REN DHARK
Drakhon Band 18 Vergessenes Volk
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REN DHARK
Drakhon Band 18 Vergessenes Volk
l. Bert Stranger hatte Angst. Obwohl ihm das Herz in die Hose gerutscht war, schlug es ihm bis zum Hals. In seinen Eingeweiden rumorte es. Offensichtlich suchte seine letzte Mahlzeit einen Weg nach draußen, konnte sich aber nicht entscheiden, welche Richtung sie einschlagen sollte. Stranger war kein Feigling - aber er war auch kein Nahkämpfer. Brenzlige Situationen bewältigte er nicht mit Waffengewalt, sondern mit Verstand. Seine Devise lautete: Ein kluger Mann hält stets bereit 'nen guten Bluff zur rechten Zeit. Nur wenn es sein mußte, griff er zur Waffe. Es mußte sein. Mit Tricksen kam er in dieser aussichtslosen Lage nicht weiter. Widerwillig nahm Stranger dem toten GSO-Agenten, der neben ihm am Boden lag, den Strahler aus der Hand und stellte ihn von Paralyse auf tödliche Waffenwirkung um. Wie eine Robbe bewegte sich der kugelige, rothaarige Journalist rückwärts und seitwärts, um ein schlechteres Ziel abzugeben. Energiestrahlen zischten ihm um die Ohren und verfehlten ihn nur knapp. Ihn - und Bernd Eylers sowie mehrere GSO-Agenten, die unter Strahlenbeschuß standen und vergebens nach einer sicheren Deckung Ausschau hielten. Wild um sich schießend liefen sie hin und her, oder sie lagen wie Stranger bäuchlings auf dem Boden und feuerten eine Salve nach der anderen auf die Angreifer ab. Ihre Gegner wichen nicht zurück. Rückzug war für die Tel gleichbedeutend mit Versagen, und Versagen galt für einen Angehörigen dieses straff durchorganisierten Volkes, das seinen Auf stieg der Entdeckung und Nutzung von Worguntechnik vor mehreren hundert Jahren verdankte, als Schande. Aufgrund ihres Aussehens - dunkelhäutig, ohne negroide Ausprägung - wurden die Tel auf Terra auch »Schwarze Weiße« genannt, eine Bezeichnung, die in keiner Weise abwertend gemeint war. Ganz im Gegenteil, die Terraner waren jederzeit bereit, anzuerkennen, daß es die Natur bei der Erschaffung dieser den Menschen äußerlich so ähnlichen Art besonders gutgemeint hatte. Zu Vermischungen zwischen terranischem und telschem Blut kam es allerdings nie, die Tel wiesen eine völlig andere Genstruktur auf. Zudem verfügten sie über zwei Herzen, zwei Kreisläufe und zwei Nervensysteme. Die Hauptwelt des Telin-Imperiums hieß Cromar. Nach mehreren kriegerischen Zusammenstößen hatten Terra und Cromar diplomatische Beziehungen aufgenommen, sprich: Man betrieb Handel miteinander, tauschte Erfahrungen über andere Milchstraßenvölker aus, vereinbarte kulturelle Freundschaftstreffen - und spionierte sich gegenseitig aus. Die von Bernd Eylers gegründete und geleitete Galaktische Sicherheitsorganisation war auf Cromar ständig präsent. Es mußte sein, denn längst nicht alle Tel waren damit einverstanden, daß freundschaftliche Kontakte mit den Terranem gepflegt wurden. Die früheren Auseinandersetzungen waren nicht vergessen, insbesondere die Niederlagen, welche von vielen Tel noch heute als Schmach empfunden wurden. Eine gegen die Tel-Regierung arbei tende Rebellenorganisation hielt die Erinnerung an die unrühmliche Vergangenheit in der Bevölkerung ständig wach und sabotierte sämtliche Friedensbemühungen. Die Tel waren gefährliche Gegner - aber noch gefährlicher waren ihre Roboter. Diese Kampfmaschinen sahen den normalen Tel so ähnlich, daß man sie kaum voneinander unterscheiden konnte. Bei Bedarf trugen sie sogar Kleidung. Eylers und seine Agenten hatten beim Sturm des Fabrikgeländes zunächst geglaubt, es mit lebenden Tel zu tun zu haben. Erst als die Paralyse keine Wirkung gezeigt hatte - die Roboter hatten sich lediglich für eine Weile bewußtlos gestellt - war ihnen ihr Fehler klargeworden. Zu spät. Einer der besten GSO-Agenten hatte deshalb sein Leben lassen müssen, und ein Toter beim Einsatz war bereits einer zuviel. Hinter den Männern befand sich das Fabrikgebäude, dessen Tor einen Spalt offenstand. Drinnen hätte es Deckung en masse gegeben, doch die Kampfroboter ließen den Agenten keine Chance, sich dorthin zurückzuziehen. Der eingezäunte Platz rund um die abgelegene Fabrikhalle war gut ausgeleuchtet. Zu gut für den Geschmack von Bert Stranger. Der neunundzwanzigjährige Reporter zielte auf einen der am Gebäude und am Zaun angebrachten Scheinwerfer und blies ihm das Licht aus - im wahrsten Sinne des Wortes.
Bernd Eylers als Einsatzleiter tat es ihm gleich und visierte ebenfalls einen Scheinwerfer an. Seine Leute folgten seinem Beispiel. Kurz darauf lag dieser Teil des Geländes im Dunkeln. Der knapp dreiunddreißigjährige Eylers wirkte zwar manchmal etwas unbeholfen, aber es war ein Fehler, ihn zu unterschätzen. Er hatte seine Mannschaft stets fest im Griff. Anstelle des linken Unterarms trug er eine Prothese. Im Nahkampf war sie ihm normalerweise von größtem Nutzen, denn es war eine Gaswaffe darin verborgen. Gegen Roboter war die Waffe allerdmgs nutzlos. Stranger und Eylers lagen zusammen im Dreck -- ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes. Die beiden ungleichen Kampfgefährten arbeiteten sich rückwärts aufs Tor zu, wobei sie sich gegenseitig Feuerschutz gaben. Warum immer ich? stöhnte der Journalist innerlich auf. Wie konnte ich nur in diese aussichtslose Lage geraten? Eine rhetorische Frage - schließlich wußte er nur zu gut, wie es dazu gekommen war. Auf der Suche nach den Drahtziehern, die sich hinter Sensorium Inc. verbargen, jener Firma, die ein sensationelles neues Hologerät auf den Markt gebracht hatte, hatte Bert Stranger viel riskiert. Er hatte herausgefunden, daß das Gerät mit zwei verschiedenen Chips betrieben werden konnte - mit harmlosen, die überall legal zu erwerben waren, und mit süchtigmachenden, die es nur auf dem Schwarzmarkt gab. Beinahe hätten seine Recherchen ein abruptes Ende gefunden, als man ihn gewaltsam mit den Suchtchips »gefüttert« hatte, doch eine lebensgefährliche Entgiftungskur und eine 10 anschließende psychiatrische Behandlung, in deren Verlauf man ihm einen Teil seiner Erinnerungen gelöscht hatte, hatten ihn gerettet. Strangers Gegenschlag war furchtbar gewesen! Ausgerechnet mit seinem Erzfeind Osman Mülyz, einem türkischen Drogenbaron, der sich geschworen hatte. Stranger höchstpersönlich umzubringen, hatte er sich verbündet. Bert hatte ihn auf skrupellose Chipdealer im Hafen von Marseiile gehetzt - und Mülyz hatte dort gründlich »aufgeräumt«. Von Osman stammte auch der Tip, diese Fabrikhalle, die in einem Vorort von Addis Abeba lag, näher unter die Lupe zu nehmen. Zuvor hatten Eylers und seine Männer bereits die offizielle Geschäftszentrale sowie die Chipfabrik von Sensorium Inc. nach belastenden Unterlagen oder sonstigen Hinweisen durchsucht -vergebens. In Big Bear City (Kalifornien) schien alles mit rechten Dingen zuzugehen. Würden sie hier in Äthiopien endlich fündig werden? Und was viel wichtiger war: Würden sie von hier jemals wieder lebend wegkommen? Augenblicklich sah es nicht danach aus. Ein weiterer Agent wurde von zwei Energiestrahlen gleichzeitig getroffen. Er war sofort tot. Der Zwischenfall ereignete sich in Eylers' und Strangers Nähe. Ohne zu zögern legten sie auf die beiden Robotschützen an. »Ich den linken«, brummte der wortkarge GSO-Chef - woraufhin Bert auf den von ihm aus gesehen rechts befindlichen Kampfroboter zielte. Er benötigte drei Schüsse, um ihn überhaupt zu treffen, und nochmals drei, um ihn außer Gefecht zu setzen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Eylers seinen Gegner bereits komplett zerstört. »Manchmal sind wir ein richtig gutes Team«, bemerkte Stranger selbstzufrieden. Eylers9 Antwort war ein unwilliges Knurren, ähnlich einem Wolf, dem man die Jagdbeute wegnehmen wollte. Weitere Agenten fanden sich in ihrer Nähe ein. Sie wurden von den Robotern regelrecht zusammengetrieben. Die schwarzen Maschinen formierten sich zu einem Halbkreis, der immer enger wurde. Bert war überzeugt, daß die Telroboter über Nachtsichtgeräte verfügten. Auch die Agenten setzten solche Geräte ein. Patt. Stranger war nicht schutzlos nach Addis Abeba aufgebrochen. Eine vorausschauende Persönlichkeit hatte mit erheblichen Schwierigkeiten gerechnet: Sam Patterson, der oberste Chef von Terra-Press. Patterson hatte seinem besten, aber manchmal etwas leichtsinnigen Mitarbeiter einen Kegelroboter aufgenötigt, zu dessen Schutz und Wohlergehen. Dummerweise hatte Bert der geleasten Kampfmaschine, die er Clint nannte, die Anweisung gegeben, sich aus allem herauszuhalten und statt dessen aus sicherer Entfernung Filmaufnahmen von den Geschehnissen zu machen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nicht geahnt, daß er es mit Tel-robotem zu tun bekommen würde. Fazit: Die GSO und Terras bester Sensationsreporter saßen in der Falle. Und der tödliche Ring um sie herum zog sich immer mehr zusammen...
Clints Auftrag lautete, Bert Stranger unter allen Umständen zu beschützen. Strangers gegensätzlichen Befehl, sich herauszuhalten und die nächtliche Aktion zu filmen, hatte er dennoch akzeptiert, schließlich wurde der Reporter vorübergehend von der GSO geschützt. Als die scheinbar bewußtlosen Tel wieder aufgestanden und zum Angriff übergegangen waren, hatte Clint nicht eingegriffen. Mit der Gefühllosigkeit einer tumben Maschine hatte er die Nah kämpfe und den Tod der beiden Agenten mit seiner eingebauten Kamera ungerührt gefilmt, wie Bert es ihm aufgetragen hatte. Er war nicht darauf programmiert, die GSO-Männer zu schützen, sie 12 gingen ihn nichts an. Erst als die telähnlichen Maschinen Stranger zu nahe auf den Pelz rückten, änderte sich Clints passive Haltung. Der Kegelroboter kam aus der Dunkelheit geschossen wie ein Springteufel aus seinem Karton. Dank seines Prallfeldes war er extrem beweglich. Blitzschnell schwebte Clint hin und her und streckte einen Telroboter nach dem anderen nieder. Mitunter erwischte er sogar mehrere der schwarzen Maschinen gleichzeitig, da er dank seines hochwertigen Suprasensors in der Lage war, seine Waffenarme gegen mehrere Gegner gleichzeitig einzusetzen. Die Telroboter wandten sich dem neuen Gegner zu und deckten ihn von allen Seiten mit Strahlensalven ein. Clint kümmerte das nicht, er verfügte über einen starken Schutzschirm. Die Telroboter nicht. Nach und nach wurden sie außer Betrieb gesetzt - von Clint und von den Agenten, die wieder Oberwasser bekamen und ihre Chance zu nutzen wußten. Außerhalb des Fabrikgeländes, auf der anderen Seite des Zaunes, hielt sich der GSOSanitätsdienst in Bereitschaft. Normalerweise traten die Mediziner und ihre Helfer erst in Aktion, wenn die Kämpfe vorüber waren, um dann das schlimmste Leid zu lindem. Ihre Handfeuerwaffen dienten ausschließlich dem Selbstschutz. Als sie jedoch sahen, wie ihre Kameraden immer mehr in Bedrängnis gerieten, entschlossen sie sich, direkt ins Geschehen einzugreifen. Dank Clint war das nun nicht mehr nötig. Der schwebende Kegel verfügte über den Kampfwert von zehn Agenten und mehr. Erst als der letzte Telroboter seine Funktionen eingestellt hatte, fuhr er die Waffen wieder ein. Das nächtliche Strahlengefecht war beendet. Verluste auf GSO-Seite: zwei tote Agenten und ein Verletzter. Um letzteren kümmerte sich der Sanitätsdienst, der schneller denn je zur Stelle war. Eylers, Stranger und die noch verbliebenen Agenten drangen mit gezückten Waffen in die Fabrikhalle ein. Drinnen war alles hell erleuchtet, allerdings standen die Maschi nen still. Offensichtlich wurden nachts lediglich Wartungsarbeiten durchgeführt - von »einfach gestrickten« Robotern, die teilweise nur eine einzige Funktion ausführen konnten und somit keine Gefahr für die Eindringlinge darstellten. »Nicht gerade das neuste Modell«, bemerkte ein Agent verächtlich, nachdem er eine der Produktionsmaschinen näher in Augenschein genommen hatte. »Überaus pflege- und reparaturbedürftig, völlig ungeeignet für den Dauerbetrieb. Ohne tägliche Wartung würden die Klapperkisten schon bald auseinanderfallen.« »Wir befinden uns nicht in Europa oder Amerika, sondern in Äthiopien«, erwiderte Stranger. »Zwar hat der technische Fortschritt auch in dieser Region seinen Einzug gehalten, aber die Uhren laufen hier nun einmal etwas langsamer.« Offiziell wurden hier in zwei Tagschichten Lederschuhe angefertigt, teils in Handarbeit. Doch schon nach kurzer Untersuchung war klar, daß diese Behauptung nicht stimmte. Die vollautomatische Anlage diente einzig dem Zweck, Chips für Sensorien herzustellen. Illegale Chips, die sich von den legalen rein äußerlich durch nichts unterschieden - wenn man mal davon absah, daß ein Teil der Chips numeriert war, von eins bis zehn. »Filmserien, die man sich in der richtigen Reihenfolge anschauen soll«, vermutete Eylers. Stranger nickte. Er erinnerte sich zwar so gut wie gar nicht mehr an seine virtuellen Erlebnisse, aber in dem letzten Paket, das er erhalten hatte, hatten sich ebenfalls numerierte Chips befunden. Bert hatte nur den Chip mit der Nummer eins verwendet und sich danach ein paar Notizen gemacht, aus denen hervorging, daß die Chiphersteller die Ziele der Fortschrittspartei befürworteten - jener Partei, dessen Spitzenkandidat Antoine Dreyfuß bestrebt war, Ren Dhark das Amt des Commanders der Planeten abzujagen. »Unsere Techniker werden schon herausfinden, was das Besondere an den Suchtchips ist«, sagte Eylers - mehr zu sich selbst als zu Stranger, der kürzlich gemeinsam mit Veronique de Brun, der
14 französischen Filialleiterin von Biotechnologique, vergebens versucht hatte, das Geheimnis der Chips zu ergründen. »Fest steht, daß bei Anwendung der Suchtchips im menschlichen Gehirn bestimmte chemische Stoffe erzeugt werden«, sagte Bert zum GSO-Leiter, der mehrere Handvoll fertiger Chips in einen mitgebrachten kleinen Plastikbeutel füllte. »Diese Stoffe lassen sich im Blut des Süchtigen nachweisen. Wie genau das funktioniert, weiß ich nicht, aber ich bin überzeugt, daß nicht nur technische Mittel angewendet werden. Der psychologische Aspekt dürfte dabei die größere Rolle spielen.« »Wie meinen Sie das?« »Sowohl die normalen als auch die süchtigmachenden Chips beinhalten Holofilme. Bei den legalen Filmen handelt es sich teils um aufgemotzte ältere Werke, teils um grandiose Naturaufnahmen, teils um harmlose Studioneuproduktionen. Zur Erzeugung der illegalen Filme braucht man ebenfalls ein Studio, nebst Kameraleuten, Regisseuren, Darstellern und so weiter. Mit Sicherheit werden dort auch psychologisch gebildete Berater beschäftigt, sozusagen Fachkräfte in Sachen Gehirnmanipulation, die genau wissen, für welche Signale unser Zentralorgan ganz besonders empfänglich ist.« »Seelenklempner, die unsere geheimsten Wunschträume aus dem Unterbewußtsein ins Bewußtsein befördern und in uns das Verlangen erwecken, sie für immer dort zu belassen«, sinnierte Eylers. »Eine gefährliche Sache. Stellen Sie sich mal vor. Stranger, was geschieht, wenn sich ein Chipsüchtiger nicht mehr mit den virtuellen Träumereien begnügt. Wenn er sich irgendwann entschließt, seine intensiven Phantasieerlebnisse Wirklichkeit werden zu lassen...« Bert Stranger wollte sich das lieber nicht vorstellen. Einer der Agenten stieß auf eine nach unten führende Treppe und informierte den GSO-Leiter. Bernd Eylers nahm an, daß im Untergeschoß die Büroräume lagen und wies drei Mann an, ihn zu begleiten. Stranger folgte dem Quartett, begleitet von Clint, der weiterhin alles aufnahm, ohne dabei seinen Schutzauftrag zu vernachlässigen. Von der untersten Treppenstufe aus führte ein schmaler, etwa zehn Meter langer, beleuchteter Gang zu einer verschlossenen Stahltür. Zu beiden Seiten des Ganges erstreckten sich Glaswände, unterbrochen von gläsernen Eingangstüren. Die links befindlichen Räume dienten Aufenthaltszwecken, rechts befand sich ein Labor. Auch hier ruhte augenblicklich die Arbeit. Eylers machte eine Kopfbewegung zum Labor hin. »Möglicherweise verbirgt sich hier das Geheimnis der Spezialchips. Unsere Wissenschaftler werden alles gründlich auf den Kopf stellen.« Hinter der Stahltür war ein gedämpftes Geräusch zu hören, ein Fauchen oder Zischen wie von einem wilden Tier. Eylers und seine Männer machten sich bereit, den Raum zu stürmen. Das Öffnen der Tür bereitete ihnen keine Schwierigkeiten. Ein primitiver Mechanismus wurde betätigt, und die Stahltür verschwand in der Wand. Ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit betrat Eylers das Zimmer als erster, die Waffe schußbereit in der Hand. Seine Mitarbeiter folgten ihm. Stranger ließ Clint den Vortritt. Die Männer und der Kegel fanden sich in einem nicht sonderlich großen Büro wieder. Das Fauchgeräusch wurde von einem kleinen Flammenwerfer erzeugt, den ein Telroboter in der Hand hielt. Der Maschinenmann fackelte damit die gesamte technische Büroeinrichtung ab, hauptsächlich einen Suprasensor und mehrere Behältnisse mit Datenträgem. Obwohl er die unerwünschten Besucher hätte bemerken müssen, kümmerte er sich nicht um sie und setzte seine Aktion ungerührt fort. Die Flammen fraßen sich quer durchs ganze Büro. Beißender Rauch breitete sich aus. Mit tränenden Augen richteten die drei Agenten ihre auf Zerstörung eingestellten Waffen auf den Brandstifter. Clint sah keinen Anlaß zum Schießen, solange Stranger keine Gefahr für Leib und Leben drohte.
