Väter der Kirche Ekklesiales Denken von den Anfängen bis in die Neuzeit Festgabe für Hermann fosef Sieben Sf zum 70. Geb...
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Väter der Kirche Ekklesiales Denken von den Anfängen bis in die Neuzeit Festgabe für Hermann fosef Sieben Sf zum 70. Geburtstag Herausgegeben von JOHANNES ARNOLD . RAlNER BERNDT 5J . RALF M. W. 5TAMMBERGER zusammen mit CHRISTINE FELD
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FERDINAND SCHONINGH
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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen NationalbibliograJie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über bttp;/ldnb.ddb.de abrufbar.
Umschlaggestaltung; Anna Braungan. Regensburg Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem und alterungsbeständigem PapierS ISO 9706
CI 2004 Ferdinand Schöningh, Paderborn
(Verlag Ferdinand Schöningh GmbH,jühenplatz I, 0-33098 Paderborn) Internet; www.schoeningh.de AUe Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetz.lich zugelassenen Fällen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages nicht zulässig. Printed in Germany. Herstellung; Ferdinand Schöningh, Paderborn ISBN 3·506·70 nQwß'iJ"tEQm. Das wird man mit W. Bauer übersetzen müssen: "Polykarp und die bei ihm befindlichen, das heißt auf seiner Seite stehenden Presbyter". 66 Das könnte auch schon heißen: .. Polykarp .. BAUER 1 964, 74. W. Bauer korrigiert an dieser Stelle seine Übersetzung im Ergänzungsband des Hflnd bHchs ZHm Neucn Testamcnt (J 920), 285: MPo[ykarp und die Presbyter mit ihm". H. Frhr. von Campen
hausen hat sich gegen dicse Interpretation W. Bauen gewandt (VON CAMPENHAUSEN 1963, 234), aller dings ohne durchschlagende Gründe dagegen anführen zu können. Er übersetzt: .Polykarp und die Presbyter, die es mit ihm sind" und versteht diese Wendung so, daß Polykarp sich bescheiden als ,Mit presbyter' unter seinen Kollegen begreife: .Polykarp will also nieht als das Haupt seines Presbyteriums gelten, sondern nur a[s primus inter pares, obwohl an seiner wirklichen, monarchischen FührersteIlung schon aufgrund der Ignatiusbriefe gar nicht zu zweifeln ist." Diese Übersetzung und Deutung hat H. Paulsen in der von ihm bearbeiteten Neuauflagedes B:luerschen Kommentars im HanJbuch zum Neucn Testament 18 (1985), 113, übernommen und erklärt, ein Verständnis Polykarps als Presbyter widerspre che Mnicht der Inanspruchnahme des Bischofstitcls durch Po[." - Dazu zwei Bemerkungen: 1. Weder beansprucht Po[yk:ltp irgendwo den Bisehofstitc:l (siehe folgende Anmerkung), noch ist seine monar chische FührersteIlung belegb:lt, wenn man die ca. 30 Jahre später verfaßten Schriften des sogenanmen Ignatius und des Irenaeus beiseite läßt. wie es methodische K[arheit erforden. Erkennt m:ln du an, dann verschwindet auch die Spannung. die durch die gezwungenen Interpretationen von Campenhausens und Paulsens entsteht. Polykarp sei monarchischer Bischof. lasse davon aber aus Bescheidenheit nichu er kennen und zeige - obwohl genauso wie Ignatius mit dem Kampf gegen die doketische Gnosis beschäf· tigt (vgl. VON CAMPENHAUSEN t 963, 236f.) - keinerlei Interesse, den mon:ltehischen Episkopat heraus zustellen oder gar zu befcstigen. 2. Wenn man Polykarp als (ersten) Presbyter versteht. so ist damit keineswegs die oben referierte Deutungder Adresse des Philippcrbricfcsdurch W. Bauer ausgeschlossen.
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und die Presbyter, die zu seiner Gemeinde, der katholischen Kirche in Smyrna, zäh len". Im Lichte von Martyrium Polycarpi 16,2 gewinnt diese Deutung erheblich an Wahrscheinlichkei t. Zum ersten Male in der christlichen Literatur wird in Martyrium Polycarpi 1 6,2 einem einzigen in der Gemeinde der Bischofstitel verliehen,67 und dies zugleich mit der Charakterisierung der Gemeinde, für die er Bischof ist, als "katholisch": Das Auf kommen des Monepiskopats und die Katholizität der Kirche scheinen miteinander zusammenzuhängen. Dem aber, dem dieser Bischofstitel der katholischen Kirche zuerkannt wird, werden zugleich, genauer zuvörderst, die drei geistgewirkten Charis men zugeschrieben, die nach dem Ersten Korintherbrief (12,28-29) die erSten in der Kirche sind: Apostolat, Prophetie, Lehre. Auch das scheint doch für die Charakteri sierung des ersten so getitelten Bischofs einer katholischen Kirche von Bedeutung zu sein: ,katholisch' ist die Kirche, deren Bischof die ersten Dienste der Paulinischen Gemeinde fortsetzt, die apostolische Lehre und prophetische Rede.68 Gegen wen aber grenzt sich die von einem solchen geistbegabten, charismatischen Bischof geleitete katholische Kirche ab? Hier sind, wie teilweise schon berichtet, von den Forschern, die das polemische Element im Begriff ,katholisch' erkannt haben, verschiedene Vorschläge gemacht worden, die natürlich auch von den Datierungs fragen beeinflußt sind. Th. Keim verwies für die Textbelege des Endes des zweiten Jahrhunderts (das sind für ihn Ignatius, Epistula ad Smyrnaeos 8,2, und der Anony mus, nicht Martyrium Polycarp�) vor allem auf die gnostischen Konventikel. J.B. Lightfoot nannte als Beispiele "eine gnostische oder ebjonitische Gemeinde", von der sich die "katholische Kirche" der späteren Zeit, nicht schon der Zeit des Martyrium Polycarpi, absetze. J.N.D. Kelly meint dagegen, daß schon im Martyrium Polycarpi 1612 möglicherweise aus Anhängern von Marcion und Valentinian" (sicher versc..
" Polybrp bezeichnet sich in seinem Brirf an die Phi/ipper nicht als Bischof, er nennt weder in der Adresse noch im Briefcorpus einen rpiskopos, vielmehr rangieren die Presbyter an erster Stelle als Lei· tungsinstanz (vgl. POLYK.ARP, Ep. ad Philjpprnus 5,3; 6,1; 1 1 , 1 (ed. LINDfMANN I PAULSfN 248,24f.; 248,27-250,2; 252,20-22]). Martyrium Polycarpi 16,2 ist, wie gesagt, die literarisch älteste Stelle, an der ein einziger in der Gemeinde als Bischof tituliert wird, und zwar so zurückhaltend, daß man noch das Anfanghafte dieser Übung zu spüren meint. Polykarp wird zuerst als "apostolischer und propheti. scher Lehrer� gekennzeichnet, die Bischofsbezeichnung wird angehängt, scheint also gerade erst titu lar - im Sinne des Monepiskopos - verwendet zu werden, nicht aber schon lange ein gebräuchlicher Ti tel zu sein. Grundsätzlich ließe sich auch Martyrium Polycarpi 16,2 so verstehen, daß Polykarp nicht der einzige rpfskopos in der katholischen Gemeinde ist. sondern auch andere Presbyter so bezeichnet werden können. Doch die aus der oben zitierten Briefadresse erkennbare herausragende Stellung Po Iykarps scheint mirdafür zu sprechen, daß in Martyrium Po/ycarpi 1 6,2 ihm allein -vielleicht erst nach seinem Tode -derTitei zuerkannt wird. -Zum Problem der Interpretation von POLYKARP, Ep. ad Phi· /ipprnStS, Inscriptio, siehe auch die Ausführungen von JOLY 1979, 79·81 . E. Schwartz stellt (in EVSf BIUS, Dir Kirchrngrschichtt, 3. Teil, ces 9/3: CCXXV) bei seiner Untersuchung der Bischofslisten fest, "daß vor Soter ein monarchischer Episkopat in Rom nicht vorhanden war." Die Verhältnisse in Rom und Smyrna waren demnach ähnlich weit gediehen. •• Seltsamerweise findet sich kein Hinweis auf 1 Kor 12,28 in dem langen Kommentar Buschmann, zu -
Martyrium Polycarpi 16,2 (BUSCHMANN 1 998, 316-322).
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hentlich für Valeminus) zusammengesetzte Gemeinden angezeigt seien, von denen sich die .katholische Kirche" unter- scheide.69 G. Buschmann schließlich erklärt in seinem Kommentar, daß das WOrt .katholisch' in Kapitel 1 6,2 anders als in der Ins criptio und Kapitel 8, t sowie im ignatianischen Smyrnäerbrief 8,2, wo es "universal", .allgemein" . .. im geographischen Sinne" bedeute, - .,hier zum ersten Mal" im Sinne von "orthodox" .,im Gegensatz zu häretischen Gruppen" gebraucht werde: "Der Übergang von der geographischen zur dogmatischen Bedeutung des Begriffs ,katho lisch' scheint also in der zweiten Hälfte des zweiten Jhdts. vollzogen und könnte nach Mart(yn'um) Po/(ycarpz.) im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit dem aufkommenden Montanismus Stehen." Die ..antimontaniStisch-polemische Inten tion" sei in Martyrium Polycarpi 4 und 12 deutlich und werde in 16,2 mit dem Preis des bewunderungswürdigen Märtyrers und "den Begriffen apostolisch, katholisch, prophetisch und Bischof" wieder aufgenommen. Daß diese Begriffe antimontanistisch eingesetzt würden, versucht Buschmann noch weiter z.u belegen.7o -
VI.
Gnostiker, genauer: Valencinianer, Ebjoniten, Marcioniten oder Montanisten könnten es nach den referierten Meinungen der Forscher gewesen sein, gegen welche sich eine christliche Gemeinde mit der Selbstbezeichnung ,katholische Kirche' frühestens nach der Mitte des zweiten Jahrhunderts abgrenzte. Welche Gruppe war es nun konkret? Die Entscheidung darüber wird erfolgen müssen unter Berücksichtigung der Wortbe deutung und des zeitlichen Kontextes. Was den chronologischen Faktor betrifft, ist zunächst zu unterscheiden zwischen der Zeit, in der der Ausdruck ,katholische Kirche' entstanden ist, und der Zeit seines ersten literarischen Vorkommens. Mit dem literarisch ältesten Beleg ist nicht automatisch auch schon die historische Situation ge geben, aus der die ursprüngliche Bedeutung des Terminus erkennbar werden könnte. Der Verfasser des Martyrium Polycarpi kann sich mit dem Begriff ,katholische Kirche' gegenüber anderen christlichen Gemeinden absetzen wollen als der voraufgegangene Urheber der Begriffsbildung. Andererseits ist die Prägung des Begriffs, wie schon gesagt, vielleicht noch nicht allzu lange vor seiner erSten überlieferten literarischen Verwendung erfolgt, so daß der historische Kontext nicht völlig verändert sein muß. 1878, 114-1 16; LICHTfOOT 1889 I 1890, 1111, 414; KELLY 1971, 12f, BUSCHMANN 1998, 3 1 9(. Buschmann verweist darauf (ebd. 319), daß schon R. Reittennein ..einen polemisch-antimontaninischen Klang aus Mfl.rryrilfm Polycfl.rpi 16,2 herausgehört" habe, leezterer schreibt zu dieser Stelle in den ..Bemerkungen zur Martyrienlireratur. I. Die Bezeichnung Märtyrer" (VON RErTZENSTEIN 1916, hier 461), es sei auffallend, daß in .16,2 so nachdrücklich darauf hingewie sen" werde, "daß Polykarp nicht nur Märtyrer, londern auch Prophu war", und er folgere: "Ich fühle hier eine Polemik gegen den beginnenden Momanismus, der dcn Propheten und Märtyrer sich direkr als P:anklet oder Christus bezeichnen läßr." Reirzensteins Vermutung einer anrimontanisrischen Spitze in demnach durch die Betonung des Prophetemums Polykarps in 16,2 veranlaßt, in :aber nicht eine Erklärung des Begriffs ,katholisch',
., KEIM 10
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Zuerst sei die Frage gestellt, gegen welche christliche Gruppe sich der Verfasser des Martyrium Po/ycarpi um 160 herum absetzen könnte. Die von J.B. Lightfoot - ledig lich beispielhaft - genannten Ebjoniten scheiden ziemlich sicher aus. Sie spielen in dem Bericht keine Rolle. Wie steht es mit den Montanisten, die G. Buschmann ins Spiel gebracht hat? Es ist besonders das kurze Kapitel 4, das zur antimontanistischen Deutung des Martyrium Po/ycarpi Anlaß gegeben hat. Darin wird berichtet, daß ein Phrygier namens Quintus, der erst kür:z.lich aus Phrygien (dem Stammland des Montanismus) gekommen sei, sich selbst und andere freiwillig zum Martyrium gedrängt habe (ein für spätere Mon tanisten kennzeichnendes Verhalten),71 aber feige wurde und opferte, als er die wilden Bestien erblickte. Der Verfasser des Berichtes tadelt in nahezu autoritativem Ton die se Handlungsweise, weil sie nicht der Lehre des Evangeliums entspreche. Buschmann sieht (keineswegs als einziger) in diesem Abschnitt ..die früheste literarische Bezeu gung des Montanismus", 72 sogar den ..polemische(n) Schlüssel zum ganzen Mart(yri um) Po/(ycarpl)", 71 und kann dafür gewichtige Gründe anführen,74 Andere Autoren sind zurückhaltender, sei es, weil sie die amimontanistische Interpretation nicht für zwingend halten,75 sei es, weil sich eine spätere Interpretation dieses Abschnitts nicht absolut sicher ausschließen läßt.76 Wie dem auch sei. auch wenn man Buschmanns These folgt, sind wir mit Kapitel 4 in der Zeit der allerersten Anfänge der Bewegung der Neuen Prophetie, die sich noch völlig innerhalb der Kirchengemeinschaft befindet und sich noch nicht etwa in besonderen, als häretisch betrachteten Gemeinden organi siert hat, so daß sich die sogenannte Großkirche als die ,katholische' gegen sie ab setzen würde. n Gerade in Kapitel 4, dem am ehesten amimontanistisch deutbaren Abschnitt, ist von der ,katholischen Kirche' nicht die Rede. So wird der Ausdruck auch in Martyrium Polycarpi 16 schwerlich antimontanistisch zu deuten sein, und dar11 12
Vgl. dazu BUSCHMANN 1994, 153-160; eine ausgewogene Bilanz bei TR,EVETI 1996, 121-129.
BUSCHMANN 1 998, 122. 1) BUSCHMANN 1998, 120. " Vgl. BUSCliMANN 1998, 122-129, zugleich in Auseinandersetzung mit der umfangreichen voran
gehenden Literatur. " Z. B. DEHANDSCHUTTER 1 993.500; vgl. auch BAUMEISTER 1996, 126. Baumeister sieht von der Chrono logie her (noch) keine Schwierigkeiten fiir eine anti-montanistische Deutung, .da du Wirken des Montanus in der Zeit um 160 begonnen haben kann. Doch hebt der Text wohl eher auf die Fremdheit des Quimus ab, der noch nicht lange in Smyrna war und dort gleich für Unruhe sorgte. Insgesamt be handelt das Schreiben den Mattyriumsenthusiumus nicht im Widerspruch zu einer anderen Gruppe, sondern als Problem innerhalb der Gemeinden der katholischen Kirche. � Entschiedener fillt das Urteil aus in BAUMEISTER 1998, 101: Du .erste prophetische Auftreten des Momanus" wird um 170 angesetzt, und deswegen sei .schon aus Gründen der Chronologie" in Quintus ..kaum ein Anhänger des Monunus" zu sehen (ebd. 109). 1� Vgl. TREVETT 1996, 41; 47; 124. 11 Siehe TREVETT I 996, 41: ·If the 170s wuthedecade oE acute conEronution, tben the 160s, I suggest, was the decade of the rise of the Prophecy proper·. H. Kraft vermutet, daß der montanistische Streit erst kurz vor der Abfanung (imJahr 177) des der Neuen Prophetie gegeniiber freundlich gestimmten Mar tyrium Lugduntnst ausgebrochen ist (KRAFT 1980, 260f.). Erst zu dieser Zeit wird die Zugehörigkeit der Montanisten zur ,katholischen Kirche' angefochten. -
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um natürlich auch nicht an den anderen drei Stellen. 78 Weder ist der beginnende Mon tanismus die Ursache für einen von Buschmann - freilich zu Unrecht - angenommenen Übergang des Begriffs zur polemisch-antihäretischen Bedeutung, noch könnte er über haupt der Anlaß zu seiner Bildung gewesen sein. denn der Verfasser des Martyriumsbe richts benutzt ja einen vor dem Aufkommen der Neuen Prophetie schon fest geprägten Ausdruck. Aber auch vom Inhalt des Begriffs ,katholisch' im Sinne von ,universal', ,all-umfassend' im Gegensatz zu ,partiell' ergibt sich kein einleuchtender Weg zur Bil dung des Ausdrucks ,katholische Kirche', Welches Allumfassende hätte die katholi sche Kirche welchem Partiellen des Montanismus entgegenzusetzen? Sollte allerdings das 4. Kapitel des Martyrium Polycarpi doch spätere Interpolation sein/9 oder sollte der gesamte Marryriumsbericht nicht schon um 160, sondern zehn und mehr Jahre später abgefaßt sein,80 dann wäre eine antimontanistische Spitze im viermaligen Gebrauch des Ausdrucks ,katholische Kirche< durchaus möglich. Der einmal zur Abgrenzung gegen eine bestimmte christliche Gruppierung gebildete Be griff läßt sich natürlich auch zur Unterscheidung von anderen nicht mehr akzeptierten Bewegungen verwenden. In diesem Sinne gebraucht den Ausdruck gewiß auch der an timontanistische Anonymus (Text 6), wenn er schreibt, daß "der selbstüberhebliche Geist die katholische und die ganze unter dem Himmel verbreitete Kirche zu lästern lehrte, weil der pseudoprophetische Geist weder Ehre noch Zugang zu ihr erhielt". 81 Der unbekannte Autor schreibt nach allgemeiner Auffassung circa 192/193,82 mehr als dreizehn Jahre nach dem Tod der Prophetin Maximilla, wie er selbst sagt, und zu einer Zeit, als die montanistische Lehre schon mehrfach als Häresie verurteilt worden war und man ihre Anhänger "aus der Kirche ausgestoßen" hatte.83 Er weiß auch von .. anderen Häresien, die die Wahrheit nicht besitzen". und nennt namentlich die der .. sogenannten Markianisten". die .. Christus nicht der Wahrheit entsprechend beken,. Buschmanns Ausführungen sind nicht ganz schlüssig. Er sieht in der antimontanistischen Ausrichtung des Kapitels 4 den polemischen Schlüssel zum gesamten Bericht (BUSCHMANN 1998, 120), rechnet auch mit einer durch den aufkommenden Montanismus verursachten polemisch-antihäretischen Bedeu tung des Ausdrucks ,katholische Kirche', dies jedoch nur in Marryrium Polytarpi 16, nicht an den drei übrigen Stellen, wo die .allgemeine Kirche" .und zwar im geographischen SinnM gemeint sei; daß auch diese Erklärung unzutreffend ist, hatte schon Kattenbusch gesehen (KATTENBUSCH 1900,923; 925); ausführlich dazu GAIlCIAOIEGO 1953, 127; 129. " H. Kraft hat vermutet, daß der Tadel, der in Martyrium Polytarpi 4 gegen das Verhalten des Quintus ausgesprochen wird, ein Reflex auf die lobende Schilderung ilhnlichen Verhaltens des Phrygiers Alex andros im Martyrium Lugdunt:ns� ist (KIlAFT 1980, 264). Dann wire Kapitel 4 erst nach 178 in den Be richt über das Martyrium des Polykarp eingefügt worden. eh. Butterweck hat sich der Vermutung von H. Kraft angeschlossen (BUlTEIlWECk. 1995, 1 1 2- 1 1 5). ,� eh. Treveu hillt auch eine spätere Abfauungszcit des Martyrium Polytarpi für möglich (TIlEVETT 1996, 41). B . Dehandschutter nimmt als sicheren ttrminus antt qutm die Enutehungszeit des Marty rium Lugduntnu, also das Jahr 177 n. ehr., an (DEHANDSCHlTITEil 1993, 501 f.). - Wenn die Vermutung einer antimontanistischen Spitze zutrifft, würde sehr verständlich, daß der den Montanisten so freundlieh gesonnene Irenaeus die Bezeichnung ,katholische Kirche' nirgendwo verwendet. '1 Bei EUSEBIUS, H 1 i toria t:ecltsiastica V 16,9 (CeS 9/1: 464,7-10). U Siehe oben Anm. 28. U Bei EUSEBIUS, Historia tccltsUzstica V 16,10.19 (CeS 9/1: 46-4,10-14; 468,3-6).
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nen".84 Es ist deutlich, daß der Begriff ,katholische Kirche' zu dieser Zeit gewisser maßen schon eine Konfession bezeichnet und zur Abgrenzung gegenüber allen be kannten Häretikern und Schismatikern eingesetzt wird.8s Über seine ursprüngliche Bedeutung erfahren wir aus diesem Gebrauch nichts. Könnte der Ausdruck ,katholische Kirche< in Opposition zu den Anhängern Marcions gebildet worden sein? Im Martyrium Polycarpi steht er, wie schon gesagt, zweimal (8,1 und 1 6,2) im Zusammenhang mit dem Namen Polykarps, der in seinem Philipperbrief wohl doch gegen Marcion polemisiert hat.86 Dieser hat seine Anhänger auch in einer eigenen Kirche organisiert, gegen die sich die Kirche, die er 144 n. ehr. verlassen hat, als ,katholische< absetzen könnte. Vom zeitlichen Ansatz her wäre eine antimarcionitische Bildung des Begriffs durchaus möglich. Schwieriger ist es, einen theologischen Sachverhalt zu finden, der die Verwendung dieser Worte als anti marcionitisch einsichtig machen könnte. Das ,Katholische' muß doch, wenn die Be griffsbildung sinnvoll sein soll, in der Kirche ,stecken': sie gewährleistet für alle ihre Mitglieder etwas, das die Gruppe, von der sie sich absetzt, eben nicht bietet. In ihr gibt es ein alle umfassendes Angebot - wovon? Von etwas schlechterdings Entscheiden dem, von allen Erstrebtem, und das kann nur das Heil. das ewige Leben sein. Die neue Namensgebung kann eigentlich nur durch ein gravierendes Manko im ,Heils angebot' auf der gegnerischen Seite verursacht sein. (Einer unbedeutenden Sache wegen hätte es solch eine grundsätzliche Scheidung nicht gegeben.) Dieses Manko gibt es in der ,ka tholischen Kirche' offenbar nicht: sie bürgt in umfassender, universaler Weise xa80AOU dafür, daß der Zugang zum ewigen Leben allen geöffnet ist. Anscheinend besitzt sie ein Mittel oder ein Vermögen, das ihr diese universale, ,katholische' Bürg schaft erlaubt. Nun ist es zweifelsfrei so, daß Marcion denen, die an dem von ihm gerecht und böse genannten Schöpfergott des Alten Testamentes, an seinem Gesetz und Werk, an Ehe -
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Bei EUSEBIUS, HiHoria tcclrSkHtica V 16,21 (GCS 9I1: 468,16-19). Als Abgrenzung der orthodoxen Kirche gegen ein oder mehrere häretische Konventikel am sclben Ort versteht Garciadiego (s. GARCIAOIEGO 1953, 46; 127-129) das Epitheton ,katholisch' an allen Stellen des Martyrium Po/ycarpi und beim AnonymuJ antimontanista (Texte 1-4; 6). Zweifelsfrei konfessio nellen Sinn hat der Titc:l ,katholische Kirche' im Martyrium Pionii. Pionius ist, wie auch ein anderer Gefangener, zur Zeit der decischen Verfolgung .Presbyter der katholischen Kirche· in Smyrna (Mar tyrium Pionii 2, I ; 11,1 [ed. MUSURILLO 136,16; 150,3!.J). Aus dem Wortlaut des zweimaligen Verhörs ist ersichtlich, daß auch die römischen Behörden von mehreren christlichen Kirchen oder Konfessio nen in Smyrna wissen. (Genannt werden vom Verfasser in Kapitel ll,2 die hairesis der Phrygier und in Kapitel21,S die dcr Marcioniten (ed. MUSURILLO 150,5; 164,5).) Im ersten Verhör wird Pionius auf das Bekenntnis hin, daß er Christ sei, gefragt: Welcher Kirche?' (noi.a� txx).llai.a�;) Antwort: ,Der ka tholischen, es gibt nämlich auch keine andere bei Christus,'· (Martyrium Pionii 9,2 [ed. MUSURILLO 146,1 7-20]). Im zweiten Verhör fragt der Prokonsul unmittelbar: .,Welche Religion oder Konfession hast du?' (noi.av 9Q'l0Xflav ft QtQfOlV iXf��;) Antwort: ,Der Katholiken.' Frage: ,Welcher Katholi ken?' Anwort: ,Ich bin Presbyter der katholischen Kirche. .. (Martyrium Pionii 19,4f. [ed. MUSURILLO -
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160,23-25]). U
Siehe zuletzt die umsichtige Diskussion des Marcion-Problems im Philipperbrief des Polykarp bei LECHNER 1999, 27-38; 64. Zum Folgenden vgl. ALAND 1992,93-98. -
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und Zeugung festhalten, den Untergang im Endgericht in Aussicht stellt. Die Mehr zahl der Christen schließt er vom ewigen Heil aus. Die ,katholische Kirche' dagegen begrenzt die Hoffnung auf das ewige Leben nicht in dieser Weise, sie spricht sie grundsätzlich allen Gläubigen zu. Man könnte demnach annehmen, daß die Bildung des Begriffs ,katholische Kirche' in antimarcionitischer Polemik begründet ist. Der Ursprung des BegriHs wäre damit gefunden. Allerdings ist zuzugeben, daß dieser Lösung Schwierigkeiten entgegenstehen. Das Hauptmanko bei Marcion und den Marcioniten, das auch von den Gegnern immer zu erSt angeprangert wird, liegt nicht im beschränkten Heilsangebot, sondern in der fal schen Gottesauffassung; das begrenzte Heilsangebot ist ja nur eine Konsequenz daraus. Für dieses konzeptionelle Manko hat die ,katholische Kirche' aber kein Heil mittel, das die Namensgebung rechtfertigen würde. Auf welches in ihrer Verfügung stehende universale Heilsmittel könnte sie verweisen, um die Berechtigung der Hoff nung auf das ewige Leben für aUe zu begründen, wenn das Grundübel in der anderen Kirche im verkehrten Gottesbegriff liegt? Dagegen kann sie eigentlich nur Polemik und die Apologie der eigenen Gottesauffassung einsetzen. Wie es von daher zur Be zeichnung ,katholische Kirche' gekommen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Auch die Sichtung der Stellen, an denen der scharte Gegner der Marcioniten Tertul lian die Termini ,katholisch' und ,katholische Kirche' verwendet, erbringt keinen kla ren Hinweis auf eine antimarcionitische Bildung. Das Adjektiv catholicus begegnet bei ihm insgesamt achtmal, davon fünfmat in seinen Büchern gegen Marcion und insge samt viermal in ausdrücklichem oder implizitem Zusammenhang mit ecclesia. Die "katholische Kirche" erscheint bei ihm meist als die Besitzerin und Hüterin der wah ren Glaubensregel und Lehre, der auch Marcion und Valentinus in Rom zunächst ge glaubt haben; !7 sie ist - im Gegensatz zur marcionitischen Kirche - ..das wahre und katholische Jerusalem", weil nachweislich die Prophetien des Alten Testamentes auf Christus, die Apostel und alle Gläubigen gehen, die zu diesem Jerusalem gehören. 11 Für Terrullian ist ,katholisch' schon deutlich die Bezeichnung für die eine, wahre
" Vgl. TEltTULLlAN, D� pratJC7jpcjon� h,urrticor"m 26,9 (CCL I: 208,21-24); Adllr1Slu Marcionrm IV 4,3 (CCL I : 5S0, 13� 16): ..Marcion ... pecuniam in primo calore fidei catholicae ecclcsiar contuli!, pro icctam mox cum ipso, poneaquam in haertsim suam a nO!lra veritale desc;;t." Vgl. Dr monog.mia 2,1 (CCL I: 1230,6f.), wo von der c.tho/ica traJitio die Rede iu. DrpratJCTiptionr harrrticor,.m 30,2 (CCL I : 210,3�5): .. constat illos (sc. Marcion und Valeminus) ... in catholicae primo doctrinam credi dine apud ccclesiam Romanensem sub episcopatu Eleutheri benedicti." 11 TU.TULLIAN,AdtJrrsus Marcionrm IIJ 22,6 (CCL t: S39,4); "apud veram ct catholicam HieruuJem". Von den verbleibenden Stellen betrifft AdtJrrs"s Marcionrm 1117,1 {CCL I: 494,40 den Gouesbegriff: die "universale (calholicae) und höchste GÜtc" de! göttlichen Richters; die beiden anderen sind chri stologisch: Adllcrl"S Marcionrm 11 I 2 t ,3 (CCL I: S37, 14-24) gilt Christus ah der .universale {catho licum)Tempcl Gottes" (das "Haus Gottes" von Je! 2,2f.), indem alle Nationen Gon verehren werdrn; Itdvrrs,., M"rciol1rm IV 9,9 (CCL 1 : S60,29�3 1) ist Christus der "universale (cathol.icus) Priester des Vaters", durch den die Dankgrbete in der Kirche Gott dargebracht werden.
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Kirche (oder Konfession) im Gegensatz zu den häretischen Gemeinschaften. Daß dieser Begriff seinen ersten Einsatz amimarcionitischer Polemik verdanken würde, läßt sich nicht feststellen.
VII. Nun kann man wegen der spärlichen Quellenzeugnisse auch nicht mit Sicherheit aus schließen, daß es die Grenzziehung gegenüber der marcionitischen Kirche war, die den Titel ,katholische Kirche' hervorgebracht hat. Doch gibt es, wie ich schon vor ei niger Zeit angedeutet habe, Gründe, die eine anti gnostische Bildung des Begriffs we nigstens sehr wahrscheinlich machen können. 8'J Zeit und historische Umstände passen zur gnostischen These; es läßt sich das theologische Manko angeben, welches das Adjektiv ,katholisch' schlüssig erklärt; und es lassen sich zeitgenössische Texte nen nen, die diese Erklärung stützen. Zunächst zu Zeit und On. Die frühesten Belege für den Begriff ,katholische Kirche' (Texte 1-6) stammen, wie dargelegt, ziemlich sicher sämtlich aus der Provinz Asia und aus der Zeit zwischen circa 160 und 190. Innerhalb dieses Zeitraums haben Gnostiker, nach dem Zeugnis des Jrenaeus besonders der Valentinus-Schüler Marcus (Magus) und dessen jünger, in der Asia gewirkt.90 Unmittelbare Reaktionen auf die gnostischen Lehren sind zum Beispiel bei Noer von Smyrna (wahrscheinlich einem der Nachfolger des Polykarp), bei Melito von Sardes und beim unbekannten Verfasser der Ignatianen feststellbar. 9 1 Diese Schriftsteller reagieren direkt, unter anderem mit der Formulierung unserer frühesten Glaubensregeln, auf die gnostische Gotteslehre (den Dualismus) und die Christologie (besonders den Doketismus). Aber nicht, um den Unterschied zu diesen fehlerhaften gnostischen Lehren zu markieren, erhielt die Kirche das Eigenschaftswort ,katholisch', sondern weil sie etwas dem unzulänglichen Heilsangebot der Gnostiker entgegenzusetzen hattc. Nach deren Überzeugung kön nen nur die zur ,Erkenntnis' Gelangtcn, eben jene, welche die ,Gnosis' besitzen, das ewige göttliche Leben erben, und nur die auserwählten Pneumatiker, denen das aus dem Pleroma stammende göttliche Pneuma eingepflanzt ist, sind überhaupt zur ret tenden ,Erkenntnis' befähigt. Der Rest der Menschheit, die Hyliker und Psychiker, die am göttlichen Pneuma keinen Anteil haben, bleiben vom Pleroma ausgeschlossen, sie haben keinerlei Aussicht, nach ihrem Tod in das ursprüngliche Reich des göttli chen Lebens zurückzugelangen. '2 Eine solche Botschaft, als göttliche Offenbarung n
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Siehe HOBNER 1997, 462f. - Es geht um eine antignostische Bildung des Begriffs, nicht allein um eine antignostische Verwendung, die, wieoben berichtet, in der Literaturdurchaus öftererwogen wurde. Vgl. IREN"'EUS, Adv�rJlU ha�reJtJ I Il,Sf. (SC 264: 200,81-201,96). Für Nott siehe HOBNER 1999, 9S-129. Pür Melito LOHSE 1 970, 179-188. Für die Ignati;anen LECHNEJI. 1999, 246-307.
Vgl.
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B. die Beschreibung der valentinianischen Konzeptionen bei IIlEN....EUS, Adf.lersl4S h"ereJeJ I
5,6-7,2 (SC 264: 88,S69·1 03,694).
Kt:1NHA.K1J M. HUBNER
von elitären Lehrern verkündet, muß eine katastrophale Wirkung bei den Kirchen christen ausgelöst haben. Die durch die Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde begründete Anwartschaft auf das ewige Leben, der Hauptgegenstand der Erlösungs hoffnung im zweiten Jahrhundert, war zerstört: Denn nur wer zu den ,Erkennenden' gehörte, das heißt wer sich den erlesenen Zirkeln der Gnostiker anschloß, besaß ge wissermaßen nachweislich das Pneuma und damit die Garantie für den zukünftigen Eintritt ins ewige Leben. Die Bedrohung, der sich die meisten Kirchenchristen, die von den erwählten Wissenden als ..Ungebildete und Nichtswisser" verachtet wur den,93 ausgesetzt fühlten, muß gewaltig gewesen sein. Dieser gnostischen Bedrohung vermag die ,katholische Kirche' die trostvolle Ver kündigung entgegenzustellen, daß Gott das Heil aller Menschen will; daß Christus der Erlöser aller Menschen, ja der ganzen Welt istj daß in der Wiedergeburt der Taufe alle Christen mit dem göttlichen Pneuma beschenkt wurden, daß also alle Getauften Pneumatiker sind und damit die sichere Anwartschaft auf das ewige Leben besitzen. Die Bürgschaft der ,katholischen Kirche', der Kirche, die für alle Menschen umfas send das Heil gewährleistet und eben deswegen jetzt ,katholisch' genannt wird, liegt in ihrer (zum Teil freilich zu diesem Zweck erst jetzt produzierten) apostolischen Lehr-Tradition und in den jetzt stark betonten Sakramenten der Taufe und der Eucharistie, .. der Arznei der Unsterblichkeit", wie sie bei Ignatius genannt wird.94 Katholischer Garant für Lehre und Sakramente wird der Bischof, der jetzt erstmals als Monepiskopos an die Spitze der Presbyter tritt und zunehmend alle Kompetenzen an sich zieht: die des apostolischen Lehrers, charismatischen Propheten und priester lichen Sakramentenspenders. Die ,katholische Kirche' und der Bischof treten in unse rem ältesten Zeugnis kaum zufällig gemeinsam auf. Was soeben hypothetisch rekonstruiert worden ist, läßt sich gewiß nicht stringent beweisen, erklärt aber meines Erachtens am zwanglosesten den (nicht gerade reich haltigen) Quellenbefund. Besonders auffallend in den Texten dieser Zeit sind die Aussagen über das Heil für aUe Menschen. So betet Polykarp nach dem Martyriumsbericht (8,1, Text 2) für .. alle, die ihm jemals begegnet sind, Kleine und Große, Berühmte und Ruhmlose, und für die ganze katholische Kirche auf dem Erdkreis", und der Verfasser bekennt sich zur Anbetung Christi, IOder für das Heil der Geretteten der ganzen Welt gelitten hat".')) Die eindrucksvollsten Aussagen über den universalen Heilswillen Gottes, über die allen Menschen von GOtt ermöglichte Rettung (owtllQi.a) in das ewige Leben stehen in den PastOral briefen. Da mir scheint, daß für deren antimarcionitische und zugleich antignostische Ausrichtung und damit für eine Abfassung etwa um die Mitte des zweiten Jahrhunderts (und in der Provinz Asia) von bedeutenden Forschern seit dem
IRENAfUS, AJflCrJllI hilcrclts I
6," (SC 264: 98,654f.). .. IGNATIUS. Ep. ila EphcJioJ 20,2 (cd. FISCHER 160,1). " Martyrium Pol,c4rpi 17,2 (cd. LINDEMANN I PAULSEN 278,17-19). t)
ZUM URSPRUNG OES AUSORUCKS ,KATHULISCHl=: KlKCHc' 19. Jahrhundert gute und nicht widerlegte Grunde vorgebracht worden sind,'j6 die jüngst von einem völlig neuen Gesichtspunkt her Verstärkung erhielten,97 und da an dererseits die weithin übliche Datierung um 100 n. ehr. eher wie eine Verlegenheits lösung erscheint, für die wirklich durchschlagende Grunde bisher nicht geltend ge macht werden konnten, 'jS sollen hier die wichtigsten einschlägigen Verse wenigstens kurz erörtert werden. O. Pflciderer, der in seinem großen Werk Das Urchristenthum von 1887 unter dem Titel .. Antignostischer Katholicismus" nach den Johanneischen Briefen die Pastoral briefe behandelt, hat die antignostische Tendenz in der ..Betonung der Barmherzig keit und des allumfassenden Heilswillen Gottes" 'j'j scharf erfaßt und treffend erklärt: .. Es sollte durch diese Betonung der Universalität des Heilszwecks Gottes der gnosti sche Partikularismus, nach welchem nur die Geistesmenschen und Wissenden der Er lösung theilhaftig sein sollten, bekämpft werden. " 100 Schon der vielfache Gebrauch des Wortes ooJtTJQ (,Erlöser', ,Retter', ,Heiland') ist hier bezeichnend. Während es in den echten Paulusbriefen nur ein einziges Mal vor kommt und nicht titular gebraucht ist, 1 0 1 begegnet es in den Pastoralen zehnmal, da von neunmal in titularer Verwendung für Gott oder Jesus Christlls,I 02 wobei an einigen Stellen entweder beide identifiziert sind, 103 oder aber schwer zu entscheiden ist, ob GOtt, der Vater, oder Jesus Christus gemeint ist, 104 In den Versen 1,12-18 des Ersten Timotheusbriefs formuliert der Verfasser erstmals positiv und erkennbar anti gnostisch sein zentrales Anliegen. Er anvertraut seinem Schüler Timotheus die Verkündigung des glaubwürdigen und überaus zuverlässigen Wortes von der überbordenden Gnade des alleinigen Gottes gegenüber den Sündern, die zu retten ChrisrusJesus in die Welt kam und deren Glaube an ihn zum ewigen Le ben führt, Und nachdem er in Vers 2,1 ..an erster Stelle" zum Gebet .,für alle Men schen" aufgerufen hat, nennt er die Verkündigung der universalen Heilsabsicht Gottes als den Zweck seiner Einsetzung zum ..Herold und Apostel" und ..Lehrer der Heiden" (1 Tim 2,7): Dies" (sc, das Gebet) sei ..gut und wohlgefällig vor unserem ..
" Ich verweisc für cinc Begründung der Spitdatierung der Pastoralen auf die eindringlichen Unter· suchungen von HOLTZMANN 1880, besonders 126-158; PFLEIDERER 1887, 801-823; RIST 1942, hier 50-62; VON CAMPENHAUSEN 1963 (1951), 1 97-252; knapp: VIELHAUER 1 975, 227-229. 91 Vgl. Tl!.OIlISCH 1996. n Was %. B. ein so hcrvorragender Exeget wie J. Roloff zur Datierung der Pastoralen zu sagen hat, ist angesichts des von den oben genannten Autoren Vorgetragenen durchaus enttäuschend (vgl. ROLOFF 1988, Hf.); ähnlich unbefriedigend ScHNELLE 1999, H6f.
" PFLEIDERER 1887, 802 . • 00 PFLEIDERER 1887,81 1. Nur bei diesem Autor habe ich bisher die obige Erklärung gefunden. Daß Pflei
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derer aus der allumfusenden Heilszusage GOttcs den Ausdruck ,katholische Kirche' ableiten würde, habe ich nicht festStellen können. Phil 3,20. I Tim 1,1; 2,3; 4,10; 2 Tim 1,10; Tit 1,3; 1,4; 2,10; 2,13; 3,4; 3,6. So Tit 2,13; vgl. dazu GN1LU 1994,355. So etwa Tit 2, 10; 3,4. Bekanntlich vermeidet der Verlanerder Pastoralcn den Paulinisehen TItel ,Sohn Goues' für Juus Christus.
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Kl:.INHAK.U M. HUBNER
Erläser-Gott, der will, daß alle Menschen gerellet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen". Bürge dafür ist "der eine Gott" und ..der eine Mittler" Gottes und der Menschen, .. der Mensch Christus ]csus, der sich selbst als Lösegeld für alle gab" (1 Tim 2,3-6). Nach einer antimarcionitischen und antignostischen Polemik in den Versen 4,1-7 und der Betonung des Nutzens der Frömmigkeit auch für das zu künftige Leben in Vers 4,8 wird erneut der Grund und das Ziel des mühevollen apo stOlischen Kampfes genannt: die Hoffnung .. auf den lebendigen GOtt, welcher der Erläser aller Menschen ist, besonders der Gläubigen" (1 Tim 4,10). Die Themen der ebenfalls antignostisch ausgerichteten apostolischen Verkündi gung im Zweiten Timotheusbrief werden ganz ähnlich angegeben. l OS Aus dem Titus brief. in dessen Eingangsgruß sofort alle wichtigen Themen angezeigt werden, 1 06 sol1 nur der Vers 2,11 zitiert werden: .. Erschienen ist die Gnade Gones, Rettung bringend allen Menschen". Im übrigen möge der Hinweis auf die darauf folgenden Verse 2,11 -14 und 3,3-7 genügen, die sachlich voll dem entsprechen, was aus dem Ersten Timotheusbrief angeführt wurde. In allen drei Briefen zeigt sich der Autor in Übereinstimmung mit den Gnostikern hinsichtlich des Zieles des menschlichen Lebens: Es geht um die Erkenntnis der Wahrheit 107 und den Gewinn des ewigen Lebens. 108 Doch während die Gnostiker den bloß Gläubigen beides absprechen, sind für den Verfasser der Pastoralen gerade die Gläubigen .. die, welche die Wahrheit erkannt haben",IO') ist Gott der Erlöser .beson ders der Gläubigen", 110 und die Gnostiker, welche meinen, Gott zu kennen, sind die Ungläubigen, l tI die von der Wahrheit abgewichen sind. 112 Dem elitären Wahrheits anspruch der Gnostiker wird ..die Erkenntnis der Wahrheit gemaß der Frömmig keit" IIJ entgegen gesetzt: die Botschaft von der universalen Heilsabsicht Gones, die verwirklicht wird durch die Epiphanie des Erlösers Christus ]esus im Fieisch,I14 ver kündet durch die überlieferte aposcolische Lehre: Schrift, Evangelium, Glaubens formel, 1 I5 zugänglich durch den Glauben an die Ökonomie Gottes in Christus, 116 lOS Das zeigen bereits ein paar Stich....orte au. den ernen zehn Versen: Verkiindigung du Lebens in
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Chri.tus (2 1im 1,1), unsere Reuung und Berufung gemäß der ewigen Gnadenab.icht Goue., ver wirklicht durch die Epiphanie unsere. Erlösers Chri.tu5 Jesus, Leben und Unvergänglichkeit durch du Evangelium (2 Tim 1,8-10). Tit 1,1-) gibt Ziel und Weg an: Glaube der Erwählten Goues, Erkenntnis der (frommen) Wahrheit, Hoffnung auf du ewige Leben, das von Gott seit Ewigkeit verheißen, jetzt offenbart und verkiindet wird auf Anordnung des Erlöser-Gotte•. Vgl. I Tim 2,4; 4,3; 6,5; 2 Tim 2,15; 2,18; 2,25; ),7f.; -4,-4; Tit 1,1; 1,1-4. Vgl. I Tim 1,16; -4,8; 6,12; 6,19; 2 Tim 1,1; 1,10; 2,11; Tit 1,2; 3,7. 1 Tim -4,3. 1 Tim -4,10. Vgl. Tit 1,15E. Vgl. I Tim 6,5; 2 Tim 2,18; 2.25; 3,7f.; -4,-4. Tit 1,t. Vgl. I Tim 1,16; 2 Tim 1,9f. Vgl. 2 Tim 3,1-4-16; 1 Tim 1,11; 2 Tim 2,8; Til 1,3; 1 Tim 2,5f. und 3,16; 2 Tim 2,8. Vgl. 1 Tim 1,-4.
