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Scan by Schlaflos Fritz Leiber Schwerter von Lankhmar Der Zyklus von Fafhrd und dem Grauen Mausling Band 2 Fantasy WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN HEYNE SCIENCE FICTION & FANTASY Band 06/4288 Redaktion: Friedel Wahren Copyright ©: »Swords Against Wizardry«, 1968/1970 by Fritz Leiber; »The Swords of Lankhmar«, 1968 by Fritz Leiber; »Swords & Ice Magic«, 1977 by Fritz Leiber (Die einzelnen Kapitel
erschienen als Erzählungen 1973, 1974, 1973, 1973, 1974, 1975, 1976 und 1977 als Vorabdrucke in diversen Magazinen und Anthologien) Copyright © 1973, 1973, 1981 der deutschen Übersetzungen by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München (Namen der Obersetzer siehe jeweils am Schluß der Texte) Printed in Germany 1986 Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München Satz: Schaber, Wels Druck und Bindung: Presse-Druck, Augsburg ISBN 3-453-31329-1 INHALT Schwerter gegen Zauberei (SWORDS AGAINST WIZARDRY) Seite 9 Im Zelt der Hexe (IN THE WITCH'S TENT) Seite 10 Sternhöh (STARDOCK) Seite 17 Die besten Diebe von Lankhmar (THE TWO BEST THIEVES IN LANKHMAR) Seite 95 Die Herren von Quarmall (THE LORDS OF QUARMALL) Seite 115 Die Schwerter von Lankhmar (THE SWORDS OF LANKHMAR) Seite 227 Schwerter und Eiszauber (SWORDS & ICE MAGIC) Seite 449 Die Trauer des Todbringers (THE SADNESS OF THE EXECUTIONER) Seite 451 INHALT Schönheit und Ungeheuer (BEAUTY AND THE BEASTS) Seite 463 Gefangene im Schattenland (TRAPPED IN SHADOWLAND) Seite 466 Der Köder (THE BAIT) Seite 474 In der Gewalt der Götter (UNDER THE THUMBS OF THE GODS) Seite 478 Gefangene im Meer der Sterne (TRAPPED IN THE SEA OF STARS) Seite 496 Die Frost-Monstreme (THE FROST MONSTREME) Seite 516 Reifinsel (RIME ISLE) Seite 556
EINFÜHRUNG Durch Zeit und fremde Dimensionen von uns getrennt, träumt die alte Welt Nehwon vor sich hin - jenes Zauberland mit seinen turmbewehrten Städten, seinen Schätzen und Schwertkämpfern. Das Zentrum bildet das Binnenmeer, das im Norden vom wilden Land der Acht Städte, im Osten von der Steppe mit ihren MingolReiterstämmen und im Süden durch die Perle aller Länder, Lankhmar, begrenzt wird, Kornkammer Nehwons, mit seiner gleichnamigen Hauptstadt. Befestigt wie keine zweite Stadt, herrscht ein abenteuerliches Durcheinander von Dieben, Priestern, Zauberern und Händlern im Labyrinth der Gassen. In dieser Welt sind unsere Helden zu Hause - Fafhrd, geschmeidig, großgewachsen, dem Typ nach ein Barbar aus der Eisöde des hohen Nordens. Sein Freund, der Graue Mausling, ist dagegen klein und gedrungen, kleidet sich vornehm in mausgraues Leder und trägt eine Kapuze, die ein flaches, dunkles Gesicht beschattet. Wie die Kämpfer, so auch die Waffen: Fafhrd bevorzugt ein Langschwert, der Mausling dagegen ein kurzes Rapier. Ihre Taten sind Legion; seit Jahren streifen sie in Nehwon herum und reisen auch in völlig unbekannte Lande; ihre Abenteuer werden an manchem Kamin erzählt. Und noch immer locken die Rätsel ihrer Welt ...
7 Schwerter gegen Zauberei Im Zelt der Hexe (IN THE WITCH'S TENT) Seite 10 Sternhöh (STARDOCK) Seite 17 Die besten Diebe von Lankhmar (THE TWO BEST THIEVES IN LANKHMAR) Seite 95 Die Herren von Quarmall (THE LORDS OF QUARMALL) Seite 115 Im Zelt der Hexe Die Hexe beugte sich über das Kohlenbecken. Der aufsteigende graue Rauch verwob sich mit den herabhängenden verfilzten Strähnen schwarzen Haares. Der Schein des glosenden Feuers zeigte ihr dunkles zerfurchtes Gesicht, das so schmutzig war wie die frisch ausgegrabene Wurzel eines Eisenholzbaums. Ein halbes Jahrhundert der Kohlenschalenhitze und des Rauches hatten es schwarz, runzelig und hart wie eine Speckschwarte geräuchert. Durch ihre Nase, die wie die Nüstern eines Pferdes gebläht war, und den schlaffen Mund mit den wenigen braunen Zähnen, die wie alte Baumstümpfe das graue Feld ihrer Zunge einzäunten, atmete sie gurgelnd die Dämpfe ein und stieß sie blubbernd aus. Jene, die ihrer gierigen Lunge entgingen, suchten ihren Weg zu dem leicht herabhängenden Dach ihres Zeltes, das auf sieben krummen Rippen rund um die Mittelstange ruhte, und ließen auf dem alten, ungegerbten Leder ihre Spuren von Harz und Ruß zurück. Würde man ein solches Zelt nach Jahrzehnten oder vielleicht gar nach Jahrhunderten der Benutzung auskochen, bekäme man eine übelkeiterregende Flüssigkeit, die dem Sagen nach einem Menschen seltsame und gefährliche Bilder vorgaukeln kann. Außerhalb der schlaffen Zeltwände breiteten sich die dunklen, verwinkelten Gassen von Illik-Ving aus, einer aus den Fugen platzenden lauten Stadt, die die achte und kleinste Metropole des Landes der Acht Städte ist. Und über ihr zitterten im eisigen Wind die seltsamen Sterne der Welt von Nehwon, die so sehr ähnlich wie unsere Welt ist, und doch so ganz anders. Im Zelt beobachteten zwei barbarenhaft gekleidete Männer die Hexe über dem Feuerbecken. Der große Mann mit dem rotblonden Haar starrte sie mit ernsten Augen eindringlich an. Der kleine, ganz in Grau gekleidete Mann dagegen hatte die Lider niedergeschlagen, er unterdrückte ein Gähnen und rümpfte die Nase. 11 »Ich weiß wirklich nicht, was schlimmer stinkt, sie oder das Feuerbecken«, murmelte er. »Vielleicht ist es auch das ganze Zelt oder dieser Gossenschmutz, in dem wir sitzen müssen. Es könnte natürlich ebenso sein, daß ihr Vertrauter ein Stinktier ist. Wenn wir schon den Rat einer zauberkräftigen Person einholen müssen, hätten wir doch lieber zu Sheelba oder Ningauble gehen sollen, ehe wir von Lankhmar nordwärts über das Binnenmeer segelten.« »Aber sie waren nicht zu erreichen«, antwortete der große Mann, abgehackt flüsternd. »Psst, Grauer Mausling, ich glaube, sie ist in Trance.« »Ich glaube eher, sie ist eingeschlafen«, entgegnete der kleine Mann respektlos. Der gurgelnde Atem der Hexe hörte sich allmählich an, als läge sie in den letzten Zügen. Ihre Lider zuckten und offenbarten zwei weiße Striche. Der Wind rüttelte an den dunklen Zeltwänden - es mochten aber auch unsichtbare Geister sein. Es beeindruckte den kleinen Mann nicht. »Ich verstehe nicht, weshalb wir überhaupt irgend jemandes Rat einholen müssen. Wir haben ja schließlich nicht vor, Nehwon zu verlassen, wie wir es bei unserem letzten Abenteuer taten. Wir haben die Papiere - die Fetzen Schafspergament, meine ich. Und wir wissen, wohin wir wollen. Oder zumindest hast du das behauptet.« »Psst!« mahnte der große Mann erneut, dann fügte er hinzu: »Ehe man sich auf ein größeres Unternehmen einläßt, ist es üblich, den Rat eines Zauberers oder einer Hexe einzuholen.« Der kleine Mann, der nun ebenfalls flüsterte, entgegnete: »Warum haben wir uns dann nicht einen zivilisierten Magier ausgesucht? Einen, der einen guten Ruf in der Zauberergilde von Lankhmar hat? Er hätte zumindest ein paar hübsche nackte Mädchen um sich gehabt, zur Beruhigung der Augen, wenn sie beim Entziffern alter gekritzelter Hieroglyphen zu tränen beginnen.« »Eine gute, erdverbundene Hexe ist ehrlicher als so mancher Gauner in der Stadt, der sich einen schwarzen Spitzhut zugelegt hat und einen mit Sternen verzierten Umhang«, gab der große Mann zu bedenken. »Außerdem ist sie hier unse12 rem eisigen Ziel und seiner Beeinflussung näher. Ihr verweichlichten Städter mit eurem Bedürfnis nach Bequemlichkeit und Luxus! Ihr würdet den Arbeitsraum eines ernsthaften Zauberers in ein Freudenhaus verwandeln.« »Und warum nicht?« wollte der kleine Mann wissen. Er deutete mit dem Daumen auf die Hexe. »Erdverbunden,
sagst du? In Jauche gebadet käme da schon näher.« »Pssst! Mausling, du wirst sie noch aus ihrer Trance reißen!« »Trance?« Wieder betrachtete der kleine Mann die Hexe. Sie hatte den Mund nun geschlossen und atmete nur noch laut schnaufend durch die Nase, deren rußige Spitze offenbar das vorgeschobene Kinn suchte. Ein schwaches, hohes Heulen war zu vernehmen, wie von fernen Wölfen oder nahen Geistern, möglicherweise war es jedoch auch bloß Teil des Schnaufens der Alten. Der kleine Mann zog verächtlich die Oberlippe hoch und schüttelte den Kopf. Seine Hände zitterten ein wenig, doch das verbarg er. »Nein, sie ist bloß so berauscht, daß ihr Kopf völlig leer ist«, sagte er. »Du hättest ihr nicht soviel Mohngummi geben sollen.« »Aber das ist doch der ganze Zweck der Trance!« erklärte der große Mann. »Man muß den Geist aus dem Kopf vertreiben, ihn einen mystischen Berg hochjagen, damit er von seinem Gipfel aus die Lande der Vergangenheit und Zukunft und vielleicht sogar andere Welten sehen kann!« »Ich wollte, die Berge vor uns wären nur mystisch«, brummte der kleine Mann. »Hör zu, Fafhrd, ich bin ja durchaus bereit, die ganze Nacht hier zu kauern - oder zumindest noch weitere fünfzig stinkende Atemzüge oder zweihundert gelangweilte Herzschläge -, wenn ich dir damit eine Freude mache. Aber ist es dir vielleicht schon in den Sinn gekommen, daß wir uns in diesem Zelt in Gefahr befinden? Und ich meine jetzt nicht von Geistern. In Illik-Ving sind noch andere Gauner wie wir, vielleicht auch auf das gleiche aus wie wir, denen es ein Vergnügen wäre, uns ein schnelles Ende zu bereiten. Hinter dieser Lederhaut sitzen wir wie in einer Falle.« In diesem Augenblick erhob der Wind sich wieder und rüttelte am Zelt, dazu hörte man ein seltsames Scharren und 13 Kratzen wie von einem streifenden Ast - oder den langen Fingernägeln eines Toten. Auch war ein schwaches Knurren und Wimmern zu vernehmen und gleichzeitig verstohlene Schritte. Beide Männer dachten sofort an des Mauslings Befürchtung. Er und Fafhrd blickten zu der geschlossenen Felltür des Zeltes und lockerten die Schwerter in ihren Hüllen. In diesem Moment verstummte der keuchende Atem der Hexe - und mit ihm jeder andere Laut. Ihre Lider hoben sich, und nur das Weiße war zu sehen - milchige Ovale, die gespenstisch in dem zerfurchten Dunkel ihrer scharfgeschnittenen Züge schimmerten. Die graue Zungenspitze wanderte wie eine riesige Made über ihre Lippen. Der Mausling öffnete den Mund, doch die ausgestreckte Hand Fafhrds mit den gespreizten Fingern war zwingender als jedes >PssstZauberbedingt< ist also hier das Schlüsselwort, dachte der Mausling. Typisches nichtssagendes Hexengewäsch. Ganz offenbar weiß sie nichts weiter- über uns, als daß wir in den Norden wollen, und das war unschwer zu erfahren. »Ihr müßt nordwärts, nordwärts, nordwärts gehen durch Eiskristall und Pulverschnee ...« Mehr vom gleichen, setzte der Mausling seinen Gedankengang fort. Aber muß sie es so bildhaft machen, mit Eis und Schnee? Brrr! »Und mancher Rivale bringt euch in Not, dicht auf den Fersen bleibt euch der Tod ...« Aha, der unausbleibliche Angstmacher, ohne den eine Wahrsagung nicht denkbar wäre! 14 »Doch habt ihr euch mit Mut bewährt, wird endlich euer sein, was ihr begehrt ...« Und nun das glückliche Ende! O ihr Götter, selbst die dümmste Hure von Ilthmar, die aus der Hand liest, könnte ... »Und schließlich werdet ihr erkennen ...« Etwas Silbergraues blitzte so dicht vor des Mauslings Augen vorbei, daß er es nur verschwommen sah. Sofort wich er zurück und zog Skalpell, sein Schwert. Die rasiermesserscharfe Speerspitze, die durch das Zeltleder gedrungen war, als wäre es Papier, hielt nur wenige Zoll vor Fafhrds Kopf an und wurde zurückgezogen. Ein Wurfspeer schoß aus der Wand. Der Mausling schlug ihn mit dem Schwert zur Seite. Ein vielstimmiges Gebrüll erhob sich außerhalb des Zeltes. »Tod den Fremden!« war zu hören. Und: »Kommt heraus, Hunde, in den Tod!« Des Mauslings Augen huschten zur Ledertür. Fafhrd, der fast so schnell wie sein Kamerad reagierte, fand eine etwas ungewöhnliche Lösung für ihr taktisches Problem; nämlich die von Männern in einer belagerten Festung, deren Mauern weder imstande sind, sie zu schützen, noch einen Blick nach außen gestatten. Sein erster Zug war ein Sprung zur Mittelstange des Zeltes, die er unter großer Kraftanstrengung aus dem Boden zog. Die Hexe, die ebenfalls mit gesundem Verstand reagierte, warf sich flach in den Schmutz. »Wir verschwinden!« rief Fafhrd. »Mausling, halt du vorn Ausschau und weis mir den Weg!« Mit diesen Worten stürmte er zur Tür und nahm das ganze Zelt mit sich. Eine Reihe berstender Geräusche war zu vernehmen, als die brüchigen alten Klammern, die das Leder an den Pflöcken hielten, zersplitterten. Das