16 Eylers befahl seinen Leuten mit einer unwirschen Handbewegung, die Waffen sinken zu lassen. Dann trat er zwei Schritte auf den Schwarzen Weißen zu und hob den Arm mit der Prothese. Stranger machte ein erschrockenes Gesicht. Was hatte der GSO-Chef vor? Wußte er nicht, daß seine Gaswaffe gegen Roboter wirkungslos war? Der Gasstoß aus der Armprothese erfolgte nahezu lautlos, nur ein kaum wahrnehmbarer Zischlaut war zu hören. Sekundenbruchteile später sank der Brandstifter zu Boden. Der Flammenwerfer entglitt seinen Händen und verlosch.
Obwohl die Löscharbeiten sofort in Angriff genommen wurden, wobei Clint auf Strangers Befehl hin tatkräftig mithalf, war nichts mehr zu retten. Suprasensor und Datenträger waren zu schwarzen Klumpen zerschmolzen. »Vielleicht gelingt es unserer Spurensicherung, aus den Brandresten noch irgend etwas Brauchbares herauszuholen«, sagte Bernd Eylers, glaubte aber selbst nicht so recht daran. »Die GSO wird die gesamte Fabrik auseinandemehmen, vom Keller bis unters Dach! In der Maschinenhalle, den Büro- und Aufenthaltsräumen und im Labor wird kein Stein mehr auf dem anderen stehen, wenn wir hier fertig sind. Auch das Gelände rundherum wird Zentimeter für Zentimeter abgesucht. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht irgendwo auf einen Hinweis stoßen, der uns zu den Verbrechern führt, die hinter all dem stecken!« Er deutete auf den bewußtlosen Tel, dem inzwischen Handfesseln angelegt worden waren. »Und unseren Pyromanen knöpfe ich mir noch heute nacht im hiesigen GSO-Büro vor! Gnade ihm Gott, wenn er nicht redet!« Man merkte ihm unschwer an, daß es ihm ein persönliches Anliegen war, diesen Fall zu lösen. Der Fehlschlag ging ihm gegen die Ehre, schließlich leitete er die bedeutendste terranische Organisation in Sachen Sicherheit. Stranger wußte, wie ungern Eylers überflüssige Fragen beantwortete, aber da der GSO-Leiter gerade so schön in Fahrt war... »Wie konnten Sie sich eigentlich sicher sein, daß es sich diesmal um keinen Roboter, sondern um einen echten, lebendigen Tel handelte?« erkundigte sich der Reporter. »Sein nervöser Blick hat ihn verraten«, antwortete Bernd Eylers. »Während seiner Abfackelungsaktion schaute er ständig zu uns herüber. Ihm war bewußt, daß wir ihn gleich stoppen würden, dennoch hörte er nicht auf, weil er so viel Material wie möglich vernichten wollte. - Ist wohl nicht weit her mit Ihrer journalistischen Beobachtungsgabe.« Stranger schluckte den gemeinen Tiefschlag tapfer herunter. Während Märet Tarem, ein sechzigjähriger GSO-Agent, der aus dieser Region stammte, die Kleidung des Bewußtlosen durchsuchte, verließen die übrigen Agenten das ausgebrannte Büro. Nur Bert, Bernd und Clint schauten bei der Leibesvisitation zu. Tarem förderte einen Diplomatenpaß zutage, der auf den Namen Dar Soba ausgestellt war. Der GSO-Leiter unterdrückte einen fürchterlichen Ruch. »Schon wieder eine Sackgasse«, merkte Stranger ungehalten an. »Laut Gesetz dürfen Sie den Tel weder festnehmen noch verhören, Eylers. Als Diplomat hat er ein juristisch verbrieftes Anrecht auf Immunität. Was werden Sie nun unternehmen?« Eylers winkte Tarem und Stranger zu sich heran. Verschwörerisch legte er ihnen den Arm und die Prothese um die Schultern und flüsterte: »Können Sie schweigen, meine Herren?« . Die Gefragten nickten stumm. »Ich auch«, entgegnete Eylers leise. »Und deshalb verlieren wir drei über dieses unscheinbare kleine Ausweisdokument kein Wort mehr, verstanden?«
Die GSO-Filiale in Addis Abeba zählte nicht zu den komfortabelsten. Wer hier arbeitete, war entweder in Äthiopien geboren 18 oder strafversetzt worden. Gegen die hiesigen genügsamen Räumlichkeiten nahmen sich die meisten anderen GSO-Büros weltweit wie Luxussuiten aus. Nur eines war in allen Filialen gleich: der Verhörraum. Ob Afrika, Asien oder Australien - die Zimmer, in denen Vernehmungen durchgeführt wurden, wirkten unpersönlich und kühl, schließlich sollten sich die Gefangenen hier nicht wohlfühlen. Im Gegenteil, je unangenehmer ihnen der Aufenthalt hier war, um so früher rückten sie mit der Sprache heraus. Die Zelle, in die man sie hinterher zurückbrachte, kam ihnen dann vor wie das Paradies. In gewisser Weise schoß die GSO damit ein Eigentor - schließlich mußten auch die Verhörspezialisten viele Stunden in solchen Zimmern verbringen. Die einzige Unterbrechung fand in Form von kleinen Pausen am Kaffeeautomaten statt. »Kriege ich auch einen?« erkundigte sich der gefangene Tel, als Eylers mit einem dampfenden Kaffeebecher ins Verhörzimmer zurückkehrte. Der GSO-Chef führte die Vernehmung persönlich durch. Nur seinem Agenten Märet Tarem und Bert Stranger war es gestattet, dabei anwesend zu sein. Und natürlich Clint, der unbeweglich und scheinbar völlig unbeteiligt in einer Zimmerecke schwebte, zehn Zentimeter über dem Fußboden. Im Wirklichkeit registrierten seine Sensoren jede verdächtige Bewegung im Raum; zudem nahm er alles auf. »Seit wann trinken Tel Kaffee?« fragte Eylers den Festgenommenen verwundert. »Habe ich mir während meines schon viel zu langen Aufenthalts auf der Erde angewöhnt,
ebenso terranischen Umgangsjargon und sonstige üble Gepflogenheiten«, erwiderte Dar Soba verbittert. »Meine fortwährenden Rückversetzungsgesuche nach Cromar wurden leider kontinuierlich ignoriert. Die braune, überaus angenehm riechende Flüssigkeit ist für unseren Organismus zwar alles andere als gut verträglich, aber wir Tel haben die Kraft der zwei Herzen.« »Sie kriegen trotzdem keinen Kaffee«, entschied Eylers. »Seit Beginn des Verhörs verweigern Sie mir sämtliche Auskünfte, dafür werde ich Sie nicht noch belohnen.« »Wie oft soll ich es noch wiederholen?« erboste sich der Tel. »Mein Name ist Dar Soba. Ich muß Ihnen keine Fragen beantworten, denn ich unterliege als Botschaftsangehöriger der diplomatischen Immunität. Das wird auf Cromar genauso respektiert wie aufTerra.« »Und wie wollen Sie Ihre Behauptung beweisen?« »Dafür genügt ein Blick auf den Diplomatenpaß, der von Ihnen widerrechtlich eingezogen wurde.« Eylers spielte den Entrüsteten. »Was fällt Ihnen ein? Hätte man bei Ihnen ein entsprechendes Ausweispapier gefunden, hätten wir Sie längst auf freien Fuß gesetzt, wie es unsere Pflicht und Schuldigkeit wäre.« Er schaute Tarem an. »Sie haben die Durchsuchung von Dar Soba ausgeführt. Hatte er einen Paß bei sich?« »Weder einen Paß noch sonst einen Hinweis auf seine Identität«, antwortete der Gefragte mit unbewegter Miene. »Mein Anruf in der Botschaft verlief ebenfalls negativ, dort hat man seinen Namen noch nie gehört. Offensichtlich hält sich Mister Soba - oder wie auch immer er heißt illegal auf Terra auf. Ich vermute, er hat seine persönlichen Papiere vorsorglich vernichtet, damit man ihn nicht identifizieren kann.« Eylers wandte sich wieder Dar Soba zu. »Aus welchem Grund wollen Sie nicht, daß man Ihre wahre Identität erfährt? Was haben Sie zu verbergen? Werden Sie auf Cromar wegen eines Verbrechens gesucht? Ich kriege das heraus, verlassen Sie sich darauf4 Und wenn es Monate dauert!« »Viele Monate«, fügte Tarem hinzu. »Monate, während denen man Sie in einer äthiopischen Haftanstalt unterbringen wird. Sonderlich sauber sind die hiesigen Gefängnisse nicht, doch Sie werden sich schon an die Ratten und das Ungeziefer gewöhnen - und an die anderen Gefangenen, mit denen Sie sich die schmuddelige Zelle teilen.« 20 »Sie dürfen mich nicht wie einen gewöhnlichen Verbrecher behandeln ! Mein Diplomatenstatus...« »Sollte sich im Verlauf der weiteren Ermittlungen herausstellen, daß Sie tatsächlich Diplomat sind, wird sich die terranische Regierung selbstverständlich bei Ihnen entschuldigen«, griff Stranger unvermittelt ins Verhör ein. »Aber das kann dauern... Sie haben sicherlich Verständnis dafür, daß es für die GSO wichtigere Fälle zu klären gibt als die Überprüfung eines vermutlich illegalen Einwanderers. Keine Sorge, man wird Sie nicht vergessen. Dar Soba oder wer auch immer Sie sind. In äthiopischen Gefängnissen kursieren zwar Gerüchte über greise Gefangene, deren Unterlagen von den Behörden versehentlich verschlampt worden seien, doch davon sollten Sie sich keinesfalls verunsichern lassen. Irgendwann erblickt jeder Sträfling wieder das Licht der Sonne - zumindest die meisten.« Der Tel funkelte ihn ärgerlich an. »Ich kenne Sie, Stranger. Sie sind Reporter bei Terra-Press und haben hier eigentlich überhaupt nichts verloren. Ihre Anwesenheit ist schlichtweg - wie sagt man doch bei Ihnen? - eine faule Kiste.« Er wandte sich Eylers zu. »Sie haben gewonnen, ich bin bereit zu reden. Aber ohne Zeugen. Schicken Sie den neugierigen Schmierfink und Ihren Agenten fort. Oder ich sage von nun an keinen Ton mehr.« »Einverstanden«, entgegnete Eylers, der innerlich erleichtert aufatmete. Geschafft! »Aber mein Wachroboter bleibt. Ich weiß, über welche Körperkräfte die Tel verfügen...« Er hielt seine Armprothese hoch. »... und als Krüppel hätte ich im Zweikampf keine Chance gegen Sie, Dar Soba. Darum bleibt Clint hier.« Der Tel hatte gegen den kegelförmigen Leibwächter nichts einzuwenden. Stranger und Tarem gingen aus dem Zimmer. Dar Soba kam sofort zur Sache. »Als seinerzeit die erste telsche Botschaft auf Terra eingerichtet wurde, gab man sich bei der Überprüfung der ausersehenen Mitarbeiter besondere Mühe, um wirklich sicherzugehen, daß keine Dissidenten mit darunter waren. Doch jedes noch so perfekte Sicherheitssystem hat irgendwo eine Lücke. Obwohl ich heimlich mit den Rebellen sympathisierte und gelegentlich auch geheime Kontakte zu ihnen hatte, war mein Lebenslauf tadellos, denn bis dahin hatte ich nie an irgendwelchen umstürzlerischen Aktionen teilgenommen. Allgemein galt ich als Langweiler ohne jeglichen politischen Ehrgeiz, aber als absolut regierungstreu. Meine Bewerbung wurde daher positiv befürwortet, und ich
erhielt einen Posten in der Botschaft. Keine sonderlich verantwortungsvolle Aufgabe, doch damals versprach ich mir davon jede Menge Abwechslung - vor allem im Hinblick auf meine Spionagetätigkeit für die Rebellenorganisation. Leider gestalteten sich weder meine reguläre Botschaftsarbeit noch meine illegalen Aktivitäten besonders abenteuerlich. Hin und wieder gingen Unterlagen über meinen Schreibtisch, die für die Anführer der Organisation möglicherweise von Interesse waren. Über wechselnde Mittelsmänner leitete ich Kopien der betreffenden Akten weiter - das war's auch schon. Nicht gerade spannend, wie? Meine Tarnung war derart perfekt, daß ich selbst nach den Kämpfen im Februar 2058 nicht als Rebellenanhänger demaskiert wurde und wie bisher weitermachen konnte.« »Weitermachen?« wunderte sich Bernd Eylers. »Aber die Organisation der Aufrührer wurde damals zerschlagen.« »Wenn man etwas zerschlägt, bleiben überall Bruchstücke liegen«, entgegnete der Tel. »Bruchstücke, die man irgendwann vielleicht wieder zu einem Ganzen zusammenfügen kann. Derzeit ist unsere Organisation nur noch rudimentär vorhanden. Um neue Strukturen aufzubauen, benötigen wir Geld...« Dar Soba stockte. »Das sollte genügen, denke ich. Mehr Informationen bekommen Sie nicht von mir. Sie wissen jetzt, daß ich ein Dissident bin - ein enttarnter Rebell, der von nun an damit rechnen muß, von seinen eigenen Leuten zum Schweigen gebracht zu werden. Bei Auslieferung an die Tel-Regierung erwartet mich die Todesstrafe. Mir bleibt daher nur eine Möglichkeit: Hiermit beantrage ich politisches Asyl auf Terra.« 22 »Sie haben wirklich Nerven, Mann!« brummelte Eylers. »Glauben Sie wirklich, damit kommen Sie durch?« »Ich kenne die terranischen Gesetze inzwischen fast besser als die meines eigenen Volkes und weiß daher, daß ich einen Anspruch auf Asyl habe. Sie sind verpflichtet, umgehend die zustän digen Behörden darüber zu unterrichten.« »Für Ihren ganz speziellen Fall ist zunächst einmal die GSO zuständig und sonst niemand«, machte Eylers ihm deutlich. »Mein Wort hat Gewicht. Ich kann mich mit aller Macht gegen den Asylantrag stemmen oder ihn befürworten. Prinzipiell spricht nichts gegen Ihren Verbleib auf Terra. Wir könnten Ihnen sogar eine völlig neue Identität verschaffen, vorausgesetzt, Sie kooperieren mit uns. Sagen Sie mir, was die Rebellen mit Sensorium Inc. zu schaffen haben. Welche Pläne verfolgt die Organisation? Nennen Sie mir Fakten und Namen, dann sehen wir weiter.« Dar Soba blieb stur. »Kommt nicht in Frage! Ich habe Ihnen schon viel zuviel gesagt. Ich verlange, daß Sie mein Asylbegehren unverzüglich weiterleiten. Bis darüber entschieden wurde, stelle ich mich unter den Schutz der GSO. Sollte mir etwas zustoßen, wird man Sie höchstpersönlich zur Verantwortung ziehen, Eylers! Ich bin Ihre dummen Spielchen und leeren Drohungen endgültig leid. Geben Sie mir meinen Ausweis zurück, und bringen Sie mich an einen sicheren Ort - und damit meine ich nicht ein äthiopisches Gefängnis.« Ein verdammt zäher Brocken! dachte der GSO-Chef. »Sie haben gewonnen. Dar Soba«, gab er nach. »Ich werde zwei meiner Männer zu Ihrer persönlichen Sicherheit abstellen und Sie von hier fortbringen lassen, in ein vorläufiges Versteck. Dort wird es Ihnen an nichts mangeln.« »So ist es recht«, spöttelte der Tel. »Endlich haben Sie begriffen, daß Sie mir nicht gewachsen sind. Wo werden Sie mich unterbringen?« »Frontier Junction«, antwortete Eylers kurz angebunden.
2. Holger Alsop stellte sich weiterhin bewußtlos. Trotzdem beobachtete der Cyborg aufmerksam seine Umgebung. Drei Gegner, die Paralysatoren noch in den Händen, verließen ihre Deckung. Gedrungene, humanoide Wesen, die kaum größer als 1,50 Meter waren. Die hohe Schwerkraft, fast eineinhalb mal so stark wie auf der Erde, zwang ihnen diese kompakte Statur auf. Schulterpartie und Oberkörper waren sehr breit und tief. Arme und Beine extrem muskulös. Kleine Riesen, dachte Alsop, fast zweimal so breit wie Menschen, aber in der Körperlänge gewaltig zusammengestaucht... Die »kleinen Riesen« näherten sich. Alsop wartete auf seine Chance. Er durfte dabei nicht vergessen, daß Gisol paralysiert und wehrlos neben ihm lag, nicht mehr in humanoider Form wie zuvor, sondern aus seiner Kleidung herausgeflossen und zu einem formlosen Etwas geworden, zur körperlichen Urform der Worgun, die als Gestaltwandler jedes gewünschte Aussehen annehmen konnten.