ZUM
URSPRUNG DES AUSURUCKS ,KATHUL1SLHJ:: KJKLHJ::'
durch die Taufe und Geistbegabung. 1I7 Die entscheidende Rolle in der Befestigung des lebens!J>endendcn Glaubens 118 spielt der in die apostolische Nachfolge berufene, durch Haodauflegung öffentlich legitimierte kirchliche Lehrer. 1I9 Auf diese Weise wird die Kirche jetzt "Säule und Fundament der (Glaubens-)Wahrheit". 120 In der Kirche (und zunehmend in ihrem amtlichen Repräsentanten) erblickt der Verfasser der Pastoralen die entscheidende Grundlage für die Erlangung des ewigen Heils. 1 2 1 Wäre es nicht gut verständlich, daß diese Kirche in einer Situation, in der sie - im Unterschied zu anderen Kirchen - als Bürgin und Vermittlerin des allumfassenden Heils Gottes fungiert - des ,katholischen Heils', wie es wenig später heißen wird - das Attribut ,katholisch', ,allumfassend' als ihr Kennzeichen erhält? Sehr dicht sind die Aussagen über das allen Menschen in Christus zugängliche Heil und unsterbliche Leben in einer Pascha-Predigt, die üblicherweise unter der Bezeich nung Pseudo-Hippolyt zitiert wird. Sie gehört stilistisch, theologisch und ungefähr auch zeitlich in die Nachbarschaft der Pascha-Homilie Melitos, ist ebenso monarchia nisch. zeigt die gleiche (Pneuma-Sarx-)Christologie und deutliche anti gnostische, ins besondere antidoketische Formulierungen. 122 Auch weist sie, ohne daß irgendein Abhängigkeitsverhältnis vorläge, zahlreiche, sehr spezifische Parallelen mit den Igna tianen auf und zeigt wie diese Vertrautheit mit valentinianischen Vorstellungen. Hier begegnet an einer Stelle tatsächlich ein Zeugnis dafür, daß das ,Heil für alle', für das die Kirche bürgt und dessen Gewährleistung ihr nach der hier vorgetragenen These die Bezeichnung ,katholisch' eingebracht hat, mit dem Wort xa66)'ou - ,allgemein', ,universal' ausgedrückt wird. Zwar befinden wir uns mit dieser Predigt wohl nicht mehr in der Zeit der Bildung des Begriffs ,katholische Kirche', aber das vermutete Motiv für seine Prägung, die antignostisch ausgerichtete, universale Heilszusage der Kirche, wird vom Verfasser so kräftig formuliert und zugleich mit dem Stichwort xaS6)'ou ausgedruckt, daß man die entsprechenden Aussagen zwanglos als treffenden Beleg für die vorgeschlagene Interpretation werten kann.
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Vgl. Tit l,5-7. Vgl. 1 Tim 1,16; 4,8-10; 2 Tim ],15. Vgl. 1 Tim 4,14; 2 Tim 1,6-8.11-14; 2, If.j Tit 1,5-9. I Tim ],15. Die Gleichsetzung von Glilube und Wahrheit (aus dem Vergleich von I Tim 6,21 und 2 Tim 2, t 8 unmittelbar erkennbar) ist ein bleibendes Erbstück der bekämpften Gnostiker und ihrer philo sophischen Interpretation der christlichen Botschaft. PFLEJOERER 1887, 817, markiert scharf den dadurch eingetretenen folgenreichen Wandel: .Nicht mehr Jesus Christus allein, wie I Cor. l, 11, auch nicht Christus zusammen mit Aposteln und Prophe ten, wie Eph. 2,20, sondern rundweg die Kirche selbst heint jetzt der festeGrund der Wahrheit ..... Diese Einschätzung des Textes, der hier in der Edition von Nautin (SC 27) zitiert wird, geht vor allem auf die Untersuchungen von CANTALAMESSA 1 967 zuriick. Cantalamessas Ergebnisse wurden grund sätzlich von Visona bestätigt (vgl. VISON}.. 1989), der jedoch die mögliche Abfassungszeit nicht auf das 2. Jh. einschränken möchte. Rouwhorst und Stewart-Sykes stimmen weitgehend Cantalamessa zu, datieren aber die Homilie etwas später als die Melitos (s. ROUWHOIlST 1996, 156(.; SnWART-SyItES 2001, 228-232). Über die Forschungsgeschichte unterrichtet kurz in der Einleitung zu einer deut schen Übersetzung HAUSAMMANN 2000, 9f.
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Der Prediger beginnt mit einem Preis des .. mystischen Pascha". des ewigen, unaus löschlichen, leuchtenden Tagsfür alle an Christus Glaubenden, da alles, das ganze All mit Leben und unermeßlichem Licht erfüllt ist, weil der unsterbliche, göttliche Chri stus für alle aufstrah1t. 121 Er nenne dann die alttestamentlichen Vorbilder (nJitOl.) der jetzt eingetretenen Wahrheit: das .. Lamm'" und das ..Zeichen des (an die Pfosten ge strichenen) Blutes". das Schutz für das ganze (Volk) bewirkte, und die gegenwärtige Verwirklichung der angekündigten Wahrheit: das "Lamm aus den Himmeln", .. den Logos". und den ..Mischbecher voll des göttlichen Blutes und Geistes" , 124 Und er fährt (schlußfolgernd) fort: Wie würden nicht (diese) Wirklichkeiten die universale Rettung aller verkünden, wenn doch schon deren Vorbilder allein rettend sind? 12 .5
Das Todes-Pascha Christi, aus dem Gottes Allmacht paradoxerweise Unsterblich keit, Lehen, Heilung, Auferstehung wirkt, 126 und die Eucharistie, die daran Anteil ge währt, I 27 sind die Bürgschaft für das universale Heil aller (t�V xae6kou aOOt'lQl.av) . Dieses Pascha", heißt es, nachdem der ganze Kosmos, die Engel des Himmels, die Chöre der Sterne, Luft, Wasser, Erde und ..jede Menschenseele, die durch die Aufer stehung zur neuen Geburt belebt ist", zur Festesfeier aufgerufen wurden, "dieses Pascha ist das gemeinsame Fest aller", ,.das unsterbliche Leben der ganzen Welt", ..die unvergängliche Nahrung der Menschen, die himmlische Beseelung aller" . 128 Es ist "ein kosmisches und universales (xae6kou) Geheimnis" - der Prediger wiederholt das kennzeichnende WOrt. 129 Wenn an anderer Stelle die Freiheit und absolute Gleichheit al/er in Recht, Gesetz und Ehre gepriesen wird, weil alle durch das kostbare Blut" Christi erkauft wur den!Jo und .in allen das wirklich unsterbliche Lehen ist", wie es nach einer wieder holten Würdigung dieser durch ..die Ankunft Christi" allen gewährten Geschenke heißt, !J1 dann klingt das zugleich wie eine Zurückweisung des privilegierten Pneuma tiker-Status bei den Gnostikern. Gegen die gnostische Abwertung des Leiblichen ge•
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Vgl. PS.-HIPPOLYT, In sancrumpascha 1 f. (SC27: 117,1-1 1). Fünfmal begegnen in den wenigen Zeilen die griechischen Äquivalente für .alle(s)", ..das Ganze"; ..das All". PS.-HIPPOLYr, In unctum pascha 2 (SC 27: 1 1 9,8-20). PS.-HIPPOLYr, In sanctum pascha 3 (SC 27: 12 1,3L): nwr; oirv ou Tilv XaOOAO\l OW01Ql.aV TWV lI).wv enayye).).t'ta� Ta EQya, WV xat 1l6vo� ol t"U1tOl dai owt11QlOl; PS.-HIPrOLYT, In sanctumpascha 1 (SC 27: 1 1 9, 1-7). Vgl. PS.-HIPPOLYr, In Jllnctum pascha 39; 19; 50 (SC 27: 161,8-13; 175,11-1 77,6); die letzten zwei
Zeilen lauten: Wir haben mit unauslöschlicher pneumatischer Gnosis gegeuen, und weil wir euen, sterben wir nicht." Die engste zeitgenöuische Parallele ist ICNATIUS, Ep. aJ Ephtsios 20,2 (ed. FISCHER. 1 60,10, wo das eucharistische Brot als .Arznei dcr Unsterblichkeit, ein Gegengift, nicht zu sterben, sondern auf immer in Jesus Christus zu leben", bezeichnet wird. PS.-HIPf'OLYT, In sanctum paJcha 3 (SC 27: 1 2 1 ,4- t 23,4). •
111 In no UI
PS.-HIPPOLYT, In unctum pascha 1 6 (SC 27: 145,3f.) PS.-HIf'POLYr, ln sanctumptl.scha 42 (SC 27: 16J,tOf.). PS.-HIPPOLYr, In Janctum pllscha 44 (SC 27: 165,1-4).
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richtet, erklärt der Prediger wenig später, daß Christus Gott und .. auch Mensch" war, 1 32 daß er den .. armseligen und toten Leib" angezogen hat und also ..alle unsere Leiber von den Krankheiten heilte". 1 3.1 Die verschiedenen Aufenthaltsorte von Geist (1tve'Ül!a), Seele und Leib des am Kreuze Gestorbenen: Himmel, Paradies, Erde wer den im Hinblick auf die universale Rettung gedeutet: "Geteilt ist der Unteilbare, da mit alles gerettet werde". 1 3-4 In der dreitägigen Grabesruhe sieht der Prediger zweierlei angezeigt: daß der ..Erstgeborene von den Toten" .. das Menschengeschlecht vollstän dig und ganz rette - diejenigen vor dem Gesetz, die unter dem Gesetz und die, welche in seiner Nachfolge standen",13S "oder vielleicht auch, daß er das (menschliche) Lebe wesen vollständig wieder auferwecke: Seele und Geist (1tVEü�a) und Leib. " 1 36 Diese letzte Auslegung ist deutlich antignostisch. Der Schlußhymnus preist wie der am Anfang das ",göttliche Pascha" als die "ge meinsame Feier aller, als kosmisches Fest, als Freude, Ehre, Nahrung, köstlichen Ge nuß für das All", da "allen das Leben geschenkt wurde". Und unter Benutzung der gnostischen (valentinianischen) Metapher für das endzeitliche Heil, das .. hochzeitli che Brautgemach", das bei den Gnostikern allein den Pneumatikern vorbehalten ist, heißt es (antignostisch): "Alle sind mit den Brautgewändern bekleidet, niemand wird hinausgeworfen, weil er kein Hochzeitskleid trägt" ; "in allen brennt göttlich und pneumatisch das Feuer der Gnade, gewährt durch Leib und Geist (1tvE\j�an) und Öl Christi",m das heißt zugleich: durch Menschheit und Gottheit Christi, und durch Leib und Blut der Eucharistie und die Taufe. Diese massive Betonung der Rettung aller, des ganzen Kosmos, aller Menschen und des ganzen Menschen, ist offenkundig antignostisch. Sie wird mit dem WOrt xaEloAou: allumfassende, universale, ,katholische' Rettung ausgedrückt, weil sie Frucht ist des "universalen (xaOoAou) Pascha-Geheimnisses". Sie wird zugänglich durch die "unvergängliche Nahrung" des .. göttlichen Pascha", die Eucharistie, die nur in "der einen Kirche" gewährt wird, U8 und deswegen, weil diese Kirche für das Heil aller bürgt, heißt sie die ,katholische'. Die zweite Stelle, an der vom "universalen Heil" die Rede ist, steht im Paedagogus (I 6) des Clemens von Aiexandria,IJ9 einer Schrift, die zeitlich vielleicht nicht sehr III
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Ps.-HIPPOlYT, In sancrum pascha 46f. (SC 27: 167,16-173,10). PS.-HIPPOlYT, ln sanCU4m pascha 48 (SC 27: 173,11-20). PS.-H1PPOlYT, In sancrum pascba 56 (SC 27: 185,1-8). PS.-HIPPOlYT, In sanClum pascha 58 (SC 27: 187,2-5); der Text ist hier verderbt, ich folge der Übersetzung von HAUSAMMANN 2000, 53. PS.-HIPPOlYT, In sanclumpascha 58 (SC 27: 187,5-7). PS.-HIPPOlYT, In sanctum pascha 62 (SC 27: 189,12-191,11). Vgl. PS.-HIPPOlYT, In sanCU4m pascha 3; -4; 8; 25-27; 39; -40; 41; -49; 50; 62 (SC 27: 121,17- 123,5;
123,10-14; 133,19-1]5,1; 1 53,12-20; 161,6-12; 161,15-163,2; 163,3-8; 175,1 1-22; 177,1 -6; 189,14-17; 191,7-1 1). Die auffallend starke Betonung der Eucharistie und ihre Gewährung allein in der .einzigen Kirche" (ebd. -41 [Se27: 163,3-8]) teilt der Prediger mit dem Verfauerder Ignatianen. Die Taufe, auf die vielleicht nur angespielt wird (ebd. 3; 62 [SC 27: 121,15-17; 191,1 1]), tritt dagegen zuriiek. Text 5. u. Anm. 146.
K..t. 1 NN....KU M. NUtsNt.K
weit von der zitierten Paschapredigt entfernt ist. Kattenbusch hatte schon, wie er wähnt, auf diese Stelle als Parallele für seine Interpretation des Begriffs .katholische Kirche' im Sinne einer .für alle zugängliche(n) Heilsgemeinde" verwiesen, allerdings eine polemische Note in diesem Kirchenprädikat nicht sehen wollen. HO Doch zeigt gerade der ausdrücklich antignostische Kontext im Paedagogus I, daß der Begriff ,katholisch' von Anfang an zugleich auch polemisch-abgrenzend aufgefaßt ist.H 1 Im Zusammenhang begegnet eine ansehnliche Zahl der Gedankenelemente, die oben zur hypothetischen Rekonstruktion der Entstehung des Ausdrucks ,katholische Kirche' genannt wurden. Das kann als Bestätigung dafür gelten, daß diese Überlegungen nicht verfehlt sind. Wie in der Paschapredigt ist auch bei Clemens (und den Gnostikern) das Ziel des Menschen das ewige Leben, das durch die Erkenntnis Gottes gewonnen wird: Wer Gott erkannt hat, dem mangelt nichts. Er besitzt die Vollkommenheit. Die Gnosis ist die Nahrung zum ewigen Leben. 1 42 Aber während die Valentinianer den Psychikern, das heißt den gewöhnlichen Christen, die heilbringende Gnosis absprechen. sagt Clemens über die, die in Christus sind: Es sind also nicht die einen .Gnostiker', die anderen ,Psychiker' im Logos selbst, vielmehr sind sie alle ... gleich und ,Pneumatiker' beim Herrn. 1 4)
"Der Herr selbst hat aufs gewisseste die Gleichheit des Heils offenbart": Jeder Glau bende, heißt es mit Johannes 6,40, empfängt nach dem Willen des Vaters ewiges Leben und Auferstehung am jüngsten Tag. I" Die erwartete Gleichheit des Heils ist begrün det in Gottes universalem Heilswillen, das Instrument zu ihrer Verwirklichung ist die Kirche, der Glaube, die Taufe, durch die alle Pneumatiker sind: Gottes .Wille ist das Heil der Menschen, und dieses wird Kirche genannt." Alle Gläubigen (nicht etwa nur die Gnostiker) sind von Gott Berufene, .Gottesgelehrte" (I Thess 4,9), und besitzen mit der vollkommenen Lehre .des ewigen Erlösers das ewige Heil" . 1 4S Die Gleichheit des von Gott allen Glaubenden in der Kirche gewährten Heils ist der Grund dafür, daß dieses Heil )(.aeOAU('�, .universal", heißt (und ebenso die Kirche): Der Glaube ist das einz.ige universale (xa6oAlxTj) Heil der Menschheit, die Gleichheit und Gemeinschaft des gerechten und liebenden Gones ist ein und dieselbe gegeniibH alltn
Mtnschtn. 146
HO KATrENBUSCH 1900, 923. , ., Siehe H.·I. Marrou in der Einleitung :tu seiner Edition des P�tJ�gogUJ (SC 70: 29·).4): .Polcmique
anu·gnosuque . 101 Vgl. CLEMENS VON ALEXANORIEN, P�tJagogUJ 1 26,2f.; 36,4 (SC 70: 158; 176). " ) CLEMENS VON ALEXANDRIEN, PatJagogfl. I 31,2 (SC 70: 168). CLEMENS VON ALEXANDIUEN, PattL,gogfl. 1 28,5 (SC 70: 162·164). H} CLEMENSVON ALEXANDRIEN, PatJagogfl. 1 27,21. (SC 70: 160); vgl. 1 29,lf. (SC 70: 164). 106 CLEMENS VON ALEXANDRIEN, PatJagogul { 30,2 (SC 70: 166): 6n yr. 11(0. X(leo).�xil t:i11O: o.vOow· n61:'ltolO: OW1:'lOt.o. 1') ni.otu;, to6t'l� 6t xal xowwv[a 1:01) 6lxai.ou xo.l 41u.o.vOowno\J Or.ou 1') o.un) •
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Zugänglich wird das Heil durch die Taufe: ..Wenn wir getauft werden, werden wir erleuchtet (zur Erkenmni's Gones 1 47), zu Söhnen gemacht, ... vervollkomnet, . . . unsterblich gemacht." 141 Die Taufe ist die .. einzige heilende Arznei (cpa.Q!!axov)" Clemens verwendet hier für die Taufe das WOrt, das der Verfasser der Ignatianen für die Eucharistie gebraucht. 149 Bewirkt wird das durch ..den heiligen Geist, der vom Himmel her in uns einfließt'" und alle Glaubenden zu Pneumatikern macht: ..Als Pneumatiker hat der Apostel die bezeichnet, die durch den heiligen Geist (1tVEu�a'tl) zum Glauben gekommen sind." 1 50 Gegenüber der Taufe ist in diesem 6. Kapitel des Buches, in dem sich Clemens gera de an die Getauften wendet, die Eucharistie naturgemäß nicht so stark herausgehoben, aber auch von ihr wird gesagt, daß Fleisch und Blut des Herrn .. zur Unvergänglichkeit nähren", 1 51 denn das Fleisch ist das Gleichnis des heiligen Geistes, und der Herr, .,die Nahrung", ist .. Geist und Logos", ..fleischgewordener Geist (J'tvEij�a) und geheiligtes himmlisches Fleisch". 1 52 Es ist also die Anteilhabe am göttlichen Geist, der in Taufe und Eucharistie wirkt, welche alle empfangenden Gläubigen zu Pneumatikern und damit unsterblich macht. Auch wenn die Predigt In sanctum pascha und der Paedagogus des Clemens gewiß nicht aus der Entstehungszeit des Begriffs ,katholische Kirche< stammen und auch wenn dieses Kirchenprädikat in diesen Schriften nicht vorkommt, so scheint mir die klar antignostisch ausgerichtete Hervorhebung der Gleichheit und Allgemeinheit des ,Heils für alleAI\.K.l\MtNlt ötl UtN Al'U:, I UL1:,.....Ht!� V A l tKN
Meeres'" (Gen 1,26), und der Herr sagte, als er uns, das schöne Geschöpf, sah: "Wachst und mehr! euch und füllt die Erde"' (Gen 1,2 8 ) . 28
Hier sind Neugeburt und Neuschöpfung mit dem Gedanken des Sündenerlasses verbunden - sämtlich Motive aus der Theologie der Taufe. Auch der Zweite Clemens brief enthält die eine oder andere Anspielung auf die Taufe. Einmal ist von dem Ge schenk des Lichtes die Rede, durch dessen Annahme wir verwandelt werden: Das Licht nämlich hat er uns geschenkt; wie ein Vater hat er uns, Söhne' genannt; als wir zugrundegingen, hat er uns gerettet. 29
Im selben Zweiten Clemensbrief finden sich daTÜberhinaus Aussagen über die Tau fe, bei der die Kirche als gebärende Mutter erkennbar wird: "Freue dich, Unfruchtbare, die du nicht gebierst; brich aus in Jubel und rufe laut, die du nicht in Wehen liegsl; denn zahlreich sind die Kinder der Einsamen, mehr als derjenigen, die den Mann hat· Ues 54,1). Was (die Schrift) gesagt hat: .. Freue dich, Unfruchtbare, die du nicht gebierst", das hat sie über uns gesagt: Unfruchtbar nämlich war unsere Kirche, bevor ihr Kinder gegeben wurden. Was (die Schrift) aber gesagt hat: ",Rufe laut, die du nicht in Wehen liegst·, das meint: Unsere Gebete in Lauterkeit aufsteigen zu lassen zu GOtt, damit wir nicht wie die in Wehen Liegenden verzagen. Was aber (die Schrift) gesagt hat: "Denn zahlreich sind die Kinder der Einsamen, mehr als derjenigen, die den Mann hat"' - unser Volk schien ja von Gon verlassen zu sein, doch jetzt, da wir gläubig gewor den sind, sind wir mehr geworden als die, die Gott zu haben meinen. Aber auch eine ande re Schrift(stelle) sagt: "Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen. sondern Sünder· (Mt 9, 13b; Mk 2,17b; vgl. Lk 5,32). Das meint: Man muß die, die verlorengehen, retten. Je nes nämlich ist groß und wunderbar - nicht das Stehende zu festigen, sondern das Fallen de. So hat auch Christus das, was verlorengeht, reuen wollen, und er hat viele gerettet, in dem er kam und uns berief, die wir schon verlorengingen. }O
In bisweilen schwer entzifferbaren Bildern hat schließlich der Hirt des Hermas über die Taufe gehandelt, Dort ist etwa von einem mächtigen Turm die Rede, der ..auf Wassern errichtet wird". Auf die Frage, warum dies so sei, lautet die Antwort: ..weil euer Leben durch das Wasser gerettet worden ist und gerettet werden wird"Y Mehr fach ist von den ,Steinen' die Rede, die in den ,Bau des Turmes' eingefügt sind. Man wird davon ausgehen können, daß diese Steine die Getauften sind, die miteinander die Kirche, das Haus Gones, ausmachen,32 Besonders oft geht es um das ,Siegel', das die erhalten, die zum Glauben gekommen sind. Wer das Siegel erhält, nimmt das Leben an. Dies geschieht im Herabsteigen ins Wasser und im Heraussteigen aus dem Wasser,
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8arnaba� tp. 6,1 1-12 (Übersetzung geringfügig verändert nach PROSTMEIER 1999, 258; vgl. WENC;ST 1984, ISS). C/�m�ntis �p. 11 1,4 (LINDEMANN I PAULSEN 1 992, I SS). C/�m�ntis �p. 112,1-7 (Übersetzung leicht verändert nacb lINDEMANN I PAULSEN 1992, 157). Htrmat Pastor, Vision�s I I I 2,4 und 3,5 (BkOX 1991, 1 1 7 und 122). Z. B. Htrma� Pastor, SimilitMdo IX 16,1-7; 31,1 f.
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also in der Taufe.JJ Auch vom .weißen Gewand" ist einmal die Rede. Es ist denen übergeben, die das Siegel empfangen haben. J4 Dem Verfasser des Werkes ist an einem Motiv besonders gelegen: daß die Taufe in einem emsprechenden Leben zur Auswir kung kommen will. So kann es einmal heißen: Die anderen, die nahe ans Wasser fielen und nicht hinein rollen konnten - willst du wissen, wer das ist? Das sind die, die das Wort hörten und auf den Namen des Herrn getauft wer den wollten; dann aber denken sie daran, daß sich mit der Wahrheit die sittliche Reinheit verbinden muß, und sie überlegen es sich doch anders und laufen ihren alten Begierden nach.H
Der Zusarrunenhang zwischen Taufe und Leben wird auch hergestellt, wenn es heißt, daß alle Völker, die unter dem Himmel wohnen, auf ihr Hören und ihren Glauben hin mit dem Namen <des Sohnes> Gottes benannt worden sind. Als sie das Siegel erhalten hatten, nahmen sie eine einzige Gesinnung an und ein einziges Denken, und ihr Glaube war ein einziger und die liebe eine einzige, und sie trugen die Geister der Jungfrauen zusammen mit dem Namen.J6
Aus dem Bewußtsein, daß die Taufe und ein der Taufe entsprechendes Leben eng zusammengehören, Stammt dann auch das Anliegen, das den Verfasser des Hirten des Hermas besonders bewegt hat: wie es demjenigen ergeht, der einmal getauft war, dann aber sündigend gegen den Sinn seines Getauftseins ernsthaft verstoßen hat. Kann er durch eine Buße in den Stand seines Getauftseins zurückkehren? Daß die Taufe und ein entsprechendes Leben nicht voneinander getrennt werden dürfen, ist auch die Auffassung der Didache, die eine ausführliche ,Taufkatechese' bie tet, bevor sie über die Taufliturgie handelt. Die ,Taufkatechese' erstreckt sich über die ersten sechs Kapitel der Schrift. Inhaltlich geht es um ,die beiden Wege'. Der eine ist der ,Lebensweg', der andere der ,Todesweg'. Bei der Beschreibung des ,Lebensweges' greift der Didachist gern auf Motive aus der Bergpredigt zurück. Worin der ,Todes weg' besteht, wird durch Hinweise auf die biblischen Lasterkataloge erläutert. Die knappen Texte, die die Apostolischen Väter zur Taufe geschrieben haben, berühren die theologischen, die liturgischen und die ethischen Aspekte dieses ersten und grundlegenden Sakraments. Daß viele die Taufe betreffende Erkenntnisse späte rer Zeiten hier noch nicht anklingen, versteht sich von selbst. In diesem Sinne sind die Aussagen der Apostolischen Väter noch unentfaltet-ursprünglich und weitgehend noch von einem Suchen und Tasten bestimmt. Dennoch sind sie bereits so weil profi-
J) Z. B. H�rm,u PaHor, Simi/itudintJ VIII 2,2.�; 6,3; IX lj
Htrma� Pastor, Simi/irudo VIII 2,2.4. " Htrma� Pastor, Vifio 111 7,3 (BROX 1991, 124). u H�rmM PaJtor, Simi/itudo IX 17,� (BROX 1991, 43Sf.).
16,1-7; IX 17,4; J X 31,1 f.
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lien, daß man erkennt: die Taufe gehört zu den ganz wichtigen Vollzügen auch schon der frühen Kirche. 3.2 Die Eucharistie In der frühen Kirche wurde die Eucharistie regelmäßig gefeiert. Sie war schon bald der grundlegende gottesdienstliche und geistliche Vollzug der frühen Christengemeinde. In den Schriften der Apostolischen Väter ist freilich nicht allzu häufig von der Eucha ristie die Rede. Nur die 19natiusbriefe und die Didache sprechen über sie. Dabei lassen sie keine zusammenhängende eucharistische Theologie erkennen. Am ehesten lassen sich einige Formulierungen in den 19natiusbriefen auf eine vertiefte Reflexion hin deuten. So heißt es im Brief des 19natius an die Smyrnäer, die Eucharistie sei ..das Fleisch unseres Erlösers Jesus Christus . . . , das für unsere Sünden gelitten" und .. das der Vater in seiner Güte auferweckt" habe.37 Im Brief an die Epheser nennt Ignatius die Eucharistie eine ..Unsterblichkeicsarznei", ein .. Gegengift gegen den Tod"', eine .. Gabe, um immerfort in Jesus Christus zu leben". 38 Ansonsten ist Ignatius vor allem an der Eucharistieparänese interessien. Im Epheserbrief ruft er zu häufigerer Teilnah me an der Eucharistie auf: So bemüht euch nun, häufiger zusammenzukommen zum Herrenmahl Gottes und zum Lobpreis. Denn wenn ihr häufig zusammenkommt, werden die Mächte Satans vernichtet, und das von ihm drohende Verderben zerbricht an eurer Glaubenseinigkeit. 39
Hier taucht bereits das Motiv der Einheit und Einigkeit unter den Eucharistie Fei ernden auf, das Ignatius auch sonst betont, wobei er darauf hinweist, daß diese Einheit und Einigkeit in der Verbindung mit dem Bischof und dem Presbyterium konkret wird. Im Epheserbrief heißt es, daß ihr alle Mann für Mann, jeder einzelne ohne Ausnahme, gemeinsam in Gnade zusam menkommt, in einem Glauben und in Jesus Christus, ... um dem Bischof und dem Pres byterium zu gehorchen mit ungeteiltem Sinn, ein Brot brechend. 40
Und im Brief an die Philadelphier finden sich diese Sätze: Deshalb seid bedacht, eine Eucharistie zu gebrauchen - denn ein Fleisch unseres Herrn Jesus Christus (gibt es nur) und einen Kelch zur Einigung seines Blutes, einen Altar, wie einen Bischof zusammen mit dem Presbyterium und den Diakonen, meinen Mitsklaven damit ihr, was immer ihr tut, nach Goues Weise tut.41
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Ep. ad Smyrnaear 7,1 (LINDEMANN I PAULSEN 1992, 231). IGNATtUS, Ep. ad Ephesios 20,2 (LINDEMANN I PAULSEN t 992, 191). IGNATIUS, Ep. ad Ephuios 13,1 (LINDEMANN I PAULSEN 1992, 187). IGNATIUS, Ep. ad Ephesios 20,2 (lINDEMANN I PAULSEN 1992, 19 1 ). IGNATtUS, Ep. ad PhiLadelphias 4 (LINDEMANN I PAULSEN 1992,221). IGNATtUS.
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Ignatius, der Bischof von Antiochien, der nach Rom ging, wo ihn der Märtyrertod erwartete, hat offenbar selbst ein tiefes geistliches Verhältnis zum Geheimnis der Eu charistie entwickelt. So konnte er sein Lebensopfer deuten und bestehen. I m Brief an die Römer hat Ignatius geschrieben: Ich freue mich nicht an vergänglicher Nahrung und den Freuden dieses Lebens. Brot Got tes will ich, das ist das Fleisch Jesu Christi, der aus dem Samen Davids stammt, und zum Trank will ich sein Blut, das ist die unvergängliche Liebe.42
Von daher konnte er dann seinen zum Zeugnis für Christus dahinzugebenden Leib als ein eucharistisches Brot verstehen. Dies kommt in dem berühmten und bewegen den Text zum Ausdruck, der ebenfalls im Brief an die Römer steht: Ich schreibe an alle Kirchen und schärfe allen ein, daß ich freiwillig für Gau sterbe, wenn anders ihr mich nicht hindert. Ich ermahne euch, mir kein unz.eitiges Wohlwollen zu er zeigen. Laßt mich der wilden Tiere Fraß sein, durch die es möglich ist, zu Gott zu gelan gen. Gottes Weizen bin ich und durch der wilden Tiere Zähne werde ich gemahlen. damit ich als reines Brot des Christus erfunden werde.4)
Ignacius von Antiochien hat sich zwar nur in knappen Texten zur Eucharistie geäußert. Aber was sich dabei zeigt. läßt doch darauf schließen, daß ihm die Euchari stie ein besonders wichtiger Vollzug seines bischöflichen und dann auch persönlichen Lebens gewesen ist. Er hatte eine tiefe Einsicht in das Geheimnis der Eucharistie. Nur unter dieser Voraussetzung lassen sich die Aussagen. die er hinterlassen hat, in ihrer Tragweite nachvollziehen. Ignatius hatte ohne Zweifel einen lebendigen Sinn für die christologischen, die ekklesiologischen und die spirituellen Dimensionen der Euchafistle. Abgesehen von Ignatius von Antiochien bri ngt nur noch die Didache einen Tcxt zur Eucharistie. Dieser Text ist ebenso berühmt wie hinsichtlich seiner richtigen Auslegung umstritten. Der Text findet sich als 9. und 10. Kapitel der Didache und ent hält im Sinne einer Agende Anweisungen zu den liturgischen Abläufen. Die beiden Kapitel haben diesen Wortlaut: •
•
9,1-5: (1) Was aber die Eucharistie betrifft, so sagt folgendermaßen Dank. (2) Zuerst in bezug auf den Kelch: Wir danken dir, unser Vater, für den heiligen Weinstock Davids, deines Knechts, den du uns geoHenbart hast durch Jesus, deinc:n Knecht; Dir sei Ehre in Ewigkeit. (3) Ln bc:zug auf das Brot aber: Wir danken dir. unser Vater. für das Leben und die Erkenntnis. die du uns geoffenbart hast durch Jesus, deinen Knecht; Dir sei Ehre in Ewigkeit. (04) Wie dies zerstreut war auf den Bergen und gesammdt eins wurde. so möge gesammelt werden deine Kirche von dc:n Enden dc:r Erde in dein Reich. Denn
" ICNATIUS, Ep. •d Rom."oI
I)
7,J (liNDEMANN I PAULSEN 1992, 21M.).
ICNAT1US, Ep. •d Rom.nol 4,1 f. (Ieicbt verindert nach LINDEMANN I PAUUEN 1992, 2 1 1 ) .
AMT UNU SAK.RAMtNlt /;Stl UtN At'UHUL1:,I.,.;HtN V A l tKN
dein ist die Ehre und die Kraft durch Jesus Christus in Ewigkeit. (5) Keiner aber esse oder trinke von eurer Eucharistie, außer den auf den Namen des Herrn Getauften; denn auch im Bezug darauf hat der Herr gesagt: .. Gebt nicht das Heilige den Hunden!" (Mt 7,6)."" 10, t -7: (I) Nach der Sättigung aber sagt folgendermaßen Dank: (2) Wir danken dir, heili ger Vater, für deinen heiligen Namen, den du hast wohnen lassen in unseren Herzen, und für die Erkenntnis und (den) Glauben und (die) Unsterblichkeit, die du uns geoffenbart hast durchJesus, deinen Knecht. Dir sei Ehre in Ewigkeit. (3) Du, Herr, Allherrscher, hast alles geschaffen um deines Namens willen, Speise und Trank hast du den Menschen gege ben zum Genuß, damit sie dir danken; uns aber hast du geschenkt geistliche Speise und (geistlichen) Trank und ewiges Leben durch Jesus, deinen Knecht. (4) Für alles danken wir dir, weil du mächtig bist. Dir sei Ehre in Ewigkeit. (5) Gedenke, Herr, deiner Kirche, sie zu erretten von allem Bösen und sie zu vollenden in deiner Liebe, und führe sie zusam men von den vier Winden < . . . > in dein Reich, das du ihr bereitet hast. Denn dein ist die Kraft und die Ehre in Ewigkeit. (6) Es komme die Gnade und es vergehe diese Weh! Ho sanna dem Gotte Davids! Wenn einer heilig ist, komme er. Wenn er (es) nicht ist, tue er Buße. Maranatha. Amen. (7) Den Propheten aber erlaubt, Dank zu sagen, wieviel sie woi len. "5
Zu diesem Agendentext gibt es viele Deutungen. Mit Kurt Niederwimmer"6 wird man sich auf festem Boden befinden, wenn man einen Teil von Vers 10,6 zum Schlüs sel für die Interpretation macht. Der entscheidende Satz steht fast am Ende des Ge samttextes und lautet: ..Wenn einer heilig ist, komme er." Dieser Ruf kann als Auftakt zur sakramentalen Eucharistiefeier gelten, die - so ist anzunehmen - genau dort be ginnen würde, wo der Didache-Text endet. Gesetzt den Fall, der Didachist hätte auch für die sakramentale Eucharistiefeier die entsprechenden Texte aufgeführt, so wäre dort vom Essen und Trinken des Leibes und Blutes des Herrn die Rede, es wäre der biblische Einsetzungsbericht zitiert worden, und es gäbe vielleicht ein Epiklesegebet. Dies sind alles Mutmaßungen. die man jedoch daraufhin anstellen kann, daß die Auf forderung .. Wenn einer heilig ist, komme er" nur als Auftakt zur sakramentalen Eu charistiefeier, die sogleich folgt, sinnvoll ist. Wenn dies zutrifft, so gehören die in den Kapi[eln 9 und 10 aufgeführten Gebete und Weisungen zum Vorraum der sakramen [alen Eucharistiefeier. Er wird durch eine Art Sättigungsmahl gebildet, das freilich auf die ausdrückliche Eucharistie zuläuft. Nun könnte man einwenden: schon im ersten Vers des 9. Kapitels findet sich der Begriff ,Eucharistie', und deswegen ist alles, was dann folgt, schon auf die eigentliche Eucharistie hin zu verstehen. Diesem Einwand wird man so begegnen können, daß man sagt: der Begriff Eucharistie, wie er gleich am Beginn des Kapitels 9 vorkommt, ist in einem weiteren und offeneren Sinn zu inter pretieren, so daß er dann auch das Sättigungsmahl mit umschließt. In den Versen 1-4 des 9. Kapitels ist ein zweiteiliges Dankgebet zitiert, das bei dem der eigentlichen Eucharistiefeier vorausgehenden Sättigungsmahl gesprochen werden U
.,
Übersetzung nach NIEDERWIMMER 1989, 180f.
NIEDERWtMMER 1989, 193 . .. NIEDERWIMMER 1989, 179.
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soll. In seinem erSten Teil geht es um den Dank über dem Kelch, im zweiten Teil um den Dank über dem Brot. Der Dank ist heide Male an den Vater im Himmel gerichtet. Sowohl der Wein als auch das Brot werden als Symbole seines Sohnes und Knechtes Jesus Christus verstanden, in dem und durch den der Vater Leben und Erkenntnis ge schenkt hat. Der Blick auf das Brot setzt sich in einer Bitte für die Kirche fort: wie das Brot aus vielen Körnern geworden ist, so soll auch die Kirche in den vielen Gliedern die eine sein. .. Wie dies zerstreut war auf den Bergen und gesammelt wurde, so möge gesammelt werden deine Kirche von den Enden der Erde in dein Reich." 47 Auf das doppelte Dankgebet über Wein und Brot folgt in Vers 5 noch eine Anwei sung in bezug auf die Teilnahme an der Eucharistie. Der Vers wirkt an dieser Stelle verfrühti denn was er sagt. ist auf die Teilnahme an der sakramentalen Eucharistie zu beziehen. Sie bleibt denen vorbehalten, die zur Kirche, dem Leib Christi, gehören. Eine passendere Stelle für diese Anweisung wäre das Ende des folgenden Kapitels ge wesen. Es ist nicht klar, ob dieser Vers nicht auch erst nachträglich dorthin gesetzt wurde, wo er sich nun findet. Im 10. Kapitel setzt der erste Vers mit der Formulierung ..Nach der Sättigung" ein. Es beginnt also etwas Neues, aber andererseits noch nicht die sakramentale Euchari stiefeier. Man kann das Dankgebet, das den Inhalt des 10. Kapitels bildet, wohl am ehesten mit dem vergleichen, was man in späteren Zeiten die ,Präfation' nannte - ein Gebet des Dankes an Gott den Vater für die Gaben, die er den Menschen in seiner Schöpfung und durch Jesus Christus geschenkt hat. Dieses Dankgebet entfaltet sich in drei Abschnitten. Es lehnt sich übrigens an jüdische Vorlagen an, die freilich ins Christliche hinein weiterentwickelt worden sind. Konkret wird gedankt für die Ein wohnung des Namens Gottes in den Herzen der Gläubigen, für Erkenntnis und Glau be und für die Unsterblichkeit. Weiter wird gedankt für die Gaben der Schöpfung, für Speise und Trank und dann auch für die geistliche Speise und den geistlichen Trank. Und dann wird eine Bitte gesprochen für die Kirche, daß Gon sie vor allem Bösen bewahren und in der Liebe vollenden möge. Von allüberall her soll sie sich sammeln auf das Reich hin, das Gott ihr bereitet hat. Diese ,Präfation' ist noch dadurch gekennzeichnet, daß sie in einer frühchrist lich-eschatologischen Perspektive steht. Sie enthält zum einen die Bitte .. Es komme die Gnade und es vergehe die Welt!" und zum anderen den Ruf .. Maranatha. Amen!" Die Didache-.Präfation' hat übrigens auch zum ersten Mal das ,Hosanna', das ja auch die späteren eucharistischen Hochgebete kennzeichnet. Das 9. und 10. Kapitel der Didache bietet also einen im weiteren Sinne ,euchariSti schen' Text. Ein Formular für eine sakramentale Eucharistiefeier i m engeren Sinne liegt nicht vor. Wenn es ein solches gäbe, so würde es sich sinnvollerweise dort anfü gen, wo der jetzige Text endet, freilich so endet, daß er in dem ..Wenn einer heilig ist, komme er" über sich auf die Eucharistiefeier selbst hinausweist. So knapp letztlich die Texte der DJ'dache sind, sie lassen doch erkennen, daß sie auf einer tiefen Einsicht in ., DjtU,h� 9," (Übersetzung nach NIEDEJl.WIMMEJI.
1989, 180L).
AMT UND SAKRAMENTE BEI DEN APOSTOLISCHEN VÄTERN
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das Geheimnis der Eucharistie beruhen. Schöpfungs theologische und eschatologische Dimensionen kommen ebenso zum Zuge wie christologische und ekklesiologische Motive. 3.3 Die Buße Die Schriften der Apostolischen Väter bieten eine Reihe von Texten über die Buße. Dabei geht es um die den Christen nachdrücklich empfohlene, stets zu übende Hal tung der Buße. die sich freilich hier und da zu einem ausdrücklichen und in diesem (noch ganz unentfalteten) Sinn sakramentalen Vollzug im Raum der Kirche verdichten kann. Letzteres dürfte vor allem in den Erörterungen gemeint sein, die sich im Hirten des Hermas finden. Einen wichtigen, wenngleich knappen Text zur Buße, die die Elemente Bekenntnis und Versöhnung umgreift, bringt die Didache. Der hier gemeinte Vollzug hat die geistliche Vorbereitung auf die Teilnahme an der sonntäglichen Herrenmahlfeier zum Ziel. Er läßt an die Weisung Jesu in der Bergpredigt denken, derzufolge jeder, der sei ne Opfergabe zum Altar zu bringen sich anschickt, sich zuvor mit seinem Bruder ver söhnen soll (vgl. Mt 5,23f.). Der Text in der Didache lautet: Wenn ihr aber am Herrentag zusammenkommt, dann brecht das Brot und sagt Dank, nachdem ihr zuvor eure Übertretungen bekannt habt, damit euer Opfer rein sei. Keiner aber, der einen Streit mit seinem Nächsten hat, soll mit euch zusammenkommen, bis sie sich versöhnt haben, damit euer Opfer nicht entweiht werde. Das ist nämlich (der Sinn) des vom Herrn Gesagten: An allem Ort und (jeder) Zeit (ist) mir ein reines Opfer darzu· bringen; denn ein großer König bin ich, spricht der Herr, und mein Name wird bewun· dert unter den Heiden" (Mal l , l 1 .14). 48 ..
Man kann sich fragen, vor wem das Bekenntnis der Übertrerungen, von dem der Text spricht, abzulegen ist. Da es sich offenbar um einen ausdrücklichen Vollzug han delt, wird man mü einem irgend wie liturgisch geprägten Rahmen rechnen müssen, in dem dann auch derjenige konkret anwesend ist, der das Bekenntnis entgegennimmt und lossprechend beantwortet. Doch sagt der Didachist dies nicht selbst, und so bleibt bezüglich der bestimmten Abläufe eine Unsicherheit zurück. Zu vergleichbaren Überlegungen geben die Texte des Hirten des Hermas Anlaß. In dieser Schrift ist die Buße nach der Taufe das bestimmende Thema. Der Hirt des Her mas sieht in der Taufe die entscheidende Wende im Leben eines Menschen. In ihr ge· schiehe grundlegend die Vergebung der Sünden. Wer die Taufe empfangen hat und von seinen Sünden befreit ise, dem ise es dringend aufgegeben, nicht erneut zu sündi gen. Andernfalls widerspräche er dem, was ihm in seiner Taufe geschenkt worden ist und wozu er sich im Taufempfang entschieden hat. Nun rechnet aber der Hirt des Hennas und hinter dieser Schrift wohl die Gemeinde, deren Praxis sie spiegelt, damit,
•• Djdacht 14,1-3 (NIEDERWIMMER 1989, 234).