Feuerbecken kippte um und verstreute glühende Kohlen. Das Zelt wischte über die Hexe hinweg. Der Mausling, der vor Fafhrd herlief, riß den Türschlitz weit auf. Sofort mußte er mit Skalpell einen 15 Schwerthieb aus der Dunkelheit parieren, doch mit der anderen Hand hielt er die Türklappe weit auf. Der gegnerische Schwertkämpfer wurde umgerissen, zweifellos hatte es ihn allzusehr überrascht, von einem Zelt angegriffen zu werden. Der Mausling trat im Finstern auf ihn und glaubte, Rippen bersten zu hören, ähnlich erging es Fafhrd, der ihm dichtauf folgte. Schon rief der Mausling: »Scharf links, Fafhrd! Jetzt ein bißchen nach rechts! Ah, links voraus ist eine Gasse. Mach dich bereit einzubiegen, wenn ich es dir sage. Jetzt!« Er packte den Rand der Felltür und half, das Zelt herumzuschwingen, während Fafhrd es drehte. Ein Wut- und Überraschungsgebrüll erschallte zugleich, und auch ein Kreischen der Hexe, die zweifellos erbost über den Raub ihres Heims war. Die Gasse war so eng, daß die Zeltseiten gegen Häuser und Zäune streiften. Als sie weiche Erde unter den Füßen spürten, rammte Fafhrd die Zeltstange hinein, dann rannten die beiden aus dem Zelt und ließen es als Barrikade zurück. Das Brüllen hinter ihnen wurde lauter, als ihre Verfolger in die Gasse einbogen, trotzdem beeilten die beiden Freunde sich nicht übermäßig. Sie waren überzeugt, daß die Angreifer viel Zeit damit vergeuden würden, das leere Zelt zu bekämpfen. Nebeneinander rannten die zwei durch die schlafende Vorstadt zu ihrem gutverborgenen Lager außerhalb. Eisige Luft schlug ihnen entgegen, die der Wind von einem Paß durch das Trollgebirge herbeitrug. Das Trollgebirge war eine zerklüftete Bergkette, die das Land der Acht Städte von der gewaltigen Hochebene der Eisöde im Norden trennte. »Zu dumm, daß die alte Frau gerade in dem Moment unterbrochen wurde, als sie möglicherweise etwas Wichtiges sagen wollte«, bemerkte Fafhrd. Der Mausling schnaubte abfällig: »Sie war mit ihrem nichtssagenden Singsang ohnehin schon so gut wie fertig. Er brachte überhaupt nichts.« »Ich frage mich, wer diese Störenfriede waren und was sie zu dem Überfall veranlaßte«, brummte Fafhrd. »Mir war, als hätte ich die Stimme dieses Biersäufers Gnärfi erkannt, du weißt schon, desjenigen, der kein Bärenfleisch mag.« 16 »Es waren Halunken, die sich genauso dumm benahmen wie wir«, entgegnete der Mausling. »Und Veranlassung? Sie hatten nicht mehr Veranlassung als Schafe, die im Gras weiden. Zehn Tölpel, die einem Dummkopf von Führer folgen.« »Trotzdem erscheint es mir, als ob jemand uns nicht mag«, beharrte Fafhrd. »Als ob das etwas Neues wäre!« brummte der Graue Mausling. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Lore Strassl 17 Sternhöh An einem frühen Abend, Wochen später, trieb des Himmels graue Wolkenrüstung südwärts, zerschmettert und sich auflösend wie durch Schläge einer in Säure getauchten Streitkeule. Derselbe mächtige Nordostwind pustete verächtlich die bisher unbezwingbare Wolkenwand im Osten zur Seite und offenbarte so einen auf grimmige Weise majestätischen Gebirgszug, der vom Norden gen Süden verlief und jäh zwei Meilen hoch dem Plateau der Eisöde entsprang - wie ein fünfzig Meilen langer Drache, der seinen Zackenkamm aus eisigen Grüften hob. Fafhrd war kein Fremder in der Eisöde. Er war am Fuß dieser Gebirge geboren und hatte als Kind zumindest ihre unteren Hänge erklommen, so konnte er dem Grauen Mausling auch die Namen der einzelnen Gipfel nennen, während sie am rauhreifüberzogenen Ostrand der Mulde standen, in der sie ihr Lager aufgeschlagen hatten. Die Sonne, die vom Lager aus schon nicht mehr zu sehen war, schien hinter ihrem Rücken noch auf die Westseite der hohen Gipfel, die der große Mann seinem Freund namentlich aufzählte. Doch sie schien nicht in vertrauter rosiger Glut, sondern in einem klaren, kalten Licht, das jede Einzelheit scharf hervorhob, und so zu der erschreckenden Wachsamkeit und Kälte der Gipfel paßte. »Schau dir die erste hohe, nordwärts gerichtete Felszackengruppe an«, forderte Fafhrd den Mausling auf. »Diese Phalanx himmelbedrohender Eisspeere mit den Schäften aus dunklem Fels und schimmerndem Grün ist die Säge. Dann daneben und weit höher, der einzelne Elfenbeinstoßzahn - nach Menschenermessen ist er unerklimmbar, und er heißt Stoßzahn, weil er wie ein solcher aussieht. Dann gibt es einen weiteren unbezwingbaren, er ist sogar noch höher. Seine Südwand ist eine ganze Meile lang völlig senkrecht und schwingt dann der Nadelspitze zu nach außen. Das ist der Fangzahn - wo mein Vater starb -, der Wachhund der Berge der Riesen. Und nun richte den Blick auf die erste Schneekuppe süd18 lieh der Kette«, fuhr der große, in Pelze gehüllte Mann fort, dessen Kopf unbedeckt war, wenn man von den kupferfarbigen Haaren und dem Bart absah. Die eisige Luft war hier am Fuß der Berge so unbewegt, als befände sie sich meerestief unter einem Sturm. »Wink nennt man sie, aber auch Komm schon. Sie sieht niedrig und nicht besonders eindrucksvoll aus. Aber so manche sind des Nachts an ihren Hängen erfroren oder von ihren
launenhaften, mächtigen Lawinen in den Tod gerollt worden. Dann gibt es noch eine weitaus größere Schneekuppe, eine wahre Königin, gegen die Wink nur eine Prinzessin ist. Sie ist eine Halbkugel in purstem Weiß, gewaltig genug, um als Kuppeldach der Ratshalle aller Götter, die je waren und je sein werden, zu dienen. Großhanack heißt sie. Mein Vater war der erste, der sie bestieg und bezwang. Unser Zeltdorf stand dort an ihrem Fuß. Keine Spur davon wird es jetzt noch geben, ja nicht einmal einen Unrathaufen. Neben Großhanack, uns am nächsten gelegen, erhebt sich ein riesiger, oben völlig flacher Pfeiler, fast einer Himmelssäule gleich. Er sieht aus, als schauten unter einer Schneedecke stellenweise Pflanzen heraus, tatsächlich aber besteht er aus schneebleichem Granit, den die Stürme verwittert haben. Das ist der Obelisk Polaris. Als letztes«, Fafhrd senkte die Stimme und legte eine Hand auf die Schulter seines kleinen Kameraden, »laß deinen Blick zu dem teilweise mit Schnee überzogenen Berg aus dunklem Gestein mit der Schneekappe wandern, der zwischen Fangzahn und Obelisk steht. Seine glitzernden Hänge sind an einer Seite hinter letzterem verborgen, aber er ist um genau soviel höher als die beiden, wie diese höher als die Eisöde sind. Er wiederum versteckt im Augenblick den aufgehenden Mond. Das ist Sternhöh, unser Ziel.« »Eine hübsche, hohe und schlanke Warze auf diesem von Frostbeulen verunstalteten Flecken von Nehwons Antlitz«, brummte der Graue Mausling und löste seine Schulter aus Fafhrds Griff. »Und nun verrate mir, mein Freund, warum du in deiner Jugend nie diese Sternhöh erklommen und den Schatz an dich gebracht hast und statt dessen warten mußtest, bis wir in einem staubigen, heißen und von Skorpionen wimmelnden Wüstenturm, eine Viertelwelt entfernt, einen 19 Hinweis darauf fanden - und ein halbes Jahr vergeudeten, um hierherzukommen.« Fafhrds Stimme klang ein wenig unsicher, als er antwortete: »Mein Vater hat sie nie bestiegen, weshalb hätte ich es da tun sollen? Außerdem gab es in meines Vaters Clan keine Sagen über einen Schatz auf der Sternhöh obwohl man sich unzählige andere über sie erzählte, die davor warnten, sie zu erklimmen. Man nannte meinen Vater den Sagenbrecher, und zuckte nur weise mit den Schultern, als er vom Fangzahn nicht mehr zurückkehrte ... Es stimmt, Mausling, meine Erinnerung an jene Zeit ist nicht mehr allzu klar. Zu oft bekam ich einen Hieb über den Schädel, der mein Gedächtnis durcheinander rüttelte, ehe ich lernte, etwas dagegen zu unternehmen. Außerdem war ich ja noch ein Kind, als der Clan die Eisöde verließ - auch wenn die rauhen Wände von Obelisk Polaris damals mein senkrechter Spielplatz gewesen waren ...« Der Mausling nickte knapp. In der Stille hörten sie, wie ihre angebundenen Ponys schmatzend das eisstarre Gras der Mulde kauten, und dann ein nicht böse klingendes Knurren Hrissas, der Eiskatze, die sich zwischen dem winzigen Feuer und dem Stapel der Ausrüstung zusammengekuschelt hatte. Vermutlich war eines der Ponys zu nahe herangekommen. Auf der eisigen Ebene rings um sie rührte sich nichts - oder fast nichts. Der Mausling tauchte die in grauen Schaffellhandschuhen steckenden Finger in seinen Beutel und brachte aus seiner Tasche ein kleines rechteckiges Stück Pergament zum Vorschein. Er las laut vor, doch mehr aus dem Gedächtnis, als von dem Pergament: »Wer die weiße Sternhöh, den Mondbaum, erklimmt, mit Schlangengewürm und Gnomen ficht, der den Schlüssel zu allem Reichtum gewinnt: einen Beutel voll Sterne, das Herz des Lichts.« Verträumt murmelte Fafhrd: »Man erzählt, die Götter lebten einst auf Sternhöh und hatten da ihre Schmieden. Von dort schickten sie zwischen lodernden Flammen und sprü20 henden Funken die Sterne zum Himmel hoch. Diamanten, Rubine, Smaragde und all die anderen herrlichen Edelsteine waren ihre kleinen Modelle, nach denen sie die Sterne erschufen. Und als ihr Werk vollbracht war, warfen sie die Edelsteine sorglos von sich und verstreuten sie über die ganze Welt.« »Davon hast du mir noch nie erzählt.« Der Mausling blickte ihn scharf an. Fafhrd blinzelte und zog erstaunt die Brauen zusammen. »Ich erinnere mich mit einem Mal wieder an Geschichten, die ich in meiner Kindheit hörte.« Der Mausling lächelte dünn, ehe er das Pergament in seine tiefe Tasche zurückschob. »Die Vermutung, daß ein Beutel voll Sterne ein Säckchen mit Edelsteinen sein mag; die Geschichte, daß Nehwons größter Juwel Herz des Lichts genannt wird; ein paar Worte auf Schafhaut, die im obersten Gemach eines Wüstenturms jahrhundertelang verborgen und versiegelt waren - all das sind lächerliche Winke, um Männer quer durch diese mörderische, trostlose Eisöde zu ziehen. Gestehe, altes Roß, hattest du solche Sehnsucht nach diesen elenden weißen Feldern deiner Geburtsstatt, daß du vorgetäuscht hast, daran zu glauben?« »Diese lächerlichen Hinweise«, entgegnete Fafhrd und spähte zum Fangzahn, »zogen auch andere Männer nordwärts quer durch Nehwon. Es muß weitere Schafhautfetzen gegeben haben, doch weshalb sie alle zur gleichen Zeit entdeckt wurden, weiß ich nicht.« »Wir haben sie alle in Illik-Ving oder sogar Lankhmar abgehängt, jedenfalls lange, ehe wir das Trollgebirge erreichten«, sagte der Mausling im Brustton der Überzeugung. »Schwächlinge waren sie alle, die zwar Beute witterten, aber vor Anstrengungen und Gefahren zurückschreckten.« Fafhrd schüttelte den Kopf und deutete in die Ferne. Zwischen ihnen und Fangzahn stieg eine dünne Rauchfahne hoch. »Sind dir Gnarfi und Kranarch vielleicht wie Schwächlinge vorgekommen?« fragte er, als schließlich auch der
Mausling den dünnen Rauch entdeckt hatte und nickte. »Sie könnten es natürlich sein«, gestand der Mausling ihm 21 düster zu. »Aber könnten sich denn nicht auch ganz gewöhnliche Reisende in der Eisöde aufhalten? Nicht, daß wir auch nur einer Menschenseele begegnet sind, seit wir Mingol verlassen haben.« Fafhrd sagte nachdenklich: »Vielleicht ist es ein Lager der Eisgnomen ... Aber sie verlassen ihre Höhlen nur selten, und wenn, dann gewöhnlich bloß im Hochsommer, und der liegt einen guten Monat zurück ...« Er unterbrach sich und runzelte verwirrt die Stirn. »Ich verstehe nicht, woher weiß ich denn das?« »Eine weitere Kindheitserinnerung, die aus der Versenkung auftaucht?« fragte der Mausling. Fafhrd zuckte zweifelnd mit den Schultern. »Also, nehmen wir an, daß es Kranarch und Gnarfi sind«, brummte der Mausling. »Zwei kräftige Brüder, das muß ich zugeben. Wir hätten uns vielleicht mit ihnen in Illik-Ving anlegen sollen«, meinte er. »Wir könnten es auch jetzt noch. Ein schneller Nachtmarsch - ein Überraschungsangriff ...« Fafhrd schüttelte abwehrend den Kopf. »Wir sind Bergsteiger, keine Mörder. Jemand, der die Sternhöh erklimmen will, darf sich nur damit befassen.« Er lenkte des Mauslings Aufmerksamkeit wieder auf den höchsten Berg. »Schau sie dir erst einmal unten an. Dieser schimmernde Rock, der von ihren schneeweißen Hüften herabfällt, die fast so hoch wie der Obelisk sind, das ist der Weiße Wasserfall, der der Tod eines jeden ist, der ihm zu nahe kommt. Nun blick wieder zu ihrem Kopf hoch. Von ihrer flachen, schrägsitzenden Schneekappe hängen zwei dicke Flechten aus Schnee herab, aus denen sich ständig Lawinen lösen, als kämmte sie sie Tag und Nacht - Zöpfe nennt man sie. Zwischen ihnen ist eine breite Leiter aus dunklem Fels. Sie ist an drei Punkten durch Simse gekennzeichnet. Die obersten der drei Simsbänke sind das Gesicht - siehst du die dunkleren Leisten, die Augen und Lippen darstellen? Die mittleren Simsbänke nennt man die Nester, und die mittleren, die sich in einer Höhe mit der Oberfläche des Obelisken befinden, das sind die Höhlen.« »Wessen Nester? Und wer haust in den Höhlen?« wollte der Mausling wissen. 22 »Das weiß keiner, weil noch niemand die Leiter erklommen hat«, erwiderte Fafhrd. »Und nun zu unserer Route. Ich habe uns die einfachste ausgesucht. Wir besteigen den Obelisk Polaris; das ist ein ungefährlicher Berg, wenn es so etwas überhaupt gibt, und kommen von ihm über einen schrägen Schneesattel (das ist das gefährlichste Stück unseres Aufstiegs!) zur Sternhöh und erklimmen die Leiter zum Gipfel.« »Wie sollen wir die Leiter an den hohen kahlen Wänden zwischen den Leisten hochkommen?« erkundigte sich der Mausling mit fast kindlicher Unschuld. »Wenn die in der Höhle und im Nest uns den Aufstieg überhaupt gestatten.« »Wir werden schon eine Möglichkeit finden«, antwortete Fafhrd schulterzuckend. »Fels ist Fels.« »Warum liegt auf der Leiter kein Schnee?« »Weil sie zu steil ist.« »Angenommen, wir klettern sie hoch, wie bekommen wir dann unsere ausgezehrten und blaugefrorenen Leiber über die Krempe der Schneekappe, die recht verwegen ins Gesicht gezogen ist?« »Irgendwo dort ist ein dreieckiges Loch, Nadelöhr genannt«, antwortete Fafhrd gleichgültig. »Das habe ich zumindest gehört. Aber mach dir keine Sorgen, Mausling, wir werden es schon finden.« »Natürlich werden wir das«, pflichtete der Kleinere mit einer Überzeugung bei, die fast echt klang. »Was ist das schon für uns, die wir über brüchige Schneebrücken hopsen und leichtfüßig Steilwände hochtanzen, ohne auch nur einmal den Granit mit der Hand zu berühren. Erinnere mich daran, daß ich einen langen Dolch mitnehme, um unsere Namen in den Himmel zu ritzen, wenn wir am Gipfel eine kleine Feier veranstalten.« Sein Blick wanderte ein wenig nordwärts. Mit veränderter Stimme fuhr er fort: »Die dunkle Nordwand der Sternhöh - sie ist zwar zweifellos steil, aber bis zum Gipfel schneefrei. Wieso nehmen wir nicht diesen Weg, da Fels ja - wie du mit solch unwiderlegbarer Tiefsinnigkeit festgestellt hast - Fels ist.« Fafhrd lachte durchaus nicht gekränkt oder spöttisch. »Mausling«, sagte er, »siehst du den wolkenähnlichen, lan23 gen weißen Streifen südlich vom Gipfel? Ja? Und etwas tiefer einen kleineren? Der zweite kommt durch das Nadelöhr. Nun, diese Bänder von Sternhöhs Kappe nennt man das Große und das Kleine Banner. Sie bestehen aus Pulverschnee, den der Nordostwind von der Sternhöh löst. Dieser sturmähnliche Wind tobt sieben von acht Tagen und ist unberechenbar. Er pustet den besten Bergsteiger so leicht von der Nordwand, wie wir Löwenzahnsamen vom Stengel. Dagegen schützt Sternhöh selbst die Leiter vor dem Sturm.« »Und der Sturm wechselt nie die Richtung und schlägt gegen die Leiter?« erkundigte sich der Mausling scheinbar leichthin. »Oh, nur ganz selten«, versicherte ihm Fafhrd. »Na, das ist ja großartig«, entgegnete der Mausling mit geradezu überwältigender Freundlichkeit. Er wäre zum Feuer zurückgekehrt, hätte nicht gerade die Dunkelheit begonnen, schnell die Berge der Riesen hochzusteigen, als die Sonne endgültig für den Tag im fernen Westen unterging. So blieb der graugekleidete Mann stehen, um sich dieses großartige Schauspiel nicht entgehen zu lassen.
