Michael Stahr | Dietrich Hinz Sanierung und Ausbau von Dächern
Michael Stahr | Dietrich Hinz
Sanierung und Ausbau vo...
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Michael Stahr | Dietrich Hinz Sanierung und Ausbau von Dächern
Michael Stahr | Dietrich Hinz
Sanierung und Ausbau von Dächern Grundlagen – Werkstoffe – Ausführung Mit 632 Abbildungen und 93 Tabellen PRAXIS
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Dipl.-Ing. Ralf Harms Vieweg+Teubner Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Satz/Layout: Annette Prenzer Druck und buchbinderische Verarbeitung: AZ Druck und Datentechnik, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8348-0673-4
Vorwort
„Das Dach ist, was den Bau behütet und wenn es dicht ist auch vergütet. Es hält in wohlverstandnem Zwecke den Regen ab von Diel´ und Decke.“ Johannes Wetzel Diesem Grundgedanken und weiteren Konstruktionspunkten wie Dämmung, Dichtung, Aufstockung, Gründach, ökologische Dachgestaltung und bautechnischer Artenschutz soll in dem vorliegenden Werk unter dem Gesichtspunkt der Sanierung gefolgt werden. Ausgehend von der historischen Entwicklung, über Schadensfälle, physikalische Grundlagen, Werkstoffe, Dämmung, Dachausbau, Deckung werden alle Dachsanierungsarbeiten praxisnah erläutert und mit zahlreichen Abbildungen veranschaulicht. Im Gegensatz zum Auftragsbestand im Neubau haben sich die Aufträge in der Dachsanierung 2010 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Fast ¾ des Umsatzes im Dachdeckerhandwerk wurden durch Renovierung und Sanierung von Altbauten erzielt. Nach Ansicht der Fachleute sind in Deutschland über 80 % des Dachraumes für Wohnzwecke ausbaufähig und nutzbar. Wenn man bedenkt, dass es etwa 36 Millionen Haushalte gibt, die bauliche Ausdehnung auf der „grünen Wiese“ immer geringer und der Wohnraum knapp ist, ergeben sich doch hier vielfältige Möglichkeiten. Im Gegensatz zur Dachsanierungsarbeit im traditionellen Sinne ist der Dachausbau eine konstruktive relativ junge Gestaltungsmöglichkeit. Dennoch kann man sagen, dass der erreichte praktische bewährte Stand der Ausbau- und Dämmungstechnik in Deutschland einen beachtlichen Stand erreicht hat. Eine wesentliche Rolle für die Entscheidung für eine Sanierungsvariante wird es sein, in welcher Form sich die Konstruktion der Forderung an die Energieeinsparungsverordnung EnEV 2009 (Novellierung 2012) anpasst. Von gut ausgebildeten und in der Sanierung erfahrenen Praktiker werden im zunehmenden Maße auch rechtliche Kenntnisse erwartet. Diesem Anspruch soll durch das umfangreiche Kapitel 18 Juristische Betrachtungsweisen Rechnung getragen werden, An dieser Stelle sei den zahlreichen Firmen und Privatpersonen, die durch Verfügungsstellung von fachlichem Rat, Abbildungen und technischen Unterlagen die Manuskriptarbeit wesentlich unterstützt haben, gedankt. Besonderer Dank gilt Herrn Dipl.-Ing. Ralf Harms und Frau Dipl.-Vw. Annette Prenzer vom Lektorat Bauwesen des Verlags Vieweg + Teubner für die stets kompetente und konstruktive Zusammenarbeit. Leipzig, im Mai 2011
Michael Stahr
VI
Die Autoren
Die Autoren Dr. Michael Stahr; Kapitel 1 bis 3, 5 bis 17 Nach Abitur, Berufsausbildung als Maurer, Studium an der Technischen Universität Dresden, der Hochschule für Bauwesen Leipzig und Promotion an der Thüringischen Hochschule Erfurt tätig in leitenden Stellungen im Spezialbau Magdeburg und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Ministerium des Bauwesens. Privatdozent an Berufs-und Fachschulen und Fachautor. Mitglied in Berufsfachkommissionen und Prüfungsausschüssen. Selbstständig seit 1996 als Lehrer an Privatschulen, Studienleiter an deutschen Fernschulen und in Wien. Autor von weiteren Fachbüchern, Studienheften und Fachzeitschriftenartikeln.
Dipl.-Ing. Dietrich Hinz; Kapitel 4, 18 Dipl.-Ing. (Univ.) Dietrich Hinz ist Beratender Ingenieur für Baukonstruktion, Tragwerksplanung, Bauphysik, Brandschutz, Bauüberwachung, FM-Beratung, Energieberater (941119 dena, 105362 BAFA) sowie Bausachverständiger (WEA) für Schäden an Gebäuden und Honorarund Vertragsfragen, (Liste: IHK Passau), Bauphysik, Brandschutz, Mediator, Mitglied in nationalen und internationalen Schiedsgerichten. Weiter ist er Dozent und Seminarleiter bei Akademien und Kammern, Mitglied in Prüfungsausschüssen und Autor zahlreicher Fachbücher.
Inhaltsverzeichnis 1
Grundlagen der Dachsanierung und des Dachausbaus ................................................ 1 1.1 1.2
1.3 1.4 1.5 1.6 2
Geschichtliche Entwicklung der Dächer ...................................................................... 23 2.1 2.2
2.3 2.4 3
Historischer Abriss ................................................................................................ 23 Dächer – Funktionen und Bezeichnungen............................................................. 26 2.2.1 Arten ........................................................................................................ 26 2.2.2 Formen ..................................................................................................... 31 2.2.3 Konstruktionen ........................................................................................ 33 Historische Rinnenkonstruktionen ........................................................................ 36 Berufsentwicklung Dachdecker ............................................................................ 37
Schäden – Auswirkung und Wartung .......................................................................... 41 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6
4
Konstruktive Vorüberlegungen ............................................................................... 1 Grundsätze der Dachsanierung................................................................................ 5 1.2.1 Vorgehen beim Sanieren............................................................................ 6 1.2.2 Technisch-konstruktive Forderungen ........................................................ 7 1.2.3 Baurechtliche und denkmalspflegerische Aspekte .................................... 7 Einteilung der Dachteile, Dachneigungen und Dachformen ................................... 8 Bewertung der Dachbausubstanz .......................................................................... 12 Vorbereitungsarbeiten für die Dachsanierung ....................................................... 15 Untersuchungsmethoden ....................................................................................... 16
Bauschäden – Mängel – Schadensgruppen ........................................................... 41 Ursachen................................................................................................................ 42 Beispiele für Schäden ............................................................................................ 46 Folgeschäden ......................................................................................................... 50 Schäden an Dächern vor dem Ausbau ................................................................... 50 Wartung und Pflege............................................................................................... 51
Grundlagen der Physik des Daches .............................................................................. 53 4.1 4.2 4.3
4.4
4.5
Einleitung .............................................................................................................. 53 Materialfestlegungen ............................................................................................. 57 Schichtenmodell der Außenhülle .......................................................................... 57 4.3.1 Die Trennschicht...................................................................................... 60 4.3.2 Die Funktionsschicht ............................................................................... 62 4.3.3 Die äußere Schutzschicht ......................................................................... 62 Wärmeschutz ......................................................................................................... 63 4.4.1 Wärme und Temperatur ........................................................................... 64 4.4.2 Temperaturverformungen ........................................................................ 67 4.4.3 Wärmeleitfähigkeit .................................................................................. 68 4.4.4 Definitionen des Wärmedurchgangs ........................................................ 70 4.4.5 Sommerlicher Wärmeschutz .................................................................... 78 4.4.6 Lüftung, Feuchtigkeit und Schimmelbildung .......................................... 79 4.4.7 Grundlegendes zur Energieeinsparung: ................................................... 81 Schallschutz .......................................................................................................... 86 4.5.1 Übersicht.................................................................................................. 86
VIII
Inhaltsverzeichnis
4.6
4.7 4.8 4.9 5
4.5.2 Grundlagen .............................................................................................. 86 4.5.3 Lautstärke ................................................................................................ 93 4.5.4 Konstruktionsangaben ............................................................................. 95 Brandschutz ........................................................................................................... 98 4.6.1 Grundlagen .............................................................................................. 98 4.6.2 Baustoffklassen ...................................................................................... 100 4.6.3 Glas ........................................................................................................ 104 4.6.4 Holz ....................................................................................................... 107 4.6.5 Stahl ....................................................................................................... 110 4.6.6 Mauerwerk ............................................................................................. 112 4.6.7 Beton ...................................................................................................... 113 Belichtungsschutz................................................................................................ 114 Zusammenfassung ............................................................................................... 115 Literatur ............................................................................................................... 116
Werkstoffe für Dächer und Dachsanierung ............................................................... 119 5.1 5.2 5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
5.8
Historischer Abriss .............................................................................................. 119 Dachdeckungswerkstoffe .................................................................................... 120 5.2.1 Tondachziegel ........................................................................................ 120 Dachschiefer ........................................................................................................ 145 5.3.1 Entstehung von Schiefer ........................................................................ 145 5.3.2 Abbau von Naturschiefer ....................................................................... 145 5.3.3 Anwendung von Dachschiefer ............................................................... 146 Dämmstoffe ......................................................................................................... 150 5.4.1 Historische Entwicklung ........................................................................ 150 5.4.2 Begriff - Wirkweise ............................................................................... 151 5.4.3 Baustoffklassen/Euroklassen ................................................................. 154 5.4.4 Bezeichnung und Normung ................................................................... 155 5.4.5 Anwendungsgebiete ............................................................................... 156 5.4.6 Ökologische Vorüberlegungen .............................................................. 156 5.4.7 Schwierige Untergründe ........................................................................ 158 5.4.8 Technische und ökologische Parameter ................................................. 159 Bituminöse Stoffe................................................................................................ 162 5.5.1 Historischer Abriss ................................................................................ 162 5.5.2 Definition ............................................................................................... 163 5.5.3 Eigenschaften ......................................................................................... 164 5.5.4 Werkstoffe ............................................................................................. 164 Kunststoffe .......................................................................................................... 167 5.6.1 Historischer Abriss ................................................................................ 167 5.6.2 Definition ............................................................................................... 168 5.6.3 Einteilung, Eigenschaften und Anwendung ........................................... 171 Metalle................................................................................................................. 180 5.7.1 Historischer Abriss ................................................................................ 180 5.7.2 Stahl – Baustahl ..................................................................................... 181 5.7.3 Korrosion ............................................................................................... 185 5.7.4 Nichteisenwerkstoffe ............................................................................. 186 5.7.5 Legierungen ........................................................................................... 189 Holz ..................................................................................................................... 192 5.8.1 Definition ............................................................................................... 192 5.8.2 Zusammensetzung ................................................................................. 192
IX
Inhaltsverzeichnis
5.8.3 5.8.4 5.8.5 5.8.6 5.8.7 6
Sanierung des Dachtragwerkes ................................................................................... 207 6.1 6.2 6.3 6.4
6.5
7
Unterteilung ........................................................................................................ 207 Sparren- und Kehlbalkendächer .......................................................................... 207 Historische Entwicklungen in Deutschland ........................................................ 208 Konstruktionsprinzipien ...................................................................................... 210 6.4.1 Konstruktionsarten................................................................................. 210 6.4.2 Grundsätzliche Unterschiede zwischen Sparrendach und Pfettendach .. 212 6.4.3 Pfettendach ............................................................................................ 214 6.4.4 Tragwerke aus Fertigbauteilen............................................................... 216 Sanierung des Dachtragwerks ............................................................................. 217 6.5.1 Untersuchungsvorgehen ........................................................................ 217 6.5.2 Beispiel einer Schadensuntersuchung .................................................... 218 6.5.3 Sanierung durch Verstärkung vorhandener Dachkonstruktionen .......... 226
Dachentwässerung ........................................................................................................ 231 7.1 7.2 7.3
7.4 7.5
7.6 7.7 8
Eigenschaften......................................................................................... 193 Wichtige Holzarten ................................................................................ 194 Holzschädigungen ................................................................................. 197 Holzschutz ............................................................................................. 200 Oberflächenbehandlung ......................................................................... 205
Baurechtliche und normative Grundlagen ........................................................... 231 Konstruktive Vorüberlegungen ........................................................................... 232 Dachrinnen .......................................................................................................... 234 7.3.1 Lage, Form und Größe........................................................................... 234 7.3.2 Verlegung .............................................................................................. 240 7.3.3 Zusammenhang zwischen Zuschnittsbreiten von Blechen, Blechdicken, Rinnenquerschnitten und Werkstoffen............................. 243 Montage von Dachrinnen .................................................................................... 245 Regenfallrohre ..................................................................................................... 247 7.5.1 Aufgaben und Arten .............................................................................. 247 7.5.2 Werkstoffe ............................................................................................. 250 7.5.3 Montage von Regenfallrohren ............................................................... 251 Gesims – und Sohlbankabdeckungen .................................................................. 256 Traufbleche ......................................................................................................... 260
Aufsattlung – Aufstockung .......................................................................................... 265 8.1 8.2 8.3
8.4
Notwendigkeit und Möglichkeiten ...................................................................... 265 Voraussetzungen für die Ausführung .................................................................. 267 Konstruktive Gestaltung...................................................................................... 267 8.3.1 Dachkonstruktion und Dachneigung ..................................................... 267 8.3.2 Bausysteme ............................................................................................ 272 8.3.3 Anhebung des Dachgeschosses ............................................................. 276 8.3.4 Dachaufbau auf ein Flachdach............................................................... 278 8.3.5 Herstellung der Giebelwände ................................................................ 280 Kosten ................................................................................................................. 281
X
Inhaltsverzeichnis
9
Ausführungen von Dachdeckungen ............................................................................ 285 9.1
9.2
10
Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren ....................................................... 385 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5
10.6
11
Eindeckungen ...................................................................................................... 285 9.1.1 Ziegeldeckungen .................................................................................... 285 9.1.2 Betondachsteindeckungen ..................................................................... 306 9.1.3 Schieferdachdeckungen ......................................................................... 313 9.1.4 Decken der Dachfläche .......................................................................... 318 9.1.5 Sanierungsbeispiel eines Schieferdachs mit Aufsparrendämmung ........ 338 9.1.6 Technische Eigenschaften und Prüfung ................................................. 341 9.1.7 Unterhaltungsarbeiten ............................................................................ 343 9.1.8 Europäische Schiefernorm ..................................................................... 344 9.1.9 Metalldeckung ....................................................................................... 344 Abdichtungen ...................................................................................................... 374 9.2.1 Konstruktive Vorüberlegungen .............................................................. 374 9.2.2 Aufgaben und Aufbau der Schichten ..................................................... 376
Konstruktive Vorbemerkungen ........................................................................... 385 Lüftung und Wärmeschutz .................................................................................. 389 Dachdeckung und -lüftung .................................................................................. 390 Wärmegedämmte Dächer .................................................................................... 392 Wärmedämmung zwischen den Sparren ............................................................. 393 10.5.1 Technische Parameter ............................................................................ 394 10.5.2 Zwischensparrendämmung im Altbau .................................................. 397 10.5.3 Verlegetechnologie ................................................................................ 400 10.5.4 Dämmung mit Klemmfilz ..................................................................... 414 10.5.5 Dämmung mit Dämmkeilen................................................................... 422 10.5.6 Wärmedämmung unter den Sparren ...................................................... 424 Sanieren von Steildächern über den Sparren ....................................................... 438 10.6.1 Konstruktive Vorüberlegungen .............................................................. 438 10.6.2 Physikalische Eigenschaften und Forderungen ...................................... 441 10.6.3 Verlegungstechnologie .......................................................................... 445 10.6.4 Vorarbeiten ............................................................................................ 446 10.6.5 Ablauf der Verlegung ............................................................................ 448 10.6.6 Zusammenfügung der Elemente ............................................................ 448 10.6.7 Konstruktive Details .............................................................................. 450
Sanierung von Dachgeschossdecken ........................................................................... 457 11.1 11.2 11.3 11.4
11.5
Begriff ................................................................................................................. 457 Rechtliche und konstruktive Grundlagen ............................................................ 457 Anwendungsbereiche .......................................................................................... 458 Deckenkonstruktionen ......................................................................................... 459 11.4.1 Typische Deckenkonstruktionen ............................................................ 459 11.4.2 Eindeckung und Belüftung .................................................................... 463 11.4.3 Ausführung der Dämmung .................................................................... 464 11.4.4 Dämm-Materialien ................................................................................. 465 11.4.5 Bauphysikalische und bautechnische Zusammenhänge......................... 467 Sanierungsvarianten von Dachgeschossdecken................................................... 470 11.5.1 Sanierung von Holzbalkendecken.......................................................... 470 11.5.2 Decken unter nicht ausgebauten Dachgeschossen ................................. 471
Inhaltsverzeichnis
12
Dachgeschossausbau .................................................................................................... 475 12.1 12.2
12.3
13
Dachgeschossausbau – eine neue Wohnform...................................................... 475 Rechtliche und konstruktive Grundlagen ............................................................ 476 12.2.1 Rechtliche Voraussetzungen .................................................................. 476 12.2.2 Anforderungen der EnEV 2009 ............................................................. 477 12.2.3 Planung .................................................................................................. 477 12.2.4 Konstruktive Vorbemerkungen.............................................................. 479 12.2.5 Zusammenwirken bauphysikalischer Maßnahmen ................................ 479 Handwerkliche Ausführung ................................................................................ 485 12.3.1 Dämmung ............................................................................................. 485 12.3.2 Verkleidung ........................................................................................... 489 12.3.3 Fußböden ............................................................................................... 491 12.3.4 Wände .................................................................................................... 494 12.3.5 Badeinbau .............................................................................................. 502
Flachdachsanierung ..................................................................................................... 505 13.1
Grundlagen .......................................................................................................... 505 13.1.1 Einführung ............................................................................................. 506 13.1.2 Flachdachformen ................................................................................... 507 13.1.3 Vorteile .................................................................................................. 508 13.2 Historische Entwicklung ..................................................................................... 508 13.3 Gesetzliche Grundlagen ...................................................................................... 510 13.4 Flachdachtypen und Begriffe .............................................................................. 512 13.4.1 Arten ...................................................................................................... 512 13.4.2 Nichtbelüftetes Flachdach ..................................................................... 514 13.4.3 Umkehrdach .......................................................................................... 517 13.4.4 Belüftetes Flachdach.............................................................................. 519 13.5 Begriffe ............................................................................................................... 521 13.6 Konstruktive Forderungen .................................................................................. 524 13.6.1 Gefälle ................................................................................................... 524 13.6.2 Oberflächenschutz, Auflast, Wartungswege .......................................... 525 13.6.3 Dachflächenaufteilung ........................................................................... 525 13.7 Vorbereitung von Flachdachsanierungsarbeiten ................................................. 526 13.7.1 Konstruktive Vorüberlegungen.............................................................. 526 13.7.2 Schadensdiagnose vor der Sanierung .................................................... 528 13.7.3 Messverfahren ....................................................................................... 530 13.7.4 Bestandsaufnahme mit Checkliste ......................................................... 533 13.7.5 Flachdachinspektion - Wartungsvertrag ................................................ 537 13.8 Bauphysikalische Forderungen ........................................................................... 537 13.8.1 Wärmeschutz ......................................................................................... 537 13.8.2 Schallschutz ........................................................................................... 537 13.8.3 Brandschutz ........................................................................................... 538 13.9 Funktionsschichten .............................................................................................. 540 13.9.1 Tragdecken ............................................................................................ 540 13.9.2 Trenn- und Ausgleichsschichten ............................................................ 541 13.9.3 Dampfsperrschicht ................................................................................. 542 13.9.4 Wärmedämmschichten .......................................................................... 544 13.10 Sicherungssysteme .............................................................................................. 546 13.11 Abdichtung von Flachdächern ............................................................................ 549 13.11.1 Aufgaben und Vorteile .......................................................................... 549
XI
XII
Inhaltsverzeichnis
13.11.2 Konstruktive Vorüberlegungen .............................................................. 551 13.11.3 Anforderungen ....................................................................................... 552 13.11.4 Werkstoffe und deren Funktion ............................................................. 553 13.12 Ausführung mit Flüssigkeitskunststoffen ............................................................ 557 13.12.1 Zusammensetzung und Eigenschaften ................................................... 557 13.12.2 Verarbeitungsanleitung .......................................................................... 558 13.13 Metalldach ........................................................................................................... 561 13.14 Nutzungsvarianten von Flachdächern ................................................................. 563 13.14.1 Genutzte Dachflächen ............................................................................ 563 13.14.2 Dachterrassen ......................................................................................... 563 13.14.3 Parkdächer und Parkdecks ..................................................................... 565 14
Solarenergienutzung..................................................................................................... 567 14.1 14.2 14.3
14.4 14.5 14.6 14.7
15
Gründachgestaltung ..................................................................................................... 611 15.1 15.2 15.3 15.4 15.5 15.6
15.7 15.8 16
Konstruktive Vorbemerkungen ........................................................................... 567 Solarthermie ........................................................................................................ 571 14.2.1 Konstruktive und organisatorische Grundlagen ..................................... 571 14.2.2 Kollektoren ............................................................................................ 573 Photovoltaik ........................................................................................................ 583 14.3.1 Konstruktive Vorüberlegungen .............................................................. 583 14.3.2 Solarzellen ............................................................................................. 588 14.3.3 Solarmodule ........................................................................................... 589 Gebäudeintegration ............................................................................................. 593 Hybridsysteme..................................................................................................... 602 Reinigung ............................................................................................................ 602 Bauliche Varianten der Solarstromerzeugung ..................................................... 603 14.7.1 Entwicklungstendenzen ......................................................................... 603 14.7.2 Dish-Stirling-Anlagen ............................................................................ 604 14.7.3 Aufgeständerte und dachintegrierte Photovoltaikanlagen...................... 605 14.7.4 Solarstrom aus der Dachbahn ................................................................ 606 14.7.5 Dünnschichtphotovoltaikscheiben ......................................................... 606
Konstruktive Vorüberlegungen ........................................................................... 611 Planungsgrundsätze ............................................................................................. 611 Flachdachkonstruktionen und ihre Begrünungsmöglichkeiten............................ 615 15.3.1 Funktionsschichten ................................................................................ 615 15.3.2 Ausführungshinweise............................................................................. 622 Vegetationsplatten ............................................................................................... 622 Brandschutz bei Gründächern ............................................................................. 623 Synergie von Dachbegrünung und Solarenergie ................................................. 625 15.6.1 Synergie ................................................................................................. 625 15.6.2 Solaranlagen .......................................................................................... 625 15.6.3 Photovoltaikanlagen............................................................................... 626 Pflege des Gründaches ........................................................................................ 628 Kosten ................................................................................................................. 628
Ökologische Dachsanierung......................................................................................... 629 16.1 16.2
Konstruktive Vorbemerkungen ........................................................................... 629 Werkstoffbeschreibungen .................................................................................... 629
Inhaltsverzeichnis
16.3 17
Baulicher Artenschutz bei Sanierung und Umbau .................................................... 633 17.1 17.2 17.3 17.4
18
Grundsätze baulichen Artenschutzes................................................................... 633 Einbeziehung artenschutzgerechter Gestaltung in Sanierungsund Umbauarbeiten ............................................................................................. 634 Ausgewählte Arten – Gefährdung – Schutz ........................................................ 636 Prinzipielle bauliche Lösungen ........................................................................... 641
Rechtliche Grundlagen ................................................................................................ 645 18.1 18.2
18.3
18.4
18.5 18.6
18.7 18.8 19
Verlegungstechnologie ........................................................................................ 630
Einführung .......................................................................................................... 645 Wettbewerb und Auftragsvergaben:.................................................................... 646 18.2.1 Der Verbraucher .................................................................................... 646 18.2.2 Der private Gewerbetreibende ............................................................... 646 18.2.3 Der öffentliche Auftraggeber ................................................................. 646 18.2.4 Konsequenzen........................................................................................ 647 18.2.5 Wie kommt ein Auftrag zustande? ........................................................ 648 Verträge............................................................................................................... 650 18.3.1 Übersicht................................................................................................ 650 18.3.2 Was muss vereinbart werden? ............................................................... 652 18.3.3 Wann ist der Vertrag zu Ende? .............................................................. 654 Die Abnahme der Werkleistung .......................................................................... 654 18.4.1 Regelungen einer Abnahme ................................................................... 654 18.4.2 Verweigerung der Schlusszahlung......................................................... 656 18.4.3 Vorliegen von Mängeln ......................................................................... 657 18.4.4 Welche Konsequenzen ergeben sich? .................................................... 657 Bauleitung ........................................................................................................... 658 Öffentliches Baurecht.......................................................................................... 658 18.6.1 Einleitung .............................................................................................. 659 18.6.2 Wann sind die Bauordnungen zu beachten? .......................................... 660 18.6.3 Planung der Baumaßnahme ................................................................... 661 18.6.4 Die am Bau Beteiligten und ihre Verantwortung: ................................. 661 18.6.5 Bauvorlageberechtigung: ....................................................................... 663 18.6.6 Welche Baumaßnahme muss genehmigt werden? ................................. 663 18.6.7 Bauausführung ....................................................................................... 670 18.6.8 Konstruktive Vorgaben der Bauordnungen ........................................... 672 Zusammenfassung ............................................................................................... 691 Literatur............................................................................................................... 692
Literatur-, Normen- und Bildquellenverzeichnis ...................................................... 693 19.1 19.2
19.3
Literatur............................................................................................................... 693 Normen und Richtlinien ...................................................................................... 69 19.2.1 Normen .................................................................................................. 69 19.2.2 Regelwerke ............................................................................................ 69 19.2.3 Internet-Links ........................................................................................ 697 Bildquellen .......................................................................................................... 69
Sachwortverzeichnis .............................................................................................................. 701
XIII
1 Grundlagen der Dachsanierung und des Dachausbaus 1.1 Konstruktive Vorüberlegungen Der Begriff „Dach“ steht für Schutz und Geborgenheit. Es soll vor Wind und Wetter schützen vor allem • das Eindringen von Niederschlagsfeuchte aller Art (z. B. Wasser, Schnee, Hagel) zu verhindern • im Winter den Wärmeverlust, im Sommer die Wärmezufuhr beschränken • den Außenlärm durch Reflexion und Absorption weitgehend dämmen • Wind und Sturmschäden zu vermeiden • Ungeziefer von Holzkonstruktionen fernhalten
Bild 1.1 Einflüsse auf das Dach
Ein „sicheres Dach über dem Kopf zu haben“ ist heute für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit, denn keins zu haben, ist für „Sesshafte“ die größte Not nach Hunger und Durst. Der Weg dorthin begann mit einfachsten Mitteln und Materialien. Es entstanden – je nach Klima, Zweck und Baustoff – Dachhäuser und Rundhäuser in unterschiedlichen Ausformungen. Mit der zunehmenden Sesshaftigkeit der Menschen und der Ausbildung handwerklicher M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_1, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Bild 1.2 Haus aus Zweigen und Blättern in ÄquatorialAfrika. Der Schopf im Scheitelbereich gewährleistet, dass die für Wassereinbruch am meisten gefährdete Stelle geschützt ist (im Scheitel ist die Krümmung einer Tangente zur Horizontalen 0°).
Bild 1.3 Lehmhaus in Afrika. Die Kuppel ist für die hauptsächlich nur druckbeanspruchten Materialien wie Lehm und Stein am besten geeignet. Die Buckel an der Oberfläche sind Dekor, vor allem aber Montagehilfsmittel, denn sie dienen zum Besteigen während der Montage.
Bild 1.4 Pfahlhaus auf Sumatra. Die Pfahlhütten vor Tausenden von Jahren sahen sicher genau so aus. Man baute sie in den Sumpf, ins seichte Wasser und fühlte sich in ihnen sicherer. Man kann heute noch Höhlen- und Nestbewohnertypen nach ihrem Wohnungswunsch unterscheiden .
Techniken entwickelte sich die gesamte Erscheinungsform des Daches in Konstruktion, Struktur und Oberfläche weiter. Form und Gestalt waren jahrhundertelang abhängig von den am Ort zu Verfügung stehenden Konstruktions- und Deckungsmaterialien (Holz, Reet, Schiefer, Steinplatten, später Ziegel), der daraus abgeleiteten zimmermannsmäßigen Konstruktion des Dachstuhls sowie den regionalen Witterungsverhältnissen. Diese Bedingungen bestimmen ihren landschaftstypischen Charakter.
1.1 Konstruktive Vorüberlegungen
Landschaftliche und städtebauliche Gegebenheiten prägen die Dachlandschaften einer jeden Region. So ist es verständlich, dass gerade in den sturm- und regenreichen Regionen des Nordens steilere Dächer zum Schutz vor Feuchtigkeitseintrieb, Wind- und Sogbelastungen in die Bautradition eingegangen sind. In südlichen Regionen ist dagegen die Anwendung flacher Dachneigungen mit weiteren Dachüberständen verbreitet, da hier durch extreme winterliche Witterungsverhältnisse starke Belastungen auf das Dach einwirken. Ein schnelleres Abrutschen des Schnees, der als „Wärmedämm-Paket“ dient, wird auf flacheren Dächern weitgehend verhindert. Die Vielfalt verschiedener Dachformen prägt das Bild unserer Dörfer und Städte! Am deutlichsten wird das in den städtischen Dachlandschaften. Scheinbar ganz zwanglos gruppieren sich das Satteldach, das wohlige Krüppel-Walm-Dach, das Mansardendach sowie das Pultdach zu einem harmonischen Miteinander. Sowohl in der Bautradition als auch in der modernen Architektur setzt das geneigte Dach interessante Akzente. Dachform, Grundriss und Baukörper lassen sich auf unterschiedlichste Weise zu einer Einheit verbinden, wobei der verwendete Dachbaustoff und dessen Form wesentlich zum Gesamterscheinungsbild beitragen. Aber auch die baulichen Einzelheiten des Daches, seine Struktur, seine Trauf-, Ortgang- und Firstabschlüsse prägen ein altes Gebäude und sind nicht beliebig durch andere Details zu ersetzen.
Bild 1.5 Dachlandschaften
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Nur selten trifft man bei älteren Bauten noch auf im Original erhaltene Dächer. Durch spätere Umbauten oder zum Teil provisorische Instandsetzungen entstanden Mischformen und teilweise abenteuerliche Hilfskonstruktionen. Je nach Art des Deckungsmaterials ist dessen Lebensdauer erheblich kürzer als die der Gesamtkonstruktion. Einzig Ziegeldächer werden stellenweise noch mit Teilen der Originalabdeckung angetroffen, was sich durch Ziegel mit eingeritzten Jahreszahlen (sogenannte Feierabendziegel) belegen lässt. Solche handgeformten Materialien prägen wesentlich die Lebendigkeit einer Dachlandschaft. Im Gegensatz zum Auftragsbestand im Neubau haben sich die Aufträge in der Dachsanierung 2009 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. ¾ des Umsatzes im Dachdeckerhandwerk wurden durch Renovierung und Sanierung von Altbauten erzielt. Nach Ansicht der Fachleute sind in Deutschland über 80% des Dachraumes für Wohnzwecke ausbaufähig und nutzbar. Wenn man bedenkt, dass es etwa 36 Millionen Haushalte gibt, die bauliche Ausdehnung auf der „grünen Wiese“ immer geringer und der Wohnraum knapp ist, ergeben sich hier vielfältige Möglichkeiten. Im Gegensatz zur Dachsanierung im traditionellen Sinne ist der Dachausbau eine konstruktiv relativ junge Gestaltungsmöglichkeit, wo noch viele Details im Einzelnen zu klären, bzw. wo praktikable Langzeitergebnisse sicher zu weiterführenden Erkenntnissen führen. Dachkonstruktionen haben neben der vorrangigen Aufgabe der Niederschlagsableitung, alle Funktionen einer Außenwandkonstruktion zu erfüllen, sobald ein Aufenthaltsraum angrenzt. Bei historischen Gebäuden ist diese Doppelfunktion selten anzutreffen. Die damals zur Verfügung stehenden Baustoffe waren zur Erfüllung dieser Aufgabe nicht gut geeignet. Vor allem in der Gründerzeit entstanden in verstärktem Umfang Dachraumnutzungen in Mansardengeschossen. Die Abweisung des Niederschlags war durch die starke Dachneigung unproblematisch und porige Materialien wie Bims- und Hüttensteine sowie später Holzwolleleichtbauplatten boten zumindest einen geringen Wärmeschutz. Hoher Heizbedarf im Winter und hohe Temperaturen im Sommer machten Dachwohnungen nicht zum Domizil der Privilegierten. Die Siedlungshäuser der 30er und 50er Jahre wurden in kompakter Bauweise mit ausgebauten Dachgeschossen errichtet. Durch die Entwicklungen im Bereich der Dämmstoffe und der Dachbahnen wurde in den darauf folgenden Jahren der Dachgeschossausbau standardmäßig ausgeführt. Vor allem in den Ballungsgebieten wurde der nachträgliche Ausbau zum Ende der achtziger Jahre gefördert, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Zum Bereich Dach zählen geneigte Dächer, Flach- und Gründächer, Dachgeschossdecken zum unbeheizten Dachraum und Abseitenwände. Für die Dämmung kommen zurzeit drei unterschiedliche Systeme zur Anwendung • Aufsparrendämmung • Zwischensparrendämmung • Untersparrendämmung Alle Systeme weisen Vor- und Nachteile auf, die für die jeweilige Anwendung durch den Planer und das ausführende Unternehmen objektbezogen und ausführungsgerecht einzuschätzen sind. Eine wesentliche Rolle für die Entscheidung für eine Variante wird es sein, in welcher Form die Konstruktion den Forderungen der Energieeinsparverordnung EnEV gerecht wird. Auch hier gilt der methodische Grundsatz, die Entwicklung weiter zu verfolgen.
1.2 Grundsätze der Dachsanierung
1.2 Grundsätze der Dachsanierung Bei einer nachhaltigen Dachsanierung sind neben den bekannten Grundsätzen der Bauausführung noch einige weitere Aspekte zu berücksichtigen. Sie sollen gewähren, dass sich die Maßnahmen auch auf lange Sicht ökologisch verträglich, ökonomisch überzeugend und energieeffizient bewähren. Wesentliche Grundsätze • Denkmalsgerechte Arbeitsweise Notwendige Veränderungen an der vorhandenen Konstruktion sollten weitestgehend minimiert werden. Die einzelnen Arbeitsschritte sollten keine zusätzlichen Schäden an der vorhandenen Baukonstruktion hervorrufen. • Schutz und Wiederverwendung vorhandener Bauteile Alle zu erhaltenden Bauteile müssen vor Beschädigungen während der Bauzeit geschützt werden, um Restaurationskosten vorzubeugen. Jedes Bauteil sollte auf seine Wiederverwertbarkeit überprüft werden. Erhaltene Bauteile tragen wesentlich zum historischen Erscheinungsbild des Hauses bei. • Trockene Bauweise bevorzugen Unnötige Feuchtigkeitsmengen belasten das Bauwerk und können später noch zu Schäden durch Schimmelpilzbildung führen. • Endbehandelte Bauteile Wo immer möglich, sollten endbehandelte Bauteile in der Dachsanierung verwendet werden. • Vertikale Erschließungsstränge Das Zusammenfassen von vertikalen Erschließungssträngen ist besonders wichtig, da zumeist alle Deckendurchbrüche inklusive der erforderlichen Vor- und Folgearbeiten erst hergestellt werden müssen. • Verlegung von Leitungen Bereits zu Beginn der Planung sollte das Verlegen von Leitungen vor die vorhandene Konstruktion oder in entsprechende Schächte berücksichtigt werden. Die Kriterien für eine nachhaltige Altbausanierung können wie folgt zusammengefasst werden: • Energetisch effizient Energieeffiziente Maßnahmen im Bestand sind nicht nur im Hinblick auf Fördermöglichkeiten attraktiv. Ökologische und ökonomische Überlegungen überlagern sich in optimaler Weise in der Forderung nach energiesparender Dacharchitektur. • Passive Energiegewinne Durch umfassende Studien und Forschungsmöglichkeiten konnten auch für die Dachmodernisierung enorme Steigerungen im Bereich der passiven Energiegewinne erzielt werden. Diese sollten umfassend in die Planung mit einfließen. • Ökobilanz Alle verwendeten Materialien sollten neben ihrer Kombinationsfähigkeit auch im Hinblick auf ihre Ökobilanz gewählt werden. • Recycling/Wiederverwertung Als Teilaspekt der Ökobilanz ist die Fähigkeit zur Wiederverwendung bzw. zum Recyceln der einzelnen Baustoffe zu prüfen.
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• Ökonomisch bauen Der kostenbewusste Planungsansatz gilt im jedem Bauvorhaben. Nachhaltige Maßnahmen weiten die ökonomischen Überlegungen jedoch aus, so sind auch die Erstellungs-, Transport- oder Entsorgungskosten mit in die Berechnung einzubeziehen.
1.2.1 Vorgehen beim Sanieren 1. Diagnose • Tragfähigkeit des Mauerwerks, der oberen Geschossdecke, des Dachtragwerks (Verankerungen, Holzquerschnitt, Holzschädlinge usw.) • Austausch / Wiederverwendung der Dachdeckung, An- / Abschlüsse Hinweis: Asbesthaltige Deckwerkstoffe dürfen nur von zugelassenen Betrieben ausgebaut und entsorgt werden! (TRGS1 519) • Zustand von Rauchzügen/Schornsteinköpfen, Blitzschutz, Tritten, Lüftern, Ausstiegen • Vorbeugender Brandschutz • Überwachungspflichtige Gas- und Elektroanlagen 2. Umfang und Sanierungsziel a) Sanierung bei Beibehaltung heutiger Nutzung b) Sanierung und zukünftiger Dachausbau c) Sanierung in Verbindung mit höherwertigem Dachausbau 3. Planung und Ausführung a) • Sicherung des Dachtragwerks • Bündelung von Leitungen über Dach • Wärmedämmung über Geschossdecke mit begehbarer Abdeckung und luftdichten Anschlüssen • fachgerechte Dachdeckung und Dachsicherheitstechnik b) • wie a), aber ggf. Wärmedämmung im, zwischen oder auf dem Sparren • Lichtöffnung in Abstimmung künftiger Nutzung • Versorgungsleitungen bis über oberste Geschossdecke führen c) • Dachgeschossausbau nach individuellen, fachgerecht konzipierten Plänen
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TRGS = Technische Regeln für Gefahrstoffe
1.2 Grundsätze der Dachsanierung
1.2.2 Technisch-konstruktive Forderungen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
17.
Kenntnisse über historische Konstruktionen und Deckungsmaterialien. Ständige Gewährleistung der Statik. Exakte Planung von konstruktiven und statischen, den Dachstuhl schwächenden Eingriffen. Berücksichtigung aktueller Anforderungen (EnEV 2009 u.a.) zu Wärme-, Schall-, Brandund Blitzschutz. Einbeziehung der gesamten Regenwasseraufbereitungsanlage in die bauliche Analyse. Überdenken der Flora und Fauna. Das betrifft sowohl den Erhalt und die Sanierung der Unterkünfte geschützter Arten als auch die Beseitigung und Verhinderung tierischer und pflanzlicher Schädlinge. Überprüfung der Tragfähigkeit und gegebenenfalls Ersatz von Dachbalken und Geschossdecken. Untersuchung von Struktur und Beschaffenheit aller, im Dach und im Dachraum verwendeten Werkstoffen und Überlegungen zur behutsamen Substitution. Analyse bauphysikalischer Faktoren wie Wasseraufnahme, Wasserdampfdiffusion, Konfektion, Luftdichtheit und chemischer Faktoren, wie Schadstoffe in der Luftfeuchte und Holzschutzmittel. Schätzung und Erfassung des Alters und von Alterserscheinungen sowie Lebenserwartung der Bauteile. Bei der Bestandsaufnahme sind bewährte, aber auch neue und moderne zerstörungsfreie oder zerstörungsarme, und wenn erforderlich auch behutsam zerstörende Untersuchungsmethoden anzuwenden. Konstruktive, ökonomische und ökologische Entscheidungen über die Wärmedämmung auf, unter oder zwischen den Sparren. Fachlich richtige Auswahl der Wärmedämmstoffe. Sinnvolle Auswahl und handwerklich gekonnter Einbau von Dachflächenfenstern, Dachterrassen und Dachgauben, Schornsteinen und Kaminen, Lüftungsrohren und Antennen. Auswahl ortstypischer und denkmalschutzgerechter Dachdeckungen sowie Berücksichtigung eventuell geplanter Solarelemente. Beim Einbau von Innenwänden, egal ob aus Holz, Ziegeln., Porenbeton, Lehmbausteinen oder Trockenbauelementen ist besonders auf konstruktiv sorgfältig berechnete Planung und die handwerklich korrekte Ausführung der Anschlüsse an die Dachschrägen, die Holztragwerke und die Deckenbalken zu achten. Ein ganz wichtiger Überlegungspunkt ist auch die Tatsache, dass Veränderungen im Steildachraum, sei es durch Deckung, Photovoltaikanlagen, Dachausbau und andere statische Kräfte auf die tragenden Wände bis zum Fundament auftreten können.
1.2.3 Baurechtliche und denkmalspflegerische Aspekte2 1. Berücksichtigung angewandter und neuer baurechtlicher Fragen unter Einbeziehung des Denkmalschutzes.
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vgl. Meyer, Ausbau von Dachgeschossen
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2. Beim nachträglichen Dachgeschossausbau, insbesondere wenn er zukünftig als Wohnoder/und Nassraum genutzt werden soll, sind umfangreiche baurechtliche Vorschriften zu beachten (BauGB § 29ff, BauNVO § 16 und die Landesbauverordnungen. 3. Dazu zählen in den Landesbauverordnungen beispielsweise Forderungen des Arbeits-, Gesundheits- und Brandschutzes und das Bauplanungsrecht mit Vorschriften über die Zahl der Vollgeschosse und der Geschossflächenzahl sowie das Denkmalsschutzrecht und bauaufsichtsrechtliche Vorschriften über Baugestaltung und Belichtung. 4. Die Einbeziehung eines Architekten ist daher nicht nur beim Neubau, sondern auch und gerade bei Sanierung und Dachgeschossausbau erforderlich. Er sollte daher neben der Planung und Bauüberwachung u.a. – Lageplan – Bebauungsplan – Rettungswegeplan erstellen.
1.3 Einteilung der Dachteile, Dachneigungen und Dachformen Innerhalb eines Daches werden die einzelnen Flächen als Dachflächen bezeichnet. Sie werden von Linien begrenzt, die entsprechend ihrer Lage ganz bestimmte Bezeichnungen haben (Fachausdrücke). Dachneigung Dächer bestehen aus • • • •
dem Tragwerk der Deckunterlage der Deckung den montierbaren Dacheinbauteilen
Die oberste Geschoßdecke eines Gebäudes um schließt mit dem Dach den Dachraum, oder sie bildet mit dem Dach eine Einheit. Sind keine Gebäudeumfassungswände vorhanden, überdacht es eine Verkehrsfläche. Tragwerk Dachhaut Deckunterlage
Deckung Montierbare Dacheinbauteile
Konstruktiver Unterbau, der die Dachhaut trägt. Sie besteht aus der Deckunterlage und der Dachdeckung. Vollflächige oder unterbrochene Unterlage zum Tragen und zum Befestigen der Deckstoffe. Eine vollflächige Deckunterlage aus Brettern ist eine Schalung, eine vollflächige Deckunterlage aus Beton ist eine Massivdecke. Eine unterbrochene Deckunterlage ist eine Lattung. Wasserabführender Deckbaustoff einschließlich Fugendichtung und Befestigungsmaterial. Einzubauende Montageteile, wie Schneefangstützen mit Schneefanggittern, Dachleiterhaken, Laufstegstützen mit Laufstegen, Dachfenster, Blitzschutzanlagen [1]
1.3 Einteilung der Dachteile, Dachneigungen und Dachformen
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Bild 1.6 Benennung der Dachteile
Bild 1.7 Benennung der Dachlinien a) Perspektive eines zusammengesetzten Daches b) Draufsicht auf das Dach 1 Dachlänge; b Dachbreite; h Dachhöhe; s Sparrenlänge 1 Traufe; 2 First; 3 Giebellinie; 4 Grat; 5 Verfallgrat; 6 Kehle
Teile des Dachs Die Oberfläche des äußeren Dachs setzt sich aus geometrischen Flächen zusammen, die durch Strecken und Endpunkte begrenzt werden. Diese Dachflächen, Dachlinien und Dachpunkte bzw. Dachstellen haben Fachbezeichnungen: Dachflächen Hauptfläche Walmfläche Krüppelwalmfläche Mansardenfläche Giebelfläche Wandfläche
Dachfläche, die sich über der Gebäudelänge erhebt. Dreieckige Dachfläche, die sich über der Gebäudebreite erhebt. Verkürzte Walmfläche. Untere, steiler geneigte Fläche eines Mansardendachs. Dreieckige Wandabschlussfläche unterhalb des Dachs an der Gebäudebreite. Gebäudewand, die wie eine Dachfläche gedeckt wird .
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Dachlinien Die Dachflächen werden begrenzt von waagerechten, senkrechten und schräg verlaufenden Dachlinien sowie durchlaufenden Maßstrecken, deren Längen für die Dachflächen- und Materialberechnungen bekannt sein müssen. Zu den waagerecht verlaufenden Dachlinien gehören Dachlänge, Dachbreite, Traufe und First. Die Dachhöhe ist ein senkrechtes Streckenmaß. Sparrenlänge, Giebellinie, Grat, Verfallgrat und Kehlen sind geneigte Dachlinien. Dachlänge Dachbreite Traufe First Dachhöhe Sparrenlänge Giebellinie
Grat Verfallgrat Kehle
Länge der Dachfläche über der Längswand des Bauwerks an der tiefsten Stelle des Dachs. Breie der Dachfläche über der Breite des Bauwerks an der tiefsten Stelle des Daches. Untere Begrenzung der Dachfläche. Obere Begrenzung der Dachfläche. Senkrechter Abstand zwischen der Gebäudewaagerechten der Längswand-Traufhöhe und dem First. Streckenabstand der Dachschräge zwischen der Traufe und dem First. Geneigtes Dachflächenende über dem Giebel an der Querwand des Bauwerks. Die speziellere Bezeichnung richtet sich nach dem Deckstoff: Ort bei Schieferdeckungen Leiste bei Ziegeldeckungen Kante bei Dachbahnendeckungen Schnittlinien zweier Dachflächen, die eine ausspringende Ecke bilden. Verkürzter Grat, der zwei verschieden hohe Firste miteinander verbindet. Schnittlinie zweier Dachflächen, die eine einspringende Ecke bilden.
Dachpunkte Firstanfang Firstende Firstauslauf Gratanfang
Beginn der Firstdeckung. Ende der Firstdeckung. Mündungspunkt eines Firsts in eine Dachfläche oder einen Grat. Beginn der Gratdeckung.
Gratauslauf Kehlanfang Kehlauslauf
Ende der Gratdeckung. Beginn der Kehldeckung. Ende der Kehldeckung.
Dachstellen Traufüberstand Giebelüberstand Dachknick Aufschiebling
Überstand des Daches über die Gebäudeumfassungswände. Seitlicher Überstand des Daches über die Giebelwand. Übergangslinie zweier verschieden geneigter, übereinanderliegender Dachflächen. Kurzes, flacher als das übrige Dach geneigtes Sparrenstück an der Traufe zum Anheben der Deckung.
1.3 Einteilung der Dachteile, Dachneigungen und Dachformen
Dachneigung Die Dachneigung wird durch folgende Faktoren bestimmt: • durch das Verhältnis der Dachhöhe (h) zur Gebäudetiefe (l) (Spannweite); • durch den Neigungswinkel Į Dächer mit einem Neigungswinkel Į von 45° bilden immer ein Verhältnis von 1:1. Beim Pultdach wird dann der Winkel am First auch 45°, während beim Sattel- und Walmdach der Winkel am First 90° wird. Dies bedeutet, um das Verhältnis 1.1 anwenden zu können, dass beim Sattel – und Walmdach nur die halbe Gebäudetiefe l/2 einzusetzen ist.
Bild 1.8 Dachneigungen
Die Mindestdachneigungen der verschiedenen Eindeckungsmaterialien zeigt das nachstehende Bild
Bild 1.9 Mindestdachneigungen
Dachformen Dachformen sind von vielen Einflussfaktoren, wie architektonische Vorgaben, umgebungklimatische Bedingungen, Bauvorschriften etc. abhängig.
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Bild 1.10 Dachformen
1.4 Bewertung der Dachbausubstanz Bei Modernisierung und Sanierung von Dächern sind gleichzeitig Forderungen des Bauherrn nach Nutzungsbedingungen, die den heutigen Lebensansprüchen genügen müssen, zu berücksichtigen. Die wesentlichen Konfliktebenen ergeben sich aus der gegebenen Bau- und Konstruktionsweise, dem Erhaltungszustand und der Verwendbarkeit dieser Dachkonstruktionen unter dem Aspekt der vollständigen Realisierung moderner Nutzungsansprüche. Die Kenntnis der bautechnischen Eigenschaften der vorgefundenen Bauweise ist äußerst wichtig bei der Bewertung der Erhaltungs- und Instandsetzungswürdigkeit einer Dachkonstruktion. Ziel einer Schadenanalyse ist es, das tatsächliche Ausmaß einer Schädigung festzustellen und die Wege zur Schadensbehebung aufzuzeigen. Der Fachmann hat ein systematisches Vorgehen bei der Analyse von typischen Schädigungen an Dächern. Er untersucht sehr gründlich das Gebäude oder die Konstruktion nach Indikatoren für mögliche Schädigungen.
Bild 1.11 Typische Schadensschwerpunkte am Dach
1.4 Bewertung der Dachbausubstanz
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Je nach Aufgabenstellung, Schadensbild und Schadensumfang sowie Denkmalwürdigkeit wird der mit der Planung beauftragte Architekt oder Ingenieur weitere Spezialisten (z. B. Holzschutzsachverständige, altbauerfahrene Tragwerksplaner bzw. Bauphysiker) zu Rate ziehen.
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Die Ausführung der Arbeiten soll stets qualitätsgeprüften Firmen übertragen werden. In bestimmten Fällen kann das exakte Schadensausmaß oder die Schadensart nur über Spezialuntersuchungen, ausgeführt von entsprechenden Sachverständigen, festgestellt werden. Hierzu zählt beispielsweise die Erfassung äußerlich nicht sichtbarer Kernfäule mittels Bohrwiderstandsmessung oder die Beurteilung des Einbauzustandes verdeckt liegender Verbindungsmittel mittels Röntgenverfahren. Die Tabelle 1.2 gibt einen zusammenfassenden Überblick über Mess- und Prüfmethoden bei der Beurteilung von verbauten Holzbauteilen am Dachstuhl. Tabelle 1.2 Verfahren zur Materialbewertung von Altholz am Dachstuhl (nach Lißner)
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Ein methodisches Vorgehen bei der Bauzustandsanalyse an Dachkonstruktionen hat sich in der Praxis bewährt. Im Wesentlichen sind dabei vier Arbeitsschritte zu bewältigen: • • • •
Erfassung des Bauzustandes des Daches Ermittlung von Schadensursachen (sofern Schäden vorhanden) Bewertung des Bauzustandes Festlegung bautechnischer Maßnahmen
Tabelle 1.3 Ablaufschema zur Prüfung der Funktionsfähigkeit an Holzkonstruktionen am Dach (nach Lißner)
Eine fundierte Prüfung des Bauzustandes hilft in der Planungsphase Zeit und Geld zu sparen, weil ein umfassender und detaillierter Überblick über die vorgefundenen Baumängel und derer Ursachen gegeben wird. Außerdem werden Aussagen zur bauphysikalischen Funktionsfähigkeit und zur Trag- und Nutzungsfähigkeit der vorhandenen Konstruktion getroffen und eventuell Variantenuntersuchungen zur Instandsetzung, Verstärkung bzw. Erhaltung unter Berücksichtigung der künftigen Nutzung durchgeführt.
1.5 Vorbereitungsarbeiten für die Dachsanierung
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Bevor der Architekt oder Bauherr an den Tragwerksplaner oder andere Fachleute einen Auftrag erteilt, sollte er dem Ratschlag folgen:
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„Es gibt im Regelfall mehrere Möglichkeiten, um den Schaden oder die Schäden zu beheben. Es ist immer lohnenswert, mehrere Varianten auszuarbeiten und miteinander (z. B. Kosten, Technologie, Tragfähigkeit, örtliche Bedingungen, Aussehen) zu vergleichen.“ Grundsätzlich lässt sich der exakte Modernisierungsumfang nur durch eine umfassende Funktionsfähigkeitsprüfung der bestehenden Bauteile bestimmen. Für Holzkonstruktionen am Dach gilt das in Tabelle 1.3 angegebene Ablaufschema.
1.5 Vorbereitungsarbeiten für die Dachsanierung
Bild 1.12 Die wichtigsten Dachbereiche
In der nachfolgenden Tabelle sind die wichtigsten Dachbereiche aus Bild 1.12 und die erforderliche Wartung zusammengestellt. Tabelle 1.4 Inspektion Inspektion 1. Dachdeckung 2. Dachentwässerung 3. An- und Abschlüsse
4. Dacheinbauteile Dachsystemteile Anlagen zur Nutzung von Solarenergie 5. Sicherheitseinrichtungen 6. Windsogrichtung der Dachdeckung
Wartung, Reparatur, Einfügen, Ergänzung, Entfernen – Dachwerkstoffe – Deckwerkstoffe – Reinigen von Rinnen und Fallrohren – Korrosionsschutz von Metallen – Vermörtelung – Reinigung – Gauben – Dachflächenfenster – Antennen – Blitzschutzanlagen – Tritte und Wege Dachbegehungen – Befestigung der Dachdeckung
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Nach sorgfältigem Ausfüllen der nachfolgenden Checkliste können Sie erkennen, welche Tätigkeiten Sie vornehmen müssen: • • • • • •
Wartung Reparatur Austauschen Einfügen Ergänzen Entfernen
Checkliste zur Entscheidungsfindung Tabelle 1.5 Entscheidungsfindung Wartung 1. Dachdeckung
2. Dachentwässerung 3. An- und Abschlüsse
4. Dacheinbauteile Dachsystemteile
Konstruktionsteile 1.1 Ersatz von einzelnen Deckwerkstoffen 1.2 Ersatz von Formziegeln 1.3 Befestigung der Dachdeckung (Windsogsicherung) 2.1 Reinigung der Rinnen 2.2 Reinigung der Fallrohre 3.1 Metallan- und –abschlüsse warten / erneuern 3.2 Vermörtelungen erneuern 3.3 Sonstige Verunreinigungen erkennen 4.1 Schadhafte Dacheinbauteile / Dachsystemteile Ersetzen
ja ͕ ͕ ͕
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- Durchgangsziegel - Lichtpfanne / Lichtbiber - Firstabschlusselement - Firstlüftungselement - Gratlüftungselement - Trauflüftungselement - Kehlelement - Ortgangelement - Dachausstiegsfenster / Wohndachfenster
5. Sicherheitseinrichtung
4.2 Funktionsteile von Anlagen zur Nutzung der Solarenergie warten bzw. erneuern 5.1 Blitzschutzanlagen warten bzw. erneuern 5.2 Tritte und Wege für die Dachbegehungen warten bzw. erneuern 5.3 Schneefangvorrichtungen warten bzw. erneuern
1.6 Untersuchungsmethoden Für die erfolgreiche Sanierung eines Dachgeschosses ist zunächst der bauliche Istzustand gründlichst zu analysieren. Dafür gibt es umfangreiche Analysierungsmethoden, die sich auf zerstörungsfreie, zerstörungsarme oder zerstörungsintensive Verfahren einteilen lassen.
1.6 Untersuchungsmethoden
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Für die Untersuchungen, die auch unter dem Begriff Bauwerksdiagnostik durchgeführt werden, empfiehlt MAIER (7) folgenden Vorgehensweisen.
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Orientierende Objektbesichtigung Orientierungssysteme, Sicherungsmaßnahmen, Dokumentationsformen, Systematik der Baubeschreibung, Diagnoseaufwand, Untersuchungskosten Anamnese Archivalien, Bauunterlagen, alte Abbildungen und Fotos, Nutzungsgeschichte Schadensaufnahme Inaugenscheinnahme, fotografische Erfassung, skizzenhafte Erfassung, einfache Untersuchungen Entscheidung über das weitere zielgerichtete Vorgehen Auswahl der Untersuchungen, Beauftragung der Sonderfachleute, Überprüfung des Kostenvoranschlags Erstellung von Planunterlagen Verformungsgetreues Aufmaß, Fotogrammmetrie Probenahme für Untersuchungen mit geringem Substanzverlust, Untersuchungen im Labor, Restauratorische Untersuchungen Weitergehende Untersuchungen mit größerem Substanzverlust, Sondagen, Deckenschnitte, Freilegung von Knotenpunkten Baustoffe Art und Verteilung, Zusammensetzung, Baustoffkennwerte Tragverhalten Balkendecken, Dachstuhl Feuchte Materialfeuchte, Salzgehalt, Klimamessung Schalldämmung vorhandene Trittschalldämmung, vorhandene Luftschalldämmung, Verbesserungsmaß-nahmen Wärmedämmung U-Wert-Ermittlung, ist Außendämmung möglich?, Taupunktermittlung mit Hilfe des GlaserDiagramms Bewertung der Untersuchungsergebnisse
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Instandsetzungsplanung Planung von Art und Umfang der Instandsetzungsschritte, Planung der Technologie, Planung der Materialien aufgrund der Vorgaben zu Funktion und künftiger Nutzung Grundsätzlich sollte die Diagnose von einem erfahrenen Fachmann vorgenommen werden. Das gilt auch für die nachfolgende Checkliste, die sich auf ein konkretes Vorhaben bezieht, die auch die Mithilfe des Sanierungswilligen erfordert.
1.6 Untersuchungsmethoden
Tabelle 1.6 Checkliste Dachausbau
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1.6 Untersuchungsmethoden
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer und des Dachdeckerberufes 2.1 Historischer Abriss Die Modernisierung, Renovierung, Sanierung erfordert viel Erfahrung im Umgang mit der historischen Bausubstanz. Historische Dachbauweisen -----------------------------------------------------!------------------------------------------------Kenntnisse
Ausführende
Kultur-, Bau- und Nutzungsgeschichte
Architekten
Dachbautechnik und Dachbauweisen
Tragwerksplaner
Dachbautechnik und Dachbauweise
Denkmalspfleger
Konstruktionsprinzipien
Sachverständige
Baustofftypische Eigenschaften
Kompetente Handwerker
Bild 2.1 Kenntnisspektrum bei historischen Dachbauweisen
Besonders Denkmalschutzobjekte zeigen, wie vielfältig ein Dach sein kann. Im Sächsischen Denkmalschutzgesetz lautet die Definition für Denkmalpflege folgendermaßen: „Teile und Spuren von Sachen einschließlich Ihrer natürlichen Grundlagen, derer Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen, städtebaulichen oder landschaftlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt.“ Die Kenntnis von Fertigung und Anwendung der Dachziegel verdanken wir den Römern, die uns mit dem Einsatz dieses vielfältig verwendbaren und langlebigen Materials vertraut gemacht haben. Das Wissen über seine Formen und Verbreitung gründet sich neben noch bestehenden Architekturzeugnissen auf archäologischen Funden, schriftlichen Quellen und bildlichen Darstellungen. Klimatische Verhältnisse, Materialvorkommen sowie die besonderen Anforderungen unterschiedlicher Haus- und Dachformen haben im Laufe der Jahrhunderte eine beachtliche Palette verschiedenartiger Ziegel hervorgebracht. Durch ihre Formenvielfalt und die verschiedenen Arten der Verlegung gliedern sie Deutschland in charakteristische Ziegeldachlandschaften. Angesichts mannigfaltiger Mischformen darf man, wenn auch sehr vergröbernd, feststellen: Den Norden beherrschen Hohlpfannen, im Süden dominieren die Flachziegel. Sie alle kommen dabei in unterschiedlichen Ausformungen und Farben vor. Seine traditionelle Gestalt fand der Ziegel insbesondere als Hohlpfanne, Biberschwanz oder Mönch und Nonne. Sie alle geben Dank ihrer eigentümlichen Ausbildung den Dächern eine jeweils individuelle Struktur.
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_2, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer
Häufig geschah die Eindeckung mit Strohpuppen, so genannten Docken; Firste und Grate erfuhren durch den Verstrich mit Haarkalkmörtel eine hell leuchtende Ornamentierung. Auch der Ortgang wurde oft mit Kalkmörtel abgedichtet, bisweilen verschiefert oder mit einem geeigneten Stirnbrett abgeschlossen.
Bild 2.2 Historische fachlich einwandfreie Ausführung von Ortgängen
Die Beispiele für Ortgangausbildungen zeigen, dass die Fachregeln sowohl regionaltypische als auch denkmalrelevante Details berücksichtigen. Hierbei lassen sich denkmalpflegerische Anforderungen und die in der Fachregel zu beachtenden Grundsätze durchaus in Einklang bringen. Seit altersher existieren etliche Kombinationen mit anderen Materialien. An bäuerlichen Anwesen beispielsweise waren manchmal nur die Wohnteile mit Ziegeln gedeckt, während Ställe und Scheunen mit weichen Deckungen auskamen. Bei Mansardendächern belegte man den steileren Teil unterhalb des Dachknicks zumeist mit Schiefer, den flacheren Sattel dagegen mit Ziegeln. Etliche Variationen lassen sich auch im Bereich der unterschiedlichen Gaubenarten beobachten, die entweder gänzlich verschiefert oder aber mit einem verschieferten Rahmenfeld innerhalb einer Ziegeldeckung sitzen. Oftmals behauptete sich der Ziegel sogar in ausgesprochenen Schiefergegenden, wo die Häuser an den Wänden verschiefert waren, aber Ziegeldächer besaßen, meist mit Schiefersäumen an Traufen, Orten und Firsten.
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2.1 Historischer Abriss
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Bild 2.3 Einsatz formgefertigter Dachziegel Bei der denkmalgerechten Sanierung dieser Villa konisch gefertigte teilweise gewölbte Biber eingesetzt.
Bild 2.4 Geformte Biberdachsteine Um Setzungen zu vermeiden werden konkave und wurden am Halbkegel werkseitig konvexe Biber für gewölbte Flächen und objektbezogen gefertigt.
Die Beibehaltung traditioneller Baumaterialien beschränkt sich nicht auf gestalterische Absichten, sondern trägt der Alterungsfähigkeit Rechnung, dieses auch im Hinblick auf die erforderliche physikalisch-technische Übereinstimmung von altem Bestand und ergänzter Erneuerung. Seit jeher ist das Dach bei der Denkmalerhaltung, der Stadt- und Dorferneuerung eine ständige Herausforderung an das Einfühlungsvermögen von Architekten und an die meisterliche Beherrschung von Handwerktechnik und Material vornehmlich von Dachdeckern und Zimmerleuten.
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer
In den meisten Fällen können die Fachregeln für Dachdeckungen mit Dachziegeln und Dachsteinen im Zusammenhang mit Reparaturen, Umdeckungen und auch Neudeckungen bei der Durchführung von Bauleistungen zugrunde gelegt werden. Darüber hinaus ist ein Großteil von denkmalpflegerischen Aspekten im Regelwerk berücksichtigt.
Bild 2.5 Historische Fledermausgauben
Die Fledermausgauben an dieser Scheune haben noch ihre ursprüngliche Funktion. Die großen Lüftungslöcher unterstützen die Trocknung von Stroh und Heu. Zusätzlich hinterlüften sie die Dachziegel.
2.2 Dächer – Funktionen und Bezeichnungen 2.2.1 Arten Geneigte, regendichte, sonnenschützende Flächen sind wichtige Gebäudeteile. Unter „Dach und Fach“ kommen war immer ein primäres Anliegen der Menschheit. Klima, Niederschläge, Raumnutzung, Stand der Bautechnik beeinflussten Form und Konstruktion. Dachneigung, Eindeckung und Aufbauten sind wesentlich für die Dachlandschaft. Diese kann ruhig, einheitlich, gegliedert oder gestört sein.
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2.2 Dächer – Funktionen und Bezeichnungen
In der romanischen Zeit sind die Gebäude mit einem Satteldach versehen. Dieses besteht aus zwei schrägen gegeneinander geneigten, in einem First zusammenstoßenden Dachflächen. An ihren Enden sind sie durch Giebel begrenzt.
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Bild 2.6 Sattel- oder Giebeldächer 1 Steiles Satteldach in der Regel Sparrendach, üblich im Fachwerkbau 2 Flaches Satteldach in der Regel Pfettendach, üblich im Alpenraum 3 Reihung – Giebelstellung meist im Mittelalter 4 Reihung – Traufstellung mit Beginn der Neuzeit
Bei Bürgerbauten, einschließlich der Gemeinschaftsbauten wie Rathäuser, Zunfthäuser, Kaufhallen, Wehrbauten, waren seit dem Mittelalter steile Satteldächer die Regel, Krüppelwalme, Halbwalme waren Ausnahmen. In Städten mit hoher, geschlossener Giebelbebauung wurden für die Beschickung über den Aufzugseinrichtungen (Kragbalken, Rolle, Seil) Giebelnasen ausgekragt. Sind an einem rechteckigen Gebäudeteil auch die Giebelseiten, statt der Giebel mit schrägen Dachflächen versehen, so heißt ein solches Dach Walmdach und die Dachflächen der Schmalseiten werden danach Walme genannt.
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Bild 2.7 Walmdächer 1 Vollwalmdach, im MA sehr selten 2 Halbwalmdach, Ende MA bei städtischen Gebäuden 3 Krüppelwalm, oft in Mittel- und Süddeutschland 4 Giebelnase über Aufzugseinrichtung, oft in Mittel- und Süddeutschland
Treffen bei einem solchen Dach die vier Dachflächen in einer Spitze zusammen, so heißt dasselbe Zeltdach. Beim Zeltdach fallen die beiden Anfallspunkte eines Walmdaches in einem zusammen, die Firstlinie verschwindet, und das Dach nimmt die Gestalt einer Pyramide an.
Bild 2.8 Zeltdach
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer
Bei steilen Dachneigungen wird das Zeltdach zum Turm- oder Helmdach, das sehr verschiedene Ausbildung erhalten kann. Es sind zum großen Teil vier- oder achtseitige Pyramiden, die auf niedrigen, abgestumpften Pyramiden scheinbar aufsitzen, wodurch eine Kranzlinie entsteht, die man Leistbruch nennt.
Bild 2.9 Turmdächer
Türme erhalten das achteckige Pyramidendach, wenn sie oben in das Achteck übergeleitet sind. Rundbauten werden mit dem Kegeldach geschlossen. Geht das Polygon des Grundrisses in einen Kreis über, dann verschwinden die Gräte des Zeltdaches und dieses wird zum Kegeldach.
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Bild 2.10 Sonderformen 1 Faltdach 3 Zwiebeldach 2 Kegeldach 4 Ringförmiges Pultdach
Ist ein Raum nur von einer Dachfläche überdeckt, deren oberer Teil sich an eine Wand legt, so wird dies ein Pultdach genannt.
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Bild 2.11 Pultdächer 1 Pultdach, in der Regel nur bei einfachen Wirtschaftsgebäuden 2 Pultdachkombination im Wohnhausbau, neuere Modeform 3 Pultdächer/Sägedach/Sheddach mit senkrechter oder schräger Lichtfläche meist nach Nord
In der romanischen Zeit sind die Dachformen flacher, in der gotischen Zeit besonders steil. Die Zeit der Renaissance führt dann die Kuppel, welche seit der byzantinischen Zeit in Verwendung geblieben war, in verschiedenen Formen wieder ein. Der durchbrochene Aufbau auf
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2.2 Dächer – Funktionen und Bezeichnungen
der Kuppel heißt Laterne, der gerade Teil unter der Kuppel wird Tambour genannt. Neben der Kuppelform verwendet dann die Renaissance auch die Zwiebelform, wie sie noch heute besonders in der russischen Architektur beliebt ist, und ordnet vielfach mehrere solcher Zwiebeln übereinander an.
Bild 2.12 Kuppeln
Das 17. Jahrhundert legt, wie bei den Giebeln (siehe Giebel) gerne Voluten3 an den Tambour4 Auch die Stützen der Laterne werden mit solchen Voluten außen geschmückt. Mit dem ausgehenden 17. Jahrhundert wird durch den französischen Architekten Mansard eine Dachform eingeführt, welche der Vorliebe der Zeit, die gerade Linie zu knicken, entspricht, aber auch den praktischen Vorzug besitzt, über dem Hauptgesims im Dachraum noch Wohnungen mit wenig schrägen Außenwänden errichten zu können. Auf diese untere Mansarde legt sich ein flaches Walmdach. Das Dach heißt nach seinem Erfinder Mansardendach. Diese Dachform wurde besonders im 18. Jahrhundert bis zum Eintritt des Klassizismus viel verwendet. Mit dem Klassizismus des Stiles Louis XVI. wird wieder das flache Satteldach errichtet.
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Bild 2.13 Mansarddächer 1 Mansardgiebeldach, selten, erst im Barock unten 70°, oben ca. 35° Neigung 2 Mansarddach mit Schopf 3 Mansardwalmdach betont Sonderbau 4 Mansarddach mit Fußwalm, sehr selten, (nach Mansard 1598/1666)
Die Anfangsphase des Historismus (1. Hälfte des 19. Jhd.) ist im Architekturbereich zunächst durch das flachgeneigte Dach mit Attika, Ballustrade etc. gekennzeichnet. Erst später in der 2. Hälfte des 19. Jhd. bis ca. zum 1.Weltkrieg spielt das Steildach eine große Rolle. Hier entwickeln sich auch die Grundlagen zu ideologisch geführten Diskussionen (z. B. Dach- und Heimatstil etc.).
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Volute; spiralförmig aufgerollte plastische Verzierung. Bestandteil des ionischen Kapitels
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Tambour; zylinderförmiger ovaler oder polygonaler Baukörper
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer
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Bild 2.14 Ausschnitt aus einer Deckung mit Dekorfalz-Ziegeln
Bild 2.15 Schmuckziegel am Ortgang und schöne Firstverzierungen
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2.2 Dächer – Funktionen und Bezeichnungen
Auch in der heutigen modernen Architektur und natürlich in der Sanierung finden Falzdachziegel, wie Doppelmuldenfalzziegel, Hohlfalzziegel oder Herzziegel eine große Anwendungsbreite.
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Bild 2.16 Doppelmuldenfalzziegel Ein Dachziegel für historische und moderne Dächer. Die Kopf- und Seitenverfalzung leitet das Regen- Wasser sicher auf den seitlich darunter liegenden Dachziegel
Bild 2.17 Herzziegel Herzdekor auf der Oberfläche. Durch die doppelte Seitenverfalzung ist eine hohe Regensicherheit gewährleistet.
2.2.2 Formen Bei den Frühformen umschloss das „Gehäuse“ nur einen Raum. Haus- und Dachkörper waren noch nicht getrennt.
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Bild 2.18 Frühformen Haus- und Dachräume sind noch eine Einheit 1 Pfostenkonstruktion, zweischiffig, Rofendach 2 Pfostenkonstruktion, dreischiffig, Rofendach 3 Ständerkonstruktion, zweischiffig, Rofendach 4 Ständerkonstruktion, dreischiffig, Rofendach 1–4 nach Phleps
Im norddeutschen Hallenhaus – Zwei-, Drei-, Vierständerbauten – wurden über den Kernbereichen Bergeräume angeordnet.
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer
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Bild 2.19 Das Niedersächsische Bauernhaus Mensch, Vieh, Vorräte unter einem Dach 1 Zweiständerbau mit Abseiten, Sparrendach 2 Dreiständerbau mit Abseiten, Sparrendach 3 Gestaffelter Vierständerbau, Sparrendach 4 Vierständerbau mit Sparrendach 1–4 nach Ko. Bedal
Die Trennung des Dachraumes wird in Mittel- und Südwestdeutschland in den Giebelansichten zunächst kaum sichtbar. Firstsäulen und Ständer überschneiden den Deckentrennbereich.
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Bild 2.20 Fränkischer Fachwerkgiebel 1 Giebel mit Freigespärre (Reste) 2 Giebel, enge Ständerstellung und Freigespärre, Krüppelwalm später 1/2 nach eig. Aufn.
Dachaufbauten, Dachfenster waren bei der Giebelstellung äußerst selten. Die Belichtung erfolgte auch bei großen Gebäuden (Knochenhaueramtshaus in Hildesheim 1529 – Deutsches Haus in Dinkelsbühl um1600) von den Giebelflächen aus. Das Ergebnis war eine geschlossene, einheitliche Dachlandschaft, unter der sich die Bewohner „behütet und geborgen“ fühlten. In großen Speicherhäusern genügten einfache Schleppgaupen für Licht und Belüftung. Kutzschmar (14) beschreibt das“ Knochenhauer Amtshaus in Hildesheim als ein Fachwerkbau augenfälliger Herkunft aus dem niedersächsischen Bauernhaus. mit Tor und Mittelgängen sowie seitlichen Verkaufsständen, den Fleischscharren. Hoch strebt der mehrgeschossige Giebel wie in gotischer Zeit auf. Geschoss türmt sich über Geschoss. Fenster reihen sich an Fenster, Dreieck an Dreieck, gebildet von Ständern und Fußstreben. Es war das monumentalste unter allen Holzhäusern hervor. Weit kragen die Geschosse hervor, so dass der oberste Giebel 2.50 hervorstand. Somit stand ein gewaltiger Dachraum zur Verfügung“.
2.2 Dächer – Funktionen und Bezeichnungen
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Bild 2.21 Knochenhauer – Amtshaus. Eindrucksvoller Fachwerkbau in Hildesheim 1529; Giebel 1884 nach Brand erneuert.
Nach der Firstschwenkung bei der Reihenhausbebauung konnte die Beschickung der Dachräume nicht mehr mittels Aufzugseinrichtung unter der Giebelnase erfolgen. Auch für die Belichtung und Belüftung der Kammern und Wohnräume fehlten die bislang üblichen Giebelfenster. Über den Traufen mussten Ladeerker, Zwerchgiebel, Zwerchhäuser geschaffen werden. Diese Aufbauten überspannen oft große Teile der Hausfronten und vermitteln den Eindruck der gewohnten mittelalterlichen Giebelstellung (1–3). Für die stärkere Dachraumnutzung wurden auch durch neue Gaupenformen Lichtflächen geschaffen.
2.2.3 Konstruktionen Die konstruktive Entwicklung der Dachkonstruktionen führte folgerichtig über das Rofendach zum flachen Pfettendach (Alpen- und Alpenvorland) und von der Oberrähmzimmerung zum steilen Sparrendach. Diese einfache, statisch ausgereifte Konstruktion im Dreieckverband – ein Dachbalken, zwei Sparren (Sparrenpaar, Gespärre) – wurde die Regel in den meisten deutschen Landschaften. In der Hochgotik werden die Sparren am Balken noch angeblattet, später waren die Zapfen mit Versatz üblich.
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer
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Bild 2.22 Sparrendachkonstruktionen I Dachgerüste Fachwerkbauten haben Sparrendächer 1 Sparrendach mit Kehlbalken, Sparrenanblattung, n. Griep 2 Sparrendach mit Stuhlsäule, Anblattung
Während beim Pfettendach die Sparren, schrägen Balkenlagen ähnlich, ohne wesentliche statische Bedeutung auf den Pfetten aufgeklaut sind, sind die Sparrenpaare mit den Balken die geschlossene Tragkonstruktion des Sparrendaches. In großen Dachräumen sind Kehlbalken bis zu drei Lagen aussteifende Elemente. Insbesondere bei Belastung der Kehlbalkenlagen (Lagerund Wohnräume) werden zur Unterstützung Rähme über Stuhlsäulen eingezogen. Zur Gewinnung freier Dachräume werden „liegende Stühle“ mit Säulen (Streben) parallel zu den Sparren eingebaut. Die Längsaussteifung übernehmen bei kleinen Dächern gegenläufige Windrispen (Schwertungen), bei großen Dächern die Kopfstreben zwischen Stuhlsäule und Rähm.
Bild 2.23 Sparrendachkonstruktionen II 1 Sparrendach mit liegendem Stuhl und Stuhlsäulen, nach Phleps 2 Sparrendach mit zwei liegenden Stühlen, nach Phleps 3 Sparrendach mit dreifach stehendem Stuhl, nach Winter 4 Sparrendach mit liegendem und stehendem Stuhl, nach Winter 5 Sparrendach mit Hahnenbalken, zwei zweifach stehenden Stühlen und Mittelsäule
Bei kleinen Pfettendächern konnten die von Giebelscheibe zu Giebelscheibe gespannten Pfetten als Unterkonstruktion ausrechend sein. Große Dächer erforderten besondere Tragkonstruktionen, die „Binder“ im Abstand von etwa 3,00–5,00 m. Die Binder bestanden in der Regel aus dem Binderbalken, zwei Stuhlsäulen, Fuß-, Mittel- und Firstpfette, einer Doppelzange, einer Firstzange und Kopfstreben. Zwei Binder mit vier Stuhlsäulen (vier Beine) und den Mittelpfet-
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2.2 Dächer – Funktionen und Bezeichnungen
ten bildeten die Unterkonstruktion, die zu Recht als „Dachstuhl“ bezeichnet wurde. Die Sparren zwischen den Bindern brauchten keine Sparrenpaare zu sein und waren über der Firstpfette auch nicht mit Blatt oder Scherblatt verbunden. Oberrähmzimmerungen zur Vergrößerung der Dachräume waren noch im 18. Jhd., Kniestockbauten (Drempel) für Dachwohnungen bis in neueste Zeit üblich.
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Bild 2.24 Dachraumvergrößerungen im 18./19. Jahrhundert Dachraumvergrößerungen bis ins 20. Jahrhundert 1 Sparrendach mit Sparrenknechten, n. Ko. Bedal 2 Oberrähmzimmerung, oft bei landw. Gebäuden 3 Pfettendach mit Kniestock (Drempel), oft für Wohnzwecke
Mischkonstruktionen sind meist in Zeiten handwerklichen Niedergangs oder bei Instandsetzungen in Unkenntnis des statischen Kräfteverlaufs entstanden. Zum Schutze der lehmausgefachten Wände wurden in gotischer Zeit Dachflächen über Rähmen, Flugsparrendreiecken und Freigespärren über den Giebelwänden ausgekragt. Von den Schwebegiebeln (Mittelalter) oder Ziergiebeln sind nur noch wenige erhalten. Als baugeschichtliche Zeugen sollten sie besonders gepflegt werden.
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Bild 2.25 Ziergiebel 1 Flugsparrendreieck, Kobern/Mosel 1320/1321 2 Flugsparrendreieck Dausenau/Lahn 1434 3 Freigespärre/Ziergiebel, Koblenz 1450 4 Flugsparrendreieck, Alpen, n. Deininger/Phleps
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer
2.3 Historische Rinnenkonstruktionen
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Die Ableitung des Wassers von den Dächern ist schon seit der Antike bekannt. Eine technischkonstruktive Entwicklung lässt sich seit dem 17. Jahrhundert nachvollziehen. Man unterscheidet „weite“ und „enge“ Rinnen, welche je nach der Größe der Dachflächen, bzw. der Größe der aufzunehmenden Wassermenge verwendet werden. Die ersteren haben eine Weite von 15 bis 18 cm, die letzteren eine solche von 9 bis 12 cm. Auch der Grad der Rauhigkeit oder Glätte des Deckmaterials hat Einfluss auf die Dachrinnengröße, indem bei glatter Dachfläche, wie solche unter Verwendung von Schiefern, Metallblechen usw. geboten wird, das Wasser rascher abfließt, als dies z. B. bei Ziegeln von gewöhnlich rauher, poröser Oberfläche der Fall ist. Ferner unterscheidet man „gewöhnliche“ Dachrinnen und „besondere“, sogenannte „Gesimskanäle“, je nachdem dieselben eine halbzylindrische Form haben oder nach besonderer Zeichnung angefertigt werden müssen. Der vordere Rand der Rinne wird gewöhnlich zu einem Wulst umgebogen, um demselben mehr Steifigkeit zu geben, welche durch Einziehung eines Eisendrahtes, der die Wulsthöhlung ausfüllt, noch vermehrt wird. Quer in der Rinne eingelötete Spangen oder Blechwulste tragen ebenfalls sehr zur Steifigkeit derselben bei. Bild 2.26 zeigt einige interessante Varianten der Ausbildung und Befestigung historischer Rinnen um 1850 Bei den einfachen Rinnenkonstruktionen wird die Rinne in „Rinneisen, Rinnhaken, Kanaleisen“ gelegt, welche am besten an jedem Sparren befestigt werden. Sind diese jedoch nicht regelmäßig verteilt, so bringt man ein starkes Traufbrett von etwa 4 bis 5 cm Stärke an, worauf die Dachhaken in regelmäßiger Einteilung befestigt werden können. Da die Dachhaken teilweise sichtbar sind, so kann man sie in ein Blatt, in Ranken usw. enden lassen, wenn das Gebäude eine künstlerische Durchbildung aller seiner Teile verlangen sollte. Je nach der Gesimsbildung werden die Rinnhaken seitwärts an den Sparren, oder auf den Sparren, oder aber an der Stirn der Dachbalken befestigt. Bei flachen Dächern lag der hintere Teil der Rinne meist auf der Schalung auf, wenn man die Rinne nicht anhängen wollte, in welchem Fall der aufgebogene Rand stellenweise durch Haften gefasst wurde, welche auf der Schalung genagelt wurden. Eine direkte Nagelung der Rinne auf der Schalung wäre sehr verfehlt, da die Beweglichkeit des Holzes sehr bald ein Zerreißen des Holzes zur Folge haben würde. Wurde Blech als Deckmaterial eingesetzt, bilden die untersten Tafeln einen Falz mit dem hinteren Rand der Rinne, die durch einen 12 bis 15 cm breiten, auf der Schalung befestigten starken Zinkstreifen, den sogenannten „Vorstoß“, gegen Hebung durch den Wind geschützt wird. Die Abfallrohre wurden durch „Rohreisen, Rohrschellen“ mit der Mauer verbunden; sie wurden mit Scharnieren versehen, um sie bei Ausbesserungen öffnen und die Rohre herausnehmen zu können. Die Ausmündung der Rinne in das Abfallrohr wurde vergittert, um Verstopfungen vorzubeugen; auch sollte der oberste Teil des Abfallrohres keine zu flache Lage haben, sondern es war mehr ein steiler stetiger Übergang in das lotrechte Abfallrohr anzunehmen.
2.4 Berufsentwicklung Dachdecker
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Bild 2.26 Gestaltungsmöglichkeiten historischer Dachrinnen
Die unzweckmäßigen und unschönen Verkröpfungen der Abfallrohre um die waagerechten Gesimse waren zu vermeiden und die Rohre womöglich von oben bis unten ohne Winkel und Knie durchzuführen. Die Rinne erhielt einen angelöteten konischen Zapfen, den das Abfallrohr umschloss, oder es erweiterte sich das Rohr gegen die Rinnenöffnung und nahm das Wasser mittels eines besonderen Einsatzes auf.
2.4 Berufsentwicklung Dachdecker In der Tradition der Zünfte war das Berufsbild des Dachdeckers in seine Spezialdisziplinen aufgeteilt. Kein Wunder, denn die Handgriffe, die auch heute noch nötig sind, um ein Dach zum Beispiel mit Ziegeln oder Reet zu decken, können verschiedener nicht sein. Der Dachdecker, der mit der harten Ziegel- oder Steindeckung umzugehen weiß, hängt die Pfannen mit
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer
ihren Nasen an die Dachlatten; der Rohrdachdecker hingegen näht oder bindet das weiche Reet oder Stroh an den Dachlatten fest.
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Bild 2.27 Bibeldarstellung aus dem Jahre 1430 Bauarbeiter, Dachschindeln vernagelnd, Federzeichnung
Aus einer Innungsordnung des Jahres 1564 geht hervor, dass zu den Tätigkeiten eines Maurers nicht nur das Mauern, Putzen, Tünchen und Anstreichen sowie Ofensetzen auch das Dachdecken gehörte.
2.4 Berufsentwicklung Dachdecker
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So war im 16. Jahrhundert eine exakte Trennung zwischen dem Zimmermann und dem Dachdecker, er hieß damals auch Ziegeldecker, erst ab dem 16. Jahrhundert üblich.
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Bild 2.28 Abbildungen der Gemeinnützlichen Stände, Christoph Weigel 1698
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2 Geschichtliche Entwicklung der Dächer
Gegenwärtig weisen die Tätigkeitsbereiche des Dachdeckers ein breites Spektrum auf
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Arbeiten zu den Tätigkeitsbereichen: Dachdeckungen • • • •
Eindeckung, Instandsetzung und Unterhaltung von Dächern aller Art Herstellen von Anschlüssen Oberflächenentwässerung Einbau von Dachfenstern, Dachflächenfenstern, Lichtkuppeln, Lichtbändern, Sonnenkollektoren, Einbauelementen • Anbringen von Schneefanggittern und Laufanlagen • Blitzschutz Bauwerksabdichtungen • Ausführung aller funktionsbedingten Schichten von Flachdachdeckungen für genutzte und ungenutzte Flachdächer • Herstellen von An- und Abschlüssen • Abdichten von Bauwerken und Bauwerksteilen (z. B. Duschräume) Außenwandbekleidungen • Groß- und kleinformatige Bekleidung von Außenwänden einschließlich Lattung und Wärmedämmung
Holzbau • • • •
Dachstuhl und evtl. Gauben stellen Sparrenauswechslung Anbringen der Lattung oder Schalung Durchführung vorbeugender Holzschutzmaßnahmen bei Dachdeckungs- und Fassadenarbeiten
Zur traditionellen Handwerkskunst des Dachdeckers kommen Aufgaben aus der Solartechnik hinzu. Die seit Oktober 2009 in Kraft getretene Energieeinsparverordnung bringt neue Anforderungen an den Aufbau unterhalb der Dacheindeckung mit sich. Hier gilt es für die traditionell am Dachtätigen Gewerke, ihre Aufgaben mit denen des Trockenbauers zu koordinieren, damit die Anforderungen an eine luftdichte Gebäudehülle auch am Bauteil Dach erfüllt werden können. Neue Qualifikationen und weitere Kooperationen mit anderen Gewerken werden dadurch notwendig – selbst mit Landschaftsgestaltern und Gärtnern, zumindest wenn es darum geht, ein flaches Dach zu begrünen.
3 Schäden – Auswirkung und Wartung 3.1 Bauschäden – Mängel – Schadensgruppen Der Jurist verwendet den Begriff „Bauschaden“ in der Regel nicht, sondern die Begriffe „Mangel des Werks“ und „Bauwerksmangel“. Weiter heißt es, dass nach dem Werkvertragsrecht des BGB der Unternehmer seine Werkleistung so herstellen muss, dass diese die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder mindert. Hieraus lässt sich folgende Definition ableiten: „Ein Bauwerksmangel ist das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft einer Werkleistung, oder ein Fehler, der den Wert oder die Tauglichkeit einer Werkleistung zu dem gewöhnlichen oder zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder mindert.“ Mangel Rechtlich besteht zwischen Mangel und Schaden ein wesentlicher Unterschied. Ein Mangel haftet einer Sache an; nur einer Person kann ein Schaden zugefügt werden. Schaden ist jeder Nachteil, den eine natürliche oder juristische Person selbst oder an einem ihrer Güter durch ein bestimmtes Ereignis erleidet. Im weiteren Sinne kann ein Schaden auch einer Vielzahl von Personen entstehen (z. B. volkswirtschaftlicher Schaden). Nach dem weitesten Verständnis wird der Schaden mit dem Mangel gleichgesetzt. Das Regelwerk des Deutschen Dachdeckerhandwerks gilt als allgemein anerkannte Regel der Technik. Eine Nichtbeachtung der Regelwerksteile stellt bereits einen Baumangel dar. Das Regelwerk ist die Grundlage für eine sach- und fachgerechte Planung und Ausführung aller Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten. Schadensgruppen • Schäden am Dachbelag • Schäden an der Unterkonstruktion (Lattung, Schalung) • Schäden an den Anschlusspunkten (Brandwand, Kamine, Gauben, Gesimse und Ortgänge) Auswirkung von Schäden Auch kleine Beschädigungen der Dachkonstruktion können zu dauerhaften Schäden an der Bausubstanz führen. Hier ist zwischen einem tatsächlichen Schaden und hinzunehmenden Unregelmäßigkeiten auf Grund natürlicher Materialien – wie etwa bei Abplatzungen von Ziegeleindeckungen – zu unterscheiden. Findet jedoch beispielsweise Feuchtigkeit den Weg in die Dachkonstruktion, drohen faulende Hölzer, feuchte und unwirksame Dämmschichten oder gar Hausschwamm. Ist z. B. die Dampfsperre nicht luftdicht ausgeführt, steigen Heizkosten und das Risiko von Feuchteschäden durch Kondenswasser. Dachinspektionen und Kontrollen der Ausführung durch BlowerDoor-Tests oder Wärmebildkamera beugen dem vor und zahlen sich daher aus. M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_3, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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3 Schäden – Auswirkung und Wartung
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Bei der Beurteilung vorgefundener Schäden ist sowohl aus Kosten- als auch aus Gestaltungsgründen zwischen Reparatur und Erneuerung gründlich abzuwägen.
3.2 Ursachen Die Ursachen der Schäden sind fast ausnahmslos auf Fehler in der Projektierung und Produktion der Baustoffe sowie in der Bauausführung zurückzuführen. Bei richtigen Entscheidungen und fehlerfreier Ausführung würden die objektiv vorhandenen Ursachen für Schäden am Dach überwunden und nicht wirksam. Zur Ursache von Bauschäden können fast alle auf Baustoffe von außen einwirkenden Kräfte und Stoffe werden, wenn sie beim Projektieren, besonders bei der Baustoffauswahl und beim Konstruieren der Bauteile übersehen werden. Hierzu gehören auch grobe Fehler in der Zusammensetzung und im Herstellungsverfahren. Systematische Wetteraufzeichnungen und deren Auswertungen über die letzten Jahrzehnte 74zeigen, dass es von Jahr zu Jahr mehr und heftigere Unwetter gibt. Experten sind sich einig, dass die Häufigkeit schwerer Unwetter und Naturkatastrophen weiter ansteigt. Schwerer Hagelschlag hat im Jahr 2006 zu verheerenden Zerstörungen in der Natur und an Gebäuden geführt. Dächer und vor allem Flachdächer müssen daher gut geplant und ausgeführt werden. Nur ein unversehrtes Dach, das keine lose Eindeckung, Risse oder undichte Stellen aufweist, kann Wind, Frost und Feuchtigkeit trotzen. So ist schon in der Planung und Ausschreibung auf die richtige Konstruktion und Ausführung zu achten. Seit 2004 gibt es zum Beispiel neue Abmessungen für Dachlatten, für die jedoch immer noch häufig Abfallholz verwendet wird. Das hat zur Folge, dass die Tragfähigkeit nicht gewährleistet und es bereits zu einigen Durchbrüchen gekommen ist. Leider sind Dachlatten in einer normgerechten Qualität oft schwierig zu bekommen. Es können verschiedene Ursachen zu Schäden führen. Die Analyse von mehreren Sanierungsobjekten aus der Praxis zeigt, dass oft eine Kombination von verschiedenen Ursachen für solche Schäden zuständig ist.
Bild 3.1 Fehlerquellen beim Dachaufbau
3.2 Ursachen
Die wichtigsten Punkte Schäden zu vermeiden sind: • Fugenfreie Dämmschichten und lückenlose Anschlüssse (z. B. an den Sparren) • Vermeidung von Wärmebrücken an den Übergängen zur gedämmten Außenwand, im Traufbereich und oben auf der Giebelwand • Sicherstellung der Luftdichtheit der Dachkonstruktion: Durch Überlappung und Überklebung der Ränder mit geeigneten Klebebändern • an allen Anschlüssen (z. B. am Mauerwerk durch Einputzen oder Anpresslatten, an Dachflächenfenstern mit Dampfsperrschürzen) • an allen Durchdringungen ( z. B. Antennen, Entlüftungen, Kabeln • Vermeidung nachträglicher Beschädigungen von Dampfsperren oder Dampfbremsen z. B. durch zu lange Schrauben durch Gipsplatten Folgende Ursachen können für die Schäden am Dach verantwortlich sein: 1. eindringende Feuchtigkeit Feuchteschäden mangels Baupflege sind meist im Dachanschlussbereich festzustellen. Zur Kontrolle wird der Raum hinter der Drempelwand/Kniestockwand oft ausreichen, der durch ein Schlupfloch zugängig ist oder zugängig gemacht werden kann. Das Wasser kann außen im Traufbereich, weiter oben eindringend, an der Schalung oder den Sparren ablaufend, am Sparrenfuß, dem Traufbrett, an der Pfette, dem Balken, der Mauerlatte Fäulnis verursacht haben. Durch dauernde Durchfeuchtungen oder unentdeckte Leckagen in der Dachhaut, beschädigte oder fehlende Dacheindeckung, freiliegende Holzkonstruktion etc. erhöht sich die Holzfeuchte in den Balken. Diese hohe Holzfeuchtigkeit begünstigt die Bildung von Pilzen (z. B. Echter Hausschwamm). Dadurch verfault der Balken mit der Zeit und wird im Querschnitt gemindert. Dies führt zur Schwächung der Balken und letztendlich zum Versagen der Zugfestigkeit (Bruch des Balkens).
Bild 3.2 Feuchteschaden Feuchtigkeit und stehendes Wasser haben die Dachhaut eines Flachdachs zerstört
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3 Schäden – Auswirkung und Wartung
2. Tauwasserbildung Die Ursache könnte auch darin bestehen, dass das Dachgeschoss ursprünglich ausgebaut war und die konstruktiven Details „falsch“ ausgeführt oder geplant wurden. Dazu zählen: fehlende Dampfsperre, vorhandene Wärmebrücken, zu geringe bzw. keine Wärmedämmung, keine luftdichten Anschlüsse oder ähnliches. Diese Mängel hätten Schäden wie Pilzbefall aufgrund von Tauwasseranfall an der Dachkonstruktion verursachen können, die erst nach Abbruch der gesamten Dacheindeckung und Ausbauten sichtbar wurden. Alternativ besteht die Möglichkeit, dass der Spitzboden als nicht beheizter Boden/Abstellraum genutzt wurde. In diesem Fall könnte das Fehlen einer Dampfsperre in der Decke, das Vorhandensein einer Wärmebrücke oder einer zu geringen Wärmedämmung zu einer Erhöhung der Luftfeuchtigkeit im Dachraum beigetragen haben. Wenn aber eine Belüftung des Dachraumes nicht vorhanden war, hätte die anfallende Feuchtigkeit im Spitzboden nicht abtrocknen und somit einen Pilzbefall auslösen können. 3. Insektenbefall Bei Insektenbefall ist die Ausbreitung zu ermitteln (Fluglöcher, Nagestellen). Hauptschädling ist der Hausbock, mit bis zu 3 cm großen Larven. Die Holzaußenschicht bleibt bei der Zerstörung stehen, nur an den Fluglöchern (oval, 3mm bis 7mm)ist der Befall erkennbar. Am häufigsten betroffen sind Nadelholzkonstruktionen. Klopfkäfer (Anobien, Xestobium), 3 bis 6 mm groß, kreisrunde Fluglöcher (1 bis 4 mm) befallen Nadel- und Laubhölzer einschließlich Eichenkernholz; die Fraßgänge verlaufen meist in Faserrichtung. Holzwespen befallen nur frisch gefälltes, nicht verbautes Holz. 4. fehlender chemischer Holzschutz Chemischer Holzschutz sollte insektenvorbeugend und gegen Pilze wirksam sein. Durch einen fehlenden Holzschutz siedeln sich leichter Pilze und Insekten an, die zu den oben genannten Schäden im Dach führen können. 5. Einbau zu nassen Holzes Der Einbau von zu nassem Holz oder der fehlende Feuchtigkeitsschutz während des Einbaus können eine der Ursachen der Schäden (Pilzbefall) sein. 6. Fehlende Dacheindeckung Bei einer längeren Zeit ohne schützende Dachhaut, ist der Dachstuhl Witterungseinflüssen ausgesetzt, die für diese Schäden verantwortlich sein könnten. 7. Fehlende Kontrolle der Dachkonstruktion/fehlende Instandsetzung Unregelmäßige oder keine Kontrolle der Dachkonstruktion auf Schäden oder keine oder unregelmäßige Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen sind erhebliche Schadensursachen 8 Falsche Berechnung der Tragfähigkeit Auch eine zu geringe Bemessung der Konstruktionshölzer könnte zum Versagen der Konstruktion (Bruch der Sparren) geführt haben. Diese Annahme ist aufgrund der Ausbildung der Schäden sicherlich nicht zu bestätigen und ist in der Praxis meistens nur ein Ausnahmefall. 9. Brandfall Ein Brandfall könnte Schäden wie Querschnittsminderung und Brechen der Konstruktionshölzer verursachen.
3.2 Ursachen
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Bild 3.3 Brandfallschaden
10. Luftdichtheit Die Luftdichtheit wird beim Dach in der Regel durch Dichtbänder oder luft- und dampfdichte Folien gesichert. Diese Schicht darf nicht durch beispielsweise zu lange Schrauben die zur Befestigung der Lattung und der Beplankung dienen und in die Dampfsperre eindringen. Auch eine fehlende Überlappung oder ein nicht überklebter Spalt führen zu Schäden. So kann sich Kondenswassser bilden, die Dämmung durchfeuchten und Holzteile faulen.
Bild 3.4 Gegenüberstellung luftdichter und fehlerhafter Aufbau
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3 Schäden – Auswirkung und Wartung
11. Verstopfte oder defekte Dachentwässerung (Regenrinne und Fallrohr)
Bild 3.5 Defektstellen
Auf alle Fälle sollte bei der Untersuchung des Daches und der darunter befindlichen Geschosse ein Baubiologe und ein Baustatiker hinzugezogen werden. Der Baubiologe kann bei einem Schädlingsbefall die Art und den Umfang des Befalls genau analysieren sowie fachspezifische Sanierungsmöglichkeiten vorschlagen. Der Statiker ist für die Analyse der vorhandenen Tragstruktur des Daches und des Giebels gefragt. Der Statiker macht detaillierte Angaben über den Austausch einzelner Hölzer bis hin zum gesamten Abbruch der Dachkonstruktion und schlägt konstruktive Möglichkeiten vor.
3.3 Beispiele für Schäden Schäden an nicht belüfteten Dächern Beim nicht belüfteten Dach sind Tauwasserbildungen in der Konstruktion und die damit verbundenen Feuchteschäden wie Fäulnis- und Schimmelpilzbildung die häufigsten Schäden, die durch fehlerhafte Planung und unsachgemäße Ausführung auftreten können. Bei Verlegung der Wärmedämmung zwischen den Sparren sollte peinlichst genau darauf geachtet werden, dass die Wärmedämmung den gesamten Sparrenquerschnitt ausfüllt, dicht zusammenstoßend verlegt wird und keine Hohlräume in der Konstruktion – besonders auf der
3.3 Beispiele für Schäden
Kaltseite der Wärmedämmung – entstehen. Selbst bei einer intakten und luftdichten Ausführung der Dampfbremse würde raumseits (meistens direkt an der Unterseite der Bahnen/Platten) Tauwasser ausfallen, da die kritische Temperatur von 12,3°C unterschritten würde. Das Tauwasser führt zu Fäulnis und Schimmelpilzbildung – auch der tragenden Holzkonstruktion. Moderpilze, also holzzerstörende Pilze beeinträchtigen die Statik massiv. Ein 5%-iger Befall kann eine Verminderung der Tragfähigkeit von bis zu 50% bedeuten.
Bild 3.6 Feuchteschäden an belüfteten Dächern Die Punkte weisen auf mögliche Durchfeuchtungsstellen hin
Vor diesem Hintergrund ist auf eine einwandfreie fugenlose Ausführung der Dampfbremse zu achten. Besonders an Durchdringungen und in Anschlussbereichen muss die Luftdichtigkeitsschicht sehr sorgfältig ausgeführt werden. Als Empfehlung zur Überprüfung der Luftdichtigkeit gilt der Blower-Door-Test. Allein entscheidend ist dabei nicht die Luftwechselrate, sondern es macht zusätzlich Sinn, mit künstlichem Nebel Schwachstellen aufzuspüren. Thermographische Aufnahmen, ebenfalls in Verbindung mit dem Blower-Door-Test, sind eine weitere, sehr nützliche Unterstützung. Schäden an belüfteten Dächern Beim belüfteten Dach gilt ebenso wie beim unbelüfteten Dach die Maxime, dass die Konstruktion mittels einer Luftdichtschicht dauerhaft vor schädlichem Tauwasserausfall innerhalb der Konstruktion geschützt werden muss. Durch eine Konvektionsströmung, die bei einem Riss von z. B. 1 mm Breite und einer Länge von 1,00 m entstehen kann, wird bis zu 60.000-fach mehr Feuchtigkeit in die Konstruktion eingebracht, als durch eine Dampfbremse mit einem geringen Sperrwert ein diffundieren würde. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, weshalb die Luftdichtschicht unbedingt eingebaut und anschließend mittels eines Blower-Door-Tests überprüft werden sollte. Beachtet werden sollte auch, dass eine Vielzahl von Durchdringungen und anderen großflächigen „Hindernissen“ wie z. B. Dachflächenfenstern, Gauben, Kaminen etc. die einwandfreie
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3 Schäden – Auswirkung und Wartung
Funktionsweise eines belüfteten Daches empfindlich stören können. Selbst bei intakter Dampfbremse und Luftdichtschicht kann es bei fehlerhafter Ausbildung der Entlüftungsebenen im Firstbereich zu Tauwasserausfall unterhalb der Unterspannung oder Unterdeckung kommen. Eine Belüftung der Wärmedämmung kann keine mangelnde oder fehlende Luftdichtschicht ersetzen und heilen. Schäden an Dachflächenfenstern Dachflächenfenster müssen neben der Lichtdurchlässigkeit die gleichen Anforderungen wie die Dachkonstruktion erfüllen, d.h. sie müssen regensicher, wärmedämmend und luftdicht sein. Voraussetzung dafür ist, dass die einzelnen Ebenen des Fensters mit den entsprechenden Funktionsebenen des Daches verbunden werden. Die mitgelieferten Anschlussmanschetten lösen im Allgemeinen das Problem der Regensicherheit. Auch die Wärmedämmfunktion kann über entsprechendes Ausstopfen mit Mineralwolle etc. sichergestellt werden. Der luftdichte Anschluss des Fensters stellt jedoch die größte Schwierigkeit und Fehlerquelle – besonders in der belüfteten Dachkonstruktion – dar. Zugerscheinungen, Wärmeverluste und Tauwasserbildung sind „Kennzeichen“ eines unsachgemäß ausgeführten Anschlusses. Eine plane Unterkonstruktion aus Holzschalung erleichtert den sachgemäßen, fugenlosen Einbau der Dampfsperre.
Bild 3.7 Schäden Dachflächenfenster Mangelhafte Ausführung der Luftdichtheitsschicht, Die Dichtung hat sich vom Rahmen gelöst
Schäden an Ziegeloberflächen Farbunterschiede Ziegeldächer sollen eine gleichmäßige Farbgebung aufweisen. In der Realität ist dieses jedoch oft nicht herzustellen. Kratzer durch die Transportwege, Absplitterungen durch Kalk- oder Pyriteinlagerungen und verformte Ziegel sind oft zu finden.
3.3 Beispiele für Schäden
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Farbabweichungen von Formziegeln zu Flächenziegeln sind ebenfalls keine Seltenheit. Selbst bei den Flächenziegeln untereinander sind Farbunterschiede vorhanden, jedoch stellen diese Auffälligkeiten keine Mängel im baurechtlichen Sinne dar.
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Ziegel sind ein grobkeramisches Material aus gebranntem Ton. Schon geringe Temperaturunterschiede während des Brennens verändern beispielsweise die Farben bei naturroten Ziegeln. Die Hersteller empfehlen aus diesem Grund, während des Eindeckens Ziegel aus verschiedenen Paletten zu mischen. Es werden sogar von verschiedenen Herstellern schon gemischte Paletten geliefert. Damit wird eine „gleichmäßige Unregelmäßigkeit“ erreicht. Dem Betrachter fallen die Unterschiede damit nicht mehr so ins Auge. Bei Formziegeln muss festgestellt werden, dass hier ein Mischen nicht möglich ist. Ursachen für die Farbunterschiede können unterschiedliche Tone sein, die deshalb verwendet werden, weil viele Hersteller verschiedene Werke haben. In einem werden nur die Flächenziegel hergestellt und im anderen die Formziegel. Selbst bei RAL-Tönen der Engobe können aufgrund von geringfügigen unterschiedlichen Zusammensetzungen auffällige Farbunterschiede auftreten. Auch diese Farbunterschiede stellen keinen Mangel dar. Abplatzungen Da Dachziegel ein Naturprodukt sind, kann es durchaus einmal zu fehlerhaften Ausführungen kommen. In erster Linie sind hier die optischen Probleme anzuführen. Tone, seien sie noch so gut aufgearbeitet, enthalten Kalke, Pyrite und andere Einschlüsse, die auch nach dem Brand weiter „aktiv“ sein können. So haben Pyrite ein anderes Ausdehnungsverhalten als gebrannter Ton. Liegen diese Pyrite nah an der Oberfläche des Ziegelscherbens, so kann es passieren, dass bei der Ausdehnung des Einschlusses die Oberfläche des Ziegelscherbens auf- und abplatzt. Diese sogenannten Abplatzungen sind in der Regel kleiner als 7 mm im Durchmesser. Gerade bei dunkel gefärbten Ziegeln fallen Abplatzungen jedoch sehr deutlich ins Auge. Bei Kalkeinschlüssen kann durch die Aufnahme von Feuchtigkeit in den Scherben der Kalk gelöscht werden. Dabei dehnt sich dieser aus, was wieder zu Abplatzungen führen kann. Diese Abplatzungen können auch schon einmal etwas größer als 7 mm sein. Beide Abplatzungen sind im Normalfall aber unschädlich für den Ziegelscherben. Abplatzungen durch Kalkeinschlüsse treten sehr schnell nach dem ersten Regen auf und danach normalerweise nicht mehr. Bei Pyriten kann dieser Vorgang etwas länger dauern. Sind Abplatzungen kleiner 7 mm und nur an der Oberfläche des Scherbens, so muss man von hinzunehmenden Unregelmäßigkeiten sprechen. Als Hinweis mag dienen, dass man von einem betrachtungsüblichen Abstand von ca. 8 m ausgehen muss. Bleibt die Dachfläche bei Sonneneinstrahlung farblich unverändert, dann liegt, aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft Ziegeldach, kein Mangel vor. Erst wenn das Dach sich in der Fläche rötlich verfärbt, kann davon ausgegangen werden, dass sowohl die Größe als auch die Anzahl der Abplatzungen ein normales Maß übersteigen. Eine schadhafte Abdichtung der Brüstungsträger sorgte bei diesem Balkon für Rostbildung an den Stützen und der Armierung, was wiederum zu Rissen und Abplatzungen in der BetonKragplatte führte.
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3 Schäden – Auswirkung und Wartung
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Bild 3.8 Schäden an Brüstungsträgern
3.4 Folgeschäden Bei allen Schäden im Bereich der Dachdeckung können nach relativ kurzer Zeit schon erhebliche Folgeschäden an Sparren, Deckenbalken, Fußböden und Deckeneinfüllungen auftreten. Schadensbereiche sind daher sorgfältig auf irgendwelche Folgeschäden zu untersuchen (gegebenenfalls probeweises Aufnehmen der Bodenbretter, Probebohrungen). Schadhafte oder verstopfte Dachrinnen sind häufig Schadensursache für Durchfeuchtungen im Trauf- und Wandbereich. Falscher bzw. schlecht gedämmter Dachausbau führt in den höheren Dachbereichen zur Schneeschmelze, was zur Vereisung des Dachfußes und Zerstörung der Dachrinnen führt. Der Rückstau des Tauwassers führt zur Durchfeuchtung der Dachkonstruktion. Es empfiehlt sich, die Rinnen in solchen Fällen zu beheizen oder die Ursachen alsbald zu beseitigen.
3.5 Schäden an Dächern vor dem Ausbau Bevor mit dem Ausbau des Dachraumes begonnen werden kann, ist das Ausbau- und Sanierungsobjekt nach folgenden häufigen Schäden zu untersuchen und diese zu beseitigen. Eine Vernachlässigung programmiert Nachfolgeschäden. – – – –
Schäden an der Dachhaut durch Regen, Hagel, Sturm oder Blitzschlag mangelhafte Statik im Dachstuhl durch Schubkräfte undichte Anschlüsse an die Dachdeckung verstopfte oder zugewachsene Dachrinnen
3.6 Wartung und Pflege
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– Löcher in der Dachhaut – durchgerostete Dachlattennägel – Durchbiegung alter Dachbalkendecken
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Bild 3.9 Schadhafte Ansicht Abgemorschte Dachziegelnasen und verrostete Dachlattennägel sorgen für das Abrutschen der Dachziegel.
3.6 Wartung und Pflege Dachbeläge erfordern, unabhängig vom Material, eine regelmäßige Kontrolle und bei zunehmendem Alter in bestimmten Abständen Reparaturarbeiten. Darunter sind zu verstehen: • Regelmäßige Kontrollen der Dachfläche, aller An- und Abschlüsse, Fugen, Durchdringungen, Metall- und Entwässerungsbauteile • Pflegemaßnahmen wie die Beseitigung von Verschmutzungen und Ablagerungen, Pflegeanstriche aller Art • Ausbesserungen nach eingetretenen Schäden Empfohlene Pflege- und Ausbesserungsmaßnahmen für einzelne Abdichtungs- und Schutzschichten sind den Flachdachrichtlinien zu entnehmen. Diese „Pflege“ erhöht die Lebensdauer einer Deckung und vermeidet kostenträchtige Reparaturen an der Unterkonstruktion. Ausbesserungen müssen grundsätzlich mit dem gleichen Material wie die vorhandene Dachhaut ausgeführt werden. Die Bestandsüberprüfung muss die Kontrolle der besonders schadensanfälligen Punkte wie Traufbereich, First, Anschlüsse, Kehlen und die Qualitätsprüfung von Deckungsmaterial und Unterkonstruktion beinhalten. Dabei bist Art und Dichtigkeit der Deckung sowie der Zustand von Lattung und Gebälk zu untersuchen.
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3 Schäden – Auswirkung und Wartung
3
Bild 3.10 Defekter Schiefergrat eines Schieferdaches
Bild 3.11 Rinnen und Kehlen regelmäßig reinigen
Bild 3.12 Traufpunkt und Holzrinne beim Legschindeldach
Vor Instandsetzung der Dachhaut müssen Dachgesimse und Ortgänge überprüft und gegebenenfalls repariert werden. Regelmäßige Kontrolle von Dachhaut und Anschlusspunkten sowie periodisch durchgeführte Reinigungen der Rinnen und Fallrohre sind die beste Schadensprophylaxe für das Gesamtgebäude.
4 Grundlagen der Physik des Daches
4.1 Einleitung Die Bauphysik wurde aus der theoretischen Physik als angewandte Wissenschaft im Bauwesen entwickelt (Bild 4.1).
Bauphysik Kenntnisse des Zusammenhangs zwischen den Naturgesetzen und der Technik. Das Ziel der Bauphysik ist es, die menschlichen Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Klimabedingter Feuchteschutz
Wärmeschutz Energieeinsparung
Belichtung Strahlungsschutz Pflanzen + Mensch
Bauphysik
Objektschutz Personenschutz
Brandschutz
Bild 4.1
Witterungsschutz Abdichtungen
Schallschutz Raum- und Bauakustik
Umweltschutz Schadstoffbelastung
Übersicht
Daher ergeben sich die zu treffenden Maßnahmen ausschließlich durch die Befolgung der Naturgesetze. Versuche der Politiker, diese Gesetze nach ihren Vorstellungen zu verändern, scheitern kläglich spätestens dann, wenn Bauschäden auftreten. Somit müssen alle Konstruktionen – soweit es technisch machbar ist – an die Naturgesetze angenähert werden. Die Funktionen der Dächer haben sich über die Jahrhunderte kaum geändert, jedoch sind zusätzliche Aufgaben der Energiegewinnung hinzugekommen. Als Element der Außenhülle eines Lebensraumes für Menschen stellte das Dach zu allen Zeiten den notwendigen Regenschutz zwischen innen und außen her. Zudem muss die Schutzfunktion gegen die Umwelteinflüsse auf das Gebäude gewährleistet sein. Hierbei bilden die Fensteröffnungen, Kamine, Dachflächenfenster, Entlüftungsrohre Störzonen in der Funktionalität und Homogenität der Dachdeckung. Ohne besondere konstruktive Abstimmung wirken sie als Wärme- und Schallbrücken, können bei Bränden den Flammen, der Hitze und dem Rauch nicht Stand halten und bieten Einbrechern nur wenig Widerstand. Ferner spiegelt die Gestaltung des Daches den Wert M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_4, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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4 Grundlagen der Physik des Daches
des Bauwerks wieder, den ihm die Eigentümer und Nutzer zubilligen. Je nach dem Anspruchsdenken der Bewohner wurden und werden Außenbauteile mit einfachsten Bauweisen bis hin zu den aufwendigsten und prunkvollsten Konstruktionen ausgestattet. Heute müssen beim Sanieren alle dem Auftraggeber wesentlichen Aspekte berücksichtigt und in Verträgen ausführlich beschrieben werden. (Siehe Kap. 18) Technische Aspekte
4
Die historischen Entwicklungen der Dachkonstruktionen von belüfteten Dachböden, kleinen Fenstern und geputztem Mauerwerk bis hin zu den modernen Glasdächern ergeben eine große Vielfalt der Konstruktionsmöglichkeiten. Der rasante Fortschritt auf dem Gebiet der Entwicklung neuer Konstruktionsarten birgt auch erhebliche Ursachen für Schäden, weil teilweise weder für die Konstruktion noch für den Einbau Langzeiterfahrungen vorliegen. In der Regel sind die Schäden auf technische Unzulänglichkeiten bei der Herstellung und dem Einbau in das Bauwerk, auf rauen Gebrauch, mangelhafte Instandhaltung und auch auf das stetig anwachsende Anspruchsdenken der Nutzer zurückzuführen. Die aus der großen Materialvielfalt entstehenden Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Materialien ergeben teilweise schwierige Lösungsansätze, weil jedes Material auf die unterschiedlichen und wechselnden Beanspruchungen innerhalb der Fassade mit Verformungen reagiert, die diesem Material eigen sind. Fehlt die Verträglichkeit der unterschiedlichen Verformungen in den Grenzfugen, so entstehen Schäden. Gebäude und Außenanlagen bedürfen – wie andere Gebrauchsgüter auch – einer ständigen Wartung und Pflege. Während Inspektionen bei technischen Geräten selbstverständlich geworden sind, lässt die tägliche Erfahrung der Beratungen von Liegenschaften jeglicher Art erkennen, dass Inspektionen und die damit verbundene bauliche Instandhaltung der Immobilie zu wünschen übrig lassen. Nachdem jedoch moderne Technikbausteine überwiegend maßhaltige Bauelemente sind, die jedoch wegen des Klimas ständig Temperaturbewegungen ausgesetzt sind, muss bei Inspektionen gerade auf diese Elemente ein besonderes Augenmerk gelegt werden. → Bei der Sanierung von Dachräumen muss durch Prüfung der vorhandenen Materialien und der Berücksichtigung der Anforderungen an die neue Nutzung der Räume die Konstruktion der einzelnen Dachelemente, wie z. B. der Fenster, der Solartechnik usw. und deren Anschlüsse genau abgestimmt werden. Kaufmännische Aspekte Die Bedeutung der Immobilien hat sich verändert. In früheren Zeiten wurden Häuser gebaut, wenn Bedarf nach Raum bestand und dem Bauherrn die Gebäude in einer ihm auch räumlich nahen Umgebung zur ständigen Augenscheinskontrolle zur Verfügung standen. Schon aus eigenem Interesse, zum Beispiel, um auch vor der Nachbarschaft immer gut dazustehen, wurden die Immobilien gut gepflegt. Heute sind Immobilien reine Wirtschaftsgüter geworden, weshalb ausschließlich die Wirtschaftlichkeit eine Rolle spielt. Die sog. Lebenszykluskosten erfordern rein ökonomische Denkansätze, die bereits in der Projektentwicklung beginnen müssen. Schlecht gehende Immobilien werden schlecht gepflegt, weil keine Gelder in dieser “Kostenstelle” vorhanden sind oder nicht bewilligt werden. Hierbei sind gerade gebrauchte Immobilien wesentlich schlechter zu vermarkten als neu gebaute oder frisch renovierte Immobilien. Erstmals überstieg das Bauvolumen im Sanierungsbereich im Jahr 2001 dasjenige der Neubauten. Daher müssen bestehende Gebäude entweder „abgewohnt“ und ersetzt oder vollständig
4.1 Einleitung
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renoviert werden. In diesem Zusammenhang werden dann auch alle bisher ungenutzten Dachräume zur Nutzung als hochwertige Räume umgebaut. Die Anforderungen an die Gebäude und Liegenschaften hinsichtlich der Nutzung und der Ausstattung sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Auch steigen die Kosten für den Unterhalt der Liegenschaften ständig weiter, weil u. a. heute Bauwerke nur noch über Schuldkonten finanziert werden. Wohlfühlaspekte Mit der fortschreitenden Entwicklung der Glas- und Fenstertechnik stiegen die Anteile der Glasflächen in Gebäudefassaden, Dächern und Innenwänden immer weiter an. Die moderne Architektur schuf das gläserne Haus bzw. die gläserne Abgrenzung der Lebensräume für die Menschen. Die für die Menschen lebensnotwendige Intimsphäre wurde zerstört. Raumhohe Glaswände, Glasdächer und gläserne Balkonbrüstungen geben Außenstehenden vollständige Einblicke in den Lebensbereich der Bewohner. Diese reagieren darauf mit Verhängen der ihnen wichtigen Lebensbereiche. Sind diese Maßnahmen nicht bauphysikalisch abgestimmt, können sich hinter den Vorblendungen Zonen mit Schimmelbildung ergeben. Die Vorblendungen stellen bauphysikalisch wärmedämmende Elemente dar, die sorgsam hinterlüftet werden müssen, um das auftretende Tauwasser ableiten zu können. Allerdings gelingt dieser Schutz des Intimbereiches nur bei privaten Lebensräumen. Bei staatlichen und kommerziellen Arbeitsbereichen sind die Glaswände Ausdruck der Exklusivität des architektonischen Entwurfes und lassen Schutzeinrichtungen nicht zu. Architekten berufen sich hierbei auf ihren Urheberschutz. In der Konsequenz ergeben sich im privaten Wohnbereich teilweise recht bunte Fassaden, weil jeder Bewohner seine eigenen Vorstellungen über Material und Farbe entwickelt. Im Arbeitsbereich können die gläsernen Arbeitsräume bei den Beschäftigten Nervosität und Aggressionen hervorrufen. Auch diese Nachteile sind Schäden an Baukonstruktionen. In dieser Einführung geht es um die Anforderungen an Konstruktionen aus der Einhaltung bzw. der Annäherung an die Naturgesetze. Nur die Berücksichtigung der Naturgesetze kann Schäden vermeiden. Da die Vielfalt der Natur über den menschlichen Verstand weit hinausgeht, kann nur versucht werden, durch Simulationen des Verhaltens der einzelnen Elemente als Reaktion auf die Umgebung auf die Natur so weit wie möglich anzunähern. Daher sind Fehler die Anzeichen einer falschen Behandlung des Elementes durch die beteiligten Menschen. Somit ist es notwendig, aus den Fehlern zu lernen, damit die Anpassung an die Naturgesetze beim nächsten Versuch besser gelingt. Zudem sind die individuellen Wahrnehmungen ausschlaggebend. Hierfür wurden und werden Maßstäbe gesucht, wie die Abbildungen 4.2 und 4.3 zeigen. Grundsätzlich bleibt jedoch am Anfang eine Warnung: → Bauwerke sind immer Unikate! Mit der Übertragung von Erfahrungen bei einem Bauwerk auf ein anderes Bauwerk muss mit Sorgfalt vorgegangen werden. Technische Regeln können sich immer nur auf die Anwendung bei einer Mehrzahl der Fälle beziehen. Sie können keine individuellen Anwendungen abdecken. Der Rückzug auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik für den Fall, dass nicht klar ist, was im Bauvertrag vereinbart war, ist mit großen Risiken behaftet. In den meisten Fällen bedeutet dieser Rückzug auch nur, dass die Planungsvorbereitung ungenügend und die Leistungsbeschreibung nicht vollständig war.
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4 Grundlagen der Physik des Daches
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Bild 4.2
praxisbezogene Entscheidungsmerkmale
Bild 4.3
Grundlagen wissenschaftlicher Untersuchungen [4.58]
4.3 Schichtenmodell der Außenhülle
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4.2 Materialfestlegungen Die Musterbauordnung und die Bauordnungen der einzelnen Länder fordern in § 3 den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit der Bauprodukte. Im Abschnitt III der Bauordnungen werden die Handhabungen europäischer Bauprodukte und Bauarten definiert. Hier sind auch die Anwendung der Bauregelliste und die Stoffnormen verankert. Nachdem es für die vielen neuen Glas-und Dämm-Baustoffe auch nicht immer Stoffnormen gibt, sind bei der Wahl der Materialien die gültigen Zulassungen von besonderer Bedeutung. Die Fortschreibung der Bauregelliste hinkt systembedingt den Entwicklungen hinterher. Auch ist die Regelungswut der EU in der Praxis nicht mehr beherrschbar. In den Zulassungen und Prüfzeugnissen (ATZ, ATP, ETA) sind die jeweiligen Anwendungsbereiche definiert, die mit dem tatsächlichen Bedarf beim Ersatz eines Baustoffs oder Bausystems übereinstimmen müssen. Für die entsprechenden Prüfungen z. B. von Fenstern müssen die Prüfvoraussetzungen bei der Beurteilung, ob die Elemente bei dem vorliegenden Fall eingebaut werden können, bekannt sein. Geprüft wird beispielsweise: • • • • • • • • •
Wärmeschutz Schallschutz Fugendurchlässigkeit Rauchdichtigkeit Brandwiderstand Schlagregendichtigkeit Mechanisches Verhalten Einbruchhemmung Alterung
Als Probekörper dienen: • Einzelteile im Labor • Ganze Konstruktionen im Labor • Elemente im Bau vor Ort Die Prüfelemente bei Gläsern sind im Wesentlichen: • • • • • • • •
Glassorten Mehrschichtgläser Rahmenprofile aus den unterschiedlichen Materialien Beschläge Dichtstoffe und Profile Klebstoffe Beschichtungen auf Rahmen (Holz!) Beschichtungen auf Gläsern
Diese Prüfgrundsätze gelten auch analog für alle Baustoffe und Bausysteme.
4.3 Schichtenmodell der Außenhülle Dach und Wände stellen die äußere Hülle eines Gebäudes dar. Entsprechend vielfältig sind die Funktionen, die es zu erfüllen gilt. Zur besseren Klarstellung der einzelnen Funktionen hat sich das Schichtenmodell herausgebildet, das drei Schichten vorsieht, die konsequent auszubilden
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4 Grundlagen der Physik des Daches
sind. Ferner ist es notwendig, dass alle am Bau Beteiligten über ein solides Grundwissen der technischen Zusammenhänge verfügen. Der Übergang vom Dach zur Außenwand wird bei modernen Konstruktionen fließend. Der neue Beruf des Fassadenbauers erfordert z. B. weitergehende Kenntnisse, weil die großen Glasflächen noch weit anfälliger gegen konstruktive Schwachpunkte sind, als dies die kleineren Fensterabmaße erwirken. Grundsätzlich wird unabhängig von der Materialart eine Außenhülle in drei Schichten aufgeteilt, wie in Bild 4.4 schematisch dargestellt ist:
4
Bild 4.4
Schematischer Aufbau eines raumtrennenden Elementes
Schicht 1:
Trennung von Raum- und Außenklima Diese Trennschicht, die auf der Innenseite aller raumbegrenzenden Außenelemente über die ganze Außenhülle eines Gebäudes läuft, darf weder unterbrochen noch undicht durchbrochen werden. Die Konstruktion muss nach dem Willen der Energie-Einsparverordnung auch luftdicht sein, soweit es der Stand der Technik erlaubt. Die Oberflächentemperatur der Außenhülle muss auf der Innenseite ständig über der Taupunkttemperatur liegen.
Schicht 2:
Funktionsbereich Am Gebäude sind über einen gewissen Zeitraum die vorgesehenen oder erforderlichen Eigenschaften sicherzustellen. → Wärmedämmung, Schalldämmung, Brandschutz, Einbruchsicherheit, Absturzsicherheit und Belichtung. Zur Sicherstellung einer dauerhaften Erfüllung dieser Funktionen müssen die äußere und die innere Schicht den Funktionsbereich schützen.
4.3 Schichtenmodell der Außenhülle
Schicht 3:
Wetterschutz Entsprechend den Anforderungen an die Außenhaut eines Gebäudes muss diese schlagregendicht sein. Bei Flachdächern und bewohnten Dachgeschossen muss die Außenhaut wasserdicht sein. Kann diese Dichtigkeit nicht direkt gewährleistet werden, muss das eingedrungene Regenwasser kontrolliert nach außen abgeführt werden können. Zugleich muss auch Feuchte, die im Funktionsbereich entstehen kann, nach außen entweichen können. Ein wesentliches Merkmal bei Fenstern ist, dass die Wasserbelastung die zweite, innere Dichtungsebene nicht durchdringen darf. Dazu muss eine funktionsfähige Dränage in den Rahmen vorhanden sein. Besonderes Augenmerk ist bei den Rahmenverglasungen der Fassade auf die Durchflüsse an den Kreuzungspunkten der Glasrahmen zu legen. Bei Dachflächenfenstern muss der Wasserablauf aus dem Rahmen und den seitlichen Ablaufrinnen bis in die Dachrinnen gewährleistet werden.
Die drei Ebenen müssen in der Konstruktion erkennbar sein. Die Anforderungen werden im Einzelnen in den folgenden Abschnitten definiert.
Bild 4.5
Prinzipskizze eines Fensters
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4 Grundlagen der Physik des Daches
Offensichtlich gemacht werden kann das theoretische Modell durch den Bezug auf die Fensterkonstruktionen. Diese bilden das System entsprechend der Abb. 3.2 heraus, dessen Anschlüsse mit den Schichten der anschließenden Wandkonstruktionen harmonieren müssen.
4.3.1 Die Trennschicht
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Diese auf der dem zu betrachtenden Raum zugewandte Seite liegende Schicht trennt das Außenklima vom Raumklima ab. Hierbei muss die Trennung auf der Warmseite erfolgen. Für die statistische Bemessung der Funktionsebene wird für den Feuchteschutz nach DIN 4108-3 ein inneres „Normklima“ von ϑi = 200 C bei einer Luftfeuchtigkeit von ϕ = 50 % vorgegeben. Entsprechend DIN 4108-5 Tabelle 1 ergibt sich hierzu eine Taupunkttemperatur auf der Trennschicht von ϑT = 9.30C. Deshalb müssen die konstruktiven Maßnahmen in der Funktionsebene zur thermischen Trennung der Klimate zwischen innen und außen ein Resultat von mindestens ϑT = 100 C auf der Innenfläche ergeben. Nach augenblicklichen Auffassungen sollte die Oberflächentemperatur aller Bauteile im Innern nicht unter ϑT = 12,60C liegen, um Schimmelbildungen vorzubeugen. Der Trend geht auf weitere Erhöhungen der Mindestoberflächentemperaturen hin. Stimmen diese statistischen Randbedingungen nicht mit der Wirklichkeit überein, entsteht im ungünstigsten Fall nach den Naturgesetzen Tauwasser. Moderne Fenster und Wärmedämmsysteme ergeben eine innere Oberflächentemperatur, die bei den statistischen Randbedingungen nur noch wenige Grade von der Raumlufttemperatur abweichen, sodass die Gefahr des Tauwasserausfalls gering ist. → Jede nicht beachtete Unregelmäßigkeit in den klimatischen Gegebenheiten erzeugt Tauwasser in Tropfenform auf der Oberfläche der Trennschicht. Hierbei muss deutlich auf den möglichen großen Unterschied zwischen den Randbedingungen der Statistik „Wärmeschutznachweis nach EnEV“ und den sich tatsächlich durch Klima und Nutzung der Räume einstellenden Gegebenheiten hingewiesen werden. Hinzu kommt noch die Luftdichtheit der Gebäudehülle, deren Vorgaben bisher nicht genau definiert werden, sondern über den schwammigen Begriff der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ eingeordnet werden. Gründe, die für eine Luftdichtigkeit sprechen: • • • • • • • •
Minimierung des Lüftungswärmeverlustes Verringerung des Heizenergieverbrauches Sicherstellen hygienischer Wohnverhältnisse (SBS) Sicherstellen behaglicher Wohnverhältnisse (keine Zugerscheinungen) Verhinderung des Eindringens von Dämmstoffpartikeln in die Raumluft (SBS) Gewährleistung des Luftschallschutzes Verhinderung von Feuerüberschlag Vermeidung von Bauschäden
Entsprechend den Betrachtungen zum Feuchteschutz darf nach DIN 4108-3 über einen Zeitraum von 60 Tagen Tauwasser ausfallen, weil es im Gegenzug über 90 Tage trockener ist, sodass das Tauwasser wieder verdunsten kann. Diese Wechselwirkung funktioniert von den Benutzern der Räume nahezu unbemerkt, wenn nur offenporige Oberflächen die Räume begrenzen. Nur diese Materialien können die nach DIN 4108 – 3 vorgesehene Anlagerung von Tauwasser gewährleisten und in der Trockenphase wieder abgeben. Diese Stoffe sind u. a.:
4.3 Schichtenmodell der Außenhülle
• • • • •
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(Mineralische) Putze offenporige Beschichtungen Holz (Organische) Stoffe – Tapeten Gipskartonplatten
Im Gegensatz dazu kann eine geschlossenporige Oberfläche kein Tauwasser anlagern. Die hierfür infrage kommenden Materialien sind: • • • •
(Trapez-) Bleche Glas glasierte Fliesen geschlossenporige Beschichtungen
Wie die Praxis zeigt, entstehen oftmals Klimate, die ein so ungünstiges Verhältnis von Luftfeuchtigkeit zu innerer Oberflächentemperatur ergeben, dass auf der Innenseite von Fenstern Tauwasser ausfällt und an den Scheibeninnenseiten herunter läuft. Nachdem dieser Vorgang durch die Naturgesetze und nicht durch technische oder politische Regelwerke gesteuert wird, begegnete man seit den Anfängen der Fenstertechnik diesem Wasseranfall auf dem inneren Fensterbrett dadurch, dass auf dem inneren Fensterbrett eine Rinne vorgesehen wurde. /4.40/ Das abfließende Wasser wurde in einer Rinne, die in das innere Fensterbrett eingelassen war, aufgefangen und kontrolliert über einen Abfluss nach außen ableitet. (Bild 4.5) → Bei der Sanierung oder Modernisierung der Fenster wird heute diese Rinne bedenkenlos entfernt. Für die Praxis bedeutet dieser Umstand, dass Raumnutzung und technische Gebäudeausrüstung mit den neu einzubauenden oder zu sanierenden Fenstern abzustimmen sind. Dieser Umstand muss auch bei der Dachsanierung beachtet werden, wenn Dachflächenfenster eingesetzt werden, die nur das Mindestmaß des erforderlichen Uw – Wertes erreichen. Die geringe Schadenshäufigkeit der Tropfenbildung auf der inneren Glasscheibe ist bedingt durch die höheren Wärmedurchlasswiderstände moderner Fenster. Dadurch wird selbst bei kalten Außentemperaturen die Oberflächentemperatur auf der Innenseite des Fensters die Taupunkttemperatur weniger oft erreichen, weshalb der Tauwasserausfall bei winterlichen Temperaturen und regelgerechter Luftfeuchtigkeit in den Innenräumen von ϕ = 50 % deutlich reduziert wird. Oftmals sind unterhalb der Fenster Radiatoren angeordnet, von denen in der kalten Jahreszeit ständig warme Luft nach oben und damit über die Fensterinnenseite geleitet wird. Dadurch wird die Innenseite der Fenster aufgeheizt, weshalb es nicht zum Tauwasserausfall kommt. Die modernen technischen Gebäudeausrüstungen klimatisieren diese Bereiche entsprechend. Anders sieht es aus, wenn sich die Klimaverhältnisse im Innenraum deutlich verändern. Bei Wintergärten und Räumen mit vielen Pflanzen kann die relative Luftfeuchtigkeit ϕ schon einmal 70 % und mehr erreichen. Dann liegt die Taupunkttemperatur der Fensteroberfläche bei ϑ = 150 C. Wird durch die Nutzer der Räume die Innenraumtemperatur z. B. noch auf ϑ = 240 C erhöht, liegt die Taupunkttemperatur der Glasoberfläche bei ϑ = 180 C. Dann entsteht sehr oft Tauwasser. Ein für private Hallenbäder häufig anzutreffender Fall, weil alle Fenster des Hauses gleich ausgeführt worden sind. → Daher müssen bei vom Normklima abweichende Innenraumklimate vertraglich festgelegt und bauphysikalisch bemessen werden! → Aufgrund der sich wandelnden Rechtsauffassung ist es angeraten, dem Eigentümer durch ausführliche Anweisungen zu erklären, was er bei der Nutzung der Räume zu veranlassen oder zu unterlassen hat, um das auftretende Tauwasser zu vermeiden. So sollte z. B. die raumseitige Wandfläche durch die Raumluft frei anströmbar sein.