WERNER LOSER SJ
daß die Getauften dem Anspruch bisweilen nicht gerecht werden, der im Empfang der Taufe liegt. Es gibt die Sünde der Getauften. Im Blick darauf legt der Hirt des Hermas dar, daß es noch einmal eine Bußmöglichkeit für den getauften Sünder gibt. Die Schrift sagt nichts darüber, wie eine solche zweite Sündenvergebung - nach der ersten Sündenvergebung, die in der Taufe geschieht - gestaltet ist. Daß es aber einen geform ten Ablauf gegeben haben muß, ist vorauszusetzen; sonst wäre die Rede von der Buße als der zweiten Sündenvergebung nicht verständlich. Diese muß eine genauso be stimmte Gestalt aufgewiesen haben wie schon die Taufe, die ja auch ein konkret ge staltetes Ereignis ist. Wie sollte man sich den hier vorausgesetzten Ablauf der Buße vorstellen? Der Hirt des Hermas gibt dafür keine Hinweise. Aber in der Natur der Sa che liegt es, daß zum einen ein irgendwie kirchlich-öffentlicher Rahmen vorauszuset zen ist und zum zweiten die Elemente Bekenntnis und Versöhnung vorkommen. Die beiden deutlichsten Texte zur Möglichkeit einer paenicentia secunda im Hirten des Hermas finden sich in Visio 11 1-3 und Mandatum IV 3. Aus dem zweiten dieser Texte sei die entscheidende Passage zitiert:
Ich sprach: nHerr, ich möchte noch weiterfragen .. .. Sprich nur", sagte er. Ich sagte: "Von einigen Lehrern habe ich gehört, Herr, daß es keine andere Buße gibt als die, da wir ins Wasser hinabgestiegen sind und die Vergebung unserer früheren Sünden erlangt haben.· Er sprach zu mir: ,.Du hast recht gehört. So ist es tatsächlich. Wer nämlich die Sündenver gebung erlangt hatte, der hätte nicht mehr sündigen dürfen, sondern sollte in Reinheit leben. - Wenn du aber schon alles so genau fragst, dann will ich dir auch folgendes kund tun, ohne damit denen, die künftig zum Glauben kommen werden, oder denen, die jetzt gerade zum Glauben an den Herrn gekommen sind, einen Vorwand (zum Sündigen nach der Taufe) zu geben. denn die jetzt zum Glauben gekommen sind oder in Zukunft zum Glauben kommen, haben keine Bußmöglichkeit für ihre Sünden (nach der Taufe), aber sie haben Vergebung ihrer früheren Sünden. Denen also, die schon seit längerer Zeit berufen sind, hat der Herr eine Bußmöglichkeit angesetzt. Denn weil er die Herzen kennt und alles vorherweiß, wußte der Herr um die Schwachheit der Menschen und um die Ver schlagenheit des Teufels, daß er den Dienern Gottes Schlimmes antut und Böses zufügt. In seinem großen Erbarmen hat sich der Herr darum über sein Geschöpf erbarmt und diese (Möglichkeit zur) Buße angesetzt, und mir wurde die Durchführung dieser Buße übertragen. Aber ich sage dir"', sprach er, .,wenn einer nach jener großen und erhabenen Berufung vom Teufel versucht wird und sündigt. dann hat er eine einzige (Möglichkeit zur) Buße; wenn er danach weiter sündigt und dann Buße tUt, so nützt das einem Men schen in dieser Situation aber nichts mehr, denn er wird wohl kaum noch das Leben erlan gen.· Da sagte ich zu ihm: "Es hat neue Lebensgeister in mir geweckt, daß ich das so klar von dir gesagt bekommen habe; denn nun weiß ich, daß ich gerettet werde, wenn ich keine weiteren Sünden tue." ,.Du wirst gerettet" sprach er, ,.und alle. die es so machen. •9 ..
Im übrigen sind die Texte, die der Hirt des Hermas zum Thema ,Buße und Sünden vergebung für den Getauften' bringt, von anderen Texten umgeben, in denen er über den Sinn der Buße als christlicher Haltung handelt. So spricht er beispielsweise einmal
" Htrmat PlJJtor, MlJnJatMm rv 3,1-7 (BROX 1991, 203). -
•
AMT UND SAKRAMENTE BEI DEN APOSTOLISCHEN VATERN
davon, daß das Bußetun dem Büßenden zu lebenswichtigen Einsichten verhilft. In Mandatum IV 2 heißt es: Er antwortete mir: .. Ich bin für die Buße zuständig und schenke all denen Einsicht, die Buße tun. Oder meinst du nicht-, sagte er, "daß gerade das Bußetun selbst Einsicht be deutet? Das Bußelun", sagte er, "bedeutet tiefe Einsicht. Der Sünder sieht nämlich ein, daß er Böses getan hat vor dem Herrn. und in seinem Herzen steigt auf, was er getan hat. Er lut Buße und tUt nun nicht mehr das Böse, sondern er tUt mit allem Nachdruck das Gute. Er erniedrigt und quält sich, weil er gesündigt hat. - Da siehst du, daß die Buße tiefe Einsicht bedeutet." Ich sagte: .. Herr, darum erkundige ich mich bei dir ja so genau nach allem, vor allem weil ich ein Sünder bin, damit ich weiß, welche Werke ich tun muß, um das Leben zu erlangen, denn meine Sünden sind zahlreich und vielfältig.- Er sagte: "Du wirst das Leben erlangen, wenn du meine Gebote einhältst und nach ihnen lebst. Jeder. der diese Gebote hört und einhält, wird für Gott leben." So
Schließlich enthalten noch der Erste und der Zweite Clemensbrief längere und geistlich erstaunlich anregende Texte zur Buße. Buße bedeutet in diesen Texten frei lich nicht .Bußsakrament', sondern die allgemeine Haltung der Buße, die der Christ ständig zu üben bemüht sein soll. Diese Haltung der Buße umfaßt nahezu den ganzen christlichen Lebensvollzug. In der griechischen Urfassung der beiden Clemembriefe ist dort, wo in den deutschen Übersetzungen in der Regel das WOrt ,Buße' steht, von der metanoia die Rede. Metanoia aber kann auch mit ,Umkehr' übersetzt werden, Umkehr als Abkehr von der in sich verschlossenen Welt und Hinkehr zu dem sich der Welt zuneigenden Gott. Damit deckt der Begriff der Buße, wie er im Ersten und im Zweiten Clemensbrief vorkommt, ein breites Spektrum von Teilmotiven ab. Die so verstandene Buße wird in mehrfacher Weise beleuchtet. Einige Gehalte. die dabei her vortreten. seien im folgenden in einer eher unsystematischen Reihung vorgeführt. Im Ersten Clemensbrief wird die Buße als eine Gnade bezeichnet. die uns durch den gekreuzigten Christus erwirkt worden ist: Blicken wir hin auf das Blut Christi, und erkennen wir, wie kostbar es seinem Vater ist, denn, um unseres Heiles willen vergossen. hat es der ganzen Welt die Gnade der Buße ge bracht.51
Gewöhnlich wird ein so enger Rückbezug der Buße auf Jesus Christus in den Schriften der Apostolischen Väter nicht hergestellt. In diesem Sinn bildet der zitierte Text eine gewisse Ausnahme. Im sei ben Ersten Clemensbriefwird an einige Stellen aus dem Alten Testament erinnert. an denen Menschen zur Buße eingeladen und aufge fordert werden - sei es durch von Gott beauftragte Menschen (Noach; Jonas). sei es durch GOtt selbst. 52
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Htrmat P"sror, M""d"tum IV 2,2-4 (BROX 1991, 202f.). CLEMENS VON ROM, Ep. ad CorinthiOJ 7,4 (LONA 1998, 1 73f.). CLEMENS VON ROM, Ep. "J CorinthioJ 7,5-8,5.
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Im Zweiten Clemensbrief wird die Bedeurung der Buße darin gesehen, daß sie zum gelebten Beleg für die Wahrheit des Wortes Gottes vor den Heiden wird. So kwn es einmal heißen: Denn wenn die Heiden aus unserem Mund die Worte Gones hören (und feststellen), wie schön und groß sie sind, so bewundern sie diese; dann, wenn sie unsere Werke beobachten (und feststellen), daß sie nicht den Worten entsprechen, die wir reden, wenden sie sich davon ab z.ur Lästerung und sagen, es sei irgendeine Fabel und Betrug. Wenn sie nämlich von uns hören, daß Gou sagt: .Ihr habt keinen Dank. wenn ihr die liebt, die euch lieben, sondern ihr habt Dank, wenn ihr die Feinde liebt und die, die euch hassen- (vgl. Lk 6,27.32.35; Mt 5,""''''6) wenn sie das hören, bewundern sie das Übermaß der Güte. Wenn sie aber sehen, daß wir nicht nur die, die uns hassen, nicht lieben, sondern nicht einmal die, die (uns) lieben, so lachen sie über uns, und folglich wird der Name gelästert. 53 -
An einer anderen Stelle wird die Dringlichkeit des Bußetuns damit begründet, daß die Zeit bis zum Tag des Gerichts, an dem .. ,einige' der Himmel und die ganze Erde zerschmelzen, wie Blei über dem Feuer zerschmilzt", begrenzt ist.·H Und wenn das Bußetun jetzt mühsam ist - schon bald wird sich der Lohn der Freude einstellen. Des wegen gilt: Also wollen wir die Gerechtigkeit tun, damit wir am Ende gerettet werden. Selig, die diesen Anordnungen gehorchen! Wenn sie auch kurze Zeit Böses erleiden in dieser Weh, so werden sie die unsterbliche Frucht der Auferstehung ernten. Der Fromme also soll sich nicht betrüben, wenn er in den gegenwärtigen Zeiten Ungemach erleidet: Glückselige Zeit erwartet ihn. Er wird droben mit den Vätern wieder lebendig sein und Freude haben in ungetrübter Ewigkeit. 55
Ein weiteres Motiv, das im Zweiten CLemensbrief im Blick auf den Vollzug der Buße entfaltet wird, betrifft das Miteinander der Christen. Es genügt nicht, daß die einzelnen sich darum bemühenj wichtig ist es, daß alle einander dabei helfen, damit alle vor Gottes Gericht bestehen können. So kann es einmal heißen: laßt uns also einander helfen, um auch die Schwachen mit Rücksicht auf das Gute zu fördern, damit wir alle gerettet werden; und laßt uns einander zurechtbringen und ermah nen . ... wir wollen uns bemühen, Fortschritte zu machen in den Geboten des Herrn, damit wir alle einmütigen Sinnes versa.mmelt sind zum leben. Es hat nämlich der Herr ge sagt: .lch komme, um zu versammeln aUe Völker, Stämme und Zungen." Da.s meint aber den Tag seiner Epiphanie, wenn er kommt und uns erlösen wird, einen jeden gemäß seinen Werken. 56
" Clementis ep. 11 13,3-4 (n:;lch LINDEMANN / PAULSEN 1992, 167; Übersetzung hier und :;In den folgenden drei SteUen leicht verändert). ,. ClementiJ tp. 11 16,3 (vgl. LINDEMANN / PAULSEN 1992, 169). 'I ClemtntiJ tp. 11 19,3f. (vgl. LINDEMANN I PAULSEN 1992, 173). Wo Clemtntis ep. 11 17,2; 17,Jf. (vgl. LINDEMANN / PAULSEN 1992, 1 7 1 ).
AMT UND SAKRAMENTE BEI DEN APOSTOLISCHEN VATERN
101
Die Schriften der ApostOlischen Väter belegen, daß das Thema ,Buße' in der frühen Kirche eine große Bedeucung hatte. Dabei ist es nicht verwunderlich, daß die metanoia viele Dimensionen aufweist. Auf der einen Seite ist durchaus mit einem sa kramentalen Akt zu rechnen, selbSt wenn seine genaueren KonNren emweder für uns nicht recht erkennbar sind oder auch noch gar nicht entfaltet waren. Auf der anderen Seite handelt es sich um eine - oder: die - Grundhaltung der Christen, die in der Hin wendung zu Gott und seinem Evangelium besteht und sich in einem entsprechenden Leben darstellt.
Zusammenfassung
Zu Beginn wurden alle Schriften der Apostolischen Väter in Kürze vorgestellt. Beim Durchgang durch diese Schriften hat sich nun gezeigt, daß nur einige von ihnen das kirchliche Amt, die Taufe, die Eucharistie und die Buße ansprechen. So geht beispiels weise die Schrift des Papias auf keines dieser Themen ein. Dasselbe gilt für das Marty rium des Polykarp. Die Didache hat Texte zu allen vier Themen, und sie sind in ihrer Kraft und Prägnanz von besonderer Bedeutung. Die IgnatiusbrieJe ragen durch ihre nachdrücklich vorgestellte Theologie des dreigestuften Amtes hervor. Entsprechendes gilt für die beiden Clemensbn'efe in bezug auf die Buße, die freilich auch im Hirten des Hennas deutlich zur Sprache kommt. Dort geht es um die noch einmal gewährte Möglichkeit der Sündenvergebung durch die Buße nach dem Empfang der Taufe. Die Schriften der ApostOlischen Väter sind Zeugen einer ganz frühen Phase der christ lichen Kirchen- und Theologiegeschichte. Was sie über das kirchliche Amt und über die Sakramente erkennen lassen, hat den Charakter des Ursprünglichen und noch nicht vielfach Entfalteten. Aber gerade so tritt auch Wesentliches zutage. Dieses zeigt sich - im Rückblick von heute aus - als das Frühe und Erstliehe, aus dem das Spätere und Heutige sich entwickelt hat. Bei allen Differenzen zwischen dem Frühen und dem Späteren treten die Kontinuitäten überaus deutlich hervor. Sie können bewußt ma chen, daß das Amt und die Sakramente Elemente der Kirche Jesu Christi sind, die über Raum und Zeit hin die eine und apostolische in und bleibt.
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WERNER LOSER SJ
Bibliographie Quellen Barnabat ep. Barnabasbrief, in: Didacht (Apostel/thrt), Barnabasbn'tf, Zwtiter Kltmuubrief, Schrift an Diogntt, eingeleitet, herausgegeben, übertragen und erläutert von K. WENGST [= Schrifttn des Urchristentums 2], Darmstadt 1984, 1 03·202.
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JGNATIUS VON ANTIOHIEN, Epistolae Die Briefe des [gnlltius 'Von Antiochitn, in: Dit Apostolischen VäUr. Gritchisch-deutscht Paralltlausgabt, auf der Grundlage der Ausgaben von F.X. FUNK I K. BIHLMEYER und M. WHITTAKER mit Ü bersetzungen von M. DIBELIUS und D.·A. KOCH neu übersetzt und herausgegeben von A. LINDEMANN und H. PAUlSEN, Tübingen 1992, 1 76·241. IGNATIUS VON ANTIOCHIEN, Die siebtn Britft, in: Die apono/ischtn Väter. Cltmens t.lon Rom, [gnatius 'Von Antiochien, Polykarp von Smyrna, neu übersetzt und eingeleitet von H. U. VON BALTHASAR [= Christlicht Meister 24], Einsiedeln 1984, 67·110.
Weitere Quellen werden nach den Übersetzungen in den unten genannten Kommentaren ZItiert. •
•
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AMT UNU SAKRAMENTE BEI DeN AI�USTULlSCHEN VATl::RN
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BUSCHMANN 1998 G. BUSCHMANN, Das Martyrium des Polykarp übersetzt und erklärt [= KA V 6], Göttingen 1998. GONTHER 1997 M. GüNTHER Einleitung in die Apostolischen Väter [= Arbeiten zur Religion und Ge schichte des Urchristentums 4), Frankfurt 1997. ,
HÜBNER 1997 R.M. HOBNER, Thesen zur Echtheit und Datierung der sieben Briefe des 19natius von Antio chien, in: ZAC 1 (1997), 44-72.
LONA 1998 H. E. LONA, Der Erste Clemensbrief übersetzt und erklärt [= KA V 2], Göttingen 1998. NIEDERWIMMER 1989 K. NIEDERWIMMER, Die Didache übersetzt und erklärt [= KAV 1], Göttingen 1989. PROSTMEIER 1 999 F. R. PROSTMEIER, Der Barnabasbrief übersetzt und erklärt (= KAV 8], Göttingen 1 999. SCHÖLLGEN 1998 G. SCHÖLLGEN, Die 19natianen als pseudepigraphisches Briefcorpus. Anmerkungen zu den Thesen Reinhard M. Hübners, in: ZAC 2 (1998), 1 6-25.
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IRENÄUS VON LYON: MANN DER KIRCHE UND LEHRER DER KIRCHE
BERNARD SESBOoe SJ
Die Kirche ist im Werk des Irenäus allgegenwärtig; sie wird im Rahmen seiner Schrif ten viele Male erwähnt und ausdrücklich zur Sprache gebracht. Doch mehr noch: die Kirche ist im Hintergrund aU seiner Texte gegenwärtig. Sie wohnt seinem schriftstelle rischen Ich inne. Denn Irenäus leht in der Kirche: er wohne in der Kirche, und die Kir che wohnt in ihm. Kann man von jedem Lehrer der Kirche zutreffend sagen, daß er in medio ecc/esiae gesprochen hat, so trifft dies besonders für Irenäus zu. Die Kirche ist bei ihm zugleich bewußt und unbewußt - der Ort und das Umfeld, von dem ausge hend und innerhalb dessen er spricht. Irenäus ist ein Mann der Kirche, bevor er ein Lehrer der Kirche ist. $0 präsentiert ihn nach den Worten des Eusebius die christliche Gemeinde von Lyon dem Bischof von Rom: Wir haben unseren Bruder und Gefährten Irenäus beauftragt, dir diese Briefe zu über· bringen, und wir bitten dich, ihm Beachtung zu schenken wegen seines Eifers für den Bund ChriSti. Wenn wir wüßten, daß der Stand jemandem Gerechtigkeit verschaffe, hät· ten wir ihn dir vor allem als einen Presbyter der Kirche, was er tatsächlich ist, vorgestellt. 1
Aus diesem Grund muß eine Studie über die Kirche bei Irenäus auf die beiden fol genden Aspekte zu sprechen kommen: Sie muß zunächst auf den kirchlichen Nähr boden seiner theologischen Argumentation zurückgehen und sodann seine Theologie der Kirche im Rahmen seiner Konzeption der Heilsgeschichte darstellen. Die vorlie gende Studie hat als vorrangiges Ziel, ein persönliches Zeugnis zu gewinnen - in seiner Einfachheit und in der Schönheit seiner Bilder. Darum hält sie sich so eng wie möglich an die Texte des Bischofs von Lyon. Dieser Person-orientierte Versuch verzichtet auf jeden kritischen Apparat und intendiert nicht, in die theologischen und historischen
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EUSE81US VON CAESAIlEA, Historu, �ccttJu,Jtica V 4,2 (SC 4 t : 28; deuuche übersetzung nach HAEUSEII..
246).
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SESBOUE
Debatten über die Struktur der Kirche und den Zustand der Kirchen am Ende des 2. Jahrhunderts einzutreten.2
1 . Der kirchliche Nährboden von lrenäus' Argum en ta t ion Der Bischof von Lyon bietet in seinen Werken eine Vielzahl unterschiedlicher Aus prägungen eines zweiteiligen Glaubensbekenntnisses, das sich schematisch so darstel len läßt: Ein einziger GOtt, ein einziger Christus. Selbsrverständlich sind ihm die im eigentlichen Sinn dreiteiligen Bekenntnisformeln nicht unbekannt. Doch die zweitei ligen Formeln berechtigen zu der Frage, welcher Platz hier für den Heiligen Geist vor gesehen ist. Er ist offenbar nicht auf der Seite des Glaubensinhaltes angesiedelt. Sollte er vergessen worden sein? Gewiß nicht. Wo aber ist er dann zu finden? Er befindet sich auf der Seite des gläubig bekennenden Subjekts, wie es schon die Paulinische Lo gik feststellte, der zufolge niemand sagen kann: ,.Abba, Vater" (Röm 8,15) oder: ..Je sus ist der Herr" (1 Kor 12,3), wenn nicht im Heiligen Geist. Doch der Geist wohnt nur in denen, die der Kirche angehören. In den trinitarischen Symbola ist die Kirche dem dritten Artikel zugeordnet. dem des Heiligen Geistes. Dies entspricht vollkom men der EkkJesiologie des Irenäus, für den die Kirche die Fortführung der Herab kunft des Geistes auf Jesus bei seiner Taufe ist. Von diesem Moment an kommt der Geist. um sich in Jesus daran zu gewöhnen, ..im Menschengeschlecht zu wohnen, auf den Menschen zu ruhen, in dem von Gon modellierten Geschöpf zu wohnen".l An Pfingsten vollendet sich die Gewöhnung, und die Verheißung erfüllt sich. Irenäus spricht also gleichzeitig im Geist und in der Kirche. Aufgrund der Gegen wart des Geistes in ihr ist die Kirche der Ort des wahren Glaubens, der ,reiche Vor ratsraum',· wo sich die Wahrheit aufbewahrt findet, die Hüterin der ,Ordnung der Überlieferung' (ordo traditionis) und der Heiligen Schriften, die Mutter, die ihre Kin der ernährt. Kurz, die Kirche ist arn Beginn von Irenäus' Argumentation angesiedelt:
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Diese Studie wird ,ich auf die Texte der beiden großen Werke des Irenäus stütz.en, die uns überliefert sind, G�gm di� Hiir�si�n (Adv�rHU b#�r�uJ) und die D#rl�gMng du #postoliscbm V�rkiindigMng (Epi d�ixis). Die herangezogenen französischen Übersetzungen sind die von Adclin Rousseau (Contr� leI hlrjsitJ, Paris 1984, nouvelle idition 2001; Dimonstr#tion d� IA pridic#rion #postoliqlle, SC "06). [In der Wiedergabe von Irenäus-ZitateD orientiert sich daher auch die deutsche Übertragung der vorlie genden Studie an den genannten Übersetzungen ins Französische. Gleichzeitig wird hingewiesen auf die deutschen Übersetzungenvon N. Brox (G�gen die Häresitn, FC8/1-5) sowie K. Ter-Mekertuchian und E. Ter·Minassiamz, Überarbeitung von N. Brox (D#rltgllng du apostolilCb�n VtrkiindigMng. FC 8/1: 32-1 12). A.nm. des Übersetzers.] - Die in'gesamt reichhaltige Bibliographie zu Irenäus. von der man eine aktuelle Fassung in dem kürzlich erschienenen Werk von E. Osborn (OSIIOl\N 2001) findei, iSI hinsichtlich seiner Ekklcsiologie eher bescheiden. Nur auf einige neuere Beiträge sei hingewiesen: lANNE 1976; KEl\ESlTY 198..; OE ANOIA 1986. Kapitel VIII: .l'Eglise el l'Esprit· , 225-236; OE ANDIA 1987; FANTINO 1996; OS80l\N 2001, 121-126. ) h.ENAUS, AdtJt1llcJ h.ereJts 111 17.1 (SC 2 1 1 : 330,18-21; vgL FC 8/3: 211). • IJl.ENAus, AdtJtrJIIJ b#�r�ItJ 111 ".1 (SC 2 1 1: ....,]1.; vgl. FC 8ß: 39).
IRENAUS VON LYON
JUI
in ihr und durch ihre Vermittlung führt er, der Vater der Kirche, seinen Leser in der Darlegung des wahren Glaubens. 1 . 1 Die Kirche als Ort des wahren Glaubens
In der Auseinandersetzung mit den Gnostikern ist der entscheidende Punkt die Frage, wo sich die Wahrheit befindet. Ist sie in den ,Konventikeln' der Gnosciker, die eine esoterische Überlieferung beanspruchen? Ist sie nicht vielmehr in den Kirchen, deren bis zu den Aposteln zurückreichende Sukzession öffentlich bezeugt ist und deren Oberhäupter den ordo traditionis hüten und ausgestattet sind mit dem .. zuverlässigen Charisma der Wahrheit" 5 ? Diese Kirchen bieten das offizielle Kennzeichen ihres apo stolischen Ursprungs in der Dimension der Zeit; Der .alleinige, wahre und lebenspen dende Glaube" ist der, ..den die Kirche von den Aposteln empfing und den sie ihren Kindern mitteilt. ( . . . ) Die Kirche . . . hat von den Aposceln her ihren festen Ursprung und bleibt über die ganze Welt hin standhaft in ein und derselben Lehre über GOtt und über seinen Sohn."l. Zu diesem grundlegenden Kennzeichen, das sich innerhalb der Zeit bietet, tritt ein weiteres, das in der Dimension des Raumes bezeugt ist und sich der Unterschiedlich keit der häretischen Lehren entgegenstellt, nämlich die Einheit und Einmütigkeit der genannten Kirchen: Auch wenn die Kirche über die gesamte Welt bis an die Grenzen der Erde verbreitet ist, wahrt sie, nachdem sie von den Aposteln und ihren Schülern den Glauben an einen einzi gen Gott empfangen hat ... , diesen Glauben . . . mit Sorgfalt, als würde sie ein einziges Haus bewohnen. Sie glaubt so daran, als hätte sie nur eine einzige Seele und ein und das selbe Herz, und sie verkündet, lehrt und überliefert es in Übereinstimmung, als besäße sie einen einzigen Mund. ( . . . ) Weder die Kirchen, die in Germanien errichtet sind, haben einen anderen Glauben oder eine andere Ü berlieferung noch die in Iberien oder bei den Kelten, auch nicht die im Orient, in Ägypten. in Libyen und die. die in der Mine der Welt errichtet sind. ( ... ) Und auch der Wortgewaltigste unter den Kirchenvorstehern wird nichts anderes als dies sagen .. . ( . . . ) Die ganze wahre Kirche besitzt über die ganze Welt hin ein und denselben Glauben, wie wir gesagt haben. 7
Vertraut damit, Orte als Bilder zu verwenden, stellt Irenäus die Kirche auch gern als einen ,Weg' vor. Im Gegensatz zu den Häretikern, die .abseits jedes gebahnten Weges" hierhin und dorthin laufen, .verhält es sich anders mit denen, die zur Kirche gehören: ihr Weg . . . läßt uns bei allen einen und denselben Glauben sehen, . . . bei ihr
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1
IREN Aus, Ad�tmu hatrtJts IV 26,2 (SC 100: 718,-46; vgl. FC 8/-4: 207). IREN Aus, AdvtrJus hatrtlts 111 Pr{SC211: 18,21-25; vgl. FC 8/3: 21) und 111 12,7 (SC21 t: 2 t 2,276-278; vgl. FC 8/3: 1-4t). IRENAUS, A d�trsus hatrtJts I 10,1 f. und 3 (SC 2M: IH,l-3; 158,27-44; 166,90-92; vgl. FC 811; 199; 201; 201).
IU.
BERNARD
SESBOUE
zeigt sich ein und derselbe Heilsweg in der ganzen Welt"'. Oder auch: .Das . . . ist der Weg des Lebens .... ' Ein Weg ist immer von anderen gebahnt worden, er trägt gewisser maßen den, der auf ihm geht, und leitet ihn zu dem Ziel, das er sich gesetzt hat. Ein Weg ist ein zuverlässiger Führer, der ein Fortkommen in der richtigen Richtung er laubt und ein Verirren verhindert.
1.2 Die Kirche als ,Vorratsraum' der Wahrheit Irenäus verwendet nochmals das Bild eines Ortes, wenn er die Kirche als einen ,Behäl ter' vorstellt, sei es als einen ,reichen Vorratsraum', sei es als einen großen ,Krug', der einen Heiltrank enthält: Die Apostel haben in ihr wie in einem reichen Vorratsraum alles in größter Vollständig keit zusammengetragen, was zur Wahrheit gehört. 10 Diesen Glauben, den wir von der Kirche empfangen haben, hüten wir, denn unter dem Wirken des Geistes Goues ist er, als kostbares Gut in einem kostbaren Gefäß, immer jung und läßt auch das Gefäß, in dem er ist, wieder jung werden. I I
Doch Irenäus formt das Angedeutete um. Das aus der Idee des Vorrates abgeleitete Bild vom aufnehmenden Behältnis ist statisch und evoziere keine besonderen Vorstel lungen. Bei Irenäus wird daraus einerseits ein Ort, der sich vor allen anderen Orten durch seine Kostbarkeit auszeichnet: es ist der, an dem man das Beste aufbewahrt, was sich im Haus befindet. Andererseits wird das Bild dynamisch, denn das, was in der Kirche inbegriffen ist, bleibt nicht nur in einem Zustand andauernder Jugend, sondern bewirkt zusätzlich, nach Art einer beständigen Gärung, daß die Kirche selbst sich ver jüngt. Der Leser wird so auf die vom Evangelium angesprochene Beziehung zwischen dem neuen Wein und dem neuen Schlauch verwiesen. Ein sehr bedeutungs reiches Bild, das das Kritikvermögen des Glaubens zum Ausdruck bringt: die Kirche enthält ihn, ohne ihn jedoch einzusperren, und sie bleibt stets den Wirkungen seiner Lebens kraft umerworfen. Mit einem anderen Bild, dem des Lichtes, das sich vom Leuchter her ausbreitet, zeigt Irenäus die Kirche im Dienst der Wahrheit: .. Denn ihr in Gottes Licht anver traut worden . . . Überall predigt die Kirche die Wahrheit: sie ist der siebenarmige Leuchter, der das Licht Christi trägt." 11
I IRENAUS, Ad"�rJlH ha�rtus V 20,1 (SC 15;: 254,4-9; vgl. FC 815: 157).
, IJl.ENAUS, Epidtix.is 98 (SC 406: 2 t 8; FC 8/1: 96). 10 IkENAUS. Adfl�rSlfS batrtstS 111 4,1 (SC 2 t I: 44,3-5; vgl. FC 8/3: 39). 11 IkENAUS, Ad,,�rslfS batrtsts III 24,1 (SC 2 1 1 : 472,12-16; vgl. FC 8/3: 297). IJ IJl.ENAus, Ad"trllfs ha�rtstS V 20,1 (SC 153: 256,20-26; vgl. FC 815: 157.1 59).
IRENAUS
1 .3
VON LYON
IV'
Die Kirche als Hütcrin des ordo traditionis
In der Kirche ist die Überlieferung immer wirksam: sie wird ununterbrochen aufge nommen und weitergegeben in einer zugleich passiven und aktiven Überminlung. Eben diese Überlieferung hat ihren Ursprung bei den Aposteln, und ihre Übermitt lung ist zuverlässig: "Die Überlieferung . . . ist in den Kirchen gewahrt." 1) Diese Überlieferung ist öffentlich und ohne weiteres erkennbar. Um sie zu garan tieren, wird das Argument der legitimen Sukzession der Bischöfe geltend gemacht beginnend bei jenen, denen die Apostel selbst den Glauben übermittelten. Sie trin also dem Anspruch jeder esoterischen, geheime Mysterien übermittelnden Überlieferung entgegen: So kann also die Ü berlieferung der Apostel, die auf der ganzen Weh offenkundig wurde, von denen, die die Wahrheit sehen wollen, in jeder Kirche wahrgenommen werden. 1 4
Das ist die Abfol se und das die Sukzession, durch die die von den Apmteln an in der Kir che bestehende Uberlieferung und die Verkündigung der Wahrheit bis zu uns gelangt sind. Und hier liegt ein ganz vollständiger Beweis dafür, daß es ein und derselbe leben spendende Glaube ist, der in der Kirche seit der Zeit der Apostel bis zum jetzigen Zeit punkt aufbewahrt und in der Wahrheit überliefen worden ist.15
Diese Überlieferung ist eine ,Ordnung', das heißt zugleich die ,Wahrheits-Regel', die im selben Abschnitt erwähnt ist - ein Ausdruck, der in den Texten des Irenäus oft wiederkehrt; 16 sie ist die Regel (xavoov), die ..durch die Taufe empfangen" wurde.17 Der Inhalt dieser Regel ist zunächst und vor allem das Glaubensbekenntnis. 1 8 Setzt man den Extremfall voraus, daß die Apostel keine heiligen Schriften hinterlassen hät ten, so müßte man .. dem ordo traditionis folgen, welchen sie denen übergeben haben, denen sie die Kirchen anvertrauten" . 19 Die Presbyter beziehungsweise die Episkopen sind par excellence die Hüter des ordo traditionis. Denn ..zusammen mit der Sukzession im Bischofsamt empfingen sie das zuverlässige Charisma der Wahrheit, wie es dem Vater gefiel". 20 ..Sie bieten eine gesunde Lehre" 2 1 und stehen im Dienst der ..unverdorbenen Reinheit des Wortes" . 22 Sie verkünden eine wahre Erkenntnis", die die "Lehre der Apostel" ausmacht.2) n
1 ) IRENAus, AaVerJld haerew u
111 2,2 (SC 2 1 1 : 26,17-19; vgl. FC 8/3: 27).
IRENAus, AaverJJu haereJu 111 3,1 (SC 2 1 1 : 30,1-3; vgl. FC 8/3: 29).
u IRENAUS, AdvtnuJ haertsts III 3.3 (SC 2 1 1 : 38,61-66; vgl. Fe 8ß: 35). u
IREN}.US. Advtrtut hatrtw
111 2,1
(SC 2 1 1 : 26,15; "gI. FC 8/3: 27); "gI. auch I 22,1 i
12,6; 15,1; IV 35,4. 1 1 IRENAus. Advenut hatrtm 1 9,4 (SC 264: 150,109(.; u n lD
JI
II
Vgl. IRENAUS, Aa'lltrluJ hatrtw I I I
vgl.
FC 8/1: 195).
1 1 , I (SC 2 1 1 : 140,18-23; vgl. FC 813: 97).
IREN}.US. Advtrsus hatrtlU III 4,1 (SC 2 1 1 : 46,1 "-17; vgl. FC 8/": 39).
IRENAvs, AaversuJ hatruu
IV 26,2 (SC 100: 7 1 8,45-47; vgl. FC 8/4: 207). IRENAUS. Advmus hatruu IV 26,4 (SC 100: 722,84f.; "gI. FC 8/4: 209). IRENAus, Aavtnul hatrtsts IV 26,5 (SC 100: 728,l2lf.i "gi. FC 8/": 213).
J) IRENAus.
AdversuJ hatrtlU IV 33,8 (SC 100: 818,1 37f.;
vgl.
FC 8/4: 263).
11 27,1 i 28,1; III
"V 1.4
OI.!.KNI\tU.J !lt.!lUUUt
Die Kirche als Hüterin der heiligen Schriften
Der Konflikt mit den gnostischen Gegnern betrifft zugleich die Überlieferung und die heiligen Schriften. Aus ihrem Schatz wählen diese Leute das aus, was ihnen gefällt. wobei sie sich auf die Erleuchtungen einer geheimen Überlieferung berufen. Ihrem unberechtigten Anspruch setzt Irenäus noch einmal die allgemeine Kirche entgegen, gut sichtbar in ihren vielen Kirchen, deren einzige und zugleich vierfache Säule, auf der sie ruht, das Evangelium ist: Da vier Regionen der Welt existieren, in der wir lehen, und vier Hauptwinde. und da die Kirche auf der ganzen Erde verbreitet ist, Säule und Stütze der Kirche aber das E vange li um und der Gein des Lebens sind, ist es folgerichtig, daß sie (sc. die Kirche) vier Säulen hat, die von allen Seiten her Unvergänglichkeit atmen.24
Diese Symbolik beruht auf der Übereinstimmung zwischen der kosmologischen Struktur der Welt und der geistlichen Struktur der Heilsökonomie. Die Zahl Vier drängt sich von der einen wie von der anderen Seite auf und bringt eine Gesamtheit zum Ausdruck. Die Bilder schieben sich unter der Hand des Bischofs übereinander: die Säule des einen Evangeliums wird zu den vier Säulen der geschriebenen Evange lien. Diese vier Säulen werden ihrerseics zu den vier geistlichen Winden, die die Men schen .anhauchen' und so vergötdichen sollen. Die Beziehung zwischen der Kirche und den heiligen Schriften ist tacsächlich die ei ner gegenseitigen StÜtze: einerseits beruht die Kirche auf den Schriften; andererseits verpflichtet sich die Kirche wiederum, diese zu ,bewahren', was sie durch ihre Presby ter beziehungsweise Episkopen erfüllt: Jedes WOrt (sc. der Schriften) wird für ihn (sc. den Glaubenden) eine vollständig gesicher te Bedeutung haben, vorausgesetzt, er hat die Schriften bei den Presbytern innerhalb der Kirche aufmerksam gelesen, bei denen sich ja auch die apostolische Lehre findet . . . 2S ... eine bis zu uns gelangte unveränderte Bewahrung der Schriften, (die ein Dreifaches impliziert:) eine ganz vollständige Aufzählung, die nicht zuläßt, daß etwas hinzugefügt oder weggelassen würde, eine Lektüre ohne Verfälschung und eine schriftgemäße lnter pretation, legitim, sorgfältig und ohne Gefahr und ohne Blasphemie . . 26 .
Diese Texte stellen das Prinzip einer kirchlichen Lektüre der heiligen Schriften auf, das heißt das Prinzip für eine Hermeneutik, die sich in Übereinstimmung mit der .Lehre der Apostel' beziehungsweise dem ordo traditionis oder der ,Glaubensregel' vollzieht. Der zuletzt zitierte Text setzt voraus, daß der Gedanke eines ,Kanons' von Schriften fertig ausgebildet ist, das heißt einer .Sammlung' von Werken, die man auf zählen kann und in ihrer Vollständigkeit bewahren muß, ohne ihr etwas wegzuneh-
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IRENAUS, A.dtl�rsus hll�m�s JII 1 t ,8 (SC 2 t 1: 160, t 76·162, 182; vgl. FC 8/l: 109-11 1). n IRENA.U5, AdtltrSus hlltrtm IV 32,1 (SC 100: 798,27·30; vgl. FC 8/�: 253). J. lIlENAUS, AdtltrJuJ hlltrtlrJ IV 33,8 (SC 100: 820,141· 145; vgl. FC 8/�: 265).
lRENAUS VON LYON
III
men oder hinzuzufügen. Es ist bemerkenswert, daß die Idee des Kanons früher erscheint als die genaue Liste seiner Bücher.
1.5 Die Kirche als Mutter, die ihre Kinder nährt Unser AutOr hat noch ein anderes Lieblingsbild für die Kirche: das der Kirche als Mutter. Ebenso wie die Menschen durch die Inkarnation Christi das vollkommene Brot des Vaters unter der Gestalt von Milch zu sich genommen haben, ",genährt von der Brust seines Fleisches und durch eine solche Speisung mit Milch daran gewöhnt, das Wort Gottes zu essen und zu trinken", 27 ebenso fordert Irenäus uns als Christen auf, "Zuflucht zu nehmen zur Kirche, von ihrer Brust Nahrung zu empfangen und uns an den Schriften des Herrn zu nähren".28 Die Häretiker dagegen sind Betrüger, die die Milch, die sie anzubieten vorgeben, mit Wasser verdünnen; sie lehnen es ab, sich an der Brust ihrer Mutter zu nähren: Wie wenn jemand anstelle von Milch Gips reicht, der mit Wasser gemischt wurde. und so (die Menschen) durch die Ähnlichkeit der Farbe täuscht . . . Da wird in verwerflicher Wei se Gips in Goues Milch gemischt! 29
Aus diesem Grund erhalten die, die keinen Anteil an ihm (sc. dem Geist) haben, we der von den Brüsten ihrer Mutter Nahrung zum Leben, noch empfangen sie das klare Quellwasser. das aus Christi Leib hervorgeht. Vielmehr graben sie sich rissige Zister nen aus Erdlöchern und trinken das stinkende Wasser eines Morastlochs. 30 Noch einmal steht man vor einer Überlagerung von Bildern: Vom Bild der nähren den Milch aus der Brust einer Mutter geht Irenäus über zur Brust Christi, dessen ge öffnete Seite das Wasser hat aUsströmen lassen, das lebendig macht. Im selben Vorstellungsrahmen ist die Kirche die Frau, die zunächst unfruchtbar war, dann aber fruchtbarer geworden ist als alle anderen: I n größerer Fülle bringt die Kirche als Frucht die Erlösten hervor: denn es ist nicht mehr ein Gesandter wie Mose und nicht ein Bote wie Eha. sondern es ist der Herr selbst, der uns gereuet hat. Der Kirche schenkt er eine größere Zahl von Kindern als der ersten Ver sammlung. Darauf hat Jesaja hingewiesen. als er sagte: ..Freue dich. Unfruchtbare, die du kein Kind gebarst." Die Unfruchtbare ist die Kirche. die in den früheren Zeiten Gott überhaupt keine Kinder schenkte.ll Dies, lieber Freund. ist die Verkündigung der Wahrheit .... die die Kirche in der ganzen Welt ihren Kindern weitergibt. 3 2
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IRENAus, Advtrsus hatrtm IV 38,1 (SC 100: 9oi6,26f.i vgl. FC 8/4: 335). IRENAus, Adv�rsUl hatrtm V 20,2 (SC 153: 258,39f.; vgl. FC 815: 159). IRENAus, Advusus hatrtm III 17,oi (SC 2 1 1 : 340,100-342,104i vgl. FC 8/3: 219). Vgl. IRENAUS, Advmul hautm III 24,1 (SC 2 1 1 : oi74,29-33i vgl. FC 8/3: 299). IRENAUS, Epjd�jxis 90i (SC 406: 208-210i vgl. FC 8/1: 92). IRENAus, Epidtixis 98 (SC 406: 218i vgl. FC 8/1: 96).
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BASILIUS VON CÄSAREA UND DAS PROBLEM DER KIRCHENEINHEIT
WOLF-DIETER HAUSCHILD
Mit der allmählichen Etablierung der sogenannten Reichskirche im 4. Jahrhundert waren scheinbar die Voraussetzungen gegeben, die bislang kaum organisatorisch reali sierte Einheit der Kirche im ganzen Imperium nunmehr praktisch zu verwirklichen. Doch das Gegenteil trat ein, eine dogmatisch begründete Spaltung, welche der im 2. Jahrhundert erstmals zutage getretenen Grundlagen- und Identitätskrise des Chri stentums (damals verursacht durch das Aufblühen der sogenannten Häresien) ent sprach.1 Seitdem ist die institutionelle und dogmatische Zerrissenheit ein konstitutives Merkmal von Kirche bis heute. Mit diesem Problem hat sich Basilius (geh. circa 330, gest. 378/379), seit 370 Bischof von Cäsarea, der Metropole der Provinz Cappadocia prima, zeit seines Lebens beschäftigt. Fundament der Kircheneinheit war ihm der rechte Glaube, wie er in der Heiligen Schrift verkündigt und in der kirchlichen Über lieferung bewahrt worden ist, insbesondere das Bekennmis zur göttlichen Trinität, wie es das Konzil von Nizäa 325 fixiert hat.2 Konkret stellte sich für ihn die trinitarisch, christologisch bzw. pneumatologisch begründete Einheit der Institution in der praktizierten Gemeinschaft ihrer Amts träger und Gemeinden, zumal der Bischöfe, dar. Basilius' imponierende Leistung be stand darin, dabei die geistlichen Aspekte, die Dominanten seiner Konzeption, mit kirchenpolitischer Klugheit und nüchterner Praxisorientierung zu verbinden. Das soll im folgenden an einem oft behandelten Thema gezeigt werden: an Basilius' Verhältnis zur westlichen Kirche und zum Bischof von Rom.3 Es ist kaum beachtet worden, daß seine entsprechenden Kontakte eine unmittelbare Vorgeschichte seit 366 besaßen. Da diese wiederum mit den Komplikationen des trinitarischen Streits zusammenhing, sollen diese vorweg kurz angesprochen werden. Denn ohne die Beziehung zwischen Basilius' Konzeption und den harten (oft unerfreulichen und beschwerlichen) Reali täten verfiele eine Behandlung unseres Themas leicht einem historiographischen Doketismus. . .
Vgl. HAUSCHILO 2000, 2M.; 68f. Vgl. SIEBEN 1979, 207f.; 224. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien die wichtigsten Arbeiten genannt: ERNST 1 896; SCHAFER 1 909; WITTIG 1912; CASPAR 19JO, 220-2JI; RICHARD 196l1EVa.
(die Gänse und Knniche nlch Homer.s l/iaII1460; 11I 3; XV 692); vgl. GREGOR VON NAZ1ANZ,Ep. 130 und Ep. 131 (GCS 53: 95f. und 96); Dt "ita lua 1733-1744 (ed. jUNGCK 138); vgl. SIEBEN 1979, 201: .Doch Gregors Mißtnuen den Konzilien gegenüber ist eine einzelne Stimme; man wird ihr nicht unge bührlich viel Gewicht beizumessen bnuehen.·
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Untertanen" besteht;26 typische Leitbilder für seine Organisation sind daher, neben dem Königtum im Reich der Bienen, die Dienstgrade, die taxis, auf dem Schiff und im römischen Heer. 27 Sowohl Verfechter von Laien- wie von Konzilstheologie können daher Gregor guten Gewissens kaum in Anspruch nehmen. Allerdings genausowenig, trotz Bienenstock und Militär, Vertreter eines Papalismus jeglicher Art. Deren mög liche Ansprüche auf den Nazianzener hat bereits Michaud auf ganzer Linie ausge räumt. 28 Gregors Vorstellung von kirchlicher Herrschaft ist zwar in bezug auf den einzelnen Bischof autoritär, nicht aber totalitär in bezug auf den Einen.29 Jeder Bi schof ist Moses und leitet, nur an Christus gebunden, sein Volk.
4. Häßlich oder unsichtbar Ekklesiologie, nach der politischen Emanzipation im 4. Jahrhundert, verfolgt, wo sie ,systematische' Formen annimmt, ein doppeltes Ziel. Sie legitimiert Kirche, gegen die ,häretischen' Tendenzen der Zeit, als autoritäre; sie legitimiert sie, auf Erden, als sünd hafte gegen die superbia. des ,Donatismus': nur die wahre Kirche, die wir nicht sehen, ist rein; wer Reinheit in der sichtbaren sucht, gehört der wahren nicht an, da er die Augen verschließt vor der eigenen Sünde. JO Gregors Versuch, die Chimäre zu bändi gen - sein Bemühen, die Anarchie in Laienrum, Episkopat und Konzilien durch mili tärische taxis zu überwinden, um die Kirche zum Dominat des Logos autokrator zu machen und das Priestertum zum geistlichen Amt: dies alles entspricht der ersten Ziel richtung vollkommen. In diesem Sinn sind Gregor und Basilius vielleicht die wichtig sten Vordenker der kirchlichen Hierarchie. Mit dem zweiten Ziel, repräsentiert durch Augustins antidonatistisches Schrifttum, steht es aber ganz anders. Gregor, als Kir-
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GRECOR VON NAZIANZ, Or. 2,3 (SC247: 88,3-17).