Es war, als würde eine schwarze Decke von unten hochgezogen. Erst verschwand der schimmernde Rock des Weißen Wasserfalls in der Finsternis, dann die Höhle auf der Leiter und danach das Nest. Nun waren auch alle anderen Gipfel untergetaucht, selbst die glänzenden scharfen Spitzen des Stoßzahns und des Fangzahns, ja sogar das grünlich weiße Dach des Obelisken Polaris. Einzig und allein die Schneekappe der Sternhöh ragte noch aus der Dunkelheit und darunter das Gesicht zwischen den silbernen Zöpfen. Eine kurze Weile leuchteten die Augen genannten Simse, oder zumindest sah es so aus. Und dann herrschte nur noch die Nacht. Und doch war ein bleiches Nachglühen zu sehen. Es war unheilvoll still und die Luft völlig unbewegt. Um sie herum schien die Eisöde sich gen Norden, Westen und Süden in die Endlosigkeit zu erstrecken. Und während dieses Moments der gespenstischen Stille glitt etwas mit dem schwachen Rauschen eines großen Segels in einer Brise durch die stille Luft. Fafhrd und der Mausling 24 starrten wild um sich, doch nichts war zu sehen. Hinter dem kleinen Feuer sprang Hrissa, die Eiskatze, zischend auf. Und dann verstummte das Rauschen, ohne daß sie seine Ursache erkannt hätten. Nachdenklich begann Fafhrd: »Es gibt eine Sage ...« Dann hielt er inne und schüttelte den Kopf. »Die Erinnerung entschwindet, Mausling. Sie läßt sich einfach nicht festhalten. Sehen wir uns noch einmal um das Lager herum um und legen uns dann schlafen.« Der Mausling erwachte so sanft aus dem ersten Schlaf, daß nicht einmal Hrissa es bemerkte, die sich an der dem Feuer zugewandten Seite von den Knien bis zur Brust an ihn gekuschelt hatte. Hinter der Sternhöh ging mit glitzerndem Schein auf dem südlichen Zopf der zunehmende Mond auf, als wahrhaftig passende Frucht des Mondbaums. Seltsam, dachte der Mausling, wie klein der Mond und wie groß Sternhöh ist, wenn sie sich so gegen den mondbleichen Himmel abhebt. Da entdeckte er unmittelbar unter der flachen Kappe des Berges ein helles blaßblaues Blinken. Er erinnerte sich, daß Ashsha, der blaßblaue und hellste Stern Nehwons, in dieser Nacht dem Mond nahe war, und er fragte sich, ob er ihn vielleicht durch einen erstaunlichen Zufall durch das Nadelöhr sah, vorausgesetzt, letzteres gab es überhaupt. Er fragte sich auch, welchen großen Saphir oder blauen Diamanten - vielleicht das Herz des Lichts? die Götter als Modell für Ashsha genommen hatten. Und er lächelte über sich, weil er einer so dummen, aber hübschen Legende nachhing. Da er schon dabei war, grübelte er weiter darüber nach, und der Gedanke kam ihm, daß die Götter vielleicht ein paar der richtigen, fertigen Sterne auf Sternhöh zurückgelassen hatten. Da verschwand Ashsha - falls er es gewesen war - wieder. Der Mausling fühlte sich wohlig warm in seinem schaffellgefütterten Umhang, den er für die Nacht mit den Lederbändern um die Hornhäkchen an seinem Saum zum Schlafsack gemacht hatte. Lange blickte er verträumt zur Sternhöh hoch, bis der Mond sich von ihr befreite und ein bläulicher Edelstein auf ihrer Kappe funkelte, ehe auch er sich davon löste. 25 Das war jetzt ganz gewiß Ashsha. Ohne Angst zu empfinden, dachte er über das leise Rauschen nach, das er und Fafhrd in der stillen Luft gehört hatten. Vielleicht war es nur die lange Zunge eines Sturms gewesen, der kurz einmal heruntergeleckt hatte. Wenn der Sturm anhielt, würden sie ihm entgegenklettern. Hrissa streckte sich im Schlaf aus. Fafhrd, der in seinen mit Daunen gefüllten und zum Schlafsack geschnürten Umhang ausgestreckt lag, brummte etwas im Traum. Der Mausling senkte den Blick und ließ ihn auf dem niederbrennenden Feuer ruhen; er wünschte sich, wieder einzuschlafen. Die Flammen verwandelten sich in Mädchenkörper, dann in Mädchengesichter. Schließlich erschien ein gespenstisch bleichgrünes Mädchengesicht - ein Nachglühen vielleicht, dachte er zuerst - jenseits des Feuers und starrte ihn durch schmale Augenschlitze über die Flammenspitzen hinweg an. Je gebannter er es betrachtete, desto wirklicher schien es zu werden. Aber es war nur ein Gesicht, ohne Körper, ohne Haare, die es eingerahmt hätten. Wie eine Maske hing es in der Dunkelheit. Es war ein auf gespenstische Weise wunderschönes Gesicht: mit schmalem Kinn, hohen Wangenknochen, weinroten kleinen geschürzten Lippen, einer feinen Nase, die gerade zu einer breiten, etwas niedrigen Stirn verlief. Und dann waren da diese geheimnisvollen Augen, deren Lider fast geschlossen waren, und die ihn durch weindunkle Wimpern zu beobachten schienen. Und alles, außer Wimpern und Lippen, war vom bleichsten Grün wie makelloser Jade. Der Mausling sprach und bewegte sich nicht, nicht einen Muskel rührte er, ganz einfach, weil er das Gesicht bezaubernd fand - genau wie ein Mann hoffen mag, daß der Augenblick nicht vergehe, wenn seine entblößte Liebste unbewußt, oder auch heimlich einstudiert, eine besonders betörende Pose einnimmt. Außerdem schätzt jeder Mann in der trostlosen Eisöde angenehme Illusionen, selbst wenn er sie fast sicher als solche erkennt. Plötzlich öffneten sich die Lider weit - und nur die Dunkelheit dahinter war zu sehen, als wäre das Gesicht wahrhaf26 tig nur eine Maske. Da zuckte der Mausling doch zusammen, aber nicht stark genug, um Hrissa zu wecken. Dann schlössen sich die Lider, die Lippen schürzten sich noch einladender, und das Gesicht begann sich aufzulösen, als würde eine Zeichnung von einer Tafel gelöscht. Zuerst verschwand die rechte Seite, dann die linke, dann die Mitte, und als letztes die dunklen Lippen und die Augen. Einen Moment lang war dem Mausling,
als stiege ihm die Blume eines edlen Weines in die Nase. Von dem Gesicht war nichts mehr zu sehen. Der Mausling überlegte, ob er Fafhrd wecken sollte. Dann lachte er fast laut bei der Vorstellung, wie verärgert sein Freund wäre, wenn er ihn aus dem Schlaf risse. Er fragte sich, ob das Gesicht ein Zeichen der Götter gewesen war, oder die Warnung eines finsteren Zauberers, der seine Burg auf dem Gipfel der Sternhöh hatte, oder vielleicht gar die Seele der Sternhöh - aber wenn ja, wo hatte sie dann ihre glänzenden Zöpfe gelassen, ihre Kappe und das Ashsha-Auge? - oder nur eine Erscheinung, die sein eigener erfindungsreicher Geist erschaffen hatte, weil er Sehnsucht nach einer hübschen Gefährtin in dieser Nacht hatte und ihn der Gedanke an die schönen, doch teuflisch gefährlichen Berge quälte? Zwei Abende später, zu fast derselben Zeit, standen Fafhrd und der Graue Mausling kaum einen Messerwurf entfernt von der Westwand des Obelisken Polaris, wo die bleichgrünen Gesteinsstücke, die sich im Lauf der Jahrtausende gelöst hatten, einen Haufen bildeten, der einem Grabhügel sehr ähnlich sah. Unter den Steinen lagen auch wirklich Gebeine, viele mit gebrochenen Knochen, von Schafen und Ziegen. Wie zwei Abende früher war die Luft sehr still und eiskalt, die Öde leer, und das Abendrot warf seinen Schein auf die Bergwände. \ Aus dieser Nähe glich der Obelisk einer Pyramide, die sich senkrecht nach oben verjüngte. Beruhigenderweise schien das Gestein hart wie Diamant zu sein, und zumindest bot der untere Teil der Wand genügend Unebenheiten, wie gepunztes Leder, wo Hände und Füße Halt finden konnten. Im Süden lagen Großhanack und Wink verborgen. Im 27 Norden ragte der Fangzahn, im Sonnenlicht gelblich weiß, erschreckend hoch, als wolle er den dunkler werdenden Himmel zerreißen. Auf ihm, erinnerte sich der Mausling, hatte Fafhrds Vater den Tod gefunden. Von der Sternhöh war nur ein dunkler Teil der windgepeitschten Nordwand zu sehen und das nördliche Ende des tödlichen Weißen Wasserfalls. Alles andere verbarg der Obelisk. Nein, noch etwas war zu erkennen: Fast direkt über ihnen hing das gespenstische Größe Banner südostwärts, nur sah es von hier so aus, als käme es vom Obelisken Polaris. Der appetitanregende Duft von zwei Schneehasen, die im Feuer hinter ihnen brieten, hing in der Luft. Und Hrissa, die vor dem Feuer lag, verzehrte genußvoll einen dritten ungegart. Die Eiskatze war von der Größe eines Geparden und hatte buschiges weißes Fell. Der Mausling hatte sie einem herumstreifenden Mingoltrapper nördlich des Trollgebirges abgekauft. Auf der anderen Seite des Feuers mampften die Ponys den letzten Hafer, der ihnen neue Kräfte gab, nachdem sie eine ganze Woche lang nichts davon bekommen hatten. Fafhrd wickelte Graywand, sein in der Hülle steckendes Langschwert, in ölgetränkte Seide und legte es auf den Steinhaufen, ehe er die mächtige Pranke dem Mausling entgegenstreckte. »Skalpell?« »Ich nehme mein Schwert mit«, erklärte der Kleinere. Rechtfertigend fügte er hinzu: »Er ist ja nur ein Federgewicht, verglichen mit deinem.« »Morgen wirst du herausfinden, was eine Feder wiegt«, prophezeite Fafhrd. Er zuckte mit den Schultern und legte neben sein Schwert auch den Helm, ein Bärenfell, ein zusammengefaltetes Zelt, Schaufel und Spitzhacke, Goldreifen von seinen Handgelenken und Armen, Federkiele, Tinte, Papyrus, einen großen Kupferkessel und einige Bücher und Schriftrollen. Der Mausling fügte verschiedene leere und fast leere Beutel hinzu, zwei Jagdspeere, Skier, einen nicht gespannten Bogen mit einem gefüllten Köcher, winzige Tiegelchen mit Ölfarbe, Pergamentbogen und das ganze Zaumzeug 28 der Ponys. Viele der Sachen hatte er ebenfalls in ölgetränkten Stoff gehüllt, um sie gegen die Feuchtigkeit zu schützen. Und während ihr Appetit durch den Bratenduft noch wuchs, bauten sie schnell ein Dach über den Haufen. Als sie sich gerade ihrem Abendessen zuwenden wollten und in die Richtung des goldüberzogenen westlichen Horizonts blickten, hörten sie in der Stille wieder das segelähnliche Rauschen. Schwacher klang es diesmal, dafür aber doppelt: in der Luft im Norden und fast gleichzeitig im Süden. Wieder schauten sie sich angespannt um, und auch diesmal war nirgendwo etwas zu sehen, außer- wieder entdeckte Fafhrd es als erster - eine dünne Rauchfahne in der Nähe des Fangzahns. Sie kräuselte sich auf dem Gletscher zwischen diesem Berg und Sternhöh empor. »Gnarfi und Kranarch!« bemerkte der Mausling. »Wenn sie es sind, haben sie die felsige Nordwand für den Aufstieg gewählt.« »Sie wird ihr Tod sein«, prophezeite Fafhrd und blickte zum Banner hoch. Der Mausling nickte weniger überzeugt, dann fragte er: »Was war dieses Geräusch, Fafhrd? Du bist doch von hier.« Der große Mann runzelte nachdenklich die Stirn und verengte die Augen zu einem Schlitz. »Es gibt eine Sage über große Vögel ...« Seine Stimme klang merkwürdig fragend. »... oder von großen Fischen? Nein, das ist wohl doch unmöglich.« »Dein Gedächtnis ist wohl immer noch sehr durcheinander?« fragte der Mausling. Fafhrd nickte stumm.
Ehe er den Steinhaufen verließ, legte der Nordmann einen Block Salz daneben. »Das sowie der eisbeschichtete Tümpel und das Grünzeug, an dem wir gerade vorbeigekommen sind, müßten die Ponys wohl eine Woche hier halten. Wenn wir nicht zurückkehren, dürften sie auch allein nach Illik-Ving zurückfinden, wenn sie dem Weg folgen, den wir gekommen sind.« Hrissa blickte von ihrer blutigen Mahlzeit hoch, als wollte sie sagen: »Um mich und meine Verpflegung braucht ihr euch keine Sorgen zu machen.« 29 Wieder erwachte der Mausling aus dem ersten Schlaf, mit tiefer Freude diesmal, wie einer, der erwartungsvoll einem Stelldichein entgegensieht. Und wieder, doch diesmal ohne vorheriges Betrachten der Sterne und ins Feuer Starren, blickte die lebende Maske ihn über die niederbrennenden Flammen hinweg an. Es war das gleiche Gesicht, die kleinen geschürzten Lippen, die gerade Nase, die breite Stirn - nur war die Maske heute nicht wie heller Jade, sondern elfenbeinbleich mit grünlichen Lippen, Lidern und Wimpern. Der Mausling war wirklich überrascht, denn die vergangene Nacht war er bewußt wachgeblieben, um auf das geisterhafte Mädchengesicht zu warten, und er hatte versucht, es mit Gedankenkraft herbeizubeschwören - bis der zunehmende Mond drei Handbreit über der Sternhöh gestanden hatte -, doch umsonst. Sein Verstand hatte ihm natürlich gesagt, daß das Gesicht eine Einbildung gewesen war, aber seine Gefühle waren da anderer Ansicht gewesen - sehr zu seinem Ärger, weil es ihm den Schlaf einer Viertelnacht gekostet hatte. Am Tag hatte er dann verstohlen die letzte der vier kurzen Strophen des Pergaments in der tiefsten Tasche seines Beutels noch einmal gelesen. Wer des Schneekönigs Festung bezwingt, wird Vater sein seiner zwei Töchter Brut, er, der durch alle Gefahren dringt, wird weiterbestehen in ihrem Blut. Gestern war ihm das sehr vielversprechend erschienen - zumindest der Teil mit den Töchtern und dem Vaterwerden. Aber heute, nach dem viel zu kurzen Schlaf, hatte er es als reinen Hohn empfunden. Doch nun war die lebende Maske wieder da, mit der verlockenden Miene und den verführerisch geschürzten Lippen. Auch die Lider öffnete sie wieder, und dahinter war, wie beim erstenmal, nichts als die Schwärze des Restes der Nacht. Dem Mausling rann ein fast wohliges Schaudern über den Rücken. Und diesmal war er hellwach und bei Sinnen und versuchte alles, um festzustellen, ob es sich um Schein 30 oder Wirklichkeit handelte. Er blinzelte und strengte die Augen an, drehte vorsichtig den Kopf in der Kapuze, doch wie er ihn auch hielt, die lebende Maske blieb. Dann löste er vorsichtig die Lederschnüre von den oberen Häkchen seines Umhangs - Hrissa schlief heute nacht an Fafhrd gekuschelt -, streckte behutsam die Hand aus, um ein Steinchen in die Finger zu nehmen, und warf es über die Flammen auf einen Punkt ein Stück unterhalb der Maske. Er wußte, daß sich jenseits des Feuers nichts als Geröll und hartgefrorene Erde befand, doch nicht das geringste Geräusch verriet, daß das Steinchen dort aufgeschlagen wäre. Genausogut hätte er es über den Rand von Nehwon werfen können. Fast im gleichen Augenblick lächelte die Maske verführerisch. Sofort war der Mausling aus dem Schlafsackumhang und auf den Füßen. Doch schneller noch löste die Maske sich auf - diesmal in einem Streich von Stirn zu Kinn. Hastig rannte, ja sprang er fast um das Feuer herum zu der Stelle, wo die Maske in der Luft gehangen zu haben schien, und schaute sich suchend um. Aber da war nichts - außer vielleicht ein Hauch von Weinduft. Er schürte das Feuer und blickte sich noch mal um. Nichts. Nur Hrissa war neben Fafhrd aufgewacht. Ihre Barthaare zitterten, und sie blickte den Mausling ernst, vielleicht sogar tadelnd an, so daß er sich wie ein Narr vorkam. Er fragte sich, ob sein Verstand und seine Gefühle etwa ein dummes Spiel miteinander trieben. Da trat er auf etwas. Sein Steinchen, dachte er. Doch als er danach griff, stellte er fest, daß es ein winziges Tiegelchen war, wie eines seiner Farbdöschen, nur noch kleiner, kaum größer als ein Glied seines Daumens, und nicht aus ausgehöhltem Stein, sondern aus Elfenbein oder einem anderen Zahn. Er kniete sich neben das Feuer und schaute in das winzige Gefäß. Dann steckte er den kleinen Finger hinein und rührte mit der Spitze in dem harten, fettigen Inhalt. Als er sie wieder herausnahm, war sie mit einer elfenbeinfarbigen Schicht 31 1 überzogen. Sie roch jedoch nicht nach Wein, sondern eher ölig. Eine Weile blieb der Mausling grübelnd neben dem Feuer sitzen. Dann, nach einem Blick auf Hrissa, deren Barthaare sich wieder beruhigt hatten und deren Augen geschlossen waren, und auf Fafhrd, der leise schnarchte, kehrte er in seinen Schlafsackumhang zurück. Er hatte Fafhrd nicht von der ersten Erscheinung der lebenden Maske erzählt. Sein bewußter Grund dafür war, daß Fafhrd einen solchen Unsinn als Rauchgesichter lachend abtun würde. Der unbewußte dagegen war der gleiche, der einen Mann davon abhält, selbst seinem besten Freund von einem hübschen Mädchen zu erzählen, das er gerade erst kennengelernt hat. Vielleicht war es auch eben dieser Grund, der Fafhrd seinem besten Freund am nächsten Morgen verschweigen ließ, was er später in derselben Nacht erlebt hatte. Fafhrd träumte, er betastete in völliger Dunkelheit das Gesicht eines Mädchens, während ihre schlanken Hände ihn liebkosten. Seine Finger sagten ihm, daß sie eine leicht
geschwungene Stirn hatte, Augen mit sehr langen Wimpern, eine freche Stupsnase - ja, sie fühlte sich tatsächlich frech an! -, Apfelbäckchen und volle Lippen, deren Lächeln seinen Fingern nicht verborgen blieb. Er wachte auf, weil der Mond schräg aus Süden auf ihn herabschien, während er die ihm zugewandte Seite des Obelisken silbrig färbte und die Felsvorsprünge in schwarze Schattenstäbe verwandelte. Seine Enttäuschung bei diesem Erwachen war groß, als er feststellen mußte, daß der Traum wirklich nur ein Traum gewesen war. Doch dann hätte er schwören mögen, daß weiche Fingerspitzen sanft über sein Gesicht strichen und er ein gedämpftes, silbriges Lachen hörte, das schnell schwand. Er setzte sich wie eine Mumie in seinem zugeschnürten Umhang auf und starrte um sich. Das Feuer war nur noch rote Glut, aber der Mondschein leuchtete hell, trotzdem konnte er nichts Ungewöhnliches sehen. Hrissa knurrte vorwurfsvoll, weil seine Unruhe sie geweckt hatte. Und er fluchte lautlos, weil er die Nachwirkungen eines Traumes für Wirklichkeit gehalten hatte. Die ganze mäd32 chenlose, mädchenvisionenbrütende Eisöde verfluchte er. Die nächtliche Kälte stahl sich seinen Nacken hinunter. Verärgert sagte er sich, daß er fest schlafen sollte, wie der klügere Mausling, um Kraft für den bevorstehenden schweren Tag zu schöpfen. Er streckte sich wieder aus und schlief nach einer Weile ein. Der Mausling und Fafhrd erwachten im ersten Morgengrauen, während der Mond noch hell wie ein Schneeball im Westen stand. Sie frühstückten und machten sich bereit. Entschlossen wandten sie sich in der beißenden Kälte dem Obelisken Polaris zu. Die Mädchen waren vergessen, ihre Gedanken galten allein dem Berg. Fafhrd trug seine hohen Schnürstiefel, deren dicke Nägel er frisch gespitzt hatte, einen Wolfskittel, den Pelz nach innen, der allerdings jetzt vom Hals bis zum Bauch offen war. Seine Beine über den Stiefeln und seine Unterarme waren unbedeckt, aber seine Finger steckten in kurzen Lederhandschuhen. Auf den Rücken, zwischen die Schultern, hatte er sich ein nicht sehr großes, in seinen Umhang gewickeltes Bündel geschlungen und eine Rolle schwarzen Flachsseils. Von seinem festen, unbeschlagenen Gürtel hingen eine Axt in der Scheide an der rechten Seite, ein Dolch an der linken, ein kleiner Beutel mit Wasser, und ein anderer mit Kletterhaken. Der Mausling hatte sich seine Schaffellkapuze ins Gesicht gezogen und mit ihrem Lederband so fest zugeschnürt, daß nur Augen, Nase und Mund zu sehen waren. Dazu trug er einen grauen Seidenkittel aus drei Lagen. Seine Handschuhe waren länger als Fafhrds und mit Pelz gefüttert, genau wie seine leichten Stiefel, deren Sohlen mit gleitsicherem Flußpferdfell bezogen waren. Von seinem Gürtel hingen sein Dolch Katzenkralle, sein locker in der Scheide ruhendes Schwert Skalpell und ebenfalls ein Wasserbeutel. An seinem Rückenpack, den er ebenfalls in den Umhang gewickelt hatte, war ein ungewöhnlich dicker, kurzer, schwarzer Bambusstab befestigt, mit einer scharfen Spitze an einem Ende, und am anderen einer Spitze und einem langen Haken, ähnlich wie ein Hirtenstab. 33 Beide Männer waren von Wind und Sonne gebräunt, muskulös und ohne überschüssiges Fett, in bester körperlicher Verfassung für eine Bergbesteigung, gehärtet durch das Trollgebirge und die Eisöde, und ihre Brust war eine Spur breiter als gewöhnlich, da sie sich schon wochenlang in der dünnen Gebirgsluft aufhielten. Sie brauchten ihre Zeit jetzt nicht mehr damit zu verschwenden, nach dem besten Aufstieg zu suchen - das hatte Fafhrd bereits am Vortag getan, als sie sich dem Obelisken genähert hatten. Die Ponys weideten wieder. Eines hatte bereits den Salzbrocken entdeckt und leckte daran mit seiner dicken Zunge. Der Mausling sah sich nach Hrissa um, um sich mit einem liebevollen Nasenstüber von ihr zu verabschieden, aber die Eiskatze schnüffelte mit gespitzten Ohren an einer Spur jenseits des Lagers. »Sie hält nichts von Abschiednehmen«, stellte Fafhrd fest. »Gut.« Ein gedämpfter Rotschimmer tönte den Himmel und den Gletscher am Fangzahn. Der Mausling, der in diese Richtung spähte, sog hörbar die Luft ein und strengte die Äugen noch mehr an, während Fafhrd schützend die Hand über die Augen legte. »Bräunliche Gestalten«, bemerkte der Mausling schließlich. »Ich erinnere mich, daß Kranarch und Gnarfi immer braunes Leder trugen. Doch es sind mehr als zwei.« »Ich zähle vier«, bestätigte Fafhrd. »Zwei wirken seltsam zottig. Sie tragen vermutlich braune Langhaarpelzkleidung. Und alle vier steigen vom Gletscher zur Felswand hoch.« »Wo der Sturm sie ...«, begann der Mausling, doch dann blickte er hoch, genau wie Fafhrd. Das Große Banner war verschwunden! »Du sagtest, daß manchmal ...« Wieder beendete der Mausling seinen Satz nicht. »Vergiß den Sturm und die beiden mit ihrer zottigen Verstärkung«, brummte Fafhrd kurzangebunden. Er wandte sich wieder dem Obelisken Polaris zu, und der Mausling mit ihm. Mit weit zurückgelegtem Kopf blickte der Mausling den grünlich weißen Hang empor und sagte: »Heute morgen 34 sieht er irgendwie steiler aus als die Nordwand, und entsetzlich hoch.« »Pah!« schnaubte Fafhrd. »Als Kind habe ich ihn vor dem Frühstück bestiegen, und nicht nur einmal.« Er hob die im dicken Handschuh geballte Faust wie einen Taktstock und rief: »Auf geht's!« Er schritt vorwärts, und ohne anzuhalten begann er die knollige Wand hinaufzugehen - so zumindest sah es aus, denn obgleich er sich mit den Händen hochzog, hielt er den Körper doch soweit wie möglich vom Fels entfernt, wie ein guter Bergsteiger es tut.