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4 Grundlagen der Physik des Daches
Für den Regelaufbau eines Außenbauteils gilt ferner, dass die Trennebene zwischen Warmund Kaltseite dampfdiffusionsdichter sein muss, als die zur Kaltseite folgenden Schichten. Wenn innerhalb der Dachkonstruktion Feuchte abtransportiert werden muss, dann darf dies in der Regel nur nach außen erfolgen. Deshalb muss der Diffusionswiderstand nach außen hin abnehmen. Bei den Folien sind nahezu alle äquivalenten Luftschichtdicken von diffusionsoffen bis dicht lieferbar. Das Material Glas ist diffusionsdicht. Bei den Rahmenkonstruktionen liegt der Fall schon etwas schwieriger, wobei Metallrahmen als Material selbst auch diffusionsdicht sind. Probleme bereiten hier eventuell die Anschlüsse. Kunststoffrahmen können je nach dem zur Verwendung kommenden Kunststoff sehr diffusionsoffen sein. Die Trennebene darf daher auch nicht durch Fugen und Löcher durchbrochen sein. Aus der Sicht des Feuchteschutzes kann eine Ausnahme möglich sein, wenn die eindringende Feuchtigkeit schadensfrei nach außen abgeführt werden kann. Allerdings steht diese Ausnahmeregelung im Widerspruch zur Winddichtigkeit von Gebäuden. Im Holzfachwerkbau und in der Holz- und Stahl – Ständerbauweise stellt die konsequente Ausbildung der winddichten Folien einen besonderen Risikofaktor dar.
4.3.2 Die Funktionsschicht Diese Schicht muss durch konstruktive Maßnahmen in die Lage versetzt werden, alle Störungen des Innenraumes fernzuhalten. Bedingt durch die ständig steigenden Anforderungen werden die Bauelemente empfindlicher gegen Unregelmäßigkeiten. So kann ein eingeschlagener Nagel, der durch eine Wärmedämmschicht hindurch getrieben worden ist, bereits eine solche starke Wärmebrücke darstellen, die zu Tauwasserbildung am Nagelkopf führt. Grundsatz: Je: „stärker“ die Dämmungen, • „genauer“ die Berechnungen, • „ausgenützter“ die Materialien, werden, umso empfindlicher reagieren die Bauelemente auf Unregelmäßigkeiten! •
Daher müssen die Anforderungen an die Konstruktionen so genau als möglich beschrieben und dem Bauvertrag zugrunde gelegt werden. Maßgeblich ist die Bauphysik als Grundlage der Konstruktionen. Die einzelnen Funktionen werden gesondert beschrieben.
4.3.3 Die äußere Schutzschicht Diese Ebene wird oftmals in einem Zug mit der Funktionsebene ausgeführt. Bei Schrägdächern ergibt sich die Konstruktion aus den Forderungen der Winddichtigkeit und der Wasserdichtigkeit. Zu entscheiden ist, ob eine Konstruktion hinterlüftet werden soll oder nicht (Kaltdach – Warmdach). So braucht die Dachdeckung nur regensicher sein, wogegen die darunter befindliche Folie wasserdicht sein muss. Hierbei sind an die ungeschützten Dachbahnen von Flachdächern viel höhere Anforderungen an die Wasserdichtheit zu stellen als an Bahnen, die durch eine äußere, durch Lüftungsebenen getrennte Schicht oder durch weitere Schutzschichten gegen den direkten Einfluss des Wetters geschützt sind.
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4.4 Wärmeschutz
Diese systembedingten Konstruktionen sind dann konstruktiv konsequent mit Dränagen und Lüftungskanälen auszustatten. Die Gefahr des Entstehens von Tauwasser muss genauso berücksichtigt werden wie die des Regenwassers, das durch starke Winde über die Dachdeckung getrieben wird. Auf Schrägdächern aufsteigendes Wasser und auch Schnee können dann unter die Dachpfannen getrieben werden und müssen dann kontrolliert abgeführt werden können. Im Folgenden werden die Grundlagen für die einzelnen Funktionen beschrieben. Die konstruktiven Einzelheiten ergeben sich durch die Abhandlungen in den einzelnen Kapiteln.
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4.4 Wärmeschutz Die größten Veränderungen gegenüber den bisherigen Anforderungen werden durch die sich ständig ändernden Auffassungen im Bereich der Energieeinsparung ausgelöst. Erstmals mit der 3. Wärmeschutz-VO wurden die Fenster und Gläser zum wesentlichen Element der Außenbauteile. Zum einen wurden die passiven solaren Gewinne angesetzt, zum anderen konnte der sommerliche Wärmeschutz berücksichtigt werden. Sog. “äquivalente k – Werte“ (heute U – Werte) wurden bei Neubauten für Fenster gebildet, die dann in der Systematik der Wärmeschutzverordnung den übrigen Wandbaustoffen gleichwertig waren. Für die Fenster und Gläser gab es definierte Kennwerte für den Fall eines Fensteraustausches im Sanierungsfall. In der Regel wurden Isoliergläser mit einer wärmedämmenden Beschichtung eingesetzt, die sich bald auch als Standard für die Neubauten durchsetzten. (Wärmedämmgläser) In der Praxis sind zwei teilweise stark unterschiedliche Betrachtungsweisen üblich: Wärmeschutz im Hochbau Grundlagen:
– Theoretische Werte nach statistischen Auswertungen – Messungen an einzelnen Baustoffen und Bauteilen
Theoretiker Berechnungen Energiepass Zweifelhafte rechnerische Genauigkeit Zwanghafte Forderung der Klimatisierung Vollkommene Luftdichtigkeit der Häuser Entmündigung der Bewohner (Automatik)
Praktiker Dämmung größenordnungsmäßig U – Werte ungenau Heizgradtagszahlen regional + Wetter Fassadendetailverbesserungen Natürliche Belüftung notwendig Freie Entscheidung beim Öffnen
Der maßgebliche Unterschied liegt in den gesetzlichen Vorgaben entsprechend der Energieeinsparverordnung /4.6/. Die Nachweise sind rein statistischer Natur, die von politisch festgelegten Grenzwerten ausgeht. Damit können zwar verschiedene, im Wettbewerb stehende Gebäude verglichen werden, bei der praktischen Anwendung versagt jedoch ein Großteil der Gebäude. Dies liegt daran, dass sich die täglichen Klimate nicht an den politischen Vorgaben, sondern an den Naturgesetzen orientieren. Daher wird sowohl die thermische Bauphysik als auch das Eingehen auf die Naturgesetze behandelt. Im Anschluss daran wird auf die momentanen Entwicklungen der EnEV näher eingegangen.
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4 Grundlagen der Physik des Daches
Nach /4.12/ ergibt sich der grundsätzliche Zusammenhang zwischen Natur und rechnerischer Annahme wie folgt: Um ein Gebäude oder eine Sanierungsmaßnahme so zu planen, dass der Anspruch der Behaglichkeit erfüllt werden kann, ist ein optimierter Wärmeschutz unumgänglich. Um die Wärme in einem Gebäude zu halten (bzw. zu schützen), müssen die folgenden Wärmeströme bekannt sein: •
• Transmissionswärmestrom QT
4
•
• Lüftungswärmestrom QL •
• Strahlungswärmestrom durch die Sonne QS •
• Interner Wärmestrom Qi •
Aus diesen Wärmeströmen ergibt sich die Gesamtenergiebilanz QH eines Gebäudes zu (siehe auch Bild 4.6): •
•
•
•
•
QH = QT + QL – ( QS + Qi )
Bild 4.6
Wärmeströme bei Gebäuden
4.4.1 Wärme und Temperatur Für eine Materie beschreibt die Wärme einen bestimmten Zustand wie kalt, warm, heiß usw. In der Physik ist die Wärme eine besondere Form der Energie. Was ist Wärme? Eine Energieform, die aus den Schwingungen von Atomen oder Molekülen in festen Stoffen, Flüssigkeiten oder Gasen besteht.
65
4.4 Wärmeschutz
Wie wird Wärme angegeben? → Joule; Formelzeichen: J
Hier: gebräuchlich: kWh = Kilowattstunden
Umrechnung: 1 J = 2,78 * 10 –7 kWh = 0,000000278 kWh 3,6 Mio. J = 1 kWh Wenn die Raumtemperatur zu kalt ist, kann Wärmeenergie zugeführt werden. Ist es zu heiß, kann Wärmeenergie abgeführt werden. Entsprechend dem Energieerhaltungssatz der Physik kann keine Energie vernichtet werden. Man kann jedoch Energien umwandeln. Zum Beispiel kann zu hohe Schallenergie durch Beschallen eines Vorhangs in Bewegungsenergie und Wärmeenergie umgewandelt werden, sodass der noch wahrgenommene Schall erträglich wird. Kalte Zonen gleichen sich mit warmen Zonen aus. Bewegungsrichtung und Zustandsformen sind in der Übersicht in Bild 4.7 angegeben. Transportrichtung: Warm
Kalt Temperaturgefälle
Transportarten: in festen Stoffen:
Wärmeleitung
ÎTransmission
Abhängig von der Temperatur und des Wassergehaltes des Stoffes Kennwerte Wärmeleitfähigkeit λ in Gasen und Flüssigkeiten:
ÎKonvektion zusätzlich zur Wärmeleitung durch Fortbewegung der Moleküle Kennwerte Wärmeübergangskoeffizient Rsi + Rse
Überall (auch Vakuum!):
ÎStrahlung a) Strahlungsdurchlässiger Stoff b) jeder Körper emittiert elektromagnetische Strahlung, deren Intensität und spektrale Energieverteilung von seiner Temperatur und Oberflächenbeschaffenheit abhängt. Kennwerte Thermographie
Bild 4.7
Wärmetransport
4
66
4 Grundlagen der Physik des Daches
Der Wärmezustand eines Stoffes wird über die Temperatur definiert. Die Temperatur eines Elementes hängt ab von seiner Wärmeenergie. Diese Abhängigkeit wird beschrieben mit: den Stoffkonstanten dem Volumen des Körpers dem Aggregatzustand des Körpers. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Wärme und Temperatur?
4
Zu- oder abgeführte Wärmemenge (ΔQ) = Masse (m) x spez. Wärmekapazität (c) x Temperaturänderung (ΔT) ΔQ = m · c · ΔT /Q/ = J
/c/ = J/kg K
/m/ = kg
/T/ = K
Gemessen wird die Temperatur in Grad Celsius: [ș] = oC ((Theta)) Zwischen Eis (ș = 0oC) und Siedepunkt (ș = 100oC) bei normalem Atmosphärendruck wird die Temperatur – Skala in 100-tel eingeteilt, sodass 1oC dem 100-ten Teil entspricht. Diese Temperaturangaben in oC sind weltweit üblich. Nur in den angelsächsischen Ländern wird oftmals die Temperatur in Grad Fahrenheit (0F) angegeben. Dagegen werden die Berechnungen der Temperaturen mit dem thermodynamischen Einheiten durchgeführt. Hierbei wird die Einheit mit Kelvin bezeichnet. [T] = K Die 100-tel Skaleneinteilung ist bei beiden Systemen gleich. Der Unterschied liegt im Bezug des Nullpunktes: ºC → Gefrierpunkt (Eispunkt) des Wassers (0oC) K → absoluter Temperatur – Nullpunkt (-273,15oC) → Für die Temperaturdifferenzen wurde in allen Formeln der Energieberechnungen der Wert K vereinbart. Demnach beträgt die Temperaturdifferenz ǻT zwischen den statistischen Randbedingungen der EnEV: mit și = +20oC (Innenraum) und șe = -10oC (Außenklima) ǻT = 20 oC– (– 10 oC) = 30 K → Für diese Temperaturdifferenz werden die „regelgerechten“ Berechnungen nach EnEV ausgelegt. Sobald von diesen Klimaten durch die Natur oder durch den Nutzer abgewichen wird, stimmt die Berechnung mit der Realität nicht überein! Werden bei der Dachsanierung die Dachkonstruktionen thermisch neu ausgelegt, also wärmegedämmt, muss für die zur Ausführung kommenden Bauteile die vom Bauherrn gewollte oder auch mögliche höhere Temperaturdifferenz durch die Planer, Energieberater und Handwerker hinterfragt werden. Aus diesen tatsächlich auftretenden oder politisch angeordneten Klimabedingungen resul-
67
4.4 Wärmeschutz
tieren auch die in den einzelnen Regionen der Welt unterschiedlichen Anforderungen. Diese werden für Europa durch „Nationale Anwendungsdokumente“ (NAD) bei der Einführung der europäischen Normung berücksichtigt (werden). Neben dem Einfluss der Wärmestrahlung auf den umgebenden Raum erzeugen Wärmeveränderungen in den einzelnen Materialien unterschiedliche Dehnungen. Die Temperaturdehnungen İT ist proportional zur Temperaturerhöhung ǻT. Der Proportionalitätsfaktor wird als Temperaturdehnzahl oder Wärmedehnzahl ĮT bezeichnet. Er wird bezogen auf einen Temperaturunterschied von 1 K. Diese Vorgänge können langsam, zeitverzögert oder schnell ablaufen: Langfristige Temperaturveränderungen Die Wechsel der Temperaturen im Sommer – Winter – Zyklus sorgen für gleichmäßige Verlängerungen oder Verkürzungen der einzelnen Baumaterialien. Werden diese Bewegungen durch konstruktive Maßnahmen behindert, entstehen in den Materialien Zwängungsspannungen (Zug – Druck), die zu Bauschäden führen können. Diese Kräfte müssen bei der statischen Berechnung und den Konstruktionsangaben berücksichtigt werden. Kurzfristige Temperaturveränderungen Sonne, Wind, Hagelschauer treten kurzfristig auf. Die Materialien reagieren unterschiedlich schnell auf diese Veränderungen. Auch das Durchleiten der Wärme durch die eigene Masse erfolgt mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Die moderne Klimatisierung berücksichtigt auch z. B. das „Einfangen“ der Solarstrahlung im Gebäudeinneren. So wurden bei Gläsern auch der Energiedurchlassgrad g und die Beschattung z eingeführt. Wenn es in den inneren, zur Wärmespeicherung vorgesehenen Massivbauteilen zu erheblichen Temperaturveränderungen kommt, können Risse in diesen Wänden entstehen. Ein Beispiel hierzu sind die „transparenten Wärmedämmungen“ Bei Dächern besteht die Gefahr bei Dachflächenfenstern, Gauben oder Lichtkuppeln, weil dort eventuell zu viel Sonnenenergie durchgelassen wird, während im restlichen gedämmten Dach als opakes Bauteil keine wesentliche Wärmeveränderung auftreten kann.
4.4.2 Temperaturverformungen Die Größe der Temperaturverformung hängt direkt vom Material ab. Für Dächer wird vorwiegend Holz verwendet. In Faserrichtung beträgt die Wärmedehnzahl ĮT= 0,009 mm/(mK), quer zur Faser ĮT= 0,050 mm/(mK). Bei den Holzkonstruktionen und deren Sanierungen muss deshalb immer darauf geachtet werden, welche ursprüngliche Lage das Holzteil und das Ersatzstück im Baum hatte. Für Glas beträgt die Wärmedehnzahl ĮT= 0,009, für Kunststoff etwa 0,080 mm/(mK). Für Aluminium liegt der Wert bei ĮT= 0,024, für Stahl bei 0,012 mm/(mK). Für Massivbauteile liegt der Wert zwischen 0,008 -ĮT 0,010 mm/(mK). Aus der Gleichung ǻl = ĮT*ǻT * l0; wobei [ǻl] = mm
4
68
4 Grundlagen der Physik des Daches
folgt, dass bei den gebräuchlichen Baustoffen die größte Längenänderung von den Kunststoffen zu erwarten ist, gefolgt von den Hölzern in Querrichtung. Hierauf ist beim Einbau der (Dachflächen-) Fenster zu achten. Werden die Herstellerangaben für die Fuge zwischen Blendrahmen und Fensterlaibung beachtet, werden in der Regel keine Schäden entstehen. Werden jedoch Fenster an einer Stelle oder Seite press eingebaut, entstehen Bauschäden, die zur Undichtigkeit und zum Wassereintritt führen können.
4
Hinzuweisen ist auch auf die Verwölbung von Bauteilen durch Temperaturveränderung. Blecheindeckungen verwölben sich zwischen den Festhaltepunkten, wenn sich das Metall durch die Sonne erwärmt oder durch starke Windkräfte verformt, wenn sich die Bleche nicht bewegen können. Materialien größerer Dicke verwölben sich, wenn z. B. die Oberseite durch die Sonneneinstrahlung erwärmt wird, während die Unterseite noch kalt ist. Dadurch dehnt sich die Oberseite stärker aus als die Unterseite, weshalb eine Verwölbung nach oben entsteht.
4.4.3 Wärmeleitfähigkeit Die Wärmeleitfähigkeit eines Stoffes ist umso größer, • • • • •
je größer die Wärmemenge Q ist, [Ws = Nm = J] die bei einem Temperaturunterschied DJ und einer Stoffdicke d in einer bestimmten Zeit t durch ein Element mit der Fläche A
hindurchgeht. Ȝ = Q / (A x t x DJ /d) => [W/(K x m)] Wobei DJ /d das Temperaturgefälle in einem Stoff angibt. Bitte beachten: Wärmeleitzahlen müssen (!): → → → → →
in der DIN 4108 – 4 oder im Bundesanzeiger oder in der Bauregelliste oder in DIN EN 10077 – 1 oder im Europäischen Anzeiger
veröffentlicht/enthalten sein! → Prüfzeugnisse von Baustoffherstellern, die in eigenen Labors oder durch Materialprüfanstalten ohne Auditierung erstellt worden sind, gelten im baurechtlichen Sinne nicht als verbindlich. Berechnungen, die mit diesen Werten zu Fehlern (Wärmebrücken, Schimmel usw.) führen, sind mangelhaft. Das folgende Bild 4.8 gibt einen Überblick über die Wärmeleitfähigkeit verschiedener Stoffe. Der Wert bei Silber ist fast 20 tausendmal so groß wie der von ruhiger Luft.
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4.4 Wärmeschutz
Wärmeleit- Silber fähigkeit in Kupfer W/(K · m) Aluminium Messing Eisen Blei Quecksilber Bild 4.8
420 400 220 105 50 35 8
Naturstein Kesselstein Beton Ziegelstein Glas Wasser PVC
1,7... 3,3 0,5... 2,3 1,0... 2,1 0,7... 0,9 0,7... 0,9 0,6 0,15 ... 0,18
Holz 0,06 ... Leichtbauplatten Wollstoff Glaswolle Styropor Schnee, frisch Luft, ruhende
0,35 0,075 0,06 0,04 0,035 0,05 0,025
4
Wärmeleitzahlen (im Auszug)
Je größer die Zahlenwerte sind, umso schneller wird die Wärme weitergeleitet. Die tägliche Erfahrung zeigt, dass beim Befüllen eines Kochtopfes aus Metall mit heißem Wasser noch während des Befüllens die ansteigende Wärme im Topf an den Händen bemerkbar wird. Hält man auch bei kalten Temperaturen einen Styroporblock in der Hand, bleiben die Hände warm, weil der Schaumstoff die Wärme nur sehr langsam weiterleitet. Aus der obigen Tabelle können auch die uralten Verhaltensregeln im kalten Klima abgeleitet werden. Frischer Schnee dämmt, weshalb die Iglus der Eskimos innen relativ warm sind. Auch die Gärtner und Landwirte sind froh, wenn im beginnenden Winter zuerst Schnee fällt und es erst danach zu tiefen Temperaturen kommt. Die Pflanzen werden durch den Schnee geschützt. → Heute jedoch führt diese Dämmwirkung des Schnees dazu, dass der Schnee auf den Dächern verbleibt und nur schwer wegtaut. Wegen der konstruktiven Dachdämmung wird keine Wärme vom Gebäudeinneren mehr bis zur Dachhaut transportiert. Die historischen Schneebelastungen der DIN 1055 können dadurch übertroffen werden, weshalb bei energetischen Dachsanierungen die Statik der vorhandenen Dachkonstruktion überprüft werden muss /4.44/. 30
Kork
Fußsohlentemp.
°C
Holz
26
Beton
24 22 Imm Cu-Blech 20 18
auf Kork 0
1
2
3
Zeit in Min.
4
5
Bild 4.9 Gefühlte Temperaturen des Fußbodens beim Begehen mit nackten Füßen.
Ferner wird auch der Wohlfühlaspekt über die Wärmeleitfähigkeit abgeleitet: Ein Korkfußboden wird warm, ein Korkfußboden mit darüber gelegtem Kupferblech wird kalt empfunden. Bild 4.9 zeigt deutlich den Einfluss der hohen Wärmeleitung des Kupferbleches, weil es beim Betreten des Bodens mit einer Eigentemperatur von 200 C mit nackten Füssen sofort die Diffe-
70
4 Grundlagen der Physik des Daches
renz zur Körperwärme von etwa 370 C entzogen wird. Daher entsteht die gefühlte Kälte des Bodenbelages. Einen weiteren Einfluss hat die Anordnung der Heizkörper. Werden diese vor den Fenstern mit relativ hohem U-Wert angeordnet, steigt die erwärmte Luft vor den Fenstern (gewollt) hoch, verläuft durch den Raum, fällt beim Erkalten ab und strömt zurück. Dieser Luftstrom wird dann von den Bewohnern als Zugluft empfunden.
100 90
unbehaglich feucht
80 70 relative Raumluftfeuchte φ [%]
4
Das Wunschklima der Bewohner oder Nutzer eines Raumes wurde an Testpersonen in vielen Messreihen ermittelt und liegt im grauen Bereich des folgenden Diagramms (Bidl 4.10). Dort ist auch die pauschale Festlegung der Innenräume von 20oC und 50 % Luftfeuchtigkeit verankert.
60 50 40 30 noch behaglich 20 unbehaglich trocken 10 0
12
14
16 18 20 22 24 Raumlufttemperatur t1[°C]
26
21
Bild 4.10 Beispiel des Resultats einer Studie über die Behaglichkeit
4.4.4 Definitionen des Wärmedurchgangs Wärmedurchlasswiderstand R; [R] = m²K/W Der Widerstand, den ein Bauteil dem Wärmetransport entgegensetzt, steigt linear mit der Dicke der einzelnen Schichten. Je weniger eine Schicht die Wärme leitet, umso größer wird der Widerstand. Daraus leitet sich die folgende Formel ab, wobei der gesamte Widerstand gleich der Summe der Einzelwiderstände ist: R = s1/ Ȝ1 + s2/ Ȝ2 +s3/ Ȝ3 +……. sn/ Ȝn
/m²K/W/
4.4 Wärmeschutz
71
Gesamter Widerstand Beim Übergang der Energie von einem gasförmigen Medium in einen festen Stoff ergeben sich zusätzliche Widerstände. Diese Zahlen spielen nur für die theoretische Berechnung des Gesamtwiderstandes eine Rolle. In der Praxis sind diese vom Betrag aus kleinen Zahlen für das Resultat des ausreichenden Wärmedämmwertes der Außenhaut nur von geringem Einfluss. res. R = Rsi + R + Rse(→ Wärmeübergangswiderstände) Danach wird der in der Öffentlichkeit populäre Wärmedurchgangskoeffizient ermittelt. Dieser Wert hatte früher die Bezeichnung k, heute aktuell ist die Bezeichnung U: Wärmedurchgangskoeffizient U; [U] = W/m²K U = 1/res. R Mit diesem Wert wird die Wirksamkeit der Außenhülle eines Gebäudes beschrieben. Nachdem es sich um den Kehrwert des Wärmedurchlasswiderstandes handelt, bezeichnet ein kleiner U-Wert einen guten Wärmedämmwert der Außenhülle (Transmissionswärmeverlust). Alle Produkte, die als Bauelemente der Außenhaut infrage kommen, werben mit möglichst kleinen U-Werten, um die Wirksamkeit des jeweiligen Produktes auf die Energieeinsparung hervorzuheben. Die Berechnungsverfahren werden dem heutigen Zeitgeist entsprechend immer komplizierter ausgelegt, weil ja auch immer leistungsfähigere Computer zur Verfügung stehen. Der tatsächliche Wert solcher komplizierten Verfahren für die Praxis muss jedoch bezweifelt werden. Als Außenbauteile stehen drei unterschiedliche Systeme zur Verfügung. Die obige Ermittlung des Transmissionswärmeverlustes wird entsprechend abgewandelt.
4.4.4.1 Opake Bauteile (Dachdeckung) Unter dem Begriff opak wird lichtundurchlässig verstanden. Bauphysikalische Berechnungen werden meist mit dem Wärmedurchlasswiderstand berechnet. Der Wärmedurchlasskoeffizient U dient der populären Abstimmung und dem Vergleich von Bauteilen und Bauwerken. Für die Bemessung der Dachkonstruktionen wird exakt in der oben angegeben Reihenfolge vorgegangen, um den U-Wert berechnen zu können. Die Vorgehensweise entspricht auch immer noch der ursprünglichen Berechnung des (alten) k-Wertes. Hierbei werden für die einzelnen Schichten je für sich die Wärmedurchlasswiderstände berechnet und dann zur Summe addiert. Änderungen oder Verbesserungen lassen sich einfach durchführen, weil immer nur die geänderte Schicht neu berechnet werden und in die Summe eingeführt werden muss. Zu beachten ist, dass der Wärmedurchgang im Bereich der Sparren größer ist als im Bereich des Gefachs. Der Einfluss macht sich jedoch nur bei der sogenannten Zwischensparrendämmung und der Innendämmung bemerkbar. Feuchte Stellen durch zeitweises Erreichen der Taupunktstemperatur sind möglich. Bei der Aufsparrendämmung werden die kalten Außentemperaturen je nach der Dämmwirkung kaum noch zu wesentlichen Verringerungen der Innenoberfläche führen, weshalb ein Absenken auf die Taupunktstemperatur kaum noch zu befürchten ist. Bei den Fenstern liegt die Situation aber ganz anders:
4
72
4 Grundlagen der Physik des Daches
4.4.4.2 Transparente Bauteile (Glaskuppeln und Fenster)
4
Für die Änderung an bestehenden Gebäuden wird nach der jeweilig gültigen Energieeinsparverordnung /4.6/ in irgendeinem Paragrafen festgelegt, dass bei Änderungen an Fenstern, Fenstertüren und Dachflächenfenstern ab einem bestimmten prozentualen Flächenanteil die neuen Grenzwerte der EnEV einzuhalten sind. Die Bauteilmethode darf für Sanierungen als Ausnahme zur sonst vorgeschriebenen Bilanzierungsmethode /4.43/ noch angewendet werden. Hierzu werden als Beispiel in der Tabelle 4.1 Auszüge aus der Tabelle 1 Anhang 3 der EnEV für Gebäude mit normalen Innentemperaturen (ϑ=19 0C) maximale Wärmedurchgangskoeffizienten Umax angegeben. Tabelle 4.1
Bauteil Außenwände
Auszug aus Tab. 1 Anhang 3 EnEV (alt) Maßnahme allgemein Verkleiden, Dämmen, Außenputz Austausch, Zusatzelemente Glasaustausch allgemein Austausch, Zusatzelemente Glasaustausch
Umax in W/m²K 0,45 0,35 1,70 Fenster, Fenstertüren, Dachflächenfenster 1,50 Verglasungen 1,90 Vorhangfassaden 2,00 Fenster… , jedoch Sonderverglasung 1,60 Sonderverglasung 2,30 Vorhangfassaden mit Sonderverglasung Decken, Dächer, Dachschrägen Steildach 0,30 Dächer Flachdach 0,25 Decken, Wände gegen unbeheizte Räume Bekleidung auf der Kaltseite 0,40 Decken, Wände gegen Erdreich Dämmen und Bekleiden innen und 0,50 außen
Für die einzelnen Elemente werden in den Fußnoten zur Tabelle folgende Normenbezüge bestimmt: • Umax ist der Wärmedurchgangskoeffizient des Bauteils unter Berücksichtigung der neuen und der vorhandenen Bauteilschichten; für die Berechnung nicht transparenter Bauteile ist DIN EN ISO 6946: 1996-11 zu verwenden. • Der Wärmedurchgangskoeffizient des Fensters ist den technischen Produktspezifikationen zu entnehmen oder nach DIN EN ISO 10077-1: 2000-11 zu ermitteln. • Der Wärmedurchgangskoeffizient der Verglasung ist den technischen Produktspezifikationen zu entnehmen oder nach DIN EN 673: 2001-1 zu ermitteln. • Der Wärmedurchgangskoeffizient der Vorhangfassade ist nach den anerkannten Regeln der Technik zu ermitteln. Während für die normalen Gläser der Ug – Wert auf 1,50 W/m²K (heute 1,3 => 1,1) festgelegt wurde, kann dieser Wert bei Sondergläsern um 0,1 W/m²K größer sein, weil bei diesen Gläsern u. U. der optimale Wert für den Wärmedurchgang nicht erreicht werden kann. Sondergläser im Sinne dieser Verordnung sind: • Schallschutzverglasungen mit einem bewerteten Schalldämmmaß von mehr als R`w = 40 dB nach DIN EN ISO 717-1: 1997-01,
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4.4 Wärmeschutz
• Isolierglas – Sonderaufbauten als Brandschutzgläser mit einer Einbaudicke von mehr als 18 mm nach DIN 4102-13: 1990-05, • angriffhemmende Isoliergläser mit Schutz gegen Durchbruch, Durchschuss oder Sprengwirkung „nach den Regeln der Technik“. Bei der Sanierung von Fenstern sollten die Angaben über den reinen Glasaustausch nicht außer Acht gelassen werden. Bei der Feststellung des Bestandes, die Grundlage einer fachgerechten Sanierungsplanung sein sollte, ist auch der Zustand sowohl der Gläser als auch der Rahmen der vorhandenen Fenster zu überprüfen. Entsprechend dem Erhaltungszustand der Fenster sollte zuerst nachprüft werden, ob nicht die Rahmen noch gebrauchsfähig sind. Auch können Gesichtspunkte des Denkmalschutzes einer kompletten Erneuerung der Fenster entgegenstehen. Ferner sind nach den heutigen Auffassungen der gewerblichen Liegenschaftsverwaltungen Immobilien bereits nach einer kurzen Nutzungsdauer von nur wenigen Jahren als Gebrauchtimmobilien einzustufen. Weil diese wesentlich schlechter zu vermarkten sind als neue Immobilien, kann es daher wirtschaftlich sein, wenn z. B. nur die alten StandardIsolierverglasungen mit k – Werten von etwa 3,00 W/m²K ausgewechselt und die Dichtungen zwischen Rahmen und Fensterflügel erneuert werden. Bei denkmalgeschützten Fassaden kann die Ausbildung oder Ertüchtigung von Kastenfenstern erforderlich werden. Welche Werte und Bezeichnungen nach dem momentanen Stand gültig sind, zeigt Bild 4.11:
Bild 4.11 Neue Definitionen der Wärmedurchgangskoeffizienten mit ψ
Mit diesen Bezeichnungen ermittelt sich der maßgebende Uw – Wert zu: Uw =
AgU g + Af U f + lg ψ Ag + Af
/Uw/ = W/m2K
Aus dieser Formel wird ersichtlich, dass alle vorhandenen Fenster alleine durch die Einführung der EnEV einen schlechteren rechnerischen Wärmedurchgangskoeffizient bekommen haben. Dieser Ansatz soll die Wärmebrücke berücksichtigen, die über die Verbindungen an den Glasrändern vorhanden sind, wie in Bild 4.12 zu erkennen ist.
4
74
4 Grundlagen der Physik des Daches
4
Bild 4.12 Tauwasser an einer Isolierglasscheibe
Der ψ – Wert wird als Produkt mit der Länge der Glasränder mitbestimmend für den rechnerischen Wärmedurchgangskoeffizient des Fensters. Momentan werden (noch) folgende Werte für Wärmeschutzverglasungen angesetzt: Tabelle 4.2
Psi-Werte
Rahmen Kunststoff Holz Metall gedämmt
ψ in W/mK 0,06 0.06 0.08
Metall ungedämmt
0.02
Zwischenzeitlich werden von der Industrie Abstandhalter aus Kunststoffen entwickelt, die den Einfluss der geometrischen Wärmebrücke bis auf null reduzieren sollen. Schwierigkeiten ergeben sich jedoch noch in der chemischen Unverträglichkeit der verschiedenen Kunststoffe der Abstandhalter mit den Dichtungen der Trockeneinglasung. Dies kann noch zu Auflösungen der Stoffe führen, die dann als dunkle, zähe Masse am Fenster nach unten ablaufen. Deshalb ist für den ausführenden Handwerker noch größte Vorsicht bei der Verwendung geboten. Ohne entsprechende Zulassungen sollten diese Konstruktionen nicht ohne zusätzliche vertragliche Regelungen eingebaut werden. Sollten demnach bestehende Fenster in neue Berechnungen nach der EnEV einbezogen werden, müssen die Fenster neu bemessen werden, damit sich keine verfälschten statistischen Werte ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die gesamte Fassade thermisch und technisch erneuert werden soll, während die bisherigen, noch „guten“ Fenster erhalten bleiben sollen oder aus Gründen des Denkmalschutzes nicht ersetzt werden dürfen. Besonderes muss bei dem Entwurf von neuen Fenstern, die sich z. B. in historische Ansichten einfügen sollen, darauf geachtet werden, dass die Aufteilung der gesamten Fensterfläche in viele kleine Einzelscheiben mit wirksamen Zwischenstegen schlechtere Uw – Werte ergeben, als bei einer Vollverglasung errechnet wurden. Eine Gegenüberstellung verschiedener Fenstergrößen wurde von Hermes /4.7/ untersucht (Bild 4.13).
75
4.4 Wärmeschutz
F1
Fenstermaße /mm/ Fensterfläche /m2/ Anteil Rahmen/Glas Länge des Glasrandes Uw (DIN EN ISO 10077-1 [W/m2K]
800 x 500 0,40 66 : 34 1,60 Abst.: Aluminium: 1,69 Abst.: Edelstahl: 1,59
F2
F3
1230 x 1480 1,82 34 : 66 4,42 1,43 1,37
2250 x 2650 5,96 20 . 80 8,80 1,30 1,26
Bild 4.13 Einfluss der Fenstergrößen /4.7/
Aus Bild 4.13 ist zu erkennen, dass größenordnungsmäßig die Fensteröffnung F2 durch 4 Fenster F1 ersetzt werden könnte. 740 610
Dadurch ergibt sich eine überschlägliche Verschlechterung des Uw – Wertes um mindestens 0,2 W/m²K, ohne dass sich die Gläser oder die Rahmen in ihrem Aufbau ändern. Entsprechend gilt für den Ersatz des großen Fensters F3 durch 8 kleine F1 größenordnungsmäßig, dass der Uw – Wert der Fensteröffnung von 1,30 auf 1,60 steigt. Neben diesen technischen Anforderungen muss auch die öffentlich rechtliche Frage nach der „regelgerechten Bauweise“ geklärt werden. In allen Bauordnungen der einzelnen Länder wird auf die Bauregelliste verwiesen. Die europäischen Definitionen und Kennwerte werden jedoch nur schleppend umgesetzt, sodass die Forderungen der EnEV noch nicht eindeutig für die Fenster bestimmt sind. Seit dem 13.11.2000 wird in der Bauregelliste k durch U ersetzt. (=> 1. Schritt in Abb. 4b) Obwohl es die europäische Norm DIN EN ISO 10077-1: 2000-11 für die Elementwerte bereits gibt (und sich die EnEV darauf bezieht) hat der Deutsche Normenausschuss die DIN V 4108-4: 2002-2 als Vornorm neu herausgebracht, sodass die Regelwerke nicht eindeutig sind. Zusätzlich gibt es im Entwurf noch E DIN EN ISO 10077-2:1999-02. Die europäischen Normen beeinflussen jedoch bereits die Neuentwicklungen, Wärmedämmkonstruktionen und Passivhausfenster maßgeblich. Bei der Auswahl der Fenster muss deshalb auf die verschiedenen Definitionen und Indizes geachtet werden, damit später vom Bauherren nicht der kostenintensive Vorwurf vorgebracht werden kann, Planer und Handwerker hätten
4
76
4 Grundlagen der Physik des Daches
nicht regelgerecht geplant oder gebaut. So haben die kv nach DIN 52619 und Ug nach EN 673 bzw. EN 674 in der Regel unterschiedliche Zahlenwerte. Alle im Augenblick geltenden oder sich ändernden Normen zu nennen und zu diskutieren, würde den Rahmen dieses Buches sprengen. In Tabelle 4.3 werden die maßgeblichen Normen für die Fenster angegeben. Tabelle 4.3
FEM – Methode Rahmen – Messung Einfachverfahren Berechnungsverfahren Messung mit Plattengerät Wärmestrommesser – Verfahren Tabellen – Ableseverfahren FEM Berechnung Messungen
DIN EN ISO 10077-2 DIN EN 12412-2 DIN EN ISO 10077-1 DIN EN 673 DIN EN 674 DIN EN 675 DIN EN ISO 10077-1 DIN EN ISO 10077-2 DIN EN 12412-2
Uf
4
Regelwerke für die neuen Kennwerte
Ug
Psi
Einen weiteren Einfluss auf die Ug – Werte wird bei den Isoliergläsern die Umstellung von der Deutschen Norm DIN 1286 auf die EN 1279 haben. Für nichttransparente Teile der Fassade, wie Rollladen, Ausfachungen und leichte Bauteile wird auf die neuen, verschärften Mindestanforderungen der DIN 4108-2, insbesondere Tabelle 3 verwiesen /2/. Für bestehende und zu sanierende Fensterkonstruktionen können als Überschlag auch nach wie vor einfache Handrechnungen vorgenommen werden, die auf den bisherigen Ermittlungen des Wärmedurchlasswiderstandes R (1/Λ) und des Wärmedurchlasskoeffizienten U (k) beruhen. Ug = (Ri + Rschi + LZR + Rsche + Re)-1 wobei: [Ug] = W/m²K; Wärmedurchlasskoeffizienten der zusammengesetzten Verglasung [Ri ] = m²K/W; Übergangszahl innen [Rschi] = s/λ = innere Glasscheibe LZR = Luftzwischenraum;
bei Luftfüllung und senkrechter Anordnung: bei 10 mm etwa R = 0,130 bei 20 mm etwa R = 0,155 bei 30 mm etwa R = 0,168
[Rsche] = s/λ = äußere Glasscheibe [Re] = m²K/W; Übergangszahl außen Für Kombinationen und Paneele kann analog vorgegangen werden. Beispiel: Elementaufbau: 6 mm Rohgussglas außen, 12 mm Luftzwischenraum und 7 mm Drahtglas innen ergibt einen Wärmedurchlasskoeffizienten der zusammengesetzten Verglasung von: Ug = (1/23 + 0,006/0,81 + 0,137 + 0,007/0,81 + 1/8)-1 = 1/0,325 = 3,08 W/m²K
77
4.4 Wärmeschutz
→ Was ist demnach wohl noch für lange Zeit in der Praxis zu tun? In DIN 4108-4 /3/ sind neue Tabellen für die Fenster und Fenstertüren in der bekannten Abhängigkeit von Glas und Rahmen angegeben. Da diese Werte keinen direkten Bezug zu den geplanten Werten der EnEV haben, sind diese Tabellenwerte vorerst mit einem Korrekturfaktor zu versehen, der in Tabelle 4.4 angegeben wird. Tabelle 4.4
temporärer Korrekturwert
Korrekturwert Glasbeiwert für nicht güteüberwachte Gläser verbesserter thermischer Randverbund aufgesetzte Sprossen Sprossen im Scheibenzwischenraum einfaches Sprossenkreuz mehrfaches Sprossenkreuz glasteilende Sprossen
ΔUw[W/m2K]
+0,1 -0,1 0,0 +0,1 +0,2 +0,3
Deshalb sind im Augenblick als Hilfswerte für die Berechnung nach der EnEV folgende Werte für die Wärmedurchgangskoeffizienten calUw anzusetzen: calUw = Uw (Tab.) + ΔUw Die Tabellenwerte der DIN 4108-7 weisen ausführlich über 11 Spalten verschiedene Uf – Werte aus. Sie reichen von 0,8 bis 7 W/m²K. Damit können auch alle gängigen und alten Fenster einer thermischen Kontrolle unterzogen werden. Anhaltswerte für die Abschätzung älterer Dachflächen- und Gaubenfenster liefert Tabelle 4.5: Tabelle 4.5
Richtwerte für die Rahmenklassen (nach /4.10/)
Rahmenmaterial Kunststoffrahmen aus PVC – Hohlprofilen mit 2 Hohlkammern 3 Hohlkammern Hartholzrahmen mit Nenndicke 66 mm Hartholzrahmen mit Nenndicke 95 mm Weichholzrahmen mit Nenndicke 66 mm Weichholzrahmen mit Nenndicke 95 mm Metallrahmen ohne thermische Trennung Metallrahmen mit thermischer Trennung in Abhängigkeit des Abstands der 2 getrennten Metallschalen
Uf [W/m2K] 2,20 2,00 2,1 1,80 1,80 1,55 5,9 4,00–2,50
Es wäre zu einfach festzustellen, dass die beste Definition durch die Nachfrage beim Hersteller erhalten werden kann. Zum einen würde dies bedeuten, dass sich der Planer bereits mit der Erstellung des Leistungsverzeichnisses auf ein Produkt festlegen müsste. Dies ist nach den Wettbewerbsregeln verboten, zumal wenn nach VOB/A ausgeschrieben werden muss. Zum Zweiten sind während der Planungsphase verschiedene Varianten durchzumessen, die auch in
4
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4 Grundlagen der Physik des Daches
Verbindung mit dem Bauphysiker, dem Planer der technischem Gebäudeausrüstung, dem Denkmalschutz und der Baugenehmigungsbehörde abzustimmen sind. Zum Dritten wird eine Vielzahl von Fenstern vom Handwerker (Metallbauer, Schreiner) zusammengebaut und eingesetzt. Der Handwerker bestellt Profile am laufenden Meter und Gläser nach Maß, weshalb die im Labor der Hersteller gemessenen Werte der Fenster in der Praxis wegen der Montageungenauigkeiten und dem Kenntnisstand der Handwerker nicht stimmen müssen. Somit verbleibt ein Restrisiko bei der Bewertung von Glasflächen in Dächern. Diesem kann nur durch die qualifizierte Beratung durch Hersteller begegnet werden.
4
4.4.4.3 Transluzente Bauteile Für durchscheinende Bauteile wie Oberlichter mit Milchglaseinsatz wurde der Begriff transluzente Bauteile, also durchscheinend geprägt. Diese Elemente werden häufig gerade in Dachbereichen eingebaut, weil so die direkte Sonneneinstrahlung behindert wird. Der wesentliche Unterschied zu den transparenten Bauteilen ergibt sich aus dem Energiedurchlassgrad g der Scheiben.
4.4.5 Sommerlicher Wärmeschutz Während sich die ganze Berechnung der Transmission darauf bezieht, dass es außerhalb eines Gebäudes kalt ist, berücksichtigt der sommerliche Wärmeschutz die Gefahr der Überhitzung innerhalb von Gebäuden durch die Sonneneinstrahlung. Transparente und transluzente Bauteile sind entsprechend der gewünschten Wirkung gegen kosmische Strahlung durch Beschichtungen der Gläser abzustimmen. Soll die Sonne durch die Fenster in das Innere eines Gebäudes gelangen und dort die massigen Bauteile wie massive Wände und Decken als Wärmespeicher aufheizen oder ist gerade diese Wirkung nicht gewünscht. Daher sind diese Elemente vor allen Dingen im sommerlichen Wärmeschutz abweichend zu berücksichtigen. Neue Entwicklungen in der Glastechnik können auf diese Anforderungen abgestimmt werden. Die Auswahl der Gläser und Rahmen muss daher sehr sorgfältig auf das gesamte Energiekonzept des Gebäudes abgestimmt werden. Hingewiesen sei nur noch darauf, dass die Sonnenstrahlen selbst kalt sind. Erst wenn diese Strahlen auf opake Materie treffen, werden diese Strahlen in Wärmestrahlungen umgesetzt, weshalb sich Räume und auch Verglasungen aufheizen können, wenn die Strahlung durch die Fenster nach innen dringt. Daher ist der U-Wert für das kalte Außenklima und der g-Wert oder die Beschattung für die Sonneneinstrahlung maßgeblich. Auch in diesem Fall ist eine kooperative Zusammenarbeit der Planer und Handwerker bei der Erarbeitung wirtschaftlich tragbarer Lösungen erforderlich. Im Bereich des Daches sind die Elemente der Solartechnik mit denen der Wärmedämmung und/oder der Abschottung der Strahlung je nach Lage und Jahreszeit entsprechend zu bestimmen. Zum einen wird der Gesamtenergiedurchlassgrad der Verglasung mit Sonnenschutz betrachtet. Zusätzlich werden jedoch auch die Eigenschaften des Gebäudes und des zu betrachtenden Raumes berücksichtigt. Auch die Nachtlüftung spielt eine Rolle bei der gesamtheitlichen Betrachtung, die im Ergebnis zum Sonneneintragswert führt. Die EnEV verpflichtet zur Einplanung eines Sonnenschutzes bei Neubauten. Sollten bei Sanierungen Werte für den Gesamtenergiedurchlassgrad g benötigt werden, kann in der augenblicklichen Übergangsphase folgendermaßen vorgegangen werden: Die neuen g-Werte sollen in der Zukunft mithilfe der
4.4 Wärmeschutz
79
EN 410 ermittelt werden. Solange diese nicht rechtsverbindlich vorliegt und in die Bauregellisten eingearbeitet ist, können bis auf Weiteres die g-Werte nach DIN 67507 verwendet werden, wenn ein Zuschlag von 2 % auf diese Werte erfolgt. Nachdem sich der Einfluss der g-Werte vor allen Dingen bei größeren Glasflächen bemerkbar macht und der sommerliche Wärmeschutz bei Sanierungen in der Regel nicht nachgewiesen werden muss, wird auf weitergehende Ausführungen verzichtet.
4.4.6 Lüftung, Feuchtigkeit und Schimmelbildung Wegen der Dichtheit der Gebäude genügt es auch nicht, ohne Bilanzverfahren die Bauteilwerte alleine als maßgebendes Kriterium zu wählen, wie dies ja bei Sanierungen nach der EnEV noch verstanden werden kann. Die Außenhülle ist nach dem Stand der Technik luftdicht auszuführen. Dichte, hochdämmende Fenster verändern die physikalischen Gegebenheiten des Raumes wesentlich, sodass ohne weitere bauphysikalische Überprüfung unweigerlich Tauwasser und damit Schimmelpilze entstehen. Die bei älteren Gebäuden über die Jahrzehnte oder Jahrhunderte andauernde Zugluft durch undichte Ritzen hat in der Regel für eine natürliche Lüftung gesorgt. Dieser Lüftungsmechanismus ist nicht nur für die empfundene Frischluft, sondern gerade für den Abtransport der feuchten Luft aus den Räumen nach außen verantwortlich. Die Taupunkttemperatur hängt ab von der Oberflächentemperatur des Bauelements, der Raumtemperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit. (Bild 4.15). In Bild 4.14 ist das „Schwammmodell“ aufgezeigt. Der Raumanteil des Wassers in der Luft zum gesamten Volumen der Luft wird als relative Luftfeuchtigkeit bezeichnet. Erwärmt sich die Luft, dehnt sich diese aus, während der Wasseranteil gleich bleibt. Deshalb sinkt die relative Luftfeuchtigkeit. Kühlt sich die Luft ab, steigt damit der gleichbleibende Wasseranteil prozentual an. Wird demnach nicht ausreichend gelüftet, steigt der Wassergehalt der Luft ständig an. Das Wasser der Luft lagert sich an den kalten Oberflächen der Räume an. In Verbindung mit organischer Nahrung entstehen Mikroorganismen und Pilze. Nachdem jeder Mensch je nach körperlicher Beanspruchung zwischen 60 und 300 Gramm Wasser je Stunde an die umgebende Luft abgibt, erhöht sich allein durch die Anwesenheit der Bewohner der Wassergehalt ständig. Auch Pflanzen, Aquarien, Dusche, Kochen usw. erzeugen Wasserdampf. 1000 g entsprechen 1 Liter Wasser, sodass leicht nachzuvollziehen ist, dass ein 10 Liter-Eimer Wasser am Tag leicht gefüllt werden kann. Die in Bild 4.15 wiedergegebene Tabelle stellt keine politischen Vorgaben dar. Die Tabelle ist das Ergebnis der Naturgesetze. Zu erkennen ist, dass ein schlecht belüfteter kalter Keller mit etwa 10 °C eine Taupunkttemperatur von 8 °C erwarten lässt. Dadurch wird deutlich, dass warme Luft, die im Sommer durch offene Kellerfenster oder offene Türen in den Keller gelangt, viel Wasser an den Raumwänden ablagert.
4
80
4 Grundlagen der Physik des Daches
4
Bild 4.14 Schwammmodell zur Darstellung der relativen Luftfeuchtigkeit LuftTaupunkttemperatur temΘsa peraºC tur Θ bei einer relativen Lüftfeuchte ϕ, in %: ºC 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 30 10,6 12,9 14,9 16,8 18,4 20,0 21,4 22,7 23,9 25,1 29 9,7 12,0 14,0 16,9 17,5 19,0 20,4 21,7 23,0 24,1 28 8,8 11,1 13,1 15,0 16,6 13,1 19,5 20,3 22,0 23,2 27 8,0 10,2 12,2 14,1 15,7 17,2 13,6 19,9 21,1 22,2 26 7,1 9,4 11,4 13,2 14,8 16,3 17,6 18,9 20,1 21,2 26 6,2 8,5 10,5 12,2 13,9 15,3 16,7 18,0 19,1 20,3 24 5,4 7,6 9,6 11,3 12,9 14,4 15,8 17,0 18,2 19,3 23 4,5 6,7 8,7 10,4 12,0 13,5 14,8 16,1 17,2 18,3 22 3,6 6,9 7,8 9,5 11,1 12,5 13,9 15,1 16,3 17,4 21 2,8 5,0 6,9 8,6 10,2 11,6 12,9 14,2 15,3 16,4 20 1,3 4,1 6,0 7,7 9,3 10,7 12,0 13,2 14,4 15,4 10 1,0 3,2 5,1 6,8 8,3 9,8 11,1 12,3 13,4 14,5 18 0,2 2,3 4,2 5,9 7,4 8,8 10,1 1 1,3 12,5 13,5 17 – 0,6 1,4 3,3 5,0 6,5 7,9 9,2 10,4 11,5 12,5 16 – 1,4 0,5 2,4 4,1 5,6 7,0 8,2 9,4 10,5 11,6 15 – 2,2 – 0,3 1,5 3,2 4,7 6,1 7,3 8,5 9,6 10,6 14 – 2,0 – 1,0 0,6 2,3 3,7 5,1 6,4 7,5 8,6 9,6 13 – 3,7 – 1,9 – 0,1 1,3 2,3 4,2 5,5 6,6 7,7 8,7 12 – 4,5 – 2,0 – 1,0 0,4 1,9 3,2 4,5 5,7 6,7 7,7 11 – 5,2 – 3,4 – 1,8 – 0,4 1,0 2,3 3,5 4,7 5,8 6,7 10 – 6,0 – 4,2 – 2,6 – 1,2 0,1 1,4 2,6 3,7 4,8 5,8 a Näherungsweise darf geradlinig interpoliert werden.
Bild 4.15 Taupunkttemperatur /4.3/
80 26,2 25,2 24,2 23,3 22,3 21,3 20,3 19,4 18,4 17,4 16,4 15,5 14,5 13,5 12,6 11,6 10,6 9,6 3,7 7,7 6,7
85 27,2 26,2 25,2 24,3 23,3 22,3 21,3 20,3 19,4 18,4 17,4 16,4 15,4 14,5 13,5 12,5 11,5 10,5 9,6 8,6 7,6
90 28,2 27,2 26,2 25,2 24,2 23,2 22,3 21,3 20,3 19,3 18,3 17,3 16,3 15,3 14,4 13,4 12,4 11,4 10,4 9,4 8,4
95 29,1 28,1 27,1 26,1 25,1 24,1 23,1 22,2 21,2 20,2 19,2 18,2 17,2 16,2 15,2 14,2 13,2 12,2 11,2 10,2 9,2
81
4.4 Wärmeschutz
Als weiteren Transportmechanismus ergibt sich, dass Molekülbewegungen zwischen Zonen warmer Luft hin zu kälteren Zonen erfolgen. Auch die unterschiedlichen Feuchtegehalte erzeugen Druckunterschiede, die nach den Naturgesetzen ausgeglichen werden sollen. Diese Vorgänge werden mit Diffusion bezeichnet. Wasserdampfdiffusion: Bewegung von Wassermolekülen durch Körper. Die Fließrichtung bestimmt die Seite mit dem höheren Wasserdampfdruck. Die Fähigkeit eines Körpers, Wasserdampf im Vergleich zu Luft zu leiten, wird mit der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl (μ) ausgedrückt. → Bei Bauteilen sollte μ von innen nach außen abnehmen. → Achtung! Den richtigen Bezug stellt die diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd = μ · d
[sd]= m
dar. Erhöhte Wassergehalte in Räumen und in Stoffen sind demnach nicht nur Zeichen einer Wasserdurchlässigkeit bzw. eines Lecks in der Außenhülle. Die Stellen erhöhter Feuchtigkeit können auch durch Diffusionsvorgänge entstanden sein. Gerade in den Dachbereichen werden viele falsche Diagnosen gestellt, weil oftmals nicht die äußere Dachfolie Leckagen aufweist, sondern das Diffusionsverhalten der einzelnen Schichten nicht ausreichend abgestimmt wurde. Im Dachbereich ist zwischen den ausgebauten und den nicht ausgebauten Bereichen zu unterscheiden. Wenn nicht ausgebaute Bereiche (Dachspitz) ausreichend belüftet sind, entsteht in der Regel kein Tauwasser. Der ausgebaute Dachbereich ist hingegen luftdicht zu verschließen. Zwischen den beiden Folien (innen „luftdicht“, außen „winddicht“) kann Tauwasser entstehen. Dieses muss dann, wie schon im Vorfeld mitgeteilt, nach außen entweichen können. Eine Ausnahme bilden hier die aktuellen Innendämmungen. Bei deren Verwendung darf die Feuchte auch nach innen entweichen, weil es sonst „nicht anders funktioniert“. Auf dem Fenstermarkt gibt es daher Fenster, die eine luftdichte Konstruktion aufweisen und zudem über Zwangslüftungen im Blendrahmen verfügen, die sich z. B. über den Winddruck automatisch öffnen und schließen. Luftwechselzahlen und mechanische Lüftungen entsprechend der Statistik der EnEV brauchen hier nicht weiter diskutiert werden. Sie sind Bestandteil des Nachweises der thermischen Bauphysik. Auf dichte Konstruktionen wird bei der Besprechung der Montage noch eingegangen werden.
4.4.7 Grundlegendes zur Energieeinsparung Berechnung des Energieverbrauchs eines Hauses: Was ist Leistung – was ist Arbeit? Beispiel: Je höher die Leistung einer Lampe ist (40, 60, 100 W) und je länger die Lampe brennt (30, 60, 90 min), umso mehr Arbeit muss verrichtet werden, damit die Lampe leuchtet. Leistung = Arbeit / Zeit; Formelzeichen: p = w/t;[p] = kWh /h = kW Arbeit = Leistung * Zeit; Formelzeichen: w = p * t ;[w]= kWh
4
82
4 Grundlagen der Physik des Daches
Beispiel: Eine Lampe mit einer 60-W-Birne brennt jeden Tag 5 Stunden und etwa 200 Tage im Jahr: 60 W = 0,060 kW 5 h × 0,060 kW = 0,30 kWh 200 d × 0,30 = 60 kWh/a Bei einem Strompreis von 0,20 €/kWh ergibt sich, dass die Lampe etwa
4
60 kWh/a × 0,20 €/kWh = 12 €/a kostet. Die gleichen Rechnungen können für alle Stromverbraucher angesetzt werden. Im Vergleich zu den Messungen der Stromzähler kann dadurch eine gute Eingrenzung der Kosten abgeschätzt werden. Der Aufwand für die Heizung kann ebenfalls durch die Lieferscheine der Energielieferanten – bis hin zur Fernwärme – ermittelt werden. Die Vorstellungen, welche Energiemenge die Nutzer in ihrem Haus verbrauchen sollten, sind sehr weit gestreut. Die Berechnungen über die politischen Vorgaben der Energieeinsparverordnung stellen nur statistische Werte dar, deren Randbedingungen pauschal vorgegeben worden sind. Auch immer weiter aufgeteilte Zonen mit eigenständigen Energieansätzen führen nur zur Verkomplizierung der Statistik. Das Nutzerverhalten ist grundsätzlich nicht vorhersehbar, außer dass eine totale Steuerung und Überwachung den Nutzer entmachtet. Zur Übersicht werden im Folgenden einige Begriffe aufgezeigt, die dem Bauwilligen helfen soll, die Sanierung zumindest mitbestimmen zu können. Bild 4.16 stellt den Weg der Energieform, hier des Erdöls, vom Bohrturm bis zum Heizkörper dar. Die geförderte Menge muss nach Abzug aller Verbräuche noch so hoch sein, dass der Heizkörper noch genügend Wärme abgeben kann. Durch die Verwertung der Sonnenenergie kann jedoch der Bedarf weiter eingeschränkt werden.
Bild 4.16 von der Primärenergie bis zum Heizkörper
83
4.4 Wärmeschutz
4
Bild 4.17 Darstellung des Rechenweges
Die Berechnung der benötigten Energiemenge erfolgt vom Heizkörper aus, wie Bild 4.17 zeigt. Die einzelnen Verbrauchswerte bedeuten: Nutzenergie:
bezeichnet diejenige Energiemenge, die in den Räumen innerhalb der Gebäudehülle verbraucht werden.
Endenergie:
bezeichnet die Energie, „die in das Haus“ geliefert wird. Wird erfasst durch Heizöl-, Gas-, Pellets- oder Strom- bzw. sonstige Brennstoffabrechnung
Primärenergie: bezeichnet den Endenergieverbrauch oder –bedarf einschließlich der Verluste „vom Bohrloch bis zum Heizkessel“. Die Berechnung erfolgt über die Multiplikation mit Faktoren (Zahlenwerte zwischen 0 und 2,7) Die jeweiligen Energieträger sind: Primärenergieträger
Endenergieträger
Nutzenergie
(„das haben wir!“)
(„das machen wir!“)
(„das wollen wir!“)
Erdöl
Heizöl
Wärme
Kohle
Benzin
Kälte
Erdgas
Diesel
Licht
Uran
Flüssiggas
Kraft
Wasserkraft
Strom
Biomasse
Brennholz, Pellets usw.
Sonnenenergie
84
4 Grundlagen der Physik des Daches
Der Jahresprimärenergieverbrauch (Qp) beinhaltet auch sämtliche Anlagenverluste „vom Bohrloch bis zum Heizkörper“. Der Verlust der gesamten „Energieanlagenkette“ wird mit der sogenannten Anlagenaufwandszahl (ep) beschrieben.
4
Bild 4.18 Rechenwege zur Ermittlung des Energiebedarfs
Qp = ep x (Qh + Qtw) ep = Anlagenaufwandszahl, ist eventuell noch nach der DIN 4701-10 zu berechnen und nicht nach DIN EN 12831: 2004-04!!!! Qh = Jahres-Heizwärmebedarf, ist nach der DIN 4108-6 zu berechnen Qtw = Trinkwasserwärmebedarf und mit 12,5 kWh/m²a ein fester Wert. Somit setzte sich bisher die Berechnung der Primärenergien aus zwei Abteilungen zusammen, die in Bild 4.18 dargestellt sind: Als Ergebnis wurde ein „Tacho“ geschaffen, der den energetischen theoretischen Zustand des Hauses sichtbar machen soll Bild 4.19:
85
4.4 Wärmeschutz
4 Bild 4.19 Energietacho
Gedächtnisstütze: 1 kg Kohle oder 1 l Heizöl oder 1 m³ Erdgas oder 2 kg Pellets oder 2,5 kg Stückholz oder 10 l Hackschnitzel = ca.10 kWh = ca. 3 kg CO2 bei „fossilen“ bzw. ca. 0,1 kg CO2 bei Biomasse Hinweis: 1 Ster Stückholz = ca. 1500 kWh bzw. 150 l Heizöl oder 150 m³ Erdgas 1 m³ Hackschnitzel = ca. 300 kg = ca. 800 – 1000 kWh bzw. ca. 100 l Heizöl ca. 100 m³ Erdgas Tabelle 4.6
oder
Häusliche Brennstoffe im vereinfachten Vergleich
1. Steinkohle 2. Heizöl 3. Flüssiggas (Propan) 4. Erdgas 5. Strom
10 kWh Heizwert entsprechen überschlagsmäßig 1,1 kg 1l 0,8 kg 1 m2 10 kWh
6. Stückholz
2–3 kg
7. Pellets
2 kg
8. Hackschnitzel
8–11 l oder 2–3 kg
Brennstoff
kg „fossiles“ CO2/10 kWh Heizwert 3,3 kg 2,6 kg 2,2 kg 2 kg 6,53 kg (BRD-Kraftwerksmix) ca. 0,02 kg (Holz ist weitgehend CO2-neutral, der Großteil wird beim Nachwachsen wieder gebunden) ca. 0,3 kg (Holz ist weitgehend CO2neutral, der Großteil wird beim Nachwachsen wieder gebunden) ca. 0,1 kg (Holz ist weitgehend CO2neutral, der Großteil wird beim Nachwachsen wieder gebunden)
86
4 Grundlagen der Physik des Daches
y Reihenfolge der Umweltverträglichkeit häuslicher Brennstoffe: 1. Sonnenenergie (Biomasse, Umweltwärme = Wärmepumpe, Solartechnik) 2. Erdgas oder Flüssiggas 3. Heizöl 4. Kohle
4
4.5 Schallschutz 4.5.1 Übersicht Im Rahmen dieses Beitrages werden nur auf die Wechselbeziehungen eingegangen, die sich aus den Anforderungen der Nutzung bei Dachgeschossen einerseits gegenüber den Erfordernissen der Funktionsebene andererseits ergeben. Unterschieden wird zwischen der Raumakustik und der Bauakustik. Unter Raumakustik wird die Schalllenkung innerhalb eines Raumes verstanden. Nur in gut abgestimmten Räumen kann Sprache verstanden werden und sind Klänge angenehm. Unter Bauakustik wird der Schallschutz bei Bauwerken verstanden. Die inneren und äußeren Lärmquellen sollen hierbei durch verschiedene Maßnahmen auf ein verträgliches Maß gedämpft werden. Entsprechend den Naturgesetzen gilt: → Der empfundene Schall im Raum ergibt sich aus der Differenz zwischen dem im Raum selbst vorhandenen Geräuschpegel und dem von außen eindringenden Geräusch. Werden neue Dachkonstruktionen eingebaut, die wirksam die Geräuscheinwirkung von außen ver- oder behindern, sinkt der Geräuschpegel im Raum erheblich. Dadurch werden Geräusche aus benachbarten Räumen hörbar, die vor der Dachsanierung nicht wahrgenommen worden sind. Daher müssen auch in diesen Fällen durch eine entsprechende Überprüfung vor Baubeginn, die sich durch eine qualifizierte Grundlagenermittlung ergibt, die angrenzenden Bauelemente des Raumes (Decken, Wände Türen) auf die neuen Bausysteme bauakustisch abgestimmt werden. Es nützt nichts, den zugegebenermaßen ansteigenden Straßenlärm vollständig zu eliminieren, wenn dafür im Gegenzug jedes Stühlerücken aus den angrenzenden Räumen hörbar und als störend empfunden wird.
4.5.2 Grundlagen Als Schall werden mechanische Schwingungen eines elastischen Mediums bezeichnet. Über die Kopplungen der Teilchen werden Impulse ausgelöst, die durch Pendelbewegungen weitergeleitet werden (Bild 4.20). /4.45/ Umrechung von Maßeinheiten: 1 atm = 1,033 at = 1,013 · 105 N/m2 = 1,013 · 105 Pa
87
4.5 Schallschutz
in Ruhe Luftteilchen
Schalldruck p
1 atm
armosph. Luftdruck
schwingend
Auslenkung ξ Ausbreitungsrichtung Schallschnelle v Schalldruck p λ Wellenlänge
Bild 4.20 Schallschwingungen
Daraus ergeben sich Wellen verschiedener Formen aus, wie in Bild 4.21 dargestellt ist:
Amplitude
Wellenlänge
Wellenlänge
Töne
Zeit Klänge
Zeit Geräusch Zeit
Knall Zeit Bild 4.21 Arten der Schallausbreitung
4
88
4 Grundlagen der Physik des Daches
In Analogie kann diese Wellenbewegung sichtbar gemacht werden, wenn im Modellversuch ein Stein in ruhendes Wasser geworfen wird. Von der ursprünglich glatten Wasseroberfläche bilden sich vom Einwurfpunkt konzentrische Kreise aus, die die Wellenbewegung symbolisieren. Beim Auftreffen auf feste Stoffe werden diese Stoffe zu Schwingungen angeregt, geben diese Schwingungen wieder an die Luft oder das Gas weiter. Dabei verlieren die Schallwellen Energie, die sich zumeist in Wärmeenergie umwandelt.
4
Die Geschwindigkeit, mit der der Schall weitergeleitet wird, ist stark von dem Medium, in dem es sich bewegt abhängig: c = Ȝ * f; [ c ] = m/sec ; [Ȝ ] = m (Wellenlänge) ; [ f ] = sec-1 (Frequenz) Schallgeschwindigkeiten: In der Luft: 340 m/sec Im Wasser: 1450 m/sec In Glas: 5000 m/sec Im Holz: 3500 – 5000 m/sec Im Mauerwerk: 3500 – 4000 m/sec Im Kupfer: 3600 m/sec Im Stahl: 5000 m/sec Der Zusammenhang zwischen Frequenz und Wellenlänge und Tonhöhen ergibt sich folgendermaßen: Frequenz: Schwingungen pro Sekunde Menschliches Ohr hörbar: 16 – 20 000 Hz c = Ȝ * f: Luft unter Normalbedingungen: c = 340 m/s Daraus ergeben sich die Wellenlängen zu: f = 100 Hz: Ȝ = 340 / 100 f=1
kHz
f = 3,15 kHz
= 3,4 m
= 0,34 m = 0,108 m
Bei akustischen Schwingungen sind sowohl bei Luftschall als auch bei Körperschall meist drei grundlegende mechanische Elemente beteiligt: Feder; Masse und Reibung. Hohlräume und elastische Zwischenschichten bei mehrschaligen Konstruktionen wirken dabei als Feder zwischen zwei schwingenden Massen. Eine Schallübertragung von einem Raum oder von außen in einen anderen Raum kann sowohl über die Luftschallanregung (Bild 4.22) als auch über der Körperanregung (Bild 4.23) erfolgen:
4.5 Schallschutz
89
4 Bild 4.22 Luftschallanregung
Wird bei der Dachsanierung der von außen einwirkende Verkehrslärm, Sportplatzlärm oder Kinderspielplatzlärm nicht ausreichend beachtet, ergeben sich bei den Wohnräumen im Dachgeschoss erhebliche Lärmbelästigungen durch Luftschallanregungen, die zu Minderung der Wohnqualität führen können.
Bild 4.23 Körperschallanregung
Werden im Hausinneren den Installationen zu wenig Beachtung geschenkt, treten durch die Körperschallübertragung Nutzergeräusche wie Duschen, Toilettendeckel, Zahnputzbecher abstellen u. a. m. und auch Fließgeräusche durch Warm- und Kaltwasser auf. Deshalb sind die kritischen Stellen bei den Haustrennwänden von Reihenhäusern besonders wichtig. Ein Beispiel zeigt Bild 4.24:
90
4 Grundlagen der Physik des Daches
4
Bild 4.24 Dachabschluss einer Haustrennwand
Weiter sind eine Vielzahl von Störungen der Ruhe durch das Begehen der Decken und Böden deutlich vernehmbar (Bild 4.25):
Bild 4.25 Trittschallübertragung
Werden bei Dachsanierungen neue Wohnräume in den Dachbereichen hergestellt, muss ebenso nachgeprüft werden, ob die vorhandene Decke über dem bisherigen Wohnraum den Trittschall ausreichend abschirmt. Sonst müssen auch weitere Maßnahmen getroffen werden, die eventuell auch die Statik der Decke wesentlich beeinflussen können. Als weiterer Einflussfaktor spielt die Raumakustik auch beim Dachausbau eine Rolle (Bild 4.26).
4.5 Schallschutz
91
4 Bild 4.26 Raumakustik – Verminderung der Schallreflexion durch Schallabsorption
Beim Dachausbau muss darauf geachtet werden, dass genügend schallschluckende Oberflächen vorhanden sind, damit die Reflexion nicht zu Halleffekten führt, die eine angenehme Nutzung stören würden. Zu beachten ist auch, dass die Einplanung einer Installationsebene, die raumseitig vor die Luftdichtigkeitsfolie eingebaut werden muss, nicht zu Schwingungssystemen führen darf, die den Schallschutz verschlechtern. Der Schall selbst breitet sich durch Wellenbewegungen aus. Die Einteilung der verschiedenen Stufen erfolgt durch die Frequenzen in Hertz (Schwingungen pro Minute). Aus der folgenden Skala sind die Baubereiche erkennbar Bild 4.27:
Bild 4.27 Akustischer Frequenzbereich
Die Gegenüberstellung wesentlicher Begriffe soll den Bezug zur Praxis herstellen, wie Bild 4.28 zeigt:
92
4
4 Grundlagen der Physik des Daches
Schwingung
Schalleindruck
Schwingungsform
Klangfarbe
Frequenz
Tonhöhe
Amplitude
Lautstärke
Bild 4.28 Physikalische Größen und Wahrnehmung
Es gibt verschiedene Frequenzbewertungskurven: A; B; C Die beste Anpassung an das menschliche Gehörempfinden erreicht der A-Schallpegel. Diese Werte können an einem Schallpegelmesser unmittelbar in dB (A) gemessen und angegeben werden. Definitionsgemäß ist die Lautstärke (Phon) eines 1000 – Hz – Tones zahlenmäßig gleich groß wie der Schallpegel (dB). Die Lautstärkenskala ist jedoch nicht streng proportional dem Lautstärkeempfinden! Die Berechnungen der Schallbeanspruchungen erfolgen durch logarithmische Funktionen (Bild 4.29):
Bild 4.29 Logarithmus- und Exponentialfunktion
Logarithmische Addition: Lg c + Lg d = Lg (c*d) Lg c – Lg d = Lg (c/d)
4.5 Schallschutz
93
Danach ergeben sich andere Sachverhalte, als diese nach der „normalen“ Berechnung zu erwarten wäre. Addition von Schallpegeln: 20 dB + 20 dB = ? Lg (100*100) = 4; 40dB → falsch! Zuerst entlogarithmieren, dann addieren 10² + 10² = 100 + 100 = 200 Danach logarithmieren Lg 200 = 2,3 → 20 dB + 20 dB = 23 dB → Eine Verdopplung der Schallpegel erhöht den Schallpegel um 3 dB! Daraus wird ersichtlich, dass der Einfluss eines einzigen dB bereits große Auswirkungen haben kann.
4.5.3 Lautstärke Sind die Grundgeräusche im Raum gering, genügt bereits eine Erhöhung von 3 dB, um eine Verdoppelung der Lautstärke im Raum zu empfinden. Ist es im Raum laut, erzeugt erst die Zunahme von 10 dB für eine gefühlte Verdoppelung der Lautstärke. Welche Regelwerke stehen zur Verfügung? Die von außen auf die Gebäude einwirkenden Schallhöhen werden durch die Städtebauplanung begrenzt, z. B. /4.46/. Diese und andere Grenzwerte z. B. / 4.26 – 4.23/ werden für die bauakustische Planung der Fenster als gegeben angesehen. Die Bauaufsichtsbehörde legt die Anforderungen im Einzelfall für ein Baugebiet fest. Eines Nachweises der Luftschalldämmung von Außenbau teilen (Tabelle 8 DIN 4109) vor Außenlärm bedarf es, wenn • der Bebauungsplan festsetzt, dass Vorkehrungen zum Schutz vor Außenlärm am Gebäude zu treffen sind (§ 9 Abs.1 Nr.24 BauGB) oder • der sich aus amtlichen Lärmkarten oder Lärmminderungsplänen nach § 47a des Bundesimmissionsschutzgesetzes ergebende „maßgebliche Außenlärmpegel“ (Abschnitt 5.5 der Norm 4109) auch nach den vorgesehenen Maßnahmen zur Lärmminderung (§ 47a Abs. 3 Nr. 3 BImSchG) gleich oder höher ist als → 56 dB (A) bei Bettenräumen in Krankenhäusern und Sanatorien → 61 dB (A) bei Aufenthaltsräumen in Wohnungen, Übernachtungsräumen, Unterrichtsräumen und ähnlichen Räumen → 66 dB (A) bei Büroräumen Deshalb ist bei Dachsanierungen stets Kontakt mit den Baubehörden zu suchen, um festzustellen, welche Anforderungen in dem betreffenden Baugebiet von Amtswegen gestellt werden. Danach muss dann die Dachkonstruktion ausgelegt werden. Speziell in Bayern muss der „maßgebliche Außenlärmpegel“ vom Entwurfsverfasser unter Einhaltung der Vorgaben aus
4
94
4 Grundlagen der Physik des Daches
→ Bebauungsplänen, → amtlichen Lärmkarten oder → Lärmminderungsplänen ermittelt werden. Hilfe dazu liefert DIN 4109 /4.24/ (Bild 4.30):
00 10 =
4
m
105 8 6
ße
nm
itt
e
a
4
50 40 0 0 30 0
5
2
15 20 25 10 7
50 30 40
70
10
0
0 70
g un rn tfe
20 25 15 0 0 0
4
En
Verkehrsbelastung in Kfz/Tag
104 8 6
vo
n
St
ra
2
103 8 6 4 2 102
75
75 70 65
60
60
65
70
70 65
65
60 60
55
55 55
Gemeinde (Stadt) straßen:Wohn und Wohnsammelstraßen (55 Lkw Anteil)
50
D
50
Gemeinde (Stadt) straßen: Hauptverkersstraßen (2 bis 6 streillig 10% Lkw Anteil)
45
C
50
Bundes, Landes, Kreis Gemeindeverbindungsstraßen außerhalb des Ortsbereiches: Straßen in Industrie - und Gewerbegebielen (20% Lkw - Anteil)
45
B
50
Autobahnen und Autobahnzubringer (25% Lkw - Anteil)
40
A
55
Mittelungspegel LAm in aB (A)
Zu den Mittelungspegeln sind ggf. folgende Zuschläge zu addieren: + 3 dB(A), wenn der Immissionsort an einer Straße mit beidseitig geschlossener Bebauung liegt. + 2 dB(A), wenn die Straße eine Längsneigung von mehr als 5 % hat. + 2 dB(A), wenn der Immissionsort weniger als 100 m von der nächsten lichtsignalgeregelten Kreuzung oder Einmündung entfernt ist.
Bild 4.30 Ermittlung des Lärmpegels aus Straßenlärm
Den Schallschutz im Hochbau regelt die (veraltete) DIN 4109: 1989-11 /4.24/ durch „normale“ und „erhöhte“ Anforderungen. Ferner gibt es einen Normenentwurf E DIN 4109-10: 2000-06, der sich mit dem „Schallschutz im Hochbau, Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz von
4.5 Schallschutz
95
Wohnungen“ befasst. Dort wird versucht, durch drei Anforderungsniveaus für Gebäude (Schallschutzstufen SSt) dem vor allen Dingen rechtlichen Wirrwarr Herr zu werden. In der Rechtsliteratur gibt es eine Vielzahl von Urteilen zum Schallschutz, die dem Nutzer von Räumen Minderung der Miete oder des Kaufpreises wegen empfundener unzureichender Schalldämmung zusprechen. Hierbei spielt es auch keine Rolle, ob die bautechnischen Regelwerke eingehalten wurden. Alleine das Empfinden der Nutzer ist für die Urteilsfindung maßgebend. In den Bauordnungen /4.9 u. a./ ist unter § 3 zu lesen, dass … „Bauliche Anlagen … so anzuordnen sind, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden.“ Es genügt bereits, wenn ein Nutzerwechsel stattfindet, der zur Klage des neuen Nutzers über behauptete unzureichende Schalldämmung führt. Ab diesem Augenblick muss der Vermieter nachbessern! Als Maßstab legen die Gerichte den zum „gegenwärtigen Zeitpunkt“ vorgefundenen Zustand an. Diese Haltung ist für Umbauten, Sanierungen und Umnutzungen eine verhängnisvolle Gefahrenquelle für behauptete Mängelansprüche. Auch der VDI hat eine Richtlinie 4100 herausgebracht, die sich mit dem erhöhten Schallschutz von Wohnungen befasst. Für die Planung von Fenstern wird auch noch die VDI – Richtlinie 2719 2 „Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen“ verwendet. Allerdings muss hier einschränkend darauf hingewiesen werden, dass diese Richtlinien baurechtlich nicht eingeführt sind. Welche Konsequenzen hat dies? „Regelgerecht“ Bauen kann man im juristischen Sinn damit nicht. Jedoch steht es den Vertragsparteien frei, diese Richtlinien oder Teile daraus vertraglich als für die Ausführung verbindlich zu vereinbaren.
4.5.4 Konstruktionsangaben Die Industrie bietet eine Vielzahl von Bauelementen zum Schallschutz an, die hier im Einzelnen nicht besprochen werden können. Hingewiesen wird nur darauf, dass sich der Schall in Wellenform ausbreitet. Daher ist die Annahme, dass die schlichte Kombination von hintereinander geschalteten Elementen automatisch die Schallwellen dämpft, nicht zutreffend. Es treten Kopplungseffekte und vielschichtige Wechselwirkungen auf (Abb. 5.11). Das naturgegebene Masse – Feder – Masse – System kann sogar zu einer Verschlechterung der Schalldämpfung führen.
4
96
4 Grundlagen der Physik des Daches
4
Bild 4.31 Reduzierte Schalldämmung durch nicht abgestimmte Schwingungssysteme
Bild 4.31 zeigt dieses System für Massivbauteile. Gleiches gilt jedoch auch für nicht abgestimmte Glasscheiben und Dachsysteme. Zum Beispiel sollten Isoliergläser aus zwei Scheiben eine Dickendifferenz der Scheiben von mindestens 30 %, eine Edelgasfüllung (Argon oder Krypton) und einen möglichst großen Scheibenzwischenraum aufweisen. Dadurch wird die Möglichkeit, dass sich durchgängige Schallwellen ausbilden können, reduziert. Bei Verbundgläsern verbessern bestimmte Polymere, die als Zwischenschicht eingebaut werden, vor allen Dingen bei höheren Frequenzen die Schalldämmung. Im Trockenbau wird die Resonanzfrequenz maßgebend, bei der die innere und die äußere Beplankung zu Verstärkungseffekten führen können. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Zulassungen der einzelnen Systemanbieter, die einschließlich der Montageanweisungen sorgfältig zu beachten sind. Neben dem Effekt der Schallübertragung kann auch die Anregung der Glasscheibe selbst durch Schalldruck zu Auslenkungen führen, die zum Brechen der Scheibe führen. Gerade bei den immer lauter werdenden Darbietungen in der Musikszene kann es durch den hohen Schalldruck, der von den Lautsprechern abgegeben wird, zu Schäden an Glasflächen und Rahmen führen. Hier helfen dann nur noch Vorhänge, die im Bedarfsfall die Glasflächen schützen, weil die starken Schallwellen durch die Tücher aufgefangen werden.
4.5 Schallschutz
97
Bei Holzkonstruktionen sind wesentlich die unterschiedlichen Weiterleitungen des Schalls zwischen den beidseitigen Beplankungen einerseits und den Balken andererseits zu beachten (Bild 4.32).
4
Bild 4.32 Unterschiedliche Schallweiterleitungen
Aus der Vielzahl der Konstruktionsangaben wird Bild 4.33 beispielhaft angegeben. Die jeweilige Schalldämmung Rw hängt maßgeblich von der Konstruktionsart ab. Die Berechnungen der Leichtbauwände sind immer noch mit einem großen Aufwand verbunden, weshalb die Kataloge hier auch für die Dachsanierung ausreichend viele Varianten aufzeigen. Die jeweiligen Zulassungen sind zu beachten.
Bild 4.33 Beispiel einer Wandsanierung
98
4 Grundlagen der Physik des Daches
Zusammenfassend ist festzustellen, dass es auch für den Schallschutz unabdingbar ist, nicht nach irgendwelchen, zweifelhaften allgemein anerkannten Regeln der Technik Dächer zu sanieren oder auszutauschen. Die Regelwerke sind nicht eindeutig, die Rechtsprechung unterscheidet deutlich zwischen dem Baurecht und dem Miet- und Kaufrecht.
4
→ Für die Praxis kann dies nur bedeuten, dass die Anforderungen an die Sanierung so genau als nur möglich vom Auftraggeber festgelegt werden müssen. Der Auftragnehmer muss allerdings auch seiner Hinweispflicht nachkommen, indem er gerade bei Sanierung von Gebäuden auf die Gefahr der hohen Schalldämmung durch neue Fenster in Bezug auf die Raumgeräusche deutlich hinweist. Bei Dachausbauten wird regelmäßig mit leichten Bauelementen gearbeitet. Diese sind gegenüber Schalldämmung und Schallübertragung äußerst empfindlich. Die Zulassungen der Systemhersteller müssen unbedingt beachtet werden.
4.6 Brandschutz 4.6.1 Grundlagen Die Grundregel im Brandschutz fordert, dass jede Nutzungseinheit oder jeder definierte Bereich über jeweils zwei Wege evakuiert werden kann. Alternativ kann auch ein Sicherheitstreppenhaus als alleiniger Fluchtweg vorgesehen werden. Im Regelfall soll der erste Fluchtweg über die Flure und Treppenräume bis ins Freie eingeplant werden. Als zweiter Fluchtweg gilt die Leiter der Feuerwehr (siehe Kapitel 18). An dieser Stelle muss bereits die erste Warnung an die Planer und Ausführenden ausgesprochen werden: → Brandschutzmaßnahmen richten sich im öffentlichen Baurecht nach den Landesbauordnungen! Die Anforderungen an einzelne Bauelemente weichen in den einzelnen Ländern teilweise stark voneinander ab. Hierbei richten sich die einzuplanenden Maßnahmen nicht nach dem Geschäftssitz des Planers oder des Handwerkers, sondern ausschließlich nach dem Bauort. Privatrechtliche Vereinbarungen bleiben davon unberührt. In diesem Kapitel werden in Ergänzung zum Kapitel 18 die Kennwerte und Eigenschaften der einzelnen Baustoffe behandelt. Diese Einstufung in Baustoffklassen ergeben dann die möglichen Baukonstruktionen unter Berücksichtigung der Anforderungen nach den Bauordnungen. Die Entstehung eines Brandes kann mit dem folgenden Schema aufgelistet werden (Bild 4.34):
99
4.6 Brandschutz
4
Bild 4.34 Brandentstehung und Abwehrmaßnahmen
Dieser in Bild 4.35 dargestellte Verlauf eines Brandes von der Entstehung bis zum Vollbrand ist maßgebend für die Einordnung der einzelnen Baustoffe in die Baustoffklassen. Temperatur
Feuerubersprung
voll entwickelter Brand Brandentstehungsphase
Abkühlphase
Brandbeginn
Zeit Brandtemperatur in den einzelnen Phasen eines brandes
Brandlast
Brandlast+Abschotlung bestimmen das Brandgeschehen
Bild 4.35 Qualitativer Brandverlauf, entnommen aus [2.5] mit /4.12/
100
4 Grundlagen der Physik des Daches
4.6.2 Baustoffklassen
4
Die Baustoffe werden in verschiedene Klassen eingeteilt, die die Brennbarkeit im Brandfall festlegen. Die Einstufungen werden durch Brandversuche ermittelt. In Deutschland sind dies die Klassen A1, A2 für nicht brennbare Baustoffe und die Klassen B1 (schwer entflammbar), B2 (normal entflammbar) und B3 (leicht entflammbar). In Europa sind die brennbaren Einstufungen erweitert worden von B bis F. Hierbei wurde festgelegt, dass im Baubereich keine leicht entflammbaren Stoffe (B3 oder F) verwendet werden dürfen. Tabelle 4.7 aus /4.12/ gibt einen Überblick über die momentan geltenden Bezeichnungen. Tabelle 4.7 EuroKlassen A1
A2
B
C
D
E F 1)
Baustoffklassen nach den europäischen Prüfnormen (Stand September 2002)
Prüfverfahren
Anforderungsniveau
Brandszenarium
DIN 4102Klasse
EN ISO 11821- und EN ISO 1716 1) EN ISO 1182 oder EN ISO 1716 und EN 13823 (SBI) EN 13823 (SBI) und 2) EN IS0 1192B-2 : Beanspruchung = 30 s EN 13823 (SBI) und 2) EN IS0 11925-2 : Beanspruchung = 30 s EN 13823 (SBI) und 2) EN ISO 11925-2 : Beanspruchung = 30 s 2) EN IS0 11925-2 : Beanspruchung = 15 s –
Kein Beitrag zum Brand
voll entwickelter ca. 2 Brand 60 kW/m
A1
Vernachlässigbarer Beitrag zum Brand
A2
sehr geringer Beitrag zum Brand
einzelner brennender Gegenstand
ca. 2 40 kW/m
geringer Beitrag zum Brand
–
–
–
Hinnehmbarer Beitrag zum Brand
–
–
–
hinnehmbares Brandverhalten keine Anforderungen
kleine Flammen –
20 mm Flamme –
Für homogene Produkte und wesentliche Bestandteile von nicht homogenen Produkten.
2)
B1
B2 B3
Bei einer Flankenbeanspruchung der Oberfläche und – sofern für die Endanwendung des Produkts relevant – einer Flankenbeanspruchung der Probenkante.
In Tabelle 4.8 werden die europäischen Zusatzzeichen angegeben. Nachdem in dem europäischen Verordnungsverfahren der Brandschutz mit eine Vorreiterrolle einnimmt, werden die Bezeichnungen und Einordnungen der Baustoffe stetig angepasst. Sobald die jeweiligen Koexistenzperioden abgeschlossen sind, werden die neuen Zeichen verbindlich.
101
4.6 Brandschutz
Tabelle 4.8
Europäische Klassifizierung von Bauteilen
Kurzzeichen – Bedeutung R Résistance E
Étanchéité
I
Isolation
W
Radiation
M
Mechanical impact
5
Smoke
C
Closing
P PH l1, l2 ...200, 300...
°C
I→01 I←0 I↔0 a→b a→b a↔b ve, ho
Beurteilungskriterium Tragfähigkeit eines tragenden Bauteils Raumabschluss tragender oder nicht tragender Bauteile Wärmedämmung – Temperaturkriterium unter Brandeinwirkung Begrenzung des Strahlungsdurchtritts Mechanische Einwirkung auf Wände – Stoßbeanspruchung {Brandwände. Komplextrennwände) Begrenzung der Rauchdurchlässigkeit – Dichtheit bzw. Leckrate Selbstschließende Eigenschaft (ggfs. mit Anzahl der Lastspiele einschl. Dauerfunktion) Aufrechterhaltung der Energieversorgung und/oder Signalübermittlung Unterschiedliche Wärmedämmkriterien Angabe der Temperaturbeanspruchung
In – out
Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsfähigkeit bei vertikalen Bauteilen
above – below
Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsfähigkeit bei horizontalen Bauteilen
vertical – horizontal
für vertikalen / horizontalen Einbau klassifiziert
In DIN 4102-4 sind die Klassifizierungen der Baustoffe ausführlich angegeben. Nachdem diese Norm alleine 150 Seiten Umfang hat, können die Inhalte nur zu einem kleinen Teil wiedergegeben werden. Für die verschiedenen Auflagen ergeben sich hinreichend genau Konstruktionsübersichten, wie Bild 4.36 zeigt:
4
102
4 Grundlagen der Physik des Daches Bezeichnung der Feuerwiderstandsklasse F30-A
F30-B
4 F60-AB
F90-A
F90-B
F90-AB
Bauaufsichtliche Bezeichnung
Beschreibung
Beispiel
Feuerwiderstandsdauer ≥ 30 min, Herstellung unter Verwendung nicht brennbarer Baustoffe der Klassen A1 oder A2
Nichttragende Metallständerwand mit GipskartonFeuerschutzplatten beplankt
Feuerhemmend und aus nicht brennbaren Baustoffen
Feuerwiderstandsdauer ≥ 30 min, Herstellung unter Verwendung brennbarer Baustoffe der Klassen B1 oder B2
Tragende Holzständerwand mit beidseitiger Beplankung aus Holzspanplatten
Feuerhemmend
Feuerwiderstandsdauer ≥ 60 min, Herstellung des Bauteils in den wesentlichen Bestandteilen aus nicht brennbaren Baustoffen
Metallständerwand mit beidseitiger Beplankung aus GipskartonFeuerschutzplatten und zusätzlicher furnierter Spanplatte
Feuerhemmend und in den wesentlichen Teilen aus nicht brennbaren Baustoffen
Feuerwiderstandsdauer ≥ 90 min, Herstellung des Bauteils ausschließlich aus nicht brennbaren Baustoffen
Betonwand aus Normalbeton
Feuerbeständig und aus nicht brennbaren Baustoffen
Feuerwiderstandsdauer ≥ 90 min, Herstellung aus brennbaren Baustoffen der Klasse B1 oder B2
Tragende Holzständerwand mit Beplankung aus Holzwerkstoffplatten
Keine durchgängig gebräuchliche Bezeichnung, z. T. feuerbeständig
Feuerwiderstandsdauer ≥ 90 min, Herstellung des Bauteils in den wesentlichen Bestandteilen aus nicht brennbaren Baustoffen
Stahlstütze mit einer Bekleidung aus Massivholz
Feuerbeständig
Quelle/ Bemerkungen
Querschnitt
12 40
DIN 4102-4, Tab. 48, Zeile 1 und 2
10 12
13 80
DIN 4102-4, Tab. 51, Zeile 1
13
10 25 40
Nicht klassifiziert, aber in Anlehnung an DIN 4102-4, Tab. 48, Zeile 1 und 2
10 25 10
10 120
10 > – 18 > – 19 > – 100
140
Ausnutzungsfaktor α1 = 0,5 DIN 4102-4, Tab. 36, Zeile 1.1.2, 1.2.2 DIN 4102-4, Tab. 51, Zeile 10
> – 19 > – 18
Stahlstütze mit Bekleidung aus BrettschichtholzBohlen d = 80 mm, z. B. anwendbar in der Sanierung/ Rekonstruktion alter Gebäude, Nachweis erforderlich, z. B. durch Versuch oder Rechnung
Bild 4.36 beispielhafte Übersicht über die Bauteilausbildungen
Für Wärmedämmverbundsysteme WDVS sind nach den Zulassungen noch weitere Einschränkungen je nach der Gebäudehöhe vorgegeben, wie Bild 4.37 zeigt: Höhenbereich über Geländeoberfläche
Baustoffklasse WDV-System
Gebäude geringer Höhe (0–7 m)
B1
Gebäude mittlerer Höhe (7–22 m)
B1
Hochhäuser (22–100 m)
A
Bild 4.37 Einstufung der Dämmstoffe für WDVS
103
4.6 Brandschutz
Für die einzelnen Bauelemente wurden auch entsprechend Kurzzeichen eingeführt, wie in Bild 4.38 angegeben ist: Feuerwiderstandsklasse
Bauteil
DIN 4102
Wände, …
Teile 2, 3
F30 bis F180
Türen, …
Teil 5
T30 bis T180
Luftleitungen
Teil 6
L30 bis L120
Klappen, …
Teil 6
K30 bis K90
Installationsschächte, -kanäle
Teil 11
I30 bis I120
Elektroleitungen
Teil 12
E30 bis E90
Rohrdurchführungen
Teil 11
R30 bis R120
(Widerstandsdauer in min)
Bild 4.38 Bezeichnungen einzelner Bauelemente.
Als Beispiel für die sich ständig verändernden Angaben werden Auszüge aus den Veröffentlichungen europäischer Stellen wiedergegeben: Brandverhaltensklassen für Gipskartonplatten Die Kommission hat am 07.10.2006 ihre Entscheidung zur Festlegung der Brandverhaltensklassen von Gipskartonplatten im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Entscheidung stützt sich auf die Bauprodukte-Richtlinie 89/106/EWG. Bei der Festlegung der Brandverhaltensklassen werden die Gipskartonplatten gemäß EN 520 in Platten =6,5 bis 4,50 m unterstützt ein Kehlbalken die beiden Sparren. Bei ausgebauten Dachräumen muss er mindestens 2,50 m hoch liegen. In nicht ausgebauten Dachräumen wird der Kehlbalken aus statischen Gründen etwa in der Mitte des Sparrens vorgesehen (= unterer Kehlbalken in Bild 6.23). Ein zweiter Kehlbalken (Hahnenbalken) ist nötig, wenn die obere Sparrenlänge > 3,50 m ist.
6
Bild 6.7 Kehlbalkendach
Den unteren Kehlbalken kann man durch zwei kurze „Stiele“ ersetzen, wenn er zu lang wird so gewinnt man viel Raum. Die Längsaussteifung erfolgt durch Windrispen oder durch z. B. großformatige Holzwerkstoffplatten. Beispiel: Aussteifung eines Sparrendachs durch großformatige Bauelemente
Bild 6.8 Sparrendach a) mit zwei Kehlbalken (Hahnenbalkendach) b) mit einem Kehlbalken und zwei Stielen
214
6 Sanierung des Dachtragwerkes
Sparrendächer eignen sich besonders für Dachneigungen über 35°. Bei flacheren Neigungen entstehen am Fußpunkt große Horizontalkräfte, die Deckenbalken oder Stahlbetondecke zusätzlich beanspruchen.
6
Bild 6.9 Kräfte am Fußpunkt des Sparrendaches a) kleine Horizontalkraft FH bei steilerer Dachneigung b) größere Horizontalkraft FH bei flacherer Dachneigung
Die Vertikalkraft FV wird vom Mauerwerk aufgenommen. FS ist die Druckkraft im Sparren (FS wird in FH und FV zerlegt).
6.4.3 Pfettendach Pfettendächer leiten die Gesamtlasten über die Sparren in Pfetten, Stiele und Windstreben sowie Außen- und Zwischenwände ab. Sie benötigen mehr Holz als Sparrendächer und erreichen die nötige Stabilität nur durch zusätzliche Konstruktionen (wodurch der Dachausbau behindert wird). Andererseits eignet sich das Pfettendach auch für stark gegliederte Gebäudegrundrisse und kennt keine Probleme bei Dachaufbauten (z. B. Gauben).
Bild 6.10 Pfettendach
215
6.4 Konstruktionsprinzipien
Die Sparren werden vorwiegend auf Biegung beansprucht. Ihre größte Spannweite ist 4,50 m. Die Länge einfacher Pfettendächer ist durch die Tragkraft der Pfetten auch auf etwa 4,50 m begrenzt. Bei längeren Gebäuden unterstützt man deshalb die Pfette im Abstand von < 4,50 m durch Stiele und Kopfbänder In Längsrichtung werden Pfettendachstühle durch Pfettendachstränge ausgesteift. Die Pfosten, Streben oder Büge müssen so angeordnet werden, dass sie mit der Pfette unverschiebliche Dreiecke bilden. Eine weitere Möglichkeit für die Längsaussteifung von Pfettendachstühlen kann durch die Scheibenwirkung der Dachgeschoss – Längswände oder die Scheiben bildung in der Dachfläche erfolgen.
6
Bild 6.11 Dreiecke zur Längsaussteifung
Bild 6.12 Dreiecke zur Queraussteifung
In Querrichtung erhalten Pfettendächer ihre Steifigkeit durch unverschiebliche Dreiecke aus Sparren, Pfosten und Decke. Die Längsaussteifung wird von den Kopfbändern übernommen (Kopfband oder Bug). In Bild 6.13 Pfettendächer mit zweifach (doppelt) stehendem Stuhl. Die Zangen verbinden je zwei Stiele unterhalb der Mittelpfetten.
216
6 Sanierung des Dachtragwerkes
6.4.4 Tragwerke aus Fertigbauteilen Am gebräuchlichsten sind Fertigbauteile aus Stahlbeton. Seltener wendet man Fertigbauteile aus Holz an. Tragwerke aus Stahlbetonfertigteilen Bild 6.14 zeigt den Querschnitt eines Stahlbetondaches. Aus dem Bild ist zu erkennen, dass es sich trotz der zur Aussteifung angeordneten Firstpfette um das Konstruktionsprinzip eines Sparrendaches handelt. In der Längsrichtung wird das Dach durch Stahlbeton-Windstreben, die seitlich an die Sparren angebolzt werden, ausgesteift.
6
Bild 6.14 Stahlbeton-Fertgteildach
Der Sparrenfußpunkt nimmt die im Sparren abgeleiteten Kräfte auf und muss besonders gegen Abscheren nach außen abgesichert werden). Die Ausbildung des Firstpunktes ist in Bild 6.17 ersichtlich.
Bild 6.15 Längsverband (Windverband) des Fertigteildaches
217
6.5 Sanierung des Dachtragwerks
Als Baustoffe finden Verwendung: Sparren: Windstreben: Firstpfetten: Gesimsplatten:
B 70/85 B 25/30 B 25/30 B 35/45
Verlegemörtel: Betonstähle: Dachlatten: Dachziegel:
MG III St I Holz Biberschwänze
6 Bild 6.16 Ausbildung des Sparrenfußpunktes
Bild 6.17 Ausbildung des Firstpunktes
Tragwerke aus Holzfertigbauteilen Tragwerke aus Holz sollten nur für eingeschossige Bauwerke angewendet werden. Der Sparrenfußpunkt erhält für die Holzbinder ein Widerlager aus Ortbeton. Das Widerlager muss durch eine Bewehrung gesichert und mit der Decke verankert werden.
6.5 Sanierung des Dachtragwerks 6.5.1 Untersuchungsvorgehen Bei Modernisierung und Sanierung von Dächern sind gleichzeitig Forderungen des Bauherrn nach Nutzungsbedingungen, die den heutigen Lebensansprüchen genügen müssen, zu berücksichtigen. Die wesentlichen Konfliktebenen ergeben sich aus der gegebenen Bau- und Konstruktionsweise, dem Erhaltungszustand und der Verwendbarkeit dieser Dachkonstruktion unter dem Aspekt der vollständigen Realisierung moderner Nutzungsansprüche. Die Kenntnis der bautechnischen Eigenschaften der vorgefundenen Bauweise ist äußerst wichtig bei der Bewertung der Erhaltungs- und Instandsetzungswürdigkeit einer Dachkonstruktion. Ziel einer Schadensanalyse ist es, das tatsächliche Ausmaß einer Schädigung festzustellen und die Wege zur Schadensbeseitigung aufzuzeigen. Der Fachmann untersucht sehr gründlich das Gebäude oder die Konstruktion nach Indikatoren für mögliche Schädigungen. Bei einer ersten Begehung ist auf besonders anfällige Punkte zu achten. Dazu gehören: • Der Dachfuß mit Traufausbildung, da hier die Gefahr intensiven Feuchtigkeitsanfalls besteht. Zerstörte Fußpfetten sind eine Gefährdung für die Standsicherheit des gesamten Dachstuhls. • Überprüfung aller Tragwerksteile auf statische Sicherheit und Funktionsfähigkeit. • Schadensfeststellung von: – Fäulnis, Schwamm- und Insektenbefall – Mechanische Schäden, die beispielsweise aus fehlerhaftem Umbau entstanden sind
218
6 Sanierung des Dachtragwerkes
• • • •
– erkennbare ungenügende Tragfähigkeit, z. B. durch angefaulte Balken – fehlende Windversteifung Überprüfung der Lattung bzw. der Holzschalung auf Fäulnis und Bruch. Zustand der Dacheindeckung – bzw. der Dachhaut, insbesondere auch an den Ortgänge und Traufen. Untersuchung von Dach-, Gauben- und Kaminanschlüssen. Durchbrüche sind besonders schadensanfällig und daher besonders sorgfältig zu prüfen.
Je nach Aufgabenstellung, Schadensbild und Schadensumfang sowie Denkmalwürdigkeit wird der mit der Planung beauftragte Architekt oder Ingenieur weitere Spezialisten (z. B. Holzschutzsachverständige, altbauerfahrene Tragwerksplaner bzw. Bauphysiker) zu Rate ziehen.
6.5.2 Beispiel einer Schadensuntersuchung
6
Eine solche Schadensaufnahme soll anhand eines Beispiels demonstriert werden.
Bild 6.18 Dachschaden
6.5.2.1 Zustandsbeschreibung des Daches und die Ursachen Bevor mit der Beurteilung eines Objektes begonnen wird, ist es erforderlich, die Dachkonstruktion zu klassifizieren. Mit Hilfe der Klassifizierung lässt sich das statische System, die Bauweise (Konstruktionsprinzip), die Geometrie usw. ermitteln. Da z. B. jede Bauweise ihre charakteristischen Schwachstellen aufweist, ist dies eine Grundlage zur Ursachenforschung am Objekt.
6.5 Sanierung des Dachtragwerks
219
Klassifizierung Es handelt sich bei der dargestellten Dachkonstruktion um ein Pfettendach mit zweifach stehendem Stuhl. Dieser Dachstuhl ist mit zwei Fußpfetten und zwei Mittelpfetten ausgebildet, eine Firstpfette ist nicht erforderlich. Mit dieser Konstruktion sind Spannweiten von 10,0 bis 12,0 m zu erreichen. Die maximale Sparrenstützweite (in der Schräge gemessen) beträgt 4,50 m. Der Kragarm über der Mittelpfette muss kleiner 2,50m sein. Dies ist eine häufige Konstruktion (etwa ab 1875) bei Dachneigungen um 35°. Die Stiele, Pfetten, Kopfbänder und Doppelzangen bilden den Dachstuhl. Der Abstand der Stiele von der Innenwandunterstützung 1,25m. Ist keine Innenwandunterstützung vorhanden, übernimmt eine Schwelle die Lastverteilung, diese muss mindestens über drei Balken gehen. Die Pfetten und Kopfbänder bilden gleichzeitig den Längsverband. Zustandsbeschreibung und –untersuchung Bei der Bewertung des vorliegenden Objektes sind folgende Punkte des Erscheinungsbildes zu untersuchen und in eine BZS (Bauzustandsstufe) einzuordnen. 1. • • • • • • •
Unplanmäßige Form- und Längenänderungen der Holzbauteile Verschiebungen Schiefstellungen Verdrehungen Durchbiegungen Kippen, Knicken fehlende Konstruktionsteile funktionstüchtige Konstruktionselemente
2. • • • • • • •
Querschnittsschwächungen (Verringerungen) der Holzbauteile Bohrungen Einschnitte Kerben Ausklinkungen Astlöcher Risse in den Holzbauteilen (Spalt-, Schub- (Scher-), Querzugrisse) spezifische Holzrisse (Schwind-, Frost-, Kern-, Schalen-, Sternrisse)
3. • • •
Brüche der Holzbauteile statischer Biegebruch Dauerbiegebruch Abscheren
4. Durchfeuchtung der Holzbauteile 5. Bewachsungen der Holzbauteile • Myzel von Pilzen • Moose 6. Verfärbungen der Holzbauteile • blau, braun, weiß, schwarz 7. Fraßbilder • Fluglöcher • Fraßgänge 8. Strukturveränderungen an den Holzbauteilen • würfelförmiger Zerfall
6
220
6 Sanierung des Dachtragwerkes
• Substanzabbau des Holzes 9. Abnutzung der Holzbauteile • witterungsbedingt • nutzungsbedingt 10. Korrosion der Stahlbauteile (soweit vorhanden) • Anker • Laschen • Verbindungsmittel
6.5.2.2 Bewertung der vorhandenen Dachkonstruktion
6
Die Dachkonstruktion wird in die BZS 4 eingeteilt. Jedoch könnte eine genauere Vorortuntersuchung auch zum Ergebnis haben, dass die BZS 3 zutreffen könnte. Tabelle 6.2 Bewertung 1. Standsicherheit, Tragfähigkeit des Dachstuhls Sparren, Längs- und Querverbände 2. Funktionstüchtigkeit (geplante Nutzung, begehbar usw.) 3. Verformung der Dachkonstruktionselemente (Durchbiegung, Verschiebung, Schrägstellung) 4. Risse und Brüche mit statisch-konstruktiven Ursachen 5. Feuchtigkeitsschutz (fehlende oder zerstörte Dachdeckung, defekte bzw. fehlende Dachrinnen/Fallrohre 6. Befall durch holzschädigende Insekten 7. Befall durch holzzerstörende Pilze 8. Korrosionsschäden an vorhandenen Stahlteilen (Anker, Verbindungsmittel) 9. Tragfähigkeit der Verbindungen bzw. Verbindungs mittel (keine Kraftübertragung, lose oder fehlende Verbindungsmittel) 10. Für weitere Nutzung erforderliche Instandsetzung, Verstärkung, Erneuerung (Ersatz) ohne Veränderung des statischen Systems
– überwiegend nicht gewährleistet – nicht gewährleistet – bedeutend – bedeutend – nicht gewährleistet – bedeutender Befall – starker Befall – bedeutend – überwiegend nicht gewährleistet
– bedeutend, fast alle tragenden Teile
Annahme und Schlussfolgerung des Zustandes Es zeigen sich umfangreiche Beschädigungen und weitgehende Zerstörungen des Dachstuhls. Eine Dachhaut (Dachlattung, Dachziegel) ist nicht mehr vorhanden. Die Konstruktionshölzer des Dachstuhls sind schutzlos den Witterungseinflüssen ausgesetzt, dies wahrscheinlich schon über längere Zeit. Die Holzbauteile zeigen breite, tiefe Risse und Spalten infolge von Quellen und Schwinden. Dies wird durch den Feuchtigkeitseinfluss ausgelöst. Weiterhin sind über den Querschnitt gehende starke Deformationen und Verkantungen erkennbar. Es sind Abweichungen aus der Konstruktionsebene und -achse ersichtlich. Verbindungsmittel aus Stahl dürften stark verrostet sein, z. B. die Nagelung der Dachlattung. Eine großflächige Durchfeuchtung des Dachstuhls und der Deckenkonstruktion, aber auch der Mauerwerkswände sind zwar auf dem Bild nicht zu erkennen, aber mit großer Sicherheit erfolgt. Somit weist das gesamte Gebäude Feuchtigkeitsschäden auf.
221
6.5 Sanierung des Dachtragwerks
Das Holz ist aggressiven Medien schutzlos ausgesetzt. Ein umfangreicher tierischer und pflanzlicher Schädlingsbefall ist anzunehmen. Daher auch die Schwächung des tragenden Querschnitts der Sparren. Die Funktionstüchtigkeit ist nicht mehr gewährleistet. Die Dachkonstruktion ist nicht mehr standsicher. Viele Sparren (visuell erkennbar) haben einen Zustand erreicht, bei dem es nur noch einer Auslösung bedarf, z. B. starker Sturm, bis sie völlig brechen oder wegknicken. Weiterhin muss auch der Riss im Mauerwerk bei der weiteren Ursachenforschung beachtet werden.
6.5.2.3 Ursachenforschung Grundsätzlich ist keine Bauzustandsuntersuchung (Bauwerksanalyse, Bauwerksdiagnose) und Schadensbehebung ohne eine exakte Ursachenforschung möglich! Nach dem Kausalgesetz besteht eine Verknüpfung von Ursache und Wirkung. Hierbei sind Ursache und Wirkung nicht gegensätzlich, sonder zusammenhängend zu betrachten. Beide Komponenten sind vertauschbar, so kann es zu einer Wechselwirkung von Ursache und Wirkung kommen. Eine durch eine Ursache auftretende Wirkung (Schaden), kann wiederum eine Ursache für weitere Wirkungen (Schäden) sein. In der Regel werden Bauschäden durch mehrere Ursachen ausgelöst, dies wird durch eine Kausalkette bewirkt. Die kausalen Zusammenhänge bestehen wie folgt: eine Ursache
=
fehlende/undichte Dachhaut eine Ursache
zerstörtes Dachtragwerk (Sparren und Pfetten) =
fehlende/undichte Dachhaut
mehrere Ursachen
– zerstörtes Dachtragwerk – korrodierte Verbindungsmittel – zerstörte Auflager
eine Wirkung
mehrere Wirkungen
– zerstörtes Dachtragwerk – durchfeuchtetes Mauerwerk (Gesims) – durchfeuchtete Dachdecke =
eine Wirkung
verformte Dachkonstruktion
6
222
6 Sanierung des Dachtragwerkes
Mögliche Ursachen im vorliegenden Schadensfall Unter Berücksichtigung der Ursachenforschung muss der Bauschaden nach seiner Entstehungsphase eingeteilt werden. Hierbei bilden sich drei Kategorien heraus: • Projektierungsphase = Ursache für den Bauschaden? Ja
= Projektierungsfehler
• Ausführungsphase
= Ursache für den Bauschaden? Ja
= Ausführungsfehler
• Nutzungsphase
= Ursache für den Bauschaden? Ja
= Nutzungsfehler
Geht man den Schadensursachen gründlich nach, so stellt man fest, dass fast alle ihren Ursprung in einer dieser Phasen haben. Selten liegen die Ursache bzw. Ursachen in zwei oder gar drei Phasen gleichzeitig.
6
Projektierungsfehler • • • • • • •
falsche Baustoffauswahl fehlerhafte Bemessung (statisch und/oder bauphysikalisch) ungenügende Berechnung ungenügende Erfassung der tatsächlich auftretenden Belastungen falsche Einschätzung der Sicherheiten und Tragreserven fehlerhafte Konstruktion ungenügende Beachtung der Umweltbedingungen (Lage, Verkehr, Windanfall, Klima, chemische Einwirkungen usw.) • Nichtbeachtung von holz- und korrosionsschutztechnischen Forderungen - weitere möglich -
Ausführungsfehler • • • • • • •
ungenügende Baustoffqualität ungeeignete Baustoffe unsachgemäße Be- und Verarbeitung der Baustoffe und ihrer Verbindungen ungenügender baulicher und chemischer Holzschutz keine planmäßige Bauausführung unzureichende fachliche Arbeitsqualität und/oder -kenntnisse Beschädigungen bei Transport und/oder Montage - weitere möglich -
Nutzungsfehler • • • • •
natürlicher Verschleiß ungeplante Nutzung ungenügende Bauwerkskontrolle Instandhaltung vernachlässigt nachträglich ausgeführte Um- oder Einbauten, dadurch einbringen nicht geplanter Lasten oder Veränderung des statischen Systems • mechanische Beschädigungen der Konstruktion • besondere Umwelteinflüsse, z. B. Sturm, Unwetter • zu hohe Luftfeuchtigkeit - weitere möglich -
6.5 Sanierung des Dachtragwerks
223
Objektbezogen ist von einem Nutzungsfehler auszugehen. Dies wird begründet mit: • • • • • •
natürlicher Verschleiß ungenügende Bauwerkskontrolle (ermöglichte Schädlingsbefall und –ausbreitung) vernachlässigte Instandhaltung mechanische Beschädigung der Konstruktion besondere Umwelteinflüsse (Sturm) eventuell zu hohe Luftfeuchtigkeit
Im vorliegenden Schadensfall können mehrere Ursachen in Frage kommen. Grundsätzlich ist ein solch fortgeschrittener Schadensfall (BZS 4) nur möglich, wenn die Kausalkette von Ursache und Wirkung nicht durch Instandsetzung/Instandhaltung rechtzeitig unterbrochen wird. Anhand des Schadens kann davon ausgegangen werden, dass dieses Gebäude schon längere Zeit weder bewohnt noch bewirtschaftet wurde. Somit kann ein anfangs kleiner Schaden (defekte Dachdichtung) im Laufe der Zeit unbemerkt solche Ausmaße annehmen. Denn: Bauschäden mit der Tendenz zur Ausbreitung, die nicht umgehend behoben werden, wachsen im Allgemeinen nicht linear mit der Zeit, sondern progressiv an. Möglich am Objekt wären beispielsweise Undichtigkeiten am Dachfuß, wo das gesamte Regenwasser des Daches zusammenläuft. Hier bewirken diese Undichtigkeiten die Durchfeuchtung des Holzes und begünstigen den Befall holzzerstörender Pilze (z. B. Echter Hausschwamm). Anfangs treten an der Außenseite nur Putzschäden auf, später sind häufig die Balkenauflager, Sparrenfüße und Aufschieblinge vollkommen zerstört. Durch diese Schädigung verliert die Dachkonstruktion ihre Tragfähigkeit, was wiederum zu weiteren Schäden (statische Überlastung und Bruch bzw. Knicken) führt. Im extremen Fall, wie vorliegend, ist die Dachkonstruktion nicht mehr instandsetzungswürdig. Ein fehlender chemischer oder baulicher Holzschutz beschleunigt solche Prozesse meist. Einen weiteren Hinweis auf einen ursächlichen Feuchteanfall gibt die komplett fehlende Dachlattung. Es ist anzunehmen, dass die Drahtstifte allesamt korrodiert sind und somit die Dachlatten sich lösten, verrutschten und letztendlich herunterfielen. Äußere Einflüsse wie Windbelastung auf die Dachfläche tragen ihren Anteil am Verfall des Daches bei. Schadensursächlich können für den vorliegenden Schadensfall sein: • • • • •
Fehler und Mängel des baulichen Holzschutzes Befall durch biologische Holzschädlinge bauphysikalische Fehler und Mängel mechanische Einwirkungen (statische Überlastung, dynamische Belastung) chemisch aggressive Einwirkungen (Salze, Laugen, Gase, Rauch)
Abschließend ist noch zu bemerken: Bei einem solchen Schadensbild ist das Holz der Witterung schutzlos ausgesetzt. Zwar ist die Verwitterung die schwächste Form der chemischen Einwirkung, jedoch Sonnenstrahlung (insbesondere die ultravioletten Komponenten), Schlagregen, Luftsauerstoff und Frost bewirken hier an allen Konstruktionshölzern des Dachstuhls, dass die ungeschützten Holzoberflächen stark arbeiten. Sie werden rissig, spröde, brüchig sowie rau und verfärben sich. Somit wird aus der eigentlich schwachen Form der chemischen Einwirkung ein bedeutender Beschleuniger der Holzzerstörung.
6
224
6 Sanierung des Dachtragwerkes
Maßnahmen zum Schutz vor dem Verfall Wie schon ausgeführt, hätte die Kausalkette rechtzeitig unterbrochen werden müssen, damit sich ein anfangs kleiner Schaden (defekte Dachhaut) oder biologischer Befall nicht zu einem solchen Verfall hätte ausbreiten können. Grundsätzliche Schutzmaßnahmen an Holzkonstruktionen beginnen bereits bei der richtigen Holzauswahl. Um weitere Schädigungen zu verhindern sind folgende Schutzmaßnahmen vorzusehen. Tabelle 6-3 Schadenseinflüsse - Schutzmaßnahmen
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Biotische Schadenseinflüsse Pilze • holzverfärbende • holzzerstörende Insekten • Käfer • Termiten Abiotische Schadenseinflüsse
Schutzmaßnahmen • dauerhafte Holzarten • konstruktive Maßnahmen • chemischer Holzschutz wie oben
hohe Temperatur Witterung
• bautechnischer und chemischer Holzschutz • Oberflächenbehandlung, Quellungsvergütung
chemisch • Laugen • Säuren • Salze mechanisch
• resistente Holzarten • Beschichtung
• Holzart hoher Festigkeit • konstruktive Maßnahmen
Bei Holzkonstruktionen ist immer mit einem biologischen Befall zu rechnen. Daher ist ein vorbeugender baulicher sowie chemischer Holzschutz notwendig. Ist dieser nicht erfolgt, z. B. bei älteren Konstruktionen, so sind Inspektionen durchzuführen, um einen möglichen Befall rechtzeitig zu erkennen und daraufhin Schutzmaßnahmen zu treffen. Hier ist dann ein Bekämpfender Holzschutz erforderlich. Dies bezeichnet Maßnahmen zur Vernichtung holzschädigender Organismen. Dieser Bekämpfende Holzschutz kann bautechnisch, chemisch oder physikalisch erfolgen. Bautechnischer Holzschutz bezeichnet Maßnahmen zur Beseitigung von bautechnischen Ursachen von Schäden an hölzernen und holzartigen Bauelementen einschließlich der Erneuerung von Bauelementen, sofern sie von holzschädigenden Organismen befallen sind und ihre Funktionssicherheit nicht durch andere Maßnahmen wiederhergestellt werden kann. Bekämpfender chemischer Holzschutz bezeichnet Maßnahmen zur Bekämpfung holzschädigender Organismen mit Holzschutzmitteln. Bekämpfender physikalischer Holzschutz bezeichnet Maßnahmen zur Bekämpfung holzschädigender Organismen mit physikalischen Mitteln (z. B. mit Heißluft). Solche Maßnahmen sind bei einem erkennbaren Befall so früh wie möglich durch eine Sanierung der Schadstelle anzuwenden. Dies sind Maßnahmen zur Beseitigung der durch holzschädigende Organismen hervorgerufenen Schäden an der Holzkonstruktion einschließlich der Schadensursachen und der daraus entstehenden Folgeschäden, sowie Maßnahmen zur Verhütung eines Neubefalls von Werkstoffen aus Holz durch derartige Schädlinge.
6.5 Sanierung des Dachtragwerks
225
Fazit: Um einen solchen Verfall zu vermeiden, sind folgende Maßnahmen erforderlich: 1 Vorbeugender Holzschutz • Holzpflege (Lagerung, Entrinden, Trocknen) • vorbeugender bautechnischer Holzschutz • vorbeugender chemischer Holzschutz (Erstschutz, Nachschutz) 2. Bekämpfender Holzschutz • • • •
bekämpfender bautechnischer Holzschutz bekämpfender chemischer Holzschutz bekämpfender physikalischer Holzschutz Sanierung von Schadstellen
3. Regelmäßige Inspektionen des Dachgeschosses • • • • •
Kontrolle auf biologischen Befall Kontrolle der Holzverbindungen Kontrolle der Auflagerungen Kontrolle der Dachhaut Kontrolle von eventuellen Feuchteschäden durch Nutzung
4. Keine Nutzungsänderung vornehmen ohne fachliche Beratung. 5. Keine Um- und Anbauten vornehmen ohne fachliche Beratung.
6.5.2.4 Materialvorschläge und Baubeschreibung zum Dachausbau Grundsätzliches zum Dachausbau Konstruktionsgrundsätze: • Die Bausubstanz muss einen Ausbau rechtfertigen, die tragenden Konstruktionsteile müssen voll funktionsfähig sein und sich zum Ausbau eignen. • Die konstruktiven Lösungen hängen vom Grundriss und der vorhandenen Dachkonstruktion ab. • Bei allen bewohnten Dachgeschossräumen spielen bauphysikalische Gesichtspunkte, insbesondere die der Wärmedämmung und des Feuchteschutzes eine wichtige Rolle. Einsparungen bei der bauphysikalischen Bemessung können eine schädigende Kausalkette von Ursache und Wirkung auslösen. • Ökonomischer Materialeinsatz und Technologie sind in Einklang zu bringen. Vorgefertigte leichte Bauelemente sind bevorzugt anzuwenden. Die trockenen Bauausführungen (z. B. Holzverkleidungen) sind den „Nassprozessen“ (z. B. Putz) vorzuziehen. • Für Trennwände, Verkleidungen, Wärmedämmungen usw. sind vorrangig leichte Baustoffe zu verwenden. • Bei der Ausbildung des unteren Teils der Dachschrägen ist auf eine ausreichende Belüftung der Holzteile zu achten. • Es liegt im Dachgeschoss die Gefährdungsklasse 0/1, im Bereich der Sparrenfüße (hinter dem Drempel) 1/2 vor. Dies ist bei der Holzschutzmittelauswahl zu beachten.
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226
6 Sanierung des Dachtragwerkes
6.5.3 Sanierung durch Verstärkung vorhandener Dachkonstruktionen Gründe für eine Sanierung durch Verstärkung sind vielfältig und häufig können mehrere zusammentreffen. Das sind beispielsweise: • zusätzliche Lasten • Veränderung der statischen Systeme durch – Dachöffnungen und Dachdurchbrüche (Dachflächenfenster Gauben) – Versetzen der Stützen im Grundriss wegen Änderung des Raumprogrammes Begradigungen der verformten, vorhandenen Konstruktionen Verstärkungen am Pfettendach
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„Klassische Mängel“ bei alten Pfettendächern sind in Folge von nass verbautem Holz „unterdimensionierte„ Sparren und Pfetten. Hinzu kommen unzureichende Gebäudeaussteifung sowie diverse Eingriffe in die Tragstruktur durch Dachöffnungen, Entfernung störender Kopfbänder und Streben sowie das Versetzen von Stützen. Seitliche Beihölzer Seitliche Beihölzer werden meist mit ihrer Oberkante unterhalb Oberkante Sparren angebracht und indirekt aufgelagert. Diese Situation ergibt sich, wenn die Dachdeckung einschließlich der An- und Abschlüsse weitgehend erhalten wird beziehungsweise nur neu eingedeckt werden soll. Statisch am günstigsten ist der Einsatz beidseitiger, also symmetrischer Beihölzer.
Bild 6.19 Beihölzer, beidseitig an Sparren angebracht
Einseitige Beihölzer Um Verdrehungen, die bei einseitigen Beihölzern auftreten können, werden durch die Anordnung auf abwechselnden Seiten entgegengewirkt.
Bild 6.20 Beihölzer auf wechselnden Seiten
6.5 Sanierung des Dachtragwerks
227
Das Aufreißen der Beihölzer durch Querzug am Auflager kann durch das Anordnen von Vollgewindeschrauben verhindert werden.
Bild 6.21 Anordnung von Vollgewindeschrauben
Aufdoppelungen von Sparren Soll die Sparrenhöhe nach Abnahme der Dachdeckung nach oben hin vergrößert werden, bietet sich die „Aufdoppelung“ an, weil die Trauf- und Ortgangausbildungen zumeist belassen werden können und nur ergänzt werden müssen.
Bild 6.22 Reihenfolge der Vorgehensweise bei der Aufdoppelung mit Vorspannung des unteren Sparrenfeldes
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228
6 Sanierung des Dachtragwerkes
Mittels selbstbohrender Holzschrauben (SSchr) lassen sich Aufdoppelungen so aufbringen, dass sich ein zweiteiliger, nachgiebig verbundener Querschnitt ergibt. Dieser sollte berechnet werden. Es empfiehlt sich, dabei die Gesamtlasten anzusetzen, auch wenn zum Beispiel eine vorhandene Innenbekleidung und Dachdämmung erhalten bleibt. Die „Überbemessung“ kann dann in „Vorspannung“ umgesetzt werden. Weiterhin wird empfohlen, die Verstärkungen nur einfeldrig anzuordnen und die Zwischenauflager als Gelenke zu betrachten. Bei Ausführung nach Bild 6.22 kann die „Vorspannung“ planmäßig aufgebracht werden. Sparren- und Kehlbalkendächer Bei Sparrendächern lassen sich die Querschnitte recht einfach nach den zuvor beschriebenen Methoden verstärken. Problematisch können die Anschlüsse werden, insbesondere der Fußpunkt. Bei Versätzen sollte man die Möglichkeit prüfen.
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Bild 6.23 Verstärkung des Fußpunktes bei einer älteren Sparrendachkonstruktion, Der Stirnversatz wird durch selbstbohrende Teilgewindeschrauben entlastet.
Bei „in der Neigung“ liegenden Fußschwellen sind nachträglich angebrachte, seitliche Beihölzer ziemlich wirkungslos, weil der „Anfangsschlupf“ der Verbindungsmittel diese erst sehr spät Last übernehmen lässt. Vermeiden lässt sich dies durch mit Teilgewindeschrauben „vorgespannten“ Beihölzern.
Bild 6.24 Seitlich angebrachte, mit selbstbohrenden Teilgewindeschrauben vorgespannte Beihölzer zur Ertüchtigung des Sparrenanschlusses am Widerlager
6.5 Sanierung des Dachtragwerks
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6 Bild 6.25 Kehlbalkendach mit verschieblicher (oben) und unverschieblicher (unten) Kehlbalkenlage
Beim Kehlbalkendach sollte zunächst geprüft werden, ob es sich um ein Kehlbalkendach mit verschieblichem oder unverschieblichem Kehlriegel handelt. Unter der Voraussetzung von ausreichend tragfähigen und steifen Giebel-Wandscheiben ist die Veränderung zu unverschieblichem Kehlriegel eine sehr wirkungsvolle Ertüchtigungsmaßnahme. Das Kehlgebälk kann zumeist recht einfach mittels einer Beplankung zu einer horizontalen Scheibe ausgebildet werden.
7 Dachentwässerung 7.1 Baurechtliche und normative Grundlagen Niederschlagswasser von Dachflächen wird durch Rinnen aufgefangen und über Regenwasserfallleitungen und Grundleitungen einer Klärgrube oder einem Vorfluter (Bach, See) zugeführt. Selbstverständlich sind auch hier eine Reihe rechtlicher und planerischer Grundsätze zu beachten. Gebäude– und Grundstücksentwässerung Baurechtliche Grundlagen
Normative Grundlagen
– Landesbauordnung
– DIN
– Wasserhaushaltsgesetz
– DIN EN
– Landeswassergesetz
– Richtlinien
– Kommunales Entwässerungsgesetz
– DWA–Richtlinien
– Abfallgesetz
– VDI Regelblätter
Normen und Richtlinien DIN EN 12056 – 3
Dachentwässerung
DIN 18531
Dachabdichtungen
DIN EN 1253-1
Abläufe für Gebäude
Flachdachrichtlinien Dachbegrünungsrichtlinien Grundsatzforderungen nach LBO – Bauliche Anlagen und damit auch die Grundstücksentwässerungsanlage dürfen nicht die öffentliche Sicherheit gefährden. – Die natürlichen Lebensgrundlagen und damit auch Boden und Grundwasser dürfen nicht bedroht werden. – Über das Baurecht werden die Anforderungen an das Produkt geregelt. Es dürfen nur bauaufsichtlich zugelassene oder genehmigte Bauprodukte verwendet werden. – Verwendung von Bauprodukten nach LBO nur, wenn diese den Anforderungen der DIN 1986 – 100 entsprechen. – Geeignete Bauprodukte sind in den Bauregellisten A und B des DIBt gelistet oder müssen eine allgemein bauaufsichtliche oder europäisch technische Zulassung haben. Einbau nur, wenn sie mit dem Übereinstimmungszeichen Ü – oder mit dem CE–Zeichen markiert sind. M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_7, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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7 Dachentwässerung
Planungsgrundlagen Planung nach den Festlegungen der DIN 12056 – 3 und DIN 1986 – 100 – – – – – – – – – –
Dachflächengröße und Einteilung der Dachflächen Dachdeckart und Dachaufbau Berechnungsregenspende Entwässerungssystem und Notentwässerung Abflussbeiwert Berechnungsregenspende Verkehrsbelastung Auslegung der Dachentwässerung Auslegung der Notentwässerung Beachten der Maßnahmen der Instandhaltung nach DIN 1986 – 30 und der Betriebssicherheit und Wartung nach DIN 1986 – 3.