Dieser Planet, dritter Umläufer seiner Sonne, war eine kleine Hölle. Das lag nicht an der enormen Schwerkraft dieser nur 11 000 Kilometer durchmessenden Sauerstoffwelt, die von diesen Fakten abgesehen relativ erdähnlich war, sondern an den Zyzzkt, die mit ihren Ringraumem im Orbit hingen und immer wieder Bodentruppen ausschleusten, um gegen die Planetarier zu kämpfen. Sie machten Planet drei zur Hölle. Überall auf den Kontinenten herrschte Krieg. Die Femaufklärung der POINT OF hatte ergeben, daß dieser Krieg nur mit konventionellen Waffen geführt wurde. Atomare, biologische oder chemische Kampfmittel kamen nicht zum Einsatz. Offenbar war beiden Kriegsparteien, den Planetarien! wie den insektoiden Eroberern, nicht daran gelegen, den Lebensraum nachhaltig zu verseuchen. 24 Gisol, der Worgun, hatte beschlossen, mit einem seiner speziell ausgerüsteten Flash auf dem Planeten zu landen und sich vor Ort umzusehen. In ihm tobte ein unbändiger Zorn und Haß auf die Zyzzkt, die sein Volk unterjocht hatten, und die nun anscheinend dabei waren, ein weiteres Volk zu unterwerfen. Ob Gisol in diesem Fall etwas unternehmen konnte - und falls ja, was das wollte er vor Ort herausfinden. Holger Alsop, Cyborg der A-Serie und der erste Mensch, der seinerzeit die entsprechenden Implantate erhalten hatte, die ihn zu etwas Besonderem machten, begleitete den Worgun. Der Flash, eines der Beiboote des Ringraumers EPOY, parkte unter Ortungsschutz nicht sehr weit entfernt. Weder die Planetarier noch die Zyzzkt würden ihn finden. In dieser Region wurde nicht gekämpft. Noch nicht, oder den Zyzzkt war es zu mühsam, in der alpinen Landschaft, deren Felsmassive bis 2 000 Meter über den Meeresspiegel aufragten, im Bodenkampf anzutreten. In der Nähe befand sich ein Dorf, das sich wie die übrigen Ansiedlungen auf einem recht hohen technischen Standard befand. Bei der Annäherung hatten Gisol und Alsop nicht nur die kleinen Riesen, sondern auch Schweber und Roboter entdeckt. Und plötzlich kam der Überfall! Sie wurden aus einem Hinterhalt heraus mit Lähmstrahlen beschossen. Gisol erwischte es sofort; er zerfloß zu einem unförmigen Blob. Alsop, der schon beim Verlassen des Flash auf sein Zweites System umgeschaltet hatte, konnte als Cyborg von Lähmstrahlen nicht ausgeschaltet werden. Die wurden erst wirksam, wenn er jetzt zurückschaltete und vom Cyborg wieder zum Menschen wurde, um als solcher abwarten zu müssen, bis die Wirkung der Paralyse ausklang. Aber warum hätte er dieses Risiko eingehen sollen, das ihn dann zusätzlich der hohen Schwerkraft dieses Planeten aussetzte? Als Cyborg wurde er spielend damit fertig. Dennoch spielte er den Bewußtlosen. Die drei kleinen Riesen, die den beiden Besuchern aus dem Weltraum aufgelauert hatten, näherten sich jetzt. Phanten! forderte Alsops Programmgehim. Umgehend löste er den Reizimpuls aus. Die Steuerspannung von 0,003 bis 0,047 Volt aktivierte den vom Planeten Bittan im 404-Sy stem stammenden Phantvirus, der prompt ins Medium trat und damit alle Flüssigkeiten und Gase im organischen Körper des Cy-borgs band. Dieser von Echri Ezbal isolierte F-Stamm der Phantvi-ren schützte damit den Körper vor Belastungen, die jeden normalen Menschen schwer geschädigt oder getötet hätten, barg aber auch eine ungeheure Gefahr in sich. Durch die Reizspannung wurde eine spontane Vermehrung angeregt, die der Körper nur für einen Zeitraum von neun Tagen und sechs Stunden ertragen konnte; danach löste der Virus einen blitzartig wirkenden, unheilbaren und tödlichen Krebs aus. Äußerlich war dem Cyborg nicht anzusehen, daß er phantete, um damit auf größere Gefahren besser vorbereitet zu sein. Die drei kleinen Riesen waren vorsichtig. Ihre Paralysatoren hielten sie schußbereit; offenbar trauten sie dem Braten nicht. Sie trugen keine ID-Dämpfer, wie Alsop feststellte. Sie unterhielten sich in einer unbekannten Sprache, die von Reib- und Zischlauten dominiert wurde. Alsop verstand kein Wort, aber der Gestik und der Art, wie sie redeten, entnahm er, daß sie über Gisols Zerfließen völlig verblüfft waren. Da sich weder Gisol noch Alsop rührten, wurden sie nun mutiger. Sie widmeten ihre Aufmerksamkeit verstärkt dem Worgim und vernachlässigten den Terraner darüber. Dem konnte das nur recht sein. Die drei umringten Gisol und betrachteten ihn eingehend, einer hockte sich neben ihn und betastete seinen Körper und die Kleidung, aus der er herausgeflossen war. Ein anderer der kleinen Riesen entdeckte den falschen ID-Dämpfer, der auf Gisols Körper lag, und nahm ihn an sich. Seinen Paralysator steckte er ein und drehte und wendete den Dämpfer mit beiden Händen hin und her, um ihn von allen Seiten näher zu
26 Auch die anderen steckten ihre Waffen jetzt in die Futterale an ihren Gürteln zurück. Wieder redeten sie heftig aufeinander ein. Keiner von ihnen achtete in diesem Moment auf Holger Alsop. Der erhob sich blitzartig und hielt im gleichen Moment seinen Impulsblaster in der Hand. Sein Zeigefinger berührte den Strahlkontakt, und ein greller Blitz fauchte aus dem Projektionsdom der Laufmündung. Ein paar Dutzend Meter entfernt schmolz einer der zahlreichen Felsbrocken an, die hier überall aus dem Boden aufragten. Alsop richtete die Waffe auf die kleinen Riesen. Die fuhren mit offenen Mündern herum und starrten ihn an wie einen Geist. Daran, zu ihren Waffen zu greifen, dachten sie nicht. Dennoch bedrohte Alsop sie nicht nur mit seinem Biaster, sondern auch mit Worten. Dazu benutzte er die Worgunsprache, die er mit Hilfe der von den Römern Terra Nostras zur Verfügung gestellten Mentcaps erlernt hatte. Die drei waren fassungslos. Einer von ihnen antwortete. Auch er sprach Worgun, während die beiden anderen Laute des Erschreckens und der Überraschung in ihrer Zisch- und Kratzsprache von sich gaben. »Auch du bist ein Hoher?« hörte Alsop. Er hatte diese Sprache auf Verdacht eingesetzt, der sich nun bestätigte. Die technisch hochstehenden Planetarier waren mit ihr vertraut. Das hieß, daß sie die einstigen Beherrscher Oms kannten, die seit Jahrhunderten nicht mehr zwischen den Sternen in Erscheinung getreten waren, weil die Zyzzkt sie auf ihrem eigenen Heimatplaneten praktisch eingekerkert hatten. Die Hohen... das waren die Mysterious, wie sie von den Terra-nem genannt wurden, die Worgun. In der heimatlichen Galaxis waren sie bei diversen Völkern auch noch unter anderen Bezeichnungen bekannt, aber hier in Orn hatten auch die Römer von Terra Nostra sie die Hohen genannt.»Zweifelst du daran?« fragte Alsop kühl. »Muß ich nicht zweifeln, weil du dich bewegst, dieser hier aber nicht, der seine Gestalt verloren hat?« kam die Antwort. »Ich weiß, daß ich euch beide getroffen habe, aber warum bist du dann in der Lage, dich zu bewegen und der andere nicht?« Alsop wich einer Antwort aus. »Warum hast du auf uns geschossen? Warum habt ihr alle drei auf uns geschossen? Wir sind nicht eure Feinde!« »Aber ihr kamt mit einem Flugobjekt, das dem ähnelt, wie es unsere Feinde benutzen«, erhielt er zur Antwort. Gisols Ortungsschutz ist nicht optimal, erkannte das Programm-gehim des Cyborgs, wurde aber im nächsten Moment von der Behauptung eines der beiden anderen Wesen widerlegt: »Wir sahen, wie ihr aus dem Boden auftauchtet, ein Stück flogt und dann landetet. Für unsere Technik wart ihr unsichtbar, nicht aber für unsere Augen!« Als er von der Technik sprach, reckte er leicht seinen linken Arm vor, an dessen Gelenk sich ein kleiner Apparat befand, kaum größer als eine Schuhcremedose. Alsop sah einen Minibildschirm in der Mitte und ringsum eine Reihe von winzigen Tasten. Ein tragbares Miniaturortungsgerät? Wenn das versagt hatte, funktionierte der Ortungsschutz doch, aber optisch war der Flash dann immer noch zu erkennen. Die Nogk verfügten da über eine weit bessere Technik, mit welcher sie nicht nur ihre Raumschiffe, sondern auch sich selbst tarnen konnten, um sich für andere unsichtbar mitten unter ihnen bewegen zu können. Bei der ersten Begegnung zwischen Nogk und Terranem auf Hope war diese Mimikry-Technologie zum Einsatz gekom-" men, und während der Giant-Herrschaft auf der Erde hatten Nogk-Raumer sich mehrfach unsichtbar im Sol-System bewegt. Auch Commander Huxleys Forschungsraumer FO I war von den Nogk mit einem solchen Deflektorschirm ausgerüstet worden. »Eure Feinde - sind die Zyzzkt?« fragte Alsop nach. »Die Massenvermehrer, die über die Planeten unserer Galaxis herfallen wie Freßschreckinsekten über erntereife Felder«, erwi 28 derte einer der drei kleinen Riesen. »Zyzzkt, ja, so nennen sie sich wohl. Sie...« In diesem Moment erfolgte der Angriff. Plötzlich waren sie da. Drei Flash, die wie dunkle Pfeile heranjagten und das Feuer eröffneten! Aber nicht auf die kleine Gruppe zwischen den Felsen, sondern auf das Dorf! Blaßrote Nadelstrahlen blitzten aus den Mündungen der Bordwaffen, schlugen zwischen den Häusern und in ihnen ein. Geparkte Schweber, Roboter, Häuser - sie explodierten. Dorfbewoh ner, die zu flüchten versuchten, lösten sich einfach in einem schwachen Aufblitzen in Nichts auf, wurden zu Schatten auf dem Boden, unvergänglich eingebrannt. Flammen loderten empor, Rauchwolken stiegen auf, düsterer, fetter schwarzer Qualm. Dazwischen immer wieder das
grelle Aufblitzen, die blaßroten Energiefinger, die ihre Ziele fanden... Inferno! Ein Dorf starb. Es verbrannte im Strahlfeuer der drei Flash. Als Mensch wäre Holger Alsop in diesem Moment entsetzt und fassungslos gewesen. Er sah, wie rücksichtslose Angreifer alles in Brand schössen, alles töteten, was sich bewegte. Männer, Kinder, Frauen, Greise. Aber als Cyborg konnte er diesen Massenmord nur emotionslos zur Kenntnis nehmen. Trauer, Entsetzen und Zorn würden erst kommen, wenn er vom Zweiten System wieder zurückschaltete, um als Mensch denken und handeln zu können und nicht als Cyborg. Immer noch feuerten die drei Flash aus allen Strahlantennen und ließen mit ihrem NadelstrahlDauerbeschuß keinen Stein mehr auf dem anderen. Plötzlich rannte einer der drei kleinen Riesen los. Er lief in Rich tung des brennenden Dorfes. Seine beiden Gefährten riefen ihm hinterher und versuchten, ihn aufzuhalten. Aber er ließ sich nicht bremsen. Er hetzte über Stock und Stein, und dann machte er auch noch den Fehler, mit seinem Biaster auf einen der Flash zu schießen. Die zwei anderen kleinen Riesen schrien gellend auf, weil sie seinen selbstmörderischen Leichtsinn nicht begreifen konnten, und dann schwenkte einer der Flash nur ganz kurz herum und sandte einen Nadelstrahl aus. Der kleine Riese, der sich nicht durch die Zurufe hatte stoppen lassen, verwandelte sich in eine Feuerwolke, die ganz kurz aufstrahlte, um gleich darauf für alle Zeiten zu verlöschen. Alsops Programmgehim warnte. Die Zyzzkt in den drei Flash mußten jetzt doch davon ausgehen, daß sich weitere Planetarier dort aufhielten, von wo der eben Getötete kam! Er packte Gisol und zerrte den Blob in die Deckung einiger Felsen. Seine Cyborgkraft ließ ihn mit der Masse des Mysterious, die normal bei etwa 100 Kilogramm lag, unter der Schwerkraft dieses Planeten aber das Anderthalbfache an Gewicht erreichte, schnell fertig werden. Die beiden anderen Planetarier, die sich bei dieser Kraftanstrengung nichts dachten, weil sie die körperliche Konstitution eines Cyborgs nicht kannten, gingen mit Alsop in Deckung, nur hatte keiner von ihnen daran gedacht, dem Cyborg bei seinem Rettungsversuch vielleicht ein wenig zu helfen. Alsops Programmgehim registrierte das, reagierte aber nicht darauf, weil es unwichtig war. Wichtig war, daß einer der drei Flash jetzt über ihnen kreuzte und versuchte, sie aufzuspüren! Er entdeckte sie nicht. Fünfmal während seiner Überflüge war er nahe daran, und zweimal meldete das Programmgehim eine mathematische Wahrscheinlichkeit bis zu 35 Prozent, daß Gisols getarnter Flash bei dieser Aktion lokalisiert werden könnte, aber jedes Mal hatten sie 30 Glück und die Zyzzkt, die in dem suchenden Flüggerät lauerten, blieben erfolglos.
Dafür waren die beiden anderen feindlichen Flash erfolgreich und brannten das Dorf komplett
nieder. Alles wurde vernichtet, restlos. Nur Feuer und Asche blieben zurück. Nach
Überlebenden sah es nicht aus.
Schließlich kehrte Ruhe ein. Da war nichts mehr, das zerstört werden konnte.
Die Flash drehten ab und verschwanden irgendwo in der Feme. Sie hatten ihren Mordauftrag
erfüllt.
Da wollten die beiden überlebenden kleinen Riesen zurück ins Dorf. Ins restlos
niedergebrannte Dorf. Dorthin, wo nichts und niemand mehr lebte.
Alsop ließ sie gehen.
Warum auch hätte er sie zurückhalten sollen?
Gisol hatte inzwischen das Bewußtsein zurückerlangt. Nur wenige Minuten nach dem
Abmarsch der beiden kleinen Riesen erwachte er aus seiner Paralyse, nahm erneut seine Jim-
Smith-Ge-stalt an und schlüpfte wieder in seine Kleidung. Nicht, daß es ihn selbst als
Gestaltwandler gestört hätte, sich nackt zu bewegen -aber er wußte, daß viele Völker den
Begriff »Zivilisation« über ihre Kleidung definierten und jene, die von Kultur oder Klima her
gern darauf verzichten konnten, rigoros als Barbaren abstempelten.
Wie die Planetarier zu diesem Thema standen, wußten weder er noch Alsop, solange sie die
Bewohner dieses Planeten nicht besser kannten.
Alsop berichtete dem Worgun, was sich während dessen Bewußtlosigkeit abgespielt hatte.
Gisol verzichtete auf einen Kommentar. Alsops Programmgehim nahm das, mit einem
Fragezeichen versehen, im Speicher auf.
Nun kehrten die beiden kleinen Riesen aus dem Dorf zurück. Sie
waren bedrückt und voller Trauer. Genauer gesagt, sie standen fast unter Schock. Was sie von
hier oben aus gesehen hatten, war bei weitem nicht so schlimm wie das, was sie danach im
brennenden Dorf hatten sehen müssen.
»Niemand lebt mehr«, sagte einer der beiden. »Wir sind die letzten hier...«
Verblüfft registrierten sie, daß aus dem amöbenartigen Wesen Gisol ein Humanoider geworden
war. Noch verblüffter waren sie, als Gisol seinen falschen ID-Dämpfer zurückforderte, den
einer der beiden vorhin eingesteckt hatte. Gisol legte das Gerät wieder an.
»Verzeih mir. Hoher«, raunte der Mann. »Ich wußte nicht...«
»Wir waren alle sehr bestürzt und überrascht, haben wir doch niemals damit rechnen können,
daß Hohe unsere Welt besuchen, und das gerade in dieser schweren Zeit...«
»Wer seid ihr?« wollte Gisol wissen.
»Ich bin Schrrotz, und mein Begleiter heißt Kureran«, sagte der Angstliche. Als Gisol ihn
weiter durchdringend ansah, fuhr er fort:
»Wir sind Pscheriden. Das ist der Name unseres Volkes. Pscherid ist der Name unserer Welt.
Wir sind einfache Bauern. Aus dem Krieg wollten wir uns immer heraushalten. Doch nun
haben wir niemanden mehr, wir sind ohne Hoffnung.«
»Einfache Bauern?« fragte Gisol. »Euer Volk verfügt über eine recht hochstehende
Technologie.«
»Das ist richtig«, sagte Kureran. »Aber dennoch gibt es uns einfache Leute. Wir verstehen
nicht viel von Technik, dafür aber jede Menge von Ackerbau und Viehzucht. Die haben wir
hier be2 trieben, bis die Mörder aus dem Weltraum zu uns kamen. Nun haben wir nichts mehr.«
»Doch, wir haben noch etwas«, sagte Schrrotz. »Die Hoffnung.«
»Hoffnung worauf?«
»Jetzt, wo ihr hier seid - werden die Hohen wirklich wieder aktiv? Werden sie uns gegen die
Massenvermehrer helfen?« Erwartungsvoll sah er Gisol und Alsop an.
32 »Wenn ihr wüßtet, ihr armen Teufel«, murmelte der Cyborg auf Angloter.
»Begleitet ihr uns, Hohe?« fragte Schrrotz erwartungsvoll.
»Ich verstehe nicht ganz«, sagte Gisol.
»Verzeih, Hoher«, sagte Schrrotz. »Wir beherrschen die Sprache der Hohen nicht besonders
gut. Sie wird unseren Kindern zwar immer noch an den Schulen als Sprache der Wissenschaft
beigebracht, aber sie gilt als >tote< Sprache.«
Wie Latein aufTerra, dachte Alsop. Latein, das hier in Om in der kosmischen Wolke Gardas
von den Römern auf Terra Nostra immer noch verwendet wurde...
Schrrotz fuhr fort: »Vielleicht habe ich mich daher falsch ausgedrückt. Wir sind Bauern und
keine Diplomaten oder Sprachgelehrte.«
»Wir«, Kureran wies auf sich, Schrrotz und dann in Richtung des niedergebrannten Dorfes,
»wollten uns immer heraushalten aus dem Krieg. Aber nun ist alles zerstört, alle sind tot. Als
wir hierher zurückkehrten, sprachen wir darüber. Wir haben niemanden mehr und wollen uns
deshalb zur Armee melden. Wollt ihr uns begleiten? Jetzt, da ihr Hohen wieder aktiv werdet...«
»Bitte!« fügte Kureran hinzu.