Der Mausling folgte dem Freund und benutzte den gleichen Halt für Füße und Hände wie er, doch hielt er den Körper dichter an die Wand. Am Vormittag kletterten sie immer noch, ohne Rast gemacht zu haben. Den Mausling schmerzte jeder Knochen. Sein Gepäck wog schwer wie ein fetter Mann auf seinem Rücken, und Skalpell wie ein nicht zu kleiner Junge, der sich an seinen Gürtel klammerte, und schon fünfmal hatte er ein Ohrensausen verspürt. Über ihm schlugen Fafhrds Nagelstiefel in einem so gleichmäßigen Rhythmus auf Felsvorsprünge und in Löcher, daß der Mausling ihn zu hassen begann. Aber entschlossen hielt er den Blick auf Fafhrds Beine gerichtet. Einmal hatte er zwischen seinen eigenen Beinen hinuntergeschaut. Das hatte ihm gereicht, er würde es nicht wieder tun. Deshalb war er auch völlig überrascht, als ein kleines weißes Gesicht mit blutiger Last ihn von unten her überholte. Auf einem schmalen Sims vor Fafhrd hielt Hrissa an und holte pfeifend tief Atem, während ihr Bauch sich bei jedem Ausatmen ans Rückgrat preßte. Sie atmete nur durch ihre rosige Nase, denn im Maul hielt sie zusammengedrückt zwei erlegte Schneehasen, deren Köpfe und Hinterteile schlaff herabbaumelten. Fafhrd nahm sie ihr ab, steckte sie in seinen Beutel und schnürte ihn wieder zu. Eine Spur hochtrabend sagte er: »Sie hat ihre Fähigkeit und 35 Ausdauer bewiesen und sich das Recht mitzukommen erkauft. Sie ist eine von uns.« Der Mausling hatte schon zuvor nicht daran gezweifelt. Für ihn waren sie auch ohne große Worte drei Kameraden, die zusammengehörten. Außerdem war er Hrissa dankbar für die kurze Rast, die durch ihr Kommen gegeben war. Um sie ein wenig zu verlängern, aber nicht nur deshalb, drückte er den Wasserbeutel und füllte seine Hand mit Wasser, um es Hrissa auslecken zu lassen. Dann tranken auch er und Fafhrd ein wenig. Den ganzen langen Sommertag kletterten sie die Westwand des grausamen, aber verläßlichen Obelisken hinauf. Fafhrd schien unermüdlich zu sein. Die Rast hatte den Mausling wieder zu Atem kommen lassen, aber das hielt auf die Dauer nicht an. Sein ganzer Körper schien ihm ein einziger bleierner Schmerz zu sein, der tief in den Knochen begann und wie Gift nach außen durch sein Fleisch drang. Wie durch einen Schleier sah er echte und eingebildete Halte für seine Hände und Füße, während die Notwendigkeit, keinen Fehlgriff oder Fehltritt zu tun, ihm wie der Befehl eines irrsinnigen Schulmeistergottes vorkam. Lautlos verfluchte er das ganze verrückte Sternhöh-Unternehmen und lachte insgeheim über die wahnwitzige Vorstellung, daß die Strophen auf dem Pergament tatsächlich das bedeuten könnten, was sie aus ihnen herausgelesen hatten. Trotzdem wollte er jetzt nicht aufgeben oder nochmals die kurzen Verschnaufpausen verlängern. Stumpf staunte er über Hrissas Ausdauer und Geschick. Aber am Nachmittag fiel ihm auf, daß sie hinkte, und einmal sah er auch den blutigen Abdruck von zwei Ballen, wo sie die Pfote aufgesetzt hatte. Zwei Stunden vor Sonnenuntergang schlugen sie ihr Nachtlager auf, weil sie ein verhältnismäßig breites Sims gefunden hatten und weil es begonnen hatte, kleine Flöckchen zu schneien. In der winzigen Feuerschale, die Fafhrd eingepackt hatte, machten sie ein Feuer mit Harzkügelchen, über dem sie in ihrem hohen Topf Wasser für Kräutertee kochten. Es dauerte eine Ewigkeit, bis es überhaupt nur lauwarm wurde. Mit Kat36 zenkralle, seinem Dolch, rührte der Mausling zur Stärkung noch zwei Klümpchen Honig hinein. Das Sims war so lang wie drei hintereinander ausgestreckte Männer und so breit wie einer, also geradezu geräumig, wenn man bedachte, daß es sich an der Steilwand von Obelisk Polaris befand. Hrissa legte sich matt hinter das kleine Feuer, während Fafhrd und der Mausling sich jeder an einer Seite davon zusammenkauerten, in ihre Umhänge gehüllt und viel zu müde, sich umzusehen, sich zu unterhalten oder auch bloß zu denken. Es begann etwas stärker zu schneien, bis die Flocken die Eisöde unten verbargen. Nachdem er seinen zweiten Schluck des gesüßten Tees getrunken hatte, erklärte Fafhrd, daß sie zumindest zwei Drittel der Wand geschafft hatten. Der Mausling verstand nicht, wie Fafhrd das feststellen konnte, denn das war seines Erachtens genausowenig möglich, wie ein Mann auf einem Schiff sagen konnte, wie weit er gesegelt war, nur indem er auf das küstenlose Gewässer des Äußeren Meeres schaute. Für den Mausling waren sie einfach in der Mitte einer schwindelerregenden senkrechten Ebene aus bleichem, grüngetöntem und jetzt schneegesprenkeltem Granit. Er war viel zu müde, um das Fafhrd klarzumachen, aber er strengte sich doch an zu sagen: »Als Kind bist du also noch vor dem Frühstück den Obelisken hoch- und hinuntergeklettert?« »Wir frühstückten damals recht spät«, erwiderte Fafhrd. »Vermutlich am Nachmittag des fünften Tages«, schloß der Mausling. Nachdem sie den Tee getrunken hatten, wärmten sie weiteres Wasser und gaben die zerkleinerten Stücke eines der beiden Schneehasen hinein, bis sie grau wurden. Dann kauten sie sie und tranken dazu die wenig geschmackvolle Brühe. Etwa zur gleichen Zeit begann Hrissa, sich ein bißchen für den anderen, abgezogenen Hasen zu interessieren, den sie ihr vor die Nase gelegt hatten - direkt an die Feuerschale, damit er nicht gefror. Und schließlich zerriß sie ihn und kaute ihn langsam. 37
Behutsam untersuchte der Mausling ihre Fußballen. Sie waren seidendünn getreten, wiesen ein paar Risse auf, und das weiße Fell dazwischen war rot verfärbt. Unendlich sanft strich er Salbe darauf und schüttelte den Kopf. Dann nickte er und holte aus seinem Beutel eine große Nadel, eine Spule Zwirn und ein kleines, zusammengerolltes dünnes, aber festes Stück Leder. Daraus schnitt er mit Katzenkralle etwas, das wie eine sehr dicke Birne aussah, und nähte es zu einem Stiefel für Hrissa zusammen. Als er ihn ihr über die Hinterpfote zog, ließ sie ihn eine Weile in Ruhe, doch dann begann sie vorsichtig daran zu beißen und blickte den Mausling dabei merkwürdig an. Er dachte kurz nach, ehe er vorsichtig Löcher in den Stiefel bohrte für die nicht einziehbaren Krallen der Eiskatze. Schließlich zog er ihn weiter hoch, bis die Krallen ganz herausschauten, und band den Stiefelschaft mit der dünnen Lederschnur fest, die er durch Schlitze am oberen Ende gezogen hatte. Als er sicher war, daß Hrissa den Stiefel anbehielt, schnitt er die restlichen zu. Fafhrd half ihm und nähte ebenfalls einen, dann zogen sie der Eiskatze auch die übrigen an. Hrissa schnupperte an jedem, ehe sie aufstand und ein paarmal probeweise die ganze Länge des Simses auf und ab schritt. Offenbar zufrieden, ließ sie sich zwischen Feuerschale und Mausling nieder und legte das Kinn auf seinen Knöchel. Die winzigen Schneeflocken fielen immer noch kerzengerade und bestäubten das Sims und Fafhrds kupferfarbiges Haar, bis er, genau wie der Mausling, die Kapuze über den Kopf zog und den Umhang zum Schlafsack schnürte. Die Sonne schien noch durch den Schneeschleier, aber das Licht, das gefiltert hindurchfiel, war weiß und brachte kein bißchen Wärme mit sich. Der Obelisk Polaris war kein geräuschvoller Berg, wie es viele sind: mit tropfendem Gletscherwasser, ratternden Geröllawinen und auch mit knisternden und gar knarrenden Gesteinsschichten, die sich in der verändernden Temperatur schwach verschieben. Nein, die Stille hier war ungebrochen. Der Mausling überlegte, ob er Fafhrd nicht von der lebenden Mädchenmaske oder der Illusion, die er des Nachts ge38 sehen hatte, erzählen sollte, und Fafhrd hätte seinerseits dem Mausling gern von seinem Traum berichtet. In diesem Moment kam es wieder, und ganz ohne Vorwarnung, dieses Rauschen in der Stille. Doch jetzt sahen sie in dem fallenden Schnee ganz deutlich die Umrisse einer großen, flachen, sich bewegenden Gestalt. Verhältnismäßig langsam flog sie an ihnen vorbei, nur zwei Speerlängen vom Sims entfernt. Aber mehr als die Umrisse, oder vielmehr die schneeflockenlose Leere, war nicht zu sehen, doch sie spürten den Luftzug ihres Vorüberziehens. Die Form dieses unsichtbaren Wesens ähnelte einem Rochen: einem Manta, oder seiner Größe von etwa zwölf Fuß Länge und neun Fuß Breite nach einem kleinen Teufelsrochen. Sogar die kleinen Flossen links und rechts vorn und ein dünner peitschender Schwanz zeichneten sich in der Schneeleere ab. »Ein großer, unsichtbarer Fisch!« zischte der Mausling. Er schob seine Hand in den halbzugeschnürten Schlafsack, und es gelang ihm, mit einer Bewegung Skalpell herauszuziehen. »Dein seltsames Gedächtnis hatte völlig recht, obwohl du dich zu irren glaubtest«, wandte er sich an Fafhrd. Als die gespenstische Erscheinung hinter dem senkrechten Felsvorsprung verschwand, an dem das Sims endete, erklang aus ihrer Richtung ein zweistimmiges leises Lachen: in Sopran und in Alt. »Ein unsichtbarer Fisch, der wie mehrere Mädchen lacht!« bemerkte Fafhrd sichtlich erschüttert. Er hob seine Axt, die er genauso schnell gezogen hatte, wie der Mausling sein Schwert, nur daß sie noch andern langen Riemen an seinem Gürtel hing. Sie schlüpften ganz aus ihren Schlafsackumhängen und warteten geduckt, mit der Waffe in der Hand, auf die Rückkehr des unsichtbaren Ungeheuers. Hrissa stand mit gesträubtem Fell zwischen ihnen. Doch nach einer Weile zitterten sie vor Kälte. So schlüpften sie notgedrungen wieder in ihre Schlafsäcke, aber sie behielten ihre Waffen in der Hand und waren bereit, sofort wieder herauszuspringen. Dann rätselten sie kurz an dem herum, was sie gerade gesehen oder 39 nicht gesehen hatten, und gestanden einander schließlich ihre Visionen beziehungsweise Träume von Mädchen. Nachdenklich sagte der Mausling: »Vielleicht saßen oder lagen die Mädchen auf dem Rücken dieses unsichtbaren Wesens und sind selbst ebenfalls unsichtbar. Aber was war dieses fliegende Geschöpf?« Das weckte wieder eine vage Erinnerung in Fafhrd. Widerstrebend sagte er: »Als Kind bin ich einmal nachts aufgewacht und habe gehört, wie Vater zu Mutter sagte: >... wie große, dicke, zitternde Segel, aber die, die man nicht sehen kann, sind die schlimmsten. < Sie hörten dann zu reden auf. Vermutlich, weil sie bemerkt hatten, daß ich mich rührte.« Der Mausling fragte: »Hat dein Vater jemals davon erzählt, daß er Mädchen in den größeren Höhen gesehen hat - aus Fleisch und Blut, oder als Erscheinung, oder eine Hexe, die ja eine Mischung aus beidem ist; sichtbar oder unsichtbar?« »Selbst wenn, hätte er es bestimmt nicht erwähnt«, erwiderte Fafhrd. »Meine Mutter war sehr eifersüchtig und nicht zimperlich mit dem Fleischklopfer.« Das Weiß, das sie immer noch mit den Blicken absuchten, wandelte sich nunmehr schnell in dunkelstes Grau, denn die Sonne war untergegangen. Die dicht fallenden Flocken waren nicht mehr zu sehen. Sie zogen ihre
Kapuzen wieder tief ins Gesicht, schnürten ihre Schlafsackumhänge bis oben zu und kuschelten sich zusammen, mit den Rücken auf dem Sims, und Hrissa zwischen ihnen, an sie beide geschmiegt. Wirkliche Schwierigkeiten erwarteten sie früh am nächsten Tag. Sie erwachten im ersten Morgenlicht und fühlten sich zerschlagen, nach einer Nacht voller Alpträume. Mühsam entkrampften sie sich, während ihre Frühstücksration aus starkem Kräutertee mit Fleischstückchen und Schnee, alles zusammen in einem Topf, gerade lauwarm wurde. Hrissa kaute an den leicht angewärmten Hasenknochen und nahm ein wenig von dem, Bärenfett und dem Wasser, das der Mausling ihr gab. In der Nacht hatte es zu schneien aufgehört, doch der Obelisk war an jedem Halt für Füße und Hände mit Schnee über einer dünnen Eisschicht bepudert - der erste Schnee am ver40 gangenen Nachmittag war auf dem etwas wärmeren Gestein geschmolzen, aber in der zunehmenden Kälte schnell gefroren. Also seilten Fafhrd und der Mausling sich an, und der Mausling fertigte eilig ein Geschirr für Hrissa an, indem er zwei Löcher in die Längsseite eines rechteckigen Lederstücks schnitt. Hrissa protestierte ein wenig, als er ihre Vorderbeine durch die Löcher steckte und die Enden des Rechtecks eng über ihren Schultern doppelt zusammennähte. Als dann ein Ende von Fafhrds Hanfseil dort, wo es zusammengenäht war, durch ihr Geschirr gezogen wurde, streckte sie sich flach auf dem Sims aus, wo die Feuerschale gestanden hatte, als wollte sie damit ausdrücken: »Dieses entwürdigende Geschirr trage ich sicher nicht, auch wenn ihr Menschen euch dafür nicht zu schade seid.« Doch als Fafhrd dann die Wand hochzuklettern begann, dichtauf gefolgt vom Mausling, und das Seil an ihrem Geschirr sich straffte, und nachdem sie hochgeblickt und gesehen hatte, daß die beiden anderen genauso angeseilt waren wie sie, kletterte sie ihnen widerwillig nach. Eine kurze Weile später rutschte sie von einem Vorsprung ab - ihre Stiefel waren zweifellos noch ungewohnt für sie - und baumelte mehrere bange Herzschläge lang scharrend hin und her, ehe sie wieder Halt fand. Glücklicherweise hatte der Mausling zu dem Zeitpunkt einen sicheren Halt gehabt. Danach schmollte Hrissa offenbar nicht mehr. Manchmal kletterte sie dem Mausling sogar voraus und grinste ihn an -ein wenig spöttisch, wie ihm schien. Die Wand war jetzt etwas steiler als das gestrige Stück, und so mußten sie aufpassen, daß jeder Halt auch absolut sicher war. Die behandschuhten Finger mußten sich unbedingt in Stein, nicht in Eis krallen, und die Schuhnägel sich durch die brüchige Schicht in den Fels bohren. Fafhrd schlang sich den Axtriemen ums rechte Handgelenk und benutzte die Waffe als Hammer, um das Eis zu brechen. Der Aufstieg wurde auch deshalb immer schlimmer, weil die Anspannung größer war. Selbst wenn er nur aus den Augenwinkeln sah, wie steil die Wand war, was ja unvermeidlich blieb, verkrampfte dem Mausling sich vor Angst der 41 Bauch. Er fragte sich, was passieren würde, wenn der Wind in diese Richtung blies? Und er mußte gegen den Drang ankämpfen, sich an die Wand zu drücken. Und obwohl es eiskalt war, rann ihm Schweiß über Gesicht und Brust, so daß er die Kapuze zurückwerfen und den Kittel bis zum Bauch öffnen mußte, damit seine Kleidung sich nicht damit vollsog. Aber es sollte noch Schlimmeres, kommen. Von unten hatte es ausgesehen, als würde die Wand allmählich schräger. Doch nun, da sie dem Gipfel näher waren, sahen sie, daß sie etwa zwanzig Fuß über ihnen mindestens sechs Fuß nach außen schwang. Sie war an dieser Stelle zwar genarbt und hätte durch die Unebenheiten guten Halt geboten, wenn sich diese Löcher nicht nach unten geöffnet hätten. Und dieser gewaltige Überhang breitete sich zu beiden Seiten aus, soweit sie blicken konnten, und sah stellenweise sogar noch gefährlicher aus. Sie kletterten so nahe heran, wie sie sicheren Halt fanden, und studierten die überhängende Wand über ihnen. Selbst Hrissa, die sich dicht neben dem Mausling festgekrallt hatte, schien sich nicht wohl in ihrer Haut zu fühlen. Fafhrd sagte leise: »Ich erinnere mich jetzt, daß man von einer Krempe rund um die flache Kuppe des Obelisken sprach. Seine Krone, glaube ich, nannte mein Vater sie. Ich frage mich ...« »Weißt du es denn nicht?« Des Mauslings Stimme klang scharf. Weil er sich so verkrampft festhielt, schmerzten seine Arme und Beine ärger als bisher. »O Mausling, in meiner Kindheit bin ich den Obelisken nie weiter hinaufgeklettert als etwa den halben Weg bis zu unserem nächtlichen Lager. Ich habe nur ein bißchen angegeben, um uns Mut zu machen.« Da es dazu nichts Freundliches zu sagen gab, verkniff sich der Mausling seine Entgegnung. Fafhrd begann, verlegen zu pfeifen, und angelte aus einem Beutel einen fünfzackigen Haken, den er am Ende des schwarzen Seils befestigte, das er noch zusammengerollt auf dem Rücken trug. Dann streckte er den rechten Arm soweit von der Felswand zurück, wie es nur ging, wirbelte den Haken in einem engen Kreis über den Kopf, schneller und immer schneller, und warf ihn schließlich 42 hoch. Sie hörten, wie er oberhalb der Krempe gegen den Fels schlug, sich jedoch nicht festbohren konnte, sondern sofort herunterglitt und dann herabplumpste und den Mausling um höchstens eine Handbreit - wie ihm schien - verfehlte.