Planungsanforderungen
7
• Regenwasser, das auf Dach-, Parkdeck- und Terrassenflächen anfällt, muss sicher aufgenommen und über Rohrleitungen gefahrlos abgeleitet werden. • Dachabläufe sind ohne Geruchsverschluss mit entsprechenden Anschlussflanschen für die Dachabdichtung anzuordnen. • Regenwasserableitung hat auf kürzestem Wege zu erfolgen. • Die Regenwasserableitung in die öffentliche Regenwasseranlage sollte durch Speicherung und Nutzung Versickerung, ggf. Kombination mit Teileinleitung • Einleitung in ein oberirdisches Gewässer reduziert werden. • Prüfen der Einleitungsbeschränkungen, ggf. Regenrückhaltung. • Tiefpunkte in der Dachkonstruktion sind mit mindestens einem Dachablauf einer Notentwässerung zu versehen. • Auf eine Notentwässerung kann nur dann verzichtet werden, wenn eine planmäßige Regenrückhaltung auf dem Dach vorgesehen ist.
7.2 Konstruktive Vorüberlegungen Die Aufgabe der handwerklichen Herstellung oder Sanierung einer Dachentwässerung obliegt dem Bauklempner. Die Bauklempnerarbeiten umfassen aber neben der Dachentwässerung die Ausführung wasserdichter Anschlüsse (Verwahrungen) zwischen Dachflächen und Dachaufbauten wie Schornsteine, Gauben aus Zinkblech, Kupfer Aluminium und seltener verzinkter Stahlblechen. Unterschiedliche bauliche Voraussetzungen erfordern natürlich auch unterschiedliche Rinnenarten. Die für Neubau und Sanierung gebräuchlichsten sind die vorgehängte Rinne, die Liegerinne aufgelegte und/oder innenliegende Rinne und die Attikarinne.
7.2 Konstruktive Vorüberlegungen
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7
Bild 7.1 Beispiele Dachentwässerung 1 Einhang, Traufkante; 2 Rinne; 3 Gesimsabdeckung; 4 Gesims; 5 Attika (Gesimsblende)
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7 Dachentwässerung
Klempner- und Dachdeckerarbeiten liegen häufig in einer Hand. Das wichtigste Material für Klempnerarbeiten sind etwa 1,0mm dicke Zinkbleche (Zn), Kupferbleche (Cu), selten verzinkte Stahlbleche. Die Bleche werden in Streifen geschnitten, aus denen die benötigten Teile geformt werden. Die Bleche werden in Bahnen in Tafeln von 1000 × 2000 mm geliefert. Um beim Zuschneiden der erforderlichen Blechstreifen keine Abfall zu haben, wird die Tafellänge von 2000 mm in 5, 6, 7 oder 8 gleichbreite Streifen geschnitten. Aus diesen 400mm, 333mm, 285mm oder 250mm breiten Zuschnitten werden die erforderlichen Blechformen auf Biegemaschinen vom Handwerker selbst oder fabrikmäßig angefertigt und vorwiegend auf der Baustelle angepasst und evtl. aneinandergelötet. Kunststofffertigteile werden für Dachentwässerung seltener montiert. Ebenfalls kommen VA-Bleche bei Klempnerarbeiten kaum zur Anwendung. Wegen der Zersetzungsgefahren durch Kontaktkorrosion dürfen Zink und Kupfer nicht in unmittelbarer Nähe zueinander eingebaut werden, andernfalls würden die Zinkteile (weniger edel) zerstört. Die Dachentwässerung erfolgt vorwiegend über Dachrinnen und Regenfallrohre aus Blech oder montagefertigen Kunststoffen.
7
Unabhängig von der Materialart werden für Dachrinnen und Regenfallrohre folgende Begriffe formuliert. Dachrinnen Lage: Befestigung: Formen: Zubehörteile:
außen und innen hängend, stehend, liegend halbrund, kastenförmig, Sonderformen Rinnenhalter, Rinnenboden, Rinnenablauf (Rinnenstutzen, Rinnenerweiterung, Rinnenkasten
Regenfallrohre Formen: Zubehörteile:
rund, eckig Rohrboden, Rohrwulst (Nase), Rohrsicke (nach außen gedrückte Verformung), Rohrschelle, Standrohranschluss
Grundsätzlich ist zu bemerken, dass Sanierungsarbeiten an Dachentwässerungen einzeln sehr aufwendig, oft gar nicht möglich sind. Es wird daher häufig erforderlich sein, eine komplette Erneuerung der Dachklempnerarbeiten vorzunehmen.
7.3 Dachrinnen 7.3.1 Lage, Form und Größe Lage Dachflächen werden über Dachrinnen entwässert, die an der niedrigsten Dachlinie (Traufe) ohne oder mit Gefälle von etwa 0,5cm auf eine Länge von 100cm anzuordnen sind. Sie befinden sich im Regelfall außerhalb eines Gebäudes an der Dachtraufe. Bei Rückstau (Verschmutzung, Eisbildung o.ä.) entstehen dort kaum Durchfeuchtungsschäden. Dachrinnen werden nach ihrer Lage, aber auch ihrer Form unterschieden,
7.3 Dachrinnen
235
7 Bild 7.2 Lage und Form von Dachrinnen a) frei vorgehängt, Form halbrund, kastenförmig, keilförmig b) frei vorgehängt und zusätzlich verkleidet, Form halbrund, kastenförmig, keilförmig c) aufliegend (ggf. verkleidet), Form kasten- oder keilförmig d) aufgeständert vor oder in der Fassadenflucht, Form halbrund, kastenförmig, keilförmig e/f) innenliegend hängend oder aufliegend, Form halbrund, kastenförmig, keilförmig
Wichtiger Hinweis Die DIN 18461 wurde durch die europäischen Normen DIN EN 612 „Hängedachrinnen und Regenfallrohre...“ sowie die DIN 1462 „Rinnenhalter für Hängedachrinnen...“ ersetzt. Beide europäischen Normen sind so gefasst, dass die Vorgaben der alten DIN 18461 hineinpassen, so dass in der Praxis alle diese Normen Bestandteil der Fachregeln geworden sind und somit nach wie vor mit der DIN 18461 gearbeitet wird. Lage und Form Innenliegende Dachrinnen sollten bei einer Sanierung möglichst nicht verwendet werden, da ihr konstruktiver Aufbau kompliziert ist und Durchfeuchtungsschäden nicht immer vermeidbar sind. Sie müssen mit mindestens zwei Abläufen oder einem Ablauf und einem Sicherheitsablauf versehen sein. Kastenprofile sind darüber hinaus auf Grund ihrer meist gelöteten Verbindungen bei Rinnenvereisung stärker gefährdet als andere Rinnenquerschnitte. Keilförmige Rinnen sind nicht genormt.
236
7 Dachentwässerung
Bild 7.3 Kastenrinne
7
Bild 7.5 Halbrunde Hängedachrinne
Bild 7.4 Innenliegende Dachrinne
7.3 Dachrinnen
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Halbrunde Hängedachrinnen werden am häufigsten verwendet. Im Bild 7.5 sind ein Rinnenquerschnitt sowie Zubehörteile für die Befestigung der Rinne dargestellt. Die Wulst dient der Rinnenaussteifung, sie wird bei Rinnenhaltern mit Nase über diese Vorsprünge gekantet. Die etwa 15 mm breiten Federn werden zur Befestigung der Rinne über den Falz und evt. Die Wulst gebogen, denn es muss eine Dehnungsmöglichkeit der Rinne gewahrt bleiben. Der zur Wandseite liegende Falz dient ebenfalls der Rinnenaussteifung jedoch auch dem Einhängen von Traufblechen. Größe Die erforderlichen Bleche für die Dachrinnen werden in Bahnen oder Tafeln von 1000mm × 2000mm geliefert. In Querrichtung werden die Tafeln in 10, 8, 7, 6, 5 oder 4 gleich breite Teile geschnitten, die dann einen 200, 250, 285, 333, 400 oder 500mm breiten Zuschnitt haben,
7
Bild 7.6 Zuschnitte in mm
Größenbemessung Maßgebend für die Bemessung von Dachrinnen und Regenfallrohrgrößen ist die Dachgrundfläche (Einzugsfläche). Planungsgrundlagen Dachrinnen-Systeme Allgemeines Um Gebäude mit einer fachgerechten Dachentwässerung auszurüsten, sind Anforderungen der Normen, Dachregeln und Herstellerangaben zu beachten.
238
7 Dachentwässerung
Für die Bemessung der Entwässerungsanlagen sind seit der Ende 2003 zurückgezogenen DIN 18460 im Wesentlichen die DIN EN 12056-3:2000 und DIN 1986-100:2002 zu beachten. Hierbei sind die örtlichen Gegebenheiten wie Dachgrundfläche und Regenspende dem Abflussvermögen der Dachrinne, des Rinnenabganges und des Fallrohres gegenüberzustellen. Tabelle 7.1: Rinnendimensionen Richtgröße [RG] 100 125 125 150 180
7
Dachrinne Zuschnittsbreite [mm] 250 285 285 333 400
Fallrohr
8-teilig 7-teilig 7-teilig 6-teilig 5-teilig
Richtgröße [RG] 70 70 100 100 125
Bemessung Die Rinnengröße [RG] ergibt sich aus den Parametern Trauflänge [m], Regenspende [l/(s ha)] und max. zulässiger Dachgrundfläche [m2] aus den Tabellen Dachrinnengrößen und DIN EN 12056-3:2000. Die Fallrohrgröße [RG] ist ebenfalls abhängig von den Parametern Regenspende [l/(s ha)] und max. zulässiger Dachgrundfläche [m2]. Hierbei ist dem Dachrinnen-System das lieferbare Fallrohr mit entsprechendem Rinnenabgang aus DIN EN 12056 – 3: 2000.zuzuordnen. Die Regenspende [l/(s ha)] gemäß DIN 1986-100:2002 ergibt sich aus Tabelle 2 Regenereignisse in Deutschland. Die vorhandene Dachgrundfläche [m2] – nicht die geneigte Fläche – ergibt sich aus Trauflänge x horizontale Dachflächentiefe analog Zeichnung. Die max. zulässige Dachgrundfläche der Tabellen 3 und 4 der DIN muss jeweils gleich oder größer der vorhandenen Dachgrundfläche sein. Sicherheitszuschlag: Dachrinnen mit Außen- und/oder Innenwinkeln (ab Richtungsänderungen > 10°) erhalten einen Abflussvermögen-Reduktionsfaktor von 0,85. Das heißt im Umkehrschluss, dass rechnerisch 15 % mehr „vorhandene“ Dachgrundfläche entwässert werden muss. BEISPIEL Haus mit Satteldach Standort: Frankfurt Gleiche Dachneigung und Sparrenlänge Dachtiefe 10,00 m Trauflänge 145,00 m 1 Fallrohranschluss je Satteldachseite DIN EN 12056-3:2000, Tabellen 3 + 4
7.3 Dachrinnen
239
1. Dachgrundfläche Die horizontale Dachflächentiefe beträgt je Satteldachseite: 10m/2 = 5m 5m Dachflächentiefe x 15m Trauflänge = 75m2 Dachgrundfläche je Satteldachseite 2. Regenwasserspende Die Regenwasserspende aus Tabelle 2 der DIN 1986-100:2002 beträgt für Frankfurt r = 314 l/(s ha). 3. Rinnengröße Dachrinnen-Richtgröße aus den Tabellen 3.1–3.4 unter Berücksichtigung der Trauflänge 15m, Regenwasserspende 314 l/(s ha) und max. zulässiger Dachgrundfläche 75m2 entnehmen: – Möglichkeit A: Bei RG 100 (Tabelle 3.1) sind 28m2 zulässig, d.h. zulässige Fläche zu gering! – Möglichkeit B: Bei RG 125 (Tabelle 3.2) sind 45m2 zulässig, d.h. zulässige Fläche zu gering! – Möglichkeit C: Bei RG 150 (Tabelle 3.3) sind 83m2 zulässig, d.h. 75m2 < 83m2 und somit zulässig! Rinnengröße gemäß Tabelle 3.3 = RG 150 4. Fallrohrgröße Fallrohr-Richtgröße aus Tabelle 4 unter Berücksichtigung der Regenwasserspende 314 l/(s ha) und max. zulässiger Dachgrundfläche 75m2 entnehmen: Bei Dachrinne RG 150 mit Fallrohr RG 100 und bei Regenwasserspende 350 l/(s ha) sind 129m2 möglich, d.h. 75m2 < 129m2 und somit zulässig! Fallrohrgröße gemäß Tabelle 4 der DIN = RG 100 Ergebnis: Je Satteldachseite eine Dachrinne RG 150 mit einem Rinnenabgang RG 150 auf ein Fallrohr RG 100.
Bild 7.7 Dachgrundfläche
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7 Dachentwässerung
Darüber hinaus sind allerdings Sonderbedingungen bei Steildächern über 45° Dachneigung und Metalldächern zu beachten. Bei innenliegenden Rinnen werden sogar 2cm2 Rinnenquerschnitt für 1m2 Einzugsfläche gefordert.
7.3.2 Verlegung Dachrinnen Überhöhung der Wasserkante mindestens 8mm.
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Bild 7.8 Überhöhung der Wasserkante
Jedes Rinnenstück ungefähr in der Mitte wie folgt fixieren: • Hinteren Wulst auf Federbreite einschneiden. • Feder in Aussparung umbiegen. • Die Lage der Rinne ist damit gewährleistet. Rinnenhalter • Abstand, Beanspruchungsreihe max. 740 mm • durchschnittliche Anzahl pro Meter: 1,5 x Rinnenlänge Rinnenhalter nach Dachneigung so abbiegen, dass hinterer Rinnenwulst 10mm höher liegt als die vordere. Das Überlaufen der Rinne zur Hauswand wird damit verhindert. Gefälle • Rinnengefälle von ca. 5mm je Meter berücksichtigt. Eine Verlegung ohne Gefälle muss ausdrücklich im Leistungsverzeichnis aufgeführt sein. Rohrschellen • durchschnittliche Anzahl pro Meter: 0,5 x Rohrlänge • Abstand zur Wand mindestens 20mm.
241
7.3 Dachrinnen
Fallrohre • Einstecktiefe: mindestens 50mm. Dachrinnenverbindung – Nieten • Vollkommen trockene Alu-Dachrinnenenden ca. 4cm (bei Saumrinnen ca. 7cm breit) mit Silikon bestreichen und mind. 5 cm überlappen Im Kreuzstich vernieten: 8 Nieten pro Naht bei 25er, 28er, 10 Nieten pro Naht bei 33er und 40er. Mindestens 26 Nieten pro Naht bei Alu-Saumrinnen, sofern kein Schweißen möglich. Für die Vernietung Alu-Patentnieten mit rostfreiem Dichtdorn verwenden. Größe 4,1mm für alle Rinnenverbindungen. Bei Alu-Hängerinnen halbrund oder eckig alle 12m Alu-Hängerinnen-D einbauen. Einbau wie Punkt 2. (vernieten im Kreuzstich). Nach der Montage der Dachrinne Nähte und aufgebördelte Vorköpfe an der Innenseite nochmals gut mit Silikon bestreichen.
Bild 7.9 Nieten von Dachrinnen
Bild 7.10 Kleben von Dachrinnen
Dachverbindung Kleben Den Dachrinnenhaftreiniger auf das beigelegte Reinigungstuch aufbringen und die zu verklebenden Rinnenenden reinigen - kurze Verdunstungszeit abwarten. Die Überlappung der Dachrinnenenden muss 8cm betragen. Dann wird eine Rundraupe des Spezialklebers (Durchmesser 5–8mm) 5cm vom äußeren Dachrinnenende aufgetragen. Nun werden die Rinnen von Hand zusammengedreht. An der Hinterseite des Rinnenwulstes wird nun eine Patentniete gesetzt. Hinteren Umbug schließen. Achtung! Aus Sicherheitsgründen darf die Rinne nicht betreten bzw. gegangen werden. Einbau eines Rinneneinhangs als Laubschutz Die Montage des Rinneneinhangs ist einfach und ohne Lötarbeit durchführbar. Unter Zuhilfenahme der Schablone wird eine ovale Öffnung in die halbrunde Hängedachrinne geschnitten.
7
242
7 Dachentwässerung
Äste, Vogelnester, Feuerwerkskörper, Eiszapfen, Laub und andere Fremdkörper können bis zur vollständigen Verstopfung des Dachentwässerungssystems führen. Ein Rinneneinhang ( im allgemeinen Sprachgebrauch Laubschutz) kann derartige Schäden verhindern. Dieses, in der Regel 2m lange Lochblechprofil wird als halbrunde Rinneneinhänge verschiedener Dimensionen eingelegt und schützt ohne Befestigung sicher und dauerhaft. Dabei ist es von untergeordneter Bedeutung, ob ein Rinneneinhangfür Ziegeldeckung oder ein Traufstreifen für Stehfalzdeckung montiert ist. Selbst bei Rinnen, bei denen auf Grund einer steilen Dachdeckung die Ziegel weit in die Dachrinne ragen,lassen sich Laubschutzrinneneinhänge in der Regel auch problemlos nachrüsten. Die Schnittkante wird in Ablaufrichtung gebördelt. Der Durchbruch sollte an seiner engsten Stelle nach dem Bördeln nicht größer als der kleinste Durchmesser des Regenfallrohres sein, damit kein Gegenstand (Ball) im Rohr stecken bleibt. Diese Arbeiten können bereits in der Werkstatt leicht ausgeführt werden. Der Rinneneinhangstutzen wird mit der Nase in die Wulst der Rinne eingehängt. Danach werden die Befestigungslappen über die Wasserfalz der Rinne gebogen und sicher befestigt. Das hat den Vorteil, dass der Stutzen jederzeit ohne diesen aufzulöten leicht lösbar ist.
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Bild 7.11 Rinneneinhang als Laubschutz
Sicherheitsrinnen Sicherheitsrinnen sollen die Grundrinnen vor mechanischen ( Steinschlag, Hagel usw.) und überhöhtem Wasseranfall ( Schnee, starker Regen usw.) schützen. Sie sollen in der Regel geklebt ausgeführt werden. Diese können bereits vor Beginn der Klempnerarbeiten die Ableitung des Regenwassers sicherstellen und bieten darüber hinaus ein hohes Maß an Rückstausicherheit (Einbau von Dachgullys). Der Abstand zur eigentlichen Rinne ist 20mm. Dieser Abstand wird schon deshalb dringend empfohlen, damit evtl. stehengebliebenes Regenwasser, das z.B. während der Montagezeit eingedrungen ist, nicht in dauerhaftem Kontakt zur Unterseite der Rinne stehen kann.
243
7.3 Dachrinnen
Bild 7.12 Sicherheitsrinnen links: Kastenrinne rechts: halbrunde Rinne
7
7.3.3 Zusammenhang zwischen Zuschnittsbreiten von Blechen, Blechdicken, Rinnenquerschnitten und Werkstoffen Die DIN 18461 gibt einen Überblick über die Zusammenhänge bei der Breite und Dicke sowie Querschnitt von Dachrinnen (Hängende Halbrunddachrinnen und Kastenrinnen. Über die in der Sanierung bevorzugt zum Einsatz gelangenden halbrunden Dachrinnen vermittelt die nachfolgende Tabelle einen Überblick. Tabelle 7.3: Halbrunde Hängedachrinnen Nennmaß/ Zuschnittsbreite in mm
200 250 285 333 400 500
Werkstoff und Blechdicke in mm (Werkstoffe nach den jeweiligen Stoffnormen) Al
Cu
Stahl (verzinkt)
Zn
0,70 0,70 0,70 0,70 0,80 0,80
0,60 0,60 0,60 0,60 0,70 0,70
0,60 0,60 0,60 0,60 0,70 0,70
0,65 0,65 0,70 0,70 0,70 0,80
Nichtrostender Stahl 0,50 0,50 0,50 0,50 0,60 0,60
Rinnenquerschnitt in cm2
25 43 63 92 145 245
Strenge Vorschriften schreiben auch die Fachregeln des Klempnerhandwerks über die Zuordnungen von Dachrinnen und Regenwasserfallrohren einerseits und Rinnenhaltern und Rohrschellen andererseits vor.
244
7 Dachentwässerung
7
Bild 7.13 Zubehör für Dachrinnen
245
7.4 Montage von Dachrinnen
Tabelle 7.4: Werkstoffzuordnungen für Dachrinnen, Regenfallrohre und Zubehör Dachrinne Regenfallrohr verzinkter Stahl Aluminium Titanzink Kupfer Edelstahl Kunststoff
Rinnenhalter Rohrschelle feuerverzinkter Stahl feuerverzinkter Stahl feuerverzinkter Stahl Stahl mit Kupfer ummantelt Edelstahl feuerverzinkter Stahl, feuerverzinkter Stahl mit Kunststoff ummantelt
Weiteres Zubehör für Dachrinnen aus Metall oder Kunststoff zeigt Bild 7.7
7.4 Montage von Dachrinnen 1. Befestigung des höchsten und tiefsten Rinnenhalters Der Abstand des höchsten und tiefsten Rinnenhalters vom Rinnenende soll 150 bis 200mm betragen. 2. Abschnüren des Gefälles Die erste Schnur verläuft im Lauf der Rinne, die zweite Schnur über die Vorderfedern. Sollte die Schnur durchhängen, weil der Abstand der beiden Rinnenhalter zu groß ist, so sind weitere ein oder zwei Rinnenhalter zu befestigen, und die Schnur ist auszufluchten. 3. Montieren der übrigen Rinnenhalter (auf Holztraufen mit mindestens zwei kräftigen Holzschrauben, auf Beton oder Stahlträgern mit Hilfe des Bolzenschussgerätes) Der Rinnenhalterabstand bei Rinnen aus PVC beträgt höchstens 500mm, bei Rinnen aus Blech maximal 600mm. Bei Dächern mit abgedeckter Traufe (Rinneneinhang) sind die Auflageenden der Rinnenhalter im Traufbrett bündig einzulassen. 4. Einlegen der Rinne und Schließen der Federn Die Überlappungen der Rinnennähte sollen bei PVC-Rinnen 40mm, bei Zinkblech 20mm, bei Kupfer- oder Aluminiumblech 30mm betragen und in Gefällerichtung liegen. 5. Montage des Rinneneinhangs (Dachfußes) Der Rinneneinhang wird bei Schiefer- oder Ziegeldächern am Wasserfalz mit Haftern gehaltert, bei Klebedächern mit Pappnägeln genagelt. Bei der Verwendung neuer Deckstoffe, wie, profiliertes Alu-Ekotal-Blech und Polyesterplatten, ist auch ein Rinneneinhang vorzusehen.
7
246
7 Dachentwässerung
6. Montage der Fallrohrstutzen Der Fallrohrstutzen wird mit einem Schweifrand von unten an die Rinne geklebt bzw. gelötet oder genietet. Am Ausschnitt der Rinne ist ein Bord in den Fallrohrstutzen zu treiben. 7. Montage von Dehnungsausgleichern Rinnen aus Blechmüssen im Abstand von 12,00m, bei Rinnen ausPVC im Abstand von 40,00m Dehnungsausgleicher eingebaut werden. Zugelassene Dehnungsausgleicher sind Rinnenkästen oder Schiebeböden, bei Rinneneinhang Schiebefalze. • Rinnen und Rinneneinhang müssen axial verschiebbar gehaltert werden. Eine starre Befestigung ist wegen der Wärmedehnung verboten. Die Halterung der Rinne und des Rinneneinhangs hat mit Federn und Haftern zu erfolgen.
7
• Bei Rinnen aus Kupfer, Aluminium oder verzinktem Stahlblech sind die Nähte zu falzen oder bei 30mm breiter Naht zweireihig versetzt zu nieten. • Bei feuchtem oder sehr kaltem Wetter ist ein Kleben im Freien zu vermeiden. • Löt- und Schweißnähte sind sorgfältig von Flussmittelresten zu säubern. • Voraussetzung für die Rinnenmontage ist ein Arbeitsgerüst sowie die fertige Vorarbeit des Maurers, Zimmermanns und Dachdeckers.
Bild 7.14 Eckversteifung mit eingelöteten Zwickeln
Ortgangrinnen Sehr häufig kommt es in der Sanierung vor, dass Ortgangrinnen erneuert oder ausgebessert werden müssen. Sie gehören handwerklich gesehen zur Gruppe der zuführenden Rinnen (in die Sammelrinne) und haben im Regelfall keine Abläufe, Wenngleich die praktische Ausführung dem erfahrenen Sanierer überlassen bleibt muss, sollten einige wichtige Gesichtpunkte benannt werden.
7.5 Regenfallrohre
247
Bild 7.15 Ortgangrinnen a) flache Rinne für Pfannendeckung b) Versteifte Rinne für Pfannendeckung c) flache Rinne für Faserzement-Wellplatten 1 Ortgangschalung, 2 Lattung, 3 Ortgangblendbrett, 4 Sparren, 5 Unterdach, 6 Luftraum, 7 Konterlattung
Folgende Gesichtspunkte sind zu beachten: • Die Entwässerung der Ortgangrinne in die Traufrinne ist zu gewährleisten. • Die Gefälleverhältnisse der Traufrinne sind zu wahren: Hochpunkt am Giebelende! • Trauf- und Ortgangausbildung sind am Gebäudeeck in gestalterischen Einklang zu bringen.
7.5 Regenfallrohre 7.5.1 Aufgaben und Arten Regenfallrohre führen das Wasser aus der Rinne ab! Damit das Wasser längs den Rohrwänden und nicht als Wasserluftgemisch abfließt, muss es durch einen Trichter in das Regenfallrohr fließen. Durch einen solchen Einlauftrichter befördert das Regenfallrohr außerdem die 1,5 fache Wassermenge als mit einem zylindrischen Stutzen.
Bild 7.16 Regenwassereinläufe (Trichter)
7
248
7 Dachentwässerung
Bereits durch die DIN 18461 werden die Nenngrößen der kreisförmigen Regenfallrohre in einer sinnvollen Abstufung von 60, 80, 120 und 150mm ausgewiesen. Nur regional sollen noch Regenfallrohre mit den Nenngrößen 76 und 87mm Verwendung finden. Die dafür vorgesehenen Fallrohre in der Nenngröße 80 mm werden in allen Kupfer- und Titanzinkqualitäten hergestellt. Durch die Beschränkung auf diese optimale Abstufung der Nenngröße ergibt sich ein durchaus messbarer wirtschaftlicher Vorteil durch eine geringe Lagerhaltung von Fallrohren und Zubehörteilen.
7
Bild 7.17 Wasserablaufverhalten von Rinnenablaufstutzen
Regenfallrohre haben untereinander einen Abstand von 10 bis 12m. Aus Blech hergestellte Regenfallrohre werden meist industriell in runder oder quadratischer Form gefalzt, gelötet, seltener genietet und gelötet. Die Standardlängen solcher Rohre betragen 100, 200 und 300cm. DIN 18339 (VOB) Klempnerarbeiten gibt an, dass senkrechte Längsnähte aus Kontroll- und Reparaturgründen sichtbar anzuordnen sind. Dem kann auch durch die seitliche Lage der Falzund Lötnähte Rechnung getragen werden. Wichtig für die Querschnittsbemessung und die Wasserabführung ist auch die geometrische Form des Stutzens. Kreisförmige Regenfallrohre sind nach DIN 18460 genormt. Die Durchmesser-Nennmaße betragen: • 60mm mit einem Rohrquerschnitt von 28cm2 • 80mm mit einem Rohrquerschnitt von 50cm2 • 100mm mit einem Rohrquerschnitt von 79cm2 • 120mm mit einem Rohrquerschnitt von 113cm2 • 150mm mit einem Rohrquerschnitt von 177cm2 Die Tiefe von Fallrohrsteckverbindungen ist mit mindestens 50mm auszuführen. Bei Kunststoffrohren gelten die Herstellerangaben. Fallrohre werden durch Rohrschellen in Mindestabständen
7.5 Regenfallrohre
249
von 3m bei Rohrdurchmessern bis 100mm, bei größeren Durchmessern und bei Kunststoffrohren alle 2m getragen. Dabei liegt das Rohr mit Nasen (Punktlast) oder Wulsten auf der Schelle auf. Keinesfalls dürfen Ausdehnungsmöglichkeiten von Regenfallrohren behindert werden. Für Rohre im Haussockelbereich (je nach Situation der Fassadengestaltung etwa 30 bis 200cm hoch) werden wegen der Beschädigungsgefahr verstärkte Bleche aus verzinktem Stahl, Guss oder Polyethylen (PE) verwendet. Die Verbindung von Fallrohren mit den standrohren muss leicht lösbar (z.B. durch Schiebestücke) sein. Zu vermeiden sind Übergänge von quadratischen oder rechteckigen Fallrohren in runde Standrohre. Nach DIN 1986, Teil 1 sind Standrohre mit Reinigungsöffnungen zu versehen. Runde Regenfallrohre, werden am häufigsten verwendet, sie sind in 2m Länge im Handel erhältlich. Die Regenfallrohre werden durch Rohrschellen vorwiegend senkrecht an Wänden befestigt. Um die Entfernung zwischen Rinne und Wand zu überbrücken, können Fallrohrbögen (60° oder 45°) eingebaut werden. Zu halbrunden Dachrinnen gehören runde Fallrohre mit gleichem Zuschnitt. Quadratische Regenfallrohre dienen vor allem der Entwässerung von Kastenrinnen, sie können in Mauerschlitzen liegen. Rohrstutzen oder Rinnenkessel unterschiedlicher Form, die mit der Dachrinne verpresst oder verlötet sind, leiten das Wasser in das Fallrohr.
Bild 7.18 Runde Regenfallrohre
7
250
7 Dachentwässerung
Bild 7.19 Quadratisches Regenfallrohr
Bild 7.20 Rinnenkessel
7.5.2 Werkstoffe Als Werkstoffe kommen Zink, verzinkter Stahl, Edelstahl und Aluminium zum Einsatz. Regenfallrohre aus Kunststoffen verlieren zunehmend an Bedeutung.
7
Kupfer Bei der Wahl von Fallrohren und Dachrinnen entscheiden sich Bauherren, Architekten und verarbeiten immer häufiger für Kupfer. Der wohl wichtigste Grund hierfür ist die Tatsache, dass Kupfer gerade unter den heutigen Umweltbelastungen zu den wohl widerstandsfähigsten Werkstoffen gehört: es schützt sich selbst, durch seine natürliche Oxidation. Selbst aggressive Regenwässer können Dachentwässerungen aus Kupfer nichts anhaben; sie benötigen keinen Anstrich und sind für alle Zeit wartungsfrei. Worauf man sonst Jahre wartete, kann sofort realisiert werden: grüne Patina. Diese Oberfläche erzielt eine große Wirkung in moderner Architektur, ist schön in Kombination mit anderen Baustoffen und wichtig für die Sanierung historischer Gebäude. Zinn Die matt verzinnte Oberfläche verbindet die technischen Vorzüge von Kupfer, wie Tauwasserbeständigkeit und temperaturunabhängige Verarbeitbarkeit, mit einem schönen Grau. Zink Der klassische Baustoff Titanzink in einer vollkommen neuen, attraktiven Erscheinungsform. Auch hier wird durch Verwitterung (also nicht etwa durch Lackierung) eine außergewöhnliche, satinierte anthrazitfarbene Optik erzielt. Eine ganze Palette neuer Einsatz- und Gestaltungsmöglichkeiten für die Architektur wird somit erschlossen. Das klassisch blanke Titanzink wird für Dacheindeckungen, Fassadenbekleidungen und Dachentwässerung eingesetzt. Es bildet sich an der Atmosphäre eine matte, graublaue Patina. Nach dem Walzen durchläuft das (walzblanke) Titanzink einen Vorbewitterungsprozess. Durch dieses speziell entwickelte Oberflächenbehandlungsverfahren lässt sich der gewünschte Grauton, der dem Farbton der natürlichen Patina sehr nahe kommt, erzeugen. (Es handelt sich hierbei nicht um einen Farbauftrag oder um eine Lackierung). Damit ist für den Anwender eine garantiert gleichmäßige Charakteristik der Oberfläche gegeben.
251
7.5 Regenfallrohre
Tabelle 7.6 Werkstoffe für Regenfallleitungen (nach DIN 1986, Teil 4) Werkstoff
DIN-Norm oder Prüfzeichen
Regenwasserableitung im im Gebäude Freien
Brandverhalten
Rohre aus Zink, Kupfer, Aluminium, verzinktem Stahl, Edelstahl
DIN 18461
–
+
nicht brennbar
Gusseisernes Rohr
DIN 19500 bis DIN 19513
+
+
nicht brennbar
Prüfbescheid
+
+
nicht brennbar
DIN 19530 Prüfstand
+ +
+ +
DIN 19531
+
+1)
DIN 19531
+
+1)
–
–
+
+
nicht brennbar nicht brennbar schwer entflammbar schwer entflammbar schwer entflammbar normal entflammbar schwer entflammbar schwer entflammbar normal entflammbar nicht brennbar
Gusseisernes Rohr ohne Muffe Stahlrohr Aluminiumrohr PVC hart – Rohr mit normaler Wanddicke N PVC hart – Rohr mit verstärkter Wanddicke V PVC hart – Rohr für erdverlegte Leitungen PVC hart – Rohr für Hausabflussleitungen
DIN 19534 Teil 1 und 2 DIN 19535 (Vornorm)
PVCC-Rohr
DIN 19538
+
+1)
PP-Rohr
DIN 19560
+
–
ABS / ASA-Rohr
DIN 19561
+
–
Asbestzementrohre 1) Nicht als Standrohr verwendbar.
DIN 19830
+
+
7.5.3 Montage von Regenfallrohren Anbringen, Befestigen Regenfallrohres ollen möglichst senkrecht und ohne scharfwinklige Richtungsänderungen von der Dachrinne bis zum Anschluss an die Abwasserleitung oder zum freien Auslauf geführt werden. Dies erleichtert die Wasserführung, vermeidet Verstopfungen und eventuelle Zerstörung der Bogenstücke durch abstürzende Eiszapfen.
7
252
7 Dachentwässerung
Tabelle 7.7 Mögliche Konstruktionsvarianten aus PVC-hart-Bauelementen für die Dachentwässerung Konstruktionsvariante Vorgehängte Dachrinne mit Rinnenkessel, Fallrohr und Standrohreinlauf. Vorgehängte Dachrinne mit Fallrohrstutzen, und Standrohreinlauf. Vorgehängte Dachrinne mit Rinnenkessel, und Auslauf ins Freie. Vorgehängte Dachrinne mit Fallrohrstutzen, und Auslauf ins Freie. Tiefgehängte Dachrinne mit Rinnenkessel, und Standrohreinlauf. Tiefgehängte Dachrinne mit Rinnenkessel, und Auslauf ins Freie.
7
Anwendung Regelausführung für Steildächer mit Anschluss an Kanalisation. Fallrohr Regelausführung für Flachdächer mit Anschluss an Kanalisation. Fallrohr Für Steildächer ohne Anschluss an Kanalisation. Fallrohr Für Flachdächer ohne Anschluss an Kanalisation. Fallrohr Regelausführung für Steildächer in schneereichen Gebieten mit Anschluss an Kanalisation. Fallrohr Für Steildächer in schneereichen Gegenden ohne Anschluss an Kanalisation.
Wenn Dachüberstände, Gesimse an der Hausfront oder Absätze im Mauerwerk dies nicht zulassen und Um- oder Durchführungen notwendig werden, sollen Richtungsänderungen mit einem Winkel von maximall 45° zur Senkrechten ausgeführt werden. Die senkrechte Rohrführung wird ausgelotet, d.h. von Mitte Rinnenstutzen bis Mitte Standrohr. Als Arbeitsplattform sind Gerüste und Leitern zulässig. Unabhängig von den verwendeten Werkstoffen haben sich für das Anbringen von Regenfallrohren nachstehend genannte Festlegungen bewährt: • Bei allen Rohrverbindungen, Lötverbindungen oder Schiebenähten müssen die Muffenüberlappungen gegen die Fliessrichtung des Wassers gesteckt werden Das Wasser muss stets mit der Naht fließen. • Längsnähte der Fallrohre sollen von der Wand abgewandt gelegt werden, also nach vorn zeigen, damit bei Undichtheiten an der Naht nicht die Wand durchnässt wird. • Fallrohre sind mit mindestens 20mm Wandabstand (Außenkante Putz) im Abstand von 2,0m in Rohrschellen zu haltern, dass die temperaturbedingte Längenänderung nicht gehemmt wird.
Bild 7.21 Steck- oder Schiebenaht (Halbschnittdarstellung) 1 Fließrichtung des Wassers 2 weites Ende 3 enges Ende
253
7.5 Regenfallrohre
7 Bild 7.22 Fallrohrschelle a) richtig angeschlagen b) falsch angeschlagen 1 Haltewulst
Zur Halterung sind gekröpfte Rohrschellen mit Korrosionsschutz zu verwenden. Die Kröpfung des Haltestifts muss nach unten zeigen, weil sie als Traufe für am Rohr ablaufendes Wasser dient. Bei umgekehrt eingeschlagenen Rohrschellen leitet der Haltestift das Wasser ins Mauerwerk. • Über den Schellen sind Haltewülste anzulöten bzw. anzukleben, damit die Rohre in den Schellen stehen. • Fallrohre werden mit der Rinne durch Steck- oder Schiebenaht verbunden. Verbindungen durch löten oder Kleben sind unzulässig, weil Fallrohre von der Leiter aus abnehmbar sein müssen.
Bild 7.23 Stecknahtverbindung am Rinnenstutzen (Halbschnittdarstellung)
254
7 Dachentwässerung
Bild 7.24 Fallrohrführung a) mit industriell gefertigtem Bogen b) mit handwerklich gefertigtem Segmentbogen (Schwanenhals)
7
• Bei Durchführungen durch Gesimse oder ähnliche Bauteile müssen die Rohrein Hülsen geführt werden, deren Durchmesser 10mm größer als der des Rohres ist. Die Führungshülsen müssen wasserdicht mit der Gesimsabdeckung verbunden werden. • Abwasserleitungen für Haus-, Fäkal- und Industrieabwasser dürfen nicht in die Regenfallrohrleitung geführt werden!
Bild 7.25 Fallrohrdurchführung durch ein Gesims 1 Fallrohr; 2 Hülse; 3 Sohlbankabdeckung; 4 Traufkante; 5 Vorstoßblech; 6 Gesims; 7 Überhangstreifen
Rohrtaschen Dicht beieinander verlaufende Regenfallrohre kann man über Einlauftrichter, sogenannte Rohrtaschen in einem Fallrohr weiterführen. Der Querschnitt des Sammelrohrs muss mindestens so groß sein wie der Querschnitt der Rohre, die in das Sammelrohr eingeführt werden.
255
7.5 Regenfallrohre
Bild 7.26 Einlauftrichter a) symmetrische Form b) asymmetrische Form
7
Fallrohrausläufe Bei oberirdischer Ableitung des Niederschlagswassers endet das Fallrohr unten in einem Auslaufbogen oder Auslaufknie 200mm über dem Boden. Der Winkel am Knie, 60° zur Senkrechten, ist einzuhalten, damit auslaufendes Wasser senkrecht abtropft und nicht durch Adhäsionskraft abgelenkt wird. Soll Regenwasser als Gießwasser gesammelt werden, kann man eine Auslaufklappe einsetzen. Sie funktioniert wie eine Weiche.
Bild 7.27 Fallrohrausläufe
Bild 7.28 Verstellbare Auslaufklappe
256
7 Dachentwässerung
Ist das Regenfallrohr an die Abwasserleitung anzuschließen, so ist ein Standrohr aus Grauguss, Stahl oder Polyethylen bis mindestens 1,50m über die Erdoberfläche einzubauen. Standrohre in Durchfahrten müssen durch besondere Vorrichtungen gegen Beschädigungen gesichert werden (Prellstein oder Schiene). Die Verbindungen zwischen Fallrohr und Standrohr (Schutzrohr) sind so auszuführen, dass sie wasserdicht, aber leicht lösbar sind. Die Muffe des Standrohres muss von einer Kappe abgedeckt werden.
7
Bild 7.29 Standrohranschluss 1 Fallrohr 2 Schieberohr 3 Kappe 4 Standrohr
7.6 Gesims – und Sohlbankabdeckungen Funktionen Abdeckungen haben meist nur geringes Gefälle. Sie müssen so hergestellt und montiert werden, dass der Ablauf des Niederschlagswassers gewährleistet ist und auch Tropfwasser nicht in das Mauerwerk gelangen kann. Abdeckbleche müssen so befestigt werden, dass • starker Sturm sie nicht losreißen kann • sie sich bei Erwärmung und Abkühlung ungehindert bewegen können (indirekte Befestigung). Dabei fallen der Traufkante zwei wichtige Funktionen zu: • Die Traufkante gibt der Vorderkante des Deckblechs die notwendige Steife. • Die Traufkante bewirkt durch ihre Form, dass Tropfwasser senkrecht abtropft und nicht durch die Kapillarwirkung und Wind das Mauerwerk durchnässen kann.
257
7.6 Gesims – und Sohlbankabdeckungen
Bild 7.30 Traufkantenformen a) Wulst b) Falz c) Dreikant
Der Abstand der Traufkante vom fertigen Putz soll nicht weniger als 20mm betragen.
7
Bild 7.31 Traufkante a) richtiger Abstand b) falscher Abstand
Die Befestigung der Traufkanten erfolgt zweckmäßig mit Vorstoss. Das sind Blechstreifen von 120 bis 150mm Breite und etwa 200mm Länge aus verzinktem Stahlblech von 1,0 bis 1,2mm Dicke. Sie werden in abständen von 400 bis 500mm auf der Sohlbank befestigt, genagelt, gedübelt und geschraubt oder mit geschossenen Bolzen befestigt (Bilder 7.27, 7.28, 7.29). Sie greifen unter die Traufkante der Deckbleche und halten diese nieder, geben aber gleichzeitig die Bewegungsmöglichkeit bei unterschiedlichen Außentemperaturen. Ein Anreifen der vorderen Kante erhöht die Festigkeit. Die Befestigung an der hinteren Deckblechkante kann bei schmalen und kurzen Abdeckungen direkt erfolgen, z.B. bei Fenstersimsen mit Drahtstiften genagelt oder in der Mauerfuge verputzt.
Bild 7.32 Abdeckung mit genageltem Vorsprung 1 Vorstossblech; 2 Drahtnagel; 3 Deckblech; 4 Schalbrett
258
7 Dachentwässerung
Bild 7.33 Abdeckung mit gedübeltem Vorsprung 1 Vorstossblech; 2 Deckblech; 3 Gesims
Bild 7.34 Abdeckung mit eingeschossenem Vorsprung 1 Vorstossblech; 2 Deckblech; 3 Gesims; 4 Stahlbolzen
7 Bild 7.35 Abdeckung Fuge verputzt; 1 Deckblech mit Verstoß
Bild 7.36 Fenstersimsabdeckung 1 Wetterschenkel; 2 Stirnbrett am Fensterrahmen; 3 Ddeckblech
Bild 7.37 Simsabdeckung , hinten hochgekantet 1 Putzhaken; 2 Deckblech
259
7.6 Gesims – und Sohlbankabdeckungen
Bei breiten und langen Abdeckungen muss die hintere Blechkante indirekt befestigt werden (Längsdehnung). Die hintere Blechkante wird 100 bis 200mm aufgekantet und mit Kappleisten in einer Mauerfuge befestigt und verputzt.
Bild 7.38 Simsabdeckung , hinten hochgekantet, indirekt mit Kappleiste befestigt 1 Putzhaken; 2 Kappleiste 3 Deckblech
Die Kapleiste gewährt dem Deckblech die notwendige Bewegungsfreiheit und es bleibt trotzdem dicht. Sie muss unten angekantet werden, damit ein Abstand von etwa 5 bis 6mm zwischen der Aufkantung des Deckblechs und der Kappleiste bestehen bleibt. Dadurch wird die Kapillarwirkung unterbunden. Ist die Gesimsfläche sehr breit und lang, so werden zusätzliche Befestigungen und Dehnungsfugenausgleiche notwendig. Die Bleche werden von der Traufkante zur Kappleiste durch Doppelstehfalze verbunden. In die Doppelfalze werden (in der Klempnersprache) „Hosenhafter“ eingefalzt, die vorher auf der Gesimsfläche befestigt wurden.
Bild 7.39 Ausführung einer langen und breiten Abdeckung mit Doppelstehfalzverbindung und zusätzlicher Befestigung 1 Gesimsfläche; 2 Papp –oder Kunststofflage; 3offener Stehfalz; 4 Vorstoßblech; 5 Hosenhafter 6 Kappleiste; 7 Quetschfalte; 8geschlossener Stehfalz; 9 Traufkante
Direkte Befestigungen dürfen bei Natursteinen in traditioneller handwerklicher Art eingebleit oder mit Dübeln befestigt werden. Lässt der Zustand des Mauerwerks keinen Dübel zu kann die Abdeckung auch mit Drahtschlaufen aus verzinktem Material in der 2. Fuge befestigt werden. Die Schlaufe wird abgedeckt.
7
260
7 Dachentwässerung
Bild 7.40 Drahtschlaufenbefestigung
7
7.7 Traufbleche Traufbleche überdecken den Spalt zwischen hinterem Rinnenrand und Dachdeckungsfußpunkt.
Bild 7.41 Traufblech bei Bahnen- und Flachplattendeckungen, genagelt
Weitere Zuschnittsbreiten und Teiligkeiten enthält der nachfolgenden Tabelle
261
7.7 Traufbleche
Tabelle 7.8 Zuschnittsbreiten Zuschnittbreite [mm] 100 143 167 200 250 280 333 400 500 600 670 800 1000
Teiligkeit 20 14 12 10 8 7 6 5 4 -3 3 -3 2
Nach DIN 18339 müssen Traufbleche mindestens 150mm unter die Dachdeckung greifen.
Bild 7.42 Stehfalzdeckungen im Übergang zu Traufrinne
Tabelle 7.9 Mindestüberdeckung Dachneigung < 25° (46,6%) < 35° (70%) < 45° (100%)
Mindestüberdeckung 100 bis 110mm 90 bis 95mm 70 bis 80mm
Quernähte Art und Ausführung der Nahtverbindungen ist abhängig von der Dachneigung.
7
262
7 Dachentwässerung
Tabelle 7.10 Zusammenhang Dachneigung – Quernähte Dachneigung < 25° (46,6%) < 10° (17,6%) < 7° (12,3%)
Art der Quernähte Einfacher Querfalz Einfacher Querfalz mit Zusatzfalz Doppelter Querfalz (ohne Dichtband) Wasserdichte Ausführung je nach verwendetem Werkstoff
Traufbleche und Dachrinnen müssen aus miteinander verträglichen Metallen bestehen. Tabelle 7.11 Möglicher Zusammenbau von Metallen
7
AL CU NRS Vst Pb ZN
AL + – + + + +
CU – + + – + -
NRS + + + + + +
Vst + – + + + +
Pb + + + + + +
Zn + – + + + +
Erläuterung AL = Aluminium CU = Kupfer NRS = nichtrostender Stahl Vst = verzinkter Stahl Pb = Blei Zn = Titanzink
Stahlstifte von Hohlnieten sind im Außenbereich unzulässig. Galvanische Verkupferungen verzinkter Klempnerbauteile sollen wegen erhöhter Korrosionsgefahr nicht verwendet werden. Zubehör Zu einer kompletten Dachklempnersanierung gehört noch weiteres Zubehör: • Sicherheitsdachhaken (Leiterhaken) • Einrichtung für den Schnee- und Eisschutz. Laubschutz Ein Laubstopsystem verhindert zuverlässig die Ansammlung von Laub in der Dachrinne. Das nach oben gewölbte Laubgitter wird einfach mit der Öffnung nach unten in die Dachrinne eingelegt und mit Edelstahlklammern befestigt. Anfallendes Laub bleibt auf der Wölbung liegen, kann trocknen und vom Wind fortgeweht werden. Auf diese Weise bleibt das Innere der Dachrinne laubfrei. Regenwasser kann gleichmäßig abfliesen. Selbst bei starkem Laubaufkommen und heftigen Regenfällen im Herbst ist der Wasserdurchfluss garantiert. Da sich das Laubstopgitter nicht im Wasserlauf der Rinne befindet, werden kleine Schmutzpartikel ungehindert mit dem Regenwasser abgeleitet.
263
7.7 Traufbleche
Bild 7.43 Traufe mit Schneefang-System
Bild 7.44 Laubschutzsystem
7
8 Aufsattlung – Aufstockung 8.1 Notwendigkeit und Möglichkeiten Der Entscheid über eine Aufsattlung (Aufstockung) ist von großer Tragweite und es ist eine Vielzahl organisatorischer, finanzieller, bauphysikalischer und baukonstruktiver Überlegungen notwendig. In Fachkreisen wird unter Aufstockung auch das Anheben einer vorhandenen Dachkonstruktion und das Hochführen der Wände und unter Aufsattlung das Errichten eines neuen Dachstuhls auf einem Flachdach verstanden.
1
2
1
3 2
3 4
1 2
3
Ausgangssituation: Flachdach undicht Weiterer Wohnraum erforderlich, Wertverbesserung der Immobilie. Nach Überprüfung der Tragfähigkeit des vorhandenen Gebäudes und in Abstimmung mit dem Grundriss, Haustechnik u..a. wird ein komplettes Steildach-Geschoss auf das vorhandene Gebäude aufgesattelt. Das Flachdach ist saniert, neuer Wohnraum wurde geschaffen, ohne das weiterer Boden versiegelt werden musste.
Bild 8.1a Aufsattlung
1 2 3
4
Ausgangssituation: Vorhandenes Dachgeschoss kann wegen zu geringer lichter Höhe (unter 2.20m) nicht genutzt werden. Abhilfe: Aufstocken des Baukörpers durch Anheben der vorhandenen Dachkonstruktion. Der Drempel wird auf die notwendige Höhe hochgeführt. Dann kann die Dachkonstruktion wieder auf die Drempel aufgelegt und befestigt werden. Der Dachgeschossausbau – jetzt mit ausreichender Raumhöhe – kann beginnen.
Bild 8.1b Aufstockung
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_8, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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8 Aufsattlung – Aufstockung
Selbst unter Fachleuten stößt eine Aufsattlung auf unterschiedliche Auffassungen. Der IAV veröffentlichte 2009 konkrete Zahlen, wonach eine Aufsattlung gegenüber einer Flachdachsanierung um 120 bis 150 € Mehrkosten pro Quadratmeter zu Buche schlägt. Das Fraunhofer – Institut für Bauphysik spricht sogar von einer „bauphysikalisch völlig überflüssigen Maßnahme“. Allerdings steht einer Aufstockung auch eine Reihe von Vorteilen gegenüber wie beispielsweise die • Schaffung von zusätzlichem Wohn – oder Arbeitsraum. • Architektonisch anspruchsvolle Gestaltung vom einfachen Satteldach bis zur eineinhalbgeschossiger Mansarde. • Aufsattlung aller Arten von Bungalows, Flachdachgebäuden, Ein – und Mehrfamilienhäusern. • Neue Dachgestaltung statt einer vielleicht ohnehin notwendigen Dachsanierung. • Für die Erweiterung entfallen Grundstückspreise und Erschließungskosten.
8
Bild 8.2 Varianten des Dachaufbaus
Wenn sich der Bauherr nach sorgfältiger Abwägung aller Vor – und Nachteile zur Aufstockung entschieden hat stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: 1. Anhebung des (alten) Dachgeschosses durch Aufmauern der tragende Wände 2. Dachaufbau auf ein Flachdach
8.3 Konstruktive Gestaltung
267
8.2 Voraussetzungen für die Ausführung Für beide Gestaltungsmaßnahmen müssen, sicherlich mit unterschiedlichen Bewertungsmöglichkeiten, folgende Grundsätze und Voranfragen berücksichtigt werden. Planungs- – und baurechtliche Voraussetzungen • • • • •
soll im Dachgeschoss eine Wohn- oder Nutzfläche geschaffen werden? bestehen planungsrechtliche Bedenken? ist eine Überschreitung der Geschoßflächenzahl (GFZ) möglich? ist eine Überschreitung der Grundflächenzahl (GRZ) zulässig? • bestehen sonstige Auflagen und Beschränkungen, z. B. durch örtliche Bauvorschriften oder durch denkmalschutzrechtliche Bestimmungen? • sind Nachweise über Stellplätze, Abstandsflächen, bauliche Nutzung, Rettungswege und die Einhaltung der Forderungen der EnEV 2009 vorhanden oder erforderlich? Technische Voraussetzungen • Diagnose des Dachwerkes und der Deckung, Konstruktionsart, Tragfähigkeit, Schädlingsbefall • Tragfähigkeit des Baukörpers, der Geschossdecke und des Mauerwerk • Erschließung, Erweiterung, Anordnung Treppen, Schornsteine, Fenster, Gauben, Drempel, zweiter Rettungsweg, Giebel • Haustechnik Ver – und Entsorgungsleitungen, Abgasanlagen weiterführen oder neu; alle über das Dach führenden Systeme möglichst bündeln • Belichtungsmöglichkeiten Fenster mindestens 1/8 oder 1/10 der Grundfläche des belichteten Raums individuelle Ausleuchtung beachten • Dämmung der Geschossdecke berücksichtigen
8.3 Konstruktive Gestaltung 8.3.1 Dachkonstruktion und Dachneigung Vor der Anhebung kann es erforderlich sein, über zukünftige Dachkonstruktion und die Dachneigung nachzudenken. Da davon auszugehen ist, dass die Anhebung immer mit einer geplanten Dachraumnutzung verbunden ist wird die Dachdeckung meist mit saniert, also die vorhandenen Dachziegel wiederverwendet und schadhafte ersetzt. Dabei bleibt auch der vorhandene Dachstuhl erhalten und ebenfalls bei Erforderniss saniert, das heißt Sparren und Stiele notfalls verstärkt oder ausgewechselt und mit Holzschutzmitteln behandelt. Ist aber ein ganz neuer Dachstuhl notwendig oder angedacht sind die Vor – und Nachteile genau abzuwägen.
8
268
8 Aufsattlung – Aufstockung
8
Bild 8.3 Dachneigungen
8.3 Konstruktive Gestaltung
269
Erste Überlegung ist dabei die Dachneigung. Für den Dachausbau haben sich Neigungswinkel zwischen 35 und 55° als günstig erwiesen. Je größer die Dachneigung, umso mehr Wohnraum lässt sich nutzen und umso größer sind die Gestaltungsmöglichkeiten bis zum First bzw. Kehlbalken und die Nutzbarkeit des Spitzbodens. Konstruktiv möglich sind prinzipiell alle Dachkonstruktionen. Pfettendächer
Bild 8.4 Pfettendach
Um die erforderliche Mindestdachneigung für den Ausbau (35°) zu erzielen, müssen die Pfettendächer statisch durch Stiele oder Pfosten unterstützt werden. Diese Konstruktionsglieder können die Raumaufteilung und die Nutzung beeinträchtigen, da sie als tragende Teile nicht entfernt oder weggelassen werden dürfen. Der Vorteil ist, dass sie sich aber in die ästhetische Gestaltung einbeziehen lassen Auch lassen sich bei genügend großen Raum die Pfosten als Begrenzungen für Zwischenwände nutzen. Sparrendächer
Bild 8.5 Einfaches Sparrendach mit Kehlbalken
8
270
8 Aufsattlung – Aufstockung
Einfache Sparrendächer haben keine Pfosten, sodass der Raum sich vollständig nutzen lässt. Bei Sparrendächern mit einem oder doppelt bzw. dreifach stehenden Stuhl kann die Gestaltung ähnlich wie beim Pfettendach vorgenommen werden.
Querschnitt M 1: 100
Schnitt A-A M 1: 100
Detailpunkt A M 1:10
Detailpunkt B M 1:10
8
Bild 8.6 Sparrendach mit Kehlbalken und einfachstehenden Stuhl
Kehlbalkendächer
Bild 8.7 Kehl – und Hahnebalken
8.3 Konstruktive Gestaltung
271
8
Bild 8.8 Mansarddachformen
Kehlbalkendächer und Hahnebalkendächer haben durch die Balken die für den Dachausbau meist ideale Dachneigung von 45°. Die Gestaltungsmöglichkeit bietet daher den größten Spielraum.
272
8 Aufsattlung – Aufstockung
Mansarddächer Eine interessante, wenngleich auch kostenintensive Möglichkeit das Mansarddach bietet. Die verkürzten Schrägen mit steilen Dachflächen und geraden Giebelflächen ermöglichen den größten Nutzraum. Ausführbar sind natürlich auch weitere Dachformen wie Walmdächer, Krüppelwlmdächer, Mansardwalmdächer, Zeltdächer sowie zusammengesetzte Dächer Der Entscheid für eine neue Dachform ist natürlich eine nicht zu übersehende Kostenfrage. Ein Kehlbalkendach ist immer teurer als ein einfaches Sparrendach und ein Mansarddach möglicherweise mit höheren finanziellen Aufwendungen verbunden als für die beiden vorgenannte zusammen.
8.3.2 Bausysteme Eine Aufstockung in Holzbauweise kann konstruktiv nach unterschiedlichen Prinzipien ausgeführt werden: mit Nagelbindern, mit einer Skelettkonstruktion, in Rahmen-, Tafel- oder Brettstapelbauweise, mit Raumzellen und allerlei verschiedenen Sonderkonstruktionen.
8
Bild 8.9 Systemvarianten
273
8.3 Konstruktive Gestaltung
Pultdachbinder sind nicht ausbaufähig und werden freitragend auf die Außenwände gelegt. Satteldachbinder bestehen aus Nagelplatten-Strebenbindern für Sattel- oder Walmdachkonstruktionen. Sie sind schon für geringe Dachneigungen geeignet und nicht ausbaufähig. Mit Aussenauflagern liegen sie auf tragenden Außenwänden. Studiobinder bieten optimalen Raumgewinn. Sie benötigen Außenund Mittelauflager oder können alternativ mit selbsttragender Holzbalkendecke auf ein Schwellenlager aufgelegt werden.
Dachgaubenkonstruktionen sind vorgefertigte Nagelbinder einschließlich der dazugehörigen vollgedämmtenWandelemente als großformatige Bauteile.
Vollgeschossaufstockung ist möglich bei bis zu den Fundamenten durchgehendem tragendem Mittelauflager. Mit vorgefertigten Elementen ist eine 1½ geschossige Aufstockung realisierbar.
Nagelplattenbinder Nagelplattenbinderkonstruktionen sind leichte Fachwerke aus Holzstäben, deren Knotenpunkte stumpf gestoßen und mit eingepressten Nagelplatten verbunden werden. Verbindung
Bild 8.10 Knotenpunkt Erst durch die Verbindung von Holz und Nagelplatten entsteht der Knotenpunkt eines Binders
8
274
8 Aufsattlung – Aufstockung
Sie sind für freitragende Spannweiten bis zu 30 cm bauaufsichtlich zugelassen. Neben zahlreichen Standardbindern lassen sich Sonderkonstruktionen kurzfristig und preiswert herstellen. Für die Aufstockung eignen sich neben Rahmenkonstruktionen so genannte Studiobinder, bei denen Abseiten und Kehlbalken bereits eingebaut sind, so dass der Ausbau schnell und problemlos erfolgen kann. Auch Gauben können vorab in das System eingebaut werden. Die Bauteile werden nebeneinander auf einem Ringgurt beziehungsweise Lagerhölzern mit Winkelverbindern oder Ankerschienen im Abstand gemäß der Statik befestigt. Dabei werden die ersten beiden Binder ausgerichtet, an den Fußpunkten befestigt und in den Dachneigungen mit Wind- und Aussteifungsverband (Parallelbinder) genagelt. Dann können die weiteren Binder mit Abstandshölzern an den Fußpunkten und einer Firstlatte angebracht werden. Nagelplatte
8
Bild 8.11 Nagelplatte Eine Nagelplatte, deren Nägel durch abgewinkelte Ausstanzungen hergestellt werden
Studiobinder werden im Gegensatz zu den Standardbindern dem konstruktiv vorhandenen Grundriss angepasst. Skelettkonstruktionen Satt Bauholz werden in der Regel verleimte Bauteile verwendet, deren Knoten mit Stahlteilen verbunden werden und die größere Stützweiten als andere Konstruktionsprinzipien ermöglichen. Alle Einzelteile werden werkseitig vorgefertigt. Holzskelettkonstruktionen wird man für Aufstockungen vor allem dort einsetzen, wo die Tragfähigkeit der vorhandenen Bausubstanz auch für eine leichte Holzkonstruktion nicht ausreicht und ein tragendes System über das vorhandene Gebäude „gestülpt“ wird, so dass die Stützen der Aufstockung die Kräfte direkt in das Fundament leiten. Im Holzskelettbau kann jedoch die Gebäudehülle außerhalb der Stützenlinie gelegt werden – nach architektonischen und bauphysikalischen Anforderungen.
275
8.3 Konstruktive Gestaltung
Bild 8.12 Vertikalschnitt einer auskragenden Aufstockung außerhalb der Stützlinie (linkes Bild) Vertikalschnitt mit Mittelwanne (rechtes Bild)
Außenwandaufbau:
Fußbodenaufbau:
30 mm Holzlamellen, Lärche 40 mm Konterlattung/Luftschicht Bes. Pappe 20 mm OSB-Platte 160 mm Holzständer 8/16 Wärmedämmung 15 mm OSB-Platte Dampfbremse 15 mm Gipskartonplatte
8 mm Linoleumbelag 3,2 mm Kleber und Korkelement 40 mm Trockenestrich-Verbundelement Gipsfaserplatten 50 mm Dämmung 0,2 mm Trennlage 140 mm Brettstapel Lagerhölzer Feinsandschüttung 200 mm Hochofenschlacke Stahlbetondecke
Bild 8.13 Aufstockung eines Wohnhauses in Holzrahmenbauweise
8
276
8 Aufsattlung – Aufstockung
Rahmenbau Das Konstruktionsprinzip ist einfach: Geschoss hohe Ständer, die in relativ kleinen Rasterabständen von 62,5 cm stehen, bilden zusammen mit Schwelle und Rähm den Wandrahmen, der durch beidseitige Beplankung mit Bausperrholz, OSB- oder Spanplatten ausgesteift wird. Der Vorteil dieser Bauweise liegt in den wenigen standardisierten Vollholzquerschnitten und der einfachen Verbindungsweise durch Nageln. Die Dämmebene liegt innerhalb der Tragwerksebene als innen gedämmtes System. Zusätzliche Bekleidungen sind auf der Innen- und Außenseite notwendig. Tafelbau Bis zur Beplankung fertig gestellte Tafeln in Rahmenbauweise sind wegen ihres geringen Gewichts und der hochgradigen Vorfertigung im Holzbaubetrieb besonders für Aufstockungen geeignet. Die Wandtafeln können kleinformatig oder bis zur Fassadenbreite angefertigt werden; Fenster und Türen sind in der Regel bereits eingebaut, wenn die Elemente zur Baustelle transportiert werden. Raumzellen
8
Um den Vorfertigungsgrad noch zu erhöhen, werden Bauelemente zu zwei-, drei- oder vierseitig geschlossenen Raumzellen mit Boden und Decke vorgefertigt, zur Baustelle transportiert und dort zu Geschossen zusammengefügt. Raumzellen stellen die „schnellste“ Bauweise für eine Aufstockung dar. Brettstapelbauweise Einfache Bretter werden hochkantig aneinander gestellt, zusammen genagelt und als flächige Bauteile verwendet. Die Brettstapeltechnik eignet sich für Wände, Dächer und Decken. Sonderelemente Neben den aufgeführten Aufstockungen lassen sich noch weitere Sonderausführungen wie beispielsweise Brettschichtholz- und Holzblocktafeln benennen.
8.3.3 Anhebung des Dachgeschosses Das Anheben des Dachgeschosses ist im eigentlichen Sinne schon keine „herkömmliche“ Sanierungsmaßnahme mehr sondern eine konstruktive Veränderung. Das Anheben der Dachkonstruktion sollte in jedem Fall einer Spezialfirma überlassen werden, da hierzu eine große Erfahrung und Fachkenntnis erforderlich ist. Die einfachste Form der Dachanhebung ist bei einer zu geringe Dachneigung 35° die Aufmauerung eines Drempels oder Kniestocks. Dabei wird nach Anheben des Dachstuhls die vorhandene Umfassungsmauer (Fassadenmauerwerk) 0.80 bis 1.50 m aufgemauert. An diese Stelle sei angemerkt, dass ein Kniestock oder Drempel auch ohne Anhebung angeordnet werden kann. Allerdings wird dann die Dachneigung nicht verändert. Die Drempelwand kann dann natürlich auch aus Holz oder Gipsplatten bestehen
277
8.3 Konstruktive Gestaltung
Bild 8.14 Drempelwand
Nach dem Anheben und Sichern des Dachs durch die Spezialisten können die Wände je nach Wunsch und statischer Voraussetzung aufgemauert werden. Wichtig ist auch, dass die Geschossdecke entsprechend der bautechnischen und baukonstruktiven Anforderungen ausgebildet wird. Mitunter ist es auch erforderlich, neben den Aufmauern der neuen Giebelwände zunächst einige Veränderungen zur statischen Stabilisierung vorzunehmen. Das kann durch Verstärkung der tragenden Außenwände durch Aufmauern oder/ und einer tragenden Konstruktion aus Brettschichtholz erfolgen, sofern das Fundament tragfähig bzw. dafür zusätzlich unterfangen ist.
Bild 8.15 Verstärkung Verstärkung der Außenmauer durch Elemente aus Brettschichtholz mit Trägern
Nach diesen Arbeiten kann die Dachkonstruktion, erforderlichenfalls nach Sanierung wieder fachgerecht aufgesetzt werden. Wichtig ist auch, dass die Geschossdecke entsprechend der bautechnischen und baukonstruktiven Anforderungen ausgebildet wird. (Ausführungen dazu in Kap. )U 0,24 nach EnEV 2009
8
278
8 Aufsattlung – Aufstockung
8.3.4 Dachaufbau auf ein Flachdach Wenngleich es eine Vielzahl von Ausführungsvarianten gibt, sollen hier zwei in der Praxis erprobte Aufstockungen näher beschrieben werden. Aufstockung mit Porenbetonplatten Porenbetonplatten können objektbezogen in den erforderlichen Abmessungen (62,5 cm breit und bis 7,5 m lang) nach einem computergestützten Verlegeplan vorgefertigt. Die Dachplatten sind in der Regel 20 cm dick und verfügen über eine Mineralfaserdämmschicht von 12 cm und damit über einen Wärmeausdehnungskoeffizient von U = -0,22 W/mK und erfüllt damit die Forderungen der EnEV 2009 (0,24).
8
Bild 8.16 Dachaufstockung mit Porenbetonplatten
Die Luftdichtigkeit wird durch ein Nut –Feder-System der Platten sowie die Dünnbettvermörtelung (etwa 5cm) hergestellt. Da der komplette Rohbau aus Porenbetonplatten besteht lässt sich der Einfluss von Wärmebrücken auf ein Minimum reduzieren und eine Winddichtheit dauerhaft gewährleistet. Eine zusätzliche Wärmedämmschicht zwischen den Porenbetonplatten und der Dachschalung ist sinnvoll. Vor der Verlegung der Dachplatten wird auf die Mauerkrone ein Deckenabstellstein in Dünnbettmörtel aufgemauert. Im Anschluss daran werden die Bewehrung und der Beton einge-
8.3 Konstruktive Gestaltung
279
bracht. Für die Dachziegel wird auf den Platten eine Lattung und Konterlattung mit zugelassenen Dübeln angeordnet. Die Unterseite kann wahlweise Dünn – oder Spritzputz versehen und einer Dispersionsfarbe gestrichen werden. Auch eine Holzverkleidung oder abgehängte Deckensysteme sind möglich. Bemessung, Herstellung und Montage der Dachplatten muss nach DIN 4223 und gültigen Zulassungsbescheiden der Hersteller erfolgen. Aufstockung mit großformatigen Dachelementen Die großformatigen Dachelemente C – SIPS (Structural Insulated Panelsystem) bestehen an den Außenflächen aus wasserfesten OSB – Platten und aus vollflächig mit dem Holzplatten verklammerten EPS (Polystyrol)- Dämmkern. Bei einer Gesamtwanddicke von 200 mm beträgt der U – Wert 0,19 W/mK und erfüllt damit die Anforderungen der EnEV 2009. Je nach Elementdicke können U – Werte bis 0,11W/mK erreicht werden. Die Elemente können bis zu einer Sparrenlänge von 9m und einer Breite nach Vorgabe mit passgenauen Aussparungen für Fenster und Türen gefertigt werden. Sie sind dampfdifussionsoffen, das heißt, die anfallende Feuchte kann schnell nach außen entweichen.
8
Bild 8.17 Verlegen von C – SIPS Dachelementen
Nunmehr können die Dachelemente auf die konventionell errichteten Dachstuhl in der Regel mit Schrauben oder Nägeln befestigt, und die Dämmung zwischen oder unter den Sparren entsprechen der bewährten Richtlinien vorgenommen werden. Auch die Dacheindeckung, also mit keramischen Dachziegeln, Schiefer, Metall oder Bitumenschindeln kann ebenfalls entsprechend der zugehörigen Verlegungsvorschriften ausgeführt werden.
280
8 Aufsattlung – Aufstockung
8.3.5 Herstellung der Giebelwände Die Herstellung der Giebelseiten kann vor oder nach dem Dämmen erfolgen. Günstig ist es auf jedem Fall noch vor Einbringen des Fußbodenaufbaus, egal ob aus Holz oder Estrich. Außerdem ist zu berücksichtigen ob Fenster, Austritte oder gar Balkone vorgesehen sind. Die Aufmauerung mit Ziegeln ist für einen erfahrenen Maurer kein nennenswertes Problem. Zu beachten ist aber die Anordnung der Dämmung. Erfolgen die Dämm- Maßnahmen über den Sparren und in Zusammenhang mit der Fassade sind natürlich die konstruktiven und materialabhängigen jeweiligen Verlegungsvorschriften zu beachten und sollen hier nicht weiter ausgeführt werden. Wichtig sind aber die Anschlussstellen an die Sparren. Das gilt vor allem für eine Verbindung der Dämmung zwischen oder / und unter den Sparren im Inneren Als Dämmstoffe sollten die gleichen Materialien wie für die Dachschrägen zur Anwendung kommen. Aber auch andere Materialien sind möglich. Auf Einschnittdämmung achten (ĺ Kap. 10). Eine Ausmauerung gehört ebenso wie eine Aufmauerung zu den Grundfertigkeiten eines guten Maurers. Nachdem die Zimmerleute im Giebelfachwerk entweder schadhafte Balken ausgewechselt neu aufgerichtet haben erfolgt die Ausmauerung.
8
Vor dem Beginn der Maurerarbeiten nageln die Zimmerleute Dreikantleisten in die Gefache um Feuchteschäden auszuschließen. Das Mauerwerk besteht meistens aus ½ Stein, seltener auch ¾ oder 1 – Stein dick.
Bild 8.18 Ausmauern (Ausfachen) 1 Strebe, 2 Stiel, Ständer oder Pfosten; 3 Schwelle; 4 Riegel
Für das Ausfachen von Holzfachwerken sind folgende Regeln einzuhalten: • Bei der Ausfachung sind die Stoßfugen um ½ Stein gegeneinander zu versetzen (Läuferverband). • An den Stielen des Fachwerks ist der Läuferverband regelmäßig zu beginnen, an Streben ist dagegen mit schräggehackten Stücken anzuschließen, wie es der Verband gerade ergibt.
8.4 Kosten
281
• Die Schichtenhöhen sind mit Hilfe der Lagerfugen so zu regeln, das die Gefache nur ganze Schichten enthalten. • Die Ausmauerung ist mit dem Holzfachwerk nach einer Möglichkeit aus Bild 8.19 zu verbinden. • An der Außenseite sind bei Sichtmauerwerk die Ziegel bündig mit der Oberfläche des Fachwerks zu versehen. • Werden die Gefache noch verputzt, was eigentlich aus bauphysikalischen (Feuchteschäden, Putzabplatzungen durch unterschiedliche Bewegungen) und ästhetischen Gründen nicht mehr erfolgen sollte, so sind die Steine 15 bis 20 mm zurückzusetzen, so dass die Putze bündig mit dem Fachwerk abschließen.
8 Bild 8.19 Verbindungen des Holzfachwerks mit der Ausfachung a) Kerbe am Stiel (altertümlich); b) Kerbe im Ziegel; c) Stahlwinkel in jeder 3. Schicht; d) aufgenagelte Latten; e) Formsteine und profilierte Ziegel; f) Nägel in jeder 4. Schicht; 1 aufgenagelte Dreikantleisten; 2 Bandstahlwinkel, 3 aufgenagelte Latten; 4 Formsteine; 5 eingeschlagene Nägel
8.4 Kosten Zu bedenken ist allerdings, dass eine Aufsattlung neben dem ohnehin höheren technischhandwerklichen Aufwand kostenmäßig bis zu dreimal höherer liegen kann als eine fachgerecht ausgeführte Flachdachsanierung. So kostete beispielsweise die Flachdachsanierung von ca. 370 m etwa 52.500 €; die Aufsattlung etwa 200.000 € (2006). Die hohen Mehrkosten für eine Aufsattlung lassen sich in der Regel nur rechtfertigen, wenn zwingend zusätzlicher Raum zur Nutzung benötigt wird. Dann sollte aber darauf geachtet werden, dass das neue Dach auch steil genug ausgeführt wird, um den Raum darunter wirklich sinnvoll zu nutzen. Es lohnt sich also, die Kosten entsprechend der nachfolgenden Checklisten vorher kalkulieren zu lassen.
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8 Aufsattlung – Aufstockung
8
Bild 8.20 Vergleich Flachdachsanierung – Aufstockung
Bild 8.21 Kostenvergleich Ein beispielhafter Kostenvergleich zeigt, dass eine nachträgliche Aufsattlung in der Regel teurer ist als eine sichere Flachdachsanierung mit hochwertigen Elastrmerbitumen-Bahnen.
283
8.4 Kosten
Tabelle 8.1 Kostenvergleich – Aufstockung Planungs-Checkliste Flachdachsanierung
Planungs-Checkliste Flachdachaufstockung
Grundrissform des Gebäudes:
Grundrissform des Gebäudes:
Grundrissgröße:
m2
Grundrissgröße:
m2
Problembeschreibung (z. B. Undichtigkeit der Dachhaut):
Problembeschreibung (z. B. Raumbedarf)
Zielvorstellung (z. B. Ableiten von Niederschlägen, optische Neugestaltung):
Zielvorstellung (z. B. zusätzliche Wohnung mit separaten Zugang, Dachgaube)
Gewünschte Dachform (Sattel-, Walm- oder a. Dach)
Gewünschte Dachform (z. B. Satteldach):
Gewünschte Dachneigung: Geplanter Dachüberstand (zum Schutz der Fassade) Giebel cm, seitlich: cm Binderart (siehe hierzu Abb.)
Gewünschte Dachneigung (z. B. 35°) Dachüberstand (zum Schutz der Fassade) Giebel: cm, seitlich cm Binderart (siehe hierzu Abb.)
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9 Ausführungen von Dachdeckungen Deckungsarten Jedes Haus altert schneller, wenn das Dach nicht mehr dicht ist. Einsickerndes Wasser lässt erst das Holz des Dachstuhles faulen, zerstört Abdichtungen, dringt in Mauern und Ritzen ein, und der Verfall beginnt Das heißt, Dachdeckungen müssen so ausgeführt werden, dass sie das Gebäude gegen Regen, Schnee und Schmelzwasser schützen. Es wird dabei zwischen Eindeckungen und Abdichtungen unterschieden. Ableitende Deckungen sind z. B. Ziegel-, Betondachstein- und Faserzementplattendeckungen. Sie bestehen aus einzelnen Elementen, die eine vorgeschriebene Mindestneigung haben müssen. Abdichtende Deckungen bestehen aus einer geschlossenen wasser- und luftdichten Dachhaut, z. B. aus geklebten bituminösen Dachbahnen, Kunststoffdachbahnen oder flüssigen Kunststoffen. Für beide Deckungsarten gilt der Grundsatz, das Wasser so schell wie möglich der Rinne bzw. dem Regenfallrohr zuzuleiten.
9.1 Eindeckungen 9.1.1 Ziegeldeckungen 9.1.1.1 Konstruktive Vorüberlegungen Die älteste und heute noch am häufigsten angewandte Deckung geneigter Dächer ist die Ziegeldeckung. Dachziegel
Bild 9.1 Dachziegel M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_9, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
286
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Für die Sanierung und Renovierung eignen, sich zwar fast alle Ausführungen aber sie im Bezug auf Kosten, Ästhetik und konstruktive Voraussetzungen einzuordnen hängen immer noch von den Vorstellungen und Möglichkeiten des Bauherren ab. Mindestneigungen Die Wahl der Dachziegel ist von der Gestaltung der Dachfläche und vor allem von der Dachneigung abhängig. Tabelle 2.1 Mindestdachneigungen für Dachdeckungen mit Ziegeln (Regeldachneigungen) Ziegelart Pressdachziegel Flachdachpfannen (Flachkremper) Kronenkremper Reformpfannen Falzziegel
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Stangdachziegel Hohlpfannen Hohlpfannen mit Dichtung Pappdocken Biberschwanzziegel Doppeldeckung) Biberschwanzziegel Kronendeckung
Dach ohne Unterkonstruktion
Dach mit Unterkonstruktion
22°
ca. 15°
22° 30° 30°
ca. 15° ca. 25° ca. 25°
35° 30°
ca. 25°
30° 30°
Unterkonstruktion Als Unterkonstruktion sind zwei Ausführungen üblich: • geschlossene, auf die Sparren aufgenagelte Holzschalung, die mit einer Sperrschicht (Dachbahn) oberseitig abgedeckt ist. Darauf werden in Sparrenrichtung Konterlatten als Träger der Dachlatten aufgenagelt. • Unterspannbahnen aus gitterverstärktem Polyethylen oder dampfdiffusionsoffene Bahnen aus Polyestervlies. Sie werden parallel und mit einer Überdeckung > 15 cm angenagelt.
9.1 Eindeckungen
287
9 Bild 9.2 Traufe und First eines Daches mit Unterkonstruktion
9.1.1.2 Ermittlung der Deckmaße Bereits vor dem Abbinden des Bauholzes müssen die Sparrenlänge und der Dachvorsprung am Ortgang so festgelegt werden, dass sich die Länge und die Breite der Dachfläche in ganze Ziegelreihen aufteilen lässt. Maßtoleranzen Die Einzelabmessungen oder die Deckmaße müssen entsprechend der DIN 1024 bestimmt werden. Bei allen Ziegelarten, mit Ausnahme der Falzziegel und der Strangfalzziegel, müssen die Einzelabmessungen bestimmt werden. Bei den Falzziegeln und den Strangfalzziegeln – für die letzteren nur die Deckbreite – kann der Hersteller zwischen den Einzelabmessungen und den Deckmaßen wählen. Die Übereinstimmung mit der Norm wird in Bezug auf die mit dem Hersteller gewählte Charakteristik nachgeprüft. Die Mittelwerte für die Länge und die Breite der Dachziegel, dürfen nicht mehr als ± zwei Prozent von den Herstellerangaben abweichen. Diese Anforderung gilt nicht für die Breite der Mönch- und Nonnenziegel. Die gleiche Toleranz gilt für Decklänge und -breite. In der Fachregel des ZVDH1 wird, im Gegensatz zur Vorläuferfachregel die gebräuchliche Bezeichnung „mittlere Deckmaße“ nicht mehr verwendet, stattdessen wird von „möglichen 1
ZVDH = Zentralverband des deutschen Dachdeckerhandwerks
288
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Deckmaßen“ ausgegangen: So soll bei der möglichen Decklänge der Bewegungsbereich des Dachziegels angegeben werden, der einerseits das Sperren der Gesamtdeckung verhindert und andererseits die thermischen Spannungen, die zu Abplatzungen führen könnten. Dies könnte genauer über den Längenausdehnungskoeffizienten des Dachziegels ermittelt werden. Wesentlicher sind hier aber die werkspezifischen Erfahrungen, die über diese Kenngrößen hinausgehen. Falls vom Ausführenden aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, Einsparung von Deckwerkstoff und Vermeidung von Schnitten, das variable, mögliche Deckmaß ausgenutzt werden soll, ist das Prüfverfahren: „Prüflinge gezogen, Prüflinge gestoßen“, anzuwenden. variabler Bereich
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Bild 9.3 Seitenfalzspiel
Sicherheit ergibt die Ermittlung der Deckmaße nach den Fachregeln auf der Baustelle. Die „Regeln für Dachdeckungen mit Dachziegeln“ merken dazu im Punkt 2.6.1.2. (3) an: 3. Wird die Decklänge nicht verbindlich in der Herstellervorschrift angegeben, dann ist diese auf der Baustelle zu ermitteln (siehe Abb. 2.13). Die mögliche Decklänge liegt zwischen der niedrigsten und höchsten Decklänge. Dabei sind Maßtoleranzen der jeweiligen Dachziegel zu beachten.
289
9.1 Eindeckungen
und im Punkt 2.6.1.3 (2): 2. Wird die Deckbreite in der Herstellervorschrift nicht verbindlich angegeben, dann ist diese auf der Baustelle zu ermitteln (siehe Abb. 2.14).
Bild 9.4 Ermittlung von Decklänge und Deckbreite aus den Regeln für Dachdeckungen mit Dachziegeln
Extremes Ziehen oder Stoßen der Ziegel ist zu vermeiden. Bewegungen im Dachstuhl können sonst nicht abgefangen werden.
Bild 9.5 Fehlerhafte Anordnung der Dachbelegung
9
290
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Die Lücken im Vierzeigelenk zeigen, dass die Deckung stark gezogen ist. Je nach Modell kann bei flachen Neigungen dadurch eine Verringerung der Regensicherheit entstehen. Einteilung der Dachfläche Die Flächeneinteilung ist für den Dachdecker am einfachsten, wenn der Architekt die seiner Planung bereits die möglichen Längen und Breiten des ausgewählten Ziegels berücksichtigt. In der Praxis ist das jedoch die absolute Ausnahme. So ist der Dachdecker gehalten, vorhandene Sparrenlängen und Dachbreiten auf der Basis der Ziegelmaße einzuteilen. Die „Regeln für Dachdeckungen mit Dachziegeln und Dachsteinen“ führt im Abschnitt 2.6.1.1 zur Einteilung der Dachfläche folgendes aus: 1. Die Dachfläche ist vor der Eindeckung in Sparren- und Traufenrichtung gemäß den möglichen Decklängen und Deckbreiten einzuteilen. Die Einteilung richtet sich nach • • • •
9
den Maßen der Dachfläche, den Abmessungen der Deckwerkstoffe, der Dachform, den Dachversprüngen und ggf. Dacheinbauten/-aufbauten. Bei kurzen Sparrenlängen und/oder ungleichen Ortganglängen kann es erforderlich werden, die Deckung auf die Konstruktionsmaße der Dachfläche mit Formziegeln oder durch Kürzen an Traufe bzw. First abzustimmen.
Bild 9.6 Bestimmen der Decklänge und Einteilung der Sparren
9.1 Eindeckungen
291
Einteilung der Sparren Bei der Einteilung der Sparrenlänge sind zunächst die Decklängen von Traufziegel und Firstanschlussziegel in Abzug zu bringen. Abhängig vom verwendeten Dachziegelmodell ist die Lattweite der ersten Latte konstantes Maß, das beim Traufziegel unveränderlich durch den über die normalen Fußfalzen hinaus tiefgezogenen Trauffalz festliegt, der die Traufkonstruktion lückenlos abschließt
9
Bild 9.7 Bestimmen der Decklänge und Einteilung der Sparren
292
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Hier ist dann nach Fachregeln ein Traufblech erforderlich. Werden Flächenziegel an der Traufe gedeckt, ist der Abstand an der Traufe veränderlich. Jedoch ist auch hier zu beachten, dass bei weniger als fünf Zentimeter Überstand ein Traufblech erforderlich ist. Die Anzahl der Ziegel in der Fläche ist dann so zu wählen, dass die sich ergebende Lattweite innerhalb der möglichen Deckmaße liegt. Der Abstand der letzten Latte vom Firstscheitelpunkt ist in keinem Fall ein festes Maß, sondern ist abhängig von: • • • •
der Sparrenlänge, der Lattenstärke, vom Firstziegel und vom Dachziegel in der Firstanschlussreihe wie Flächenziegel oder Firstanschlussziegel oder Pultdachziegel oder Wandanschlussziegel.
Die Tabellen der Lieferanten geben Auskunft über die Maße. Ansonsten hilft Anlegen und Messen vor dem Einlatten. Dachbreite Die Einteilung der Dachbreite erfolgt analog: Dort sind die Deckbreiten der An- und Abschlussziegel in der Berechnung einzubeziehen. Sind in einer Fläche viele Anschlüsse oder Vorsprünge vorhanden, so sind auch bei bester Einteilung meist Schnitte erforderlich. Es sei denn, die Ziegel und Formziegelmaße werden bereits bei der Planung berücksichtigt.
9
Bild 9.8 Beispiele zur Berechnung der Dachbreite
Lüftungsziegel Grundsätzlich wird bei Dächern mit ableitender Deckung, gleich welcher Neigung, eine Beund Entlüftung vorgesehen. Die Belüftung erfolgt durch Öffnungen in der Traufschalung und durch in den unteren Ziegelreihen eingebaute Lüftungsziegel. Die Entlüftung wird durch die in der obersten Ziegelreihe eingebauten Lüftungsziegel oder durch den Lüftungsfirst erzielt. Bei Dächern mit Unterkonstruktion ist darauf zu achten, dass sowohl der Raum zwischen der Unterkonstruktion und der Dachhaut als auch der Bereich unterhalb der Unterkonstruktion ausreichend belüftet sind.
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9.1 Eindeckungen
Bild 9.9 Gaubenlüfter an einer Biberschwanz – Doppeldeckung
Bild 9.10 Lüftung in der Denkmalpflege
Konstruktives Beispiel einer Ziegeleindeckung Linkskremper sind historische Dachziegel, die vor allem in den Regionen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen die Dachlandschaft prägten. Obwohl er ein bewährter Sanierungsdachstein ist, kommt der Linkskremper auch bei Neueindeckungen zum Einsatz.
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Bild 9.11 Linkskremper sind sowohl auf dem Dach als an der Fassade einsetzbar
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Technische Voraussetzungen und Forderungen: • Die Produktqualität entspricht mind. DIN EN 1304 • Setz- und Scheuerstellen (z. B. durch Herstellung oder Transport) sind für den Gebrauchswert ohne Belang. Geringe Farbabweichungen sind herstellbedingt. • Beim Verlegen von Tondachziegeln sind die Fachregeln des Deutschen DachdeckerHandwerks, die hierfür ausgearbeiteten Normen, insbesondere DIN 4108, Teil 3, bei wärmegedämmten Dächern, zu beachten. • Die Besonderheit des Linkskrempers ist die variable Decklänge für Lattweiten von 16-27 cm. Besonders im Bereich von kurzen Sparrenlängen z. B. an Dachgauben. Technische Daten: Decklänge: Deckbreite: Stück/m2: Gewicht/Stück. Gewicht nach DIN: Regeldachneigung:
ca. 27,0 cm ca. 22,0 cm ca. 16,8 ca. 2,2 kg ca. 0,45 kN/m2 35°
9
Bild 9.12 Bezeichnungen und Lage der Linkskremper am Dach 1 Doppelwulstziegel 2 Lüftungsziegel 3 Solardurchgangsziegel 4 Durchlassziegel für Innen-∅ 100 mm 5 Haube schlagregengeschützt 6 Antennen Ziegel mit Manschette 7 First- und Gratziegel GE 2 8 Walmkappe Anfänger/-ende GR 16 Walmkappe GE 10 / GE 20 Walmkappe Anfänger/-ende GE 30 9 Gratanfänger GE 2 10 Firstanfänger/-endstück GE 2
9.1 Eindeckungen
295
Verlegung
Bild 9.13 Verlegungsbild
Bei der Verlegung der Linkskremper verläuft der Ansatz der Krempen im rechten Winkel zum First/Ansatz und Traufe. Hierdurch ergibt sich eine leichte Ziegelneigung nach rechts. Ortgang
Bild 9.14 Ortgangausbildung links und rechts Ortgang links: Ohne Überstand. Abschuss mit Flächenziegel und gezahntem Ortgangbrett. Gebäudelänge und Gesamtdeckbreite müssen aufeinander abgestimmt sein. Ortgang rechts: Mit Überstand. Abschluss mit Doppelwulstziegel und gezahntem Ortgangbrett. Der Überstand der Ziegel über das Ortgangbrett soll links und rechtes mind. 3 cm betragen. Das gilt auch bei Vermörtelung.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
First und Traufenanschluss
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Bild 9.15 First- und Traufenanschluss; Lüftungsziegel First: Firstziegel trocken verlegt mit Lüfterband oder vermörtelt. Der First sollte entgegen der Hauptwindrichtung gedeckt werden. Traufe: Bei der Ausführung ohne Traufblech beträgt der Abstand ca. 25 cm.
Tabelle 9.2 Abstände für Firstziegel (trocken verlegt oder vermörtelt) DN
(in °) 30 35 40 45 50 55 60
Abstand vom Firstscheitelpunkt zur Ober- Abstand von der Oberkante Tragplatte kante der Firstlatte zum Scheitelpunkt der Konterlatte ( bei Traglattenstärke 24 mm (in mm) (in mm) 60 60 55 50 40 40 30
70 60 60 60 60 55 55
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9.1 Eindeckungen
Wandanschluss
Bild 9.16 Wandanschluss
Linkskremper mit Metallverwahrung Bei ausgebauten Dachgeschossen ist je nach bauphysikalischen Erfordernissen der Abstand der letzten Flächenziegellatte zum Mauerwerk zu erhöhen, um eine ausreichende Abluftöffnung zu gewährleisten. Bei Dachkonstruktionen mit zwei Lüftungsebenen sollte der Abstand zwischen Wand und Zusatzmaßnahme 3-4 cm betragen. Seitenanschluss mit Rinne
Bild 9.17 Seitenanschluss mit Rinne
Seitenanschluss links
Seitenanschluss rechts:
Seitenanschluss mit Flächenziegel.
Seitenanschluss mit Doppelwulstziegel
In beiden Fällen wird das Regenwasser über Blechkehlen zur Traufe geleitet.
9
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Schleppdachknick
Bild 9.18 Schleppdachknick
Ausführung mit Flächenziegel Bei größeren Neigungsunterschieden können an Knicklinien Querfugenfüllungen oder Übergänge aus Metall notwendig werden. Geschmeidige Übergänge können auch durch Anordnung von Doppellatten im Knick ausgebildet werden. Mansarddachknick
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Bild 9.19 Mansarddachknick
Ausführung mit Flächenziegel Überstand der oberen Ziegeleindeckung und Stirnbrett. Die Entwässerung der oberen Zusatzmaßnahme erfolgt separat durch ein Tropfblech. Neben dem Linkskremper kommen im deutschsprachigen Raum vorwiegend für Dachsanierungen die folgenden Dachziegel zum Einsatz.
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9.1 Eindeckungen
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Bild 9.20 Varianten von Dachziegeln für die Sanierung 1 Flachdachziegel 2 Großziegel 4 Faccettenziegel 5 Wellenziegel 7 Toledoziegel 8 Verschiebeziegel 10 Herzziegel 11 Mönch- und Nonnenziegel
3 Doppelmuldenfalzziegel 6 Klosterziegel 9 Verschiebeziegel 12 Linkskremper
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
1 Flachdachziegel Die feine Struktur und Oberfläche, seine Regendichte und das umfangreiche Formziegelprogramm machen den Flachdachziegel zum Klassiker für das vollkeramische Dach. 2 Großziegel Der Großziegel besticht durch seine gefällige Linienführung. Eine wohlproportionierte Wellung betont die Maßstäblichkeit traditioneller Ziegeldeckungen. Mit nur ca. 10,9 Stück/m2 eignet sich das Modell hervorragend für große und einfache Flächen, wobei ein flexibler Spielraum im Kopffalzbereich die Dacheinteilung vereinfacht. 3 Doppelmuldenfalzziegel Ein Dachziegel für historische und moderne Dächer. Die Kopf- und Seitenverfalzung leitet das Regenwasser sicher auf den seitlich darunter liegenden Ziegel. 4 Faccettenziegel Der Faccettenziegel – ein neuer architektonisch anspruchsvoller Dachziegel. Er ist der erste Tondachziegel, der keine Stufen auf dem Dach bildet.
9
5 Wellenziegel Seine weiche Linienführung erinnert an die unverfalzte, historische Hohlpfanne, aber mit dem entsprechenden Vorteil einer Verfalzung mit höchster Regensicherheit. Geeignet für Neubau und Altbau. 6 Klosterziegel Ein Dachziegel für höchste gestalterische Ansprüche. Bei ihm ist die historische überlieferte Kombinationsform der Mönch- und Nonnenziegel in einem rundum verfalzten Ziegel umgesetzt. 7 Toledoziegel Seine ausgeprägt plastische Struktur sorgt für ein lebendiges Licht- und Schattenspiel auf der Dachfläche. Zum Toledoziegel werden mehr als 20 Formziegel angeboten. 8 Verschiebeziegel Variabel in der Decklänge bietet sich der Verschiebeziegel sowohl für Neubauten als auch bei Dachrenovierungen an, wenn die alte Dachlattung erhalten bleiben soll oder dort, wo kleine Ziegelpartien mit altem Dach ergänzt werden sollen. 9 Verschiebeziegel Der flexible und wohlproportionierte Verschiebeziegel ermöglicht mit seinem großen Verschiebebereich Lattweiten bis zu 36,5 cm. Mit nur 12,2 Stück/m2 eignet sich dieser Dachziegel
9.1 Eindeckungen
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neben der Sanierung auf vorhandener Lattung auch hervorragend für Deckung größerer Neubauflächen. 10 Herzziegel Mit ausgezeichnetem Kopffalzspiel und doppelter Seitenverfalzung ist eine hohe Regensicherheit diese historischen Ziegels gewährleistet. 11 Mönch- und Nonnenziegel Ein uralter Ziegel in neuer Form, die klassische, zweiteilige Möch-Nonnen-Deckung, wenn es um die Sanierung historischer Dächer geht. Eine Besonderheit dieses Ziegels ist ein Formziegelsatz mit dem – ohne zu schneiden – eine Verjüngung der Deckung von zwei auf eine Reihe möglich ist. 12 Linkskremper Der Linkskremper wird auf Grund seiner einfachen Verlegetechnik und der Kombiniermöglichkeit mit Ergänzungsziegeln (Grat-, Firstziegel) ein häufig eingesetzter Dachstein in der Sanierung.
9.1.1.3 Historische Dachverzierungen Bereits im Altertum, wo auch immer Gebrauchsgegenstände oder Baumaterialien aus Ton hergestellt wurden, ist bereits schmückendes Beiwerk zu finden. So wird auch in Europa durchgängig seit den ersten Ziegeldeckungen Dachschmuck verwendet. Dazu bietet sich in besonderer Weise der First an. Durch seine exponierte Lage am Dach ist die Wirkung von Firstschmuck am beeindruckendsten – vorausgesetzt, das Ornament hat eine entsprechende Größe. Die gewünschte Größe von Schmuckfirsten stellte herstellungstechnisch bei den historischen Verfahren das größte Problem dar. Einerseits ist es bereits die Größe des Formziegels auch ohne Schmuck, die das Produkt im Herstellungsprozess veranlasste, sich zu verkümmern, zusammenzusacken und zu verwinden. Erst seit Einführung der neuesten Produktionsverfahren hat die Dachziegelindustrie diese Problematik im Griff. Dennoch müssen viele Schmuckelemente von erfahrenen Fachleuten in Handarbeit als Vorlagen gefertigt werden. Betrachtet man sich historische Schmuckfirsten, so wird deutlich, dass ab einer gewissen Größe des Ornamentes der Formziegel im Ursprung zweiteilig war. Das Funktionsteil Firstziegel und das Ornament wurden entweder bereits beim Hersteller oder auf der Baustelle mit Mörtel zusammengefügt. Das historische Ornament war massiv aus Ton hergestellt und somit durch seine Dicke sehr schwer. Eine Fertigung getrennt vom First hätte funktioniert. Angestrebt war aber eine einteilige Fertigung um den Schwachpunkt Mörtelverbindung auszuschalten.
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302
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.21 Handgeformte Dachverziehrungen Spitzen und Knäule; Seiten-, Windbordziegel und passende Endstücke; Historische Schmuck- und Gratfänger; Historische Dachziegel; Firstschmuck und Ziegelrosetten
Neben der exakten Nachbildung des Schmucks gelang es den Spezialisten den Körper mit Hohlraum herzustellen. Diese Gewichtsersparnis schuf die Voraussetzung für die einteilige Herstellung. Die Firstziegel ohne Schmuck wurden halbmaschinell vorgepresst und mit der Hand nachgearbeitet und die Ornamente gänzlich in Handarbeit hergestellt. Die kritische Phase im Produktionsprozess – das Zusammenfügen der Einzelteile im frisch gepressten Zustand – erfordert viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung. Die Verbindung muss absolut homogen über die ganze Fläche sein, damit sich im Brand keine Risse bilden, die sich schlimmstenfalls erst nach der Montage auf dem Dach als Schaden eigen. Bei den meisten First- und Gratanfängern, die als Zierelemente hergestellt werden, sind die grundsätzlichen Produktionsabläufe die gleichen, wie bei der Herstellung großer Schmuckfirste. Mit der Hand oder halbmaschinell gefertigte und dann meist noch künstlerisch nachgearbeitet. Bereits vor über hundert Jahren stellten die F. v. Müller Dachziegelwerke einen Drachen als Firstschmuck her. Damals genauso wie heute, wird das Fabelwesen in eine sehr rohe Form mit der Hand eingepresst. Die künstlerische Bearbeitung stellt den größten Aufwand bei der Herstellung dar. Jeder Drache ist im Grunde ein Unikat. Insider erkennen deutlich die Handschrift des Künstlers, der das Tier hergestellt hat. Ein Problem, wenn ehemals freie Dachräume im Zuge einer Sanierung ausgebaut werden, entsteht meist, wenn die Denkmalpflege auf einen Mörtelfirst besteht. Entsprechend werden auch Lüfterziegel abgelehnt, da sich vorher auch keine im Dach befanden.
9.1 Eindeckungen
Bild 9.22 Historischer Drache v. F. Müller Die groben Umrisse des über hundert Jahre alten Drachens sind durch eine alte Gipsform und Zeichnungen belegt. Aber jeder einzelne Drache zeigt die Handschrift des jeweiligen Künstlers.
Zusammenfassend kann man also festhalten, dass die Dachziegelindustrie in der Lage ist, historische Dachverziehrungen nachzubilden. Ihre Auswahl sollte aber architektonisch auf das jeweilige sanierte Dach und die umgebende Dachlandschaft abgestimmt sein.
9.1.1.4 Mörtelanwendung bei sanierten Dachflächen Abgesehen von wenigen regionalen Besonderheiten spielt Mörtel bei modernen Dachdeckungen keine wesentliche Rolle mehr. Trockenfirste, Metallanschlüsse und Metallkehlen sind die heutigen Standardlösungen, auch drängen immer mehr Kunststoffe auf den Markt. Jedoch fordert die Denkmalpflege häufig im Zusammenhang mit historischen Dachdeckungen die Anwendung authentischer Anschlusstechniken. Zum eine zwingen oft die bestehenden Anschlusssituationen dazu, zum anderen ist der so genannte Zeugniswert des Denkmals als Beispiel tradierter Bautechnik für heutige Bauschaffende, Baugeschichtler und übrige Interessierte zu erhalten. Grundsätzlich müssen Handwerker und Planer folgendes beachten: • Ein nach den Fachregeln gedecktes Dach muss auch ohne Mörtel regensicher sein. • Nach den Fachregeln des Deutschen Dachdeckerhandwerks ist die Mörtellösung allein keine Zusatzmaßnahme zur Windsogsicherung. • Kehlförmige Anschlüsse sind zu vermeiden, da zwischen Ziegel und Mörtel kapillar Wasser eingesogen wird und Bewegungen des Daches zu Rissen führt.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Verkürzen der notwendigen Abbindezeit des Mörtels setzt dessen Haltbarkeit herab. Das ist besonders an warmen und trockenen Tagen zu beachten. Besonders Sackkalk und auch Weißkalk benötigen viel Feuchtigkeit zum Abbinden. Das Dach ist thermisch bedingten und anderen Bewegungen ausgesetzt. Mörtellösungen müssen diese Bewegungen möglichst rissfrei aufnehmen können. Der Mörtel an Firsten und Graten muss sparsam aufgetragen werden. Abfallende abgebundene Mörtelpartien stellen ein Verkehrssicherheitsproblem dar, behindern den Wasserfluss und schränken auch die Hinterlüftung ein. Bei anderen Anschlüssen, beispielsweise am Pultdachanschluss, seit demgegenüber so viel Materialreserve aufzutragen, dass die Funktionsfähigkeit des Mörtelanschlusses auch bei stärkeren Absanden erhalten bleibt. Die Fachregeln des Deutschen Dachdeckerhandwerks schlagen für den Mörtel ein Mischungsverhältnis von 2 : 1 : 8 = Kalk : Zement : Sand vor. Sie lassen aber zur besseren Verarbeitbarkeit einen erhöhten Kalkanteil oder weitere Zuschlagsstoffe zu. Die Verwendung von geeignetem Dachdeckerfertigmörtel ist möglich, wenn dieser der Güteüberwachung entspricht. Ein Zementzusatz im Mörtel ist nicht unbedingt erforderlich, da man einen schlechten Mörtel nicht mit Zement verbessern kann. Lehmiger Sand oder mangelhafte Durcharbeitung sind nicht durch Zementzusatz aufzuwiegen. Der Mörtelverstrich wird durch zu viel Zement hart und unflexibel. Bewegungen im Dachstuhl werden so nicht von den Mörtelfugen aufgenommen, sondern vom Dachziegel, der dann in der Länge bricht.
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Bild 9.23 Beispiele: Sicherer Wandanschlüsse mit Mörtel
Während der Verstrichmörtel abbindet, bilden sich in diesem in Abhängigkeit von Fettgehalt und Dauer des Erhärtungsprozesses mehr oder weniger Schwindrisse. Zu einem Zeitpunkt, wenn der Mörtel noch nachgiebig ist (lederharter Zustand) wird der Verstrich mit einer Kelle nachgeputzt (glasiert). Einmal werden dadurch die entstandenen Risse zugedrückt und zum anderen die beim Abbinden gelockerte Verbindung zwischen Mörtel und Ziegel wieder hergestellt. Zusätzlich wird durch das feste Nachputzen die obere Schicht des Verstrichmörtels gehärtet. Auf keinen Fall sollte zu diesem Arbeitsvorgang ein Pinsel benutzt werden. Damit werden die Schwindrisse nicht beseitigt, sondern nur übertüncht.
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9.1 Eindeckungen
Tabelle 9.3 Historische Mörtelzusätze Zusatz fein gemahlene Holzkohle Verwendung von SumpfKalkmörtel, sehr fett 1:1,5 und Beimengen von feinen, lockeren Kälberhaaren (keine Borsten) ½ – 1% Zucker oder Melasse
Ziel Vermeidung von Grünbildung auf Mörtelflächen Ausführung besonders stark beanspruchter Anschlüsse (an Kaminen etc.)
Erreichen günstiger Wetterbeständigkeit Erhöhung der Druckfestigkeit (um nahezu 100 %)
Über die aus der Historie bekannten Zusätze wurde sehr viel spekuliert. Neue Forschungen, „Zur Wirkung und Bestimmung organischer Zusätze in Kalk- und Gipsmörteln“, (Rauschenbau Weimar 2009), belegen aber eindeutig, dass die Vorväter nicht wie die Alchimisten vorgingen, sondern tatsächlich über belegte Rezepterfahrungen verfügten. Als Anmachwasser sollte weder Regenwasser noch Wasser aus Bächen, Weihern etc. Verwendung finden, da hier Humussäuren und andere mörtelschädigene Stoffe enthalten sein können. Kristallbildung, Ausblühungen und Treibwirkung wären die Folgen. Auch zu stark gechlortes Leitungswasser führt gegebenenfalls zu Treibwirkung. Der Einsatz von Frostschutzmitteln, chemischen Färbemitteln sollte unterbleiben.
Bild 9.24 Seitlicher Anschluss vor und nach der Sanierung
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Ursprünglicher Anschluss
Neuer Anschluss
Formsteine der Mauerwerks übertragen den Anschluss der Biberdeckung, so dass der geführt
Die Konterlattung bewirkt, dass die seitlichen Deckung nicht mehr unter die Formsteine
Mörtelanschluss nicht übermäßig
werden kann. Eine Rinne aus Schichtstücken
Durch Niederschlagswasser belastet wird.
sorgt für die sichere Wasserableitung. Die Änderung ist kaum zu erkennen.
In vielen Fällen scheint es ratsam, bei Sanierungen auch denkmalgeschützte Dächer mit Ortgängen zu decken, obwohl ursprünglich keine vorhanden waren. Bei hohen Gebäuden beispielsweise ist die Mörtellösung nicht unbedingt die sinnvollste. Die Wartungsarbeiten sind in solchen Fällen enorm.
9 Bild 9.25 Ortgang in der Denkmalpflege Ortgang links Mit Doppelwulstziegel und Stirnbrett. Ortgang rechts Mit Flächenziegel und Stirnbrett. Der Überstand der Ziegel über das Stirnbrett soll links und rechts mindestens 3 cm betragen. Dies gilt auch bei Vermörtelung.
9.1.2 Betondachsteindeckungen Im Gegensatz zu Tondachziegeln sind Betondachsteine erst seit wenigen Jahrzehnten auf dem Markt. Die grobporigen künstlichen Steine werden aus Zement und quarzhaltigem Sand hergestellt und durch eine, mit Farb- und Kunststoffpigmenten versetzte Zementschlämme versiegelt. Für den Laien ist der Unterschied zwischen einem gebrannten Tonziegel und einem Betondachstein heute kaum noch erkennbar. Allerdings ist der Betondachstein deutlich preiswerter. Ebenso wie Ziegeldächer werden Betondachsteindeckungen entweder einschalig oder mit Unterkonstruktion ausgeführt. Betondachsteindeckungen müssen sie in jedem Falle eine Be- und Entlüftungsöffnung erhalten.
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9.1 Eindeckungen
Betondachsteine sind größer als normale Tondachziegel, sie enthalten dadurch weniger Fugen und lassen sich in kürzerer Zeit verarbeiten. Betondachsteine haben keinen horizontalen Falz. Die variable Höhenüberdeckung ermöglicht das Abstimmen der Deckung auf jede Sparrenlänge. Die Mindesthöhendeckung hängt von der Dachneigung ab. Für den Längsfalz sind zwei unterschiedliche Ausführungsarten üblich: • tief liegender Längsfalz und • hoch liegender Längsfalz
Bild 2.26 Längsfalze bei Betondachsteinen Tabelle 9.4 Mindestdachneigungen bei Betondachsteindeckungen Längsfalz der Dachsteine
Dach ohne Unterkonstruktion
mit hoch liegendem Längsfalz
22°
mit tief liegendem Längsfalz
25°
mit zusätzlichen Maßnahmen (z. B. Verlegen einer Unterspannbahn) oder mit Unter-dach (z. B. Holzschalung mit Sperrschicht aus Bitumendachbahnen) 16°
Die Mindesthöhenüberdeckung und die Mindestdachneigung richtet sich nach der Art des Längsfalzes der verwendeten Dachsteine. Tabelle 9.5 Mindesthöhenüberdeckung bei Betondachsteinen Längsfalz mit hoch liegendem Längsfalz mit tief liegendem Längsfalz
Dachneigung über 30° von 22 ... 30° über 35° von 25 ...35° unter 25°
Mindesthöhenüberdeckung 7,5 cm 8,5 cm 8,0 cm 9,5 cm 10,5 cm
Wenngleich auch nicht mit der Formschönheit und der Langlebigkeit von Ton- und Betondachziegeln ausgestattet, haben sich in der Sanierung, besonders aber in der Rekonstruktion Deckungen aus Faserzement bewährt.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Dabei unterscheidet man die einfache Faserzementplattendeckung und die großformatige biegesteife Faserzementwellplattendeckung. Faserzementmaterialien müssen asbestfrei sein.
9.1.2.1 Faserzementdachplatten Diese Dachplatten sind aus 4 mm dicken ebenen Tafeln in Rechteck- und Quadratform hergestellt. Daneben sind sie mit gestutzten Ecken, Quadratplatten auch mit Bogenschnitt, handelsüblich. Sie sind werkseitig gelocht für die Befestigung mit Schieferstiften (Nägeln). Größen der Quadratplatten:
40 cm × 40 cm 30 cm × 30 cm
Größen der Rechteckplatten:
20 cm × 20 cm
60 cm × 30 cm
30 cm × 20 cm
40 cm × 20 cm
30 cm × 15 cm
40 cm × 13 cm
20 cm × 10 cm
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Bild 9.27 Dachplatten aus Faserzement
Die Art und Ausführung der Deckung mit Faserzementdachplatten ist sowohl handwerklich als auch formal aus der Jahrhundertalten Schieferdeckung entstanden. Doppeldeckung Die empfohlene Mindestdachneigung beträgt 25°. Bei der Doppeldeckung wird die erste Dachplatte von der dritten mit der vorgeschriebenen Höhenüberdeckung überdeckt. Mit zunehmender Dachneigung verringerter sich die Mindestüberdeckung.
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9.1 Eindeckungen
Bild 9.28 Doppeldeckung
Beim Plattenformat 40 cm × 40 cm beträgt die Höhenüberdeckung bei einer Dachneigung über 50° mindestens 7 cm, bei Dachneigungen von 25° ... 30° mindestens 12 cm. Als Unterkonstruktion wird in der Regel eine horizontale Lattung vorgesehen. Eine geschlossene Schalung wie bei der deutschen Deckung ist ebenfalls möglich. Deutsche Deckung Die empfohlene Mindestdachneigung beträgt 25°. Bei der Deutschen Deckung verlaufen die Plattennreihen (Gebinde) steigend zur Hauptwetterrichtung. Mit zunehmender Dachneigung verringert sich die Gebindesteigung (25° Dachneigung erfordert eine Gebindesteigung von 30°, 60° Dachneigung erfordert eine Gebindesteigung von 8°). Die Verlegung erfordert eine geschlossenen Holzschalung, gegebenenfalls mit Dachbahnenvordeckung.
Bild 9.29 Deutsche Deckung
Waagerechte Deckung Die empfohlene Mindestdachneigung beträgt 30°. Bei der waagerechten Deckung werden die Platten, wie bei der deutschen Deckung, mit Höhen- und Seitenüberdeckung, jedoch ohne Gebindesteigung verlegt. Die Deckrichtung erfolgt gegen die Hauptwetterrichtung. Als Unterkonstruktion ist eine geschlossene Schalung möglich, jedoch nicht notwendig. In der Regel wird eine horizontale Lattung vorgesehen.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Die Höhen- und Seitenüberdeckung nimmt mit zunehmender Dachneigung ab. Für das Plattenformat 40 cm × 40 cm beträgt bei einer Dachneigung über 50° die Seiten- und Höhenüberdeckung mindestens 9 cm, bei Dachneigungen von 30 ... 40° mindestens 12 cm. Die waagerechte Deckung ist wegen ihres geringen Materialbedarfs und der kurzen Verlegezeit besonders kostengünstig.
Bild 9.30 Waagerechte Deckung
9
Dachplatten aus Faserzement finden nicht nur für Dachdeckungen, sondern auch für Wandverkleidungen Verwendung. Die deutsche Deckung erfordert eine geschlossene Holzschalung als Unterkonstruktion. Für die Doppeldeckung und waagerechte Deckung ist eine horizontale Lattung in erforderlichen Abständen ausreichend.
9.1.2.2 Faserzementwellplatten Um die nötige Biegesteifigkeit bei großformatigen Faserzementdachplatten zu erreichen, werden sie mit gewellten Profilen hergestellt. Dabei sind unterschiedliche, zum Teil genormte Profile und Plattengrößen handelsüblich. Formstücke, wie Traufenzahnleisten, Traufenfußstücke, Giebelleisten, Firsthaube u. a., erleichtern die Verlegearbeiten. Die Platten werden je nach Länge auf Latten (nur bei Kurzwellplatten) oder auf Pfetten bzw. Sparrenpfetten verlegt. Zusätzliche Unterkonstruktionen (außer Unterspannfolien) sind nicht üblich. Befestigt werden die Platten am zweiten und sechsten Wellenberg.
Bild 9.31 Verlegevorgang
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9.1 Eindeckungen
Bild 9.32 Befestigungsmöglichkeiten der Profile
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Bei Dachneigungen ≥ 7 ...10° müssen in der Längenüberdeckung Dichtungsschnüre eingelegt werden. Die Seitenüberdeckung der Platten beträgt 47 mm. Bei Dachneigungen ab 20° darf der Pfettenabstand höchstens 1,15 m betragen. Tabelle 9.6 Mindestdachneigung, größte Dachtiefe, Längenüberdeckung und größte Pfettenabsttände Dachneigung
max. Länge Traufe First
überdeckung
Längenmax. Pfettenabstände
≥ 7 ...8°
10 m
200 mm
1,15 m
≥ 8 ... 10°
20 m
200 mm
1,15 m
≥ 10 ... 12°
30 m
200 mm
1,15 m
≥ 12 ... 20°
über 30 m
200 mm
1,15 m
≥ 20 ... 75°
über 30 m
150 mm
1,45 m
100 mm
–
≥ 75° (Wandverlegung
Um eine vierfache Plattenüberdeckung zu vermeiden, erhalten bei der Überdeckungsfolge die zweiten und dritten Platten einen Eckschnitt. Die Platten werden am zweiten und fünften Wellenberg befestigt. Die Entfernung der Befestigung vom Plattenrand muss mindestens 5 cm betragen. Jede Platte muss an mindestens vier Punkten befestigt sein. Faserzementwellplatten können auf Holzpfetten, Stahlpfetten, Stahlbetonpfetten oder direkt auf einer Betondecke aufgelegt werden. Die Auflagerbreite (Pfettenbreite) muss mindestens 4 cm betragen, für Stahlrohrpfetten ist ein Mindestdurchmesser von 4 cm vorgeschrieben.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Trennschleifer dürfen nie für die Bearbeitung mineralisch gebundener Baustoffe verwendet werden.
9.1.2.3 Kurzwellplatten aus Faserzement Die Platten haben 6 Wellen, eine Breite von 1097 mm und eine Länge von 625 mm (Ausgleichsplatten auch mit einer Länge von 830 mm). Die Seitenüberdeckung beträgt 47 mm, die Längenüberdeckung 125 mm. Kurzwellplatten erfordern eine Mindestdachneigung von 10°. Die Platten werden auf Latten (4 x 6 cm) im Abstand von 50 cm verlegt. Da die Verlegung entgegen der Hauptwetterrichtung von der Traufe zum First erfolgt, werden unterschiedliche Platten für die Deckung von rechts und von links angeboten. Diese Platten besitzen bereits Eckschnitte und Bohrungen. Außerdem gibt es Ausgleichsplatten ohne Bohrungen und Eckschnitte mit Längen von 625 mm und 830 mm. Befestigt werden die Platten mit Nägeln am zweiten und fünften Wellenberg. In die Längenüberdeckung werden 2 cm unter den Nagellöchern Dichtungsschnüre eingelegt.
9 Bild 9.33 Kurzwellplatten
Bild 9.34 Anordnung der Kurzwellplatten
Wichtiger Hinweis ! Um eine gefahrfreie Bearbeitung von Faserzementplatten sicherzustellen, muss die „Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe“ und die Unfallverhütungsvorschrift „Gesundheitsgefährlicher Staub“ (VBG 119) strengstens beachtet und eingehalten werden.
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9.1 Eindeckungen
9.1.3 Schieferdachdeckungen 9.1.3.1 Konstruktive Vorbemerkungen Schieferdachdeckungen sind aufgrund ihrer Langlebigkeit, ihrer konstruktiven Gestaltungsmöglichkeiten und ihrer architektonischen Wirkung vielfältig einsetzbar. Besonders eignen sie sich in der Sanierung als Kombinationselemente. Viele alte Burgen und Kirchen sind mit Dachschiefer eingedeckt. Einige überstanden – abgesehen von kleineren Ausbesserungsarbeiten – mehr als 200 Jahre, bevor die Eindeckung ersetzt werden musste. Ursache für die völlige Renovierung war meist nicht schadhafter Dachschiefer, sondern das einstmals verwendete Befestigungsmittel: die geschmiedeten Nägel waren durchgerostet.
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Bild 9.35 Schieferdachdeckung (Kehle)
Bild 9.36 Schieferwandbekleidung
Mit Schiefer lassen sich die unterschiedlichsten Dachformen realisieren. Selbst Zwiebeltürme können mit dem kleinformatigen Material eingedeckt werden. Die Dächer prächtiger Kirchen sind oft mit hell- bis dunkelgrünen und sogar purpurfarbenen Schiefern geschmückt, die fast wie Juwelen im typischen Blaugrau des Schieferdaches leuchten. Tatsächlich ist dieses bunte Material so kostbar, dass man davon meistens nur wenige Stücke zur Verzierung einsetzt. Als Deckungsart wird in Deutschland die Deutsche Deckung angewandt. Der Vollständigkeit halber sind noch die Englische Deckung und die Schabloneneindeckung zu erwähnen. Die beiden letzteren Arten werden aber in Mitteleuropa kaum noch ausgeführt. Eine einwandfreie Arbeitsausführung mit der erforderlichen weitestgehenden Regensicherheit bedingt eine genaue Einhaltung der Regeln der unteren Neigungsgrenzen für Schieferdächergemessen am Sparren und am Aufschiebling der Traufe- wie folgt: a, das altdeutsche Schieferdach nicht unter 25° b, das altdeutsche Doppeldach nicht unter 25°
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
c, das deutsche Schuppenschablonendach nicht unter 25° d, das deutsche Schuppenschablonendoppeldach nicht unter 25° e, das Literaschablonendach nicht unter 25° f, das Rechteckschablonendach nicht unter 25° g; das Spitzwinkelschablonendach nicht unter 35° h, das Normalschablonendach nicht unter 35° i, das Achteck-Schablonendach nicht unter 30°
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Bild 9.37 Eindeckung der Dachfläche und Schieferdachsteine
Geringere Neigungen zu wählen, ist in jedem Fall bedenklich. Für die unteren Aufschieblinge sind die unteren Neigungsgrenzen besonders einzuhalten, da sich an den Traufgebinden das meiste Wasser sammelt und hinter den Schneefanggittern die Schneemassen längere Zeit lagern. Zugleich können sich bei Tauwasser Schneewasserstauungen bilden, die zu folgenschweren Durchfeuchtungen des Mauerwerks führen. Die Dachneigung ist von der Güte des Schiefers, der Größe der Platten und dem Maß der Überdeckung abhängig. Je größer die Platten sind und je geringer die Zahl der Fugen ist, umso flacher kann die Dachneigung gewählt werden. Kleinere Schiefer (altdeutsche Deckung) erfordern deswegen größere Steilheit des Daches, setzen aber dem Wind – und Schneedruck wie auch bei dem Begehen bei Reparaturen besseren Widerstand entgegen als größeren Platten.
9.1 Eindeckungen
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9.1.3.2 Schabloneneindeckung Zur Schabloneneindeckung gehören • • • • •
Schuppenschablonen Spitzwinkelschablonen Fischschuppenschablonen Achteckige Schablonen Gleichort- und Spitzortschablonen
9.1.3.3 Schalungsaufbau – Lattung Voraussetzung für jede Neueindeckung ist zunächst, dass alle einzudeckenden Flächen über ein gut gebautes Gerüst zu erreichen sind. Alle Gerüste sollten den derzeit gültigen Vorschriften der Bauberufsgenossenschaft, des TÜV und den gültigen DINVorschriften entsprechen. An besonders gefährdeten Stellen sollten zusätzlich Sicherheitsnetze aufgebaut werden. Vor jeder Neueindeckung muss die vorhandene Schalung überprüft werden. Als Tragschicht für den neu aufzubringenden Schiefer übernimmt sie eine äußerst wichtige Funktion. Angefaulte und aufgespaltene Bretter müssen unbedingt durch neue Bretter ersetzt werden. Die Schalung darf auf keinen Fall federn. Bild 9.38 Varianten von Schieferschablonen Bei einer Neuverschalung sollte die Bretterdicke auf Wohngebäuden mindestens 24 mm betragen, auf Turmhelmen, wegen der größeren Beanspruchung, mindestens 30 mm. Es reicht aus, wenn beidseitig besäumte Schalungen in Brettbreiten von 12 bis 18 cm aus Holz der Güteklasse II aufgebracht werden. Neue Bretter müssen außerdem nach den gültigen Vorschriften gegen Schädlinge imprägniert werden. Die Holzfeuchte sollte nicht über 20 Volumen-Prozent liegen. Alte und noch brauchbare Schalungsflächen müssen „entnagelt“, gesäubert und an kritischen Stellen nachgenagelt werden. Anschließend wird die gesamte Fläche mit einer Schalungsbahn vorgedeckt. Für die Vordeckung kann bituminöser oder KunststoffMaterialien verwendet werden – sie sollen während der gesamten Eindeckungszeit das Gebäude schützen. Kritische Dachabschnitte, wie Traufen, Kehlen und Gauben, die eine Dachneigung unter 30° haben, müssen mit einer 5 mm dicken Schweißbahn gegen „Schneewasserrückstau“ dicht abgedeckt werden. Kommt die Schalung auf Beton zu liegen, ist besonders darauf zu achten, dass zwischen den einzelnen Lattenfeldern unbedingt die Luft zirkulieren kann. Die Latten müssen vollkantig sein bei einem Querschnittsprofil von mindestens 4 x 6 cm. Der gegenseitige Abstand der Latten (Lattenweite) ist von der Schiefergröße und der erforderlichen Überdeckung der Steine abhängig.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
9.1.3.4 Eindeckung Die Eindeckung ist ein handwerklich anspruchsvoller Prozess und kann nur von erfahrenen Fachleuten vorgenommen werden. Um ein so schönes Dachbild herstellen zu können, muss die Dachfläche vorher durch die mathematische Ermittlung von Konstruktionslinien (Brustlinie, Reißlinie) eingeteilt werden. Bei der altdeutschen Schieferdeckung, der Deckungsort, die der Sanierung und an denkmalgeschützten älteren Gebäuden am häufigsten zum Einsatz kommt, beginnt der Dachdecker am waagerecht verlaufenden Fußgebinde. Die einzelnen Fußgebindesteine sollten an der Taufe etwa 5 bis 6 cm überstehen. Die einzelnen Decksteinränder haben umlaufend Fachbenennungen, wie Kopf, Brust, Rücken und Fuß.
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Bild 9.39 Fachbezeichnungen an der deutschen Deckung
Wichtig ist die Sortierung der Decksteine nach der Windrichtung. So gibt es rechte und linke Decksteine.
Bild 9.40 Rechte und linke Decksteine
Die Steingröße wird nach Dachneigung des einzudeckenden Daches bestimmt. Im Leistungsverzeichnis sollte eine empfohlene Decksteinsortierung angegeben werden, zum Beispiel bei einer Dachneigung von 35° bis 40° wird eine Sortierung von 1/12 angegeben, das entspricht einer Steinhöhe von 24 bis 30 cm.
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9.1 Eindeckungen
Tabelle 9.7 Decksteinsortierungen – Höhe entsprechend der Dachneigung Dachneigung in Grad in % 22 – 30 25 – 35 30 – 40 35 – 40 40 – 60 50 – 90 60 – 90
40,4 – 57,7 46,6 – 70,0 57,7 – 83,9 70,0 – 119,2 83,9 – 173,2 119,2 – 100,0 173,2 – 100,0
Empfohlene Decksteinsortierung 1/2 1/4 1/6 1/12 1/16 1/32 1/64
Decksteinhöhe (in cm) 42 – 36 38 – 32 34 – 28 30 – 24 26 – 20 22 – 16 18 – 11
Damit das anfallende Regenwasser schnell abfließt, wird die Gebindesteigerung der Deckstein ebenfalls auf die Dachneigung des Gebäudes festgelegt. Tabelle 9.8 Steigerung der Deckgebinde für die gebräuchlichsten Dachneigungen Bei einer Dachneigung zum Beispiel 25° würde die Gebindesteigerung 30° betragen.
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Die Ferse des Decksteines hat als Tropfnase eine wichtige Funktion. Die Höhen- und Seitenüberdeckung der einzelnen Decksteine richtet sich nach der Steinhöhe. Bei normalem Hieb beträgt sie 29% der Steinhöhe.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Tabelle 9.9 Decksteinhöhe - Seitenüberdeckung (Auswahl) Decksteinhöhe in cm
Normaler Hieb Seitenüberdeckung 29% der Steinhöhe
42 41 30 29 28 13 12 11
12,2 11,9 8,7 8,4 8,1 5,0 5,0 5,0
9.1.4 Decken der Dachfläche Die altdeutsche Deckung besteht aus den in der Fläche verlegten Decksteinen und den an der Flächenbegrenzung angeordneten Zubehörsteinen. Deckung der Dachfläche und Deckung der Dachteile bilden eine Einheit. Gebindesteigung
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Bei der altdeutschen Deckung steigen die Gebinde in Deckrichtung, in der Regel von links nach rechts, an. Das abfließende Niederschlagswasser läuft dadurch vom Decksteinrücken (der Seitenüberdeckung) weg, es wird zum tiefsten Punkt des Decksteins geleitet und tropft dort etwa auf die Mitte des darunter liegenden Decksteins. Je flacher die Dachneigung, desto steiler die Gebindesteigung. Deckungen an Wänden, Fenster- und Schornsteinwangen sowie auf Türmen erhalten keine Gebindesteigung. Die Gebindesteigung kann für jede Dachneigung zeichnerisch ermittelt werden. Sie kann aber auch als Anstieg je 1m Fußlänge abgetragen werden.
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9.1 Eindeckungen
Bild 9.41 Verteilung der Deck- und Zubehörsteine in der Deckung 1 Anfangfußstein, 1a Ansatzstück, 2 Fußstein, 3 Gebindestein, 4 Endfußstein, 5 Anfangortstein, 5a Stichstein, 6 Deckstein, 7a kleiner, 7b großer Endortstein, 8 Ausspitzer, 9 Anfangfirststein (rechts), 10 linker Firststein, 11 Anfangfirststein (links), 12 rechter Firststein, 13 Schlußstein
Tabelle 9.9 Gebindesteigung bei altdeutscher Deckung in % 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 110 120 130 140 150 160 170
Dachneigung in Grad 26,6 28,8 31,0 33,0 35,0 36,9 38,7 40,4 42,0 43,5 45,0 47,7 50,2 52,4 54,5 56,3 58,0 59,5
Anstieg in cm je m 55 52 49 46 43 40 37 35 33 31 29 26 23 21 19 17 15 14
9
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
links Bild 9.42 Höchstgebindesteigung
9 Bild 9.43 Abtragen des Gebindeanstiegs
Bei Dachneigungen über 170% sollte die Gebindesteigung nicht weiter verringert werden. Nähert sich die Steigung der Senkrechten, so können die Gebinde waagerecht gedeckt werden. Anordnung der Decksteine in der Deckung Die altdeutsche Schieferdeckung ist eine Einfachdeckung. Die Regensicherheit wird erreicht, indem die Decksteine innerhalb eines Gebindes mit Seitenüberdeckung und die Gebinde übereinander mit Höhenüberdeckung verlegt werden (DIN 12326). Die europäische Schiefernorm Die Gebindehöhe (Steinhöhe minus Überdeckung) wird durch Schnurschlag auf dem gedeckten Gebinde markiert. • Jeder Deckstein stößt mit Spitze an den etwa gleich dicken Rücken des Decksteins im vorherigen Gebinde. • Die von Gebinde zu Gebinde übereinander liegenden Decksteine haben etwa gleiche Breiten. • Die Spitze jedes Decksteins liegt etwas über, die Ferse etwas unter dem Schnurschlag Abweichend von diesen Grundregeln kann es durch die Verjüngung der Decksteinbreiten vom Fuß zum First notwendig werden, dass schmale Decksteine auf breite übersetzt werden. Befestigt werden die Decksteine mit verzinkten, mindestens 35mm langen Schiefernägeln. Jeder Deckstein unter 240mm Höhe erhält mindestens zwei, jeder größere Deckstein mindes-
321
9.1 Eindeckungen
ten drei Nägel. Die Schiefernägel müssen so angezogen werden, dass die Schiefer bei Wind nicht klappern, aber auch nicht unter Spannung stehen. Außer der Regen- und Sturmsicherheit muss die gedeckte Fläche ein gutes Aussehen haben. Dies wird erreicht, wenn: • jedes Gebinde von Anfang- bis Endort die gleiche Höhe hat • die Gebinde vom Fuß zum First hin regelmäßig niedriger werden • die Decksteinbreiten gut verteilt sind, nicht viele schmale bzw. viele breite Decksteine im Gebinde nacheinander folgen • die Rückenlinie der Decksteine regelmäßig ist
1 2 3 4 5 6 7
Höhenüberdeckung Seitenüberdeckung schmale Decksteine breite Decksteine anstoßende Spitze hängende Fersen Gebindehöhe
Bild 9.44 Anordnung der Decksteine in der Deckung
Bild 9.45 Übersetzen
1 zwei schmale Decksteine auf einem breiten Deckstein 2 drei schmale Decksteine auf zwei breiten Decksteinen
9
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Decken der Dachteile Die Deckung der Dachteile wird in die Deckung der Fläche eingebunden. Fußdeckung Das erste Fußgebinde beginnt mit dem Anfangfußstein an der rechten Ortkante und verläuft als Linksdeckung (entgegengesetzt zu den Deckgebinden) bis zum ersten Gebindestein. Die Kopflinie der Fußsteine wird der festgelegten Gebindesteigerung angepasst. Die Fußkante der Fußsteine geht über die Schalungskante und lässt das Niederschlags- und Schmelzwasser sicher in die Dachrinne abtropfen. Der Traufüberstand sollte 50 bis 70mm betragen. Auf dem ersten Gebindestein beginnend, wird das erste Deckgebinde bis zur rechten Ortkante und das zweite Fußgebinde bis zum zweiten Gebindestein gedeckt. • Auf dem Gebindestein stoßen Deckstein und Fußstein aneinander. • Der erste Deckstein liegt mit der Ferse auf dem Gebindestein. • Das erste Deckgebinde und das zweite Fußgebinde stimmen am Kopf in Höhe und Richtung überein .