17
Bie:ne:nstock: Or. 41,1 1 (PG 36: 620,16) (1)flt� O XQlO"tOU flt),wowv > Fleißtopos)j Marine: Or. 2,5 (SC 247: 92,4-6); Or. 43,26 (SC 384: 184,3-8); Infante:rie:: Or. 2,5 (SC 247: 92,6-8); t6:�lI;: Or. 32 (SC 318: 82-154) pauim. Bienenstock und Militär: BASILIUS. Dt! iudicio Dti 2 (PG 31: 656,20-27): 'EwQwv y6.Q nlioav l'tv ;t),Tj8ous eiltCl�iav 'tt xCll O\Jl'$WVl.O.V liXQl 't6tt
xCl"toQ8oUfltv'lV, on«; äv 1) lI'Q6S fva
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OEWo;; otQa't'lyouI1EVOV, xai. xotaxo).ouOouv tlh6:x"twS 't$ llHev ßaOl..l.et.
Vgl. MICHAUD 1904, besonders 570: .Quant i I'evequ� de Rome comme succe:sseu r de: Pie:rre: dans Ie: gouvernement general de: I'tglise, il n'tr/ tU nullt! part qutHion. Gregoire: n'en a pas l'idee." Wie sehr Gregor die: totale: Machuusübung durch den tintn {Me:tropolitan-)Bisehof prinzipiell ver urte:ilt, zeige:n seine bittere:n Stellungnahmen zur papalistischen Amuauffassung seines eigenen Freundes Basilius, vgl. nur GkEGOR VON NAZIANZ, Or. 1 1 ,3 (SC 405: 332,1-336,33): Vorwurf an Gre:gor von Nyssa, Basilius' Machtpolitik zu unterstützen; Or. 13,2 (PG 35: 853,19-42): Kränkung durch den Bischof de:r .glänze:nden Stadt" Cae:sarc:ai Dt! vita SUfi, Vv. 386-462 (ed. JUNCK 72-76), spezie:1I V. 460: Vorwurf der $v.aQxia; Ep. 59 (an Basilius; GeS 53: 54,16-28). Vgl. OPTATUS VON MILEVE 11 I (CSEL 26: 32,7-9): "ecclesia una est, cuius sanctitas de: ncume:ntis colligitur, non de personarum superbia ponderatur." Le:gitimiert wird natürlich nicht die Sünde der Kirche, sondern dere:n sakrame:ntale: Funktionabilität, der Sünde: zum Trotz.
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CHK1�l Ul'H HAK1MANN
chenkritiker, nicht -mystiker, I I diagnostiziert seine Kirche und ihre Priester als sündige, ohne sie, grob gesagt, als solche zu legitimieren. Die bis hin zu Luther funda mentale (und bequeme) Unterscheidung zwischen der sichtbaren Kirche und der wah ren ist ihm, wie jedem pädagogisch orientierten Humanisten, l2 fremd und zuwider. Nicht daß man die wahre Kirche auf Erden nicht sehen könne, sondern daß die wahre Kirche auf Erden einen durchaus unerfreulichen Anblick bietet, ist Gregors Problem. Seine ganze Kraft richtet sich daher, nicht anti-, aber voraugustinisch, auf ihre Heili gung. Anders gesagt: die kirchliche Hierarchie hat für ihn nur dann das Recht, auto ritär zu sein, wenn sie zugleich, nach Menschenrnaß, sündlos und rein ist. Rein wird sie, indem sie sich zugleich entweltlicht und vergeistlicht: die Spiritualisierung der kirchlichen Ämter ist daher im kappadokischen Reformprogamm die notwendige Er gänzung zur Installation der kirchlichen Autorität. 33 Die Amtsperson darf nicht Sün der sein, um die Gnade leuchten zu lassen, sondern soll selber strahlen im Lichte der Tugend: erst durch die arete ihrer Archegeten wird das Antlitz der Kirche schön. Hängt derart die Schönheit des Leibes Christi von der Tugend seiner Glieder ab, ist der neuralgische Punkt in Gregors Diagnose berührt: hier und jetzt ist der wahre Christus leib häßlich und schmerzhaft entstellt. Die Therapie verlangt daher vom Priester, ähnlich schmerzhaft, die spirituelle Lebensweise des Engels und Mönchs. Diesen übersteigerten Anspruch hat die zweite ekklesiologische Tendenz der Epoche bald korrigiert, der Schmerz wird gewissermaßen betäubt: indem man die Häßlichkeit der wahren Kirche in ihre Unsichtbarkeit wandelt, fällt vom Priester die Last, für die Entstellung Gottes verantwortlich zu sein, ab. Daß die abendländische Theologie die sen Gedanken weiterverfolgt hat und nicht den ,hellenisch' orientierten Appell, den Christusleib zu verschönern, mag ein Grund dafür sein, daß Gregor als Ekklesiologe nicht sehr prominent ist. H Aber es gibt einen weiteren Grund, der uns, freilich über einige Stationen, zum Kern von Gregors Ekklesiologie führen wird, die, kaum direkt
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Die Stellen sind versammelt bei M ICHAUD 190-4, 563 und 567. )1 Bezeichnenderweise hat Mc:lanchthon sich später von Luthers EccltJja ;nfJisibilis diuanziert: "Je desmal wenn wir an die Kirche denken, sollen wir schauen auf die Versammlung der Berufenen, wei che ist die sichtbare Kirche, und sollen nicht davon träumen, daß irgendwelche Erwählten anderswo seien außer in eben dieser sichtbaren Versammlung . . . Und wir sollen nicht erdichten eine andere un sichtbare und stumme Kirche"; zitien in HIRSCH 1964,208 (= CR 21: 82 5f ) )) Dies einzuschärfen, ist das Ziel der Orario apologttica insgesamt, besonders GREGOR VON NAZ1ANZ, Or. 2,H (SC 2-47: 106,1-108,1 8); Or. 2,9-4-99 (SC 2-47: 212-218). )' ,Hellenisch' meint, in diesem Zusammenhang. jene Eigenart der griechischen Philosophie, die das Gute nicht anders denken will als im Gleichnis des Schönen, genauso wie nach dem Bildnis des Schönsten (des Menschen) das Beste (den GOtt). Gregors Entwurf des reinen und vollkommenen Priesters in Or. 2 (SC2-47: 8.-240) faßt daher. unter diesem Aspekt betrachtet, all das zusammen, was griechische Ethik dem Menschen alt xa),os Kai o.ya06s zugetraut (und zugemutet) hat. Es ist letzt lich das. was man als ,anthropologischen Gottesbeweis' bezeichnen könnte: den Schluß auf Gottes Güte aus der Fähigkeit des Mtnschtn, ,schön und gut' zu sein . ..Edel sei der Menseh" lautet daher der erste Satz noch in Goethes Verstn übtr das - Göttliche; entsprechend steht der Appell "rein sei der PrieSter" am Anfang von Gregors Ekklesiologie. .
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ausgesprochen, aufs engste mit seinen Gedanken zu Gottes oikonomia zusammen hängt.
5. Nihil plus Der genannte Grund folgt aus Gregors ganz eigener Spiritualität, seiner Liebe zum ,Mönchtum', zur phi/osophia, wie er es beharrlich, mit forcierter Zweideutigkeit, nennt. JS Philosophein, das heißt die Augen, die Sinne zu schließen vor allem, was wahrnehmbar iu; entrückt aus dem Fleisch, aus der Welt, sich ganz in sich seih$[ zu versenken, ohne Kontakt mit den Sorgen der Menschen (ta av8Q6� (128-13) und s. v. xO:to,,86w (81).
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separieren. sich abzuschneiden vom Gesellschaftsleib, ist der Körugsweg zum Glück. ..0 Christliche sOleria, in dieser Tradition, entspricht der Eudaimonie der Philosophen: sie ist ein Geschäft, das die menschliche Seele mit Gott ausmacht, ,weit entfernt' von Körper und Welt und meist auf ihre Kosten. Deus et anima, das sind am Anfang von Augusuns Selbstgesprächen die beiden ausschließlichen Interessen der erlösungsbedürf tigen Seele: .Nichts anderes? - Nein, etwas anderes auf gar keinen Fall,'''41 In diesem Sinn entwerfen die Gregorianischen Definitionen, vor der .Menschwerdung', eine christliche Anthropologie in den Termini stoischer Psychologie, in diesem Sinn er zählt die Weihnachtspredigt (Oratio 38) nicht die Geschichte der (präexistenten) Kir che, sondern der Seele. ,Seelsorge' (EtU�eAEUl 1.jJux1i�), das meint seit Sokrates42 die Sorge um die Seele des Philosophen selh$[ und allenfalls seiner Schüler. Ihre Auswei tung auf die Seelen der Menschen insgesamt ist ein weiterer Schritt, der spätestens in Gregors Priesterrumsrede (Oratio 2) angemahnt und in Basilius' Regelwerk prakti ziert wird. Daß nicht nur für den Philosophen zu sorgen ist, sondern zugleich für die Welt, von der er sich separiert; daß mit der Seele auch der Körper, mit dem Geist auch der Leib erlöst werden soll, ist ein Gedanke, der aus der Meditation über Gottes Öko nomie folgtO und daher, wie angedeutet. ins Zentrum von Gregors impliziter Ekkle siologie führt. Denn genau diese ist es, das ist im folgenden zu zeigen, die ihn die unversöhnliche Spannung zwischen Individualseele und Weltkärper überwinden läßt und ihm erlaubt, den soteriologischen Egoismus der hellenistischen Philosophie zu überführen in die prophetische Vision von der Erlösung der Welt.
6. Meßschnur und Erbe Nicht die ekklesia, sondern das Volk, der laos, wurde in den Definitiones minus exac rac definiert, und zwar als .. Gesellschaft zur Verehrung Gottes" (mivtay�a Et� eEOÜ oepac;:).44 Das entspricht, abgesehen vom teils profanen, teils militärischen Gehalt der
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Vgl. SENECA, Ep, mora/i5 7, I : .Quid tibi vitandum praecipue c:xiuimes quaeris? Turbarn, � 8: Utrum quc autem devitandum eH: neve .imili. mali. fias, quia multi .unt, neve inimicus multis, quia diuimi le • •unt, Reccde in te ipse quantum POtc.� - diescm philosophischen Rat folgt Gregors OllOYO)"f): lun toutO tl;: iJ.LQlJYo'V OllnOtu)"T)'V XQi. J.L6'V1')v &Oq.O:MlQ'V "'1Jxtl� t�V �OllXi.(l'V h6J.LlOQ (Ep. I lO,3; ces 5): 96,lf.}, folgtc schon Origenu' Auslcgung du .Sancti estotc" in Lc'V 20,7 (Homilia in LCfliticlfm 11,1; CCS 29: 446-449, hier ....7, 1"-27): "Si qui• •eparalu, eH et segregatus a rdiquis hominibus cu naliter viventibus , .. non quaerens ea, quae super terram, sed quae in codis tunt, iste merito sanctus appellatur. (... ) Hoc Cll enim quod dicitur tibi: Scpara te ab omni non solum homine, scd et rratre inquiete ambulante," U AUGUSTINUS, So/iJoqlfia 1 2,7 (eSEL 89: I I,IM.), +J Vgl. PUTON, Ap% gia 29 Ci Lachts 185 c; CharmjJts 157 a; Protagoras l12 c (Psychotherapie des Sophisten); in den Gcsctzen erhält die Idee der Seelsorge kirchenvitcrliche Züge ("'\lX"S oUlulQi.a 909 a ..); vgl. BONHOEFFER 1990, IJ Vgl. GREGOR VON NAZIANZ, Or. 2,17 (SC2H: 1 12,1-16) . .. GREGOR VON NAZIANZ, Definitioncs mimu UMtat, Vcrs 22l (PG 37: 961,9). ..
GREGOR VON NAZIANZ
Definition,45 der Art, in der Gregor auch sonst Kirche benennt. Verwendet er, wenn es um die Gefahr seiner Zerreißung geht, vorrangig die Metapher vom Leib Christi,46 so spricht er im soteriologischen Kontext vom Volk.47 Von den 96 Bildern der Ge meinde", die Paul S. Minear aus dem Neuen Testament versammelt hat,48 ist in Gre gors Reden keine Gruppe (mit einer Ausnahme: dem Licht) so präsent wie die vom Volk Gottes. Zwei Dinge sind gleich vorweg zu betonen: Gregor, wenn er von Chri sten und christlicher Kirche spricht, umschreibt den Begriff zumeist in einer Fülle von Epiklesen, er umschreibt ihn mehr, als daß er ihn nennt, ganz wie der Hymnus den kostbaren Gottesnamen weniger ausspricht als paraphrasiert; zum andern: die Para phrase wählt fast ausschließlich die alttestamentliche Metaphorik von der erwählten Gemeinschaft des Kults, freilich gespiegelt in der messianischen Interpretation des Neuen Testaments. So sind die Christen, ist die Kirche, um die prominentesten Epi klesen zu nennen, das .. heilige Volk" ('tO ayLOv [&vOt;), das ..königliche Volk von Prie stern" (ßaOLAElOV l.EQ6;tE\J�a), der ..Weinstock, der aus Ägypten umgepflanzt ward" (äl-utEAOeowv 6:v90w1tov, av90Wl't1p eEOV: GREGOR VON NAZIANZ, DeJinitionrs minus e;.caCfae Vv. 227f. (PC 37: 962,1 f.). " GR.EGOR VON NAZIANZ, Or. 2,16 (SC 247: 1 10,5). 61 GREGOR VON NAZIANZ, Or. 13,", (PC 35: 856,33-37); vgl. noch Ep. 4 1 (CeS 53: 36,9f.): neOi.yoO 'Exx).'lola!; Uj.lLV 6 )'oyO!;, Ul'tlQ �!; XOLCItc); lna9fv xai. "tou "toimlV 9fQ.l l'tO(lOOnlOOVtO� xoi. l'tQooa.!;OVtO!; (den Bischof). " Vgl. GR.EGOR VON NAZIANZ, De 'fJjta sua 29(. (ed. JUNGCK 54): ÖOOl xa9'1I.&EO' ou xa),w!; U,,-,WOOVOl, ),aoii l'tOOfl'lOOl und Or. 37,23 (SC 3 1 8: 3 16,lf.): Tauta xoi. ),aütotc; v0f.109nw, "tauto xai noeo .
ß\lttOOL!; !vttUoj.la�, touta xat toi!; aOXfLV l'tfl'tLOtf\lf.1f:vOl.;.
GREGOR VON NAZIANZ
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ebenfalls nach alttestamentlichem Vorbild modelliert wird.69 Die Heiligkeit des Priesters (durch die Sinnesreinheit, aYVLo�o� $QEVWV, ist er definiert, nicht wie bei Augustin durch die Heiligkeit des Sakraments), seine besondere Verwandtschaft, otXEi.ooOl�, mit Gott70 ist die Voraussetzung für die eigentliche Leistung der sazerdo talen Prosagogik: die Heiligung seines Volks.71 Es vor Gon zu führen heißt es zu rü sten (xataOXEuateLv)J2 Die Zurüstung selbst wird in dreifacher Weise gefaßt, als Reinigung (xaeaQoL�),n als Weihe (xaeaYVLo�6�)/· vor allem aber, nach dem bibli schen Ausdruck, als ,Vervollkommnung< (xataQtLo�6�). 7S Aber wie wird das Volk, wird der Mensch vollendet und geheiligt? Durch die Reinigung der göttlichen Ikone, des Gottes in ihm: erst wenn Gottes Ebenbild strahlt, findet der Mensch als Gottes Geschöpf in sein eigentümliches Wesen zurück. Er ist nichts als nGottes Schöpfung und Bild" (rt)..ao�a xat ebtwv 8eoü)/6 erst wenn er, mit GOtt verwandt, Gott wird, gehört er, zucigen geworden, zum oikos Theoü. Das Eigentumsvolk (die Kirche), das ist die Menschheit, deren Gottesebenbildlichkeit in einer neuen Schöpfung restituiert ist: über den Begriff des Bildes (eLxwv) hat, im Rahmen von Gregors Anthropologie, der laos periousios an Gottes ousia teil - zuerst im Priester, dann, über dessen Mittler schaft, auch im Volk. Denn der Geist will mich mi tten hinein führen in die Welt, will, daß ich Frucht trage für die Gemeinschaft; daß ich selbst Nutzen habe, indem ich anderen nütze; daß ich die Er leuchtung ins Volk trage (bTU100I.tllUV t�V E>.J...all"'�v) und vor Gott sein Eigentum (kaov 1tEQlOUOtOV) füh re, das heilige Volk, das Königreich von Priestern - das Bild, in vielen Menschen gereinigt! 77
nDas Bild, in vielen Menschen gereinigt" (h 1tA.eI.OOL elx6va xExa8aQI-LEVTjv): indem die Heiligkeit des Priesters ins Volk dringt, indem der Priester das Volk hinführt auf GOtt, ist in dieser impliziten Ekklesiologie (implizit: denn das Wort ,Kirche< fällt nie) der soteriologische Egoismus für die ganze Welt fruchtbar gemacht. Denn der Begriff des laos periousios, ontologisch verstanden, schließt, anders als der vom erwählten Volk, niemanden aus. In jedem Menschen funkelt das Bild, und alle gehören zu Gott: die Kirche muß wachsen zur Unendlichkeit. n 10 71
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GUGOR YON NAZIANZ, C",rmen ae 1t ipJO 5, Aa plebem An(;lJl(;ls"'e i (ein Liebesgedicht an die Ana statiagemeinde) V. 61. (PO 37: I022,1 1 !.): "OBE\' nooe:>"9wv OUl10S, wS O1uv9�Q, koyoS, naoas xatiaxe: CP((ltl tas 'Exx>"l1oiaS .
.. GUGOR VON NAZIANZ, C",rmen de se ipJO 13,Ad episcopos VV. 48f. (pe 37: 1231,5f.). " ASTERIUSVON AMAS EA Homili", 8: 28,1 (ed. DATEMA 103,1-3) nach Röm 15,19 wo nicht von Funken die Rede ist, wie überhaupt nie im NT. ,
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HARTMANN
nen auch die Christen nur aus einem Stoff, dem Feuer Gottes ... ; sie tragen die brennen den Fackeln im Herzen, sie leuchten der Welt 98 _ . _
Die wahre Kirche ist nicht unsichtbar: sie ist, auf dunklem Weg, das Licht, das wächst - die Sichtbarkeit des Worts: mit jeder Taufe wird es, bis zum Ziel, um eine Seele heller in der Welt. Erst wenn alles Gott zugehört. wenn alle Weh Licht ist, wird kein Auge die Kirche mehr erkennen, denn Kirche, das ist die progressive Helligkeit im Dunkel - ist, mit Cyrill von Alexandria zu sprechen, die unendliche Verviel fachung, die ,Multiplikation' des Lichts." Gregor selbst hat die Dynamik dieses Pro zesses im Vergleich zum einzelnen Lichtlein erkanm. Mehr und besser als die Pflanze ist der Garten (naQaöEloo�), mehr und besser als der Stern die ganze Pracht des Himmels, besser als das Glied der Körper: so ist auch mehr als Ein Vollkommener vor Gon (ge(j> xa'toQ90üvtO� Ev6�) die Vollkommenheit der ganzen Kirche (O).11v 'ExX).11oLav Xat11Q'tLOllfv11v)
- so rät ihm der funkenspruhende Geist. 100 Der einzelne ,Vollkommene' (xu'toQeoov), der stoische Philosoph, der die Laterne seiner Vernunft anzündet, gegenüber der ,Ver· vollkommnung' (XQ'tQQtlO}LOt;), dem Lichtermeer der Welt: in dieser Antithese ist endgültig die private Eudaimonie der antiken und christlichen ,Philosophie' überholt. Gut ist es, hell zu sein durch das Feuer des Wortes, zu brennen im Glauben, zu glühen im Geist. Aber besser als Hellsein ist, andern :w leuchten, besser als Brennen, den Brand zu entzünden, besser als Glühen das Entfachen der Glut. So führt der Weg von der individuellen Autarkie zur universalen oikeiosis, vom Mönch zum Priester, vom Funken - zum himmlischen Licht. Daß er diesen Weg beschritten hat, macht Gregor, trotz seinem Haß auf die Bischöfe und ihre Konzilien, bei all seiner Liebe zum Mönchtum, zum Vater der Kirche.
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KIRCHE UND STAAT IN LEBEN UND WERK DES ]OHANNES CHRYSOSTOMUS: EIN VATER DER KIRCHE IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN EKKLESIALER UND POLITISCHER MACHT
STEPHAN CH. KESSLER 51
I . Kirche und Staat bei 10hannes ChrysoSlomus Die Geschichte des Christentums ist keineswegs ausschließlich, aber in herausragen der Weise auch eine Geschichte der Kirche. Als Institution mit einem prinzipiell über weltlich-religiösen Anspruch ist die Kirche in der konkreten Welt intern mit innerkirchlichen Spannungen und von außen mit gesellschaftlich-politischen An spruchen konfrontiert. Deshalb ist Kirchengeschichte immer auch die Geschichte eines Prozesses von Anpassung und Abgrenzung zwischen den geistlich-transzenden ten Vorgaben und der weltlichen Wirklichkeit der Gesellschaft bzw. deren staatlichen Organisationsformen. Die Auffassung vom Staat nimmt immer Einfluß auf die Aus gestaltung der ekklesiologischen Konzeptionen. In der Entwicklung der zuweilen spannungsreichen Auseinandersetzungen bzw. friedlichen Koexistenz von Kirche und Staat nehmen Persönlichkeit und Werk des Kirchenvaters Johannes Chrysostomus (um 349-407) eine paradigmatische und rich tungweisende Position ein. I Stephan Verona charakterisiert die Haltung des Kirchen vaters zusammenfassend als .. angewandte Staatsphilosophie". 2 Obgleich der Aktions radius des Presbyters und späteren Patriarchen Johannes eindeutig auf den Raum der Kirche bezogen blieb und er an keiner Stelle seines umfangreichen literarischen Wer kes systematisch eine ausdrückliche Rechts- oder Staatsphilosophie entwickelt hat, wurden seine Person, seine Darlegung der christlichen Lehre, seine vorrangig homi letische Kommentierung der Heiligen Schrift von seinen Zeitgenossen vor allem poli tisch verstanden. Die biblisch-asketisch inspirierte Sicht von Kirche und Welt brachte Johannes Chrysostomus besonders als Bischof von Konstantinopel (398-404) zuneh mend in Konflikte, die zu seiner kaiserlich verfügten Absetzung und schließlich zum Scheitern seiner Kirchenpolitik geführt haben. , Die Untersuchungen zum Verhältnis von Kirche und Staat im -4. Jahrhundert behandeln vorzugsweise die konstantinische Ära und konzentrieren sich gerne auf die Entwicklungen der wenlichen Reichs hälfte. Zur Thematik ,Kirche-Stau' bei Johannes Chrysostomus wird die ekklesiologische Dimension untersucht in RITTER 1972. Das Verhältnis des Kirchenvaters zum Staat wurde bisher nur ans�tzweise erforscht: s. WITTIG 1985. 1 VEROSTA 1960, 18; 341.
ST�t'HAN eH. Kl:::SSLER SJ
Die geschichtliche Epoche der Lebenszeit des Johannes Chrysostomus umfaßt die für die Ausgestaltung der Ekklesiologie und des kirchlichen Amtes prägende Phase des 4. und frühen 5. Jahrhunderts, in der wichtige Koordinaten des Selbstverständ nisses und der Verhältnisbestimmung von Kirche und Staat grund gelegt wurden. Die religionspolitischen Verschiebungen seit dem Edikt von Kaiser Galerius (30. April 3 1 1 ) hatten zu einer verstärkten innerkirchlichen und öffentlichen Professionali sierung des kirchlichen Amtes, vor allem der bischöflichen Funktionen geführt. J Seit den Tagen Konstantins waren Bischöfe in einer Mischung von sakraler Autorität und machtpolitischer Kompetenz zunehmend zu einer kirchlichen Führungsschicht mit öffentlich-rechtlicher Relevanz aufgestiegen. Die Bischöfe wurden im Laufe der Zeit nicht nur Verantworrungsträger für die öffentliche Ordnung, sondern zunehmend auch Garanten der sozialen Stabilität in den Städten. Die Biographien der großen spät antiken Bischofspersönlichkeiten zeigen eindrücklich, wie diese als Organisatoren der Armenfürsorge immer häufiger zum Bezugspunkt unterprivilegierter Schichten wurden und zunehmend als Mittler in politischen Krisensituationen fungierten.4 Die Untersuchung und Analyse der politischen Dimension in Leben und Werk des Kir chenvaters Johannes ChrysoStomus vermittelt interessante Einblicke in das spätantike Religions- und Staatsverständnis, in die christlichen Adaptationsversuche und die Ausgestaltung ekklesiologischer Konzeptionen.5 Dem persönlichen Scheitern des Kirchenvaters Johannes zum Trotz war seinen politischen Initiativen eine langfristige Bedeutung beschieden. Die von ihm eingelei teten Maßnahmen wie die Konsolidierung des Kirchenbesitzes oder die Erweiterung seines episkopalen Jurisdiktionsbezirks wurden nach seiner Absetzung fortgesetzt und mündeten in der Stabilisierung der Patriarchatsstrukturen von Konstantinopel. Die von Johannes Chrysostomus angedachten kirchlichen und staatskirchenrecht lichen Vorstellungen behielten über Jahrhunderte - vor allem im byzantinischen Bereich - prägende Kraft, und ihre religiösen und politischen Traditionslinien blieben in den orthodoxen Kirchen bis in die Moderne wirksam.6
) Zuummenfassend analysiert historisch die amutheologischen Entwicklungen dcr Alten Kirche BJt.OWN 1995, 120-1�o. Die neue Beschäftigung mit ekklcsiologischen Fragen findet ihren Niederschlag in der geSteigencn literarischen Produktion der Kirchenväter zur Theologie des geistlichen Amtcs: Vgl. GJt.EGOR VON NAZIANZ, Oratio 2,35-50(SC2�7: 132,15-158,27); HIERONYMUS, Ep. 69,8 (eSEL 54: 69�,3-696,tO); JOHANNES CHII.YSOSTOMUS, D� SacmJotio (SC 272); dazu LOCHBIlUNNEil. 1993. • Vgl. ROUSSEAU 199�; McL'fNN t99�; BJt..EGMANS 1982. , Vgl. TIEll.SCH 2002. • Vgl. SUlTNEJt. 2003.
JOHANNES eHRYSOSTOMUS
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2. Der religiöse Staat: Die Theologia tripertita als Interpretament
metaphysisch begründeter Staats theorien
Bevor näher auf das Spannungsverhältnis von ekklesialer und gesellschaftlicher Reali tät bei Johanncs Chrysostomus eingegangen werden kann, sollen die Begriffe von Kir che und Staat in ihrem unterschiedlichen Verständnis und ihrer Konzeption zwischen Antike und Moderne erönert werden. Beide Institutionen haben in den historischen Auseinandersetzungen um eine angemessene Verhältnisbestimmung innerhalb einer zweitausendjährigen Geschichte des Christentums ein je unterschiedliches Selbstver ständnis und ein differenziertes semantisches Umfeld entwickelt, das nicht gewähr leistet, daß dasselbe bezeichnet wird, wenn in antikem respektive postmodernem Kontext von ,Kirche' und ,Staat' gehandelt wird. Das Denken der Moderne geht in der Reflexion über Kirche und Staat von verschiedenen ekklesiologischen und staats philosophischen Prämissen und von unterschiedlichen gesellschaftlichen und religiö sen Voraussetzungen aus, die dem Verständnis zur Zeit des Johannes Chrysostomus fremd waren. Im Gegensatz zum Altertum erkennt das nachaufklärerische Denken in den Enti täten Kirche und Staat zwei voneinander unabhängige bzw. getrennte Bereiche des öffentlichen Lebens, während in der Antike Mythos und Religion als staatsgründende bzw. -erhaltende Kräfte verstanden wurden. Zur Rechtfertigung politischer Ordnung berief sich Johannes Chrysostomus wie seine Zeitgenossen und die anderen Kirchen väter auf GOtt und seine Vorsehung: Staat und Kirche waren im Kontext der Antike immer metaphysisch begründet. Das real existierende Staatsgebilde des Imperium Ro manum nahm bei Chrysostomus zwar nicht wie bei Origenes (ca. 185-253/254), Euse bius von Caesarea (ca. 264-339) oder Augustinus (354-430) eine providentielle bzw. heilsgeschichtliche Position im göttlichen Heilsplan ein, wurde aber grundsätzlich als gottgegeben akzeptiert. Chrysostomus sah den Staat - ganz analog zu seinen Zeit genossen - im Rahmen einer religionsphilosophisch-historischen Konzeption. Sein Geschichtsbild wurde durch metaphysische Bezüge periodisiert. Für die Christen repräsentierten die heils geschichtlichen Daten von Schöpfung, Sündenfall, Erlösung und Parusie die Gliederungselemente der Zeit. Der weltanschaulich neutrale Staat der Moderne lag außerhalb des Vorstellungsrahmens griechisch-römischen Denkens. Da die antiken Voraussetzungen einer Reflexion der Beziehung von Kirche und Staat nicht mehr gegeben sind, scheint 'es angemessen, diesen Ausführungen die im Altertum weitverbreitete populärphilosophische Distinktion voranzustellen, mit deren Hilfe das Verhältnis der beiden Institutionen in der ausgehenden Antike adäquater betrachtet werden kann. Es handelt sich um das bei M. Terentius Varro (1 16-27 v. ehr.) über lieferte religionsphilosophische Axiom der sogenannten Theologia tripertita.7 Diese in der hellenistischen Stoa entstandene Trias versucht, das Phänomen des Religiösen in seiner geistig-geistlichen, philosophisch-spekulativen und seiner politisch-sozialen 1
M. TERENTlUS VAII.RO, Antiquir l NA :'UI...H l.A .
2.2 Imitatio apostoli Pauli Das areopagitische Postulat einer imitatio apostoli Paul; erkannte als erSter Johannes von Skythopolis, S9 der sich mit seiner überragenden hermeneutischen und exege tischen Leistung in diesem Punkt direkt auf die Aussagen des Dionysius Areopagita stützen konnte. Denn dieser nennt Paulus .. seinen Führer zur göttlichen Lichtspen dung" (6 EJ-tt "(�v 8dav q,OO"(oöoolav XELQayooyoc;),60 dessen Lehre er Folge leiste.61 Darüber hinaus beruft er sich expressis verbis gerade in jenen Aussagen auf Paulus, die sein schriftliches Programm und seine Methode verteidigen: Während er in der Mysti schen Theologie die göttliche Transzendenz thematisiert, betont er in einem Brief an Dorotheus62 die paulinische Kenntnis der Transzendenz Gottes, wobei er Paulus namentlich erwähnt und aus dessen Brief an die Römer ( 1 1 ,33) zitiert. Während er in seinen Traktaten Ober die Namen Gottes, Über die himmlische Hierarchie und Über die kirchliche Hierarchie die göttliche Selbstmitteilung erörtert, referiert er in einem Brief an Titus63 den paulinischen Verweis auf Gottes Selbstmitteilung in den Werken der Schöpfung, wobei er wiederum Paulus namentlich erwähnt und offenbar an des sen Brief an die Römer (1,20) denkt. Während er in seinen Schriften pagane griechi sche Philosophie in christliches Denken transferiert und transformiert,64 verweist er in seinem Verteidigungsbrief gegen den Sophisten Apollophanes6s auf die paulinische Definition von Philosophie, wobei er auch diesmal Paulus nennt und aus dessen Erstem Brief an die Korinther (2,7) zitiert.66 So bleibt festzuhalten, daß Dionysius Areopagita das Ideal eines heiligmäßigen Lebens in der Nachfolge des Apostels Paulus vertrat. 67
3 . Approbatio ecclesiae 3.1 Analogia entis Die oben68 erwähme Frage der Erkennbarkeit und Erkenntnis Gottes aus dem onto logischen System seiner Schöpfung heraus führte Dionysius Areopagita zur Formu-
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Vgl. SUCHLA 1995, 14-17.
.0 PS.-DIONYSIUS AREOPAGITA, Dt di"inis nominiblCs 2, 1 1 (PTS )): 136,18f.). .. Vgl. PS -DIONYSIUS AREOPAGITA, D� di"inis nominihlCs 3,2 (PTS 33: 139,17-140,5). Demzufolge er .
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hält die Referenz auf die paulinischen Briefe im Werk des Dionysius Areopagiu einen überragenden Sldlenwen (vgl. das Bibel-Register in Corpus DionyshulCm II, 240-243). Vgl. PS.-DIONYSIUS AREOPAGITA, Ep. 5 (PTS 36: 162,1-163,5; speziell ab 162,11). PS.-DIONYSIUS AREOPAGITA, Ep. 9 (PTS 36: 193,1-207, 1 1 ; speziell ab 1 98,15) . Vgl. SUCH1.A 1995, 13-18. Vgl. PS.-DIONYSIUS AItEOPAGITA, Ep. 7 (PTS 36: 165,1-170,8; speziell 166,14-1 67,2). Vgl. auch 1 Kor 1,21-24; Eph 3,10. Siehe v. a. SUCH LA 1995, 15-17. Abschnitt 1.2.
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licrung der ,unähnlichen Ähnlichkeit' der Schöpfung, die die christliche Gotteslehre bis zum heucigen Tage prägt. Denn Dionysius Areopagita verband seine Schöpfungs lehre mit dem metaphysischen Zentralbegriff der Analogia entis, der die Frage der Erkennbarkeit des ewigen Seins umfaßt.69 Wir erkennen Gott, so sagt er, aus dem ge samten Universum, aus seiner Schöpfung, die gleichsam aus ihm heraus niedergelegt wurde und gewisse Abbilder und Ähnlichkeiten seiner göttlichen Urbilder enthält. Diese Urbilder sind Urbilder alles Seienden; sie präexistieren als Ideen in Gottes Geist und sind einerseits als Vorbegriffe, als Prädefinitionen, anderseits als Willensäuße rungen Gottes zu begreifen. 70 Die durch Willensakt verwirklichte Idee ist nach Dio nysius Areopagita jedoch nur Angleichung der Schöpfung an die Idee. Zwar offenbare sich Gott, wie sich das Original im Abbild offenbare, doch gebe es keine vollkomme ne Ähnlichkeit, vielmehr nur ,unähnliche Ähnlichkeit' zwischen den verursachten Dingen und ihrer Ursache. Wenn auch alles Verursachte das Abbild seiner Ursache sei, so bleibe die Ursache dennoch allem entrückt und enthoben. 71 Diese For:nulier.Jng, die ein Beispiel für die Schärfe des areopagitischen Denkens ist, fand Eingang in die offizielle Lehre der Kirche, allerdings erst circa 700 Jahre später: Erst das Laterankonzil des Jahres 1 2 1 5 legte in einer verbindlichen Formel einerseits die große Ähnlichkeit zwischen Schöpfer und Geschöpf, anderseits die Un ähnlichkeit in der Ähnlichkeit fest: ,.inter creatorem et creaturam non potest tanta similirudo notari, quin inter eos sit dissimilirudo notanda" - ,.zwischen Schöpfer und Geschöpf kann man von großer Ähnlichkeit nur sprechen, wenn man zugleich ihre Unähnlichkcit anführt". 72
3.2 Tradition als Glaubensquelle Da nach Dionysius Areopagita die Hierarchie, wie oben erwähnt,73 alle unabding baren Heilsmittcl umfaßt, schreibt er ihr entsprechende Autorität zu. Vertreten wird sie zum einen durch den Hierarchen, weil sich dieser auf alle geheiligte Erkenntnis versteht:
Vgl. SU CHlA 1996.208-216. Ich zähle im Werk des Dionysius Areopagiu. 73 (!) Belege für die meta physischen Begriffe avo).oy(o und ava).oyo� (vgl. das griechische Register in Corpus DionysiMum tI. 272). 1e Vgl. PS.-DIONYSIUS A REOPAGITA, Dt djvinis nominibul 7.3; 5.8 (PTS 33; 197.17-22; 188 ...·8). Diony siu5 Areopagita verbindet hier - christlicher Tradition folgend - die platonische Ideenlehre mit dem christlichen Schöpfungsgedanken. Er verlegt - wie schon Augustinus vor ihm - die Idee in das gött liche Denken selbst und versteht die Schöpfung als einen Abbildungsvorgang. Neu bei ihm ist das Denken der göttlichen Idee als Pridefinition, als Vorherbestimmung. die durch göttlichen Willen ver wirklicht wird. 11 Vgl. PS.·DIONYSIUS AREOPAGITA. Dt divinil nominibul 2,8; .....; 7.3; 9.7 (PTS 3]; 132.11 und 15f.; 147,4; 197,22; 212,12f.). n DENZINGER I HONERMANN. Nr. 806. n Abschnitt 1.2. .t
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,Hierarchie' insgesamt ist - nach der verehrungswürdigen Autorität unserer geheiligten Überlieferung - die Gesamthezeichnung für alle vorhandenen geheiligten Akte (und Er kenntnisvorgänge), die allgemeinste Zusammenfassung der geheiligten Akte in dieser oder jener speziel1en Hierarchie. Die Hierarchie bei UDS ist demgemäß und wird definiert als die Tätigkeit, die alles umfaßt, was an geheiligten Akten in ihrem Bereich vorkommt. In ihrem Bereich seine Bestimmung erfüllend wird der göttliche Hierarch an allen hoch heiligen Akten, die in seinen Bereich fallen, teilhaben. Denn er gibt der Hierarchie seinen Namen. Wie nämlich der, der das Wort ,Hierarchie' ausspricht, die Anordnung aller heili gen Akte auf einmal zusammenfassend meint, so stellt der, der das Wort ,Hierarch' aus spricht, den von Gott erleuchteten, göttlichen Mann ins Licht, der sich auf das gesamte Gebiet der geheiligten Erkenntnis versteht, in dem außerdem die ihm entsprechende Hierarchie als ganze sich rein erfüllt und klar erkannt wird.l4
Vertreten wird sie weiterhin durch das Spektrum der gesamten Überlieferung, das heißt sowohl durch die Heilige Schrift als auch durch die ihr nachfolgenden Theo logen (bzw. ,Mystagogen'): Denn die Substanz der Hierarchie bei uns sind die WORTE der göttlichen Überlieferung. Als hochzuverehrende WORTE aber bezeichnen wir diejenigen, welche uns von unseren gotterfüllten Mystagogen auf den von Gott kündenden Tafeln der Heiligen Schriften ge schenkt wurden, allerdings auch das, worin von denselben geheiligten Männern unsere Lehrer eingeweiht wurden, eingeweiht in einer mehr immateriellen Einweihung, die irgendwie schon der himmlischen Hierarchie nahe steht, durch unmittelbare Gedanken verbindung, vermittelt durch die zwar körperlich bewirkte, aber doch weniger materie gebundene Sprache ohne Schriftform. Und diese haben die gotterfüllten Hierarchen nicht in unverhüllten Gedanken für den gemeinsamen heiligen Dienst überliefert, sondern in geheiligten Symbolen. 75
Ihrem Sendungsauftrag gemäß ist nach Dionysius Areopagita Aufgabe der nach folgenden Theologen (bzw. ,Mystagogen'), ihr Wissen weiterzugeben.76 So kommt ihnen auch qua Sendungsauftrag Autorität zu. Dionysius Areopagita betont dem gemäß, daß die Aussagen und Lehren seines Lehrers für ihn die allerhöchste Autorität besitzen; im dritten Kapitel seiner Schrift Ober die Namen Gottes räumt er ihnen sogar den Wert einer .. zweiten heiligen Schrift" ein.77 In der Folge wird dieser areo pagitische Topos zur Metapher für die Überlieferung als Wegweiser des Glaubens; er findet in diesem Sinne Eingang in das Lehramt: Das 4. Konzil von Konstantinopel (8. ökumenische Konzil) beruft sich in seiner 10. Sitzung vom 28. Februar 870 auf Dionysius Areopagita: Wenn wir auf der geraden und königlichen Straße der göttlichen Gerechtigkeit, ohne Anstoß zu nehmen, einherschreiten wollen, müssen wir gleichsam als immer leuchtende ,. Ps.-DIONYSIUSAREOPAGfTA, DeeaJtl�lt�hierarch� 1,3 (PTS36: 65,22-66,6; Übersetzung BGL 22: 98). " PS.-DIONYSIUS AREOPAGfTA, De tCclel�stjca hiuarcha i 1,4 (PTSJ6: 67,6- t 4; Übersetzung BGL 22: 99). gesandt von der Güte des GotteJprinzips, es aufdie nachfolgenden Stände weiterzuleiten· (Ps -Dlo NYSIUS AJl.EOPAGITA, De ecclesiastica hierarchia 1,5 [PTS 36: 67,18; Übersetzung BGL 22: 99]). 11 Ps.-DIONYSIUS AUOPAGITA, Dt divinis nominibHs J,2 (PTS JJ: 140,14). "
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und unsere Schritte erhellende Fackeln die Definitionen und Auffassungen derer, die in GOtt heiligen Väter sind, beibehalten. Deswegen halten und erachten wir auch diese gemäß dem großen und überaus weisen Dionysius für ,zweite Worte' ... Dem Lichte wahrhaft ähnlich sind nämlich die Mahnungen und Abmahnungen der gött4 lichen Kanones, wonach man das Bessere vom Schlechteren und das Nützliche und För derliche von dem unterscheidet, was sich nicht als nützlich, sondern sogar als schädlich erweist. 78
Die Tradition wird hier als Quelle und Richtschnur des Glaubens ausgelegt, was zur Lehre der Kirche von der Tradition als Glaubensquelle hinführt. Dionysius Areopagi ta als .heiliger Vater' ist eine anerkannte Station dieser Lehre. 79
4. Antiquitas 4.1 Implizites Alter Das implizite Alter ist insofern apostolisch, als Dionysius Areopagita vorgibt, Zeit genosse von Paulus,80 Petrus und Jakobus zu sein: Wir haben gleichwohl auch dieses sehr angemessen beachtet. daß wir an das. was unser heiliger Lehrer selbst in deutlicher Darstellung gut geordnet hat, überhaupt nicht Hand angelegt haben, um nicht die Darstellung der von ihm vorgelegten Lehre noch einmal zu wiederholen. Denn auch in der Gegenwart unserer gonergriffenen Priester selbst übertraf er mitten zwischen den biblischen SchriftstelJern all die anderen in die heiligen Mysterien Eingeweihten, als auch wir, wie Du weißt. und er selbst und viele unserer heiligmäßigen Brüder zur Schau des lebensspendenden und Gou aufnehmenden Leibes zusammen4 gekommen waren, darüber hinaus waren aber auch Jakobus. der Bruder des Herrn, und Perrus, die höchste und ehrwürdigste Spitze der biblischen Schriftsteller, anwesend .. . 81
Der hier mit .,Du" Angesprochene ist ein Mann namens Timotheus, den Dionysius Areopagita insgesamt dreimal direkt anspricht82 und der nach Aussage der Apostel geschichte (16,1-3) vom Apostel Paulus bekehrt wurde. Jakobus meint hier den Verfasser des ersten Katholischen Briefes Qak; vgl. Mk 6,3; 1 5,40), Kernmitglied der Urgemeinde in Jerusalem und nach dem Weggang des Petrus Leiter dieser Gemeinde. Was aber besagt diese implizite Apostolizität?
" DENZINGEk I HONEkMANN, Nm. 65of. " Weitere Stationen bei DENZ1NGER I HONERMANN, Nm. 271, 370, 396, 399,485, 501-520, 548, 550, 575, .0 '1
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635, 710, 824, 850, 1510, 1542, 1600. 1 692, 1750, 1766, 1800, 1820f., 2090, 2830, 2855E., 3284, 3541. Zu Paulus siehe oben, Abschnitt 2.2. PS.4D10NYSIUS AREOPACITA, Dt djvinis nominibuf 3,2 (PTS J.}; 141,1-8; Übersetzung BGL 26: 40; vgl. dort auch 112 Anm. 73). PS.4010NYSIUS AREOPAGITA, Dt Jjf)jn si nominibul 1 8 (PTS 33; 121,14); Dt mYJlica thtologia 1 I (PTS 36: 1-42,5); Ep. 9,1 (PTS 36: 193,3).