»Habe ich euch richtig verstanden?« fragte Gisol. »Habt ihr soeben von den Hohen gesprochen
und nicht etwa von den Massenmördern?«
Schrrotz lächelt bitter. »Du hast mich schon richtig verstanden, Hoher. Unser Volk glaubt den
Propagandalügen der Zyzzkt schon lange nicht mehr. Die Hohen sind nicht ausgestorben. Es
gibt sie noch. Und jetzt, da wir euch vor uns sehen, wissen wir, daß wir recht haben. Helft uns.
Bitte.«
Alsop und Gisol sahen sich an.
Die Hohen können euch nicht helfen, dachte Gisol. Sie würden es nicht einmal wollen, meine
Artgenossen, die der ständigen Gehirnwäsche der Wimmelwilden, der Zyzzkt, unterliegen und
nicht wagen, sich w wehren. Wir brauchen doch selbst Hilfe! Und
selbst die Terraner können nichts tun, ich -weiß es, so sehr ich auch Ren Dhark dankbar bin,
daß er mich zumindest nach Orn begleitete, um sich selbst ein Bild w machen...
Aber dann nickte er.
»Wir werden euch begleiten«, sagte er. »Aber Hilfe kann ich euch nicht versprechen.«
»Allein eure Anwesenheit wird unsere Hoffnung unendlich groß werden lassen«, sagte
Kureran.
Die beiden Pscheriden führten Gisol und Alsop über die Berge. Während sie sich dem Ziel entgegenbewegten, das nur die Pscheriden kannten, achtete der Cyborg immer wieder auf die Umgebung und vor allem auch auf den Luftraum. Aber es tauchten keine weiteren Zyzzkt auf, weder in Flash noch mit Ringraumem oder in Gestalt von Bodentruppen. Vermutlich war ihnen diese unwegsame Bergregion nicht wichtig genug. Sie hatten ein Dorf dem Erdboden gleichgemacht, das reichte ihnen scheinbar. Auch andere Pscheriden tauchten nicht auf. Alles blieb ruhig. Vielleicht zu ruhig. Alsop und Gisol blieben mißtrauisch. Aber aus einem Grund, den der Cyborg nicht erfassen konnte, waren da plötzlich ERINNERUNGEN:
Terra, Anfang Juni 2056 In Alamo Gordo stand ein schlanker, über einen Meter achtzig großer junger Mann mit grauem, nach hinten gestrichenem Haar im Transmitterraum. An der Gegentaktsperre flammte es grün auf. Der Transmitter war klar. Holger Alsop blickte an sich herunter. Vor einer Viertelstunde hatte man ihm diesen strahlend weißen Plastikanzug gege 34 ben. Ein Kleidungsstück aus einem Guß, ohne Naht, ohne Taschen, ohne Falten. Der Anzug saß wie eine zweite Haut. Er ließ nur die Hände und den Kopf frei. Über der linken Brust stand die Nummer 742. Noch sagte sie ihm nichts. Dennoch begann sie ihm plötzlich Furcht einzujagen. Ich habe Angst, dachte er erst erstaunt, dann erschüttert. Er hatte gerade den sogenannten Angsttest mit der besten Bewertungsnote bestanden - und jetzt flößte ihm allein schon eine Zahl Angst ein? Er sah nicht wie ein Dreiundzwanzigjähriger aus. Sein schmales, markantes Gesicht hatte nicht viele, aber ausgeprägte Falten aufzuweisen. Über der geraden Nase standen zwei tiefe Furchen, die seine Stirn fast bis zum Haaransatz teilten. Von den Nasenflügeln lief rechts und links eine schattenwerfende Kerbe bis tief unter die Mundwinkel. Sein leicht vorspringendes Kinn erweckte unwillkürlich den Eindruck, in diesem Mann einen verwegenen Draufgänger vor sich zu haben. Aber Holger Alsop war noch nie ein Draufgänger gewesen, sondern vielmehr ein bedächtiger, Risiken genau kalkulierender Mensch. Er trat durch die Antenne des Transmitters und verließ die Gegenstation im Brana-Tal. Holger Alsop stieß die Tür auf. Seine Nervosität belastete ihn nach wie vor. Auf dem Gang blieb er stehen und sah sich um. Kein Mensch war zu sehen. Es war so still wie in einem Grab. Dann zuckte er zusammen. Vier Schritte vor ihm, wo sich gerade noch eine fugenlose Wand befunden hatte, öffnete sich eine Tür. Ein fast zwei Meter großer, überschlanker Mann trat heraus, der mit seinem wallenden Bart und den langen, schlohweißen Haaren fast wie das Klischeebild eines indischen Brahmanen wirkte. Auch seine Kleidung paßte dazu. In einer langsamen, ruhigen Bewegung hob er die Arme, kreuzte sie vor der Brust und verbeugte sich nach alter indischer Sitte stumm vor Holger Alsop, begrüßte ihn mit dieser Geste. Holger Alsop sah das Feuer, das tief in den kristallklaren Augen brannte, und er spürte, welche Kraft von diesem Mann ausging, der wohl schon hundert Jahre alt sein mochte. »Holger Alsop?« klang sein Name durch die Stille, und Alsop wußte, daß er noch nie eine Stimme gehört hatte, die so beruhigend auf ihn wirkte. Im gleichen Moment war seine Nervosität nicht mehr vorhanden. »Der bin ich...« Das Gesicht des anderen blieb unverändert. Seine Lippen bewegten sich kaum, als er sagte: »Und ich heiße Echri Ezbal.« Dieser Name sagte Alsop nichts. »Wo bin ich? Darf ich es erfahren?« »Natürlich, Alsop. Sie haben den letzten Schritt getan. Sie können jetzt nur noch vorwärts, aber nicht wieder zurück. Sie befinden sich in der Cyborgstation. Sie sind einer der wenigen, die da mit rechnen dürfen, einige hundert Jahre alt zu werden. Ich bin der Leiter dieser Station.« Holger Alsop hielt den Atem an. Er glaubte Blei in den Gliedern zu haben. Hier wollte man ihn zu einem Cyborg machen - ihn, einen Menschen aus Heisch und Blut! Und er hatte sich auch noch freiwillig gemeldet! »Nein!« stieß er fast tonlos aus. »Nein, das ist nicht wahr! Das ist ein Scherz, ein gräßlicher Scherz...« Aber die klaren und dennoch unergründlichen blauen Augen sagten ihm, daß es die nackte Wahrheit war.
GEGENWÄRT P sehend, Ende April 2059
Plötzlich waren sie da - selbst Alsop bemerkte sie fast zu spät'. Es handelte sich um eine Gruppe von uniformierten Pscheriden, die hier einen Wachposten eingerichtet hatten. Ihre Bewaffnung 36 und Ausrüstung entsprach dem Standard, den Alsop anhand seiner bisherigen Beobachtungen vermutete. Möglicherweise hätten die Soldaten sich für die kleine Gruppe nicht einmal interessiert, wenn es sich nur um Pscheriden gehandelt hätte. Aber Alsop und Gisol fielen extrem auf mit ihren schlanken, hochaufragenden Gestalten im Vergleich zu den gedrungenen, kompakten Einheimischen. Allein durch ihr Aussehen waren sie sofort als Fremde zu erkennen. Wieder einmal sahen sie Biaster auf sich gerichtet. Der schmale Pfad, der durch einen engen Gebirgspaß führte, wurde von ihnen komplett gesperrt. Da hätten sogar zwei Soldaten völlig ausgereicht, hier aber waren es gleich fünf. Schrrotz und Kureran redeten hastig auf die Soldaten ein, die schnauzten barsch zurück. Das alles in der Pscheridensprache. Die aufgeregte Unterhaltung ging eine Weile hin und her. Alsop lauschte aufmerksam und versuchte, Wörter und Begriffe zu entschlüsseln. Sein Programmgehim speicherte jeden einzelnen Satz und analysierte dazu Gestik und Mimik. Gisol wirkte eher gelangweilt; ungeachtet der drohenden Blastermündungen mit den aktiv glimmenden Abstrahlpolen ließ er sich auf einem Steinbrok-ken nieder und wartete ab. Alsop vermutete, daß Gisol sich nicht im geringsten für die Sprache der Planetarier interessierte. Ihm reichte es wohl, daß sie die Worgunsprache beherrschten, warum sollte er sich dann die Mühe machen, pscheridisch zu lernen? Typisch für die Arroganz, der Mysterious, dachte Alsop auf einem zweiten Gleis, ohne damit den Analyse- und Lernprozeß seines Programmgehims zu stören. Mochte Gisol auch einer neuen Generation angehören, die in Knechtschaft auf gewachsen war - ihm haftete immer noch das alte Denken seines Volkes an, das Bewußtsein, mächtig und allen anderen weit überlegen zu sein. Mußte sich eine solche Denkweise nicht zwangsläufig entwickeln und von Generation zu Generation starker werden, wenn man ganze Galaxien beherrschte und mit Sternen spielte wie Menschenkinder mit Fußbällen? Warum sollte der Herr die Sprache der Sklaven erlernen, wenn der Sklave doch die Herrensprache erlernen mußte? Eine Ausnahme war das römische Reich gewesen, in dem griechische Sklaven als Lehrer tätig wurden und den Römern ihre Sprache und auch ihre Philosophen und wissenschaftlichen Er kenntnisse nahebrachten. Aber das Imperium Romanum war untergegangen wie alle Staaten und Reiche, die irgendwann zu groß wurden und an dieser Größe zerbrachen. Auch das Reich der Mysterious war zerbro chen, weil es trotz oder wegen seiner Größe die Gefahr, die von den Zyzzkt ausging, zu spät erkannt hatte! Und nun waren die Zyzzkt die Herren und die Mysterious die Sklaven... Sklaven, die unterdrückt wurden und deren Elite von den Zyzzkt auf deren Planeten geschafft wurde, um für diese vermehrungswütige und gewaltsam expandierende Insektenrasse zu arbeiten und zu erfinden. Aber Gisol, der Rebell, Gisol, der Schlächter, wie er von den Insektoiden und sogar von vielen Angehörigen seines eigenen Volkes genannt wurde, hatte sich vom Joch der Zyzzkt befreit. Und er dachte in den Bahnen seiner mächtigen Vorfahren. Alsops Programmgehim hatte noch längst nicht genug Informationen, als die hektische Unterhaltung zwischen Soldaten und Bauern abbrach und einer der Posten in ein Vipho sprach, genauer in ein Gerät, das einem terranischen Vipho extrem ähnlich sah. Wenig später erschien ein Antigravschweber der pscheridischen Streitkräfte. »Einsteigen!« befahl der Unteroffizier, der den Schweber angefordert hatte, und wies mit dem Biaster auf die sich öffnende Luke. »Geht's vielleicht auch ein bißchen höflicher?« fragte Alsop in Worgunsprache. »Und was soll das jetzt werden, wemfs fertig ist?« »Einsteigen!«, wiederholte der Unteroffizier. »Nuschele ich, oder willst du mich nicht verstehen, Soldat? Wir 38 sind nicht eure Feinde, sondern die da oben in ihren Raumschiffen, die eure Städte und Dörfer
vernichten, und diese beiden gehören zu eurer Art und wollen Soldaten werden.« Er wies auf
Schrrotz und Kureran. »Also solltest du zu uns allen ein wenig freundlicher und höflicher sein.
Muß ich meine Frage wiederholen?«
»Ein...«
Gisol erhob sich von seinem Steinbrocken. Er tat es mit extremer, bedrohlicher Langsamkeit.
Dabei veränderte er seine Gestalt und achtete nicht darauf, daß seine Kleidung diesen Verände
rungsprozeß nicht mitmachte, sondern aufs Stärkste beansprucht wurde, als er sein Aussehen
einem Pscheriden annäherte. Der Soldat bekam große Augen.
»Ein Hoher...?« keuchte er auf. »Dir seid wirklich Hohe?«
»Wie kommst du denn darauf, mein Junge?« fragte Gisol spöttisch.
»Nur Hohe sind in der Lage, ihr Aussehen nach Belieben zu verändern.«
»Dann sollte dir klar sein, aus welchem Grund du das Zauberwort >bitte< verwenden solltest,
und daß du und deine Leute uns ständig mit ihren Blastem bedrohen, ist auch nicht gerade ein
Zeichen von Freundschaft.«
»Ich sagte doch wiederholt, daß es sich um Hohe handelt«, quengelte Schrrotz. »Sie sind
zurückgekehrt aus dem Nichts, um zu helfen und die Macht der Zyzzkt zu brechen! Jetzt
endlich glaubst du es?«
Der Unteroffizier steckte seine Waffe ein.
»Bitte einsteigen«, preßte er hervor. »Ihr werden zu meinen Vorgesetzten geleitet, wenn euch
das recht ist. Hohe!«
»Es ist recht«, gewährte Gisol huldvoll.
Allein für seinen Tonfall hätte Alsop ihm gern einen Tritt in den Hintern verpaßt. Aber das
wäre in dieser Situaüon sicher nicht hilfreich gewesen.
Nacheinander bestiegen sie den Schweber, in dem sich ebenfalls eine Handvoll pscheridischer
Soldaten befand. Die Luke wurde
geschlossen, die Maschine hob ab und strebte im Bodenfolgeflug ihrem Ziel entgegen.
ERINNERUNGEN: Terra, Anfang Juni 2056 Cybemetic organism... Cyborg... Der Cyborg, der halbmechanisierte Supermensch, sollte im Brana-Tal Wirklichkeit werden. Holger Alsop saß Echri Ezbal in dessen äußerst schlicht eingerichteten Privaträumen gegenüber. Auf dem Tisch zwischen ihnen stand ein Tonkrug. Echri Ezbal bot Holger Alsop Wasser als Getränk an. »Wunderbares, klares Quellwasser, Holger«, sagte der Alte, und seine blauen Augen forderten den jungen Mann auf, zu trinken. Aus einer handgefertigten Ton schale, die nach den Worten des Alten fast zweihundert Jahre alt sein sollte, nicht aus einem Plastikbecher. Echri Ezbal hatte ihm die große Cyborgstation gezeigt. Er hatte ihm von allen Geheimnissen des Brana-Tals erzählt. Er hatte mit ihm aber auch eine Nische betreten, die im schwachen Rotlicht lag, und stumm auf eine von innen beleuchtete Tafel gewiesen, auf der Namen standen. Und hinter jedem Namen eine Zahl. Eine Zahl, die angab, im welchem Alter der Träger des Namens gestorben war. 22 Jahre, 23, 27, 21 - kein einziger Dreißigjähriger. »Sie alle wußten, daß ihre Chancen nicht groß waren, Holger«, hatte Ezbal gesagt, »und jeder liebte das Leben. Dennoch kamen sie alle freiwillig, und jeder blieb freiwillig.« Ich nicht, hatte Holger Alsop gedacht. Ich werde einen Weg zur Flucht finden! Und nun saß er Echri Ezbal gegenüber und trank aus einer Tonschale Wasser. Plötzlich senkte er die Schale. Trank er gar kein reines Quellwasser, sondern eine Mixtur, in der sich ein würzig schmeckendes Sedativum befand? War dieses Mittel für seine plötzliche innere Ruhe verantwortlich? Das Gesicht des hageren Alten zeigte den Anflug eines Lächelns. Er erhob sich, ging zum Tonkrug, nahm die zweite Schale und füllte sie mit Wasser, um dann wie Alsop zu trinken. Danach klang seine Stimme wieder auf. »Holger, Sie haben den Mann mit der künstlichen Lunge gesehen. Einen anderen mit einem doppelten Kreislauf. Wieder einen anderen mit einem zweiten elektronischen Gehirn. Ich weiß, daß ich Ihnen mit dieser Besichtigung fast zuviel zugemutet habe, doch wäre es nicht noch schrecklicher gewesen, Sie auf Raten mit der Wirklichkeit vertraut zu machen?« In Holger Alsop meldete sich wieder Protest. »Man hat mich und alle anderen Freiwilligen hereingelegt. Bei jeder Meldung zu einem Himmelfahrtskommando wären meine