9
Bild 9.46 Decken des Fußes 1 Ferse des Decksteins liegt auf dem Gebindestein, 2 Deck- und Fußstein stoßen zusammen, 3 Kopflinie vom Deck- und Fußgebinde stimmen überein, 4 Traufüberstand
Das Ansetzen und Decken der weiteren Fuß- und Deckgebinde erfolgt nach dem gleichen Prinzip. Das letzte Fußgebinde wird mit dem Endfußstein abgeschlossen. Jeder Fußstein wird mit wenigstens drei, jeder Gebindestein mit vier Schiefernägeln befestigt. Ortdeckung Orte in der altdeutschen Deckung werden als eingebundene Orte gedeckt. Man unterscheidet: • Den Anfangsort, in der Regel links, auf dem das Deckgebinde beginnt • Den Endort, in der Regel rechts, der das Deckgebinde abschließt Wie die Decksteine, so verjüngen sich auch die Orte vom Fuß zum First. Ein gut gehaltener Ort soll in der Breite etwa zwei Decksteinen entsprechen. Anfangort Zu jedem Gebinde gehört ein Ortsstein und ein Stichstein, in bestimmten Fällen noch ein Zwischenstein. Der Stichstein liegt zwischen der Ortkante und dem Rücken des ersten Decksteins des vorherigen Gebindes.
9.1 Eindeckungen
Bild 9.47 Deckung des Anfangorts a) Normalform; b) Anfang mit Zwischenstein; c) übersetzter Anfangort 1 kleiner Ortstein, 2 Stichstein, 3 Zwischenstein, 4 Ortüberstand
Bild 9.48 Deckung des Endorts a) Normalform; b) Staffelort; c) zurückgesetzter Endort 1 kleiner Ortsstein, 2 großer Ortsstein, 3 Spannnagel, 4 Ortüberstand
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
• Der Stichstein stößt mit der Spitze an den ersten Decksteinrücken. • Der Ortsstein stößt mit der Spitze an den zweiten Decksteinrücken. • Ort- und Stichstein müssen das Wasser zur Dachfläche leiten. Wird die Ortbreite zu schmal, so wird ein Zwischenstein eingefügt, und der Ortstein läuft erst den dritten Deckstein an. Wird der Ort zu breit, so Ortstein schon den ersten Deckstein an, und der Stichstein endet in der Mitte zwischen Ortkante und erstem Deckstein. Jeder Ortstein wird mindestens dreimal genagelt. Der Überstand an der Giebelkante soll 30 bis 60mm betragen. Endort Zu jedem Deckgebinde gehören zwei gleich hohe Ortsteine (Doppelort). • Auf eine Ortbreite folgen im nächsten Gebinde ein Deckstein und ein Ortstein. Wird die Ortbreite zu schmal, so werden die Ortsteine über zwei Gebinde gestaffelt (Staffelort), wird der Ort aber zu breit, so werden im folgenden Gebinde auf eine Ortbreite zwei Decksteine und ein Ortstein gedeckt. Die Formgebung der Ortsteine ist vielfältig möglich, immer müssen aber folgende Bedingungen erfüllt sein: • Die Rückenlinie der beiden Ortsteine entspricht dem Decksteinrücken. • Die Aussenkante ist durch wasserabweisende Hiebe nach innen gezogen.
9
Jeder Ortstein wird am Kopf mit wenigstens drei Nägeln befestigt, die zueinander versetzt angeordnet werden. Der Ortüberstand beträgt 30 bis 60mm. Eine besondere Form des Endorts ist der Stichort. Er ist aber nur bei geringen Steinhöhen zweckmäßig.
1 Ortstein 2 Stichstein 3 Spannnagel Bild 9.49 Endort mit Stichstein
Firstdeckung Die Deckgebinde laufen unter dem Firstgebinde aus. Sie werden durch Ausspitzer beendet. Das Firstgebinde ist im Gegensatz zu Fuß und Ort nicht eingebunden, sondern liegt auf den ausgespitzten Deckgebinden auf. Es wird in der Regel entgegen den Deckgebinden von rechts nach links gedeckt und verläuft bis nahe an den Anfangsort .. Links beginnend, werden noch einige rechte Firststeine gedeckt. Den Abschluss der Firstdeckung bildet der Schlußstein . Jeder Firststein wird mit mindestens drei Nägeln befestigt.
9.1 Eindeckungen
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Bild 9.50 Deckung des Firsts 1 Firststein, 2 Überdeckung durch das Firstblech, 3 Firstausspitzer
9
Bild 9.51 Gesamtansicht einer altdeutschen Schieferdeckung
Die Sicherung der Firstfuge gegen eindringende Niederschläge wird erreicht, indem die auf der Wetterseite gedeckten Firststeine gegenüber der anderen Dachseite etwa 50mm Überstand erhalten. Besser bewährt hat sich aber die Abdeckung mit einem Firstblech von etwa 250mm Breite, das den Kopf der beiderseitig gedeckten Firstgebinde überdeckt.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Gratdeckung Am Grat beginnen bzw. enden die Deckgebinde wie am Ort. Unterschiede zu einer rechtwinklig zur Traufe verlaufenden Ortkante: • Am Anfangsort sind neben dem Stichstein auch Zwischensteine erforderlich. • Am Endort werden die Ortsteine über mehrere Gebinde gestaffelt.. Eine andere Form der Gratdeckung ist möglich, wenn die Deckgebinde in gleichmäßigem Abstand von der Gratkante ausgespitzt werden und die Gebinde durch einen aufgelegten Ort (Strackort) überdeckt werden. Gegen äußere Einflüsse gesichert wird die Gratfuge in jedem Fall durch Überstand der Wetterseite über die der Hauptwetterrichtung abgewandte Seite. Wandanschlussdeckung Beim Anschluss an eine nicht verschieferte Wand wird eine Winkelkehle aus Blech oder PVC auf der Deckunterlage befestigt und an der Wand mit einem Überhangstreifen (Kappleiste) überdeckt.
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Die Deckung wird am Anfangort auf der Winkelkehle begonnen und mit Endort abgeschlossen. Die Ortsteine greifen so weit auf das Blech, dass eine ausreichende Überdeckung gegeben ist, aber zwischen äußerer Schieferkante und dem an der Wand liegenden Blech ein freier Wasserlauf bleibt. Auf der Dachfläche ist parallel zur Winkelkehle eine Leiste, deren Dicke der Höhe des Falzes am Blech entspricht, anzubringen. Damit vermeidet man das Zusammendrücken des Falzes beim Befestigen der Schiefer. Statt einer durchgehenden Winkelkehle können auch Schichtstücke eingesetzt werden. Schichtstücke sind kurze Blechwinkel, die für jedes Deckgebinde einen selbständigen Anschluss bilden. Eine weitere Anschlussmöglichkeit ist die Wandkehle, die den Einsatz von Blech erübrigt (siehe „Kehldeckung“). Beim Anschluss einer Schieferdeckung an eine verschieferte Wand oder Wange wird im Allgemeinen die Wangenkehle angewendet (siehe „Kehldeckung“). Wird bei einer verschieferten Wand als Anschluss die Winkelkehle aus Blech gewählt oder werden Schichtstücke eingesetzt, so entfällt der Überhangstreifen. Die Deckung der Wand greift über die Winkelkehle bzw. die Schichtstücke und leitet das Niederschlagswasser von der Wand auf die Dachdeckung.
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9.1 Eindeckungen
a) Anfangort 1 Anfangstein, 2 Stichstein, 3 Zwischenstein b) Endort, über zwei Gebinde gestaffelt c) Strackort Bild 9.52 Deckung des Grats
1 2 3 4 5 6 7
Bild 9.53 Wandanschlussdeckung mit Winkelkehle
Schalung Bahnenvordeckung Winkelkehle Kappleiste Putzhaken Hafter Auflagerleiste
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Kehldeckung Kehlen sind die gefährdetsten Teile einer Deckung, sie sind besonders sorgfältig zu decken. Mit Schiefer dürfen Kehlen erst bei Kehlneigungen über 60% (§ 31°) gedeckt werden, sie sind aber auch bei der Standarddachneigung von 75% (§ 37°) zulässig, bei der die Kehlneigung nur 52% (§ 28°) beträgt. Bei flacherer Kehlneigung sind untergelegte Kehlen aus Blech oder PVC anzuwenden. Bei eingebundenen Schieferkehlen unterscheidet man folgende Kehlarten: Hauptkehlen
Anschlusskehlen
Herzkehlen
rechte und linke Wangenkehlen
rechte Kehl
(eingehend oder fliehend)
linke Kehlen
rechte und linke Wandkehlen angehende Kehlen
Anschlusskehlen verbinden eine Dachfläche mit einer Wand oder einer Wange. Hauptkehlen verbinden Dachflächen miteinander. Herzkehlen werden von der Kehlmitte gleichmäßig zu beiden Dachflächen gedeckt.
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Anwendung bei gleichhüftigen Kehlen und etwa gleich großen Dachflächen auf beiden Seiten. Rechte Kehlen werden von der linken zur rechten Dachfläche gedeckt. Anwendung bei einhüftigen Kehlen, deren rechte Dachfläche steiler ist als die linke, und bei gleichhüftigen Kehlen, deren linke Dachfläche kleiner ist als die rechte. Linke Kehlen werden von der rechten zur linken Dachfläche gedeckt. Ihre Anwendung ist der rechten Kehle entgegengesetzt. Wechselkehlen wechseln ihre Deckrichtung im Kehlverlauf. Sie sind eine Kombination von rechter und linker Kehle. Anwendung bei wechselnden Dachneigungen. Wangenkehlen verbinden eine Dachfläche mit einer verschieferten Fenster- oder Schornsteinwange. Rechts bzw. links bezeichnen hierbei die Deckrichtung. Eingehend heißt Deckung von der Dachfläche zur Wange, ausgehend oder fließend heißt Deckung von der Wange zur Dachfläche. Fliehende Kehlen können nur bei steilen Dächern mit mehr als 120 Prozent (50°) Dachneigung gedeckt werden. Wandkehlen verbinden eine Dachfläche mit einer nicht verschieferten Wand, wobei nur der letzte Kehlstein an die Wange stößt. Rechts bzw. links geben hierbei die Lage der Kehle auf der Dachfläche mit deren Deckrichtung an.
9.1 Eindeckungen
329
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Bild 9.54 Schieferkehlen (Querschnitt, schematisch) a) Herzkehle; b) linke Kehle; c) rechte Kehle; d) linke Wangenkehle (eingehend); e) rechte Wangenkehle (eingehend); f) linke Wandkehle; g) rechte Wandkehle; h) angehende Kehle
Angehende Kehlen bilden den Übergang von einer Dachfläche zur Stirnseite eines Schornsteins oder stehenden Dachfensters. Die Kehle liegt waagerecht. Stimmen bei der Kehldeckung die Gebinde der kehle mit den Deckgebinden der Dachfläche überein, so spricht man von eingebundenen Kehlen. Werden die Deckgebinde auf die Kehldeckung ohne Übereinstimmung der Gebinde gedeckt, so handelt es sich um eine unterlegte Kehle. Eingebundene Kehlen erfordern für die Ausführung hohes theoretisches Wissen und großes handwerkliches Können. Deckung der Herzkehle Der Kehlwinkel ist mit 120 bis 160mm breiten und mindestens 24mm dicken Brettern auszuschalen. Das Kehlbrett soll an den Übergängen zur Dachfläche keine scharfen Knicke aufweisen. Es ist abzuschrägen oder mit Dreikantleisten zu versehen, die den Übergang zur Dachfläche bilden. Für die Deckung der Herzkehle werden für jedes Kehlgebinde folgende Steine benötigt:
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
• • • • • •
Herzwasserstein rechte Kehlsteine linke Kehlsteine rechter Schwärmer linker Schwärmer Kehlbindestein (Wasserstein) für Kehlauslauf rechts oder statt rechten Schwärmers und Kehlbindesteins Übergangsstein.
9 Bild 9.55 Steinformen für die Herzkehle 1 Herzwasserstein, 2 rechter Kehlstein (kantig), 3 linker Kehlstein (rund), 4..linker Schwärmer, 5 rechter Schwärmer, 6 Kehlbindestein (Wasserstein), 7 Übergangsstein
Alle Steine für die Kehldeckung muss der Dachdecker sorgfältig behauen, da von der fachgerechten Bearbeitung der Steine in hohem Maß die Regensicherheit der Kehle abhängt. So müssen alle überdeckten Längskanten der Kehlsteine und des Herzwassersteins „scharf“ behauen werden.. Weiterhin ist die Regensicherheit durch ausreichende Seiten- und Höhenüberdeckungen zu gewährleisten. • Seitenüberdeckung: • Höhenüberdeckung:
halbe Kehlsteinbreite ein Drittel mehr als bei den Deckgebinden
Vor der Deckung wird die Kehle den sichtbaren Breiten und Höhen der Kehlsteine entsprechend eingeteilt. Dabei müssen die Kehlgebinde mit den Deckgebinden am Anschlusspunkt genau übereinstimmen. Die Anzahl der Kehlsteine eines Gebindes hängt vom Kehlwinkel und der Länge der Kehle ab, sie beträgt auf jeder Seite mindestens vier Steine.
9.1 Eindeckungen
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Bild 9.56 Eingebundene Herzkehle a) beiderseitig mit Schwärmern eingebunden; b) rechtsseitig mit Übergangsstein eingebunden
Die Deckung des Kehlgebindes beginnt mit dem Herzwasserstein. Von dort aus werden die Kehlsteine nach rechts und links gedeckt. Den Übergang zu den Deckgebinden bilden links der linke Schwärmer und rechts der Kehlbindestein (Wasserstein) und der rechte Schwärmer. Da für Kehlbindestein und rechten Schwärmer sehr große Schiefer benötigt werden, ist der Anschluss zwischen Kehl- und Deckgebinde rechtsseitig mit Übergangsstein gebräuchlicher. Jeder Stein der Kehle wird mit wenigstens drei Nägeln im Bereich der Höhenüberdeckung befestigt.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Deckung der rechten und linken Kehle Der Kehlwinkel wird bei der Herzkehle mit einem Kehlbrett ausgeschalt. Das Brett steigt etwas zu der Dachfläche an, in deren Richtung die Kehle gedeckt wird. Für die Deckung eines Kehlgebindes werden folgende Steine benötigt: rechte Kehle: • Einfäller • rechte Kehlsteine • rechter Schwärmer und breiter Kehlbindestein oder Übergangsstein linke Kehle: • schmaler Kehlbindestein • linke Kehlsteine • linker Schwärmer Bearbeitung der Steine, Überdeckungen, Einteilung und Befestigung der Steine entsprechen im Prinzip dem Decken der Herzkehle. Die Deckung eines Kehlgebindes der rechten Kehle beginnt mit dem Einfäller (daher vielfach auch als Einfällerkehle bezeichnet), von dem aus nach rechts wenigstens sieben Kehlsteine gedeckt werden. Der Übergang in das Deckgebinde wird entsprechend der Herzkehle gestaltet.
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Bild 9.57 Steinformen für die rechte Kehle 1 Einfäller, 2 rechter Kehlstein (rund), 3 rechter Kehlstein (kantig) 4 rechter Schwärmer, 5 breiter Kehlbindestein
Bild 9.58 Steinformen für die linke Kehle 1 schmaler Kehlbindestein, 2 linker Kehlstein (kantig), 3 linker Kehlstein (rund), 4 linker Schwärmer
9.1 Eindeckungen
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Die Deckung eines Kehlgebindes der linken Kehle beginnt mit dem schmalen Kehlbindestein. Von ihm aus werden nach links ebenfalls wenigstens sieben Kehlsteine gedeckt, nach rechts wird ein Deckgebinde angesetzt. Der Abschluss des Kehlgebindes wird entsprechend der Herzkehle gestaltet.
9 Bild 9.59 eingebundene rechte Kehle
Bild 9.60 eingebundene linke Kehle
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bei allen Kehlen werden die Kehlsteine nach den Richtlinien bzw. Gepflogenheiten der altdeutschen Schieferdeckung verlegt. Wangen und Wandkehlen sind nach dem gleichen Grundprinzip aufgebaut wir rechte bzw. linke Kehlen. Blechkehle in der Schieferdeckung Blech- oder PVC-Kehlen sind im Prinzip untergelegte Kehlen, da die Dachdeckung der beiden in der Kehle zusammentreffenden Dachflächen auf dem Kehlblech verläuft. Die Kehlbleche werden auf der Deckunterlage mit Haftern befestigt. An den Kehlblechen wird die notwendige Überdeckung der Decksteine auf die Kehle von wenigstens 80mm durch Schnurschlag angezeichnet. Die Deckgebinde beginnen bzw. enden auf dem Kehlblech mit Ausspitzern Eindecken der Einbauteile Dachfenstereindeckung
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Dachfenster sollen so eingedeckt werden, dass die Seitenteile und das Oberteil des Eindeckrahmens von der Schieferdeckung einwandfrei überdeckt werden und dass ein ungehinderter Wasserablauf gewährleistet ist. Der Eindeckrahmen muss sich in die Deckung gut einfügen. Die rechte Ecke liegt am Rücken eines dicken Decksteins und die linke Ecke möglichst in der Mitte einer Dachsteinbreite, auf keinen Fall auf einem Decksteinrücken. Unterhalb des Dachfensters wird das Deckgebinde ausgespitzt. Die linke Seite des Blechrahmens wird durch die mit einem Endort auslaufenden Deckgebinde überdeckt. Zuletzt ist ein Deckstein mit dicker Brust zu decken. Die rechte Seite des Blechrahmens wird von dem mit einem Anfangort beginnenden Deckgebinde überdeckt. Ort- und Stichsteine müssen ausreichende Breiten haben. Es ist zweckmäßig, beide Ortgänge auf dem Fensterrahmen etwas schräg zu decken. Der Wasserablauf wird dadurch verbessert und die Gefahr der Verschmutzung verhindert Eindecken von Dachleiterhaken Leiterhaken behalten nur dann ihre Festigkeit und Zuverlässigkeit, wenn sie regensicher abgedeckt sind, damit die Schalbretter; an denen sie hängen, fest und haltbar bleiben. Die Deckung kann erfolgen: • mit Blechunterlage • ohne Blechunterlage der Haken wird in der Mitte des Blechs aufgelegt und so weit hochgezogen, dass er bei Belastung nicht auf dem Schiefer des unteren Deckgebindes lastet. Das Deckgebinde, in dem der Dachleiterhaken liegt, endet links auf dem Blech durch Endort und beginnt rechts auf dem Blech mit Anfangort. Ohne Blechunterlage werden die Dachleiterhaken eingedeckt, die direkt unter dem Firstgebinde liegen. Aber auch innerhalb der Dachfläche kann diese Eindeckungsform gewählt werden. Der Deckstein, an dessen Rücken der Haken liegt, wird am Kopf gerade behauen. Im nächsten Gebinde stößt die Decksteinspitze an den Haken. Der nächste Deckstein überdeckt den Haken, ohne dass das Gebinde unterbrochen wird.
9.1 Eindeckungen
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Bild 9.61 untergelegte Blechkehle 1 Alu-Kehlblech, 2 verzinkte Nägel, 3 Alu-Hafter, 4 vorgeschnürte Überdeckung
Oberhalb vom Kopf des Decksteins, auf dem der Haken liegt, wird ein Holzspan untergelegt, der die Belastung aufnimmt und so verhindert, dass der Schiefer zerdrückt wird. Nach gleichem Prinzip werden auch Schneefangstützen und Laufstegstützen eingedeckt. Obwohl die Schieferdachsteine im Allgemeinen zugerichtet sind müssen sie oft mit einer Haubrücke passend nachgearbeitet werden. Der Arbeitsvorgang erfolgt mit der Klinge des Schieferhammers.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.62 eingedeckte Dacheinbauteile 1 Dachfenstereindeckung, 2 Dachleiterhaken mit Blechunterlage, beiderseitig mit Orten eingedeckt, 3 Dachleiterhaken ohne Blechunterlage
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Bild 9.63 Anlegen eines Schnurschlages (Foto Schwengelbeck)
„Schnurschlag“ für die Gebindesteigerung und Höhenüberdeckung. Im Bild gut zu sehen: das typische Schieferdachdeckerwerkzeug, die Haubrücke, und der Ortgangüberstand von 6 cm. Mit der Spitze des Hammers werden die Löcher für die Schiefernägel in den Stein geschlagen (je Stein 3 Löcher). Die Nagellöcher werden in die Unterseite der Schiefersteine geschlagen. Durch den so geschaffenen „Lochtrichter“ verschafft der konisch geschlagene Nagel dem Stein einen besonders guten Halt. Bei diesen Arbeiten wird jeder Deckstein durch Abklopfen auf seinen Klang überprüft. Er sollte einen hohen Ton abgeben. Schiefersteine mit dumpfem Ton dürfen in keinem Fall verwendet werden.
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9.1 Eindeckungen
Normaler, konisch verlaufender Schiefernagel
runde Kupfernägel, Schaft aufgeraut
Bild 9.64 Einbau von Schiefernägeln
Schiefernägel Die Haltbarkeit eines Schieferdaches seit ganz entscheidend von der Qualität und der richtigen Wahl der Schiefernägel abhängig. Zu den klassischen Schiefernägeln zählen die konisch verlaufenden, doppelt geschlagenen, feuerverzinkten Nägel. Der einfache Schiefernagel hat eine Länge von 32 beziehungsweise 35 cm. Bei feuerverzinkten Nägeln muss die Dicke des Zinküberzugs mindestens 50 μ (nm) betragen. Bei Kupferdachrinnen und Kupferkehlen müssen wegen der „Elementbindung“ Kupfernägel verwendet werden. Dabei muss der Nagelschaft unbedingt aufgeraut sein. Für Kehlen beziehungsweise Ortgangdeckungen werden längere Nägel benötigt. Die so genannten „Stoppnägel“ haben eine Länge von 45 beziehungsweise 50 mm. Neuerdings werden auch Schiefernägel aus V4A-Stahl verwendet. Hier muss der Nagelschaft ebenfalls aufgeraut sein. Auch Dachgauben, Kehlen, Schornsteinanschlüsse, Ortgang, Firste, Grate bei Dächern und Fenstergewende, Türeinbindungen, Vorsprünge und Nischen bei Wänden und weitere Beispiele lassen sich mit Schiefer sehr harmonisch ausführen. Im Grat der Dächer oder an einem Turmhelm entstehen durch die seitliche Begrenzung so genannte Ortgänge. Die Ortgänge müssen ebenfalls nach den Regeln der Schieferdeckung in die normale Deckung eingebunden werden. Mit Rücksicht auf die Hauptwindrichtung werden sie mit einem Überstand von mindestens 6 cm über die Ortgebinde der Gegenseite eingedeckt. Bei der Eindeckung gibt die Ortlatte den genauen Abschluss des Ortganges vor. Auch die Firstgebinde sollten mit einem Überstand von 6 cm, bezogen auf die Hauptwindrichtung, eingedeckt werden. Haupt-, Sattel- und Wangenkehlen werden mit besonders angefertigten Kehlsteinen gedeckt. Die Grundform der Kehlsteine hat eine geringe Breite, damit die Rundungen der Kehlen besser gedeckt werden können. Die Rohform der Kehlen wird durch die entsprechende Holzverschalung vorgegeben.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.66 Schornsteineindeckung mit Ornament
Bild 9.65 Erkerausbildung
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Rechteck-Doppeldeckung Eine weitere Deckungsart, die überwiegend im 19. Jahrhundert in Norddeutschland ausgeführt wurde, ist die Rechteck-Doppeldeckung. Die Steingröße wird, wie bei der Altdeutschen Deckung, durch die jeweilige Dachneigung vorgegeben. Aus gestalterischen Gründen bekamen die Rechteck-Steine unterschiedliche Formen: Rundbogen, Segmente oder auch Spitzen. Die Rechteck-Doppeldeckung wird bei Neueindeckungen an Baudenkmälern aus dem 19. Jahrhundert aus denkmalpflegerischer Sicht wieder gefördert.
9.1.5 Sanierungsbeispiel eines Schieferdachs mit Aufsparrendämmung Der moderne Trend in der Aufsparrendämmung geht zu Kombinationen zwischen Deckung und Dämmung. Eine Entwicklung besteht in dem nagelbaren Aufsparrendämmelement und einer beliebigen Deckung aus Dachsteinen , Platten oder Schiefer. Bauphysikalisch verbinden sich damit folgende Vorteile: • • • • • • •
erfüllt die Anforderungen der Energieeinsparverordnung EnEV 2009 wärmebrückenfrei luftdicht und winddicht ohne zusätzliche Fugenabdichtung dampfdiffusionsoffen keine Dampfsperre erforderlich optimierte Schalldämmung (Schalldämm-Maß: RW = 41 dB) auch ohne Dacheindeckung über mehrere Wochen schlagregensicher
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9.1 Eindeckungen
Bild 9.67 Gegenüberstellung Aufsparrendämmung links: traditionell rechts: Thermo
Die Vorteile der Anwendung sind: • • • • • • • • • • •
entspricht den Anforderungen der Fachregeln des Deutschen Dachdeckerhandwerks sehr gut nagelbarer, nicht federnder Untergrund keine störenden Fugen keine Dachschalung erforderlich Vordeckung nicht zwingend erforderlich geringer Verschnitt und kurze Verlegzeiten durch Endlosverlegesystem Sparrenabstände bis 1,71m ermöglichen eine Holzeinsparung bis zu 54% geringere Aufbauhöhe beste Anschlussmöglichkeiten für Dachflächenfenster individuelle Gestaltung der Innenansicht: Holz, Putz, Anstrich, Tapete leichte Handhabung durch maximal 37kg pro Element
Technische Eigenschaften Das System besteht aus einem EPS Dämmkern (Expandiertes Polystyrol) nach DIN 18164, Teil 1, sowie einer oberen 19mm starken und einer unteren 16mm DWD-Holzfaserplatte. starken Agepan. Die Abmessungen der einzelnen Elemente betragen 2,50m × 0,625m bei Dämmstoff-Stärken von 80 bis 200mm, WLG 35 und Baustoffklasse B 2 nach DIN 4102.
Bild 9.68 spezielle Kantenausbildung bewirkt Schlagregensicherheit auch ohne oberseitige Fugenabdichtung
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Das Element erfüllt nach fachgerechter Verlegung die Voraussetzungen zur direkten Aufnahme einer Schiefer-Eindeckung. Hierbei übernimmt die obere 19mm starke DWD-Holzfaserplatte die Aufgabe der herkömmlichen 24mm-Schalung. Neben den hervorragenden Dämmeigenschaften entspricht das Thermo-Element den Anforderungen der DIN 4108 bezüglich Wind- und Luftdichte. Eine spezielle Kantenausbildung bewirkt Schlagregensicherheit auch ohne oberseitige Fugenabdichtungen. Bei direkter Vernagelung der Schiefer-Steine genügt der Dachaufbau den Anforderungen der DIN 4108, Teil 3, bezüglich des Dampfdiffusionsverhaltens. Zwei werkseitig eingeklebte Kompribänder verhindern konvektive Wärmebrücken, die durch Maßtoleranzen des EPSKerns entstehen könnten. Kombiniert mit Zwischensparrendämmung sind in Anlehnung an die EnEV sowie die Anforderungen des Niedrig-Energie- und Passivhauses zahlreiche Varianten möglich, die sowohl den UWert-Anforderungen als auch dem Wunsch nach geringen Aufbauhöhen gerecht werden. Ausführung
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Bild 9.69 Maßnahmen zur Schubabfangung
Die Konstruktion ist ein statisch selbsttragendes Endlosverlegesystem. Die Verlegung erfolgt im Verband. Der Stoss im Sparrenfeld ist durch die Eigenstabilität und die spezielle Kantenausbildung der Elemente problemlos möglich. So ergeben sich schnelle Verlegezeiten und geringster Verschnitt bei der Verarbeitung. Die oberseitige Markierung der Elemente schließt einen falschen Einbau aus. Zur Sicherung gegen Abrutschen beim Verlegen sind Bretter als Steighilfen aufzuschrauben.
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9.1 Eindeckungen
Variante 1: Knaggenanschluss Variante 2: Traufholzanschluss Das auf den Knaggen aufgebrachte Stirnbrett oder das Traufholz ist unbedingt fluchtgerecht einzubauen, um einen konvektionsfreien Verbund in der Fläche zu gewährleisten. Die Fasenausbildung des EPS-Kerns sorgt in Verbindung mit einer Komprimierfräsung an den Stirnseiten dafür, dass ein Verkanten bei der Verlegung ausgeschlossen ist. Baustellen-Zuschnitte können einfach und schnell mit dem Elektro-Fuchsschwanz, der Kettenoder Kreissäge durchgeführt werden. Bei Zuschnitten von Kehlen oder Gehrungsschnitten (z. B. am First) sind die aneinander zu fügenden Elemente zur Vermeidung von Wärmebrücken mit PU-Ortschaum zu verbinden. Befestigung zur Lage- und Abhebesicherung Die Befestigung der Elemente erfolgt ohne zusätzliche Konterlatte direkt in den Sparren. Zu verwenden sind selbstschneidende Holzschrauben. Befestigung des Schiefers Es gelten die Fachregeln für Dachdeckungen mit Schiefer. Folgende Befestigungsmittel sind zur Verwendung freigegeben: • • • • •
Schiefernagel, konisch geschmiedet Schiefernagel, konisch geschmiedet Haltefest, feuerverzinkt Kupferstift Schieferschraube
35mm 32mm 35mm 40mm 32mm
Anmerkung: Die Verwendung von feuerverzinkten Nägeln ist entgegen den Fachregeln möglich, da die Holzfaserplatte keine ph-aktiv wirksamen Stoffe enthält, die zu Korrosion führen könnten. Maximale Sparrenabstände In Abhängigkeit von Dachneigung und statischen Lasten sind Sparrenabstände bis 1,71m möglich. Detailanschlüsse Detailzeichnungen zu Traufanschluss, Firstanschluss usw. sowie Durchdringungen jeglicher Art, wie Dachflächenfenster, Kamin oder Lüfter, werden in der Regel vom Fachbereich Anwendungstechnik des Herstellers zur Verfügung gestellt. Durchtrittsicherheit Die Durchtrittsicherheit beim Verlegen der Elemente ist selbst bei einem fliegenden Stoss um ein Vielfaches sicherer als gefordert.
9.1.6 Technische Eigenschaften und Prüfung Schieferdeckungen sind nur dann dauerhaft, wenn zu ihrer Ausführung giter, den Güteanforderungen entsprechender Schiefer verwendet wird.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.70 Schablonen-Standardformen 1 Spitzwinkel, 2 Rechteck, 3 Schuppe, 4 Achteck, 5 Spitzort, 6 Gleichort
Bild 9.71 diverse Schablonenformen 1 Fischschuppenschablone, 2 Normalschablone (rechte Winkel an den Spitzen), 3 Literaschablone, 4 Rundblättchen
Gefordert werden: • • • • • •
keine Anzeichen von Verwitterungserscheinungen dichtes Gefüge mit 3% Porenanteil Frost- und Hitzebeständigkeit geringe Wasseraufnahmefähigkeit von 0,6% keine Haarrisse Biegezugfestigkeit von 250kp/cm2
9.1 Eindeckungen
343
• keine Schnitte (Schnitte sind feinste, mit dem Auge meist nicht wahrnehmbare Klüftungen im Schiefer, die die Schieferung durchschneiden.) • Säurebeständigkeit • nur geringer, nicht die Verwitterung begünstigender Anteil an schädlichen Bestandteilen, wie Schwefelkies, kohlensaurer Kalk und Kohlenstoff In den Schiefer produzierenden Betrieben werden regelmäßig labormäßige Prüfungen durchgeführt. Der Dachdecker kann sich ein Urteil über die Güte des Schiefers durch zwei sehr einfache Prüfungen bilden: • Durch Anreißen mit der hammerspitze lässt sich die Härte des Schiefers und das Vorhandensein größerer Mengen Kohlenstoff erkennen. Guter Schiefer zeigt eine helle Anrisslinie. Schiefer mit sehr dunkler Anrisslinie ist Rußschiefer, d.h., sein Kohlenstoffanteil ist zu hoch. Außerdem hat Rußschiefer meist noch einen hohen Anteil an Schwefelkies. Die Haltbarkeit dieses Schiefers ist gering, da Kohlenstoff aus dem Schiefer heraus gewaschen wird und Schwefelkies den Verwitterungsprozess fördert. • Durch leichtes Anschlagen mit dem Schieferhammer lässt sich das Gefüge des Schiefers beurteilen. Gute, feste Schiefer klingen hell. Ein dumpfer Klang lässt auf geringe Dichte des Materials schließen. Klirrt der Schiefer beim Anschlagen, so haften an ihm Absplitterungen, die entfernt werden müssen, oder er hat Haarrisse, die ihn unbrauchbar machen. Gerissene Schiefer sind nicht frostbeständig und nicht biegefest.
9.1.7 Unterhaltungsarbeiten Ursachen für auftretende Schäden: • • • • •
mangelhafte Qualität einzelner Schiefer abgerostete Nagelköpfe Sturmeinwirkung fehlerhafte Deckunterlage (z. B. Holz verstockt) fehlerhafte Arbeit des Dachdeckers
Zerbrochene Schiefer werden mit Hilfe von Nageleisen und Schieferhammer aus der Deckung gelöst. Neu eingesetzte Schiefer müssen in Form und Lage der vorhandenen Deckung angepasst werden. Kann der letzte Deckstein einer Reparaturstelle nicht mehr an die entsprechende Stelle innerhalb der Überdeckung genagelt werden, so wird er in Reparaturhaken gehängt. Als Reparaturhaken eignen sich verzinkte Stahlhaken, die in die Schalung eingeschlagen werden, oder Zinkblechblättchen, die aufgenagelt werden, mit biegsamen Zungen. Bei den Einschlaghäkchen wird der Schiefer mit dem Fuß in die Aufbiegung eingehängt. Bei den Zinkblechblättchen werden die Zungen am Fuß des Schiefers hochgebogen. Das blanke Nageln neu eingesetzter Schiefer ist keine dauerhafte Lösung.
9
344
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.72 Reparaturhaken für Schieferdeckung a) verschiedene Formen; b) Anwendung
9.1.8 Europäische Schiefernorm Erstmalig ist eine europäische Schiefernorm, die DIN EN 12326-1, im Oktober 2004 als rechtsverbindliche Fassung erschienen.
9
Die daraus resultierende notwendige Umsetzung in die Produktdatenblätter als Bestandteil der Fachregeln des deutschen Dachdeckerhandwerks steht unmittelbar bevor. Entscheidende Veränderungen sind vor allem in den Bezeichnungen erfolgt. Das CEKennzeichen ist künftig ebenso verpflichtend, wie die Einstufung A1, A2, T1 – T3, sowie S1 – S3. Die Kennzeichnung „A“ weist dabei auf die relative Wasseraufnahme und die Frostsicherheit des Schiefers hin, während der Buchstabe „T“ über die enthaltenen metallischen Minerale Aufschluss gibt. Der Buchstabe „S“ steht für die Widerstandsfähigkeit gegen Schwefeloxyd. Die jeweiligen Zahlenangaben sind das Maß für die entsprechende Güte des Werkstoffs, wobei eine niedrige Zahl die Höherwertigkeit des Schiefers angibt.
9.1.9 Metalldeckung 9.1.9.1 Konstruktive Vorbemerkungen Wenngleich die deutsche Dachlandschaft zum überwiegendem Teil durch keramische Dacheindeckungen geprägt ist, haben Sie sicher schon einmal vor einem patinabelegtem Kupferdach einer jahrhunderte alten Kirche oder eines anderen repräsentativen Gebäudes gestanden. Im zunehmenden Maße, wenngleich auch zu Zeit mit verhältnismäßig geringerem Aufwand kommen Metalleindeckungen in der Sanierung zum Einsatz. Und das nicht nur bei repräsentativen Bauten, mit Kupfer, sondern auch bei sanierungsbedürftigen Wohnhäusern, dort aber auch aus Kostengründen mit Aluminium. Die jüngste Entwicklung bei den Metalldeckungen ist die Eindeckung mit verzinntem Edelstahl.
9.1 Eindeckungen
345
Bild 9.73 Kuppeln des Bodemuseums in Berlin Im rechten Bild sind die Turmhauben (leider nur in Farbe erkennbar) schon von einer grünen Patinaschicht überzogen.
9
Bild 9.74 Saniertes privates Wohnhaus mit einem Aluminiumdach Im Original ist das Dach rot eingefärbt. Die Kamineinfassung besteht aus Aluminium
Noch einige Vorteile, die für ein Metalldach sprechen: • Maßlich vergleichbare Metalldachplatten wiegen 2,3–2,6 kg/m gegenüber 34–40 kg herkömmlichen Materials. Damit kann auch ein statisch schwächerer oder alter Dachstuhl benutzt werden. • Metalldächer widersprechen hohen Temperaturwechselbeanspruchungen + 35 bis 20 Grad. • Eine herkömmliche Dacheindeckung ist etwa 20 mal so dick. • Kupfer- oder Aluminiumdächer können nicht rosten, sie überziehen sich selbst mit einer Schutzschicht. • Sie weisen trotz enormer Materialfestigkeit eine gute Verformbarkeit auf, so dass auch Gauben und Luken aber auch Ecken und Kanten und Rundungen eines alten Dachs/Dachstuhls formgetreu gedeckt werden können. • Viele Einzelteile wie Antennenanschlüsse, Dachflächenfenster, Solarsysteme, Gauben Luken, Schneeschutz usw. können aus dem gleichen Material gefertigt werden. Das ist aber architektonisch gesehen Geschmacksache. Probleme können sich auch mit der Wärmedämmung ergeben
346
9
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.75 Edelstahldach an einer Schule in Genf
Beim Eindecken von Metalldächern sollte aber immer der Rat eines Fachmanns hinzugezogen werden.
9.1.9.2 Vorbereitende Arbeitsschritte für Metalldeckungen Die nachfolgend aufgezeigten Hinweise sind allgemeiner Natur für Metalldeckungen. Je nach Metallart (Kupfer, Alu oder Stahl) sind im Einzelfall noch die konkreten Anleitungen der Hersteller zu beachten! Allgemeine Hinweise • Es darf kein Wasser von Kupferteilen (Rinnen, Einfassungen, Kaminhüten, Blecheindeckungen) auf Aluminiumprodukte gelangen. Sollte dies der Fall sein so sind diese Teile unbedingt auszuwechseln, da ansonsten die Materialien korrodieren! • Am Dach gelagerte Kartonverpackungen von Metallbauteilen sind mit einer Abdeckplane gegen Regen. Verpackungen nicht stürzen oder kippen, da sonst die Fälze zusammengedrückt und dadurch das Decken erschwert wird. • BeiVollschalung keine Bretter über 160 mm Breite verwenden sondern Holzschalung nach geltender Norm (z. B. Ö-Norm, DIN usw.). • Bei Verwendung von Trennlagen sind die bauphysikalischen Anforderungen zu berücksichtigen. • Bei Deckung auf Vollschalung reinigen Sie das Dach vorher von Schmutz und Sägespänen. Es besteht sonst die Gefahr der kapillaren Undichtheit!
347
9.1 Eindeckungen
• Die offene Einheiten oder Blechteile sind bei stärkerem Wind gegen das Abstürzen durch Windeinfluss zu schützen. • Die Verwendung einer Unterspannbahn bzw. einer Unterdachausführung ist empfehlenswert. • Bei Vollschalung (mindestens 1“ Zoll stark) können Dächer sowohl mit Dachplatten, mit Dachschindeln und mit Falzschablonen verlegt werden. Für die Verlegung auf Lattenrost mit Zwischenlatte aus Dachlatten der Mindestdimension 30 × 50 mm (Bedarf ca. 5 lfm. Latten/m2) können Dachplatten verlegt werden. • Die Länge der zugerichteten Kantteile soll 3000 mm nicht überschreiten. • An den Stößen dürfen keine feste Verbindung hergestellt werden da sonst keine Dehnungsmöglichkeiten vorhanden sind. • Bei Deckungen über mehrlagige Bitumenlagen (Bitumenschindeln) benötigt man längere Dachpappstifte (28 × 40). • Für Platten, Schindeln und Falzschablonen sind nur Einfassungs- bzw. Abschlusstreifen aus Bandblech (glatt oder stucco) 1000 × 0,7 mm in Farbqualität zu verarbeiten.(ausgenommen davon ist die Farbe hellgrau – hier ist Polyester zu verarbeiten). • Nur dadurch ist die Farbgleichheit im Langzeitverhalten zu den Platten, Schindeln und Falzschablonen gewährleistet. • Dosenlacke sind nur zum Anpassen bestehender Dachteile (z. B. Rinnenhaken) geeignet. Das Überstreichen von Kratzern auf Dachplatten, Dachschindeln, Falzschablonen und Color- oder Ergänzungsbändern ist nicht empfehlenswert (Farbunterschiede im Langzeitverhalten!).
9
Einrichten der Baustelle Der ausführenden Zimmererfirma sind schon vor deren Arbeitsbeginn Lattungsmaße und Ausführungswünsche bekannt zu geben. Die Einhaltung und Kontrolle aller Sicherheitsmaßnahmen ist vor Beginn der Arbeit erforderlich. Bei steiler geneigten Dachflächen ist eine Deckhilfe zu verwenden. Vor Beginn der Dacheindeckung, ist üblicherweise eine Entwässerungsrinne zu montieren (Hängerinne oder Saumrinne/Aufdachrinne). Überprüfen des Dachunterbaus Mindestneigung bei Dachplatten: • bis 7 m Sparrenlänge • 7 – 12 m Sparrenlänge • mehr als 12 m Sparrenlänge
= ab 12° (ca. 21%) = 14° (ca. 25%) = ab 16° (ca. 29%)
Überprüfen Sie sowohl bei Neubauten als auch bei Umdeckungen von alten Dächern den richtigen Dachunterbau für ein sachgemäß verlegtes Langzeitdach.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Tabelle 9.10 Dachneigungen mit Angaben in Winkelgrad und Prozent in %
Dachneigung in Grad
50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 110 120 130 140 150 160 170
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26,6 28,8 31,0 33,0 35,0 36,9 38,7 40,4 42,0 43,5 45,0 47,7 50,2 52,4 54,5 56,3 58,0 59,5
Anstieg in cm je m 55 52 49 46 43 40 37 35 33 31 29 26 23 21 19 17 15 14
Dachplatte: 12° = 21,2%Dachschindel: 25° = 46,6% Falzschablone: 22° = 40,4% Werkzeuge „Eine gute Hand braucht gutes Werkzeug“ Dieses Sprichwort gilt auch für das abgebildete Werkzeug bei der Verlegung von LangzeitDächern. Wichtig: Scharfe Ecken und Kanten an den Klemmbacken und Führungsebenen von Falzzangen und Deckzangen sollten n abgerundet werden, um Markierungen oder Lackverletzungen zu vermeiden. Dasselbe gilt für die Finne des Eisenhammers (250–300 g).
9.1 Eindeckungen
349
9
Bild 9.76 Werkzeuge
Unterbau Eine Gemeinsamkeit aller Varianten von Metalleindeckungen sind die beiden Unterbauvarianten • Hinterlüftetes Kaltdach • Einfache Dachausbildung und ihre Eignung sowohl für Neueindeckungen als auch für Sanierungen. Hinterlüftetes Kaltdach Bei hinterlüfteten Kaltdächern wirkt sich die zirkulierende Luft sowohl im Sommer als auch im Winter positiv auf das Raumklima aus.. Auch gelegentlich anfallendes Kondenswasser kann nach außen abgeleitet bzw. getrocknet werden. Hinterlüftete Kaltdächer eignen sich aber nicht nur für Flachdächer sondern auch für die Steildächer, besonders bei ausgebauten Dachgeschossen. Dabei ist die Hinterlüftungshöhe der geltenden Norm anzupassen.
350
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bei der Verwendung von Lüftungsgittern ist die Minderung des Zugluftquerschnittes durch das Lüftungsgitter zu beachten. Neben der Zugluftöffnung ist eine Abluftöffnung z. B. durch einen Firstentlüfter für die Funktion des Kaltdaches erforderlich. Ein Vogelschutzgitter aus perforiertem Aluband an der Traufe verhindert das Eindringen von Insekten und Vögeln. Nicht hinterlüftete Warmdachaufbauten werden seit einigen Jahren auch bei Metalldächern verwendet. In diesem Fall sind die Richtlinien (insbesondere die bauphysikalischen Anforderungen) für Warmdächer laut den geltenden Fachregeln genau einzuhalten.
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Bild 9.77 Belüftete Kaltdachdeckung
Einfache Dachausbildung Verlegung auf Vollschalung Die Vollschalung muss mindestens 1 Zoll stark sein. Als Trennlage ist eine unbesandete Dachpappe zu verwenden. Verlegung auf Lattung Die Lattung sollte mindestens 30 × 50 mm stark sein. Auch hier ist unbedingt auf genauen Lattenabstand von 419 mm von Hauptlatte zu Hauptlatte zu achten. Die Zwischenlattung darf auf keinen Fall ausgelassen werden, denn sie dient u. a. als Auflage für die Schneestopper.
351
9.1 Eindeckungen
Bild 9.78 Einfache Dachausbildung
9.1.9.3 Metalldeckungen mit Kupfer In der Regel werden Kupfereindeckungen größtenteils als Bänder auf Falz verlegt.
Bild 9.79 Kupferbänder auf einer Holzunterkonstruktion
9
352
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Die Einteilung ist aber auch in Form von Schindeln und Rauten möglich. Kupfer besitzt von Natur aus alle Eigenschaften, die ein hochwertiges Baumetall auszeichnen. • • • •
edle, langlebige Oberfläche handwerklich leichte und kostengünstige Verarbeitung dauerhaft ästhetisches Aussehen kaum Nach- und Reparaturarbeiten
Zur Herstellung von Kupferbändern werden sie während der Produktion in einem speziellen industriellen Verfahren braun voroxidiert.
Bild 9.80 Schindeln
Dabei wird die Bildung der Oxidschicht, ein Prozess, der bei der natürlichen Oxidation infolge atmosphärischer Einflüsse normalerweise Jahre, bzw. Jahrhunderte dauern kann, aus dem Kupfer heraus erzeugt.
9
Fertigungstechnisch bedingt sind dabei Farbschwankungen von helleren zu dunkleren Brauntönen möglich. Diese mehr oder weniger auffälligen Farbunterschiede verschwinden im Verlauf der weitern natürlichen Oxidation. Gelegentlich im Außenwandbereich auftretende grauviolette Verfärbungen können durch eine vorbeugende Passivierung vor Ort weitgehend vermieden werden. Die mattbraune Oberfläche entwickelt sich weiter über Dunkelbraun zu Anthrazit; auf geeigneten Flächen entsteht schließlich durch die intensive Einwirkung von Niederschlagswasser das kupfertypische Patinagrün. Kupferbänder werden nach DIN EN 1172 auf modernsten Anlagen gefertigt. Sie bestehen aus Cu-DHP, d.h. Sauerstofffreiem, phosphordesoxidiertem Kupfer mit begrenztem Restphophorgehalt. Aufgrund seiner Wasserstoffbeständigkeit besitzt Cu-DHP eine sehr gute Schweiß- und Lötbarkeit; der Reinheitsgehalt beträgt mindestens 99,9 %. Cu-DHP lässt sich unabhängig von der Temperatur und der Walzrichtung ausgezeichnet umformen. Falzdeckung Bänder werden bei Dacheindeckungen vorwiegend in Falztechnik verarbeitet. Diese traditionelle Technik ermöglicht die Verbindung der Schare miteinander sowie die gleichzeitige Befestigung auf der Deckunterlage mittels eingefalzter Hafte. Mit unterschiedlichen Ausführun-
Bild 9.81 Doppelstehfalz Bandeckung belüftet
Bild 9.82 Leistendeckung nicht belüftet
353
9.1 Eindeckungen
gen der Falze, der Scharenzuschnitte, der Scharenausrichtungen usw. bietet diese Technik vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Durch entsprechende Zuschnitte sowie durch Stauchen, Strecken, Kanten und Biegen ist die Bekleidung so gut wie aller Baukörpergeometrien ohne Probleme möglich. Für die Vorbereitung der Schare stehen spezielle Maschinen zur Verfügung, die auf rationelle Weise technisch exakte Ergebnisse ermöglichen, die wiederum die Voraussetzung für eine optisch einwandfreie Fläche sind. Die Banddeckung ist die wirtschaftlichste Kupferdeckung in handwerklicher Falztechnik. Ihre optische Wirkung wird von den Stehfalzen bestimmt, die ein üblicherweise dem Wasserlauf folgendes paralleles Linienraster bilden. Für besondere Dachgeometrien oder zur besonderen Gestaltung können aber auch durch konische Zuschnitte, Diagonalausrichtungen, Rundungen usw. vielfältige Formen gewählt werden. Die arbeitsaufwändigere Leistendeckung wird vorwiegend bei Restaurierungsarbeiten verwendet, gelegentlich aber aus gestalterischen Gründen auch bei Neubauten ausgeführt.
1 Befestigen der Haltebügel (Breite: 230 mm, Materialdicke: 1,3 mm) mit Schrauben aus nichtrostendem Stahl 6,5 x 38 2 Aufklemmen der ersten Profilbahn (Breite: 465 mm, Materialdicke: 0,6 mm, Höhe der Stege: 47 mm), Bahnenlänge nach Wunsch 3 Einhängen und befestigen der Haltebügel 4 Aufklemmen der zweiten Profilbahn
Bild 9.83 Arbeitsfolge beim Verlegen von Profilbahnen
Kupferschindeln und Rauten Schindeln sind vorkonfektionierte Bekleidungselemente für Dach und Fassade mit gestalterischen und wirtschaftlichen Vorteilen. Fassaden, Dächer oder einzelne Bauteile lassen sich damit optisch anspruchsvoll und ohne großen Aufwand bekleiden. Die Verlegung der SystemSchindeln erfolgt durch einfaches Ineinanderhängen in die umlaufenden Abkantungen; die Verlegerichtung kann vertikal, horizontal oder diagonal gewählt werden. Als Deckunterlage sind alle für die Metalldeckung üblichen, in der Regel vollflächigen Unterkonstruktionen geeignet. Die Mindestdachneigung beträgt 25°. In den Anschlussbereichen können die üblichen Verarbeitungstechniken, wie Kanten, Falzen und Biegen, angewendet werden. Dadurch wird eine regensichere Ausführung von Gebäudekanten und Anschlüssen an andere Bauteile wie Fenster und Türen ermöglicht. Kupfereindeckungen unterliegen einer ständigen technischen und technologischen Entwicklung, die sie auch für Sanierungsarbeiten interessant werden lassen. Für Kupferoberflächen stehen zur Auswahl für die individuelle Gestaltung am Bau:
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354
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Kupfertafeln und -bänder mit klassischer walzblanker Oberfläche die beidseitig braun voroxidierte Ausführung mit matter Oberfläche Patina, in einem speziellen industriellen Verfahren einseitig vorpatiniert – durch Vorwegnahme jahrelanger natürlicher atmosphärischer Einflüsse. Zinn, die ideale Verbindung von Kupfer und Zinn für eine mattgraue Metalldeckung mit allen Vorteilen von TECU. Brass, der neue Werkstoff aus Messing, einer Kupfer-Zink-Legierung mit edler rotgoldener Oberfläche für eindrucksvolle Fassadenlösungen. Bronze, die wohl bekannteste Kupferlegierung bietet mit ihrer unverwechselbaren rotbraunen Oberfläche interessante neue Möglichkeiten bei der Fassadengestaltung. Gold, eine Legierung aus Kupfer und Aluminium mit dauerhaft warmgoldener Oberfläche für eine innovative Fassadengestaltung. Dachentwässerung Wie Sie schon kennen gelernt haben, lassen sich, ebenso wie bei allen Metalldeckungen, auch bei Kupfereindeckungen (fast) alle Zubehörteile wie
9
• • • • • •
vorgehängte Dachrinnen, halbrund (Länge 3 m) Dachrinnenhalter Regenfallrohre Regenrohrschellen Standrohre Zubehör
ausführen.
Bild 9.84 Kupferzubehörteile
9.1 Eindeckungen
355
9.1.9.4 Metalldeckungen mit Aluminium Aluminium ist zwar als Dacheindeckung auch oder besonders für die Sanierung wieder „neu“ entdeckt. Ende des 19. Jahrhunderts, lange vor der Automobilindustrie und vor dem Flugzeugbau, wurden die ersten Dächer mit Aluminium gedeckt. 3 berühmte Beispiele, die alle mehr als hundert Jahre „auf dem Buckel haben“: • das Dach der Kirche von San Gioaccino in Rom (1897) • die Blitzableiter-Pyramide auf dem 170 Meter hohen Washington-Memorial • die Eros Statue am Londoner Circus
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Bild 9.85 Zeißplanetarium Jena (1924)\
Eines haben diese drei Hundertjährigen gemeinsam: blankes Aluminium kann nicht rosten, im Gegenteil. Es überzieht sich selbst mit einer Schutzhaut, die sich, falls sie je verletzt werden sollte, immer wieder von selbst schließt. Dächer aus Aluminium passen sich auf Grund ihrer umfangreichen Farbgestaltung gut der Landschaft an. Auf Grund der hohen Flexibilität des Aluminiums hinsichtlich Farbgestaltung, Kosten und Anpassungsfähigkeit an die konstruktive Gestaltung des „alten Dachstuhls“ eignet sich Aluminium durchaus für Bausanierungsobjekte. Arten Metalleindeckungen aus Aluminium gibt es in den Varianten:
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.86 Varianten von Metalleindeckungen
Technische Parameter Tabelle 9.11 Technische Parameter Eigenschaften Material Größe
9 Gewicht Tragfähigkeit Dachneigung
Verlegung
Befestigung
Standardfarben
Platten beschichtetes Aluminium 0,65 mm 600 x 420 mm in verlegter Fläche (4 Dach2 platten/m ) 2 2,3 kg/m 2 mind. 800 kg/m ab 12° = ca. 21 % (bei einer Sparren-länge bis 7) ab 14° = 25 % (bei einer Sparrenlänge von 7–12 m) ab 16° = 29 % (bei einer Sparrenlänge von 7– 12 m) auf Vollschalung mind. 1 Zoll (24 mm) stark mit Unterlags bahn oder auf Dachlattung 50 x 30 mm mit Zwischenplatten 2 Stk. Aluminiumpatenthafter pro Platte 2 = 8 Hafter/pro m 10 Farben, Oberfläche stucco, auch glatt lieferbar, Sonderfarben nach RAL (Pulverbeschichtung)
Schindeln
420 x 240 mm in verlegter Fläche (10 2 Schindeln/m ) 2 2,3 kg/m 2 mind. 800 kg/m von 25° = 47 % aufwärts
Falzschablonen Zweischichtbrennlackierung 290 × 290 mm in verlegter Fläche (12 2 Falzschablonen/m ) 2 2,6 kg/m 2 mind. 800 kg/m von 22° = 40 %
in 2 Varianten auf Vollschalung mind. 1 Zoll (24 mm) stark mit Unterlagsbahn
auf Vollschalung, mind. 1 Zoll (24 mm) stark mit Unterlagsbahn
1 Stk. AluminiumPatenthalter pro Schindel = 10 2 Hafter/m 10 Farben, Oberfläche stucco, auch glatt lieferbar, Sonderfarben nach RAL (Pulverbeschichtung)
1 Stk. AluminiumPatenthalter pro Falzschablone = 12 2 Hafter/m 10 Farben, Oberfläche stucco, auch glatt lieferbar, Sonderfarben nach RAL (Pulverbeschichtung)
Durch ihr geringes Gewicht 2,3 bis 2,6 kg/m eigen sich alle drei Varianten auch für intakte alte Dachstühle.
9.1 Eindeckungen
357
9 Bild 9.87 Mit farbigen Alu – Dachplatten saniertes Dach
Beispielgebend für Alu – Dacheindeckungen sollen Sie nun das Verlegen mit Dachschindeln kennen lernen: Vor Beginn der Verlegearbeiten ist zu achten: • Auf einen gut vorbereiteten Dachunterbau, entweder als hinterlüftetes Kaltdach oder als eine einfache Dachausbildung mit einer Mindestneigung von 25° = 47%. • Dass Schindeln im Unterschied zu Dachplatten ausschließlich auf Vollschalung zu verlegen sind. Die Vollschalung muss mindestens 24 mm (1 Zoll) stark sein und von den Schindeln durch eine Lage unbesandeter Dachpappe getrennt sein. 1. Anschlagen der Saumstreifen Der Anschlag des Saumstreifens für Dachschindeln erfolgt über die gesamte Traufenlänge geradlinig mit Hilfe eines vorher durchgeführten Schnurabschlags. Dabei darf der Traufenüberstand des Saumstreifens 80 mm nicht überragen. 150 mm (Saumstreifenbreite) über der Traufe wird an der linken Giebelseite auf der Schalung eine Markierung angebracht. (= Saumstreifenoberkante). Dieser Vorgang wird an der rechten Seite wiederholt und die beiden Markierungen mit einem horizontalen Farbschnurabschlag verbunden (=Saumstreifenoberkante). Der Saumstreifen ist sturmsicher zu nageln. Anschließend erfolgt der senkrechte Winkelschlag. Dabei kann man eine ½ oder ¼ Teilung wählen.
358
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.88 Saumstreifen für Dachschindeln
Bei unterbrochenen Traufen sowie bei Dachgauben oder Kaminen ist die neuerliche Startschindel mit einem ausgewickelten Raster zu ermitteln. Die 1/3- bzw. 1/2-Einkerbung, müssen genau eingehalten werden. (Die genaue Ausführung wird an den fluchtenden Schneenasen deutlich sichtbar!). Je exakter der Anschlag der Saumstreifens erfolgt, umso einfacher lassen sich anschließend die Dachschindeln handwerklich fachgerecht verlegen.
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Bild 9.89 Anlegen des Winkelanschlags mit 1/3Teilung
2. Deckrichtung und Festlegung der Teilung Die Deckrichtung ist, bedingt durch die Form der Dachschindeln, nur von rechts nach links möglich. Man kann zwischen ½ oder ¼ Teilung wählen und dadurch die Dachoptik beeinflussen. Die Befestigung jeder Schindel erfolgt mit einem Hafter und einem feuerverzinktem Dachpappenstift 28/25.
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9.1 Eindeckungen
Bild 9.90 Teilungsvarianten
Verlegen der Dachschindeln Die Dachschindeln sind wie Dachplatten in Reihen zu decken. Die Deckung erfolgt jedoch bei Dachschindeln ausschließlich von rechts nach links.
9
Bild 9.91 Verlegerichtung
Arbeitsschritte • Die Schindeln werden einjustiert und in die Fälze eingeschoben. • Dann werden sie hochgedrückt und mit dem Hammerstiel leicht nachgestoßen. • Befestigung der Schindel an der ausgestanzten Einkerbung mit einem Hafter und einem feuerverzinkten gerillten Dachpappstift 28/25.
Bild 9.92 Einschieben der Schindeln in die Fälze
360
9 Ausführungen von Dachdeckungen
3. Montieren der Schneestopper Die Anzahl der notwendigen Schneestopper ist abhängig von der Dachneigung bzw. von der Schneelage. Richtwerte: Bei 25–30° Dachneigung: mindestens die Hälfte der Sparrenlänge mit Schneestoppern bestücken. Ab 30° Dachneigung wird die gesamte Dachfläche mit Schneestoppern bestückt.
Bild 9.93 Schneestopper in der Schindeldachfläche
Schneestopper für Dachschindeln werden auf jeder 2. Schindel montiert. Daraus ergibt sich ein Bedarf von 5 Stk./m2. Der Schneestopper wird an der Ausstanzung der Schindel hochgeschoben und mit mindestens 2 Dachpappstiften befestigt. Es entsteht ein schräg verlaufendes Muster.
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Bild 9.94 Aufteilung der Schneestopper bei einer Schindeldeckung
9.1 Eindeckungen
361
4. Einbau einer Schneerechenanlage Grundlage für den Einbau einer Schneerechenanlage ist eine Auflageplatte, die über 2 Schindelreihen reicht und an allen 4 Seiten in der Deckung eingearbeitet wird. Auf ihr wird der Alu-Schneerechenhaken montiert. Danach werden Alu-Rundstangen eingeschoben und befestigt.
Bild 9.95 Schneerechenanlage
Falzstreifenmontage bei Abdeckkappe Die Abdeckkappe wird heruntergebogen und zusammen mit dem Falzstreifen fixiert.
Bild 9.96 Falzstreifenmontage mit Abdeckkappeb
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
5. Giebelausbildung Die Dachschindel wird 30 mm im rechten Winkel zur Dachfläche hochgebogen.
Bild 9.97 Giebeloberkantenbearbeitung
• Die Oberkante des Haltestreifens wird auf die Oberkante Stirnbrett geschlagen und an und GL-Saumstreifen sturmsicher angenagelt. • Die in Bild 9.76 dargestellte Variante einer Ortgangausbildung mit hochgezogenem Stirnbrettwird dabei bevorzugt.
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Bild 9. 98 Ortgangausbildung mit hochgezogenem Stirnbrett
6. Einfassung für Schornsteine (Kamine) und Dachfenster Die Stehfalzanschlüsse werden durch Hochbiegen der Schindeln (30 mm) auf das Aufstechen der Seitenteilverblechung vorbereitet.
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9.1 Eindeckungen
Seitenteil: Die Länge des Seitenteils richtet sich nach den ganzen Schindeln. Am unteren Ende wird das Seitenteil in die Schindel eingehangen Im oberen Bereich soll das Seitenteil rund 70 mm über den oberen Umschlag ragen.
9 Bild 9.99 Seitliche Schornsteineindeckung
Vorderteil: Nach Montage der Schindeln ist der obere Plattenumschlag so auszurichten, dass es möglich ist, ein gerades Vorderteil einzuhängen.
Bild 9.100 Schindeldeckung am Schornstein (Kamin)
Hinterteil:
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Das Hinterteil wird spenglermäßig gefalzt und 20 mm über der Schindelkante wird ein 50 mm breiter Retourbug gebogen. Anschließend wird der Umschlag auf die Schindelunterkante niedergedrückt. Die nächste Schindelreihe wird in den Hinterteil eingehängt und danach wird durchgedeckt.
Bild 9.101 Einarbeitung einer Retourhalterung
7. Kehlenausbildung
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Ein Kehlenblech sollte eine Länge von 3000 mm nicht überschreiten und der seitliche Wasserfalz ist 40 mm beidseitig zu biegen.
Bild 9.102 Varianten Kehlenausbildung
Die Zuschnittsbreite richtet sich nach der Dachform und nach den Gegebenheiten. Die Deckrichtung ist immer in Richtung zur Kehle zu wählen. Dadurch wird bei einem Abrutschen von Schnee und Eis in diesem Bereich ein Hochbiegen verhindert. Folgende Besonderheit bei Dachschindeln ist zu beachten: Wenn der Schnittpunkt Kehle/Schindelstoß linksseitig mit der Kehle zusammenfällt, ist vorher eine gekürzte Schindel anzufertigen und zu montieren. Der Schnittpunkt linksseitig der Kehle sollte daher möglichst vermieden werden.
9.1 Eindeckungen
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Bild 9.103 Kehlenschnittpunkt links der Kehlseite
8. Firstausbildung Je nach Dachaufbau und Funktionalität gibt es verschiedene Möglichkeiten. Deshalb sind die Herstellerhinweise weitgehend zu berücksichtigen. Nachfolgend daher nun eine technisch allgemeine, aber weit verbreitete Firstreiterausbildung.
Bild 9.104 Firstreiter
Montage: • Mit einer Farbschnur wird die Mitte der Firstlatte markiert, um den genauen Verlauf zu garantieren. • Der Firstreiter wird danach genau an die Rillen angeschnitten und der Firstreiter mit einem Nagel befestigt. 9. Firstentlüftung Die Firstentlüftung ist wichtig für eine einwandfreie Funktion des Luftaustausches im Dachraum.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.105 Firstentlüftung
Montage:
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• Die Ausrichtung der letzten Schar soll so erfolgen, dass ein Luftspalt von 80 mm entsteht. Die Dachelemente sind ca. 40 mm senkrecht aufstellen. • Dehnfugen von ca. 5 mm sind zwischen den einzelnen Firstentlüfter einhalten und anschließend die Kleberschutzfolie des Dichtkeils ca. 50 mm abziehen und nach außen zu biegen! • Beide Verbindungsmanschetten müssen mittig eingerichtet und mit je einer ∅ 4.1 mm A Niete als Fixpunkt genietet werden. • Firstentlüfter mit Dichtschrauben (60 mm Länge) sind im Abstand von ca. 600 mm zu befestigen. • Die Montage des Firstentlüftervorkopfes erfolgt zuerst im Randbereich indem ein Abdeckblech auf 30 mm für Giebelstreifen aufgestellt wird. Anschließend sind die Giebelstreifen ansetzen. • Der Firstentlüftervorkopf ist anzupassen und mit Nieten zu befestigen. 10. Dachausstiegsfenster – Dachausstiegsluke Die Eindeckung an Dachausstiegsfenstern und Dachausstiegsluken erfolgt technisch für Dachplatten-, Dachschindeln- bzw. Falzschablonenreihen nach dem gleichen Verlegemuster. Montage: • Dachfenster im unteren Falz einhängen. (1) • Ausstiegsöffnung (Außenseite Holzrahmen) sowie Seitenteile auf Schalung oder Lattung markieren (Sparren beachten!). (2) • Dachfenster entfernen und Ausstiegsöffnung ausschneiden. (3) • Die Dacheindeckung 3 cm über die Markierung der Seitenteile decken. (4) • Den oberen Falz der Dacheindeckung aufbiegen. (5) • Die 3 cm bis zur Markierung 90° aufstellen. (6) • Fenster wieder im unteren Falz einhängen und den Fensterfalz in die aufgestellten 3 cm der Dacheindeckung legen. (7) • Den seitlichen Stehfalz im oberen Bereich nach außen legen. (8) • Den oberen waagerechten Falz nach unten kanten, beschneiden und mit Hafter bestücken. (9) • Holzrahmen des Fensters mit Dachschalung oder Lattung verschrauben. (10)
9.1 Eindeckungen
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Bild 9.106 Montageablauf an einem Dachfensterb
11. Entlüftungs- Einfassungsplatte Montage: • Die Einfassungsplatte reicht über 2 Schindelreihen und ist seitlich auf jeder beliebigen Stelle montierbar. • Schindeln werden beidseitig der Einfassung 3 cm hochgestellt. • Lüftungseinfassung aufsetzen und beidseitig Fälze und Hafter zudrücken. • Der obere Falz ist umlegen, die Oberkante herunterzubiegen sowie die nächste Schindelreihe durchzudecken.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.107 Dachschindeleindeckung an einer Entlüftungs – Einfassungsplatte
12. Froschmaulluke
9
Eine Entlüftung erzielt man mit Froschmaulluken. Sie werden in entsprechender Anzahl in die letzte ganze Reihe mit eingedeckt. Es ist darauf zu achten, dass zu den verwendeten Schindeln passende glatte oder stucco Ausführung angebracht werden. Bei Vollschalung ist die Schalung im Bereich der Froschmaullukenöffnung ausreichend auszuschneiden.
Bild 9.108 Froschmaulluke
13. Dachschindelanschluss an eine Saumrinne Der obere Saumrinnenumschlag für die Saumrinnentraufe erfolgt über die gesamte Traufenlänge gerade (horizontal). Die Saumstreifen für Schindeln sind mit einigen Bügen den Saumrinnen anzupassen.
9.1 Eindeckungen
369
9
Bild 9.109 Dachschindelanschluss an eine Saumrinne
14. Auswechseln einer Dachschindel • Öffnen des Falz mit einem Schaleisen. • Öffnen des Halters und entfernen der schadhafte Schindel. • Neue Schindel einarbeiten und ihre Falze sorgfältig einpassen. Eine fachgerechte ausgewechselte Schindel ist nicht als solche zu erkennen.
370
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Bild 9.110 Auswechseln einer Dachschindel
9.1.9.5 High-Tech-Lösungen für Dachsanierungen mit Metalldeckungen
9
9.1.9.5.1 Energiedachplatte Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass erneuerbare Energie ein wesentlicher Faktor wirksamen Umweltschutzes ist. Photovoltaik- bzw. Solaranlagen verringern die CO2 Emission und gewinnen auch bei der Dachsanierung wesentlich an Bedeutung.
Bild 9.111 Energiedachplatten (Solardachstein)
371
9.1 Eindeckungen
In diesem Dachstein wird in den Solarzellen Sonnenlicht in elektrischen Strom umgewandelt. Diese Energie kann entweder ins öffentliche Netz eingespeist oder bei Inselbetrieb selbst genutzt werden. Heutige Anlagen erzielen in unseren Breiten einen jährlichen Ertrag zwischen 800 und 900 KW/h, bei einer installierten Solarmodulleistung von 1 Kwp. Für die Erzielung einer solchen Leistung sind 64 Solarplatten notwendig.
Bild 9.112 Solar – Set
Die erzielte Leistung ist sowohl vom Wetter als auch von der Lage und der Ausrichtung der Anlage abhängig. Die maximale Ausbeute erzielt man bei einer Ausrichtung nach Süden und einer Dachneigung von 30°.
Bild 9.113 Energieausbeute in Abhängigkeit vom Anstellwinkel und der Dachneigung
Auf dem Markt sind gegenwärtig Solarplatten für Metalleindeckungen (z. B. PREFA-SolarSet). Die Entwicklung ist aber noch nicht abgeschlossen und wird zunehmend an Bedeutung gewinnen.
9
372
9 Ausführungen von Dachdeckungen
9.1.9.5.2 Tageslichtsysteme Wenngleich das Kunstlicht, vor allem in öffentlichen Gebäuden, Kaufhäusern, Produktionshallen, Hotels usw. stark zugenommen hat, wirkt es doch mit seiner gleich- bleibenden, konstanten Helligkeit, Farbe und Richtung immer etwas steril. Tageslicht wirkt sich nachgewiesener Maßen positiv auf das Wohlbefinden des Menschen aus und entspricht auch seinen natürlichen Bedürfnissen. Es erhellt nicht nur die Räume mit natürlichem Licht sondern spart auch Kosten und Energie, da Tageslicht zum „Nulltarif“ zur Verfügung steht. Eine konstruktive innovative Lösung ist ein Lichtrohr, welches durch die Dachdeckung und die Decke geführt wird. Die Rohre haben in der Regel einen ∅ 330 mm bis 510 mm. Die Rohrlänge kann je nach Dachraumhöhe und Raumplatzierung variabel gehalten werden. Die Ausleuchtung beträgt beispielsweise bei einer Raumhöhe von 2.60 m • Rohrdurchmesser 330 mm; Rohrlänge 700 mm = 15 – 20 m2, • Rohrdurchmesser 510 mm; Rohrlänge 700 mm = 20 – 30 m2, wobei die Ausleuchtung noch abhängig von der Tages- und Jahreszeit und bedecktem oder klarem Himmel ist.
9
obere Konstruktion Reflektorschirm verspiegelt • Acrylglaskuppel, klar, UV-filternd und -beständig mittlere Konstruktion • Lichtrohr, verspiegelt, vernietet, senkrecht und waagerecht verklebt untere Konstruktion • Tragring an der Decke befestigt • prismiertes Streuglas mit Dichtung • Abdeckring mit prismiertem Streuglas verklebt und mit dem Tragringverschraubt 1 Position des Lichtrohres festlegen und Dach- und Deckenöffnung herstellen. 2 Tragring an der Decke auf festem Untergrund 3 Schutzfolie vom Rohr abziehen, Rohre senkrecht und im Umfang nieten und verkleben (Dicke zeigt zum Dach), Rohr durch die Dachöffnung auf den Tragring aufsetzen. 4 Einfassung und Sturmkragen montieren und abdichten. Achtung: Das Rohr darf max. 300 mm über den Sturmkragen hinausragen. 5 Oberteil auf das Rohr aufsetzen, die Schutzfolie vom Reflektor entfernen, Reflektor nach Süden ausrichten und den Verschlussring verschrauben. 6 Glashaltering mit prismiertem Streuglas am Tragring festschrauben. 7 Berücksichtigung der Brandschutzbestimmungen. 8 Um Kondensation entgegen zu wirken, das Rohr in beheizten Räumen isolieren.
9.1 Eindeckungen
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9
Bild 9.114 Schnitt durch ein Tageslichtsystem
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
9.2 Abdichtungen 9.2.1 Konstruktive Vorüberlegungen Abdichtende Dachdeckungen werden vor allem für Flachdächer verwendet. Die Dachhaut besteht aus bituminösen Dachbahnen oder thermoplastischen bzw. elastischen Kunststoffbahnen. Die Anzahl der Lagen hängt von der Art der Bahnen und der Dachneigung ab. Bituminöse Bahnen werden zwei- oder dreilagig verlegt, Kunststoffbahnen in der Regel einlagig. Dachabdichtungen werden in Form von Bahnen auf einer Unterlage, z. B. einer Holzschalung, einer Dämmschicht oder direkt auf einer tragenden Unterkonstruktion flächig aufgebracht. Der Dachaufbau ist immer mehrschichtig, wobei grundsätzlich zwischen durchlüfteten (belüftete) zweischaligen Dächern (Kaltdächer) und nicht durchlüfteten (unbelüftete) einschaligen Dächern (Warmdächer) unterschieden wird.
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Bild 9.115 Durchlüftetes zweischaliges Dach (Kaltdach) (Prinzip in der Reihenfolge des Schichtenaufbaus) 1 Dampfbremse/Dampfsperre 2 Wärmedämmung 3 Luftschicht 4 Dachhaut 5 Oberflächenschutz
9.2 Abdichtungen
375
Auf Konstruktion, Wirkweise und Werkstoffe wurden schon im Kapitel ausführlich behandelt, deshalb an dieser Stelle nur noch einige ergänzende Anmerkungen im Rahmen der Abdichtung. Kaltdächer Kaltdächer haben grundsätzlich einen zweischaligen Aufbau. Die Möglichkeiten der Konstruktionen sind sehr vielfältig, trotzdem lässt sich Allgemeines zu den Funktionen der Schalen sagen: • Die untere Schale hat tragende, raumabschließende und wärmedämmende Aufgabe. Sie muss außerdem einen bestimmten Dampfwiderstand besitzen. • Die obere Schale hat die Aufgabe, Schutz gegen Niederschlag zu bieten und das anfallende Wasser abzuleiten.
9
Bild 9.116 Nichtdurchlüftetes einschaliges Dach (Warmdach) (Prinzip in der Reihenfolge des Schichtenaufbaus) 1 Balken 2 Dachschalung 3 Gleitschicht 4 Dampfbremse/Dampfsperre 5 Wärmedämmung 6 Dachhaut 7 Oberflächenschutz
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Die untere Schale wird ähnlich wie bei Holzbalkendecken ausgebildet. Die Wärmedämmschicht liegt auf der unteren Deckenverkleidung. Darüber entsteht der für die Belüftung erforderliche Hohlraum. Die Dachschalung kann entweder direkt auf die Balkenlage oder auf darüber angeordnete Querhölzer aufgenagelt werden. Auf der Dachschalung liegt die Dachhaut. Warmdächer Warmdächer sind einschalig unbelüftete Dächer, bei denen sich die tragenden Teile (Balken, Dachträger, Dachschalung) im „warmen“ Bereich, also unterhalb der Wärmedämmschicht, befinden. Die Konstruktion muss so ausgeführt werden, dass die Raumluft möglichst ungehindert an die tragenden Teile kommt. Sollte aus gestalterischen Gründen eine Unterdecke gewünscht werden, so ist diese mit offenen Fugen herzustellen. Bei Warmdächern liegt auf der Dachschalung eine Dampfsperre mit hohem Dampfdurchlasswiderstand, darüber die Wärmedämmschicht. Zwischen der Wärmedämmschicht und der Dachhaut muss eine Dampfdruckausgleichsschicht eingebaut werden.
9.2.2 Aufgaben und Aufbau der Schichten 9.2.2.1 Dampfsperre – Dampfbremse
9
Die Dampfbremse unter der Wärmedämmschicht setzt den Dampfdurchgang herab. Sie ist vor allem dann erforderlich, wenn in den darunter liegenden Räumen bei normalen Raumtemperaturen mit einer sehr hohen Luftfeuchtigkeit zu rechnen ist. Die Dampfsperre unter der Wärmedämmschicht verhindert das Eindringen von Wasserdampf und dessen Kondensation. Eine durchfeuchtete Wärmedämmschicht hätte nur noch sehr geringen Dämmwert. Die Anordnung von Dampfdichten ist daher grundsätzlich notwendig.
Bild 9.117 Konvektionswärmeverlust
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9.2 Abdichtungen
Untersuchungen haben gezeigt, dass in wärmegedämmten Gebäuden viel warme Luft durch Lecks in der Gebäudehülle verloren geht (Konvektions-Wärmeverlust). Die Raumheizung wirkt wie ein Durchlauferhitzer: Warme Raumluft steigt auf, bedingt durch den thermischen Auftrieb (Heissluftbalon-Effekt), und entweicht durch die Lecks im Dach, kalte Aussenluft strömt durch Lecks im unteren Bereich nach. Bauschäden durch Tauwasser und Lecks
Bild 9.118 Bauschäden durch Tauwasser
1 Bauschäden durch Tauwasser Ein 4- bis 5-köpfiger Haushalt produziert so viel Wasserdampf in einer Woche, dass man damit eine Badewanne füllen könnte (abhängig auch von Zimmerpflanzen, Haustieren, Luftbefeuchter etc.). Falls +20° C warme und feuchte Raumluft durch Lecks in der luftdichten Schicht in die Wärmedämmung bzw. in die Holzkonstruktion eindringt und dort auf -10° C kalte Aussenluft trifft und abkühlt, fallen pro m3 Luft max. 15,1 g Tauwasser an – denn +20° C warme Luft kann max. 17,3 g/m3 Wasser aufnehmen, -10° C kalte Luft nur 2,2 g/m3. Nasse Dämmstoffe verlieren massiv an U-Wert, nasse Holzteile werden von Schimmelpilz befallen und verrotten. Die Reparatur solcher Bauschäden ist sehr zeitraubend und teuer! Die Wasserdampfmenge, die durch unkontrollierte Konvektion durch ein Leck in der luftdichten Schicht in kalte Bauteile transportiert wird, ist weitaus größer als jene, die durch kontrollierte Diffusion durch die Dampfsperre gefördert wird. Bei kontrollierter Diffusion entsteht kein Bauschaden durch Tauwasser, sofern der Schichtaufbau der Sd1-Werte stimmt.
Bild 9.119 Typische Leckstellen
1
Sd – Wert (diffusionsääquivalente Luftschichdicke) = der sd – Wert gibt an , wie lange Wasserdampf für seine Wanderung durch ein Bauteil braucht, d.h. wie dampfdicht ein Baustoff ist.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
1 Leckstelle bei der Durchdringung von Dampfbremse/-sperre • • • • •
Dunst- und Elektrorohre Sparren, Pfetten, Balken Dachfenster Fenster und Türen Steckdosen
2 Leckstelle bei der Überlappung von Dampfbremse/-sperre • • • •
glatte bis leicht raue Folien Vliese, Pappen Aluminium harte Holzwerkstoffplatten
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Bild 9.120 Weitere Verluststellen
3 Leckstelle beim Anschluss von Dampfbremse/-sperre auf unebenes Mauerwerk • glatte bis leicht raue Folien • Vliese, Pappen • Aluminium 2 Wärmeverlust durch Lecks Für den notwendigen Luftaustausch im Gebäude ist die regelmäßige, kurzzeitige Stosslüftung am besten geeignet. Sehr gut sind auch mechanische Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. Schlecht ist der unkontrollierte Luftwechsel über Lecks in der Gebäudehülle. Er führt neben Tauwassergefahr zu Wärmeverlust und zu einem größeren Heizbedarf. 3 Zugerscheinungen Durch Lecks strömt kalte Außenluft herein, und es kommt zu Zugerscheinungen – besonders an windreichen oder kalten Tagen (Durchlauferhitzer-Effekt). 4 Belastete Luftqualität Durch die Lecks dringen in den Wohnbereich ein: • Gerüche aus der Nachbarwohnung oder von außen • staubbelastete Luft aus Dämmstoffen • mit Schimmelpilzsporen belastete Luft aus dem Keller
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9.2 Abdichtungen
5 Geringer Schallschutz Zur Erreichung eines besseren Schallschutzes gegen Außenlärm und Lärm zwischen den Wohnungen muss luftdicht gebaut werden. Als luftdichte Schicht wird bei Dach/Fassade ohne Hinterlüftung eine Dampfsperre (Sd > 100 m), mit Hinterlüftung eine Dampfbremse (Sd > 2 m) verwendet – das gilt bei Normalanforderung bis 22° C und 65% relativer Luftfeuchtigkeit, bei erhöhter Anforderung muss eine Dampfsperre eingebaut werden. Die luftdichte Schicht muss immer auf der warmen Seite der Wärmedämmung eingebaut werden.
Bild 9.121 Dampfbremse/Dampfsperre
Die Luftdichte eines Gebäudes kann einfach und schnell mit dem Blower-Door-Verfahren überprüft werden. Dabei wird bei geschlossenen Fenstern und Außentüren mit einem Ventilator, bei konstantem Unterdruck (50 Pascal), Raumluft aus dem Haus geblasen. Diese entweichende Raumluftmenge wird gemessen. Sie entspricht der Außenluftmenge, die über Lecks in der Gebäudehülle ins Innere des Hauses nachströmt. Wird der Grenzwert n50 ¹ überschritten, gilt das Gebäude als undicht (zuviel KonvektionsWärmeverlust). Der Verarbeiter haftet für die Reparatur und für Bauschäden.
Bild 9.122 Messung nach dem Blower - Door – Verfahren
n50 In der DIN 4108-7 sind die n50 – Werte festgeschrieben. Bei Fensterlüftung darf die volumenbezogene Luftdurchlässigkeit nicht mehr als 3,0 je Stunde betragen, bei Abluftanlagen und Niedrigenergiehäusern 1,5 je Stunde. Auffinden von Leckstellen Um Leckstellen wirksam zu schließen, muss man sie erst einmal auffinden.
9
380
9 Ausführungen von Dachdeckungen
Dazu gibt es drei bewährte Methoden: 1 Messung mit Wärmebildkamera (Thermographie) 2 Luftgeschwindigkeitsmessung mit Luftgeschwindigkeitsmessgerät (Thermoanemometer) 3 Sichtbarmachen mit Rauch Die EnEV 2009 verlangt im Abschnitt 2 §5 explizit den Einbau einer luftundurchlässigen Schicht. Das Fehlen oder der Funktionsmangel dieser luftdichten Schicht ist eine Ordnungswidrigkeit. Die Gewährleistung hat der Verarbeiter zu übernehmen. Dampfsperren, die eine hochdichte Sperrwirkung haben sollen, werden im Allgemeinen aus Dichtungsbahnen mit Metalleinlagen (Kupfer oder Aluminium) oder aus Kunststoffbahnen hergestellt. Kalottengeriffelte Metallbänder Kupferband, 0,1 mm dick³) Kupferband 0,2 mm dick³) Edelstahlband, 0,05 bis 0,065 mm³) Dampfsperren aus Bitumenschweißbahnen, Glasgewebe-Dichtungsbahnen und GlasvliesBitumen-Dachbahnen weisen unterschiedlich geringere Sperrwirkung auf.
9
Die Bitumendachbahnen werden in der Regel, Aluminium-Dichtungsbahnen aber in jedem Falle vollflächig mit Heißbitumenklebemasse auf die Gleichtschicht aufgeklebt. Alle übrigen Dampfsperrbahnen werden je nach Stoffeigenschaft lose verlegt oder punktweise verklebt. Die Stöße (Längs- und Querstöße) müssen mit mindestens 8 cm Überdeckung verklebt werden. Dabei hat die Dampfsperre die Aufgabe, das Eindringen von Wasserdampf und dessen Kondensation in der Wärmedämmschicht zu vermeiden. Bei loser Verlegung benötigen die Bahnen aber eine ausreichende Auflast, z. B. Kiesschüttung. Unter der Dampfsperre wird zweckmäßig eine Gleichschicht vorgesehen, welche eventuell Bewegungen der Dachschalung ausgleicht und zusätzlich etwas dampfsperrend wirkt. In der Regel besteht die Gleichschicht aus einer unterseitig bekiesten Glasvliesbitumendachbahn, welche auf die Dachschalung aufgenagelt wird. Während bei Warmdächern eine Dampfbremse-, -sperre mit hohem Dampfdurchlasswiderstand erforderlich ist, genügt bei Kaltdächern eine Verlegung handelsüblicher Dampfsperrbahnen. Sie müssen mit ausreichend überlappenden Stößen befestigt werden (geklebt oder genagelt). Dampfbremsen-, -sperren müssen an den Stößen oder/und an Durchdringungen wie • • • •
Dunst- und Elektrorohre Sparren, Pfetten, Balken Fenster und Türen Steckdosen
durch Bänder verklebt werden. Dabei müssen die Untergründe und die Dampfbremsen tragfähig, trocken, staub- und fettfrei sein. Die Bänder, in der Regel aus dem gleichen Werkstoff wie die Dampfbremse-, sperre müssen mit einem dehnbaren (der Baudehnung folgend) alterungsbeständig Acryl-Klebstoff verklebt werden.
9.2 Abdichtungen
381
9 Bild 9.123 Luftdichtes Überkleben einer Dampfbremse mit einem Klebeband
Wichtig ist, dass keine ungeeigneten (mit Kautschuk, Harz oder Lösemittel versetzte) oder unerprobte Klebebänder/-massen verwendet werden. Es besteht die große Gefahr, dass die Klebestellen zu Leckstellen werden und damit Bauschäden entstehen. Verwendet werden ausschließlich praxiserprobte Spezial-Klebebänder und Klebemassen, damit alle Klebestellen über Jahrzehnte luftdicht bleiben.
9.2.2.2 Wärmedämmschicht Die Aufgaben der Wärmedämmschicht sind, • den Wärmeaustausch zwischen den unter dem Dach liegenden Räumen und der Aussenluft kleinzu halten und • dafür zu sorgen, dass kein Kondenswasser unterhalb der Dampfbremse entsteht (Die Taupunkttemperatur der Raumluft muss sich bei richtigem Dachaufbau so weit nach der kalten Seite hin verlagern, dass sie über der Dampfbremse und somit in der Wärmedämmschicht liegt.). Diese Forderungen sind maßgebend für die Bemessung der Wärmedämmschicht. Die Dicke der Wärmedämmschicht ergibt sich aufgrund der Forderungen des baulichen Wärmeschutzes nach DIN 4108 und der Energieeinsparverordnung 2009.
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
Als Wärmedämmstoffe werden hauptsächlich mineralische Faserdämmstoffe in Form von Matten oder Platten oder Platten aus Schaumkunststoff verwendet. Bei Verwendung geeigneter Dämmstoffe kann die Wärmedämmschicht gleichzeitig auch als Gefälleschicht ausgebildet werden. Dabei muss beachtet werden, dass der erforderliche Wärmedämmwert an jeder Stelle vorhanden ist. Damit kann die Wärmedämmschicht ihre Aufgaben, den Wärmeaustausch zwischen der Außenluft und den Räumen klein zu halten, die temperaturbedingten Längenausdehnungen zu mindern und dafür zu sorgen, dass kein Kondenswasser unterhalb der Dampfsperre entsteht, erfüllen.
9.2.2.3 Luftschicht Die Belüftung findet zwischen der Wärmedämmschicht und der oberen Schale statt. Der Luftraum muss sich über die gesamte Dachfläche erstrecken. Be- und Entlüftungsöffnungen müssen in ihrer Größe und Anordnung so ausgeführt sein, dass die mit Wasserdampf angereicherte Luft ohne Stau in allen Bereichen abgeführt werden kann.
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Die Belüftungsöffnungen an der Traufe sollen bei Dachneigungen über 5° etwa 1/600, die Entlüftungsöffnungen am First 1/500 der zu entlüftenden Dachgrundfläche betragen. Bei Dächern unter 5° Dachneigung sollen Be- und Entlüftungsöffnungen insgesamt 1/500 der Dachgrundfläche betragen. Der zu belüftende Dachzwischenraum oberhalb der Wärmedämmung sollte mindestens 20 cm hoch sein.
9.2.2.4 Dampfdruckausgleichschicht Die Dampfdruckausgleichschicht soll Dampfdruckunterschiede in der Dachfläche ausgleichen und Temperaturbewegungen der Dachabdichtung ermöglichen. Dies wird durch eine zusammenhängende Luftschicht unterhalb der Abdichtung erreicht. Die Aufgaben der Dampfdruckausgleichschicht bestehen darin, den aus eingeschlossener und einwandernder Feuchtigkeit entstehenden Dampfüberdruck auszugleichen sowie eine Beweglichkeit der Dachhaut zu ermöglichen. Diese Luftschicht kann auf verschiedene Arten hergestellt werden: • Die erste Lage der Dachabdichtung wird nur punktweise verklebt bzw. lose verlegt. • Verwendung von Dichtungsbahnen mit werkseitig aufgeklebten Kaschierungsstreifen. • Zwischen Dämmschicht und Abdichtung wird eine vollflächige Trennschicht (z. B. Polyestervlies) gelegt. Die Verklebung erfolgt durch 3...4 tellergroße Klebepunkte/m2 oder 3...4 Klebestreifen pro m Bahnenbreite. Die Überdeckungen werden voll verklebt. Werden diese Bahnen auf Stahltrapezblechen verlegt, können zur teilweisen Verklebung auch Kaltklebemassen (Bitumen, PURoder Kunststoffkleber) verwendet werden. Die erste Abdichtungslage auf Holzwerkstoffen bzw. auf Stahltrapezblechen kann mit Nägeln bzw. Dübeln und Schrauben befestigt werden. Die Nahtüberdeckung wird voll verklebt. Bei der Verwendung von Schaumglasdämmstoffen wird die Abdichtung vollflächig ohne Dampfdruckausgleichschichten verklebt. Auf Mineralfaserdämmstoffen kann die Abdichtung vollflächig verklebt werden, da der Dampfdruckausgleich in der Dämmschicht erfolgt.
9.2 Abdichtungen
383
9.2.2.5 Dachschalung Die Dachschalung hat die Aufgabe, die Dachbelastung auf die Querhölzer oder das Dachgebälk zu übertragen und der Dachhaut eine ebene, geschlossene Auflage zu bieten. Dachschalungen werden bei Wohngebäuden aus gespundeten Brettern (nach DIN 4072) oder aus plattenförmigen Holzwerkstoffen hergestellt. Dächer bei Hallen oder hallenartigen Bauwerken können u.U. auch Dachschalungen aus ungehobelten Brettern oder Bohlen erhalten. Als plattenförmige Holzwerkstoffe kommen Holzspanplatten nach DIN 68761 und Bau-Furnierplatten nach DIN 68705 zur Verwendung. Diese Platten müssen witterungsbeständig verleimt (V100 bzw. AW 100) und mit einem Schutzmittel gegen holzzerstörende Pilze behandelt sein (Kennzeichnung durch den Buchstaben „G“). Die Stützweiten von Spanplatten dürfen in der Regel 1,50 m, die von Bau-Furnierplatten 1,75 m nicht überschreiten. Um eine gute Entwässerung zu gewährleisten, soll die Dachschalung so aufgebracht werden, dass eine Mindestneigung von 3° vorhanden ist. Dies kann durch Keile unter den Platten oder durch eine Überhöhung der Träger hervorgerufen werden. Die Verbindungsmittel (Nägel, Schrauben oder Schraubennägel) müssen verzinkt oder auf andere Weise dauerhaft gegen Korrosion geschützt sein.
9.2.2.6 Dachhaut Die Dachhaut hat die Aufgabe, das Gebäude vor Niederschlagswasser zu schützen. Zwischen Dachschalung und Dachhaut muss eine Gleitschicht vorgesehen werden, um Bewegungen der Dachschalung auszugleichen. In der Regel besteht sie aus einer unterseitig bekiesten Glasvliesbitumenbahn, die auf die Dachhaut genagelt wird. Für die Herstellung der Dachhaut kommen folgende Stoffe zur Verwendung: • bituminöse Dachbahnen und Bitumenschweißbahnen • Kunststoffdachbahnen (bitumenverträglich) in Verbindung mit bituminösen Stoffen (Polymer-Bitumen-Dachdichtungsbahnen) • Kunststoffbahnen, einlagig lose verklebt • flüssige Kunststoffe für nahtlose Beschichtungen Es wird grundsätzlich vollflächig verklebt. Bitumen-Schweißbahnen werden im Aufschmelzoder Flammschmelzklebeverfahren verlegt. Dabei wird die Bitumendeckschicht der Schweißbahnen so erhitzt, dass sie schmilzt und sich dadurch mit der anderen Schicht fest verbindet. Längs- und Querstöße sind mit mindestens 8 cm Überdeckung auszuführen.
9.2.2.7 Oberflächenschutz Der Oberflächenschutz hat die Aufgabe, die Dachhaut vor mechanischen Einwirkungen zu schützen, die Verwitterung der Dachhaut zu vermeiden und die Aufheizung des Daches herabzusetzen. Außerdem erhöht ein schwerer Oberflächenschutz die Sturmsicherheit des Daches. Eine Kiesschüttung als Oberflächenschutz ist bis 5° Dachneigung anwendbar. Sie ist aus gewaschenem Kies, Korngröße 16 mm bis 32 mm und aufwärts, lose und mit durchgehend gleicher Dicke aufzubringen. Die Dicke der Schüttung sollte mindestens 5 cm betragen. Bei bituminöser Dachhaut wird vorher ein heißflüssiger Deckanstrich aufgetragen und eine Polyethylen-Folie als Trennlage verlegt. Soll das flache oder gering geneigte Dach (bis 3° Dachneigung) begehbar sein, werden Betonplatten mit Kantenlängen nicht unter 40 cm schwimmend, d.h. in einem Sand- oder Kiesbett,
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9 Ausführungen von Dachdeckungen
verlegt. Bei bituminöser Dachhaut sind wie bei der Kiesschüttung ein heißflüssiger Deckanstrich und eine Trennfolie einzubauen. Das Gewicht der Auflast steigt mit der Höhe des Gebäudes (unter 8 m bis über 20 m) von 40 auf 80 kg/m2 im Innenbereich des Daches und von 80 bis 160 kg/m2 im Randbereich.
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren 10.1 Konstruktive Vorbemerkungen Dachkonstruktionen haben, neben der vorrangigen Aufgabe der Niederschlagsableitung, alle Funktionen einer Außenwandkonstruktion zu erfüllen, sobald ein Aufenthaltsraum angrenzt. Bei historischen Gebäuden ist diese Doppelfunktion selten anzutreffen. Die damals zur Verfügung stehenden Baustoffe waren zur Erfüllung dieser Aufgabe nicht gut geeignet. Vor allem in der Gründerzeit entstanden in verstärktem Umfang Dachraumnutzungen in Mansardengeschossen. Die Abweisung des Niederschlags war durch die starke Dachneigung unproblematisch. Und porige Materialien wie Bims- und Hüttensteine sowie später Holzwolleleichtbauplatten boten einen zumindest geringen Wärmeschutz. Hoher Heizbedarf im Winter und hohe Temperaturen im Sommer machten Dachwohnungen nicht zum Domizil der Privilegierten. Die Siedlungshäuser der 30er und 50er Jahre wurden in kompakter Bauweise mit ausgebauten Dachgeschossen errichtet. Durch die Entwicklung im Bereich der Dämmstoffe und der Dachbahnen wurde in den darauf folgenden Jahren der Dachgeschossausbau standardmäßig ausgeführt. Vor allem in den Ballungsgebieten wurde der nachträgliche Ausbau zum Ende der achtziger Jahre gefördert, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Bei den Energiepreisen ist nur eines sicher: sie werden steigen. Zum Glück gibt es einen Ausweg aus dieser Kostenfalle: dämmen. Denn die besten Brennwertkessel, die schönsten Solarzellen nützen nichts, wenn teuer bezahlte Wärmeenergie durch Dach, Wand oder Boden verloren geht.
Bild 10.1 Wärmeverluste am Dach
Bild 10.2 Wärmeverluste durch Wärmebrücken
Auf das Dach entfallen rund 15% der Wärmeverluste Wärmebrücken, können durch den Sparren entstehen, Damit können sich die Energieverluste bis zu 20 % erhöhen. Seit dem 01.Oktober 2009 ist die neue Energieeinsparverordnung gültig. In den nachfolgenden Jahren erfolgten weitere Präzisierungen. Die Niedrigenergiebauweise ist von nun an Standard und das Ziel ist eine Senkung des Heizenergiebedarfs um 30 %. Wärmebrücken müssen noch gründlicher vermieden werden. Die Gebäudehülle muss noch konsequenter luftdicht ausgeführt werden.
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_10, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Richtiges Dämmen hilft aber auch der Umwelt, durch Einsparung von Kohlendioxid, denn jeder gesparte Liter Heizöl bedeutet 3 kg gespartes Kohlendioxid. Je schlechter ein Stoff die Wärme leitet, umso besser ist er als Dämmstoff geeignet. Die entscheidende Kennzahl hierbei ist die Wärmeleitfähigkeit W/(mK). Je kleiner der Wert, desto besser die Dämmleistung. Auf den U-Wert kommt es an. Die nachfolgende Tabelle veranschaulicht Dämmstoffdicken nach EnEV 2009. Tabelle 10.1 Richtwerte für Dämmungen (Anforderungen nach EnEV 2009) U-Wert Bauteil auf den Sparren
Altbau 0,30 W/(m2K)
Dicke λ = 0,025 W/(mK)
80 mm
140 mm
Dicke λ = 0,030 W/(mK) Bauteil Flachdach
100 mm
160 mm
Dicke λ = 0,025 W/(mK)
100 mm
140 mm
120 mm Dicke λ = 0,030 W/(mK) Bauteil zwischen und unter den Sparren 40 mm Dicke λ = 0,025 W/(mK)
160 mm
Dicke λ = 0,040 W/(mK)
10
80 mm
Neubau 0,18 W/(m2K)
60 mm 140 mm
Es ist also möglich mit geringeren Dämmstoffdicken auszukommen bzw. bei gleichen Dicken höhere Dämmwerte zu erzielen. Der Hochleistungs-Dämmstoff PUR/PIR überzeugt mit der sehr geringen Wärmeleitfähigkeit. Daher bieten Dämmsysteme aus PUR/PIR-Hartschaum in der Wärmeleitfähigkeit? ≤ 0,025 W/(mK) und ? ≤ 0,030 W/(mK) bestes Dämmvermögen bei geringsten Dicken.
Bild 10.3 Dämmstoffdicken im Vergleich
10.1 Konstruktive Vorbemerkungen
387
Wichtiger Hinweis: Für Immobilien wurde 2006 für alle EU-Staaten ein Energieausweis eingeführt, der über die energetischen Gebäudeeigenschaften informiert. Er ermöglicht den Vergleich zwischen den Objekten und der Eigentümer muss ihn bei Verkauf vorlegen. Zur Zeit kommen drei unterschiedliche Dämmsysteme sowohl beim Neubau als auch in der Sanierung zur Anwendung. Zwischensparrendämmung Bietet sich vor allem in der Altbausanierung an. Hier kann das Dämmmaterial in Rollen oder Keilform zwischen die Sparren geklemmt werden.
Bild 10.4 Dämmung zwischen den Sparren
Eine zwischen den Sparren eingebaute Dämmschicht kann problemlos in Eigenleistung aufgelegt werden. Zudem kann diese Maßnahme auch später jederzeit nach der Eindeckung des Daches erfolgen. Untersparrendämmung Vorteil, dass die Sparren gleich mitgedämmt werden, was sonst die Gefahr von Wärmebrücken nach sich ziehen könnte.
Bild 10.5 Dämmung unter den Sparren
10
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Aufsparrendämmung Die Dämmung oberhalb der Sparren wirkt wie ein schützender Mantel für das Dach und bietet sich vor allem dann an, wenn die Dachdeckung ohnehin neu vorgenommen wird. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Dacheindeckung Dachlatte Konterlatte Unterspannbahn Dachsparren belüfteter Hohlraum Wärmedämmung Dampfsperre Schalung Spanplatte Gipskartonplatte Bretterrost
10 Bild 10.6 Dämmung auf den Sparren
Beim nicht ausgebauten Dach wird die Dämmschicht am besten auf die obere Geschossdecke aufgebracht. Soll das Dachgeschoss als Wohnraum genutzt werden, dämmt man dagegen in der Regel die gesamte Dachfläche. Die bautechnisch und bauphysikalisch optimale Dachdämmung ist eine über den Sparren liegende Dämmschicht, die die gesamte Dachfläche wie eine lückenlose Haut abdeckt. Alle Systeme weisen Vor- und Nachteile auf, die für die jeweilige Anwendung durch den Planer und das ausführende Unternehmen objektbezogen und ausführungsgerecht einzuschätzen sind. Eine wesentliche Rolle für die Entscheidung für eine Variante wird es sein, in welcher Form die Konstruktion den Forderungen der Energieeinsparverordnung EnEV gerecht wird. Auch hier gilt der methodische Grundsatz, die Entwicklung weiter zu verfolgen. Über diese grundsätzlichen Forderungen hinaus sind für ein lange funktionsfähiges Dach noch folgende Parameter von hoher Bedeutung. • Einsatz bewährter und neuer, moderner Baustoffe. • Maßgeblich für die Auswahl und Dicke der Dämmstoffe ist die neueste Energieeinsparverordnung (gegenwärtig EnEV 2009 vom 01.10.2009). • Die (noch) funktionsfähige Statik der Dachkonstruktion.
389
10.2 Lüftung und Wärmeschutz
• Kein Schädlingsbefall der hölzernen Konstruktionsglieder. • Sind die Sparren für die vorgesehene Konstruktion ausreichend - notfalls sind sie zu verstärken oder es ist ein anderes Dämmsystem vorzusehen. • Die EnEV ist geltendes Recht und liegt nicht im Ermessen des Bauherrn. Ziel ist es, den Jahresenergieverbrauch an Heizwärme und Warmwasserbedarf, sowie den Verlusten aus der Anlagentechnik zu ermitteln, um damit den Primärenergieverbrauch und den CO2 Ausstoß zu senken. • Das bauphysikalisches Gleichgewicht zwischen Außenluft und Dachinnenraumist angemessen einzustellen bzw. bei ausgebautem Dachgeschoss durch konstruktiv ausgereifte Wärmedämmung abzusichern.
10.2 Lüftung und Wärmeschutz Die bautechnischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben das traditionelle Steildach verändert. Der ehemals ungenutzte Dachboden, der mit seinem großen Luftvolumen einen kontinuierlichen Temperatur- und Feuchteausgleich bewirkte, erhielt mit der Unterspannbahn/Unterdeckbahn einen zusätzlichen Schutz gegen Eintrieb von Staub, Schlagregen und Flugschnee. Die Fachregeln des Dachdeckerhandwerks schreiben folgerichtig heute den Einbau einer Unterspannbahn/Unterdeckbahn oder andere zusätzliche Maßnahmen vor. Unter Berücksichtigung eines ausreichenden Wärmeschutzes kann das Dachgeschoss so ausgebaut und als Wohnraum genutzt werden. Früher: Das traditionelle Steildach mit belüftetem, ungenutztem Dachraum.
Verbessert: Schutz des Dachbodens gegen Schlagregen und Flugschnee durch Unterspannbahn/Unterdeckbahn als zusätzliche Maßnahme.
Heute: Unterspanntes, gedämmtes Dachwohngeschoss mit zwei Lüftungszonen.
Heute: Unterspanntes, vollgedämmtes Dachwohngeschoss mit einer Lüftungszone.
Bild 10.7 Lüftungsentwicklung im Dachraum
10
390
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
• Ein zuverlässiger Schutz der Wärmedämmung vor Feuchtigkeit! Um das wohnliche „Klima“ im ausgebauten Dachraum auf Dauer zu erhalten, müssen Dämmung und Dachkonstruktion sicher vor Feuchtigkeit geschützt werden. • Eine raumseitig angeordnete Luft- und Dampfsperre verhindert, dass Raumluftfeuchte in die Dämmung eindringen kann. Die luftdichte Verklebung der Bahn sorgt dabei für eine noch höhere Energieeinsparung. • Von außen sorgt die Unterspannbahn/Unterdeckbahn dafür, dass Flugschnee oder Schlagregen die Dämmung nicht durchfeuchten kann. • Bei konventionellen Dächern verhindern zwei Lüftungszonen die Kondensatbildung in der Dachkonstruktion: die unterhalb der Unterspannbahn/Unterdeckbahn liegende Lüftungszone führt eventuell eindringende Raumluftfeuchte ab. Die Zone über der Unterspannbahn/Unterdeckbahn gewährleistet die Unterlüftung von Lattung und Ziegelunterseite. • In modernen Dachkonstruktionen mit diffusionsoffenen Unterdeckbahnen kann auf die untere Lüftungszone verzichtet werden, denn der begrenzte Austausch der Luftfeuchte erfolgt hierbei auf dem direkten Weg durch die Bahn hindurch. Hierbei lässt sich zusätzliche Energie sparen, wenn die Unterdeckbahnen winddicht verklebt werden. • Beide Konstruktionsprinzipien, die belüftete wie die unbelüftete Bauweise, sind sinnvoll und bautechnisch ausgereift. Damit stehen nun auch beim Steildach Alternativen zur Verfügung, die bei anderen Bauteilen längst selbstverständlich geworden sind. So ist beispielsweise im Bereich der Außenwand das zweischalige Mauerwerk sowohl mit als auch ohne Luftschicht gleichermaßen anerkannt und baupraktisch bewährt. Der erforderliche Wärmeschutz kann beim geneigten Dach grundsätzlich auf zwei Arten erreicht werden:
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1. Dämmung der Dachschrägen, sofern der Dachraum sofort oder später ausgebaut wird. 2. Dämmung der obersten Geschossdecke beim nicht ausgebauten Dachgeschoss. Der nicht ausgebaute Dachraum erfüllt die Funktion eines thermischen Puffers zwischen den beheizten Räumen im obersten Geschoss und dem Außenklima.
10.3 Dachdeckung und -lüftung Die Dachdeckung ist bei ausgebautem und nicht ausgebautem Dachgeschoss – im Regelfall – zu unterlüften. Durch das Belüften wird Kondenswasser auf der Deckungsunterseite sowie eingetriebener Regen oder Flugschnee abgetrocknet. Dies erhöht die Frostbeständigkeit der Dachziegel und verhindert das Faulen der Dachlattung. Bei nicht ausgebauten Dachgeschossen unter Satteldächern kann die Be- und Entlüftung über Öffnungen in den Giebelflächen erfolgen. Sonst ist ein Belüftungsquerschnitt von mindestens 200m² je m an der Traufe bei Sparrenlängen bis 10m erforderlich. Bei größeren Sparrenlängen muss die Belüftungsöffnung mindestens 2‰ der zugehörigen Dachfläche betragen. Der Belüftungsquerschnitt am First darf 0,5‰ der gesamten dazugehörigen Dachfläche nicht unterschreiten. Die Entlüftung am First kann über Entlüftungsfirstkappen oder Entlüfterdachsteine erfolgen. Die vorstehend genannten Lüftungsquerschnitte beziehen sich beim Einbau von Insektenschutzgittern auf die verbleibende freie Öffnung. Die Luftströmung muss auch an Gauben, Dachfenstern, Kehlen und Graten gesichert sein. Schuppenförmige lose Dachdeckungen sind nur „regensicher“, bei extremen Belastungen jedoch nicht wasserundurchlässig. Abweichende Gegebenheiten wie besondere klimatische Verhältnisse, größere Sparrenlängen, besondere Dachformen oder die Dachraumbenutzung
391
10.3 Dachdeckung und -lüftung
erfordern deshalb zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Regensicherheit. Dies ist auch der Fall, wenn die Regeldachneigung für einen Dachbelag unterschritten wird. Weiterhin ist zu beachten dass die Regeldachneigung bei der Ausbildung von Dachkehlen um 5° erhöht werden muss. Tabelle 10.2 Regeldachneigungen für verschiedene Dachbeläge Mindestdachneigung 40° 35°
30°
25°
22° 20° 15°
10° 8° 7° 5° 3°
Dachbelag für ein geneigtes Dach Mönch/Nonnen-Deckung Hohlpfannendeckung mit Mörtelverstrich, Krempziegel- und Strangfalzziegeldeckung, Verschiebeziegeldeckung Hohlpfannendeckung mit Pappdocken, Biberschwanzziegel in Doppeldeckung und Kronendeckung, Falzziegeldeckung Einfache Altdeutsche Schieferdeckung, dreilagige Holzschindeln, Faserzementdachplatten, Falzpfannen/Falzziegel/Reformpfannen/ Kronenkremper Betondachsteindeckung, Flachdachpfannendeckung, Altdeutsche Schiefer-Doppeldeckung Bitumenschindeln über 10m Dachtiefe Stahldachpfannen mit 10cm Überdeckung, Faserzementdachplatten mit Unterkanten, Holzschindeln vierlagig, Bitumenschindeln bis 10m Dachtiefe Dachbelag für ein Flachdach Stahldachpfannen mit 15cm Überdeckung, Faserzement-Kurzwellplatten, Betondachsteine mit Unterkonstruktion Stahldachpfannen mit 20cm Überdeckung und Dichtung Faserzementwellplatten verzinktes Stahlblech mit Stehfalz und genieteter Quernaht Zinkdächer mit Doppeltstehfalzdichtung, Faserzement-Wellplatten mit Dichtung
Neben dem Innenverstrich (Vermörtelung der Dacheindeckung) und dem Einbau von Pappdocken (Bitumenstreifen unter den fugen von Biberschwänzen) gilt als zusätzliche Maßnahme nach den Regeln des Dachdeckerhandwerks der Einbau von Unterspannbahnen. Abweichend davon ist bei der Unterschreitung der Regeldachneigung der Einbau eines Unterdaches erforderlich. Der Einbau einer Unterspannbahn ist heute die Regel, da durch den Dachgeschossausbau mit Gauben und Kehlen immer erhöhte Anforderungen an die Dachdeckung gestellt werden.
10
392
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Als Unterspannbahnen werden in der Regel reißfeste Kunststoff-Folien (PE-Gitterfolien) verwendet. Mit einer Dicke von 0,2mm erreichen sie eine diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd von etwa 2,5m. Es gibt auch spezielle Unterspannbahnen mit der geringen diffusionsäquivalenten Luftschichtdicke von 0,8 bis 0,3m. Wenn die Unterspannbahn eine größere diffusionsäquivalente Luftschichtdicke hat als das darunter liegende Wärmedämm- und Verkleidungspaket, so ist die Unterspannbahn zu unterlüften. Es wird dann je eine Belüftungsebene über und unter der Unterspannbahn ausgeführt. Zwischen Unterspannbahn und Dachlattung ist immer eine Konterlattung anzuordnen. Dieser Bereich muss an Traufe und First mit der Außenluft verbunden werden. Bei unterbelüfteter Unterspannbahn sind beide Belüftungsebenen am First zu vereinigen. Neben den speziellen Unterspannbahnen gibt es auch Unterspannplatten aus Faserzement und Gipskarton, die als diffusionsoffenes Material nicht unterlüftet werden brauchen. Sie eignen sich daher auch als innerer Abschluss eines wind- und staubdichten Dachbodenraumes. Ein Unterdach ist in jedem Fall bei Unterschreiten der Mindestdachneigung auszuführen. Es kann als Holzschalung von 25mm Dicke mit einer Abdichtung aus zwei Lagen BitumenDachbahnen oder einer Lage Bitumen-Schweißbahn bzw. hochpolymerer Dachbahn ausgeführt werden. Die Verarbeitung ist in den Regeln des Dachdeckerhandwerks genau festgelegt. Besonders zu beachten ist die Abdichtung des Unterdaches bei allen Dachdurchdringungen (Schornsteine, Dachfenster usw.). Wenn auf der warmen Seite des Dachpaketes keine Dampfsperrschicht (sd 100m) vorgesehen wird, so ist eine Unterlüftung des Unterdaches erforderlich.
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Der Luftstrom im Belüftungsquerschnitt eines Daches kommt vor allem durch thermischen Auftrieb zustande. Dieser Auftrieb ist umso stärker, je größer die Temperaturdifferenz zwischen Dacheindeckung bzw. Wärmedämmung und Spaltluft und je steiler das Dach ist. Dies bedeutet, dass bei geringer Dachneigung und hochwirksamer Wärmedämmschicht nur eine kleine Auftriebskraft entsteht. Bei solchen Dächern sollten deshalb größere Belüftungsquerschnitte gewählt werden. Weiter ist zu beachten, dass in schneereichen Gegenden die üblichen Entlüftungsöffnungen am First bei hoher Schneelage überdeckt und dadurch unwirksam gemacht werden. Angaben zur Dachlüftung sind in DIN 4108, Teil 3 ausgeführt.
10.4 Wärmegedämmte Dächer Im Bereich des Dachgefälles können Wärmedämmschichten zwischen den Sparren, über den Sparren und unter den Sparren angeordnet werden. Bei den großen Wärmedämmdicken, wie sie für Niedrigenergiehäuser gefordert werden, sind auch „Mischlösungen“ üblich. Bauphysikalisch werden belüftete und nicht belüftete Dächer unterschieden. Tabelle 10.3 Günstige und ungünstige Aspekte für die Funktion eines Kaltdaches Günstige Aspekte hoher Dachraum, größerer Abstand zwischen Unter- und Oberschale Oberschale steil bis halbsteil Oberschale wenigstens begrenzt wärmeträge
Ungünstige Aspekte niedriger Dachraum, geringer Abstand zwischen beiden Schalen Oberschale wenig geneigt oder ganz flach oder sogar nach innen geneigt (Schmetterlingsdach) Oberschale besteht nur aus Asbestzement oder nur aus Blech
393
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren Höhendifferenz zwischen Zuluft- und Abluftöffnun- Höhendifferenz zwischen Zuluft- und Abluftöffnungen gen erreicht 1,80m und mehr ist sehr gering oder sogar gleich Null geringe oder normale Gebäudetiefen größere Gebäudetiefen (über 12m) (bis 12m) Unterschale ist aus leichten Dämmplatten zusamUnterschale ist massiv, wärmeträge und gut diffu- mengesetzt, deren Fugen nur unter Schwierigkeiten zu dichten sind; die Unterdecke selbst und ihre sionsdicht, gleichzeitig absolut luftundurchlässig Wandanschlüsse sind nicht zuverlässig luftdicht überdachter Innenraum wird klimatisch und mit der überdachte Innenraum ist warmtrocken und Überdruck betrieben; Innenraum feuchtklamm, niedweist normalen Luftdruck auf rig temperiert (Kaltdach versagt!)
Tabelle 10.4 Richtwerte für Dämmungen (Anforderungen nach EnEV 2009) U-Wert Bauteil auf den Sparren
2
2
Altbau 0,30 W/(m K)
Neubau 0,18 W/(m K)
80 mm
140 mm
100 mm
160 mm
100 mm
140 mm
120 mm λ = 0,030 W/(mK) Dicke Bauteil zwischen und unter den Sparren 40 mm λ = 0,025 W/(mK) Dicke 80 mm λ = 0,040 W/(mK) Dicke
160 mm
Dicke
λ
= 0,025 W/(mK)
λ
Dicke = 0,030 W/(mK) Bauteil Flachdach Dicke
λ
= 0,025 W/(mK)
60 mm 140 mm
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren Die bautechnisch und bauphysikalisch optimale Dachdämmung ist eine über den Sparren liegende Dämmschicht, die die gesamte Dachfläche wie eine lückenlose Haut abdeckt. Solche Dämmsysteme aus Hartschaumelementen sind recht teuer, lassen den toten Raum zwischen den Sparren ungenutzt und müssen vom Dachdecker verarbeitet werden. Eine zwischen den Sparren eingebaute Dämmschicht hingegen kann problemlos in Eigenleistung eingelegt werden. Zudem kann diese Maßnahme auch später jederzeit nach der Eindeckung des Daches erfolgen. Eine Zwischensparrendämmung ist vor allem im Altbau sinnvoll. Bauphysikalische Forderungen sind:
• Belüftung von zwei Ebenen, • Belüftung von Kehlen, Graten, Fenstern, Gauben, • Anschlussfugen zwischen Dämmstoff und Sparren (ein 200 m2 Dach hat ca. 700 m an Anschlussfugen!), • Funktion der Dampfsperre und der Windsperre. Eine Zwischensparrendämmung ist vor allem im Altbau bei vorhandener Dachdeckung sinnvoll.
10
394
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
10.5.1 Technische Parameter Die Volldämmung bewirkt nicht nur eine höhere Dämmwirkung, die den Wohnkomfort steigert, die Volldämmung eines Steildaches bedeutet:
• • • •
10
geringere Energiekosten, höheren Schallschutz, geringere Umweltbelastung, keine aufwendigen Konstruktionen (z. B. Aufdoppeln der Sparren) zur Einhaltung der Mindestdämmschichtdicke.
Bild 10.8 Einbau einer Volldämmung
Dämmstoffe Am gebräuchlichsten sind Mineralfaser (Steinwolle) und Kunststoffe. Die mineralischen Dämmstoffe werden als Rollen- oder Plattenware in verschiedenen Stärken angeboten. Darüber hinaus gibt es zur Dachdämmung Hartschaumprodukte aus verschiedenen Kunststoffen Vorteile von Styropor: hochwärmedämmend, druckfest, wasserdicht, dampfdiffusionsdurchlässig, schwer entflammbar, formstabil, leicht zu verarbeiten langzeitbeständig, FCKW-frei und formaldehydfrei. Styrodur ist ein grün eingefärbter, extrudierter Polystyrol-Hartschaumstoff mit vielen physikalischen Eigenschaften, die besonders dem Wärmeschutz und der Vermeidung von Feuchtigkeitsschäden dienen. Kaltdach (Belüftetes Dach) und Warmdach (Nichtbelüftetes Dach) Es gibt zwei im Prinzip gleichwertige Methoden der Dachdämmung zwischen den Sparren. Das Kaltdach besitzt einen belüfteten Hohlraum zwischen Dämmschicht und Dachdeckung. Beim Warmdach wird der Raum zwischen den Sparren voll ausgedämmt – das erlaubt eine dickere Dämmung und macht bei Altbauten mit geringer Sparrenhöhe oft ein aufwendiges Aufdoppeln der Sparren überflüssig. Beide Konstruktionen verlangen eine raumseitige Dampfsperre, damit keine Luftfeuchtigkeit in die Dämmung eindringt.
395
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
Behagliches Raumklima Damit das Dachgeschoß wohnlich wird, sollte die Innenschale eine hohe Wärmespeicherfähigkeit besitzen. Deshalb empfiehlt sich eine Beplankung mit Gipsplatten, die später mit Holz verkleidet werden können. Wärmedämmung Bisher war die hinterlüftete Wärmedämmung die Regel. Nach aktuellem Stand der Technik ist das vollgedämmte, nichtbelüftete Steildach die bessere Lösung; bis zu 40 % mehr Dämmstoff bedeuten nur geringere Mehrkosten, aber wesentlich mehr Behaglichkeit, größere Energieeinsparung, höheren Schallschutz und vor allem Schonung unserer Energievorräte und der Umwelt. Durch die größere Dämmstoffdicke werden die Forderungen der Energieeinsparverordnung erfüllt.
1 Sparren 2 Zischensparrendämmung 3 puren UKD mit allseitiger AL-Kaschierung, integrierter Mehrschichtholzlattung und umlaufender Nut und Feder 4 Luftdichtigkeitsschicht 5 Raumseitige Verkleidung Bild 10.9 Konstruktiver Aufbau eines unbelüfteten geneigten Daches
Sparrenvolldämmung ist die Wärmedämmung, welche die verfügbare Sparrenhöhe voll nutzt, also auch den Raum, der bisher für die Hinterlüftung reserviert wurde. Winddichte Anschlüsse Sinn und Zweck jeder Wärmedämmung ist es, unkontrollierte Wärmeverluste zu verhindern Durch nicht abgedichtete Fugen treten sehr große Wärmeverluste auf. So kann durch eine 1 mm breite und 1 m lange Fuge über 8 mal so viel Wärme verlorengehen als durch 1 m² wärmegedämmte Dachfläche (Dämmstoffdicke 140 mm). Solch eine Fuge kann also ca. 8 m² der
10
396
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
gedämmten Dachfläche sozusagen außer Kraft setzen. Durch dieselbe Fuge wird über Luftströmung natürlich auch Luftfeuchtigkeit transportiert. Diese Mengen mit dem Transport über Wasserdampfdiffusion verglichen, ergeben Werte von 1 000 bis 3 300 mal so viel Wasser. Hier schlummert eine riesige Gefahr für eventuelle Tauwasserschäden in der Konstruktion. Für eine dauerhafte und wirksame Wärmedämmung ist es erforderlich, dass die Konstruktion möglichst luftundurchlässig und winddicht ausgeführt wird. Für wärmegedämmte Steildächer bedeutet dies, dass mindestens eine raumseitige Schicht der Dachkonstruktion luftundurchlässig sein muss. Die Herstellung der Winddichtigkeit gilt als zusätzliche Maßnahme. Hierzu DIN 4108 Teil 2, Abschnitt 6.2.1.1: „Bei Fugen in der wärmeübertragenden Umfassungsfläche des Gebäudes, insbesondere auch bei durchgehenden Fugen zwischen Fertigteilen oder zwischen Tragwerk, ist dafür Sorge zu tragen, dass diese Fugen entsprechend dem Stand der Technik dauerhaft und luftundurchlässig abgedichtet sind (siehe auch DIN 18 540 Teil 1 bis 3). Aus einzelnen Teilen zusammengesetzte Bauteile oder Bauteilschichten (z. B. Holzschalungen) müssen im Allgemeinen zusätzlich abgedichtet werden.“ Die Bilder 10 – 10 und 10 – 11 zeigen einige Konstruktionsdetails über die Herstellung winddichter Anschlüsse an Giebelwände und Mittelpfette. 1 2 3 4
10 5 6 7 8 9
Dichtband Dampfbremsfolie Anpresslatte Raumseitige Verkleidung, z. B. mit GipskartonBauplatten Dämmung Unterspannbahn mit sd-Wert # 5 m Dacheindeckung auf Lattung und Konterlattung Ausstopfung mit Mineralwolle Zusatzdämmung, Installationsebene
Bild 10.10 Anschluss an Giebelwand
Der Hohlraum zwischen raumseitiger Verkleidung und Dampfbremse kann zur weiteren Erhöhung des Wärmeschutzes mit Schallschluckplatten P 3 in 20 mm Dicke ausgefüllt werden. Diese Maßnahme empfiehlt sich insbesondere bei geringen Sparrenhöhen im Altbau.
397
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
1 2 3 4
Dampfbremsfolie Dichtband Anpresslatte Eventuell zusätzliche Plattenverkleidung für sommerlichen Wärmeschutz und erhöhten Schallschutz 5 Raumseitige Verkleidung, z. B. als Profilholzverkleidung auf Ausgleichslattung 6 Dämmung 7 Mittelpfette 8 Holzschalung und Vordeckung, z. B. bestehend aus einer Lage Glasvlies-Bitumendachbahn nach DIN 52 143, sd-Wert maximal 150 m 9 Konterlattung 10 Dacheindeckung auf Lattung Bild 10.11 Anschluss an Mittelpfette
10 Dampfbremse und Windrichtung Voraussetzung für die vollgedämmte Dachkonstruktion ist eine funktionierende Dampfbremse (z. B. eine schwerentflammbare Folie mit einem Diffusionswiderstand größer 50). Diese wird innen zwischen Dämmung und Holzbekleidung angeordnet. Zusammen mit Spezialklebebändern für die Stöße und einem Dichtungsband für den Anschluß an Bauteile wird eine winddichte Konstruktion erreicht.
10.5.2 Zwischensparrendämmung im Altbau Oft ist bei Dachräumen, die neu zu Wohnzwecken genutzt werden sollen, die Dämmung unzureichend. In der Regel werden die Dämmarbeiten mit Rücksicht auf die vorhandenen Funktionsschichten im Dach vorzunehmen sein, wenn eine gleichzeitige Neudeckung des Daches nicht geplant ist. Vor allem die folgenden technischen Fragen sind vor der Planung der Dämmarbeiten zu beantworten:
• Ist ein funktionsfähiges Unterdach (z.B. Dachschalung mit Schalungsbahn, moderne diffusionsoffene Unterdeckbahn) vorhanden? • Ist zwischen Unterdach und Traglattung eine Konterlattung vorhanden? • Welche Sparrenhöhe steht für eine Zwischensparrendämmung zur Verfügung und kann der Sparren aufgedoppelt werden?
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Für die optimale Dämmung, auch beim nachträglichen Ausbau des Dachgeschosses, ist das Zwischensparrendämmsystem bestens geeignet. In der Praxis kommt es leider noch häufig vor, dass die Dämmung nicht den Anforderungen an die EnEV 2009 entspricht. Ist bereits eine Zwischensparrendämmung eingebaut, muss diese auf ihre Funktionalität überprüft werden. Die Rollenbreiten waren 600, 700mm usw. Wie bei unten gezeigten Zeichnungen fehlte bei einem Sparrenabstand von z.B. 650mm ein Stück oder die Dämmung hing durch, was ebenfalls zu Fehlstellen führte. Der Zustand der Folie (Alupapier) entspricht meist auch nicht den Anforderungen (Löcher, Fehlstellen usw.). Auch schützt sie nicht vor Wärmebrücken und Feuchteschäden. Meist sind die Sparren mit Gipskarton/Putz/Tapete oder einer Nut/FederHolzverschalung verkleidet. Dämmung mit 600mm breiten Rollen
10
Dämmung mit 700mm breiten Rollen
Bild 10.12 Fehlerhafter Einbau von Zwischensparrendämmungen
Funktionsfähiges Unterdach ist vorhanden Als funktionsfähiges Unterdach gelten Dachschalungen mit geeigneter Schalungsbahn sowie moderne Unterdeckbahnen. Bei genadelten Unterspannbahnen besteht die Gefahr, dass diese bei Berührung von unten undicht werden (sogenannter Zelteffekt). Sie können daher nicht als funktionsfähiges Unterdach angesehen werden. Bei vorhandenem funktionsfähigem Unterdach wird das Zwischensparrendämmsystem wie im Neubau verlegt. Die Systeme sorgen mit ihrem sd-Wert 100m bei jeder vorhandenen Konstruktion für ausreichenden Diffusionswiderstand. Funktionsfähiges Unterdach nicht vorhanden Ist ein funktionsfähiges Unterdach nicht vorhanden, muss eine zweite wasserführende Schicht unterhalb der Deckung hergestellt werden bevor die Dämmung zwischen den Sparren eingebracht wird. Dazu werden Streifen einer hochdiffusionsoffenen Unterdeckbahn mit Hilfe spezieller Befestigungsleisten seitlich an den Sparren befestigt (z.B. mittels pneumatischem Nagler). Dachaufbau ohne Konterlattung Zur Unterlüftung der Deckung und zur Ableitung von Feuchtigkeit und Tauwasser ist ein ausreichender Abstand zwischen Dachdeckung und Unterdach bzw. Unterspannung/-deckung erforderlich. In modernen Dächern wird dies durch die Konterlattung sichergestellt, die jedoch in älteren Dachaufbauten oft nicht vorhanden ist. Eine unter Umständen vorhandene Unter-
399
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
deckbahn ist zu entfernen und ein neues Unterdach einzubringen. Durch die Befestigung der Sicherungsleisten an der Traglattung wird die Unterlüftung sichergestellt. 1 2 3 4 5 6 7
Unterspann-/Unterdeckbahn Sicherheitsleiste Befestigungsleiste Spannfilz SF 35 Sparren Dampfbremse/-sperre unterseitige Bekleidung
1 2 3 4 5
Dampfsperre Untersparrenfilz Spannfilz SF 35 Unterspann-/Unterdeckbahn Sparren
Für die Berechnungen wurden folgende
Für die Berechnungen wurden folgende
Schichten des Dachaufbaus berücksichtigt:
Schichten des Dachaufbaus berücksichtigt:
Zwischensparrendämmung Spannfilz
Zwischensparrendämmung Spannfilz
(Holzanteil 12,3%),
(Holzanteil 12,3%),
Lattung/Luftschicht 30mm; Bekleidung mit
Untersparrendämmung WLG 035
Gipsplatten 12,5mm [Ȝ=0,21W/(m·K)]
50mm (Holzanteil 9,5%), Lattung/Luftschicht 30mm, Bekleidung mit Gipskartonplatten 12,5mm [Ȝ=0,21W/(m·K)]
Wärmeschutz Zwischensparrendämmung im Alt- und Neubau Vollsparren-Wärmedämmung im Steildach Tabelle 10.4 Anforderungen für Steildach gemäß EnEV 2009 für Umbau und Renovierung UWert 0,3 W/(m2·K) Spannfilz SF 40 Dämmdicke U-Wert [W/(m²·K)] [mm] 140 160 180 200 220 240
0,32 0,29 0,26 0,24 0,22 0,20
Spannfilz SF 35/SF 35 Plus Dämmdicke Dämmdicke [mm] [mm] 120 140 0,30 160 0,27 180 0,24 200 0,22 220 0,20 240 0,19
Zweite Dämmlage für erhöhten Wärmeschutz In vielen Fällen ist die Dämmung zwischen den Sparren nicht ausreichend, um den nach EnEV 2009 erforderlichen und/oder vom Bauherrn gewünschten Wärmeschutz sicherzustellen. Eine zweite Lage Untersparrenfilz sorgt hier für Abhilfe. Außerdem wird die Wärmebrückenwirkung der Dachsparren minimiert. Die zweite Lage Untersparrenfilz wird durch Klemmung
10
400
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
(lichter Abstand plus 5-10mm Klemmeffekt) zwischen die Latten eingebaut. Zusätzlich kann diese Lage durch Clips gesichert werden. Lösungsvorschlag: Es können Gipsplatten mit einer integrierten Wärmedämmung aufgebracht werden, ohne die alte Dämmung zu entfernen. Auch eine Zusatzdämmung unter Holzbekleidungen ist möglich.
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Bild 10.13 Gipsplatte mit aufkaschierter Wärmedämmung
Bild 10.14 Zusatzdämmung unter Holzbekleidung mit integrierter Lattung können die Holzpanelle direkt (senkrecht oder diagonal) auf die Dämmung montiert werden.