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Die implizite, der Apostelzeit angehörige Autorschaft ist als Vermittlerin eines autortypischen Programms zu begreifen, das auf eine paulinische Subsumtion griechi schen Denkens unter den christlichen Glauben abzielt, was schon der erste Redaktor und erste Scholiast der areopagitischen Werke, der genannte Johannes von Skytho polis, erkannte.8) Demgemäß beantwortet der Traktat De divinis nominibus die ohen erwähnte Frage, wie der Mensch Gott aus dem ontologischen System seiner Schöp fung heraus erkennen könne, durch eine christliche Interpretation und Transforma tion der neuplatonischen Parmenides-Auslegung. ,. Die areopagitische Methode ist somit eine ambivalente Verknüpfung von Neu platonismus und Christentum, die es - qua Ambivalenz - erlaubt, das Ziel des areo pagitischen Konzeptes sowohl im Versuch einer Verchrisdichung des Neuplatonis musas als auch im Versuch einer Hellenisicrung des Christentums zu sehen. 8& Gerade diese Ambivalenz begründet einen Teil des Erfolges der areopagitischen Konzeption, da sie philosophisches und theologisches Interesse gleichermaßen weckt. Sie enthält zudem noch eine weitere Ambiguität, der ebenfalls ein Teilerfolg der Areopagitica zu kommt, das ist eine sowohl vernunftbetonte spekulative als auch glaubensbetonte mystische Interpretierbarkeit ihres Entwurfes. So konnten sich einerseits spekulative Denker wie Albert der Große, Thomas von Aquin, Marsilio Ficino, Giordano Bruno, Friedrich Wilhe1m Schelling oder auch Edith Stein, anderseits Mystiker wie Jan van Ruusbroec, Heinrich Seuse, Johannes Tauler oder Johannes vom Kreuz darauf bezie hen. Diese mehrfache Auslegbarkeit als Resultat des autortypischen Programms wird durch das reale Alter der Werke nicht getrübt, das jedoch ebenfalls noch der antiqui tas zuzurechnen ist.
4.2 Reales Alter Denn in Wirklichkeit hängen die Werke des Dionysius Areopagita von den Schriften des Neuplatonikers Proklos (t 485) ab und stehen in ihrer Christologie dem im Jahr 482 erlassenen Henotikon nahe. Ferner weist der reale Autor auf das durch Petrus den Walker 476 in die syrisch-antiochenische Meßliturgie eingeführte Credo87 sowie auf einen ebenfalls durch Petrus den Walker eingeführten Ritus zur Myronweihe hin.88 Zudem werden die Werke des Dionysius Areopagita erstmalig gegen 518/528 in 11 11 n
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Vgl. SUCHLA 1995, passim. Vgl. SUCHLA 1996, passim. Elwa A.M. Rilter in PS.- DIONYSIUS AUOPAGITA, Obtr dit MJujuht Thtologit lind Britf�, 51 f.; offenbar wurde dem AUtOr der areopagitischen Traktate schon rruh der Versuch einer Verchrisdi chung dts Neuplalonismus7.um Vorwurf gemacht, was ihm nach tigenem Bekunden die Beschimp fung ,Valermörder' eingebracht habe (Ps.·DJONysluS AREOPAGITA, Ep. 7,2; PTS 36: 166,7-9). Etwa BEIERWALTES 1998, H. Vgl. PS.-DIONYSIUS AREOPAGITA, Dt tecltliauica hitrarchia 3,7 (PTS 36; 87,21-88,1). VgL PkDIONYSIUS AREOPAGITA, Dt tccluiauica hitrarrhia 2,7 (PTS 36: 72,14f.; 73,S); 2 gewQw 8
(PTS 36: 78,1-4); . (PTS 36: 95,.; 95,8-103,18); 5,1 (PTS l6: 10-4,) ; 5,) (PTS 36: 106,19); 5,5 (PTS 36: 107,25; 108,2); 7 9EWQW 9 (PTS 36: 130,2).
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einigen Schriften des Severus von Antiochien erwähnt. Die Werke datieren demnach realiter zwischen 485 und 5 18/528 und stammen aus dem Gebiet des antiochenischen RituS, insbesondere der alexandrinisch geprägten Schule von Caesarea (Maritima bzw. Palaestinae}.89 Von hier aus fanden sie rasche Verbreitung, Aufnahme und Wirkung: Johannes, der Bischof von Skythopolis, versah sie kurz nach ihrer Entstehung mit kompetenten Randkommentaren;90 Johannes Philoponus, Papst Gregor der Große und Johannes von Damaskus etwa bezogen sich auf die areopagitische Engellehre; 91 Johannes Philo ponus berief sich für die Sonnenfinsternis bei der Kreuzigung Christi auf den siebten Brief des Areopagiten; 92 Maximus Confessor lehnte sich in seiner Schrift Mystagogie an den areopagitischen Traktat De ecclesiastica hierarchia an;91 Jakob von Edessa folgte der areopagitischen Sakramentenlehre;9" Verteidiger des Bildes wie Johannes von Damaskus oder Germanus von Konstantinopel beriefen sich auf das areopagi tische Analogie-Verständnis,9!. um nur einige wenige Beispiele aus einer Fülle von Aufnahmen und Wirkungen zu nennen. 9/0 Doch mehr: Dionysius Areopagita avancierte zu einem der meistkommentierten Autoren. Nachdem Maximus Confessor die Randkommentare des Johannes von Sky thopolis um Adnotatc und Glossen ergänzt97 und mit dem fünften Ambiguum einen Kommentar zum arcopagitischen Brief vier geschrieben hatte, ')8 verfaßten Denker und Gelehrte wie Theodoros Bar Zarudi, Iwannis von Dara, Johannes Scotus Eriu gena, Hugo von Sankt Viktor, Johannes Sarracenus, Bar Salibi, Robert Grosseteste, Thomas Gallus, Albert der Große, Thomas von Aquin, Thomas Hibernicus, Georgios Pachymcres, Johannes Gerson, Nikolaus von Kues, Dionys der Kartäuser und Marsi lius Ficinus ebenfalls Kommentare. Daneben gingen Teile seiner Werke in Sentenzen und Exzerptsammlungen. in Florilegien und Sermones-Sammlungen sowie in ausge dehnte Notat- und Kompendientraditionen ein. Vgl. SUCH lA 2002a., 20". '0 SUCHlA 1995, pa.ssim. '1 Entgegen der älteren Tndition weisen sie mit Dionysius Areopa.gita. den Engeln keine Leibliehkeit zu, sondern begreifen sie a.ls reine stofflose, geistige Wesen (,,6eS); vgl. etwa. JOHANNES PHllOPONUS, De opificio mundi 1 9-16 (ed. REICH A1I.DT 19-10; "gI. FC 23/1: 109-149). '1 Vgl. jOHANNES PHllOPONUS, Dt opificio mundi 11 21 und 111 9 (ed. REICHA.RDT loof. und 129; vgl. FC 23/1: 257; FC 2]12: 313) unter Bezug a.uf PS.-D10NYSlUS AREOPAG1TA, Ep. 7 (PTS 36: 165-170). 'l Vgl. MAXIMUS CONFESSOl'., Mystagogia (PG 91: 657-717); vgl. SUCHlA 2002g, 496. ,. Insbesondere in jenen Pa.rtien, in denen DionYiiu's Areopa.gita· der Myronsalbung sa.khmenulen Chankter zuschreibt (PS.-DIONYSIUS AREOPAGITA, Dt tecltsiastiea hitrarchia 4); vgl. BROCK 1979. " joha.nnes von Da.mukus etW:l zitiert Dionysius Areopa.giu im Florileg zu seinen drei Bilderreden OOHANNES VON DAMASKUS, Conrra imaginum calumniatorts orationts trtf; ed. KOTTER 144: III 43,4f.; 1 28 I:: II 24],3-7; I 30 [::: I l 26),2-8; ed. KOTIER 145: 1 J2 I:: II 28 = III 44],2-8; 1 33 [= I129 = III •,
45).1-6).
" Eine Fülle weiterer Beispiele, die sich jedoch noch entschieden vermehren la.sscn, vermitteln etwa. RAVEZ 1957a.; RAVEZ 1957b; HAINTHAlER 1997, pa.ssim. '7 Vgl. loannis Scythopolitani prologus tt scholia (um Maximi ConftSJoris additamtntis er glossif (er scheint demnächst in PTS). ,. MAXIMUS CONFESSOl'., Ambigua ad Thomam 5 (PG 9 1 : 1045-1060).
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So bleibt festzuhalten, daß sich die Wirkung der areopagitischen Schriften vom Jahrhundert ihrer Entstehung an über das Mittelalter und den Deutschen Idealismus bei Fichte, Schelling und Hege! bis in die Gegenwart hinein erstreckt, in der Diony sius Areopagita unter anderem in der Kulturkritik, der Psychoanalyse, der protestan tischen Mystik, der katholischen Philosophie und Theologie. der Essayistik und der Kunst nachwirkt. Erinnert sei ecwa an Hugo Ball, earl Gustav Jung, Dorothee Sälle, Edith Stein, Hans Urs von Balthasar, Gerd-Klaus Kaltenbrunner oder an das Werk des Malers Anselm Kiefer." Trotz dieser immensen Bedeutung des Dionysius Areopagita für die Geistes geschichte in OSt und West bestehen noch gravierende Forschungslücken: 100 Die aus gedehnten Textanmerkungen des Johannes von Skythopolis, die die areopagitischen Traktate vom Beginn ihrer Überlieferung an begleiteten, und die später hinzugefügten Anmerkungen des Maximus Confessor sind zu edieren, ihre Übersetzung ins Lateini sche durch Anastasius Bibliothecarius ist zu untersuchen. Darüber hinaus fehlt einer seits die Erfassung, Dokumentation und Darlegung der erwähnten ausgedehnten Kommentartradition in Ost und West, anderseics eine umfassende Darstellung der Überlieferungs geschichte der Areopagitica. Weitestgehend unerforscht ist der Ein gang des Dionysius Areopagita in Sentenzen-, Florileg- und Exzerptsammlungen so wie in ausgedehnte Kommentar-, Notat- und Kompendientraditionen; unerforscht sind ferner die Tradition der Sermones in Dionysium sowie die zahlreichen Pseudo Dionysiaca wie die historisch ebenfalls sehr wirksame Epistula de morle aposlolorum Petri et Pauli. Die weite und zahlreiche Verbreitung des Dionysius Areopagita in diesen Traditionen ist ein Indiz für seine außergewöhnliche Wirkungs geschichte, die in profundo ebenfalls noch zu schreiben ist. Insbesondere fehlen Studien zur Wirkung des Dionysius Areopagita auf Philosophie und Theologie der letzten beiden Jahr hunderte; auch seine Wirkung auf Musik, Literatur und Kunst ist wenig erfaßt. So gilt noch heute, was bereits 1957 die Herausgeber des Dictionnaire de Spiritualite Asce tique et Myslique zum außerordentlichen Einfluß des Dionysius Areopagita ins besondere im Westen anmerkten: Er sei noch lange nicht vollständig bekannt, und letztlich erlaubten die bisherigen Forschungsergebnisse noch nicht einmal einen summarischen Überblick. lOt Kehren wir zur eingangs aufgeworfenen Frage zurück: Ist Dionysius Areopagita ein Vater der Kirche? Die Prüfung der vier eingangs erwähnten Merkmale berechtigt zu einer bejahenden Antwort. Doch mehr noch: Sein ekklesiales Denken zeigt ihn als ei nen Vater, der die Kirche als Bestandteil der göttlichen Schöpfung begriff und daher in und außerhalb der Kirche bis in die Gegenwart hinein Beachtung und Gehör fand und immer noch findet. '" Eine Studie zur areopagitiscben Wirkungsgeschichte im 20. Jahrhundert bereite ich gerade vor. 100 Ihrer Füllung sind meine Forschungen auf der Grundlagenforschungutelle Dionysius Areopagita der Akademie der Wissenschaften in Göttingen verschrieben. leI Vgl. RAVEZ 19S7b, 318.
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I
TERTULLIAN ALS KIRCHENVATER ? GESCHICHTLICHE UND DOGMATISCHE ERWÄGUNGEN ZUM EKKLESIALEN TRINITARISCHEN MONOTHEISMUS
GABINO URfBARRI 5J
1. Einleitende Bemerkungen und Bestimmung der Frage In einer Festgabe für Professor Hermann Josef Sieben 5J sollte ein Beitrag über Tertullian nicht fehlen, da der afrikanische Schriftsteller ja dem Geehrten selbst eine deutsche Übersetzung mit Einleitung und Kommentar zu seinem dogmatisch relevan testen Werk Adversus Praxean wert war. I Die vorliegende Festgabe ist thematisch auf ,kirchliches Denken' und die ,Väter der Kirche' ausgerichtet. Wenn wir das Werk Ad
versus Praxean als spezielles Thema dieses Beitrags ausgewählt haben, stelh sich daher unausweichlich die Frage: Bis zu welchem Punkt läßt sich der Autor von Adversus Praxean als Kirchenvater betrachten 2 oder, bescheidener und konkreter gefragt, als ein Vordenker im Bereich der kirchlichen Trinitätstheologie? Die Frage ist nicht neu. Sieben hat sich mit diesem Problem in der Einleitung zum Text und seiner Überset· zung befaßt: obgleich er den außerordentlichen Rang der uns hier beschäftigenden Schrift anerkennt, weist er die Überbewertung ihrer Wirkungsgeschichte zurück.) Die jüngste Forschung, die sich damit ernsthaft auseinandergesetzt hat, widerspricht den beiden größten Heldentaten, die Harnack unserem Text und unserem Autor zuschrieb: weder war Terrullian dem Konzil von Chalcedon zweihundert Jahre vor aus,4 noch geht das nizänische homoousios über Ossius von Cordoba letztlich auf ihn zurück. S
I
Erschienen 2001 als Band 34 der Fontes christjanj. Suenggenommen kann man Tenullian nicht in jeder Hinsicht lls einen Kirchenvater betrachten. Trotz der lußerordentlichen Bedeutung dessen. WlS er an theologischen Werken hervorgebrlcht hu - er ist der erste kirchliche Schriftsteller Ilteinischer Sprache und ein großer Schöpfer theologischer Termini in dieser Sprache - führten ihn doch die Rldikalität und die Unversöhnlichkeit seiner Positionen, besonders luf dem Gebiet der discip/jna, zum Montlnismus, der nicht frei ist von einer mehr als frag würdigen Offenbuungstheologie. Auf christologischem und trinitarischem Gebiet dlgegen trin er lls großer Theologe hervor, auf einer Linie mit den Großen der Tradition, wenn auch mit den spezifischen Einschränkungen seiner Zeit, seines Chuakters und seiner eigenen Einstellung. Zu den zuletzt ange sprochenen Punkten vgl. BRAUN 1977; CANTALAMESSA 1962. J VgJ. H .}. Sieben in seiner Einleitung zu TUTULLlAN, Adversus Praxean (Fe 34: 7; 82-91) mit den ent sprechenden Verweisen. • VgL unter lnderem CANTALAMESSA 1962, 150-167; CANTALAMESSA 1966; SIMONElTl 1965l. , Zum nizänischen homoousjos s. den jüngst erschienenen Beitrlg BEATRICE 2002 mit reichhlltiger Bibliographie und Forschungsbericht. Z
LJ}\.HINU U.rtio ..... Für eine Auslegung vgl. z. B. MOINCT 1966/ 1969, III 95"-957. 10 Ein ihnliches Problem behandelt, aus einem anderen Blickwinkel, LADARIA 2002. 11 Vgl. TERTULLlAN, Adv�rsUf VQ1�nrinufnos (SC 280; 281); Adv�rfUf H�rmogrnrm (SC 0(9). 11 Vgl. TERTULLlAN, Advrrsus Marc:ionrm mit seinen drei Ausgaben und seinem großen Lmfang sowie Dr CQrnr ChrjHj (SC 216; 217) und Dr rrJurrcctionc carnis (CSEL "7; 25-125), denen nan noch die verlorene Schrift Advcrsus Aprllriacos hinzuzählen könnte. I) Tertullian bezeugt eine wie auch immer beschaffene kirchliche Versammlung, die über I raxeas befin. den sollte und zu einer abschließenden schriftlichen Vereinbarung führte; vgl. TEIlTULLI\N, Advcmu Pranan 1,6 (vgl. GGL 2: 1 1 60,34-"0); zu Paul von Samosata vgl. EUSEaIUS, HiJtoriQ ccJcJ;Qstic,. VIl 27-30 (GCS.NF 612: 702.71.04); das Konzil von Nizäa Irat wegen Arius zusammen. M
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Tl!R"I-ULLIAN
implizierte und so die Enrwicklung dieser kirchlichen Institution vorantrieb, die von Sieben so intensiv erforscht worden iSt.14 Konkret können wir die Trinitätslehre Ter tullians - und genauer gesagt, seinen trinitarischen Monotheismus - folgenden Lehren gegenüberstellen: dem Patripassianismus des Praxeas, dessen Widerlegung mit Tertul lians Denken als solchem eng verwoben ist, dem Subordinatianismus des Arius, der der bedeutendste Repräsentant dieser Strömung in ihrer von der Kirche nicht akzep tierten Spielart ist,IS und dem Adoptianismus des Paul von Samosata, des heraus ra gendsten Autors dieses Denkversuchs.
2. Tertullian: Monotheismus in Offenheit für die Trinität
2.1
Praxeas
Man kann Tertullians Haltung nicht verstehen, ohne sie vor dem Hintergrund seiner Auseinandersetzung mit Praxeas zu betrachten. 16 Wenn man sich auf das Wesentliche konzentriert und von gewissen Schattierungen und Aspekten absieht, kreist die Theo logie des Praxeas hauptsächlich um den Monotheismus. Sie beharrt auf der Einheit Gottes, 17 so wie diese in der
regula fidei'8 und in
der Schrift erscheint. 19 Von daher
meint Praxeas, daß die Göttlichkeit des Sohnes sich nicht anders verstehen läßt als in der Weise, daß man ihn mit dem Vater identifiziert. 20 Es findet sich sogar ein Schrift beleg für diese Sichrweise. 21 So bleibt der theologische Begriff der Monarchie ge wahrt, ohne von der Vorstellung der Heilsökonomie her, von der angenommenen Mehrzahl in der Heilsgeschichte handelnder Personen, pervertiert zu werden.22 Hat
., Vgl. SIEßEN 1979; FISCHER I LUMPE 1997. lJ VgL MARCUS 1963. I. Eine stärker entfaltete und begründete Darstellung ist in URIBARRI 1999 zu finden; eine weitere Dar stellung, die hier von Interesse sein kann, in OUE 199", 53-70; vgl. auch H.J. Sieben in der Ejnltjt,mg zu TERTULl.IAN, Advtrslls Praxtan (FC 34: 33-....). •, .. Unicum Dominum vindicat, omnipotentem, mundi conditorem ut et de unico haeresin faciat"; TER· TULLlAN, AdfltnllJ Pra:uan t , 1 (CCL 2: 1 t 59,3-5). 11 . . . quoniam et ipsa regula fidei a pluribus diis saeculi ad unicum et verum Deum tnnsfen, non in leUegentes unicum quidem sed cum sua oikonomia esse credendum, expavescunt ad oikonomiam": TERTULlIAN, Adfunlls Praxtan 3,1 (CCL 2: 1 1 61,2-5; vgl. ed. SCARPAT 146 mit z. T. anderem Won laUt); vg!. A dvtrSIiS Praxun 2,1 f. (COL 2: 1 1 60,1-22), wo Tertullian die rtgll/a fidtj vorstellt. •, TERTULLlAN, Adfltrsus Prauan 18,3 (CCL 2; 1 1 83, t 6-118",2") mit Zitat von Jes "5,5; AdfltrSlil Pra1:tan 19,1 (CCL 2: 11 8",1-7) mit Zitat vonJes H,". 10 . . . dum unicum Deum non alias putal credendum quam si ipsum eundemque et Patrem et Filium el Spiritum dicat": TERTULLlAN, AdvtrsuJ Praxtan 2,3 (CCL 2: 1 1 6 1 ,27-29). Joh 10,10 sowie 14,9-1 1 . Vgl. TERTULLlAN, AdvtrJIH Praxtan 20-25 (CCL 2: 1 186,1-1196,32). Zur Bedeutung dieser Texte vgl. URIßARkI 1995, hier .. 70f. 11 . . . expavescum ad oikonomiam. Numcrum et dispositioncm trinitatis divisionem praesumunt uni tatis, quando unitas, ex semetipsa derivans trinitatem, non destruatur ab iJla sed admininretur": TEil.· TULLIAN,AdvtrlIlJ Prutan ],1 (CCL 2: 1161,5-8; verinderterTe:n in ed. SCAAPAT 1 ..6); Monarchi am, inquiunt [F Rh ed.]. tenemus, : Advtnut Praxtan 3,2 (CCL 2: 1 161,12). ..
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man einmal vorausgesetzt, daß das eben Gesagte zutrifft, so ist es folgerichtig zu den ken, der Vater selbst verwandle sich in den Sohn23 und sei deswegen der, der sich in karniert und am Kreuz stirbt. H Offenbar erscheint in den Theophanien dasselbe Wesen, das unsichtbar ist als Vater, doch sichtbar wird als Sohn. 2S Also sind Vater und Sohn ein und derselbe.26
2.2 Tertullian Eine Position wie die des Praxeas war nicht ganz leicht zu entkräften. Einerseits ar gumentiert er ausgehend von der regula lidei und der Schrift. Ferner beschuldigt er die Position des Gegners wegen ihrer Auffassung der Hervorbringung des Sohnes aus dem Schoß des Vaters, sie sei gnostisch geprägt.27 Weiter versteift er sich auf die Zu rückweisung eines ,anderen
(alius) Gones',28 wie die
Kirche ihn seit einiger Zeit mit
Nachdruck gegen Marcion verteidigte. Er bringt eine ehrwürdige Vorstellung aus der Tradition ins Spiel: die göttliche Monarchie, die man herangezogen hane, um den christlichen Monotheismus zum Ausdruck zu bringen,29 indem man ihn dem Dualis mus oder Emanatismus anderer Denkströmungen entgegenstellte. Das heißt: nach dem ersten Anschein wurzelt die Position des Praxeas im Boden der besten kirchli chen Tradition, des gesunden Schriftverständnisses und des philosophischen Ansat zes, der die neu entstehende christliche Reflexion begleitet. Tertu llian mußte den ursprünglichen Sinn der grundlegenden Inhalte, um die es hier ging, wieder ausfindig machen.3o Dazu zunächst folgendes: Es war nicht möglich, an der Debane über die Texte der Heiligen Schrift teilzunehmen, solange man nicht die genannte Serie von Haupt-Vorurteilen, die ihnen gegenüber bestanden, zurückge wiesen hane. Konkret muß Terrullian, auch wenn er in den ersten Kapiteln schon ge-
u
Ipse sc, inquiunt, Filium sibi feeit"': TERTULLlAN, A dfJCTSlH Pra;r:can 10,1 (CCL 2: 1 169,4); vgl. auch 10,7 und 9 (CCL 2: 1170,36-38 und 53); 1 1 , 1 (CCL 2: 1 1 70,2). In diesem Sinn behandelt er Lk 1,]5 in AJvcrJu$ Praxcan 26,2f. und 27,4 (CCL 2: 1196,5-18 und 1198,1 8-22). l' .Ipsum dicit Patrem descendiue in virginem, ipsum ex ea natum, ipsum passum, denique ipsum esse Iesum Christum"; TERTULLIAN, AJfJcrsuJ Pr..:xtan 1,1 (CeL 2: 1 1 59,5-7); .ltaque pOil tempus Pater natus et Pater passus, ipse Deus Dominus omnipotens lesus Christus praedieatur"; AJfJcrsuJ Praxc..n 2,1 (CeL 2: I 160,lf.). 2� Vgl. TERTULLlAN, AdfJcrrur Pr..:xcan 14-16 (CCL 2: 1 176,1-1 182,(1). u Ergo qui� duos el unum, inquiunt, invenimus, ideo ambo unul atque idem el Filius et Pater'�: TER. TULLlAN, AJfJ�r1U1 Pra:xcan 18,1 (CCL 2: 1 18],3-5). " Vgl. TERTULLIAN, AJfJersur Praxtan 8,1 (CCL 2: 1 167,1.4). Zum Thema insbesondere URIBARII.I 1999, 142-144. 11 Vgl. TERTULLlAN, AJvcrtut Praxtan 9, I (CCL 2: 1 168,3-12). lt Vgl. JUSTIN, Dia/oguJ 1,3 (ed. GOODSPEED 91); TATlAN, Oratio contra Graccos 14,1; 29,2 (ed. GOOD. SPEED 281; 294); THEOPHILUS VON ANTIOCHIEN, Ad AUlO/)lcum 11 4; 8; 28; 35; 38 (SC 20: 102; 118; 166; 186; 202; vgl. ed. GRANT 26; 38; 70; 84; 96). Für weitere Details vgl. UR1BARl\1 1996a. }(I Die hier zusammengtfaßten Elemente werden ausfuhrlicher erläutert in URIBARRI 1995. ••
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JJ/
TERTULLIAN
gen seinen Gegner argumentiert hat3t - unter anderem mit dem schwerwiegenden juristischen Mittel des prinzipiellen Einspruchs (praescriptio)32 , den grundlegenden -
Sinn des Monotheismus erläutern, den die göttliche Monarchie zum Ausdruck bringt, ferner in aller Deutlichkeit die Existenz des Sohnes und seiner Eigenschaften begrün den und schließlich darlegen, inwiefern der Vater und der Sohn nicht identisch sind, ohne dabei die Einheit des christlichen Monotheismus zu zerbrechen. Ich werde mich ausschließlich auf diese Punkte konzentrieren, um den grundlegenden Ansatz der Hauptlinien von Tertullians Auffassung des trinitarischen Monotheismus zu ermit teln.
2.2.1 Bedeutung des Monotheismus: Adversus Praxean 3_433 Die Aufgabe, die sich Tertullian stellt, besteht darin, den Irrtum der Position des Pra xeas aufzuzeigen. Er und seine Partei behaupteten, der Glaubensregel treu zu bleiben und die göttliche Einheit zu wahren. Die Einführung der Dreiheit würde ihrer Mei nung nach automatisch die Teilung und somit die Zerstörung der Einheit mit sich bringen. Sie werfen Tertullian vor, die
oikonomia erzeuge, insofern sie Vielheit impli
ziert, eine Teilung; und so werde die Einheit vernichtet. J4 In diesem Kontext berufen sie sich auf die göttliche Monarchie.3s Tertullian hält dem in direkter Gegenüberstel
lung seine eigene Art, die göttliche Monarchie zu verstehen, entgegen. So ziehen die Anhänger des Praxeas folgende Konsequenzen aus der genannten Auffassung:
... daß die Monarchie ... de swege n, weil sie eines einzigen ist, vorschreibt, daß der, der sie hat, entweder keinen Sohn habe oder er sich selber zum Sohn gemacht habe oder daß seine Monarchie nicht, von welchen immer er will, ausgeübt wird. 36 Terru llian sagt, daß tatsächlich jede monarchische Herrschaft von anderen Personen verwaltet wird. Und für den Fall, daß der Verwalter der Sohn des Monarchen ist und dieser ihm eine Teilhabe an der Macht gewährt, hört die Monarchie nicht auf, die
Vgl. TERTUU.IAN, AJ'fItrfus Praxtan 1-2 (CCL 2: 1 1 59-1 161). Ich verweise auf meinen Kommentar in URfBARRI 1996c. )2 Vgl. TERTUU.lAN, AJvtrfuS Praxtan 2,1-3 (CCL 2: 1 1 60,1-1161,29); vgl. URfBARRI 1996b und ALCO. VER 2000. B ei der praucriptio handelt es sich um ein ,technisches' Beweismittel, das Tertullian in sei nem Werk De praefcriptiont hatrericorum (SC 46) ausführlich entfaltet; es erlaubt, einen Disput mit Hilfe eines formalen Rekurses zu lösen, der ein Eingehen auf den spezifischen Inhalt der Angelegen heit unnötig macht. H Ich stelle hier einige der Elemente zusammen, die ich ausführlicher in URfBARRI 1996a, 153·207, dar· gelegt habe. )1 Vgl. TERTULLlAN, AdvUIUS Praxtan 3,1 (CCL 2: 1161,4-12). n Vgl. TERTULLlAN, AdvuSUf Praxtan 3,2 (CCL 2: 1161,12). 36 . . praescribere monarchiam ideo, quia unius Sil, eum, cuius sit. aut Filium non habere aut ipsum se sibi Filium feciue aUl monarchiam suam non per quos velit administrare": TERTULLIAN, AdvtrSuf Praxtan 3,2 (CCL 2: 1161,18-1 162,21; FC 34: 1 1 1; hier und im folgenden wird $lets die Übersetzung von H.J. Sieben übernommen). )1
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(jAIUNU UKJBARRI S)
Herrschaft eines einzigen zu sein)7 - so verhielc es sich etwa in Rom beim doppelten Prinzipat. 31 Daß es sich um die Herrschaft eines einzigen handelt, hindert nicht daran,
daß er seine Macht delegieren kann. Bei Gott ist es so, daß er seine Herrschaft mit Hilfe Tausender von Engeln ausübt (vgl. Dm 7,10)." Wenn nun die Engel die Monar chie Gottes nicht zerstören, wie sollten es dann der Sohn und der Geist tun, die ..die Substanz des Vaters so sehr mithesitzen" ?40 Folglich ist das, worin die Zerstörung der Monarchie wirklich besteht, nicht ihre Verwaltung durch eine Reihe von Amtsträgern oder Hilfskräften, sondern die Einführung einer anderen, fremden Herrschaft:
Denn von Zerstörung der Monarchie solltest du nur dann sprechen, wenn eine andere Herrschaft von spezieller Art und eigener Beschaffenheit und damit eine Rivalin auf den Plan tritt, wenn ein anderer GOtt gegen den Schöpfer eingeführt wird, dann ist das schlecht. Wenn nach Leuten wie Valentin und Prodicus mehrere Götter eingeführt wer den, dann geschieht das zur Zerstörung der Monarchie, denn es geschieht zur Vernich tung des Schöpfers. 41 In unserem Fall dagegen wird in keiner Weise eine andere Herrschaft eingeführt. Der Vater übergibt die Macht an den Sohn.42 Am Ende der Heilsgeschichte gibt der Sohn sie an den Vater zurück. 4j Dies vollzieht sich in der Weise, daß die Monarchie im Ver lauf der gesamten Heilsökonomie ihre Beschaffenheit (status) nicht verändert:
Wir sehen also: Der Sohn steht der Monarchie nicht im Wege, auch wenn sie heute beim Sohn ist; denn sie ist in ihrer Beschaffenheit beim Sohn und wird mit ihrer Beschaffenheit vom Sohn dem Vater übergeben werden.4" Überdies weist Terrullian hier bereits deutlich auf einen Aspekt hin, auf den er im folgenden noch mehr Nachdruck legen wird. Der Sohn geht aus der Substanz des
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Tertullian wendet hier eine Art von Beweismittel an, das durch die klassische Rhetorik typisiert wor den war: das txtmplum. Für eine detailliertere Darstellung vgl. LAUSßERG 1960/ 1990, v. a. S 41 0-426. )1 Vgl. TERTUlLIAN, AdtJtrlul Prut4n 3,3 (CCL 2: 1 162,24-29). Scptimius Severus (193-211) 1.. B. er nannte während seines PrinzipalS seine heiden Söhne Caraealla und Gen zu Caeuren. ). Vgl. TERl1JLlIAN, Advtr1ld Pr4%t4n 3,4 (CCL 2: 1 1 62,29-33). Hier hat der Schriftverweis die Funk tion eines Autoritiiuargurnenu (4UCtOrit41); vgl. LAUSßERG 1960 / 1990. S 426. "i.watv) (V. 23). GlaubtmbtktnntnjJ dtJ A TiuJ und Jtintr GtnOHtn (In Altx(lndtr von Altx(lndritn ::: Urkundt 6, hicr
6,4 (cd. Ol'ITZ 111/1: 13,8). Vgl. cbd. ::: Urkundt 6, hicr 6,4 (cd. Ol'IT2. 11111: 13,12). Ebd. ::: Urk"ndt 6, hicr 6,5 (cd. OPITZ 11111: 13,1 7-20).
tiAHINU URIHAKKI SJ
und RatschIuß vor der Zeit und vor allen Zeiträumen als vollkommener Gott, als der Ein geborene und Unveränderliche . . Il .
So ist der Sohn nach Arius' Vorstellung eine aus dem Nichts geschaffene Kreatur (wie alles übrige, was überhaupt existiert, außer Gon): .. wir werden verfolgt, . . . weil wir gesagt haben: ,Er ist aus dem Nichts. 80 In der AHertio omnium articulorum per bullam Leonis X. nouissimam damnatorum von 1520 (WA 7; 99,5-10) zitiert Luther aus AUGUSTINUS, Ep. 82,1,3 (CSEL 3412: 354,4-6 und 11-15): .ego enim fateor earitati tuae solis eis scripturarum libris, qui iam eanonici appellantur, didici hune timorem honorem que deferre ... alios autem ita lego, ut, quanta libet sanctitate doctrinaque praepolleant, non ideo uerum putern, quia ipsi in senserunt, sed quia mihi ud per illos auctores canonicos uel probabili ratione, quod a uero non abhorreat, persuadere potuerunt." 61 Vgl. WERMEUNGER 1984, 170-184, bes. 174f. OHME 1998, 477-484, bestätigt, daß Augustinus den Ka nonbegriff grundsätzlich auf den biblischen Kanon anwendet, sagt jedoch nicht, wer nach Augustinus autorisiert ist, diesen zu bestimmen. U Vgl. für den neutestamentlichen Kanon METZGER 1987, 237f. ,) Vgl. etwaseine Überlegungen in Ep. 53,9 (CSEL 54: 462,5-463,12) an Paulinus von Nola; s. dazu auch oben Anm. 49 und die Diskussion bei ZIEGENAUS 1990, 141. Im folgenden zu berücksichtigen ist, daß Augustinus und Hieronymus tendenziell verschiedene KanonbegriHe verwenden (ZIEGENAUS 1990, 145f.), die in der modernen Forschung verstärkt zum Tragen kommen. Für die einen ist Kanon eher eine individuell-materielle, hiStorisch bedingte Gegebenheit (also z. B. der hebräische Kanon al, nor mativer Grundkanon, an dem sich die Kanonizität der Bücher aller übrigen Kanones bemißt), für die anderen ist Kanon eher eine universal-geistige, ideale bzw. als solche definierte Wirklichkeit (also z. B. der von der lateinischen Kirche definierte Kanon als normatives Abbild des wahren Kanons). Hie ronymus tendierte zu ersterem, Augustinus zu letzterem. Wie oben unter Anm. 61 angedeutet, berief Augustinus sich zwar auf die kirchliche Tradition, er verstand darunter aber erneut nicht genall das, was Hieronymus darunter verstand. Hieronymus suchte eher nach den historisch ursprünglichen Formen von Kanon und Tradition als Normen, Auguninus hingegen ging es darum, auf der Grundlage der christlichen Tradition kirchlich (in Konzilien) zu definieren, welcher Kanon der (und welche Tradition die) einzig wahre sei. Deswegen betrachtete Hieronymus den hebräischen Kanon als norma tiv und bemühte sich herauszufinden, welche Schriften in diesem Sinne als kanonisch gelten konnten, aucb dann noch, als die lateinische Kirche unter Augustins Einfluß sich bereiu für eine Version ent schieden hatte. Im Briefwechsel wurde dies aber nicht thematisiert. Hier diskutierte man Üb�rset-
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HlcRUN YMUS
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trifft zu, was Luther in der Assertio vor das Augustinuszitat Epistula 82,1 setzte, näm lich, daß er sich nicht definitiv zur Kanonfrage geäußert habe, für Augustinus nicht. 64 Augustinus hielt sich (für das Alte Testament) an die von der Septuaginta vorgegebene kirchliche Tradition. Hieronymus diskutierte65 auf der Grundlage des Prinzips einer veritas hebraica 66 die Kanonizität deuterokanonischer Bücher. Wenn sich nun Luther auf Augustinus berief, so tat er dies aus einer Einstellung zum Kanon heraus, die von
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zungsfragen; vgJ. dazu auch unten Anm. 64 und 66 (Literatur). Einige: moderne Forscher schließen lediglich aus dem, was wir allgemein über das Kanonverständnis des Hieronymus wissen, daß auch seine Diskussion mit Augustinus um den Kanon ging. Dafür gibt es jedoch im Briefwechsel keine Anhahspunkte. Deshalb wird auch hier nicht davon ausgegangen. LU'rHER, Autrcio omnium articulorum ptr bultam Ltonis X. nouiuimam JamnafOrum (152il) (WA 7: 98,28-30): �Quis est qui non saepius scripturas torserit? Quoties Augustinus solum disputat, nihil dif finit. Hieronymus in commentariis fere nihil auerit." Von einer Diskussion oder einem Disput zwi schen Hieronymus und Augustinus über die Kanonfrage ist hier übrigens weder im Zusammenhang mit dem Briefwechsel der beiden noch in sonst einem Zusammenhang die Rede; vgl. FORST 1999a, 245 Anm. 1 t 8; jetzt auch FORST 2003, 91-115. Es war Andreas Rudolff BodenStein von Karlstadt, der in sei nem ebenfalls t 520 erschienenen Werk Dt canonicis scripturis, ) 16-412, als erster den Eindruck eines Disputs zwischen Augustinus und Hieronymus in der Kanonfrage erweckte, und zwar deswegen, weil er .bei der Behandlung historischer Fragen der Entstehung der biblischen Schriften weitgehend Hie ronymus und Augustin zitiert� (BUBENHEIMER 1988, 650). Auf Luthers Äußerung in der Autrtio hatte diese Schrift übrigens keinen Einfluß. Zu betonen in hier jeweils Hieronymus' Offenheit. Es ging ihm nicht darum, in der Kanonfrage mit Augustinus zu konkurrieren oder einen Ahernativkanon vorzulegen. Man kann es deshalb nicht 50 sa gen wie HOWORTH 1 909, 482: The reformers sided withJerome" (im Sinne von: �gegen Augustinus"). Denn Hieronymus stand ja grundsätzlich auf der Seite Augustins. Daß er bestimmte Bücher ihrem lite rarischen Genre gemäß als{abulat, Apokryphen oder Pseudepigraphen bezeichnete, hat eher mit dem literarischen Charakter seiner Theologie zu tun. Eine Hierarchie von Schriften gab es überall, etwa auch im Judentum, wo die Rolle der griechischen (Septuaginta) und der aramäischen (Targumim) Übersetzungen diskutiert wurde. Hieronymus entfernte die Deuterokanonika ja nicht, sondern über setzte vielmehr auch sie. Indem er sie freilich dem Kanon beiordnete. zog er dessen Grenzen nicht nur enger, sondern öffnete sie auch in gewisser Hinsicht, ja es konnte sogar der Eindruck entstehen, er verwische sie; und eben dies warfen ihm auch einige Zeitgenossen vor, als er das aramäische Matthäus evangelium der Nazoräer, du er mit dem Hebräerevangelium identifizierte. als Evangelium klassifi zierte - erneut: von seinem Genrc hcr und nicht etwa, weil er es als funftes Evangelium dem neutesu� mentlichen Kanon beifügen wolhe. Dennoch schrieb etwa Thcodor von Mopsuestia empört, Hieronymus behaupte, er habt' in der Bibliothek des Eusebius von Caenrea ein fünftes Evangelium gefunden; vgl. LOSSL 2001b, 16 Anm. 20; LOSSL 2002, 423 Anm. 61 . Vgl. ZIEGENAUS 1990, 142-146. Ziegenaus sieht richtig (aaO. 145), daß Hieron ymus damit auch die jü dische Auffassung von Prophetie und Heilsgeschichte übernimmt. Entgegen Ziegenaus' Mutmaßung tUt Hieronymus dies jedoch durchaus bewußt, nämlich gegen den Origenismus und den Pelagianis mus; vgl. dazu CLARK 1992,221-227; sowie KELLY 1975,309-323; 3161. Ironischerweise folgte ihm dar in gerade ein ,Pelagianer'. Julian von Aeclanum, noch dazu beeinflußt von einem weiteren Gegner, Theodor von M opsuestia; s. LOSSL 2001 a. Hieronymus' Briefwechsel mit AuguStinus wurde von die ser Problematik nicht berünrtj denn dort ging es in der Regel um verschiedene Überlieferungen sowie Übc.rsetzungen von Büchern, über deren Kanonizität sich beide Kirchenväter einig waren; 5. dazu FORST 1999a, 140 Anm. 361; vgl. auch oben Anm. 63-65. •
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JUSt:t' LUSSL
Hieronymus beeinflußt war.67 Als das Tridentinum 1546 die dem Hieronymus zuge wiesene Bibelübersetzung als Vulgata .sanktionierte·,68 folgte es Augusrinus.69
., Augustiß5 Einfluß auf Luther war eher inhaltlicher Art (Stichwort ,Rechtfertigungslehre'). der des Hieronymus hg eher im formalen Bereich (,BibeleJ.:egese und Ddinition des Kanons'); vgl. ZIE. GENAUS 1990, 207: D:lnach war Luthers Bibdübersetzung eine Imitation von Hieronymus' Überset zungsprojekt, jedoch mit augustinischer Schwerpunkuetzung, was die theologischen Inhalte anging. Luther versah sie etwa mit neuen, rechtfertigungstheologisch ausgerichteten Vorrwen. Doch s. in diesem Zusammenhang aaO. auch die Beobachtung: Vermutlich hat die Frage nach dem Umfang der kanonischen Bibel Luther nicht so stark interessiert." Luther berief sich also auf Augustinus aus inhaltlichen Gründen, als Autorität für seine Rechtfenigungslehre. Insofern er sich auch für sein Kanonverständnis auf Augustinus berief, tat er dies unzutrdfenderweise; denn dieses ähnelte eher dem du Hieronymus, allerdings wiwerum nur bedingt, da es ja (anders als das des Hieronymus) auch inhaltlich von der Rechtfertigungslehre beStimmt war. Für diese berid Luther sich zwa.r auf Augusti nu,. Bemerkenswert in diesem Zusamm�nhang ist aber Luthcrs Ablehnung des Jako6u�briefs; denn mit dieser distanziert er sich auch inhaltlich yon Augustinus. Augustinus hatte den Jakobusbrid noch ohne weiteres mit seiner Gn:ldenlehre vereinbaren können, sdbst im pdagianischen Streit; ygl. dazu VATES 2001. " Vgl. die Dekrete SacrOJlmcta und Insllper (Concilillm T,identinllm 5: 91,1-32 und 91 ,35-92,34). Inter essanterweise nennt das Konzil Hieronymus nicht als Übersetzer der autorisierten Version beim Na men. Es spricht lediglich von .haec uetUI et uulgata editio" als "maßgeblicher" (.authentica") Version. Zur hier vorliegenden Bedeutung von .authentisch" sowie zum Zustandekommen und Verständnis der Dekrete ygl. Al.LGEIEP. 19 ..0 und SUTCLIFFE 1948a. Für Hieronymul war Vulgata noch die ahlatei nische Übersetzung gewesen. Wohl auch deswegen verzichtete man lange Zeit darauf, diesen Aus druck für die Übersetzung des Hieronymul zu verwenden. auch nachdem sie die ahlateinische als maßgeblich abgelöst hatte, ein Prozeß, der im Grunde schon zu seinen Lebzeiten einsetzte; vgl. LOSSl 2001 a, 161-170; 175. Man nannte sie stattdessen vielerorts �nostra translatio", nonra usitata editio" oder .ea tranllatio qua nostrae ecclesiae pauim utuntur". Trient nun sprach von ihr offiziell als VlIlga ta, doch scheint klar, daß das Konzil, von einigen Ausnahmen (z. B. dem Psalter sowie großen Teilen des Neuen Testaments) abgesehen, sich auf diese, eben als die dem Hieronymus zugeschriebene Über setzung bezog; dazu SUTCLIFFE 1948b; AUGEIER 1948; s. auch RICE 1985, 173-199. Wie REBENICH 1993 herausstreicht, kann man Hieronymus auch heute vertretbar als Übersetzer bzw. Autor (s. dazu oben Anm. 10) der VlIlgl'lta bezeichnen. Darüberhinaus ging es Hieronymus durchaus nicht darum. die LXX zu ,überwinden'; s. dazu ScHULZ-FLOGEl 2000,Hf.; LOSSL 2001 a, 166 Anm. 35. In der Kanon frage verhielt sich das Konzil wie Augustinus. Wo Divergenzen zwischen Hieronymus und Augusti nus wahrgenommen wurden (I. etwa Conci/jllm Trjdtntinllm 5: 71,27 zur Frage der Apokryphen), ließ es unter Berufung auf die Tradition Augustinus :lls die höhere Autorität gehen. Doch auf ein Podest ge steilt wurde mit diuer kirchlichen ,Autorisierung' der Bibelübersetzung Hieronymus' Werk. " Dessen Traditionalismus erstreckte sich auf die Kanonfrage sowie auf die Forderung nach einer Sun dardübersetzung vor allem aus pastoralen (!) Gründen (dazu oben Anm. 68). Augustinus wies Hiero nymus bekanntlich daraufhin, daß seine Übersetzung in einer bestimmten Gemeinde in Nordafrika zu Auseinandersetzungen geführt habe, vgl. AUGUSTINUS, Ep. 71,3,5 (CSEL 34/2: 253, 1 - 16); FORST 1994. Wie SUTCLIFFE 1948a betont, sollte die VlIlgata nicht alle übrigen Übersetzungen und Editionen ver drängen, .ondern lediglich als kirchlieher Maßstab dienen. Insllpt' betraehtete sich als Dekret gegen eine Praxis des Mißbrauchs yon verschiedenen Versionen und Übersetzungen, nämlich, diese in Pre digten und öffentlichen Reden vergleichend zu zitieren und dadurch die Gläubigen in Unsicherheit zu versetzen. Durch die Bestimmung einer Standardversion sollte dem abgeholfen werden. •
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HIERONYMUS
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Die Entscheidung des Konzils assoziierte Hieronymus nun auf lange Sicht mit der Gegenreformation,70 nicht nur als Bibelübersetzer. 1565 erschienen die ersten Bände einer neuen, von Mariano Vittori besorgten Gesamtausgabe mit einer Vita, die das in dizierte Werk des Erasmus ersetzen sollte.71 Bereits seit 1562 warb Petrus Canisius mit einer einbändigen Studienausgabe der Briefe für den Heiligen,72 der nun auch als Theologe wiederentdeckt wurde, nämlich als Autorität zu Fragen der Verehrung von Reliquien und Heiligen, des Amtszölibats, des Klosterwesens und der Aszese,7J und vor allem auch zu mariologischen Fragen.74 Inzwischen blieben die bildlichen Darstellungen weiterhin von den mittelalter lichen, legendären Motiven geprägt. Die Humanisten, zu denen auch viele frühe Re formatoren und Gegenreformatoren zu rechnen sind, hätten diese gerne expurgiert gesehen.7s Doch spätere, bereits in den Barock überleitende Viten des Heiligen vertei digen die Praxis. Sie erbaue und schade niemandemJ6 Dennoch ist auch dieses from'0
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Nun wurde Hieronymus in der Tat .Sprecher und Advocat des vulgär Kuholischen- (s. oben Anm. 43). Petrus Canisius etwa spielte 1559 in der Vorrede zu seiner Hieronymus-Sricfausgabe (ed. BIlAUNS· 8ERGER 111 274-281) auf die Reformation wie auf eine der einst von Hieronymus attackierten ,Häre sien' an; vgl. etwa seine Rede von der .jetzt seit neuestern grassierenden vigilantianischen Seuche pestem Vigilantianam nunc lue grasnntem" (cd. BIlAUNS8ERGU. 111 279). Canisius geht es hier um die Verteidigung der Marienverehrung, des Heiligen- und Reliquienkulu, des Amuzölibu und des Klosterwesens; vgl. LOSSL 2000, 138 Anm. 85. Vigilantiu5 von Calagurris hatte gegen den Reliquien kuh und zölibuäre Lebensformen polemisiert; vgl. HUNTER 1999. Auf reformatorischer Seite ent wickelte man ein dem katholischen entsprechendes Vigibntiusbild: Der Hieronymusgegner galt als erster Protestant. So Gibbon, Tillemont folgend (vgl. HUNTER 1999, 402), und noch JOLICHEI\ 1908, 632: Vigilantius habe sich in seiner Heimat nicht gegen den Wunderglauben durchgesetzt: .So ist das Calagurris des Vigilantius verfallen, und dicht d:a.neben Lourdes aufgeblüht�. Vgl. auch CAMPI 1999, 81; 86; 153-160; IM-I 72, zur Auseinanderentwicklung bestimmter Gebetstraditionen auf diesem Hin tergrund (etwa die Brotbitte im Vater Unser). Ihr vollerTitel lautet: Epistolat Di'CIi HiuonymiStridonitnsis er libricontra hatrtticOl, tX antiqNiHimit
utmplarjbNs. millt tt ampliNs mtndis tx Erasmi corTtctiont sNblatis, nN"C primNm optrt ac stNJio Mariani Victorii Rtatini tmtndati, tiNSdtmqNt argNmtntis tl schofiit, jllNurAti, 3 tom. (Roma: Paulus
Manutius, in aedibus Populi Romani, 1565); vgl. dazu RICE 1985, 154[ mit Anm. 45. Erst von 169] bis 1706 folgte dievonJc:an Manianay besorgte Edition der Mauriner, 1734 bis 17-42 die Edition des Dome nico Vallarsi. Deren Zweitauflage (1 766-1772) wurde in die PAlrologja LAt;nA J .-P. Mignes (Bd. 22-30) eingegliedert. 1l Vgl. LOSSL 2000, 126-128; 1)5-15]. RICE 1985, 145 Anm. 28, datiert die Edition nach dem Datum des Widmunguchreibens in dem von ihm benutzten E:remplar (Lyon 1592) auf 1 565, was sie auf gleiche Höhe mit der Gesamtausgabe Vittoris brächte und damit eventuell auch eine Vermutung von Rice bestitigt, nimlich, daß Canisiul (wegen der Indexbestimmungen) nicht mit der Edition des Erasmus arbeitete. Zu einer 50lchen Annahme besteht jedoch kein Anlaß; s. dazu LOSSL 2000, 130. 'J Vgl. dazu oben Anm. 70. 1< Doch selbSt hier kam es zu Dissonanzen zwischen kritischen und ,naiven' Betrachtungsweisen, wie NIESSEN 1913, etwa M Anm. I , herausstreicht. Noeh die Herausgeber der Komplutenser Polyglotte häuen, so Niessen, Kritik an der von Hieronymus und der ihm folgenden mittelalterlichen Tradition vorgelegten Erklärung von Mariu Namen geübt, etwa im Blick auf die Bezeichnung .Meerstern (.stella maris-). Im 17. und 18. Jahrhundert hingegen sei diese Erklärung unter Berufung auf die Tradi tion (zumindest für die Volksfrämmigkeit) wiederbelebt worden. n Etwa den Kardinalshut und den zahmen Löwen; vgl. RICE 1985, 156-172; dagegen ScALLEN 1999. 16 Vgl. RlCE 1985, 157-159, zu FJ\AY Jost MAJ\TINEZ OE ESPINOSA OE SIGOENZAS, La 'CIi� dt S. Gtr6nimo, Madrid 1595.
