Bl¨atter DGVFM (2007) 28: 97–100 DOI 10.1007/s11857-007-0012-4 NOTES AND NOTICES
10-j¨ahriges Jubil¨aum Verleihung des SCOR-Preises ¨ Aktuarwissenschaften in Verbindung mit der fur Universit¨at Ulm 2006 Hans-Joachim Zwiesler
Published online: 14 April 2007 © DAV / DGVFM 2007
Anl¨asslich eines Festaktes in Berlin wurde am 14. November 2006 der SCOR-Preis f¨ur Aktuarwissenschaften 2006 in Zusammenarbeit mit der Universit¨at Ulm von Prof. Dr. Dietmar Zietsch, dem Vorstandsvorsitzenden von SCOR Deutschland, an vier Wissenschaftler verliehen: Die Preistr¨ager sind Nicolas Vogelpoth von der Ludwig-Maximilians Universit¨at M¨unchen, Katharina Zaglauer von der Universit¨at Ulm, Jens Dittmer von der Universit¨at Hamburg und Dominik Kortschak von der Technischen Universit¨at Graz. Ziel dieses – nunmehr zum zehnten Male verliehenen – Preises ist es, junge Wissenschaftler von Universit¨aten aus dem gesamten deutschsprachigen Raum auszuzeichnen, die mit innovativen Methoden aktuarwissenschaftliche Problemstellungen bearbeitet haben. Eine Vielzahl von eingegangenen Arbeiten auf sehr hohem Niveau hat es der Jury in diesem Jahr besonders schwer gemacht, die Preistr¨ager auszuw¨ahlen. Letztendlich erkannte die Jury vier preisw¨urdige Arbeiten, von denen eine Ausarbeitung als ganz besonders gelungen gewertet wurde, da sie einen besonders gelungenen Bezug zwischen aktuarwissenschaftlicher Forschung und praktischer Relevanz darstellt und damit das Motto der Ausschreibung besonders gut getroffen hat. Die anderen drei Arbeiten wurden alle gleichermaßen mit zweiten Preisen ausgezeichnet. Den 1. Preis erhielt Herr Nicolas Vogelpoth f¨ur seine Arbeit mit dem Titel ,,Some Results on Dynamic Risk Measures“. Hinter diesem allgemeinen Titel verbirgt sich aber eine der heutzutage meist diskutierten aktuariellen Fragestellungen, n¨amlich der risikobasierten Solvenzspanne f¨ur Versicherungsunternehmen. Basis der Arbeit ist das Risikomaß des Schweizer Solvenztests, das dann sukzessiv methodisch verbessert wird. Herr Vogelpoth f¨uhrt dabei eine spezifische Axiomatik f¨ur Risikomaße ein und leitet neue Maße her, die die bisherigen gebr¨auchlichen gut ann¨ahern, aber bessere Eigenschaften besitzen. Im Weiteren werden als aktuarwissenschaftliche Hauptergebnisse dynamische Value-at-risk-Ans¨atze behandelt und die damit verbundenen dynamischen ,,expected shortfalls“ untersucht. Praxisrelevanz erh¨alt die Studie von Herrn Vogelpoth dadurch, dass mit den dargestellen RisikomaHans-Joachim Zwiesler, Ulm, Deutschland, e-mail:
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ßen das betriebsnotwendige Solvenzkapital genauer im Rahmen von definierten Ruin- bzw. ¨ Uberlebenswahrscheinlichkeiten bestimmt werden kann. Man darf erwarten, dass diese Ergebnisse einen wesentlichen Einfluss auf die dynamische Risikomessung in der Praxis haben werden. Einer der 2. Preise ging an Katharina Zaglauer f¨ur ihre Arbeit ,,Risk-Neutral Valuation of Participating Life Insurance Contracts in a Stochastic Interest Rate Environment“. Darin beschreibt sie die ,,risiko-neutrale“ Bewertung von Lebensversicherungen, bei der der Versicherungsvertrag als Finanzderivat definiert und als solches bewertet wird. Ausgehend von einem an der Universit¨at Ulm konzipierten Bewertungsmodell