Überlebenschancen hundertmal größer gewesen!« Echri Ezbal schüttelte leicht den Kopf. »Holger, habe ich Ihnen nicht gesagt, daß Sie zu den glücklichen Menschen zählen würden, die ein paar hundert Jahre alt werden können? Ich habe nicht gescherzt. Sie haben keine Frage?« »Ich denke an die Toten, Ezbal!« »Jeden Tag besuche ich die Nische, und ein Gebet, Ohm mani padme hum, kommt über meine Lippen. Sie starben, wie jeder Mensch einmal sterben muß. Die hier gestorben sind, wären zur selben Zeit auch an jedem anderen Ort der Erde gestorben. Sie verließen dieses Leben nicht durch unseren Eingriff, sondern weil sie nicht lebensfähig waren.« »Das glaube ich Ihnen nicht, Ezbal.« »Dir gutes Recht, Holger. Kommen Sie...« Wieder führte er ihn durch lange Gänge, wieder umgab sie überall Ruhe. Nur ihre eigenen Schritte waren zu hören. Und dann standen sie im Freien. Vor ihren Füßen zog sich ein langes, schmales Band aus Plastikbeton entlang. Eine Gruppe junger Männer trieb Leichtathletik. »Holger, sehen Sie den großen blonden Mann? Er trägt eine lichtundurchlässige Binde vor den Augen und bewegt sich dennoch wie ein Sehender. Er sieht auch. Er sieht über sein zweites Augenpaar. Er sieht im Dunkehl. Nur wenn sie ihn mit Blei umpanzern, kann er nichts mehr sehen. Vorgestern wurde ihm das zweite Augenpaar eingesetzt. Möchten Sie mit ihm sprechen?« »Ist dieser Mann ein Cyborg?« »Nein, den Cyborg gibt es noch nicht. Diese Männer werden nie Cyborgs werden. Sie eignen sich nicht dazu. In zehn Jahren werden wir vielleicht soweit sein, auch sie dazu machen zu können. Heute bringen sie noch nicht die innere Einstellung zu dieser Umformung mit.« Alsop lachte auf. »Ich vielleicht, Ezbal? Ich mit dieser ohnmächtigen Wut in meinem Innern?« »Und doch stehen Sie ganz gelassen neben mir. Sie glauben in mir immer noch einen wahnwitzigen Forscher zu sehen, der aufgrund seines fanatischen Ehrgeizes gesunde Menschen auf dem OP-Tisch hat sterben lassen! Ich kann Ihre Gedanken erraten, Holger. Ich freue mich, daR Sie innerlich vor Wut toben und äußerlich so ruhig wirken. Menschen wie Sie benötigen wir im Brana-Tal, um den Cyborg entstehen zu lassen. Den Cyborg mit einer Lebenserwartung von vierhundert bis fünfhundert Jahren. Und wenn das Schicksal es besonders gut mit Ihnen meint. Holger, dann werden Sie auch zu denjenigen gehören, die in den Phant gehen können.« »Was heißt das, in den Phant gehen?« fragte Alsop und betrachtete den Alten wieder, der in die Feme blickte und mit offenen Augen zu träumen schien. »Das erfahren Sie später. Holger. Das erfahren Sie, wenn Sie ein Cyborg sind. Dann wird man Ihnen erklären, was phanten ist.« »Dann werde ich es nie erfahren!« »Doch! Aber Sie wollen den Mann mit der Binde vor den Augen gar nicht sprechen! Kommen Sie, ich habe Ihnen etwas anderes zu zeigen... einen Verunglückten, den man per Transmitter gebracht hat. Vor vier Tagen. Er hatte beide Arme und das linke Bein bis 42 zum Knie verloren. Sehen Sie sich diesen Menschen an.« Und dann stand Holger Alsop neben dem Bett des Verunglückten. Er hatte sich darauf vorbereitet, einen Menschen zu sehen, der entweder in tiefer Bewußtlosigkeit dahindämmerte oder durch Medikamente schmerzfrei gemacht worden war. Statt dessen sah er einen dreißigjährigen Mann, der ihn fragend und auch etwas neugierig anblickte. Bis zum Kopf mit einem Plastiktuch zugedeckt, wirkte er wie jemand, der lange und gut geschlafen hatte und nun bereit war aufzustehen. Holger Alsop wußte, daß man jedem Menschen das Sterben leicht machen konnte. Millionen, die von der Lebensbühne abtreten mußten, hatten eine jener winzigen Kapseln geschluckt, um mit einem Gefühl der Erleichterung den Schritt ohne Wiederkehr zu tun. Aber dieser Mann sah gesund aus; er befand sich in keiner euphorischen Stimmung. Echri Ezbal trat neben Alsop, zog das Plastiktuch etwas zurück und legte den Oberkörper des Verunglückten frei. »Sehen Sie sich alles genau an. Holger«, forderte ihn der Alte auf. Er deutete nach rechts und links, wo jeweils eine durchsichtige, hohle Plastikprothese an den Schultergelenken angeschlossen war. Jede hatte die Form eines menschlichen Armes. Die Hand war vollkommen nachgebildet. Aber das alles sah Alsop kaum. Er hielt den Atem an. Das, was er einmal als Gerücht vernommen hatte, schien hier eine Tatsache zu sein. Dem Verunglückten wuchsen die Arme nach! »Und wie sieht es mit dem linken Bein aus, Shangane?« fragte Ezbal den Verunglückten und legte nun auch dieses Glied frei. Das gleiche Bild. Auch an der Außenseite dieser durchsichtigen Hohlprothese befand sich ein langgestrecktes, verkapseltes Gerät, von dem
Verbindungen in den Hohlraum der Prothese führten. »Holger«, sagte Ezbal, als er den Mann wieder zudeckte, »wir haben dabei nicht allzuviel zu tun. Den größten Teil der Arbeit, die Bildung neuer Glieder, hat der Körper dieses Mannes selbst übernommen. Wir haben nichts anderes getan, als den Bauplan der or ganisierten Zellen zu erstellen, um den komplexen Vorgang sich Molekül um Molekül nachbauender Zellen zu steuern. Sie sehen mich immer noch zweifelnd an. Nein, Holger, wir sind keine Zauberkünstler. Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt. Der menschliche Körper ist potentiell eine unzerstörbare, sich fortwährend selbst regenerierende Einheit. Bei Untersuchungen entdeckte man, daß der Mensch die Fähigkeit, amputierte Glieder nachwachsen zu lassen, mit der Geburt nicht verloren hat. Diese Anlage schlummert in jedem Menschen.« Sie verließen das Krankenzimmer. Wieder saßen sie sich in dem einfach eingerichteten Privatraum gegenüber. Frisches Quellwasser befand sich in den Tonschalen vor ihnen. »Der Cyborg wird kein Ungeheuer sein, Holger. Er wird auch nicht ewig leben können. Aber seine Lebenserwartung wird bedeutend größer sein, weil sein Cybernetic organism ein ständiger genetischer Eingriff ist, der die Alterungsprozesse seines Körpers beherrscht und zum Positiven hin steuert. Holger, Sie haben noch einige Tage Zeit, sich mit unserer Arbeit in der Cyborg-station vertraut zu machen. Vielleicht schenken diese Tage Ihnen das Vertrauen in unsere Arbeit, das sie benötigen werden, um Ihre Freiwilligenmeldung vor einem Gremium noch einmal zu wiederholen.« Die werdet ihr nie von mir hören, dachte Holger Alsop. GEGENWART P sehend, Ende April 2059
Der A-Gravschweber brachte Alsop und die anderen in den Gefechtsstand der in diesem Gebiet operierenden Truppen der psche-ridischen Heimwehr. Dieser lag an einem Berghang oberhalb einer Ebene. Der Flug hierher hatte nur wenige Minuten gedauert; zu 44 Fuß hätten sie Stunden benötigt. Die Umgebung war unwirtlich und schwer begehbar. Alsop fragte sich ernsthaft, weshalb diese Ödnis umkämpftes Gebiet sein sollte - aber militärische Logik hatte schon immer eigenen Gesetzen gehorcht. Derweil fragte sich Gisol, woher die Pscheriden wußten, daß die Hohen - die Worgun - ihre Gestalt wandeln konnten. Auch Alsop war darüber etwas verblüfft, daß allein aus Gisols Verwandlung sogar die beiden Bauern geschlossen hatten, es mit Worgun zu tun zu haben. Denn an der Sprache allein lag es sicher nicht. Die schien auf Pscherid als Zweitsprache durchaus geläufig zu sein. »Soweit ich weiß, haben wir uns fremden Völkern immer nur in einer bestimmten Form gezeigt«, grübelte Gisol. »Zum Beispiel den Bewohnern Nais als Humanoide, dem Aussehen der Salter entsprechend...« »Und ihr habt bei eurem Verschwinden aus Nai nichts zurückgelassen, nicht das kleinste Detail, aus dem man Rückschlüsse auf euer wirkliches Aussehen hätte ziehen können«, ergänzte Alsop. »Außer vielleicht die Raumanzüge und die Ergonomie der technischen Gerätschaften, die auf Humanoide hindeuteten.« »Deshalb verstehe ich es nicht«, grübelte der Mysterious. Aber weit kam er mit seinen Gedanken nicht mehr, weil das Ziel unmittelbar vor ihnen auftauchte. »Aussteigen«, schnarrte einer der Soldaten, als der Schweber landete. »Müssen wir hier denn jedem einzelnen die elementarsten Grundlagen der Höflichkeit beibringen?« knurrte Gisol verdrossen. »Wir sind nicht eure Feinde, wir sind nicht eure Gefangenen, wir sind nicht eure Untergebenen. Also behandelt uns mit dem gleichen Respekt, mit dem wir euch behandeln.« Als Mensch hätte sich Alsop in diesem Moment ein spöttisches Grinsen nicht verkneifen können, als Cyborg nahm er die Worte des Mysterious so hin, wie dieser sie sagte. »Steigen Sie bitte aus.« »Schon besser«, stellte Gisol fest und verließ als letzter den Schweber. Man ließ ihnen nicht viel Zeit, sich umzusehen. Die vier Ankömmlinge sollten zum kommandierenden General gebracht werden, der hier die Heimatverteidigung gegen die Invasoren aus dem Weltraum leitete. Nur hatte der für sie momentan keine Zeit. »Sie müssen hier warten«, wurde ihnen bedeutet und der Zutritt in die Abwehrzentrale verwehrt, die aus einem in den Fels eingelassenen Bunker bestand. »Bleiben Sie möglichst in
Deckung und halten Sie die Köpfe unten«, kam ein abschließender Ratschlag.
Der hatte durchaus etwas für sich. Blaßrote Nadelstrahlen flammten durch die Luft, fauchende
Energiefinger, die Luftmoleküle einfach in Energie umsetzten, ehe sie ihr Ziel erreichten.
Genauer gesagt, sie erreichten ihre Ziele nicht ganz.
Sie trafen auf Energieschirme, an denen sie regelrecht zersprühten.
Überall flammte es auf.
Alsop versuchte sich ein Bild zu machen. Dazu durfte er den Kopf allerdings nicht unten
halten, weil er auch mit seinem Zweiten System nicht durch feste Barrieren sehen konnte. Aber
der Gefechtsstand der Pscheriden war ebenso durch einen Energieschirm geschützt wie die
anderen Ziele, die unter Nadelstrahlbeschuß lagen.
Woher kam dieser Strahlangriff?
Nicht aus der Luft!
Diesmal waren es keine Flash, die von Zyzzkt geflogen wurden. Diesmal handelte es sich um
Bodentruppen.
Unitallpanzer rollten an.
Alsop sah sie.
Vergleichbar mit den Panzern auf W-4, verriet ihm sein Pro-grammgehim über die
Rückschaltphase und lieferte gleich Daten mit; Bilder, die die Mysteriouspanzer zeigten, die
auf dem Planeten W-4 im Ika-3S-System gegen einen imaginären Feind aufmarschiert waren,
ehe eine Planetenbombe diese Welt zerstört hatte.
46 Holger Alsop war damals nicht an Bord der POINT OF gewesen, aber die Aufzeichnungen waren seinem Programmgehim später überspielt worden und zählten seither zu den abrufbaren Informationen seiner Datenbank. Die Unitallpanzer, die hier anrollten, glichen denen, die es auf W-4 gegeben hatte! Nur handelte sich um zwei verschiedene Gala-xien, und in diesen Panzern auf Pscherid befanden sich garantiert keine M-Roboter, sondern Zyzzkt! Sie kamen über die Ebene, und sie feuerten pausenlos auf die Stützpunkte und Schanzen der Pscheriden. Immer wieder flammten die blaßroten Nadelstrahlen über das Gelände und schlugen über viele Kilometer hinweg in die Energieschirme, welche die pscheridischen Stellungen schützten. Diese Schirme waren offenbar ähnlich aufgebaut wie der terranische Kompaktfeldschirm. Sie hielten dem Beschuß stand. Noch... Aber das konnte auf Dauer nicht funktionieren. Die feindlichen Panzer waren in ständiger Bewegung und versuchten immer wieder, in noch bessere Schußpositionen zu gelangen. Es sah so aus, als hätten sie die Schutzschirme der Pscheriden zuerst unterschätzt und bemühten sich jetzt, einen Weg zu finden, um sie zu durchbrechen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es ihnen gelang. Alsop hörte Befehle. Der pscheridische General ließ die Zeit, welche die Zyzzkt dafür brauchten, nicht ungenutzt verstreichen. Er startete seine eigene Vemichtungsmaschinerie. Noch während die Unitallpanzer versuchten, sich in die günstigsten Schußpositionen zu manövrieren, gab der General den Befehl zum Gegenschlag. Werfer schössen unscheinbar aussehende Granaten auf die Panzer ab. Die Werfer arbeiteten nicht mit chemischen Treibsätzen, sondern mit Energiefeldem. Eine Granate nach der anderen wurde abgefeuert, zwischen den feindlichen Nadelstrahlen hindurch. Alsop sah zu Gisol hinüber. Der Worgun wirkte angespannt und in seiner Gestalt regelrecht verzerrt. Welchen Zorn mußte er ver spüren angesichts der Waffen, die die Zyzzkt gegen die Pscheriden einsetzten - Waffen, die sein Volk einst entwickelt hatte! Waffen, die hier von seinem größten Feind mißbraucht wurden! Alsops Augen waren über sein Zweites System auf Tele geschaltet. Er sah die Bomben, als befänden sie sich unmittelbar in seiner Nähe, und er sah, wie sie zwischen die Panzer fielen, ohne auch nur einen von ihnen zu treffen. Wurden sie von unsichtbaren Kraftfeldern abgewehrt und abgelenkt? Daß es so eklatante Fehlschüsse gab, konnte Alsop sich weder als Mensch noch als Cyborg vorstellen, wenn er das technische Niveau der Pscheriden in Betracht zog. Aber keiner der Unitallpanzer wurde getroffen! Die Bomben fielen zwischen ihnen einfach auf den Boden. Es gab keine Explosionen, es gab nichts. Doch - sie lösten sich auf! Sie schwanden dahin!
Es gab keinen Knall, kein Feuer.
Keine Wirkung!
Oder...?
Doch - es mußte eine Wirkung geben, weil die Panzer plötzlich stehenblieben!
Sie rollten auf ihren Gleisketten nicht mehr weiter, ihre Geschütze jagten keine Nadelstrahlen
mehr in Richtung pscheridischer Kampfstellungen!
Der Panzerangriff kam zum Stehen.
Aber damit begann das Chaos erst...
Aus bisher getarnten Schützengräben und Löchern, die selbst Alsop nicht erkannt hatte,
stürmten jetzt pscheridische Soldaten hervor. Bei den Panzern regte sich nichts. Es gab kein
Abwehrfeuer. Die Soldaten rannten wie blind auf die Kampffahrzeuge zu.
48 Sie turnten an ihnen empor. Einige von ihnen hantierten an den Einstiegs- und Sichtluken.
Sind die lebensmüde? fragte sich Alsop, aber auch sein Zweites System konnte ihm darauf
keine Antwort geben, weil das Handeln dieser Soldaten einfach nicht zu berechnen war. Da
flogen Luken auf, Pscheriden beugten sich vor und feuerten aus allen Handstrahlwaffen
blindlings ins Innere mehrerer Panzer!
Sie forderten die Insassen nicht zur Kapitulation auf - sie schössen sofort!
Sie ließen ihren Feinden keine Chance!
Auch hier gab es keine Gegenwehr. So, wie die Panzer nicht auf die heranstürmenden Soldaten
geschossen hatten, schössen auch jetzt die Insassen nicht durch die aufgerissenen Luken nach
draußen zurück.
Befanden sich Roboter im Inneren, deren Programm diese Art der Verteidigung nicht vorsah?
Oder waren die Kampfwagen leer und wurden femgesteuert?
Welchen Grund hatten dann aber die Pscheriden, in die Panzer hineinzuschießen? Offenbar
war deren Technik blockiert, sie hätten die Kampffahrzeuge also problemlos unter ihre eigene
Kontrolle nehmen können.
Alsop sah, wie andere Soldaten einfach Thermoladungen an die Panzer setzten.
Haftsprengsätze, die sofort zündeten. Die Pscheriden sprangen von den Panzern ab und rannten
davon. Es wirkte grotesk, welche Laufgeschwindigkeit diese kleinen Riesen auf ihren kurzen
Beinen entwickeln konnten.
Während sie Deckung hinter anderen Kampfwagen oder in der Landschaft suchten, brannten
die Thermoladungen unter ultraheller Peuerentwicklung mit fast 150 000 Grad Celsius Löcher
durch die Panzerung, um dann im Inneren Zerstörungen anzurichten. In schneller Folge
explodierten die Panzer.
Der Schmelzpunkt von Unitall liegt bei 143 750 Grad Celsius, teilte Alsops Programmgehim
ihm so nüchtern mit, wie es vorher anhand der Helligkeitsentwicklung des Feuerwerks die
Temperatur
der Haftladungen ermittelt hatte.
Die Pscheriden wußten verdammt genau, wie sie Unitall knakken konnten!
Und die Angreifer wußten verdammt genau, daß sie verloren hatten.
An einigen Panzern, um die die Pscheriden sich bisher noch nicht gekümmert hatten, flogen die
Luken auf, und zum ersten Mal sah Holger Alsop Zyzzkt vor sich - Zyzzkt, die er nur aus Be
schreibungen Gisols und der Römer von Terra Nostra kannte. Er sah diese Insektenwesen, wie
sie aus den Panzern herauskletterten und ihre Arme weit ausstreckten, um zu zeigen, daß sie
waffenlos waren und nicht mehr kämpfen wollten.
Zyzzkt, die sich ihren Bezwingern ergaben!
Aber diese Bezwinger eröffneten sofort das Feuer.
Blasterstrahlen fauchten den Zyzzkt entgegen und mähten sie nieder.
»Nein!« wollte Alsop schreien, der Faktor Mensch im Cyborg, aber im Bereich des Zweiten
Systems wurde dieser menschliche Faktor abgedämpft, und das Programmgehim erklärte ihm
lapidar, daß er gegen diesen Massenmord an Wehrlosen so oder so nichts unternehmen konnte.
Erstens ging alles viel zu schnell, zweitens hätte er sofort die Pscheriden im Wehrbunker als
Feinde gegen sich gehabt.
Pscheriden mordeten Zyzzkt!
Sie machten keine Gefangenen!
Gnadenlos metzelten sie ihre Gegner nieder, obgleich diese deutlich zu verstehen gaben, daß
sie kapitulierten!
Innerhalb weniger Minuten war alles vorbei.
Ruhe kehrte ein. Das Schlachtfeld war befriedet.
Ein Schlachtfeld im wahrsten Sinne des Wortes - mit radikal abgeschlachteten Gegnern... und
in diesem Moment war Alsop froh, daß sein Zweites System die Kontrolle über seinen Körper
hatte.
Er hätte kotzen mögen.
