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Erich Köhler: Vorlesungen zur Geschichte der Französischen Literatur Herausgegeben von Henning Krauß und Dietmar Rieger Band 2
Erich Köhler
Vorklassik Herausgegeben von Henning Krauß
Freiburg i. Br. 2006
Zweite Auflage Digitale Bearbeitung: Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau
Zur Neuausgabe Durch die freundliche Genehmigung von Frau K. Köhler war es möglich, eine digitale Publikation der gesuchten, im Buchhandel seit längerem vergriffenen Vorlesungsreihe auf dem Server der Universitätsbibliothek Freiburg zu veranstalten. Der leichteren Lesbarkeit halber sind die Anmerkungen jetzt nicht als End-, sondern als Fußnoten untergebracht, wie es bei einer digitalen Publikation einzig sinnvoll ist. Ansonsten ist die Ausgabe ein neugesetzter, sachlich aber unveränderter Nachdruck der Erstausgabe. Universitätsbibliothek Freiburg i.Br.
© Universitätsbibliothek Freiburg i. Br. 2006
Inhalt Vorwort ..................................................................................................9 Epochengliederung und Periodisierungsprobleme ..............................11 Malherbe und seine Sprachreform ......................................................15 François Malherbe ............................................................................................. 15
Vorgeschichte und Bedeutung der Académie Française.....................18 Honoré d'Urfés »Astrée« .....................................................................21 Die Tradition der europäischen Bukolik und d'Urfés »Astrée« ........................... 21 Inhaltsanalyse der »Astrée«: die Haupthandlung .............................................. 24 Die Liebe als Lebensprinzip............................................................................... 28 Die Gesellschaftsordnung der »Astrée« ............................................................ 31 Stil und Struktur ................................................................................................. 36
Nachahmer und Kritiker d'Urfés...........................................................39 Des Escuteaux................................................................................................... 39 Jean Ogier de Gombauld................................................................................... 40 Gomberville........................................................................................................ 41 Die Verurteilung der Romanliteratur durch die Jansenisten............................... 42 Desmarets ......................................................................................................... 43 La Calprenède ................................................................................................... 44
Die Tradition des sentimentalen Abenteuerromans.............................46 Madeleine de Scudéry .........................................................................48 Neue Frömmigkeit: François de Sales und der »humanisme dévot« in der Romanliteratur ...............................................................................54 Cyrano de Bergerac und seine phantastischen Utopien .....................59 Der realistische Roman .......................................................................64 Die Tradition des pikaresken Romans ............................................................... 64 Sorels »Francion « und der »Berger extravagant« ............................................ 65 5
Tristan L'Hermite: »Le page disgracié«. Memoiren eines adligen Picaro .......... 78 Paul Scarron: »Le roman comique«: Komik und Burleske................................. 80 Furetière: »Le roman bourgeois« und das Scheitern des literarischen Realismus im 17. Jh. ........................................................................................................... 86
Barock, Burleske, Preziosität und Klassik: Versuch einer Begriffs- und Funktionsbestimmung ......................................................................... 96 Die Burleske als Provokation ............................................................................. 96 Die Entwicklung des Barockbegriffes................................................................. 97 Die Preziosität in Frankreich: das Hôtel de Rambouillet .................................... 98 Die Briefliteratur in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ............................. 102
Descartes und der Cartesianismus ................................................... 105 Hedonismus, Skeptizismus und Libertinismus im 17. Jahrhundert (Gassendi, Théophile de Viau)........................................................................................... 110
Das französische Theater im 17. Jahrhundert .................................. 115 Übersicht und Periodisierung ........................................................................... 115
Die Regeln des klassischen Theaters: »vraisemblance« und »bienséance«.................................................................................... 119 Theatergeschichtliche Entwicklung ................................................... 127 Alexandre Hardy als Dramatiker einer Übergangszeit ...................... 130 Théophile de Viau als Dramatiker: Die Stilisierung der Affekte......... 135 Racans »Bergeries« als Modelldichtung........................................... 137 Jean Mairet: Der Triumph der Regeln............................................... 138 Pierre Corneille ................................................................................. 140 Frühe Komödien .............................................................................................. 140 Corneilles »Cid«............................................................................................... 144 »La Querelle du Cid« und die überzeitliche Aktualität Corneilles..................... 149 »Horace«, die erste politische Tragödie Corneilles.......................................... 156 Die heroische Ethik Corneilles: »gloire« und »vertu« im »Horace« ................. 163 »Horace«: Interpretation der Hauptfigur........................................................... 166
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Cinna .................................................................................................169 Inhaltsanalyse.................................................................................................. 169 » Cinna « und die politische Situation im Frankreich Richelieus...................... 177