10.5.3 Verlegetechnologie 10.5.3.1 Verlegung mit Dämmmaterial aus Kunststoff Die Verlegung ist handwerklich ohne große technische Vorkenntnisse und mit einfachen Werkzeugen (Hammer, Metermaß, feingezahnter Fuchsschwanz) möglich. Die Wind- und Staubdichtigkeit wird erhöht, wenn man eine Polyäthylenfolie von innen vor die Dämmplatten spannt und an den Sparren befestigt. Danach können Innenverkleidungen wie Gipskarton, Nutund Federbretter aufgebracht werden. Die Dämmschicht muss ausreichend hinterlüftet werden. Der Raum zwischen Dämmplatten-Oberseite und Unterspannbahn (bzw. Dachschalung oder Ziegel) muss so groß sein, dass eine effiziente Hinterlüftung gewährleistet ist. Der Abstand zwischen Dämmplatten und Dachabdeckung muss von Traufe bis First durchgehend mindestens 2 cm betragen. Das Dämmmaterial ist formstabil und wasserabweisend. Eine Dampfsperre ist in der Regel nicht erforderlich. Die Kanten sind häufig an den Rändern mit Nut und Feder versehen. Das Verlegeprinzip zeigen Bilder 10.15 bis 10.26 (Heidelberger Dämmsystem)
401
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
Bild 10.15 Bei der ersten Platte die Feder an der Längsseite abschneiden. Bei lichtem Sparrenabstand über 59 cm zwei Platten zusammenstecken. Beide 1 % breiter als der lichte Sparrenabstand zuschneiden (z. B. Sparrenabstand 600 mm, Platteneinheit = 606 mm).
Bild 10.16 Um einen geraden Schnitt zu erhalten, an einer Führungsplatte entlang sägen. Durch an der Unterseite herausragende Nagel- spitzen wird die Latte auf der Dämmplatte fixiert. Rechtwinklig geschnitten, schließt die Dämmplatte dicht am Sparren ab.
10
Bild 10.17 Jedes anfallende Reststück wird für die nächste Platteneinheit verwendet. Ist die Dämmplatte nur geringfügig schmaler, wird die erste Platte halbiert, um mit handlichen Reststücken weiter arbeiten zu können.
Bild 10.18 Die Platteneinheit mit einer Seite am Sparren ansetzen, leicht biegen und so zwischen die Sparren drücken, dass sie bündig mit der Sparrenoberkante abschließt. Überstehende Kanten mit leichten Hammerschlägen auf zwischengelegte Holzleiste sparrenbündig einebnen.
402
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Bild 10.19 Dämmplatten immer mit der Nut nach oben einklemmen. Holzlatte in die Nut einlegen und Dämmplatte mit leichten Hammerschlägen nach unten treiben, bis Nut und Feder dicht schließen.
Bild 10.20 Mit dem Verlegen der Dämmplatten immer unten beginnen und für eine sichere Auflage sorgen. Die Querkante der ersten, untersten Platte durch Zuschneiden an den Fußpunkt oder die Fußpfette anpassen.
Hinweise für besondere Bauteile:
10 Bild 10.21 Dämmplatten in Höhe der hinteren Mittelpfettenkante durchtrennen, die Plattenteile jedoch dicht an den Mittelpfetten anschließen. Den unteren Plattenteil, der über der Mittelpfette eingebaut wird, anschrägen.
Bild10.22 Zum Einbau des Plattenteils unterhalb der Mittelpfette die ein- gebaute Dämmplatte an der Nutseite nach unten ziehen. Den unter der Mittelpfette einzubauen- den Plattenteil exakt an der Mittelpfette anlegen. Nut und Feder zusammenstecken, beide Teile bündig eindrücken.
403
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
Bild 10.23 Die Dämmplatte rund um die Zange exakt ausschneiden. Die Schnittflächen mit einer Holzraspel nacharbeiten. Den passend geschnittenen Plattenteil zuerst einsetzen. Anschließend das zweite Plattenteil von oben einschieben.
Bild 10.24 Auch für das Einfügen der Dämmplatte zwischen den Zangen wird die erste Platteneinheit wieder auf leichte Überbreite zugeschnitten. Am Stoß die Dämmplatte entsprechend der Dachneigung passend einschrägen.
10 Bild 10.25 Beim Anschluss an die Firstpfetten die Dämmplatte auf Gehrung zuschneiden und dann entsprechend der Firstpfettenform ausschneiden. Oberhalb der Feder wird der Plattenzuschnitt angeschrägt. Einbau wie in Abb. 138 gezeigt.
Bild 10.26 Mit zwei zwischen Sparren und Dämmplatten (geringer Dicke) eingeschobenen sauberen Spachteln können eingebaute Platten justiert werden. Undichte Passschnitte werden mit styroporverträglichem Montageschaum geschlossen.
10.5.3.2 Verlegung mit Dämmmaterial aus Mineralwolle Dämmungen aus Mineralwolle (Steinwolle) haben prinzipiell die gleichen Vorzüge wie Materialien aus Kunststoff (Polystyrol-Hartschaum), z.B. Styropor und Styrodur. Damit die Sparrenvolldämmung aber präzise funktioniert, sind drei Komponenten für das Winddichtmachen erforderlich: 1 Dampfbremsfolie Die schwerentflammbare Dampfbremsfolie in B1-Qualität mit güteüberwachtem Diffusionswiderstand.
404
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
2. Klebeband Das geschmeidige Doppelklebeband zur winddichten Verbindung der Folienüberlappungen. 3. Dichtband Das vorkomprimierte elastische Dichtband quillt nach Anbringen der Anpresslatte auf und sorgt so für den winddichten Anschluss der Folie. Kleine Unebenheiten werden durch die Quellfähigkeit des Dichtbandes „ausgefüllt“, Dimensionsänderungen im hohen Maße aufgenommen.
10 a) Abziehen der Folie
b) Rollenmaterial
Bild 10 – 27 Einlegen des Dichtbandes
10.5.3.3 Einbau Mineralische Dämmstoffe neigen dazu, mitunter stärker aufzuquellen als vom Hersteller angegeben. Es empfiehlt sich deshalb, erst eine Probe vorzunehmen, ehe man das Material dauerhaft einbaut. Bei Altbauten findet man häufig Sparren von nur 10 cm Höhe. Hier bleibt bei der Mindesthöhe des Belüftungsquerschnitts von 2 cm nur Platz für eine 8 cm starke Dämmung. Man benötigt aber unbedingt eine Dämmschicht von mindestens 10 cm. Deshalb füttert man die Sparren beim Kaltdach auf, Abb. 141, und ergänzt die Dämmung zwischen den Sparren durch eine zusätzliche Dämmlage zwischen einer auf die Sparren genagelten Ausgleichslattung.
405
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
1 4
Dacheindeckung Flacheisen
2 5
Dachlattung Ausgleichslattung
3 6
2 cm Hinterlüftung Dachsparren 10 x 10 cm
Bild 10.28 Dämmung mit zusätzlicher Dämmlage
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Sparren zu verstärken.
10
Bild 10.29 Verstärkte Sparren
406
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Mit Hilfe von Latten, die durch feuerverzinkte Flacheisen an die Sparren angeschraubt werden, kann problemlos eine zweilagige Dämmkeil-Konstruktion für besonders guten Wärme-, Schall- und Brandschutz eingebracht werden. Die so erzielten Dämmwerte übertreffen die geforderten Mindestwerte der EnEV und garantieren Dämmsicherheit für viele Jahrzehnte. 1. Die vorgeschnittenen, den gebräuchlichsten Sparrenabständen (74 bis 84 cm) angepassten Mineralfaserplatten werden direkt zwischen die Sparren eingebaut.
Bild 10.30 Einpassen einer Mineralfaserplatte zwischen die Sparren
2. Nunmehr kann man die Dämmung antackern. Dabei ist auf den notwendigen Belüftungsquerschnitt zu achten.
10
Bild 10.31 Antackern
407
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
3.
Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Platten auf einer Seite so vorzubehandeln, dass sich eine Komprimierzone ergibt. Die auf rechteckige Standardformate geschnittenen Platten werden nachträglich auf einer Längsseite so behandelt, dass sich eine flexible federnde Zone von 10 cm ergibt.
Bild 10.32 Komprimierzone
Bild 10.33 Einpassen einer Dämmplatte mit Komprimierzone
Die Komprimierzone ist in der Lage, Variationen der Sparrenabstände bis zu 5 cm auszugleichen. Da die Dämmplatte in einer Breitenabstufung von 5 cm zwischen 60 cm und 100 cm angeboten wird, braucht sie deshalb nicht mehr zugeschnitten und kann so direkt eingebaut werden, Abb. Bild 10.38. Die fertige Ausführung zeigt Bild 10.40
Bild 10.34 Komprimierte Dämmplatte zwischen den Sparren
10
408
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Mit sorgfältig ausgeführtem Keilschnitt erhält man einen nahtlosen Übergang zwischen Decke und Dachschräge.
10 Bild 10.35 Einpassen der nächsten Dämmplatte an die Dachschräge
Bild 10.36 Übergang von der Schräge zur Decke
Bild 10.37 Keilschnitt
Verlegen in Ecken und Winkeln Meist kann mit der Platten- oder Rollenware der Faserdämmstoffe keine absolut durchgehende Dämmschicht aufgebaut werden. Es bleiben in der Regel einige Ecken und Winkel, die zusätzlich ausgestopft werden müssen. Wenn keine ausreichenden Reste vom Zuschnitt zur Verfügung stehen, empfiehlt sich lose Mineralwolle, die als preiswerte Sackware angeboten wird. In unzugänglichen Ecken stopft man die Wolle mit einer Latte oder einem Besenstiel. Dabei darf das Material aber nicht zu sehr gestaucht und zusammengedrückt werden, weil sich sonst seine ursprüngliche Dämmwirkung verringert.
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
409
Lüftung Bei der Kaltdach-Konstruktion muss dafür gesorgt werden, dass alle Sparrenfelder hinterlüftet sind. Beim Ziegeldach werden im Trauf- und Firstbereich Lüfterziegel eingesetzt. Je länger die geneigte Dachfläche ist, desto größer muss der Belüftungsquerschnitt sein.
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Bild 10.38 Unterspannlüfterelement
410
10
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Bild 10.39 Aero-Firstelement
Bild 10.40 Lüfterstein, Frankfurter Pfanne
411
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
Bild 10.41 Lüfter-Biber
Der Lüftungsquerschnitt je Dachsteintyp beträgt 17 cm2 (Altdeutsche Pfanne) bis 40 cm2 (Tessiner Pfanne).
10.5.3.4 Verlegen von Dampfbremsfolien In DIN 4108 und der Energiesparverordnung wird gefordert, dass die Fugen in der wärmeübertragenden Umfassungsfläche dauerhaft und entsprechend dem Stand der Technik luftundurchlässig sein müssen. Diese Luftdichtigkeit erreicht man durch das Verlegen großflächiger, in der Praxis bewährter PE-Folien. Überlappungsbereiche der Folienbahnen und Anschlüsse an aufgehende Bauteile müssen dauerhaft luftdicht abgedichtet werden. Zur Verklebung eignet sich Systemhersteller bezogenes, doppelseitiges Klebeband. Einen dichten Anschluss erreicht man durch Dichtbänder und verschraubte Anpressleisten oder mittels eingeputztem Streckmetall, das über die herunter geführte Dampfbremse verlegt wird.
Bild 10.42 Anordnung Dichtband/Klebeband
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412
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
In der praktischen Anwendung haben sich zwei Verlegearten bewährt.
• Folienüberlappung parallel zu den Sparren oder Kehlgebälk,( links) • Folienüberlappung quer zu den Sparren oder Kehlgebälk, (rechts) Die Entscheidung, welche Verlegungsart zu wählen ist, sollte dem Fachmann nach Beurteilung der konstruktiven Voraussetzungen vor Ort überlassen werden. Die Verlegetechnik unterscheidet sich nur im Anbringen der Bahnen! Während bei der Verlegung der Dampfbremsfolie quer zum Sparren die erste Folienbahn entlang des Firstes bzw. entlang des Übergangs Sparren /Kehlbalkengebälk angebracht wird, erfolgt die Verlegung der Dampfbremsfolie parallel zu den Sparren vorzugsweise in 3 m breiten Bahnen. Alle anderen Verlegungsarbeiten sind identisch. Beim Zuschnitt der Bahnenlänge ist dabei der Folienbedarf von 10 bis 20 cm für winddichte Anschlüsse an die Giebelwände, Trennwände, Fußpfetten und Firstpfetten zu berücksichtigen. Allgemein ist beim Antackern der Dampfbremsfolie darauf zu achten, dass keine Spannungen entstehen, welche zu Einrissen führen könnten. Die Heftklammernabstände sollen ca. 10 cm betragen.
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1 2 3
Klemmfilz Dampfbremsfolie Klebeband
4 5
eventueller Höhenausgleich Raumseitige Verkleidung, z. B. als Profilholzverkleidung auf Ausgleichslattung
Bild 10.43 Folienüberlappung
10.5.3.5 Anordnung von Unterspannbahnen Häufig kommt es vor, dass sich selbst Baufachleute nicht immer einig sind, ob eine Unterspannbahn anzuordnen ist. Im „Merkblatt für Wärmedämmung zwischen den Sparren“ des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), wird Folgendes festgestellt: „Auf diese zusätzliche Maßnahme kann verzichtet werden ...
• ... bei nachträglichem Einbau einer Wärmedämmung (Nutzungsänderung) unter einer vorhandenen Deckung, wenn der nachträgliche Einbau einer o. g. Zusätzlichen Maßnahme nicht oder nur mit erheblichen Aufwand möglich ist, ...“
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
413
Die Entscheidung, ob bei einem nachträglichen Dachgeschossausbau auf die Unterspannbahn verzichtet werden kann, sollte zusätzlich nach folgenden konstruktiven Gegebenheiten getroffen werden: 1. Die alte Eindeckung muss ihre Aufgaben als regensichere Schicht noch voll erfüllen. 2. Die Regeldachneigung der Eindeckungsart darf nicht unterschritten sein. 3. Das Sparrenholz muss die Feuchtigkeitsanforderungen der einschlägigen Vorschriften erfüllen (siehe Abschnitt Holzfeuchtigkeit). Der ZVDH fordert darüber hinaus eine ausdrückliche Zustimmung des Bauherrn. Im Zweifelsfall sollte vor der Ausführung die Eignung des Dachstuhls von einem Fachmann beurteilt werden. Folgende Risikofaktoren sollten aber noch beachtet werden: Wassereintritt von außen Durch ungünstige Frost/Tau-Wechsel können sich oberhalb des Blendrahmens eines Dachflächenfensters Eisschanzen bilden, die bei einsetzendem Tauwetter stehendes Wasser bilden, das unter die Deckung tritt. Eine korrekt verlegte Vordeckung führt dieses Wasser zur Traufe hin ab. Fehlt diese Vordeckung, kann das Tauwasser jedoch in tiefere Schichten des Daches vordringen. Grundsätzlich sollte vor jeder nachträglichen Dämmung im Dach der Zustand der Deckung kontrolliert und gegebenenfalls verbessert werden. Das gilt besonders für die An- und Abschlussbereiche der Deckung. Gefährdung durch Tauwasserbildung Die Tauwassermenge, die zwischen Deckung und Dämmschicht aus der Außenluft kondensiert, hängt vorrangig vom Lüftungsquerschnitt ab. Bei den Unterlüftungsquerschnitten kleinformatiger Deckungen ist die Luftmenge, und damit die möglicherweise anfallende Tauwassermenge, nur sehr gering. Sie richtet auf der Dämmstoffoberfläche keinen Schaden an. Unterlüftungsforderung Falls eine Unterlüftung gefordert ist, darf der Dämmstoff nicht bis zur Traglattung reichen. Das kann durch Anschlaglatten jeweils an den Sparreninnenseiten sichergestellt werden. Eine dritte Latte in der Gefachmitte garantiert auch bei breiteren Sparrenfeldern einen gleich bleibenden Unterlüftungsquerschnitt. Der durch die Unterlüftung verloren gegangene Platz für die nach Energie-Einsparverordnung (EnEV) vorgeschriebene Dämmschichtdicke wird durch einen entsprechenden Aufbau an der Sparreninnenseite wieder herausgeholt – durch ein Aufdoppeln der Sparren und/oder eine quer angeordnete Dämmschicht unter den Sparren. Solch eine Zusatzdämmung wird angesichts der geringen Sparrenhöhen im Altbau ohnehin meist erforderlich sein. Im Altbau sind je nach WLG 035 oder 040 Dämmschichten von 140 bis 160 mm nötig. Zukunftsweisender Wärmeschutz führt allerdings zu Dämmschichtdicken von 180 bis 220 mm. Durch eine 24 oder 50 mm dicke, quer verlaufende Zusatzdämmung, zum Beispiel mit einem elastischen Glaswollevlies der WLG 035, kann die Gesamtdämmdicke geringer ausfallen, da die Sparreninnenseiten mitgedämmt werden und der Wärmebrückeneffekt verringert wird.
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414
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Neue Entwicklungen Zusätzliche Sicherheit gewährleisten Dämmkonstruktionen, die an der Raumseite statt mit einer herkömmlichen PE-Folie mit einer feuchtevariablen Dampfbremse wie einer Klimamembran wind- und luftdicht abgeschlossen sind. Diese Dampfbremsfolie wurde vor einigen Jahren vom Fraunhofer Institut für Bauphysik in Stuttgart entwickelt. Das Funktionsprinzip dieser Klimamembran beruht darauf, dass sie ihre Wasserdampfdurchlässigkeit abhängig von den Umgebungsbedingungen zwischen S-Werten von 0,2 und 5 m variieren kann.
10.5.4 Dämmung mit Klemmfilz 10.5.4.1 Allgemeine Vorüberlegungen Unter einem Begriff Klemmfilz versteht man Wärmedämmplatten, die zwischen die Dachsparren „geklemmt“ werden. Für Steildächer ist die Anwendung eine erprobte, kostengünstige und wirksame Form. Voraussetzung bei Sanierungsarbeiten sind aber holzmäßig gesunde, d. h. ohne Holzschädlingsbefall oder ohne Tragwerksschwächung vorhandene Dachkonstruktionen. Klemmfilz ist i. d. R. unkaschierter Filz aus hochwertiger Mineralwolle. Helle und lange Fasern geben ihm ein ästhetisch ansprechendes Aussehen. Der Klemmfilz ist im Allgemeinen feuchtigkeitsunempfindlich, verrottungsfest und besitzt ein hervorragendes Wärmedämmvermögen (Wärmeleitfähigkeitsgruppen 035 und 040).
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10.5.4.2 Eigenschaften und Vorteile In der Praxis hat es sich durchgesetzt, Klemmfilze als Rollenmaterial einzusetzen. Daraus ergeben sich folgende Vorteile:
• Passend für alle gängigen Sparrenabstände. So gut wie verschnittfrei zu verlegen, denn das Reststück einer Rolle wird mit dem Anfang der nächsten Rolle zu einer Platte kombiniert und dicht eingeklemmt. • Durch Strichmarkierung einfaches Zuschneiden großformatiger Platten von 1 200 mm Länge in einem Stück, die nahtlos aneinanderstoßen. Die hervorragende Verfilzung verhütet dabei Wärmebrücken. • Schnelle, lückenlose Verlegung, sicher kontrollierbar. Nicht brennbar nach DIN 4102. Geringes Lager- sowie Transportvolumen durch gerollte, komprimierte Verpackung.
Bild 10.44 Rollenform
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
415
Ausführungsbeispiel für ein Steildach mit Unterspannbahn Wie Bild 10-45 zeigt, wird bei Dächern mit einer Wärmedämmung aus Klemmfilz zwischen den Sparren auf eine Hinterlüftung verzichtet. Die Sparrenhöhe wird dabei vollständig für die Wärmedämmung genutzt. Voraussetzung ist allerdings die konstruktive Anordnung einer raumseitigen Dampfsperre. Als Verkleidung unterhalb der Dämmkonstruktion ist jegliche Form von Plattenmaterial, z. B. Gips, Holz, Pappe, geeignet.
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Bild 10.45 Steildach mit Unterspannbahn, Dachquerschnitt (links) und Dachlängsschnitt
416
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Unterspannbahnen im Neubau Gemäß den Fachregeln des Dachdeckerhandwerks ist das Aufbringen einer Unterspannbahn oder eines Unterdaches zunächst als zusätzliche Maßnahme bei besonderen Randbedingungen zu werten. So setzt z. B. die Unterschreitung der Regeldachneigung für die betreffende Dacheindeckung diese Maßnahme voraus. Die Regeldachneigung ist die untere Grenze der Dachneigung, bei der die Regensicherheit der Dacheindeckung ohne Zusatzmaßnahme gewährleistet ist. Bei Überschreitung der Regeldachneigung kann auf o. g. zusätzliche Maßnahmen verzichtet werden. Unterspannbahnen beim nachträglichen Dachgeschossausbau Sehr häufig bestehen Befürchtungen, dass beim Dachgeschossausbau in Altbauten aufgrund der hier meist fehlenden Unterspannbahn bzw. des fehlenden Unterdaches spätere Feuchtigkeitsschäden auftreten könnten. Da bei Altbauten die Regeldachneigungen selten unterschritten sind, kann in diesen Fällen auf die Unterspannbahn als sog. zusätzliche Maßnahme verzichtet werden. Bei winddichter Innenverkleidung entsteht darüber hinaus unterhalb der Dacheindeckung ein Luftstau, der dem Eintrieb von Regen oder Flugschnee auch bei Unterschreiten der Regeldachneigung entgegenwirkt. In dem “Merkblatt für Wärmedämmung zwischen den Sparren” des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) wird Folgendes festgestellt: „Auf diese zusätzliche Maßnahme kann verzichtet werden ...
• bei nachträglichem Einbau einer Wärmedämmung (Nutzungsänderung) unter einer vorhandenen Deckung, wenn der nachträgliche Einbau einer o. b. zusätzlichen Maßnahme nicht oder nur mit erheblichem Aufwand möglich ist, ...”
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Die Entscheidung, ob bei einem nachträglichen Dachgeschossausbau auf die Unterspannbahn verzichtet werden kann, sollte zusätzlich nach folgenden konstruktiven Gegebenheiten getroffen werden: 1. Die alte Eindeckung muss ihre Aufgaben als regensichere Schicht noch voll erfüllen. 2. Die Regeldachneigung der Eindeckungsart darf nicht unterschritten sein. 3. Das Sparrenholz muss die Feuchtigkeitsanforderungen der einschlägigen Vorschriften erfüllen. Der ZVDH fordert darüber hinaus eine ausdrückliche Zustimmung des Bauherrn. Im Zweifelsfall sollte vor der Ausführung die Eignung des Dachstuhls von einem Fachmann beurteilt werden. Abb. 10.59 zeigt den Dachquerschnitt eines Steildaches mit Vordeckung auf Schalung. Prinzipiell ergibt sich hier der gleiche konstruktive Aufbau wie beim Steildach mit Unterspannbahn, allerdings muss der sd-Wert der Vordeckung maximal 150 m betragen.
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
417
10 Bild 10.46 Detailquerschnitt
10.5.4.3 Verlegungstechnlogie Be- und Entlüftung Grundsätzlich muss bei jeder Dachkonstruktion, gleich welcher Dachneigung, eine Luftführung zwischen der Dachhaut und – je nach Art des Ausbaues des Dachraumes – entweder der wärmedämmenden Innenschale der Dachkonstruktion und/oder der obersten Geschossdecke möglich sein. Dieser Zwischenraum steht über Öffnungen an der Dachtraufe und am First im Luftaustausch mit der Außenluft. Nach dem heutigen Stand der Technik ist an allen Traufseiten ein Lüftungsschlitz vorzusehen.Die für die Funktionsfähigkeit des Daches notwendige Luftbewegung in den Zwischenräumen wird einerseits durch die vom Wind verursachten Druckunterschiede sowie andererseits durch den thermischen Auftrieb verursacht. Zweck der Belüftung ist es, Feuchtigkeit, die je nach Nutzungsart mehr oder weniger anfällt, abzuführen sowie Wärmespannungen in der Tragkonstruktion zu vermeiden. Die Dimensionierung des Lüftungsquerschnitts einer Dachraumlüftung ist im Wesentlichen abhängig von den örtlichen und baulichen Gegebenheiten, z. B. der Dachkonstruktion, Feuchteanfall innen, Niederschlagsmenge, Klima, Lage, Windanfall.
418
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Abb. 10.47 Lüftung – Traufe
10
Bild 10.48 Lüftung Dachbereich
Der Lüftungsquerschnitt an den Traufen muss mindestens 2 ‰ der zur Traufe zugehörigen Dachfläche, jedoch mindestens 200 cm2/m Traufe uneingeschränkter Lüftungsquerschnitt betragen. Der Mindestwert von 200 cm²/m Traufe ist bis zu einer Sparrenlänge von 10 m ausreichend, darüber hinausgehende Sparrenlängen erfordern einen Lüftungsquerschnitt von 2 ‰ der dazugehörigen Dachfläche. Konterlatten und Sparren, die den Lüftungsraum einengen, sind bei der Bemessung der Höhe des Lüftungsspaltes zu berücksichtigen. Der einengende Querschnitt von Traufgittern ist ebenfalls zu berücksichtigen. Der Lüftungsquerschnitt am First muss mindestens 0,5 ‰ der gesamten zugehörigen Dachfläche betragen. Der ermittelte Lüftungsquerschnitt kann durch den Einsatz von geeigneten Lüftungssystemen oder Elementen erreicht werden. Auch am Grat wird ein Mindestlüftungsquerschnitt von 0,5 ‰ der zugehörigen Dachfläche gefordert. Ist eine Lüftung über die Gratziegel nicht möglich, dann müssen in jedem Sparrenfeld ausreichend viele Lüftungsziegel eingebaut werden. Der freie Lüftungsquerschnitt muss mindestens 200 cm²/m betragen und mindestens 20 mm hoch sein. Überlappungen und das Durchhängen der Unterspannbahn sowie eventuell mögliche nachträgliche Dickenzunahme der Wärmedämmung sind hierbei zu berücksichtigen. In der Praxis empfiehlt sich daher eine Konterlattung mit dem Mindestquerschnitt von 3 × 5 cm. Die besten Werte weisen Abluftsysteme auf, die sich durchgehend am First befinden Über die Dachfläche verteilt bzw. im Trauf- und Firstbereich angeordnete Einzelentlüfter sind lüftungstechnisch weniger effektiv als eine durchgehende Entlüftung am First, gewähren jedoch bei ausreichender Anzahl auch die gewünschte Leistung. Solche Dächer bedürfen aber immer der Querlüftung, um voll funktionsfähig zu sein. Weitere Informationen enthalten die ATV DIN 18 334, 18 338, 18 339 sowie DIN 4108/3. Beispiel: Normale Wohngebäude wurden bisher üblicherweise mit einer belüfteten Dachkonstruktion hergestellt. Messungen an Versuchsdächern haben inzwischen gezeigt, dass das belüftete Steildach bisher nicht bekannte Nachteile besitzt. So ergaben Feuchtemessungen, dass ein belüftetes Dach durch Einströmen feuchter Luft über die Lüftungsöffnungen von außen höheren Feuchtebelastungen ausgesetzt sein kann als ein nichtbelüftetes Dach. In den nachfolgen-
419
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
den Diagrammen sind die Ergebnisse der Messungen in den Winterhalbjahren 1994 und 1995 zu sehen. Wie aus den Diagrammen zu ersehen, kann die Sparrenfeuchte in belüfteten Dächern weit höher sein. Es zeigt sich also, dass um so höhere Feuchtegehalte im Sparrenholz auftreten, je besser ein Luft- und damit Feuchteaustausch zwischen der Außenluft und der Luft in der Dachkonstruktion erfolgen kann. So wurden in der belüfteten Konstruktion bis zu 100 g/m² Tauwasser festgestellt.
Bild 10.49 Diagramme der Messungen
An dem aufgezeigten Beispiel erkennen Sie, dass seitens des Planers und des Ausführenden die vorhandenen Konstruktionen sorgfältig zu prüfen sind und danach der Entscheid für die Ausführung zu treffen ist. Holzfeuchtigkeit Maßgebend sind folgende Vorschriften: DIN 4074 Ausgabe 01/2008
„Bauholz für Bauteile“
DIN 18 334 Ausgabe 10/2006
„Zimmerer- und Holzbauarbeiten“
In der DIN 4074 T2 werden Gütebedingungen von Bauschnittholz festgelegt. Unter anderem werden auch die Feuchtigkeitsklassen:
• „trockenes Bauholz“ (mittlerer Feuchtegehalt # 20 %), • „halbtrockenes Bauholz“ (mittlerer Feuchtegehalt > 20 %, aber # 30 % bzw. # 35 %), • „frisches Bauholz“ (mittlerer Feuchtegehalt > 30 %) definiert. In der DIN 18 334 (VOB-C 2006) heißt es: „Bauschnitthölzer sind, soweit nachfolgend nichts anderes festgelegt ist, mit einer Holzfeuchte von höchstens 20 % einzubauen. Nur bei Konstruktionen, bei denen das Holz ungehindert nachtrocknen kann und deren Bauteile gegenüber den hierbei auftretenden Verformungen nicht empfindlich sind, dürfen Bauschnitthölzer und Baurundhölzer halbtrocken eingebaut werden.“ Beim Einbau des Dämmstoffes ist auch der Feuchtegehalt des Sparren- bzw. Schalungsholzes zu beachten. Das Austrocknen der Hölzer in der Dachkonstruktion wird hauptsächlich durch die von oben aufgelegten Baustoffe beeinflusst, d. h. von der Unterspannbahn bzw. der Schalungsbahn (Vordeckung). Werden sehr dichte Unterspannbahnen bzw. Schalungsbahnen ver-
10
420
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
wendet, ist der Einbau des Dämmstoffes erst nach vollständigem Abtrocknen des Holzes auf max. 20 % Holzfeuchte zu empfehlen. Bei sehr diffusionsoffenen Unterspannbahnen wird das Austrocknen weitaus weniger behindert. Grundsätzlich ist bei dem Einbau des Dämmstoffes bei noch halbtrockenen Hölzern in den ersten Wochen der Beheizung mit Feuchtigkeitsanreicherung an bestimmten Stellen in der Konstruktion zu rechnen. Diese Feuchtigkeit bildet sich im Allgemeinen an der Unterseite der Unterspannbahn oder (bei warmer Witterung) an der Rückseite der Folie. Die Empfehlung lautet daher, den Dämmstoff grundsätzlich erst bei einer Holzfeuchte von max. 20 % (trockenes Bauholz) einzubauen. Im Zweifelsfall ist vor Ausführung der Wärmedämmung das Holzwerk auf seinen Feuchtigkeitsgehalt hin zu überprüfen. Schallschutz Die maßgebende DIN 4109 „Schallschutz im Holzbau“ nennt für die Dachkonstruktion verschiedene Anforderungen. Diese sind abhängig von dem maßgeblichen Außenlärmpegel in dB(A), dem das Gebäude ausgesetzt ist, und der Art des Gebäudes. 1 2 3 4 5 6 7 8
10
Betondachsteine DIN 1115 Lattung und Konterlattung 24/48 mm Unterspannbahn Sparren 80/160 mm Klemmfilz Isophen 160 mm Dampfbremsfolie Difunorm Lattung 24/48 mm GKB-Platten-Verkleidung 12,5 mm
R’w,R = 50 dB (R’w,P = 52 dB) Bild 10.50 Schalldämmung Dachaufbau
Brandschutz Die unterschiedlichsten Anforderungen an den Brandschutz von Steildächern werden von den Landesbauordnungen der Bundesländer gestellt. Eine komplette Darstellung, wann und wo eine Dachkonstruktion als feuerhemmend, d. h. F30-B-Konstruktion zu erstellen ist, kann daher nicht im Detail gezeigt werden. Hier sei auf die wichtigsten und in allen Landesbauordnungen genannten Gesichtspunkte hingewiesen: 1. Die Dachhaut, d. h. die Eindeckung, muss gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähig sein (harte Bedachung). 2. Bei aneinander gebauten giebelständigen Gebäuden ist das Dach für eine Brandbeanspruchung von innen nach außen mindestens feuerhemmend auszubilden. 3. In jedem Einzelfall können an Dächer, die Aufenthaltsräume abschließen, wegen des Brandschutzes besondere Anforderungen gestellt werden. Die Höchstanforderung an Steildächer ist gegenwärtig die F30-B-Konstruktion. Mögliche Varianten zeigt die nachfolgende Tabelle.
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10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
Tab. 10.5 Anforderungen an den Brandschutz Bauteil
Eindeckung
Dachschräge, Kehlbalkendecke mit Holzfußboden
Typ Klemmfilz Tondachziegel, Vollschalung mit Bitumenpappe und Schiefer
Dicke mind. 100 mm
Typ Gipskarton GKF
Klemmfilz Tondachziegel, Betondachsteine, FaserzementWellplatten DIN 274 Teil 1 u. 4
mind. 140 mm
Spundbrett- 22,5 Schalung mm
Dachschräge
Wärmedämmung
Innenbekleidung Dicke 12,5 mm oder 15 mm
Feuerwiderstand F30-B Einzelheiten gemäß Prüfzeugnissen F30-B Einzelheiten gemäß Prüfzeugnissen
Verlegeanleitung Als die z. Z. ausgereifteste Lösung der Wärmedämmung zwischen den Sparren hat sich technologisch die Rolle bewiesen. Durch die variablen Zuschnittbreiten und das problemlose Zusammenfügen ist ein nahezu idealer Materialverbrauch zu verzeichnen. Die Sparrenabstände können ruhig unterschiedlich sein. Die aufgedruckte Strichmarkierung bildet eine große Hilfe, Abb. 164.
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Bild 10.51 Strichmarkierungen auf Wärmedämmrolle
Die zugeschnittene Platte wird einfach zwischen die Sparren geklemmt und hält dauerhaft durch die Klemmwirkung des elastischen Materials. Es gibt praktisch keinen Verschnitt, weil Reste der einen Rolle einfach mit der nächsten Rolle weiterverarbeitet werden. Die sehr gute Verfilzung der Dämmplatten im Stoßbereich und die Elastizität verhütet Wärmebrücken, auch nach dem eventuellen Schwinden der Sparren. Bei der Verlegemethode verbinden Sie das Reststück einer Rolle mit dem Anfang der nächsten Rolle. Praktisch ohne Verschnitt. Rollen sind normgerecht, entsprechen dem Anwendungstyp WL, der in der DIN 18 165, Tabelle 1,
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
für die Verwendung zwischen den Sparren aufgeführt ist. Auch auseinander- und zusammenlaufende Sparren (z. B. Fachwerk) lassen sich unkompliziert maßgenau einpassen. Als Faustformel für die Disposition gilt:
erforderliche Rollezahl
zu dämmende Fläche = ----------------------------------------------------------2 m pro Rolle
Die Dämmdicke richtet sich nach der Energieeinsparverordnung und den örtlichen Gegebenheiten. Der Klemmfilz kann maximal mit einer Dicke eingebaut werden, die sich nach der Regel: Dämmdicke = Sparrenhöhe – 3 cm berechnet. Aufgrund der Norm-Prüfbestimmungen kann die Einbaudicke über der Nenndicke liegen. Diese Abweichung ist auf maximal 10 mm begrenzt. Die Verlegung von Unterspannbahnen zwischen den Sparren lässt die Möglichkeit zu, in die entlegensten und unterschiedlichsten Winkel der Dachlandschaften vorzudringen. Weitere Verlegeanleitungen, z. B. für Dachfenster, Lichtpfannen, vordere und seitliche Wandanschlüsse, entnehmen Sie bitte den örtlichen Gegebenheiten oder einschlägigen Herstelleranleitungen. Nunmehr sollen Sie den technologischen und handwerklichen Ablauf der Herstellung und anschließend anhand einiger konkreter Beispiele die praktikable Ausführung kennenlernen.
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Verlegung mit Klemmfilz 1. Universelle Sparrenvolldämmung: Klemmfilz, die Platte aus der Rolle, passend für unterschiedliche Sparrenabstände, mit minimalem Verschnitt zu verlegen. 2. Werkzeuge: Zollstock, Messer, Unterlegstreifen aus Karton oder Holzfaserplatte, z. B. 140 × 30 cm, Holzbrett, z. B. 140 × 15 cm. 3. Maßgerechter Zuschnitt: Unterlegstreifen verwenden, Holzbrett auflegen, Zuschnittbreite um 1 cm größer als den lichten Sparrenabstand wählen und am Klemmfilz markieren. Aufgelegtes Holzbrett ausrichten, mit Fuß fest andrücken und Dämmplatte abschneiden. 4. Zugeschnittene Platte aus Klemmfilz mit den Strichmarkierungen zur Raumseite leicht drückend zwischen die Sparren einklemmen. Auf fugendichten Anschluss der Platten untereinander achten.
10.5.5 Dämmung mit Dämmkeilen Eine neue Form der Sanierung zwischen den Sparren ist die Dämmung mit formstabilen Mineralwolleplatten oder mit Styropor-Hartschaum. Der Fachmann bezeichnet sie auch als Dämmkeile.
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10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
Bild 10.52 Dämmkeil zwischen den Sparren
10.53 Dreieckiger Dämmkeil aus Steinwolle
Der Dämmkeil ist eine patentierte, dreieckige Steinwolleplatte oder Styroporplatte, die individuell den verschiedenen Sparrenabständen angepasst werden kann, Häufig sind bei Styropor die Randbereiche auch mit umlaufender Nut und Feder versehen.
Bild 10.54 Dämmkeil aus Styropor mit Nut und Feder
Dabei spielt es keine Rolle, welche Form das Dach hat. Selbst verwinkelte Dachformen, ungleichmäßige Dachsparren oder Sparrenabstände, sowie schwierige Anschlussdetails können mit dem Dämmkeil wirkungsvoll, sicher und dauerhaft gedämmt werden, Abb. 168.
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Bild 10.55 Anordnung von Dämmkeilen bei unterschiedlichen Sparrenabständen
10.5.6 Wärmedämmung unter den Sparren
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10.5.6.1 Konstruktive Vorüberlegungen In älteren Häusern ist häufig bereits eine Dämmung zwischen den Sparren vorhanden und mit Gipskarton und Putz oder Tapete oder mit einer Nut + Feder-Holzschalung verkleidet. Auch schützt das alte Dämmmaterial nicht vor Wärmebrücken und Feuchteschäden. Wird das Dach neu gedeckt, empfiehlt sich die Dämmung auf den Sparren. Bei nachträglicher Dämmung zwischen den Sparren lässt sich durch die geringe Sparrentiefe nur eine unzureichende Dämmschicht einbringen. Dämmelemente unter den Sparren schaffen hier einfach, schnell und platzsparend eine wärmebrückenfreie, luft- und winddichte Zusatzdämmung. Die Sparren müssen nicht extra aufgedoppelt werden. Ein Trockenbausystem, das gleichzeitig dämmt und raumseitig einen sauberen Abschluss bildet. Der belüftete Sparrenraum ist größer als bei Anordnung der Dämmung zwischen den Sparren, ansonsten erfolgt der Aufbau gleichartig. 1 2 3 4 5 6 Bild 10.56 Wärmedämmung unter dem Sparren
Dachstein Luftraum Konterlattung Sparrenraum Dämmung Verbundelement
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
425
10.5.6.2 Verlegungstechnologie Im Steildachbereich kommen für die Dämmung unter den Sparren folgende Platten bevorzugt zum Einsatz:
• • • •
Mineralwolledämmung Kunststoffdämmplatten Gipskarton-Verbundplatten mit integrierter Dämmschicht Mehrschicht-Leichtbauplatten
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Bild 10.57 Arbeitsablauf beim Verlegen einer Dämmplatte unter dem Sparren
Während Dämmplatten aus Styropor häufig dann eingesetzt werden, wenn der Dachraum für Wohnzwecke nicht weiter genutzt werden soll, werden die Mehrschicht-Leichtbauplatten und die Gips-Verbundplatten dann zweckmäßigerweise angewandt, wenn Dachräume später noch ausgebaut werden sollen. Die Verlegung unter dem Sparren ist handwerklich relativ einfach auszuführen, wie Ihnen die Bilder in Abb. 10.57 zeigen sollen. Zunächst wird Kompriband zur Wind- und Luftdichtigkeit an den Anschlüssen angebracht (2), dann die Elemente unter die Sparren geschraubt (3). Die längslaufende Feder zeigt stets nach oben. Die folgenden Reihen werden stoßversetzt montiert (3). Hohlräume zur Firstpfette bzw. Wand ausschäumen (4). Schraubköpfe und Plattenstöße verspachteln und schleifen (5). Nun die Oberfläche tapezieren. Soll die Fläche verputzt werden, an den Plattenstößen Gewebeband einbringen!
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Häufig kommt es vor, dass Sparren nicht auf gleicher Flucht sind. Allgemein waren bisher zusätzliche Lattenroste erforderlich. Bei neueren Techniken werden Justierschrauben, die das Dämmelement auf Abstand halten, eingesetzt.
Bild 10.58 Justierschrauben
Dämmsysteme aus Gipsplatten mit integrierter Dämmschicht Die zur Zeit auf dem neusten Stand der Technik stehenden Untersparrendämmungen sind Dämmsysteme aus Gipsplatten mit integrierter Dämmschicht. Ein solches Dämmsystem besteht (z. B. bei LINITHERM PAL GF) nach DIN EN 13165 Anwendungstyp PUR 025 DI bzw. PUR 025 WI, Wärmeleitfähigkeit λ 0,025 W/(mK), Baustoffklasse B2, PUR/PIR-Hartschaum beidseitig mit Alufolie = Dampfsperre, ringsum mit N+FKlemm-Press-Verbindung. Sichtseite: 10 mm Gipsfaserplatte, nicht brennbar, feuchtigkeitsfest, putz- und tapezierfähig. Bezeichnung nach EN: Verbundplatte bestehend aus PUR-EN 13165-T2-DS(TH)9-CS(10\Y)100-TR40 zzgl. Gipsfaserplatte 10 mm.
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Außenmaß: 2500 × 620 mm (= Berechnungsmaß) (Deckmaß 2 cm kleiner) Tab. 10.6 Dickenverhältnisse zum U – und R - Wert Dicke mm gesamt 50 70
Dicke mm PUR/PIR 40 60
Dicke mm Gipsfaserplatte 10 10
U-Wert W/(m2K) 0,57 0,39
R-Wert 2 (m K)/W 1,63 2,43
Dämmsysteme für den Innenausbau können auf verschiedene Arten verlegt werden:
• Verlegung der Dämmsysteme direkt unter den Sparren: Aufgrund der hohen Druckfestigkeit sowie Steifigkeit der Dämmsysteme können die Elemente direkt unter den Sparren verlegt werden. Verlegung der Dämmsysteme auf bestehende raumseitige Bekleidung (z. B. bei der Sanierung): Die vorhandene Wärmedämmung ist auf Funktionstüchtigkeit zu prüfen. Der Gesamtaufbau ist ggf. bauphysikalisch zu untersuchen. Die Befestigung der Elemente sollte in den Sparren erfolgen, sofern die vorhandene Bekleidung nicht als tragfähige Unterkonstruktion geeignet ist.
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
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Nachfolgend sollen Sie beispielhaft die Verlegung eines Dämmsystems, an verschiedenen Detailpunkten dargestellt, kennen lernen. Die Bilder und Beschreibungen sind jedoch eine exemplarische Darstellung, grundsätzlich sind jedoch die planerischen Vorgaben bzw. die Fachregeln einzuhalten.Um eine optimale Wärmedämmlösung zu erreichen, ist eine fachgerechte Verlegung der Elemente Arbeitsablauf
• Die Elemente werden auf Paletten angeliefert und sind bei Lagerung, Transport und Einbau vor Durchfeuchtung zu schützen. • Zur Verlegung von Dämmsystemen werden nur wenige Werkzeuge benötigt. Geeignete Werkzeuge sind z. B.: Handkreissäge, Fuchsschwanz, Akkuschrauber, Setzlatte mit Wasserwaage, Tacker. • Grundsätzlich sind bei bzw. vor der Verlegung der Elemente folgende Punkte zu beachten: – Die Elemente sind sowohl längs- wie auch schmalseitig satt zusammenzustecken, um eine vollflächige, homogene Wärmedämmschicht zu erhalten. – Beschädigungen sind fachgerecht nachzubessern (z. B. durch Ausschäumen, Spachteln, ...). – Die Untersparren-Dämmelemente werden i. d. R. längs, parallel zur Traufe, Reihe für Reihe von oben (First) nach unten (Traufe) im Verbund stoßversetzt verlegt. Beachten: Letzte Platte am stumpfen Winkel einfahren. In Einzelfällen können die Elemente auch von unten (Traufe) nach oben (First) verlegt werden (z. B. bei verdeckter Firstpfette, durchlaufendem Kehlgebälk). Eine fluchtgenaue Verlegung schon bei der ersten Reihe erleichtert die Verarbeitung der folgenden Reihen. – Bei Beginn der Verlegung der Dämmelemente sollten die vorausgehenden Arbeiten abgeschlossen sein (z. B. Verputzen der Wände, Einbringen der Zwischensparrendämmung, usw.).
• Der Einbau der Elemente sollte grundsätzlich in trockenem Zustand erfolgen, nachdem die Baufeuchte ausgetrocknet ist. • Der maximale Sparrenabstand beträgt 87 cm. • Die Befestigung von Lasten (z. B. Lampen) erfolgt in den Sparren. • Die luftdichten Anschlüsse zu den Elementen werden vorab mittels An-schlussschürze hergestellt (s. I-AS). • Die Elemente sind durch die N + F-Klemm-Press-Verbindung und durch die Verspachtelung in der Fläche luftdicht. • Bei Gehrungsgrößen der Elemente ist ein Papierfugendeckstreifen einzuspachteln (s. z. B.: I-KD, I-FV). • Werden die Elemente durchstoßen, so sind die Durchdringungselemente entsprechend luftdicht daran anzuschließen (luftdichte Hohlwanddosen, Kabelmanschetten, ..., s. Auch I-DR). • Nach Prüfung der Ebenheit der Unterkonstruktion (Sparren bzw. vorh. Bekleidung) und nach Anbringen der Anschlussschürze kann die Verlegung der Elemente erfolgen. • Das erste Element wird angepasst und ausgerichtet. • Die Befestigung erfolgt an jedem Sparren jeweils mittig und 8 cm vom Rand der Dämmplatte mit Schrauben. Die Eindringtiefe der Schrauben in den Sparren beträgt ca. $ 40 mm.
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Nach Befestigung der ersten Platte werden die folgenden angepasst, jeweils satt in den Querstoß des vorherigen Elements gesteckt und angeschraubt. Hierbei ist darauf zu achten, dass eine gerade Kante (Flucht) zum Anschließen der nächsten Reihe entsteht. Am Ende der ersten Reihe wird die letzte Platte abgelängt, angepasst und montiert. Der entstehende Abschnitt wird als Anfangsplatte für die nächste Reihe verwendet (Endlosverlegung). Bitte beachten: Der Querstoß muss mindestens um 30 cm versetzt sein. Mehrere aufeinander folgende Querstöße innerhalb eines Sparrenfeldes sind zu vermeiden. Nach Anpassen und Anbringen der letzten Plattenreihe werden die Hohlräume der Anschlussfugen ausgeschäumt. Wenn der Schaum ausgehärtet ist, können überstehende Schaumreste abgeschnitten werden. Die Fuge sollte in der Dicke der Gipskartonplatte offen sein. Bildliche Hinweise zur Verlegung eines Dämmsystems I-F I-O I-T I-FV I-KD
First Ortgang Traufe First verdeckt Kehlbalkendecke
I-TW I-DFF I-DR I-K
Traufwand Dachflächenfenster Dunstrohr Kamin
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Bild 10.59 Gesamtdarstellung für die Verlegung unter den Sparren
Anschließend werden die Anschlüsse, Fugen und Schraubenköpfe wie bei Gipskartonplatten üblich gespachtelt. Sollen die Elemente später verputzt oder gestrichen werden, ist ein Abdeckband (Papierfugendeckstreifen) einzuarbeiten.Zum Schluss wird die überstehende Anschlussschürze ringsum abgeschnitten und die Bauteilanschlüsse dauerelastisch streich-/ tapezierfähig ausgefugt (Acryl).
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
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Hinweis:Da die Dach-/Holzkonstruktion aufgrund von Wind- bzw. Schneelasten und Verformungen der Sparren/Balken gewissen Spannungen ausgesetzt ist, kann eine Rissbildung nicht vollständig ausgeschlossen werden.
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Bild 10.60 a) Anschluss an Innen-, Giebelwand und Ortgangbereich (I-O)
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
10
Bild 10.60 b) Anschluss an der Firstpfette (First I-F) Anschluss an der Firstpfette (First I-F)Vor Anbringen der Anschlusschürze werden zwischen die Sparren Anpresslatten montiert.Die Dämmelemente werden danach bei einer sichtbaren Firstpfette, längs, parallel zur Pfette, Reihe für Reihe von oben (First) nach unten (Traufe, s. I-T) verlegt. Die letzte Platte wird somit am stumpfen Winkel eingefahren. Die erste Plattenreihe wird entsprechend der Dachneigung an die Pfette angepasst.
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
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10
Bild 10.60 c) Anschluss im Traufbereich (I-T)Vor Anbringen der Anschlusschürze werden zwischen die Sparren Anpresslatten moniert.Die Dämmelemente werden danach bei einer sichtbaren Firstpfette (s. I-F) längs, parallel zur Pfette, Reihe für Reihe von oben (First) nach unten (Traufe) verlegt. Bei verdeckter Firstpfette (s. I-FV) oder durchlaufender Kehlbalkendecke (s. I-KD) werden die Elemente von unten nach oben montiert. Die letzte Plattenreihe wird am stumpfen Winkel eingefahren.Die unterste Plattenreihe wird entsprechend der Dachneigung an die Wand angepasst.
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
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Bild 10.60 d) Anschluss an verdeckte Firstpfetten (I-FV)Die Dämmelemente werden bei verdeckter Firstpfette längs, parallel zur Traufe, Reihe für Reihe von unten (Traufe, s. I-T) nach oben (First) verlegt. Anschließend werden Platten zwischen die gedämmten Dachschrägen eingepasst. Der Hohlraum wird mit Spritzschaum ausgeschäumt. Nach Aushärten werden Schaumüberstände abgeschnitten. Anschließend erfolgt die Verspachtelung der Fuge. Hierbei wird ein Papierfugendeckstreifen eingearbeitet. Es ist darauf zu achten, dass genügend Spachtelmasse in die Fuge eingebracht wird.
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
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Bild. 10.60 e) Anschluss im Bereich Traufwand (I-TW)
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Vor Verlegen der Elemente erfolgt das Anbringen der Anschluss-Schürze an die Giebel-/ Zwischenwände. Nach Verlegen der Elemente in die Dachschräge wird der Hohlraum zur Wand ausgeschäumt. Anschließend werden die Wandelemente von unten nach oben verlegt. Diese werden oben in der entsprechenden Dachneigung zugeschnitten und befestigt. Die Hohlräume zum Boden und zur Dachschräge werden mit Spritzschaum ausgeschäumt. Nach Aushärten ist der übergequollene Schaum abzuschneiden. Am Anschluss zur Decke erfolgt die Verspachtelung der Fuge. Hierbei wird ein Papierfugendeckstreifen eingearbeitet. Es ist darauf zu achten, dass genügend Spachtelmasse eingebracht wird. Der Bodenanschluss wird mit Klebeband luftdicht abgeklebt.
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Bild 10.60 f) Anschluss an Dachflächenfenster (I-DFF)
Nach Einbau des Dachflächenfensters wird der überstehende Lappen der Anschlussschürze an den Sparren bzw. die Wechsel angetackert. Der Hohlraum zwischen Dachfensterfutter und Sparren/Wechsel ist zu dämmen. Die Anschlussschürze wird in die Nut des Fensterrahmens eingeklebt. An den Ecken des Fensterausschnitts sind die vier einzelnen Schürzen untereinander luftdicht zu verkleben. Alternativ kann die Dampfsperrenschürze des Dachfensterherstellers eingesetzt werden. Die Dämmelemente werden entsprechend dem Dachfensterfutter zugeschnitten, angebracht und verspachtelt. Anschließend wird das Dachfensterfutter montiert. Eine absolut fachgerechte Dampfsperre, sowie ergänzende Wärmedämmung ist notwendig und sauber einzubringen. Ansonsten sind die Vorgaben des Dachfensterherstellers zu beachten.
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
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10
Bild 10.60 g) Anschluss an Dunstrohr (I-DR)
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Die Dämmelemente werden je nach Erfordernis etwas größer als der Rohrdurchmesser ausgeschnitten. Der Hohlraum wird mit Spritzschaum ausgeschäumt. Nach Aushärten ist der übergequollene Schaum abzuschneiden. Anschließend wird die Fuge mit Klebeband abgeklebt. Die Abdeckung erfolgt durch eine Rohrmanschette oder durch eine bauseitige Verkleidung.
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Bild 10.60 h) Anschluss an Kamin (I-K)
Zur Herstellung der Luftdichtigkeit wird vor Verlegen der Elemente die Anschlussschürze angebracht. Falls aus brandschutztechnischen Gründen erforderlich, wird im Anschluss an den Kamin die PUR/PIR-Dämmung der Elemente entsprechend ausgeklinkt und ein nichtbrennbarer Dämmstoff in diesem Bereich eingesetzt. Die Abdichtung und das Montieren der Dämmelemente erfolgt sinngemäß zu Detailblatt I-AS und I-A. Die jeweilige Landesbauordnung sowie die Vorgaben/Hinweise des Schornsteinfegers und des zuständigen Schornsteinfegers (Kaminfegers) sind zu beachten.
10.5 Wärmedämmung zwischen den Sparren
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10
Bild 10.60 i) Anschluss von Kehlbalkendecken (I-KD)
Vor Verlegen der Elemente erfolgt das Anbringen der Anschlussschürze an die raumumschließenden Wände (s. I-O). Die Anpressung des integrierten Kombibandes erfolgt zwischen den Deckenbalken/Sparren und den Dämmelementen. Die Dämmelemente werden bei durchlaufender Kehlbalkendecke an einer Dachseite von unten (s. I-T) nach oben montiert, dann im Bereich der Decke angebracht und anschließend an der gegenüberliegenden Dachschräge vom Deckenübergang nach unten (s. I-T) verlegt. Ist die Kehlbalkendecke durch eine Wand unterbrochen, wird an der Wand beginnend (s. I-O, zusätzlich Anspresslatten zwischen die Balken anbringen), zur Dachschräge hin, und dann in Richtung Taufe (s. I-T) verlegt. Die letzte Plattenreihe wird am stumpfen Winkel eingefahren. Am Übergang Dach/Kehlbalkendecke werden die Elemente winkelhalbierend zugeschnitten. Der Hohlraum wird mit Spritzschaum ausgeschäumt. Nach Aushärten erfolgt die Verspachtelung der Fuge. Hierbei wird ein Papierfugendeckstreifen eingearbeitet. Es ist darauf zu achten, dass genügend Spachtelmasse in die Fuge eingebracht wird.
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren 10.6.1 Konstruktive Vorüberlegungen
10 Bild 10.61 Dämmung oberhalb der Sparren
Wärmetechnisch und bauphysikalisch ist die Dämmung auf den Sparren nicht nur die beste und wirkungsvollste Dämm-Methode, sondern auch preiswert und wirtschaftlich. Das Dämmsystem hüllt das gesamte Dach vollflächig und wärmebrückenfrei ein und schützt so im Winter vor Wärmeverlusten.
Bild 10.62 Dämmung zwischen den Sparren Hier können zwischen Dämmung und Sparren Wärmebrücken entstehen
Bild 10.63 Dämmsystem auf dem Sparren Wärmebrückenbildung ist weitgehend verhindert
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10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren
Auch an heißen Tagen, wenn die Sonne das Dach aufheizt, bleibt es im Haus angenehm kühl. Gleichzeitig wird das Tragwerk vor Feuchtigkeit, Schimmelbildung und thermischen Spannungen bewahrt. Die Ausführung kann auf zwei verschiedenen konstruktiven Wegen erfolgen, die sich im Bezug auf ihre Dämmparameter ebenbürtig sind:
• Wärmedämmung direkt auf den Sparren • Wärmedämmung auf Schalung
Bild 10.64 Wärmedämmung direkt auf den Sparren
Bild 10.65 Wärmedämmung auf Schalung
Bei beiden Systemen erzielen Sie eine homogene flächige Dämmung über den Sparren.
• Verlegung der Dämmsysteme auf Sichtholzschalung ggf. mit Vordeckung: Diese Verlegeart eignet sich, wenn im Raum Sparren und Schalung sichtbar bleiben sollen. Zum Schutz der Sichtholzschalung vor Witterungseinflüssen kann eine Vordeckung auf die Schalung verlegt werden. • Verlegung der Dämmsysteme direkt auf den Sparren: Aufgrund der hohen Druckfestigkeit sowie Steifigkeit können die Dämmplatten auch direkt auf den Sparren verlegt werden. Eine Vielzahl der Dämmsysteme weisen bereits mehrere Eigenschaften auf (z. B. Unterdach, Dampfsperre, optimale Wärmedämmung usw.). Beachten Sie hierzu auch die Hinweisblätter zu den einzelnen Typen. Einige Details für diese unterschiedlichen Verlegearten werden Sie in dem nachfolgenden Abschnitt kennen lernen. Im Bezug auf die Reduzierung der CO2-Emission ist die Aufsparrendämmung, die effektivste Dämmart.
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Bild 10.66 Emissionen in Abhängigkeit zur Dämmung
Durch geeignete Systemkanten wird jedes Element nahtlos luft- und winddicht an das Nächste gefügt. Mit großen und dennoch handlichen Platten sind selbst große Dachflächen und kompliziert gestaltete Dachkonstruktionen schnell verlegt. Die Sparren können sichtbar bleiben und in die Raumgestaltung einbezogen werden. Flair des Alten. Dank der Aufsparrendämmung bleibt der alte Dachstuhl sichtbar erhalten. Die Bereiche zwischen den Sparren können gestrichen oder tapeziert werden.
10
Bild 10.67 Sanierter Wohnraum mit Aufsparrendämmung
Dennoch wollen wir Sie auf einige, besonders bei der Sanierung an alten historischen Strukturen eines Dachstuhls auftretenden Problemen hinweisen. Wenn die „Prächtigkeit“ der alten Konstruktion (Gebälk, Dachstuhl, Holzzapfen usw.) erlebbar gestaltet werden soll, ist zum einem eine Aufsparrendämmung erforderlich, zum anderen
10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren
441
sind die Oberflächen der Tragkonstruktion sorgfältig zu reinigen, notfalls zu reparieren und häufig muss ein wasserdichtes Unterdach ausgeführt werden. Moderne Dämmelemente verfügen über wind- und luftdichte Wärmedämmung mit integrierter Dampfsperre sowie einer Unterdeckung gemäß den Fachregeln des ZVDH. Dadurch werden auch spätere Wärmeverluste durch unkontrollierte Lüftung vermieden, zumindest aber reduziert. Je nach Elementtyp erhalten Sie bereits beim Verlegen ein regensicheres Unterdach. Ist ein zusätzlicher Schallschutz bereits integriert, können die Innenseiten sofort verputzt, tapeziert oder gestrichen werden. Und die Dampfsperre ist auch schon mit drin.
10.6.2 Physikalische Eigenschaften und Forderungen 10.6.2.1 Wärmeschutz Um einen homogenen effektiven Wärmeschutz über das ganze Dach zu erzielen, ist es erforderlich, die gesamte Dämmschicht wärmebrückenfrei anzuordnen. Durch eine zweilagige, stoßversetzte Verlegung sind Wärmebrücken nahezu ausgeschlossen. Durch diese, wenngleich auch aufwendigen Verlegungsart gegenüber der einschaligen, bleibt die Holzschalung nahezu frei von zusätzlichen Spannungen. Weiterhin können schädliche Temperaturdifferenzen auf der Innenseite des Bauteils nahezu ausgeschlossen werden.
10
Bild 10.68 Zweilagige stoßversetzte Verlegung
10.6.2.2 Schallschutz Der ständig steigende Verkehrs- und Industrielärm beeinträchtigt die Gesundheit des Menschen empfindlich. Das Ziel jeder Bauplanung muss es deshalb sein, den Menschen durch geeignete Schallschutzmaßnahmen vor diesen Lärmbelästigungen zu schützen. Durch offene, faserige Struktur absorbieren die Dämmungen in hohem Maße den auftretenden Schall. Sie tragen deshalb wirkungsvoll zur Schalldämmung bei.
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Bild 10.69 Dachausbau bei Schalldämmwerten von 44 dB
Bild 10.70 Dachaufbau bei Schalldämmwerten von 54 dB
Durch sich ständig weiterentwickelnde technische Innovation werden zukünftig kombinierte Dämm- und Schallschutzelemente zum Einsatz kommen. 1
10
2 3
Bild 10.71 Dämm- und Schallschutzelement
Aufkaschierte Unterdeckbahn Wärmedämmplatte Schalldämmplatte
10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren
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Die großformatigen Dämm- und Lärmschutzelemente bestehen aus einem Kern aus PUR/PIRHartschaum und einer 40 mm dicken Schalldämmplatte auf der Unterseite. Schalldämmmaß gemäß Prüfbereich R = 44 dB.
Alle wichtigen technischen Kennwerte sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen Tab. 10.7 Technische Kennwerte eines Dämm- und Schallschutzelementes
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Die Dämmelemente werden direkt auf die Vordeckung aufgelegt. Durch die Kantenverbindung mit Nut und Feder wird das gesamte Dach vollflächig und wärmebrückenfrei eingehüllt. Zusammen mit der oberseitig aufkaschierten Unterdeckbahn entsteht eine wärmebrückenfreie winddichte Dämmhaube. Ruß, Staub und Flugschnee können nicht eindringen. In Verbindung mit einer 19 mm starken N+F-Holzschalung (nach DIN 68122-1/2) erfüllen die Elemente auch die Anforderungen an F30B-Konstruktionen (Prüfzeugnis P-MPA-E-04-025).
10.6.2.3 Brandschutz Bei Dächern über Wohnungstrennwänden besteht die Gefahr der Brandweiterleitung durch das Dach. Die Brandschutzanforderungen werden daher bei zunehmend dichter Wohnbebauung immer wichtiger. So fordern Landesbauordnungen bei aneinander gebauten giebelständigen Gebäuden für die Dächer eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F30). Dabei bedeutet F30, dass die Feuerwiderstandsdauer (Erhalt der wesentlichsten, z. B. tragenden Funktionen) mindestens 30 Minuten betragen muss. Die Buchstabenkennzeichen geben die Bauteile, z. B. A für Wände, Stützen, Decken, Treppen, B für sonstige Bauteile, an. Bei relativ geringem baulichem Aufwand wird sowohl mit mineralischen Dämmplatten als auch
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
mit Hartschaum-Dämmplatten eine gute brandschutztechnische Effizienz erreicht. Laboruntersuchungen belegen, dass die F30 Brandversuche erst in der 57. bzw. 58. Minute wegen Versagens der Sparren abgebrochen werden mussten. Für das Dachmantelsystem bei geeigneten Dächern und einer Dämmschicht über den Sparren gibt es verschiedene Ausführungsmöglichkeiten.
1 2 3 4a 4b 5 6 7 8 9
Dachziegel Dachlattung Konterlattung Normale Unterspannbahn Dampfoffene Unterspannbahn Konterlattung Dämmung Dampfbremse Holzschalung Sparren
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Bild 10.72 Dachaufbau
Unter Beachtung folgender Randbedingungen kann die Verlegung der Dämmung ohne eine relativ kostenintensive Holzschalung erfolgen
• Sparrenabstand max. 827 mm (= Achsmaß) (bzw. nach Absprache im Objektfall) • Sparrenquerschnitt mind. 100 × 160 mm • Tragkonstruktion mind. F30, Querstoß = kurzer Stoß liegt • über der Sparrenachse unabhängig von der Dachneigung • alle gängigen Dacheindeckungen sind möglich.
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10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren
Bild 10.73 Einhaltung von Randbedingungen
Hinweis: Moderne Dämmelemente (z. B. LINITHERM) werden auf der raumseitigen Oberfläche so gestaltet, dass sie gestrichen oder tapeziert werden kann.
10.6.3 Verlegungstechnologie Im Bezug auf Lieferung, Sicherheitsbestimmungen, Regeln der Bautechnik, Werkzeugen und Grundsätzen gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei der Untersparrenverlegung. F O T K
First Ortang Traufe Kaminanschluss
DR G Dff WdU W
Dunstrohr Glaube Dachflächenfenster wasserdichtes Unterdach Wohnungstrennwand
Bild 10.74 Detailpunkte für die Verlegung-Übersparren
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
10.6.4 Vorarbeiten Herstellen der Luft- und Winddichtigkeit Aufbringen einer Spritzschaumraupe (zur Vermeidung von Wärmebrücken) und Kompriband zur Herstellung der Luft-/Winddichtigkeit, zwischen aufgehendem Mauerwerk bzw. Sparren und der Silikatplatte der Elemente. Nachdem die Sparren aufgelegt sind ist im Bereich der Traufe, unterhalb der Sparren sowie an den Sparrenflanken ein Kompriband anzubringen. Das Kompriband sollte im eingebauten Zustand auf mindestens 30 % seiner Dicke komprimiert werden.
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Bild 10.75 Schnitt durch ein Dämmsystem direkt auf dem Sparren
Bei Elementen auf der Schalung sollte eine vollflächige, stoßverklebte Schalungsbahn (Dampfbremse/Dampfsperre) z. B. mittels Kompriband bzw. Verklebung luftdicht an die aufgehenden Bauteile angeschlossen werden. Die Schalung ist in diesem Bereich getrennt bzw.
10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren
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ausgespart. Die verbleibenden Hohlräume werden mittels eines weichen Dämmstoffes (z. B. Mineralfaser) ausgefüllt bzw. ausgeschäumt.
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Bild 10.76 Schnitt durch ein Dämmsystem auf der Schalung
Anbringen eines Traufbretts/Traufbohle Bei der Verlegung direkt auf dem Sparren ist zum Ausrichten der ersten Reihe und zur Abdeckung der Elementekanten ein Traufbrett an den Sparrenköpfen anzubringen. Bei der Verlegung auf Schalung wird eine Traufbohle in der Dicke der Dämmelemente parallel zur Traufe montiert.
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
10.6.5 Ablauf der Verlegung Die nachfolgenden Verlegehinweise der Elemente gelten unabhängig davon, ob die Montage auf Sparren oder Schalung erfolgt Dabei müssen die Dachdämmungen der DIN 13165 entsprechen. Weitere Angaben (dargestellt am Beispiel PUR-Hartschaum mit Alufolie = Dampfsperre) sind folgende: Anwendungstyp PUR 025 DAD, Wärmeleitfähigkeit # 0,025 W/(mK), Baustoffklasse B 2, PUR/PIRHartschaum beidseitig mit Alufolie = Dampfsperre, ringsum N+F-Klemm-Press-Verbindung, längsseitig zusätzlich patentierte N+F-Steckverbindung Bezeichnung nach EN: PUR-EN 13165-T2-DS(TH)2-CS(19)100 Deckmaß: 3000 × 1000 mm (= Berechnungsmaß) Tab. 10.9 Zusammenhang Dicke-U-Wert-R-Wert Dicke mm 80 mm 100 mm 120 mm 140 mm 160 mm
U-Wert 2 W/(m K) 0,29 0,24 0,20 0,17 0,15
R-Wert 2 (m K)/W 3,20 4,00 4,80 5,60 6,40
10.6.6 Zusammenfügung der Elemente
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Die Elemente werden sowohl schmal- wie auch längsseitig satt zusammengesetzt. Die Elemente werden reihenweise von unten nach oben parallel zur Traufe verlegt. Dabei zeigt die Längsüberlappung der Elemente stets nach unten, so dass evtl. auftretende Feuchte sicher auf dem Unterdach abläuft. Bei der Zusammenfügung der Elemente ist eine dicke Kantenausbildung erforderlich denn undichte Kantenverbindungen führen zu hohen Energieverlusten und bergen das Risiko der Tauwasserbildung
Bild 10.77 Kantenfehler
10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren
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Dichte Kantenverbindungen sollten folgenden Forderungen genügen:
• einfache und schnelle Montage durch spezielle Ausformung • Gewährleistung der Arretierung durch Ineinanderschieben; dadurch ist kein zusätzliches Fixieren bei Bewegungen durch Dacharbeiten erforderlich • Beidseitiges Verwenden der Elemente, d. h. von links und rechts verlegbar • Verschnittarme Montage Die nachfolgenden Bilder zeigen Ihnen einige technisch ausgereifte Kantenverbindungen
Bild 10.78 Klemm-, Press- und Kantenverbindung
Sobald eine Reihe Elemente verlegt ist, werden die schmalseitigen Stöße mit dem bereits abgelängten Fugenband abgeklebt. Die Oberflächen der Elemente müssen im Klebebereich sauber, trocken und fettfrei sein. Fugenband sofort fest andrücken. Die Elemente können beidseitig eingesetzt werden. Hierdurch ist eine verschnittgünstige Verlegung der Wärmedämmung sowie eine Verlegung sowohl von links nach rechts bzw. von rechts nach links möglich. Nach Verlegung von ca. 2-3 Reihen Wärmedämmelementen (je nach Dachneigung) erfolgt die Montage der Konterlatten (i. d. R. Querschnitte 40/60 mm bzw. 40 /80 mm).Die Befestigung der Konterlatte (Grundlatte) zur Aufnahme der Schub-/Soglasten erfolgt mit Spezialschrauben gemäß Statik durch die Konterlatte in den Sparren. Bei Elementen mit aufkaschierter Schalldämmplatte ist die Konterlatte mit einem Querschnitt von mindestens 120 x 40 mm einzusetzen. Gemäß der Empfehlung in der Zulassung Z-9.1-337 werden die maximalen Schraubenabstände auf 1,75 m begrenzt. Bei Kontaktstößen der Grundlatten ist die erste bzw. letzte Schraube ca. 20 cm vom Grundlattenende zu setzen. Tab. 10.10 Zusammenhang Dämmstoffdicke-Schraubenlänge Dämmstoffdicke 80 mm 100 mm 120 mm 140 mm 160 mm 180 mm 200 mm 220 mm 240 mm
Schraubenlänge 225 mm 225 mm 250 mm 275 mm 300 mm 325 mm 350 mm 375 mm 400 mm
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Bild 10.79 Schraubenstatik
Der Schraubenwinkel ist aber auch vom Dämmstoffgewicht, der Dachneigung, der Schneelast, der Firsthöhe und anderen Faktoren abhängig, deshalb: Jedes Gebäude bietet andere Voraussetzungen, es ist deshalb gebäudespezifisch grundsätzlich nach den Regeln der Bautechnik zu verfahren. Nachdem die Dachlattung aufgebracht ist, kann die Dachdeckung erfolgen.
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Bild 10.80 Konterlattung für die Dachsteine
10.6.7 Konstruktive Details Mit den nachfolgenden Bildern sollen weitere Details über Sanierungsmaßnahmen mit Wärmedämmungen oberhalb der Sparren aufgezeigt werden.
10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren
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Bild 10.81 Ortgang – Verlegung auf Schalung
10
Bild 10.82 Ortgang – Verlegung auf Sparren
Für eine homogene Wärmedämmung ist am First eine absolut dichte Verbindung herzustellen. Die Platten sollen so zugeschnitten werden, dass eine schmale Kerbe entsteht. Diese Kerbe
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
wird mit Spritzschaum verfüllt. Der übergequollene Schaum wird nach Aushärtung sauber abgeschnitten. Die Abdichtung erfolgt mit Klebeband.
10 Bild 10.83 Firstausbildung
Bild 10.84 Dachflächenfenster
(Für die Schnittdetails siehe die folgenden Abbildungen)
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10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren
Üblicherweise wird die Dämmung zuerst vollflächig verlegt. Vor Einbau des Fensters ist die Dämmung mit Fuchsschwanz/Handkreissäge passgenau auszuschneiden. Die Schalung sollte wie darstellt etwas größer ausgeschnitten werden, um die Dampfsperreschürze ankleben zu können. Je nach Fenstertyp sind die entsprechenden Arbeiten durchzuführen. (Doppellattung usw.) Oberhalb des Dachflächenfensters wird zur Ableitung der anfallenden Feuchtigkeit eine Wasserableitrinne, ein Abweisbrett oder -winkel schräg angebracht. Eine absolut fachgerecht angebrachte Dampfsperre sowie ergänzende Wärmedämmung sind notwendig (siehe Schnitte A-A und B-B) und sauber einzubringen. Ansonsten sind die Einbauvorschriften des Fensterherstellers zu beachten. Die Befestigung der Konterlatte erfolgt wie im vorhergehendem Abschnitt beschrieben.
10
Schnitt A-A
Schnitt B-B Bild 10.85 Schnittdetails durch das Dachflächenfenster aus der vorhergehenden Abbildung.
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10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
10 1 2 3
Dichtraupe anbringen überquollennen Schaum abschneiden Klebeband anbringen
Bild 10.86 Dämmung einer Dachgaube
Auf Spitz- oder Schleppgauben werden die Elemente wie auf der sonstigen Dachfläche verlegt. Die Anschlussplatten werden mit schmaler Kerbe zugeschnitten. Der entsprechende Hohlraum wird ausgeschäumt und der übergequollene Schaum abgeschnitten. Danach wird Klebeband aufgebracht. Der weitere handwerkliche Ausbau mit Dachlattung Kehlblech und Dacheindeckung erfolgt, wie in den vorangegangenen Abschnitten beschrieben. Direkt am Schornstein (Kamin) darf je nach Abgastemperatur kein brennbares Material anschließen. Hierzu sind die jeweiligen Landesbauordnungen bzw. die Hinweise des zuständigen Schornsteinfegers (Kaminkehrers) zu beachten. Im Bereich des Wechsel/Sparren wird der Zwischenbereich üblicherweise ausbetoniert.Die Elemente werden mit dem vorgeschriebenen Abstand zum Schornstein (Kamin) zugeschnitten und ausgelegt. Der verbleibende Zwischenraum zum Schornstein (Kamin) wird z. B. mit Mineralfaserdämmstoff (Baustoffklasse A1) gefüllt. Dadurch ist das Klebeband vom Schornstein (Kamin) bis zur Dämmung anzubringen.
10.6 Sanieren von Steildächern über den Sparren
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Bild 10-87 Dämmung am Schornstein (Kamin)
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Bild 10.88 Dämmung zwischen Dach und Wohnungstrennwand
Abschließend wollen wir Sie mit einem, besonders bei der Sanierung an alter historischer Struktur eines Dachstuhls auftretendem Problem bekannt machen.Wenn die „Prächtigkeit“ der alten Konstruktion (Gebälk, Dachstuhl, Holzzapfen usw.) erlebbar gestaltet werden soll, ist zum einem eine Aufsparrendämmung erforderlich, zum anderen sind die Oberflächen der Tragkonstruktion sorgfältig zu reinigen, notfalls zu reparieren und häufig muss ein wasserdichtes Unterdach ausgeführt werden.
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10
10 Sanierung zwischen, unter und auf den Sparren
Bild 10.89 Ausführung eines wasserdichten Unterdaches
Nach den Richtlinien des ZVDH muss ein wasserdichtes Unterdach über die Konterlatte geführt werden, damit diese nicht der Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Da die Konterlatten jedoch i. d. R. eine Restholzfeuchte besitzen, würde dies bedeuten, dass diese Feuchtigkeit unter der Unterdachbahn eingeschlossen ist und zur Schädigung der Konterlatte führen kann. Hier bieten PUR-Hartschaumstreifen eine technisch akzeptable Lösung. Der Streifen wird unter dem Unterdach zur Fixierung der Dämmung angebracht. Nach Verlegen des Unterdaches kann die Konterlatte wie gewohnt befestigt werden. Die Konterlatte berührt nicht die wasserführende Ebene und der eingeschlossene PUR-Streifen verhindert eine Schädigung des Dachaufbaus. Im Steildachbereich kommen für die Dämmung unter den Sparren folgende Platten bevorzugt zum Einsatz:
• Dämmplatten aus Styropor, • Mehrschicht-Leichtbauplatten, • Gips-Verbundplatten mit integrierter Dämmschicht. Während die Dämmplatten aus Styropor häufig dann eingesetzt werden, wenn der Dachraum für Wohnzwecke nicht weiter genutzt werden soll, werden die Mehrschicht-Leichtplatten und die Gips-Verbundplatten dann zweckmäßigerweise angewandt, wenn Dachräume später ausgebaut werden sollen. Die Verlegung unter dem Sparren ist handwerklich relativ einfach auszuführen.
11 Sanierung von Dachgeschossdecken 11.1 Begriff Der Begriff „Decke“ hat seine sprachliche Wurzel in „Dach“, da ursprünglich die Räume unmittelbar vom Dach überdeckt wurden. Auch heute versteht man allgemein unter einer Decke zunächst den oberen Abschluss eines Raumes. Genau genommen gilt dies jedoch nur für ausgesprochene Dachdecken; die Decken aller übrigen Geschosse haben zweifache Bedeutung. Sie bilden jeweils für das untere Geschoss die Decke und für das darüber liegende den Fußboden. • Decken nehmen Verkehrs- bzw. Nutzlasten auf und leiten diese, zusammen mit den Eigenlasten, über die – Auflager – Wände – Fundamente in den Baugrund ab. • Decken schützen die Geschosse untereinander vor unerwünschten schädigenden Einflüssen und erfüllen folgende Aufgaben. – Wärmeschutz – Schallschutz – Feuchtigkeitsschutz – vorbeugenden bautechnischen Brandschutz
11.2 Rechtliche und konstruktive Grundlagen Seit Inkrafttreten der Energieeinsparverordnung (EnEV 2002) (Abschnitt 3 - §10 – Nachrüstung bei Anlagen und Gebäuden) im Februar 2002 waren viele Hauseigentümer gesetzlich verpflichtet, bis spätestens Ende 2006 wärmetechnische Verbesserungen der obersten Geschossdecke durchzuführen. Die z.Z. gültige EnEV 2009 präzisierte diese Angaben und schreibt die Dämmung von oberen Geschossdecken zwingend vor. Die Bundesregierung ist durch das Energieeinspargesetz vom 01. April 2009 (EnEVG 2009) ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Anforderungen an den Wärmeschutz von Gebäuden und ihren Bauteilen festzulegen. An bestehenden Gebäude können allerdings nur dann Anforderungen gestellt werden, wenn die Maßnahmen generell zu einer wesentlichen Verminderung der Energieverluste beitragen und die Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen innerhalb angemessener Fristen erwirtschaftet werden können. Nachrüstverpflichtung der obersten Geschossdecke über beheiztem Wohnraum besteht: • bei Mehrfamilienhäusern und • bei zugänglicher, aber nicht begehbarer Oberseite Bisher war eine Verbesserung des Wärmeschutzes von bestehenden Bauteilen nur bei ohnehin stattfindenden Instandsetzungen und Modernisierungen vorgeschrieben (sogenannte bedingte Anforderungen). M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_11, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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11 Sanierung von Dachgeschossdecken
Mit der Energieeinsparverordnung müssen nun auch erstmalig Altbauten, bei denen keine baulichen Maßnahmen vorgesehen sind, bestimmte wärmeschutztechnische Anforderungen erfüllen. Diese Nachrüstverpflichtung betrifft u. a. oberste Geschossdecken über beheizten Räumen, sofern diese Decken nicht oder nur zu Wartungszwecken betreten werden können, die Oberseite der Decke jedoch erreichbar ist. Tabelle 11.1 Richtwerte für die Sanierung der obersten Geschossdecke (Auswahl) Bauteilart Oberste Geschossdecke
mögliche Bauteilaufbauten Betondecke
Holzbalkendecke
Holzbalkendecke, Gipskarton oder Holzschalung unter den Balken
Empfehlung U-Wert [W/(m2K)] 0,13 0,20 0,30 0,13 0,18 0,20 0,30 0,13 0,18 0,30
erforderliche Elementdicke [mm] 180 120 80 180 140 120 80 180 120 80
11.3 Anwendungsbereiche
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Typische Kennzeichen für die in der EnEV angesprochenen nicht begehbaren aber zugänglichen obersten Geschossdecken sind Dachböden mit geringer Raumhöhe, die zumindest in größeren Teilbereichen nur kriechend zugänglich sind. Auf der Oberseite der Decke ist häufig kein trittfester, durchgehender Belag vorhanden, allenfalls Stege zu Wartungszwecken. Diese Konstruktionen sind oft bei teilausgebauten Satteldächern mit Spitzboden bzw. Satteldächern mit geringer Dachneigung, Pultdächern und Mansarddächern anzutreffen. Sobald eine ausreichende Kopfhöhe vorhanden ist, sind diese Flächen erfahrungsgemäß auch zu begehen und werden zumindest als Lager- oder Trockenraum genutzt. Diese Art Speicher bzw. Spitzböden unterliegen nicht den Nachrüstverpflichtungen der Verordnung. Es müssen daher nicht zwingend Verbesserungen des Wärmeschutzes durchgeführt werden. Um Arbeiten auf der obersten Geschossdecke durchführen zu können, ist eine Einstiegsluke von mindestens 60 × 60 cm erforderlich. Sofern kein Zugang besteht bzw. die nachträgliche Herstellung (z.B. bei Stahlbetondecken) zu aufwändig ist, gibt es noch die Möglichkeit, die Decke von der Unterseite zu dämmen. In dieser Situation schreibt die EnEV allerdings nur Maßnahmen vor, wenn ohnehin Instandsetzungsarbeiten an der Decke durchgeführt werden sollen.
11.4 Deckenkonstruktionen
459
Bild 11.1 Dachformen mit nicht begehbaren, aber zugänglichen obersten Geschossdecken
11.4 Deckenkonstruktionen 11.4.1 Typische Deckenkonstruktionen Die sinnvollste Art der nachträglichen Dämmung hängt u.a. von der vorhandenen Deckenkonstruktion ab. Das Alter des Gebäudes kann einen ersten Hinweis auf die Bauweise geben. Geschossdecken in Gebäuden, die zwischen 1870 und 1918 erreichtet worden sind, bestehen meist aus Holzbalkenkonstruktionen mit Zwischendecken und Lehm-, Sand- oder Schlackenauffüllungen. Die Unterseite ist geschalt, gerohrt oder mit Spalierlatten versehen und verputzt. Bis 1945 wurden Holzbalkenkonstruktionen im Wesentlichen vergleichbar realisiert. Nach 1945 wurden solche Holzbalkendecken nur noch selten ausgeführt. Typischerweise werden jetzt Konstruktionen aus so genannten Holzsparbalken ohne Zwischendecken gebaut. Holzwolleleichtbauplatten auf der Deckenunterseite an Stelle von Schalung und Blindböden sind ebenfalls weit verbreitet. Diese Decken sind nicht begehbar, sofern keine Gehstege auf der Oberseite angelegt sind. Besondere Vorsicht ist bei Holzbalkendecken angebracht, die eigentlich zu begehen sind bzw. bei denen lediglich Stege zur Wartung angelegt sind. In diesen Fällen blickt man auf die Balkenlage der Deckenkonstruktion, eine Schüttung im Balkenzwischenraum oder man sieht unmittelbar auf die raumseitige Bekleidung.
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11 Sanierung von Dachgeschossdecken
Die Flächen zwischen den Balken dürfen auf keinen Fall betreten werden! Es besteht Absturzgefahr. Zum Einbringen des Dämmstoffes müssen zumindest provisorische Laufstege angelegt werden (Auflegen von trittfesten Platten oder Brettern auf die Balkenlage). In Kehlbalkenlagen (von z.B. teilweise ausgebauten Dachgeschossen) wird dieses Konstruktionsprinzip bis heute ausgeführt. Dachgeschossdecken werden seit etwa 1920 zunehmend auch aus Ortbeton hergestellt und sind bei nicht begehbaren Decken oberseitig mit überwiegend recht dünnen Dämmschichten (max. 4 cm) versehen oder ohne Dämmung ausgeführt. In begehbaren Dachräumen ist etwa seit den 50er Jahren die Betondecke mit einem schwimmenden Estrich mit dünner Dämmung (1,5 – 4 cm) belegt. Massiv-Rohdecken der Bauart I bis III, Deckenbauarten aus Holz Holzbalkendecken bzw. Decken aus Holztafeln) und Dächer, bestehend aus Dachträgern, oberer Bedachung und unterer Bekleidung. Die Kennzeichnungskriterien der einzelnen Bauarten sowie die in die Bauart einzustufenden anderen Dach- und Deckensysteme sind Folgende: Decken der Bauart I sind: 1. Decken mit im Zwischendeckenbereich freiliegenden Stahlträgern mit einem U/A-Wert 300 m-1 und einem oberen Ab-schluss aus Bimsbeton-Hohldielen nach DIN 4028 oder aus Gasbetonplatten nach DIN 4223. 2. Stahlbetonbalkendecken nach DIN 1045 mit Zwischenbau-teilen aus Leichtbeton nach DIN 4158 bzw. aus Ziegeln nach DIN 4159 und DIN 4160.
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3. Stahlbetonrippendecken nach DIN 1045 mit Zwischen-bauteilen aus Leichtbeton nach DIN 4158 bzw. aus Ziegeln nach DIN 4159 und DIN 4160. 4. Stahlbetondecken in Verbindung mit in Beton eingebetteten Stahlträgern. Decken der Bauart II sind: Decken mit im Zwischendeckenbereich freiliegenden Stahlträgern mit einem U/A-Wert 300 m-1 und einer oberen Abdeckung aus Ortbeton nach DIN 1045 oder Fertigteilen als Hohldielen aus Stahl oder Spannbeton. Decken der Bauart III sind: Decken aus Stahlbeton oder Spannbetonplatten aus Normalbeton, jedoch nicht mit Bauteilen oder Zwischenbauteilen aus Leichtbeton oder Ziegeln. Es sind Decken mit folgenden Bezeichnungen: 1. Stahlbeton- oder Spannbetonplatten nach DIN 1045 aus Normalbeton. 2. Stahlbeton- oder Spannbetonhohldielen nach DIN 1045 bzw. DIN 4227 aus Normalbeton. 3. Stahlbetonbalkendecken mit Balken und Zwischenbauteilen nach DIN 1045 aus Normalbeton.
11.4 Deckenkonstruktionen
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4. Stahlbeton-Rippendecken nach DIN 1045 ohne Zwischenbauteile oder mit Zwischenbauteilen aus Normalbeton. 5. Pilzdecken und Kassettendecken nach DIN 1045 aus Normalbeton. Deckenbauarten aus Holz (Bauart IV): Für Decken aus Holz gilt allgemein: Holzbalken bzw. Rippen müssen aus Bauschnittholz nach DIN 4074, Teil 1, Schnittklasse S oder A bestehen. Holzbalken bzw. Rippenbreite mindestens 40 mm. Dämmschichten in Decken aus Holz können brandschutztechnisch notwendig und nicht notwendig sein. Notwendige Dämmschichten müssen aus mineralischen Fasern nach DIN 18165, Teil 1, bestehen, der Baustoffklasse A angehören und einen Schmelzpunkt gleich oder größer 1000°C besitzen. Man unterscheidet ferner: 1. Decken aus Holztafeln nach DIN 1052, Teil 1, die stets aus einer oberen und unteren Beplankung der Holzrippen bestehen. 2. Holzbalkendecken nach DIN 1052, Teil 1, mit verdeckten, teilweise freiliegenden und vollständig freiliegenden Holzbalken. Als obere Beplankung können sowohl für die Holzbalkendecken als auch für die Decken aus Holztafeln folgende Materialien verwendet werden: Sperrholzplatten nach DIN 68705, Teile 3 und 5 Spanplatten nach DIN 68763 und Gespundete Bretter aus Nadelholz nach DIN 4072 Bei Holzbalkendecken darf zwischen der oberen Beplankung und den Holzbalken eine zusätzliche Lattung angeordnet werden. Bei Feuerbeanspruchung von oben bedürfen Holzdeckenbauarten und sofern in Sonderfällen Anforderungen gestellt werden, auch Dächer, einen speziellen Bodenaufbau.
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11 Sanierung von Dachgeschossdecken
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Bild 11.2 Deckenarten
11.4 Deckenkonstruktionen
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11.4.2 Eindeckung und Belüftung Damit nach dem Einbau einer Dämmung das Dach schadenfrei bleibt, muss man sich vergewissern, ob und wie das Dach belüftet ist. Meist ist dies aus der Eindeckungsart und der Schichtenfolge in der Dachschräge ablesbar
11 1 einfache Eindeckung 2 Eindeckung mit Unterspannbahn 3 Eindeckung mit Unterdach 4 Eindeckung mit Unterspannbahn und dünner Dämmung Bild 11.3 Typische Dachkonstruktionen
Geneigte Dächer sind meist mit Dachziegeln oder Betondachsteinen gedeckt. Bei stark geneigten Dächern, die vor 1970 eingedeckt wurden, befinden sich unter der Eindeckung meist keine weiteren wasserableitenden Schichten (z.B. Unterspannbahnen). Man blickt dann vom Dachraum aus unmittelbar auf die Rückseite der Eindeckung. In diesen Fällen ist der Dachraum über die Fugen der Eindeckung ausreichend belüftet. Bei Dächern nach 1970 mit einer Neigung unter 22° wurden unter der Eindeckung meist durchhängende Unterspannbahnfolien oder auch straff gespannte Bitumenbahnen eingebaut. Bei Dachneigungen unter 19° ist die Eindeckung auf Unterdächern (z.B. Bitumenbahn auf Holzschalung) verlegt. Vom Dachraum aus ist diese dann in den Dachschrägen auf den Sparren sichtbar. Sind Unterspannbahnen oder Unterdächer vorhanden, muss geklärt werden, ob und wie der Dachraum belüftet ist. Meist sind die Abluftöffnungen am First von innen gut erkennbar. Die Zugluft ist in der Regel als nach außen offener Spalt unter der Traufe hergestellt.
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11 Sanierung von Dachgeschossdecken
Selbstverständlich muss vor der Entscheidung zu wärmetechnischen Maßnahmen geklärt werden, ob die vorhandene Dämmung des Gebäudes nicht in der Dachschräge bis zum First weitergeführt ist. Besonders bei Kehlbalkendächern mit ungenutztem Spitzboden findet man solche Situationen häufig vor. Dann ist bei der Dämmung der Bodenfläche besondere Vorsicht geboten, da es im unbeheizten Dachraum kühler wird und ggf. Tauwassergefahr entsteht. Trotz nachträglicher Dämmung der obersten Geschossdecke müssen die Belüftungsebenen der Dachkonstruktion und die Belüftung des Dachraumes gewährleistet sein.
11.4.3 Ausführung der Dämmung Nach der EnEV darf der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) der obersten Geschossdecke 0,30 W/(m2·K) nicht überschreiten. Dieser Wert wird bereits mit 12 cm eines gebräuchlichen Dämmstoffs der Wärmeleitfähigkeitsgruppe (WLG) 040 erfüllt. Wissenschaftliche Untersuchungen und praktische Erfahrungen zeigen, dass ein höherer Wärmeschutz wirtschaftlich durchaus sinnvoll sein kann. Empfehlenswert ist ein Wärmedurchgangskoeffizient möglichst unter 0,25 W/(m2·K). Dieser kann mit einem 15 cm dicken Dämmstoff erreicht werden. Es entstehen dabei kaum zusätzliche Kosten, aber der Energieeinspareffekt ist deutlich höher. Bei den in der Tabelle genannten Wärmedurchgangskoeffizienten bleibt der U-Wert der vorhandenen Konstruktion unberücksichtigt und kann noch zusätzlich eingerechnet werden. Beim Einbringen der Dämmung im Zwischenraum einer Holzbalkendecke wird durch die Unterbrechung der Dämmebene die Effektivität der Maßnahme vermindert. Der übliche Flächenanteil des Holzes bei Holzbalkendecken liegt bei ca. 12% (ca. 8 cm breite Balken). Die dadurch bedingte Verschlechterung des U-Wertes, im Vergleich zu einer durchgehenden 12 cm dicken Dämmschicht, beträt ca. 21%. Um bei der Verlegung der Dämmung zwischen der Tragkonstruktion den selben U-Wert wie bei einer durchgehenden Dämmung zu erhalten, muss die Schichtdicke auf 15 cm erhöht werden.
11
Alternativ oder als Ergänzung zur Verfüllung der Balkenhohlräume bietet es sich häufig an, oberhalb der Balken eine durchgehende Dämmschicht zu verlegen. Tabelle 11.2 Erreichbarer U-Wert in Abhängigkeit von der Dämmstoffdicke
U-Wert [W/(m2·K)]
< 0,3
< 0,25
< 0,2
WLG 025 030 035 040 025 030 035 040 025 030 035 040
Dämmstoff [cm] ohne Berücksichtigung der vorhandenen Konstruktion 8 9 11 12 9 11 13 15 12 14 16 19
11.4 Deckenkonstruktionen
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Die Nachrüstungsverpflichtung nach EnEV für bisher ungedämmte Dachgeschossdecken ist bei Ausführung der im Folgenden genannten Dämmstoffdicken (bei Verwendung von Dämmstoffen mit der Wärmeleitfähigkeitsgruppe 040) erfüllt: • 12 cm bei durchgehender Dämmschicht • 15 cm bei Verlegung zwischen Deckenbalken
Bild 11.4 Abhängigkeit des U-Wertes von der Dämmstoffdicke und Wärmeleitfähigkeitsgruppe
Die Ausführung extremer Dämmstoffdicken ist nicht sinnvoll. Ab ca. 20 cm Dicke führt dies zu einem ungünstigen Verhältnis zwischen den entstehenden Mehrkosten und den möglichen Einsparungen. Aufgrund der niedrigen Herstellungskosten ist die zusätzliche Dämmung nicht begehbaren Decken selbst dann noch wirtschaftlich, wenn die vorhandene Decke mit (J ≥ 0,5 W/(m2·K) (6 – 8 cm Dämmung) bereits relativ gut gedämmt war. Der bei begehbaren Decken erforderliche konstruktive Mehraufwand lohnt sich, unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wenn der U-Wert der vorhandenen Konstruktion über 1,05 W/(m2·K) liegt.
11.4.4 Dämm-Materialien Nachfolgend wird speziell auf die Dämmstoffe, die für die nachträgliche Dämmung von Dachgeschossdecken in Frage kommen, eingegangen. Mineralfasern Mineralfaserdämmstoffe bestehen im Wesentlichen aus Glasrohstoffen (auch Altglas) oder Gesteinsmaterialien (Glasfasern oder Steinfasern), denen ein Bindemittel aus Kunstharzen und Öl zugesetzt wird.
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11 Sanierung von Dachgeschossdecken
Nach der DIN 4108 Teil 10 (2004-06) werden anwendungsbezogene Anforderungen an Wärmedämmstoffe gestellt. Für den Bereich der obersten Geschossdecke gibt es zwei Anwendungsgebiete: • DZ; Zwischensparrendämmung nicht begehbare, aber zugängliche oberste Geschossdecken • DEO; Innendämmung der Decke unter Estrich ohne Schallschutzanforderungen. Die Mineralfaser wurde in den vergangenen Jahren bezüglich ihrer möglichen krebsauslösenden Wirkung untersucht. Neuere Produkte sind daher mit einem RAL-Gütezeichen versehen und „frei von Krebsverdacht“. Je nach Bauzeit des Objektes kann es aber sein, dass im Bereich der obersten Geschossdecke bereits ältere Mineralfaserprodukte eingebaut sind. Hier ist Vorsicht geboten. Zumindest alle bis 1995 eingebauten Produkte aus künstlichen Mineralfasern können ein gewisses gesundheitliches Risiko beinhalten. Alte Mineralfaserdämmstoffe sollten daher grundsätzlich in der Konstruktion belassen werden. Sofern keine Fasern aufgewirbelt werden, kann von dem Material keine schädigende Wirkung ausgehen. Hartschäume Hartschäume sind überwiegend geschlossenzellige Schaumkunststoffe. Sie werden in der Regel als Platten geliefert. Die Produktion der Dämmstoffe ist vergleichsweise energieaufwendig. Für die Anwendung im nicht begehbaren Dach sind vor allem Platten aus expandiertem Polystyrol-Partikelschaum (ESP) mit niedriger Rohdichte – z.B. ESP 15 – geeignet, da diese Platten leicht zugeschnitten, durch Stauchen in Zwischenräume eingepresst werden können und relativ preiswert sind. Zellulosefasern
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Aus Altpapier werden durch ein mechanisches Zerkleinerungsverfahren watteartige Zelluloseflocken hergestellt. Der Dämmstoff ist somit ein Recyclingprodukt. Als Brand- und Fäulnisschutz werden Salze zugegeben. Beim Einbringen der Schüttung als Sackware können erhebliche Mengen Staub entstehen. Die Verarbeitung sollte daher nur mit entsprechendem Atemschutz ausgeführt werden. Der je nach Zugänglichkeit bei größeren Flächen sehr rationelle Einbau im Einblasverfahren bleibt Fachfirmen vorbehalten, die auch hinsichtlich des Arbeitsschutzes über das notwendige KnowHow verfügen. Lieferformen Dämmmaterialien werden in Form von Matten, Filzen, Platten, Verbundplatten und Schüttungen hergestellt. Wesentliche Entscheidungskriterien bei der Auswahl des Dämmstoffs sind die jeweiligen Verarbeitungsmöglichkeiten und Nutzungsanforderungen. So sind steife und großformatige Platten mehr für ungestörte Flächen geeignet, insbesondere wenn die Fläche begehbar sein soll. Stark gegliederte Dachböden mit Einbauten und Durchdringungen sind mit steifen Elementen nicht problemlos ohne Fehlstellen zu belegen. Hier bieten sich besonders flexible Dämmmaterialien an. Allerdings ist anzumerken:
11.4 Deckenkonstruktionen
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Es gibt keinen idealen Dämmstoff für alle Fälle! Neu entwickelt, auch unter dem Blickwinkel der Anforderungen der EnEV 2009, wurden drei verbesserte Dachbodenelemente. Das mit einer Holzplatte beschichtete Element verfügt über ein umlaufendes Nut - Federsystem und wird im Format 1250 × 675 mm geliefert. Damit passt dieses Dachbodenelement in jede, auch sehr kleine Dachluken. Das Standard Dachbodenelement ist mit einer Spanplatte beschichtet. Neu bei diesem Dämmelement ist neben dem üblichen Nut – Feder-System in der Platte ein zusätzliches doppeltes Nut – Feder – System im Dämmstoff. Die Abmessung beträgt 1250 × 1000 mm. Für den Einsatz für stark genutzte Trockenböden bietet der Hersteller Unidek Steinhagen ein feucht wischbares Dämmelement an. Die hochwertige Melaminharzbeschichtung dieser Platte ähnelt einem Laminatboden. Das 1250 × 1000 mm Dachbodenelement ist ebenfalls mit Nut – und Federsystem in Platte und Dämmstoff versehen. Alle Elemente haben eine Dicke von 140 bis 180 mm.
11 Bild 11.5 Verlegung eines Dämmelementes
11.4.5 Bauphysikalische und bautechnische Zusammenhänge Tauwasserschutz Unter üblichen Klimabedingungen ist die Wasserdampfkonzentration in genutzten Innenräumen höher als in der Außenluft. Durch die meist porösen Baustoffe der Gebäudehülle findet daher ein Wasserdampfkonzentrationsausgleich statt – der Wasserdampf wandert durch Diffusion von der warmen zur kalten Seite des Bauteils. Wird dieser Austausch im Bauteil oder an dessen Oberfläche behindert, kann Tauwasser ausfallen, wenn der Wasserdampf abkühlt. Zusätzliche Dämmung auf der „kalten“ Oberseite von Dachdecken können daher keinen Schaden verursachen, solange der Diffusionsstrom (Dampfdruckausgleich) auf der kalten Seite nicht behindert wird. Bei dampfdichter Abdeckung des Dämmstoffs auf der Oberseite (also zum unbeheizten Dachraum hin) können aber Tauwasserschäden auftreten. Den selben Effekt haben relativ dampf-
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11 Sanierung von Dachgeschossdecken
dichte Bodenbeläge aus PVC oder Teppichböden mit gummiertem Rücken. Will man diese Beläge oberhalb der Wärmedämmung verlegen, so sollte vorsichtshalber unter der Dämmung eine Folie als Dampfsperre eingebaut werden. Als Grundregel zur Tauwasservermeidung gilt daher: • Dämmschichten möglichst auf der kalten Seite des Bauteils aufbringen. • Dampfsperrende Schichten sind auf der kalten Seite zu vermeiden. Bei Abweichung von diesen Regeln sollte ein Fachmann hinzugezogen werden. Belüftung Die Belüftung des Daches und der Dachkonstruktion sollte grundsätzlich durch den Einbau nachträglicher Dämmungen nicht beeinträchtigt werden. Solche Störungen können in der Regel nur eintreten, wenn die auf der Dachdecke ausgelegte Wärmedämmung an den seitlichen Dachanschlüssen Belüftungsspalte verstopft.
Bild 11.6 Belüftung oberhalb der Decke
Wasserableitung auf der Unterspannbahn
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Bei den meisten Steildachkonstruktionen ist unterhalb der Dachdeckung eine zweite Entwässerungsebene angeordnet, die oft aus einer durchhängenden Unterspannbahn besteht. Unter die Dachdeckung eingedrungene Feuchtigkeit läuft über die Bahn nach außen ab. Diese Bahn darf nicht durch die neu eingebrachte Dämmung hochgedrückt oder zugestopft werden, so dass die Wasserableitung behindert wird.
Bild 11.7 Ungehinderter Wasserablauf auf der Unterspannbahn
11.4 Deckenkonstruktionen
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Daher sollte nicht nur aus Belüftungsgründen, sondern auch zur Sicherstellung der Wasserableitung der Randanschluss der neuen Dämmung mit Vorsicht, ggf. ausgespart, ausgeführt werden. Maßnahmen bei Schimmel Auf der Unterseite von Dachgeschossdecken älterer Gebäude ist häufig Schimmel zu beobachten. Bei gleichmäßiger Verteilung über die Deckenfläche kann dies ein Anzeichen für unzureichende Wärmedämmung sein. Allerdings kann der Befall auch andere Gründe haben: Scharf umgrenzte Schimmelzonen z.B. in Verbindung mit Feuchterändern deuten auf Undichtigkeit des Daches hin. Wenn diese nicht eindeutig zu lokalisieren sind, ist der Rat eines Fachmannes notwendig. Mit der nachträglichen Wärmedämmung bzw. der Beseitigung der Undichtigkeit hat man zwar die Ursache für den Schimmel abgestellt, nicht aber den bereits vorhandenen Befall beseitigt. Luftdichtheit Gerade bei älteren und teilweise ausgebauten Dachgeschossen sind oft deutliche Luftundichtheiten vorhanden. Sie treten besonders häufig im Anschlussbereich zwischen der Dachkonstruktion und den Wandflächen auf. Die Wärmeverluste über undichte Anschlüsse können erheblich sein. Außerdem kann ein unkontrollierter und ggf. zu Schäden führender Feuchtetransport in die Baukonstruktion und in den Dachraum entstehen (Wasserdampftransport durch Konvektion). Grundsätzlich treten Luftdichtheitsprobleme eher bei leichten Deckenkonstruktionen als bei Massivdecken auf. Die vorhandene Konstruktion ist daher zu überprüfen. 1. Bei verputzten Stahlbetondecken treten an Decken-/Wandanschlüssen keine Luftdichtheitsprobleme auf, da die Luftdichtheit bereits durch den verwendeten Baustoff selbst gewährleistet ist. In diesem Fall ist durch die Bodenluke die luftdichte Ebene unterbrochen. Daher ist eine umlaufende Dichtung der Fuge zwischen Deckel und Rahmen der Treppe besonders wichtig. Bei neuen Bodentreppen wird teilweise die Problematik der Luftdichtheit bereits berücksichtigt.
Bild 11.8 Herstellung eines luftdichten Anschlusses
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11 Sanierung von Dachgeschossdecken
2. Bei Holzbalkendecken, die auf der Rauminnenseite verputzt und tapeziert sind, ist die Fläche selbst luftdicht. Auch Holzbalkendecken mit an den Stößen verspachtelten und übertapezierten Gipskartonplatten sind in der Fläche luftdicht. In diesen Fällen sollten jedoch insbesondere die Deckenanschlüsse an Außenwände, Rohrdurchführungen, eingebauten Lampen oder Bodenluken – also – grundsätzlich alle Unterbrechungen der durchgehenden Fläche – nach Hinweisen auf Zugerscheinungen, wie Verschmutzungen oder Staubfahnen, überprüft werden. Vorhandene Risse, bei denen Zugerscheinungen auftreten, sind zu schließen. Da auch in Zukunft Verformungen im Rissverlauf zu erwarten sind, reicht eine starre Spachtelung nicht aus. Es sind Folien- oder Vliesstreifen aufzukleben oder die Fuge oder die Risse sind nach deutlichem Aufweiten auf mindestens 8 mm mit einem Dichtstoff zu schließen. 3. Holzbalkendecken, die auf der Deckenunterseite holzverkleidet sind – z.B. mit Nut- und Federschalungen, sind aufgrund zahlreicher unvermeidbarer Fugen nicht ausreichend luftdicht. Bei Holzschalung sollte daher die gesamte Fläche durch zusätzliche Maßnahmen luftdicht hergestellt werden, z.B. durch eine PE-Folie, die unterhalb der nachträglich verlegten Wärmedämmung eingebaut wird. Natürlich ist auf einen luftdichten Anschluss an die Nachbarbauteile zu achten. Durch Berücksichtigung der Luftdichtheitsproblematik vor dem Einbau einer Dämmung wird eine insgesamt deutlich höhere wärmetechnische Effektivität erreicht.
11.5 Sanierungsvarianten von Dachgeschossdecken 11.5.1 Sanierung von Holzbalkendecken
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Viele alte Gebäude sind erhaltenswert. Dazu gehört aber neben den Finanzierungsmöglichkeiten und konstruktiven Voraussetzungen vor allem eine neue und dauerhafte Nutzung. Deshalb ist auch ein Umdenken in der Bewertung und Wiederverwendung der vorhandenen Bausubstanz erforderlich. So ist beispielsweise die viele Jahre vernachlässigte Holbalkensanierung wieder „denkmalspflegerisch in Mode“. Beispielsweise gehört dazu auch die Berücksichtigung der Wärmeschutz- und Brandschutzanforderungen. Für die Energieeinsparung in Dachgeschossen bietet Rigips das „Rigidur Dachbodenelement“ an. Mit einer Abmessung von 500 x 1500 mm und einem Gewicht von 14 kg sind die Dämmelemente leicht und handlich, so dass sie problemlos durch jede Dachluke passen. Oberseitig bestehen die Dämmelemente aus einer „Rigidur H Gipsfaserplatte“, die nicht brennbar und unempfindlich gegen Temperatur- und Feuchteschwankungen ist. Ihre harte und glatte Oberfläche macht die Dachbodenelemente außerdem nachträglich streichbar. Mit dem werkseitig ausgebildeten Stufenfalz lassen sie sich zügig verlegen. Unter der Gipsfaserplatte sorgt eine druckfeste Polystyrol Hartschaumplatte für eine gute Wärmedämmung. Sie ist in unterschiedlichen Dicken lieferbar. Soll ein ungenutzter Dachraum zum Wohnraum umfunktioniert werden, bietet Rigips auch hier eine einfache Lösung für den Boden: Durch das Verlegen von nur einer zusätzlichen Lage „Rigidur H“ erhalten die Dachbodenelemente ein Belastungsniveau, das den Anforderungen
11.5 Sanierungsvarianten von Dachgeschossdecken
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von Wohnräumen entspricht. Die zusätzliche Aufbauhöhe beträgt nur 10 mm und Oberbeläge wie Teppich oder Laminat können dank der glatten Oberfläche leicht aufgebracht werden. Die Staubbelastung ist minimal, was sich bei der späteren Verlegung von Oberbelägen als besonders vorteilhaft erwies. Gerade bei Altbausanierungen von Holzbalkendecken kann durch den Einbau solcher Estrichelemente die Gefahr einer raschen Ausbreitung von Zimmerbränden vermieden werden. Sie schaffen darüber hinaus schnell eine saubere, belegreife Trockenestrichfläche und sorgen für Schall- und Wärmedämmung zwischen den Geschossen. Das Rigidur Estrichelement 30 MF ist mit einer Mineralfaserdämmstoffplatte kaschiert, die zusätzlich einen guten Trittschallschutz garantiert.
11.5.2 Decken unter nicht ausgebauten Dachgeschossen Sie werden wärmeschutztechnisch so behandelt, wie Decken an der Außenluft (U-Wert 0,30 bis 0,20 W/(m2·K) . Besondere Anforderungen an den Schall- und Brandschutz dieser Decken werden nicht gestellt. Solche Decken sind beim ausgebauten Dachgeschoss die Kehlbalkendecke oder der Deckenstreifen hinter den Abseiten und beim nicht ausgebauten die oberste Geschossdecke. Für die Ausführung ist folgendes zu beachten: • Bei schwerer Deckenschale soll die Wärmedämmschicht auf der Decke verlegt werden. Die Wärmespeicherfähigkeit der Deckenschale kann dann zur „Glättung“ der Raumtemperatur im Sommer genutzt werden.
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Bild 11.9 Oberste Geschossdecke mit aufgelegter Dämmung
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11 Sanierung von Dachgeschossdecken
• Die Wärmedämmschicht der Decke ist stets an die Wärmedämmschicht der Außenwand anzuschließen. Bei wärmedämmendem Mauerwerk muss die Wärmedämmung die Wandscheibe vollständig überdecken. Dies gilt auch für Innenwände des darunter liegenden Wohngeschosses. • Bei leichten Deckenkonstruktionen (z.B. Verbretterung unter der Balkenlage) ist eine Luftund Dampfsperre einzuhalten, die an den umfassenden Wänden und Durchdringungen dicht abschließt. • Je nach Nutzung des Dachraumes kann die Wärmedämmschicht offen liegen (keine Nutzung) oder mit einem Dielen- oder Estrichbelag abgedeckt werden (Abstellraum, Trocknungsraum für Wäsche u.a.). • Der nicht ausgebaute Dachraum bildet zwischen Wohngeschoss und Außenatmosphäre eine thermische Pufferzone. Die Pufferzone verringert den Transmissionswärmeverlust der obersten Geschossdecke. Bild 11.9 zeigt am Beispiel einer Ortbetondecke mit Dämmung unter schwimmendem Estrich den Aufbau und die Wärmedämmung unter nicht ausgebauten Dachgeschossen (Folgetabelle Zeile 2). Weitere Möglichkeiten sind Decken aus Betonfertigteilen mit lose aufgelegter Wärmedämmung (Folgetabelle Zeile 2) oder Holzbalkendecken mit sichtbaren Balken oder unterseitiger Gipskartonplatte mit Wärmedämmung (Folgetabelle Zeile 3). 1 2 3 4 5 6 7
Betondecke, Unterbeton Oberfläche eben abgerieben Estrichdämmung für den Trittschall- und Wärmeschutz Estrichfolie als Schutzabdeckung Schwimmender Estrich (Anhydrit-, Zementestrich, Gussasphalt) PVC-Bodenbelag (Linoleum, Gummibeläge, Korkplatten) Teppichboden (Tufting-, Nadelfilz-, gewebte Teppichböden) Parkett geklebt (Stab-, Mosaik-, Tafel-, Fertigparkett)
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Bild 11.10 Bahnbeläge auf schwimmendem Estrich
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11.5 Sanierungsvarianten von Dachgeschossdecken
Die Wärmedämmschichten können in Abhängigkeit von den erforderlichen U-Werten anhand der nachfolgenden Tabelle vom Bauausführenden festgelegt und nachvollzogen werden. Tabelle 11.2 Wärmedurchgangskoeffizient U für Decken unterhalb nicht ausgebauter Dachgeschosse Zeile
1
2
3
1) 2)
Deckenaufbau von unten nach oben Estrich auf Folie 4,0 cm 1) Wärmedämmschicht 040 Ortbetondecke2) 16,0 cm Putzschicht 1,5 cm Wärmedämmschicht 0401) Betonfertigteildecke 20,0 cm (DIN 1045) Putzschicht 1,5 cm Verbretterung 2,0 cm Wärmedämmschicht 0401) Holzspanplatte 1,5 cm Luftschicht 4,0 cm Gipskartonplatte 1,5 cm Putzschicht 1,5 cm
Wärmedurchgangskoeffizient U in W/m2 für eine Wärmeschichtdicke von 12 cm 15 cm 18 cm 20cm 22 cm 25 cm 0,30
0,25
0,21
0,19
0,17
0,15
0,24
0,20
0,18
0,16
0,15
0,14
0,26
0,22
0,19
0,17
0,16
0,14
Wärmeleitfähigkeit 0,04 W / mK Rohdichte 2.400 kg /m3
Wird der Dachboden nur gelegentlich, beispielsweise zur Wartung oder zur längeren Lagerung genutzt, empfiehlt sich eine weiche Dämmlösung aus Steinwolle. Dazwischen werden harte Dämmungen als Laufwege angeordnet. Gute Praxiserfahrungen liegen von der Fa. Rockwool Gladbeck vor. Auf die oberste Geschossdecke wird eine 200 mm dicke Dämmschicht aus Steinwolle verlegt, für die drei unterschiedliche Produkte von Rockwool zum Einsatz kamen. Für die nicht begehbaren Zonen wurde die schnell zu verarbeitende „Klemmrock“ verwendet. Diese Dämmung wird stark komprimiert in Rollen angeliefert und erleichtert damit das Handling auf der Baustelle – bei einer Dachbodenlänge von mehr als 80 m und engen Aufgängen ein klarer Vorteil. Darüber hinaus kann diese Dämmung einfach auf der Geschossdecke ausgerollt und fugendicht verlegt werden. In den begehbaren Zonen zwischen dem Dachbodenaufgang und den Dachfenstern verlegten die Handwerker auf dem Estrich zum Höhenausgleich zunächst eine 40 mm dicke Trittschalldämmung und darauf dann 160 mm dicke „Megarock“-Platten. Diese Platten haben einen hoch verdichteten, druckbelastbaren Steinwolle-Kern und sind oberseitig mit einer faserverstärkten zementösen Beschichtung ausgestattet. Deshalb sind sie gegenüber Punktlasten sehr widerstandsfähig und können zu Wartungszwecken begangen werden, ohne dass die Wärmedämmung hierdurch Schaden nimmt. Dank der weißen Einfärbung der Beschichtung mussten die Laufflächen nicht markiert werden – es ist offensichtlich, wo die Dämmung begangen werden darf und wo nicht.
11
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11 Sanierung von Dachgeschossdecken
Bild 11.11 Harte Dämmung als Laufwege mit fugendichter Anpassung der weichen Dämmung (Rockwool Gladbeck)
11
12 Dachgeschossausbau 12.1 Dachgeschossausbau – eine neue Wohnform Es ist zunehmend in Deutschland zu beobachten, dass ungenutzter Dachraum ausgebaut wird oder Flachdächer auch aufgestockt werden. Die Gründe dafür sind vielfältig. So wird eine notwendig werdende Sanierung genutzt, ein bisher als Abstellkammer oder Wäscheboden genutzter Raum als Wohnraumreserve, Hobbyraum, Büro oder Fitnesscenter „entdeckt“. Aber auch wirtschaftliche und ökologische Gründe können eine Rolle spielen. So sind in der Regel die Infrastruktur und das soziale Umfeld vorhanden. Es wird kein neues Grundstück benötigt und abgesehen von der Dachdeckung und den möglichen Dachaufbauten kann der „Ausbauer“ den Innenraum vollständig nach seinen eigenen Geschmack, Vorstellungen und Bedürfnissen gestalten. Eine Vielzahl von Baumaterialien in allen Qualitäten und Preislagen und eine ebenso große Zahl technologischer uns architektonischer Varianten bieten geradezu traumhafte Möglichkeiten. Aber, derjenige, der ein Dach ausbauen will, muss wissen, dass eine ebenso große Menge baurechtlicher und genehmigungspflichtiger Anforderungen und konstruktiver, bauphysikalischer, statischer und werkstoffkundlicher Kenntnisse und Voraussetzungen auf ihn zukommen. Denn gerade beim Dachgeschossausbau unterlaufen oftmals entscheidende Fehler die in Bauschadensberichten der Länder und des Bundes nahezu kontinuierlich zur Feststellung kommen: „ die erhebliche Zunahme der Schäden an geneigten Dächern hängt häufig mit dem zunehmenden Dachgeschossausbau zusammen“ Es ist also von entscheidender Bedeutung mit dem Dachausbau erfahrene Planer, Architekten und Handwerker zu beauftragen und Gutachter vor Entscheid und Beginn der Sanierungs – bzw. Ausbaumaßnahme einzuschalten. Selbstverständlich sind auch die zu erwartenden Kosten vorher ermitteln zu lassen. Diese Maßnahmen sind ohne Abstriche vorzunehmen, denn sie ersparen Folgeschäden an der vorhandenen und neuen Bausubstanz und damit auch erhebliche Folgekosten. Der oft empfohlene „Eigenbeitrag“ sollte wirklich auf ein vertretbares Maß begrenzt werden. Der Auftraggeber sollte seine fachlichen Kenntnisse und handwerklichen Fertigkeiten wirklich real einschätzen. Bei Berücksichtigung aller aufgezeigten Überlegungen kann sich der Dachgeschossausbau wirklich als „Gewinn“ erweisen.
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_12, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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12 Dachgeschossausbau
12.2 Rechtliche und konstruktive Grundlagen 12.2.1 Rechtliche Voraussetzungen Erster Schritt bei einem Dachgeschossausbaus ist die Klärung der rechtlichen Fragen. Baurecht ist hierzulande immer noch Länderrecht und somit von Bundesland zu Bundesland verschieden. Folglich lässt sich kein, für jeden Bauort verbindliches Regelwerk zitieren. Es können deshalb nur generelle Hinweise gegeben werden. Generell gelten die Planung – und bauordnungsrechtlichen Anforderungen der Landesbauordnungen, das Baugesetzbuch und Anforderungen des Denkmalsschutzes. Weiterhin sollten • die Energieeinsparverordnung EnEV 2009 und deren Ergänzungen und Aktualisierungen • zutreffende aktuelle Normen wie 4102 Brandschutz; 4108 Wärmeschutz; 4109 Schallschutz • Vorschriften zur Bedachungsart, Brandwände, Anforderungen an die Brennbarkeit und die Feuerwiderstandsfähigkeit der Baustoffe, zweiter Rettungsweg usw. • Fachregeln, WTZ und Merkblätter der Handwerkerkerinnungen für Dachdecker • Merkblätter, Technische Arbeitsblätter, Prospekte und Verarbeitungshinweise der Hersteller beachtet werden. Ratsam ist es auch, sich mit den örtlichen Bauinstitutionen in Verbindung zu setzen, wenn mit dem Ausbau Veränderungen der Dachneigung, Dacheinschnitte oder der Dachgauben vorgesehen sind. Es sind Regelungen einzuhalten, die durch die jeweiligen Bauordnungen der Bundesländer verordnet sind. So kann die Gebäudehöhe begrenzt, eine bestimmte Dachneigung festgelegt oder Dachgauben ausgeschlossen werden können.
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Zur Gewährleistung der Sicherheit müssen unbedingt zwei Fluchtmöglichkeiten, eine über das Treppenhaus ( nicht durch einen Aufzug ) und mindestens 90 × 120 cm großes Fenster für das Anleitern der Feuerwehr vorgesehen werden. Über mindestens der Hälfte beziehungsweise zwei Dritteln der Grundfläche muss die lichte Höhe 220 – 240 cm und die Fensterfläche mindestens 12,5 % der Grundfläche betragen. Unberücksichtigt bleiben Raumteile unter 1,50 m. Entstehen mehr als 30m3 neuer Wohnraum, darunter lohnt sich der nutzbare Dachausbau auch kaum, erweitert sich das beheizbare Gebäudevolumen. Daher sind die Wärmeanforderungen der jeweilig aktuellen EnEV (derzeitig 2009) einzuhalten. Der Mindestabstand von Dachgauben, Dachflächenfenstern von Gebäudetrennwänden / Brandwänden beträgt nach MBO 1,25m. Dient der Dachgeschossausbau der Erweiterung des Wohnraums, ist kaum mit einer Forderung nach einem Stellplatz zu rechnen. Werden zusätzliche Wohnungen geschaffen, können auch zusätzliche Stellflächen verlangt werden. Viele Bundesländer verzichten aber auf diese Verpflichtung um die Schaffung zusätzlichen Wohnraums nicht zu behindern.
12.2 Rechtliche und konstruktive Grundlagen
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12.2.2 Anforderungen der EnEV 2009 Wer künftig eine zusammenhängende Nutzfläche über 50 m2 aus baut, muss nachweisen, dass der neue Gebäudeteil den Neubaustandard erfüllt (§ 9 Abs. 5). Neu ist, dass die Fläche des sanierten Bauteils zur gesamten Bauteilfläche des gesamten Gebäudes in Verhältnis gesetzt wird. Bei der EnEV 2007 galt noch das Verhältnis des sanierten Bauteils zur gesamten Bauteilfläche. Die Reglung gilt auch für Nichtwohngebäude. Nachgewiesen werden müssen auch der Jahres- Primärenergiebedarf, der spezifische, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissionswärmeverlust und der sommerliche Wärmeschutz (§ 3 EnEV 2009). Eine Vereinfachung des Nachweises für den Ausbau ungenutzter Dachräume gibt es nicht mehr. Bei Erweiterungen zwischen 15 und höchstens 50 m2 Nutzfläche sind die betroffenen Ausbauteile so auszuführen, dass die in Anlage 3 der EnEV 2009 geforderten Wärmedurchgangskoeffizienten ( 0,9 W (m2 K)nicht überschritten werden.
12.2.3 Planung Voraussetzung für die Planung und Ausführung sind: • • • •
Konstruktion des Dachstuhls Größe und Ausstattung der Erweiterung Art der Raumnutzung Konstruktive, physikalische und statische Anforderungen
Entscheidend für einen erfolgreichen Dachgeschossausbau ist eine umfassende und vorausschauende Planung. Mit dem angestrebten Ergebnis • berechen – und nachvollziehbarer Kosten • materialeffektiver und energetisch anspruchsvoller Ausführung • Einbeziehung kompetenter und erfahrener Fachleute (Planer, Architekten, Handwerker und Gutachter. Diese sollen in der Lage sein: – Wenn erforderlich, alle notwendigen Genehmigungsverfahren einzuholen und in die Planung einzubeziehen. – Den Istzustand des Dachgeschosses evtl. des ganzen Gebäudes zu erfassen – Den Auftraggeber hinsichtlich Gestaltung, Materialauswahl und Konstruktion zu beraten und dessen Wünsche und Vorstellungen weitestgehend und im Rahmen der technischen und materiellen Möglichkeiten zu berücksichtigen. – Alternativvarianten aufzuzeigen – Ausführung aller bauzeichnerischen Unterlagen und Einrichtungspläne – Erfahrene Firmenangebote einzuholen und zu vergleichen – Handwerker zu beauftragen – Den Bauablauf zu koordinieren und zu überwachen – Rechnungen nach VOB zu erstellen und zu überprüfen – Garantieleistungen zu prüfen, überwachen und bei Erfordernis rechtlich zu vertreten – Die vorhanden Statik nachzurechnen, gegebenenfalls neu zu berechnen.
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12 Dachgeschossausbau
Tab. 12.1 Checkliste zur planerischen Entscheidungsfindung Bauteil Sicherung des Dachtragwerks
Dachdeckung
Wärmeanlagen Entwässerung An- und Abschlüsse Einbau und Systemteile
Dachneigung
Solaranlage Sicherheitseinrichtungen
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Dachinnenraum
Wärmedämmung Bodentreppe Versorgungsleitungen Optische Mängel
Konstruktionsteile ja nein Sparren, standsicher, regelmäßig, Schädlingsfrei Kehlbalken und Anschlüsse, standsicher, regelmäßig, Schädlingsfrei Deckenbalken standsicher, regelmäßig, Schädlingsfrei Austausch von Dachsteinen, Lattung Befestigung der der Dachdeckung und Windsogsicherung Schornsteine vorhanden, Zustand Zustand der Rinnen und Fallrohre erneuerungsbedürftig erneuerungsbedürftig Schadhafte Teile ersetzen – Dachfenster, Gaupen, Luken – Traufelemente – Lüftungselemente – Firstelemente Gut geeignet zwischen 35° und 55° 35° Aufstockung erforderlich Vorhanden im gebrauchsfähigen Zustand vorgesehen Blitzschutzanlagen Gebrauchsfähig vorhanden Sanieren Neu anordnen Tritte und Wege für Dachbegehung Gebrauchsfähig vorhanden Sanieren Neu anordnen Schneefanggitter Gebrauchsfähig vorhanden Sanieren Neu anordnen Zustand gebrauchsfähig Dachziegel lose oder vermörtelt Fußbodenaufbau gebrauchsfähig Vorhanden und funktionsfähig Vorhanden und funktionsfähig Vorhanden und funktionsfähig Deutlich sichtbar Behebbar mit geringen Mitteln
Anmerkungen
Bei der Planung ist auch zu berücksichtigen, dass Maßnahmen zur „energetischen Sanierung“ einer Wohnimmobilie, und dazu zählt auch der Dachausbau seit dem 01. April 2009 von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auf zwei Arten gefördert werden. • durch einen Investitionskostenzuschuss • durch zinsgünstige Kredite Je nach Effizienzklasse liegen die Zinssätze zwischen 2,27 % und 4,27 %. Wichtig dabei ist, dass der energetische Standard durch einen Sachverständigen zu bestätigen ist.
12.2 Rechtliche und konstruktive Grundlagen
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12.2.4 Konstruktive Vorbemerkungen Dachkonstruktionen haben neben der vorrangigen Aufgabe die Niederschlagsableitung alle Funktionen einer Außenwandkonstruktion zu erfüllen, sobald ein Aufenthaltsraum angrenzt. Bei historischen Gebäuden ist diese Doppelfunktion selten anzutreffen. Die zur Verfügung stehenden Baustoffe waren zur Erfüllung dieser Aufgabe nicht gut geeignet. Vor allem in der Gründerzeit entstanden in verstärkten Umfang Dachraumnutzungen in Mansardgeschossen. Die Abweisung des Niederschlags war durch die starke Dachneigung unproblematisch und porige Materialien wie Bims- und Hüttensteine sowie später Holzwolleleichtbauplatten gaben einen zumindest geringen Wärmeschutz. Hoher Heizbedarf im Winter und hohe Temperaturen im Sommer machten Dachwohnungen nicht zum Domizil der Privilegierten. Die Siedlungshäuser der 30er und 50er Jahre wurden im kompakter Bauweise mit ausgebauten Dachgeschossen erreichtet. Durch die Entwicklungen im Bereich der Dämmstoffe und der Dachbahnen wurde in den darauf folgenden Jahren der Dachgeschossausbau standardmäßig durchgeführt. Vor allem in den Ballungsgebieten wurde der nachträgliche Ausbau an Ende der achtziger Jahr gefördert, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Zum Bereich Dach zählen geneigte Dächer, Flach- und Gründächer, Dachgeschossdecken zum unbeheizten Dachraum und Abseitenwände. An eine Dachfläche, die an einen Aufenthaltsraum anschließt, werden folgende Anforderungen gestellt: • Wärmedämmvermögen nach EnEV • Hohe Temperatur (umgekehrt proportional zum U-Wert) auf der Oberfläche der Innenseiten • Feuchteausgleichs- und Sorptionsvermögen der bekleideten Baustoffe auf der raumzugewandten Seite der Konstruktion • Verhinderung der Anreicherung von Feuchtigkeit im Bauteil • Winddichtheit zur Vermeidung von – Wärmeverlust, – Zuglufterscheinungen, – Wasserdampfkondensation beim Durchströmen von wasserdampfhaltiger Luft vom Innenraum nach außen mit der Folge hoher Feuchtigkeit in der Konstruktion – Eintrag von Feinstfasern aus der Dämmschicht in den Innenraum.
12.2.5 Zusammenwirken bauphysikalischer Maßnahmen Ein Dachgeschoss ist ein kompliziertes zusammenhängendes System unterschiedlicher Bauteile. Außer der statische Standsicherheit sind auch bauphysikalische Anforderungen an Wärme-, Schall-, Brand- und Feuchteschutz. Wärmeschutz Die erforderlichen Wärmedämmmaßnahmen sind entsprechend der Energieeinsparverordnung 2009 und der DIN 4108 auszuführen. Dabei spielt es keine Rolle ob der Ausbau im aufgestockten oder im vorhandenen Dach vorgenommen wird. Wärmedämmung ist an fast allen Baugliedern im Dach, je nach konstruktiven Voraussetzungen vorzunehmen.
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Bild.12.1 Wärmedämmschichten
12.2 Rechtliche und konstruktive Grundlagen
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Der Wärmeschutz wird in erster Linie von der Wärmedämmschicht erbracht und hängt von der Art des Daches ab. Andere Schichten (Betondecke, Ziegeleindeckung oder Dachbegrünung) haben konstruktive oder mikroklimatische Aufgaben und keine Wärmeschutzfunktion. Wird der Dachboden nicht als beheizter Raum genutzt, wird nur die oberste Geschossdecke gedämmt – und keinesfalls die Schrägen. Feuchteschutz Die Wahrung des Feuchteschutzes ist wesentlich abhängig von Funktionsfähigkeit der Luft und Winddichtigkeit der Bauteilflächen und der Dampfsperre. Feuchteschäden können vor allem dann auftreten, wenn Dampfsperren fehlerhaft angeordnet, schadhaft sind oder ganz fehlen. Auch Wärmebrücken und Undichtigkeiten in Fugen und Anschlussbereichen führen zu Schäden.
12 Bild 12.2 Feuchteschäden und Wärmeverluste am Dach
Schallschutz In einem Gerichtsurteil des BGH vom 14.06.2008 stellte der Bundesgerichtshof fest, dass die in DIN 4109 (11/89) geforderten Schallschutzwerte zwar das bauordnungsrechtliche Anforderungsminimum darstellt, es aber bessere wirtschaftlich akzeptablere Bauweisen mit weitaus höheren Schallschutzwerten gibt. Dem BGH Urteil zufolge gilt nunmehr der Schallschutz nach Stufe II (SSt II) im Sinne der VDI –Richtlinie 4100 als stillschweigend vereinbart und geschuldet. Für Trennwände gilt nach DIN 4109 RW 55d B. Nach VDI 4100 gilt RW 59 dB.