50
3. »Frontier Junction?« wiederholte Dar Soba und erhob sich von seinem Stuhl im Verhörzimmer. »Nie gehört. Wo liegt dieser Ort?« »Auf Xing IV«, lautete die knappe Antwort des Leiters der Galaktischen Sicherheitsorganisation. »Xing?« Der Tel blieb vor der noch geschlossenen Zimmertür stehen. »Moment mal, soweit ich informiert bin, liegt das Xing-System im Sternhaufen Craxath, etwa 1500 Lichtjahre von diesem Sonnensystem entfernt. Ich habe angenommen, mein Versteck würde sich auf Terra befinden.« »Zu unsicher«, erklärte Eylers ihm. »Planet Xing IV wurde von der Junction Mining Corporation in Besitz genommen. Beinahe jeder Einwohner von Frontier Junction, der bislang einzigen Stadt auf diesem abgeschiedenen Kolonialplaneten, arbeitet für die Minengesellschaft. Niemand wird auf den Gedanken kommen, daß Sie sich ausgerechnet dort aufhalten, weder Ihre Regierung noch die Rebellen.« »Klingt vernünftig«, meinte Dar Soba. »Als vorübergehender Aufenthaltsort mag Xing akzeptabel sein, aber auf Dauer möchte ich dort nicht leben müssen.« »Brauchen Sie auch nicht. Sobald über Ihren Asylantrag entschieden wurde, reden wir über Ihre neue Identität und Ihren künftigen Wohnort. Es sei denn, die ganze Angelegenheit hat sich bis dahin von selbst erledigt.« »Wie... wie meinen Sie das?« fragte der Tel verunsichert. »In letzter Zeit werde ich das Gefühl nicht los, es gibt eine undichte Stelle in meiner Organisation«, raunte Eylers ihm zu. »Ein Verräter?« »Einer - oder sogar mehrere. Dieselben kriminellen Elemente, die für das spurlose Verschwinden Ihres Diplomatenpasses verantwortlich sind. Dar Soba, könnten sowohl der TelRegierung als auch der Rebellenorganisation einen anonymen Tip geben, Ihren geheimen Aufenthaltsort betreffend. Wer von beiden wird wohl schneller auf Xing eintreffen?« Dar Soba kehrte zurück zu seinem Stuhl und setzte sich hin. »Verstehe«, sagte er. »Offenbar habe ich Sie unterschätzt, Ey-lers. Um Ihre Ziele zu erreichen, gehen Sie über Leichen.« »Manchmal schon«, räumte der GSO-Chef ein. »Kommt ganz auf die Leiche an. Werden Sie jetzt reden?« Der Tel nickte ~ eine Geste, die er sich während seiner Tätigkeit auf der Erde abgeguckt hatte. »Wo war ich stehengeblieben?« fragte er. »Die versprengten Rebellentrüppchen, welche Terra offensichtlich noch immer als Hauptgegner des Telin-Imperiums sehen, benötigen Geld, um sich auf Cromar neuzustrukturieren«, half Eylers ihm auf die Sprünge. Soba berichtete, daß die Erfindung des Sensoriums einem auf Cromar lebenden Wissenschaftler namens Fok Leto zuzuschreiben war. Der Vank und die Behörden ahnten nicht, daß Leto in Verbindung zu den Rebellen stand. Nachdem er seinerzeit die Senso riumstechnik zum Patent angemeldet hatte, hatten die Tel-Rebellen auf Terra über einen Strohmann Sensorium Incorporated gegründet. Die Gewinne dieses Unternehmens flössen seither größtenteils in die Kassen der Rebellenorganisation. Anfangs hatte es sich um völlig legale Geschäftsgewinne gehandelt - bis es Fok Leto gelungen war, Vollchips zu erschaffen, die alle Sinne ansprachen und zudem süchtig machten. Damit konnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen wurde nun noch mehr Gewinn eingefahren, zum anderen ließen sich die Süchtigen nach Belieben wie Marionetten dirigieren. Auf lange Sicht war geplant, über die Vollchips Druck auf angesehene Persönlichkeiten in der terranischen Politik und Wirtschaft auszuüben und letztlich das gesamte System zum Einsturz zu bringen. Bernd Eylers sprach den aussagewilligen Tel direkt auf die Fortschrittspartei an. (Stranger hatte ihn über seine Notizen zum »Chip
52 Nummer eins« unterrichtet.) Dar Soba versicherte glaubwürdig, nichts von einer Verbindung zwischen der Fortschrittspartei und den Tel-Rebellen zu wissen. Im weiteren Verlauf des Verhörs beteuerte er immer wieder seine Unwissenheit zu diesem Thema. Auch sonst war augenblicklich nicht mehr viel aus ihm herauszuholen. Soba war lediglich ein kleines, unscheinbares Rädchen im Rebellengetriebe, das sich über einen längeren Zeitraum hinweg nur sehr langsam gedreht hatte. Erst seit der Verbreitung des Sensoriums auf Terra bewegte es sich schneller - und nun war es von der GSO ausgebremst worden. Nach hartnäckigem Nachfragen nannte Soba noch eine Adresse in Beverly Hills, angeblich das einzige Aufnahmestudio auf Terra, das Programme für die Intensivchips produzierte. Gegen Morgen beendete Eylers die Vernehmung fürs erste und ließ den Tel für weitere Verhöre in die GSO-Zentrale nach Alamo Gordo bringen. Was Dar Soba nicht ahnte: Mit Billigung des GSO-Leiters hatte Wachroboter Clint die gesamte Vernehmung aufgezeichnet und somit Terra-Press brisantes Exklusivmaterial verschafft.
In der äthiopischen GSO-Automatenkantine trafen sich Stranger und Eylers zu einer Abschlußbesprechung. Der Reporter hatte das Gespräch mit dem Tel übers Armbandvipho verfolgt, da Clint ihm Bild und Ton live übertragen hatte. Selbstverständlich hielt sich auch der Roboter in der ansonsten leeren Kantine auf. »Ich habe bereits über Funk eine GSO-Truppe nach Beverly Hills geschickt, um das Studio auszuheben«, teilte Eylers seinem Gesprächspartner mit. »Wir werden alles daransetzen, den Verbrechern das Handwerk zu legen. Die Produktion der Intensivchips muß auf der Stelle unterbunden werden.« Stranger ging sogar noch einen Schritt weiter. »Man müßte die Sensoriumstechnik komplett verbieten.« Eylers pflichtete ihm darin bei. Beiden Männern war jedoch klar, daß sich ein solches Verbot nur schwer würde durchsetzen lassen. »Eins ist mir noch immer nicht klar«, sagte Bernd Eylers nachdenklich. »Welche Verbindung besteht zwischen der Intensivchipproduktion und der Fortschrittspartei? Wird die Partei wirklich von den Tel-Rebellen unterstützt oder beeinflußt? Oder existiert noch eine zweite kriminelle Gruppierung, die sich das Sensorium für ihre Zwecke nutzbar macht?« Bert Stranger konnte nur mit einem Schulterzucken dienen. Er schlug vor, die Unterredung zu beenden und eine Mütze voll Schlaf zu nehmen. Eylers stimmte zu, auch er war hundemüde. »Nur eine Bitte habe ich noch. Stranger. Das mit dem verschwundenen Diplomatenpaß wird nicht über Ihren Sender ausgestrahlt, klar?« »Klar«, bestätigte der Journalist. »Jeder Mensch hat seine kleinen Geheimnisse. Wir beide müssen schließlich zusammenhalten, wie es sich für ein gutes Team gehört.« Eylers verspürte einen leichten Stich. Die kumpelhafte Art des Reporters bereitete ihm Unbehagen. Stranger und er ein Team? Nein, danke! Sobald die zeitweise Zusammenarbeit mit ihm beendet war, würde er wieder mehr auf Distanz zu ihm gehen.
Bei ihrem rücksichtslosen Angriff auf die Erde im Jahr 2051 hatten die Giants vor nichts und niemandem haltgemacht. Zahlreiche wertvolle Kulturdenkmäler, darunter viele uralte Kirchen, waren damals ihrer Zerstörungswut zum Opfer gefallen. Ortschaften, die auf keine jahrhundertealte Kultur zurückblicken konnten, hatten hingegen »nur« ihre Verkehrsnetze, Geschäftsgebäude und Wohnhäuser eingebüßt - Ersetzbares, das inzwischen größtenteils wie der neu errichtet worden war. 54 Auch den idyllischen Straßen, malerischen Villen und prächtigen Gärten in Beverly Hills merkte man heute nicht mehr an, wie sehr diese Region einst unter den Angriffen gelitten hatte. Das Geld, das hier wohnte, hatte einen schnellen Wiederaufbau möglich gemacht. Mittlerweile erstrahlte der Ort in seiner alten Pracht, als hätte es die schlimmen Zeiten nie gegeben. Die Mär, man könne ausschließlich durch ehrliche Arbeit steinreich werden, erzählte längst kein Großvater seinem Enkel mehr. Nicht wenige Bewohner von Beverly Hills waren von Geburt an vermögend. Andere wiederum hatten überraschend geerbt beziehungsweise in der Lotterie gewonnen. Manch einer hatte sich rücksichtslos nach oben geboxt und sich einen
Dreck um die zerstörten Existenzen geschert, die seinen Karriereweg pflasterten. Und auch diejenigen, die sich ihr Geld auf kriminelle Weise verdienten, fehlten in jener vornehmen Gegend nicht. Zweifelsohne lag in einigen Villen die sprichwörtliche »Leiche im Keller« obwohl die meisten Häuser dort überhaupt nicht unterkellert waren. Nicht alle Bewohner pflegten private Kontakte zu ihren Nachbarn. Den gebürtigen Pariser Guy de Gobert, der vor wenigen Monaten eine der ansehnlichsten Villen am Ortsrand erworben hatte -Plowerstreet Nummer 17 - hatte bislang noch niemand zu Gesicht bekommen. Hinter seinem Haus befand sich eine hohe Mauer, und vor dem Villengebäude erstreckte sich ein großer, von dichten Hecken sichtgeschützter Garten, in dem vier deutsche Doggen frei herumliefen, so groß wie Ponys, aber nicht so friedfertig. Besucher aus der Nachbarschaft wurden per Lautsprecheranlage gleich vorn am Gittertor abgewimmelt. Das bedeutete jedoch nicht, daß sich der Millionär grundsätzlich von der Außenwelt abschirmte. Das Gegenteil war der Fall. Auf seinem Grundstück herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, insbesondere am späten Abend. Über Nacht parkten vor dem Haus mit der Nummer Siebzehn wechselnde Schweber der unterschiedlichsten Preisklassen. Fahr zeuge, denen mitunter skurrile Gestalten entstiegen, die so gar nicht in dieses vornehme Viertel passen wollten. Zudem schien de Gobert, der internen Informationen zufolge bereits auf die Hundert zuging, ein Faible für junge leichte Mädchen zu haben. Offensichtlich gab der nachbarscheue Villenbesitzer eine Party nach der anderen, wobei er bei der Auswahl seiner Gäste nicht wählerisch war — solange sie nicht in seiner Nähe wohnten. Hätte er sein ausschweifendes Leben in einem normalen Mietshaus geführt, hätten die Mitbewohner sicherlich nicht von Partys, sondern von »Orgien« gesprochen, und »Lustgreis« wäre noch die netteste Bezeichnung gewesen, die man ihm im Hausflur an den Kopf geworfen hätte. In Beverly Hills sah man jedoch großzügig darüber hinweg, schließlich hatte jeder ein Anrecht darauf, sein Leben so zu gestalten, wie er es für richtig hielt - solange er genügend Geld hatte, sich das auch leisten zu können. Schlimmstenfalls ärgerte man sich darüber, noch nie eingeladen worden zu sein. Die Männer der GSO, die gegen 22 Uhr Ortszeit durch den schwach beleuchteten Villengarten aufs Haus zuliefen, verfügten ganz sicher über kein Einladungsschreiben. In ihren grauen Trai ningsanzügen waren sie nur schwer auszumachen, ansonsten dienten ihnen Büsche und Bäume als Deckung. Natürlich wurden die Hunde auf sie aufmerksam, doch eine leichte Paralyse genügte, um die Tiere auszuschalten. Bewußtlos lagen die vier Doggen im Gras, als ob sie friedlich schlafen würden. Die Agenten waren lediglich mit leichter Bewaffnung ausgerüstet - sie wollten nur eine Villa erstürmen und keinen Krieg anfangen. Geredet wurde kein Wort, zur Verständigung genügten Handzeichen. Nachdem sich die Grauen rund ums Haus verteilt hatten, verharrten sie an Ort und Stelle und schauten dabei auf ihre Zeitmesser. Vier, drei, zwei, eins... Auf die Sekunde genau drangen sie alle gleichzeitig von mehre 56 ren Seiten in die Villa ein. Fensterscheiben wurden eingeschlagen, Türen eingetreten. Hausgäste, die sich in Fluren und Dielen aufhielten, wurden ohne viel Federlesens mit sanften Betäubungsstrahlen außer Gefecht gesetzt. Die Wirkung würde höchstens ein, zwei Minuten anhalten, aber das genügte bereits, um den Überraschungseffekt zu gewährleisten. Im unteren Stockwerk befand sich ein großer, mit flauschigem Teppichboden ausgelegter Raum, spärlich möbliert. Die Szene, die sich den eindringenden Agenten dort darbot, war so außergewöhnlich, daß sie zweimal hinsehen mußten, um sie zu begreifen. Mitten im Zimmer stand ein etwa fünfzigjähriger Mann, fett, grottenhäßlich, mit Sicherheit alles andere als ein Frauentyp — und zu allem Überfluß auch noch nackt. Er wurde von vier bezaubernden, ebenfalls unbekleideten Frauen gnadenlos angehimmelt, als ob der griechische Jüngling Adonis höchstpersönlich vom Himmel herabgestiegen sei, direkt aus den Armen der schönen Aphrodite. Die Grazien machten sich ungeniert am Körper des Dicken zu schaffen, der die leidenschaftlichen Zärtlichkeiten sichtlich genoß. Sichtlich - und hörbar, denn er schnaufte dabei wie ein kurzatmiges Walroß. Auf dem Kopf trug der Mann eine Art Helm oder Haube, unter der ein paar fettige Haarsträhnen hervorlugten. Rechts und links am Helm war jeweils eine winzige Antenne angebracht. Erst nachdem einige Sekunden vergangen waren, fiel den erstaunten Agenten das Kamerateam auf, das sich im Zimmer positioniert hatte und die pornographische Szenerie von mehreren Sei
ten aufzeichnete.
»Schnitt!« rief ein kleiner schmächtiger Mann, wahrscheinlich der Aufnahmeleiter.
Mit erboster Miene trat er auf die Graugekleideten zu und stemmte provozierend die Fäuste in
die Hüften.
»Was haben Sie hier verloren?« fragte er feindselig. »Sehen Sie nicht, daß hier ein Kunstwerk
gedreht wird?«
Die GSO-Agenten waren nicht gekommen, um Preise zu verleihen. Schweigend verteilten sie
sich im Raum und legten allen Anwesenden Handfesseln an. Die Mädchen und der Dicke
durften sich vorher ankleiden. Der merkwürdige Helm wurde beschlagnahmt.
»Das werden Sie bereuen!« zeterte der Aufnahmeleiter. »Ich kenne den hiesigen
Polizeipräsidenten!«
Zwei der Agenten schauten sich grinsend an. Sie wußten, daß sie nichts zu befürchten hatten,
immerhin handelten sie auf höchste Weisung. Was war schon irgendein Polizeipräsident gegen
den Leiter der GSO?
Inzwischen war auch das obere Stockwerk durchsucht worden. Auch dort hatte der stumme
Trupp Verhaftungen vorgenommen. In zahlreich aufgestellten Feldbetten hatte man Süchtige
aus allen Bereichen des Drogenkonsums vorgefunden, völlig weggetreten von der Wirkung
ihrer Pillen, Spritzen, berauschenden »Drinks« oder Opiumpfeifen. Was genau jeder einzelne
zu sich genommen hatte, ließ sich vor Ort nicht feststellen, dafür waren die GSO-Mediziner
zuständig.
Jeder der Süchtigen trug bei der Festnahme einen jener seltsamen Antennenhelme.
»Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich bei den Helmen um Aufzeichnungsgeräte«,
teilte Bernd Eylers Bert Stranger mit, mit dem er um elf Uhr morgens (Ortszeit Addis Abeba)
beim Frühstück saß -- nach drei Stunden Schlaf und einer anschließenden belebenden Dusche.
»Zumindest hat das die erste Untersuchung ergeben. Für genauere Prognosen ist es noch zu
früh, schließlich sind wir keine Zauberkünstler.«
»Aufzeichnungsgeräte«, wiederholte der Reporter nachdenklich. »Um was aufzuzeichnen?