mit konstantem Zinssatz erweiterte Frau Zaglauer den Ansatz um ein realistischeres Bewertungsmodell mit stochastischen Zinsen und analysierte deren Auswirkungen auf den Wert des Vertrages und der vorhandenen impliziten Optionen – wie z. B. Zinsgarantien und definierten R¨uckkaufswerten. Kernst¨uck der Arbeit ist die numerisch sehr anspruchsvolle und a¨ ußerst komplexe Implementierung von Monte-Carlo Verfahren und deren L¨osungsalgorithmen unter Verwendung partieller Differentialgleichungen. Ein weiterer 2. Preis wurde an Jens Dittmer vergeben f¨ur seine Arbeit ,,N¨achste-NachbarnVerfahren zur Reservierung f¨ur Einzelsch¨aden“, die sich mit der Ermittlung und Abwicklung von Haftpflicht-Reserven besch¨aftigt. Die genaue Prognose der Finanzmittel, die zur Abwicklung bereits eingetretener Sch¨aden ben¨otigt werden, ist nicht nur ein zentrales Problem der Versicherungsmathematik, sondern auch ein existentielles Thema von Erst- und insbesondere R¨uckversicherern in der Praxis. Ein Standardverfahren zur Abdeckung der Reserveh¨ohe ist traditionell das Chain-Ladder-Verfahren, mit dem aus der Abwicklung der vergangenen Zeichnungsjahre Prognosen f¨ur das aktuelle Portefeuille erstellt werden. Allerdings f¨uhren bereits einige wenige Großsch¨aden zu einer Verwerfung f¨ur die Chain-Ladder-Prognose und deshalb ist es zweckm¨aßig, große IBNER-Sch¨aden getrennt zu analysieren und das bew¨ahrte ChainLadder-Verfahren nur auf das verbleibende homogene Portefeuille von im Sinne des Modells normalen Versicherungssch¨aden anzuwenden. Herr Dittmer nahm daher die Gedanken einer vor etwa 10 Jahren ver¨offentlichten Studie zur Prognose von IBNER Einzelsch¨aden auf und hat in einem innovativen Ansatz das Prognoseproblem im Rahmen eines nicht-parametrischen Regressionsmodells interpretiert. Er bel¨asst es aber nicht mit der genauen Beschreibung des neuen Verfahrens und der mathematischen Analyse seiner theoretischen Eigenschaften. Vielmehr untersucht er auch anhand eines vom R¨uckversicherungsmakler AON modifiziert zur Verf¨ugung gestellten Datensatzes die Vor- und Nachteile des eingangs erw¨ahnten Verfahrens. Er zeigt deutlich, dass das von ihm vorgestellte ,,N¨achste-Nachbarn-Verfahren“ im Vergleich mit dem traditionellen Chain-Ladder-Verfahren eine deutlich genauere Prognose erlaubt, insbesondere wird die Gefahr grober Fehlprognosen erheblich reduziert. Der letzte 2. Preis ging an Dominik Kortschak f¨ur seine Arbeit u¨ ber ,,Zuf¨alligen Quasi Monte Carlo Methoden zur Simulation seltener Ereignisse“. Der Analyse von Ereignissen, die mit geringer Wahrscheinlichkeit behaftet sind, aber große Auswirkungen bei Eintritt haben – man spricht technisch auch von low frequency / high severity events – wurde in den letzten Jahren vor allem im Bereich von wissenschaftlichen Simulationsmethoden große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Arbeit von Herrn Kortschak spannt den gesamten Bogen beginnend mit der Beschreibung des u¨ blichen ,,Frequency-Severity“-Ansatzes in der Schadenversicherungsmathematik, u¨ ber die Definition von Ruinwahrscheinlichkeiten und der Herleitung unterschiedlicher Simulationsverfahren zur n¨aherungsweisen Berechnung des Schadenbedarfes, u¨ ber die
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Verleihung des SCOR-Preises f¨ur Aktuarwissenschaften 2006