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12 Dachgeschossausbau
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Bild 12.3 Erforderliche Schallschutzmaßnahmen 359I99
12.2 Rechtliche und konstruktive Grundlagen
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Einfache Trockenbauwände erreichen bereits einen Wert bis zu 52dB. Doppelt beplankte Gipsfaserplatten 60dB und mit einem Doppelständerwerk 66dB. Brandschutz In Abhängigkeit von Größe, Nutzung; Material, Brandübertragungsgefahr und anderer Faktoren werden Brandschutzmaßnahmen über die Landesbauordnungen (LBO) geregelt. Allgemein aber kann gelten, dass Trockenbaukonstruktionen in der Regel schon werkstoffseitig die Anforderungen an den Brandschutz (F90- A und F 90- AB) erfüllen. Besonders günstig sind zementgebundene Trockenbauplatten mit Dicken von 9 bis 12mm.
Abb. 12.4 Erforderliche Brandschutzmaßnahmen (→) im Gebäudeinneren
Vorteilhaft sind zusätzlich harte Bedachung, Dämmstoffe der Baustoffklasse A und ausreichende Schicht Dampfdiffusion und Winddichtheit Die wesentlichsten Anforderungen an Dampfdiffusion und Winddichtheit ergeben sich aus der nachfolgenden Übersicht:
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Tab. 12.2 Vor- und Nachteile von Dampfsperren Material
Vorteile
Raumseitige Dampfsperre oder Dampfbremse PVC-Folie gute technische Eigenschaften; schweißbar
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PE-Folie Alufolie
gute technische Eigenschaften
beschichtete Baupappe
Baupappe, z. T. (Glas)-faserVerstärkt, PE-beschichtet
Ölpapier
ökologisch unbedenkliches Produkt
Baupapier
ökologisch unbedenkliches Produkt
Außen liegende Dachbahn oder Unterdach Bitumenpappe bewährtes Produkt; durch DIN 52130 erfasst kunststoffbeschichtetes Polyes- einfache Handhabung; günstiges tergewebe Diffusions-verhalten; Inhaltsstoffe des Produktes beim Hersteller bzw. Lieferanten erfragen (z. B.polyacrylatbe-schichtetes Polyestervlies, 0,4 kg/m2; mit 8% Flamm-Schutzzusätzen; Zersetzungsprodukte u. a. Salzsäure ĺ Hinweis auf Halogenverbindungen) Beschicht. Baupappen Baupappe, z. T. (Glas)-faserverstärkt, PE-beschichtet bituminierte Holzweichfaserplatte Unterdach, gleichzeitig obere Begrenzung von einblasbaren Dämmstoffen
Nachteile
stark umweltbelastend, möglichst durch Alternativ-Produkte ersetzen umweltbelastend starke Gefahr der Beschädigung während der Verarbeitung; Wirkungen hins. elektr.-magn. Felder und wellen möglich (2.2.3) Einsatz nur bei Nachweis der Funktionsfähigkeit des Dachaufbaus hinsichtlich des Diffusionsverhalten; kaum reißfest Einsatz nur bei Nachweis der Funktionsfähigkeit des Dachaufbaus hinsichtlich des Diffusionsverhalten; kaum reißfest Nur als Windbremse bedingt einsetzbar; nicht reißfest
hoher Diffusionswiderstand Kunststoffprodukte, möglichst vermeiden, PVC-Produkte durch Alternativen ersetzen; z. T. fehlende Langzeiterfahrung, möglichst Verlust der Materialeigenschaften durch Ausdiffundieren von z. B. Weichmachern
Vergleichsweise geringe Mengen Kunststoffanteil
Besonders hinsichtlich Materialien aus Kunststoffen mit Weichmachern und bei geklebten Materialien ist grundsätzlich von der konstruktiven Seite her nach der Dauerhaftigkeit des Materials zu fragen. Bei Unterspannbahnen ist bekannt, dass die nach spätestens zehn Jahren Nutzung nur noch aus Glasfasergitter und lose daran haftenden einzelnen Foliensegmenten bestehen. Trotz Weiterentwicklung auf diesem Gebiet sollte bei der Materialauswahl auch dieser Aspekt inkl. der hiefür gegebenen Garantien und Referenzen seitens der Hersteller von Bedeutung sein.
12.3 Handwerkliche Ausführung
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12.3 Handwerkliche Ausführung 12.3.1 Dämmung Wenn die Ein – und Ausbauten fertiggestellt und die Dachhülle komplett und dicht ist, kann der Einbau der Dämmung erfolgen. Für die Dämmung beim Dachausbau kommen nur die beiden bekannten Möglichkeiten • Unter dem Sparren • Zwischen den Sparren zur Anwendung(ausführliche Beschreibung ĺ Kap. 8). Für die Ausführung im ungedämmten Dachraum besteht aber auch die Möglichkeit, die beiden Ausführungen zu kombinieren. Das hat meistens den Vorteil, dass man mit der Gesamtdämmdicke nicht auf die vorhandene Sparrenstärke von (beispielsweise) 24 cm festgelegt ist und auch nicht den komplizierten konstruktiven und handwerklichen schwierige Dachsparrenverstärkung vornehmen muß. Außerdem verhindert die durchgehende Untersparrendämmung, dass die im Vergleich zum Dämmmaterial recht dichten Sparrenhölzer als Kältebrücken im System fungieren. Schon in der Planung wurde entschieden, ob der gesamte Dachraum ausgebaut wird oder nur bis zum (vorhandenen)Kehlbalken. Handwerklich ist folgendermaßen vorzugehen: 1. Bis zum Kehlbalken Die Dämmung zwischen den Sparren wird bis zur Oberkante Kehlbalken und von dort aus waagrecht über die Bodenverschalung geführt. Die Dämmplatten sind wieder unter leichter Spannung zu verlegen um Fugen zu schließen.
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Bild 12.5 Verlegung bis zum Kehlbalken
Eine aufwendigere Möglichkeit besteht auch darin, die Dämmung von unten zwischen die Kehlbalken zu klemmen
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12 Dachgeschossausbau
Bild 12.6 Deckenverkleidung mit Holz-Unterkonstruktion
2. Über den Kehlbalken Die Dämmung wird durch die ganze Dachschräge durchgehend bis an die Firstbohlen gezogen. Es ist darauf zu achten, dass keine Lücken bleiben.
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Bild 12.7 Dämmung bis zur Firstbohle
Nach der Ausführung einer der beiden Varianten kann die nunmehr schon erwähnte Untersparrendämmung erfolgen. Um die Ausführung zu vereinfachen hat es sich bewährt, 5 – 6 Bodenbretter auf den Kehlbalken zu entfernen. Nach der Beplankung werden sie dann wieder eingefügt.
12.3 Handwerkliche Ausführung
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Abb.12.8 Vereinfachte Ausführung
Der so entstandene Spitzboden kann dann, nach der Verkleidung der Dämmung und einem Fußbodenaufbau als eigener kleiner Raum genutzt werden. Allerdings ist dann eine Bodentreppe vorzusehen. Nachdem die Ausführung nach einer der beiden Varianten abgeschlossen ist und auch die Unterspannfolie nach den Ausführungshinweisen befestigt wurde, wird nunmehr die zusätzliche Untersparrendämmung in bewährter Weise eingebracht. ( ĺ Kap 8 .. ) Wenn die Regeldachneigung1 nicht unterschritten ist, was bei Altbauten selten der Fall ist, kann auf die Unterspannbahn verzichtet werden. Bei winddichter Verkleidung entsteht unterhalb der Dacheindeckung ein Luftstau, der Regen und Schnee auch bei der Unterschreitung der Regeldachneigung entgegenwirkt. Die Wandbekleidung und besonders die Anschlüsse an angrenzende Bauteile müssen luftdicht sein. Eine difussionsdichte Folie wird an der Sparrenkonstruktion befestigt, wobei die Ränder ausreichend überlappt und luftdicht verklebt sein müsse. Luftdichte, also diffusionsdicht Schichten bestehen aus dampfundurchlässigen Stoffen (z. B. Rephanol) Für den Diffusionswiderstand (sd) dieser Materialien gibt es keine Grenzwerte. Praktisch gilt ein Werkstoff als „dampfdicht“ wenn sein sd –Wert 1500m ist. Diffusionsdichte Schichten werden entsprechend der Fachregeln als „Dampfsperren „ bezeichnet. Sie sind flexibel aus Bitumen oder Kunststoff. Das Tückische beim Dachausbau ist, dass Undichtigkeiten in der Gebäudehülle erst dann bemerkt werden wenn nach Monaten oder gar Jahren die ersten Feuchte oder/ und Schimmelerscheinungen an den Wänden auftreten. Nach Abschluss aller Dämmmaßnahmen sollte die Dichtigkeit der Folie und aller Durchdringungen in jedem Fall mit einen Blower – Door Test durch lizensierte und mit den einschlägigen Instrumentarien ausgestatteten Gerätschaften, vorgenommen werden.
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Die untere Dachneigungsgrenze, bei der sich eine Dachdeckung ohne Unterspannbahn oder Unterdach als ausreichend regensicher erwiesen hat, wird als Regeldachneigung bezeichnet. Sie richtet sich nach der Eindeckung und beträgt bei Flachdachpfannen, Flachkrempern und Betondachsteinen 22°; bei Falzziegeln und Reformpfannen 30°. Unverfalzte Hohlpfannen werden ab 35° und Mönch – NonnenDeckung ab 40° regensicher verlegt. Beim „Blower – Door – Test sind alle Fenster zu schließen und alle Luftzu - und – abflüsse sorgfältig abzudichten.
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12 Dachgeschossausbau
Bei diesem Verfahren wird mit Hilfe eines Gebläses ein leichter Unterdruck im Raum erzeugt, so dass durch alle kleinen und kleinsten Undichtigkeiten in der Gebäudehülle ein messbarer Luftzug von außen nach innen entsteht. Das heißt, die Raumluft wird ausgetauscht eine so genannte Luftwechselrate. Wichtig dabei ist, dass der Luftzug eine Windgeschwindigkeit von 0,5 m/sec nicht überschreitet und die Luft in einem Raum nicht mehr als zweimal pro Stunde ausgetauscht wird. An den möglicherweise aufgefundenen Leckagen muss dann der Schaden ausgebessert werden. Meistens reicht es aus, die undichten Stellen mit Klebebändern zu überkleben.
12 Bild 12.9 Blower-Door Test
Das nachfolgende fiktive Leistungsverzeichnis fasst die Dämmmaßnahmen beim Dachgeschossausbau zusammen: – m2 Dämmung des Steildachs im auszubauenden Dachraum zwischen den Sparren, bis zum First oder dem Kehlbalken und der Giebelwände bündig mit der Sparrenunterkante unter leichter Spannung einpassen. Die Dämmung erfolgt dann entweder zwischen den Kehlbalken oder zusammenhängend darüber. – m2 Dämmmaterial aus Steinwolle (z. B. Rockwool 035) mit Datenblätter Dämmdicke entsprechend der Sparrenhöhe Wärmeleitfähigkeit 0,035 W/( mK) Feuerwiderstandsklasse F30 nach DIN 4102 Baustoffklasse A nach DIN 4102 – m2 Dampfbremsfolie an Sparren und Kehlbalken im Überlappungsbereich im Abstand von 30–40 cm antackern. Längs – und Querstöße luftdicht mit Klebeband überlappend abkleben. Durchdringungen wie Rohre, Kabel und andere Bauteile sind fachgerecht und luft-
12.3 Handwerkliche Ausführung
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dicht zu verkleben. Wenn erforderlich, ist mit Dichtkleber zu arbeiten. Danach ist es dringend angeraten einen Blower – Door – Test durchzuführen. – m2 Aufbringen der Untersparrendämmung – m2 Aufbringen der Beplankung (meistens Bauplatten aus Sperrholz oder Gipsplatten nach DIN 18168 – 1) nach DIN 18334. Beim Verarbeiten ist darauf zu achten, dass die eingebaute Dampfbremse nicht beschädigt wird.
12.3.2 Verkleidung Eine Verkleidung hat viele Aufgabe zu erfüllen und ist deshalb auch immer ein Kompromiss. Sie soll in erster Linie die Dämmung und Dichtung, aber auch Leitungen für Strom und Wasser schützen und verdecken. Sie trennt die Räume voneinander und bildet für die optische Wandgestaltung, also Tapete, Farbe, Dekor einen festen und ebenen Untergrund. Zudem sind auch die Aufgaben des Schallschutzes zu erfüllen.
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Bild 12.10 Sparrenbekleidung mit Tragprofilen aus Holz oder Metall
Dachschräge Quer auf den Sparren befestigte Tragprofile aus Holz oder Metall bilden die Unterkonstruktion für die Trockenbauplaten. Empfehlenswerter sind allerdings Metallprofile, da Holzprofile im Zuge der Anpassung an die Luftfeuchte verziehen und damit die Gipsplatten reißen können. Das ist auch der Grund, warum es vermieden werden sollte, die Platten direkt auf die Sparren oder als Deckenbeplankung unter die Kehlbalken zu schrauben. Wichtig für den Dachausbau sind auch Gips – Feuerschutzplatten. deren Gipskern mit Glasseide armiert ist.
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12 Dachgeschossausbau
Um Wärmebrücken zu vermeiden, darf an den Übergängen der Dachschräge zu anderen Bauteilen, wie Kehlbalkendecke, Abseitenwand oder Kniestock, Trenn – und Giebelwände die Wärmedämmung nicht unter – oder durchbrochen werden. Die Dampfbremsen werden zur Gewährleistung der Luftdichtigkeit über Eck gezogen und mit Dichtungsbänder und Stoßüberlappung verklebt oder angepresst.
Bild 12.11 Anschlüsse
Kehlbalkendecke Dachausbaumaßnahmen mit Kehlbalkendecken können auf zwei verschieden Arten erfolgen 1. Dachgeschoßausbau bis zum First 2. Dachgeschossausbau bis zum Kehlbalken
12 Bild 12.12 Varianten
Wenn die Kehlbalken vor dem Dachausbau als Holzbalkendecke ausgeführt wurde, ist diese zunächst zu sanieren. Der alte Dielenbelag wird entfernt und ein Unterboden auf Lagerhölzern mit elastischer Zwischenlage aufgebaut. Die alte Schüttung wurde entfernt und eine neue Sand – oder Perlittschüttung auf Dichtungspappe eingebracht. Nunmehr kann je nach Variante die Wärmedämmung und die Beplankung vorgenommen werden.
12.3 Handwerkliche Ausführung
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Bild 12.13 Beplankung
12.3.3 Fußböden Fußböden im Dachraum Bewährt haben sich 1. Estrichplatten aus Gips und Holzwerkstoffen 2. Fließende und schwimmende Estriche Unabhängig von dem Entscheid für die erste oder zweite Variante sind natürlich die Tragfähigkeit und der Zustand der Deckenbalken zu prüfen. Häufig wird auch die Anordnung einer Lastverteilungsplatte erforderlich. 1. Estrichplatten sind leichter als Fließ- und schwimmende Estriche und lassen sich ohne Feuchteeintragung verarbeiten. Problematisch ist meistens die Schaffung einer wirklich ebenen Fußbodenfläche. Wenn die alten Deckenfüllungen zwischen den Holzbalken noch intakt sind, können die Platten trocken aber passgenau verlegt oder auch an die Holzbalkendecken genagelt oder geschraubt werden. Eventuelle Heizungsrohre sind möglichst ohne scharfe Knicke und wenig gebogen zu verlegen. Die Leitungen sind aber nach EnEV und anderen einschlägigen Vorschriften wärmezudämmen. Ein Unterlassen kann später nach Verlegen der Trockenestrichplatten und des darüber liegenden Belags (Parkett, Fliesen oder Auslegeware wegen der zu erwartenden Temperaturunterschiede zu Problemen in Form von Verwerfungen, Aufwölbungen und Ablösungen führen. Statt der alten Deckenfüllung kann auch eine Schüttung aus Zellulosedämmstoff erfolgen. Mit Borax und Borsäure versetzt erhöht er die Brandsicherheit (B2) und den bei Platten ohnehin geringen Schallschutz nach DIN 4109. Das Material wirkt am Effektivsten, wenn es eingeblasen wird. Durch den Einblasdruck wird es genau in den zu dämmenden Hohlraum zwischen die Deckenbalken gebracht und vorverdichtet. Das schränkt die Gefahr der Wanderung der Dichtstoffe stark ein. Nach dem Aufbringen der Estrichplatten kann der weitere Fußbodenaufbau individuell erfolgen. Schwerpunkte können noch einmal Schwellen oder Pfosten werden. 2. Estriche Die gebräuchlichsten, wenn auch sehr unterschiedlich in der Anwendung sind Zementestrich (am häufigsten beim neuen Dachausbau) Fließestriche (häufig im Altbau). Diese Estriche werden aber nass eingebaut und benötigen daher eine dicht verschweißte Unterlagsbahn um die Holzteile vor Durchfeuchtung zu schützen. Dadurch wird aber ähnlich wie bei Gussas-
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12 Dachgeschossausbau
phaltestrichen die Dampdiffusion behindert oder gar ausschließt, was zu Schimmelbildung und anderen Feuchteschäden führen kann. Steinholzestrich kommt wegen schlechter Trittschalldämmung und geringer Wasserresistenz nur noch selten zum Einsatz. Die Technologie des Fußbodenaufbringens ähnelt sich bei den Estricharten und differiert hauptsächlich in der Schichtenhöhe (20mm bei Gussasphaltestrich bis zu mehr als 45mm bei Zementestrich). Beim Gewicht verhält es sich genau umgekehrt. Die geforderte Feuerwiderstandsklasse F 90A ist bei allen Formen gleich Zementestriche1 werden als schwimmender Estrich mit CEM I (DIN EN 197 – 1)in der Festigkeitsklasse 32,5R (R = hohe Anfangsfestigkeit) eingebracht. Um Durchbiegungen der Holzbalkendecken durch Spannungen im Estrich zu vermeiden oder einzugrenzen, wird der Estrich mit Stahl – oder Glasfasern bewehrt. Die Zementeigene Feuchetresistenz erübrigt eine Dampfsperre. Eine Trennschicht aus Teerpappe oder Kunststofffolie hält das feuchte Material von der Trittschalldämmung fern. Bekanntermaßen darf der schwimmende Estrich wegen der Trittschallbeeinträchtigung nicht mit anderen Bauteilen in Verbindung kommen und wird durch Mineralfaserstreifen, die etwas höher als der Estrich sind getrennt. Nach der Fertigstellung muß der Estrich noch mindestens 7 Tage feucht gehalten werden und darf keiner Zugluft ausgesetzt werden. Nach dem Erreichen der Normfestigkeit (28 Tage) wird der Estrich zur Erhöhung der Schalldämmung mit Mineralfaserplatten zweilagig belegt und dann kann der Fußbodenaufbau nach der Vorstellung des Auftraggebers erfolgen. Dennoch ist darauf zu achten, dass der Estrich keinesfalls zu schnell austrocknet, da es dadurch zu Schwindrissen kommen kann die auch den aufgebrachten Belag, z. B. Fliesen oder Ziegelplatten in Mitleidenschaft ziehen kann.
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Bild 12.14 Estrichfußboden
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Maier (1/ S. 315) beschreibt anschaulich den Schichtenaufbau beim Zementestrich
12.3 Handwerkliche Ausführung
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Ein wesentlicher Punkt ist noch die Einhaltung und Verbesserung des Schallschutzes (VDI – Richtlinie 41009). Schallbrücken tragen Geräusche aus einem Raum oft durch das ganze Haus. Bei der Estrichverlegung wird dies durch einen Dämmstreifen aus Mineralwolle verhindert, der Wand und Fußbodenaufbau schallschutztechnisch sicher entkoppelt. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die konsequente Trennung der Bauteile zwischen den Räumen.Deshalb ist es wichtig , sofern das technisch möglich, die Trennwände immer zuerst zu versetzen, die Trennstreifen zu legen und dann den schwimmenden Estrich Raum für Raum einzubringen. Nach Beiblatt der DIN 4109 können damit Werte unter 57 dB nachweisen. (50 dB entsprechen beispielsweise Unterhaltungsgeräuschen im Büro und 60 dB einem lauten Sprechen) Fußböden in Bädern Bei Dachausbau gehören Badräume im Allgemeinen und deren Fußböden im Besonderen zu den problematischsten Bereichen. Wenngleich der Fußbodenaufbau über Holzbalkendecken naturgemäß noch schwieriger als über Beton – und Stahlbetondecken ist, sollten in beiden Fällen zunächst eine Abdichtung aus Dichtungsbahnen nach DIN 18195 aufgebracht werden. Dafür stehen folgende Materialien zur Verfügung (1) • Heiß verklebte Bitumen – Schweißbahnen • Gefüllte oder ungefüllte viskose wässrige Kunstharzdispersionen; möglich auch in Kombination mit Bitumen • Rephanolabdichtungsbahnen oder vergleichbare Kunststoffe • Wässrige ungefüllte Kunststoffdispersionen mit Zement oder Zementmörtel versetzt • Möglich sind auch Kunststoffmatten Die Abdichtungsmaterialien müssen den durch ein Prüfzeugnis nachzuweisenden Anforderungen genügen. Sie werden durch Streichen, Spachteln, Rollen oder Spritzen aufgetragen. Außer Holzwerkstoffe sind alle Arten von Untergründen möglich. Nach DIN 18540 müssen die Wandecken und Anschlüsse mit einem fungiziden Sanitärsilikon ausgefüllt werden. Auf jeden Fall erforderlich sind Abdichtungen im Badbereich (1) – – – – – –
im Fußbodenaufbau am Fußbodenein – und ablauf an der Duschwand am Übergang Fußboden – Wand an den Wanddurchdringungen für die Armaturen am Anschluss der Türschwellen
Eine fehlerhafte oder gar fehlende Abdichtung kann zu Verrottung der Holzbalken, zu Stockflecken, Schimmelbildung, Durchfeuchtungen und Abplatzungen in allen Bauteilen führen. Lange Zeit galt Parkett lediglich als Bodenbelag im Wohnbereich. Nunmehr ist zu den herkömmlichen traditionellen Materialien wie Fliesen, Kork, Estrich das Holz in Form von Dielen oder Parkett getreten. Beim Einbau, müssen aber einige materialtypische Eigenschaften beachtet werden.
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So sind Eiche und Nussbaum, die bei Nässe nur wenig schwinden, für Nassräume speziell wegen der ästhetischen Wirkung für Bäder geeignet. Weniger geeignet ist Buchenholz. Parkett sollte vollflächig verklebt und die Kanten abgedichtet werden.
Bild 12.15 Holzfußboden im Bad Links ein Teil der Wanne, Holzbohlen anstatt Bodenfliesen oder -platten
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12.3.4 Wände Für Innenwände im Dachausbau kommen theoretisch Ziegelmauerwerk, Kalksandsteine, Leichtbeton, Lehmbauwände, Holzplatten und Vollgipsplatten zum Einsatz. Praktisch durchgesetzt haben sich aber auf Grund einer Vielzahl von Vorteilen, vor allem aber wegen der guten Dämmeigenschaften, des geringen Gewichts und der relativ einfachen Velegetechnik die Trockenbauwände. Trockenbauwände werden vorwiegend als leichte Trennwände mit einer Unterkonstruktion aus Holzrahmen oder Metallprofilen hergestellt. Darauf werden Platten mit Schrauben oder Nägeln befestigt. Man unterscheidet Einfachwände oder Doppelwände in Ständer – oder Riegelbauart. Die Ständerwände haben für die beidseitige Beplankung eine gemeinsame Unterkonstruktion. An den senkrecht stehende Ständern werden Platten (Mindestdicke 12,5 mm) stehend befestigt. Die Riegelbauart weist zusätzlich waagrecht angeordnete Riegel auf, an denen die Platten auch quer angeordnet werden können. Die Beplankung kann einlagig oder mehrlagig sein. In den Hohlraum zwischen den Beplankungen werden geeignete Dämmstoffe eingebaut.
12.3 Handwerkliche Ausführung
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Bild 12.16 Trockenbauwände (Montagewand für den Türeinbau)
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Nichttragende innere Trennwände Freistehende Unterkonstruktionen sind: Holzständer mit Bodenschwelle und Deckenriegeln oder CW-/UW-Metallprofile bilden den Übergang zu den mehrschaligen Montagewänden, da sie ohne Boden- und Deckenverankerung ebenfalls keine selbständige Standsicherheit besitzen. Diese Vorsatzschalen ermöglichen konstruktiv, bauphysikalisch und gestalterisch vielfältige Kombinationsmöglichkeiten, bei ausreichendem Wandabstand auch Vorwandinstallationen in Sanitärräumen. Die raumtrennenden Wandkonstruktionen können je nach Raumnutzung auch bauphysikalische Anforderungen erfüllen. Ihre Standsicherheit wird durch Verankerung an den umgebenden Bauteilen sichergestellt. Wandabmessungen sind, von Konstruktion und Beanspruchung abhängig, begrenzt. Unterschieden werden: • Einschalige Massivwände Aus großformatigen, leichten Wandbauplatten, z. B. aus Gips, gemauert. • Mehrschalige Montagewände Eine Unterkonstruktion mit beidseitig ein- bis dreifacher Beplankung und Dämmstoffen im Hohlraum. – Holzunterkonstruktionen aus Ständern aus Vollholz oder Spanplatten mit Bodenschwelle und Deckenriegel als Einfach- oder Doppelständerwand. Bei Holzriegelwänden steifen horizontale Kanthölzer die Bekleidung aus. – Metallunterkonstruktionen aus Ständern mit Boden- und Deckenanschlussprofilen (CW- und UW-Profile nach DIN 18182, Spezialprofile) als Einfach- oder Doppelständerwand oder als Installationswand. Horizontale Profile als Unterkonstruktion für Metallriegelwände. Man unterscheidet außerdem:
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• fest eingebaute Montagewände • umsetzbare Montagewände Spezielle Holz- oder Metallständer mit Steck- oder Klemmverbindungen als tragendes Gerippe, das mit Boden und Decke verdübelt oder verspannt wird.
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Bild 12.17 Nichttragende innere Trennwände – Übersicht
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Bild 12.18 nichttragende innere Trennwände fest – umsetzbar
Ständerwände Ständerwände bestehen aus einem Metallständerwerk, das mit Gipsplatten verkleidet wird Einfaches Ständerwerk, einfach beplankt Die horizontale Führung der C-Ständerprofile erfolgt in U-Randprofilen an Boden und Decke. Vertikale C-Ständerprofile werden in entsprechenden abständen dazwischengesetzt. Die auf Länge vorgerichteten C-Ständerprofile werden in die horizontalen U-Randprofile eingeschoben und ausgerichtet. Dabei ist darauf zu achten, dass die geschlossene Seite der senkrecht einzubauenden C-Profile immer in die Montagerichtung zeigt.
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Die beidseitig einfache Beplankung besteht aus je einer Bauplatte GK 12,5mm bzw. Feuerschutzplatte GK 12,5mm. Bei erhöhtem Feuchtigkeitsanfall kommen Bauplatten GK-I (imprägniert) zur Anwendung. In den Bereichen von keramischen Belägen ist der Pfostenabstand auf ca. 42cm zu verringern.
Bild 12.19 Einfachständerwand mit einfacher Beplankung
12.3 Handwerkliche Ausführung
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Eine vollflächige Dämmstoffzwischenlage erfolgt je nach Anforderungen an den Feuer- und Schallschutz. Einfaches Ständerwerk, doppelt beplankt Für Trennwände mit höheren Ansprüchen an den Feuer- und Schallschutz sowie Stossfestigkeit und Stabilität wird die unter a) beschriebene Trennwandkonstruktion beidseitig mit doppelter Beplankung versehen, wobei alle Fugen und Stöße der ersten Beplankung verspachtelt werden müssen. Die zweite Verspachtelung ist versetzt zur ersten anzuordnen.
Bild 12.20 Einfachständerwand mit doppelter Beplankung
Doppeltes Ständerwerk, doppelt beplankt Für den erhöhten Schallschutz werden zwei Ständerwände getrennt ohne Verbindung zueinander montiert. Die Schalldämmung kann durch Beplankung und Mineralfasereinlage zusätzlich verbessert werden. Ansonsten Verarbeitung wie beim Einfachständerwerk.
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Bild 12.21 doppeltes Ständerwerk, doppelt beplankt
Vollgipswände Sie gelten als leichte Trennwände nach DIN 4103 und können bei Berücksichtigung des Zuschlags von 0,75kN/m² zur Verkehrslast an beliebiger Stelle auf der Rohdecke oder den Estrich gesetzt werden. Die Wand ist nicht umsetzbar. Bei zu erwartenden Bewegungen der flankierenden Bauteile (Rissgefahr) sind gleitende Anschlüsse vorzusehen.
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Bild 12.22 Vollgipswände auf Rohdecke (links) Estrich (rechts)
Montage Anzeichnen des Wandverlaufs an Decke, Wand und Boden. Anbringen der Lehren. Einen Ausgleich auf Rohboden mit Gipskarton-Plattenstreifen auf Stuckgips-Bett schaffen. Bei aufsteigender Feuchtigkeit müssen vorher Dichtungsstreifen in doppelter Wandbreite auf den Rohboden gelegt werden. Die Anschlüsse der Wände aus Vollgipsplatten an die umgebenden Bauteile sollen an Boden, Wand und Decke elastisch mit Randdämmstreifen aus Bitumenfilz bzw. Mineralfaser erfolgen. Bei zu erwartenden Bewegungen der Decke ist der Anschluss gleitend auszuführen.
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Vollgipsplatten werden im Verband versetzt (Feder nach oben oder nach unten). An Nut und Feder wird Fugenfüller aufgebracht, der beim Zusammensetzen aus der Fuge quillt und mit der Traufel verzogen wird.
Bild 12.23 Versetzschema der Vollgipsplattenwand
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Stahlzargeneinbau in Vollgipsplattenwand Nach dem Versetzen der untersten Wandplattenschicht wird die Türöffnung angelegt und die Stahlumfassungszarge lot- und fluchtrecht aufgestellt. Zarge und Maueranker müssen sorgfältig rostgeschützt sein. Je lotrechter Leibung sind drei, möglichst Schiebeanker, beim Aufbau der Trennwand einzusetzen, und die Hohlräume zwischen Stahlzarge und Leibungsplatten sind mit Gips zu füllen. In die Schichten ab Sturzhöhe sind Schlitzbandeisen (verzinkt) einzulegen. Ab 1 bis 2m Türbreite ist die Einlage eines rostgeschützten T-Eisens zur Sicherung des Türsturzes erforderlich (für 80 und 100mm Wanddicke T 60mm, für 60mm Wanddicke T 45mm). Das Auflager beträgt beiderseits ca. 500mm.
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Bild 12.24 Stahlzargeneinbau in Vollgipsplattenwand
Abseitenwände Sind keine ausreichend hohen Kniestöcke oder Drempel als traufseitiger Dachraumabschluss vorhanden so sind Abseitenwände anzuordnen. Sollte der Raum hinter der Abseitenwand (Mindesthöhe 100cm) als Abstellraum genutzt werden, so muss die Dachdämmung entlang dem Sparren bis zur Traufe geführt werden. (A)Bei geringerer Höhe wird die Dämmung entlang der Abseitenwand und der Decke zur Gebäudeaußenwand geführt.
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12 Dachgeschossausbau
Bild 12.25 Anschluss Dachschräge am Kniestock
Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die konsequente Trennung der Bauteile zwischen den Räumen. Deshalb ist es wichtig, sofern das technisch möglich, die Trennwände immer zuerst zu versetzen, die Trennstreifen zu legen und dann den schwimmenden Estrich Raum für Raum einzubringen. Nach Beiblatt der DIN 4109 können damit Werte unter 57 dB nachweisen. (50 dB entsprechen beispielsweise Unterhaltungsgeräuschen im Büro und 60 dB einem latenten Sprechen)
12.3.5 Badeinbau Der Badeinbau ist auf Notwendigkeit besonders genau zu überprüfen. Für Dachneigungen unter 35° ist auf Grund der notwendigen Bewegungsfreiheit des Menschen (mindestens 2x2 m) grundsätzlich abzuraten.
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Zu berücksichtigen sind auch Verwinkelungen, Dachschrägen und die Tragfähigkeit des Fußbodens besonders wenn noch der Einbau einer Wanne geplant ist. Die kann nämlich im gefüllten Zustand mehrere Zentner wiegen. Da kann durchaus eine Deckentragfähigkeitsforderung von 300kp/m (mit Sicherheitsfaktor je nach Material) zu Stande kommen. Die Vereinigung Deutscher Sanitärwirtschaft in Bonn (VDS) stellt an Einbau von Bad und Toilette noch folgende Forderungen: • das WC muss an der Hinterkante eine Kopffreiheit von 130 an der Vorderkante von 175 cm aufweisen • Bei Duschen oder Badewannen mit Handbrause muss eine Streckhöhe von mindestens 220 cm vom Wannenboden aus vorgesehen werden. • Die Badewanne muss, bei einer Dachneigung bis 45° mit der Schmalseite unter der Schräge mindestens 160 cm lang sein • Eine Duschabtrennung mit Drehtür darf nicht gegen die Dachschräge öffnen. • Armaturen sollten wasser- und energiesparend mit hohem Bedienungskomfort ausgestattet sein. Thermostatisch gesteuerte Mischarmaturen mit Verbrühungsschutz nach Armaturengruppe I ( so genannte flüsternde Armaturen) sind zu bevorzugen. Für die Aufnahme von Installationen und Armaturen ist eine imprägnierte, in der Regel bis 125 cm hohe Vorinstallationswand ratsam. Empfehlenswert ist das gleiche Material wie für die Trennwände (z. B. Gipsplatten). Hinter der Vorwand können sämtliche elektrische Armaturen,
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12.3 Handwerkliche Ausführung
Bild 12.26 Vorinstallationswand
Wasserzu- und -abläufe angeordnet werden. Frei bleibender Raum kann für Nischen genutzt werden. Die Tiefe sollte 20 cm nicht überschreiten und ist auch davon abhängig, ab Heizschleifen für Fußbodenheizungen zu berücksichtigen sind. Auch wenn die imprägnierten Platten noch mit wasserdichten Fugen und Fugenmassen versehen werden, im direkten Spritzbereich der Duschen, Waschbecken und Wannen den Untergrund mindestens einmal mit Tiefengrund einzustreichen. Anschließend wird zweimal ein handelsüblicher absperrender und elastischer Anstrich aufgebracht. Er soll verhindern, dass Feuchtigkeit nicht bis zum Gipskern vordringen kann. Besonders an Stellen, wo Bewegungen möglich sind (Raumecken, Durchdringungen) sind Flächendichtbänder und Klebemanschetten anzubringen. Diese sorgen für eine rissefreie Abdichtung und sollten wegen des materialbedingten Zusammenwirkens vom gleichen Hersteller stammen. Diese Dichtungsmaßnahme empfiehlt sich auch für den Fußboden. Wenngleich auch ein farblich passender Anstrich ausreichend oder modern ist, haben die altbewährten Fliesen noch immer das Primat. Obwohl die Fliesenarbeiten, besonders wegen der Schrägen und der Besonderheiten der Einfliesung der Wannen dem Fachmann vorbehalten bleiben soll, einige grundsätzliche Hinweise: • beim sorgfältigen Anmischen mit einem Elektrorührer ( auch Quirl an der Bohrmaschine) nicht zu lange (tot rühren) und zu schnell (Schaum schlagen) rühren • Die Masse einige Minuten reifen lassen und dann noch einmal kurz aufrühren. Die Verarbeitungszeit (Topfzeit) nach Herstellervorschrift einhalten. Deshalb sind nur kleine Mengen anrühren. • Keinesfalls mit Wasser verdünnen • Das Ansetzen der Fliesen sollte nach einem Verlegeplan erfolgen, mindestens aber immer von einem Fixpunkt aus. Das kann zum Beispiel die Unterkante der Vorwand sein. Die am Anfang und am Ende zuerst gesetzten Fliesen sind mit einer Fliesenschnur, die in jeder Schicht wegen der waagrechten Ausrichtung angeordnet werden soll, zu versehen. • Gleichmäßige Abstände werden durch Fugenkreuze aus Kunststoff und nicht etwa durch die früher einmal üblichen Streichhölzer erzielt.
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Bild 12.27 Anstrich statt Fliesen
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• Ein gleichmäßiges Fugenbild ergibt sich auch, wenn man von der Mitte der Wand nach den Ecken verfliest. Möglicherweise müssen dann die beiden Eckfliesen gekürzt werden. • Das Zuschneiden erfolgt mit einem (ausleihbaren) Fliesenschneider. • Ausklinkungen und Löcher werden mit einem Winkelschleifer und einer Trennscheibe nach vorheriger Anzeichnung geschnitten. Erfahrene Fliesenleger (aber nur die) schneiden auch schon mal mit der Zange. • Mit einem Schwammbrett wird die plastische Fugenmasse aufgetragen und leicht in die Fugen gedrückt. Wenn der Wischschleier auf den Fliesen hell wird, kann mit einem feuchten Schwamm nachgewischt und die Fugen damit geglättet werden. Häufig raten Fachleute, den Badraum wegen seines geringen Raumvolumens nicht vollständig zu fliesen. Die nicht verfliesten Wände übernehmen nämlich die wichtige Aufgabe, dampfdiffusionsoffen zu bleiben und damit die hohe Luftfeuchtigkeit nach außen abzugeben. Ein feinkörniger Dekor- oder Rollputz ist dekorativ und übernimmt die Feuchteregulierung, was mit Fliesen nicht gelingt. Sanitärinstallationen sind ebenso wie Stromanschlüsse Sanierungs- bzw. Ausbauaufgaben die auf jeden Fall in die Hand des zugelassenen Klempners und Installateurs gehört.
13 Flachdachsanierung 13.1 Grundlagen Das Flachdach ist eine beliebte und sehr verbreitete Dachform im Industrie- und Wohnungsbau. Es bietet in bestimmten Fällen erhebliche Vorteile gegenüber dem Steildach; z. B. kann es über große Gebäudetiefen, unterschiedlichen Gebäudehöhen und aufgelösten Gebäudegrundrissen erheblich billiger erstellt werden als ein Steildach. Flachdächer werden hautsächlich angewendet bei: • • • • • •
Bürobauten Gewerbe- und Industriebauten öffentlichen Bauten, Schulen, Spitälern größeren Mehrfamilienhäusern Einfamilienhäusern (heute selten) Wochenendhäusern.
Bild 13.1 Flachdachlandschaft an der Musical-Hall in Stuttgart
Flachdächer können von der Nutzung unterschieden werden in: • • • •
nicht begehbare Dächer begehbare Dächer/Balkone befahrbare Dächer begrünte/erdüberdeckte Dächer.
Flachdächer können ausgebildet werden als:
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_13, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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13 Flachdachsanierung
Flachdächer Warmdach
Kaltdach
Umkehrdach
Verbunddach Flachdach ohne Schutz- und Nutzschicht Bild 13.2 Ausbildung von Flachdächern
Besondere Anforderungen an Flachdächer sind: • Dampfdiffusion und Kondensatbildung sind innerhalb vorgeschriebener Grenzen zu halten (in der Vergangenheit traten enorme Feuchtigkeitsschäden auf!) • möglichst geringe Empfindlichkeit auf Austrocknung der Unterkonstruktion/Witterungseinflüsse bei der Ausführung (Baufeuchte) Neben den, für Flachdächer geltenden Normen wie beispielsweise VOB/C DIN 18336, 18338, DIN 4102-T.7, DIN 4108, DIN EN 12056-3 sind auch die aktuellen Bezüge von Flachdächern aus den Normen EnEV 2009 der DIN 18531 (2009) und en Flachdachrichtlinien 2008 und der Energieausweispflicht wichtig.
13.1.1 Einführung
13
Nach etwa zwei Jahrzehnten sind aus der praktischen Erfahrung heraus Flachdachflächen sanierungsbedürftig. Vorausgesetzt ist natürlich ein kontinuierlicher Pflegeaufwand über die Jahre. Die dauerhafte Beanspruchung durch Temperaturdifferenzen, Eis, Schnee, UVStrahlung, Windsog sowie gelegentliches Begehen erfordert in der Sanierung einen handwerklich sorgfältig ausgeführten Schichtenaufbau. Die Abbildungen 13.1 und 13.2 zeigen einen Dachzustand vor und nach der Sanierung. Da keine Sanierung einer anderen gleicht, stehen Architekten, Planer und Verarbeiter bei jeder Sanierung vor einer neuen Herausforderung. Nach der Überprüfung des schadhaften Daches steht die Wahl des Sanierungsverfahrens und des Abdichtungsmaterials im Vordergrund.
13.1 Grundlagen
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Bild 13.3 Zustand des Daches vor der Sanierung
Bild 13.4 Ansicht der sanierten Dachfläche
13.1.2 Flachdachformen Anders als der Name „Flachdach“ erwarten lässt, sind die entscheidenden Merkmale für ein Flachdach unabhängig von der Dachneigung. Die Formen der Flachdächer sind so vielseitig wie der Einfallsreichtum der Architekten und Flachdachplaner. Flachdächer zeichnen sich vielmehr aus durch: • Eine flächige, fugenlose Dachabdichtung im Gegensatz zur schuppenartigen Deckung beim geneigten Dach. • Eine flächige Unterlage als Träger für die Dachabdichtung.
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13 Flachdachsanierung
Bild 13.5 Flachdachformen
13.1.3 Vorteile • • • •
• • • •
Geringes Eigengewicht der Dachabdichtung und der übrigen Funktionsschichten. Wirtschaftliche Konstruktion. Überbrückung großer Spannweiten. Vielseitig in der Nutzung: – als Dachterrasse, – als begrünte Dachfläche, – als Parkdeck. Tageslicht in innenliegenden Räumen. Aggregate wie Entlüftungsanlagen können auf dem Dach platziert werden und sind für Wartungsaufgaben leicht zugängig. Besonders geeignet für Gebäude mit extrem hohen raumklimatischen Belastungen wie Schwimmbäder, Kühlhäuser und klimatisierte Gebäude. Lagesicherung gegen Windsog problemlos realisierbar, auch bei extrem hohen Gebäuden oder Gebäuden in exponierter Lage
13.2 Historische Entwicklung
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In südlichen Ländern ist das flache Dach kaum wegzudenken, wohingegen in unseren Breitenkreisen das mit Ziegeln gedeckte Steildach eine lange Tradition hat. Innerhalb der Flachdachbefürworter spaltet sich das Lager weiter: Bitumen oder Kunststoff, Schichten lose verlegt oder geklebter Schichtaufbau. Der geschichtliche Rückblick zeigt die lange Erfahrung mit einer Vielfalt von positiven Beispielen, die leider durch Einzelfälle immer wieder ins Negative gerückt werden. Wo hier jedoch die Ursachen liegen, zeigt die Schadenstatstik eindeutig auf. Das flache Dach war in weiten Teilen des Mittelmeerraums, in Amerika und in Asien seit Urzeiten bekannt. Schon 300 vor Christus nutzten die Babylonier sehr reines Bitumen als Baustoff, wie der Geschichtsschreiber Herodot beschrieb. Klima, Baumaterialien und Lebensgewohnheiten brachten eine regional angepasste Architektur hervor, die u. a. durch die Flachdachbauweise und deren Nutzung als Dachterrasse gekennzeichnet ist. Das Paradebeispiel entstand im 6. Jahrhundert vor Christus mit den berühmten „Hängenden Gärten“, die als eines der sieben Weltwunder der Antike gelten. Diese prächtige Anlage über Teilen des Palastes von Babylon ruhte auf einer Säulenkonstruktion und stieg treppenförmig an; die Gärten wurden über ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem direkt durch den Euphrat gespeist. Die damalige „Abdichtung“ bestand aus Schichten von Asphaltplatten, Backsteinen und Mörtel. Unter dem orientalischen Einfluss gelangte der Adonis-Kult in die griechischrömische Welt und damit auch der Brauch, flache Dächer zu begrünen; möglicherweise auch als Folge hoher Grundstückspreise wurden Gärten römischer Villen ´nach oben verlegt.
13.2 Historische Entwicklung
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Bild 13.6 Hängende Gärten der Semiramis (Querschnitt nach Robert Kaldewey)
Über Jahrhunderte vergessen, gelangte die Gartenkultur der Antike zur Zeit der Renaissance vorerst nach Florenz, Rom und Venedig, um bald darauf auch andere europäische Zentren zu erreichen. Vorwiegend Dachflächen auf Schlössern verwandelten sich zu wunderbaren Dachanlagen. Erst zur Zeit des Barock erkannten in unseren Breiten der Bausachverständige Jacob Marperger (1656 – 1730) die Bedeutung von begrünten Dachflächen und trat in der Öffentlichkeit für diese Idee ein. Die Entwicklung des Holzdaches im Jahr 1839 durch den schlesischen Böttchermeister Samuel Häusler erregte Aufmerksamkeit bei den Baumeistern; vor allem in Großstädten breitete sich das Flachdach rasch aus. 1867 empfahl der Berliner Maurermeister Carl Rabitz in seiner Broschüre „Naturdächer von vulkanischem Cement“ die Einführung des flachen Daches, nicht zuletzt wegen der darauf anzulegenden Gärten. Damit begann in Europa die eigentliche Entwicklungsgeschichte des Flachdaches. Mit der Welle der Industrialisierung im 19. Jahrhundert galt es, neue Spannweiten über größere Flächeneinheiten zu überbrücken. Dies gelang mit Eisenbeton und Stahlskelettkonstruktionen; die Entwicklung des flachen Daches passte sich an und setzte sich vor allem im Industriebau durch. Anfang des 20. Jahrhunderts beschäftigten sich in Europa einzelne avantgardistische Architekten mit der Formensprache des Neuen Bauens. Der bekannteste unter ihnen war Le Corbusier; kaum ein anderer hat das Flachdach und dessen Nutzung als Wohnterrasse so entschieden propagiert. Beispiel dieser Entwicklung ist die 1927 entstandene Weißenhofsiedlung in Stuttgart, Demonstrationsobjekt des Neuen Bauens im Wohnungsbau. Das ehemals für elitär gehaltene flache Dach wurde nun unter dem sozialen Anspruch des Neuen Bauens in Form einer Dachterrasse als Erweiterung des Wohnraumes entdeckt. Le Corbusier:
„Ist es nicht wahrhaft wider alle Logik, wenn eine ganze Stadtoberfläche ungenützt unter Zwiesprache der Schiefer mit den Sternen vorbehalten bleibt?“
In den 50er Jahren setzte sich das flache Dach endgültig durch. Bei der Weltausstellung 1958 in Brüssel zeichnete sich der deutsche Pavillon der Architekten Eiermann/Ruf durch eine be-
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13 Flachdachsanierung
sondere Leichtigkeit aus. Aus dieser Zeit gibt es Flachdächer, die heute noch voll funktionsfähig sind. Flachdach heute Die Entwicklung der Bahnen für Dachabdichtungen ist in den einzelnen Werkstoffgruppen zeitlich sehr unterschiedlich verlaufen: Die Flachdachtechnik weist im Kunststoffbereich drei Entwicklungsphasen auf: Anfang der 50er Jahre kam zum bis dahin üblichen Bitumen als dichtendes Medium zwischen Trägerlagen die PIB (Polyisobutylen)-Dachbahn auf den Markt. Anfang der 60er Jahre wurde zunächst PVC-Bahnen vollflächig verklebt. Aufgrund von Schäden ging man dazu über die Bahnen auf Trennlagen lose zu verlegen. Ende der 60er Jahre kamen Bahnen aus ECB (Ethylencopolimerisat-Bitumen) sowie Synthesekautschuke für Elastomerbahnen auf den Markt. Bei den bituminösen Abdichtungen begann in den 60er Jahren eine Entwicklung zu plastomervergütetem (APP = Ataktisches Polypropylen) Polymerbitumen. Anfang der 70er Jahre wurden dann geeignete themoplastische Elastomere (SBS = Styrol-Butadien-Styrol) in die Mischtechnik von Polymerbitumen eingebracht. In moderne modifizierte Bitumenbahnen sind durch Verschneidung Thermoplaste und thermoplastische Elastomere beigemischt, um die Eigenschaften in Bezug auf Temperaturempfindlichkeit zu verbessern. Ende der 70er Jahre wurden die ersten Dachflächen mit Flüssigkunststoffen abgedichtet. Sie kommen überwiegend bei Flachdächern zum Einsatz, bei denen Bahnen nur sehr aufwendig zu verlegen sind (viele Durchbrüche, komplizierte Dachformen etc.). Mit einem heutigen Marktanteil von unter 5 % spielen sie jedoch eine unbedeutende Rolle. Nach wie vor gilt, dass der Flachdachmarkt sich zu zwei Drittel im Bereich der PolymerBitumenbahnen abspielt und ca. ein Drittel im Bereich der Kunststoff-/ Kautschukbahnen. Trotz des zunehmenden Trends, besonders im Gesellschafts- und Industriebau, entstehen auch Schäden an Flachdach, und zwar 45 % wegen mangelhafter Ausführung 34 % wegen fehlerhafter Planung (Nichtplanung) 14 % wegen Materialversagen, bzw. nicht sachgerecht eingesetzte Bahnen 7 % wegen unsachgemäßer Beanspruchung während der Bauzeit
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Aus dieser prozentualen Aufteilung kann man folgern, dass sich die Qualität der Produkte in den letzten Jahren zwar verbessert hat, Planer und Verarbeiter in jeglicher Hinsicht immer noch einen enormen Informationsbedarf haben. Der Sanierungswillige ist also gut beraten, an die Sanierungsanalyse zu denken, wenn die die Dachsanierung planen bzw. ausführen (lassen wollen).
13.3 Gesetzliche Grundlagen Neben den, für Flachdächer geltenden Normen wie beispielsweise VOB/C 18336, 18338, DIN 4102-Teil 7, DIN 4108, DIN EN 12056. Wichtig sind auch die aktuellen Bezüge von Flachdächern aus den Normen EnEV 2009, der DIN 18531 (2009) und den Flachdachrichtlinien 2008 und der Energieausweispflicht.
13.3 Gesetzliche Grundlagen
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Die energetischen Anforderungen an ein Gebäude werden in Deutschland in der Energieeinsparverordnung (EnEV) geregelt. Mit Einführung der EnEV 2009 (ab 01.10.2009) wurden die Anforderungen im Vergleich zur vorherigen Fassung um etwa 30 % verschärft.
Bild 13.7 U-Werte EnEV 2007 und EnEV 2009 bei erstmaligem Einbau, Ersatz, Erneuerung
U-Werte für den Neubau und die Sanierung von Flachdächern Der Nachweis des maximal zulässigen Primärenergiebedarfs erfolgt bei einem Neubau über den Vergleich mit einem Referenzgebäude gleicher Art, Geometrie, Nutzung und Anlagentechnik. Als Richtwert für Flachdächer sieht die EnEV beim Referenzgebäude mit Raumsolltemperatur im Heizfall 19°C einen U-Wert von 0,20 W/(m²·K) vor. Um diesen Wert zu erreichen, sind (bei WLG 040) circa 200mm Dämmstoffdicke erforderlich. Bei einer Raumtemperatur zwischen 12°C und 19°C sind circa 120mm Dämmstoffdicke (WLG 040) erforderlich, um den Richtwert von 0,35 W/(m²·K) zu erreichen. Wenn bestehende wärmeübertragende Außenbauteile geändert werden, müssen die Vorgaben der EnEV beachtet werden. Sofern keine anderen Nachweisverfahren angewandt werden können, sind die vorgegebenen U-Werte als Höchstwerte für das Bauteil einzuhalten. Das bedeutet, dass z. B. bei der Erneuerung der Abdichtung eines bestehenden Flachdachs unter Umständen eine zusätzliche Dämmschicht eingebaut werden muss, damit der erforderliche Wert erreicht werden kann. Referenzgebäudeverfahren Alternativ zum Bauteilverfahren kann der Nachweis, dass die geänderten Außenbauteile die Anforderungen der EnEV 2009 erfüllen, auch mit dem Referenzgebäudeverfahren geführt werden. Beim Referenzgebäudeverfahren wird der Nachweis über den Jahres-Primärenergie-
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13 Flachdachsanierung
bedarf für das geänderte Gebäude insgesamt geführt. Die Anforderungen sind erfüllt, wenn geänderte Wohngebäude insgesamt den Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes um nicht mehr als 40 % überschreiten. Neue Regelungen zum Nachweis des Dachausbaus Wer als Eigentümer bisher einen ungenutzten Dachraum ausbaute, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, kann sich den Nachweis vereinfachen und den Ausbau-Bonus der EnEV 2009 wahrnehmen. Auch wenn die ausgebaute Nutzfläche größer als 50 Quadratmeter war, musste der neue Wohnteil gemäß der EnEV 2007 nicht den Neubau-Standard erfüllen. Der Planer musste nur rechnerisch nachweisen, dass die wärmeabgebenden Bauteile den Wärmeschutz gewährleisten. Wer künftig eine zusammenhängende Nutzfläche über 50m² ausbaut, muss nachweisen, dass das neue Gebäudeteil den Neubau-Standard erfüllt – sowohl in Bezug auf den JahresPrimärenergiebedarf als auch in Bezug auf den Wärmeschutz der Gebäudehülle (also in Bezug auf den spezifischen Transmissionswärmeverlust der wärmeübertragenden Umfassungsfläche). Energieausweis Seit der EnEV ist ein Energieausweis für alle Gebäude Pflicht. Er gibt Aufschluss über den Energieverbrauch eines Gebäudes und soll helfen, die anfallenden Kosten für Wärme und Energie abzuschätzen. Bedarfsgestützte Variante Der Energiebedarf wird rechnerisch unter Normbedingungen ermittelt. Essenziell ist dabei die Untersuchung der energetischen Strukturen sämtlicher Gebäudeteile wie Außenwände, Decken und Fenster. Der bedarfgestützte Energieausweis für Wohngebäude kann für jedes Haus ausgestellt werden. Verbrauchsgestützte Variante
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Die verbrauchsgestützte Variante kann nur noch ausgestellt werden, wenn der Bauantrag für ein Wohngebäude nach dem 31.10.1977 gestellt wurde. Dabei erfolgt die Ermittlung des zu erwartenden Energieverbrauchs auf Basis der Heizkostenabrechnung der letzten drei Jahre.
13.4 Flachdachtypen und Begriffe 13.4.1 Arten Das Kaltdach oder auch zweischalige Dach entstand aus der Überlegung, das steile Dach so lange flacher zu gestalten, bis ein kleiner Luftraum zur Durchlüftung entsteht. Auf Dauer konnte sich diese Konstruktion jedoch wegen Problemen der Querlüftung nicht durchsetzen. So entwickelte sich in den 50er und 60er Jahren immer mehr das Warmdach oder auch das einschalige Dach, bei dem alle Funktionsschichten unmittelbar übereinander liegen. Eine Sonderentwicklung war das Umkehrdach (auch IRMA-DACH), das aus Kanada kam. Im Gegensatz zum Warmdach liegt die Abdichtung nicht oberhalb, sondern unterhalb der Wärmedämmschicht.
13.4 Flachdachtypen und Begriffe
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Nach DIN 18531 „Dachabdichtungen“ werden Dächer der • Dachneigungsgruppe I: bis 3° (5 %) • Dachneigungsgruppe II: über 3° (5 %) bis 5° (9 %) als Flachdächer bezeichnet. Die Dachneigungsgruppe beeinflusst Art und Ausführung der Dachabdichtung. Nach den Flachdachrichtlinien wird bei Flachdächern nach ihrem konstruktiven Aufbau unterschieden in: • belüftete Dächer und • nichtbelüftete Dächer Nach der Nutzung werden Flachdächer wie folgt eingeteilt: • • • • • • •
nicht genutzte Flachdächer; sie werden nur zur Wartung betreten, genutzte Flachdächer begehbar, d. h. für den zeitweiligen Aufenthalt von Menschen geeignet (Dachterrasse) befahrbar, d. h. Für das Befahren mit PKW bzw. LKW geeignet (Parkdeck) Begrünte Flachdächer extensive Begrünung für anspruchslosen, niedrigen und pflegearmen Bewuchs intensive Begrünung für anspruchsvollen Bewuchs, und zwar unterschiedlich nach Höhe und Pflegeaufwand
Für die Ausführung nicht genutzter Flachdächer gilt die DIN 18531 „Dachabdichtungen“. Für die Ausführung genutzter und begrünter Flachdächer die DIN 18195 „Bauwerksabdichtungen, Teil 5“. Nach den Flachdachrichtlinien sollen bei nicht genutzten Flachdächern PolystyrolHartschaumplatten Anwendungstyp WD (druckbelastbar) und bei genutzten begrünten Dächern Anwendungstyp WS (mit erhöhter Belastbarkeit) eingesetzt werden. Nach der Lage der Dämmschicht wird das einschalige, unbelüftete Flachdach wie folgt eingeteilt: 1) Unterkonstruktion als dachdeckungstragender Bauteil aus Stahlbeton. Porenbeton o. Ä. 2) Voranstrich aus einer dünnflüssigen Bitumenlösung zur Staubbindung und Haftverbesserung für vollflächig auf massiven Untergründen zu verklebende erste Lage. 3) Ausgleichsschicht, die den Dachaufbau vor Einflüssen, z. B. Dehnung aus der Unterkonstruktion schützt. 4) Dampfsperrschicht zur Verhinderung von Wasserdampfdiffusion 5) Dampfdruckausgleichschicht dient als geschlossene Luftschicht dem Ausgleich unterschiedlicher Dampfdrücke. 6) Wärmedämmschicht, vorwiegend aus Hartschaum, zur Vermeidung des Temperaturausgleichs zwischen innen und außen. 7) Dachabdichtung in wasserdichtem Aufbau. 8) Filtervlies oder Schutzschicht gegen das Eindringen von Schmutzteilen in die Wärmedämmungen und Deckungen. 9) Oberflächenschutz gegen UV-Strahlen und Versprödung aus einer Reflexionsschicht oder einer Besplittung.
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13 Flachdachsanierung
10) Auflast aus Kies oder Platten gegen Abheben der Dachschichten bei Windsog und zum Schutz vor mechanischen Einflüssen. 11) Trennschicht zur permanten Trennung von Decklagen untereinander.
Bild 13.8 Schichtenaufbau des konventionellen Warmdachs
Bild 13.9 Umgekehrtes Flachdach ohne Dampfsperre (Umkehrdach)
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Beide Dachtypen können sowohl als nicht genutzte als auch als genutzte Flachdächer ausgeführt werden.
13.4.2 Nichtbelüftetes Flachdach Beim konventionellen nicht belüfteten dach (früher Warmdach) ist eine witterungsbeständige Dachabdichtung über der Wärmedämmschicht angeordnet. Es ist die heute meist ausgeführte Konstruktionsform im Flachdachbereich.
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13.4 Flachdachtypen und Begriffe
Bild 13.10 Flachdachaufbau bei einem nicht belüfteten Dach am Dachrand
Tabelle 13.1 Ausführung unbelüfteter Flachdächer Aufbau
Funktion
1. Oberflächenschutz
Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung, Windsog und mechanischer Beschädigung
2. Abdichtung
wasserdichte Ebene
3. Dampfdruckausgleich und Gleitschicht, Trennschicht
Verhinderung von Blasenbildung durch Entspannung eingeschlossener oder eingewanderter Feuchtigkeit, Schutz der Dämmung vor Hitze bei Heißverklebung
4. Wärmedämmung
Verringerung von Wärmedurchgang und Dehnungsspannungen, Herstellung eines Gefälles mit Gefälledämmschichten
Werkstoffe 5 bis 10 cm gewaschener Kies der Körnung 16/32, Plattenbeläge oder Bahnen mit werkseitiger Bestreuung z. B. aus Schiefersplitt wie Trennschicht häufig punktweise aufgeklebte erste Schicht eines mehrlagigen Aufbaus der Abdichtung aus einer Kombination von Dachbahnen und Dachdichtungsbahnen mit verschiedenen Trägereinlagen bzw. entsprechenden Bahnen aus Polymerbitumen sowie Schweißbahnen oder Kunststoffdachbahnen z. B. aus Polyisobutylen Hartschaumplatten aus Polystyrol, Polyurethan oder Phenolharz trittfeste Mineralfaserplatten Schaumglas, bituminierte Korkplatten
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13 Flachdachsanierung Aufbau
5. Dampfsperre
6. Trennschicht 7. Abdeckung
8. Tragschale
9. Gleitfuge
10. Blende 11. Ringanker
Funktion
Werkstoffe Lochglasvlies-Bitumenbahnen, Folien oder punktweise verklebte DampfVerhinderung der Dampfdiffusion in sperre aus Bitumendachbahnen mit Wärmedämmung und unter die Ab- Einlage aus Aluminium- oder Kupferfolie, an den Stößen verschweißte dichtung Folien aus Polyethylen oder Polyisobutylen Gleitschicht, Trennung Schutz der Unterkonstruktion Zink- oder Kupferblech Stahlbetondecke aus Ortbeton, Betonfertigteile, Stahltrapez-Profile, Raumtrennung, Aufnahme und Abtragen von Lasten, Holzkonstruktion, beplankt mit imprägnierten Nut- und Federbrettern bzw. Schall- und Brandschutz Holzwerkstoffen Trennung der Tragschale von der Außenwand, Ausgleich des unter- Bitumenpappe, Kunststoff schiedlichen Dachverhaltens Schutz der Dämmung, Keramikplatte, Metall günstig: gleicher Ästhetischer Übergang zur Werkstoff wie die Abdeckung Putzschicht Aufnahme von Zugkräften Betonfertigteil oder Ortbeton (und Biegemomenten) mit Bewehrungsstahl Ø 12 mm
Beim nichtbelüfteten Dach kann der Wasserschaden auf der Innenseite durch die Fließmöglichkeit im Schichtenaufbau weit von der Undichtigkeit in der Dachabdichtung entfernt sein. Beim Warmdach müssen Feuchtigkeiteinschlüsse zwischen Dampfsperre und Dachabdichtung sicher vermieden werden, was aber nicht immer der Fall ist. Die Wärmedämmstoffe sind während der Lagerung und Verlegung vor Durchfeuchtung zu schützen; eine Verlegung der Dämmplatten bei Regen ist nicht möglich. Feuchtigkeiteinschlüsse würden in Form von Wasserdampf durch die Dämmschicht durchdiffundieren, sich unter der Dachabdichtung sammeln und zu Dampfblasen führen. Vor- und Nachteile
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Schlüsselproblem ist die Konstruktion des diffundierenden Wasserdampfes an der (zu) dampfdichten Abdichtung gegen Meteorwasser. Sie führt zur Durchfeuchtung der Wärmedämmschicht, zur Durchwurzelung und zu Wasserschäden. Diffusionstechnische Beurteilung der Varianten: • Traditionelles Kiesklebedach mit Bitumenbahnen als Abdichtung: kritisch; • Kiesklebedach als Doppeldach saniert: keine Kondensation, da die alte Abdichtung neu als Dampfsperre wirkt; • Dach mit Polymerbitumenbahnen als Abdichtung (sehr dampfdicht!) und Wärmedämmung aus: a) Schaumstoff (relativ dampfdurchlässig): kritisch b) Schaumglas (sehr dampfdicht): günstig; • Dach mit Kunststoffbahnen als Abdichtung: günstig, da wesentlich dampfdurchlässiger als Bitumen- und Polymerbitumenbahnen.
13.4 Flachdachtypen und Begriffe
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Detailausbildung
Bild 13.11 Aufbau mit Verbundpflaster
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Bild 13.12 Türschwelle
13.4.3 Umkehrdach Umkehrdächer entstanden aus der Überlegung heraus, die zwei einzelnen Schichten „Dampfsperre“ und „Abdichtung“ des konventionellen Warmdaches in einer einzigen Lage unterhalb der Wärmedämmung zusammenzufassen, da die Dampfsperre bereits eine hochwertige Abdichtung darstellt.
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13 Flachdachsanierung
Bild 13.13 Umgekehrtes Flachdach ohne Dampfsperre (Umkehrdach) 1 – Bekiesung oder Platten 2 – Wärmedämmschicht, keine Feuchtigkeit aufnehmend 3 – Dachhaut 4 – Trenn- und Ausgleichsschicht 5 – Voranstrich 6 – Decke 7 – Putz 8 – Wasserdampfmenge
Beim UK-Dach liegt die für ein Dach wichtigste Schicht, die Dachabdichtung, auf einem festen, massiven, fugenfreien Untergrund auf, an den sie bei mechanischer Beanspruchung die anfallenden Kräfte weiterleiten kann. Bei einer Dämmschicht als Verlegeuntergrund können zwischen den einzelnen Dämmplatten keine Fugen auftreten, in denen die Abdichtung durchhängen kann, was im schlimmsten Fall zu Rissen in der Dachhaut führt.
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Die nun nicht mehr vor Feuchtigkeit geschützte Wärmedämmung darf weder Wasser aufnehmen noch quellen und schrumpfen. Extrudierte Polystyrol-Hartschaumplatten (XPS, z. B. Styrodur) weisen mit ihrem geschlossenen, gleichmäßigen Porenaufbau diese Eigenschaften auf und werden dicht gestoßen einlagig verlegt; durch Verwendung von Dämmplatten mit Stufenfalz, besser mit Hakenfalz werden sie gegen Verschieben noch während der Herstellungsarbeiten und der damit verbundenen Gefahr von Wärmebrücken gesichert. Auf den Dämmplatten ist eine Auflast (z. B. Kies) erforderlich, die etwa genauso dick sein sollte wie die Dämmplatten selbst (Schutz gegen UV-Strahlung, mechanische Beschädigung und Aufschwimmen). Damit keine feinen Sandanteile aus dem Kies in die Fugen der Dämmplatten geschwemmt werden und dort Wärmebrücken verursachen, muss oberhalb der Wärmedämmschicht ein Filtervlies angeordnet werden. Alternativ hierzu könnten auch LDE-Elemente (Leicht-Dach-Elemente) aus extrudiertem Polystyrol-Hartschaum aufgebracht werden, die zugleich die Wärmedämmschicht als auch die Funktion der Auflast übernehmen. Gegen mechanische Beschädigung der Dachabdichtung während der Verlegearbeiten ist unterhalb eine Trenn- und Schutzschicht vorzusehen. Das UK-Dach besteht aus weniger Einzelschichten als das konventionelle Warmdach, ist einfacher und schneller herzustellen und es müssen weniger Schichten verlegt und verklebt werden. Es ist weniger arbeitsintensiv herzustellen als das konventionelle Warmdach. Beim UK-Dach kann die Wärmedämmschicht auch bei Regen verlegt werden. Die eingebaute Feuchte zwischen Dachabdichtung und Wärmedämmung diffundiert durch die Außenluft.
13.4 Flachdachtypen und Begriffe
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Die Dämmschicht hindurch und entweicht durch die diffusionsoffene Kiesabdeckung an die Außenluft. Die Dampfsperre bzw. die Dachabdichtung sollte eine wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke (sd) von mindestens 100m haben. Detailausbildungen Wenn die Dachabdichtung auf die massive Betondecke vollflächig aufgeklebt ist, können bei eventuellen Schadenfällen Leckagen leicht geortet werden. Das Wasser zeigt sich an der Stelle auf der Innenseite, wo sich die Undichtigkeit in der Dachabdichtung befindet. Vor- und Nachteile von Umkehrdächern: • • • •
Die Dampfsperre liegt auf der Warmseite, womit keine Kondensationsprobleme entstehen; die Abdichtung ist vor Temperaturschwankungen geschützt; der Einbau ist weitgehend witterungsunabhängig; bei Regen erfolgt ungünstiger Wärmeabfluss (auch) parallel zur Dachfläche durch unter den Dämmplatten abfließendes Wasser.
13.4.4 Belüftetes Flachdach Das belüftete Dach (früher Kaltdach) ist ein Zweischalendach mit oberer Schale als Dachdichtungsträger und unterer Schale als Wärmedämmschichtträger. Der Luftraum zwischen den beiden Schalen muss mit ausreichend dimensionierten Be- und Entlüftungsöffnungen mit der Außenluft in Verbindung stehen versehen sein Ein Kaltdach kann nur dann in der vorgesehenen Durchlüftung der Konstruktion schadensfrei funktionieren, wenn folgende Faktoren beachtet werden: • ausreichendes Gefälle, d.h. die Höhe des Luftraumes muss groß genug dimensioniert werden • ausreichend bemessene Zu- und Abluftöffnungen • hindernisfreier Luftraum (Achtung: Überzüge, Wechsel etc.) • günstige Grundrissformen oder Gebäudequerschnitte (Verhältnis Innenecken/Außenecken) • windexponierte Lage des Bauwerks Auch bei zweischaligen, belüfteten Flachdachkonstruktionen ist unterhalb der Wärmedämmung eine Dampfsperre mit einer diffusionsäquivalenten Luftschichtdicke von sd=mindestens 10m einzubauen.
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13 Flachdachsanierung
13 Bild 13.14 Schichtenaufbau
13.5 Begriffe
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Bild 13.15 Systembild Typischer Schichtenaufbau des belüfteten Daches (von unten nach oben): Deckenverkleidung, Dampf- und Luftsperrschicht, Wärmedämmschicht, Luftraum, Holzschalung, Dachabdichtung
Wie beim nicht belüfteten Dach eine Dampfsperre erforderlich ist, so muss beim belüfteten Dach die untere Schale einen gewissen Widerstand gegen Wasserdampf-Diffusion besitzen. Sie soll verhindern, dass mehr Wasserdampf in den Luftraum gelangt, als durch die Belüftung abgeführt werden kann. Sie übernimmt somit die Funktion einer Dampfsperrschicht. Die luftund winddichte Ausführung dieser Dampfsperrschicht ist besonders wichtig. Denn schon durch relativ kleine Undichtigkeiten oder Fugen kann ein Vielfaches mehr an Feuchtigkeit in den Luftraum gelangen als durch Diffusion. Dabei besteht die Gefahr, dass diese Feuchtigkeit nicht mehr über die Belüftung abgeführt werden kann und es somit zu Feuchtigkeitsanreicherungen im Dachaufbau kommt. Gleichzeitig führen derartige Undichtigkeiten zu hohen Wärmeverlusten.
13.5 Begriffe Ausgleichsschicht Um vor Rauhigkeiten und chemischen Einwirkungen aus der Unterkonstruktion zu schützen, ist vor allem bei einer Abdichtung aus Kunststoffbahnen eine (Trenn- und) Ausgleichsschicht vorzusehen. Sie kann aus lose verlegten Polyethylenfolien, Polyestervliesen (teilweise durch unterseitige Kaschierung der Abdichtungsbahnen), Schaumstoffmatten o. ä. bestehen. Auflast Eine Auflast ist eine auf einer Abdichtung aufgebrachte Schicht, die die Dachschichten gegen Windsog sichert.
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13 Flachdachsanierung
Baufeuchte Unter Baufeuchte versteht man den Wassergehalt der Bauteile bzw. Bauteiloberflächen, der während ihrer Herstellung entsteht oder eindringt. Damit bei sommerlicher Erwärmung und damit bedingter Ausdehnung der Feuchtigkeit der Wasserdampf die Möglichkeit, hat sich zu verteilen, ist eine Dampfdruckausgleichsschicht zwischen Wärmedämmung und Abdichtung vorzusehen, um ggf. Blasenbildung bei verklebtem Schichtenaufbau zu vermeiden. Dampfdruckausgleichsschicht Eine Dampfdruckausgleichsschicht wird bei fest verklebten Lagen eines nicht durchlüfteten Dachs notwendig. Diese Schicht zwischen Wärmedämmung und Abdichtung gibt dem Wasserdampf die Möglichkeit, sich zu verteilen und zu entspannen. Ohne eine solche Dampfdruckausgleichsschicht könnten im (verklebten) Dachaufbau Blasen entstehen. Feuchteschutz Mit den Maßnahmen zum Feuchteschutz werden Bauteile – hier das Flachdach – vor Durchnässung von außen (durch eine Abdichtung, auf der Niederschlagswasser auch in kleinen Pfützen stehen bleiben kann) und innen (Nutzungsfeuchte) geschützt: Die Wasserdampfdiffusion vom warmen zum kalten Bauteil muss durch richtig angeordnete und dimensionierte Dampfsperren bzw. bei belüfteten Flachdachkonstruktionen durch ausreichende Durchlüftung so begrenzt werden, dass schädliche Tauwasserbildung verhindert wird; ein rechnerischer Nachweis ist zu führen. Die aus diesem Nachweis bestimmte Taupunktgrenze muss oberhalb (bzw. auf der kalten Seite) der Dampfsperre liegen. Filtervlies Das Filtervlies ist eine wasserundurchlässige Schicht, die das Einschlämmen von Feinteilen in darunter liegende Schichten des Dachaufbaus verhindert. Dies ist z. B. beim Umkehrdach der Fall, bei dem die Kiesschüttung direkt auf der Wärmedämmung aufgebracht wird; durch Unterlegen eines Filtervlieses (z. B. Glas- oder Kunststoffvlies) wird verhindert, dass Kieskörner zwischen die Platten geschwemmt werden und so auf Dauer den Wärmewiderstand der Dämmschicht verringern.
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Anschluss Unter dem Begriff Anschluss versteht man die Ausbildung der Abdichtung an angrenzende und durchdringende Bauteile oder Bauelemente. Die Anschlusshöhen bei Dachneigungen bis 5° betragen mindestens 15cm, bei Dachneigungen über 5° sind 10cm ausreichend (gemessen ab Oberkante Belag bzw. Kiesschüttung). Ab einer Anschlusshöhe von 35cm sollte, ab einer Höhe von 50cm muss eine zusätzliche mechanische Befestigung (Klemmschiene) der Anschlussbahn erfolgen, damit diese nicht abrutscht bzw. durch,. in den Randbereich der Dachfläche auftretende Windsogkräfte losgelöst wird.
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13.5 Begriffe
Bild 13.16 Detail Wandanschluss
Gefälle Die Flachdachrichtlinien schreiben vor, dass Flachdächer mit einem Gefälle von mindestens 2 % errichtet werden sollen. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Stehendes Wasser auf dem Dach kann zur statischen Überlastung der gesamten Gebäudekonstruktion führen. Bei Sonderkonstruktionen ohne Gefälle (Nulldach) kann bereits eine einzige undichte Stelle dazu führen, dass das komplette Dachschichtenpaket durchnässt wird. Ein Gefälle sorgt hingegen dafür, dass das Niederschlagswasser schneller abfließt, Pfützenbildung und Wasseransammlungen werden vermieden. Zudem vermindert es die Gefahr einer Beschädigung der Abdichtung durch Scherkräfte bei Eisbildung. Beim Gefälle-Dach kann ein Großteil der Dachfläche auch dann weiter funktionsfähig sein, wenn einzelne Stellen beschädigt sind. Durch ein Gefälle kann die Lebensdauer der Abdichtung somit erheblich verlängert werden. Zwar sieht die Richtlinie lediglich ein Gefälle von mindestens 2 % vor, Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass ein effektiver Abfluss des Niederschlagswassers erst ab einer Neigung von mehr als 3 % gewährleistet ist. Die Flachdachrichtlinie selbst verwendet zur Bezeichnung der Dachneigung sowohl Prozentals auch Gradangaben. Tabelle 13.2 Umrechnungstabelle Prozent/Grad Prozent 100 % 50 % 20 % 6% 5% 4% 2%
Grad 45,0° 26,6° 11,3° 5,7° 2,9° 2,3° 1,1°
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13 Flachdachsanierung
Oberflächenschutz Mittels eines Oberflächenschutzes können die Dachbahnen vor mechanischer Beanspruchung und vor Witterungseinflüssen geschützte werden. Es wird gemäß den Flachdachrichtlinien (2003) unterschieden zwischen einem: • leichten Oberflächenschutz wie Besandung, Besplittung oder Bestreuung und einem • schweren Oberflächenschutz wie Kies, Plattenbelag, Pflasterbelag oder Dachbegrünung (extensiv, einfach intensiv oder intensiv) Tauwasserbildung Als bauphysikalische Grundregel gilt, dass der Wasserdampf-Diffusionswiderstand von der warmen zur kalten Seite hin abnehmen soll. Daher haben Flachdachkonstruktionen wie z. B. das Warmdach, bei denen die Abdichtung über der Wärmedämmung liegt, einen bauphysikalisch kritischen Schichtaufbau, der die Wasserdampfdiffusion behindert. Wenn, bedingt durch das Dampfdruckgefälle zwischen erwärmter Innen- und kälterer Außenluft, Wasserdampf in die Konstruktion eindringt, würde er dort bei Unterschreiten der Taupunktgrenze kondensieren. Diese Durchfeuchtung der Wärmedämmung würde die Dämmeigenschaften vermindern. Deshalb muss auf der warmen Innenseite der Konstruktion eine Dampfsperre angeordnet werden, damit das Eindringen von Wasserdampf in die Wärmedämmung unterbunden wird. Trennschichten Unter dem Begriff Trennschichten versteht man Schichten zur dauerhaften Trennung von Baustoffen oder Bauteilen untereinander, die eine schädliche Wechselwirkung von zwei nicht verträglichen Flächen verhindern. Überdeckung
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Die Überdeckung ist der Bereich, in dem zwei Bahnen einer Abdichtungslage zur Herstellung von Nähten und Stößen übereinander liegen. Je nach Abdichtungswerkstoff müssen unterschiedliche Breiten in der Nahtüberdeckung erfolgen. Die beiden gebräuchlichsten Nahtverbindungen bei Kunststoff- und Kautschukbahnen sind Quellschweißen und Warmgasschweißen, bei Polymerbitumenbahnen erfolgt die Verklebung mit dem klassischen Klebemedium Heißbitumen.
13.6 Konstruktive Forderungen 13.6.1 Gefälle Flachdächer sollten ein Gefälle von mindesten 2 % haben, weil dies die Lebensdauer wesentlich erhöht. Außerdem trägt es dazu bei: • Niederschlagswasser möglichst schnell abzuleiten. • Stehendes Wasser und aggressive Wasserpfützen auf der Abdichtung auszuschließen. • Stehendes Wasser führt bei Frost zu Eisschollen, die beim Ausdehnen erhebliche Kräfte z. B. auf Durchdringungen ausüben können.
13.6 Konstruktive Forderungen
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• Mechanischen Beschädigungen der Abdichtung durch Schlammablagerungen in Pfützen oder durch Eisbildungen entgegenzuwirken. • Arbeitserschwernisse durch stehendes Wasser während der Verlegung auszuschließen. • Wassersackbildungen zu vermeiden, die zu erheblichen Zusatzlasten führen können. • Beispiel: 1cm stehendes Wasser bedeutet eine Zusatzlast von 100 N/m². • Ein Gefälle erhöht die Lebensdauer des Flachdaches beträchtlich, unabhängig davon, welche Materialien eingesetzt werden. Denn die aus stehendem Wasser resultierenden Beanspruchungen werden reduziert. • Die Flachdachrichtlinien tragen diesem Umstand dadurch Rechnung, indem sie vorgeben, dass Dächer mit Gefälle von mindestens 2 % geplant werden sollen.
13.6.2 Oberflächenschutz, Auflast, Wartungswege Oberflächenschutz aus Kies oder Besplittung ist bei FDT Kunststoff-Dachbahnen nicht notwendig, denn sie besitzen eine ausgezeichnete Witterungsbeständigkeit. Bei Kunststoff-Dachbahnen wird die Auflast üblicherweise nur zur Lagesicherung gegen Windsog eingesetzt, abgesehen vom Einsatz bei genutzten Dächern. Auflastarten • • • •
Kiesauflast, Korngruppe 16/32 Plattenbelag im Feinkiesbett Dachbegrünung Befahrbare Beläge, z. B. aus Ortbeton, für Parkdecks
Je nach Auflastart können zwischen Dachabdichtung und Auflast Schutzlagen erforderlich sein. Bei Dächern, die z. B. zur Wartung von auf der Dachfläche befindlichen Aggregaten ständig begangen werden, sind spezielle Wartungswege zu empfehlen. Wartungswege können entweder mit Plattenbelägen (Betonplatten) oder speziellen Gehwegplatten hergestellt werden. Zwischen Betonplatten und Dachbahn ist in jedem Falle eine Schutzlage anzuordnen. Bei genutzten Dächern (Wartungswege, befahrbare Flächen/Parkdecks, begehbare Gründächer etc.) sind druckfeste Dämmschichten Bedingung.
13.6.3 Dachflächenaufteilung Aufgrund der unterschiedlich hohen Windlasten werden Dachflächen aufgeteilt in Innen-, Innenrand-, Außenrand- und Eckbereiche. Für die Dachflächenaufteilung gilt generell die Regelung nach DIN 1055, Teil 4, Ausgabe 2005. Dachflächenaufteilung bei zusammengesetzten Baukörpern Die DIN 1055, Teil 4, macht konkrete Angaben zur Dachflächenaufteilung nur für einfache, rechteckige Grundrissformen. Bei Dachflächenaufteilung sind angrenzende Gebäude zu berücksichtigen. • Die Ausbildung von Eckbereichen ist nur bei Außenecken erforderlich, nicht bei Innenecken. • Für sehr flache Baukörper mit einem Höhen-/Breitenverhältnis h/d < 0,1 darf der Eckbereich entfallen.
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13 Flachdachsanierung
Bild 13.17 Befestigungsplan
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13.7 Vorbereitung von Flachdachsanierungsarbeiten 13.7.1 Konstruktive Vorüberlegungen Wenn das Dach so aussieht, wie in den folgenden Bildern, ist es höchste Zeit für eine Sanierung. Die Sanierung von Flachdächern gewinnt zunehmend an Bedeutung. Etwa 100 Mio. Quadratmeter werden in Deutschland jährlich abgedichtet – Tendenz steigend. Nur zirka 40 % dieser Fläche betrifft Neubauten, der weitaus größere Teil von etwa 60 % entfällt auf die Sanierung. Beim Flachdach sind Sanierungen Standardmaßnahmen, die von einem Dachdeckermeister durchgeführt werden sollten.
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13.7 Vorbereitung von Flachdachsanierungsarbeiten
falsche Ausführung und Materialauswahl
nicht dampfdiffusionsdicht
Bild 13.18 Schäden an Flachdächern
Obwohl es für Dachsanierung von Flachdächern (noch) keine feststehende Definition gibt, lässt sich allgemein eine Abdichtung und die Reparatur der von außen erreichbaren Anschlüsse verstehen. Entscheidend ist, dass die alte Abdichtung liegen bleibt. Werden die Dachdichtung und weitere Schichten durch neue ersetzt, spricht man von einer Dacherneuerung. Die kann notwendig werden bei falscher Schichtenfolge des Dachaufbaus oder einer durchnässten, feuchtigkeitsempfindlichen Wärmedämmschicht. Die Sanierungsmethoden haben sich im Laufe der Jahre grundlegend geändert. Die „Kahlschlag-Sanierung“, bei der der gesamte Dachaufbau abgetragen wird, gehört inzwischen der Vergangenheit an. Für eine moderne Flachdach-Sanierung gelten folgende Grundsätze: • Jeder Sanierung sollte eine gründliche Untersuchung des Daches vorausgehen. Dabei sind Mängel und ihre Ursachen zu identifizieren sowie Lösungsmöglichkeiten zu prüfen. • Die Planung, Überwachung und Ausführung von Sanierungsarbeiten am flachen Dach sollte ausschließlich Spezialisten übertragen werden. • Die vorhandene Dachabdichtung hat durch natürliche Alterung das Ende ihrer Funktionsdauer erreicht. Mangelhafte Wartung kann diesen unvermeidbaren Alterungsprozess wesentlich beschleunigen. • Die vorhandene Dachabdichtung ist schadhaft oder schadensträchtig. Dabei ist zwischen Planungsfehlern, Materialfehlern und Ausführungsfehlern zu unterscheiden. In der Regel sind mehrere Ursachen gleichzeitig für den Schaden verantwortlich. • Typische Mängel sind Oberflächenverhärtung, Abplatzungen, kleinformatige Risse und Sprödbrüche. In den meisten Fällen liegt die Ursache dafür in fehlendem Gefälle und einer fehlenden Schutzschicht der Oberfläche. Soll ein Objekt saniert werden, ist Folgendes zu beachten: • Vorhandene Beulen, Blasen oder Falten sind aufzuschneiden und abzustoßen. • Eventuelle Risse sind mit Schleppstreifen zu überdecken, Schmutzablagerungen sind zu entfernen. • Es empfiehlt sich, über dem alten Dachbelag eine Dampfdruckausgleichsschicht anzuordnen. Sie kann auch in Form einer Zusatzdämmung realisiert werden. • Wenn eine zusätzliche Wärmedämmung aufgebracht werden muss, so empfiehlt es sich nach Energieeinsparverordnung (EnEV) besonders bei Dachflächen, die eine Neigung
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13 Flachdachsanierung
unter 2 % aufweisen, die zusätzliche Wärmedämmung als Gefälledämmschicht zur Herstellung eines geregelten Wasserablaufes einzubauen. • Um Pfützenbildung zu vermeiden, ist zu prüfen, ob zusätzliche Dachabläufe an den Tiefpunkten der Dachfläche angebracht werden sollen. Kriterien für die Materialauswahl • • • • • •
Verträglichkeit für Umwelt und Gesundheit Langlebigkeit Witterungsbeständigkeit Verarbeitungsfreundlichkeit Verlegesicherheit Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
13.7.2 Schadensdiagnose vor der Sanierung Was zunächst als einfachste und sicherste Lösung erscheint – die Komplettsanierung in Form eines Abrisses des Dachschichtenpaketes –erweist sich bei näherem Hinsehen häufig als unnötig. Eine zielgerichtete der tatsächlich beschädigten Flächen ist oftmals sehr viel kostengünstiger. Die Frage ist: Wie unterscheidet man die zu erneuernden von den unbeschädigten Flächen? Dafür gibt es mittlerweile sehr ausgefeilte Messmethoden, bei denen es noch nicht einmal nötig ist, das Dach zu öffnen. Zu berücksichtigen ist, ob die verbleibenden Schichten auch im sanierten Dach ihren Aufgaben noch voll gerecht werden können. Bei der Überprüfung ist zu achten auf: • bauphysikalische Aspekte • konstruktive Aspekte • materialspezifische Aspekte Bauphysik Ist eine Dampfsperrschicht vorhanden bzw. ist sie ausreichend?
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Eine Nutzungsänderung des Gebäudes, die eine höhere Innentemperatur und/oder eine höhere relative Luftfeuchtigkeit nach sich zieht, sowie eine nachträgliche Klimatisierung haben häufig zur Folge, dass die vorhandene Dampfsperrschicht nicht mehr ausreicht. Ist die Wärmedämmschicht richtig bemessen oder ist sie eventuell durchfeuchtet? Eine durchfeuchtete Wärmedämmung muss nicht automatisch eine Erneuerung erfordern. Die Durchfeuchtung verringert zwar die Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffes; solange jedoch die Funktionsfähigkeit des Daches dadurch nicht gefährdet ist, ist das Abräumes nicht notwendig. Um die Abtrocknung zu beschleunigen, hat sich der nachträgliche Einbau von Dachlüftern gut bewährt. Sind Wärmebrücken vorhanden? Spätestens bei einer Sanierung sollten diese beseitigt werden. Sind beim nicht belüfteten Dach Wärmedämmschichten unterhalb der Tragdecke und/oder der Dampfsperre vorhanden?
13.7 Vorbereitung von Flachdachsanierungsarbeiten
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Wenn ja, so ist eine bauphysikalische Überprüfung des Dachaufbaus erforderlich, z. B. durch eine Diffusionsberechnung. Sind beim belüfteten Dach die Be- und Entlüftungsquerschnitte ausreichend? Wenn nicht, sollten die Lüftungsquerschnitte vergrößert werden. Ist dies nicht möglich, sind objektbezogener Lösungen erforderlich. Konstruktion Ist ein ausreichendes Gefälle vorhanden? Wenn nicht, so besteht beispielsweise die Möglichkeit, Eine Zusatzdämmung in Form einer Gefälledämmung aufzubringen. Ist der Wasserablauf gewährleistet? Das bedeutet: Entspricht die Anzahl der Dachabläufe und Notüberläufe noch den aktuellen Normen(DIN 1986-100, DIN EN 12056-3)? Befinden sich die Dachabläufe tatsächlich an den tiefsten Punkten und sind sie in der richtigen Höhenlage eingebaut? Ist dies nicht der Fall, so bestehen folgende Möglichkeiten: • Dachabläufe tiefer setzen • Zusätzliche Dachabläufe und Notüberläufe jeweils an den Tiefpunkten des Daches setzen • Zusätzliches Gefälle einbauen Sind die Dachabläufe mindestens 50cm von Aufkantungen und Einbauteilen entfernt? Dieser Abstand ist notwendig, um einen einwandfreien Anschluss an die Dachabdichtung zu ermöglichen. Ist die Tragfähigkeit der Dachkonstruktion ausreichend? Ein Indiz für eine mangelhafte Tragfähigkeit können beispielsweise große Durchbiegungen sein. Holzschalungen können ihre Tragfähigkeit auch durch Verrottung eingebüßt haben. Eventuell Statiker einschalten. Entspricht die Tragdecke den aktuellen Regeln der Technik? Sind z. B. Randversteifungsbleche bei Stahlprofilblechen vorhanden? Entsprechen die Anschlusshöhen den heutigen Anforderungen der FlachdachFachregeln? Ist bei Dachabschlüssen die Abdichtung bis zur Außenkante der Aufkantung geführt und befestigt? Das Hochziehen der Abdichtung bis auf die Attikakrone ist auch bei Attiken aus Sichtbeton notwendig. Sind die Dehnfugen-Ausbildungen aus der wasserführenden Ebene herausgeführt?
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13 Flachdachsanierung
Zu beachten: Die durch die Dehnfugen-Ausbildung entstehenden Teilflächen müssen einzeln entwässert werden. Sind bei den Lichtkuppeln die erforderlichen Anschlusshöhen eingehalten? Bei einer Zusatzdämmung ist es häufig erforderlich, die Lichtkuppeln höher zu setzen. Material Ist die Verträglichkeit zwischen dem vorhandenen Untergrund und der neu aufzubringenden Dachbahn gegeben? Im Bedarfsfall sind entsprechende Trenn- und Schutzlagen erforderlich. Hat die vorhandene Dachabdichtung Wasser aufgenommen? Bei Abdichtungen aus Bitumenbahnen ist z. B. zu prüfen: • ob Bahnen mit organischen Trägereinlagen wie beispielsweise R 500, R 333 vorhanden sind • inwieweit die Trägereinlagen möglicherweise Feuchtigkeit aufgenommen haben • oder ob sie sogar verrottet sind Da eine derart geschädigte Dachbahn nicht mehr in der Lage ist, die anfallenden Windlasten auf Dauer sicher weiterzuleiten, scheidet hier die verklebte Verlegung als mögliche Form der Sanierung aus. Alte, verhärtete PVC-Bahnen sollten generell abgeräumt und einem Recyclingprozess zugeführt werden. Alle zuvor aufgeführten Punkte, die sich sicherlich im Einzelfall noch ergänzen lassen, machen deutlich, dass es Pauschalregeln für die Flachdach-Sanierung nicht geben kann. Die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen müssen deshalb objektbezogen festgelegt werden.
13.7.3 Messverfahren
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Vor der Flachdachsanierung ist eine exakte Schadensdiagnose erforderlich. Besser noch ist es, einen regelmäßigen „Check in“ vorzusehen, um den Zustand des Dachs zu erfassen. In beiden Fällen kommen heute moderne, zerstörungsfreie Messverfahren zum Einsatz. Flachdach – Leckortungen Das Flachdach muss sehr genau untersucht werden, bevor eine Teil- oder Komplettsanierung beginnt. Hierfür stehen vielfältige Messverfahren und -geräte zur Verfügung. Die verschiedenen Messverfahren und Leckortungssysteme im Rahmen der Dachsanierung sind: • • • •
Messverfahren mittels Nahtprüfsystem Qualifizierte Flachdach-Leckortungen Messverfahren mittels Wasserprobe Messung per Rauchgasverfahren
13.7 Vorbereitung von Flachdachsanierungsarbeiten
• • • • •
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Elektroimpulsverfahren/Potentialdifferenzmessung Messung mittels Tracergasverfahren Messverfahren mittels Färbemittel Messverfahren mittels Radiometrie Messverfahren mittels Thermografie
Einsatzmöglichkeiten unterschiedlicher Messverfahren Der Einsatz der oben beschriebenen Messverfahren auf dem Flachdach hängt sehr stark von der Konstruktion, dem Aufbau und der Auflast ab. Auch ist die Aufgabenstellung entscheidend. Beim klassischen Warmdach mit Kiesschüttung – Einfamilienhaus mit bituminöser Abdichtung – hat sich das Elektroimpulsverfahren bewährt. Bei großen Dachflächen mit Folienabdichtung – mit oder ohne Kiesauflast – lassen sich mit dem Tracergasverfahren schnelle und gute Ergebnisse erzielen. Bei der Bauabnahme von Großflächen ist das Rauchgasverfahren am wirtschaftlichsten. Eine generelle Aussage, welches Verfahren bei welchem Flachdach eingesetzt werden sollte, kann man jedoch nicht treffen. Oft ist eine Kombination von Messverfahren die beste Lösung. Abstand sollte man von der Wasserprobe nehmen. Diese wird auch heute noch sehr gerne für die Bauabnahme angewendet. Hierfür werden Unmengen von Wasser verschwendet. Eine Leckortung lässt sich damit jedoch nicht durchführen. Die Aussage, „es tropft nicht, also ist das Dach dicht“ hinkt. Wurde eine bituminöse Dampfsperre mit Alueinlage eingebaut, kann kein Wasser in die darunter liegenden Räume gelangen, jedoch die Flachdachkonstruktion schon „abgesoffen“ sein. Messung mittels Tracergasverfahren Beim Tracergasverfahren oder auch Gasdetektionsverfahren wird ein so genanntes Tracergas zur Ortung von Leckagen in Flachdachabdichtungen verwendet. Hierbei handelt es sich entweder um Helium oder ein Wasserstoff-Stickstoff-Gemisch im Verhältnis 10:90 oder 5:95. Über ein kleines Ventil wird das Tracergas unter die Abdichtung geblasen. Beide verwendeten Gase sind leichter als Luft und haben somit das Bestreben nach oben zu steigen. An den Leckagen und Beschädigungen tritt das Gas wieder aus und kann nun mit den Ortungsgeräten, die speziell auf das entsprechende Gas abgestimmt sind, geortet werden. Die detektierte Gasmenge wird optisch und akustisch angezeigt. Vorteile des Tracergasverfahren sind: • punktgenaue Ortung • auch bei begrünten Flachdächern einsetzbar • zur Bauabnahme geeignet
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13 Flachdachsanierung
Bild 13.19 Tracergasverfahren zur Bestimmung von Leckagen
Zusammenfassung der verschiedenen Leckortungssysteme Mit Hilfe der bisher beschriebenen Verfahren erkennt man sehr genau, an welchen Stellen die Dachhaut beschädigt ist und wo Sanierungsbedarf besteht. Je nach Dachkonstruktion und Auflast setzt man auch Kombinationen der verschiedenen Ortungsverfahren ein. Eine punktgenaue Ortung der Leckstelle/Beschädigung der Abdichtungsbahn ist hier schon möglich. Im Sanierungsfall lässt sich unter Einsatz der Radiometrie oder Thermografiekamera das Schadensausmaß qualitativ sehr schnell ermitteln. Dadurch müssen nicht immer Komplettsanierungen durchgeführte werden, für die in der heutigen wirtschaftlichen Situation auch nicht immer die finanziellen Mittel bereit stehen.
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Neutronensonde für Durchfeuchtung Auch das kann man dank moderner Messtechnik ohne ein Öffnen des Daches feststellen: Die Neutronensonde erfasst den Feuchtegehalt von Bauteilen mittels der Radiometrie. Das Messgerät sendet Neutronen (d.h. Elementarteilchen) aus, die feste Materialien durchdringen, von Wasser jedoch gebremst und abgelenkt werden. Die Zählung dieser „langsamen“ Neutronen erlaubt sehr genaue Rückschlüsse auf den Grad der Durchfeuchtung von Flachdachkonstruktionen. Dieses Verfahren lässt sich trotz des komplexen Messprinzips einfach anwenden: Man führt auf dem Dach im Abstand von 1m Messungen durch; dabei können bis zu 30cm starke Dachkonstruktionen untersucht werden. Das Messergebnis wird zu einem farbigen Ausdruck „zusammengesetzt“, der das Ausmaß der Durchfeuchtung grafisch darstellt. Das erlaubt eine gute Übersicht über die Problemzonen.
13.7 Vorbereitung von Flachdachsanierungsarbeiten
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Thermografie zur Erfassung von Wärmebrücken Als Hilfsmittel nutzt man oft auch die aus der Fassadensanierung bekannte Thermografie. Die Wärmekamera erkennt, wo Wärmebrücken sind: Gerade die Anschlüsse von Wand und Dach oder Durchgänge wie Kamin und Dachfenster sind anfällig für Defekte, die man mit der Thermografie sehr gut lokalisieren kann. Wenn während der Untersuchung auch Hohlräume inspiziert werden sollen, wie es z. B. bei Holständerkonstruktionen der Fall ist, dann kann man auf das bewährte Verfahren der Endoskopie zurückgreifen. Bereits eine Öffnung von 10 mm genügt, um die „Mini-Kamera“ einzuführen.
13.7.4 Bestandsaufnahme mit Checkliste Nachfolgend sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, die Dachfläche für die Sanierung vorzubereiten. Mit sorgfältigen Checklisten lassen sich • Objektinformation aufnehmen (Checkliste 1) • Zustandsprüfung nach Augenschein und (Checkliste 2) • Zustandsprüfung nach Dachöffnung (Checkliste 3) vornehmen. Die Checklisten sind eine hilfreiche Gedankenstütze bei der Begehung eines sanierungsbedürftigen Flachdaches.
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13 Flachdachsanierung
Tabelle 13.3 Checklisten
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13.7 Vorbereitung von Flachdachsanierungsarbeiten
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13 Flachdachsanierung
13.8 Bauphysikalische Forderungen
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13.7.5 Flachdachinspektion - Wartungsvertrag Nach der Durchführung einer bedarfsgerechten Sanierung wird das Dach seine Schutzfunktion wieder erfüllen können und „für Jahrzehnte dicht halten“. Auf jeden Fall sollte bei der Abdichtung des Daches immer auf die fachgerechte Verarbeitung von belastbaren Qualitätsprodukten geachtet werden, denn diese sind der beste Garant für eine lange Lebensdauer. Zweimal jährlich sollte eine Kontrolle des Flachdaches stattfinden. Gullys, Dachrinnen, Fallrohre und Laubfänge müssen gereinigt, sowie Schmutz, Kiesverwehungen und ungewollter Bewuchs auf dem Dach entfernt werden. Bei Gründächern sind die Randstreifen von Bewuchs freizuhalten. An- und Abschlüsse sollten ebenso kontrolliert werden wie die Funktionstüchtigkeit der Abflüsse. Auch sollten Versiegelungen und Bewegungsfugen geprüft werden. Außerdem muss beizweischaligen Dachkonstruktionen die Funktion von Be- und Entlüftungsöffnungen sichergestellt sein. Am einfachsten ist es, einen Wartungsvertrag mit einem Dachdecker-Meisterbetrieb abzuschließen. Dieser führt den Flachdach-Check professionell aus und erledigt eventuell notwendige Instandsetzungsarbeiten. So ist gewährleistet, dass nichts übersehen wird und einer langen Lebensdauer des Flachdaches nichts im Wege steht.
13.8 Bauphysikalische Forderungen 13.8.1 Wärmeschutz Ein Gebäude ist nur dann auf Dauer effizient zu bewirtschaften, wenn unnötiger Energieverbrauch vermieden wird. Gerade bei Industrie- und Verwaltungsgebäuden, Schulen, Sporthallen, Supermärkten und Krankenhäusern sowie im Wohnungsbau gibt es noch immer große Einsparpotenziale! Eine optimale Wärmedämmung ist der erste Schritt zur Energieeffizienz. Die Wahl de richtigen Dämmstoffes ist dabei von großer Bedeutung. Für die Sanierung von Flachdächern auf Gebäuden mit normaler Innentemperatur (19°C und mehr) und jährlich mehr als vier Monate beheizt beträgt der Wärmedurchgangskoeffizient weiterhin 0,20 W/(m²·K). Bei Gebäuden mit niedriger Innentemperatur (mehr als 12°C und weniger als 19°C) und jährlich mehr als vier Monate beheizt beträgt der Wärmedurchgangskoeffizient weiterhin 0,35 W/(m²·K).
13.8.2 Schallschutz Der Schallschutz für Gebäude gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Anforderungen sind in der DIN 4109 definiert. Für Dächer in Massivbauart enthalten die Beiblätter zu dieser Norm außerdem Ausführungsbeispiele und Rechenverfahren. Für den Flachdachbereich maßgebend ist in erster Linie die Luftschalldämmung. Diese wird ganz entscheidend durch die jeweilige Masse (Gewicht) bestimmt. Der für die Beurteilung
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entscheidende Wert ist das bewertete Schalldämm-Maß RW ohne Schallübertragung über flankierende Bauteile. Wichtige Kenngrößen für den Schallschutz • Der R-Wert kennzeichnet die schalldämmenden Eigenschaften eines Bauteils bzw. den Schallschutz zwischen Räumen. • Schalldämmung von Bauteilen RW gibt das Schalldämmmaß ohne Flankenübertragung in Dezibel an. • Schallschutz zwischen Räumen Bei R´W wird die Flankenübertragung (z. B. von decken) berücksichtigt. Es gilt: Je höher das Schalldämmmaß, desto besser der Schallschutz. Besonders bei Industriegebäuden ist effektiver Schallschutz wichtig, denn hier werden meistens leichte Konstruktionen mit geringer Masse verwendet. Grade bei diesen Leichtkonstruktionen kommt es auf die schalltechnischen Eigenschaften des berwendeten Dämmstoffs an. Steinwolle- und Glaswolle-Dämmstoffe sorgen hier aufgrund des hohen Raumgewichts und der Faserstruktur für effektiven Schallschutz. Geräusche oder Baulärm werden wirksam ausgeschlossen, und umgekehrt gelangt Produktionslärm von Maschinen nicht nach draußen oder in andere Fertigungsbereiche. Durchgeführte Schallprüfungen bestätigen die hervorragenden schalldämmenden Eigenschaften. Bei einem zweischaligen Industrie-Leichtdach sind z. B. Schalldämm-Maße von mehr als 50 dB möglich.
13.8.3 Brandschutz Eine Flachdachkonstruktion muss im Brandfall ein Höchstmaß an Sicherheit bieten und unterliegt wie andere Bauteile auch brandschutztechnischen Bestimmungen. Brandverhalten von Baustoffen Europaklassen nach DIN EN 13501 Teil 1.
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A1,A2: B: C: D: E: F:
kein Beitrag zum Brand sehr begrenzter Beitrag zum Brand begrenzter Beitrag zum Brand hinnehmbarer Beitrag zum Brand hinnehmbares Brandverhalten keine Leistung festgestellt/geprüft
Zusatzanforderungen Rauchentwicklung (s = smoke) s1: keine Rauchentwicklung s2: mittlere Rauchentwicklung s3: starke Rauchentwicklung Brennendes Abtropfen (d = droplet) d0: kein brennendes Abtropfen d1: begrenzt brennendes Abtropfen d2: stark brennendes Abtropfen Die bauaufsichtliche Benennung nicht brennbar entspricht den Euroklassen A1, A2-s1, d0.
13.8 Bauphysikalische Forderungen
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Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme Die Landesverordnungen fordern normalerweise die sogenannte „Harte Bedachung“, das heißt, dass Dachaufbauten widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme sein müssen. Ohne Nachweis gelten mit einer mindestens 5cm dicken Kiesschüttung oder Plattenbelag versehene Schichtenaufbauten als widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme. Für andere Schichtenaufbauten mit Kunststoff-Dachbahnen bzw. Polymerbitumenbahnen, z. B. verklebte oder mechanisch befestigte Dachabdichtungen, ist diese Eigenschaft durch Prüfzeugnisse amtlicher Materialprüfanstalten nachzuweisen. Dazu wird ein spezieller Brandversuch durchgeführt, bei dem nicht die einzelne Dachabdichtungsschicht, sondern der komplette Schichtenaufbau – soweit für den Brandversuch von Bedeutung – geprüft wird Weitere Anforderungen im Einzelfall Resultierend aus Landesbauordnungen bzw. Sonderbauverordnungen (z. B. Verkaufsstättenverordnung, Hochhausverordnung, Industriebaurichtlinie usw.). • Einsatz von nicht brennbaren Wärmedämmstoffen • Forderungen der DIN 18234 „Baulicher Brandschutz großflächiger Dächer, Brandbeanspruchungen von unten“. Die Teile 1 und 2 beziehen sich auf den Schichtenaufbau in der Fläche, speziell die Schichten unterhalb der Dachabdichtung, z. B. nicht brennbare Dämmung und brandlastarme Dampfsperrschicht. Die Teile 3 und 4 betreffen konstruktive Maßnahmen zur Begrenzung der Brandweiterleitung bei Durchdringungen sowie An- und Abschlüssen. • Brandlastarme Dampfsperrbahnen, wie z. B. PR-Folien, Aluminium-Verbundfolien Brandlastarme Dachaufbauten werden immer häufiger gefordert. Unter Brandlast versteht man den Brennwert in MJ (Mega-Joule), den ein Bauteil bzw. ein Baustoff im eingebauten Zustand mit sich bringt. Die Brandlast ist unter anderem abhängig von dem Gewicht bzw. der Schichtdicke der einzelnen Funktionsschichten. Im Gegensatz zu traditionellen Abdichtungssystemen zeichnen sich Kunststoff-Dachbahnen durch eine geringere Schichtdicke aus. Sie haben demzufolge eine wesentlich geringere Brandlast.
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Bild 13.20 Verhältnis Brandlasten Polymerbitumenbahnen zu Kunststoff-Dachbahnen
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13 Flachdachsanierung
13.9 Funktionsschichten 13.9.1 Tragdecken Die Tragdecke dient als Unterlage für den weiteren Dachschichtenaufbau. Sie hat die Aufgabe: • Eigen- und Fremdlasten zu tragen und den Raum nach oben abzuschließen. • In Abhängigkeit von Material und Masse die Wärmedämmung, die Wärmespeicherung sowie den den Schall- und Brandschutz mit zu übernehmen. • Durch Gefällebildung die rasche Entwässerung des Daches zu erreichen.
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Bild 13.211 System Tragdecke
Die Tragdecke muss verschiedenen Anforderungen genügen:
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• • • • •
Tragfähigkeit Verformungsverhalten Ebenheit Fugenausbildung Sauberkeit
Die gebräuchlichsten Werkstoffe von Tragdecken im Neubau sind: • • • • • • •
Stahlprofilbleche Ortbeton Stahlbeton-Fertigteile/Spannbeton-Fertigteile Porenbeton (früher: Gasbeton) Holzschalung Baufurnierplatten/Spanplatten Bimsbetonplatten/Bimsstegdielen
Bei der Planung von Schichtenaufbauten und Details müssen die unterschiedlichen Eigenschaften der Tragdecken berücksichtigt werden. 1
Die Bezeichnungen zu den Systembildern 13.22 bis 13.34 sind im Bild 13.14 Schichtenaufbau aufgeführt.
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13.9 Funktionsschichten
Stahlprofilbleche sind leicht und beweglich, mit luftdurchlässigen Fugen in der Fläche und in den Anschlussbereichen. Stahlleichtdächer lassen sich schnell verlegen und ermöglichen große Spannweiten bei geringem Gewicht. Stahlprofilbleche weisen relativ große Durchbiegungen auf. Bild 13.22 System Stahlprofil
Konstruktive Forderungen • Aufgrund der profilierten Oberfläche der Bleche bleibt nur eine reduzierte Auflagefläche für die weiteren Schichten. Höhenunterschiede von Obergurt zu Obergurt sind möglich, wenn die Bleche „gezogen“ werden. • Die Obergurte der Profilbleche sollen möglichst in einer Ebene liegen, denn sonst besteht die Gefahr, dass z. B. bei der verklebten Fixierung kein Klebekontakt zwischen Blech und zu verklebender Schicht zustande kommt. Auch ein aufschäumender Polyurethan-Klebstoff stößt bei zu großen Abständen an seine Grenzen. • Durch Unebenheiten der Profilblech-Oberseite sind außerdem Höhenversprünge im Bereich der Dämmplattenfugen kaum zu vermeiden. Verklebungen erfolgen grundsätzlich auf den Schultern der Obergurte.
Bild 13.23 System Profilverbindung
13.9.2 Trenn- und Ausgleichsschichten Die Trenn- und Ausgleichsschicht zwischen Tragdecke und Dampfsperrschicht1 schützt die Folgelagen gegen Rauhigkeiten und gegen chemische Einwirkungen aus der Unterlage. Außerdem soll sie kleine Schwind- und Spannungsrisse in der Tragkonstruktion überbrücken. Es wird vorwiegend Kunststoffvlies verwendet. Zu beachten: Keine separate Trenn- und Ausgleichschicht wird benötigt bei: • loser Verlegung der Dachschichten • punkt- oder streifenweiser Verklebung der Dampfsperrbahnen Voraussetzung dafür ist allerdings ein Untergrund ohne klaffende Risse, Betongrate und scharfe Kanten
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13 Flachdachsanierung
Bild 13.24 System Trenn- und Ausgleichschicht bei einer Betondecke
13.9.3 Dampfsperrschicht Die Dampfsperre2 unterhalb der genügend dicken Wärmedämmschicht verhindert, dass zu viel Wasserdampf aus dem Gebäudeinneren und der noch baufeuchten Tragkonstruktion in die Dämmschicht eindringt und dort als Tauwasser ausfällt. Zusätzlich dient die Dampfsperrschicht als Luftsperre. Sie verhindert, dass über Windströmungen (Konvektion) oder Luftaustausch größere Mengen Feuchtigkeit in den Funktionsschichtenaufbau transportiert werden. Die Dampfsperre muss systemgerecht sein. Dies lässt sich mittels einer Diffusionsberechnung nach DIN 4108, Teil 3, überprüfen. Bei einer derartigen Diffusionsberechnung wird festgestellt, ob die Feuchtebilanz des Dachschichtenaufbaus positiv ist, das heißt ob in den Winter-
13 Bild 13.25 System Dampfsperre
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In DIN 4108, Teil 3, wird eine Schicht mit einer Dampfdiffusionswiderstandszahl von mehr als 100m als Dampfsperrschicht bezeichnet.Die neuen Bezeichnungen lauten: • diffusionshemmende Schicht: Bauteilschicht mit 0,5m sd**) < 1500m, z. B. PE-Folien, Bitumenbahnen • diffusionsdichte Schicht: Bauteilschicht mit sd**) 1500m, z. B. Bitumenbahnen mit Metallbandeinlage, Aluminiumverbundfolien Der Begriff Dampfsperrschicht ist aber noch gebräuchlich.
13.9 Funktionsschichten
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monaten weniger Tauwasser eindiffundiert, als in den Sommermonaten ausdiffundieren kann. Es ist daher nicht generell erforderlich, dass der Sperrwert der Dampfsperre größer ist als der Sperrwert der Dachabdichtung. Eine mechanische Befestigung des Dachschichtenaufbaues durch die Dampfsperre hindurch beeinträchtigt deren Wirkungsweise normalerweise nicht. Die Dampfsperre ist grundsätzlich zu empfehlen. Bei raumklimatisch höher beanspruchten Gebäuden empfiehlt sich der Einbau einer Dampfsperrbahn mit Aluminiumeinlage bzw. eine Aluminium-Verbundfolie, um den Dachaufbau von unten her dampfdicht zu gestalten. Eine Dampfsperrschicht kann gleichzeitig die Funktion einer Notabdichtung (Bauzeitabdichtung) übernehmen. Als Dampfsperrbahnen in Kombination mit Kunststoff-Dachbahnen werden empfohlen: • PE-Folien: z. B. Dampfsperre fk und FDT Dampfsperre PE • Aluminium Verbundfolien: z. B. Dampfsperre Alu-gv-sk • Bitumenbahnen, evtl. mit Metallbandeinlage Dampfsperre bei Stahlprofilblechen Auch bei normalen raumklimatischen Verhältnissen reicht das Stahlblech als Dampfsperre nicht aus. Deshalb ist auch hier eine Dampfsperre zu empfehlen. Wegen der unvermeidlichen Fugen/Durchdringungen ist sie besonders in den Anschlussbereichen unentbehrlich. Weitere Gründe für den Einbau einer separaten Dampfsperrschicht: • Nachträgliche Nutzungsänderung, die zu höheren raumklimatischen Belastungen führt. • Fugen in Anschlussbereichen, die Tauwasserbildung verursachen. • Luftundurchlässiger Dachaufbau ist nur mit einer Dampfsperrschicht zu erreichen. Die Frage, ob bei wärmegedämmten Stahlprofil-Dächern eine Dampfsperrschicht notwendig ist oder nicht, lässt sich nicht durch eine Diffusionsberechnung nach DIN 4108, Teil 3, nachweisen. Denn der Einfluss der Längs- und Querstöße der ansonsten dampfdichten Trapezprofile kann anhand dieser Rechnung nicht abgeschätzt werden. Dampfsperre bei Porenbeton Wärmeschutztechnisch richtig bemessene Dachdecken aus Porenbeton benötigen keine Dampfsperrschicht, wenn die Klimaverhältnisse innen 20°C und 65 % relative Luftfeuchtigkeit nicht überschreiten. Dies gilt auch für Porenbeton-Decken mit oberer ZusatzWärmedämmschicht. Bei Gebäuden mit höheren raumklimatischen Verhältnissen besteht die Gefahr einer unzulässig hohen Kondensatbildung oder Kondensatanreicherung innerhalb des Porenbetons. Durch den Einbau einer oberseitigen Dampfsperre ist dieses Problem nicht zu lösen. Hier empfiehlt sich die Ausführung als belüftetes Dach.
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Dampfsperre bei klimatisierten Gebäuden Bei klimatisierten Räumen muss jegliche Tauwasserbildung im Schichtenaufbau verhindert werden, da ein Austrocknen im Sommer zum Rauminneren kaum möglich ist (u. a. wegen des bei klimatisierten Gebäuden üblichen Luftüberdruckes). Deshalb ist in solchen Fällen eine praktisch diffusionsdichte Dampfsperre mit einem sd-Wert 1500 m erforderlich. Hinweis: Auf eine luftundurchlässige Ausführung ist – auch im Detail – besonders zu achten. Nahtverbindung von Dampfsperren Die Nähte der Dampfsperrbahnen müssen dicht geschlossen sein. Bei PE-Folien geschieht dies mit speziellen Verbindungsbändern mit einer Nahtüberdeckung von 10cm. An- und Abschlüsse bei Dampfsperren Dampfsperren sind an allen an- und Abschlüssen bis über die Dämmschicht hochzuführen und anzuschließen. An Durchdringungen wie Dunstrohre, Gullys usw. sind sie ebenso anzuschließen. Der Abschluss der Dampfsperre sollte im „warmen“ Bereich der Wärmedämmschicht erfolgen. Auf eine luftundurchlässige Ausführung ist zu achten.
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Bild 13.26 Dichtungsband dient als Luftsperre
13.9.4 Wärmedämmschichten Die Wärmedämmschicht • • • • •
begrenzt Wärmeverluste, spart Energie ein ermöglicht ein behagliches Raumklima begrenzt temperaturbedingte Verformungen und Dehnungen der Tragkonstruktion verhindert Tauwasserbildung an der Deckenunterseite als Gefälledämmschicht ermöglicht sie zusätzlich die einwandfreie Entwässerung der Dachfläche
13.9 Funktionsschichten
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Kriterien für die Auswahl von Dämmstoffen • • • • • •
Wärmeleitfähigkeit Brandverhalten Festigkeit Formbeständigkeit Verträglichkeit mit anderen Stoffen Temperaturbeständigkeit
Im Zusammenhang mit Kunststoff-Dachbahnen von FDT werden im nicht belüfteten Dach vorwiegend folgende Dämmstoffe eingesetzt: 1. Wärmedämmung aus Polystyrol-Hartschaum Polystyrol-Hartschaum nach DIN EN 13163, Typ EPS 040 DAA dm (früher PS 20 SE) bzw. Typ EPS 040 DAA dh (früher PS 30 SE) Bei höheren Anforderungen an die Druckfestigkeit in folgenden Lieferformen: • nackte Platten, mit Stufenfalz • mit Bitumenbahnen kaschierte Platten oder Klappdämmbahnen für Dachaufbauten mit Rhepanol fk • mit Rohglasvlies kaschierte Platten für Dachaufbauten mit Rhenofol CV/CG 2. Wärmedämmung aus Mineralwolleplatten Mineralwolleplatten der Baustoffklasse A, nicht brennbar, nach DIN EN 13162, Typ MW 040 DAA dm mit einer hohen Punktbelastbarkeit nach DIN EN 12430 (mindestens 500N bei 5mm Verformung) und einer erhöhten Druckfestigkeit (Druckspannung bei 10 % Stauchung mindestens 0,06N/mm (60kPa). In Verbindung mit der verklebten Verlegung von Rhepanol fk werden Platten mit oberseitiger Beschichtung (Bondrock, Megarock) eingesetzt. Die erhöhte Druckfestigkeit hat zwei positive Auswirkungen: • Die Punktbelastungsfähigkeit wird erhöht. Dies ist für die mechanische Befestigung im überdeckten Bahnrand entscheidend. • Die Widerstandsfähigkeit während der Bau- und Nutzungsphase (z. B. Begehen) wird erhöht.
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13 Flachdachsanierung
Bild 13.27 Punktbelastungsfähigkeit ist bei mechanischer Befestigung entscheidend
13.10 Sicherungssysteme Lagesicherung Dient dazu, ein Abheben der Dachbahn durch Windsog zu verhindern. Gleichzeitig wird damit das Schichtenpaket gegen seitliches Verschieben gehalten. Verlegearten • mechanische Befestigung • lose Verlegung mit Auflast • verklebte Verlegung Kombinationen dieser Verlegearten sind ebenfalls möglich. Die mechanische Befestigung
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wurde insbesondere für Leichtdächer entwickelt, für die aus statischen und auch aus wirtschaftlichen Gründen eine Auflast nicht in Frage kommt. Auf Stahlleichtdächern ist die mechanische Befestigung heute die am häufigsten eingesetzte Verlegeart zur Lagesicherung von Kunststoff-Dachbahnen. Bei der mechanischen Befestigung werden alle Schichten des Dachaufbaues lose verlegt und zusammen mit der Dachabdichtung in einem Arbeitsgang mechanisch befestigt. Rationell und zeitsparend! Die Dachabdichtung ist flächig von den darunter liegenden Schichten getrennt. Deren Bewegungen können die Abdichtung daher nicht oder nur unwesentlich beanspruchen. Die einzelnen Befestigungspunkte mindern die freie Beweglichkeit der Dachbahn kaum.. Arten der mechanischen Befestigung 1. Saumbefestigung (Nahtbefestigung) Befestigung im überdeckten Bahnrand. Die Befestigungselemente werden im Bahnrand gesetzt und durch die folgende Bahn überdeckt.
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13.10 Sicherungssysteme
Bild 13.28 System Saumbefestigung
Bild 13.29 Feldbefestigung durch die Dachbahn
2. Feldbefestigung durch die Dachbahn Die Befestigungselemente werden durch die Dachbahn hindurchgeschraubt. Die Abdichtung der Befestigungspunkte erfolgt mit separaten Streifen oder Scheiben. 3. Feldbefestigung unterhalb der Dachbahn Die Befestigung erfolgt über separat verlegte Streifen oder Scheiben unterhalb der Dachbahn. Die Dachbahn wird anschließend auf diesen Streifen verklebt oder verschweißt.
Bild 13.30 Feldbefestigung unterhalb der Dachbahn
Bild 13.31 Lineare Befestigung
4. Lineare Befestigung im Klettsystem Die Befestigung erfolgt über separat verlegte Klettstreifen, auf denen die vlieskaschierte Dachbahn Rhepanol fk durch Anrollen fixiert, als verklettet wird. Klettstreifen und die spezielle Vlieskaschierung der Dachbahn sind dabei optimal aufeinander abgestimmt Windlasten und Sicherung gegen Abheben Die Klimaerwärmung, die unter anderem auch durch den CO2-Ausstoß der Heizungsanlagen begünstigt wird, führt nicht nur zu milderen Wintern, sondern auch zu einer deutlichen Zunahme der Starkregen- und Sturmereignisse. Dies haben nicht nur die Versicherer erkannt, sondern auch die Normengeber. Deshalb wurde unter anderem auch Teil 4 „Windlasten“ der DIN 1055 „Einwirkungen auf Tragwerke“ überarbeitet und seit 2007 als verbindliche Bemessungsregel für Gebäude und Bauteile eingeführt. Die regional sehr unterschiedlich auftretenden Windereignisse wurden in dieser Norm dadurch berücksichtigt, dass das Bundesgebiet, dem Konzept zur Ermittlung von Windkarten folgend, in vier verschiedene Windzonen aufgeteilt wurde. Jede Windzone repräsentiert dabei einen
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Referenz-Winddruck als Bemessungsgrundlage. Problematisch für die Gebäudehülle ist dabei weniger der Winddruck, sondern vielmehr der Windsog, der sogar zum Abheben der Bauteilschichten des Flachdachaufbaus führen kann. Dieser Windsog entsteht durch die Umlenkung des Windes an den Gebäudekanten, also z. B. an den Außenecken oder der Attika. Beim Flachdach ist der Randbereich entlang der Attika besonders gefährdet – vor allen Dingen an den Ecken.
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Bild 13.32 Dachabschluss mit Gegengefälle am nicht belüfteten Dach
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13.11 Abdichtung von Flachdächern
Damit der Dachaufbau dort bleibt, wo er ist, müssen auftretende Windsogkräfte sicher in die Tragkonstruktion übertragen werden. Dies erreicht man dadurch, dass entweder der gesamte Aufbau mechanisch mit entsprechend zugelassenen Befestigern gesichert und im Untergrund verankert wird, oder indem der gesamte Aufbau mit einer Auflast versehen wird, z. B. Kiesschüttung oder extensive Dachbegrünung. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass sämtliche Bauteilschichten bis zur tragenden Unterkonstruktion miteinander verklebt werden. Flachdachsicherung Befestigt oder mit Auflast • hier sind druck- und biegefeste Platten mit einem hohen Tragverhalten optimal • die neuen dual density Produkte mit Zweischicht Charakteristik und verstärkter Oberfläche sind bestens geeignet • extensive Begrünung bei Mineralfaser möglich • die maximale Flächenlast beträgt 360 kg/m² Heiß- oder kaltverklebt • hier sind Dämmplatten mit einer Bitumenhaftgrundierung auf der Oberfläche für direkte Heiß- und Kaltverklebung der Dachabdichtung optimal
13.11 Abdichtung von Flachdächern 13.11.1 Aufgaben und Vorteile Die Dachabdichtung hat vor allem die Aufgabe, das Eindringen von Niederschlagswasser in den Schichtenaufbau und damit das Gebäudeinnere zu verhindern. Sie ist zweifellos die am stärksten beanspruchte Schicht des Flachdaches. Die Dachabdichtung muss einer Vielzahl von Beanspruchungen standhalten: • Witterungseinflüsse wie UV-Strahlen, extreme Temperaturschwankungen, eis, Hagel, Schnee, Wind • Umwelteinflüsse wie Rauchgase, Ablagerungen, Flugfeuer und strahlende Wärme • Belastungen aus der Nutzung wie Befahren, Begehen, Bewuchs • Belastungen aus de Dachschichten und der Konstruktion wie Verformungen, Setzungen, Schwingungen
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Bild 13.33 Schichtaufbau
Dachabdichtung/Bitumen-Schweißbahn Dachdämmplatte Dampfsperre Voranstrich Betondecke/Untergrund
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13 Flachdachsanierung
Hier sind deshalb an die Materialeigenschaften und die Sicherheit in der Verarbeitung höchste Anforderungen zu stellen. Kunststoff-Dachbahnen Abdichtungen aus Kunststoff-Dachbahnen sind flexible Dichtungsschichten, die auf der Baustelle zu einer fertigen Dachabdichtung zusammengefügt werden. Aufgrund ihrer guten Materialeigenschaften können sie einlagig verlegt werden. Ein Oberflächenschutz ist in der Regel nicht notwendig, da Kunststoff-Dachbahnen ausgezeichnet witterungsbeständig sind. Sie sind meistens mit Kaschierungen und/oder Verstärkungen bzw. Einlagen versehen. Dadurch können wichtige Eigenschaften gezielt beeinflusst werden. Vorteile von Kunststoff-Dachbahnen • • • • • • • •
witterungsbeständig ohne Oberflächenschutz schnell und wirtschaftlich zu verlegen flexibel einlagig lose zu verlegen ohne offene Flamme zu verarbeiten geringe Brandlast recycelbar
Arten von Kunststoff-Dachbahnen 1. unterseitig kaschiert mit Kunststoffvlies, wie Rhepanol fk Das unterseitige Kunststoffvlies • • • • •
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erhöht die Festigkeit verbessert die Verklebbarkeit schützt gegen Beanspruchungen aus dem Untergrund gewährleistet den Dampfdruckausgleich auch bei verklebten Dachaufbauten ist Kontaktfläche bei der Verlegemethode „Mechanisch befestigt im Klettsystem“
2. Verstärkt durch innenliegendes Gewebe, wie Rhenofol CV Das innenliegende Gewebe • erhöht die Festigkeitseigenschaften. Dadurch ist die Bahn schon bei kleinen Dehnungen in der Lage, relativ große Kräfte aufzunehmen. Dies ist insbesondere für die mechanische Befestigung vorteilhaft, da die sich infolge Windsog einstellenden Aufwölbungen der Dachbahn wesentlich reduziert werden. 3. Ausgerüstet mit Einlage aus Glasvlies, wie Rhepanol hg/Rhenofol CG Die Einlage aus Glasvlies •
beeinflusst positiv das stoffbedingte Maßänderungsverhalten
13.11 Abdichtung von Flachdächern
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4. Trägerlose Bahnen, wie Rhenofol C*) *) Rhenofol C ist eine Dichtungsbahn und wird im Flachdach nur bei Anschlüssen und Detailausbildungen eingesetzt. Physikalische Daten Zur Beurteilung von Dachbahnen werden u.a. die physikalischen Daten herangezogen. Dies führt häufig dazu, dass Produkte aus den unterschiedlichsten Werkstoffen und für verschiedene Verlegetechniken anhand einer weniger Zahlenwerte direkt miteinander verglichen werden. Derartige Zahlenvergleiche allein genügen jedoch nicht. Für die Beurteilung einer Dachbahn ist immer die Summe aller Eigenschaften entscheidend. Wichtiger als die Höchstwerte für Festigkeit und Dehnung sind z. B. das Alterungsverhalten des Materials oder die Verlegeeigenschaften einer Dachbahn. Güteüberwachung Neben der umfangreichen internen Qualitätssicherung bietet die externe Güteüberwachung durch neutrale Prüfanstalten und die noch weitergehende Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 zusätzliche Sicherheit bei der Ausführung von Flachdächern. FDT lässt die Produkte regelmäßig durch die Materialprüfanstalt Darmstadt untersuchen. Außerdem ist das Unternehmen als Ganzes vom TÜV CERT nach der weltweit strengsten Qualitätsnorm DIN EN ISO 9001 zertifiziert.
13.11.2 Konstruktive Vorüberlegungen Dachabdichtungen unterliegen den unterschiedlichsten mechanischen, chemischen und biologischen Beanspruchungen. Auch die bauphysikalischen Anforderungen sind hoch. So unterschiedlich die Anforderungen an ein Flachdach sein mögen – wichtig ist ein abgestimmtes Zusammenspiel der Funktionsschichten. Nur das sichert eine zuverlässige und sichere Abdichtung des Baukörpers. Dabei kommt es auf die richtige Kombination der einzelnen Materialien an. Moderne Flachdachabdichtungen basieren auf Kunststoffprodukten wie Olefinen und Polymerbitumen. Hinzu kommen unterschiedliche Klebeverfahren: das klassische Kleben durch Schweißen und das saubere und schnelle Kaltselbstklebeverfahren. Letzteres empfiehlt sich auch aus Sicherheitsgründen zum Beispiel bei brandsensiblen Bereichen. Ein erfahrener Flachdachsachverständiger trifft dazu folgende Aussage: „Werden alle vorgegebenen Mindestanforderungen erfüllt, so ist davon auszugehen, dass sich die Bahnen praxisgerecht verarbeiten lassen, der Baustellenbeanspruchung gerecht werden, ökologisch unbedenklich sind, sich handwerksgerecht verarbeiten lassen und dass die Dachabdichtungen Bestand haben.“ (Ernst 2003). Die nachfolgende Tabelle verschafft Ihnen einen Überblick über Nutzung, Verarbeitung und Oberflächenbehandlung auf unterschiedlichen Untergründen.
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13 Flachdachsanierung
Tabelle 13.3 Untergründe, Nutzung, Verarbeitung und Oberflächenbehandlung Untergrund
Nutzung
keine Nutzung
Beton und Stahlbeton
Nutzung mit mittlerer statischer Belastung z. B. Terrassen, Freizeitanlagen
Nutzung mit hoher statischer Belastung z. B. Parkdecks, Tennisplätze, Schwimmbäder, Dachgärten
Oberfläche beschiefert oder farbig bestreut begrünt
Verarbeitung verklebt
Nutzbelag begrünt
verklebt
Nutzbelag
verklebt verklebt
beschiefert oder farbig bestreut
kalt verklebt, mechanisch fixiert oder verklebt mechanisch fixiert, Werkstoffe verklebt oder lose mit Auflast Verklebt, mechanisch fixiert, lose verlegt
verklebt, mechanisch fixiert, lose verlegt geprägt, in schwarz mechanisch fixiert, verklebt oder silbergrau oder lose mit Auflast begrünt verklebt, mechanisch fixiert, lose verlegt
Stahltrapezprofilbleche BimsPorenbetondielen
keine Nutzung
geprägt, in schwarz oder silbergrau Holz und Holz Nutzung mit geringer statischer Belastung
begrünt
verklebt
Die Dachabdichtung ist die flächig aufliegende wasserundurchlässige Schicht zum Schutz eines Bauwerkes gegen Eindringen von Feuchtigkeit über die gesamte Dachfläche einschließlich ihrer Anschlüsse und Abschlüsse.