Fafhrd zog den Wurfhaken mühsam hoch, denn unter ihnen verfing er sich offenbar an jeder Unebenheit, und warf ihn erneut hoch, und wieder und immer wieder, doch ohne daß es etwas nutzte. Einmal blieb er sogar oben, doch schon ein leichter Zug am Seil löste ihn. Fafhrds sechster Wurf war sein schlechtester. Der Haken verschwand überhaupt nicht außer Sicht. Als er seine höchste Höhe erreichte, glitzerte er kurz. »Sonnenschein!« zischte Fafhrd glücklich durch die Zähne. »Wir sind fast oben.« »Fast dürfte wohl leicht übertrieben sein«, bemerkte der Mausling, aber selbst aus seiner Stimme klang eine Spur Erleichterung. Doch als weitere sieben Würfe erfolglos blieben, schwand ihm jegliche Erleichterung. Seine Hände und Füße wurden in der Kälte taub und sein Verstand offenbar auch, denn als Fafhrd das nächstemal warf und der Haken wieder herabfiel, war er so unklug, ihm nachzublicken. Zum erstenmal heute schaute er hinaus und hinunter. Die Eisöde war eine blaßblaue Fläche, fast wie der Himmel und scheinbar noch weiter entfernt. All ihr Strauchwerk, ihre Hügel und winzigen Seen waren lange schon zu Punkten und schließlich unsichtbar geworden. Viele Meilen im Westen, fast am Horizont, war ein unregelmäßiges bleichgoldenes Band zu sehen, wo die Schatten der Berge endeten. Etwa in der Mitte des Bandes befand sich eine blaue Lücke: der Schatten der Sternhöh, der über den Rand der Welt hinausragte. Schwindelerfüllt riß der Mausling seinen Blick zum Obelisken zurück - und obgleich er den Granit sehen konnte, bedeutete er ihm nichts mehr, außer unsichere Haltegriffe an einer Art bleichgrünem Nichts, an dem Fafhrd und Hrissa irgendwo in seiner Nähe hingen. Sein Verstand war nicht mehr fähig, seine Steilheit als Wirklichkeit hinzunehmen. Als der Drang in ihm wuchs, sich einfach fallen zu lassen, 43 verwandelte er ihn irgendwie in ein höhnisches Schnauben, und er hörte sich selbst voll schneidender Verachtung sagen: »Hör mit deinem törichten Fischen auf, Fafhrd! Ich werde dir jetzt zeigen, wie die lankhmarische Bergwissenschaft mit einem so unbedeutenden Problem wie diesem fertig wird, das all deinem barbarischen Wirbeln und Werfen widersteht!« Mit tollkühner Eile löste er seinen Bambushakenstab vom Rückenpack und fing mit fast tauben Fingern fluchend an, seine ineinander gesteckten Teile nacheinander herauszuziehen und einrasten zu lassen, bis der Stab etwa viermal so lang wie zuvor war. Diese von Wissenschaftlern ausgedachte Kletterhilfe hatte der Mausling tatsächlich den ganzen Weg von Lankhmar mitgebracht. Es war ein ständiger Zankapfel gewesen, denn Fafhrd ließ sich nicht davon überzeugen, daß es mehr als ein ausgeklügeltes Spielzeug sei, das herumzuschleppen sinnlos war. Jetzt jedoch enthielt Fafhrd sich einer gehässigen Bemerkung. Wortlos rollte er sein Seil mit dem Haken wieder auf und drückte die Hände an den Seiten gegen den Wolfspelzkittel, um sie zu wärmen. Mit geradezu sanftem Blick schaute er dem Mausling bei seiner hektischen Tätigkeit zu. Hrissa kletterte zu einem bequemeren Halteplatz neben Fafhrd und wartete gleichmütig ab. Doch als der Mausling mit zitternden Fingern das schmälere Ende des schwarzen Werkzeugs zu dem Vorsprung hochstieß, streckte Fafhrd den Arm aus, um ihm dabei zu helfen. Jetzt konnte er es allerdings nicht mehr unterlassen zu sagen: »Wenn du dir einbildest, einen festen Halt mit dem Haken am Rand zu ...« »Halt den Mund, du Tölpel!« knurrte der Mausling wütend. Mit Fafhrds Unterstützung stieß er das Pikenende in eine Narbe im Stein, keine Fingerlänge vom Rand entfernt. Dann stellte er das mit dem einfachen Haken versehene Fußende des Stabes in eine kleine tiefe Ausbuchtung unmittelbar über seinem Kopf. Als nächstes zog er zwei kurze, im Stab eingelassene Hebelarme heraus und begann sie zu drehen. Schnell war zu erkennen, daß sie eine im Stab verborgene Schraube betätigten, denn der Stab verlängerte sich, bis 44 er fest zwischen den beiden Haken im Gestein klemmte, während der starre schwarze Schaft sich ein wenig bog. In diesem Augenblick brach ein Stück Gestein vom Krempenrand ab, gegen das der Stab gedrückt hatte. Der Stab vibrierte heftig, während er sich gerade richtete, und der Mausling verlor fluchend seinen Halt und fiel. Glücklicherweise war das Seilstück zwischen den beiden Kameraden kurz, und die Nägel von Fafhrds Stiefeln steckten tief im Gestein, wie von Dämonen geschmiedete Dolchspitzen - denn als der heftige Zug an Fafhrds Gürtel und seiner Linken erfolgte, mit der er das Seil hielt, überstand er ihn, ohne dem Mausling nachzustürzen. Er beugte nur die Knie ein wenig, während er fast lautlos fluchte. Gleichzeitig streckte er die Rechte nach dem vibrierenden Stab aus, und es gelang ihm, ihn zu retten. Zum Glück war der Mausling auch nicht so weit gefallen, daß er Hrissa mit hinuntergerissen hätte, obgleich das Seil zwischen ihnen sich fast straffte. Die Eiskatze steckte den Hals tief zwischen die Vorderbeine und schaute mit sichtlicher Neugier hinunter zu dem Baumelnden. Des Mauslings Gesicht war fahlgrau. Fafhrd tat, als bemerkte er es nicht. Er händigte dem Freund lediglich den schwarzen Stab aus und sagte: »Es ist ein gutes Werkzeug. Ich habe ihn wieder ineinandergeschoben. Verankere ihn in einem anderen Loch und versuch es noch mal.« Bald klemmte der Stab fest zwischen der Einbuchtung über des Mauslings Kopf und einer Narbe, eine Handbreit vom Krempenrand entfernt. Dann übernahm der Mausling die Führung am Seil. Er kletterte am Stab entlang hoch und hinaus. Mit dem Rücken nach unten hing er an ihm, und Halt fand er mit den Sohlenrändern an den
leichten Erhebungen, wo die einzelnen Stabteile ineinander festrasteten. So arbeitete er sich über dem Blaugrau der Tiefe weiter, die ihn zuvor so erschreckt hatte. Der Stab bog sich unter des Mauslings Gewicht noch ein bißchen mehr, und das Pikenende rutschte in der oberen Gesteinsnarbe mit gräßlichem Scharren um einen Fingerbreit, aber der Mausling drehte die Schraube ein wenig, und die Verankerung hielt. 45 Fafhrd und Hrissa sahen, wie der Mausling das Ende erreichte, wo er kurz anhielt. Dann streckte er den linken Arm hoch, bis er bis zum Ellbogen außer Sicht über dem Rand verschwunden war, während er mit der Rechten den Haken faßte und die Beine um den Schaft schlang. Er schien mit der Linken herumzutasten und fand offenbar etwas. Dann zog er sich weiter hinaus und hinauf. Ganz langsam verschwand sein Kopf über dem Rand und danach mit einem schnellen Schwung sein rechter Arm. Eine Weile sahen sie nur die untere Hälfte des gekrümmten Mauslings, dessen dunkelsohlige Stiefel sich sicher ums Stabende schlangen. Und dann, langsam wie eine Schnecke und indem er sich mit einem Stiefel vom Haken abstieß, verschwand er ganz außer Sicht. Fafhrd gab ihm langsam weiteres Seil nach. Nach einer Weile erklang des Mauslings Stimme ein bißchen gespenstisch, aber ganz deutlich: »Hallo! Ich habe das Seil um einen Auswuchs, so groß wie ein Baumstumpf, gebunden. Schick Hrissa herauf.« Also band Fafhrd Hrissa in ihrem Geschirr mit einem Sicherheitsknoten an das Seil. Verzweifelt schlug die Eiskatze einen Augenblick um sich, als sie in die Leere hinausgeschwungen wurde, doch dann verhielt sie sich völlig still. Aber während der Mausling sie langsam hochzog, lockerte sich Fafhrds Knoten. Schnell schnappte Hrissa mit den Zähnen nach dem Seil und hielt es zwischen den Kiefern fest. Kaum erreichte sie den Rand, waren ihre aus den Stiefeln ragenden Krallen bereit, und sie schlug sie in den Fels. Gleich darauf wurde sie außer Sicht gezogen. Kurz danach rief der Mausling hinunter, daß Hrissa in Sicherheit sei und Fafhrd folgen sollte. Der große Mann zog stirnrunzelnd die Schraube fester an, obgleich der Stab bedrohlich knirschte, dann begann er vorsichtig an ihm hochzuklettern. Der Mausling straffte nun sein Seil von oben, aber während des ersten Stücks vermochte er den Stab um kaum mehr als ein paar Pfund von Fafhrds Gewicht zu entlasten. Der obere Haken verrutschte wieder mit grauenvoll scharrendem Geräusch, aber glücklicherweise nur ein winziges 46 Stück. Mit Hilfe des Seils gelang es Fafhrd, Hände und Kopf über den Rand zu heben. Was er vor sich sah, war ein glatter sanfter Felshang, auf dessen Kuppe der Mausling und Hrissa sich im strahlenden Sonnenschein vom blauen Himmelshintergrund abhoben. Kurz danach stand er neben ihnen. Der Mausling sagte: »Fafhrd, erinnere mich, wenn wir in Lankhmar zurück sind, daß ich Glinthi, dem Erfinder, dreizehn Diamanten aus dem Beutel gebe, den wir auf der Sternhöhkappe finden werden: einen für jeden Verlängerungsteil meines Kletterstabs, einen für jeden Haken an den Enden und zwei für jede Schraube.« »Hat er denn mehr als eine Schraube?« fragte Fafhrd respektvoll. »Ja, eine an jedem Ende«, antwortete der Mausling und bat ihn, das Seil für ihn zu spannen, damit er den Hang hinunterklettern, sich mit dem ganzen Oberkörper über den Krempenrand beugen und den Stab zusammenziehen konnte, indem er die obere Schraube drehte, bis er sich heraufziehen ließ. Auf der flachen Kuppe angekommen, steckte er ihn wieder ganz ineinander. Fafhrd wandte sich ernst an ihn: »Du mußt ihn an deinen Gürtel hängen, wie ich meine Axt. Keinesfalls dürfen wir das Risiko eingehen, Glinthis Hilfe für den Rest unserer Klettertour zu verlieren.« In der heißen Sonne warfen Fafhrd und der Mausling ihre Kapuzen zurück und öffneten ihre Kittel, dann schauten sie sich um, während Hrissa sich genießerisch auf dem Boden wälzte und mit der rauhen Zunge das weiße Fell putzte, das ihre zahllosen Schürfwunden verbarg. Beide Männer waren leicht berauscht von der dünnen Luft und beschwingt, weil sie den gefährlichen Aufstieg glücklich hinter sich gebracht hatten. Sie konnten es kaum glauben, daß die allmählich südwärts ziehende Sonne noch nicht einmal den halben Weg zum Zenit zurückgelegt hatte. Die überstandenen Gefahren, die ihnen stundenlang vorgekommen waren, hatten nur Minuten gedauert. 47 Die Kuppe des Obelisken Polaris war eine wellige Ebene aus bleichem Gestein und zu groß, um sie nach Lankhmar-Morgen zu messen. Sie waren nahe der Südwestecke heraufgekommen, und das graugetönte Steinfeld schien sich dem Osten und Norden zu in die Unendlichkeit zu erstrecken. Da und dort waren Erhebungen und Mulden, die sich jedoch sanft in die Ebene einfügten. Ein paar größere Felsblöcke waren zu sehen, aber nicht viele, und im Osten etwas nicht deutlich Erkennbares, das Sträucher oder kleine Bäume sein mochten, die in staubgefüllten Rissen Wurzeln geschlagen hatten. »Was liegt östlich der Bergkette?« wollte der Mausling wissen. »Ebenfalls eine Eisöde?« »Unser Clan kam nie dorthin«, antwortete Fafhrd. Er runzelte die Stirn. »Es ist wohl mit irgendeinem Tabu belegt, glaube ich. Immer war der Osten nebelverhangen, wenn Vater auf einen höheren Berg kletterte, von dem
aus er ihn hätte sehen können - das erzählte er uns jedenfalls.« »Wir könnten uns jetzt umsehen«, meinte der Mausling. Fafhrd schüttelte den Kopf. »Wir müssen dorthin!« Er deutete nordostwärts, wo die Sternhöh schlief, oder zu schlafen vortäuschte. Und nun sah sie zumindest siebenmal so groß und hoch aus als zuvor, während der Obelisk sie zum Teil verborgen hatte. Düster murmelte der Mausling: »Unsere ganze anstrengende Besteigung des Obelisken hat die Sternhöh nur noch höher gemacht. Bist du sicher, daß nicht vielleicht noch ein möglicherweise unsichtbarer Berg auf ihr steht?« Fafhrd nickte, ohne den Blick von ihr zu nehmen, die Kaiserin der Bergriesen ohne Prinzgemahl war. Ihre Zöpfe waren von hier gesehen zwei gewaltige Schneeflüsse, in deren Lauf Lawinen hinunterrollten. Der südliche Zopf führte in einer großen, abwärtsführenden Doppelkurve auf die Nordwestecke der Felskuppe zu, auf der sie standen. Sternhöhs Schneekappe, deren Krempe im Sonnenschein glitzerte, als wäre sie mit Diamanten besteckt, schien noch ein wenig verwegener in ihre Richtung geneigt zu sein, als es von unten ausgesehen hatte, und das scheuäugige Gesicht eben48 so, so daß man an eine vornehme Dame denken konnte, die andeutete, daß sie sich vielleicht entschließen mochte, ihre Gunst zu verschenken. Doch die langen bleichen Schleier des Großen und des Kleinen Banners hingen nicht mehr von ihrer Kappe. Die Luft auf Sternhöhs Gipfel mußte im Augenblick genauso unbewegt sein, wie sie gegenwärtig auf dem Obelisken war. »Welch verteufeltes Glück, daß Kranarch und Gnarfi ausgerechnet an diesem einen von acht anderen Tagen die Nordwand hochsteigen, an dem der Sturm nicht tobt!« fluchte Fafhrd. »Aber er wird noch ihr Tod sein und der ihrer zwei zottigen Begleiter. Diese Windstille kann nicht anhalten!« »Ich erinnere mich jetzt«, sagte der Mausling plötzlich nachdenklich. »Als wir in Illik-Ving mit ihnen tranken, brüstete Gnarfi sich in seinem Suff damit, daß er den Wind herbeipfeifen kann, das habe seine Großmutter ihm beigebracht - und vertreiben ebenfalls, was in diesem Fall angebrachter ist.« »Um so mehr müssen wir uns beeilen!« Fafhrd griff nach seinem Rückenpack und schlüpfte mit den muskulösen Armen durch die breiten Schulterriemen. »Komm schon, Mausling. Hoch mit dir, Hrissa! Vor dem Schneekamm werden wir dann einen Bissen essen.« »Du meinst, wir sollen heute noch über diese trügerische Eisbrücke?« begehrte der Mausling auf, der sich gern noch ein wenig in der Sonne gebadet hätte. »Noch vor Mittag!« bestimmte Fafhrd. Und schon machte er sich mit langen Schritten auf geradem Weg nach Norden und hielt sich dabei dicht an den Westrand der Bergkuppe, als wollte er damit verhindern, daß der Mausling einen neugierigen Blick in den Osten warf. Aber der Freund folgte ihm nach anfänglichen Protesten. Hrissa blieb eine Weile hinkend weit zurück, doch mit der Zeit schwand ihre Steifheit, und sie holte die beiden ein, während ihre Katzenneugier allem Neuen gegenüber wuchs. Und so marschierten sie über die große, seltsam wellige Granitebene des Obelisken, die da und dort mit Kalksteinstreifen, weiß wie Marmor, durchzogen war. Ihre sonnen49 heiße Stille und Eintönigkeit wurde mit der Zeit unheimlich. Ihre Mulden waren auch gar nicht immer so seicht, wie sie aus der Ferne ausgesehen hatten. Fafhrd fielen mehrere auf, in der sich ganze Bataillone unbemerkt hätten versteckt halten können, bis man in Speerwurfweite heran war. Je länger sie dahinschritten, desto genauer studierte Fafhrd den unter seinen Nagelstiefeln krachenden Stein. Schließlich blieb er stehen und deutete auf eine merkwürdig gekräuselt wirkende Strecke. »Ich könnte schwören, daß das früher einmal Meeresgrund war«, sagte er leise. Des Mauslings Augen verengten sich. Er dachte an die riesigen fischähnlichen Flugwesen, die sie am vergangenen Abend als Leere zwischen den Schneeflocken gesehen und die in ihrer Form und Bewegungsweise an Rochen erinnert hatten. Unwillkürlich rann ihm ein eisiges Schaudern über den Rücken. Mit wackelndem Kopf überholte sie Hrissa in schleichendem Gang. Bald kamen sie am letzten Felsblock vorüber und sahen, kaum einen Pfeilschuß weit entfernt, das Glitzern von Schnee. »Das schlimmste am Bergsteigen ist, daß man die einfachen Strecken so schnell hinter sich bringt«, bemerkte der Mausling tiefsinnig. »Psst!« warnte Fafhrd plötzlich und warf sich flach wie ein riesiger vierbeiniger Wasserkäfer auf den Boden und drückte sein Ohr auf den Stein. »Hörst du es, Mausling?« Hrissa starrte knurrend, mit aufgestellten Nackenhaaren, um sich. Der Mausling wollte Fafhrds Beispiel folgen, doch es wurde ihm bewußt, daß das Geräusch so schnell herankam, daß er es auch so deutlich hören konnte. Es war ein hohes, fast schrilles Trommeln, als schlügen fünfhundert Teufel mit scharfen Fingernägeln auf ein riesiges, straff gespanntes Trommelfell ein. Und plötzlich kam über eine leichte Erhebung im Südosten eine gewaltige, offenbar durchgehende Ziegenherde in breiter Front auf sie zu. So dicht zusammengedrängt war sie und