Gehirnströme vielleicht?«
»Sie denken docJi wohl nicht an ein Gedankeniesegerät? So et
58 was gehört in den Bereich der Science Hction. Zwar hat die terranische Wissenschaft Apparaturen entwickelt, mit denen gewisse Empfindungen sieht- und lesbar gemacht werden können, aber mehr als ein Türchen zur Gedanken- und Traumwelt der Menschen kann man damit nicht öffnen. Das ist auch gut so. In seine Mitmenschen sollte man nur bis zu einem begrenzten Bereich hineinschauen dürfen, der Rest ist tabu.« »Da bin ich ganz Ihrer Meinung, Eylers. Ich vermute, die helmartigen Geräte ertasten mit ihren hochempfindlichen Sensoren sowohl Ängste als auch Hochgefühle der Süchtigen und speichern alles ab. Im Klartext: Man zeichnet ihre Räusche auf - um sie später auf die Intensivchips zu übertragen. Dadurch werden die im Studio gedrehten Holoaufnahmen bei der Ausstrahlung besonders intensiv empfunden, und dieses starke Empfinden regt im Gehirn die Produktion der Suchtstoffe an. Das ist, wie gesagt, natürlich nur eine Vermutung. Alles weitere...« »... können Sie getrost unseren Wissenschaftlern überlassen«, ergänzte der GSO-Leiter den Satz. »Meine Männer haben diverse Aufzeichnungsgeräte und Chips beschlagnahmt. In unseren Labors werden wir schon herausfinden, wie genau das ganze funktioniert, da bin ich mir völlig sicher. Bis es soweit ist, werde ich versuchen, ein Verbot des Sensoriums in die Wege zu leiten. Ach ja, denken Sie bitte daran, daß Sie noch zwei Tage nichts verlautbaren lassen dürfen. Stranger.« Bert grinste. »Das weiß ich, schließlich habe ich Patterson überredet, Ihnen noch eine zusätzliche Frist zu gewähren. - Wissen Sie, was ich merkwürdig finde? Daß im Haus mit der Nummer Siebzehn nur Menschen anzutreffen waren und keine Tel.« »Die abtrünnigen Tel halten sich im Hintergrund, damit man ihnen nichts nachweisen kann. Die GSO wird sie früher oder später aufstöbern; nötigenfalls bitte ich die Tel-Regierung um Hilfe. Verlassen Sie sich darauf. Stranger: Der Sensorium-Spuk hat bald ein Ende!« Ein Ende hatte auch Strangers Aufenthalt in Addis Abeba. Während sich Eylers umgehend daran machte, für die bevorstehende Presseveröffentlichung noch so viele Fakten wie möglich zu schaffen, lagen vor dem Journalisten zwei Tage des süßen Nichtstuns. Zwei Tage, die er mit seiner Neueroberung Veronique de Brun verbringen wollte. Veronique und er waren sich im Verlauf ihres gemeinsamen Hafenabenteuers nähergekommen, und diesen Kontakt wollte Bert
nicht einschlafen lassen. Genauer gesagt: Er war verknallt bis in die Sommersprossen. Clint und Stranger benutzten den Transmitter nach Paris. Von dort aus buchte der Reporter ein Ticket für die Magnetbahn nach Lyon. Zur Weiterfahrt nach dem abgeschiedenen Örtchen Le Puy, wo die zur Wallis-Gruppe gehörige Firma Biotechnologique lag, würde er sich dann einen Schweber mieten. Veronique hielt sich derzeit aus Sicherheitsgründen ständig auf dem Firmengelände auf, auch über Nacht. Sie fürchtete sich vor der Rache der Marseiller Hafengangster, von denen sie in Notwehr zwei getötet hatte. Bert hielt ihre Angst für übertrieben, schließlich hatte er alles darangesetzt, ihren Namen aus der Sache herauszuhalten. Es erschien ihm unwahrscheinlich, daß der einzige Überlebende ihrer Verfolger Veronique erkannt haben könnte. Der Abendzug, der etwa eine Stunde für die Strecke Paris-Lyon benötigte, war gut besetzt. Wie es Strangers Gewohnheit war, ließ er seinen Blick an den Sitzreihen vorbeiwandem und machte sich Gedanken über die anderen Fahrgäste. Mutter mit zwei Kindern. Erwartete sie ihr Ehemann am Zielort? Sie sah unglücklich aus. Mochte sie ihren Mann nicht? Tyrannisierte er sie und die Kinder? War sie wirklich auf dem Weg zu ihm, oder hatte sie ihn gerade verlassen? Pfeiferauchender Greis. Er machte einen entspannten Eindruck. Vielleicht ließ er soeben sein erfülltes Leben vor seinem inneren Auge an sich vorüberziehen. Ob er alleinstehend war? Beabsich 60 tigte er, in Lyon seine Kinder und Enkel zu besuchen? Oder fuhr er weiter nach Marseiile, ans Meer, um seine alten Knochen in der warmen Frühjahrssonne der Cöte d'Azur zu baden? Zwei junge, kichernde Mädchen. Worüber lachten sie wohl? Über ihre Verflossenen? Oder hatten sie in Paris etwas ungeheuer Witziges im Holokino gesehen? Etwa fünfzigjähriger, schlanker Mann mit aktiviertem Senso-rium. Der vernachlässigten Kleidung nach war er höchstwahrscheinlich Junggeselle. Leider ließ sein tiefernster Gesichtsausdruck keine Schlüsse darauf zu, welche Art von Chip er im Gerät hatte - einen normalen oder einen Intensivchip. Bert Stranger kümmerte sich nicht weiter darum. Eylers hatte ihm versichert, daß der Spuk mit den Suchtchips bald vorbei sein würde, und er vertraute ihm. Sein Vertrauen ging jedoch nicht soweit, daß er Eylers verraten hätte, wie er an die Adresse in Addis Abeba gekommen war. Den Namen seines zwielichtigen Informanten Osman Mülyz gab er nicht preis. Mülyz war ein Verbrecher übelster Sorte, doch Stranger stand bei ihm im Wort. Er würde ihn nicht verraten, sondern irgendwann und irgendwo selbst mit ihm abrechnen. Deshalb hatte er sich auf seine journalistische Schweigepflicht berufen - so wie sich Bernd Eylers auf seine Schweigepflicht berufen würde, wenn die Tel wegen Dar Soba nachfragen würden. Der Journalist nahm in der Magnetbahn Platz. An der Rücklehne seines Vordermannes war ein Kopfhörer angebracht. Wahlweise konnte man Entspannungsklänge vom Band hören oder sich in aktuelle Musik- und Nachrichtenkanäle einklinken. Bert bevorzugte einen ihm bekannten Sender, der rund um die Uhr Live-Musikwünsche der Hörer erfüllte. »Sie hörten gerade >More Wine< von der aufstrebenden jungen Girlsgroup >CountryMore Wine< zählt zu den absoluten Lieblingstiteln unserer Hörerschaft und befindet sich auf dem Weg an .ie Hitparadenspitze. Wir schalten jetzt unseren nächsten Hörer zu. Hallo? Was kann ich für Sie tun?« Stranger konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Er kannte sich aufgrund früherer Reportagen in der Musikbranche aus und wußte, wie sogenannte »Superhits« gemacht wurden. Das Rezept war fast immer dasselbe: Man nehme ein Musikstück, das so ungefähr den Allgemeinheitsgeschmack trifft und ins Ohr geht. Damit das Liedchen häufig ausgestrahlt wird, sind gute Beziehungen zu den jeweiligen Musikredaktionen überaus wichtig - wichtiger als die Qualität des Stückes selbst. Wer über solche Beziehungen nicht verfügt, mobilisiert seine gesamte Verwandtschaft, sämtliche Freunde und den sonstigen Bekanntenkreis, sich den betreffenden Titel in möglichst vielen Wunschmusikprogrammen möglichst oft zu wünschen, so lange, bis auch der letzte Zuhörer begriffen hat, um was für eine phantastische Aufnahme es sich handelt. Zudem kann es nichts schaden, bei Anrufen im Sender konkurrierende Musiktitel dezent zu kritisieren (»Unerträglich für mein geschultes Ohr, doch vielleicht sehen das die übrigen Hörer anders.«), wobei es wichtig ist, nur den Titel der geschmähten Aufnahme zu nennen, keinesfalls aber den Interpreten - schließlich will man seinen Namen nicht unnötig bekannt machen. Bert Stranger verfügte über große Erfahrung im Medienbereich, und er lernte ständig hinzu.
Man mußte sich höllisch anstrengen, wollte man stets auf dem laufenden bleiben. Die technische Entwicklung auf diesem Gebiet legte ein Tempo vor, daß einem schwindelig wurde. Hätte ihm vor einem Jahr jemand vom Senso-rium erzählt, er hätte ihn einen Zukunftsspinner genannt. Mittlerweile war dieses außergewöhnliche, aber leider auch brandgefährliche Gerät bei der Bevölkerung gang und gäbe, und seine Beliebtheit breitete sich mindestens ebenso schnell aus wie die eines hitverdächtigen Ohrwurms. Eylers würde es schwer haben, ein Verbot durchzusetzen. Kegelroboter Clint schwebte in Berts Nähe im Zwischengang. Wollte jemand an ihm vorbei, machte er ihm bereitwillig Platz, 62 ohne jedoch Stranger auch nur einen Sekundenbruchteil aus den Sensoren zu lassen. Auch den Mann mit dem Sensorium, der aufgestanden war und offenbar die Bordtoilette aufsuchen wollte, ließ er passieren. Plötzlich überschlugen sich die Ereignisse. Der Unbekannte zückte einen Hochenergieschocker und drückte ihn an eine hochsensible Stelle des Roboters, um ihn auf diese Weise zu neutralisieren. Ganz offensichtlich verfügte er über exakte technische Kenntnisse die Kegel betreffend. Clint war nicht entgangen, daß der Fremde eine Nahkampfwaffe bei sich hatte, was allerdings in diesen gefährlichen Zeiten nichts Außergewöhnliches war. Hochenergieschocker waren lediglich die Weiterentwicklung von Elektroschockem, einer in früheren Jahren von Frauen bevorzugten Abwehrwaffe gegen Sittenstrolche. Zu spät hatte die Maschine begriffen, daß man damit nicht nur unkontrollierte menschliche Triebe, sondern auch Schaltkreise zum Er lahmen bringen konnte. Der Einsatz der einstigen Elektroschocker hatte nur selten zu Todesfällen geführt, schlimmstenfalls bei Herzkranken. Hingegen war die Überlebenschance eines Menschen, der mit einem Hochenergieschocker attackiert wurde, gleich Null. Dessen war sich Bert Stranger nur zu gut bewußt, als der »Sensorium-Mann« den Schocker auf ihn richtete und mit starrem Blick auf ihn zukam.
4. Nach dem Gemetzel hatte der Befehlshaber endlich Zeit für seine Besucher. Er stellte sich ihnen als General Gutter vor, führte sie in einen anderen Raum und bot ihnen bequeme Sitzplätze an. Die paßten sich der Körperform ihrer Benutzer an und zeigten damit, daß Bequemlichkeit nicht hinter militärischen Belangen zurückstehen mußte. Dieser Gefechtskommandostand im Berg war mit einem Luxus ausgestattet, der Alsop überraschte. Selbst Schrrotz und Kureran staunten Bauklötze. Roboter, die keine Ähnlichkeit mit Pscheriden oder anderen Humanoiden hatten, sondern deren Form allein vom Zweck bestimmt wurde, servierten Getränke. Eine Wand dieses Zimmers wurde von einer Holoprojektion dominiert, die das Schlachtfeld zeigte. Übriggebliebene Panzer waren zu sehen, die ausglühenden und qualmenden Wracks der zerstörten Kampf fahrzeuge, und auch die toten Zyzzkt, um die sich keiner der pscheridischen Soldaten kümmerte. Taktische Zeichen und Symbole waren überall eingeblendet und signalisierten wohl den Status des entsprechenden Objekts oder Bereichs. Alsop rührte die angebotenen Getränke nicht an. »Was ich hier miterleben mußte, ist nichts anderes als kaltblütiger Massenmord«, sagte er scharf. »Das hat mit Krieg und Selbstverteidigung nichts mehr zu tun, General. Das ist einfach nur ein entsetzliches Massaker.« Ausgerechnet Gisol fiel ihm in den Rücken. »Es waren Wimmelwilde«, sagte der Worgun. »Für jeden, der getötet wird, schlüpfen hundert andere aus ihren verfluchten Eiern und überfluten die Galaxis.« Gutter sah von einem zum anderen. »Man sagt, daß Sie Hohe sind«, sagte er. »Man sagt aber auch, daß wir einem Mörder gegenübersitzen«, konterte Alsop. »Die Zyzzkt hatten bereits kapituliert, weil sie 64 keine Chance mehr hatten, diesen Kampf zu gewinnen. Warum haben Sie sich nicht darauf beschränkt, sie gefangenzunehmen? Warum haben Sie sie hinrichten lassen? Denn etwas anderes als eine Massenhinrichtung war dieses Massaker doch nicht, General!« »Sind Sie nach Pscherid gekommen, um uns Vorwürfe zu machen, Hoher?« fragte Gutter zurück. Nichts an seinem Tonfall verriet Ärger. Der General hatte sich völlig unter Kontrolle. Er führ fort: »Ich dachte bisher, gerade die Hohen hätten allen Grund, die Massenvermehrer
auszulöschen.«
»Ihre Annahme ist korrekt, General«, sagte Gisol.
Der Schlächter, dachte Alsop. So wurde der Rebell der Myste-rious von seinen Gegnern
genannt, weil er die Zyzzkt tötete, wo er eine Möglichkeit dazu fand, und dabei mindestens in
einem Fall nicht einmal Rücksicht auf Angehörige seines eigenen Volkes genommen hatte.
Das ging aus seiner eigenen Erzählung hervor, und Alsop ahnte, daß das, was der Worgun
während des Anflugs auf Om aus seiner Jugendzeit erzählt hatte, nur die Spitze des Eisbergs
war. Es gab sicher noch sehr viel mehr zu berichten... *
»Die Zyzzkt im Kampf zu besiegen ist etwas anderes als sie zu ermorden, wenn sie ihre
Waffen niedergelegt haben«, erwiderte Alsop frostig.
Der General beugte sich vor.
»Ich möchte Ihnen etwas erzählen. Sie Moralist«, sagte er. »Hören Sie mir genau zu. Da oben«,
er deutete zur Zimmerdecke, »kreisen die Raumschiffe der Zyzzkt. Es werden immer mehr,
und sie schleusen immer mehr Truppen aus, um uns niederzukämpfen. Nicht nur uns hier in
den Bergen, sondern überall auf Pscherid. Sie wollen uns vernichten. Wir stehen mit dem
Rücken zur Wand. Erst am vorigen Tag wurde meine Vaterstadt Dußdro dem Erdboden
gleichgemacht. Dabei kamen fast 500 000 Zivilisten ums Leben.
* Siehe REN DHARK-Sonderband 18: »Rebell der Mysterious«
Unschuldige Männer, Frauen, Kinder, Greise, Alte, Kranke. Leute, die niemals jemandem etwas Böses taten, die an Krieg nicht einmal dachten. Pscheriden, die einfach nur leben wollten, aber sie durften nicht mehr leben, weil die Zyzzkt es nicht wollten. Sie sind im Strahlfeuer verbrannt, sie sind nur noch Asche. Kinder, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten. Frauen und Männer, die von anderen geliebt wurden. Nichts blieb übrig. Die Stadt ist ein riesiges Massengrab. Möchten Sie wissen, wie dieses Massengrab aussieht? Eine große Fläche aus Glas, zerschmolzen von den Waffen der Zyzzkt. Und Sie moralisieren über ein paar Handvoll tote Zyzzkt-Soldaten, die möglicherweise an dieser Schlächterei beteiligt waren? Oder sie billigend in Kauf nahmen?« »Ich jedenfalls billige nicht, daß...« »Unterbrechen Sie mich nicht!« führ der General ihn an. »Auch als Hoher haben Sie nicht das Recht dazu. Sie sind Gast auf unserem Planeten. Wir hoffen, daß die Hohen uns endlich in unserem Kampf unterstützen, aber wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir mit Massenmördern umzugehen haben. Sollen wir sie auch noch durchfüttern aus Dankbarkeit dafür, daß sie oder ihre Artge nossen unsere Familienangehörigen in flirrende Gaswolken verwandelt haben? Hoher, Sie haben nicht gesehen, wie meine Stadt verbrannte, aber Sie haben gesehen, wie das Dorf Ihrer Begleiter Schrrotz und Kureran verdampfte. Reicht Ihnen das nicht?« »Auge um Auge, Zahn um Zahn, Blut um Blut«, murmelte Al-sop verbittert. Sein Zweites System war in der Lage, über die Rückschaltphase seine Gemütslage zu erfassen und seiner Stimme den entsprechenden Klang zu geben. »Genau so ist es«, sagte der General. »Leben um Leben, Tod um Tod. Aber das Problem ist größer. Töte einen Wimmelwilden, und während du es tust, wachsen hundert von ihnen nach. Man muß tausend von ihnen töten, um ihnen Einhalt zu gebieten. Ihr Begleiter, Hoher, sieht das wesentlich rationaler.« Dabei nickte er Gisol anerkennend zu. »Wer den Mörder ermordet, stellt sich mit ihm auf die gleiche 66 niedrige Stufe«, sagte Alsop.
»Aber er hat eine Chance, danach nicht selbst ermordet zu werden«, konterte Gutter sofort.
»Die Wimmelwilden greifen gnadenlos an. Sie haben keine Gnade verdient. Denn sie erweisen
auch uns keine Gnade. Sie sind gefühllos. Sie kennen keine Liebe und nicht einmal Haß. Sie
vernichten einfach nur. Wer die Waffe erhebt, wird durch die Waffe umkommen, wie das
Sprichwort sagt. Sie haben es durch ihr Vorgehen nicht anders verdient.«
Alsop schüttelte den Kopf. Er kannte diesen Spruch aus der Bibel, nur der Begriff war anders:
Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen. »General, sind Sie sicher, daß
nicht auch Sie durch die Waffe umkommen werden, die Sie erhoben haben?«
»Niemand kann seinem Schicksal entkommen«, sagte Gutter, »was auch immer er versucht.
Wenn es mein Schicksal ist, in diesem Kampf zu sterben, sterbe ich. Aber ich weiß, daß ich
dann alles versucht habe, meinem Volk zu helfen und es gegen die mörderischen Zyzzkt zu
verteidigen. Andere werden mir folgen, meine Arbeit fortsetzen und vollenden.«
»Aber was nützt es Ihnen, wenn Sie dann nicht mehr leben?«
»Ich bin Soldat«, sagte der General. »Als ich mich für diese Laufbahn entschied, wußte ich,
was mich erwartet. Sieg oder Niederlage. Langes Leben oder rascher Tod. Ich fürchte den Tod
nicht. Er ist mein ständiger Begleiter, er ist fast schon mein Freund.«
ERINNERUNGEN:
Terra, Anfang Juni 2056 Langsam ging Echri Ezbal zu seinem Platz zurück und ließ sich nieder.
»Holger.« Seine Stimme klang mhig. Seine Augen strahlten eine Ruhe aus, die zum Klang
seiner Stimme paßte. »Niemand kann vor sich selbst davonlaufen! Und Sie haben sich
freiwillig für jeden Einsatz im Dienst der TF gemeldet. Sie sind bei Ihrem Entschluß geblieben,
auch als man Sie warnte und Ihnen sagte. Sie könnten schon beim ersten Einsatz Dir Leben
verlieren. Sie werden es nicht verlieren! Nicht ich, sondern Sie werden zu den beneidenswerten
Menschen gehören, die mit dreihundert Jahren noch so jung sein werden, wie Sie es jetzt sind!
Holger, Sie bleiben Mensch, selbst als Cyborg! Irgend etwas läuft Ihnen wie ein Schatten nach,
und ich kann nicht herausfinden, an welcher Seite sich Dir Schatten befindet, ich...«
Da verlor Holger Alsop den letzten Rest seiner bisher mühsam gewahrten Beherrschung. Seine
Augen blitzten, sein Gesicht wurde blaß, und seine Stimme klang scharf.
»Ich will den Tod nicht zum Freund haben, Ezbal! Ich will nicht draufgehen, wenn
gewissenlose Kreaturen, die sich Wissenschaftler nennen, mich verstümmeln. Ich will leben!