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13.11.3 Anforderungen Flächen, die für die Auflage einer Dachabdichtung und/oder der damit zusammenhängenden Schichten vorgesehen sind, sollen für die Ableitung des Niederschlagswassers mit Gefälle von mindestens 2 % geplant werden. Beim Einsatz von Dämmstoffplatten in nicht belüfteten Dächern müssen druckbelastbare Dämmplatten, bei genutzten Dächern solche mit erhöhter Druckbelastbarkeit, verwendet werden. Wärmedämmstoffe mit geringer Druckbelastbarkeit sind nur bei durchlüfteten Dächern zulässig.
13.11 Abdichtung von Flachdächern
553
13.11.4 Werkstoffe und deren Funktion Wichtige Kriterien für eine fachmännisch ausgeführte und langlebige Dachsanierung sind die Auswahl des Abdichtungsmaterials und seine Verlegung. Bahnen aus Polymerbitumen und Bitumen sollten möglichst zweilagig verlegt werden. Für das bewährte Material sprechen eine Reihe von Vorteilen: Polymerbitumenbahnen und Bitumenbahnen sind umweltverträglich und garantieren einen gesundheitlich unbedenklichen Dachaufbau. Außerdem hält das Material selbst extremen Witterungsbedingungen stand – zum Beispiel Hagelschlag – und hat eine lange Lebensdauer. Die Windsogsicherheit ist auch ohne schweren Oberflächenschutz gewährleistet. Da es nicht zuletzt auch pflegearm und wartungsfreundlich ist, eignet sich Bitumen für alle Flachdacharbeiten.
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Bild 13.34 Wandanschluss mit Polymerbitumenbahnen, Sanierung
554
13 Flachdachsanierung
Die Unterkonstruktion bzw. Tragschicht besteht entweder als schwere, biegesteife Unterkonstruktion aus Strahlbeton oder als leichte, biegeweiche Gerippekonstruktion aus Holz, Stahl oder Stahlbeton mit oberseitiger Tragschicht aus Holz oder Trapezblech. Eine Gefälleschicht aus Normalbeton oder aus Bitumensplitt (schnelles Abtrocknen nach Regenfällen während der Bauzeit) liegt unmittelbar über der Stahlbetondecke; sie soll an keiner Stelle weniger als 5cm betragen. Auch keilförmig geschnittene, direkt unter der Dachhaut liegende Wärmedämmplatten können zusätzlich zur Funktion der Wärmedämmung die Funktion des Gefälles übernehmen. Es ist darauf zu achten, dass bei dieser Konstruktion die dünnste Stelle den vollen Wärmeschutz bietet. Ein bituminöser Voranstrich ist bei geklebtem Dachaufbau auf Stahlbeton- und Porenbetonflächen zur Staubbindung und zum Porenverschluss erforderlich. Ebenfalls als Haftvermittler wird der Voranstrich zwischen bituminöser Dampfsperre und kunststoffbeschichteten Stahlprofilblechen eingesetzt. Verzinkte Stahlprofilbleche benötigen einen Korrosionsschutzanstrich. Die Trenn- und Ausgleichsschicht dient zur Überbrückung kleiner Schwind- und Spannungsrisse sowie als Schutz gegen Rauhigkeit und evtl. chemische Einflüsse der Tragschicht. Die Wärmedämmschicht hat folgende Funktionen: • Schaffung eines behaglichen Raumklimas über den ganzen Jahresverlauf, • Energieeinsparung bei der Beheizung und evtl. Kühlung unter der Dachdecke, • In Verbindung mit der Dampfsperre Schutz des Flachdachaufbaues vor unzulässiggroßen Tauwasserausfall, • Vermeidung bzw. Minderung temperaturbedingter Spannungen und Verformung in der Tragschicht (thermische Längenänderungen). Die Dampfdruckausgleichs- und Trennschicht hat folgende Funktionen:
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• Bildung einer zusammenhängenden Luftschicht zwischen Wärmedämm- und Abdichtungsschicht zur Entspannung und Verteilung örtlichern Dampfdrucks, der aus eingeschlossener oder eindiffundierter Feuchte entstehen kann. • Gewährleistung der Eigenbeweglichkeit der Abdichtungsschicht und Verhinderung der Übertragung von Spannungen und Bewegungen aus der Wärmedämmschicht bei Außentemperaturdifferenzen. • Vermeidung nachteiliger chemischer Wechselwirkungen zwischen Wärmedämm- und Abdichtungsschicht (z. B. zwischen Polystyrol-Hartschaum und PVC-weich). Die Dampfdruckausgleichsschicht wird durch punkt- oder streifenförmige Verklebung der ersten Lage der Dachabdichtung (Polymerbitumenbahnen) oder auch durch Verwendung von punktförmig verklebten, unterseitig grob besandeten Glasvlies-Bitumen-Lochbahnen als Ausgleichsschicht erreicht. Die besonderen Eigenschaften von Schaumglas zeichnen sich dadurch aus, dass die Platten kaum Wasser aufnehmen, praktisch diffusionsdicht sind, der Baustoffklasse A (nichtbrennbar) angehören und höchste Lasten aufnehmen können (WDH, z. B. bei Parkdecks für LKW). Da sie aber infolge ihrer Härte leicht brechen, müssen sie völlig plan aufliegen; in den Flachdachrichtlinien äußert sich dies durch den Hinweis, dass Schaumglasplatten voll in Bitumen einzuschwemmen sind. Das Dämmvermögen von Schaumglas ist geringer als das von HartschaumDämmstoffen.
13.11 Abdichtung von Flachdächern
555
Es ist ein aus silikatischem Glas durch Zugabe von Treibmitteln werksmäßig aufgeschäumter, geschlossenzelliger Dämmstoff. Das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Schaumglas ist üblicherweise Sand, der mit Spezialzusätzen zu Glas geschmolzen wird. XPS Dämmstoffe aus extrudiertem Polystyrol haben den gleichen chemischen Grundstoff ein ESP, sind aber in der Herstellung unterschiedlich. Im Gegensatz zu ESP ist XPS schwerer und dichter und nimmt kein Wasser auf, woraus sich auch sein hauptsächliches Einsatzgebiet bei Umkehrdächern erklärt. Hierbei liegt die Wärmedämmung oberhalb der Dachabdichtung; die bauaufsichtliche Zulassung der jeweiligen Wärmedämmung ist zu beachten. XPS gehört der Baustoffklasse B 1 an (schwer entflammbar). FPO FPO bezeichnet eine Legierung aus flexiblen Polyoefinen, die zu Dachabdichtungsbahnen verarbeitet wird. Sie gehören der Gruppe der Kunststoffe an und sind somit einlagig mittels Heißluftverschweißung zu verlegen. PYP Mit dem Kürzel PYP bezeichnet man Plastomerbitumenbahnen. Sie bestehen aus Destillationsbitumen (Primärbitumen), das mit APP (ataktisches Polypropylen) modifiziert ist (thermoplastische Kunststoffe). Vorteile dieses Bahnentyps sind: • sehr gute Wärmestandsfestigkeit und gute Kälteflexibilität, • plastisches Verhalten, das der Bahn gleichzeitig eine hohe Flächenstabilität verleiht • lange Lebensdauer mit hoher Witterungs- und Alterungsbeständigkeit. Plastomerbitumenbahnen werden aufgrund der UV- und Infrarotstabilität bei Dächern eingesetzt, die der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind (z. B. Shed-Dächer). Eine (werkseitige) Beschieferung der Bahnen ist dennoch empfehlenswert. ECB – Ethylen-Copolymerisat-Bitumen Werkstoffnorm: DIN 16 729 Dach- und Dichtungsbahnen aus dem Werkstoff ECB werden im Extruderverfahren aus Granulat und einem mittig eingelagerten Glasvlies hergestellt. Während das Granulat aus einem ausgewogenen Mischungsverhältnis von Kunststoffen (Polyethylen) und Bitumen besteht, stellt das Glasvlies das „Rückgrat“ der Dachbahn dar und sorgt für Dimensionsstabilität. Die eingemischten kugelförmigen Bitumenteilchen wirken im Kunststoffgefüge wie ein Weichmacher, so dass der Kunststoff im niedrigen Temperaturbereich quasi elastisches Verhalten zeigt. Für spezielle Anforderungen wie z. B. bei rauem Untergrund oder Dachsanierungen wird eine Produktalternative mit zusätzlicher Polyesterkaschierung auf der Unterseite angeboten. Das Polymer bildet die kohärente, zusammenhängende Phase, die verantwortlich ist für • • • • •
Festigkeit Zähigkeit Wärmestandsfestigkeit Kältebiegeverhalten chemische Resistenz
Das Bitumen ist tröpfchenförmig eingelagert und
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13 Flachdachsanierung
• beeinflusst die Kältezähigkeit • garantiert die Bitumenverträglichkeit und • die Witterungsstabilität. Die Bahnen werden in einer Stärke von 2 mm angeboten und werden einlagig verlegt (lose verlegt, mechanisch verankert, oder mit Polyurethanklebern streifenweise verklebt). Die materialhomogene Nahtfügung erfolgt durch Heißluftverschweißung. Lose verlegte Abdichtungen müssen zum Auffangen von Rückstellkräften an allen Rändern, Anschlüssen und Hohlkehlen linienfixiert werden. Formteile aus ECB bieten sich zur materialhomogenen Verarbeitung an. ECB- Dichtungsbahnen und ihre Schweißnähte gelten als wurzelfest. Einsatzbereiche von Polymerbitumen- und Bitumenbahnen Zur Abdichtung von flachen Dächern sowie Brücken oder Wasserreservoirs/Dämmen werden heute vor allem hochwertige Polymerbitumen- und Bitumenbahnen verwendet. Teer kommt hier schon seit Jahrzehnten nicht mehr zum Einsatz. Sicherlich auch, weil sich Bitumenbahnen durch zahlreiche ökologische Eigenschaften auszeichnen: • Sie eignen sich ebenfalls zur Auskleidung von Trinkwasserrückhaltebecken, da sie keine wasserlöslichen oder -belastenden Stoffe enthalten (nicht wassergefährdend, Wassergefährdungsklasse 0), • sie setzen im Brandfall keine aggressiven umwelt- oder gesundheitsgefährdenden Stoffe frei und sie lassen sich über ein Receyclingsystem der Wiederverwertung zuführen. Das in der Regel hergestellte Oxidationsbitumen wird als Deckmasse für Bitumenbahnen verwendet. Zur Herstellung von Polymerbitumenbahnen kommt Destillationsbitumen zum Einsatz.
13 Bild 13.35 Schnitt durch eine Bitumenbahn
1. Mineralische Bestreuung Obere Bahnen sind auf ihrer Außenseite mit einer Bestreuung als „leichter Oberflächenschutz“ versehen. Diese Bestreuung wird aus mineralischen Stoffen (z. B. Schiefer) hergestellt. 2. Bitumendeckmasse Die Deckmassen bestehen aus hochwertigem Oxidations- oder Polymerbitumen. Sie machen die Bahn wasserdicht, widerstandsfähig gegen natürliche Witterungsprozesse. Die chemischphysikalischen Eigenschaften der verwendeten Bitumina bestimmen die Wärmestandsfestig-
13.12 Ausführung mit Flüssigkeitskunststoffen
557
keit und das Kaltbiegeverfahren der Produkte. Sie sind Garanten für die leichte Verarbeitbarkeit der Bahnen bei allen Temperaturen. 3 Trägereinlagen Die Trägereinlagen armieren die Bahnen. Sie bestimmen das mechanische Verhalten der Bahnen, zum Beispiel Höchstzugkraft, Dehnung, Einreiß- und Weiterrissfestigkeit, Nagelausreißfestigkeit, Perforationssicherheit und Dimensionsstabilität. Bahnen aus Polymerbitumen und Bitumen sind in der Regel zweilagig auszuführen.Ihre Umweltverträglichkeit garantiert einen gesundheitlich unbedenklichen Dachaufbau. Außerdem hält das Material selbst extremen Witterungsbedingungen, z. B. Hagel stand und hat eine lange (bis 30 Jahre) Lebensdauer.
13.12 Ausführung mit Flüssigkeitskunststoffen 13.12.1 Zusammensetzung und Eigenschaften Wenn es um schwierige und sensible Abdichtungsbereiche, wie beispielsweise Lichtkuppeln, Dachgullys, Wandanschlüsse, Durchdringungen oder Attiken geht, bewähren sich zunehmend Flüssigkeitskunststoffe. Das sind in der Regel ein-oder zweikomponentige, dickflüssige, thixotrope, elastifizierte Duroplaste mit elastomeren Beststandteilen auf der Basis von Acrylpolymeren. Für Anschlussarbeiten an Wandabschlüsse und Durchdringungen kommen Acryl-Polymere und Polyflexvlies zum Einsatz. Vorteile(1) und technische Daten (2), zwar je nach Werkstoffzusammensetzung und physikalischen Voraussetzungen etwas abweichend, sind: Flüssigkeitskunststoffe – Vorteile • • • • • • •
lösemittelfrei und geruchsneutral ermöglichen grundieren und Abdichten innerhalb eines Tages diffusionsoffen und schrumpffrei haften auf fast allen Untergründen, sogar auf Edelstahl und Glas gewährleisten eine extrem hohe mechanische Festigkeit sind systemkompatibel eignen sich dank ihrer physiologischen Unbedenklichkeit auch für den Innenbereich
Flüssigkunststoffe – Eigenschaften Dichte
: 1,4 g/cm3 bei 20°C
Viskosität
: ca. 6000 mPas/20°C (thixotrop)
Dehnung
: 40,0 ± 2 % incl. Vlies
Zugfestigkeit
: 7,0 ± 1 N/mm² incl. Vlies
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13 Flachdachsanierung
Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl μ : 1550 ± 50 Beständigkeit
: Seewasser, Salzwasser, Industrieabgase, UV-resistent und Sauerstoffresistent Organische Lösungsmittel quellen Enkopur an und müssen ferngehalten werden
Flammpunkt
: > + 30°C
Lagerstabilität
: mindestens 6 Monate im ungeöffneten Originalgebinde
13.12.2 Verarbeitungsanleitung Vorbemerkungen Die zu beschichtenden Oberflächen müssen sauber, trocken öl- und fettfrei sein. Abblätternde, lose und mürbe Teile sowie ggf. Reste von Altanstrichen etc. müssen vor der Abdichtung entfernt werden. Dies gilt ebenso für eventuell vorhandene Zementschlämme auf Beton oder Zementestrich. Fliesenbeläge müssen matt angeschliffen werden. Eine Beurteilung über die ordnungsgemäße Untergrundbeschaffenheit ist gemäß VOB Sache des Verarbeiters. Er hat sich vor Beginn der Abdichtungsarbeiten selbst vom beschichtungsgerechten Zustand des Untergrundes zu überzeugen. Untergründe aus frisch erhärtetem Beton oder Zementestrich müssen 2 x mit Voranstrich vorbehandelt werden (erste Schicht Voranstrich vorher trocknen lassen). Beton oder Zementestrich kann frühestens zwei Wochen nach der Erhärtung beschichtet werden. Bei älteren Betonoberflächen reicht in der Regel ein einmaliger Auftrag von Voranstrich aus, sofern der Untergrund nicht sandend bzw. porös ist. Flüssigkeitskunststoffe können auch auf Dächern aufgebracht werden, die kein Gefälle aufweisen, wo also mit stehendem Wasser gerechnet werden muss (z. B. Wasserwechselzonen, Rinnenbereiche, Nulldächer usw.).
13
Flüssigkeitskunststoffe bilden – in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit – sehr schnell eine Haut, so dass schnelle Regenfestigkeit gewährleistet ist. Trotz der großen Applikationssicherheit von Flüssigkunststoffen auch bei schlechten Witterungsverhältnissen muss die zu beschichtende Fläche in jedem Fall vollkommen oberflächentrocken sein. Die Flüssigkeitskunststoffe sollten möglichst in einem Temperaturbereich von +5°C bis +30°C verarbeitet werden. Bei extrem hohen Temperaturen und gleichzeitig hoher Restfeuchtigkeit im Untergrund kann es ggf. zu einer vorübergehenden Blasenbildung infolge starken Dampfdruckes kommen. Untergrundvorbehandlung Verunreinigungen und lose sitzende Oberflächenbestandteile müssen bis auf den festen, tragfähigen Untergrund entfernt werden, z. B. durch Abschleifen. Eventuelle Durchtränkungen mit Fremdstoffen, etwa Öle oder Chemikalien, müssen bis auf den nicht durchtränkten Bereich mechanisch beseitigt werden. Die abzudichtende Oberfläche muss trocken sein, andernfalls bildet der Flüssigkeitskunststoff unterseitig eine Haut, die eine gute Haftung verhindert. Noch vorhandene Altbeläge, Anstriche sollten sicherheitshalber vollständig entfernt werden, da diese meist vom Voranstrich angegriffen werden.
13.12 Ausführung mit Flüssigkeitskunststoffen
559
Alte Fliesenbeläge können überschichtet werden, müssen jedoch noch fest mit dem Untergrund verbunden sein und sollten keine Hohlstellen aufweisen. Die Fliesenoberfläche sollte vor der Abdichtung matt angeschliffen werden. Für glasierte keramische Fliesenbeläge ist Glasprimer zu verwenden. Eine beschichtungsgerecht vorbereitete Oberfläche ist sauber, trocken, tragfähig, feingriffig und frei von Fett, Öl sowie sonstigen haftungshemmenden Stoffen. Eventuell vorhandene Löcher, Ausbrüche oder Risse müssen vorher mit Reparaturmörtel auf Reaktionsharzbasis flächenbündig verspachtelt werden. Voranstriche Für Abdichtungen mit Flüssigkeitskunststoff ist häufig ein Voranstrich zu verwenden, unabhängig davon, ob es sich um neue oder alte, abgewitterte Untergründe handelt. Hierfür stehen folgende Voranstriche zur Verfügung, die alle einkomponentig sind und daher eine leichte, schnelle Verarbeitung ermöglichen. Universal-Voranstrich Dieser Voranstrich ist aufgrund seines Lösemittelanteils sehr schnell trocknend und für fast alle bauseits vorkommenden Untergründe einsetzbar. Mineralische Untergründe (Beton, Zementestrich, Mauerwerk, Putz, Naturstein) lassen sich damit ebenso problemlos primern wie Bitumenbahnen, metallische Flächen, Holz oder viele Kunststoffteile bzw. KunststoffDachfolien (PVC, Polyester, EVA – im Zweifelsfall im Werk anfragen). Vor allem bei Metallen, Holz oder ggf. auch Kunststoffteilen ist darauf zu achten, dass diese Bauteile nicht lackiert sind, da der Voranstrich die meisten Lackschichten anlöst und/oder aufquellen lässt. Daher müssen Lackschichten vorher entfernt werden. Bei unbekannten Untergründen müssen vorher Haftungsversuche durchgeführt werden. Hierzu wird eine saubere Stelle mit Voranstrich eingestrichen, ein genügend langes Stückchen Polyestergewebe in den Voranstrich quasi „eingeklebt“ und nach etwa einer Stunde die Haftung durch Abziehen geprüft. Glasprimer Dieser Voranstrich eignet sich für Oberflächen aus Glas oder glasierten keramischen Fliesen. Im Übergangsbereich zu anderen Werkstoffen muss der jeweils entsprechende Voranstrich eingesetzt werden. Fliesenbeläge sind vorher matt anzuschleifen. Verbrauch:
ca. 50 g/m2
Trockenzeit: ca. 30–60 Minuten (je nach Witterung ggf. auch schneller) Abdichtung Grundsätzlich muss die Vliesbahn ohne Lufteinschlüsse und faltenfrei in den Flüssigkeitskunststoff eingerollt werden. Hierzu werden, abhängig von der Ebenheit und Beschaffenheit des Untergrundes, mindestens 1,5 kg/m² Flüssigkeitskunststoff mit der Lammfellrolle vorverteilt und unmittelbar darauf die Vliesbahn eingerollt und sorgfältig mit der Rolle angedrückt. Im Arbeitsfortgang werden die Vliesbahnen 8-10cm an Nähten und Stößen überlappt. Die Überlappungen sollten sicherheitshalber nicht gegen die Fließrichtung des Regenwassers verlaufen.
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560
13 Flachdachsanierung
Die Vlieseinbettschicht darf nicht zu dünn sein (speziell auch im Bereich der Überlappungen), um aufgrund der Saugfähigkeit der Vlieseinlage eventuelle spätere Haftungsprobleme zu vermeiden. Es wird für die Vlieseinbettschicht die Verwendung von mindestens 1,5 (besser 2,0) kg/m² Flüssigkeitskunststoff empfohlen. Es wird ebenso empfohlen, den Deckstrich aus Flüssigkeitskunststoff frisch–in–frisch aufzubringen, um zu vermeiden, dass die Vliesschicht über Nacht infolge Regen oder starkem Tauanfall ggf. durchfeuchtet wird. Hierbei ist darauf zu achten, dass das Vlies gleichmäßig überschichtet wird. Es dürfen weder offene Vliesnähte, freiliegendes Vlies noch Hohlräume vorhanden sein. Verbrauch Deckstrich: ca. 1,5 kg/m2. Grundsätzlich sollte man den Flüssigkeitskunststoff nicht allzu weit über das Ende der Vliesbahn hinaus aufstreichen. Es reicht völlig aus, wenn die Randbereiche der Vliesbahnen vollständig in Flüssigkunststoff eingebettet sind. Das unnötige Aufstreichen ohne Vlieseinlage birgt die Gefahr, dass sich bei den geringsten äußeren Einflüssen die sehr dünne Schicht aufschüsselt und zerstört wird. Ei Aufstrich ohne Vlieseinlage hat keine Rissüberbrückung! Ausführung von Anschlüssen Anschlussbahnen an Wandanschlüssen, Pfosten oder sonstigen aufgehenden Bauteilen, werden immer in Verbindung mit Vlies ausgeführt. Hierzu wird mit einer kleinen Rolle Flüssigkunststoff vorgelegt und das Vlies in die Masse hohlraum- und faltenfrei eingerollt. Anschließend wird das Vlies satt mit Flüssigkunststoff beschichtet. Der Flüssigkunststoff-Verbrauch beträgt bei 30cm breiten Vliesstreifen etwa 1,2–1,5kg/m.
a)
13
b)
c)
Bild 13.36 In Vlies und Flüssigkunststoff eingebetteter Pfosten a) Manschette b) Innenecke c) Außenecke
13.13 Metalldach
561
Im Eckbereich von Anschlüssen sind zunächst die in der wasserführenden Ebene liegenden Ecken vorher mit Flüssigkunststoff und einem kleinen Streifen Vlies abzudecken (das Vlies lässt sich hierzu leicht etwas dehnen, do dass der Eckbereich hohlraumfrei abgedichtet werden kann). Anschließend wird ein passendes Vliesstück in der wasserführenden Ebene eingeschnitten und dann faltenfrei und überlappend um die Ecke geführt. Mit bereits vorgefertigten Vliesecken gelingt die Abdichtung von Eckbereichen besonders einfach. An Rundungen bzw. rohrförmigen Durchdringungen wird das Vlies in Abständen von etwa 2cm ebenso tief eingeschnitten und als Kragen, im senkrechten Bereich überlappend um die Rundung herumgeführt. Die Schnittstellen werden in der Wasserführenden Ebene mit zwei passend halbkreisförmig zurechtgeschnittenen Vliesstreifen abgedeckt.
Bild 13.37 Direktablauf mit Anschlussmanschette nach DIN 1253 Ablauftopf, VS-Anschlussmanschette, Klemmring, Siebaufnahme quadratisch, 150 x 150mm (für Aufbauhöhe 15–105mm), Edelstahlsieb quadratisch, 143 x 143mm, Klasse K, mit Rohrdurchführung, DN 70 und DN 100
Bei späteren Reparaturen oder eventuell hochstehenden Vliesrändern bzw. faltigen Überlappungen werden die hochstehenden Teile weggeschnitten und die Reparaturstellen mit Vlies und Flüssigkunststoff faltenfrei abgedeckt. Balkonabdichtung mit Flüssigkunststoffen Für die Flächenabdichtung von Balkonen werden in zunehmendem Maße Flüssigkunststoffe wie Kunststoff-Zement-Kombinationen, Reaktionsharze und Kunstharz-Dispersionen verwendet. Dies trifft besonders auf Balkonsanierungen zu.
13.13 Metalldach Eine Besonderheit bei der nicht belüfteten Variante ist das zweischalige Metalldach, bei dem die obere Schale aus Metall besteht (z. B. Trapezprofile oder Stehfalzbleche) und neben der lastverteilenden Funktion gleichzeitig die Funktion der Abdichtung übernimmt.
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562
13 Flachdachsanierung
Bild 13.38 Metallflachdach
Zweischaliges Metallflachdach Es sind drei Varianten der Dämmstoffverlegung möglich: • zweischichtiger Aufbau mit Steinwolle-Dämmstoffen • zweischichtiger Aufbau mit Stein- und Glaswolle-Dämmstoffen • zweischichtiger Aufbau mit Glaswolle-Dämmstoffen Edelstahldach Was in der Fassadenverkleidung sowie beim Schrägdach kein seltener Anblick mehr ist, gilt im Flachdachbereich als Innovation: rollnahtverschweißte Edelstahl-Flachdächer, die für lange Zeit absolut wasserdicht und mechanisch stabil bleiben. Diese Art der Flachdachabdichtung verspricht:
13
• wirtschaftliche Metallbedachung für Alt- und Neubau • keine Entsorgung der alten Dacheindeckung, d.h. der bestehende Dachaufbau bleibt unverändert • keine Blendung durch matte Oberflächen • algen- und wurzelfest • Begrünung, Bekiesung oder Plattenbelag möglich • geringes Gewicht • wetterunabhängige Montage Die Summe all dieser Vorteile, verbunden mit der Unsicherheit über die richtige Materialauswahl gerade im falle von Sanierungen hat dazu geführt, dass sich immer mehr private Bauherren für diesen Werkstoff entscheiden. Die Kosten für eine Abdichtung aus Edelstahl liegen meist erheblich über denen einer herkömmlichen Polymerbitumen- oder Kunststoffabdichtung. Hersteller und ausführende Firmen heben demgegenüber die guten Werkstoffeigenschaften von Edelstahl hervor: es unterliegt keinem Alterungsprozess und erspart somit auf Dauer Reparaturkosten durch Wasserschäden oder – im schlimmsten Falle – notwendige Komplettsanierungen.
13.14 Nutzungsvarianten von Flachdächern
563
Fachleute aus der Baubranche würden diesen Argumenten nicht bedingungslos zustimmen; die sogenannten Folienabdichtungen haben sich in den letzten Jahrzehnten ebenfalls in ihrer Qualität weiterentwickelt, was in vielen Beispielen aus der Praxis mit einer über 30-jährigen positiven Langzeiterfahrung belegt ist.
13.14 Nutzungsvarianten von Flachdächern 13.14.1 Genutzte Dachflächen Genutzte Dachflächen sind planmäßig für den Aufenthalt von Personen, für die Nutzung durch Verkehr oder für die Bepflanzung vorgesehen. Dazu zählen beispielsweise: • Terrassen und Balkone • Parkdecks und Hofkellerdecken • intensiv begrünte Dachflächen Die Abdichtung genutzter Dachflächen mit Dachbahnen erfolgt in loser Verlegung zwischen zwei geeigneten Schutzlagen. Schutzlagen haben die Aufgabe, die Abdichtung nach oben und unten gegen mechanische Einwirkungen abzuschirmen. Eine untere Schutzlage aus Kunststoffvlies verhindert gleichzeitig Wechselwirkungen, z. B. mit Polystyrol-Hartschaum. Sind als weitere Schichten Beton, Estrich und dergleichen vorgesehen, so sind die Nähte der oberen Schutzlage so auszubilden, dass keine Feinanteile zwischen Abdichtung und Schutzlage eindringen können, z. B. durch Verschweißen oder Verkleben.
Bild 13.39 System Obere Schutzlage, Abdichtung, untere Schutzlage
13.14.2 Dachterrassen Dachterrassen werden mit den Dachbahnen Rhepanol-Dichtungsbahn mindestens 1,5 mm dick abgedichtet. Verschiedene Nutzschichten: • Plattenbelag auf Stelzlagern (wegen der relativ hohen Punktlasten nur bei stabilem und annähernd ebenem Untergrund) • Plattenbelag im Feinkiesbett • Plattenbelag im Estrich
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13 Flachdachsanierung
Bild 13.40 Dachterrasse
Begehbare Dachterrassen werden überwiegend als nichtbelüftete Flachdächer ausgeführt und der Gehbelag auf einer Kiesschüttung oder auf Stelzlagern verlegt. In jedem Fall ist über der Abdichtung eine Schutzschicht erforderlich. Die Abdichtung ist beim Anschluss an aufgehende Wände mindestens 15cm über die Gehebene zu führen. Diese Abdichthöhe ist auch bei einer Terrassentür einzuhalten. Wenn keine ausreichende Abdichthöhe zur Verfügung steht (z. B. nachträglicher Anbau), kann durch den Einbau einer Kastenrinne die Entwässerungsebene vor der Tür abgesenkt werden. Terrassendächer haben immer zwei Entwässerungsebenen: Die Ebene über dem Gehbelag und die Ebene über der Abdichtung. Dachterrassen über Wohnräumen müssen den üblichen Anforderungen an den Luft- und Trittschallschutz entsprechen.
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Stahlbetondecke Dampfsperre Wärmedämmung Abdichtung Schutzlage Gehwegplatten im Splittbett 7 Gitterrost 8 Türblech 9 Schutzblech 10 Hebetür
Bild 13.41 Anschluss der Dachdichtung an eine Terrassentür bei hinreichender Abdichthöhe
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13.14 Nutzungsvarianten von Flachdächern
Legende s. Bild 13.41 Bild 13.42 Anschluss der Dachdichtung an eine Terrassentür bei unzureichender Abdichthöhe
13.14.3 Parkdächer und Parkdecks Parkdächer sind Flachdächer mit druckfester, stabiler Dämmung und einer Stahlbetonfahrbahnplatte. Zur Bewältigung der unterschiedlichen Anforderungen, die an ein Parkdeck gestellt werden, sind mehrere Schichten erforderlich. Entsprechend der DIN 18338 (Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten) ist über der tragenden Deckenkonstruktion folgender Aufbau anzuordnen: • • • • •
Dampfsperre Wärmedämmung (Dampfdruck-Ausgleich) Dachabdichtung Oberflächenschutz (Nutzschicht)
Je nach eingesetzten Materialien bzw. ausgeführtem System können Schichten entfallen, hinzugefügt oder vertauscht werden. Unabhängig von obiger Reihenfolge sind von jedem System unter Berücksichtigung der tragenden Deckenkonstruktion einige konstruktive Merkmale zu erfüllen.
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13 Flachdachsanierung
Bild 13.43 Mögliche Anforderungen und Funktionsebenen
Für das Parkdach können folgende Eigenschaften vorausgesetzt werden: • Schutz der darunter liegenden und eventuell angrenzenden Räume gegen Witterungseinflüsse wie Niederschlagsfeuchtigkeit (Regen, Schnee), Wind, hohe und tiefe Temperaturen. • Aufnahme der Beanspruchungen aus der Nutzung als Parkebene und Verkehrsfläche sowie die dauernde Möglichkeit eines ordnungsgemäßen und ungestörten Betriebes. • Einhaltung bauphysikalischer Erfordernisse, Wie Wärme- und Feuchtigkeitsschutz, Brandschutz etc., insbesondere gegen die Einwirkungen aus der planmäßigen Nutzung. • Beibehaltung der ursprünglich vereinbarten optischen Beschaffenheit der Parkebene sowie der angrenzenden Flächen unter der Voraussetzung einer vertragsgemäßen Nutzung. Bei der Planung und Ausführung eines Parkdaches (genutzten Daches) kann bei Beachtung folgender Hinweise, Normen und Richtlinien erwartet werden, dass die Ausführung den anerkannten Regeln der Bautechnik entspricht.
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14 Solarenergienutzung 14.1 Konstruktive Vorbemerkungen „Die Sonne scheint jeden Tag neu.“ Heraklit von Ephesus (etwa 540–480 v. Chr.) Die Sonneneinstrahlung auf die Erde innerhalb von neun Minuten reicht theoretisch aus, um den Weltenergiebedarf der Menschheit für ein Jahr zu decken. Die maximale Leistung, die an Sommertagen mit wolkenlosem Himmel erreicht wird, liegt bei etwa 1.000 W/m2, das entspricht ungefähr der Leistung eines Föns. Demgegenüber steht die eingestrahlte Leistung an einem trüben Wintertag mit nur ca. 20 W/m2. Daraus wird ersichtlich, dass die Sonneneinstrahlung sich im Verlauf des Jahres extrem ändert. Zusätzlich variiert die Strahlung aber noch täglich, wobei man zwischen direkter Strahlung (bei wolkenlosem Himmel) und diffuser Strahlung (bei bedecktem Himmel) unterscheidet. Beide tragen zur Leistung bei und liefern uns Energie.
Bild 14.1 Verlauf der Globalstrahlung der Sonne innerhalb eines Jahres, aufgeteilt in den diffusen und den direkten Anteil
In Bild 14.1 ist zur Verdeutlichung eingetragen, in welchem Verhältnis die diffuse Strahlung (unterer Teil der Kurve) zur direkten Sonneneinstrahlung (schraffierter Teil) steht. Man sieht, dass im Hochsommer jeden Tag mehr als 5 kW/m2 Energie eingestrahlt werden (jeweils zur Hälfte diffuse und direkte Strahlung). In den Wintermonaten gibt es jedoch fast nur diffuse Strahlung, sodass die von der Sonne täglich gelieferte Energie ungefähr zwischen 0,5 und 1 kW/m2 liegt. In Deutschland liegt die Solareinstrahlung bei 900 bis 1200 kWh/m2 im Jahr. Die aktive und passive Nutzung der Sonnenenergie kann auf verschiedene Arten genutzt werden.
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_14, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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14 Solarenergienutzung
Solarthermie Mit einer thermischen Solaranlage wird die Sonnenwärme direkt genutzt, indem sie über Sonnenkollektoren der Solarflüssigkeit – einer Transportflüssigkeit mit Frostschutzmittel, ähnlich der Kühlflüssigkeit eines Kraftfahrzeugs – zugeführt und direkt nutzbar gemacht wird. Diese Anlagen können zur Trinkwassererwärmung, sowie zur Unterstützung von Wasserheizungen eingesetzte werden.
Bild 14.2 Solarthermische Anlagen
Die Installation von Solaranlagen ist baurechtlich in der Regel genehmigungsfrei. Allerdings sind dabei zwei Ausnahmeregelungen zu beachten. • Berücksichtigung des Denkmalsschutzes So sind wahrscheinlich Solarkollektoren auf Mansarddächern eines Gründerzeithauses nur in seltenen Fällen in Einklang zu bringen. • Zum Schutz gegen gefährliche Stoffe werden Asbestzementdächer immer seltener und der Neubau ist ebenso verboten, wie die Installation auf evtl. noch vorhandene Anlagen.
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Bild 14.3 Photovoltaik-Anlagen
14.1 Konstruktive Vorbemerkungen
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Photovoltaik Mit einer Photovoltaik-Anlage wird das einfallende Sonnenlicht mit Solarzellen direkt in elektrischen Strom umgewandelt. Der aus der Anlage erzeugte Strom kann zum Wärmen, Kühlen, Beleuchten und dem Betreib unterschiedlicher Haushaltsgeräte genutzt. Meist wird der Strom ins Netz eingespeist, es sind aber auch autarke (unabhängige) Systeme möglich. Solare Kühlung Die solare Kälteerzeugung wird z.Z. mit elektrischen, thermischen oder thermomechanischen Systemen umgesetzt. Das Sonnenlicht kann auch zur passiven Solarenergiegewinnung genutzt werden, dabei kommen meist Tageslichtlenksysteme zum Einsatz. Mit einer Solaranlage am eigenen Haus haben Sie die Möglichkeit, selbst Energie zu gewinnen – in Form von Wärme oder Strom. Sie profitieren davon im doppelten Sinne: Zum einen senken Sie nachhaltig Ihre Energiekosten und zum anderen leisten Sie Ihren persönlichen Beitrag zum Schutz der Umwelt und der Ressourcen.
14 Bild 14.4 Bestandteile einer Solaranlage Aufbauhalterungen Pufferspeicher Kollektoren Regelung Pumpenbaugruppe Ausdehnungsgefäß Verbindungsleitungen Wärmeträgerflüssigkeit Sicherheitseinrichtungen
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14 Solarenergienutzung
Das Verständnis der Einzelkomponenten und ihres Zusammenspiels hilft bei der Planung einer eigenen Anlage und der Bewertung von Herstellerangeboten. Abbildung
Bezeichnung
Funktion
Kollektor
Der Kollektor wandelt das Sonnenlicht in Wärme um.
Solarspeicher
Der Solarspeicher nimmt die Solarwärme auf und kann sie mindestens 2 Tage lang speichern.
Solarstation mit Regelung
Die Solarstation steuert die Beladung des Speichers mit Solarenergie und enthält alle sicherheitstechnischen Komponenten.
Nachheizung
Die Nachheizung liefert bei fehlendem Sonnenschein die Energie.
Bild 14.5 Die Bauteile einer Solaranlage
Bei der Planung sollten man folgendermaßen vorgehen: Tabelle 14.1 Schritte zur Gestaltung einer Photovoltaik-Anlage Planung
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Finanzierung
Bau
Betrieb > 20 Jahre
Ŷ Beratung
Ŷ Leasing
Ŷ Anlagenbau
Ŷ Anlagenüberwachung
Ŷ Entscheidung
Ŷ Finanzierung
Ŷ elektrische Installation
Ŷ Service- und Wartungsverträge
Ŷ Anlagenplanung
Ŷ KfW-Finanzierung
Ŷ Abnahme
Ŷ Garantieleistungen
Ŷ Absprache mit Behörden und Energieversorgern
Ŷ Qualitätsmanagement
Als bauliche Voraussetzung für den Neuaufbau aber auch für die Sanierung sollten noch folgende Mindestanforderungen erfüllt sein. • Schrägdach 30° - 45° Neigung; Ausrichtung Süden • Flachdach am Haus oder Garage etc.
14.2 Solarthermie
571
• Freifläche Garten, Terrasse • Stellfläche für den Solarspeicher, z. B. Keller oder Dachboden Bei Flachdächern hat man noch die Wahl zwischen aufgeständerten und bauteilintegrierten Anlagen.
Bild 14.6 Aufbau einer Solardachbahn
14.2 Solarthermie
14.2.1 Konstruktive und organisatorische Grundlagen Bei der Solarthermie gewinnt man mit so genannten Thermiekollektoren auf dem eigenen Dach Wärme für die Trinkwassererwärmung und wahlweise auch zur Unterstützung der Heizungsanlage. Die erzeugte Wärme wird in einem Solarspeicher gesammelt und bei Bedarf im Haus genutzt. Eine optimale für das Haus dimensionierte Anlage liefert Warmwasser und Heizungswärme und entlastet so die Öl- oder Gasheizung. Eine spezielle Anwendung der Solarthermie stellt darüber hinaus die direkte Lufterwärmung mittels Warmluftkollektoren dar. Damit wird deutlich, dass eine thermische Solaranlage für die Wärmeerzeugung die effektivste Art ist, wie man aus einem Haus aktiv Energie gewinnen kann.
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14 Solarenergienutzung
Bild 14.7 Solarthermieanlage zur Heizungsunterstützung (Aufdachmontage)
Je mehr Sonneneinstrahlung auf die Thermiekollektoren trifft, desto größer ist die Wärmeleistung. Im Idealfall zeigen die Kollektoren nach Süden. Ost- oder Westausrichtung ist ebenfalls geeignet. Mit sechs Montagearten bietet die Fa. Schüco für jedes Haus die passende Lösung. An einer nach Süden ausgerichteten Giebelseite können die Kollektoren z.B. als Vordach montiert werden.
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Bild 14.8 Solarertrag in Abhängigkeit von der Dachausrichtung
Die Sonneneinstrahlung in Deutschland ist ausreichend, um mit modernen Solarsystemen die Trinkwassererwärmung und die Raumheizung vom Frühling bis weit in den Herbst zu gewährleisten.
14.2 Solarthermie
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14.2.2 Kollektoren Der Solarkollektor, Sonnenkollektor oder kurz Kollektor ist eine Einrichtung, die Sonnenstrahlung absorbiert, in Wärme umgewandelt und diese an einen strömenden Wärmeträger abgibt. Der aktive Teil des Kollektors, in dem die Energieumwandlung und Wärmeübertragung stattfindet, wird Solarabsorber und Absorber genannt. Für die Einsatzgebiete Warmwasserbereitung, Schwimmbaderwärmung, Heizung, kommen unter unseren Wetterbedingungen mit hohem diffusen, d.h. nicht konzentrierbaren Strahlungsanteil praktisch nur Kollektoren in Frage, die keine Konzentration der Sonnenstrahlung bewirken. Ein zusätzlicher Vorteil dieser Kollektoren für den Hausbereich ist, dass sie nicht der Sonne nachgeführt werden müssen und sich daher für eine Integration in die Dach- oder Fassadenfläche besonders eignen. Je nach Art der Maßnahmen zur Verringerung der Wärmeverluste und der Art des Wärmeträgermediums unterscheidet man verschiedene Kollektorbauarten, • • • • •
Solarabsorber Flachkollektoren Vakuumkollektoren Speicherkollektoren Luftkollektoren
Bild 14.8 zeigt den schematischen Aufbau eines Flachkollektors Die elektromagnetische Energie der auftreffenden direkten und diffusen Sonnenstrahlung wird von der schwarzen Absorberfläche nahezu vollständig in Wärme umgewandelt. Zur Verringerung der Wärmeverluste an die äußere Umgebung ist der Absorber an der Rückseite mit einer Wärmedämmung (Mineralwolle, Hartschaum) und an der Frontseite mit einer sonnenstrahlungsdurchlässigen Abdeckung (Glas, Kunststoff) versehen. Der Absorber (Metall oder Kunststoff) enthält Wärmetauscherkanäle, über die die nutzbare Kollektorwärme mit Hilfe eines Wärmeträgermediums, z.B. Wasser mit Frostschutzzusatz, abgeführt wird.
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Bild 14.9 Schematischer Aufbau eines Flachkollektors
Der Rahmen bestand z. T. aus Holz. Heute wird vor allem Aluminium; Titanzink und (allerdings seltener) Kunststoff eingesetzt. Somit sind sie unempfindlich gegenüber hohen Tempera-
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14 Solarenergienutzung
turen im Inneren und UV-Strahlung. Das Sicherheitsglas ermöglicht besonders hohe Solarerträge und ist gemäß DIN EN 12975-2 auf Hagelschlag getestet. Die nachfolgenden Bilder geben Ihnen einen Überblick über die derzeitig in der Anwendung befindlichen Kollektoren.
Bild 14.10 Beispiel eines Solarabsorbers für die Beckenwassererwärmung: Multischlauchabsorber aus flexiblem, schwarz eingefärbten Kunststoff mit Zwischenstegen (Ausschnitt)
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Bild 14.11 Schematische Darstellung des Vakuum-Röhrenkollektors
14.2 Solarthermie
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Bild 14.12 Schematischer Aufbau des Vakuum-Flachkollektors
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Bild 14.13 Schematischer Aufbau eines Speicherkollektors
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14 Solarenergienutzung
Bild 14.14 Schematischer Aufbau eines Luftkollektors
Für Kollektoren stehen zurzeit 6 Montagevarianten zur Auswahl:
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• • • • • •
Aufdach Flachdach Indach Ganzdach Vordach Fassaden
Die vielseitigen Anforderungen erfordern für die Herstellung wirklich gebrauchstauglicher Kollektoren sehr umfangreiche Kenntnisse in Werkstoffkunde, Konstruktion und Fertigung sowie umfassende Erfahrungen über Betriebsverhalten und Einsatzbedingungen. Der Einbau der Kollektoren kann bei den meisten Herstellern im Dach oder oberhalb der Dacheindeckung erfolgen.
14.2 Solarthermie
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Bild 14.15 Fassadenmontage
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Bild 14.16 In-Dach-Montage eines Solarkollektors Für die In-Dach-Montage müssen regen- und flugschneesichere Anschlüsse zwischen den Kollektoren und der konventionellen Dacheindeckung sowie zwischen den benachbarten Kollektoren hergestellt werden, die auch die Aufnahme von Wärmedehnungen ermöglichen sollen.
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14 Solarenergienutzung
Bild 14.17 Auf-Dach-Montage eines Solarkollektors Bei der Auf-Dach-Montage bleibt die vorhandene Dacheindeckung erhalten. Die Kollektoren werden mit Hilfe von Haltewinkeln und -profilen parallel zur Dacheindeckung befestigt.
Kollektorneigung und –ausrichtung sollten so gewählt werden, dass sich für den hauptsächlichen Nutzungszeitraum eine hohe Sonnenbestrahlung ergibt. Eine optimale Orientierung wird sich bei Schrägdächern jedoch häufig nicht realisieren lassen, da für die Festlegung der Ausrichtung und Neigung des Daches vielfach andere Kriterien ausschlaggebend sind.
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Bild 14.18 Sonnenbestrahlung eines nach Süden ausgerichteten Kollektors im Sommer- und Winterhalbjahr bei unterschiedlichen Neigungswinkeln
14.2 Solarthermie
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Bei der Ausrichtung des Kollektors sollte daher ein erfahrener Solarexperte hinzugezogen werden. Solar – Dachpfannen – Kollektor Ein Solar-Dachpfannen-Kollektor ist ein Aluminium-Vollflächen-Absorber mit Oberflächenbeschichtung und einem sehr hohen Wirkungsgrad. Diese Kombination ermöglicht es, dass bereits nach kurzer Zeit eine hohe Kollektorentemperatur erreicht wird. Selbst bei Dunkelheit wird der Solar-Dachpfannen-Kollektor 6–10 K unterhalb der Umgebungsluft gefahren.
Bild 14.19 Dachpfannen-Kollektor
Der Kollektor nimmt aufgrund des Temperaturunterschiedes (Egalisierung der Lufttemperatur mit der Kollektortemperatur) Wärmeenergie auf. Die Solar-Dachpfannen-Kollektoren sind miteinander verbunden und werden von unten nach oben permanent mit Kollektorflüssigkeit durchströmt. Der Kollektor ist auf jedem Dach aufzubringen. Im Handel gibt es ihn in allen gängigen Dachpfannenformen und -farben. Vorteile des Solar-Dachpfannen-Kollektors: • • • • • • •
gleicht sich der Optik des restlichen Daches an einfache Verlegung Nutzung auch bei Dunkelheit und im Winter keine Überhitzungsgefahr kann im Sommer zur Klimatisierung genutzt werden Abdeckung der thermischen Versorgung bis zu 95 % Steuerung vollautomatischer Winter-/Sommerbetrieb
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14 Solarenergienutzung
Bild 14.20 Solar-Dachpfannen-Kollektoren auf dem Dach
Funktionsweise der Trinkwassererwärmung und der Heizungsunterstützung Die Funktionsweise der solaren Trinkwassererwärmung und der solaren Heizungsunterstützung ist nahezu identisch. Die Vorteile sind:
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• Gewinnung von Energie (bis 70% bei der Trinkwassererwärmung und 30% bei der Heizenergie. • Ganzjährige Nutzung der Solarenergie durch die Vorerwärmung an Tagen mit weniger Sonneneinstrahlung. • Längere Lebensdauer der Heizungsanlage. • Verdopplung des Energiegewinne im Vergleich zu einer Thermieanlage ohne Heizungsunterstützung. • Verlängerung der Heizperiode ohne Energiekosten. • Wertsteigerung der Immobilie.
14.2 Solarthermie
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Trinkwassererwärmung
Bild 14.21 Schema Trinkwassererwärmung
Durch die Sonneneinstrahlung wird die Solarflüssigkeit in den Thermiekollektoren (1) erwärmt. Der Solarregler (2) schaltet eine Umwälzpumpe in der Solarstation (3) ein, sobald die Temperatur im Kollektor höher ist als im Solarspeicher (4). Die Pumpe transportiert die erwärmte Solarflüssigkeit aus den Kollektoren in den Solarspeicher. Dort wird die Wärme über einen Wärmetauscher an das Trinkwasser abgegeben und gespeichert. Die abgekühlte Solarflüssigkeit fließt zurück in den Kollektor und der Kreislauf beginnt von vorne. Die gespeicherte Wärmeenergie kann bei Bedarf genutzt werden, z. B. zum Duschen oder Baden. Wenn die Sonneneinstrahlung einmal nicht ausreichen sollte, wird das Wasser durch den herkömmlichen Heizkessel nachgeheizt. Der Warmwasserkomfort ist jederzeit gewährleistet. Eine Thermieanlage kann mit jeder beliebigen Heizungsanlage mit zentraler Warmwasserbereitung kombiniert und optimal abgestimmt werden. Auch der spätere Austausch der Heizungsanlage ist problemlos möglich. Eine Thermieanlage zur Trinkwassererwärmung für vier Personen und in einer guten, unverschatteten Dachsituation benötigt beispielsweise zwei Kollektoren auf dem Dach (1) und einen 300 l Solarspeicher, der in der Regel den bisherigen Trinkwasserspeicher ersetzt.
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14 Solarenergienutzung
Heizungsunterstützung Insbesondere in den Übergangsjahreszeiten kann ein Großteil des Heizenergiebedarfs durch Heizungsunterstützung gedeckt werden. Im Vergleich zu einer Anlage ohne Heizungsunterstützung kann der Energiegewinn damit nahezu verdoppelt werden.
Bild 14.22 Schema Heizungsunterstützung
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Die Funktionsweise bei Heizungsunterstützung und Trinkwassererwärmung ist nahezu zu identisch. Die gewonnene Wärme (1) wird jedoch über den Wärmetauscher nicht direkt an das Trinkwasser abgegeben, sondern zunächst an das Heizungswasser im Speicher (4). Dieses erwärmt dann das Trinkwasser. Zur Nutzung der solaren Wärme für die Heizungsunterstützung wird der Heizungsrücklauf zur Erwärmung über den Speicher geleitet, sobald die Temperatur im Solarbereich des Speichers höher ist als im Rücklauf. Bei nicht ausreichender Sonneneinstrahlung wird selbstverständlich auch hier ohne Komforteinbußen durch den Heizungskessel nachgeheizt. Im Vergleich zu einer Anlage zur Trinkwassererwärmung vergrößern sich bei der zusätzlichen Heizungsunterstützung die Kollektorfläche und das Speichervolumen. Die Kombination ist mit jeder beliebigen zentralen Heizungsanlage möglich. Besonders geeignet sind Anlagen mit Fußboden- oder Wandheizung, weil diese mit deutlich geringeren Rücklauftemperaturen arbeiten. So ist auch bei geringer Einstrahlung die optimale Nutzung der Solarenergie möglich.
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14.3 Photovoltaik
Eine Thermieanlage zur Heizungsunterstützung für vier Personen benötigt bei gleicher Dachausrichtung beispielsweise vier Kollektoren und einen 500 l Kombispeicher für die Trinkwassererwärmung und Heizungsunterstützung.
14.3 Photovoltaik 14.3.1 Konstruktive Vorüberlegungen Die Anwendungsmöglichkeiten der Photovoltaik sind vielfältig und reichen von der Versorgung individueller Einzelverbraucher bis zur Versorgung ganzer Siedlungen. Moderne Photovoltaik-Module sind seit vielen Jahren technisch ausgereift und werden mit Leistungsgarantien von 20 und mehr Jahren angeboten. Technisch gesehen sind Solarzellen die eleganteste und umweltfreundlichste Methode der Stromerzeugung, die wir heute zur Verfügung haben. Mit zirka 30 m2 Photovoltaik-Modulfläche lässt sich rechnerisch bereits der gesamte Stromverbrauch eines durchschnittlichen Haushalts erzeugen. Einen besonderen Anreiz für die Errichtung einer netzgekoppelten Photovoltaik-Anlage auf dem eigenen Dach bietet das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die darin geregelte Vergütung für den in das öffentliche Netz eingespeisten Solarstrom sorgt langfristig für die Rentabilität der Anlage. Bereits der französische Physiker Alexandre Edmond Becquerel entdeckte im Jahr 1839 die Möglichkeit, aus Licht elektrische Energie zu gewinnen. Erklären konnte er das Phänomen allerdings nicht. Das gelang erst Albert Einstein, der dafür 1921 den Nobelpreis für Physik bekam. Den Vorgang nennt man Photovoltaik (PV), abgeleitet von dem griechischen Wort für Licht „Phos“ und dem Nachnamen von Alessandro Volta, einem Pionier der Elektrizitätsforschung aus dem 18. Jahrhundert.
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Bild 14.23 Generatoren
Ein photovoltaischer Generator – ein Solarmodul – verwandelt die Strahlungsenergie des Sonnenlichts direkt in elektrische Energie bzw. in „Solarstrom“. Er unterscheidet sich damit in Funktionsweise und äußerem Erscheinungsbild von einem thermischen Generator – einem
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14 Solarenergienutzung
Kollektor-, der die Strahlung der Sonne in Wärmeenergie (für Heizung und Warmwasser) verwandelt. Bei der Errichtung eine PV–Anlage sind im Wesentlichen folgende Aspekte zu berücksichtigen: • organisatorische Vorbereitungen • Himmelsorientierung der PV-Generatorenfläche Tabelle 14.3 Organisatorischer Ablauf beim Bau einer PV–Anlage
14
14.3 Photovoltaik
585
• Leistungsfähigkeit des PV-Generators • Funktionsweise der solaren Stromgewinnung Organisatorische Vorbereitungen Für die Errichtung einer PV-Anlage muss der Bauherr eine Reihe organisatorischer Maßnahmen ergreifen und Entscheidungen treffen, die in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt sind. Himmelsorientierung Die PV-Generatorfläche sollte so ausgerichtet werden, dass die von der Sonne über ein Jahr eingestrahlte Energie möglichst groß ist. Für einen schattenfreien Standort hängt die Höhe der eingestrahlten Energie von der Neigung und von der Himmelsrichtung der Generatorfläche ab. Bild 14.24 zeigt den Einfluss des Neigungswinkels und der Himmelsrichtung auf die jährliche Sonnenbestrahlung eines PV-Generators.
14 Bild 14.24 lVerlauf des Neigungswinkels und der Himmelsrichtung auf die jährliche relative Sonnenbestrahlung eines PV-Generators
Leistungsfähigkeit Die Leistungsfähigkeit einer Photovoltaik-Anlage wird in kWp (Kilowatt/peak) angegeben. „Peak“ (engl. Höchstwert, Spitze) bezieht sich auf die Nennleistung bei STC-Bedingungen (Standard Test Conditions), die als internationaler Standard festgelegt wurden. Die Normierung dient zum Vergleich verschiedener Solarzellen oder -module.
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14 Solarenergienutzung
In vielen Fällen ergibt sich aus der verfügbaren Fläche für den PV-Generator die Leistungsgrenze. Je kWp muss grob mit einer PV-Generatorfläche vom 10 m2 gerechnet werden. Bei PV-Anlagen für private Wohnhäuser erweist es sich meist am zweckmäßigsten, die PVModule auf Dachflächen anzubringen. Aus Kostengründen ist eine geschlossene, an keiner Stelle beschattete Dachfläche erforderlich, die in Himmelsrichtung und Dachneigung so ausgerichtet ist, dass möglichst der maximal erreichbare Energieertrag erzielt wird. Funktionsweise der solaren Stromgewinnung Man unterscheidet im Wesentlichen zwei Arten von gebäudeintegrierten PV-Systemen: • Netzgekoppelte Systeme, die den Strom in das vorhandene Stromnetz einspeisen bzw. bei Bedarf aus dem Netz entnehmen und bei denen Produktionsschwankungen nicht ins Gewicht fallen. • Inselsysteme (auch: stand-alone-Systeme), die unabhängig vom Stromnetz sind und Komponenten zur Stromspeicherung benötigen, um Versorgungssicherheit bei schwankendem Energieertrag zu gewährleisten. Größe und Art einer Solarstromanlage bemessen sich nach der nutzbaren Fläche, den verfügbaren Finanzmitteln, der benötigten Leistung und der notwendigen zeitlichen Verfügbarkeit des Stroms. Netzgekoppelte Systeme In einem Photovoltaikmodul (1) werden mehrere Solarzellen in Reihe geschaltet. Diese Zellen bestehen in der Regel aus dem Halbleitermaterial Silizium und verfügen über eine negativ und eine positiv dotierte Schicht. Bei Sonneneinstrahlung zwischen den Schichten und bei Anschluss eines Verbrauchers fließt Gleichstrom. Dieser wird über einen Wechselrichter (2) in 230-Volt-Wechselstrom umgewandelt und in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die eingespeiste Strommenge wird durch einen zusätzlichen Stromzähler (3) erfasst. Für jede eingespeiste Kilowattstunde Solarstrom zahlt der lokale Energieversorger eine Vergütung die über die nächsten 20 Jahre gesetzlich garantiert ist. Der Strom für den eigenen Bedarf wird wie gewohnt bezogen und abgerechnet. Im Falle eines Stromausfalls kann eine netzgekoppelte Photovoltaikanlage auch für den Eigenbedarf genutzt werden. Hierfür muss sie um optionale Komponenten ergänzt werden. Inselsystem
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Bei Gebäuden ohne Anschluss an das öffentliche Stromnetz wird der photovoltaisch gewonnene Strom zur Deckung des eigenen Bedarfs genutzt. Solche Inselanlagen werden z.B. bei Berghütten oder Bohrinseln realisiert. Die Funktionsweise ist grundsätzlich identisch mit der einer netzgekoppelten Anlage. Der Solarstrom wird jedoch nicht eingespeist, sondern direkt verbraucht oder in wiederaufladbaren Batterien (4) (Akkumulatoren) oder einen back-up-Generator gespeichert. Die Batterieladung wird durch den Laderegler (2) überwacht. Der Strom aus den Batterien kann durch spezielle Gleichstromgeräte (5) Kühlschrank, Radio, Beleuchtung) verbraucht werden oder durch einen Wechselrichter (3) in Wechselstrom umgewandelt werden.
14.3 Photovoltaik
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Bild 14.25 Netzgekoppeltes System
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Bild 14.26 Inselsystem
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14 Solarenergienutzung
14.3.2 Solarzellen Die Direktumwandlung von Licht in elektrische Energie erfolgt in Solarzellen. Dabei gibt es keine bewegten Teile, keinen Verschleiß und es treten auch keine hohen Temperaturen auf. Solarzellen haben daher eine sehr hohe Lebensdauer, sie wird im Wesentlichen durch äußere Einflüsse begrenzt wie z. B. eindringende Feuchtigkeit und daraus resultierende Korrosion. Solarzellen werden überwiegend aus hochreinem kristallinem Silizium hergestellt. Die eigentliche Geburtsstunde der Siliziumzelle schlug 1954, als die erste Silizium-Solarzelle hergestellt werden konnte. Seitdem hat sich an der grundlegenden Funktionsweise nichts geändert. Das klassische Einsatzfeld der Photovoltaik blieb lange Zeit die Stromversorgung von Satelliten. Erst das steigende Umweltbewusstsein und die daraus resultierende Förderung der SolarTechnologie in Deutschland trieben die Entwicklung von Photovoltaik-Anlagen voran. Silizium, ist zwar prinzipiell in fast unbegrenzter Menge als Stand verfügbar, doch nicht in der nötigen Reinheit: Nicht mehr als 0,0000001% Fremdmaterial darf in Solar-Silizium stecken anspruchsvoller ist nur noch die Chip-Industrie.
Bild 14.27 Schematischer Querschnitt einer Silizium-Solarzelle
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Solarzellen bestehen aus zwei unterschiedlich dotierten Halbleiterschichten. Als Halbleiter werden beispielsweise folgende Materialien verwendet: • • • • •
monokristallines Silizium polykristallines Silizium (Si) amorphes Silizium (a-Si) Kadmium-Tellurid (CdTe) Kupfer-Indium-(Gallium-)Diselenid (CIS/CIGS)
Das bei Weitem gebräuchlichste Halbleitermaterial für Solarzellen ist Silizium. Silizium-Solarzellen bestehen nur aus (n- und p-dotiertem) Silizium, während bei CdTe- oder CIS/CIGS-Zellen verschiedene Halbleiter in einer Zelle eingesetzt werden. Solarzellen werden in der Regel als Scheiben oder Schichten hergestellt. Der erzeugte Strom wird mittels metallischer Kontakte zum Verbraucher geführt. Damit das Licht, dass auf die Oberfläche auftrifft, in
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14.3 Photovoltaik
den Halbleiter eindringen kann, bestehen die dem Licht zugewandten Kontakte meist aus schmalen Leiterbahnen, die verschieden angeordnet sein können, oder aus transparenten leitfähigen Schichten. Auf der Rückseite der Zellen befindet sich eine durchgehende leitende Metallschicht, da hier kein Licht auftrifft. Bei den wichtigsten derzeit am Markt verfügbaren Zelltypen handelt es sich (in Reihenfolge nach maximal möglichem Wirkungsgrad) um monokristallines Silizium, polykristallines (multikristallines) Silizium, amorphes Silizium sowie Dünnschichtzellen wie Kupfer-IndiumDiselenid (CIS) oder Cadmium-Tellurid.
Bild 14.28 Solarzellen Monokristallin (links) Polykristallin (rechts)
Solarsysteme liefern in ihrer Lebenszeit von mindestens 25 Jahren 10-15 mal mehr Strom, als zu ihrer Herstellung benötigt wird.
14.3.3 Solarmodule Solarmodule zur Montage auf Dachflächen oder an Fassaden bestehen aus miteinander verschalteten Solarzellen, die in einem Rahmen eingefasst und mit einer Glasabdeckung versehen sind. Der erzeugte Solarstrom wird über einen Wechselrichter (Solargenerator) in das öffentliche Netz der Elektrizitätsversorgung eingespeist. Die kleinste aus einzelnen Solarzellen gebildete elektrische und mechanische Einheit wird als Modul bezeichnet.
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Bild 14.29 Solarzelle, Solarmodul und Solargenerator (von links nach rechts)
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14 Solarenergienutzung
Bild 14.30 Bestandteile einer Solaranlage 1 2 3 4
Solarmodule Generatorenanschlusskasten DC-Freischaltung Wechselrichter
5 6 7
Einspeisezähler Hausanschlusskasten Öffentliches Netz
Um PV-Module und –Systeme miteinander vergleichen und eine Auswahl treffen zu können, ist es notwendig, die wichtigsten Leistungsangaben zu kenne. Sie werden in fünf Faktoren unterschieden: • • • • •
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Wirkungsgrad Nennleistung Performance Ratio Energetische Rücklaufzeit Erntefaktor
Wirkungsgrad Der Wirkungsgrad bezeichnet, welchen Anteil der Sonnenstrahlung eine Solarzelle in elektrische Leistung umsetzen kann und wird in Prozent ausgedrückt. Ein Teil der Energie wird in Wärme umgesetzt (Aufheizung der Module auf typischerweise 60°) und geht für die elektrische Energieumwandlung verloren. Praktisch bedeutet ein Wirkungsgrad von 10 Prozent, dass 1 m2 Modulfläche bei senkrechtem Lichteinfall eine elektrische Leistung von 100 Watt (W) erzeugt. Monokristalline Siliziumzellen haben derzeit einen Wirkungsgrad von 14 bis 17 Prozent, polykristalline von 13 bis 15 Prozent, amorphe von 5 bis 7 Prozent. Dünnschichtzellen besitzen einen Wirkungsgrad von durchschnittlich 8 Prozent.
14.3 Photovoltaik
591
Nennleistung Ein photovoltaisches System wird durch eine Spitzenleistung in „Watt peak“ (Wp) charakterisiert. Diese Nennleistung gibt das Modul bei direkter, senkrechter Sonneneinstrahlung einer Intensität von 1000 W7m2 und definiertem Sonnenspektrum (AM 1,5) bei einer Zelltemperatur von 25°C ab. Ein Modul hat typischerweise eine Leistung von 10 bis 100 Wp. Je nach Zellbzw. Modultyp benötigt eine Anlage mit 1 kWp Leistung eine Fläche von 9 bis 20m2. Performance Ratio Die Performance Ratio (PR) gibt den Ertrag eines Systems an im Verhältnis zum Ertrag eines idealen, verlustfreien Systems mit gleicher Auslegung, Nennleistung und Ortsangabe. Sie spiegelt die Energieeffizienz aller Komponenten (Modul, Wechselrichter, Verkabelung etc.) im Zusammenspiel wieder, ist aber unabhängig von Wirkungsgrad und Ausrichtung der Module. Die PR liegt bei modernen Anlagen bei 0,7 bis 0,8. Eine PR von 0,8 beispielsweise bedeutet, dass das System 20 Prozent Ertrag „verschenkt“. Verschattung und Verschmutzung, aber auch steigende Modultemperatur bewirken eine Minderung der Leistung. Energetische Rücklaufzeit Die energetische Rücklaufzeit gibt an, wie lange ein System braucht, um die bei der Herstellung aufgewendete Energie zurückzuliefern. Die Bilanz ist positiv, wenn sie kleiner ist als die Lebensdauer. Bei kristallinen Modulen beträgt sie 3 bis 4, bei Dünnschichtmodulen 1 bis 2 Jahre. Erntefaktor Der Erntefaktor gibt an, wie oft das System die zu seiner Herstellung benötigte Energie während seiner Lebensdauer wieder einspielt. Bei einer Lebensdauer von 30 Jahren liegt der Erntefaktor für monokristalline Siliziummodule bei 9 bis 21. Modulgestaltung Transparenz Seminartransparente PV-Module sind insbesondere für die Gestaltung von folgenden Gebäudebereichen interessant: • • • • •
Glasfassaden Oberlichtern Wintergärten Vordächern Balkonbrüstungen
Sie erzeugen in den dahinter oder darunter liegenden Räumen ein reizvolles Muster aus Licht und Schatten. Gleichzeitig können sie bewusst als Verschattungselement eingesetzt werden. Die semitransparente Wirkung wird durch die Variation der Abstände zwischen den eingebetteten Zellen (kristallines Silizium) oder durch mechanische Eingriffe direkt in die Zellen (Dünnschichttechnologie) erzeugt. Die entstehenden grafischen Muster (Rechtecke, Streifen, runde Löcher) sind variabel an den konkreten Entwurf anpassbar und können mit farbigen Rückgläsern kombiniert werden, was die architektonischen Gestaltungsvarianten noch erweitert. Zu berücksichtigen ist dabei, dass - durch einer Vergrößerung der Abstände zwischen den
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592
14 Solarenergienutzung
Zellen – der Anteil der elektrisch wirksamen Modulflächen in Bezug auf die Gesamtfläche verringert wird.
Seminartransparentes Dünnschichtmodul mit Rundlochmuster
Seminartransparentes Dünnschichtmodul mit Rautenmuster
Seminartransparentes Dünnschichtmodul mit Streifenmuster und farbigen Rückglas
Dunkelgrünes Dünnschichtmodul mit strukturiertem Deckglas
Bild 14.31 Varianten von Dünnschichtmodulen
Farbe Die Farbigkeit von Solarmodulen kann durch folgende Faktoren beeinflusst, bzw. festgelegt werden:
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• • • •
Einsatz farbiger Zellen Verwendung von farbigen Rückgläsern Bedruckung mit wetterbeständigem keramischen Siebdruck Verwendung von Farbfolien
Sogar eine einfache Methode wie das Sandstrahlen des Deckglases kann eine hellgrau wirkende, matte Moduloberfläche erzeugen. Oberflächen Da die meist gläsernen, spiegelnden Moduloberflächen einen oft zu starken Kontrast vor allem zu matten, unregelmäßigen Oberflächen historischer Baumaterialien (Mauerwerk, Putz, Dachziegel) bilden, bietet die Verwendung von entspiegelten Oberflächen und Strukturgläsern (preiswerte Standardprodukte) eine Möglichkeit zur unauffälligeren baulichen Integration.
14.4 Gebäudeintegration
593
Rahmen Solarmodule sehen einander zwar ähnlich, gleich sind sie aber keineswegs. Zunächst sollte man überlegen, ob es Module mit oder ohne Rahmen sein sollen; viele Typen sind in beiden Varianten zu Haben. Der Verzicht auf den Rahmen und seine schützende Wirkung hat nicht nur ästhetische Gründe, sondern kommt insbesondere bei flachen Dachneigungen der Selbstreinigung zugute, weil Regenwasser ungehindert über den Modulrand abfließt und dabei Blätter und Staub herunterspült. Zudem bildet sich an Rahmenkanten gern Moos. Sondermodule Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von multifunktionalen PV-Modulen, insbesondere sind folgende Varianten erhältlich: • • • • • •
Dachziegel mit PV Dachsteine mit PV Dachschindeln mit PV Sonnenschutzsysteme mit PV PV-Bauteile (z. B. Balkonbrüstungen oder Fensterläden) Module mit integrierter Beleuchtung
Auch Module mit individueller farbiger oder semitransparenter Gestaltung sind machbar, aber durch zusätzliche Materialien und/oder Arbeitsschritte deutlich teurer als Standardanfertigungen.
14.4 Gebäudeintegration Die Gebäudeintegration von Photovoltaik spielt sich im Spannungsfeld von Nutzeranforderungen und verfügbarem Budget ab und erfolgt auf drei Ebenen: • bautechnisch/funktional • elektro-/energietechnisch • ästhetisch/gestalterisch Die ästhetische Gestaltung hat großen Einfluss auf die allgemeine Akzeptanz von Solaranlagen, wie inzwischen durch entsprechende Studien und Befragungen bewiesen wurde. Solaranlagen sollten deshalb nicht allein als technologische Elemente verstanden werden, die man Gebäuden lediglich hinzufügt, sondern bewusst als architektonische Gestaltungselemente eingesetzt werden. Die Integration von PV-Anlagen in Dächern und Fassaden von Neubauten ist technisch und gestalterisch problemlos möglich, zumal sie von Anfang an mit dem Gebäude geplant werden können und sich die technischen Elemente gut mit modernen Baumaterialien in Einklang bringen lassen. Aber auch die Installation von PV-Anlagen im Baubestand, selbst an denkmalgeschützten Bauten, gelingt in ästhetischer Hinsicht , wenn Rücksicht auf die Maßstäblichkeit, Farbigkeit, Materialien und dekorativen Elemente des Bestandes genommen wird. Neben der ästhetischen Qualität der Solarmodule selbst ist auch die Art der baulichkonstruktiven Integration der PV-Anlage in das Gebäude (Dach oder Fassade) unter gestalterischen Gesichtspunkten von Bedeutung.
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14 Solarenergienutzung
Konstruktiv gibt es verschiedene Möglichkeiten, mit den PV-Elementen umzugehen: • • • •
Hinzufügen als separates Element. Kombination mit traditionellen Baumaterialien. Integration in vorgefertigte Bauteile. Individuelle „maßgeschneiderte“ Gebäudeanpassung.
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Bild 14.32 Solardächer – Gestaltungsvielfalt
14.4 Gebäudeintegration
595
Die Kosten sind am niedrigsten beim reinen Hinzufügen, am teuersten bei der individuellen Lösung. Jedoch müssen bei vollwertiger Integration, bei der die PV-Elemente zugleich Funktionen der Gebäudehülle übernehmen und konventionelle Materialien ersetzen, die eingesparten Materialkosten gegengerechnet werden. Gestalterisch besonders interessant sind multifunktionale PV-Lösungen, beispielsweise die Verwendung in Glasfassaden zur Tagelichtmodulation, in Sonnenschutzsystemen, verglasten Dachöffnungen oder auf kompletten Dachflächen. Auf Dächern konkurrieren die Photovoltaikmodule oft mit thermischen Solarkollektoren; ein Nebeneinander ist aufgrund der unterschiedlichen Dimensionen, Bauhöhen und Ästhetik der beiden Generatortypen aus gestalterischer Sich immer etwas problematisch und erfordert eine klare Zonierung und Zuordnung auf Dachflächen. Dachgestaltung Dächer sind gewöhnlich die am wenigsten verschatteten Gebäudeteile, so dass sie sich bevorzugt für die Installation von PV-Systemen anbieten, zumal in der Regel auch gerade hier ausreichend große Flächen für die solare Stromerzeugung verfügbar sind. Bezüglich der Module, Konstruktion und Montagesysteme werden drei Anwendungsbereiche unterschieden: • Flachdächer • Schrägdächer • Glasdächer/Oberlichter Das zusätzliche Gewicht der PV-Anlagen stellt meist kein statisches Problem dar, so dass normalerweise keine Veränderungen an der bestehenden Dachkonstruktion vorgenommen werden müssen. Selbst gewölbte Dächer, z.B. Tonnendächer, können mit Photovoltaik ausgestattet werden. In solchen Fällen kommen beispielsweise gebogene Module mit eingebetteten flexiblen Solarzellen oder PV-Folien zum Einsatz. Auch kleinere Flächen auf Dachgauben (z. B. Schleppgauben) können für die PV-Installation genutzt werden. Dies stellt häufig eine aus gestalterischer Sicht gute Lösung dar, wenn die Modulfläche deutlich von der übrigen Dachfläche abgegrenzt werden soll. Grundsätzlich gilt jedoch, dass ein PV-System – unter Berücksichtigung eines optimalen Sonneneinfallswinkels – umso wirtschaftlicher ist, je größer seine Fläche und je einfacher seine Montage ist. Im nachfolgenden Bild ist eine Einstrahlungsscheibe dargestellt, die mit einfachen Mitteln selbst gestaltet werden kann.
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14 Solarenergienutzung
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Bild 14.33 Einstrahlungsscheibe
14.4 Gebäudeintegration
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Bild 14.34 zeigt einen Überblick über das Einsparungspotential eines Hauses mit gleicher Wohnfläche bei unterschiedlicher Photovoltaikausgestaltung:
Bild 14.34 Solare Einsparungsvariante Die kleine 5m2 Anlage bringt also nur einen geringen Einspareffekt. Eine Möglichkeit für die richtige Größe Ihres Solardaches liegt daher bei 10 bis 20 Prozent der beheizten Wohnfläche. Nur dann ist die für eine hohe effektive Einsparung richtige Größe dimensioniert
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Bild 14.35 Fläche des Solardaches und Anteil der Solarenergie an Gesamtenergie Empfehlung 10 m2–20 m2 Solarfläche bedienen ca.100 m2 Wohnfläche. So sollte man 10 %, besser 20 % der Wohnfläche für ein Solardach berechnen.
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14 Solarenergienutzung
Wichtig ist auch die Ausrichtung der Anlagen. Optimale Energieträger werden bei einer Anlagenausrichtung nach Süden und einem Winkel von 30° zur Horizontalen erzielt. (100). Davon abweichende Ausrichtungen haben etwas geringere Ertragswerte.
Bild 14 36 Montagemöglichkeiten für Anlagen
Eine grundsätzliche Errichtung einer Solarstromanlage sollte von folgendem Ablauf von statten gehen: 1. Vorbereitung des Daches • Kontrolle der Dachsicherheit; sind Reparaturarbeiten notwendig bevor die Solaranlage installiert wird. • Absturzsicherungen vorsehen. 2. bei Aufdachmontage
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• Befestigung der Montageelemente (Dachhaken oder Spezialziegel) und des Montagesystems (Schienen bzw. Klemmen) • Solarmodule vorbereiten (Verbindungskabel anschließen, zu Gruppen vormontieren) • Solarmodule oder Modulgruppen auf das Dach ziehen • Module und Modulgruppen elektrisch verbinden sowie Strangleitungen anschließen und zum Generatorschlusskasten oder NEG verlegen. 2. bei Dachintegration • • • •
Abdecken der Dachziegel und ggf. Änderung der Lattung Solarmodule verlegen und elektrisch verbinden Strangleitungen anschließen und verlegen Dach fachgerecht und wetterdicht verschließen
3. Generatorenanschlusskasten (soweit vorhanden): • montieren und anschließen
14.4 Gebäudeintegration
599
4. Gleichstromhauptleitung • zum NEG verlegen 5. Netzeinspeisegerät • montieren und gleichstromseitig anschließen 6. Netzeinspeisegerät an den Netzanschlusspunkt • wechselstromseitig anschließen 7. Zähleranlage • umbauen 8. Prüfung und Inbetriebnahme PV auf Schrägdächern Am gebräuchlichsten sind Solarstromanlagen auf Schrägdächern. Sie versprechen in geeigneter Ausrichtung und Neigung einen guten Energieertrag. Da die Module hier aber auch deutlicher sichtbarer sind als z.B. auf Flachdächern, fallen durch Gestaltungsfragen mehr ins Gewicht. Im Idealfall wird die gesamte energietechnisch günstig orientierte Dachfläche mit PVModulen belegt, womit auch der ästhetische Kontrast zwischen unterschiedlichen Materialien und Formaten vermieden wird. Es wird unterschieden zwischen zwei Montagearten: • Auf-Dach-Montage, bei der die PV-Module auf die vorhandenen Dachdeckungen (Ziegeln, Schiefer, Betondachsteinen, Blech etc.) montiert werden. • In-Dach-Montagen, bei der die PV-Elemente in die Dachfläche integriert werden.
Bild 14.37 PV Schrägdächer Aufdachmontage (links) Innendachmontage (rechts)
Das zusätzliche Konstruktionsgewicht bei der Auf-Dach-Montage erfordert im Normalfall keine statischen Veränderungen am vorhandenen Dachstuhl. Ideal für diese Montageart sind Dachdeckungen mit ebenen Oberflächen. Bei der In-Dach-Montage müssen PV-Flächen an die umgebende konventionelle Dachdeckung bezüglich Bauhöhe/Dicke (gleich oder geringer) und Materialübergänge (Anschlusselemente) angepasst werden. Hinterlüftete Dachkonstruktionen (Kaltdächer) eignen sich besser für die In-Dach-Montage einer Solarstromanlage als nicht hinterlüftete Dachkonstruktionen (Warmdächer), da sie es
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600
14 Solarenergienutzung
erlauben, die Stauwärme, die sich hinter bzw. unter den Modulen bildet, abzuführen, was einer Überhitzung der Module vorbeugt. Tabelle 14.3 Einrichtungsalgorithmus einer Solaranlage
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14.4 Gebäudeintegration
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Neben Standardmodulen verschiedenen Unterkonstruktionen gibt es eine Reihe von speziell für Schrägdächer entwickelten Dachziegeln, Dachsteinen und Dachschindeln mit PV, deren Formate an die konventioneller Materialien angeglichen sind, sowie flexible Systeme – Folien oder Bleche – mit auflaminierten PV-Zellen. Kleinteilige Solarmodule erzeugen gegenüber großflächigen einen deutlichen höheren Aufwand bezüglich der Verkabelung und sind insgesamt meist weniger wirtschaftlich, stelle mitunter aber die gestalterisch bessere Lösung dar. Bei der Wahl des Systems sollte auch auf die Anordnung und bauliche Integrationsmöglichkeit anderer elektrischer Komponenten wie. z.B. der an der Rückseiten der Module befestigten Anschlussdosen geachtet werden. Alle Systemkomponenten sollten zudem für Wartung und ggf. Reparatur möglichst einfach zugänglich sein; teilweise sind hierfür eigene Arbeits- und Laufstege erforderlich. PV auf Flachdächern Grundsätzlich ist die PV-Integration bei allen Flachdachtypen (Warmdächern, Kaltdächern, Umkehrdächern, sowie zusätzlich begrünten Dachflächen) möglich. Flachdächer bieten viele Vorteile für die Installation von PV-Anlagen: Die oft großen zusammenhängenden Flächen ermöglichen sowohl eine einfache und damit preisgünstige Montage, als auch eine problemlose spätere Wartung. Die Module können im Hinblick auf maximalen Ertrag in der solartechnischen idealen Ausrichtung und Neigung angeordnet werden und werden im Allgemeinen mit vorgefertigten Systemen befestigt. Individuelle Lösungen stellen z.B. solare Pergolen auf Flachdächern dar. Mögliche Störfaktoren, die eine großflächige Flachdachinstallation von Solarmodulen behindern können, sind Dachaufbauten wie Schornsteine, Antennen oder Entlüftungsrohre. Bei Auswahl und Installation des Systems sind vor allem Statik und Dachaufbau zu berücksichtigen. Es muss geprüft werden, ob die bestehende Dachkonstruktion das zusätzliche Gewicht der PV-Installation tragen kann, wie die Windlasten aufgenommen werden können und ob eine flächige oder eine punktuelle Lastabtragung statisch sinnvoller ist. Festigkeit und Tragfähigkeit der Wärmedämmschicht sind wichtig, um Verformungen und Unebenheiten zu vermeiden. Mehrlagige Dachabdichtungen sind von Vorteil, da die Montagearbeiten die Dichtung trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gefährden können. An den Stellen an denen das Tragsystem im Dachaufbau verankert wird, sind exakte Anschlüsse und gute Abdichtung von besonderer Bedeutung. Bei Installation auf Grunddächern muss zusätzlich gewährleistet sein, dass die Begrünung die Module nicht verschattet. Zusätzlich müssen die Module so aufgeständert bzw. montiert werden, dass sie sich nicht gegenseitig verschatten; d.h. es muss auf einen ausreichenden Abstand zwischen ihnen geachtet werden.
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14 Solarenergienutzung
Bild 14.38 PV auf Schieferflachdächern Eine neuartige, aber ästhetische durchaus interessante Lösung.
14.5 Hybridsysteme Werden zwei oder mehr verschiedene Energiequellen um Strom oder Wärme für den gleichen Bedarf zu erzeugen miteinander kombiniert, spricht man von einem Hybridsystem. Da das Angebot erneuerbarer Energien nicht ständig im gleichen Umfang zur Verfügung stehen, ermöglicht ein Hybridsystem beispielsweise Sonnen- oder Wind-Schwankungen untereinander auszugleichen und eine relativ stabile, Energieversorgung zu erzeugen. Gekoppelt an eine Energiespeicherung kann die Versorgung vor Unterbrechungen geschützt werden. Hybridsysteme können alte Dieselgeneratoren ersetzen.
14 14.6 Reinigung Natürlicherweise lagern sich auf den Photovoltaikmodulen, ebenso wie auf dem Dachflächen im Laufe der Zeit zu Leistungsverlusten führen. Schadhafte Stoffe lagern sich mit der Zeit schichtenweise auf den PV-Modulen der Anlagen ab. Das kann nach 2-3 Jahren bereits Verluste von 13% und mehr verursachen. Eine Reinigung mit einfachen chemischen Mitteln, wie reines Wasser und einer Spezialreinigungsmaschine kann hier schon zu nutzbringenden Effekten führen.
14.7 Bauliche Varianten der Solarstromerzeugung
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Bild 14.39 Reinigung mit einer Spezialmaschine
Bekanntlich besteht reines Wasser aus H20. Jedes Wassermolekül besteht aus einem Atom Sauerstoff und zwei Atomen Wasserstoff. Diese Atome bestehen im Wasser aus zwei geladenen Ionen. Ein Wasserstoff-Atom ist ein positiv geladenes Wasserstoff-Ion (Säure), das andere Atom ist gekoppelt an das Sauerstoff-Ion (alkalisch). Durch diese Eigenschaft geladener Ionen verfügt reines Wasser über ein beachtliches Auflösungsvermögen und verbindet sich auf diese Weise mit dem anderen Ionen. Das heißt, positive und negative Ladungen ziehen sich an und darauf beruht der Reinigungseffekt. Das Photovoltaiksystem wird gereinigt.
14.7 Bauliche Varianten der Solarstromerzeugung 14.7.1 Entwicklungstendenzen Die nachfolgende aufgeführte Ausführung befindet sich nun in der Phase der konstruktiven Reife und stellt daher nur eine Möglichkeit neuer Wege in der Solarstromerzeugung dar. Anders als bisher werden nicht einzelne Module dem Dach bzw. an der Fassade angebracht sondern ein komplettes Energiefeld montiert. Das Dach dient also nicht in Teilbereichen zur solaren Energiegewinnung sondern als Ganzes und wird dabei komplett neu gestaltet. Das Energiefeld besteht aus hochwertigen kristallinen Siliziumsolarzellen, besonderen Elementen für die Randabschlüsse (Traufe, First, Ortgang) und Blindelementen, die in verschatteten Bereichen zum Einsatz kommen. Die einzelnen Module - die so genannten Energieeinheiten - weisen eine glatte homogene Oberfläche auf. Sie sind rahmenlos ohne sichtbare Befestigungselemente - anders als bei gängigen Modulen wird auf Alurahmen oder Laminatklammern verzichtet. Das System ist frei skalierbar und passt sich so an jede Gebäudefläche an. Es kann als Dach-, Fassaden-, Brüstungselement- aber auch als Eingangsüberdachung oder Oberlichtverglasung eingesetzt werden. Eigenschaften und Konstruktionsmerkmale: • einheitliches Rastermaß • kabellose Verbindung der einzelnen Einheiten
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14 Solarenergienutzung
• • • • • •
elektrische und mechanische Verbindung in einem Arbeitsschritt (click & send) keine Befestigungselemente auf der Frontseite integrierte Analxseelektronik (sense & send) leichte, langlebige Polyrethaneinfassung abgestimmte Systemarchitektur offen für jede Zelltechnologie
14.7.2 Dish-Stirling-Anlagen Dish-Stirling-Anlagen dienen der dezentralen Stromversorgung. Ihre elektrische Leistung liegt zwischen 10 und 50 kW pro Anlage mit der Möglichkeit, mehrere Anlagen zu einer „Farm“ zusammenzuschalten und so einen Bedarf zwischen 10 kW und mehreren MW zu befriedigen. Dadurch eignen sich die Dish-Stirling Kleinkraftwerke für einen weiteren Einsatzbereich und können die heutige umweltschädliche und teure dezentrale Energieversorgung mit Dieselaggregaten ablösen. Dish-Stirling Systeme konzentrieren die Solarstrahlung und wandeln sie direkt in elektrische Energie. Sie bestehen aus folgenden wesentlichen Komponenten: • • • •
Parabolischer Solarkonzentrator (Spiegel) Nachfülleinrichtung Solarer Wärmetauscher (Receiver) Stirlingmotor mit elektrischem Generator
Der Parabolkonzentrator bündelt die parallel auf ihn einfallenden Sonnenstrahlen. In seinem Brennpunkt ist der solare Wärmetauscher des Stirlingmotors fixiert. Dieser absorbiert die Solarstrahlung und heizt so das Wärmeträgermedium (Helium oder Wasserstoff) des Stirlingmotors auf. Die gesammelte Wärme wird vom Stirlingmotor in Rotationsenergie umgewandelt und über einen direkt an die Kurbelwelle des Motors gekoppelter Generator in elektrischen Strom.
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Bild 14.40 10kW Dish-Stirling
14.7 Bauliche Varianten der Solarstromerzeugung
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14.7.3 Aufgeständerte und dachintegrierte Photovoltaikanlagen Bei Flachdächern hat man die Wahl zwischen aufgeständerten und bauteilintegrierten Anlagen. Aufgeständerte Anlagen Bei allen PV-Anlagen werden die einzelnen Solarzellen zu Modulen zusammengefasst und diese Module wiederum zu Generatoren, die in sich abgeschlossene Einheiten bilden. Große Unterschiede ergeben sich aus dem verwendeten Zelltyp: Solarzellen aus kristallinem Silizium kommen zumeist bei aufgeständerten Anlagen zum Einsatz. Diese in festen Metallrahmen und mit Glas eingeschlossenen Einheiten haben nicht nur ein vergleichsweise hohes Eigengewicht, sondern erfordern darüber hinaus eine aufwändige Konstruktion zur Installation und zur Lagesicherheit. Bei flach geneigten Dächern (Dächern mit Abdichtung) werden deshalb Solarmodule meistens mit Auflast, beispielsweise auf mit Kies gefüllten Wannen, aufgestellt. Hier summieren sich die zusätzlichen Lasten schnell auf ein Vielfaches. Um eine optimale Ausbeute zu erzielen, können aufgeständerte Anlagen ideal zum Sonnenlichteinfall ausgerichtet werden. Um eine gegenseitige Abschattung zu vermeiden, müssen sie jedoch mit deutlichem Abstand zueinander aufgestellt werden, was eine niedrigere Flächenausnutzung zur Folge hat. Aufgeständerte Anlagen sind fast immer sichtbar, was jedoch nur in seltenen Fällen wünschenswert ist.
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Bild 14.41 Dachintegrierte Photovoltaikanlage Dachintegrierte Photovoltaikanlagen sind komplett in die wasserführende Ebene eingebunden und daher kaum wahrnehmbar.
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14 Solarenergienutzung
14.7.4 Solarstrom aus der Dachbahn Evalon Solar ist eine stromerzeugende Dachbahn, die auf herkömmliche Art und Weise verlegt und verschweißt wird. Damit die Dachbahn im Winter und Sommer elastisch bleibt, wurde ihrem Grundstoff ein halogenfreier Modifikator in Pulverform zugegeben. Die PhotovoltaikModule, mit denen man Strom direkt aus der Dachbahn erzeugen kann, sind wasserdicht auf die Dachbahnen auflaminiert. Oberseitig sind sie transparent und schmutzabweisend mit dem Fluorkunststoff Tefzel von DuPont und unterseitig mit EVA-haltiger Folie verkapselt. An die Module angeschlossene Solarkabel leiten den gewonnenen Strom zu einem Wechselrichter unter der Tragschicht. 33 der 4kg pro Quadratmeter wiegenden Module (395 × 5490mm) decken in etwa den Jahresstromverbrauch einer vierköpfigen Familie.
14.7.5 Dünnschichtphotovoltaikscheiben Solarmodule auf dem Dach haben sich nunmehr seit Jahrzehnten bewährt und sind unbestritten wirtschaftlich sinnvoll und ökologisch vernünftig, aber vielfach architektonisch noch umstritten. Sicher wird einige Zeit ästhetischer Entwicklungsarbeit notwendig sein. Um dieses Problem zu lösen, können Dünnschichtphotovoltaikscheiben ein Ansatz sein. Die Glasflächen bestehen aus Isolierglasscheiben mit einer amorphen Silicium-Dünnschicht, die 50 bis 100-fach dünner ist als ein menschliches Haar. Sie sorgt auf dem Glasträger für eine nahezu konstante Nennleistung bei geringer Temperaturabhängigkeit. Das bedeutet: jeden Tag Strom, auch bei bedecktem Himmel. Die Dünnschichtmodule (Rohmodule von Schott Solar) sind an der Frontscheibe des Isolierglases laminiert. Die Rückseite dieses Verbundes wird durch Innenseite des Isolierglases geschützt. Eine solche Isolierglas-Innenscheibe kann mit beliebigem Glasaufbau, insbesondere als Überkopfverglasung, geliefert werden. Sie wird standardmäßig mit MC Steckern/Buchsen versehen. Die Bemessung der Glasdicke von Außenund Innenscheibe erfolgt dabei nach den statischen Erfordernissen. Die Voltarlux-Isoliergläser können bis zu einer Größe von 2500 × 1200mm gefertigt werden. Die in einem großen Umfang Strom erzeugenden Dünnschichtphotovoltaikscheiben sind bei alledem lichtdurchlässig und sorgen so für ein Zusammenspiel von Wohnraum und Außenwelt. Das zeigt sich beim ungehinderten Blick auf die Wolken oder im Schattenspiel an den Wänden der Wohnräume, das sich den ganzen Tag über verändert.
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14.7 Bauliche Varianten der Solarstromerzeugung
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Bild 14.42 Aufgeständerte Photovoltaik-Anlage Aufgeständerte Photovoltaikmodule bringen mehr Last aufs Dach und greifen stärker in die Architektur ein
Dachintegrierte Anlagen Alternativ zu den aufgeständerten Modulen wird etwa seit dem Jahr 2000 eine in die Dachabdichtung integrierte PV-Anlage angeboten. Sie verbindet die Funktion des Witterungsschutzes mit der Erzeugung von Strom aus Sonnenlicht. Sie wird wie eine übliche Kunststoffdachbahn vom Dachdecker verlegt, da Dachbahn und PV-Module kraftschlüssig miteinander verbunden sind. Die Module selbst sind flexibel und bestehen aus in Serie geschalteten Solarzellen. Die Module sind allseitig wetterfest und transparent polymerverkapselt. Die dreilagigen Solarzellen verfügen über Strom erzeugende Dünnschichtsysteme aus amorphem Silizium. Von den drei übereinander liegenden Silizium-Zellen werden jeweils unterschiedliche Wellenlängen des Sonnenlichts genutzt, womit die Leistung erhöht wird, was konstante Erträge ermöglicht. Sämtliche Anschlussleitungen führt der Dachdecker verdeckt und damit witterungsgeschützt unter den Dachabdichtungsbahnen. Für den Anschluss der PV-Module an die notwendigen Netzwechselrichter kommt es nicht zu einer Durchdringung der Dachabdichtung. Alle erforderlichen elektrischen Bauteile wie Anschlusskästen, DC-Trenneinrichtungen und Wechselrichter werden im Regelfall unter Dach, also im Gebäude vom Elektroinstallateur verlegt. Je nach Ausführung hat die dachintegrierte PV-Anlage ein Flächengewicht von etwa 4 kg/m2. Damit ist sie nicht nur für den Neubau, sondern vor allem für die Sanierung geeignet. Zudem greift diese integrierte Form der PV-Anlage überhaupt nicht in die formale Gestaltung des Bauwerks ein. Damit kann sie auch bei denkmalgeschützten Gebäuden zum Einsatz kommen. Was die klimatischen Verhältnisse anbetrifft, so wirken die geschlossenen Flächen wie ein filigraner Sonnenschutz. Obwohl nur 10% des Glasdaches durchsichtig sind, ergibt sich naturgemäß ein höherer Wärmeeintrag (an heißen Tagen bis zu 3kW), der im Sommer mit Hilfe von Splitkühlgeräten abgebaut werden kann.
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14 Solarenergienutzung
Bild 14.43 Montage der filigranen Dünnschichtphotovoltaikanlagen auf der Südseite des Satteldaches
Solar-Dachpfannen-Kollektor Der sdp-Solar-Dachpfannen-Kollektor ist ein Aluminium-Vollflächen-Absorber mit Oberflächenbeschichtung und einem enorm hohen Wirkungsgrad. Diese Kombination ermöglicht es, dass bereits nach sehr kurzer Zeit eine hohe Kollektortemperatur erreicht wird. Selbst bei schlechtem oder kälterem Wetter oder selbst bei Dunkelheit wird die „Weltneuheit“ sdp-SolarDachpfannen-Kollektor 6–10K unterhalb der Umgebungsluft gefahren.
14
Bild 14.44 Solar-Dachpfannen Kollektor
14.7 Bauliche Varianten der Solarstromerzeugung
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Das Ergebnis: Der Kollektor nimmt aufgrund des Temperaturunterschiedes (Egalisierung der Lufttemperatur mit der Kollektortemperatur) Wärmeenergie auf. Der sdp-Solar-DachpfannenKollektor ist auf jedem Dach aufzubringen. Es gibt ihn in allen gängigen Dachpfannenfarben und –formen. Vorteile des Solar-Dachpfannen-Kollektors gegenüber herkömmlichen Flachdachkollektoren: • • • • • • • • •
gleicht sich der Optik des restlichen Daches an einfache Verlegung der Solar-Dachpfannen-Kollektoren Nutzung der Kollektoren auch bei Dunkelheit und im Winter keine Überhitzungsgefahr preiswerte, alternative Energieversorgung kann im Sommer zur Klimatisierung genutzt werden sogar Regen ist als Energieversorger geeignet Abdeckung der thermischen Versorgung bis zu 95% Steuerung vollautomatisch Winter-/Sommerbetrieb
14
15 Gründachgestaltung 15.1 Konstruktive Vorüberlegungen Unsere urbane Umwelt besteht aus Gebäuden, Straßen und Plätzen. Die zunehmende Bodenversiegelung nimmt biologisch aktiver Fauna und Flora die Existenzgrundlage und verschlechtert das uns umgebende Kleinklima. Forderungen nach Ausgleichsflächen – z. B. begrünte Dachflächen – sind vom Standpunkt der Ökologie ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen. Zu ebener Erde ist in den Städten vielfach fast jeder Quadratmeter verbaut. Etwa 12 Prozent der Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland sind versiegelt, in manchen Ballungszonen sogar bis zu 56 Prozent. Jede Sekunde, Tag und Nacht, gehen 20 m² Landschaft verloren: 170 Hektar täglich. In den letzten drei Jahrzehnten ist durch Bebauung mehr Fläche verbraucht worden, als in der gesamten zweitausendjährigen Siedlungsgeschichte zuvor. Ökologische und ökonomische Vorteile • • • • • • • • • • •
Verbesserung des Kleinklimas Zusätzlicher Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Menschen Staub- und Nährstoffbindung aus Luft und Niederschlägen Rückhaltung von Niederschlägen Schutz der Dachabdichtung vor UV-Stahlen und extremen Temperaturschwankungen Verlängerung der Lebensdauer des Daches Erhöhter Wärme- und Schallschutz Senkung der Energiekosten Verbesserung der Wohnqualität Wertsteigerung des Objektes Finanzierungsförderung durch öffentliche Sonderprogramm
15.2 Planungsgrundsätze Vorschriften und Regeln Neben den Normen für die Planung und Ausführung von Dächern mit Abdichtungen sind besonders zu berücksichtigen: • FLL (2002): Richtlinien zu Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen. – Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau Bonn, Hrsg. • ZVDH (2003): Fachregeln für Dächer mit Abdichtungen – Flachdachrichtlinien. – Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks, Rudolf Müller Verlag, Köln. Darüber hinaus gibt es für bestimmte Produktgruppen verschiedene Arten von Qualitätssicherungen (z. B. RAL).
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_15, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
612
15 Gründachgestaltung
Bild 15.1 Prinzipieller Aufbau eines Gründaches
Konstruktive Grundsätze Wurzelschutz Nach der Forschungsgesellschaft Landschaftsschutz Landschaftsbau (FLL) gehören zu wurzelfeste Dachabdichtung bzw. Wurzelschutzbahnen im Sinne des vollflächiger Wurzelschutz, auch die Bereiche, die nicht direkt begrünt sind. Aber nur erfahrene und qualifizierte Fachfirmen sollten diese Arbeiten durchführen. Zusätzliche Flächenlast Extensivbegrünungen wiegen etwa 70–150 kg/m2. „Leichtdachbegrünungen“ sogar nur etwa 40 kg/m2. Intensive Dachbegrünungen haben Flächenlasten ab ca. 300 kg/m2. Dachneigung Gründächer sind bei Dachneigungen von 0° bis etwa 30° relativ problemlos zu bauen. Ab etwa 20° Neigung sollten Vorkehrungen gegen Abrutschen getroffen werden. Erfahrene Fachfirmen erreichten in Sonderfällen auch Steildächer von 45°–90° (Tonnendächer).
15
Gründachaufbau • Richtet sich nach Begrünungsziel und Nutzungsform. • Nachweis der Standsicherheit der Dachkonstruktion bei Lastannahmen des begrünten Aufbaus im wassergesättigten Zustand. • Maßnahmen zur Lagesicherung des gesamten Dachaufbaus sind festzulegen. • Bei loser Verlegung des Dachaufbaus wird eine zusätzliche Lagesicherung erforderlich, wenn die Funktionsschichten der Dachbegrünung keine ausreichende Auflast bringen. • In allen Randbereichen (Dachränder und Anschlüsse) ist eine vegetationsfreie Zone von ca. 50 cm Breite einzuhalten, z.B. durch Kies, Plattenbelag o. ä. Diese Streifen übernehmen gleich zeitig die Funktion des vorbeugenden Brandschutzes und tragen in entsprechend breiter Ausführung zur Windsogsicherung bei.
15.2 Planungsgrundsätze
613
Bild 15.2 Dachrandausbildung ohne Aufkantung
15
Bild 15.3 Detailausbildung im Bereich der Entwässerung
614
15 Gründachgestaltung
Bild 15.4 Wasserkreislauf
• Bei Intensivbegrünungen oder bei automatischen Entwässerungssystemen sollte in der Nähe der Dachfläche ein Wasseranschluss vorhanden sein. • Ein Garten auf dem Dach ist nicht vergleichbar mit dem Garten auf der Erde. Bei der fachgerechten Umsetzung des Gründachplanes sind Dachdecker und Gründachspezialisten wichtige Ansprechpartner. • Besonders wichtig ist eine sichere Abdichtung, die auch vor Durchwurzelung schützt. Mechanisch belastbare Bahnen aus Polymerbitumen und Bitumen, wurzelfest und rhizomfest,1 haben sich hierfür seit Jahrzehnten bewährt. Trifft der Regen auf versiegelte, unnatürliche Flächen statt auf natürlichen Boden, ist der natürliche Wasserkreislauf gestört. Statt zu versickern, muss das Wasser in hohen Mengen in Flüsse und Kanalsysteme abfließen. Die Folge sind Hochwasserereignisse, die sich mit zunehmender Flächenversiegelung immer größeren Katastrophen entwickeln.
15
Im natürlichen Wasserkreislauf wird das Niederschlagswasser von Boden und Pflanzen aufgenommen und teilweise über Verdunstungsvorgänge wieder abgegeben Genau dieser Kreislauf stellt sich bei einer Dachbegrünung ein. Die Kanalisation die wird entlastet und das Kleinklima zu zu verbessert sich. Die thermische Belastung der Dachabdichtung ist bei jeder Art der Dachbegrünung geringer als bei einer unbegrünten Dachfläche. Dadurch verlängert sich die Lebensdauer der Dachabdichtung erheblich.
1
Rhizom = ein meist unterirdisch oder dicht über dem Boden wachsendes Sprossenachsensystem( z.B. Ingwer, Spargel, Maiglöckchen)
15.3 Flachdachkonstruktionen
615
Bild 15.5 Unterschied zwischen Kunststoff und Bitumenbahnen
15.3 Flachdachkonstruktionen und ihre Begrünungsmöglichkeiten 15.3 Flachdachkonstruktionen
Nahezu alle Dächer, ob belüftete oder nicht belüftete Dächer, Duo-Dächer oder Umkehrdächer lassen sich begrünen, sofern die statischen Voraussetzungen geprüft und die Begrünungsart auf die Neigung der Dachkonstruktion abgestimmt ist.
15.3.1 Funktionsschichten Vegetationsschicht Die Vegetationsschicht ist die durchwurzelbare Schicht, die aufgrund ihrer physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften die Grundlage für das Pflanzenwachstum bildet. Sie muss strukturstabil sein, einsickerndes Wasser pflanzenverfügbar speichern und lediglich Überschusswasser an die Dränschicht abgeben. Auch bei maximaler Wasserkapazität muss sie ein für die jeweilige Vegetationsform ausreichendes Luftvolumen aufweisen. Filterschicht Die Filterschicht verhindert, dass feinere Boden- und Substratteile aus der Vegetationsschicht in die Dränschicht eingeschlämmt werden und die Wasserdurchlässigkeit dieser Schicht beeinträchtigen. Dränschicht Die Dränschicht nimmt aufgrund ihres Hohlraumvolumens überschüssiges Wasser auf und führt es den Dachabläufen zu. Bei entsprechender stofflicher Ausbildung dient sie gleichzeitig der Wasserspeicherung.
15
616
15 Gründachgestaltung
15
Bild 15.6 Funktion und Wirkungsweise des Schichtenaufbaus
617
15.3 Flachdachkonstruktionen
Schutzlage Die Schutzlage dient dem Schutz der Dachabdichtung vor mechanischer Einwirkung während des Einbaus der vorgenannten Funktionsschichten. Durchwurzelungsschutz Der Durchwurzelungsschutz muss Beschädigungen der Dachabdichtung durch ein- oder durchdringende Pflanzenwurzeln dauerhaft verhindern. Er kann auch durch eine zusätzliche Wurzelschutzbahn oberhalb der Dachabdichtung oder, bei entsprechender stofflicher Zusammensetzung, durch die Dachabdichtung selbst erfolgen. Dachabdichtungen und Dichtungsbahnen sind nach dem FLL-Prüfverfahren. durchwurzelungsfestBegrünungsarten Legende Bilder 15.6 bis 15.10 1 Bepflanzung; 2 Substrat (Lava, Bims, Kompost, Sand, Blähton; Blähschiefer); 3 Filtermatte, Filterschicht; 4 Dränschicht1; 5 Regenwasserstau; 6 Schutzlage; 7 Wurzelschutzbahn; 8 Dachabdichtung; 9 Wärmedämmung2; 10 Decken/Dachkonstruktion; 11 Plattenbahn; 12 Teich
1 2 3 4 6
7 8 9
15 Bild 15.7 Intensivbegrünung
1
Dränschicht aus mineralischen Schüttstoffen (Lava, Blähschiefer etc.) oder Dränplatten aus Recycling-Kunststoffen
2
Deckenkonstruktion mit Wärmedämmung
618
15 Gründachgestaltung
Intensivbegrünung Auf intensiv begrünten Dächern ab einer Schichthöhe von etwa 35cm sind viele Begrünungsformen und technische Einrichtungen machbar. Der Unterschied zum ebenerdigen Standort verschwindet, denn auch auf dem Dach sind verschiedene Stauden, begehbarer Rasen, Sträucher und Kleinbäume möglich. Extensive Dachbegrünung Es gibt verschiedene Formen von extensiven Begrünungen bei Flach- und Schrägdächern: von einfachen Sedum-Kräuter-Begrünungen in leichter Bauweise bei 6–10 cm Schichthöhe bis hin zu blühenden Gras-Kräuter-Wiesen, bei einer Aufbauhöhe von etwa 15 cm. Je nach Anforderungen und baulicher Gegebenheit wird der Aufbau ein- oder mehrschichtig mit der geeigneten Dränschicht (Schüttgüter oder Dränelemente) ausgeführt.
1 2
6
3 4 5 Bild 15.8 Extensivbegrünung
9
Teichanlage Auch Teiche sind auf dem Dach möglich, in verschiedenen Formen und Größen. Der Teich als Blickfang, Strukturelement, Vogeltränke oder sogar als dauerhafter Lebensraum für Fische.
15 12
7 8 9
6 6
Bild 15.9 Teichanlage
619
15.3 Flachdachkonstruktionen
Befahrbare Beläge Bei Tiefgaragen kommt die Dachbegrünung meist in Berührung mit befahrbaren Flächen: Zufahrt, Parkplätze, Feuerwehrzufahrten. Wichtig hierbei sind die genau aufeinander abgestimmten Schichten und eine druckstabile Dränschicht.
11 4 2
7 8 9
3 4 6 Bild 15.10 Befahrbare Beläge
15
11 4 2 3 4 7 8 9
6
Bild 15.11 Terrassen und Wege
620
15 Gründachgestaltung
Terrassen und Wege Bei angepasstem Unterbau können verschiedene Materialien als Wege- oder Terrassenflächen Verwendung finden: Naturstein, Plattenbeläge sowie Holz. Thermodach Durch die Integration eines zugelassenen und druckfesten Wärmedämmstoffes (extrudierter Polystyrolhartschaum XPS) mit einer Dachbegrünung ergibt sich ein bauaufsichtlich zugelassener Dämmwert. Dieser Gründachaufbau, das Thermodach dämmt im Winter und kühlt im Sommer. Z.Z. (2010) noch keine Werte anrechenbar.
Bild 15.12 Thermische Belastung
Untersuchungen im Jahre 2010 ergaben folgende Werte:
15
1. Maximaltemperaturen Hitzeschutz im Sommer (Kühleffekt) 5 cm Kies 8 cm extensiv unter dem Dach
50°C
43°C
15 cm extensiv
35 cm intensiv
29°C
23°C
2. Minimaltemperaturen Kälteschutz im Winter unter dem Dach
5 cm Kies
8 cm extensiv
15 cm extensiv
35 cm intensiv
-21°C
-18°C
– 12°C
0°C
621
15.3 Flachdachkonstruktionen
Tabelle 15.1 Regelschichtdicken bei verschiedenen Begrünungsarten (Auszug aus den FLL) Begrünungsart Intensivbegrünungen
Dicke der Vegetationsschicht in cm
Dicke der Dränschicht in cm
Gesamtdicke des Begrünungsaufbaus in cm
hoher Pflegeaufwand, regelmäßige Bewässerung nur bei Flachdächern 5 % Neigung – Rasen
= 10
=2
= 15 **
)
– niedrige Stauden
= 10
=2
= 15 **
)
– mittelhohe Stauden
= 15
=2
= 20 **
)
– hohe Stauden und Sträucher
= 25
= 10 *
)
= 35
– Großsträucher und Kleinbäume
= 45
= 15 *)
= 60
– mittelgroße Bäume
= 80
= 20 *
– Großbäume
= 125
)
= 100
= 25 *
)
= 150
mittlerer Pflegeaufwand, periodische Bewässerung bei Flachdächern 5 % Neigung – Gras-, KrautBegrünungen (Grasdach, Magerwiese)
=8
= 10
= 12
– Wildstauden-GehölzBegrünungen
=8
= 10
= 12
– Gehölz-, StaudenBegrünungen
= 10
= 12
= 14
– Gehölz-Begrünungen
= 15
= 17
= 19
bei geneigten Dächern > 5% Neigung – Gras-, KrautBegrünungen (Grasdach, Magerwiese)
= 15
= 17
= 19
Begrünungsart Extensivbegrünungen
Dicke der Vegetationsschicht in cm
Dicke der Dränschicht in cm
Gesamtdicke des Begrünungsaufbaus in cm
geringer Pflegeaufwand, ohne zusätzliche Bewässerung bei Flachdächern 5 % Neigung – Moos-, SedumBegrünungen
2–5
4–7
6–9
– Sedum-, Moos-, KrautBegrünungen
5–8
7–10
9–12
– Sedum-, Gras-, KrautBegrünungen
8–12
10–14
12–16
– Gras-, KrautBegrünungen (Trockenrasen)
= 15
= 17
= 19
bei geneigten Dächern > 5% Neigung – Moos-, SedumBegrünungen
2–5
4–7
6–9
– Sedum-, Moos-, KrautBegrünungen
5–10
7–12
9–14
– Sedum-, Gras-, KrautBegrünungen
10–15
12–17
14–19
15
622
15 Gründachgestaltung Fußnoten zu Tabelle 15.1 ) * Die Bemessung der Dränschichten orientiert sich, über die entwässerungstechnischen Anforderungen hinausgehend, an der vegetationstechnischen Vergrößerung des durchwurzelbaren Volumens und einer hohen Luftführung. ) ** Die Gesamtdicke ist dicker als die Summe der beiden Schichten. Hier sind je nach Stoffart die Vegetationstragschicht oder die Dränschicht dicker auszuführen, so dass die angegebene Gesamtdicke erreicht wird.
15.3.2 Ausführungshinweise • Dachabläufe sind von der Begrünung freizuhalten und so auszubilden, dass sie jederzeit zugänglich sind. • Alle An- und Abschlüsse, Durchdringungen usw. sollten grundsätzlich von der Begrünung freigehalten werden. Am besten eignet sich hierfür ein Plattenbelag im Kiesbett. • Bei nachträglicher Begrünung ist zu prüfen, ob die Unterkonstruktion das zusätzliche Gewicht durch die Dachbegrünung aufnehmen kann (Statik). • Bei Dachneigungen größer als 7° sind spezielle Schubsicherungsmaßnahmen zu empfehlen. • Erforderliche Auflasten zur Lagesicherung gegen Windsog müssen eingehalten werden
15.4 Vegetationsplatten Diese vorgefertigten Platten erfüllen die Funktionen der Vegetations-, Drän- und Filterschicht. Sie werden mit Dicken ab drei Zentimeter aus verschiedenen Stoffen vorgefertigt, wie z.B. Steinwolle oder offenporigen Schaumflocken, die mit Mineralien und Langzeitdünger angereichert sind. Auf eine ausreichende Bewässerung muss geachtet werden. Das geringe Gewicht der Vegetationsplatten lässt auch die Begrünung von Dachflächen zu, die statisch nicht für eine konventionelle Begrünung ausgelegt sind. Diese Platten können direkt auf die wurzelfeste Dachhaut gelegt werden. Sie sind eine alternative zur Bekiesung von Flachdächern.
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Bild 15.13 Vegetationsplatten
15.5 Brandschutz bei Gründächern
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15.5 Brandschutz bei Gründächern Auch das begrünte Dach muss brandschutztechnischen Forderungen entsprechen und die gesetzlichen Bestimmungen erfüllen. Es sollte nicht brennbar sein bzw. als Schutzschild vor Flugfeuer und strahlender Wärme dienen und damit das Feuer nicht weiterleiten. Die Flachdachrichtlinie (Fachregel für Dächer mit Abdichtungen) des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks e.V. (ZVDH) geht auf das Thema Brandschutz und Dachbegrünung in Kapitel 1.4 „Gestaltungs- und Planungshinweise“, Abschnitt 14, am Rande ein und verweist auf die jeweiligen Brandschutzanforderungen der Länder. Im § 32 „Dächer“ der Musterbauordnung MBO (2002) ist zu lesen: Bedachungen müssen gegen eine Brandbeanspruchung von außen durch Flugfeuer und strahlende Wärme ausreichend lang widerstandsfähig sein (harte Bedachung). Und in Abschnitt 4: Begrünte Bedachungen sind zulässig, wenn eine Brandentstehung bei einer Brandbeanspruchung von außen durch Flugfeuer und strahlende Wärme nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen werden. Im Grunde geben alle Bundesländer den Mustererlass der ARGEBAU in ihrer Landesbauordnung durch Erlasse und Verwaltungsvorschriften verbindlich zur Bewertung begrünter Dächer vor. Intensivbegrünungen sind nach den bauaufsichtlichen Regelungen als „harte Bedachung“ zu bewerten und damit widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme. Extensivbegrünungen sind bei Einhaltung der nachfolgend angeführten Bedingungen ebenfalls als ausreichend widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme („Harte Bedachung“) bewertet. • • • • •
•
• •
Vegetation besteht überwiegend aus niedrigwachsenden Pflanzen wie Sedum, Kräuter. Substrataufbauhöhe von mindestens 3 cm. Substratanteile an organischer Substanz höchstens 20 Masse-Prozent. Gebäudeabschlusswände, Brandwände oder anstelle von Brandwänden zugelassene Wände, haben einen maximalen Abstand von 40 m und ragen mindestens 30 cm über die Oberkante Gründachaufbau. Müssen die vorgenannten Wände aufgrund bauordnungsrechtlicher Bestimmungen nicht über das Dach geführt werden, ist eine Aufkantung aus nicht brennbaren Baustoffen von mindestens 30 cm Höhe vorzusehen oder ein Streifen aus Grobkies bzw. massiven Platten mit einer Mindestbreite von 100 cm anzubringen. Vor Öffnungen in der Dachfläche (z.B. Lichtkuppeln) und vor Wänden mit Öffnungen ist ein Streifen aus Grobkies oder massiven Platten von mindestens 50 cm Breite vorzusehen. Ausnahme: die Wandöffnung befindet sich mehr als 80 cm über der Oberkante Gründachaufbau. Im Traufbereich von aneinander gereihten, giebelständigen Gebäuden muss ein mindestens 100 cm breiter Streifen unbegrünt bleiben. Mindestens 50 cm vegetationsfreier Abstand gegenüber von aufgehenden Bauteilen und Dachdurchdringungen.
Der Begriff „harte Bedachung“ ist eine veraltete Formulierung in den Bauordnungen und bezeichnet Dachabdichtungen, die ausreichend widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme sind entsprechend DIN EN V 1187.
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15 Gründachgestaltung
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Bild 15.14 Maße zum Einbau im Sinne des Brandschutzes
15.6 Synergie von Dachbegrünung und Solarenergie
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15.6 Synergie von Dachbegrünung und Solarenergie 15.6.1 Synergie Neben den bekannten Nutzungen von Gründächer wie Ergänzung der Wärmedämmung, Schutz der Dachabdichtung, Lebensraum für Pflanzen und Tiere, Zurückhaltung von Regenwasser, Verbesserung des Kleinklimas, Ausgleichs- und Erholungsfläche eignen sie sich auch zum Zusammenwirken mit der Solarenergie. So kann die Sonnenenergie zur Stromerzeugung (Photovoltaik) oder WarmwasserAufbereitung bzw. Heizungsunterstützung (Solarthermie) genutzt werden. In kommunalen Begrünungsfestsetzungen war häufig die Klausel enthalten, dass auf eine Begrünung verzichtet werden kann, wenn stattdessen das Dach zur solaren Energiegewinnung genutzt wird. Das hat sich mittlerweile geändert. Kein Bau – oder Sanierungswilliger muss sich heute für Dachbegrünung oder Solarnutzung entscheiden. Er kann die Synergieeffekte zwischen Dachbegrünung und Solarenergie nutzen. • Bauaufsichtlich zugelassene Begrünungssysteme die beim Wärmeschutz mit angerechnet werden. • Erhöhung der Auflast durch Solarmodule zur Sicherung und Verminderung der Durchdringung durch die Dachabdichtung. • Höherer Wirkungsgrad gegenüber „nackten oder bekiesten“ Dachpappen. • Finanzielle Zuschüsse auf Grund der Umweltverbesserung zwischen 5€ /m2 und 30€/m2 (je nach Landesförderung). • Verringerte Abwassergebühren, da die Begrünung den Regenwasserrückhalt verbessert. • Die Dachbegrünung verbessert die Leistung der Photovoltaikanlage um etwa 4 – 5% durch die Kühlung der Solarmodule und trägt dadurch zur schnelleren Rentabilität des Objektes bei.
15.6.2 Solaranlagen Dachbegrünungen können nach DIN 1055 die erforderliche Auflast für lose verlegte Dachschichten darstellen. Naturgemäß lassen intensiv genutzte Dachgärten höchstens kleinflächig Platz für die solare Energiegewinnung. Eine Befestigungsmöglichkeit für die Solaranlagen stellen z.B. Betonfundamente dar, die auf stabile Schutzmatten oder direkt auf die Dränelemente aufgebracht werden. Die relativ hohen Punktlasten von 150 kg/m2 oder mehr stellen in diesem Fall meist kein Problem dar, da auch die Begrünungsaufbauten entsprechend schwer sind. Das Eigengewicht von extensiven Begrünungen liegt hingegen in der Regel im Bereich von ca. 80 – 120 kg/m2, es entspricht also etwa dem eines Kiesbelages. Obwohl das Aufbringen von Zusatzlasten (Betonfundamente) aus statischen Gründen meist nicht möglich ist, stellen extensiv begrünte Dächer einen idealen Standort für Solaranlagen dar - vorausgesetzt es gelingt, die Auflast aus der Solaranlage auf eine entsprechend große Fläche zu verteilen.
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15 Gründachgestaltung
15.6.3 Photovoltaikanlagen Begrünte Dächer sorgen dafür, dass insbesondere im Sommer Photovoltaikanlagen mehr Leistung bringen, denn die gegenüber bei „nackten“ oder bekiesten Dächern kühlere Umgebungstemperatur bewirkt einen höheren Wirkungsgrad. „Nackte Dächer“: Hierbei handelt es sich um Dachausführungen mit Abdichtungen aus Bitumenschweißbahnen oder hochpolymeren Dachbahnen mit einem Farbbereich von Schwarz bis Weiß. Die für diese Ausführungen festgestellten Oberflächentemperaturen der Dächer erreichen durchaus etwa 70° - 80°C. Sehr verbreitet ist die Ausführung mit einer Kiesschüttung, i.d.R. 5 bis 6cm Schütthöhe der Körnung 16/32mm. Diese Kiesschüttung stellt einen schweren Oberflächenschutz gemäß Regelwerken dar und ist häufig auch die erforderliche Auflast nach DIN 1055 bei lose verlegten Dachschichten. Auf Dächern dieser Ausführung werden Oberflächentemperaturen von etwa 50° bis 65°C gemessen. Die dritte Art einer Flachdachausführung stellt das begrünte Dach dar. Hierbei erfüllt die Dachbegrünung ebenfalls die Anforderungen an einen Oberflächenschutz sowie an die Auflast gemäß Regelwerken bzw. DIN-Norm. Die bei Dachbegrünungen ermittelten Oberflächentemperaturen liegen bei etwa 35°C.
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Bild 15.15 Modulwirkung auf dem Gründach Beim Gründach mit SolaranlageSolarmodul wird eine optimale Temperatur von von 25 °C erreicht, im Gegensatz zum Kiesdach (oder Folie-/Bitumendach)
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15.6 Synergie von Dachbegrünung und Solarenergie
• Kühleffekte der Begrünung führen zur Erhöhung des Wirkungsgrades der Photovoltaikanlage (ca. 5 % Leistungssteigerung). • Durch Auflast gehaltene Photovoltaikmodule müssen nicht in die Dachkonstruktion eingreifen und ermöglichen dadurch eine geringe Anfälligkeit der Dachabdichtung. • Die Begrünung schützt die Dachabdichtung. Aufwändige Reparatur- und Sanierungsarbeiten werden minimiert.
15 Bild 15.16 Solarmodul 1. Kiesstreifen 2. Systemaufbau Gründach 3. Solarmodul 4. Aufnahmeschiene 5. Stütze
6. 7. 8. 9. 10.
Aussteifung Auflageschiene Druckverteilungsplatte aus Hartkunststoff Unterlagsschiene Entwässerungsmatte
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15 Gründachgestaltung
Die Ermittlung der Modulleistungen erfolgt nach genormten Prüfbedingungen, den StandardTestbedingungen (Standard Test Conditions: 1000 W/m2, AM1,5=STC). Die STC legt verschiedene Prüfparameter fest. Einer dieser Parameter ist die Temperatur von 25 Grad Celsius der Module beim Prüfvorgang. Zunehmende Temperaturen wirken leistungsmindernd auf elektrische Bauteile oder Geräte, somit wirken sich hohe Oberflächentemperaturen der Dachflächen negativ auf die Modulleistung der Photovoltaikanlage aus. In den Sommermonaten besteht über einen längeren Zeitraum diese „Standard“-Temperatur von 25°C auf Dächern eher selten. Die Regel ist eine deutlich höhere Temperatur, abhängig von der vorhandenen Dachsituation. Hier ergibt sich durch die Kombination von Photovoltaik und Dachbegrünung mit einer Oberflächentemperatur von etwa 35 Grad Celsius vorbezeichneter Synergiewert in Gegenüberstellung zu bekiesten oder „nackten“ Dächern.
15.7 Pflege des Gründaches Ein begrüntes Dach, inklusive Abdichtung, hält bei regelmäßiger Pflege mindestens 40 bis 60 Jahre. Um die Funktionsgewährleistung der Begrünung, inklusive des Wurzelschutzes übernehmen zu können, ist eine regelmäßige Wartung und Pflege unerlässlich. Pflegehinweise • Zweimal pro Jahr einen Kontrollgang auf dem Dach durchführen, um „Störfaktoren“ rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. • Prüfen, ob sich möglicherweise im Laufe der Zeit Befestigungen der An- und Abschlüsse (beispielsweise von Schornsteinen, Lichtkuppeln, Dachrandbereichen) gelockert haben. • Schmutz und ungewollten Pflanzenbewuchs entfernen. • Rückschnitt der Pflanzen. • Gullys und Rinnen regelmäßig reinigen, da sonst der ordnungsgemäße Ablauf des Wassers nicht gewährleistet ist. • Wässern und Düngen. • Von einem Fachmann die Abdichtung auf ihre Funktionstüchtigkeit beurteilen lassen. • Dafür am besten einen Wartungsvertrag mit einem Dachdecker-Meisterbetrieb abschließen. Damit sind Hausbesitzer immer auf der sicheren Seite.
15.8 Kosten
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Extensive Dachbegrünungen kosten je nach Aufbau und Größe etwa 15 bis 40 €/m2. Bei Intensivbegrünungen ist mit Kosten ab etwa 60 €/m2 zu rechnen. Verschiedene Kosten-Nutzen-Analysen haben gezeigt, dass sich Dachbegrünungen je nach Objekt und Standort nach etwa 10 bis 30 Jahren rechnen können.
16 Ökologische Dachsanierung 16.1 Konstruktive Vorbemerkungen Die zunehmende Umweltbelastung zwingt dazu, bei Sanierungsarbeiten am Dach neben konstruktiven zunehmend auch nach ökologischen Verfahrenskonzeptionen zu suchen. In der Praxis hat sich dabei in der letzten Zeit neben Schüttdämmungen auch die ökologische Ein- oder Aufblasdämmung (bauaufsichtliche Zulassungsnummer) mit Recyclingmaterial und Wiesengras bewährt. Das lose Material wird in Dachhohlräume (auch Wände und Decken) mittels Schlauch und neuerdings Drehdüsen eingebracht. Die eingeblasenen Fasern bilden eine dreidimensionale winddichte Schicht mit geringer Verdichtungsneigung, guten Dämmeigenschaften, hoher Formbeständigkeit und guter Sorptionsfähigkeit.
16.2 Werkstoffbeschreibungen Zellulosedämmstoff Der Zellulosedämmstoff (isofloc) wird aus vorzerkleinertem Tagezeitungspapier im Recyclingverfahren gewonnen. Für einen zusätzlichen Brand-und Rauchschutz wird Borsalz beigemischt und beide Komponenten vermahlen. Die Fasern erhalten dabei ihre dreidimensionale Strukturierung. Wiesengras Das in ganz Europa anzutreffende Weide- und Wiesengras wird silisiert und nach mehreren Warmwasserwaschgängen in zwei wesentliche Einzelteile zerlegt. Eine dunkelgrüne wieder verwendbare Flüssigkeit, die alle löslichen Teile der Pflanze wie Nitrate, Phosphate, Kalium, Stickstoff und einige Amonsäuren enthält. Die herausgewaschenen faserigen Bestandteile des Grases, die Zellulose kann nunmehr schon für die Herstellung von Ausbauplatten verwendet werden. Nach der Beifügung von Borsalz und der anschließenden Trocknung entsteht nunmehr ein einblas – und verdichtungsfähiger Dämmstoff aus 85 % Zellstoff, 10 % Wasser und 5 % Borsalz. Im Gegensatz zu Papierzellulosedämmstoffen enthält er auch keine naturfremden Nebenprodukte wie beispielsweise Druckerschwärze.
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_16, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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16 Ökologische Dachsanierung
Tabelle 16.1 Produktdaten und -beschreibungen Eigenschaften Rohdichte Wärmeleitfähigkeit Wasserdampfdiffusionswiderstand ph - Wert Feuerwiderstandsklasse Brandverhalten
Wärmekapazität Feuchtegehalt Beständigkeit Luftdichtigkeit Elektrisches Verhalten MAK - Wert Umweltverträglichkeit Belastbarkeit Wartung und Sanierung
Wiederverwertung
DIBt –Zulassungsnr.
Zellulosedämmstoff (isofloc) 30 – 60 kg/m
Wiesengras 35 – 50 kg/ m freiliegend 40 – 65 kg/m eingeblasen 0,040 W/mK 1 – 2 my
ca. 8 (nicht korrosionsfördernd) F 30 – F 90 F 60 – F 90 B2 (normal entflammbar); kein Schmelzen, Schutzwirkung noch über 1500°, nur brennbar bei Beflammung. Im Brandfall: Entsorgung je nach Kontamination mit anderen Verbrennungsrückständen aus anderen Baumaterialien 2.150J/kgK ca.7 M% ca. 5 M% form- und volumenbeständig, kein Ungeziefer- oder Schimmelbefall luftdichtend (nicht luftdicht) elektrostatisch neutral Überschreitung 6 mg/m durch Feinstaubfreisetzung möglich kein kennzeichnungspflichtiger Schadstoff im Sinne der GeVStVO nicht druckbelastbar; kein Trittschalldämmstoff bei sachgemäßem Einbau keine Wartung aber Inspektionen bei allen grundlegenden Umbauten des Gebäudes. Sanierung bei Wasserschäden je nach Grad der Durchnässung: Trocknung im Hohlraum oder nach Entnahme. Entscheidend für einen Austausch ist der Feuchtegehalt, die Diffusionsfähigkeit der Beplankung und das zu erwartende Klima. Bei Auswaschen der Borsalze (Werkskontrolle) ist das Entfernen der alten Dämmung und das Einblasen neuen Materials notwendig. Das (auch durch das CSO – Verfahren) verfestigte Material kann wieder verwendet werden. Bei intakten Hohlräumen und unverschmutztem Material können die Zelluloseflocken abgesaugt und erneut verblasen werden. Überprüfte Dämmungen aus den 20 Jahren des vergangenen Jahrhunderts wiesen keine Verfallserscheinungen auf. Z 23.11 - 280 Z. 23.11- 1628
16.3 Verlegungstechnologie Die Verlegungstechnologie ist sowohl für die Anwendung mit Wiesengras als auch mit Zelluloseflocken annähernd gleich.
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Anwendungsbereich Dach Einblasverfahren: Nachdem in eine Seite der Beplankungen Einblasöffnungen geschnitten wurden, kann das Dämmmaterial über Schläuche trocken, hohlraumfüllend, setzungssicher und verschnittfrei eingeblasen werden. Wichtig ist, darauf zu achten, dass tatsächlich der gesamte Hohlraum vollständig und gleichmäßig verfüllt wird. An Fehlstellen besteht die Gefahr
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16.3 Verlegungstechnologie
der Wärmebrückenbildung. Dort kann Feuchtigkeit kondensieren oder sich Staub aus der Umgebungsluft haften bleiben oder sich im Extremfall Schimmel bilden. Es ist deshalb ratsam, nach einer Setzungsphase (1 Tag und wenn möglich nach einer Woche) nochmals kontrollieren und gegebenenfalls eine weitere Einblasung vorzunehmen. Bei nachträglicher Dämmung oder für hochverdichtete Winddichtungen (z. B. im Altbau) genügen schon kleine, mit etwa einem Durchmesser von 25–35 mm Einblasöffnungen.
Das Einblasen In Dächer, Decken und Wände wird isofloc-Zellulosedämmstoff zwischen die Sparren oder Balken eingeblasen. Durch den Einblasdruck wird das Material genau in die Form des zu dämmenden Hohlraums gebracht und so stark vorverdichtet. Auch Installationen, unregelmäßige Sparrenabstände, krumme Balken und andere Details werden zuverlässig bis in den letzten Winkel gedämmt.
Bild 16.1 Einblasverfahren
Sehr vorteilhaft ist die Verwendung einer entlüfteten Drehdüse. Dabei wird beim Blasvorgang die Förderluft über einen an der Düse befindlichen Korb abgeleitet und damit ein zu hoher Druck auf die Baukonstruktion vermieden. Durch die Drehtechnik an der Düse können die Dämmflocken auch zielgerichtet an die vorgesehene Stelle eingebracht werden.
Das Aufblasen Dieses Verfahren ist für die Dämmung im ungenutzten oder nicht nutzbaren Dachraum von Wohngebäuden und Industriehallen einsetzbar, in Alt- und Neubau. Isofloc-Zellulosedämmstoff muss nicht über mehrere Stockwerke nach oben getragen werden, sondern wird in der Regel im Transportfahrzeug (auf der Straße) in die Verarbeitungsmaschine eingefüllt und mit dem Luftschlauch direkt auf die Geschossdecke aufgeblasen.