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JOSEF LOSSL
me Hieronymusbild einer Wandlung unterworfen. Der Heilige wird nun noch stärker als früher mit Tod und Endzeit in Verbindung gebracht. 77 Noscalgie und Morbidität sind die Stimmungen jener Epoche. Drückt sich hier das Bewußtsein aus, daß ein Zeit alter zu Ende geht?
3. Aktualisierung durch Historisierung: Hieronymus in der Gegenwart Eugene Riee bemerkt gegen Ende seines faszinierenden Buches über Hieronymus in der Renaissance, daß sich im 1 7 . Jahrhundert Kult und Studium des Heiligen immer stärker voneinander zu entfremden begannen. Riee macht dies unter anderem am Ver schwinden des bis dahin für Gelehrte wie für Fromme gleichermaßen geläufigen Bei namens doctor gLoriosus fest. Für die Herausgeber der sixto-clementinischen Vulgata ist Hieronymus wieder das, was er einst für das FTÜhmittelalter gewesen war, der ma jestätisch distanzierte doctor maximus; und mit diesem Superlativ geleiten h i n die vati kanischen Päpste auch ins 20. Jahrhundert, als ihren Kirchenvater, zelebriert und fixiert in Formen, die er selbst einst eher sprengen half. 78 Doch (oder gerade deshalb) ist Hieronymus inzwischen auch schon wieder an ganz anderen Orten zu finden, bei modernismusverdächtigen Historikern und Exegeten etwa, die ihn als ,Vater' ihrer Disziplinen wiederentdecken/9 auch wenn sie bzw. ihre Mitunter kombiniert mit dem sehr alten Motiv des Bibclübersetzers. vgl. RleE 1985, 189 und 192 Abb. 51, zu Lodovico Cardis (genannt Cigoli) Gemälde Inspiration des Hf. Hieronymus von 1 599. Das Bild zeigt den Bibelübersetzer bei der Arbeit, offenbar am Alten Testament. Ein Totenschädel hält den hebräischen Text aufrecht. Ähnlich freilich schon Dürers Stich von 1514, wo der Totenschädel aber auf dem Fensterbrett liegt. Vgl. bei RICE 1985, 192 und Anm. 58, auch den Hinweis auf eine mit einer Bible moraliJie (Paris, BNF 166) zusammengebundenc Zeichnung aus dem frühen 15. Jahrhundcrt, wo der Heilige mit einerTaubedargestclh wird, Symbol für den H I. Geist. der ihm die göttliche Inspiration für seine Übersetzung vermittelt. Andere Darstellungen bevorzugen statt der Taube als Symbol für den Hl. Geist einen Engel; zur Kontinuität bzw. DiskOßlinuität des Hieronymusbilds in diesem Zusam menhang vgJ. auch oben Anm. 29 (etwa auch zur Intention der Schöpfer und ursprünglichen Benut%Cr der Bible moralisit und der Perzeption späterer Benutzer). " Die Bezeichnung maximus doctor findet sich ffi. W. so freilich nicht einmal im Frühmittelaher. In der Episro/a ChriHifamu/arum Gislae atque Rurrudae ad Afbinum magistrum (PL 100: 740A), die RICE t 985, t 99, als Beleg anführt, wird Hieronymus wörtlich als �dariuimus doctor" bezeichnet, was dem Gemeinten allerdings nahe kommt (vgl. ;luch PL 101: 279C; 7428; n4A). Zum modernen Gebrauch von maximus doctor s. die Enzykliken Spiritus ParacliruJ (AAS 1 2 [1920], 385-H2) und Dif.Ji,,04f1anu Spiriru (AAS 35 [19-.3), 297-325). Das Tridentinum kannte den Ausdruck in dieser Form noch nicht; gegen KELL'r 1 975, n4 Anm. 8. � Zu modernismusverdächtigen Historikern und Exegeten vgl. WEISS 1995, J 4-1 33. 152-181; 293-3-.3; 410-457; 514-527. Auch Spiritus PllrruJitu$ (uO. 396) weiß von einer Berufung der ModerniJten (.rerum nouarum fautores") auf den Historizismus des Hieronymus. A. Merkt äußert sich zur Kritik berein Augustins an Hieronymus für dessen Aufnahme häretischer Autoren in De uiriJ illultrjbul (MERKT 200 J, H I Anm. 63). Allerdings wird Merkt uO. Anm. 65 der Problematik nicht ganz gerecht, wenn er zur in der heutigen Gegenwart diesen Gegensatz zwischen Auguninus und Hieronymus reflektierenden Spannung meint, �die Suggestion eines ,Entweder-Oder'" zwischen (Iiter.uur-)ge schichtlieher und dogmatischer Betrachtungsweise ,verdankten' wir TJl.OELTSCH 1 922. Sie i,t weit grundlegender und äußert sich nicht nur in der katholischen, sondern auch in derprotestantischen Tra-
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H Il:: K. UNYMUS
Nachfolger ihn dabei zuweilen überstrapazieren.8o Weiterhin ist Hieronymus alles andere als nUT ein Kirchenvater. 81 Der Übersetzer und Übersetzungstheoreüker.82 der Bibelübersetzer und Exeget, der Meister des geschriebenen Wortes, der Invektive, der kraftvollen, wenn auch oft unerträglich anstößigen Sprachbilder, 8) der Polemiker und Satiriker, er inspiriert bis heute nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Künstler und Schriftsteller. 8. Aktualisierung läuft nun also über Historisierung, ein Prozeß der sich nicht steuern läßt. Der vatikanische Heilige erweist sich schon im Augenblick seiner Konzeption als Museumsstück. Der spätantike Mensch Hieronymus hingegen ist jetzt auch wieder als
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dition (in der ;lueh Troeluch's Aufs;ltz zu verorten ist), und nicht erst in der Neuzeit, sondern eben ;luch schon in der Antike. Augustinus dürfte Hieronymus auch im Hinblick darauf kritisiert haben, als ihm im Häretikerkatalog ja durchaus ein Genre zur Auflistung von Häretikern zur Verfügung stand. Aber gerade an einer solchen dogmatischen Übung, wie sie Augustinus selbst vollzog, haue Hierony mus eben kein Interesse; und dies machte ihn suspekt. Vgl. etwa FOUCAUl.T 1988 zu Hiefonymus' Kriterien fur Autorschaft; zitiert in VESSEY 1996, 506-509. Nach KEl.l.Y 1975,335, sollte Hieronymus stärker als bisherüberdie Kirche hinaus als ein Vater moder ner Weltliteratur und -kultur anerkannt werden; vgl. dazu auch unten Anm. 84. Vgl. dazu FORST 2003, 80-90 und 312f. (Literatur). Vgl. oben Anm. 4. Schon Zeitgenossen, selbst enge Freunde, waren schockiert. Pammachius etwa ver suchte bestunt - und vergeblich -, in Rom kursierende Exemplare der Invektive gegen Jovinian aus dem Verkehr zu ziehen; vgl. HIERONYMUS, Ep. -48,2 (eSEL S4: 347,13f.), CURIlAN t 997, 222f. WIESEN 1964 gibt sich gleichfalls zimperlich, was MOMIGLIANO 1966 prompt moniert. Eine eingehendere Erforschung der Hieronymusrezeption in moderner KunSt und LiteralUr wäre ein Desiderat. RICE 1985 hat für ein solches Unternehmen den Weg gewiesen. Hieronymus' Einfluß nicht nur auf die katholischen Modernisten (s. dazu oben Anm. 79), sondern auch auf die Moderne in Litera tur und Kunst ist größer, als gemeinhin angenommen. Er ist jedoch meist vermittelt, und oft versteckt und ver-zerrt, durch Antikenru.eption in der Literatur(vgl. SEIDENSTICKER 2002), ,Mediaevalismus' als Faszination an Exotischem und Fremdem, Surrealismus, Strukturalismus, Historizismus und Renais nnce-Begeisterung. Schon CURTiUS t 967 hat auf Hieronymus' Bedeutung für die modernen Literatu ren Europas aufmerknm gemacht. In CURTIUS 1929, 25-27, wird James Joyce als dem Verfasser des V/)'Ists die Denkweise eines ,mittelalterlichen' Exegeten bescheinigt. Hieronymus wird hier nicht mit Namen genannt. Von der Sache her ist er jedoch mit impliziert; s. dazu auch CURTIUS 19S2. LARBAUD 1946 ist von EI Greco's Gemälde inspiriert (s. unten Anm. 106), aber auch der Übersetzer Hieronymus fasziniert den Freund Jamcs loyce', und Erstübersetzer des V/)'IICS ins Französische. FOUCAULT 1988 wurde bereits erwähnt (vgl. oben Anm. 80). 1999 zeigte der brasilianische Regisseur Julio Bresnne auf der Biennale In Venedig einen Film über Hieronymus mit dem Titel S.ioJ�,önJ·mo. 2002 trat die junge belgisehe Schriftstellerin Sandrine Willems mit einer Bearbeitung des Themas .Hieronymus und der Löwe' an die Öffentlichkeit (s. W1LLEMS 2002). Fur die neuere deutsche Literatur ließe sich Arnold Sudler nennen, dessen Monsignore Obernoltcrer (in STADLEIl 1 994) auch Zuge von Hieronymus' sati rischer Dustellung klerikaler Kultur in Rom trägt; vgl. dazu auch RE8ENICH 1992, 170-180 und spe zie1l 1 72, den Hinweis, daß Hieronymus seinerseits von antiken Modellen beeinflußt ist. Sein Einfluß uunde also auch hier im Kontext einer Antikenfezcption. Auch die Verbindung der Motive Misanthro pie, Misogynie, Laszivität und sexuelle Ambivalenz mit antijüdischer (nach WEININGER t 903) oder an tichrinlicher Rhetorik (bei RANKE-HEINEMANN 1988 gegen Hieronymus selbst gewendet; s. auch oben Anm. 15) geht auf Hieronymus zurück (s. auch unten Anm. 108). Dieser ist seinerseits von römi schen Satirikern (Persius, Juvenal) und von Tacitus (vgl. Hiuorj"e V 5) beeinflußt.
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JOSEF LOSSL
Kirchenvater rezipierbar. gleich ob er Sympathie erweckt oder nicht. 85 Ja es ist gerade das Schwierige an seinem Charakter. das ihn in besonderer Weise gegenwartsrelevant macht, jene enormen Spannungen, die eben nicht auf eine gestörte Sexualität reduziert werden können,86 sondern vielmehr ein ganzes Zeitalter reflektieren, das dem hcuci gen bei allen tiefgreifenden Unterschieden in frappierender Weise ähnelt.
4. Der ,historische< Hieronymus und sein ekklesiales Denken Bereits der Neunzehnjährige ist, wie er später selbst schreibt, desillusioniert von einer Kirche, ,.deren ,Macht und Reichtum wuchs, nachdem sie christliche Kaiser bekom men haue, während sich ihr sittlicher Zustand verschlechterte. «u>
2.1.5 Die Liebe - caritas Die Charismen müssen jedoch alle im Zusammenhang mit dem Ur-Charisma, der Lie be (caritas), stehen.'2 Im Hymnus auf die Agape im Ersten Korintherbrief (13,1-8) macht Paulus deutlich, daß die Liebe die innerste geistliche Gestalt der Gemeinde ist. Die Paulinische Gemeinde steht unter dem Appell: ..Jagt der Liebe nach - sectamini caritatem!" (1 Kor 14,1). In der Benediktusregel ist ean'tas das Schlüsselwort, wenn es um die Beziehungen der Brüder untereinander geht. Ihr kommt der Primat zu. In allen Grenzsituationen und bei allen Schwierigkeiten des gemeinsamen Lebens bringt Be nedikt daher diese Grundhaltung zur Sprache, damit sie immer mehr zur Wirklichkeit wird. 3) Es gibt einen engen Zusammenhang mit zentralen Aussagen der Regula Bene diet;, da die Liebe das Kennzeichen jeden Dienstes ist, sei es des Abtes, H sei es des Pförtners.35 Die caritas prägt den Umgang mit den Schuldigen,3(' sie prägt die Atmo sphäre in der Gemeinschaft,37 das Verhalten in schwierigen Situationen,38 den Um gang mit den Gästen.''1 Vor allem den alltäglichen Dienst stellt Benedikt unter das Vorzeichen der Liebe.4o Er nimmt damit offensichtlich das Paulinische Leitmotiv41 christlicher Lebensgestaltung auf und prägt es seinen Brüdern tief ein. Als Frucht des Geistes (Gal 5,22) soll sie den Mönch kennzeichnen. Am Ende seiner Regel faßt Bene dikt alle vorausgehenden Bestimmungen in deutlichem Anklang an Römerbrief 1 2 , 1 Oa 42 noch einmal mit dem Wort caritas zusammen: ,.Die Bruderliebe sollen sie einander selbstlos erweisen." 41 Er bestätigt damit, daß auch für die monaStische Bru derschaft das altkirchliche Wort gelten muß: "Seht, wie sie einander lieben." 44
2.1.6 Trösten Ein wichtiges Indiz solcher Liebe und der Glaubwürdigkeit der Gemeinschaft stellt für Benedikt eine Atmosphäre dar, in der niemand traurig ist. ,Nicht traurig sein< oder ,nicht traurig machen' kommt refrainartig in der Benedikrusregel vor.45 1m Umgang mit schuldigen Brüdern wird zweimal ausdrücklich vom Trösten gesprochen. 46 Bene dikt weist diesen Dienst den Senpekten zu und charakterisiert sie als ..ältere weise )l
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Vgl. SCHOTz 1981. 690. VgI. RB Prol"7. Vgl. RB 2,22; M,H. Vgl. RB 66 .... Vgl. RB 27,"; 64,14. Vgl. RB 4,26. Vgl. RB 68.5; 71,1. Vgl. RB 53,3. RB 35.6: �sibi sub caritate invicem serviant�. Vgl. z. B. 1 Kor 13,1-8; 1 Thess 1,3; 2 Theu 1.]. Röm 12,10: �Caritatem fratcrnitatis invicem diligentcs" . RB 72,8: � ... caritatem fraternitatis easte impendant." TEkTULLtAN, ApoJoguicum ]9,7 (CeL I : 151.33f.). Vgl. RB ] 1.6.7.19; 35."; ]6,4; 48,7; 5...... RB 27,3.
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MICHAt:LA PUZICHA OSB
Brüder".47 Diesen Gedanken führe er weiter, wenn er in der Gestalt des spiritalis se nior das Bild des vollendeten Mönchs zeichnet, .der es versteht, eigene und fremde Wunden zu heilen, ohne sie aufzudecken und hekanntzumachen"'. 48 Merkmale seiner geistlichen Reife sind Selbsterkenntnis und Nicht-Urteilen. Der senior steht damit in großer Nähe zum presbyter, dessen eigentliche Aufgabe in der Vermittlung des Heils besteht. Benedikt baut mit seiner Weisung auf dem Römerbrief (12,8) auf, übernimmt aber ebenso die pastorale Haltung des Zweiten Korintherbriefes (2,7-8).
2.1.7 Der gegenseitige Dienst Für Benedikt äußert sich die Liebe in besonderer Weise in der Bereitschaft zum Die nen als entscheidender Voraussetzung und geistlicher Mitte aller praktischen Rege lungen. So stellt er als Leitsatz auf: .Die Brüder sollen einander in Liebe dienen"4' und verbindet diesen Dienst mit dem klösterlichen Alltag. 50 Dienen gehört in der neu testamentlichen Gemeinde zu den konstitutiven Elementen des kirchlichen Lebens.51 Für Paulus ist das Dienen eine der Grundhaltungen, ohne die Gemeinde sich nicht verwirklichen kann: .per caritatem servite invicem - dient einander in Liebe!"52 Da von ist niemand ausgenommen. Dienen ist nicht nur eine Erwarrung und Forderung, sondern eine Befähigung.53 Die Glaubwürdigkeit der christlichen Gemeinde wie der monastischen Gemeinschaft hängt wesentlich von der Bereitschaft zum gegenseitigen Dienst ab. So weist Benedikt vor allem auf die Gegenseitigkeit (se / sibi invicem / certatim) hin als eine der gemeinschaftsbildenden Komponenten54 und als Schlüsselwort für das Gelingen des gemeinsamen Lebens. Es ist nicht nur für die Dienste wichtig, sondern prägt die Atmosphäre der Verantwortung füreinander und für das Ganze.55 Alle wer den unter die Verpflichtung gestellt, sich so in die Gemeinschaft einzubringen, wie sie können, damit der Dienst nicht zu Lasten einer bestimmten Gruppe oder einzelner im Kloster geht. Der Sprachgebrauch bei Benedikt ist dabei geprägt von den Paulinischen und deuteropaulinischen Briefen. In ihnen findet sich eine auffallend häufige und im Vergleich mit dem Gebrauch bei den Synoptikern und Johannes ganz eigenständige Verwendung des Terminus ,gegenseitig', der das gegenseitige Bemühen als Grundaus richtung der christlichen Gemeinde hervorhebt. Paulus und die Verfasser der Deute-
., RB 27,2. " RB 46,6. ., RB J5,6.
Vgl. RB Prol 45; 2,JI; JI,8; 15,1.6; 36,1.4.7.10; 18,6.1 1; 64,2 1. )1 Vgl. z. B. Mt 20,27f.; Lk 22,26; Apg 6,2. u Gal5,1J; vgl. I Tim 6,2. H Vgl. Röm 12,7; 1 Pett 4,1 I. H Vgl. RB 22,6.8; J5,1.6; 54, I; 6J, 17; 71 Titel; 71,1; 72,4.6. n Vgl. RB 22,6.8; J5,1.6; 54, t; 6J,1 7; 71, I . �
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BENEDIKT VON NURSIA
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ropaulinen gebrauchen ihn in einem genuinen Sinn ausschließlich 10 semer gemeindestiftenden Bedeutung. S6 .
2.1.8 Die Eignung für die Ämter im Kloster Die Kriterien, die Benedikt für die Besetzung der Ämter vorlegt, orientieren sich an den Vorstehertafeln der Pastoralbriefe und nehmen damit viele Züge des Gemeinde vorstehers beziehungsweise des Bischofs auf. Grundsätzlich gilt: ..Deshalb soll der Bi schof ein Mann ohne Tadel sein, . . . nüchtern, besonnen, von würdiger Haltung, gastfreundlich. fähig zu lehren" ( I Tim 3,2). In den Kapiteln, die sich mit den Lei rungsaufgaben im Kloster beschäftigen. wird bei den Eignungsangaben für die ver schiedenen Dienste auf die Paulinischen Gemeinden verwiesen. S7 Zugrunde liegen vor allem die Mahnungen zur Untadeligkeit der Lebensführung. 58 Die Haustafeln bezie hungsweise die Tugend- und Lasterkataloge, die Paulus und die Pastoralbriefe für die Vorsteher der Gemeinde zusammenstellen. finden sich in vielen Einzelzügen in den Ämterkapiteln der Regula Benedicti wieder. S9 Das Verhalten der Verantwortlichen muß durch bestimmte Qualitäten wie Treue, Klugheit, Güte und Barmherzigkeit ge prägt sein. So haben die Regelungen Benedikts für alle Ämter im Kloster die Einset zung eines ..würdigen Verwalters" ( ..dignum dispensatorem")60 zum Ziel, was auf die biblischen Vorbilder und verschiedenen Dienste der apostolischen und nachapostoli schen Kirche verweist.61
2.1.9 Die ,andere Seite' der Gemeinde Benedikt ist Realist genug. um wie Paulus Streit, Mißgunst und Spaltung als Gefahr zu erkennen und beim Namen zu nennen. Sie gehören zur Wirklichkeit der Kirche seit ihren Anfängen und prägen die frühen Gemeinden ebenso wie das Bemühen um Frie den und Einheit. Die Mahnungen des Paulus an die Gemeinde in Korinth62 sind not wendig wegen Streit und Eifersucht, die zu schweren Zerwürfnissen führen. Auch die Gemeinde in Rom ist zerstritten und leidet unter Spannungen, auf die Paulus korrigie rend einwirken will. 63 Einen vergleichbaren Katalog von Mißständen legt der Galater-
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Z. B. Röm 12,16; n,8; 14,19; 15,7; I Kor 12,25;GaI 5,26; Eph
KAINt:K M. ILliNER
sten BestimmungsmomenteS hatte er das Konzept dieser Selbsterkenntis im Geisl seiner Zeit als Weg nach Innen und Abkehr von der äußeren Welt definiert: als Ver bleiben in den eigenen Grenzen (immorari in eis quae sua sunt) statt des Hinaus tretens in fremdes Gebiet (ingredi in aliena); durch die Gegenüberstellung vor Kontemplation der Weisheit (sapientiae contemplatio) und Nichtigkeit der Neugiel (curiositatis uanitas); als inneren Aufstieg des Geschöpfes zu seinem Schöpfer (aseen deTe ex hoc, quod ipse esc, ad eum, a qua ipse est); durch die Ablehnung allen geistiger. Herumschweifens außerhalb des eigenen Ichs in fremdem Gebiet (extra se in alieni! intellectum dispergere). Das ,Außen' (extra se) und ,Innen' (intra se) hatte er dabei in: Sinn der Tradition als geistige Dimensionen, nicht als Unterscheidung von Körpel und Geist, verstanden. Deshalb ergab es keinen Widerspruch, wenn er den leser ein· lud, den Menschen als Mikrokosmos innen (intus) und außen (fons), das heißt als Seelt (anima) und Körper (corpus), näher zu untersuchen, um auf diesem Weg der Selbster· kenntnis zu Gott als dem Urheber aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge hinaufzu· steigen. Der von dieser Intention getragenen Abhandlung hätte Wilhe1m selbst das Motte Scito te ipsum als Titel voranstellen können. Der Gebrauch dieses Titels durch den ihn seit der gemeinsamen Studienzeit in laon auch persönlich bekannten Magister Petrus den die Kirche wegen seiner theologischen lehre vor rund zwanzig Jahren ( 1 1 2 1 ir Soisson) schon einmal verurteilt hatte und der soeben noch in Paris einen neuen Gip· fel seiner wissenschaftlichen Tätigkeit und öffentlichen Anerkennung erreicht hatte gab ihm - wenn er das Werk tatsächlich nicht kannte6 - jedoch wenig Anlaß, hierir eine Veröffentlichung mit kontemplativer Absicht zu vermuten. Falls er entgegen derr Eindruck, den seine Titelkritik erzeugt, doch wußte, daß Scito te ipsum Abaelardl moraltheologische Grundpositionen in einem Sünden- hzw. Bußtraktat zusammen· faßt, mußte ihm angesichts dieser ,monstruosen' lehre, deren Kernsätze er in derr theologischen Gutachten, das seinem Denunziationsschreiben beigefügt war/ als hä· retisch gebrandmarkt hatte, die Verwendung des aszetischen Mottos erst recht al! Mißbrauch erscheinen. Anders verhält es sich bei dem Titel Sic el Non. Hier besteht die mögliche Pro· vokation nicht in der verfremdenden Benutzung eines bekannten Motivs, sondern ir •
, Zur Tradition des Selbsterkenntnis-Motivs vgl. aus der reichhaltigen Literatur vor allem COUJl.CELLI 1974. •
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Im Fortgang der von Wilhe1m initiierten Auseinandersetzungen lag Abaellrds Kritikern eine Abschrif'
von Soto tt '-ps.,m vor, wie sich aus der Schlußbemerkung in Bernhards Anklageschrift (Ep. 190 [Oper, VIII: 40)) entnehmen läßt. Diese DisPMtdtio ttd.,crsHs PctrHm Abdc/.rJHm.d G•.,frjJ.,m Cllrnotcnscm cr Bcrn.rdHm du Wilhcln von 5t. Thierry enthält am Schluß (X.-XIII.) eine komprimierte Fassung moraltbeologischer These, Abaelards und einzelne Zitue, die dem Text der Ethik zum Teil zwar sehr nahe stehen, aber nicht mil ihm identisch sind. Allerdings zitiert Wilhclm auch im Hauptteil seiner Stellungn...hme die angegriffe· nen dogmatischen Positionen bevorzugt aus dem uns nicht crhlltenen 5entenzenbuch Abaclards an· statt aus der ihm vorliegenden Fusung der Tht!ologiA ScholariHm, d. h. er ist offenb�r nicht vorn.ngil an dem Original- bzw. Haupttut interessiert.
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der Prägung des Ausdrucks selbst. Dieser ist kein geflügeltes Wort, sondern offenbar eine Neubildung Abaelards, mit der er ernsthaft, aber nicht ohne ironisch-provozie renden Beiklang,8 das Unvereinbare zusammenband. Das anstößige Moment liegt dabei weniger im religiös-theologischen Bereich, obwohl etwa auch das biblische Schwur-Verbot "Eure Rede sei Ja Ja, Nein Nein"9 jeder Ambivalenz der Aussage entgegensteht, als vielmehr in dem Verstoß gegen die Regeln der schulmäßigen Logik. Im Rahmen ihrer Ausbildung hatten die Zeitgenossen Abaelards gelernt, daß dialekti sche Sätze immer mit Ja oder Nein, niemals aber mit Ja und Nein zu beantworten sind; 10 ebenso war ihnen bewußt, daß "alles Gefragte notwendig entweder wahr scheinlich oder unwahrscheinlich oder keins von beiden ist" 1 1 und daß man, ..wenn das Gefragte klar und eindeutig ist, hierauf mit Ja oder Nein antworten muß". 12 Der herausfordernde Akzent in der Verbindung des sich ausschließenden Gegensatz paares war für jedermann, auch ohne Kenntnis des Gegenstands, auf den sich der Autor dabei bezog, unüberhörbar. Insofern setzte die Kritik Wilhelms von St. Thierry am richtigen, von Abaelard selbst markierten Punkt an. Zum [nhalt dieses Abaelardischen Werks besaß er, was im Schreiben an Gottfried und Bernhard ebenfalls nicht erkennbar wird, eine eigene Beziehung. Diese hatte sich aus der bevorzugten Arbeitsweise Wilhelms ergeben, der ein aufmerksamer Leser und geschickter Rezipient von theologischen Texten aus Tradition und Gegenwart war und nicht Originalität, sondern verläßliche Wiedergabe des Bewährten anstrebte. Es ist mehr als der Topos rhetorischer Bescheidenheit, wenn er in seinen theologischen Werken immer wieder betont, daß er nicht eigene Gedanken, sondern die sensa sanctorum patrum bzw. ecclesiasticorum doctorum 1l und zwar werktreu und text genau (psa i eorum sicut ab eis edita sunt dicta uel scripta)14 in neuer Zusammenstel lung präsentiert und damit dem Leser nicht neumodische oder leere Anmaßung (non nouitatis seu uanitatis praesumptio), 15 sondern die große Autorität großer Gelehrter (magnorum doctorum magna auctoritas) 16 nahebringt. -
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Das spielerisch ironische Element in Abaelards Werk (vgl. 2.8. die Eröffnung der Collationes) verdien te eine eigene Untersuchung, die bisher nicht vorliegt. Vgl. Anm. 44. Mt 5,37 (vgt. Iac 5,12): .Sit autem sermo uester: Est En, Non Non.· Der Akzent liegt hier freilich bei dem Schwur-Verbot und nicht bei dem Ausschluß einer ambivalenten Rede. Vgl. ARISTOTELES LATINUS, Topiea (a) 8,2 (Aristoreies Utinlu V/3: 162): .Esl enim propositio dialecti ca ad quam est rcspondere ,sic' ud ,non"'. Abacla.rds Verbindung von Ja und Nein hat nichu mit der Definition des Zufälligen bzw. Möglichen (im Gegensatz zum Notwendigen) zu tun, fur du ein sie er non sie kennzeichnend ist, vgl. JOHANNES VON SALISBURY, Meralogicon 111 4 (CCM 98: 1 1 8,101); JOHANNES VON SALlS8URY, Policrarieus Il 24 (CCAI 118: 139,63). AJUSTOTELES LATINUS, Topiea VIII 6 (Aristoules Latinus VI): 167): .Quoniam autem neceue eSI Offine, quod interrogatur, aut probabile aUl improbabilc: esse aUI neutrum, ... " ARISTOTElfS LATINUS, Topiea VIII 7 (Aristoulu Latinus V/3: 169): .Si uero el planum si! el simplex, quod interrogatur, aut ,sic' aut .non' respondendum." Vgl. WILHELM VON ST. THIERRY, Dt natura eorporis tt animat prolo (PL 180: 695); WILHfLM VON ST. THIERRY, Expositio in EpiuolAm ad Romanos pud. (PL 180: 547A). WILHELM VON ST. THIERRY, De natura eorporis et animae prolo (PL 180: 695). WtLHELM VON ST. THIERRY, Expositio in Epistolam ad Romanos praef. (PL 180: 547A). Ibid.
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Das Exzerpieren (meist aus vorliegenden Sammlungen, nicht aus dem Original), das Vergleichen und Rekomponieren von Vätersentenzen war ihm seit seiner Zeit in der Schule von Laon 17 als theologische Methode vertraut und zur selbstverständlichen Praxis geworden: Das erwähnte Werk Die Natur des Körpers und der Seele (De natura corporis et animae) war im ersten Teil eine freie Wiedergabe einer Abhandlung DaJ Heilmittel der Seele (De medicina anime) des Kanonikers Hugo von Fouilloyl8 und folgte im übrigen .. teils Philosophen und Naturforschern, teils Kirchenlehrern." H Sein großer Kommentar zum Römerbrief (ab 1 1 36) basiert, wie er selbst einleitend hervorhebt ( ..damit niemand uns des Diebstahls zeiht" 20) auf Texten von Augustinus, Ambrosius, Origenes und anderen, auch zeitgenössischen Lehrern (magistri nostn cemporis)1t. Zum Hohenlied, dem er (ab 1 138) auf Anregung Sernhards von Clairvaux eine eigene, unvollendet gebliebene Auslegung widmete, hane er in früheren Jahren einen Kommentar aus Zitaten von Gregor dem Großen 22 und einen weiteren aus Am brosiustextenl3 zusammengestellt. Auf Argumente aus Vätersentenzen (rationes ex patrum sententiis sumptae) Stützt sich auch eine Arbeit, die Wilhelm circa 1 128 abgeschloßen hatte. Ihr Ursprung geht. wie er Sernhard von Clairvaux in einem Widmungsbrief mitteilte,14 auf seine Sefas sung mit der Einführung in die Gottesdienstordnung der Kirche (De diuinis officiis: zurück, die Rupert von Deutz noch in seinem Heimatkloster St. Lamben / Lünid: verfaßt und 1 1 1 1 / 1 1 12 anonym publiziert hatte.1s Wenig später war Wilhelm in da! Kloster St. Nicaise / Reims eingetreten.26 Von hier aus hatte er in einem beto0 1 freundlich gehaltenen Brief an den zehn Jahre älteren Autor, mit dem ihn die gemein· same Herkunft aus Lüttich verband, Ruperts Werk sehr gelobt (multumque me delee-
Vgl. hierzu und zu der Frage seiner persönlichen Bekanntschaft mit Abadard DtCHANET 1939. 11 Hugos Abhandlung entstand ca. 1 125-1130 (vgl. GOBRY 1998, 591.), Wilhdms Werk vor seiner Resi· gnation als Abt von St. Thierry 1 1 35. Deuen Entstehung liegt zwischen diesen Randdaten. l' WIl.HELM VON ST. THIERRY, De natura corporis et anjmae prol. (PL 1 80: 695): u parte philosophorulf ud physieorum, ex parte uero ecclesiasticorum doclorum (sc. Junt quae legis)." '0 WIl.HELM VON ST. THIEkRY, Expositio in Episrol.m .d Romanos prad. (PL 1 80: 54 78): Nemo ergo fur· ti nOI arguat, ipsi nos prodimus." '1 Ibid. (PL 180: 547AB). II WIl.HELM VON 5T. THIERRY, ElCUrpt. ex libris S. Gregorii P.p.e super C.ntica canticorum (CCM 87 385-444). U WILHELM VON ST. THIEkRY, ElCcerpta Je libr;s buti Ambrosii suptr C.nru. c.nri corum (CCM 87 205-384). U WIl.HEl.M VON ST. THIERIlY, Epislol • •d.bb.rem Clar.t1J.llisS. Bernardum(PL 180: 3Hf.): "Cum nu· per re ipn exigente cuidam futri breuiter de ncramentis scripsissem. sumpto inde cogitandi eJ:ordic rationes quasdam eJ: palrum senlentiis sumptas coepi inuicem conferre et ... tentarc coepi. utrum ali· quid inde pouem conficere." n RUPERT VON DEllTZ, Dt di1Jinis officjis (CCM 7; FC Hfl-4). Zur EnUlehungncit des Werks vgl AROUINI 1998; zum Verhältnis zwischen Rupen und Wilhelm "gI. VAN ENGEN 1981; zur Eucharistie· lehre Ruperu vgl. HAACICE 1965 und die Einleitung zur Edilion. l. Der Einuitt erfolgte I t 13, vgl. DeCHANET 1942, 15. Die Klausel im Brief an Rupen: .. hoc est quod ir opere uesuo me oUendit et nonnullos futrum nostrorum" (WILHELM VON 5T. THIERRY, Ep. •d quem· dllm monllchum qu; de corpore et sanguine Domini sCTipstr.t prol. (PL 1 80; 3HSC) deutet darauf hin d.ß Wilhe1m ibn aus dem Kloster sehrieb. 11
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tat eius lectio turn pro sui utilitate turn pro auctoris dulcissima mihi cantate), zugleich aber die Ausführungen über die Materie des Messopfers (materia uel substantia sam ficit) kritisiert und geraten, vor der weiteren Verbreitung (priusquam exiret in manus eorum, qui foris sum) eine Korrektur vorzunehmen. Inwieweit diese Intervention Wilhe1ms eigener Initiative oder einer Anregung aus Lütticher Kreisen entsprang, in denen es eine Diskussion über Ruperts Beitrag zu der noch immer virulenten Beren gar-Debatte gab,27 mag hier offen bleiben. Zur Fundierung seines kritischen Urteils hatte Wilhe1m schulmäßig Aussagen der Väter zusammengestellt und miteinander verglichen. Nach dem Abschluß der Angelegenheit - Rupert folgte Wilhelms Anre gung übrigens nicht; ein unbekannter Verfasser nahm etliche Jahre später auf der Grundlage von Wilhe1ms Brief eine Umarbeitung des entsprechenden Kapitels (De divinis of!iciis 2,9) vor28 - begann Wilhelm, aus dem gesammelten Material eine eigene kleine Schrift über das Altarsakrament zu erstellen. Deren Abschluß erfolgte erst nach einer größeren zeitlichen Distanz.29 Als ihm Bernhard 1 127 / 1 1 28 seine Abhandlung Die Grtade ulld der freie Wille (De gratia el de libero arbitria) widmete und ihn bat, diese vor der Veröffentlichung kritisch durchzusehen, antwortete er seinerseits mit demselben Anliegen, indem er dem verehrten Freund sein Buch Der Leib und das Blut des Herrn (De corpore et sanguine domim)lO zur Korrektur übergab. Auf den sakramentstheologischen Inhalt dieser Abhandlung ist jetzt nicht näher einzugehen. Von Interesse sind hier allein Wilhelms Umgang mit der Vätertradition und die methodischen Überlegungen, die cr in diesem Zusammenhang angestellt hat. In dem Dedikationsbrief an Bernhard beschreibt er nicht nur kurz die Genese des Werks, sondern macht auch darauf aufmerksam, daß er am Ende (post finem opuscuLz) eine gesonderte Zusammenstellung der Vätersentenzen beigefügt habe (per se senten tias ipsas congesn), um deren Erklärung und Harmonisierung (pro quibus e:cplanandis et sibi inuicem conciliandis) es in der Abhandlung geht. Tatsächlich folgt im 12. und
17 11 lt
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Vgl. CHA.TIllON 1979. Text bei HAACKE 1965und CLASSEN 1960; mitdeuucherÜbenetzunginFC33/I,Anhang,3H-357. Die entsprechende Feststellung Wilhe1ms in dem Dedikationsbrief an Bernhard: .eum nuper ... cu i dam frani breuiter de u.cramentis scripsissem" hat wegen des MißverStändnisses von nNp�r in der Sekundärliteratur zu erheblicher Konfusion bei der Datierungsfrage des Briefes an Rupert von Deutz geführt. Vgl. CHA.TIlLON 1979,376 A.nm. I (mit Diskussion der Literatur), Da man nNp�r l1)it ..vor !s:UI; zem- (CHATlllON: .rec·emm�nl") Statt �ichtig mit .vor längerer Zeit" (vgl. GEORGES 1 9 1 3 / 1995, II 1 128) übersetzte, ruckte wilhe1ms Schreiben an Rupert in die Nähe des Datums der Dedikation an Bernhard, die für 1 127 1 1 128 gesichert ist. Die oben zitierte Bemerkung Wilhe1ms im Brief an Rupen, er wolle ihm seine Anmerkungen zuleiten, bevor das Werk in die Hände derer gerät, .qui foris sunt", läßt keinen Zweifel, daß dieses Schreiben unmittelbar in die Zeit der ebenfalls gut belegten Veröffentli chung von D� diuinis officiis ( 1 1 1 1 / 1 1 12) gehört. Wie Wilhe1m das Adverb nJlp�r verstand, zeigt im selben Brief sein Bezug auf die kirchliche Verurteilung Berengars und seiner Anhänger (nNperqN� d#mnaNit), die - selbst wenn man an die letzte der mehrfachen Synoden 1 179 denkt - über drei Jahr zehnte zurücklag. Unter dem Namen De J#er#mento alt#riJ geriet es fälschlich in die h5S. Überlieferung der Werke Anse1ms von Caßlerbury, vgl. HiHoire lirr/raire de 1# Fr#nu 12 (vgl. Pi 180: 196 u. Anm. 15).
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letzten KapitelJ1 unter dem Subtitel Diuersae sententiae sanctorum patrum de carpore domini ein Anhang mit 26 Sentenzen von Augustinus (15), Hieronymus (9) und Am brosius (2). Die Reihenfolge orientiert sich ungefähr am thematischen Gedankengang der Abhandlung. Die Sentenzen aus der Liste erscheinen indirekt und in Anspielun gen, mit einzelnen Elementen oder als vol1e Zitate im Text. Insofern ist Wilhe1ms Be merkung, er habe sie innerhalb des Textes allenthalben verbreitet (passim eas disperserim) und, wo es zweckmäßig schien, wörtlich zitiert (ubi opportunum [uerat, ipsa uerba eorum ponere maluerim quam mea) ganz zutreffend. Unerwähnt bleibt die Aufnahme einer Anzahl weiterer Zitate in den Text, die keinen Eingang in die Liste fanden. Die hier deutlich werdende Arbeitsweise und die Auseinandersetzung mit dem Phänomen des scheinbaren oder tatsächlichen Widerspruchs der Autoritätszeugnisse, hat nichts Besonderes an sich. 32 ...Die theologischen Probleme der Frühscholastik wa ren", wie man zu Recht gesagt hat, JJ .. alle irgendwie durch auctoritates, d. i. Schrift steIlen oder Vätersentenzen, angeregt, die zueinander in Gegensatz zu stehen schienen oder sonS[ dem Verstand zum Gegenstand des Nachdenkens wurden." Immer wieder sahen sich die Theologen der Epoche mit diesem Phänomen konfrontiert.)4 Zur Lö sung des Problems wurde entweder ein sinnvoller Konsens unter der Oberfläche des verbalen Widerspruchs postuliert oder ein Ausgleich durch die Unterscheidung des autoritativen Ranges der nicht harmonierenden Aussagen gesucht.3s Dies ist auch Wilhelms Ansatz, wenn er sich, wie erwähnt, um eine Versöhnung der unterschied lichen Traditionselemente (pro quibus . . . inuicem conciliandis) bemüht. Das Unge wöhnliche liegt darin, daß er die Sentenzen, die er für seine Abhandlung gesammelt )1
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Ob di� Eint�ilung in Kapitel und di� Kapitclüb�rschrift�n, wi� in d�r mittelalterlichen Textüberliefe· rung häufig, auch bei diesem Werk eine nachträgliche Hinzufügung sind, wäre genauer zu unter suchen. Die Überschrift des 12. Kapitels Dt trino corport domini korrespondiert jedenfalls nicht mit dem Inhalt, der die Methodenfrage für die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Väter meinungen stellt und zu dem abschließenden Sentenzen-Katalog überleitet. Vgl. BUTOlA 1961, mit dem Aufweis, daß Ahaclard und Wilhelm in der Schule Ansc1ms von Laon hiermit vertraut gemacht wurden.