50 so leuchtend weiß das Fell der Tiere, daß es aussah, als wolle eine breite Welle lebenden Schnees sie überrollen. Selbst die großen geschwungenen Hörner der Leittiere waren elfenbeinfarben. Dem Mausling fiel auf, daß ein Stück der sonnigen Luft über ihrer Mitte flimmerte und wogte, wie man es über einem Feuer sehen kann. Und schon rasten er und Fafhrd, Hrissa vornweg, zurück zu dem letzten Felsblock. Hinter ihnen wurde das Teufelstrommeln der durchziehenden Herde immer lauter. Sie erreichten den Felsblock und kletterten hinauf, kaum einen Herzschlag bevor die vorderste Reihe der Herde so nah herangekommen war. Es war nur gut, daß Fafhrd, sobald sie oben angelangt waren, die Axt aus dem Gürtel riß, denn einer der Ziegenböcke sprang mit eingezogenen Vorderbeinen und gesenktem Kopf hoch, um mit den elfenbeinfarbigen Hörnern zuzustoßen, deren Spitzen gesplittert waren. Fafhrd traf ihn mit einem so gewaltigen Hieb an der schneeweißen Schulter, daß das Tier an ihnen vorbei durch die Luft flog und auf dem schmalen Schräghang zum westlichen Krempenrand aufschlug. Und dann war die weiße Herde um den großen Felsblock, aber so dicht aneinandergedrängt, daß die Tiere gar keinen Platz zum Hochspringen hatten. Das Trommeln ihrer Hufe, ihr Keuchen und ängstliches Meckern war ohrenbetäubend, und ihr Gestank drang beißend in die Nase, während der Felsblock unter dem Hufgetrampel erzitterte. Als etwa die Hälfte der Herde vorbei war, kam ein plötzlicher Luftzug auf, der kurz den Gestank verdrängte, als etwas dicht über ihren Köpfen vorüberflog und den Himmel kräuselte wie eine lange, flatternde Decke aus flüssigem Glas. Und über dem Lärm der Ziegen war flüchtig ein rauhes, unangenehmes Lachen zu vernehmen. Der geringere Teil der Herde rannte zwischen Felsblock und Krempenrand vorbei, von ihm stürzten viele Ziegen, wie Verdammte schreiend, in die Tiefe, und sie nahmen auch den Kadaver des großen Ziegenbocks mit, den Fafhrd getötet hatte. So plötzlich wie ein Sturm, der im Eismeer einen Mast kappt, waren die durchziehenden Ziegen an ihnen vorbei 51 und bogen ein wenig ostwärts vom tödlichen Rand ab. Die letzten Ziegen, hauptsächlich tragende und junge Kitze, hüpften verzweifelt hinter der Hauptherde her. Der Mausling streckte den Arm wie zu einem Schwerthieb zur Sonne aus und brüllte: »Schnell, schau dort, wo die Sonnenstrahlen sich so merkwürdig über der Herde krümmen! Es ist das gleiche fliegende Ding, das gerade über uns hinwegbrauste und das wir gestern im Schneetreiben sahen. Es hat die Herde in Panik versetzt, und seine Reiter haben sie auf uns zugetrieben. O diese verdammten, gespenstischen Weiber mit ihren trügerischen Verlockungen, die uns von Ziegen zerstampfen lassen wollten, die schlimmer stinken, als eine Tempelorgie in der Stadt der Ghuls.« »Es war nicht ihr Lachen«, widersprach Fafhrd. »Es war viel tiefer.« »Dann haben sie eben irgendeinen Henkersknecht mit tiefer Stimme. Macht sie das in deinen Augen besser? Oder in deinen flatternden, liebesbetörten Ohren?« tobte der Mausling aufgebracht. Das Trommeln der wandernden Herde erstarb schneller noch, als es gekommen war. In der neuen Stille hörten sie ein glückliches, halbgedämpftes Knurren. Hrissa, die gleich hinter der Herde vom Felsblock gesprungen war, hatte ein fettes Kitz geschlagen. »Ah, ich kann schon riechen, wie es über dem Feuer brutzelt!« freute sich der Mausling, der seinen Zorn bereits vergessen hatte. »Brave Hrissa! Fafhrd, wenn es im Osten Bäume, Büsche und Gras gibt - und das muß es ja, denn wovon sollten die Ziegen sich sonst ernähren? -, finden wir dort auch Brennholz, und vielleicht sogar Minze, und wir können ...« »Du wirst das Fleisch roh zu Mittag essen oder überhaupt nicht!« bestimmte Fafhrd heftig. »Wir können es uns nicht leisten, daß dieses höhnische fliegende Ding wieder Ziegen in Panik bringt und auf uns hetzt, oder vielleicht gar Schneelöwen, denn die gibt es ganz sicher, nachdem hier Ziegen sind. Und sollen wir Kranarch und Gnarfi etwa gar den Gipfel der Sternhöh auf einem silbernen Tablett anbieten? Wenn diese Teufel auch morgen noch den Wind fernhalten können 52 und ausdauernde, geschickte Bergsteiger sind - im Gegensatz zu jemandem, den ich bei Namen nennen könnte! , erklimmen sie den Gipfel vor uns.« Also half der Mausling beim Häuten und Ausnehmen des Kitzes, wobei er nur dann und wann brummelte. Ein Teil des Fleisches, hauptsächlich Schlegel und Rücken, packten sie für das Abendessen ein. Hrissa trank noch ein wenig des Blutes und fraß die halbe Leber, dann folgte sie dem Mausling und Fafhrd, die nordwärts auf die Schneebrücke zustiefelten. Im Gehen kauten die beiden gepfefferte dünne Schnitten des rohen Fleisches und hielten die Ohren offen nach verdächtigen Geräuschen, wie, beispielsweise, einer weiteren durchziehenden Herde. Der Mausling hatte gehofft, wenigstens von der Nordwand des Obelisken Polaris aus etwas von der östlichen Landschaft zu erspähen, doch das wurde ihm hier durch den erhöhten Schneesattel auch verwehrt. Das Bild, das sich ihnen im Norden bot, war ehrfurchtgebietend. Eine gute halbe Meile, fast senkrecht unter ihnen, stürzte die Gischt des Weißen Wasserfalls geheimnisvoll in die Tiefe und glitzerte selbst im Schatten. Die natürliche Brücke, die sie überqueren mußten, schwang erst gut fünfzig Fuß aufwärts und tauchte dann hinab zu einem langen Schneesattel, etwa fünfzig Fuß unter ihnen, ehe sie allmählich zu dem südlichen Zopf
hochführte, über den, wie sie jetzt deutlich sehen konnten, Lawinen herunterrollten und -holperten. Nun war auch klar zu erkennen, wie der Nordostwind, der fast ständig blies, aber die Leiter verschonte, den Schnee zwischen dem höheren Berg und dem Obelisken anhäufte. Doch ob die Felsverbindung zwischen den beiden Bergen ein paar Dutzend Fuß unter dem Schnee lag oder eine halbe Meile, wußte Fafhrd nicht zu sagen. »Wir müssen uns wieder anseilen«, bestimmte er. »Ich gehe als erster und haue Stufen für uns über den Westhang.« »Wozu brauchen wir in dieser Windstille Stufen?« fragte der Mausling. »Oder warum willst du überhaupt zum Westhang? Nur damit ich den Osten nicht sehe, habe ich recht? 53 Die Brücke ist breit genug, daß zwei Ochsenkarren nebeneinander darüber fahren könnten.« »Wo der Wind über die Brücke fegt, hat sich zweifellos im Osten ein Überhang gebildet, der durchbrechen würde«, erklärte Fafhrd. »Wer versteht eigentlich mehr von Schnee und Eis, du oder ich?« »Ich habe einmal mit dir die Gebeine der Alten überquert«, antwortete der Mausling schulterzuckend. »Ich erinnere mich, daß auch sie mit Schnee überzogen waren.« »Pah, das war nicht mehr als Puderzucker auf einem Kuchen, verglichen mit dem hier«, brummte Fafhrd abfällig. »Nein, Mausling, auf dieser Strecke ist mein Wort Gesetz.« »Na gut«, murmelte der Mausling. Also seilten sie sich an, ziemlich dicht hintereinander, Fafhrd als erster, dann der Mausling und als letzte Hrissa, und ohne ein weiteres Wort schlüpfte Fafhrd in seine Handschuhe, schlang sich die Axt um das Handgelenk und begann, Stufen für sie an der Schulter des Schneewalls zu hauen. Es war harte und zeitraubende Arbeit, denn unter einer dünnen Pulverschneeschicht war der Schnee hartgefroren. Und jede Stufe erforderte zwei Arbeitsgänge: das Einschlagen mit einem Rückhandhieb, und dann einen Vorhandschwung, um Platz zu schaffen. Als der Hang steiler wurde, mußte er die Stufen enger beieinander einkerben. Sie waren nicht sehr groß, jedenfalls nicht im Verhältnis zu seinen großen Füßen, aber sie boten einen sicheren Halt. Bald waren der Obelisk und der Kamm von der Sonne abgeschnitten. Es wurde bitter kalt. Der Mausling schnürte seine Jacke bis oben zu und zog die Kapuze tief ins Gesicht, während Hrissa zwischen ihren kurzen Sprüngen von Stufe zu Stufe auf jeder herumhüpfte, um ihre gestiefelten Pfoten vom Erfrieren zu bewahren. Der Mausling nahm sich vor, ihre Stiefel mit Schafspelzflocken zu füttern, wenn er(Hrissas Ballen wieder mit Salbe behandelte. Er trug jetzt seinen ineinander gesteckten Stab an einer Schlaufe ums Handgelenk. Sie ließen die Schulter der Erhöhung hinter sich und erreichten die gegenüberliegende Seite des Schneesattelanfangs, aber Fafhrd schlug keine Stufen zu ihm hoch. Die, die 54 er in den Schnee kerbte, führten in einem schärferen Winkel abwärts als der Schneesattel, obgleich der Hang, den sie überquerten, ziemlich steil wurde. »Fafhrd«, protestierte der Mausling, »wir sind zu Sternhöhs Gipfel unterwegs, nicht zum Weißen Wasserfall!« »Du hast selbst >na gut< gesagt«, brummte Fafhrd zwischen zwei Axthieben. »Außerdem, wer muß sich denn plagen?« Klirrend drang die Axt ins Eis. »Schau doch, Fafhrd«, machte der Mausling ihn aufmerksam, »zwei Ziegen überqueren den Sattel zur Sternhöh. Nein, drei!« »Sollen wir uns auf Ziegen verlassen? Frag dich doch mal, warum sie geschickt wurden!« Wieder klirrte Fafhrds Axt. Die südwärts ziehende Sonne kam wieder in Sicht und warf ihre Schatten weit voraus. Das bisher blasse Grau des Schnees glitzerte jetzt in strahlendem Weiß. Der Mausling schlug seine Kapuze wieder zurück. Eine Weile genoß er die Sonnenwärme auf seinem entblößten Hinterkopf und schwieg, doch als der Hang noch steiler wurde und Fafhrd unentwegt nach unten führende Stufen schlug, konnte er den Mund nicht mehr halten. »Wenn ich mich recht entsinne«, sagte er, »hatten wir doch vor, die Sternhöh hochzusteigen. Aber offenbar stimmt etwas mit meinem Gedächtnis nicht. Fafhrd, ich glaube dir ja, daß wir uns vom Brückenkamm fernhalten müssen, aber so fern? Die drei Ziegen sind inzwischen drüben angelangt.« »Du hast >na gut< gesagt!« knurrte Fafhrd, und es klang fast drohend. Der Mausling zuckte mit den Schultern. Er stützte sich jetzt fast ständig auf seinen Stab, und Hrissa studierte offenbar jede Stufe, ehe sie sprang. Ihre Schatten huschten nun weniger als einen Speerwurf weit vor ihnen her. Die Sonne hatte begonnen, die oberste Schneeschicht zu schmelzen, so sickerte Eiswasser herab, benäßte ihre Handschuhe, und die Stufen wurden glitschiger. Trotzdem schlug Fafhrd immer weitere in die Tiefe, und mit einem Mal sogar noch steiler. Er kerbte auch über jeder einen Halt für die Hände in die Wand - und das war unbedingt erforderlich. 55 »Fafhrd«, sagte der Mausling sanft, »vielleicht hat ein Eisgeist dir das Geheimnis des Schwebens ins Ohr geflüstert, damit du von diesem großartigen Startplatz springen und dann zum Gipfel der Sternhöh entschweben kannst. In diesem Fall wäre ich dir dankbar, wenn du es auch mir und Hrissa verraten könntest.« »Pssst!« zischte Fafhrd in diesem Augenblick. »Etwas nähert sich. Halt dich fest und schau zurück.«
Der Mausling stützte sich auf seinen in den Schnee gestoßenen Stab und drehte den Kopf. Im gleichen Moment sprang Hrissa von der letzten Stufe zu der, auf der der Mausling stand. Sie landete halb auf seinem Stiefel und klammerte sich an seinem Knie fest- doch tat sie es so geschickt, daß der Mausling den Halt nicht verlor. »Ich sehe nichts«, brummte der Mausling und spähte fast direkt sonnenwärts. Doch gleich darauf fuhr er abgehackt fort: »Wieder scheinen sich die Sonnenstrahlen wie eine wirbelnde Laterne zu drehen! Das Glitzern auf dem Eis sieht wie gekräuselt aus. Das fliegende Ding kommt wieder! Halt dich fest!« Das Rauschen war zu hören, lauter als je zuvor, und wie eine brandende Woge traf der Luftzug sie. Er zerrte an ihrer Kleidung und Hrissas Fell und zwang sie dazu, sich ins Eis zu krallen, was Fafhrd nicht daran hinderte, die Rechte mit der Axt weit zu schwingen, so daß er durch die Wucht des Hiebes fast das Gleichgewicht verloren hätte. »Ich bin sicher, daß ich ihn erwischt habe, Mausling!« knurrte er, als er sich wieder fing. »Die Axt hat außer Luft noch etwas anderes berührt!« »Du unüberlegter Narr!« rief der Mausling. »Deine lächerlichen Kratzer werden ihn erzürnen und zurückbringen.« Er ließ seinen ausgehauenen Haltegriff los und stützte sich auf seinen Hakenstab, während er die sonnenhelle Luft ringsum nach Kräuselerscheinungen absuchte. »Ich glaube eher, daß ich ihm Angst eingejagt und ihn vertrieben habe«, erklärte Fafhrd von oben herab. Das Rauschen wurde immer leiser, bis die Luft wieder ganz still wurde und selbst das Tropfen des geschmolzenen Schnees nicht mehr zu hören war. 56 Mit einem Seufzer der Erleichterung wandte der Mausling sich erneut der Wand zu und berührte - nichts. Er erstarrte. Er wandte nur die Augen und sah, daß von einer Höhe oberhalb seiner Knie der gesamte Schneekamm verschwunden war - der ganze Sattel und ein Teil der Erhebung davor und dahinter, als hätte ein großer Gott, während der Mausling ihm den Rücken zugewandt hatte, dieses Stück Wirklichkeit entfernt. Schwindelerfüllt klammerte er sich an seinen Stab. Er stand jetzt auf einem neuerschaffenen Schneesattel. Dahinter und unterhalb seiner frisch gekappten Ostwand stürzte der gewaltige Schneerücken, immer noch in einem berggroßen Stück, schneller und schneller in die Tiefe. Die Stufen, die Fafhrd geschlagen hatte, endeten am neuen Schneerand. »Du siehst, ich habe sie gerade noch weit genug hinuntergeschlagen, aber sehr knapp«, brummte Fafhrd. »Ich hatte mich also etwas verrechnet.« Der stürzende Sattel verschwand außer Sicht, und der Mausling und Fafhrd konnten endlich sehen, was östlich der Berge der Riesen lag: eine gewaltige wellige Ebene dunklen Grüns, das Wipfel sein mochten, allerdings würden von hier aus gesehen selbst die gigantischsten Bäume winziger als Grashalme wirken. Diese ungeheure Weite lag noch tiefer unter ihnen als die Eisöde in ihrem Rücken. Jenseits dieser grünen Ebene erhob sich gespenstisch ein weiterer Gebirgszug. »Ich habe Sagen über das Große Klufttal gehört«, murmelte Fafhrd. »Ein von Bergen umgebenes Becken, das mit Sonnenschein gefüllt ist und dessen warmer Boden eine Meile tiefer liegt als die Öde.« Suchend blickten sie sich um. »Schau, die Ostseite des Obelisken ist fast bis oben bewaldet. Jetzt wundert es mich nicht mehr, daß es dort Ziegen gibt«, sagte der Mausling. Von der Ostwand der Sternhöh war aber nichts zu sehen. »Komm schon!« drängte Fafhrd. »Wenn wir zögern, entschließt sich der höhnische Flieger eventuell, doch zurückzukommen, trotz meines Axthiebs.« 57 Stumm machte er sich daran, wieder Stufen zu schlagen, und zwar immer noch abwärts. Hrissa schaute über den neuen Rand. Sie hatte den Kopf so tief gesenkt, daß ihre Barthaare ihn fast berührten, und ihre Nase zuckte leicht, als schnuppere sie einen Hauch von Fleischgeruch, der von dem Meilen entfernten Tal käme. Doch als das Seil sich an ihrem Geschirr straffte, folgte sie den beiden Freunden. Es wurde nun immer schwieriger und gefährlicher. Das dunkle Gestein der Leiter erreichten sie nur, indem sie sich in der Düsternis unter einem Wasserfall aus Schnee einen Weg entlang einer fast senkrechten Eiswand schlugen. Der Schneekatarakt schoß von einem Eisvorsprung über ihnen herab und stellte eine verkleinerte Ausgabe des Weißen Wasserfalls dar, der Sternhöhs Rock bildete. Als sie endlich, starr vor Kälte und kaum imstand zu glauben, daß sie es geschafft hatten, auf ein breites, dunkles Sims stiegen, sahen sie ein Durcheinander blutiger Ziegenspuren im Schnee. Ohne Vorwarnung hob plötzlich eine lange Schneebank zwischen dieser und der nächsten Stufe ihr weißes Ende ein Dutzend Fuß und zischte furchterregend, ehe sie erkannten, daß es sich um eine Riesenschlange mit elchgroßem Kopf handelte, die ganz mit zottigem schneeweißen Fell bedeckt war. Ihre großen violetten Augen stierten wie die eines wütenden Pferdes, und zwei gewaltige spitze Fänge in dem weitaufgerissenen Rachen verspritzten eine verdunstende, bleiche Flüssigkeit. Die bepelzte Schlange wiegte den Kopf, als sie offenbar überlegte, welchen der beiden Männer sie angreifen sollte: den größeren mit der blitzenden Axt oder den etwas entfernteren kleineren mit dem dicken schwarzen Stab. Während dieses Zögerns sprang Hrissa, ihrerseits zischend, auf der Randseite sehr knapp am Mausling vorbei, und die Pelzschlange schnellte sich auf diesen neuen und kampfbereiten Feind.
