b} der y-Achse, dab auf der y-Aehse die gew6hnliehe Cr-Struktur der euklidisehen Ebene vorliegt. Unter Benutzung der Geraden positiver Steigung folgt aus Satz 1 a und 1 b, dab die gesuchte differenzierbare Struktur auf dem P u n k t r a u m mit der gewShnhchen Cr-Struktur der euklidischen Ebene fibereinstimmt. Dies liefert einen Widersprueh, denn die bei der y-Aehse geknickten Geraden sind keine differenzierbaren Teflmannigf~ltigkeiten. Satz 5. Jede topologische pro]e/ctive Ebene, deren volle KoUineationsgruppe 3-dimensional ist und genau 2 PunTcte und 2 Geraden festlg[3t, ist nieht di/]erenzierbar. B e w e i s . Es ~ b t naeh [10, w eine 3-parametrige Seharvon Geometrien der genarmten Art. Ohne diese Geometrien hier im einzelnen beschreiben zu wollen, sei bemerkt: I n jeder dieser Geometrien gibt es Kollineationen, die das eine der beiden Intervalle der zwei Fixpunkte enthaltenden Fixgeraden punktweise festhalten und auf dem anderen Intervall echt wirken. Daher sind die Geometrien nach dem Korollar yon Satz 2 rdeht differenzierbar. Literaturverzeichnis
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Differenzierbare projektive Ebenen
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[8] H. SALZMANN,Kompakte zweidimensionale projektive Ebenen. Math. Ann. 145, 401--428 (1962). [9] H. SALZ~ANN,Zur Klassifikation topologischer Ebenen. Math. Ann. 150, 226--241 (1963). [10] H. S ~ Z M A ~ , Zur Klassifikation topologischer Ebenen II. Abh. Math. Sere. Univ. Hamburg 27, 145--166 (1964). Eingegangen am 16. 10. 1970 *) Ansehrift des Autors: Dieter Betten Mathematisches Institut der UniversitSt 74 T/ibingen, HSlderlinstral~e 19
*) Eine verbesserte Fassung ging am 29. 1. 1971 ein.