LANDGRAF 1955, 1). Einige Beispiele: ANSElM VON LAON, Stnttntia 66 (cd. LOTTIN V: 57): Leo Papa dicit ... Augustinu5 autem dieit ... Quomodo autem hee non sint contraria, sie uidendum est .. . �; Wl lHElM VON CHAM· FEAUX, Stnttntia 278 (cd. LorrlN V: 222): .Dicunt quidam ... Alii autem dieunt ... Nec dieo ... "; vgl. die Sentenz AMgMstinMs Jicit (cd. in WEISWEILER 1955, J57): .1n quo auetoritates et rationes uidentul �
dissentire. Nam dominus per Ezeehiclem ... Habet etiam ratio ... Sunt ct alic auelOritates, que his ui dentur contrarie. Quod similiter habet ratio ... Et dominus per Moysen ... Hinc lerooimus deum di· eit iniuSlum ... etc."; Inprimis hominibMs(ed. MATECKI 6,7-8,9; Zitate 6,7; 8,4; 8,8L): Auguuinus dieil ... Gregorius in decretis ... Que eontrouersia sie est determinanda ... Z. B. ConiMgium ut stamdMm YsidorMm (cd. in BUEMETZRIEDER 1931: 283,190-197): �Ieronimus tamen uidetur oegare ... Innoeentius autem papa, euius cst auetoritas supra Augustinum, Gregorium, leronimum, uidetur adseminare ..... ; vgl. Stnttntiat Amt/mi (cd. BllEMETZRIEDER 150). Die Autori· täuregel wird auch von Abaelard zugrunde gelegt, vgL A8AELARO, Sie tt Non pro!. (cd. BOYER I McKEON 96,189- 1 91): �Quod si forte adeo manifesta sit controuersia, ut nulla possit absolui ratione, eonferendae sunt auctoritates et, quae potioris eS! testimonii et maioris eonfirmationis, potiuimum retinenda.� ..
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WILHELM VON ST. THIERRY UND PETER ABAELARD
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hatte, als Anhang seines thematischen Werks gesondert aufführt36 und mit einer nach träglichen Reflexion über das Problem der Disharmonie der theologischen Tradition verbindet. Im Haupneil des Werks weiS[ nichts auf diese Ergänzung hin. Die dort her angezogenen Väterzitate sind affirmativ in Wilhelms eigene Argumemation eingebun den und an keiner Stelle kontrastierend (eher ausdrücklich bestärkend)37 aufeinander bezogen. Der sakraments theologische Gedankengang ist vor Beginn des Zusatzteils abgeschlossen, worauf die Überschrift des Kapitels 10 (Recapitulatio) und der Beginn des Kapitels 1 1 (Nam postquam ex con/ragosis Laos utcunque euasimus)38 ausdrück lich hinweisen. Zwar bleibt der thematische Zusammenhang mit dem Haupneil inso fern gewahrt, als nicht nur die angefügte Sentenzenliste, sondern auch die übrigen Beispiele aus dem Kontext der Diskussion über das Altarsakrament stammen. Den noch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß dieser Abschluß des Werks auf einen Impuls von außen zurückgeht. der bei dessen ursprünglicher Konzeption noch nicht im Blick war. Die Ausgangsthese des Nachtrags39 besagt, daß man über das Altarsakrament . . . in den Traktaten der heiligen Väter derart zu Zweifel und Skrupel Anlaß gebende und sogar untereinander bisweilen gegen�ätzlich schei nende Sentenzen antrifft. daß nicht nur diejeni gen, die sie in Streitsüchtiger Absicht sammeln, darin Material für den Irrtum finden, sondern daß auch diejenigen, die mit ihnen den katholi schen Glauben stützen wollen, sich nicht leicht aus dieser Schwierigkeit befreien können.
... in sanctorum Patrum tractatibus reperiußtur tam dubiae sententiae et tam scrupulosae et quae etiam sibi inuicem nonnunquam contrariae ui deantur, ut non solum, qui contendendi inten tione illas congregant, materiam in eis inueniant erfandi, sed et. qui eis astruere uelint fidem ca tholicam, non facile se queant expedire.
Dies ist zwar eine traditionsreiche. aber für einen Theologen wie Wilhelm nicht selbstverständliche Feststellung. Sowohl sein Lehrer Anselm von Laon 4 0 als auch sein
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Die Z us!mmenstellung von Väterzeugnissen über du Altarsakrament als solche ist nicht ungewöhn lich. Man trifft auf sie innerhalb der älteren systematischen Sentenzensammlungen, wie etwa in der Summe Dtlllprincipium trfinis. Die späteren Summen bieten in den entsprechenden Kapiteln jedoch keine bloße Reihung von Vätersentenzen mehr, sondern formulieren Quaestionen und Ansätze einer inhalt.lichen Verarbeitung. Auch im speziellen Kontext des Betengar-Streites war die Sammlung der Autocititszeugnisse über das Altarsakrament ein Instrument der Auseinandersetzung. wie Bernold von SI. Blasien (t 1 1 00) �eigt (D( B�1j"gtrii h4t1#siarch4t damnllrione mM/dplici 1 1 (PL 148: 1458B]: "Et nos .'. testimonia SS. Patrum de ueritate corporis Oominici simpliciter proponentes"). Vgl. WEIS· WEILER 1937. )1 WILH:EDI VON ST. THIERRY, Dt corport tr JangJlint domini9 (PL 180; 3 55 0): "Ambrosius ... dicit. ( ... ) Ceteriiqce ecclesiae doctores ... dicunt . . . � n Diese mieinem biblischen Ausdruck spielende Wendung übernimmt Wilhe1m von Hieronymus. vgl. HIERONYMUS, AdtJtr$IlS HtltJidillm 1 7 (PL 23: 201 A); DERS., In OUt III 10 (CCL 76: 129,515f.). " WILHlEL'II VON ST. THIERJI.Y, Dt corport tr sangJlint domini 1 1 (PL 180: 359AB). '0 Vgl. AN!ELM VON LAON, Ep. ad H. (cd. LoIIIN V: 176,10-15): "Sententie quidem omnium catholico rum dliu:rse, sed non aduerse. in unam eoncurrunt conuenientiam, in uerbis uero sonant quedam quasi cootrarietates et pugne, in quibu$ scandalizaremur pusilli, exercentur strenui, contendum superöi,excluduntur probati. qui aliis languentibus expedite dissonantia consonare ostendunt."
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Freund Bernhard von Clairvaux41 hielten nachdriicklich an der antithetischen Formel diversa, sed non adversa42 fest, mit der die Heterogenität der Schriftzeugnisse und der theologischen Lehraussagen seit der Zeit der Kirchenväter in den Rahmen der Wider spruchsfreiheit gestellt und damit neutralisiert wurde. Derjenige unter Wilhe1ms Zeit genossen, der diese Konvention einer umfänglichen methodischen Reflexion umerzog und mit der Ersetzung von sed non durch uerum etiam die nicht minder alte Problem formel in Erinnerung brachte. war Abaelard. Die ersten Worte des Prologs zu seiner seit den frühen 20er Jahren des 12. Jahrhunderts entstandenen und ständig angewach senen Sammlung von divergierenden Vätersentenzen lauten;41
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tuog näher betrachtet. die Wilhelm seiner Abhandlung vorangestellt hat. n Hier legt er anhand der Frage nach dem richtigen Verhältnis zwischen Wissen(schaft) und Glau ben die theologische Grundposition dar, auf der seine Definition des Altarsakraments beruht und die seine Haltung gegenüber dem Phänomen des Widerspruchs in der Vä tertradition benimmt. Diese thematische Eröffnung ist naheliegend. da der Abend mahlstreit mit und um Berengar im Kern auch eine Auseinandersetzung um die Zuordnung von ratio und auctontas war. ftO Sie läßt sich aber ebenfalls im Spiegel von Ahaelards Sie el Non lesen. Nicht nur, daß don unter der Überschrift: ,.Der Glaube ist nicht mit menschlichen Argumenten zu beweisen und umgekehrt" 61 dasselbe Grund thema zur Eröffnung des Werks präsentiert wird. Die ersten Worte von Wilhe1ms VorwOrt klingen wie ein korrigierender Reflex auf Abaelards vielzitierte programma tische Aussage am Ende des Prologs von Sie er Non:
A8AEl., SN prol. (cd. B. I McK. 103f,.336-34O)
GUill. 5.TH., Dt co'1. (PL 180: 3-45A.)
..Vielleicht ist e.t jedoch schwierig, sich bei Aus sagen hierüber ganz sicher zu sein, wenn sie nicht öfter durchdacht worden sind. Ein Zweifeln an einzelnen Aussagen wlrd jedenfalls nicht unnütz sein" (A.ristOl. CAt. 8j. Denn durch Zweifeln kommen wir zur Untersuchung, durch Unter suchen erfauen wir die Wahrheit. In diesem Sinn hat die Wahrheit selbst gesagt: .Suchet, und ihr werdet finden, klopft an, und es wird euch geöff net" (Mt 7,7; Lk 11 ,9).
Da die ..Wahrheit de.t christlichen Glaubens" sich wie durch spezielles Recht dadurch auszeichnet. daß nicht siedurch Einsicht, sondern durch sie die Eimicht in den Glauben gesucht werden muß, hält sie jeden hochmütigen und neugierigen Por scher von sich (ern - ob er mit vielerlei Fragen im Bereich des Glaubens nur "seinen eigenen Ruhm sucht" Uoh 7.18) oder ob er angeblich schlußfol gernd und überdenkend durch allerlei zweifelhaf te Überlegungen herauszufinden sucht, ob man glauben muß. was die göttliche Autoritat zu glau ben anordnet.
.Fortaue autem difficile eSI de huiusmodi rebus con(identer declarare nisi saepe pertracata sinto Oubitare autem de singulis non erit inutile." Ou biando quippe ad inquisitionem uenimus; inqui rendo ueritatem pereipimus. luxta quod et Veritas ipsa: "Quaerite", inquit, "et inuenietis, pulsate et aperietur uobis."
Cum .Christianae fidei ueritu"lol hoc quasi spe ciali pn.eemineat iure, ut non ipsa per intellectum, sed per eam eius quaerendus si! intellecNs, om nern a se compescit superbum uel curiosum inqui sitorern -uel eum, qui multis et uariis quaestioni bus in fide non quaerit nisi gloriarn suam (10 7.18) uel eurn, qui quui ratiocinando et retractandodu biis quibusdam delibenuionibus ICIplorat. utrum credendum sit. quod crw.endum indicit diuioa auctontu. •
" Die Grundgedankendieses Vorworts finden sich konzentriert im 12. Kapitel einer Predigt De tJCulltn· t;1I H. sar:ramerui tt dignitau laurdotlfm wieder, die Mabillon i.n Bd. 5 der Werke Bernhards von Clair vaux unter den Optra alitna verölfenllicht hat (PL 18-4: 988B-0). Wer der Autor ist und welchem Text die Priorität zukommt, ist mir nicht klar. 60 Vgl. CAN'TIN 197-4; CANTIN 1977. 61 Quod fides humani. rationibul non sit adstruenda et contra": A8AELARD, Sie tt Non I (ed. Boyn / McKEON I tl,I-3). Zu dieser Wendung vgl. PAOSPER. VON AQUITANIEN. Ep. • d Rlffinlfm IV 5 (PL -45: 1795); FULGENTIUS VON RUSPE, Ep. XIV 8 (CCL 91: 393,229) und Liber ad Scarilam de inearnationt Filii Dei 8 (CCL 91: 318,196) u. a. Auguninus und lulianus .prechen von der catholiClI.t fidti Iferit,u (AUGUSTINUS. Contra 1.lianum 1 -42 [PL H: 670]; Contra lulillnum opus imptr!tetum 1 2 (eSEL 8511: 6.2-4J). ..
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WILHELM VON ST. THIERRY UNU I'ETER ABAELARU Diese ist ein Sclbstzitat aus seinen Glossen zu den Kategorien. Dort hane Abaelard Aristoteles' Bemerkung am Ende des Kapitels über die Relation, die dem Satz auch in Sic el Non vorangeht,6J kurz erläutert und abschließend festgestellt: Sed ulife est dubi
tare potius, quippe per dubicationem uenitur ad inquisitionem, per inquisitionem per tingitur ad ueritatem. 64 Hinter dieser Aussage steht ein Wort des Ambrosius, der mit Bezug auf dasselbe Bibelwort Matthäus 7,7 I Lukas 1 1,9, das in Sie el Non folgt in seinem Kommentar zu Psalm 1 1 8 gesagt hane: Quando dubitas, diligencer inquiras; qui enim quaerit inuenit, el qui pulsat aperitur ei.6S Der Wahrheicsbegriff. den Abael ard dabei im Blick hat. ist - wie das Zitat aus der Heiligen Schrift und der anschließen de Text zeigen - auf die religiöse Dimension ausgerichtet.66 Aber es geht ihm - dies macht der philosophische Vorsatz deutlich, den er auch andernorts zitiert67 - um eine mit den Mitteln der Vernunft reflektierte Wahrheit, das heißt um die theologische Er kenntnis des religiösen Inhalts. dessen Herkunft aus der Offenbarung nicht in Frage steht.6I Anders Wilhelm von St. Thierry. Er spricht von der Christianae fidei ueritas und nimmt damit vor allem die inhaltliche Seite des Glaubens in den Blick. Deren beson deres Merkmal sieht er gerade darin, daß sie von zweifelnden Überlegungen (dubiis deliberationibus) und vielerlei Fragen (multis et uanis quaestionibus) des forschenden Geistes (inquisitor) unerreicht bleibt und allein auf der Weisung der gönlichen Auto rität (quod credendum indicit diuina auaoritas)69 beruht. Unter Beiziehung verschie dener Argumentationstopoi aus dem alten Streit zwischen Vernunft und Glaube,70 die zum Teil auch im ersten Kapitel von Sie et Non verzeichnet sind. grenzt Wilhelm die sen Wahrheits- bzw. Glaubensbegriff gegen alle Vernunft und Einsicht der weltlichen Philosophie (contra omnem saecularis philosophiae rationem et intellectum)71 ab:
Vgl AI\ISTOTELES LATINUS, Categoriat 8�, 21-24 (Arisroultf Lati"Nf I I,n ,. AB....ELAkD, Logica l"gr�djt"tibNJ (cd. GEYEk 223,16f.). 6) AMBI\OSIUS, I" Pf�/mNm CXVIII 8,59 (CSEL 6215: 188,17.19). U
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I 2,(3).
" Dics zeigt auch die Wendung�d N�ritaum ptrti"gu�, die nicht aus der Sprache der Logik, sondern aUf der tbeologischen Tradition stammt (GRECOk DElI. GROSSE, Hom. in Euchirltm 1125,2 (PL 76: 1 190C] zu Joh 20,1 1·18, wo es ebenfalls um die Suche und das Finden "der Wahrheit" geht). H ABAELAkO, Expositio in Htxatmtron, praef. (PL 178: 732B). U In ABAELAkO, Di alutica IV 1 pro!. (cd. OE Rillt 469,15f.) definiert Abaclard einen Wissenschafts· begriff, der die Theologie als Spezies der allgemeinen Wahrheitserfusung ausweist: "Eil enim scientia ueriutis rerurn compr�hensio.. cuius species est sapientia, in qua fides con,istit," Vgt dagegen MAJtlUS VICTOlt.lNUS, I" �piJtolam ad Eph�fios I 7 (CSEL 8312: 16,73f.): .... Ut genus sapientia. UI species prudentia." ., Diese Formulierung liebt Wilhdm besonders; sie kehrt nicht nur hier, drei Sätze weiter, wieder. son· dern auch WILHELM VON ST. THIEI\.I\Y, Expositio in Epistolam ad RomanOJ VI (CCM 86: 144f.,297f.) und Sptculumfidti22; 39; 81 (SC 301: 86; 102; 148). 10 Hierzu gehört die Berufung auf Augustinuf (AuCUSTINUS, In loh�nnis tN�ng�/ium tractatus XXIX 6 [CCL 36: 287,16f.}): .lntelleclus enim metces CSt lidei. Ergo noli quaerere intcllegere ut eredu, sed crede ut intellegu. "), die ebenfalls auf Auguflinus zurückgehende cNriositas· Kritik, der vom Evange· lium (10 7,18 VL: .gloriam suam quaerit") geJtüt:tte Vorwurf der Ruhmsucht, der Vorbehalt gegen Schlußvcrfahren und begriffliche Prüfung in Glaubensdingen ("ratiocinando CI relu.eundo") eie. 11 WILHELM VON ST. THIERltY, D� corport tt sanguint domini (PL 180: 3490).
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Etwas anderes ist nämlich der Glaube, ctwu an· deres du Wissen. Das Wissen wird durch Ver nunft und Einsicht erlangt, der Glaube aber wird allein durch die Autoritit bestimmt. Wer deshalb nichu glauben will ohne vorgängige Vernunft und Einsicht. bringt die Dinge durcheinander.
Aliud cni m CS( fides. aliud seientia. Scicntia ratio Re Cl intdlectu coJligitur, fides utro sola aucloriu,· te: indicitur. Qui ergo nil credere uult, nisi ratioRe: ud intcllcctu praecedc:ntc:. hit rem confundit. 12
Die hier angesprochene Prioritätsfrage (nu; ratione uel intel/eclu praecedente), die ebenfalls zum klassischen Repertoire der Auseinandersetzung über das richtige Ver� hältnis zwischenfides und ratio bzw. ratio und auctoritas gehört, ist ein weiterer An gelpunkt, an dem sich der Unterschied zwischen beiden Konzeptionen festmacht. Während Wilhelm, gestützt auf die Tradition/3 mit Entschiedenheit den Vorrang des Glaubens betont, legt Abaelard wenig später (ca. 1 132) im Bericht über seine Lehr tätigkeit am ,Paraklet' seinen Studenten die Überzeugung in den Mund, .daß man nichts glauben könne, was man nicht zuerst eingesehen hat - nee credi posse aliquid
nisi primitus inulleetum.« 74 Diesmal klingt Abaelards Formulierung mit dem prononcierten Unterschied des nee credi posse anstelle des nil credere uHlt wie ein Echo auf Wilhelms Aussage. Doch ist auch dieser Satz nichts anderes als ein Element aus der zeitgenössischen Debatte7Snoch nach dem Tod beider wird Gerhoch von Reichersberg beim Kardinalskollegium in Rom über die .,unverschämten Disputierer" Klage führen, .,die nichts zu glauben 1l 1)
WILHELM VON ST. THIERRY, Dt corport tr f�nguint domini (PL 180; 345AB). Augustinus schirft du �Prius credite, postn intcllegite· {AUGUSTINUS, Dc symbolo ad cattch"mcnos 2,4 [CCL 46: 1 87,85J immer wieder ein. Vgl. die auch von Abaelard angeführten Zitate Dt tr;nit�u VIlI 8 (CCL 50; 277,39) zit. Sic tr Non I 16 (cd. BOYER I McKEON 94,1 15); . . prius autem quam in· lellegamuJ credere debemus." AUGU5TINU5, In lohann;s cllangelium tractatus XXXIX 3 (CCL 36: 346,1 Of.) zit. Sic ct Non I 15 (cd. BOYER I McKEON 1 15,73· 75): fide praeeunte. quac sanat oeulum »
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cordis nostri, quod intellegimus, si ne obseuritate capiamus.M " ABAElARO, HiJtor� Calamiratllm (cd. MONFRIN 83,6971.). " An ihr nimmt Abaelard engagiert teil. Sein gesamtes Wetk durchzieht die Überzeugung, daß alle Rede auf Verstindnis (inulligcntia) beim Hörer angelegt ist: .Omnis quippe locutio ad intelligentiam est ac· commodata, et propter earn in auditore faciendam etiarn reperu, et ad hoc unurn inSlituta� (ABAE. lARO, Sermo IX [PL 178: 445D·446Al, vgl. Sermo XIV [ed. OE SANTl5 45t]). In der Theologie geht es ihm vom ersten Entwurf an um eine verstandene und veutehbare Lehre: .plus quc intelligi quam que dici possent" (AIlAELARO, Hinoria C�/amilatum [cd MONFRIN 83.695]). M it scharfer Kritik belegt er diejenigen, die ihte Unfähigkeit hierzu hinter einem Glaubenseifer verbetgen der das Geugte glaubt, bevor er es versteht, und ihm zustimmt und es annimmt, bevor er sicht. was es genau in. und er· kennt, ob es anzunehmen ist. oder es nach seiner Fassungskraft untersucht" - �qui ca, quae dicuntur, antequam inteUigat, credit et priul his auentit atque recipit, quam, quae ipu sint, uideat ct, an r«ipien. da sint, agnoseat seu pro captu suo discutiat" (AßAELARO, Thtologu. Scholar;um 11 49 (CCM 13: 432,779.781]). Füt das religiöse Sprechen in Liturgie und persönlichem Gebet Stellt er unter Beru· fung auf 1 Kor 14 den Grundsatz auf, .ut nihil in ecclesia dici permittat. quod non comitetur intelligentia" (ABAELARO, Sermo XIV (cd. OE SANTIS 30t}). Hierzu paßt seine Identifikation des ,Brotes' in der Vater· Unser·Bine mit der inulligcnli" diNini "erb; bzw. sacre Icrip,,,re (Scrmo XIV [cd. OE SANTlS 217·221]); vgl. Expolitio in Orationtm Dominic"m 40 (cd. BURNETr 71,134· 1 16); Ep. VII (cd. McLAUGHLIN 286, 16ff.) und die nachdrückliche Betonung der Fruchtlosigkeit allen Betens, das nicht von einer Frömmigkeit des Verstandes (dcllotio inulligrntir) begleitet wird (Scr· mo XIV [cd. OE SANTlS 18]; Ep. VII pauim). Zur Verstc:hbarkeit als Prinzip von Abaelards Predigt vgl. OE SANTIS 2002, 93·95. .
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verstehen oder nichts glauben wollen, was sie nicht mit Einsicht und Vernunft zu be greifen vermögen"7b -, in der Abaelard und Wilhe1m von St. Thierry auf verschiede nen Seiten kämpfen. Auch die Gemeinsamkeit ihres Bemühens, angesichts des Problems scheinbar gegensätzlicher Aussagen der Kirchenväter die Widerspruchs freiheit der christlichen Tradition methodisch abzusichern, kann sie nicht dazu brin gen, ihre im Ansatz grundverschiedenen theologischen Positionen zu verlassen. Bleibt schließlich noch einmal die Frage zu stellen, ob Wilhelms Auseinanderset zung mit den diuersae sanctorum patrum sententiae in Kenntnis und als Reaktion auf Abaelards Sie et Non entstanden ist und ob er sich folglich in seiner Kritik an diesem Titel unkundiger gestellt hat, als er in Wirklichkeit war. Die zeitlichen und räumlichen Bedingungen stünden einer solchen Bezugnahme nicht entgegen.77 Auch die inhalt lichen und sprachlichen Korrespondenzen können einer derartigen Vermutung Nahrung geben. Diese fügt sich freilich nur allzu gut in das Schema einer alten Freundschaft, die aus Gründen einer inhaltlichen Kontroverse in persönliche Gegner schaft umschlägt.78 Gerade deshalb ist auch kritische Zurückhaltung geboten. Die Argumente, deren sich beide bedienen, stammen aus dem Repertoire einer grundsätz lichen Kontroverse, die von ihnen weder begründet noch zum Abschluß gebracht worden ist, und weisen eine Abhängigkeit jedenfalls nicht zwingend nach. Anderer seits sind die beiden letzten Kapitel von Wilhe1ms Abhandlung so unorganisch mit dem Hauptteil verbunden, das eine Hinzufügung aus einem äußeren Anlaß - etwa der Kenntnisnahme von Abaelards Werk mit seinem provokativen Titel - nicht aus geschlossen werden kann.
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GERHOH VON RE1CH �R�8E !lG! Ep. ?CX1 (PL 193: .58-4B): .At illi disputatores importuni, qui nipil crc
dere noucrum ucl uolunt, nisi quod intellectu et ratione ualent comprehendere, non cessant a quaestio nibus indisciplinatis, nisi aucwrilas apostolica illis modum ponat." Die Entslehungder verschiedenen Fassungen von Sie tt Non war zum Zeitpunkt der Entstehung von Wilhe1ms Traktat und Abaelards Übersiedlung nach St. Gildas (1126/ 1128, vgl. MARENBON 1997, 21 Anm. 19) im wesentlichen a.bgeschlossen. Wenn Wilhe1m Abac!ards Karriere verfolgte, konnte er von Reims aus die Entwicklung des ,Paraklet' ·Projeku ohne weiteres zur Kenmnis nehmen. Dieses Motiv hat Dechanet unter Bezug auf Wilhc!mJ Bemerkung in seinem Denunziationsschreiben (vgl. DtCHANET 1939, 378 Anm. 1): Dilexi el ego eum et diligere uellem, deus testis eu, sed in causa hac nemo umquam proximus mihi eril ud amicus" zu m Ausgangspunkt für einen Aufsatz gemacht, in dem er auf die Paralle zwischen Sic u Non und De stlcramentis hinwies, allerdings die Gemeinsamkeit bei derAuto ren gegenüber de -hier dargestellten -fundamemalen Differenz bei wei lem überbewertete. •
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EKKLESIOLOGlE UND KIRCHENVÄTER BEI BERNHARD VON CLAIRVAUX GILLlAN R. EVANS Der Beitrag des Bernhard von Clairvaux zur Theologiegeschichte bestand mehr darin, daß er in bedeutenden Gebieten der Theologie eine Akzemverschiebung herbeiführte, als daß er etwas radikal Neues sagte. Oft ist dabei keine ausdrückliche oder auch im plizite Methodologie festzustellen. Bernhards Gebrauch von patristischen Autoritä ten hat zwar eine Reihe von Erkennungsmerkmalen, vor allem in Hinblick auf seine Ekklesiologie, doch erscheinen sie gewissermaßen natürlicherweise aus seinem Ge brauch heraus, ohne dabei den Anschein eines Systems zu erwecken. Die Frage, die ei nige Jahrhunderte später zum Mittelpunkt der Auseinandersetzung werden sollte (Definiert die Kirche die Autorität christlicher Schriften oder begründet die Autorität der Schrift die der Kirche?) beschäftigt Bernhard nicht. Er übernimmt in seine Ekkle siologie für die Mitte des zwölften Jahrhundens eine Reihe von Themen von den Kir chenvätern. Er stellt sie in den Zusammenhang der oft sehr praktischen Sorgen und Spannungen seiner Zeit, und in diesem Kontext prägen sie sein Denken. Bernhard spricht von der Schrift, wie andere Autoren seiner Zeit, mit einem klaren Blick für die Unterscheidung von saCTa pagina und den scriptores ecclesiastici, die kei nen Platz im Kanon haben, jedoch nichtsdestoweniger autoritativ sind. Dennoch ist für ihn der Gegensatz von ,Schrift' und ,Kirche' weniger scharf als etwa für Luther oder Calvin. In den Augen Bernhards handelt es sich wohl mehr um den Gegensatz von ,geschriebener Autorität' und ,Gemeinschaft', wobei ,Gemeinschaft' zu verste hen ist im Zusammenhang der Heilsgeschichte. Wir müssen also zunächst eine Vorstellung von Bernhards ,Idee' der ,Väter' als au toritativen christlichen Autoren gewinnen. Der Ausdruck patres hatte zu seiner Zeit keine festgelegte Bedeutung, und Bernhard war in der Tat, in der bereits angesproche nen unverkrampften Art, einer der ,Väter' der modernen Bedeutung dieses Aus drucks. Patres wird in Bernhards Schriften in äquivoker Weise gebraucht. Die Betonung mag dabei vor allem auf der Autorität der Altehrwürdigkeit der paternitas liegen. Gelegentlich will er sich mit dem Begriff einfach nur in respektvoller Weise auf eine frühere Generation beziehen. Zuweilen denkt er auch an die Grundergeneration des Benediktinerordens oder seines eigenen Zisterzienserordens. So erklärt er etwa in seiner Apologia ad Guillelmum Abbatem, in der er die unterschiedliche Art und Wei se, in der Zisterzienser und Cluniazenser die Benediktsregel interpretieren und an wenden, erörtert, daß die Lebensordnung, die die Benediktsregel beschreibt, .. von den Väter eingesetzt" worden sei ( .. a Patribus institutus"). l Diejenigen, die die Regel einI
BERNHARD VON CLAIRVAUX, Apologia 11-4; VI 12 (Optra III 83,26; 9I,2Jf.).
u prophetie", set1.t die lro l.iber XVU (Kap. 1) entwickelte Lehre voraus, in der Augustinus erklärt, wie die alten Prophezeiungen wirklich von Christus und dem Gottesreich sprechen. Solche Vorhersagen sind schon erfüllt. Segovia stellt die coneordantia scripturarum der Uneinigkeit der Meinungen zwischen den großen Philosophen gegenüber. Inhaltlich handelt es sich dabei um das in Liber XIII (Kap. 41) entworfene Thema. Daß nicht nur die jüdischen Propheten, sondern auch die heidnischen Schriften die christlichen Inhalte angekündigt haben, ist von Segovia als fünfte Grundlage angefühn; und dabei verweist er auf den Liber XVIII (Kap. 3). An diesel' SteHe redet der Kirchenva;:cr über die Sibylle, die so viele Dinge von Christus vorwegnahm. Im Rahmen der letzten Grundlage, der miraculorum claritas, zitiert er fast wörtlich einen Passus des Liber XXII (Kap. 5), der sich auf die Auferstehung Christi bezieht. Die sechste Grundlage, die spontanea et ultima confessio adversariorum, weicht ganz und gar von der Augustinischen Lehre ab, weil dabei eine besondere Proble matik eingeführt wird, nämlich die des Verhältnisses zwischen Juden, Christen und Muslimen. An dieser Stelle können wir tatsächlich den eigentlichen ,Sitz-im-Leben' der Repetitio wahrnehmen. Die Betrachtungen Segovias haben mit der damaligen spe zifisch spanischen Erfahrung der Feindschaft und zugleich des Zusammenlebens der Religionen zu tun. In seiner Heimatstadt lebten Christen mit Mohammedanern zu sammen: zu neubekehrten Muslimen soll er eifrige Beziehungen gepflegt haben.31 Nach einer kürzeren Beschreibung des historischen Ursprungs und des erdrückenden Fortschritts der Mohammendaner äußert er über die islamische Religion folgendes Urteil: Sie besitzt keine der zwölf angegebenen Grundlagen,32 welche die Wahrheit des christlichen Glaubens begründen. Deshalb zieht er die Schlußfolgerung: ..Haec sunt fundamenta supra quae fundarus est murus civitatis, scilicet, militantis, de quibus Apoc. 12." Die Argumentation für den wahren Glauben verwandelt sich in einen apologetischen Beweis für die wahre •
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In seiner Kürze ist deSto aufschlußreicher das Excerptum Vu,e 4d conflerundum infideles 4C fideln confirm4ndum de flerir4Ufidei c4tholic4e (Univenitiiubibliothek Salamanca, Cod. 216, f. 74v). Ediert bei KRAMER 1980, 426·429. Vgl. HERNANDEZ 1977,327. Vgl. JOHANNES VON SEGOVIA, Repetitio. f. 29)",: .Haee omnia supra dicta eodem fere ordine Augusü nus exequitur Lib. 22 Oe civitate Dei a cap. 4 usque ad 8." Die wichtigste Untersuchung von Segoviu Arbeiten und Schriften über die friedliche Bekehrung der Mohammedanern ist nach wie vor die Studie von D. Cabanc:las (CABANEl.AS 1952). Vgl. JOHANNES VON SEGOVIA, Repetitio, f. 29)vb: .et quidem discurrenti per singula duodecim fun· damenta JuperiuJ posita patet quod nullum ipsorum in se contineat Jecta machometi...
SANTIAGO MADRIGAL TE RRAZAS SJ
Kirche. Dies tritt ganz offensichtlich im dritten Avisamem des Tractatus decem avisa mentorum zutage, wo Segovia versucht, die von den Böhmen in Zweifel gezogene Irr tumsfreiheit der Kirche zu beweisen.)) Mit solcher Absicht wiederholt Segovia die zwölf Grundlagen des wahren Glaubens beziehungsweise der wahren Kirche, die bei der Repetitio vorkommen, wenn auch unter verschiedener Berücksichtigung und in unterschiedlicher Reihenfolge gegliedert. Wenn die Repetitio de lide catholica die Luft Augustinischer Prämissen atmet und unter dem Vorzeichen einer ansatzsweise erar beiteten Überlegung de vera religwne steht, so hat auch der Tractatus decem avisa mentorum mit ähnlichen Voraussetzugen eine Erörterung de vera Ecclesia entwickelt. Zusammenfassend ist zu sagen: Mit der Darstellung der Repetitio de lide catholica dürfte klar geworden sein, wie sehr Segovia auf Augustinische Quellen ausgerichtet ist. Dies gilt besonders für die Erarbeitung der fundamentaltheologischen Vorausset zungen seines Kirchenverständnisses. Dieser Eindruck wird durch eine andere zusätz liche Bemerkung bekräftigt. Die Schriften Segovias sind stark ekklesiologisch gefärbt. Jede theologische Frage, die der Spanier berührt, läuft auf eine ekklesiologische Be handlung des Themas hinaus. Der Liber de substantia ecclesiae bietet hierfür das deut lichste Zeugnis.
5. Augustinus und der Liber de substantia ecclesiae
Nachdem er sich 1449 in das Priorat von Aiton zurückgezogen hatte, konnte Segovia sich offensichtlich ganz seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmen. Rund 25 Jahre nach der Repetitio de lide catholica dachte er, noch immer Kämpfer für die konziliare Idee, an eine dogmatische Gesamtdarstellung der Kirche, die er aber unvollendet ab brach. Nach der Eroberung von Konstantinopel im Jahre 1453 durch die Mohamme daner unterbrach er seine wissenschaftlichen Studien, um sich intensiv mit dem Islam zu beschäftigen. Dies gilt auch für seinen auf vier Teile geplanten Liber de substantia ecclesiae. Vor seinem Tod am 24. Mai 1458 konnte der Magister nur noch zwei Teile fertigstelIen. Im Grunde genommen handelt es sich dabei um die heilsgeschichdiche Darstellung der irdischen Glaubensgemeinschaft, die aber eine Engellehre, eine theo logische Anthropologie und eine Theologie der Inkarnation umfaßt, als Vorausset zungen und Bestandteile seiner Ekklesiologie.14 Mehrmals wendet Segovia das Vierursachenschema auf die Kirche an, um das Wesen der Kirche abzugrenzen. Unter dem Gesichtspunkt der Materialursächlichkeit ist die Kirche aus den rationalen Ge schöpfen (Engeln und Menschen) zusammengesetzt. GOtt ist die Wirkursache und Christus, als Haupt der Kirche, die Formalursache. In der ewigen Seligkeit besteht
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Vgl. jOHANNES VON SEGOVIA, TrtUhltUf, f. 199v-200v. Siehe dnu MADRIGAL 1997. Für einen Gesamtüberbliek über den Traktat siehe MAORIGAL 2000, H-49.
JOHANNES VON SEliOVIA
ihre Finalursache. }5 Schließlich fragen wir uns: Was hat der Kirchenlehrer von Hippo mit diesen Gedanken zu tun? Die grundlegenden Prämissen des Kirchenverständnisses Segovias sind in De civi late Dei (besonders im XI. und XII. Buch) zu finden. Seine Ausführungen stehen im strengen Zusammenhang mit dem äußeren Umfang und dem begrifflichen Verständ nis der beiden civitates bei Augustinus.36 Im XI. Buch erklärt Augustinus die Her kunft oer beiden Staaten. Sie haben ihren übergeschichtlichen Ursprung in den beiden Engelsstaaten. Die civitas terrena reicht über die Grenzen, nicht nur des menschlichen Raumes, sondern auch über diejenigen der menschlichen Zeit, bis in den Anbeginn der Schöpfung hinein. Am ersten Schöpfungstag .. schied Gott zwischen Licht und Fin sternis'" (Gen 1 ,4). Nach der Augustinischen Auslegung sind mit Licht und Finsternis zwei Engelsgremien gemeint, deren eines im Licht der Wahrheit blieb, deren anderes "nicht standhielt in der Wahrheit.'" Ehe es einen Menschen gab, gab es schon zwei civitates in der Welt der Engel. Von der Augustinischen Interpretation ausgehend, re det Sego,,·ia von der Engelskirche im Himmel. 37 Segovia neigt dazu, die Stelle von Ge nesis 1,4 mit Hilfe von Offenbarung 12,7 auszulegen: ..Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen.'" Zudem ist unser Theologe davon überzeugt. daß ein deutliches Verhältnis zwischen der in der Offenbarung des Johannes beschriebenen Szene und dem Inhalt des XI. Bu ches De civitate Dei besteht.)I In diesem Rahmen hat der Spanier den Vergleich zwischen Engeln und Menschen entwickelt, wobei die Frage nach der rangmäßigen Überordnung des menschlichen Geschöpfs über den Engel mit Hilfe einer Stelle des Liber SoliLoquiorum gelöst wor-
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JOHANNES VON SEGOVIA, LibeT de sNbstantia ecc/uiae, f. 5v: .HuiuJmodi autc:m dc:seriptionC:J, ideo
pertineOies eensentur, quoniam singula eompleetitur quatuor ecclesiae cauus: materialem, quae 50eietu est multitudiniJ rationabilium ereaturarum sive suuanliarum; errieientem, quae Deus; (inem, qui beatitudo aeterna; loeo vero diHerentiae formaliJ dieitur sub Christo." Vgl. AUGUSTINUS, De clflitarr Dei XI-XII (CCL 48: J21,I-J85,JJ); vgl. auch RATZINGER 19S4,
255-295. Vgl. jOHANNES VON SEGOVIA, Libu ae s"bsranria ecdesiae, f. 28r: .In principio divinae legiJ habetur quod divisit Deus lueem a tenebris (Gen 1,4), per quod, ut Augustinus exponit, intelligitur separatio facta angelorum bonoruma malis." Vgl. AUGUSTINUS, Duiflitau Dei XI 9 (PL 4 I: J2J-J25, hier beson ders J24; CCL 48: 328,I-J30,71). Vgl. JOHANNES VON SEGOVIA. Liber Je SNbsrantia ecc/esiae, f. 47v: .Hae ergo auetoritate loannis in ApoealypJi dieendum videtur, malignos spiritus Jive in natu gratiae Jive in Statu eulpae, netiue ante eorum ruinam in eelo. sallem per diem. Cui dieto eonsonat Augustini doetrina XI .De eivitate Dei' cxponentis, per divisionc:m lueis a tenebris intelligendum rore bonorum a malis angelis separationem, et hoc esse opus diei primae." Vgl. AUGUSTINUS, Dt ciflit"u Dti XI 9 (PL 4 1 : 323-32S; CeL 48: 328. 1-J30,71).
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den ist: GOtt ist Mensch geworden, nicht aber Engel. 39 Hiermit wird schon das Thema des Falls von Luzifer angedeutet: der Prinz der Engel wollte Jesus Christus nicht als Haupt der Kirche akzeptieren. Dagegen erinnert der Chor der guten Engel mit dem Kolosserhymnus (Kol 1,16-20) an das verpflichtende Bekenntnis: ..denn in ihm wurde aUes erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare . . . Er ist das Haupt des Leibes, der Leib aber ist die Kirche. Er ist der Erstgeborene der To ten; so hat er in allem den Vorrang."40 Alles kreist also um das Geheimnis der Menschwerdung. Mit einem Wort: ..Der Drache und seine Engel kämpften, aber sie konnten sich nicht halten, und sie verloren ihren Platz im Himmel" (Offb 1 2,8). Da raus ergibt sich auch, daß die Kirche im Himmel eine streitende war, bevor sie trium phierende Kirche wurde. Die irrtümliche Position des Luzifer dem Gottessohn gegen über bestimmt die Unterscheidung zwischen den beiden Engelsgremien als ecclesia bonorum und ecclesia malignantium.41 Segovia fügt hinzu, daß eine solche Debatte und die folgende Unterscheidung der Geister das Ergebnis des ersten Konzils gewe sen sei.42 Anders gesagt: Die im zwölften Kapitel der Offenbarung des Johannes be schriebene Szene stellt die erste Kirchenversammlung überhaupt dar. Wie aber kommt er auf diese Idee? Dies hängt zunächst mit der Sünde Luzifers zusammen. Im XI. Buch (Kap. 14-15) von De civitate Dei fragt sich Augustinus nach dem Sinn der Behauptung: .. Der Teufel steht nicht in der Wahrheit" Goh 8,44).43 Dieser Thematik hat Johannes von Segovia umfangreiche Abschnitte des Liber de sub.stantia ecclesiae gewidmet, in denen der Stand der streitenden Kirche im Himmel untersucht wird, und zwar anhand des glei chen Schlüsselbegriffs: ..Wer die Sünde tut, stammt vom Teufel; denn der Teufel sün digt von Anfang an" ( 1 Joh 3,8). Um die Natur der Sünde der Engel zu erklären, folgt n
Vgl. jOHANNES VON SEGOVIA, Ubtr Jt f"bsrantia tccltsiat, f. 8v: .De hae enim hominis dignitate, Au gustinus in Libro Soliloquiorum ita dicit: Quod nalura prohibel nos esse minores p.aulo minus ab ange lis, quos tu Domine corona spei quae ornau eu gloria. gloria et honore coronaveris, quod tu, Domine nimis quam amieos tuos honoraveris, ymmo per omnia pares et aequales angelis. Nempe et haec veritas tu.a dieit aequales angclis et Filii Dei quidnam si filii Dei, si pares angclis erunt? Erum quidem vere filii Dei, quia filius hominis f.aelus est filius Dei. Hoe itaque eonsideranti michi fidueia eSI dieere, non homo minor paulo minus .ab angclis, non itaque [anturn .aequ.alis angdis, sed superior angelis qui.a homo Deus, et Deus homo, non .angelus. Et dicam propier hoc hominem ereatuum esse dignissimam." Vgl. PS.-AUGUSTINUS, So/i/oqui4 8 (PL 40: 870f.). ' 0 JOHANNfSVON SEGOVIA, Libtr dt s"bst4nti4 ucltsi.tt, f. 26: "Publieantes Christum esse eaput corpo ris eeelesi.ae, qui etat in omnibus prim.a[um tenens, quia in ipso eondita sum et constant univers.a in coe lis et in terra, visibilia et invisibili.a, sive throni sive dominationes, sive prineipatus ,ive potesUtes, ideo que profitebantur publice, quod sub ipso umquam sub capite permanere volebant, et permanere sponte subdili suo imperio t.amquam membra eius." .! jOHANNES VON SEGOVIA, Uber Je s"bSC4nria eccltsi4t, f. "7v: .Deinde quod succedente prodio illo magno, (aeu sit divisio ecclesiae iustorumet ecclesiae malignantium, quando l.au sententi.a proieclo est de codo Dacho (Apc 12,9) et angeH eius cum ipso mini sunl." ' l jOHANNES VON SEGOVIA, Ubtr de substanti4 tccltsiat, f. 23: .Quod prodii sanelotum angelorum exemplo, generalium StatUS synodorum accepit non exile sed permuimum tobur alque agendi formam. ') Vgl. AUGUSTINUS. De civitart Dei XI I"f. (PL -43: 330f.; CCL 48: 335,1-336,26). •
JOHANNE.S VON SEGOVI A
egovia den Erläuterungen des Bischofs von Hippo. Unser Theologe nimmt die von ugustinus vorgeschlagene Antwort auf: Hochmut ist Ursache und Beginn der Sün äe. Infolgedessen wurde Luzifer nicht in der Bosheit geschaffen. Sünder ist er nicht egen eines Mangels der Schöpfung, sondern wegen seines eigenen Hochmuts.44 Die Argumentation Segovias erreicht ihren Höhepunkt in folgender Feststellung: Es gibt eine Stelle im Liber So/i/oquiorum, in der Augustinus die Sünde des Luzifer mit der dee rines Konzils verbindet. Der Rekurs auf die Aucorität des Augustinus ist maßge end für eine solche Interpretation, wobei Segovia schlicht und einfach annimmt, daß die erste himmlische Kirchenversammlung in der Form und Gestalt des von Luzifer inberufenen conci/ium stangefunden hat, und zwar mit der Absicht, die Herrlichkeit ottes zu stehlen.45 Augustinus steht hier im Dienst der Sache des Konziliarismus. Jene himmlischen Geschehnisse haben beispielhaften Charakter für alle Zeiten. In olgedessen sind die beiden Engelsstaaten beziehungsweise die beiden Kirchen der ei gentliche Punkt, von dem das Zweistaatendrama ausgeht. Die beiden Engelsstaaten ragen also die Scbeidung in zwei Staaten auch in die Menschenwelt hinein. Dadurch entstehen natürlich nicht etwa vier Staaten, sondern der zusammengehörige obere Staat bildet mit dem entsprechenden unteren Staat je eine civitas, so daß also auch wei terhin eine Zweiheit von Gemeinschaften sich gegenübersteht. Mit genau solchen Überlegungen fängt das XL Buch von De civitate Dei an, welche Segovia fast wörtlich aufgegriffen hat.46 Letzten Endes geht es Segovia darum, die Einheit der aus Engeln und Menschen zusammengesetzten Kirche zu begründen. Darin besteht die Einheit der Kirche als Wesenseigenschaft, die wir Christen im Symbo/um lidei bekennen. Geschehnisse und Worte der Heiligen Schrift sind für Segovia Vordeutungen künf tiger Heilswirklichkeit. Im zweiten Teil des Liber de substantia ecclesiae geht Segovia von Offenbarung 2 1 ,2-3 aus: ..Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut ... Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk; und er, Gott, wird bei ihnen .. jOHANNES VON SEGOVIA, Ubtr Jt fl4bstantia tccltfiat, f. 04 I: Verum, Ut Augu5linus doeet XI Oe ei •
4S
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vitate Dei, non ab inilio el! quo ereatus eH, peccare putandus est, sed ab initio peccati, quod ab ipsa superbia primum eue eepil, propter quod dieit: Peccati omnis superbia initium. Nullum quippe fuit peccatum ante Luciferi culparn, et propterea loannes testatur quod ab initio Dyabolus pcccat." Vgl. AUGUSTINUS, Dt cjtJitatt Dti XI 15 (PL 041: HO; CCL 048: H5,13-H6,26). jOHANNES VON SEGOVIA, Libtr ilt il4bftimtia 'teilt/at, j f. 21v: .Hatc tU 'do'etrina Augunini in Libro Soliloquiorum, dicentis: Quod Lucifer ipse eSI latro primus et ultimus, ct concilium in celo fecit ut raperet gloriam Dei (cf. PS.-AUGUSTINUS, So/i/oql4ia 1 7; PL 040: 878). Quia ergo A ugustinus hic concili um nominat, nec de alio istud antecedente legimus, diei potest hoc fuisse primum eoncilium generlole, per quod veritas fidei, in qua il1e non steti!, defensata est." Auch kommt dieser Gedanken auf f. 504v; 62r; 63r vor. VgLjOHANNESVONSEGOVIA, UberJt fl4bftantia tCcltfiat, f. Ilv: .Vt namque Augustinus docetlibro XII Oe civitate Dei non est dieendum quatuor esse civitates duu, videlieet angelorum bo norum unam, ct malorum altcram, IOlidcm hominum; ted duu lantUm, alteram bonorum angelorum et hominum. aliam vero malignorum spiriluum Cl hominum rcproborum." Vgl. AUGUSTINUS, Dt citJitatt Dei XI 33 (PL 41: 346; CCL 48: 352,1 -354,59).