Fafhrd bekam einen Hauch ihres heißen, scharfen Atems ab, und die Dunstspur, die die Fänge zurückließen, streifte seinen linken Ellbogen. 58 Ein pelzumrahmtes, violettes Auge, so groß wie eine Mädchenfaust, zog des Mauslings Blick an. Hrissa schaute in den gähnenden dunkelroten Schlund des Ungeheuers, der von geifernden Elfenbeindolchen und den zwei giftspritzenden Fängen umgeben war. Und dann schnappten die Kiefer zu, doch Hrissa war einen Herzschlag zuvor noch schneller zurückgesprungen, als sie herbeigekommen war. Da stieß der Mausling das Pikenende seines Kletterstabs in das glänzende violette Auge. Fafhrd schwang seine Axt mit beiden Händen und schlug sie in den pelzigen Hals, unmittelbar unterhalb des gewaltigen Schädels. Blut spritzte, und Dampf stieg auf, als es auf Schnee traf. Und schon kletterten die drei weiter hoch, während das Ungeheuer sich im Todeskampf wand und Schnee und Fell gleichermaßen mit seinem Blut besudelte, und das Gestein unter den Hieben seines peitschenden Schwanzes erzitterte. In sicherer Entfernung - so hofften sie jedenfalls - hielten die Bergsteiger an und vergewisserten sich, daß die Schlange auch wirklich starb, doch nicht, ohne sich wachsam nach weiteren gefährlichen Kreaturen umzusehen. »Eine Schlange mit Pelz und heißem Blut - von dergleichen habe ich noch nie gehört«, murmelte Fafhrd. »Mein Vater hat sie nie erwähnt, und ich bezweifle, daß ihm jemals eine begegnete. Ich wette, sie lauern ihrer Beute an Sternhöhs Osthang auf und kommen nur zum Brüten hierher. Möglicherweise hat der unsichtbare Flieger die drei Ziegen nur über den Schneesattel getrieben, um die hier anzulocken.« Mit fast verträumter Stimme fuhr er fort: »Oder es gibt eine geheime Welt im Innern von Sternhöh.« Fafhrd schüttelte den Kopf, als wollte er ihn von solchen phantasieanregenden Visionen befreien. »Wir müssen hochsteigen und zusehen, daß wir vor Einbruch der Dunkelheit weit über die Höhlen kommen. Gib mir ein bißchen Honig, während ich trinke.« Er griff nach seinem Wasserbeutel, drehte sich um und blickte die Leiter hoch. Von ihrem Fuß sah sie wie ein spitzwinkeliges dunkles 59 Dreieck aus, das zwischen den bewegten Schneezöpfen dem blauen Himmel entgegenstrebte. Sie befanden sich auf den untersten Simsbänken, die noch einigermaßen einfach zu erklimmen waren, jedoch zusehends steiler und schmäler wurden. Ihnen folgte ein fast kahles Stück, das da und dort mit Schatten und Kräuselmuster gezeichnet war, was auf Kletterrouten hinwies, die allerdings nicht miteinander verbunden waren. Danach kamen weitere Simsbänke: die Nester. Nach ihnen ein noch kahleres Stück als das erste, und schließlich wieder Simsbänke: das Gesicht. Und über allem etwas, das von ihnen aus gesehen wie ein dünner, mit weißer Tinte gezogener Federstrich aussah: die Krempe von Schneehöhs unverzierter Schneekappe. Der Mausling spürte, wie all seine Knochen wieder schmerzten und wie die bleierne Müdigkeit zurückkehrte, während er die Leiter hinaufspähte und gleichzeitig in seinem Beutel nach dem Honigtöpfchen kramte. In seinem ganzen Leben, dessen war er sicher, hatte er noch nie eine solche Entfernung durch vertikale Verkürzung auf so geringem Raum zusammengezogen gesehen. Es war, als hätten die Götter eine Leiter zum Himmel erbaut und, nachdem sie sie benutzt hatten, die meisten Sprossen ausgerissen und weggeworfen. Aber er biß die Zähne zusammen und machte sich daran, Fafhrd zu folgen. Ihre gesamte bisherige Kletterei war einfach gewesen, verglichen mit dem, was jetzt, Schritt um Schritt, den ganzen langen Sommernachmittag folgte. War der Obelisk Polaris ein gestrenger Schulmeister gewesen, so war die Sternhöh nun eine besessene Königin, die mit ständig neuen, unangenehmen Überraschungen aufwartete und unberechenbar in ihren ausgefallenen Launen war. Die Simse der Höhlen waren aus einem Gestein, das manchmal bereits bei der leichtesten Berührung zerbröckelte, und auf allen hatte sich loses Geröll angehäuft. Auch schlössen die Bergbezwinger Bekanntschaft mit Sternhöhs Lawinen, deren Steine aller Größen ohne Vorwarnung herabpolterten. Die drei mußten sich dicht an die Wand drücken. Fafhrd bedauerte jetzt, daß er seinen Helm zurückgelassen 60 hatte. Hrissa knurrte anfangs über jeden Stein, der in ihrer Nähe heruntersauste, doch ihre Entrüstung wich Furcht, als ein kleinerer sie an der Seite traf. Von da an hielt sie sich dicht an den Mausling und versuchte, sich zwischen seine Beine und die Wand zu zwängen, bis es ihm mit beruhigenden Worten gelang, sie davon abzubringen. Einmal sahen sie auch einen Vetter der weißen Pelzschlange, der sich mannshoch aufbäumte und sie von einem fernen Sims aus anstarrte. Glücklicherweise griff er sie aber nicht an. Sie kämpften sich zum nördlichsten Punkt des obersten Höhlensimses hoch, ehe sie ganz am Rand des Nordzopfes, fast unter seinem strömenden Schnee, auf eine geröllgefüllte Kluft stießen, die sich nach oben zu einer breiten senkrechten Rinne - Kamin nannte Fafhrd sie - verengte. Als sie das trügerische Geröll endlich hinter sich hatten, stellte der Mausling fest, daß das nächste Stück tatsächlich wie die Innenseite eines rechteckigen Kamins wechselnder Breite war, von dem eine Seite offenstand. Sein Stein war fester als der des Höhlenteils, das war allerdings schon alles, was zu seinen Gunsten gesagt
werden konnte. Für diese Strecke mußten alle Kletterkenntnisse eingesetzt werden und dazu auch noch alle Kraft. Manchmal konnten sie sich an Spalten hochziehen, die gerade genug Halt für Zehen- oder Fingerspitzen boten, doch meistens mußte Fafhrd erst einen Kletterhaken einschlagen oder -bohren, damit sie Halt fanden, und dieser anschließend für weitere Benutzung wieder herausgezogen werden. Stellenweise verengte der Kamin sich so, daß sie sich mit den Schultern an eine Wand und den Stiefelsohlen an die gegenüberliegende stützen und so hochsteigen konnten. Zweimal wurde er so breit und seine Wände so glatt, daß nur noch des Mauslings ausziehbarer Kletterstab, zwischen die Wände geklemmt, sie weiterbrachte. Fünfmal blockierte den Kamin ein riesiger Stein, der sich beim Herabfallen so verkeilt hatte, daß sie an der offenen Kaminseite an ihm hochsteigen mußten, gewöhnlich, indem Fafhrd Kletterhaken zwischen Wand und Stein schlug oder den Haken am Seil über ihn hochwarf. »Die Sternhöh hat wohl mal Mühlsteine geweint«, bemerkte der Mausling bei einer dieser gigantischen Barrieren und wich als Abschluß seines Satzes hastig einem herabpolternden Felsbrocken aus. Diese Art von Kletterei ging gewöhnlich über Hrissas Fähigkeiten, so daß der Mausling sie des öfteren auf dem Rücken tragen oder sie auf einer der seltenen pfotenbreiten Leisten absetzen und sie hochziehen mußte, sobald die Möglichkeit sich dazu ergab. Hin und wieder waren die beiden Männer versucht, sie einfach zurückzulassen, vor allem nachdem sie beide selbst todmüde waren, aber sie konnten nicht vergessen, wie ihr tapferes Täuschungsmanöver sie vor der weißen Pelzschlange gerettet hatte. All dies, vor allem das Oberklimmen der Steinbarrieren, erfolgte unter dem Beschuß der Geröllawinensteine. Jeden verkeilten Felsbrocken empfanden sie als willkommenes Dach, bis auch er überwunden werden mußte. Dann und wann ergoß sich Schnee von den Lawinen, die fast pausenlos den Nordzopf herunterrollten, in den Kamin. Das war eine weitere Bedrohung, vor der sie sich schützen mußten. Hin und wieder rann auch Eiswasser die Wände herab und durchnäßte Handschuhe und Stiefel und machte die trügerischen Haltegriffe noch gefährlicher. Außerdem war die Luft hier so dünn, daß sie des öfteren rasten und tief atmen mußten, bis ihre Lungen beschwichtigt waren. Dazu kam noch, daß Fafhrds linker Arm, den der giftige Hauch der Pelzschlange getroffen hatte, anzuschwellen begann, bis seine dicken Finger kaum noch fähig waren, das Seil festzuhalten oder sich an Vorsprünge zu klammern, ganz zu schweigen davon, daß er entsetzlich juckte und schmerzte. Immer wieder kühlte er ihn im Schnee, aber es half nicht. Ihre einzigen Verbündeten an dieser anstrengendsten Strecke waren die heiße Sonne, die ihnen allein durch ihre hellen Strahlen Mut machte und die zunehmende Kälte der dünnen Luft bekämpfte, und die Schwierigkeit und der Abwechslungsreichtum, die sie so sehr beschäftigten, daß sie gar nicht dazu kamen, an die Leere ringsum und unter ihnen zu denken, wobei letztere noch weit gewaltiger war als von der Kuppe des Obelisken aus. Die Eisöde war wie eine andere Welt, die getrennt von der Sternhöh im Raum schwebte. 62 Einmal zwangen sie sich, einen Bissen zu essen, und mehrmals tranken sie einen Schluck Wasser. Einmal überwältigte den Mausling auch ein Anfall der Höhenkrankheit, der erst endete, nachdem er sich restlos übergeben hatte. Der einzige Zwischenfall, der nicht direkt etwas mit dem Wahnsinn der Sternhöh zu tun hatte, trug sich zu, als sie langsam wie zwei Riesenschnecken über den fünften blockierenden Stein klommen. Diesmal kletterte der Mausling mit Hrissa auf dem Rücken voraus, und Fafhrd folgte ihm dichtauf. An dieser Stelle zog der Nordzopf sich so eng zusammen, daß darüber hinweg ein Auswuchs der Nordwand zu sehen war. Etwas sirrte, das gar nicht wie ein rollender Stein klang. Ein zweites Sirren kam durch die Luft und endete in einem dumpfen Aufschlag. Als Fafhrd oben auf dem blockierenden Stein angelangte und den Schutz der Kaminwände erreicht hatte, steckte ein Pfeil mit Widerhaken in seinem Rückenpack. Während ein dritter Pfeil dicht über seinem Kopf vorbeischwirrte, spähte der Mausling schnell hinaus und nordwärts, ehe Fafhrd ihn hastig an den Fußgelenken zurückzog. »Es war tatsächlich Kranarch! Ich habe gesehen, wie er den Pfeil abschoß«, berichtete der Mausling. »Gnarfi war nicht in der Nähe, wohl aber einer ihrer neuen Kameraden im braunen Pelz. Er kauerte hinter Kranarch auf demselben Sims. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, nur daß er ein ziemlich gedrungener Bursche mit kurzen Beinen ist.« »Sie halten Schritt mit uns«, brummte Fafhrd. »Und schrecken vor Mord nicht zurück!« bemerkte der Mausling, als er den Pfeil herauszog, der Fafhrds Rückenpack durchbohrt hatte. »Kamerad, ich fürchte, dein Schlafsack ist sechzehnmal durchlöchert. Und die kleine Tube mit Tannensalbe ist auch nicht mehr dicht. Ah - welch ein Duft!« »Ich fürchte, diese beiden Männer von Illik-Ving sind heimtückischer als ich dachte«, knurrte Fafhrd. »Aber jetzt weiter!« Sie waren hundemüde, auch die Katze Hrissa, und die Sonne stand kaum noch zehn Fingerbreit über dem flachen Horizont der Eisöde, dazu hatte etwas in der Luft sie weiß 63 wie Silber gebleicht, so daß sie keine Wärme mehr ausstrahlte, die die Kälte zurückdrängte. Glücklicherweise
waren die Simsbänke der Nester nun dicht über ihnen, und sie konnten zumindest hoffen, daß sie eine bessere Lagermöglichkeit boten als der Kamin. Und so gehorchten sie Fafhrds Befehl, obgleich jeder Menschen- und Katzenmuskel dagegen protestierte. Auf halbem Weg fing es an zu schneien. Pulvrige Flocken fielen genau wie am vergangenen Abend pfeilgerade herab, nur dicker. Dieser stille Schneefall verlieh ein Gefühl der Gelöstheit und Sicherheit, doch natürlich völlig zu Unrecht, da er die den Kamin herabfallenden Steine verbarg. Etwa fünfzehn Fuß unterhalb der Nester prallte ein daumengroßer Stein gegen Fafhrds rechte Schulter, so daß sein intakter Arm gefühllos wurde und er ihn nicht benutzen konnte. Doch das letzte Stück war so einfach zu erklimmen, daß er es auch ohne ihn mit den Stiefeln und der dickgeschwollenen Linken schaffte. Vorsichtig spähte er über den oberen Kaminrand. Der Zopf war hier jedoch wieder so dick, daß er die Nordwand völlig verbarg. Erfreulicherweise war gleich das erste Sims angenehm breit und so überhangen, daß kein Schnee sich auf seiner inneren Hälfte hatte sammeln können, geschweige denn Geröll. Erleichtert kletterte er hinauf, gefolgt vom Mausling und von Hrissa. Gleich nachdem sie es sich dicht an der Wand auf dem Sims bequem gemacht hatten, und während der Mausling sich noch von dem schweren Rückenpack und dem Kletterstab an seinem Handgelenk befreite - denn selbst er war zu einer quälenden Last geworden -, vernahmen sie das ihnen inzwischen allzu vertraute Rauschen. Eine große, flache Form stieß durch den sonnenversilberten Schnee. Und diesmal flog sie nicht vorüber, sondern hielt an wie ein gewaltiger Teufelsrochen am Meeresufer, und zehn kleine Abdrücke erschienen am Simsrand wie von Saugnäpfen. Aus der Mitte dieser ungeheuerlichen Unsichtbarkeit erhob sich eine kleinere, die sich vom Schneefall abhob. Sie hatte die Form eines Mannes - und etwas Sichtbares war an 64 ihr: ein Schwert mit dunkelgrauer Klinge und silbrigem Griff, dessen Spitze auf des Mauslings Brust gerichtet war. Plötzlich schoß das Schwert vorwärts, als würde es geworfen, doch ihm folgte genauso schnell wie die MannForm, die rauh lachte. Mit einer Hand riß der Mausling seinen nun vom Gelenk gelösten Kletterstab hoch und stieß ihn gegen die im Schnee abgezeichnete Gestalt hinter dem Schwert. Die graue Klinge glitt um den Stab und entriß ihn mit einer Drehung des Mauslings müden Fingern. Das schwarze Werkzeug, an dem Glinthi jeden Abend im Monat des Wiesels vor drei Jahren gearbeitet hatte, verschwand im Nichts des silbrigen Schneefalls. Fauchend und spuckend und am ganzen Körper zitternd, wich Hrissa an die Wand zurück. Fafhrd griff verzweifelt nach seiner Axt, aber seine geschwollenen Finger bekamen nicht einmal die Hülle auf, in der sie am Gürtel hing. Der Verlust seines kostbaren Kletterstabs hatte den Mausling in solche Wut versetzt, daß es ihm völlig gleichgültig war, ob es sich bei seinem Gegner um einen Unsichtbaren handelte oder nicht. Er riß Skalpell aus seiner Scheide und parierte das graue Schwert, als es erneut auf ihn zustieß. Ein Dutzend Hiebe mußte er parieren, dabei zog er sich zweimal eine leichte Wunde am Arm zu und wurde fast wie Hrissa an die Wand gedrängt, ehe er seinen Gegner abschätzen konnte, der nun, da er nicht mehr in dem Schneetreiben stand, völlig unsichtbar war. Er fixierte einen Punkt, etwa einen Fuß über der grauen Schwertspitze, wo er annahm, daß sich die Augen seines Feindes befanden (falls dieser die Augen wie Menschen im Kopf hatte), und griff an. Dreimal spürte er, daß Skalpell in Fleisch drang und einmal von einem Knochen abglitt. Sein Gegner sprang zurück auf den unsichtbaren Flieger und ließ schmale Fußabdrücke im Schneematsch zurück, der sich am Simsrand gesammelt hatte. Der Flieger schaukelte. In seiner Kampfeswut wäre der Mausling seinem Feind fast auf diese unsichtbare, lebende Plattform gefolgt, und es war nur gut, daß er im letzten Moment noch zur Vernunft kam, 65 denn der Flieger tauchte davon wie ein Rochen, der vor einem Hai flieht, und schüttelte den auf ihm angesammelten Matsch in das Schneetreiben. Ein verschwindendes Lachen war zu hören, das jedoch einem schmerzhaften Wimmern recht nahe kam. Da begann auch der Mausling zu lachen, allerdings eine Spur übertrieben, als er sich wieder an die Wand zurückzog. Er wischte seine Klinge ab und spürte unsichtbares klebriges Blut daran, was ihn zu einem neuen Lachen veranlaßte. Hrissa hatte immer noch jedes einzelne Haar ihres dichten Fells aufgestellt - und es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich beruhigte. Fafhrd gab den Versuch auf, seine Axt zu ziehen. Ernst sagte er: »Die Mädchen waren nicht bei ihm, sonst hätten wir ihre Formen oder Fußabdrücke auf dem matschüberzogenen Flieger sehen müssen. Ich glaube, der Bursche ist auf uns eifersüchtig und greift uns gegen ihren Willen an.« Der Mausling lachte ein drittes Mal, und es klang diesmal ein bißchen töricht. Die Düsternis wandelte sich in dunkles Grau. Sie machten Feuer in ihrer kleinen Schale und bereiteten sich auf