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Bestimmung von Effizienzkriterien und Sch¨atzfehler zum Vergleich von Simulationsverfahren bis hin zur Anwendung auf die Bewertung seltener Ereignisse und die praxisrelevante Quotierung von Stopp-loss-Vertr¨agen in der nicht-proportionalen R¨uckversicherung. Im Anschluss an die Preisverleihung fand eine Podiumsdiskussion zwischen Frau Backes (Vorstand Skandia), Herrn Hanus (Vorstand Provinzial NordWest), Prof. Mikosch (Universit¨at Kopenhagen), Prof. Zietsch (Vorstand SCOR Deutschland) und Prof. Zwiesler (Universit¨at Ulm) statt, die sich mit dem Thema besch¨aftigte: ,,Die Anforderungen an den Aktuar der Zukunft – welche Visionen haben unsere Universit¨aten parat? “ Wesentliche Aussagen hierbei waren, dass die Integration von Versicherungs- und Finanzmathematik an den Universit¨aten auf einem guten Wege ist. Allerdings gibt es Nachholbedarf bei der ¨ Uberpr¨ ufung, wie verl¨asslich die verwendeten Modelle sind. Hierbei kommt insbesondere der Statistik eine wichtige Rolle zu, die in der universit¨aren Ausbildung st¨arker betont werden sollte – vor allem auch im Hinblick auf die konkrete Arbeit mit Daten. Besondere Aufmerksamkeit sollten die Universit¨aten k¨unftig auch der Kommunikationsf¨ahigkeit von Aktuaren beimessen. Mit zunehmender Komplexit¨at der Modelle und ihrer zunehmenden Bedeutung (z. B. f¨ur IFRS oder Solvency II) wird es immer wichtiger, die Modelle und ihre Ergebnisse mit Nicht-Fachleuten zu diskutieren, um sie verst¨andlich machen zu k¨onnen. Als dritter wichtiger Punkt ergab sich, dass der kontinuierlichen berufsbegleitenden Weiterbildung ein viel h¨oherer Stellenwert einger¨aumt werden muss. Dies ist einerseits eine Aufforderung an die Unternehmen, ihre Mitarbeiter dazu anzuhalten und dabei zu f¨ordern, und gleichermaßen auch an die Universit¨aten, entsprechende geeignete Lehrangebote zu entwickeln, die berufsbegleitend wahrgenommen werden k¨onnen und sich an Teilnehmer wenden, die ihr eigentliches Studium schon lange Zeit hinter sich haben. Insgesamt fand der SCOR-Preis f¨ur Aktuarwissenschaften 2006 eine sehr positive Resonanz, wie man an der Zahl von 13 eingereichten Arbeiten erkennen kann. Die Bandbreite der behandelten Themen kann an den Titeln der weiteren Einreichungen abgelesen werden: ¨ Holger Durr, Risikobasierte Eigenkapitalanforderungen unter Solvency II Fritsch, Alexander Nettomodellierung des naturkatastrophenexponierten Portfolios eines R¨uckversicherers Gschl¨oßl, Susanne Hierarchical Bayesian spatial regression models with applications to non-life insurance Haas, Johannes Optionen in Lebensversicherungsvertr¨agen Jachimowicz, Joanna Entwurf eines flexiblen Krankheitskostentarifs Lux, Corinna Die inkonsistente Bewertung von Aktiv- und Passivseite bei Lebensversicherungen nach IFRS 4
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Pricking, Urs Die simultane Optimierung von Managementregeln im dynamischen Asset-Liability-Management Rumpf, Jonas Stochastische Modellierung von Zugbahnen tropischer Wirbelst¨urme Wiehe, Christine Health Insurance Claim Reserving in the United States and its Application to the German Market
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