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sein." Augustinus stellt die Schöpfung der Engel und den Fall der rebellierenden Gei ster als Anfang der heiden Staaten im Himmel dar, er stellt die Gebun der Kirche auf Erden als Ergebnis einer neuen Schöpfung und eines neuen Falls, desjenigen von Adam, vor. In diesem Zusammenhang betrachtet der Spanier die irdische Kirche unter der Möglichkeit, daß der Mensch nicht gesündigt hätte. Durch diese Tür ist die theo logische Anthropologie in den ekk!esiologischen Entwurf des Johannes von Segoviöl eingeführt worden. Hier läßt die grundsätzliche Bestimmung der Kirche eine Reihe von Problemen entstehen, die vor allem mit der zeidichen Begrenzung der Kirche und mit ihrer Heils ausschließlichkeit zusammenhängen. War es für Augustinus die christliche Religion, durch die Abel gerechtfertigt wurde und durch die den Gerechten des Alten Testa· ments und den Erwählten der Heidenvölker (Hiob, der Sibylle) das Heil geschenk1 wurde, sieht Segovia die Ordnung der Heilsökonomie in dem Unterschied zwischer. Altem und Neuem Testament; von daher gliedert sich die menschliche Geschichte ir. drei Teile: lex naturae, lex Scripturae, lex gratiae. Er fordert - wie Augustinus - ah unumgängliches Mittel für das Heil den Glauben an die Menschwerdung des Gottes sohnes. Solange diese noch bevorstand, war sie nur durch eine göttliche Erleuchtun� der Erwählten erkennbar, während sie jetzt ja allen offenbart ist. Dem jüdischen Vol� genügte der Glaube an den kommenden Erlöser. r r
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DIE A UCTORITATES IN DER ENDFASSUNG DER
RATIO STUDIORUM DES JESUITENORDENS VON 1 599
LUCE GIARD In welcher Weise die Überlieferung der Tradition geschieht und was als autoritativ angesehen wird, läßt sich in herausragender Weise am Bildungsprograrnm einer Insti tution ablesen. Im folgenden soll der Frage nach der Rezeption von auctoritates im Bereich des Jesuitenordens anhand von dessen Srudienordnung nachgegangen wer den. Die definitive Fassung der Ratio studioTum, veröffendicht im Jahre 1599, handelt nicht direkt von den Lehrinhalten, wie es noch in der erSten Version von 1586 der Fall war. Sie formuliert bis in ihre extreme Spitze die Entscheidung von 1591 aus, Regeln betreffs der Funktionen der Verantwortlichen und der Professoren, unterschieden je nach Niveau der Klassen und der Unrerrichtsmaterien aufzustellen.! Der Tex[ von 1599 ist aus den beiden früheren Versionen hervorgegangen, deren haupcsächliche Elemente er beibehält, zusammenfaßt und umschreibt. Er wird der grundlegende Bezugspunkt des jesuitischen Erziehungssystems oder, wie John O'Malley sagt, seine ,Magna Carta'.2 Unter dieser Rücksicht organisiert, strukturiert und fixiert der Text die Ergebnisse des langen Erprobungsprozesses, der entsprechend dem ,modus pari� siensis' mit der Gründung des Kollegs in Messina im Jahre 1548 begonnen hane. Außerdem führt er in dem folgenden halben Jahrhundert die außerordentliche Ver breitung der Kollegien mit großer Beharrlichkeit und Erfindungskraft über ganz Europa hinweg.) Die letzte Fassung der Ratio nennt die allgemeinen Regeln zur jesui� tischen Unterrichts methode, mit großer Sparsamkeit der Mittel und in großer Klar� heit. Ein bedeutender Raum ist dabei der Pädagogik im engeren Sinn vorbehalten. Diese durchdachten und wertvollen Bemerkungen. die einen guten Teil der Neuerun gen des Textes darstellen. begründen überwiegend den Bekanntheitsgrad und den dauerhaften Einfluß der Ratio, sehr wohl auch jenseits der Grenzen der Gesellschaft Jesu.
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Lateinischer Text der drei Fassungen: Ratio atqut inJtitutio ltudiorum IOclUatil ltlU (MPSJ 5). Wir verfügen fur die Fassung von 1599 über eine hervorragende französische Übersetzung, begleitet vom lateinischen Text und einer gtÜndlichen Einführung von D. Julia UUllA 1997), einen Aomerkungs apparu und Ergänzungen: Ratio studiorum (cd. DEMOUSTIER I JULlA). Ich gebe die Verweise auf die lateinische Textausgabe in den Anmerkungen. O'MAlLEY 1999, 10. Über die Gründe und die Modalitäten des Übergangs zum Unterricht vgl. G1AltD 2002 und ROMANO 2002. Vgl. CODINA MIR 1968. Zahlenmäßige Daten und Analyse der Schwierigkeiten dieser erStaunlichen Erpansion{imJ ahr 1616 zählt man 372 Kollegien und etwas mehr als 13.000Jesuiten): LUKAcs 1961.
LUCt: GIARU
1 . Struktur und Aufbau der Ratio Unterrichtet und vielleicht erdrückt von dem immensen Hinundher der Texte (ver bessernd, kritisierend, vervollständigend und die früheren Fassungen verändernd), die zwischen der römischen Generalleitung des Ordens, den Provinzialleitungen, den verstreuten Jesuiten und den Kollegien kursierten,· haben die Redakteure des definiti ven Textes auf die generelle Bitte um einen ,kurzen Plan' (eine Ratio im spezifischen Sinn) geantwortet. Dieser Plan solle sagen, wie vorzugehen sei auf allen Ebenen des Unterrichts, und er solle die Rechte und Pflichten benennen, die zum guten Betrieb ei nes Kollegs nötig sind. Der Text nimmt eine vorschreibende und normative Form an mittels einer Reihe von Regeln, die die Verteilung der Rechte festlegen und die Funk tionen aller Akteure in einem Kolleg beschreiben.s Die gewählte Textform zeigt an, daß die anfängliche Phase der Erprobung abgeschlossen ist. Jedoch, getreu dem Geist der Konstitutionen, die empfahlen, die örtlichen Situationen und die Umstände zu berücksichtigen und es zu wagen, sich, falls erforderlich, VOll den Vorschriften zu lösen,' auferlegt der Text von 1599 keine vollständig fixierten Regeln; er gewährt einen gewissen Grad an Freiheit und erklärt wiederholt, daß man unter der Autorität des örtlichen Verantwortlichen und, nachdem man sich an diesen (in Fragen geringerer Bedeutung) oder an Rom (in schwerwiegenderen Fragen) gewendet hat, anders vor gehen kann, wenn es die Situation verlangt.7 Abgesehen von dieser Ausnahme, wird der Akzent darauf gelegt, einen regelmäßigen und effizienten Ablauf in allen Kolle gien einzuführen, dank dem Zusammenhalt der Mitbrüder, der Einzigkeit des be schriebenen Modells und der Homogenität der Pädagogik. Die Ratio studiorum in ihrer definitiven Fassung, die feierlich verabschiedet wurde von den leitenden Instanzen des ganzen Ordens, steht im Dienst der Einheit des Er ziehungsmodells, das allerorten im Namen der Gesellschaft Jesu angewendet wurde. In der Anwendung dieser Grundordnung schaHt der Orden sich seine Identität und seine Einheit, denn auch die ,Scholastiker' (die Jesuiten in Ausbildung) durchlaufen ihre Philosophie und ihre Theologie in den oberen Fakultäten, die gemäß den Vor schriften der Ratio organisiert sind. Mittels dieses veröffentlichten Textes (im Gegen-
• Ladislaus Lukics hat eine beachtliche Ausgabe der Dokumente vorgelegt, die diesen gemeinsamen
Prozeß der Erarbeitung gefördert haben und hat die Reflexion über das jesuitische Erziehungssystem bis 1616 fongeriihrt. Vgl. Mon..mentlf PlfeJ.gogiclf $ociulfti. lel.. (im Folgenden MPSJ]. , Jeder Funktion in eine Reihe von Regdn zugewiesen, die aus mehreren Punkten bestehen. Es gibt 28 Reihen sowie zusätzlich zwei kleinere Sammlungen iibu die Prüfungen und die Belohnungen. die sich nicht auf eine bestimmte Funktion oder eine umgrenzte VeN.ntwonung beziehen. • Conuir.. tionel SociUlftis je, .. 111 (MHSj 65). Prolog der Erklärungen, J .
In der Kirche müssen wir aber vor allem drei Dinge betrachten: den ganzen Leib und seine sichere und unbezweifehe Wahrheit. Ihr erstes und oberstes Haupt oder den obersten Pontifex und die Versammlungen der Hirten der Kirche, die den ganzen Leib repräse ntie ren oder das Konzil.' S Der von Alvarez herausgegebene Text der neunten Disputation handelt von der Kirche als Ganzem unter der Rücksicht der ersten Frage; auf die zweite Frage gehen die nicht edierten Quästionen 1 0 bis 12 ein. 16 Die neun im Druck vorliegenden Ab schnitte lassen sich folgendermaßen gliedern. Die ersten beiden Abschnitte gelten der Frage, ob und was die Kirche sei; der erste Abschnitt fragt, wer zur Kirche gehört, und der zweite, wann die Kirche begonnen hat. Mit dem dritten Abschnitt beginnen die Ausführungen über die Merkmale der Kirche: 1 7 ihre Unvergänglichkeit (perpetuitas; Seetio 111), ihre Einheit und Identität durch die Zeit (Seetio rY), ihre hierarchische Struktur (Seetio V und VI), ihre Heiligkeit, Apostolizität und Katholizität (Seetio VII) und ihre Sichtbarkeit (Seetio VIII). Der die Frage nach der Existenz und dem Wesen der Kirche abschließende neunte Abschnitt fragt, ob man sicher glauben könne, daß diese numerisch eine sichtbare Kirche die wahre Kirche Gottes sei. Scholastisch ist auch die Methode, mit der Suarez argumentiert. Sie läßt sich verein fachend etwa folgendermaßen beschreiben: Eine theologische These wird durch Bele ge aus dem kirchlichen Lehramt, der Heiligen Schrift und den Kirchenvätern und durch rationale Argumente bewiesen. Damit ist eine erste Antwort gegeben auf die Frage, wie Suarez die patristischen Quellen benützt. Oft erhalten wir lediglich einen Hinweis auf das Werk, Buch oder Kapitel eines Vaters, das für die zur Diskussion ste hende These von Bedeutung sei; manchmal wird referiert; nur in wenigen Fällen wird zitiert. Wir müssen davon ausgehen, daß Suarez die Verweise und die zitierten dicta probantia in Florilegien und Handbüchern der Dogmatik vorgefunden hat. Der ur sprüngliche Zusammenhang, in dem diese Texte bei den Vätern standen, ist für seine Argumentation ohne Bedeutung; welche Werke der Patristik er selbst im Original ge lesen hat, muß offenbleiben. Die Rolle, welche die Rezeption der Kirchenväter für Suarez' Kirchenverständnis spielt, kann deshalb nur in der Weise untersucht werden, daß wir fragen, bei welchen seiner Thesen der Väterbeweis ein besonderes Gewicht hat und welche Väter und patristische Lehren er dort anführt.
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"In Ecclesia vcro tria sunt nobis pnccipuc considcnnda: scu totum corpus ct illius ceru ct indubi tau vcritas. Primum Ct suprcmum cius caput suum summus Pontifex ct congrcgationcs pastorum Ecclcsiac. quac totum corpus rcpncsentant seu concilium." FRANCISCO SUAltEZ. Disp"tl&tio VI Jt tee/u., i Prootm;"m, hier zitiert nach ÖRY 1959, 152. I. Sichc obcn Anm. 8. 17 "In hac quacSlionc, tnctandas ingrcdimur Ecdesiac proprictatcs": XII 255.
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Die Lehre von der Kirchengliedschaft
Die Sectio I Ob und was die Kirche sei und aus welchen Teilen sie bestehe" beginnt (I 1) mit einer Erklärung des Wortes ,Kirche'. Ecclesia sei ein griechisches WOrt und komme von btitUAEW, .zusammenrufen' (convoco); es bezeichne die zusammengeru fene Vereinigung (congregatio). Das könne nur eine Vereinigung vernünhiger Wesen sein, denn nur sie könnten einen Ruf verstehen und zusammengerufen werden. Dar in unterscheide sich Ecclesia von Synagoga, das einfach jede Vereinigung bezeichne und deshalb auch von einer Herde von Tieren ausgesagt werden könne. Deshalb sei Synagoga der Name für das Volk des alten Gesetzes; dagegen sei Ecclesia die ange messene Bezeichnung für die Vereinigung der Christen, weil es die Vollendung des Gesetzes und der Gnade ausdrücke. Dafür beruft Suarez sich auf Augustinus, in Psalmum LXXXI; 18 ergänzend werden Pseudo-Hieronymus (Beda) 19 und Isidor, Etymologiae 8,1,2° angeführt. Wird Ecclesia so verstanden, dann kann, wie Suarez mit Berufung auf Chrysostomus zeigt. nicht nur die Vereinigung der Menschen, sondern auch die der Engel so genannt werden. und nicht nur die der Gläubigen, sondern auch die der Seligen. Die vorliegende Disputatio solle jedoch nicht von der Ecclesia triumphans. sondern nur von der Ecclesia mi/itans handeln; dieser Terminus bezeichne "ausschließlich die gesamte Vereinigung der gläubigen Menschen, die an Christus glauben." 21 Für diesen Gebrauch wird unter anderem verwiesen auf Cy prian, Epistola 2 ad Cornelium22 und De unitate Ecclesiaej23 die letzte Katechese des ..
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AUGUSTINUS. Enarratio in Pr. LXXXI t (CCL 39: t 136.17-39). . . seu potius Beda in ilIud Proverbiorum"; ,In medio Ecdesiae'. etc. "; XII 2..... Suarez bezieht sich auf Prov 5,1". und der entsprech.ende Kommentar ist Bedas S..per ParabolaJ SalomoniJ a//tgorica upoJitio I 5 (PL 91; 957D-958A). Der von Suarez gemeinte Text ist 1510011. VON SEVILLA, EtymologJat VIII I , 1·8. Der Textabschnitt lautet (nach ed. LINOSAY); "Ecclesia Graecum e51, quod in Lati.num uertitur conuocatio, propter quod omnes ad se uocet. (... ) Synagoga Graece congreguio dicitur. quod proprium nomen Iudaeo rum populus tenuit. Ipsorurn enim proprie synagoga dici solet, quamuis et ecclesia dicta sit. No nram uero Apostoli numquarn synagogam dixerunl, sed semper ecdesiam, siue discernendi causa. siue quocl inter congregationern. unde synagoga, et conuoc:uionern, unde ecdesia nornen accepit, distet aliquidj quod scilicel congregari et pecora 50lent, quorum el greges proprie dicimusi conuoca ri autem magis est ulentium ralione. SiCUl sunt homines." .. et solam. et totam eongregationern fidclium hominum in Christo credentium": XII 2..... Der genannte Brief ersch.eint als Ep. 60 in CYPRIAN, Epist.. larium (CCL 3C: 37"·379). Zur genann ten Aussage $. v. :I. 377-379. CYPRIAN, Dt tccltSiat catholicat unitatt (CCL 3: 2-49·268). Ob Suarez sich auf eine bestimmte Aus sage des Werkes bezieht, ist unsicher. Vgl. aber etwa Dt tccltsi#lt catholiC#lt ..nitatt S (CCL 3: 252, t 05·1 07); "Hanc ecclesiae unitatem qui non tenel, lenere se fidern credit?" ..
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Cyrill von Jerusalem;24 Isidor, Etymologiae 8,8j2S Augustinus, In Psalmum LXXVII;26 Gregor der Große, Moralia 2,2,27 Die Frage, ob die Kirche sei, bedürfe keiner längeren Erörterung; d.ill die wahre Kirche Gottes in der Welt sei, sei eine Glaubenswahrheit, die auch von den getrennten Christen nicht bestritten werde (1 2); so kann die Untersuchung sich unmittelbar der Frage zuwenden, was die Kirche ist. Suarez beginnt mit einer Definition:
Diese Kirche Gottes ist ein politischer oder moralischer Körper, der zusammengesetzt ist aus Menschen, welche den wahren Glauben Christi bekennen. Er unterscheidet zwischen der materia und der forma dieses Körpers. Die pars mate rialis sind die Menschen, die in der streitenden Kirche auf dem Weg sind;
die Form aber ist jene, durch die alle, welche Teile der Kirche sind, in einem geistlichen Staat verbunden werden; diese Form aber ist vor allem der Glau be . Von den Vätern wird Augustinus, De fide et operibus 16,28 referiert: Die Kirche sei der Leib Christi, der h i m als dem Haupt verbunden sein müsse; er werde mit ihm aber durch den Glauben verbunden, durch den er in unseren Herzen wohne. Lediglich ver· wiesen wird auf Epiphanius, Panarion omnium Haeresium 3 1 29 (I 3). Aus der Definition folgt, welches die wahren Glieder der Kirche sind. Die Frage wird negativ beantwortet für die Engel, die Seligen und, was allerdings umstritten sei, für die Seelen im Purgatorium. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, wer von den .. Menschen auf der Wanderschaft" (homines viatores) zur Kirche gehört und wer aus ihr auszuschließen ist. Aus der Definition ergibt sich die Antwort: Alle, die den GlauGemeint ist die 18. der C"urh�u$ ilIumin"ndorum Cyrills von Jerusalem. Dort geht es (in den Kapi teln 22·28) um den Begriff der Kirche (so erklärt Cyrill in e. 22 die Stelle des Symbolon: .et in unam sanetam catholicam ecclesiam"; in c. 23 findet sieb eine Definition von ,catholica'). Die von Suirez gemeint� Stelle dürfte folgende sein: .Eccl�sia vero (seu convocatio) aplissimo vocabulo appellatur, quod omnes convoeel et in unum cogat, sieul i.n levitico (8,3) ait dominus: el omnem congregationem eonvoea, !xx).'l0U:toov . (ed. RuPP 327). n Die angegebene Stelte kann kaum gemeint sein; vgl. aber Anm. 20. 16 Vgl. AUGUST1NUS, Enarratio in PJ. LXXVII 3 (CCL 39: 1068,21.33): "Quamuis enim proprie dieatur, synagoga ludaeorum, ecclesia uero chriuianorum, quia congregatio magis pecorum, conuocatio uero magis hominum intellegi solet, tarnen et iIIam dictam inuenimus ecclesiam, et nobis fotlasse potius conucnit dicere: ,Salua nos, Domine Deus nouer, et eongrega nos de nuionibus, UI confiteamur nomini uncto tuo.' Neque dedignari nos oportet, imrno gratias ineffabiles agere, quod sumus oues manuum eius, quas praeuidebat eum diccret: ,Habeo alias oues quae non sunl de hoc ouili; oportet me et ipsas adducerc, ut sit u nus grex et unus pastor', iungendo scilicet fidelem populum gentilium fideli populo Israelitarum, d� quibus prius dixerat: ,Non sum minus nisi ad oue! quae perierunl domus Israel.''' 11 Eine Aussage oben genannten Inhalts scheint sich in GRECOR DER GROSSE, Mor"lia 11 2,2 (CCL 143: 59,1-60,38), nicht zu finden. 11 AUCUSTINUS, D� fjd� �t op�rjbus 16 (CSEL 41: 69,1-74,21); vgl. vor allem 16,27 (eSEL 4 1 : 69,22f.): .per lidern quippe habitat Christus in cordibus nostris, sicut idem apostolus dieit" (cf Eph 3,1]). 19 EPIPHANIUS VON SAl.AMIS, P"n.rion omnjMm h,,�rtsjum 3 1 (CeS 25: 382-438). Z'
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ben haben, sind Glieder der Kirche; alle, die ihn nicht haben, sind außerhalb der Kir che (1 5). Die folgenden Paragraphen der Sectio 1 verteidigen diese These gegen andere Auffassungen. Wo kann Suarez sich dabei auf die Ekklesiologie der Väter berufen?
3.1 Nicht durch den Glauben, sondern durch die Vorherbestimmung Gottes wird ein Mensch zum Glied der Kirche; alle und nur die Prädestinierten sind Glieder der Kir che, ob sie den Glauben haben oder nicht. Diese Lehre sei von den Waldensern, Wyclif und Hus vertreten und vom Konzil von Konstanz verurteilt worden (I 6). Die Schrift, so wendet Suarez dagegen ein, beziehe die Einheit der Kirche auf die Einheit des Glaubens und der Taufe, und er bringt als Belege Joh 1,12, Röm 12,3, Röm 1 1,30, Eph 2,13 und 1 Petr 5,10 an. Dennoch gebe es Grunde, die für die gegn�rische These spre chen (I 7), und hier wird nach Joh 10,27-28 und 1 Joh 2,19 Augustinus angeführt. In De baptismo 27 schreibe er, der verschlossene Garten von Hld 4,12 bezeichne die Kir che, und sie enthalte in sich nur die Prädestinierten,30 und in De doctrina christiana 3,52 [?] heiße es, es gehöre nicht zum Leib des Herrn, wer nicht in Ewigkeit mit ihm sei.31 Es sei eine Gewohnheit des Augustinus, das muß Suarez dem Einwand zugeste hen, "zuweilen nur die Söhne Gottes zu nennen, die von GOtt prädestiniert sind, weil nur sie in Wahrheit das Erbe des Vaters besitzen; diese An zu reden ist auszulegen, aber nicht nachzuahmen". Aber dennoch sage derselbe Augustinus in Tractatus 45 in Joannem32 und ebenso in Contra Crescentium [?] 2,34 deutlich, nach dem Vorherwis sen Gones seien viele Schafe außerhalb der Kirche Gottes und viele Wölfe inner halb »)
AUGUSTINUS, Dt baptismo V 27,J8 (CSEL 51: 29J, t 9-294, 12): " ... in Canticis eantieorum ecclesia sie describitur: hortus conclusus, soror mea sponsa, fons signatus, puteus aquae uiuae, paradisus cum fruclu pomorum, hoc intellegere non audeo nisi in sanctis et iustis, non in auaris et fraudatoribus et raptoribus et faeneratoribus et ebriosis et inuidis, quos urnen eum iustis baptismum habuiue commu ne, cum quibus communem non habebant utique caritatem, ex ipsius Cypriani litteris, sicut saepe cornmernoraui, uberius diseimuJ et doeemus. nam dicat mihi aliquis, quomodo inrepserint in hot tum eonclusurn et fontem signaturn, quos saeeulo uerbis solis Cl non hais renunliasse Cyprianus el tarnen intus fuiue testatur. si enim et ipsi ibi sunt, el ipsi sponsa Christi sunt. ita ne uero talis est illa sine maeula et ruga, et illil speeiosa eolumba laii membrorum parte turpan�r? an. istae SUnt spinac, in quarum medio cu iJla sieut lilium, quod in eodem eantieo dieilur? in quantum ergo lilium, in tanturn et horrus conclusus et fons signatus, in ilIis uidelicet iunis qui in oceuho ludaei sunt eireumeisione cordis - omnis enim pulehriludo filiae regis intrinseeus -, in quibus eSI numerus eertus sanelorum praedestinalus ante mundi constitUlionem.)1 Vgl. AUc.;USTINUS, Dr Joctrina christiana II I 32,45 (CCL J2: I 04,2f.): ..... non enim re uera Domini cor pus est, quod eum illo non erit in aeternum." Jl AUGUSTINUS, In lohannis ",angeliHm tractat"s45,12 (CCL J6: 1 7-20): .Seeundum iSlam ergo pne scientiam Dei et praedestinationern, quam muhae oues foris, quam multi lupi intus; Cl quam muhae oues intus, CI quam multi lupi foris!" )) AUc.;USTINUS, Contra Crtsconi"m 11 J4,H (CSEL 52: 402, t 8-404,4); vgl vor allem 40J, 18-21: . . . prop ter rnalos, qui eurn sint a bonis uita moribusque spiritaliter separali, corporaliter tarnen eis in eccle sia uidenlur esse permixti usque in diem iudicii ... " Das Bild von Wölfen und Schafen erscheint in II J4 allerdings nirgends ausdrücklich. )0
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3.2 Nicht der Glaube ist die Form der Glieder der Kirche, sondern die vollkommene Heiligkeit, die jede Sünde gänzlich ausschließt. Es gehören also nur die Gerechten zur Kirche, die keine Sünde haben. Suarez verweist auf die ,Katharer' bei Augustinus, De haeresibus 38, das heißt die Novatianer, H und auf De haeresibus 88, wo Augustinus diese Lehre den PelagianernJS zuschreibe.
Ungefähr dasselbe meinen die Lutheraner, die behaupten, nur die Gerechten bildeten die Kirche, und die läßliche Sünde nicht von der Todsünde unterscheiden. Aber gegen diese Häresien genügt das im Traktat über die Gnade Gesagte, wo ich gezeigt habe, daß es in der Kirche keine Gerechten von der Art gibt, die, wenn sie zum Gebrauch der Vernunft ge langt sind, überhaupt keine Sünde begehen. In De gratia 9,8 wird gefragt, ob es durch die Gnade, die nach dem gewöhnlichen von GOtt festgesetzten Gesetz allen Menschen gegeben wird, möglich sei, daß ein Mensch in seinem ganzen Lehen keine läßliche Sünde begehe. Suarez unterscheidet eine dreifa che besondere Hilfe oder ein dreifaches Geschenk der Gnade: eines nach dem Gesetz, eines über dem Gesetz und eines gegen das Gesetz. Das Privileg, während des ganzen Lebens alle läßlichen Sünden zu meiden, gehöre zur dritten Art, für die er als Beispiel die Empfängnis ohne Erbsünde bringt. Die allgemeine Regel der Schrift sei, daß nie mand in diesem Leben ohne Sünde lebe; ein solches Privileg sei daher die Ausnahme von der Regel und in diesem Sinn gegen das Gesetz (De gratia 9,8,11f.; IX 5 1 4f.) (I 8).
3.3 Alle, die in schwerer Sünde sind, oder wenigstens die als solche gekennzeichneten Sünder, sind keine Glieder der Kirche; folglich ist nicht der Glaube, sondern die Gna de oder die Liebe die Form der Kirche. Das sei, nach dem Zeugnis von Cyprian, Epi phanius und Augustinus, vertreten worden von den Novatianern und Donatisten: einige Katholiken verträten die Auffassung, die Sünder seien zwar Teile, aber nicht Glieder der Kirche (I 9). Gegen diese These spreche die übereinstimmende Lehre der Väter (communis sententia PatTum). Suarez führt die Gleichnisse und Bilder an, die von den Vätern in diesem Sinn ausgelegt würden: das Fischnetz (Mt 13,47-50); die Tenne, auf der sich Spreu und Weizen finden (Mt 3,12); der Weinberg, der (Trauben und) saure Beeren hringt Oes 5,1-7); die zehn klugen und törichten Jungfrauen (Mt 25,1-12); die Arche Noah, in der reine und unreine Tiere waren (vgl. 1 Petr 3,20f.); das Haus, in dem es nicht nur Gefäße aus Gold und Silber, sondern auch aus Holz und Ton gibt (2 Tim 2,20). Die Väter führten auch andere Schrihstellen an� zum Beispiel die Mahnung zur Zurechtweisung (Mt 18,15-17); sie zeige, daß der Sünder in der Kir che ist, denn er werde später ausgestoßen, wenn er nicht gehört habe. Suarez erinnen auch an die Stellen, wo Paulus in seinen Briefen die Sünder zurechtweist, und an den Anfang der Apokalypse. Als Autoren dieser Exegese werden genannt: Augustinus, l' n
AUGUSTINUS, D� hlur�sjb"s l8 (CCL 46: 306,1-307,4). AUGUSTINUS, D� htl�r�sjbus 88,S (CCL 46: 341,42.46).
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Cyprian, Hieronymus, Luciferianus (Lucifer von Calaris [?]), Gregor der Große, Chrysostomus, Gregor von Nazianz (1 10). Aber die Kirche, so wendet Suarez ein, ist heilig; also besteht sie nur aus Heiligen. Das werde bestätigt durch Eph 5,27: .. ohne Flecken, Falten oder andere Fehler; hei lig soll sie sein und makellos" und Hld 1 ,.und kein Makel ist an dir"36 (I 1 1). Auf diesen Einwand antwortet Sectio 7 ,.Ob die Kirche heilig, apostolisch und katholisch ist". Dort (VII 2) nennt Suarez fünf Gründe, weshalb die Kirche heilig genannt wird. (a) Wegen ihres besseren Teils (a potioriparte). Es gebe in der Kirche immer sehr viele Gerechte, und wenn sie auch der Zahl nach weniger seien als die Sünder. so könne die Kirche doch, weil vor Gott ein einziger Gerechter mehr gelte als viele Sünder, von ih nen her benannt werden. (b) Wegen ihres Ziels und der Mittel (ex/ine et mediis): der Gesetze, Opfer, Sakramente und der Verehrung Gottes als ganzer, welche die Bestim mung der Kirche sei. Hier wird verwiesen auf Augustinus, De doctrina ehristiana 3 , 3 2.37 (c) Saneta bedeute sancita befestigt und fest: weil sie auf einen Felsen gebaut ist" (vgl. Mt 16,18). Deshalb behaupte Chrysostomus in der Homilie über seine Ver bannung, die Kirche sei ..unerschütterlicher als die Erde und der Himmel. in dem sie feste Wurzeln habe, und eher werde die Sonne ausgelöscht als die Kirche verdun kelt". J8 (d) Sie könne von Christus, ihrem Haupt her, heilig genannt werden, und das nicht nur aufgrund einer äußerlichen Benennung (extrinseea denominatione), sondern weil sie an seinen Verdiensten durch innere Heiligkeit teilhabe, und von der Schrift her, die Thomas von Aquin .. das Herz der Kirche, das sie belebe und heilige" nenne. (e) Schließlich werde sie heilig genannt. weil es außerhalb ihrer keine Heiligkeit gebe und sie in ihr, wer immer sie suche, gefunden werde; deshalb erinnere dieser Grund an den anderen. daß es außerhalb der Kirche kein Heil gebe, was nach 1 Petr 3,20-21 durch die Arche symbolisiert werde. Suarez zitiert Augustinus: .Im Himmel kann keinen Vater haben, wer auf Erden die Kirche nicht als Mutter haben will."J'1 • •
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" "Et m:lcul:l non est in te : XII 248; in der Vulgu:l-Übersetzung von Hld 1 findet dieses Zitat sich nicht; es erscheint in Hld 4,7. AUGUSTINUS, Dt domina christi4na III 32,45 (CCL 32: tOi, t 2-1 05,29). Vgl JOHANN ES CHRVSOSTOMUS,Strmo: Cum irrt in t;ui/ium 1 (PG 429,14f.); vgl. ferner In iIIud: Vidi Dominum, hom. 4,2 (Se 277: 144,20-29). Non potest habere in coelo purem, qui noluerit in terris Ecclesiam habere matrern": XII 270. Als FundsteIle gibt Suirez an: .lib. de Symbolo, cap. 10." Das ist nicht eindeutig, weil von Augustinus mehrere Schriften dieses Titels überliefert sind. Es dürfte sich handeln um eine freie Wiedergabe von Dt symbolo ad cauchumrnos Jtrmo a/ius, capUt 13 (PL 40; 668); "nec habebit Deum Patrem, qui Eccluiam noluerit habere murern" Diese Schrift encheint jedoch nicht in den neucren Editionen; die Verfasserschaft AuguSlins scheint fraglich. Vgl. auch AUGUSTINUS, Dt symboload cattchumtnos 1 (CCL 46; 185,14f.); .sed incipitis eum habere patrem, quando nati fueritis per Ecclesiam matrem"; AUGUSTINUS, Strmo 255A (Miscrllanta Itgosriniana I 333,tf.): "Neque poterit quispiam propitium habere Deum purem, qui Eccluiam contempscrit mauem." Vgl. CVPRIAN. Dt Ecclesiat catho/iC4t unj tau 6(CeL 3: 253.149f.): "Habere iam non potest Deum purem qui Ecclesiam non habct murern... .
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3.4 Um ein Glied der Kirche zu sein. bedarf es außer des Glaubens der äußeren Ver bindung mit den anderen Gliedern der Kirche und mit deren Haupt; folglich sind die Schismatiker und die Exkommunizierten aus der Kirche ausgeschlossen. Die Einheit der Kirche, so eine mögliche Begründung, ist die Einheit eines Staates, und eine solche Einheit kann nach Röm 12,5 nur verstanden werden als Einheit der Glieder unterein ander und mit dem Haupt. Suarez zeigt. daß diese Auffassung ein festes Fundament in der Schrift und bei den Vätern hat. Daß der Exkommunizierte nicht zur Kirche ge hört, gehe für Chrysostomus und Hilarius aus der Anweisung von Mt 18,17 hervor, wer auf die Gemeinde nicht hört, solle wie ein Heide oder ein Zöllner angesehen wer den. Wenn bei den Vätern von den Schismatikern die Rede ist, so heiße es oft, sie zer rissen die Kirche, indem sie einen Teil, nämlich sich selbst, von ihr trennten. Augustinus sehe das ausgesprochen im Zerreißen des Netzes von Lk 5,6, und der Ge danke finde sich auch bei Chrysostomus, Hieronymus, lrenäus, Optatus von Mileve und Gregor dem Großen. Daß die Exkommunizierten von der Kirche getrennt wer den, zeige der Fall des Marcion bei Epiphanius und Tertullian. Suarez beruft sich auch auf den Brief des Irenäus im Osterfeststreit bei Eusebius, Historia ecclesiascica 5,24, wo Irenäus bestreitet, daß der unterschiedliche Ostertermin ein Grund für den Aus schluß aus der Kirche sei·o (I 13). Wie kann Suarez seine eigene Auffassung gegen dieses eindrucksvolle Zeugnis der Tradition verteidigen? Der Streit, so die allgemeine Antwort, gehe um Worte und nicht um die Sache; die angeführten Autoren dürften nicht so verstanden werden, daß sie die Schismatiker und Exkommunizierten aus der Kirche ausschlössen. Bevor das anhand einschlägiger Unterscheidungen gezeigt wird, argumentiert Suarez für seine Position. (a) Wer trotz Schisma oder Exkommunikation den wahren Glauben behalte, sei ein Glied Christi, denn er empfange von ihm das geistliche Leben; also sei er auch ein Glied der Kirche. Denn wie Christus ,das Haupt' keinen anderen mystischen Leib habe als die Kirche, so habe er auch keine anderen Glieder als die Kirche. (b) Auch die Schismatiker und die Exkommunizierten hätten die wesentliche Verbindung mit der Kirche, denn diese komme durch den Glauben zustande. Dadurch, und hier bringt Suarez eine erste Unterscheidung zum Begriff des Schismatikers, seien sie auch mit dem Stellvertreter Christi als dem Haupt der Kirche verbunden,
denn der Schismatiker, von dem hier die Rede ist .... Ieugnet nicht, daß es in der Kirche ein oberstes Haupt geben müsse, sondern er leugnet. dieser individuelle Mensch sei dieses Haupt; das kann zuweilen ohne Häresie geleugnet werden, und so werden der Glaube und die Einheit der Kirche gewahn. Oder es könne jemand bekennen, daß diese Person der Stellvertreter Christi ist, und durch den Glauben mit ihm verbunden sein, ihm al)er dennoch den Gehorsam verwei gern. Das genüge jedoch nicht, um aus der Kirche ausgeschlossen zu werden, denn ein 00
EUSEIIIUS, Historu tccltJUJticA V 24, 18 (GCS.NF6/1 : 496,20-H [griech.]; .97,23-26 [lat. Übersetzung Rufin.)).
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Sünder, der Christus absichtlich nicht gehorchen wolle oder ihn sogar hasse, sei, wenn er nur den Glauben an ihn behalte, sein Glied und in Wahrheit ein Christ. Wer sich in einem Staat weigere, dem König zu gehorchen oder einen Aufstand anzettele, höre da mit noch nicht sofort auf, ein Bürger dieses Staates zu sein. Wer in einer Orts kirche dem Bischof nicht gehorche und ein Schisma herbeiführe, wäre nach der gegnerischen Auffassung kein Glied dieser Kirche. Dagegen führt Suarez Epiphanius von Salamis, Panarion omnium haeresium 68, an, wo es von Meletius, ehemals Bischof in der The bais, heißt: "Dieser spaltete die Kirche durch ein Schisma, aber so, daß er den Glauben in keiner Weise änderte."4! Was zu den Schismatikern ausgeführt worden sei, gelte a /ortiori von den Exkommunizierten, und Suarez zitiert abschließend als Bestätigung Augustinus, Ad Donatutas post collationem 20: Wir trennen die nicht vom Volk GOt tes, die wir durch Degradation und Exkommunikation bestrafenIC 42 (1 14). Es sind drei Unterscheidungen, mittels derer Suarez zeigt, daß die als Beweis der gegnerischen These angeführten Väter hinsichtlich der Schismatiker ebenso denken wie er. (a) Die Väter unterscheiden oft den Häretiker nicht vom Schismatiker. Als Be leg wird Hieronymus, In epistolam ad Titum 3, zitiert: .. Im übrigen gibt es kein Schis ma, das sich nicht irgendeine Häresie ausdenkt, um den Anschein zu erwecken, es habe sich zu Recht von der Kirche getrennt." 43 (h) Oft werden diejenigen Schismati ker genannt, deren Irrtümer sich direkt auf für die Einheit der Kirche wesentliche Lehren beziehen. So würden ..die Griechen Schismatiker im eigentlichen Sinn ge nannt", obwohl sie gerade dadurch, daß sie Schismatiker sind, Häretiker seien, denn sie leugneten, daß es ein sichtbares Haupt der Kirche gebe. (c) Chrysostomus, ln epi stulam ad Ephesios homilia 1 1 ,44 und andere Väter sprächen eher vom Streit der Bi schöfe und Gläubigen innerhalb der Kirche als von einem eigentlichen Schisma gegen den Papst; sie bezeichneten die Trennung der Geister, welche der Liebe widerspreche, als Spaltung der Kirche, durch die einer der beiden Teile zugrunde gehe, nicht weil er sofort außerhalb der Kirche sei, sondern weil er die Liebe verliere (1 15). Bei der Exkommunikation unterscheidet Suarez zwischen dem Ausschluß aus der Kirche, den die Väter niemals gelehrt hätten, und der Trennung von der Gemeinschaft der Kirche. So könne jemand Bürger eines Staates bleiben und dennoch von den ande ren Bürgern isoliert werden. Wenn die Exkommunikation jedoch wegen Häresie ver hängt werde, dann werde, wie man bei Irenius und Eusebius nachlesen könne, der Exkommunizierte im eigentlichen Sinn von der Kirche abgeschnitten. Augustinus, De unitate Eccleside 25, sehe den Sachverhalt jedoch differenziener: Es sei eigentlich ..
EPIPHANIUS VON SAl.AMIS, P"n"r;on omnium hatrtsium 68,4 (CeS 37: 1 41,4). !>\...t11\ 1 L. !>J
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frisch. Ich machte P. Huber�4 aufmerksam. Der sagte, vor einem Jahre habe er alles das durchgelesen, es sei ihm aber nicht aufgefallen. ss Ob das Concil vertagt werde, oder Ferien bekommen? Der Papst sagte, er werde wäh rend der heißen Monate in der Stadt bleiben; wenn er bleibe, so könnten die Bischöfe auch bleiben. - Die Hitze ist im Anzuge. Seit 8 Tagen bemerke ich um 1 oder 2 Uhr regelmäßig 24-26° R im Schatten. 56 - Gott gebe, daß man in Bezug auf das Objectum wieder in die richtige Bahn einlenke. Diese Frage hat wenigstens das bewirkt, daß sie Klarheit in die Si tuation gebracht hat. Ew. Hochwürden etc. Wilmers S Weitere Kopie aus einem Briefe von P. Wilmers an P. Rive 7 Rom, 22. Mai 1 870. Nun zur Infallibilitätsfrage. Endlose Reden. Ich blicke in mein wieder angefangenes Ta gebuch, könnte aber über das Datum, an dem jeder Einzelne gesprochen, einen lrrthum mir zu Schulden kommen lassen. 58 Am 14. finde ich vermerkt: 4 pro infalI. 1 contra.59 Cardinal Patrizi hat mit vollem Eifer den Reigen begonnen.6o Dann finde ich vermerkt: Heute 12 geschlagene Stunden auf die Correctur der Druckbogen verwendet. Sie begrei fen, warum meine Notirungen mager ausfielen. Am 1 7. im Namen der Commission ge sprochen Deschamps:61 gut; er sagte in großer Bewegung: .. Man will uns schrecken mit einem Schisma: jetzt können wir nicht mehr schweigen, sondern müssen frei mit der Spra che herausrucken."62 Nach ihm Greith:6l 1 . definitio non est opportuna (odia, invidia,
Franz Xaver Huber (1801-1871), 1817 als Priester in die Gesellschaft Jesu eingetreten, seit 18 Imo potius. Wenn es sich um Discussionen handelt, so gehen morgen auseinan der, die heute mit einander gehen. Die Brosch. v. R. werden Sie bekommen, ich weiß aber noch nicht, ob ich der letzten 4 Blätter des Ex. wieder habhaft werden kann. Von der als Ms. gedruckten Broschüre werde ich Ihnen schwerlich ein Ex. schicken können; sie ist
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Es h:lndeh sich offensichtlich um den gleichfalls irischen Bischof Leahy von CasheI, der am 21.5. ZUI11l erstenmal in der Konzibaula sprach (vgl. MAI 1973, 163·170). Seine Rede war nach Ullathorne .eine: der klarsten, gediegensten und lichtvollsten Reden, die bisher im Konzil zu hören waren" (vgl. BUT LER I LANG 1961, 345). Tatsächlich in sie nicht die stärkste und nicht frei von Unklarheiten und Widersprüchen. 1hr H:lUiH anliegen scheint die Unterscheidullg zwischen der (irrtumsfreien) ,Sedes Apostotica' und CHKIYf.t::N 1978
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