die Nacht vor. Trotz ihrer Verwundungen und völligen Erschöpfung hatte der Schrecken dieser letzten Begegnung neue Kraft in ihnen geweckt, ihren Mut gestärkt und ihnen Appetit gemacht. Genießerisch verspeisten sie die Lammstücke, die sie in den Harzflammen brutzelten oder blaßgrau in Wasser kochten, das sich merkwürdigerweise fast am Siedepunkt trinken ließ, ohne daß sie sich daran verbrannten. »Wir müssen uns wohl dem Reich der Götter nähern«, murmelte Fafhrd. »Man sagt, daß sie genußvoll kochenden Wem trinken - und durch Flammen spazieren, ohne daß diese ihnen etwas anhaben können.« »Trotzdem ist das Feuer hier genauso heiß«, murmelte der Mausling stumpf. »Aber die Luft scheint weniger gehaltvoll zu sein. Wovon, glaubst du, ernähren sich die Götter?« »Sie sind keine menschlichen Wesen und brauchen deshalb weder Luft noch Nahrung«, antwortete Fafhrd, nachdem er mit gerunzelter Stirn eine Weile darüber nachgedacht hatte. 66 »Du hast doch aber gerade selbst gesagt, daß sie Wein trinken«, erinnerte ihn der Mausling. »Jeder trinkt Wein«, brummte Fafhrd gähnend. Dadurch verhinderte er ein eingehenderes Streitgespräch und hielt den Mausling davon ab, weiter seinen unausgesprochenen Überlegungen nachzuhängen, ob die dünnere Luft, die weniger stark auf sich erwärmende Flüssigkeit drückt, etwa Blasen leichter aufsteigen läßt. Die Gefühllosigkeit in Fafhrds rechtem Arm ließ allmählich nach, und auch sein linker schwoll nicht weiter an. Der Mausling strich Salbe auf seine glücklicherweise unbedeutenden Wunden und verband sie. Dann erinnerte er sich daran, auch Hrissas Pfoten mit Salbe einzuschmieren. Er stopfte eine Handvoll von den nach Tannensalbe riechenden Daunen aus Fafhrds löchrigem Umhang in ihre Stiefel. Als sie sich halb in ihre Schlafsäcke geschnürt - wobei Hrissa zwischen ihnen kuschelte - und ein paar der kostbaren Harzkügelchen in die Feuerschale gegeben hatten, brachte Fafhrd einen winzigen Beutel mit starkem Ilthmarwein zum Vorschein. Jeder gönnte sich einen Schluck und stellte sich die sonnigen Weinberge und das warme, fruchtbare Land weit im Süden vor, aus dem er stammte. Ein kurzes Aufflackern der Flammen in der Feuerschale zeigte ihnen, daß es immer noch schneite. Ein paar Steine polterten in der Nähe herunter, und eine Schneelawine zischte vorbei, doch dann wurde die Sternhöh still im eisigen Griff der Nacht. Ihr geschützter Horst erschien den beiden Männern einmalig, so hoch über jedem Gipfel der Berge der Riesen - und vermutlich über ganz Nehwon. »Jetzt wissen wir, wer in den Nestern nistet«, sagte der Mausling leise. »Meinst du, daß es viele unsichtbare Mantas gibt, die an diesen Simsen herumschweben oder daran hängen? Wieso erfrieren sie eigentlich nicht? Oder gibt es irgend jemanden, der sie in Stallungen oder dergleichen versorgt? Und was ist mit diesen unsichtbaren Menschen? Jetzt wissen wir ganz sicher, daß es keine Phantasiegebilde sind! Wir haben das Schwert gesehen, und ich habe gegen die Männergestalt gekämpft, die damit focht. Unsichtbare! Wie ist das möglich?« 67 Fafhrd zuckte mit den Schultern und fuhr zusammen, weil diese Bewegung sehr schmerzte. »Vielleicht sind sie aus dem gleichen Zeug wie Wasser oder Glas«, meinte er. »Aber doch biegsam, mit geringerer Lichtbrechung und ohne schimmernde Oberfläche. Du hast selbst gesehen, daß Sand und Asche durch Erhitzung durchsichtig werden können. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, Tiere und Menschen ohne Erhitzung unsichtbar zu machen.« »Und wie werden sie leicht genug, daß sie fliegen können?« setzte der Mausling seine Überlegungen fort. »Dünne Tiere, die zur dünnen Luft passen«, meinte Fafhrd schläfrig. »Und dann diese tödlichen Pelzschlangen«, fuhr der Mausling fort. »Der Teufel weiß, welche Gefahren es da oben noch gibt.« Er hielt kurz inne und starrte hoch. »Und doch müssen wir zu Sternhöhs Gipfel hochsteigen. Warum?« Fafhrd nickte. »Um Kranarch und Gnarfi zu schlagen ...«, murmelte er. »Um zu schaffen, wozu mein Vater nicht mehr kam ... Um das Rätsel zu lösen ... Die Mädchen ... O Mausling, du könntest doch jetzt nicht hier aufgeben, genausowenig wie du die Eroberung einer Frau aufgeben könntest, nachdem du dir große Hoffnungen gemacht hast.« »Von Edelsteinen sprichst du jetzt nicht mehr«, bemerkte der Mausling. »Glaubst du nicht, daß wir welche finden?« Erneut wollte Fafhrd mit den Schultern zucken, hielt jedoch nach der ersten Bewegung fluchend inne und gähnte schließlich. Der Mausling schob die Hand tief in die unterste Beuteltasche und holte das Pergament heraus. Er blies in die Feuerschale und las im Schein der aufflackernden Flammen: »Wer die weiße Sternhöh, den Mondbaum erklimmt, mit Schlangengewürm und Gnomen ficht, der den Schlüssel zu allem Reichtum gewinnt: einen Beutel voll Sterne, das Herz des Lichts. Die Götter, die einst mächtig waren, erkoren ihn zu ihrer Zitadelle, diesen Gipfel, um den sich Sterne scharen und von dem Pfade führen, zum Himmel und zur Hölle. 68
Kommt ihr Helden über die Trollenschroffen! Kommt, ihr Besten, über das ödeland! Für Ruhmestaten steh'n die Tore offen, zögert nicht, nehmt das Schwert zur Hand. Wer des Schneekönigs Festung bezwingt, wird Vater sein seiner zwei Töchter Brut, er, der durch alle Gefahren dringt, wird weiterbestehen in ihrem Blut.« Das Harz verbrannte. Der Mausling sagte: »Wir sind einer Pelzschlange begegnet und einem Unsichtbaren, der uns den Weg verwehren wollte, außerdem gibt es zwei unsichtbare Hexen, die des Schneekönigs Töchter sein mögen. Gnomen - das wäre doch mal was anderes, was meinst du? Du hast doch etwas über Eisgnomen gesagt, Fafhrd. Was war es?« Angespannt wartete er auf die Antwort seines Freundes. Nach einer Weile vernahm er sie: leise, gleichmäßige Schnarchlaute. Wortlos fluchte der Mausling. Seine Gedanken quälten ihn. Er hätte nicht an Mädchen denken sollen - oder vielmehr nicht an dieses ganz bestimmte Mädchen, das nichts als eine verführerische Maske mit geschürzten Lippen und geheimnisvollen Augen war - über ein Feuer hinweg gesehen. Plötzlich fühlte er sich beengt. Schnell schnürte er seinen Schlafsackumhang auf und tastete sich trotz Hrissas gekränktem und fragendem Miau südwärts am Sims entlang. Bald verrieten Schneeflocken, die wie Eisnadeln in sein erhitztes Gesicht stachen, daß er sich jenseits des Überhangs befand. Und dann war er plötzlich wieder vor dem Schneefall geschützt. Ein neuer Überhang, dachte er - aber er hatte sich ja gar nicht weiterbewegt. Er strengte die Augen an, um hochzusehen. Die schwarze Breite von Sternhöhs oberstem Viertel hob sich vom Himmel ab, den der verborgene Mond und ein paar Sterne fahl färbten. Hinter ihm im Westen verdeckte immer noch der Schneesturm den Himmel. Er blinzelte und fluchte verhalten, denn nun war die schwarze Felswand, die sie morgen erklimmen mußten, von verstreuten leuchtenden Farbflecken in sanftem Violett und Rosa und bleichem Grün und Bernstein erhellt. Die nächsten 69 Farbflecken, die allerdings immer noch weit entfernt waren, sahen rechteckig aus - wie Fenster, hinter denen Licht brannte. Es schien, als wäre die Sternhöh eine große Herberge. Und dann bissen wieder Schneeflocken in sein Gesicht, und der Streifen Himmel verschwand. Die Schneewolke hatte sich erneut über den Berg geschoben und verbarg alle Sterne und jegliches andere Licht. Des Mauslings Grimm schwand. Er fühlte sich plötzlich klein und dumm, und es fror ihn entsetzlich. Die geheimnisvolle Vision der Lichter blieb in seinem Gedächtnis haften, doch gedämpft, als wäre sie Teil eines Traumes gewesen. Ungemein vorsichtig kroch er zu seinem Schlafplatz zurück, wo ihn die wohlige Wärme empfing, die von Fafhrd und Hrissa und der letzten Glut in der Feuerschale ausging. Wieder schnürte er seinen Schlafsackumhang zu und blieb eine lange Zeit mit hochgezogenen Knien liegen, zusammengekauert wie ein Baby, und sein Kopf schien nur mit kalter Schwärze gefüllt zu sein, bis er endlich einschlief. Der nächste Tag empfing sie düster und unfreundlich. Die beiden Männer balgten miteinander, um die Steifheit aus ihren Knochen zu vertreiben und sich ein wenig aufzuwärmen, damit sie aufstehen konnten. Hrissa zog sich mißmutig und hinkend von ihnen zurück. Jedenfalls aber fühlten sich Fafhrds Arme wieder normal an, die Schwellung des linken war zurückgegangen, und der rechte war nicht mehr taub. Sie frühstückten mit Kräutertee und Honig und begannen im leichten Schneefall, die Nester zu erklimmen. Das Schneetreiben verschonte sie den ganzen Vormittag nicht, außer wenn Böen die Felswand kurz davon freihielten. Während dieser kurzen Augenblicke konnten sie die große, glatte Wand sehen, die die Nester von den letzten Simsbänken, denen des Gesichts, trennte, und sie sah ganz so aus, als böte sie nirgendwo einen Halt. Sie schien völlig ungezeichnet zu sein, so daß Fafhrd über des Mauslings Traum von Fenstern lachte, hinter denen angeblich farbiges Licht brennen sollte. Doch als sie sich schließlich dem Fuß dieser Wand näherten, 70 bemerkten sie etwas, das wie ein schmaler Spalt - ein dünner Strich für das Auge - aussah, und in Wandmitte verlief. Es begegneten ihnen keine der unsichtbaren Flieger, doch immer wenn der Wind eine seltsame Bresche in den Schneefall schlug, drängten sich die beiden Abenteurer an die Wand und umklammerten ihre Waffen, während Hrissa knurrte. Beim Aufstieg behinderte der Wind sie kaum, aber er biß in ihre Knochen. Immer noch mußten sie auf Steinschläge achten, obwohl sie weit seltener als am Vortag auftraten, was vermutlich daran lag, daß der größte Teil der Sternhöh nun bereits unter ihnen lag. Sie erreichten den Fuß der großen Wand an der Stelle, wo der Spalt begann. Darüber waren sie sehr froh, denn der Schnee fiel nun so dick, daß die Suche nach ihm sehr beschwerlich gewesen wäre. Zu ihrer Freude erwies sich der Spalt als weiterer Kamin von einer Weite und Tiefe von kaum drei Fuß, und mit seinen unzähligen Narben und Ausbuchtungen war er das genaue Gegenteil der glatten Steilwand. Im Gegensatz zum gestrigen Kamin schien er endlos empor zuführen, ohne seine Form zu verändern, und soweit sie sehen konnten, waren keine Felsbrocken verkeilt. In gewisser Weise war er wie eine Steinleiter, die auch zum größten Teil schneegeschützt war. Selbst Hrissa konnte hier ohne Hilfe hochklettern. Zu Mittag aßen sie Fleisch, das sie durch Andrücken an ihre Haut angewärmt hatten. Sie waren jetzt ungeduldig
und mußten sich dazu zwingen, sich Zeit zum Kauen und Schlucken zu nehmen. Als sie in den Kamin eindrangen, wobei Fafhrd die Führung übernahm, hörten sie dreimal ein dumpfes Grollen, Donner vielleicht, und zweifellos klang es unheildrohend, aber der Mausling lachte. Halt für Hände und Füße gab es überall, und mit dem Rücken konnten sie sich an die gegenüberliegende Wand stützen, so war der Aufstieg verhältnismäßig einfach. Natürlich erforderte er Kraft, und sie mußten häufig anhalten, um genug von der dünnen Luft einzuatmen. Nur an zwei Stellen wurde der Kamin so schmal, daß Fafhrd ein kurzes Stück mit dem Rücken im Freien hochklettern mußte, während der weniger breit gebaute Mausling innen bleiben konnte. 71 Es war ein berauschendes Erlebnis, oder zumindest fast. Während der Tag sich im verdichtenden Schneetreiben verdunkelte und das Grollen sich stärker und lauter wiederholte - und nun bestand kein Zweifel mehr, daß es sich um Donner handelte, denn selbst im Kamin war die Widerspiegelung bleicher Blitze unverkennbar -, waren der Mausling und Fafhrd fröhlich wie abenteuerlustige Kinder, die eine geheimnisvolle Treppe in einer verwunschenen Burg hochstiegen. Sie vergeudeten sogar wertvollen Atem mit vergnügten Rufen, nur um das schwache Echo zu hören, während der offene Schacht sich mit den Blitzen erhellte und danach wieder dämmrig wurde. Doch der Kamin hielt nicht, was er versprochen hatte. Er wurde nach und nach fast so glatt wie die äußere Felswand, und nach einer Weile auch breiter, eine Handbreit zuerst, dann noch eine und dann einen Fingerbreit. Das erschwerte natürlich ihren Aufstieg und machte ihn gefährlicher. Sie mußten die Schultern nun gegen eine Wand stützen und die Sohlen gegen die gegenüberliegende, um den Kamin schubweise hoch zu >gehengehenÜberreif< ist der falsche Ausdruck. »Voll erblüht< wäre richtiger.« »Glaub mir, ich bin wohl überzeugt, daß Nemia in voller Blüte steht - eine späte Augustblüte allerdings. Solche Frauen ziehen es immer vor, ihre >ausgereiften< Reize im Halbdunkel zu präsentieren«, erwiderte der Mausling etwas gepreßt. Er hatte sich Mühe geben müssen, um nicht lachend herauszuplatzen, doch jetzt konnte er nicht mehr an sich halten. »Du Narr! Du bist wirklich einverstanden, mit ihr ins Bett zu gehen? Und glaubst wahrlich, daß dir dabei deine Juwelen - einschließlich des Familienschmucks - nicht abhanden kommen? Geschweige denn, daß du das Leben nicht verlierst, während du dich nicht wehren kannst? Oh, das ist ja schlimmer, als ich befürchtete.«
»Ich bin im Bett nicht immer so hilflos, wie sich manche Leute vorstellen«, erwiderte Fafhrd bescheiden. »Bei mir führt das Liebesspiel eher dazu, daß meine Sinne geschärft werden - und nicht umgekehrt. Ich will nur hoffen, daß du mit deinem Mann in der Nachtschwärze ebensoviel Glück hast wie ich mit meiner HalbdämmerFrau. Warum mußtest du übrigens zweimal mit Ogo sprechen? Nicht aus Nemias Grund, will ich hoffen!« Das Lächeln des Mauslings schwand, und er biß sich auf die Lippen. Beiläufig sagte er: »Oh, die Juwelen müssen Ogos > Auge< vorgelegt werden - das ist etwas, das er sich zur Regel gemacht hat. Aber was für Tests da auch angestellt werden, ich bin vorbereitet, seine Listen zu übertreffen.« Fafhrd überlegte einen Augenblick und fragte: »Und wer oder was ist Ogos >Auge