Polyeucte ...........................................................................................183 Inhaltsanalyse.................................................................................................. 183 Reaktionen auf »Polyeucte« ............................................................................ 191 Die Sonderstellung des »Polyeucte« in Corneilles Werk ................................. 193 Gnadenbegriff und » gloire « im »Polyeucte « ................................................. 196 Liebe im Dreieck: Pauline als Schlüsselfigur ................................................... 198
Théodore, vierge et martyre und Pompée .........................................203 Le Menteur.........................................................................................205 Rodogune ..........................................................................................207 Inhaltsanalyse.................................................................................................. 207 Lessings Kritik.................................................................................................. 211 Das Böse bei Corneille: Der Interpretationsansatz Goldmanns ....................... 215
Die späten Werke Corneilles .............................................................218 Corneilles sinkender Stern – die Rivalität mit Racine ........................221 Bibliographie ......................................................................................224 1. Gesamtdarstellungen, Bibliographien, Forschungsberichte......................... 224 2. Ideengeschichte, Religiöse Bewegungen, Libertinismus ............................. 224 3. Politische Geschichte, Wirtschafts- und Sozialgeschichte ........................... 225 4. Gattungs-, Begriffs- und Themengeschichte................................................ 226 5. Roman und Novelle ..................................................................................... 227 6. Untersuchungen zu einzelnen Autoren ........................................................ 228 Balzac, Guez de........................................................................................... 228 Camus, J.-P. ................................................................................................ 228 Cyrano de Bergerac ..................................................................................... 228 Gomberville .................................................................................................. 228 Malherbe ...................................................................................................... 229 Scarron......................................................................................................... 229 Scudéry, Madeleine de ................................................................................ 229 Sorel, Charles .............................................................................................. 229 Tristan l'Hermite ........................................................................................... 229 Urfé, Honoré de............................................................................................ 229
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Viau, Théophile de ....................................................................................... 230 Voiture.......................................................................................................... 230 7. Theater, allgemein und vor Corneille ........................................................... 230 8. Corneille....................................................................................................... 230
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Vorwort Kein aufmerksamer Hörer von Erich Köhlers Vorlesungen zur Geschichte der französischen Literatur konnte sich der Faszination durch den Vortragenden und das Vorgetragene entziehen. Der gedruckte Text, dessen erster Band hier vorgelegt wird, * muß nach dem Tod seines Autors für sich allein sprechen. Daß er dies vermag, ist die Überzeugung der Herausgeber. Sie gründet sich auf die Gewißheit, daß Erich Köhlers historisch-dialektische Literaturbetrachtung geeignet ist, Kunstwerke umfassender zu begreifen, als dies anderen Interpretationsmethoden gelingt. In der Auseinandersetzung mit bewußt ahistorisch verfahrenden Deutungen, die den Kunstcharakter der Literatur von deren Zeitunabhängigkeit und Überzeitlichkeit abhängig machen, hat Erich Köhler sein Vorgehen selbst programmatisch formuliert: »Auf die Gefahr hin, mit einem Anathem belegt zu werden, halten wir an unserer Überzeugung fest, daß es sich mit dem Geist der Poesie nicht so verhält wie mit dem Heiligen Geist, der bekanntlich bläst, wann und wo er will. Wir glauben vielmehr: das Genie ist – in seinem jeweiligen Bereich – die Summe der Möglichkeiten seiner Zeit. Sie zu realisieren ist seine Freiheit. Diese Formel impliziert die Konsequenz, daß auch das große und überragende Kunstwerk sich nicht dem Zugriff der Soziologie verschließt, sondern daß im Gegenteil die Soziologie an ihm ihre umfassendste Anwendung und Bewährung erfährt. Die Literatur ist auch dort, wo sie im genialen Kunstwerk gipfelt, geistiger Spiegel und Interpretation des Zustands der menschlichen Gesellschaft in einem bestimmten geschichtlichen Stadium und in der komplexen Spannung zwischen Ideal und Wirklichkeit, ja sie wird erst dadurch zur hohen Kunst, daß sie jenen – immer mehr oder minder widerspruchsvollen – Zustand kraft einer formerzeugenden Verwandlung in einem eigenen, geschlossenen, die Einheit des Kunstwerks schaffenden Sinnzusammenhang reproduziert. « Da Literatur die jeweilige zeitgenössische Realität kritisch reflektiert, ist Literaturwissenschaft zur Erhellung ihres Gegenstandes stets auf die Berücksichtigung der Erkenntnisse aller gesellschaftswissenschaftlichen Nachbardisziplinen verwiesen; da Literatur als bewußtseinsbildender Faktor – wie auch immer vermittelt – auf die Realität zurückwirkt, besitzt sie gesellschaftliche Bedeutsamkeit. In ihr werden – wie z.B. im Ideal des höfischen Rittertums, des honnête homme oder der kritischen Öffentlichkeit der Aufklärung – Leitbilder entworfen, die »wirkliche Entdeckungen sind, Entdeckungen, die, ähnlich denjenigen der Naturwisenschaften, Stadien des Fortschritts sind. Sie sind somit (...) Wesenselemente, die den Sinn der Geschichte mitkonstituieren – wenn es einen solchen gibt – und die daher ein verbindliches und verpflichtendes Erbe darstellen. Wir erinnern uns hier eines großen Wortes von Wilhelm Dilthey: >Der Mensch erkennt sich niemals durch Introspektion, nur durch Geschichte.