Ja, ich bin bereit, in den gefährlichsten Einsatz zu gehen, aber ich will den Tod nicht zum
Freund haben! Der holt mich noch früh genug!«
GEGENWART P sehend, Ende April 2059 »Was ist das eigentlich für eine Waffe, mit der die Panzer gestoppt wurden?« unterbrach Gisol das Streitgespräch zwischen Alsop und dem General sowie Alsops auf anderer Ebene ablaufenden Erinnerungssegmente. Der Cyborg fragte sich einmal mehr, warum ihn diese Erinnerungen an seine »Anfangszeit« ausgerechnet jetzt überkamen, hier auf einer fremden Welt, in einer fremden Galaxis. Er fand keine Antwort, und er verzichtete auch darauf, die 68 Fragestellung von seinem Programmgehim analysieren zu lassen, weil es im Grunde irrelevant war. »Oszillationsgranaten«, sagte Gutter und glaubte damit eine unifassende Erklärung abgegeben zu haben, nur ließ sich der Wor-gun davon nicht zufriedenstellen. »Was ist das für eine Wirkungsweise?« hakte er nach. »Die Oszillationsgranaten erzeugen Schwingungen, die in der Lage sind, Unitall zu durchdringen und den Antrieb innerhalb der Panzer lahmzulegen.« »Deshalb also blieben die Kampfwagen plötzlich stehen«, sagte Alsop. »Aber Waffen und Antrieb sind zwei verschiedene Dinge.« »Auch die Waffensysteme werden blockiert«, gestand Gutter, um gleich darauf einzuschränken: »Das alles funktioniert allerdings nur bei Waffen, die nicht von Intervallfeldem geschützt sind.« Der Weiße Blitz, durchzuckte es Alsop. Die galaktische Katastrophe, als durch die letzte Transition der Galaxis Drakhon eine überlichtschnelle Schockwelle ausgelöst wurde, die bis ins damalige, heute nicht mehr existierende Exspect hinaus lief und jegliche Mysterioustechnik lahmlegte, die nicht von Intervallfeldem geschützt war! Aber das war hiermit keinesfalls vergleichbar. Was seinerzeit Drakhon ausgelöst hatte, konnte mit normalen Mitteln niemals nachvollzogen und ausgeführt werden. Die Waffe, welche die Pscheriden einsetzten, hatte damit garantiert nichts zu tun. Es mußte sich um ein völlig anderes Blockierungsprinzip handeln. »Wie genau funktioniert das?« fragte Gisol und nahm damit Alsops Frage vorweg. »Das kann ich Ihnen leider nicht erklären«, erwiderte der General. »Können Sie nicht oder wollen Sie nicht?« hakte Gisol nach. »Ich kann es nicht«, gestand General Gutter. »Ich bin Soldat, kein Ingenieur. Ich weiß, wie und wogegen ich eine Waffe einsetze, nicht aber, wie man sie baut. Dafür sind andere zuständig.« »Ich akzeptiere das«, sagte der Worgun. Gutter warf Alsop einen fragenden Blick zu, als wolle er sich vergewissem, daß dieser der gleichen Meinung war wie der andere Hohe. Alsop zeigte keine Regung, die Gutter hätte deuten können. Der General lehnte sich wieder zurück. Er wirkte äußerlich etwas entspannter, aber dem Cyborg entging nicht, daß er nach wie vor von Streßhormonen durchströmt wurde. »Ich will ja nicht aufdringlich erscheinen«, sagte Gutter, »aber in der Hektik der Kampfhandlungen während Ihrer Ankunft sind mir Ihre Namen nicht genannt worden, oder ich
habe sie bedauerlicherweise vergessen und muß deshalb um Entschuldigung bitten. Meinen
Namen und Rang kennen Sie. Darf ich fragen...«
»Sie dürfen«, sagte der Mysterious. »Ich bin Gisol, und mein Begleiter heißt Alsop.«
Gutter zuckte leicht zusammen und schloß sekundenlang die Augen. Er schien nachzudenken.
»Gisol und Alsop«, sagte er dann gedehnt, und noch einmal:
»Gisol und Alsop... der Name Alsop sagt mir nichts, aber Gisol? Doch nicht etwa der Gisol?«
Selbiger nickte stumm.
Gutter erhob sich und kam um seinen Arbeitstisch herum. »Damit hätte ich niemals gerechnet,
daß ausgerechnet der legendäre Gisol hier erscheint. Das kann einfach nicht sein...«
»Legendär?« fragte Gisol. »Ich dachte bisher immer. Legenden rankten sich nur um tote
Helden, nicht um Lebende.«
»Sie sind wirklich Gisol?«
»Wie oft soll ich es noch bestätigten?« fragte der Worgun etwas genervt zurück und fügte
ironisch hinzu: »Ich gehe mal davon aus, daß Sie nicht darauf aus sind, die Kopfprämie zu
kassieren, die die Zyzzkt auf mich ausgesetzt haben...«
»Natürlich nicht!« empörte sich der General. »Sie sind ein Held,
70 einer, der es gewagt hat, sich den Wimmelwilden in den Weg zu
stellen!«
Er umschritt Gisol, als habe er ein seltenes Tier vor sich, betrachtete ihn von allen Seiten, und
soweit Alsop Mimik und Gestik der Pscheriden inzwischen einzuschätzen vermochte, zeigte er
dabei unverhohlen seine Bewunderung für den Mysterious. »Es ist fantastisch«, brachte er
hervor. »Unsere Gebete wurden erhört. Die Stemengötter geben uns eine Chance...«
»Wenn Sie sich an mir sattgesehen haben, können Sie uns das vielleicht einmal erklären«, bat
Gisol.
Gutter zuckte zusammen. »Verzeihen Sie, Hoher«, murmelte er. »Aber ich bin einfach
überwältigt. Zwei Hohe auf Pscherid, und dann auch noch Gisol persönlich... das ist etwas,
worauf wir niemals zu hoffen wagten. Aber nun wird alles gut. Sie sind doch sicher hier, um
den Zyzzkt eine vernichtende Niederlage beizubrin-gen. Mit der Kampftruppe der Hohen, die
Sie zusammengestellt haben...«
»Wie bitte? Wovon reden Sie, General?«
Der stutzte. »Etwa... etwa nicht...?«
Er war fassungslos. Er taumelte fast, als er hinter seinen Arbeitstisch zurückkehrte und sich in
seinen Sessel fallen ließ. »Sie -Sie haben nicht...?«
Gisol lachte bitter auf.
»Sie entwickeln eine blühende Fantasie, General«, sagte er. »Woher soll ich eine solche
Kampftruppe rekrutieren? Meine eigenen Leute verabscheuen mich, nennen mich Schlächter.
Wer sollte sich da freiwillig an meine Seite stellen?«
»Aber Alsop hat es doch getan!«
»Ich bin kein Worgun«, sagte Alsop. »Ich bin keiner der Hohen. Ich bin ein Terraner. Meine
Heimatwelt liegt in einer Galaxis, zehn Millionen Lichtjahre von hier entfernt.«
Gutter war wie erschlagen. Er sank über seinem Arbeitstisch zusammen und stützte den Kopf
auf seine Hände, verbarg sein Gesicht.
»Kein Hoher... der legendäre Gisol allein... warum, ihr Götter, gebt ihr mir erst die größte
Hoffnung und nehmt sie dann wieder?«
Er hob den Kopf.
»Bitte«, sagte er leise. »Bitte, lassen Sie mich für eine Weile allem. Ich muß nachdenken.«
Gut zehn Minuten später kam er nach draußen. Er schien sich wieder gefangen zu haben.
»Verzeihen Sie einem alten Krieger, der sich einen Moment lang irrationaler Euphorie
hingab«, sagte er. »Es ist vermessen, an Wunder zu glauben. Die gibt es nicht.«
»Manchmal doch«, erwiderte Alsop. »Wenn man fest genug daran glaubt.«
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte Gutter.
»Nichts, was diese Situation betrifft«, sagte der Cyborg. »Aber wenn man die Hoffnung nicht
aufgibt, geschehen manchmal Dinge, die uns als Wunder erscheinen. Vielleicht wird es ein sol
ches Wunder auch für Pscherid geben. Nicht heute und nicht morgen, und sicher nicht durch
Gisol und mich herbeigeführt.«
»Wo sind Ihre beiden Begleiter, die beiden Bauern?« fragte der General. »Schrrotz und Kureran? Sie verließen uns, als wir ins Freie gingen. Sie wollen sich der Truppe anschließen. Vermutlich bekommen sie gerade jetzt Uniformen angepaßt.« Gutter zuckte mit den Schultern. »Sie werden sterben«, sagte er. »Sie werden in ihren neuen Uniformen sterben. Nicht, weil sie schlecht ausgebildet wären, sondern weil sie blind vor Haß sind. Ich habe diesen Haß in ihnen gesehen. Sie wollen nur Rache, und das treibt sie in den Tod.« »Sie etwa nicht?« fragte Alsop. »Haben Sie nicht eben erst versucht, mit klarzumachen, weshalb Sie Zyzzkt-Soldaten ermorden ließen? Als Vergeltung für die Vernichtung Ihrer Heimatstadt?« »Es hätte jede andere Stadt sein können. Es war keine Vergel 72 tung, keine Rache - nur eine Antwort. Sie haben das nicht verstanden, Alsop. - Warum sind Sie hier?« fragte er dann unvermittelt. »Was hat Sie in diese Galaxis getrieben?« Der Cyborg wies auf Gisol. »Seine Geschichte«, sagte er. »Wir Terraner sind ein neugieriges Volk. Wir sind hier in dieser Galaxis, weil wir wissen wollen, was geschieht. Und ob wir helfen können.« Daß eine solche Hilfe Ter-ras Kraft überstieg, erwähnte er vorsichtshalber nicht. Einen solchen intergalaktischen Krieg konnte die Erde sich niemals leisten. Die Menschheit hatte noch an den Kämpfen gegen die Grakos zu kauen, der Staatshaushalt war auf Jahrzehnte hinaus hoch ver schuldet, und jeder weitere Kraftakt dieser Art würde den Untergang bringen. Zudem gab es auch in der Heimat noch genug Probleme, denn der Friede mit den Tel stand auf sehr wackeligen Beinen. Terra hatte den Mysterious viel zu verdanken, vielleicht sogar seine ganze Existenz, aber ein militärisches Eingreifen in Om war unmöglich. So zumindest sah es Alsops Logiksektor, und so sah es sogar Ren Dhark, aber der Commander der Planeten hoffte wohl, irgendeine Möglichkeit zu finden, mit der er das Rad der Om-Ge schichte auch ohne Kampfgeschwader und teure extragalaktische Kriegführung weiterdrehen konnte. Deshalb waren zehn terrani-sche Ringraumer hier in Om, und deshalb waren Gisol und Alsop hier auf Pscherid. »Dann wollen Sie auch wissen, wie es zu dem gegenwärtigen Krieg kam«, vermutete der General. »Wir haben seit mehreren Jahrhunderten insgesamt fünf bis dahin unbewohnte Sonnensysteme in der Nachbarschaft kolonisiert. Natürlich bekamen wir rasch mit, daß wir nicht allein in der Galaxis sind, daß es viele andere Völker gibt, und wir erfuhren von den Hohen, die einst Om beherrschten und den Völkern vieler Welten den Fortschritt brachten. Wir erfuhren aber auch von den Zyzzkt, und daß sie die Hohen, die einstigen Wohltäter Oms, besiegt und auf einen Planeten vertrieben hatten, den keiner von uns kennt.« »Epoy, meine Heimatwelt. Die Heimatwelt aller Worgun«, sagte Gisol leise. »Bei unseren Vorstößen in die Weiten des Weltraums«, fuhr Gutter fort, »stießen wir immer wieder auf Hinterlassenschaften der Hohen. Wir lernten einen Teil ihrer Technik kennen, wir lernten ihre Sprache und nahmen einige ihrer technischen Hinterlassenschaften in Besitz. Aber wir lernten auch die Zyzzkt kennen, wir erfuhren, daß sie die Hohen einst besiegten. So erfuhren wir auch von der ungeheuren Expansionswut der Zyzzkt, von ihrem Drang, immer mehr Planeten für sich und ihre Brut in Besitz zu nehmen, und wir, die wir selbst gerade begannen, andere Welten zu kolonisieren, fürchteten, daß die Wimmelwilden - dieser Aus druck stammt von den Worgun - auch uns angreifen würden. Unsere Befürchtung wurde zur traurigen Wirklichkeit, als vor etwa 50 Jahren die Zyzzkt auch hier auftauchten und kategorisch forderten, daß wir Pscheriden auch Zyzzkt auf unsere dünnbesiedelten Kolonialwelten ließen.« »Das war ein tödlicher Fehler«, sagte Gisol. »Heute wissen wir das«, erwiderte Gutter. »Damals waren wir noch wesentlich unbedarfter. Wir wußten zwar, daß die Massenvermehrer die Hohen verdrängt hatten, aber wir hielten das für eine Art Machtkampf zweier rivalisierender, hochtechnologisierter Völker, einen Verdrängungswettbewerb, in dem einer der Sieger und der andere der Verlierer sein mußte. Wir durchschauten die Zyzzkt noch nicht. Heute wissen wir es besser. Aber nun ist es zu spät. Wir hätten ihnen schon damals Widerstand leisten und unsere Planeten für sie sperren sollen.« Gisol lachte kurz und hart auf. »Wie hätten Sie das machen wollen? Wie kann man einer Rasse von Mördern widerstehen, die die großartigste, aber auch gefährlichste und vernichtendste Technik benutzt, die es jemals gab? Nämlich unsere Technik, die der Worgun! Sie haben sie uns gestohlen und setzten sie erst gegen uns und jetzt auch gegen andere ein.«
74 Faktisch hat er recht, aber muß er das auf diese überhebliche Art formulieren? dachte Alsop, der über die Rückschaltphase seines Zweiten Systems nicht nur wie ein menschlicher Computer, sondern auch wie ein normaler Mensch denken und empfinden konnte, und diese Rückschaltphase hielt er derzeit geöffnet. Die großartigste Technik, die es jemals gab - welche Arroganz! War es da ein Wunder, daß das Reich der Worgun untergegangen war? Irgendwann fordert der Größenwahn seinen Tribut, und im Zenit ihrer Macht waren die Mysterious in die Dunkelheit gestoßen worden, so wie es vielen anderen Reichen ergangen war, deren Beherrscher keine Grenzen mehr gekannt hatten. Die irdische Geschichte war voll von entsprechenden Beispielen, und warum sollte es in Weltraumtiefen anders sein? Irgendwann kam immer jemand, der den Hohen erniedrigte und selbst aufstieg in neue Höhen. So wie es die Zyzzkt in Om getan hatten... Das Reich Alexanders des Großen, Rom, das Reich der Mitte, das britische Weltreich - sie alle waren an ihrer Größe und Selbstüberschätzung zerbrochen. »Wie auch immer«, fuhr Gutter derweil fort, »wir machten den unverzeihlichen Fehler, ihnen Zugang zu unseren Welten zu gewähren. Wir ahnten nicht, wie ungeheuer groß der Bevölkerungsdruck der Zyzzkt mittlerweile sein muß. Sie pflanzen sich völlig unkontrolliert fort. Auch auf unseren Kolonialwelten vermehrten sie sich rasend schnell. Wir Pscheriden wurden bald an den Rand gedrängt und schließlich gezwungen, nach Pscherid zurückzukehren. Auf unseren eigenen Planeten gab es keinen Platz mehr für uns! Überall waren Zyzzkt, immer mehr Zyzzkt. Sie fragten nicht - sie bauten einfach immer mehr Städte, Raumhäfen, auf unseren Feldern, in unseren Welten, sie bauten ihre Städte um unsere Städte herum, über unsere Straßen hinweg. Auf Bitten, Warnungen und Drohungen reagierten sie nicht, und plötzlich waren sie so viele, daß eine Million von ihnen auf einen von uns kamen. Sie verlangten noch mehr Platz, und wir mußten die Planeten aufge ben. Damals riskierten wir noch keinen Krieg. Das war unser zweiter Fehler. Wir dachten, sie würden sich damit zufriedengeben, wenn sie ein paar unserer Planeten übernahmen. Aber sie übernahmen alle unsere Planeten. Plötzlich gab es Pscheriden nur noch aufPscherid! Dabei waren wir einst aufgebrochen, um unsere Heimatwelt zu entlasten, um Raum zu schaffen für jene, die dort zurückblieben!« »Aber auch dabei blieb es nicht«, sagte Gisol. General Gutter nickte. »Mit strengen Maßnahmen der Geburtenkontrolle gelang es uns, ein erneutes Übervölkerungsproblem zu vermeiden. Das stieß oft auf Probleme. Religionsführer und Philosophen wandten sich gegen diese Geburtenkontrolle. Wir mußten Kompromisse schließen, die keiner Seite gefielen. Dennoch versuchte unsere Regierung immer noch, den Frieden mit den Zyzzkt zu halten. Aber dann machten wir den dritten und letzten Fehler.« »Was haben Sie getan?« fragte Alsop. »Wir wußten inzwischen, wie versessen die Zyzzkt auf Ala-Metall sind«, führ der General fort. Noch bevor er fortfuhr, begann Alsop zu ahnen, wie es weiterging. Ala-Metall war die worguni-sche Bezeichnung für Tofirit. Dieses nach dem Metallurgen Ach-med Tofir benannte, rotfunkelnde Schwermetall, das im Jahr 2052 auf dem Planeten Jump und fast zeitgleich auf Hope entdeckt wurde, besaß das spezifische Gewicht von 481,072 kg/cm^. Seine Sprungpunkttemperatur lag bei 0,355 GrAD Kelvin. Die Bearbeitung wurde, wie Tofirs Kollege Poul Renoir herausfand, durch den Einsatz von Induktionsportalen möglich, die ein elektrisches Feld von 139 560 Volt und 48 Ampere erzeugen, woraufhin das Metall sich selbständig auf 29 287,6° Kelvin erhitzte und formbar wurde. Aber Tofirit war mehr als nur ein superschweres, superfestes Metall. Es war in der Lage, Hyperfunkstrahlen zu bündeln, zu richten und zu verstärken, in einer Form, die zunächst geradezu unwahrscheinlich wirkte. Doch das war längst nicht alles. Inzwischen wußten die Menschen, daß Tofirit den Mysterious als Kon-76 verterbrennstoff diente. In diesem Superschwermetall steckte ein unglaubliches Energiepotential. Deshalb war es bei den Mysterious - und auch bei den Zyzzkt, die sich der M-Technik hemmungslos bedienten - so sehr begehrt. Vermutlich war der Industriekomplex auf Hope, in dem die genialen Worgun Margun und Sola vor tausend Jahren die POINT OF konstruierten, Ren Dharks legendäres Flaggschiff, nur deshalb dort eingerichtet worden, weil es auf Hope ein großes Tofiritvorkommen gab. Tofirit war mehr als selten im Universum... Und Terra besaß unglaubliche Vorräte davon! Die Abteuf stellen auf Hopes Kontinent 4 und auf dem Planeten Jump waren lächerlich gering im Vergleich zu den Vorkommen im Asteroidengürtel des Achmed-Sy stems, das im Januar 2058 von den Prospektoren Jane und Art Hooker entdeckt worden war. Seither flogen Terras Ringraumer stets mit vollen Tofirittanks. Gutter sprach längst weiter: »... beuteten die sehr geringen Ala-Vorkommen unseres Planeten
aus, um sie den Zyzzkt als Handelsware anzubieten und uns -freizukaufenl« Er spie dieses Wort förmlich aus. »Es befindet sich überwiegend im Kern unseres Planeten. Wir selbst brauchen es nicht, weil wir unsere Energie mit fortschrittlicher Antimaterietechnik erzeugen und außerdem gar nicht in der Lage sind, Tofiritmeiler nach dem Vorbild der Hohen zu bauen.« Er sah zum Himmel empor. »Vor einem Jahr nun forderten die Zyzzkt plötzlich Schürfrechte auf Pscherid und wollten das Metall mit ihren eigenen Leuten abbauen. Doch unsere Regierung war nicht bereit, auch nur einen Zyzzkt nach Pscherid zu lassen. Wir hatten endlich begriffen: Wo heute ein Zyzzkt ist, sind morgen deren zwanzig. Die Zyzzkt, diese >Stemenpest