Bild 16.2 Entlüftete Einblastechnik über Drehdüse
Sprühverfahren: Um die Bindekräfte der Zelluloseflecken zu aktivieren, werden die Dämmflocken leicht befeuchtet. Aber wirklich nur leicht, denn ein nasser Dämmstoff verliert einen Großteil seiner Wärmedämmfähigkeit. Auf diese Weise lassen sich auch dünne Dämmschichten (Installationsebenen oder dünne Leichtbautrennwände) applizieren.
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16 Ökologische Dachsanierung
Anwendungsbereich Decke Auf leicht zugängliche oder abgehängte Decken wird das Material im offenen Einblasverfahren eingebracht und bildet dabei eine vollflächige Dämmschicht.
Das Sprühverfahren Selbst dünne Installationsebenen oder Trennwände, die zum Ausblasen ungeeignet sind, können mit dem Sprühverfahren gedämmt werden. Dabei wird isofloc-Zellulosedämmstoff feucht in das offene Gefach eingesprüht. Das Bauteil wird nach dem Trocknen verschlossen.
Bild 16.3 Offenes Aufblasen auf Decken
Gewölbte Bauteile können je nach Untergrund auch angesprüht werden. Damit wird ein Abrutschen vermieden. Für Deckenhohlräume empfiehlt sich auch das zuvor beschrieben Einblasverfahren.
16
17 Baulicher Artenschutz bei Sanierung und Umbau 17.1 Grundsätze baulichen Artenschutzes Zahlreiche Tierarten haben sich dem Menschen angeschlossen und besiedeln Gebäude und andere Bauwerke sowie deren Umfeld. Zu diesen Kulturfolgern gehören z. B. Fledermäuse, Hornissen, Wildbienen oder bestimmte Vogelarten, wie Haussperling, Hausrotschwanz, Dohle, Turmfalke, Mauersegler und Schwalben. Erfahrungsgemäß werden von Fledermäusen vor allem Kellerräume, Dachböden, Verschalungen und von anderen Gebäude bewohnenden Arten Gesimse und Jalousiebereiche, insbesondere leer stehender oder verfallener Gebäude, bevorzugt. Lehmbauten hingegen sind oft Lebensstätten zahlreicher Bienenarten. In der Vergangenheit ist es durch Einwirkungen des Menschen zu einem fortschreitenden Artenschwund gekommen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber neben bestimmten Pflanzenarten auch Tierarten besonders bzw. streng geschützt und entsprechende Vorschriften zu ihrem Schutz erlassen. Nach § 44 (1) Nr. 1, 2, 3 BNatSchG ist es verboten: • wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtsstätten der Natur zu entnehmen zu beschädigen oder zu zerstören, • wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören. Diese so genannten Zugriffsverbote gelten im besiedelten wie unbesiedelten Bereich sowie unabhängig von einer bau- oder denkmalschutzrechtlichen Gestattung. Besonders geschützt sind insbesondere alle europäischen Vogelarten, wie Haussperling, Hausrotschwanz, Dohle, Mauersegler, Schwalben. Streng geschützt sind besonders geschützte Arten mit sehr hohem Schutzbedürfnis, insbesondere alle heimischen Fledermäuse sowie Turmfalken, Schleiereule und Waldkauz nach § 7 des BnatSchG in Verbindung mit Richtlinie 92/43 EWG. Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders geschützter Arten verlieren ihren Schutz nicht, wenn sie kurzzeitig oder vorübergehend nicht benutzt werden, etwa weil sich die Bewohner auf Nahrungssuche oder im südlichen Winterquartier befinden, erwartungsgemäß aber die Lebensstätten danach wieder aufsuchen. Deshalb sind z. B. Quartiere von Fledermäusen sowie Nester von Schwalben und Mauerseglern auch ganzjährig geschützt. Werden bei Sanierungsarbeiten, dem Um- und Ausbau sowie dem Abbruch von Bauwerken besonders geschützte Tiere oder ihre Lebensstätten beeinträchtigt, sind o.g. Verbotstatbestände erfüllt. Die Arbeiten sollten sofort unterbrochen werden, wenn Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders oder streng geschützter Tierarten festgestellt worden sind. Nach Unterrichtung der unteren Naturschutzbehörde (o.g. Dienststelle)ist deren Entscheidung abzuwarten. Unter baulichem Artenschutz versteht man alle Maßnahmen im und am Haus, die das Leben, Wohnen und Brüten verschiedener gebäudeabhängiger Tierarten fördern.
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_17, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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17 Baulicher Artenschutz bei Sanierung und Umbau
17.2 Einbeziehung artenschutzgerechter Gestaltung in Sanierungs- und Umbauarbeiten 17.2 Einbeziehung artenschutzgerechter Gestaltung
17 Bild 17.1 Schrittfolge für die Berücksichtigung des Artenschutzes bei Sanierungs- und Abrissvorhaben (nach Hensen)
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17.2 Einbeziehung artenschutzgerechter Gestaltung
Um die Erhaltung der wilden Stadtnatur zu gewährleisten, sollte ein Haus vor Sanierung oder Umbau auf das Vorhandensein geschützter Tierarten untersucht werden, oder die Mieter sind zu befragen. Hilfeleistung leisten hierbei auch die Verbände und Naturschutzbehörden. Die nachfolgende Übersicht gibt einen Überblick über die Berücksichtigung des Artenschutzes bei Sanierungs- und Abrissvorhaben. Beim Beachten dieser Vorgehensweise kann der Bauherr davon ausgehen, dass • • • •
kein Verstoß gegen das bestehende Bundesnaturschutzgesetz zu befürchten ist die Mehrkosten in einem vertretbaren Rahmen bleiben der Zeitrahmen für die anstehende Sanierung in der Regel unberührt bleibt dass er einen wichtigen Beitrag für den Erhalt seltener, geschützter Tierarten geleistet hat
Tabelle 17.1 Baulicher Artenschutz im Dachbereich Dachbereich
Mögliche Maßnahmen
Dachfläche
Dachbegrünung, möglichst extensiv
Dachdeckung
Luken und Fenster
Dachboden Dachstuhlbalken Fassade
Offene Firstziegel Strangfalz-Ziegel Reetdach/Strohdach Öffnungen lassen für Vögel und Fledermäuse. Innere Simse als Ausstiegshilfe. Verzicht auf Verglasung. Schlupflöcher belassen. Einbau von Nisthilfen. Verzicht auf chemische Holzschutzmittel. Holzoberflächen rau belassen
Begrünung mit geeigneten Kletterpflanzen. Anlegen von Obstspalieren. Verzicht auf Verputzen von Natursteinmauern, Nischen in der Mauer freilassen. Hauswand, eigentliche Einmauern von Niststeinen. Fassadenfläche Anbringen von Nistkästen, Fledermauskästen und -brettern. Anbringen von Insekten-Nisthilfen. Zusätzliche Öffnungen schaffen, z. B. in ungenutzten Rollläden oder in Verkleidungen und Dämmungen. Pflanzkästen mit Wild- und InsektenbluFenstersims men bepflanzen Pflanzkästen mit Wild- und Insektenblumen bepflanzen. Balkon Wände begrünen. Anbringen von Insekten-Nisthilfen. Unter Dachvorsprüngen Sand- und Kiesbeete anlegen. Sockel Anlegen von Lehmfläche
Geförderten Tierart Solitärinsekten, Schmetterlinge, Singvögel, Käfer, Spinnen und Ameisen Solitärinsekten, Schmetterlinge, Fledermäuse, Siebenschläfer, Singvögel Insekten, Singvögel
Fledermäuse, Kleinsäuger, Schleiereule Fledermäuse
Insekten, Eidechsen, Singvögel, Käfer
Insekten und Käfer
Insekten und Käfer
Solitärinsekten
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17 Baulicher Artenschutz bei Sanierung und Umbau
Trotz Fassadenerneuerung, Wärmedämmung und Dachausbau gibt es diverse Möglichkeiten, dem „Wohnungsmangel“ unserer „tierischen“ Untermieter abzuhelfen. Der Aufwand sowie die finanzielle Mehrbelastung sind oft sehr gering, wenn von vornherein die Artenschutzbelange in den Bauablauf integriert werden. Entscheidend ist die grundsätzliche Bereitschaft, mit der sich dann durchaus Lösungen finden lassen, die allen Anforderungen gerecht werden. Einige Möglichkeiten werden Ihnen in der nachfolgenden Tabelle aufgezeigt. Baulicher Artenschutz – Mögliche Maßnahmen in und an verschiedenen Gebäudebereichen
17.3 Ausgewählte Arten – Gefährdung – Schutz Fledermäuse Große Art – knapp amselgroß (Gewicht: 17-35g) – mit variabler, meist dunkelbrauner Oberseite und goldglänzenden Haarspitzen. Die Flügel sind breit und schwarzbraun. Sie lebt gesellig und nutzt z. B. Mauerspalten, Dachgebälk und Fensterläden, im Winter unterirdische Hohlräume (Keller, Stollen, Tunnel) als Quartier. Fledermäuse gehören zu den am stärksten bedrohten Säugetierarten. Schutzmaßnahmen sind deshalb dringend notwendig! Gefährdungen • Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen und Modernisierungen verschließen die Quartierzugänge; • Störungen in den Winterquartieren; • Fassaden- und Dachsanierungen ohne vorherige Bestandserfassung; • Holzschutzmittel Unsachgemäßer Gebrauch von Holzschutzmitteln ist eine enorme Gefahr für die Tiere. So sind Lindan- und PCB-haltige Substanzen tödlich und deren Anwendung in Deutschland verboten! Auch andere Lösungsmittel oder langlebige chemische Wirkstoffe führen langsam zum Tod. Schutzmaßnahmen • Quartiere erhalten oder ersetzen • Zugänge sichern • Vor jeder Sanierung und Umbaumaßnahmen in den sensiblen Gebäudebereichen eine fachliche Bestandsgutachtung durchführen lassen • nur fledermausverträgliche Holzschutzmaßnahmen in den Quartierbereichen veranlassen • neue zusätzliche Quartierangebote vorsehen
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17.3 Ausgewählte Arten – Gefährdung – Schutz
Bild 17.2 Quartiere für Fledermäuse
Mauersegler Mauersegler sind außerordentlich leistungsstarke „Luftakrobaten“ und perfekt an ihren fast ausschließlichen Lebensraum – den Luftraum – angepasst. Nur zum Brüten finden sie zur Erde zurück. Diese Zugvögel sind nur von Mai bis August in unseren Städten anzutreffen. Als typische Gebäudebrüter nutzen sie frei anfliegbare Hohlräume im Dachbereich für ihr Nest (eine Jahresbrut), welches aus in der Luft eingesammeltem, mit Speichel verklebtem Material besteht. Sie brüten gesellig und bleiben ihrem Brutplatz über Jahre bzw. sogar Jahrzehnte treu. Gefährdungen • Bausanierungen lassen Mauernischen und Dachspalten verschwinden • Moderne Bauweisen haben unstrukturierte glatte Oberflächen, die ungeeignet für Mauersegler sind • Bodenversiegelungen und englischer Parkrasen verhindern die Vermehrung von Nahrungsinsekten Schutzmaßnahmen • Nistplätze erhalten • Einflugöffnungen nicht verbauen • Anbringen von Ersatznistkästen oder –steinen, Mehrfachangebote bevorzugen
17 Bild 17.3 Quartiere für Mauersegler
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17 Baulicher Artenschutz bei Sanierung und Umbau
• Keine Störungen während der Brutzeit • An- und Abflugschneisen freihalten Mehlschwalbe Die Mehlschwalbe ist die häufigste Stadtschwalbe und im Volksmund eine Glücksbringerin. Sie gehört zu den Zugvögeln. Von April bis September ist sie bei uns und baut ihre kunstvollen Nester aus Lehm mit Speichel vermischt unter Dachtraufen, in Fensterlaibungen oder Balkonecken. Mehlschwalben sind gesellige Koloniebrüter und 2-3 Jahresbruten sind üblich. Das Nest wird gern an rauen Wandstrukturen befestigt. Die Unterhaltung einer lehmigen Pfütze (z. B. im Hof) erleichtert Schwalben den Nestbau. Gefährdungen • • • •
Fassaden- und Dachsanierungen zerstören vorhandene Brutreviere Abwehrmaßnahmen von Bewohnern und Hauseigentümern kaum Erd- und Lehmpfützen als Baustoffquellen vorhanden es fehlen abwechslungsreiche Grünflächen als Nahrungsquelle
Schutzmaßnahmen • • • •
Kotbrettchen anbringen, um Fassadenverschmutzungen zu verhindern Erd- und Lehmpfützen in die Grünflächengestaltung einbinden Anbringen von Nisthilfen an strukturarmen Fassadenoberflächen Sträucher, Bäume, Kräuter- und Blütenpflanzen im Umfeld anbieten.
17 Bild 17.4 Quartiere für Mehlschwalben
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17.3 Ausgewählte Arten – Gefährdung – Schutz
Hausrotschwanz Der Hausrotschwanz ist ein kleiner Singvogel mit roten Schwanzfedern, der die Monate März bis Oktober in unseren Breiten verbringt, aber zunehmend auch hier überwintert. Als typischer Nischenbrüter nutzt er Simse, Balken, Fensterbretter, Stahlträger, sonstige Vorsprünge oder Schadstellen, auch in Remisen, Garagen, Carports für seinen Nestbau aus Zweigen und Halmen. Zwei, gelegentlich drei Jahresbruten in den immer neu gebauten Nestern sorgen für lebhaftes Treiben. Gefährdungen • Zerstörungen und Lageveränderungen von Nestern, denn Hausrotschwänze sind brutorttreu • Schließen von Hohlräumen während der Brutzeit ohne vorherige Bestandskontrolle • Totale Versiegelung der Bodenflächen, unzureichende Kraut- und Gebüschzonen, in denen sich Futterinsekten ansiedeln können Schutzmaßnahmen • Vieljährige Sicherung des Brutplatzes • Angebot von Ersatznistkästen • Schutzmaßnahmen gegen Nesträuber
Bild 17.5 Quartier für Hausrotschwänze
Haussperling Der Haussperling – oder auch Spatz – ist der bekannteste Stadtvogel. Er erfreut uns das ganze Jahr über, ist sehr zutraulich und nutzt jegliche Höhlen und Schlupfwinkel an der Fassade und
17 Bild 17.6 Quartier für Haussperlinge (im Dachkasten)
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17 Baulicher Artenschutz bei Sanierung und Umbau
im Dachbereich. Hier baut er durchaus voluminöse, kuschelige Nester aus Gräsern und anderem leichten Material. 2–3 Jahresbruten sind üblich. Turmfalke Der kleine, knapp taubengroße, ziegelrote Falke ist ein typischer Gebäudebrüter. Er brütet in frei anfliegbaren Nischen, auf Simsen, in Mauerausbrüchen, defekten Dachkästen und sogar Blumenkästen. Turmfalken bauen kein Nest! Das Gelege (eine Jahresbrut) wird in eine Nestmulde, welches das Weibchen in vorhandenes Substrat scharrt, abgelegt. Sie haben eine starke Brutplatzbindung! Turmfalken sind Stadtvögel.
Bild 17.7 Quartier für Turmfalken
Dohle Die Dohle ist ein kleiner Krähenvogel mit strahlend hellblauen Augen. Brutvögel sind Standvögel. Im Winter gibt es einen starken Zuzug von Dohlen aus Osteuropa, die im Frühjahr wieder den Rückzug antreten. Die Dohle ist ein typischer Gebäudebrüter mit einer Jahresbrut in Hohlräumen wie Dachkästen, Rüstlöchern, Schornsteinen und Dachböden. In diese wird ein Nest aus Reisig und weichem Poltermaterial gebaut. Sie brütet gern gesellig und hat eine starke Brutplatzbindung.
17 Bild 17.8 Quartier für Dohlen
17.4 Prinzipielle bauliche Lösungen
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17.4 Prinzipielle bauliche Lösungen Bei guter Beobachtung lässt sich bereits vom Umfeld, vom gewählten Quartier und Verhalten ableiten, welche arttypischen Schutz- und Hilfsmaßnahmen erforderlich sind. So brauchen charakteristische Felsbewohner (Turmfalke, Dohle, Mauersegler, Hausrotschwanz, Haussperling, Mehlschwalbe) den freien Anflug, eine größere Gebäudehöhe und sind auch in dichter, teils vegetationsarmer Bebauung anzutreffen. Arten, die von Natur aus Baumhöhlen bevorzugen, also Waldvogelarten und Arten der freien Landwirtschaft (Waldkauz, Kohl- und Blaumeise, Gartenrotschwanz, Grauschnäpper, Feldsperling, Star, Amsel, Bachstelze) suchen mehr die aufgelockerten Siedlungstypen mit Grün-, Strauch- und Baumzonen auf. Letztendlich ist zu einer exakten Ermittlung der nötigen Ersatzquartiere die spezielle Artenkenntnis sowie eine bauökologische Begutachtung erforderlich. Dazu gehören Gebäudehöhe, Größe und Tiefe der Nisthöhle, Form und Lage der Einflugsöffnung, Art des Baumaterials, Zeitraum der Umbaumaßnahmen u.a. Sollte es sich um beauflagte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen handeln, ist auch ein arttypischer Multiplikationsfaktor zu beachten. In der Natur bietet das lockende Männchen seiner Auserwählten mehrere Nistplätze an. Diese entscheidet sich erst nach einem Auswahlvorgang. Folglich müssen Ersatzmaßnahmen evt. eine doppelte Anzahl an Nistkästen vorsehen. Anforderungen an Nistkästen im Gebäudebereich Beim Einbau von Schutz – und Niststätten im Rahmen der Gebäudesanierung und in die vorhandene Bausubstanz sind grundsätzliche Forderungen zu beachten: 1. Die Niststätten sollen möglichst ohne großen Zeitaufwand während der Sanierung/Instandsetzung herstellbar sein. 2. Eine fachgerechte Sanierung muss auf jeden Fall gewährleistet sein. 3. Neu geschaffene Nistplätze sind möglichst in konstruktiv bedingte Hohlräume zu integrieren, ohne das Bild der Fassade zu beschädigen. 4. Sanierte Fassadenbereiche sind vor Verschmutzungen, insbesondere Tierkot zu schützen. 5. Nistkästen müssen zum Zweck der Betreuung, Kontrolle, Wartung und Pflege problemlos erreichbar sein (z. B. über den Dachraum oder über das Fenster). Im Gesimsbereich Dohlen, Turmfalken Mauersegler und Haussperlinge bevorzugen den Hauptgesimsbereich gründerzeitlicher Altbausubstanz. Große, zum Dachboden offene hölzerne Gesimsbereiche können oftmals sogar noch nach der Sanierung mit Niststätten versehen werden. Günstig ist es jedoch, dass Einflugsloch noch bei gestellten Gerüst von außen in das Stirnbrett einzuarbeiten. Der Nistplatz im Gesimsbereich stellt sich von außen nur als ein Loch in durch die Dachrinne verdeckten Insektenschutzgitter dar. In der Regel ist dieser Einbauort eher für kleinere Arten wie Haussperling Hausrotschwanz oder Mauersegler geeignet. Wesentliche Vorteile dieser Variante sind der geringe Einbauaufwand und die Nachrüstbarkeit auch nach der Sanierung, sofern von innen das Insektengitter unterbrochen werden kann.
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17 Baulicher Artenschutz bei Sanierung und Umbau
Bei großen Stückzahlen sollten vorgefertigte Kästen (Variante A) verwendet werden, bei kleineren Stückzahlen kann die Herstellung des Nistplatzes auch vor Ort erfolgen (Variante B).
Bild 17.9 Niststätten im Gesimsbereich mit nicht ausgebauten Dachboden.
Im Drempel Beim offenen Drempel können Nistplätze eingebaut werden, wenn der Dachboden nicht ausgebaut wird. Einbauhöhen und Innenmaße des Gesimskastens sind oft so großzügig, dass auch für die größeren Arten, wie Dohle und Turmfalke, Unterkünfte geschaffen werden können. Hölzerne Hauptgesimse mit geschlossenem Drempel eigenen sich auch für den Einbau größerer Niststätten. Aus naturschutzfachlicher Sicht würde es ausreichen, den Tieren nur artengerechte Einfluglöcher in das Stirnbrett zu bohren. Jedoch wäre dann eine unkontrollierbare Ausbreitung im Gesims möglich und Wartung und Kontrolle ausgeschlossen. Jedoch wäre dann eine unkontrollierbare Ausbreitung im Gesims möglich und Kontrolle und Wartung ausgeschlossen. Deshalb wird im Drempel ein vorgefertigtes Betonklappenteil mit Beobachtungsfenster eingemauert, welches in einen hölzernen Steckaufsatz mündet. Dieser Steckaufsatz ist der, auf den Gesimsunterbrettern angeheftete, eigentliche Brutbereich. Insbesondere, wenn für Dohle oder Turmfalke die entsprechenden Nistplätze geschaffen werden sollen und ein größerer Holzgesimskasten nicht vorhanden ist, bietet sich das Drempelmauerwerk bei nicht ausgebautem Dachboden an. Bei dieser Konstruktion können die Kästen nach innen zeigen und die Größe des Einfluglochs je nach Außenwandstärke variieren kann.
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17.4 Prinzipielle bauliche Lösungen
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Bild 17.10 Einbau-Nistkästen hinter dem Drempel bei nicht ausgebautem Dachboden
Bild 17.11 Niststätten im Gesimsbereich mit nicht ausgebauten Dachboden, insbesondere für Mauersegler, Fledermäuse und Turmfalken
Kleinere Niststätten können, sofern dies nicht im Gesimsbereich möglich ist, auch im Drempel integriert werden. Dabei ist es auch möglich, Kontrollklappen anzuordnen, die auch beispielsweise in Wohnbereiche oder Treppenhäuser und Flure einschlagen können.
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17 Baulicher Artenschutz bei Sanierung und Umbau
Ein ganz wichtiger Hinweis Nach innen gerichtete Kontrollklappen dürfen nur zur Anwendung kommen, wenn das ausdrückliche Interesse der Wohnbenutzer oder -besitzer dauerhaft garantiert wird und deren Zustimmung findet und gleichzeitig der störungsfreie Brutverlauf der sich ansiedelnden Tiere gewährleistet wird (§ 42 fBNatSchG). Im Fensterbereich Tiere, wenn auch geschützte Tierarten, sind in unmittelbarer Sichtweite (z. B. im Fensterbereich) nicht jedermanns Sache. Dennoch sind sie ideale Einbauorte für Niststätten, denn • sie können jederzeit nach der Gebäudeinstandsetzung eingebaut werden, • der Einbau ist ohne Hilfsmittel, wie Leitern, Hubbühnen oder Gerüst von innen möglich, • für kleiner Vogelarten, wie z. B. Mauersegler, können auf engem Raum kostengünstig zahlreiche Nistplätze untergebracht werden und • Wartung und Kontrolle sind jederzeit von innen möglich.
Bild 17.12 Niststätten in Fensterbereich Linkes Bild: Blick auf die Fassade im Treppenhausfenster Die Solbänke im obersten Treppenhausfenster wurden mit Fensterbank–Nistkästen versehen. Rechtes Bild: Blumen - Nistkasten auf der Fensterbank
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Wichtig sollte auch sein, dass bei der Sanierung des Daches, ebenso wie beim gesamten Bauwerk unter Berücksichtigung des fortschreitenden Artenschwundes der Schutz seltener Tierarten ein wichtiges Anliegen des Bauwilligen sein sollte.
18 Rechtliche Grundlagen 18.1 Einführung Um es gleich vorwegzunehmen: Eine Rechtssicherheit gibt es nur in der Rechtstheorie, nicht jedoch in der Praxis! Zum Verständnis wird die seit Jahrhunderten bekannte Weisheit zitiert: „Um sicher Recht zu tun, braucht man nur wenig vom Recht zu wissen. Aber um folgenlos unrecht zu tun, muss man die Rechte studiert haben“ /18.1/ Für die tägliche Arbeit ist es daher von existenzieller Bedeutung, jegliches Tun beweisbar festzulegen. Damit wird zwar keine eindeutige Klarheit geschaffen, aber der Einfallsreichtum derjenigen, die „die Gesetze für sich in Anspruch nehmen“ wollen, was heißt: Die für geleistete Arbeit nicht bezahlen oder die mangelhaft leisten wollen, wird wirksam eingegrenzt. Während die technischen Berufe sich hauptsächlich an den technischen Regeln orientieren, beziehen sich Juristen oftmals nur auf Formulierungen, ohne deren Bezug zu überprüfen oder einzubeziehen. Nachdem alle Berufssparten einer ständigen Weiterentwicklung unterliegen, ergeben sich auch für die Juristen laufend neue Auslegungen zu irgendwelchen Themen. Daher sind selbst Entscheidungen der höchsten Gerichte dann nicht verbindlich, wenn ein findiger Jurist eine neue Auslegung eines Textes herbeiargumentiert. Auch Richter sind Menschen mit allen Fähigkeiten und Schwächen! So wie in allen Berufen hängt auch die Qualität der richterlichen Arbeit neben dem Fachwissen von der Arbeitsauffassung des Berichterstatters ab. Die Erfahrung zeigt Folgendes: „Das Schwierigste bei der Beurteilung der Leistung anderer Menschen ist der Charakter des Beurteilenden.“ Diese Tatsache wird leider auch von einer Vielzahl der Sachverständigen vergessen, weil es ja immer leicht ist, im Nachhinein zu kritisieren, was vorher ihrer Auffassung nach falsch gemacht worden war. Bei Streitigkeiten wird auch hier die Beauftragung eines qualifizierten Sachverständigen zum Glücksspiel. Nicht jeder klangvolle Name führt zu einem entsprechenden Fachmann hin. Bei vielen Gerichtsverfahren sind die qualifizierten Richter nicht zu beneiden, die entscheiden müssen, wer von den Parteien die Tatsachen verschleiert. Daher gehören → nachvollziehbare Beweise zum heutigen Alltag im Geschäftsleben dazu. Wenn also eine Vertragspartei eine schriftliche Vereinbarung umgehen will, weil „man sich ja so gut verstehe“, sollte man von diesem Auftrag Abstand nehmen. Warum diese harte Aussage? Wir erleben es heute doch in allen Bereichen des Lebens, dass die Umgangsformen rücksichtsloser und die Geschäftsmethoden skrupelloser werden. So ergeben sich auch im Betätigungsfeld der Dachsanierung unzählig viele Möglichkeiten, Planer und Handwerker mit Formfehlern und auslegungsfähigen Planungs- und Baumängeln zu überschütten. Je nach Art der Ausführung und je Bundesland unterliegen in der Regel diese Bauarbeiten der Dachsanierung oftmals keiner Baugenehmigung /18.13/. Daher glaubt der Auftraggeber sich Kosten zu ersparen, wenn er weder Planer noch Bauleiter beauftragt, sondern einzelnen Handwerkern direkt das Feld überlässt. Werden nicht klare Absprachen getroffen, M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3_18, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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18 Rechtliche Grundlagen
sind Fehler nur selten zu vermeiden, die dann zu Verlusten an Qualität und Werklohn führen. Daher sollen die im Folgenden aufgeführten rechtlichen Handhabungen dazu dienen, das geschäftliche Risiko für beide Vertragspartner zu begrenzen.
18.2 Wettbewerb und Auftragsvergaben Die Vorgehensweise richte sich danach, ob der bauwillige Auftraggeber – ein Verbraucher, – ein privater Gewerbetreibender im Bauwesen oder – ein öffentlicher Auftraggeber ist.
18.2.1 Der Verbraucher Der Verbraucher /18.14/ genießt in Europa einen klaren rechtlichen Schutz bei Verträgen /18.2-7/. Vereinbarungen sind heute in der Regel nur dann wirksam, wenn sie keine Nachteile für Verbraucher beinhalten. Die verschiedenen Verbände, die sich mit Verbrauchern allgemein oder speziell mit Bauwilligen befassen, klären ihre Mitglieder umfassend über ihre Rechte auf. Was oft fehlt, ist die Aufklärung über die Pflichten, die jeder Auftraggeber hat. Ein Bewerber, der um einen Auftrag wirbt, steht von vorneherein im Nachteil und hat deshalb entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Daher gilt: → mit einem Verbraucher sollte kein VOB/B – Vertrag mehr geschlossen werden /18.17/. Die VOB/B verstößt als allgemeine Geschäftsbedingung in Teilen gegen den europäischen Verbraucherschutz und ist damit unwirksam /18.15/. Die so genannte „Privilegierung der VOB“ wurde gegenüber Verbrauchern aufgehoben. Ein Handwerker, der trotzdem die VOB/B /18.12/ vereinbart, ist dem Auftraggeber hoffnungslos ausgeliefert. Daher sollte auch in keinem Fall eine Ausschreibung nach der VOB/A erfolgen.
18.2.2 Der private Gewerbetreibende Der private Gewerbetreibende (Bauträger usw. bis hin zum Generalunternehmer und Investor) unterliegt noch etwa gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie der Bieter. Allerdings hängt es stark von der Größe eines Unternehmens ab, ob versierte Anwälte alle Vorgänge begleiten oder nur ein rechtliches Teilwissen bei einer Partei (oder beiden) vorhanden ist. Sowohl die Ausschreibung nach VOB/A als auch der Bauvertrag nach VOB/B können durchgeführt und vereinbart werden. Handwerker erstellen meist ein Angebot ohne Einbeziehung der VOB/A. Sie argumentieren frei nach ihrem Gutdünken. Den Bauvertrag schließen sie aber gerne nach der VOB/B ab. Jedoch mischen sie die Regelungen zwischen VOB/B und BGB individuell durch. Hierauf sollte sich kein Bauherr einlassen und auch Empfehlungen Rechtsunkundiger nicht folgen.
18.2.3 Der öffentliche Auftraggeber
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Der öffentliche Auftraggeber unterliegt seinerseits strengen Regeln des Wettbewerbsrechts. /18.2-7/ Der Bieter muss sich jedoch ebenfalls an den Verfahrensweg halten, um nicht vom
18.2 Wettbewerb und Auftragsvergaben
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Wettbewerb ausgeschlossen zu werden. Allerdings muss hier leider angeführt werden, dass sich die Bundesrepublik Deutschland immer noch verweigert, das seit Jahren in verschiedenen Nationen Europas bereits umgesetzte Europäische Vergaberecht direkt einzuführen. Die nationalen Vergabe- und Vertragsordnungen (VOB – VOL – VOF) werden „hingebogen“ und nachdrücklich gegenüber den Europäern verteidigt. Nachdem der öffentliche Auftraggeber die VOB einhalten muss, wird auch die Baudurchführung nach dem Teil B zu erfolgen haben. Sollte der gesamte Bauauftrag ausschließlich eine Dachsanierung enthalten, wird selten der Grenzwert zwischen nationaler und europäischer Ausschreibung, der sog. Schwellenwert, erreicht werden, sodass auf eine ausführliche Darstellung des europäischen Vergaberechts verzichtet wird, um den Umfang des Kapitels zu begrenzen. Oftmals wird bei Dachsanierungen der untere Schwellenwert auch nicht überschritten, weshalb auch Kommunen einfacher ausschreiben können /18.18/.
18.2.4 Konsequenzen Alles in allem gilt für alle Systeme der Vergabe: Die Leistungen, die vergeben werden sollen, müssen so klar als nur irgendwie möglich beschrieben werden. /18.8/ Dies führt dazu, dass es nicht ausreichend ist, eine Dachsanierung ohne Detailvorgaben auszuschreiben. Man nennt dies zwar bedeutungsvoll eine „funktionale Ausschreibung“. Der Auftraggeber ist einfach zu bequem und/oder zu geizig, eine vollständige Leistungsbeschreibung zu erstellen oder erstellen zu lassen. Behauptet wird ständig, man wolle den Handwerker nicht in seiner Berufsausübung behindern und lasse diesen dann selber bestimmen, wie seine Leistung ausgeführt will. Nachdem also die Leistung, die erbracht werden soll, so genau wie möglich beschrieben und auch vereinbart werden soll /18.8/, muss von einer Seite eine ausführliche Leistungsbeschreibung vorliegen. Entweder wird sie vom Auftraggeber oder vom Auftragnehmer aufgestellt (verfasst). Der Verfasser muss dann Unstimmigkeiten erst einmal gegen sich wirken lassen, d. h. bei Zweifeln ist zuerst der Verfasser schuld und muss kostenfrei nacharbeiten. Die Durchsetzung von Nachträgen könnte dann schwierig werden. Wird nur eine Dachsanierung beauftragt, muss unterschieden werden, ob • • • • • • • • • • • •
nur neue Dachpfannen aufgelegt werden sollen, eine Solartechnik auf oder in die Dachfläche soll; eine Aufsparrrendämmung, eine Zwischensparrendämmung, eine Untersparrendämmung, oder eine Kombination daraus eingebracht werden soll, das Dämmmaterial brennbar oder nicht brennbar sein soll, geschäumtes Material oder andere Stoffe verwendet werden sollen, nur ökologische Baustoffe verwendet werden sollen, Folien für Wasserdichtheit, Luftdichtheit, Winddichtheit eingebaut werden sollen, ein Dachausbau als Wohnebene vorgesehen werden soll, ein Trockenausbau gewünscht wird usw.
Auch werden Detaillösungen anzugeben sein, wie • Dachanschlüsse, • Dachentwässerung, • Gauben,
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18 Rechtliche Grundlagen
• • • •
Dachflächenfenster, Quergiebel, Antennenanlagen, Brandschutzmaßnahmen usw.
Die Punkte sind nur beispielhaft und unvollständig aufgelistet. Für jedes Bauwerk sind in Verbindung mit den Wünschen des Bauherrn spezielle Anforderungen erforderlich, die möglichst umfassend im Vertrag vereinbart werden müssen. Bauwerke sind keine industriell gefertigten Objekte, auch wenn einzelne Elemente vorgefertigt worden sind. • Bauwerke sind Unikate • Die Bauausführung erfolgt spontan in Istzeit, sie wird nicht vollständig industriell vorproduziert. Von der fachgerechten Vorplanung bis zur Ausführungsplanung und der daraus resultierenden Bauleistung werden alle Tätigkeiten von Menschen durchgeführt, deren Tageskondition sehr schwankend sein kann. Erfahrungen aus durchgeführten Bauvorhaben können nicht ohne Abstimmung auf das aktuelle Projekt einfach übernommen werden. → Eine sorgfältige Bestandsaufnahme ist als Grundlage der Planung und Ausführung vorzusehen. Kaum jemand weiß, mit welchen Mitteln und Arbeitsmethoden das ursprüngliche Bauwerk errichtet worden war, wie das Gebäude über die Dauer des Bestehens verändert worden ist und welchen Einfluss der Baugrund auf das Gebäude hat.
18.2.5 Wie kommt ein Auftrag zustande? System jeder Ausschreibung Bauunternehmer Auftragnehmer
Bauherr Auftraggeber Erstellen der Verdingungsunterlagen
Sammlung der Angebote
Angebotsfrist
Bekanntgabe der Ausschreibung Übermittlung der Verdingungsunterlagen Ausarbeitung des Angebots Einreichung des Angebots Angebot
Prüfung der Angebote
Zuschlagfrist
Eröffnungstermin
Zuschlag
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Mitteilung des Zuschlags Annahme
Empfang der Mitteilung
18.2 Wettbewerb und Auftragsvergaben
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Bei privaten Auftraggebern ist dies ganz einfach: Der Auftraggeber sucht Fachleute und der Auftragnehmer bewirbt sich. Man einigt sich über die Art der Ausführung, erstellt ein Leistungsverzeichnis, legt die Regeln fest, nach denen ausgeführt werden soll, kalkuliert die Vergütung, einigt sich über den Preis, fertigt einen Vertrag, beide Parteien unterschreiben – und schon kann es losgehen. Merke: Eine einseitig vom Handwerker unterschriebene Auftragsbestätigung stellt keinen rechtswirksamen Vertrag dar. /18.16/ Öffentliche Auftraggeber unterliegen entweder dem nationalen oder dem europäischen Vergaberecht. Nachdem es hier ein umfangreiches Gebilde von Vorschriften, zusätzlichen Ausführungsbestimmungen bis hin zu Dienstanweisungen gibt, könnte vermutet werden, dass dieser Aufwand dazu führt, dass die Auftragsvergabe zwar bürokratisch umständlich, aber rechtssicher erfolgen würde. Leider ist dies ein Wunschdenken, die Klagen über Vergabeverstöße häufen sich. Nachdem die Diskussion über Auftragsvergaben ein dickes Buch füllen würde, soll hier darauf verzichtet werden, ausführlicher zu werden. Wichtig ist jedoch, dass bei einer Ausschreibung nach VOB/A der Bieter nicht einseitig in den Text der Ausschreibung eingreifen darf. Wenn dem Unternehmer etwas auffällt oder er etwas anders ausführen möchte, als im LV steht, muss er den Auftraggeber fragen und um Stellungnahme ersuchen, sonst kann sein Angebot als ungültig oder regelwidrig ausgeschlossen werden. Wird keine Anfrage gestartet, so könnte sein Angebotspreis auch notwendige Zusatzarbeiten enthalten. Diese standen zwar nicht im Angebot, waren aber bei der Preisfindung durch den Handwerker erkennbar und gehören damit zur vereinbarten Leistung, weshalb kein Anspruch auf Nachtragsforderungen besteht. Am Ende des Vergabeverfahrens steht in jedem Fall ein Vertrag. Nachdem die Abgabe eines Angebots durch den Bieter eine erste Zustimmung, ein erstes „Ja“ bedeutet, braucht der Bauherr nur noch ebenfalls zuzustimmen, damit ein Auftrag zustande kommt, also das zweite „Ja“ auszusprechen. Sobald jedoch einer der beiden Parteien dem „Ja“ ein „Aber“ hinzufügt, entsteht kein rechtsgültiger Vertrag. Es kommt zu einer „modifizierten Annahme“ mit der Konsequenz, dass im Falle der Meinungsänderung des Auftraggebers („ich gebe den Auftrag doch woanders hin“) nur der Teil bezahlt wird, der auch tatsächlich schon mit Wissen des Auftraggebers geleistet wurde, während im Falle einer Vertragsauflösung eines rechtswirksam geschlossenen Vertrages durch den Auftraggeber der gesamte Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen zu entrichten wäre. Beispiel: Der Dachausbau wird nach Ausstattung zwischen den Parteien besprochen und festgelegt. Allerdings wird vom Bauherren noch einschränkend festgestellt, dass zwar mit den Arbeiten begonnen werden könnte, über die Art der Dachdämmung (Mineralwolle, Schäume, Schafwolle) wegen der Einhaltung der EnEV /18.9/ noch ein Energieberater gefragt werden müsse. Dann ist der Vertrag nicht rechtswirksam geschlossen worden. Alleine, wenn noch darüber verhandelt wird, wie viel Prozent Nachlass einzuplanen sind oder in welcher Zeit das Projekt abgeschlossen werden müsse, bedingen, dass der Vertrag nicht rechtswirksam geschlossen ist. Daher sollte erst mit den Arbeiten begonnen werden, wenn alle Unklarheiten beigelegt oder schriftlich dem Vertrag als Anlage („noch zu entscheiden“) beigegeben werden. Regel 1: Auch ein mündlich erteilter Vertrag ist rechtswirksam, wenn er im Falle des Bestreitens zumindest durch Zeugen beweisbar ist. (Zeugnis: beide hatten „ja“ gesagt.). Dies entspricht auch der traditionellen Funktion der Trauzeugen vor dem Standesbeamten.
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18 Rechtliche Grundlagen
Auftragnehmer
Auftraggeber
Angebot
Annahme
Angebot ja
ja, aber gift als Ablehnung, verbunden mit neuem Angebot
aber ja
ja
Kein Vertrag
aber
aber ja
Vertrag
ja
aber
(Ausführlich, auch zum Bestätigungsschreiben im Umdruck "Allgemaines Bauvertragsrecht")
Regel 2: Sind zum Zeitpunkt der Auftragserteilung noch offene Punkte vorhanden („ja, aber….“), so müssen diese Punkte als Anlage zum Vertrag möglichst schriftlich festgehalten und unterschrieben sein, damit ein Vertrag rechtswirksam zustande gekommen ist.
18.3 Verträge 18.3.1 Übersicht Also bilden Angebot und Annahme die Grundlage eines Vertrages. Allerdings muss beides beweisbar sein, indem zumindest Zeugen vorhanden sind, die eine mündliche Vereinbarung bestätigen können. Sicherer ist hier jedoch ganz klar ein schriftlicher Vertrag, der auf ein und derselben Urkunde von beiden Parteien unterschrieben sein muss /18.16/. → Achtung! Eine vom Auftragnehmer alleine unterschriebene Auftragsbestätigung stellt keinen rechtswirksamen Vertragsschluss dar! Die Auftragsbestätigung als Rechtsform gilt nur im Geschäftsverkehr zwischen Vollkaufleuten (z. B. zwei GmbHs als Parteien) Regel 3: Eine Auftragsbestätigung muss in der Regel immer vom Auftraggeber auf demselben Papier gegengezeichnet sein, um rechtswirksam zu sein /18.16/.
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In Deutschland besteht für Verträge keine Formularpflicht (Formfreiheit). Auch ein mündlich geschlossener Vertrag ist rechtswirksam, wenn im Bedarfsfall nachgewiesen werden kann, was überhaupt vereinbart worden ist. Gerade bei Dachsanierungen werden viele formlose Verträge
18.3 Verträge
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geschlossen, weil sich der Hauseigentümer mit einem Handwerker seiner Wahl vor Ort bespricht, und der Handwerker anschließend mit den Arbeiten beginnt. Wenn alle Unklarheiten, die naturgemäß während der Arbeiten entstehen werden, einvernehmlich gelöst werden können, wird es bis zur Bezahlung des Werklohns und sogar bis zum Ende der Gewährleistungszeit keine großen Probleme zu lösen geben. Bestehen bleiben aber die Unsicherheit und das Wagnis, ob der anderen Partei vertraut werden kann. Um dieses Risiko zu begrenzen, sollte immer ein schriftlicher Vertrag, der eine vollständige Leistungsbeschreibung enthalten muss, mit beiden Unterschriften auf der gleichen Seite gefertigt werden. Gerade derjenige, der keine Reibereien will, sollte an einer Vertragsklarheit interessiert sein. Beispiel: Das als Speicher genutzte Dachgeschoss eines Zweifamilienhauses wird zu einer Wohnung umgebaut. Dadurch entsteht ein drittes Wohngeschoss. Während das zweigeschossige Wohnhaus – je nach Bundesland - nur geringen Anforderungen an den Brandschutz genügen muss, ist für das dreigeschossige Wohnhaus jetzt das ganze Gebäude auf ausreichende Brandschutzanforderungen zu ertüchtigen. Auch diese Anforderungen sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich definiert. Wenn dies nicht in der Leistungsbeschreibung deutlich kenntlich gemacht wurde, was schließt dann die Formulierung „Dachgeschossausbau“ wirklich mit ein? Nur das Stockwerk Dachgeschoss? Oder vielleicht auch die brandschutztechnische Ertüchtigung des ganzen Hauses? Die Erlaubnis zur Nutzung des sanierten Dachgeschosses ist hiervon abhängig (siehe Ziffer 18.6). Ohne genaue Leistungsbeschreibung besteht Rechtsunsicherheit. Vertragsarten Welche rechtlichen Vertragsformen gibt es? Welche sollten gewählt werden? Grundsätzlich gilt in Deutschland das Bürgerliche Gesetzbuch /18.10/. In diesem Gesetzbuch werden die verschiedenen zwischenmenschlichen Verbindungen und Beziehungen geregelt. So ergibt sich für den Baubereich im Wesentlichen: • • • •
der Werkvertrag der Kaufvertrag der Dienstvertrag und als Kombination der Geschäftsbesorgungsvertrag
Neben dem Werkvertrag nach BGB sind die Bauverträge nach VOB/B gebräuchlich. Diese Verträge stellen einen speziellen, vorformulierten Bauvertrag dar. Sie wurden für den öffentlichen Auftraggeber durch den Reichsverdingungsausschuss 1926 entwickelt und über die Jahrzehnte fortgeschrieben. Daher ist der öffentliche Auftraggeber auch an diese Regelungen gebunden. Nachdem bei dieser Vertragsform wenig zusätzlich formuliert werden muss, wurde die VOB/B auch vielfach von Unternehmern angewendet. Nachdem wie schon angesprochen, für den Verbraucher als Auftraggeber dieser Vertrag nach VOB/B nicht mehr angewendet werden darf, wird für den hier zur Verfügung gestellten Rahmen der Bauvertrag nach VOB/B nicht vollständig besprochen werden. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass eine Vielzahl von Ereignissen nach unterschiedlichen Regeln in der VOB/B und im BGB ablaufen. Hinweise werden an aktueller Stelle im Text gegeben. Ein Dienstvertrag bezieht sich überwiegend auf Rechtsanwälte und Berater. Diese können nur aus ganz begrenzten Pflichtverletzungen in die Haftung genommen werden. Genaueres soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Sobald ein Auftragnehmer im Rahmen seines Bauauftrages berät, wie z. B. ein Planer oder ein Sachverständiger, wird diese Leistung durch den
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18 Rechtliche Grundlagen
Werkvertrag geregelt. Ausschließlich die reine Beratung ohne Ausführungsauftrag kann durch den Dienstvertrag geregelt sein. Demnach kann es sehr problematisch werden, wenn der Auftraggeber einen Handwerker zu einer Sache befragt und dann aber die Arbeiten durch einen anderen Betrieb ausführen lässt. Ein Kaufvertrag kommt nur beim Erwerb einer Immobilie zum Tragen. Werden Kauf und Baumaßnahme kombiniert, können sich Mischformen wie Geschäftsbesorgungsvertrag, Bauträgervertrag usw. ergeben, was ebenfalls nicht weiter behandelt werden soll. Ein Werkvertrag ist die Regel, sowohl für den Bauunternehmer als auch für den planenden und bauleitenden Architekten. Nach dem Gesetz /18.11/ bestimmt das Wesen des Werkvertrages, dass der Unternehmer ein mangelfreies, vereinbartes Werk („mit herbeizuführendem Erfolg“) und der Auftraggeber den vereinbarten Werklohn übergeben muss. Dies unterstreicht auch die Verpflichtung zu den Unterschriften beider Vertragsparteien auf einer Urkunde. Will oder kann der Auftraggeber nicht mehr, so steht dem Unternehmer der volle vereinbarte Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen zu. Führt ein Fehler des Unternehmers zur Vertragskündigung, muss nur der bis zur Kündigung mit Wissen des Auftraggebers ausgeführte Teil abzüglich etwaiger Mängelbewertungen vergütet werden. Dieser Restbetrag ist um ein Vielfaches kleiner als der vereinbarte Werklohn. Daher werden jene Auftraggeber, die den Werklohn des Auftragnehmers unbedingt kürzen wollen, immer nach Verfehlungen des Auftragnehmers suchen. Eventuell beauftragen sie einen Sachverständigen, der ihnen bei der Fehlersuche helfen soll. Dieser Vorgang läuft dann in der Regel bei der Abnahme ab. Dabei könnte alles so einfach sein, weil bei der Abnahme kurz vor dem Nutzungsbeginn nur jene Mängel vorbehalten werden müssen, die bekannt sind. Alle Fehler, die im Zeitraum der Gewährleistung der Handwerker auftreten, müssen durch diese auf Anforderung beseitigt werden, wenn die Ursache auf einem Fehler des Auftragnehmers beruht. Warum dann diese Hektik? Der Auftraggeber möchte bereits bei der Abnahme so viele Mängel behaupten können, dass er die Schlusszahlung an die Handwerker nicht mehr leisten muss. Das klassische Argument ist, dass der Auftragnehmer in der Zwischenzeit in die Insolvenz rutschen könne und der Auftraggeber dann auf den Kosten der Mangelbeseitigung sitzen bleibe. Das gegenseitige Misstrauen ist hier die Wurzel allen Übels.
18.3.2 Was muss vereinbart werden? Natürlich der Werklohn. Aber was soll dafür geleistet werden? Alles, was sich der Auftraggeber vorstellt? Dieser will einen Ausbau und die Sanierung des Dachgeschosses seines Hauses. → Je pauschaler – und damit unklarer – die Leistungsbeschreibung ist, umso größer wird das Risiko der ausführenden Handwerker, vieles einbauen zu müssen, ohne dass sie dafür auch entlohnt werden. Die Beschreibung der auszuführenden Arbeiten wird in den einzelnen Kapiteln des Buches diskutiert und angegeben. In jedem Fall ist eine ausführliche Bestandsaufnahme als Grundlage einer qualifizierten Festlegung der auf das jeweilige Objekt abgestimmten Baumaßnahme anzufertigen. Während der späteren Baumaßnahme werden gerade bei Sanierungsarbeiten an bestehenden Gebäuden immer wieder Situationen auftreten, die nicht vorhersehbar waren. Allerdings können diese Ausnahmen schnell in den Griff zu bekommen sein, wenn die vorgesehenen Maßnahmen so genau wie möglich definiert und preislich vereinbart worden sind.
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→ Die schriftlichen Nachträge müssen sowohl den zusätzlichen Werklohn als auch die mögliche Bauzeitverlängerung enthalten.
18.3 Verträge
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Der Handwerker muss notfalls nachweisen können, dass der Auftraggeber den Nachtrag erhalten hat. Wichtig ist auch, dass dem Auftraggeber ein Termin für seine Entscheidung genannt wird, ob er die zusätzlichen Arbeiten auch beauftragen will. Der Auftraggeber seinerseits kann überprüfen, ob die zusätzliche Leistung notwendig ist und ob diese nicht zu den ursprünglich beauftragten Leistungen gehört. Die alte Regelung, dass unvollständige und falsche Leistungsbeschreibungen automatisch eine Vielzahl von Nachtragsforderungen auslösen, stimmt heute nicht mehr. Das so genannte „Nachtragsmanagement“ oder die übelste Form eines „ClaimManagements“ hat in den letzten Jahren in Verbindung mit der Rechtsprechung immer höhere Anforderungen an den Auftragnehmer gestellt, was dieser bei seiner Preisfindung zum Angebot alles hätte bemerken können oder müssen. → Stundenlohnarbeiten führen in der Regel zu ständig anwachsenden Kosten und sollten von den Auftraggebern möglichst nicht bestellt werden. Die Argumente zur „Regiearbeit“ beruhen meist auf der Unkenntnis der Auftraggeber, weil diese nicht wissen, was sie eigentlich wollen, sodass eine seichte Preisvereinbarung herauskommt. Manche Auftragnehmer klären die Auftraggeber auch bewusst nicht auf, weil sie durch unklare Auftragsbeschreibungen einen größeren Gewinn erzielen können. Dabei ergeben sich aus der Rechtssystematik Handhabungen, die es ermöglichen, nicht vereinbarte Leistungen nicht bezahlen zu müssen. Vorlage der Stundenlohnzettel und Kontrollmöglichkeiten durch den Auftraggeber sind in der Regel genau zu beachten, damit die Schlussrechnung auch diese Vergütungen beinhalten kann. Trotzdem ist dem Bauherrn nicht anzuraten, den Vorschlag eines Handwerkers aufzugreifen, der Bauherr könne Geld sparen, wenn der Handwerker nur dann stundenweise dazu hilft, falls der Bauherr sich nicht zutraut, irgendwelche Arbeiten selbst auszuführen. Unterschiedliche Handhabungen ergeben sich in einigen Bereichen, ob ein Vertrag nach VOB/B oder nach BGB vorliegt. In jedem Fall sollte vermieden werden, dass die Regelungen beider Vertragsarten gemischt angewendet werden. Dies führt zur totalen Rechtsunsicherheit! Klarheit muss auch darüber geschaffen werden, ob und wann Abschlagszahlungen geleistet werden sollen. Im BGB ergeben sich „automatisch“ nur unter bestimmten Bedingungen Möglichkeiten zur Teilzahlung /18.19/. In der VOB/B können jederzeit für erbrachte Leistungen Abschlagszahlungen gefordert werden, die der Bauherr innerhalb 18 Werktagen zu bezahlen hat. Da eine Arbeitswoche sechs Werktage hat, beträgt die Zeitspanne drei Wochen. In diesem Zeitraum schreitet eine Baumaßnahme weit voran. Regel 4: Grundsätzlich einen Zahlungsplan vereinbaren. Dadurch können Teilzahlungen oder Abschlagszahlungen zu bestimmten Zeitpunkten festgelegt werden. Der Auftraggeber kann sich darauf einstellen und wird nicht „überrascht“. Die Zeitpunkte können nach Art der Arbeit, also • • • • • • • • •
bei Auftragsbeginn, nach dem Abbruch des Bestandes, nach dem Sanieren des Dachstuhls, nach Einbretterung, nach Eindeckung, nach den Dämmarbeiten, nach Fertigstellung des Rohbaus, nach Installationsarbeiten, Rest bei Fertigstellung,
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18 Rechtliche Grundlagen
oder nach festen Kalendertagen vereinbart werden. Es ist heute zu empfehlen, lieber viele kleine Beträge als zwei große Beträge zu fordern, weil sich über große Beträge besser streiten lässt. Viele kleine Einzelbeträge lassen auch erkennen, ob es der Auftraggeber mit seinem Teil der Vertragserfüllung ernst meint. Denn sobald der Bauherr nicht bezahlt, kann der Handwerker nach einer Nachfrist die Arbeiten einstellen. Voraussetzung ist und bleibt natürlich, dass der ausführende Unternehmer auch qualifiziert arbeitet und der Auftraggeber seriös beraten wird.
18.3.3 Wann ist der Vertrag zu Ende? Grundsätzlich sollte sowohl eine Planungsleistung als auch eine Bauleistung ausdrücklich abgenommen werden. Der Auftraggeber begutachtet die ausgeführte Leistung danach, ob sie fertig ist und ihm zusagt. Er spricht die Abnahme an einem zu vereinbarenden Tag aus und bezahlt die Schlussrechnung. Sollten Mängel auftreten, steht der jeweilige Handwerker über die Dauer der Gewährleistungszeit dem Auftraggeber im Wort (Haftung) und beseitigt den Mangel auf seine Kosten, wenn der Mangel aus seiner Tätigkeit herrührt. So sollte es sein! Leider hat sich aus dem gegenseitigen Misstrauen der Parteien eine Vielzahl von Handlungsweisen herausgebildet, die auch in skrupellosen Maßnahmen enden können. Somit gestaltet sich das Vertragsende in Form von Abnahmen zunehmend als Fiasko.
18.4 Die Abnahme der Werkleistung Mit der Abnahme ist der Vertrag zu Ende. Es ergeben sich eine Vielzahl von rechtlichen Handlungen, deren Auswirkungen die Parteien oftmals verschrecken. Dies liegt allerdings nur daran, dass sie sich nicht auskennen und daher völlig unsicher sind. Sobald sich die Parteien über die Rechtswirksamkeiten im Klaren sind, und auch keine betrügerischen Absichten (von beiden Seiten) vorliegen, kann eine Abnahme im gegenseitigen Übereinkommen friedlich erfolgen. Die Regelungen einer Abnahme sind vielen Menschen unbekannt, Andere kennen sämtliche Kniffe, sodass die Handhabung einer Abnahme teilweise in betrügerischen Maßnahmen enden kann.
18.4.1 Regelungen einer Abnahme Zu den gesetzlichen Pflichten des Auftraggebers gehört es, die beauftragten Arbeiten abzunehmen /18.20/. Den Zeitpunkt der Abnahme bestimmt in der Regel der Auftragnehmer. Der Handwerker ist verpflichtet, dem Auftraggeber schriftlich mitzuteilen, dass seine Arbeiten fertig sind und der Auftraggeber innerhalb einer vom Handwerker bestimmten Frist abzunehmen hat /18.20/. So könnte dieses Schreiben lauten:
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→ „Sehr geehrter Bauherr, wir werden am (Datum!) mit unseren beauftragten Arbeiten fertig sein. Wir bitten Sie daher, unsere Leistungen bis zum (Datum!) rechtswirksam abzunehmen. Auch bitten wir Sie, uns Ihren vorgesehenen Termin mitzuteilen, weil wir gerne bei Ihrer Abnahme anwesend sein wollen.“
18.4 Die Abnahme der Werkleistung
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Selbstverständlich kann der genaue Termin verhandelt werden. Auch kann der Auftraggeber die Abnahme ohne Beisein der Handwerker vollziehen, wenn der Handwerker nicht zum vereinbarten Termin erscheint. Alleine mit der Terminierung wird unnötigerweise sehr viel Streit ausgelöst. Auftraggeber haben oftmals viele Vorbehalte gegen eine Abnahme, weil sie durch unseriöse Informationen davor gewarnt werden, vom Unternehmer betrogen zu werden. Überwacht der Auftraggeber den Unternehmer und bespricht er alle Unklarheiten sofort, findet das Misstrauen nur wenig Nahrung. Oftmals kommt der Bauherr jedoch nicht zur Abnahme. Dann wird ein in Rechtsfragen unkundiger Auftragnehmer nervös und reagiert falsch. Er beauftragt seinerseits einen Sachverständigen, eine Abnahme durchzuführen. Wenn diese dann vom Bauherrn nicht anerkannt wird, ist der Streit voll eskaliert. Dabei ist es für einen rechtskundigen Auftragnehmer klar, dass die Abnahme automatisch erfolgt ist, wenn der Auftraggeber die gesetzte Frist ohne Angabe von Gründen nicht einhält /18.20/. Die für beide Seiten angenehmste Form einer stillschweigenden Abnahme ist die Bezahlung der Schlussrechnung. Dazu muss allerdings der Auftraggeber zwischenzeitlich – oder besser noch mit der Fertigstellungsanzeige beim Auftraggeber – die Schlussrechnung dem Auftraggeber übergeben haben. Das Zahlungsziel sollte dann auf das Datum des letzten Tages der Abnahmefrist festgelegt werden. → Bitte beachten, dass „die Abnahme durch Benutzung“ meist nicht rechtswirksam ist, weil ausschließlich die Regelungen der VOB/B im Bereich der fiktiven Abnahmeformen diese Möglichkeit eröffnet /18.22/. Dazu muss aber die VOB/B vereinbart sein. Dies sollte allerdings mit Verbrauchern nicht geschehen. Werden also die Dachsanierungen fertig gestellt, die Handwerker ziehen einfach ab und der Bauherr bezieht das sanierte Dachgeschoss, wurde in der Regel nicht rechtswirksam abgenommen, weil der Unternehmer beim Bauherrn keine Abnahme angefordert hat /18.20/. Daher wird oftmals eine förmliche Abnahme vertraglich vereinbart. Das bedeutet im Klartext, dass sich beide Seiten an einem zu vereinbarenden Termin innerhalb der vom Handwerker bestimmten Abnahmefrist am sanierten Gebäude verabreden, gemeinsam die Arbeiten besichtigen und ein Protokoll darüber erstellen, das zumindest vom Auftraggeber unterschrieben werden muss. In diesem Protokoll werden dann die Rechte aus den festgestellten Mängeln und der vereinbarten Vertragsstrafe aufgeführt. Der Auftraggeber bestätigt darin auch, ob er abnimmt oder die Abnahme verweigert, weil er schwerwiegende (wesentliche) Mängel festgestellt hat. Die einzelnen Rechtsfolgen sind in der folgenden Tabelle aufgelistet, die entsprechend der VOB/B /18.12/ dargestellt werden. Auch in einem Werkvertrag nach BGB gelten die Rechtsfolgen entsprechend.
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Rechtliche Wirkung der Abnahmen: Vollzug der Abnahme = Beendigung des Vertrages • Fälligkeit des Vergütungsanspruches • Ende der Vorleistungspflicht des Auftragnehmers (§ 16 VOB/B) • Gefahrenübergang auf den Auftraggeber (§ 12 Nr.6 VOB/B) • Umkehr der Beweislast (§ 4 Nr.1 Abs2 mit § 13 Nr.5 VOB/B) • Verlust des Erfüllungsanspruches (§ 8 VOB/B) • Beginn der Gewährleistungs- und Verjährungsfristen (§ 13 VOB/B) • Verlust nicht vorbehaltener Ansprüche bekannte Mängel (§ 12 Nr.5 Abs.3 VOB/B) Vertragsstrafen (§ 11 VOB/B) • Ende der Schutzpflicht des Auftragnehmers (§ 4 Nr.5 VOB/B) Welche Fallunterscheidungen ergeben sich:
18.4.2 Verweigerung der Schlusszahlung Der Auftraggeber versucht, weder den restlichen Teil des vereinbarten Werklohns noch die zusätzlichen Arbeiten, die in Form von Nachträgen vom Handwerker eingebracht worden sind zu bezahlen. Hierzu bemängelt er fehlerhafte Leistungen des Unternehmers. Nachdem er selber fachlich dazu nicht in der Lage ist, beauftragt er einen Sachverständigen. Dieser soll die Baumaßnahme begutachten und „so viele Mängel wie möglich“ finden. Leider gibt es unter den Sachverständigen eine Vielzahl von „Spezialisten“, die unter Vorgabe zweifelhafter Sachverhalte auch sehr viel zu beanstanden haben. Dies führt dazu, dass der Auftraggeber den restlichen Werklohn nicht mehr bezahlt. Zudem wird die Abnahme vom Auftraggeber verweigert, sodass der Handwerker die Nachweise führen muss, dass seine Arbeiten mangelfrei sind. Dies gelingt oftmals nur unter erschwerten Bedingungen, sodass sich die Handwerker auf Minderungen des Werklohns einlassen. Sobald die Handwerker aber die Nerven – und oftmals auch genügend Zeit und Geld – haben, sich den Anschuldigungen zu widersetzen, werden kostenintensive Gerichtsverfahren auf den Weg gebracht, in denen es in der Regel nur Verlierer gibt. Oftmals hat man den Eindruck, dass die Auftraggeber lieber ihren Anwälten viel Geld bezahlen, statt den Handwerker zu entlohnen.
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18.4 Die Abnahme der Werkleistung
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18.4.3 Vorliegen von Mängeln Zum Zeitpunkt der Abnahme (Fertigstellung) liegt tatsächlich eine Vielzahl von Mängeln vor. Die handwerkliche Leistung hat nicht der entsprochen, die der Auftraggeber erwartet hat. Hierzu gibt es den gesetzlichen Text /18.22/ und den Text der VOB/B /18.23/, die nahezu gleichlautend sind: „Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk (zum Zeitpunkt der Abnahme) frei von Sachund Rechtsmängeln zu verschaffen. Das Werk ist (zum Zeitpunkt der Abnahme) frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat (und den anerkannten Regeln der Technik entspricht). Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, a) b) c) d)
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werks erwarten kann. (nur BGB: Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt.)“
Auch in diesem Fall wird sich der Auftraggeber oder sogar beide Parteien je eines Sachverständigen bedienen, wenn Zweifel an der technischen Ausführung bestehen oder die Mängel fachlich nicht formuliert werden können. Somit wird wieder deutlich, dass die geringste Aussicht auf Streit dann besteht, wenn die Leistungsbeschreibung des Auftrags so klar wie möglich verfasst wurde. Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH /18.24/ liegt aber auch dann ein Mangel vor, wenn die Gebrauchsfähigkeit eingeschränkt wird. Damit reicht die vereinbarte Beschaffenheit alleine nicht mehr aus. Die ursprüngliche Definition eines Mangels gewinnt wieder an Bedeutung.
18.4.4 Welche Konsequenzen ergeben sich? Bei Einvernehmen zwischen den Parteien werden nach 18.3.4 die auftretenden Mängel oder Meinungsverschiedenheiten streitarm bereinigt. Der vereinbarte Werklohn wird bezahlt. Beide Seiten sind zufrieden. Wesentlich ist zu erkennen, dass jeder Mensch Fehler macht. Es ist also keine Schande, wenn ein Fehler passiert. Allerdings muss jeder entscheiden, wie er mit dieser Situation umgeht. Erst der aggressive Umgang mit dem Anderen erzeugt Härte, weshalb viele Ungerechtigkeiten entstehen, die vermieden werden könnten. In den oben geschilderten Sachverhalten kommen bewusst Methoden zur Anwendung, die nur darauf abzielen, den Anderen zu schädigen. Viele Untersuchungen von Streitfällen ergeben, dass der zusätzliche Kostenaufwand oftmals den Streitwert nicht rechtfertigt. Daher ist anzustreben, dass die beiden Parteien miteinander alle Unklarheiten und auftretenden Schwierigkeiten unverzüglich besprechen und die notwendigen Vereinbarungen schriftlich festhalten.
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18 Rechtliche Grundlagen
18.5 Bauleitung Hinzu kommt auch, dass die Beauftragung irgendwelcher Handwerker zu „günstigen“ Konditionen oftmals zu niedriger Qualität der Ausführung führt. Nachdem in der Regel für Dachsanierungen häufig keine Baugenehmigung, und auch keine Anzeige bei der unteren Baubehörde erforderlich sind, lassen sich viele Bauherren nicht durch Fachplaner (Architekten, Ingenieure) beraten oder durch diese auch noch die Bauüberwachung durchführen. Auch bei qualitativ hochwertigen Handwerksbetrieben und Bauleitern ergibt sich, dass das sog. „Vieraugenprinzip“ Fehler eingrenzt. Die Diskussion der Bauleute - der Eine plant und der Andere baut deckt Fehleinschätzungen auf. Wenn sich der Bauherr das Geld spart und nur einzelne Handwerker jeweils getrennt beauftragt, hat der Bauherr keine fachkundige Überwachung der Bauleistung, sodass die ausführenden Handwerker sich selbst überlassen werden und Fehler erst in der Gewährleistungszeit zutage treten. Dabei obliegt dem Bauherren die Koordinierung der Baustelle /18.13/. Zusätzlich fehlt dem Auftraggeber eine mögliche Haftungsgrenze: Bauleiter sind über den Werkvertrag an die mangelfreie Werkserfüllung gebunden. Führen sie diese nicht ordnungsgemäß aus, sind sie haftbar. Auch müssen sie eigene Verfehlungen dem Auftraggeber anzeigen, wie die Entscheidung des BGH aus 2010 deutlich zeigt: /18.26/ „Der Architekt muss dem Auftraggeber bei der Abnahme seines Werkes offenbaren, wenn er Teile der Ausführung des Bauwerkes bewusst vertragswidrig nicht überwacht hat. Unterlässt er dies, so hat er einen Mangel seines Werks arglistig verschwiegen. Unerheblich ist, ob er darauf vertraut, dass der Unternehmer mangelfrei gearbeitet hat.“ Regel 5: Regional ist zu prüfen, ob je nach Größe der Baumaßnahme dem Bauamt ein Bauleiter zu benennen ist oder nicht. In jedem Fall wird angeraten, einen Fachkundigen mit der Bauaufsicht zu betrauen. Leider muss auch dieser vom Auftraggeber überprüft werden. Der Auftraggeber sollte nur solche Maßnahmen anerkennen, die ihm erklärt worden sind. Problem bei Altbauten: Wie ist zu verfahren, wenn sich in Folge der Sanierung herausstellt, dass bei dem ursprünglichen Gebäude Asbestbaustoffe verwendet worden sind? Dürfen diese Stoffe von der Bauleitung als „stillschweigend geduldet“ übersehen werden? Nein! Die Stoffe müssen bei der Sanierung entfernt werden, auch wenn diese Maßnahme viel Geld kostet, weil der alte Baustoff als Gefahrengut und Sondermüll eingestuft wird. So urteilte der BGH /18.27/: „Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, können einen Mangel der Kaufsache begründen, der ungefragt zu offenbaren ist; Fragen des Vertragspartners müssen vollständig und richtig beantwortet werden“. Gerade die sich ständig verschärfenden Regeln zur Energieeinsparung können nicht unbedingt von jedem Handwerker überblickt werden. Dies gilt schon gar nicht, wenn die beauftragten Leute von irgendwo herbeieilen, um „kostengünstig“ auszuführen.
18.6 Öffentliches Baurecht
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Nachdem die vertraglichen Vereinbarungen besprochen sind, wäre anzunehmen, dass damit die rechtlichen Grundlagen ausreichend diskutiert worden sind. Leider ergibt sich eine Viel-
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18.6 Öffentliches Baurecht
zahl von Auflagen, die durch den Bund oder die Länder bestimmt werden. Werden bei Dachsanierungen auch Auswirkungen auf die Ansicht auftreten, gilt: Regel 6: Jede Maßnahme, die von außen zu sehen ist, muss dahin gehend überprüft werden, ob sie bei der Gemeinde, beim Bauamt oder bei anderen Behörden angezeigt werden muss. → Diese Überprüfung und Anzeige gehört zu den vertraglichen Pflichten des Auftraggebers / Bauherren /18.13/. → Der Auftragnehmer / Handwerker muss nachfragen und notfalls die Aufnahme der Arbeiten verweigern (Bedenkenanmeldung, Behinderungsanzeige, Kündigungsandrohung). Beispiele sichtbarer Baumaßnahmen: Zäune, Wintergärten, Erker, Gauben, Balkone, Geländer, Treppen, Werbetafeln, Solartechnik, Außenfarben an Wand und Dach, usw.! Während für die Werkverträge die Zivilgerichte zuständig sind, müssen bei Unstimmigkeiten im öffentlichen Recht die Verwaltungsgerichte angerufen werden. Eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen durch die Verwaltungsgerichte zeugen von den stark unterschiedlichen Auffassungen der Behörden und der Bauherren, so z. B. /18.28/ für einen Anbau im Außenbereich einer Gemeinde: „Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs i. S. d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB kommt es darauf an, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografischmathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden.“ Hierin kommt deutlich zum Ausdruck, dass die Entscheidung, ob eine Dachsanierung wunschgemäß nach dem Willen des Bauherrn erfolgen kann, auslegungsfähig ist. Starre Regelungen gibt es eventuell dann, wenn die Sicherheit und die Gesundheit von Menschen in Gefahr sind. „Abweichungsanträge“ sind üblich, vor allen Dingen dann, wenn der Wunsch des Bauherrn sehr stark ist und ausreichend Zeit zur Verfügung steht.
18.6.1 Einleitung Das öffentliche Baurecht gliedert sich in Regelwerke des Bundes und solche der Länder. Eine Auswahl die zahlreichen Regelwerke werden im Folgenden angegeben: Bauplanungsrecht
→ Baugesetzbuch (BauGB)
(Bundeshoheit)
→ Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch → (BauGB-MaßnahmenG) → Städtebauförderungsgesetz (StBauRG) → Baunutzungsverordnung (BauNVO) → Raumordnungsgesetz (ROG) → Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) → Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) → Wasserhaushaltsgesetz (WHG) u. A. m. → Verkehr……
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Bauordnungsrecht (Länderhoheit)
→ Landesbauordnung → Alle dazugehörigen Verordnungen → Eingeführte Normen → kommunale Auflagen u. A. m.
Die Hierarchie wird anhand des Bundeslandes Bayern wie folgt dargestellt:
Die Gesetzgebung (R) wird von oben nach unten vollzogen. Die Genehmigungsverfahren (B) müssen von unten nach oben durchwandert werden. Da sich die Bundesländer nicht auf einheitliche Regelungen einigen können, muss streng darauf geachtet werden, in welchem Bundesland die Baumaßnahmen erfolgen sollen. Die einzelnen Maßnahmen werden an Hand der Musterbauordnung /18.13/ dargestellt.
18.6.2 Wann sind die Bauordnungen zu beachten? Grundsätzlich immer. So bestimmt § 3 MBO /18.13/: (1) Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden. Das bedeutet, dass alle Baumaßnahmen erfordern, dass das sanierte Dachgeschoss auch entsprechend nutzbar ist. Die in vielen Bundesländern erforderliche Nutzungsgenehmigung kann davon abhängig gemacht werden. Die Bauaufsichtsbehörde ist rechtzeitig vom Bauherrn zu unterrichten, wenn das Bauvorhaben abgeschlossen ist und genutzt werden soll. Überprüft wird auch, ob die verwendeten Stoffe und Bauarten zulässig sind. (2) Bauprodukte und Bauarten dürfen nur verwendet werden, wenn bei ihrer Verwendung die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung während einer dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitdauer die Anforderungen dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erfüllen und gebrauchstauglich sind. Die Nachweise der Güte der Baustoffe hat der Unternehmer dem Bauherrn vorzulegen. Daher sollte bei der Abnahme der Bauleistung der Handwerker gleich eine Mappe mit den Qualitätsnachweisen der vom ihm verwendeten Baustoffe dem Bauherrn übergeben.
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18.6.3 Planung der Baumaßnahme Ursprünglich wurden Baumaßnahmen durch Architekten (früher: Baumeister) geplant. Diese Berufsgruppe hat die Entwurfsideen, die Kenntnisse der Baugenehmigungsverfahren und des Bauablaufes. Da jedes Bauvorhaben vom Bauamt genehmigt werden musste und nur Architekten und teilweise auch Bauingenieure eine Bauvorlagenberechtigung besaßen, war der Weg, den der Bauherr einschlagen musste, klar vorgezeichnet. In der heutigen Zeit zieht sich die Baugenehmigungsbehörde immer weiter aus den eigentlichen Baugenehmigungsverfahren zurück. Die Bauvorlagenberechtigung wird für eine begrenzte Bauwerksgröße (Gebäudeklassen) auch einigen Handwerksmeistern zugestanden. Dass erzeugt die Meinung vieler Bauherrn, dass ein Architekt nicht mehr gebraucht werden würde. Die Planung kann ja der Handwerker mit erledigen, der auch die Dachsanierung durchführt. Somit liegt alles in einer Hand, die Kontrolle fehlt und die Konstruktion wird fehleranfällig, selbst wenn die beauftragten Handwerker gute Fachleute sind.
18.6.4 Die am Bau Beteiligten und ihre Verantwortung: Entsprechend der Musterbauordnung sind dies: § 53 MBO Bauherr (1) 1Der Bauherr hat zur Vorbereitung, Überwachung und Ausführung eines nicht verfahrensfreien Bauvorhabens sowie der Beseitigung von Anlagen geeignete Beteiligte nach Maßgabe der §§ 54 bis 56 zu bestellen, soweit er nicht selbst zur Erfüllung der Verpflichtungen nach diesen Vorschriften geeignet ist. → 2Dem Bauherrn obliegen außerdem die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Anträge, Anzeigen und Nachweise. → 3Er hat vor Baubeginn den Namen des Bauleiters und während der Bauausführung einen Wechsel dieser Person unverzüglich de Bauaufsichtsbehörde schriftlich mitzuteilen. → 4Wechselt der Bauherr, hat der neue Bauherr dies der Bauaufsichtsbehörde unverzüglich schriftlich mitzuteilen. → Zu beachten ist, dass nicht in allen Bundesländern die Forderung des Satzes 3 nach Benennung eines Bauleiters gefordert wird. § 54 MBO Entwurfsverfasser (1) 1Der Entwurfsverfasser muss nach Sachkunde und Erfahrung zur Vorbereitung des jeweiligen Bauvorhabens geeignet sein. 2Er ist für die Vollständigkeit und Brauchbarkeit seines Entwurfs verantwortlich. 3Der Entwurfsverfasser hat dafür zu sorgen, dass die für die Ausführung notwendigen Einzelzeichnungen, Einzelberechnungen und Anweisungen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. (2) 1Hat der Entwurfsverfasser auf einzelnen Fachgebieten nicht die erforderliche Sachkunde und Erfahrung, so sind geeignete Fachplaner heranzuziehen. 2Diese sind für die von ihnen
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gefertigten Unterlagen, die sie zu unterzeichnen haben, verantwortlich. 3Für das ordnungsgemäße Ineinandergreifen aller Fachplanungen bleibt der Entwurfsverfasser verantwortlich. Somit muss irgendeine Person als Entwurfsverfasser fungieren. Im Zweifelsfall tritt der ausführende Handwerker in diese Funktion ein – mit allen Konsequenzen! (Haftung usw.) § 55 MBO Unternehmer (1) 1Jeder Unternehmer ist für die mit den öffentlich-rechtlichen Anforderungen übereinstimmende Ausführung der von ihm übernommenen Arbeiten und insoweit für die ordnungsgemäße Einrichtung und den sicheren Betrieb der Baustelle verantwortlich. 2Er
hat die erforderlichen Nachweise über die Verwendbarkeit der verwendeten Bauprodukte und Bauarten zu erbringen und auf der Baustelle bereitzuhalten.
(2) Jeder Unternehmer hat auf Verlangen der Bauaufsichtsbehörde für Arbeiten, bei denen die Sicherheit der Anlage in außergewöhnlichem Maße von der besonderen Sachkenntnis und Erfahrung des Unternehmers oder von einer Ausstattung des Unternehmens mit besonderen Vorrichtungen abhängt, nachzuweisen, dass er für diese Arbeiten geeignet ist und über die erforderlichen Vorrichtungen verfügt. Hierdurch wird vonseiten der Bauaufsicht versucht, die Qualifikation der Bauleistung in geordnete Bahnen zu lenken. Allerdings bleibt es leider bei dem Versuch, weil a) die Baufirmen entsprechende Zertifikate vorweisen können, oder b) keine Baugenehmigung oder Bauanzeige erforderlich ist und somit keine Kontrolle stattfindet. § 56 MBO
Bauleiter (1) 1Der Bauleiter hat darüber zu wachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird und die dafür erforderlichen Weisungen zu erteilen. 2Er hat im Rahmen dieser Aufgabe auf den sicheren bautechnischen Betrieb der Baustelle, insbesondere auf das gefahrlose Ineinandergreifen der Arbeiten der Unternehmer zu achten. 3Die Verantwortlichkeit der Unternehmer bleibt unberührt. (2) 1Der Bauleiter muss über die für seine Aufgabe erforderliche Sachkunde und Erfahrung verfügen. 2Verfügt er auf einzelnen Teilgebieten nicht über die erforderliche Sachkunde, so sind geeignete Fachbauleiter heranzuziehen. 3Diese treten insoweit an die Stelle des Bauleiters. 4Der Bauleiter hat die Tätigkeit der Fachbauleiter und seine Tätigkeit aufeinander abzustimmen.
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Wie bereits mehrfach hingewiesen wurde, wird nicht in allen Regionen Deutschlands ein Bauleiter von Amts wegen gefordert. Auch wird die Qualifikation eines Bauleiters von Amts wegen nur selten angemahnt. Anhand des Verordnungstextes kann leicht erkannt werden, dass an einen Bauleiter des Bauherren hohe Anforderungen gestellt werden, deshalb sind auch viele
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Baufirmen gar nicht böse, wenn kein Bauleiter bestellt ist und sie ihre eingefahrenen Baumethoden anwenden können, ohne gestört zu werden. Die Firmen bieten vielfach sogar an, dass sie im Falle eines Verzichts des Bauherren, einen Bauleiter zu bestellen, einen weiteren Preisnachlass gewähren würden.
18.6.5 Bauvorlageberechtigung: § 65 MBO Bauvorlageberechtigung (1) Bauvorlagen für die nicht verfahrensfreie Errichtung und Änderung von Gebäuden müssen von einem Entwurfsverfasser unterschrieben sein, der bauvorlageberechtigt ist. (2) Bauvorlageberechtigt ist, wer 1. die Berufsbezeichnung "Architekt" führen darf, 2. in die von der Ingenieurkammer ... geführte Liste der Bauvorlageberechtigten eingetragen ist, 3. die Berufsbezeichnung "Innenarchitekt" führen darf, für die mit der Berufsaufgabe des Innenarchitekten verbundenen baulichen Änderungen von Gebäuden, oder 4. die Berufsbezeichnung "Ingenieur" in den Fachrichtungen Architektur, Hochbau oder Bauingenieurwesen führen darf, mindestens zwei Jahre als Ingenieur tätig war und Bediensteter einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist, für die dienstliche Tätigkeit. (3) Die Beschränkungen des Absatzes 2 gelten nicht für 1. Bauvorlagen, die üblicherweise von Fachkräften mit anderer Ausbildung als nach Absatz 2 verfasst werden, und 2. bei geringfügigen oder technisch einfachen Bauvorhaben. In diesen Bestimmungen ist eine Vielzahl von Abweichungen in den einzelnen Bundesländern enthalten. Sie reichen von der Bauvorlageberechtigung von Bauhandwerkern bis hin zu strengen Vorgaben für die Bauvorlagen. Bauwilligen hilft hier in der Regel nur, entweder gleich einen Architekten hinzuzuziehen, oder alternativ bei der Baugenehmigungsbehörde unter Angabe des Bauwunsches nachzufragen.
18.6.6 Welche Baumaßnahme muss genehmigt werden? § 59 MBO Grundsatz (1) Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen bedürfen der Baugenehmigung, soweit in den §§ 60 bis 62, 76 und 77 nichts anderes bestimmt ist. (2) Die Genehmigungsfreiheit nach Absatz 1, den §§ 60 bis 62, 76 und 77 Abs. 1 Satz 3 sowie die Beschränkung der bauaufsichtlichen Prüfung nach §§ 63, 64, 66 Abs. 4 und 77 Abs. 3 entbinden nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden, und lassen die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt.
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Diese Vorschrift sagt aus, dass die Bauordnung und weitere Vorschriften immer eingehalten werden müssen. Dabei ist es gleichgültig, ob eine Sanierung genehmigt werden muss oder nicht. Daher ist es zwingend erforderlich, dass die Planung und Überwachung und erst recht die Baudurchführung nur von Fachleuten erbracht werden sollten. Preiswerte „Bastelbaustellen“ können leicht zum finanziellen Albtraum werden. Wenn hier Verstöße gegen die Vorschriften durch die Bauaufsicht festgestellt werden, sind Ordnungswidrigkeitsstrafen in beachtlicher Höhe fällig. Zudem muss oftmals auch abgerissen werden. Zu unterscheiden sind die folgenden Arten, wie ein Bauvorhaben der Bauverwaltung anzuzeigen ist. Erste Eingrenzung Kleinere Baumaßnahmen sind verfahrensfrei. Diese können einfach gebaut werden. Allerdings müssen – wie oben aufgeführt – alle Vorschriften eingehalten werden. § 61 MBO (Auszug) Verfahrensfreie Bauvorhaben, Beseitigung von Anlagen (1) (1) Verfahrensfrei sind 1. folgende Gebäude: a) eingeschossige Gebäude mit einer Brutto-Grundfläche bis zu 10 qm, außer im Außenbereich, b) Garagen einschließlich überdachter Stellplätze mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 m und einer Brutto-Grundfläche bis zu 30 qm, außer im Außenbereich, c) Gebäude ohne Feuerungsanlagen mit einer traufseitigen Wandhöhe bis zu 5 m, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der §§ 35 Abs. 1 Nrn. 1und 2, 201 BauGB dienen, höchstens 100 qm Brutto-Grundfläche haben und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind, d) Gewächshäuser mit einer Firsthöhe bis zu 5 m, die einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der §§ 35 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, 201 BauGB dienen und höchstens 100 qm BruttoGrundfläche haben, e) Fahrgastunterstände, die dem öffentlichen Personenverkehr oder der Schülerbeförderung dienen, f) Schutzhütten für Wanderer, die jedermann zugänglich sind und keine Aufenthaltsräume haben, g) Terrassenüberdachungen mit einer Fläche bis zu 30 qm und einer Tiefe bis zu 3 m, h) Gartenlauben in Kleingartenanlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Bundeskleingartengesetzes, i) Wochenendhäuser auf Wochenendplätzen; 2. Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung:
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a) Abgasanlagen in und an Gebäuden sowie frei stehende Abgasanlagen mit einer Höhe bis zu 10 m,
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b) Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren in und an Dach- und Außenwandflächen sowie gebäudeunabhängig mit einer Höhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge bis zu 9 m, c) sonstige Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung (2) Verfahrensfrei ist die Änderung der Nutzung von Anlagen, wenn 1. für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen oder 2. die Errichtung oder Änderung der Anlagen nach Absatz 1 verfahrensfrei wäre. Aus dieser Übersicht wird ersichtlich, dass bei kleinen Gebäuden keine besonderen Anforderungen an die Genehmigung gestellt werden. Wichtig ist jedoch der Absatz (2): → Beispiel: Wird ein Speicher eines Gebäudes zu Wohnzwecken um- und ausgebaut, unterliegt diese Maßnahme der Baugenehmigung, weil eine Nutzungsänderung vom Abstellraum zu einem Wohnraum erfolgen soll. Gleiches gilt auch dann, wenn aus dem Abstellraum ein Technikraum für Heizung, Wärmetauscher usw. entstehen soll. Nachdem es sich bei dieser Sanierung eines Dachgeschosses um die Schaffung von Wohnraum handelt, wurden und werden durch gesetzliche Vorgaben diese Genehmigungsverfahren erleichtert bis hin zur verfahrensfreien Regelung. Beachtet werden muss jedoch, dass es in der Regel deutlich zu unterscheiden ist, ob nur die Schaffung von zusätzlichen Wohnräumen (verfahrensfrei) oder um die Schaffung einer kompletten Wohnung im Dachgeschoss geht (nicht verfahrensfrei). Hierzu sind dann mindestens die Vorgaben des folgenden Verfahrens anzuwenden: Zweite Eingrenzung: § 62 MBO (Auszug) Genehmigungsfreistellung (1) Keiner Genehmigung bedarf unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen (bis zu einer bestimmten Gebäudeklasse) die keine Sonderbauten sind. (2) Nach Absatz 1 ist ein Bauvorhaben genehmigungsfrei gestellt, wenn 1. es im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 Abs. 1 oder der §§ 12, 30 Abs. 2 des Baugesetzbuchs (BauGB) liegt, 2. es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht, 3. die Erschließung im Sinne des BauGB gesichert ist und 4. die Gemeinde nicht innerhalb der Frist nach Absatz 3 Satz 2 erklärt, dass das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll oder eine vorläufige Untersagung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB beantragt. Hier werden zum Verständnis Begriffserklärungen eingeschoben: → Was sind Gebäudeklassen?
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§ 2 MBO (Auszug) Begriffe (3) 1Gebäude werden in folgende Gebäudeklassen eingeteilt: 1. Gebäudeklasse 1: a) frei stehende Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 qm und b) frei stehende land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gebäude, 2. Gebäudeklasse 2: Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 qm, 3 Gebäudeklasse 3: sonstige Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m, 4. Gebäudeklasse 4: Gebäude mit einer Höhe bis zu 13 m und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 qm, 5. Gebäudeklasse 5: sonstige Gebäude einschließlich unterirdischer Gebäude. 2Höhe
im Sinne des Satzes 1 ist das Maß der Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, über der Geländeoberfläche im Mittel. 3Die Grundflächen der Nutzungseinheiten im Sinne dieses Gesetzes sind die Brutto-Grundflächen; bei der Berechnung der Brutto-Grundflächen nach Satz 1 bleiben Flächen in Kellergeschossen außer Betracht. → Die zweite Eingrenzung einer Baumaßnahme ist demnach die Gebäudehöhe und deren Ausdehnung. Leider sind auch diese Definitionen noch Ländersache und können daher nicht allumfassend angegeben werden. Zudem würde wegen der Änderungswut der Normengeber und Politiker das Buch sehr schnell veralten.
Dritte Eingrenzung Die Nutzung eines Gebäudes ist sehr stark von der Art der Baugenehmigung abhängig. Bei Wohnbauten besteht die einfachste Form der Genehmigungsverfahren, bei Sonderbauten die ausführlichste und teilweise sehr bürokratische Form der Baugenehmigungsverfahren. § 2 MBO (Auszug) Begriffe (4) Sonderbauten sind Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung, die einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllen: 1. Hochhäuser (Gebäude mit einer Höhe nach Absatz 3 Satz 2 von mehr als 22 m),
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2. bauliche Anlagen mit einer Höhe von mehr als 30 m,
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3. Gebäude mit mehr als 1.600 qm Grundfläche des Geschosses mit der größten Ausdehnung, ausgenommen Wohngebäude, 4. Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume und Ladenstraßen eine Grundfläche von insgesamt mehr als 800 qm haben, 5. Gebäude mit Räumen, die einer Büro- oder Verwaltungsnutzung dienen und einzeln eine Grundfläche von mehr als 400 qm haben, 6. Gebäude mit Räumen, die einzeln für die Nutzung durch mehr als 100 Personen bestimmt sind, 7. Versammlungsstätten a) mit Versammlungsräumen, die insgesamt mehr als 200 Besucher fassen, wenn diese Versammlungsräume gemeinsame Rettungswege haben, b) im Freien mit Szenenflächen und Freisportanlagen, deren Besucherbereich jeweils mehr als 1 000 Besucher fasst und ganz oder teilweise aus baulichen Anlagen besteht 8. Schank- und Speisegaststätten mit mehr als 40 Gastplätzen, Beherbergungsstätten mit mehr als 12 Betten und Spielhallen mit mehr als 150 qm Grundfläche, 9. Krankenhäuser, Heime und sonstige Einrichtungen zur Unterbringung oder Pflege von Personen, 10. Tageseinrichtungen für Kinder, behinderte und alte Menschen, 11. Schulen, Hochschulen und ähnliche Einrichtungen, 12. Justizvollzugsanstalten und bauliche Anlagen für den Maßregelvollzug, 13. Camping- und Wochenendplätze, 14. Freizeit- und Vergnügungsparks, 15. Fliegende Bauten, soweit sie einer Ausführungsgenehmigung bedürfen, 16. Regallager mit einer Oberkante Lagerguthöhe von mehr als 7,50 m 17. bauliche Anlagen, deren Nutzung durch Umgang oder Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verbunden ist, 18. Anlagen und Räume, die in den Nummern 1 bis 17 nicht aufgeführt und deren Art oder Nutzung mit vergleichbaren Gefahren verbunden sind. Diese Eingrenzungen müssen bei der Art des zu sanierenden Gebäudes berücksichtigt werden. Sonderbauten können also nicht nach den vereinfachten Verfahren abgehandelt werden. Beispiel Im günstigsten Fall wird ein Wohngebäude bis zu einer Höhe des obersten Fußbodens von 7 m zu sanieren sein. Die Baumaßnahmen entsprechen dem Bebauungsplan, den die Gemeinde erstellt hat. Oftmals wird hierbei auch von einer Ortssatzung gesprochen. Sowohl die Ortssatzung als auch der Bebauungsplan sind freiwillige Leistungen der Gemeinden. Ein Bauherr hat also keinen Rechtsanspruch darauf, dass die Gemeinde entsprechende Festlegungen trifft. Allerdings wird durch diese Festlegungen für das Bauen im Gemeindegebiet Klarheit geschaffen, die auch eine gewisse Rechtssicherheit bringt. Ersatzweise muss sonst die Beurteilung des Bauvorhabens von den §§ 29ff des Baugesetzbuches abhängig gemacht werden. „Frei bauen“ ohne Auflagen ist kaum denkbar.
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18 Rechtliche Grundlagen
In jedem Fall müssen Unterlagen - wie zu einer Baugenehmigung erforderlich - angefertigt und bei der Gemeinde abgegeben werden. Die Fertigung der Unterlagen obliegt einem Entwurfsverfasser oder direkt einem Bauvorlageberechtigten, den der Bauherr beauftragen muss. Weiter bestimmt § 62 MBO Genehmigungsfreistellung (3) 1Der Bauherr hat die erforderlichen Unterlagen bei der Gemeinde einzureichen; die Gemeinde legt, soweit sie nicht selbst Bauaufsichtsbehörde ist, eine Fertigung der Unterlagen unverzüglich der unteren Bauaufsichtsbehörde vor. → 2Mit dem Bauvorhaben darf einen Monat nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen bei der Gemeinde begonnen werden. 3Teilt die Gemeinde dem Bauherrn vor Ablauf der Frist schriftlich mit, dass kein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll und sie eine Untersagung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht beantragen wird, darf der Bauherr mit der Ausführung des Bauvorhabens beginnen; von der Mitteilung nach Halbsatz 1 hat die Gemeinde die Bauaufsichtsbehörde zu unterrichten. 4Will der Bauherr mit der Ausführung des Bauvorhabens mehr als drei Jahre, nachdem die Bauausführung nach den Sätzen 2 und 3 zulässig geworden ist, beginnen, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.
(4) 1Die Erklärung der Gemeinde nach Absatz 2 Nr. 4 erste Alternative kann insbesondere deshalb erfolgen, weil sie eine Überprüfung der sonstigen Voraussetzungen des Absatzes 2 oder des Bauvorhabens aus anderen Gründen für erforderlich hält. 2Darauf, dass die Gemeinde von ihrer Erklärungsmöglichkeit keinen Gebrauch macht, besteht kein Rechtsanspruch. 3Erklärt die Gemeinde, dass das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, hat sie dem Bauherrn die vorgelegten Unterlagen zurückzureichen. 4Hat der Bauherr bei der Vorlage der Unterlagen bestimmt, dass seine Vorlage im Fall der Erklärung nach Absatz 2 Nr. 4 als Bauantrag zu behandeln ist, leitet sie die Unterlagen gleichzeitig mit der Erklärung an die Bauaufsichtsbehörde weiter. Die Fertigung der Unterlagen obliegt einem Entwurfsverfasser oder direkt einem Bauvorlageberechtigten, einem Architekten, den der Bauherr beauftragen muss. Dieser Bauvorlageberechtigte hat die ganze Baumaßnahme im Sinne der Ortssatzung, des Bebauungsplanes, der Baunutzungsverordnung, des Baugesetzbuches u. a. m. abzustimmen und sollte neben dem Bauherrn auch der Ansprechpartner der Gemeinde und des Bauamtes sein. Daher kann dann schon alsbald nach der Abgabe der erforderlichen Unterlagen beim Gemeindeamt mit dem Sanieren begonnen werden. → Sobald aber die Vorstellungen des Bauherrn Maßnahmen erfordern, die nicht der Ortssatzung oder dem Bebauungsplan entsprechen, muss eine weitere Stufe im Baugenehmigungsverfahren erklommen werden: Vierte Eingrenzung § 63 MBO
18
Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren Außer bei Sonderbauten prüft die Bauaufsichtsbehörde
18.6 Öffentliches Baurecht
669
1. die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB, 2. beantragte Abweichungen im Sinne des § 67 Abs. 1 und 2 Satz 2 sowie 3. andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird. Beispiel a) Dachflächenfenster sind vorhanden oder vorgesehen. Diese Anordnung ist in der Regel verfahrensfrei, die Fenster können eingebaut werden. Sollte ein qualifizierter Bebauungsplan (eine Ortssatzung) für das Baugebiet vorliegen, wird überprüft, ob Dachflächenfenster der gewünschten Größenordnung eingebaut werden können. Eventuell muss bei der Gemeinde ein Übersichtsplan dazu eingereicht werden. Weitere Maßnahmen sind nicht erforderlich. b) Dachgauben sollen eingebaut werden. Will der Bauherr Dachgauben einbauen, wird überprüft, ob diese nach dem Bebauungsplan (Ortssatzung) vorgesehen sind. Oftmals sind auch hier die Größenordnungen (z. B. Fenstergröße oder Ansichtsfläche) angegeben. Sind keine Dachgauben vorgesehen oder will der Bauherr größere Abmessungen, so muss er eine Baueingabe fertigen lassen. Diese wird mit einem sog. „Abweichungsantrag“ bei der Gemeinde abgegeben. → Abweichungsantrag: Einbau von Dachgauben statt Dachflächenfenster Die Gemeinde leitet die Unterlagen mit ihrer eigenen Stellungnahme an die übergeordnete Baugenehmigungsbehörde weiter. Vermehrt besitzen Gemeinden auch für eine begrenzte Gebäudegröße sogar die Zulassung des Innenministeriums, diese Überprüfungen selber vornehmen zu dürfen. Die Baugenehmigungsbehörde hat also die Baugenehmigungsunterlagen erhalten. Aber Achtung! Die Behörde prüft jetzt nicht das ganze Bauvorhaben auf seine Zulässigkeit ab, sondern prüft ausschließlich den Abweichungsantrag. Bei unserem Beispiel nimmt sie dazu Stellung, ob Dachgauben statt Dachflächenfenstern bei dem geplanten Gebäude genehmigt werden können. Nur offensichtliche Planungsfehler können zusätzlich gerügt werden. Verpflichtung dazu besteht jedoch für die Behörde nicht. Diese Vorgehensweise wurde oben unter § 63 MBO angegeben. Fünfte Eingrenzung Ergeben sich nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde oder der Gemeinderäte Unklarheiten, oder sind besondere Maßnahmen durch Einbeziehung weiterer Ämter (Umwelt, Naturschutz u. a. m.) erforderlich, so ergibt sich für alle übrigen Bauvorhaben dann doch noch die alte Form der vollständigen Abarbeitung einer Baugenehmigung durch das Bauamt. § 64 MBO Baugenehmigungsverfahren 1Bei
genehmigungsbedürftigen baulichen Anlagen, die nicht unter § 63 fallen, prüft die Bauaufsichtsbehörde
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18 Rechtliche Grundlagen
1. die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB, 2. Anforderungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes und aufgrund dieses Gesetzes, 3. andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird. In Tabelle 18.1 sind die wesentlichen Unterschiede der Verfahren aufgezeigt. Allerdings gibt es regionale Unterschiede und Zusatzbestimmungen, die eine generelle Darstellung aller Möglichkeiten in dieser Übersicht aus Gründen des Umfangs nicht zulässt. Hier müssten die Tabellen für alle Bundesländer getrennt aufgeführt werden. Tabelle 18.1 Übersicht über die verschiedenen Verfahren, bezogen auf Dachsanierungen Bauvorhaben Kleinere Vorhaben, Sanierung im Innenbereich Nutzungsänderung Wohnung in Büro eines Freiberuflers Nutzungsänderung Speicher in Wohnraum Nutzungsänderung Wohnraum in Gewerbebüro Keine Sonderbauten nach Ortssatzung / Bebauungsplan Keine Sonderbauten mit Abweichungen von der Ortssatzung oder des Bebauungsplans Sonderbauten
Genehmigungsverfahren Verfahrensfrei
Bauvorlagen Keine
Verfahrensfrei
Keine
Genehmigungsfreistellung, auch „Anzeigeverfahren“
Baueingabe nach Landesrecht (BauvorlagenV)
Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren
Baueingabe nach Landesrecht (BauvorlagenV)
Anzeigeverfahren Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren
Baueingabe nach Landesrecht (BauvorlagenV) Baueingabe nach Landesrecht (BauvorlagenV)
Ausführliches Baugenehmigungsverfahren
Baueingabe nach Landesrecht (BauvorlagenV)
18.6.7 Bauausführung Die Beherrschung der Vielzahl von behördlichen Vorgaben kann in den seltensten Fällen durch den Bauherrn selber durchgeführt werden. Gesetzlich ist er dazu verpflichtet. (Siehe „Die am Bau Beteiligten“ 18.6.4) Der Bauherr übergibt dem Bauunternehmer alle erforderlichen Unterlagen. Hierzu gehören auch die Unterlagen der Bauphysik (siehe Kapitel 4): § 13 MBO Schutz gegen schädliche Einflüsse 1Bauliche
18
Anlagen müssen so angeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein, dass durch Wasser, Feuchtigkeit, pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikali-
18.6 Öffentliches Baurecht
671
sche oder biologische Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. 2Baugrundstücke müssen für bauliche Anlagen geeignet sein. → Einfluss des Bauamtes nur über die Bauprodukte, Regelungen nach Abschnitt III der MBO. Die §§ 17–25 werden hier jedoch nicht im Einzelnen wiedergegeben. Die Einhaltung der Vorschriften obliegt mehrheitlich den Pflichten der ausführenden Handwerker. § 14 MBO Brandschutz Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren, sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. → Auch für den in diesem Buch zu behandelnden Bereich der Dachsanierung ergibt sich eine Vielzahl von Vorschriften, die im Folgenden auf die MBO bezogen abgehandelt werden. § 15 MBO Wärme-, Schall-, Erschütterungsschutz (1) Gebäude müssen einen ihrer Nutzung und den klimatischen Verhältnissen entsprechenden Wärmeschutz haben. (2) 1Gebäude müssen einen ihrer Nutzung entsprechenden Schallschutz haben. 2Geräusche, die von ortsfesten Einrichtungen in baulichen Anlagen oder auf Baugrundstücken ausgehen, sind so zu dämmen, dass Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Für diese vorgeschriebenen Nachweise wird in den meisten Bundesländern keine Überprüfung verlangt. Daher werden die Berechnungen und Zeichnungen von den Bauherrn in der Regel auch nicht angefertigt. → Die Überprüfung der Nachweise zur Energieeinsparung setzen sich immer mehr durch. → Die Überprüfung der Nachweise zum Schallschutz werden momentan nicht mehr gefordert, weil die Regelwerke zum größten Teil völlig veraltet sind und auch die Rechtsprechung uneinheitlich ist. → Die Nachweise und Überprüfungen zum vorbeugenden Brandschutz sind von der Größenordnung des Bauvorhabens und der jeweiligen Nutzung abhängig. § 16 MBO Verkehrssicherheit (1) Bauliche Anlagen und die dem Verkehr dienenden nicht überbauten Flächen von bebauten Grundstücken müssen verkehrssicher sein. (2) Die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs darf durch bauliche Anlagen oder deren Nutzung nicht gefährdet werden. Dieser Bereich ist bei allen Baumaßnahmen problematisch. Maßnahmen zur Sicherheit, die „nichts bringt und nur Kosten erzeugt“ werden vom ökonomisch denkenden Bauherrn nicht in Auftrag gegeben. Diese Maßnahmen werden dann akut, wenn bei verschiedenen Genehmigungsverfahren in einzelnen Bundesländern die amtliche Bauaufsicht eine Genehmigung der
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18 Rechtliche Grundlagen
Nutzung des Gebäudes zum Ende der Baumaßnahmen aussprechen muss. Bei der dann durchzuführenden Ortsbesichtigung kann es dann zu Komplikationen bis hin zur Verweigerung der Nutzungsgenehmigung durch die Baubehörde kommen. Einher gehen damit dann auch Ordnungswidrigkeitsstrafen in teilweise beträchtlicher Höhe. → Der Bauherr hat also alle Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen zu ergreifen. Die Ergebnisse hat er den beauftragten Firmen mitzuteilen. → Und was macht der beauftragte Handwerker? Auch er ist verpflichtet, nur nach genehmigten Unterlagen unter Einhaltung aller öffentlich-rechtlichen Anforderungen auszuführen (siehe: die am Bau Beteiligten 18.6.4). Die Handwerker müssen den Bauherrn zur Übergabe der benötigten Unterlagen auffordern. Leider geschieht dieses nur selten. Damit sind die Handwerker bereits aus Sicht der Bauordnung strafbewehrt. An dieser Stelle entsteht die Verknüpfung vom öffentlichen Recht zum privaten Recht (Vertragsrecht, Haftung usw.).
18.6.8 Konstruktive Vorgaben der Bauordnungen Welche konstruktiven Vorgaben beinhalten die Baugesetze und speziell die Bauordnung? Einen großen Wert legt die Bauordnung auf die Einhaltung des konstruktiven (vorbeugenden) Brandschutzes.
Bild 18.1 Grenzen der Bestimmungen zum Brandschutz
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673
18.6 Öffentliches Baurecht
§ 26 MBO Allgemeine Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen
(1) 1Baustoffe werden nach den Anforderungen an ihr Brandverhalten unterschieden in 1. nicht brennbare, (A)
EU:
(A)
2. schwer entflammbare, (B1)
(B-C)
3. normal entflammbare. (B2)
(C-E)
2Baustoffe,
die nicht mindestens normal entflammbar sind (leicht entflammbare Baustoffe) dürfen nicht verwendet werden; dies gilt nicht, wenn sie in Verbindung mit anderen Baustoffen nicht leicht entflammbar sind. Daher Achtung beim leichten Dachausbau mit leicht entflammbaren Stoffen wie Textilien, Papier, nicht behandelte Schafwolle als Dämmung u. a. m. Näheres ist den jeweiligen Stoffbeschreibungen und den Zulassungen der Baustoffe oder der Bausysteme zu entnehmen. (Siehe auch: Kapitel Bauphysik – Brandschutz) (2) 3Bauteile werden nach den Anforderungen an ihre Feuerwiderstandsfähigkeit unterschieden in 1. feuerbeständige (F90) 2. hochfeuerhemmende (F60) 3. feuerhemmende (F30 4. hochfeuerbeständige (F120). Die Feuerwiderstandsfähigkeit bezieht sich bei – tragenden und aussteifenden Bauteilen auf deren Standsicherheit im Brandfall, – bei raumabschließenden Bauteilen auf deren Widerstand gegen die Brandausbreitung.
4 Bauteile
werden zusätzlich nach dem Brandverhalten ihrer Baustoffe unterschieden in
1. Bauteile aus nicht brennbaren Baustoffen, 2. Bauteile, deren tragende und aussteifende Teile aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen und die bei raumabschließenden Bauteilen zusätzlich eine in Bauteilebene durchgehende Schicht aus nicht brennbaren Baustoffen haben, 3. Bauteile, deren tragende und aussteifende Teile aus brennbaren Baustoffen bestehen und die allseitig eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung aus nicht brennbaren Baustoffen (Brandschutzbekleidung) und Dämmstoffe aus nicht brennbaren Baustoffen haben, 4. Bauteile aus brennbaren Baustoffen. 5Soweit in diesem Gesetz oder in Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes nichts anderes bestimmt ist, müssen
1. Bauteile, die feuerbeständig sein müssen, mindestens den Anforderungen des Satzes 2 Nr. 2, 2. Bauteile, die hochfeuerhemmend sein müssen, mindestens den Anforderungen des Satzes 2 Nr. 3 entsprechen.
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18 Rechtliche Grundlagen
Übersicht: F 30: feuerhemmend F60: hochfeuerhemmend F90: feuerbeständig F120: hochfeuerbeständig Immer in Verbindung mit: A
= aus nicht brennbaren Stoffen
AB = aus in den wesentlichen Teilen aus nicht brennbaren Stoffen B
= aus brennbaren Stoffen
→ Alleine aus dieser Aufzählung wird ersichtlich, dass eine Sanierung des Dachgeschosses nicht ohne fachliche Hilfe zu bewerkstelligen ist. Der Dachausbau mit den leichten Elementen des Trockenbaus verleitet viele Bauherrn dazu, ohne Hilfe in Eigenregie die Arbeiten auszuführen. Sollte aus irgendwelchen Gründen das Bauordnungsamt eine Kontrolle durchführen, oder diese Kontrolle auf Veranlassung eines neuen Mieters erfolgen, kann die Vermietung wegen Sicherheitsmängeln untersagt werden. Zu den einzelnen Bauelementen: § 27 MBO Tragende Wände, Stützen (1) 1Tragende und aussteifende Wände und Stützen müssen im Brandfall ausreichend lang standsicher sein. 2Sie müssen 1. in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 feuerbeständig, 2. in Gebäuden der Gebäudeklasse 4 hochfeuerhemmend, 3. in Gebäuden der Gebäudeklassen 2 und 3 feuerhemmend, sein. 3 Satz
2 gilt
1. für Geschosse im Dachraum nur, wenn darüber noch Aufenthaltsräume möglich sind; § 29 Abs. 4 bleibt unberührt, 2. nicht für Balkone, ausgenommen offene Gänge, die als notwendige Flure dienen. (2) Im Kellergeschoss müssen tragende und aussteifende Wände und Stützen 1. in Gebäuden der Gebäudeklassen 3 bis 5 feuerbeständig, 2. in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 feuerhemmend sein.
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18.6 Öffentliches Baurecht
Bild 18.2 Dachausbau und Brandschutz
Wird ein Dachgeschoss in der ersten Ebene ausgebaut, brauchen in der Regel an die tragenden Wände keine Anforderungen gestellt werden. Die Ausnahme bilden die Trennwände zum Treppenhaus. Sobald aber ein Dach oberhalb der Kehlbalken zu einem „Studio“ ausgebaut wird, müssen die tragenden Wände im ersten Dachgeschoss den Brandschutzanforderungen nach Abs. (1) entsprechen. Dann muss auch die Gebäudehöhe beachtet werden (Bild 18.1 und 18.2). Diese Bestimmungen gelten auch dann, wenn nach einer Länderbauordnung keine Baueingabe erforderlich ist. Die zahlreichen Dachsanierungen und Dachausbauten, die ohne Berücksichtigung der Vorschriften errichtet worden sind, können jederzeit zu einem Risikobereich ausarten. Im Sinne der Rechtsprechung sind alle Baumaßnahmen als Schwarzbauten einzuordnen, die zum Zeitpunkt der Errichtung nicht genehmigungsfähig gewesen sind. Dies gilt auch noch nach Jahrzehnten!
Bild 18.3 Der Kniestock ist Teil der Außenwand
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18 Rechtliche Grundlagen
Kniestöcke oder Drempel sind Wandbereiche unterhalb der Fußpfette eines Holzdaches, die oberhalb der letzten Decke noch senkrecht fortgeführt werden. Dadurch wird die Außenwand hochgezogen und die lichte Raumhöhe im Dachgeschoss erhöht. Auch für Außenwände werden Anforderungen an den Brandschutz formuliert. Je nach Bundesland und Gebäudeklasse (Höhe) bestehen Anforderungen, die allgemein nach § 28 MBO zu erfüllen sind. In der Regel ergeben sich für den Bereich der Dachsanierung nur wenige Forderungen, weshalb auf eine weitere Darstellung verzichtet wird. Bei Innenwänden ist Vorsicht geboten, weil hier die Bauordnungen von Trennwänden sprechen. Hierbei ist jedoch nicht die Trennwand zwischen zwei Räumen (Kinderzimmer – Wohnzimmer) gemeint. Der Begriff Trennwand betrifft die Wand zwischen zwei Nutzungseinheiten. Sind im Dachgeschoss mehrere Zimmer innerhalb einer Wohnung vorhanden, gibt es baurechtlich nur eine Trennwand, nämlich die zwischen der Wohnung und dem Treppenhaus. Sind jedoch zwei Wohnungen im Dachgeschoss angeordnet, sind baurechtlich Trennwände alle die, die zwischen den zwei Wohnungen und zwischen den Wohnungen und dem Treppenhaus liegen. Für diese Wände sind Maßnahmen vorzusehen, die in § 29 MBO festgehalten sind: § 29 MBO Trennwände (1) Trennwände nach Absatz 2 müssen als raumabschließende Bauteile von Räumen oder Nutzungseinheiten innerhalb von Geschossen ausreichend lang widerstandsfähig gegen die Brandausbreitung sein. (2) Trennwände sind erforderlich 1. zwischen Nutzungseinheiten sowie zwischen Nutzungseinheiten und anders genutzten Räumen, ausgenommen notwendigen Fluren, 2. zum Abschluss von Räumen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr, 3. zwischen Aufenthaltsräumen und anders genutzten Räumen im Kellergeschoss. (3) 1Trennwände nach Absatz 2 Nrn. 1 und 3 müssen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile des Geschosses haben, jedoch mindestens feuerhemmend sein. 2Trennwände nach Absatz 2 Nr. 2 müssen feuerbeständig sein. (4) Die Trennwände nach Absatz 2 sind bis zur Rohdecke, im Dachraum bis unter die Dachhaut zu führen; werden in Dachräumen Trennwände nur bis zur Rohdecke geführt, ist diese Decke als raumabschließendes Bauteil einschließlich der sie tragenden und aussteifenden Bauteile feuerhemmend herzustellen. (5) Öffnungen in Trennwänden nach Absatz 2 sind nur zulässig, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind; sie müssen feuerhemmende, dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben. (6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 und 2.
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Bei der Dachsanierung sind dann beim Dachgeschossausbau diese Kriterien zu beachten. Ein alleiniger Ausbau mit Trockenbauplatten einfachster Form ist dann oftmals nicht ausreichend. Hier sind die Arbeitsanweisungen der gewählten Systemanbieter zu beachten. Allerdings muss die Anforderung am Bauort bei der Baugenehmigungsbehörde abgefragt werden. Dies wird der örtlich ansässige Handwerker automatisch beachten.
18.6 Öffentliches Baurecht
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Neben den Festlegungen für Trennwände gibt es auch weitergehende Bestimmungen, wenn aus Gründen des Brandschutzes einzelne Bereiche durch gesondert ausgesteifte Wände abgetrennt werden müssen. Als Beispiel sind diese sog. Brandwände bei Doppelhäusern oder einer Reihenhausanlage immer zwischen den einzelnen Häusern an der jeweiligen Grenzwand anzuordnen. Sollte in einem Haus ein Brand ausbrechen, darf sich weder das Feuer noch der Rauch auf das angrenzende Haus übertragen. Leider sind auch hier die Anforderungen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich, sodass der Text der MBO angegeben wird: § 30 MBO Brandwände (1) Brandwände müssen als raumabschließende Bauteile zum Abschluss von Gebäuden (Gebäudeabschlusswand) oder zur Unterteilung von Gebäuden in Brandabschnitte (innere Brandwand) ausreichend lang die Brandausbreitung auf andere Gebäude oder Brandabschnitte verhindern.
Bild 18.4 Die Standsicherheit muss gewährleistet bleiben
(2) Brandwände sind erforderlich 1. als Gebäudeabschlusswand, ausgenommen von Gebäuden ohne Aufenthaltsräume und ohne Feuerstätten mit nicht mehr als 50 m3 Brutto-Rauminhalt, wenn diese Abschlusswände an oder mit einem Abstand bis zu 2,50 m gegenüber der Grundstücksgrenze errichtet werden, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist,
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18 Rechtliche Grundlagen
Bild 1
2,5 m
2,5 m 5m
Bild 18.5 2,50 m-Zone, Gebäudeabschlusswand
2. als innere Brandwand zur Unterteilung ausgedehnter Gebäude in Abständen von nicht mehr als 40 m, 3. als innere Brandwand zur Unterteilung landwirtschaftlich genutzter Gebäude in Brandabschnitte von nicht mehr als 10 000 m³ Brutto-Rauminhalt, 4. als Gebäudeabschlusswand zwischen Wohngebäuden und angebauten landwirtschaftlich genutzten Gebäuden sowie als innere Brandwand zwischen dem Wohnteil und dem landwirtschaftlich genutzten Teil eines Gebäudes.
Bild 18.6 Gebäudetrennwände, RH
(3) 1Brandwände müssen auch unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung feuerbeständig sein und aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen. 2Anstelle von Brandwänden nach Satz 1 sind zulässig
18
1. für Gebäude der Gebäudeklasse 4 Wände, die auch unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung hochfeuerhemmend sind, 2. für Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 hochfeuerhemmende Wände,
18.6 Öffentliches Baurecht
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Bild 18.7 Gebäudetrennwände, RH
3. für Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 Gebäudeabschlusswände, die jeweils von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Teile des Gebäudes, mindestens jedoch feuerhemmende Bauteile, und von außen nach innen die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile haben (Bilder 18.6 und 18.7), 4. in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 4 feuerbeständige Wände, wenn der umbaute Raum des landwirtschaftlich genutzten Gebäudes oder Gebäudeteils nicht größer als 2.000 cbm ist. (4) 1Brandwände müssen bis zur Bedachung durchgehen und in allen Geschossen übereinander angeordnet sein. 2 Abweichend davon dürfen anstelle innerer Brandwände Wände geschossweise versetzt angeordnet werden, wenn 1. die Wände im Übrigen Absatz 3 Satz 1 entsprechen, 2. die Decken, soweit sie in Verbindung mit diesen Wänden stehen, feuerbeständig sind, aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen und keine Öffnungen haben, 3. die Bauteile, die diese Wände und Decken unterstützen, feuerbeständig sind und aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen, 4. die Außenwände in der Breite des Versatzes in dem Geschoss oberhalb oder unterhalb des Versatzes feuerbeständig sind und
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18 Rechtliche Grundlagen
Bild 18.8 Gebäudetrennwände, Wandkopfausbildung
5. Öffnungen in den Außenwänden im Bereich des Versatzes so angeordnet oder andere Vorkehrungen so getroffen sind, dass eine Brandausbreitung in andere Brandabschnitte nicht zu befürchten ist.
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Bild 18.9 Beispiele Verhinderung von Brandüberschlag
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18.6 Öffentliches Baurecht
Bild 18.10
Beispiele Wandkopfausbildung
(5) 1Brandwände sind 0,30 m über die Bedachung zu führen oder in Höhe der Dachhaut mit einer beiderseits 0,50 m auskragenden feuerbeständigen Platte aus nicht brennbaren Baustoffen abzuschließen; darüber dürfen brennbare Teile des Daches nicht hinweggeführt werden. 2 Bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 sind Brandwände mindestens bis unter die Dachhaut zu führen. 3Verbleibende Hohlräume sind vollständig mit nicht brennbaren Baustoffen auszufüllen. (6) Müssen Gebäude oder Gebäudeteile, die über Eck zusammenstoßen, durch eine Brandwand getrennt werden, so muss der Abstand dieser Wand von der inneren Ecke mindestens 5 m betragen; das gilt nicht, wenn der Winkel der inneren Ecke mehr als 120 Grad beträgt
5m
5m
5m 5m
Bild 18.11 5 m-Zone bei Brandwänden
18
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18 Rechtliche Grundlagen
oder mindestens eineAußenwand auf 5 m Länge als öffnungslose feuerbeständige Wand aus nicht brennbaren Baustoffen ausgebildet ist. (7) 1Bauteile mit brennbaren Baustoffen dürfen über Brandwände nicht hinweggeführt werden. 2Außenwandkonstruktionen, die eine seitliche Brandausbreitung begünstigen können wie Doppelfassaden oder hinterlüftete Außenwandbekleidungen, dürfen ohne besondere Vorkehrungen über Brandwände nicht hinweggeführt werden. 3Bauteile dürfen in Brandwände nur soweit eingreifen, dass deren Feuerwiderstandsfähigkeit nicht beeinträchtigt wird; für Leitungen, Leitungsschlitze und Schornsteine gilt dies entsprechend. (8) 1 Öffnungen in Brandwänden sind unzulässig. 2Sie sind in inneren Brandwänden nur zulässig, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind; die Öffnungen müssen feuerbeständige, dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben. (9) In inneren Brandwänden sind feuerbeständige Verglasungen nur zulässig, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind. (10) Absatz 2 Nr. 1 gilt nicht für seitliche Wände von Vorbauten im Sinne des § 6 Abs. 6, wenn sie von dem Nachbargebäude oder der Nachbargrenze einen Abstand einhalten, der ihrer eigenen Ausladung entspricht, mindestens jedoch 1 m beträgt.
Bild 18.12 Fehlerhafte Rohrdurchführungen
(11) Die Absätze 4 bis 10 gelten entsprechend auch für Wände, die nach Absatz 3 Satz 2 anstelle von Brandwänden zulässig sind. Von ausschlaggebender Bedeutung ist, welche Größe das Gebäude hat und welcher Nutzung es zugeführt werden soll.
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→ Beispiel: Ein Doppelhaus wird verkauft oder vermietet. Sobald im Dachgeschoss (oder in einem anderen Geschoss) die Trennwand zwischen den beiden Haushälften durchbrochen wird, sind Brandschutzanforderungen zu beachten. Auch wenn beide Haushälften zu einer Nutzung zusammengefasst werden sollen, müssen die Rechte beider Grundstückshälften ebenfalls zusammengelegt werden, um aus zwei getrennten Nutzungseinheiten eine einzige Einheit machen zu können. Die Sanierungsarbeiten sind darauf abzustellen. Im Zweifelsfall dürfen nur „betriebsbedingte“ oder „nutzungsbedingte“ Türöffnungen mit Brandschutztüren (T30 – T90) eingebaut werden (siehe Abs. 8). Das bedeutet eventuell (je nach Anforderungen), dass die Türen mit automatischen Schließeinrichtungen versehen werden müssen.
18.6 Öffentliches Baurecht
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Wird zu Beginn der Nutzungsaufnahme eine Brandbeschau oder eine behördliche Abnahme durchgeführt, sind in diesen Bereichen immer Schwierigkeiten zu erwarten. Für Decken ergeben sich analoge Anforderungen wie bei den tragenden Innenwänden (siehe Bild 18.13). In § 31 MBO sind besondere Anforderungen nur dann zu stellen, wenn aus dem oberen Dachspitz ein Studio o. Ä. vorgesehen wird. Gleiches gilt für die Mansardengeschosse.
Bild 18.13 fehlerhafte Deckendurchdringung
18 Bild 18.14
völlig falsche Arbeiten, sowohl vom Betonbauer als auch vom Installateur
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18 Rechtliche Grundlagen
Von besonderer Bedeutung für Dachsanierungen ist der nun folgende § 32 MBO: § 32 MBO Dächer (1) Bedachungen müssen gegen eine Brandbeanspruchung von außen durch Flugfeuer und strahlende Wärme ausreichend lang widerstandsfähig sein (harte Bedachung). Auszug aus DIN 4102-4: 1 Bedachungen aus natürlichen und künstlichen Steinen der Baustoffklasse A sowie aus Beton und Ziegeln. 2) Bedachungen mit oberster Lage aus mindestens 0,5 mm dickem Metallblech (z. B. auch Kernverbundelemente nach DIN 53290 mit Deckschichten aus Blech). Das Blech darf sichtseitig kunststoffbeschichtet sein. 3) Fachgerecht verlegte Bedachungen auf tragenden Konstruktionen gleich welcher Art, auch auf Zwischenschichten aus Wärmedämmstoffen, mindestens der Baustoffklasse B 2 mit – – – –
Bitumen-Dachbahnen nach DIN 52 128, Bitumen-Dachdichtungsbahnen nach DIN 52 130, Bitumen-Schweißbahnen nach DEN 52 13t, Glasvlies-Bitumen-Dachbahnen nach DIN 52 143.
Die Bedachung mit diesen Bahnen muss mindestens 2lagig sein. Bei mit PS-Hartschaum gedämmten Dächern muss eine Bahn eine Trägereinlage aus Glasvlies oder Glasgewebe aufweisen; Kaschierungen von Rolldämmbahnen mit Glasvlieseinlagen zählen hierbei nicht. 4) Beliebige Bedachungen mit vollständig bedeckender, mindestens 5 cm dicker Schüttung aus Kies 16/32 oder mit Bedeckung aus mindestens 4 cm dicken Beton-Werksteinplatten oder anderen mineralischen Platten
1
6
Wind +
1 Brennendes
Nachbargebäude 2 Angrenzender
Brandabschnitt 3 Durchbrand durch
Durchdringung
2
3
4
4 Durchbrand durch
5
5
geschl. Fläche 5 Flammen über
Fassade/Rand 6 Reparaturen mit
offener Flamme
18
Bild 18.15 Mögliche Brandeinwirkungen auf die Außenseite eines Daches
685
18.6 Öffentliches Baurecht
S = Strahlende Wärme
= Flugfeuer
A
B
S
C
S S
Bild 18.16 Beanspruchung der Dachaußenseite bei Feuerübergriff von Nachbargebäuden
Dadurch wird ersichtlich, dass Reeddächer, Holzdeckungen u. a. m. als sog. „Weiche Bedachungen“ nicht widerstandsfähig gegen Flugfeuer sind. Eine Sanierung mit brennbaren Stoffen als Dacheindeckung erfordert spezielle Erkundigungen bei der jeweiligen Baubehörde. Auch denkmalgeschützte Bauwerke unterliegen diesen Regelungen, von denen es jedoch auch eine Vielzahl von Ausnahmen und Zusatzmaßnahmen gibt. Hierzu zählen die im Abs. 2 aufgeführten Abstände von Gebäuden: (2) 1Bedachungen, die die Anforderungen nach Absatz 1 nicht erfüllen, sind zulässig bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3, wenn die Gebäude 1. einen Abstand von der Grundstücksgrenze von mindestens 12 m, 2. von Gebäuden auf demselben Grundstück mit harter Bedachung einen Abstand von mindestens 15 m, 3. von Gebäuden auf demselben Grundstück mit Bedachungen, die die Anforderungen nach Absatz 1 nicht erfüllen, einen Abstand von mindestens 24 m, 4. von Gebäuden auf demselben Grundstück ohne Aufenthaltsräume und ohne Feuerstätten mit nicht mehr als 50 cbm Brutto-Rauminhalt einen Abstand von mindestens 5 m einhalten. 2Soweit
Gebäude nach Satz 1 Abstand halten müssen, genügt bei Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 in den Fällen
1. der Nummer 1 ein Abstand von mindestens 6 m, 2. der Nummer 2 ein Abstand von mindestens 9 m, 3. der Nummer 3 ein Abstand von mindestens 12 m. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für 1. Gebäude ohne Aufenthaltsräume und ohne Feuerstätten mit nicht mehr als 50 m3 BruttoRauminhalt, 2. lichtdurchlässige Bedachungen aus nicht brennbaren Baustoffen; brennbare Fugendichtungen und brennbare Dämmstoffe in nicht brennbaren Profilen sind zulässig, 3. Lichtkuppeln und Oberlichte von Wohngebäuden, Eingangsüberdachungen und Vordächer aus nicht brennbaren Baustoffen, 4. Eingangsüberdachungen und Vordächer aus nicht brennbaren Baustoffen,
18
686
18 Rechtliche Grundlagen
5. Eingangsüberdachungen aus brennbaren Baustoffen, wenn die Eingänge nur zu Wohnungen führen. (4) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 sind 1. lichtdurchlässige Teilflächen aus brennbaren Baustoffen in Bedachungen nach Absatz 1 und 2. begrünte Bedachungen zulässig, wenn eine Brandentstehung bei einer Brandbeanspruchung von außen durch Flugfeuer und strahlende Wärme nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen werden. (5) 1Dachüberstände, Dachgesimse und Dachaufbauten, lichtdurchlässige Bedachungen, Lichtkuppeln und Oberlichte sind so anzuordnen und herzustellen, dass Feuer nicht auf andere Gebäudeteile und Nachbargrundstücke übertragen werden kann. Ein weiterer Gefahrenpunkt bei Dächern wird durch die Randabstände zu Brandwänden geregelt, die im Sinne des Brandschutzes wir Öffnungen anzusehen sind: 2Von Brandwänden und von Wänden, die anstelle von Brandwänden zulässig sind, müssen mindestens 1,25 m entfernt sein
1. Oberlichte, Lichtkuppeln und Öffnungen in der Bedachung, wenn diese Wände nicht mindestens 30 cm über die Bedachung geführt sind, 2. Dachgauben und ähnliche Dachaufbauten aus brennbaren Baustoffen, wenn sie nicht durch diese Wände gegen Brandübertragung geschützt sind. (6) 1Dächer von traufseitig aneinander gebauten Gebäuden müssen als raumabschließende Bauteile für eine Brandbeanspruchung von innen nach außen einschließlich der sie tragenden und aussteifenden Bauteile feuerhemmend sein. 2Öffnungen in diesen Dachflächen müssen waagerecht gemessen mindestens 2 m von der Brandwand oder der Wand, die anstelle der Brandwand zulässig ist, entfernt sein. (7) 1Dächer von Anbauten, die an Außenwände mit Öffnungen oder ohne Feuerwiderstandsfähigkeit anschließen, müssen innerhalb eines Abstands von 5 m von diesen Wänden als raumabschließende Bauteile für eine Brandbeanspruchung von innen nach außen einschließlich der sie tragenden und aussteifenden Bauteile die Feuerwiderstandsfähigkeit der Decken des Gebäudeteils haben, an den sie angebaut werden. 2Dies gilt nicht für Anbauten an Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3. (8) Dächer an Verkehrsflächen und über Eingängen müssen Vorrichtungen zum Schutz gegen das Herabfallen von Schnee und Eis haben, wenn dies die Verkehrssicherheit erfordert. (9) Für vom Dach aus vorzunehmende Arbeiten sind sicher benutzbare Vorrichtungen anzubringen Diese Vorschrift ist äußerst umständlich zu handhaben und erfordert eine große Sorgfalt der Anwender. Daher wurde der Text auch durch entsprechende Bemerkungen aufgelöst. Als weitere Regeln sind die Flucht- und Rettungswege zu beachten. Grundsätzlich gilt, dass jede Nutzungseinheit, also jede Wohnung, jedes Büro usw. auf zwei Wegen evakuiert werden können muss. Für die Dachgeschosse ergeben sich demnach für Gebäude ab drei Wohneinheiten folgende Wege: → Fluchtweg über das abgesicherte Haupttreppenhaus
18
→ Fluchtweg durch Fenster über die Feuerwehrleitern oder → Fluchtweg über ein zweites Nottreppenhaus.
18.6 Öffentliches Baurecht
687
§ 33 MBO Erster und zweiter Rettungsweg (1) Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten müssen in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein; beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb des Geschosses über denselben notwendigen Flur führen. (2) 1Für Nutzungseinheiten nach Absatz 1, die nicht zu ebener Erde liegen, muss der erste Rettungsweg über eine notwendige Treppe führen. 2 Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein. 3Ein zweiter Rettungsweg ist nicht erforderlich, wenn die Rettung über einen sicher erreichbaren Treppenraum möglich ist, in den Feuer und Rauch nicht eindringen können (Sicherheitstreppenraum). (3) 1Gebäude, deren zweiter Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr führt und bei denen die Oberkante der Brüstung von zum Anleitern bestimmten Fenstern oder Stellen mehr als 8 m über der Geländeoberfläche liegt, dürfen nur errichtet werden, wenn die Feuerwehr über die erforderlichen Rettungsgeräte wie Hubrettungsfahrzeuge verfügt. 2 Bei Sonderbauten ist der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr nur zulässig, wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen. Welche Maßnahme zu wählen ist, hängt vor der Nutzungsart der Räume und der dort anwesenden Menschen ab. Insbesondere, wenn ein behindertengerechter Ausbau erforderlich ist, entfällt in der Regel der zweite Fluchtweg über die Feuerwehrleiter. Deshalb ist von besonderer Bedeutung, dass die Treppenhäuser im Dachgeschoss besonders aufmerksam und sorgfältig an die Dachkonstruktionen anzuschließen sind, wie schon im Absatz der Wände näher erläutert wurde. In den meisten Bundesländern sind Ein- und Zweifamilienhäuser von diesen Regelungen ausgenommen. Zwischen den Etagen einzelner Wohnungen sind keine eigenen Treppenräume erforderlich. (§ 35 MBO) Für die lichte Öffnung von Fenstern gibt es in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Größenangaben. Nach § 37 MBO sind dies: (5) 1Fenster, die als Rettungswege nach § 33 Abs. 2 Satz 2 dienen, müssen im Lichten mindestens 0,90 m x 1,20 m groß und nicht höher als 1,20 m über der Fußbodenoberkante angeordnet sein. 2Liegen diese Fenster in Dachschrägen oder Dachaufbauten, so darf ihre Unterkante oder ein davor liegender Austritt von der Traufkante horizontal gemessen nicht mehr als 1 m entfernt sein. Wenn die Masse der Höhe mit 1,20 m und des Vorsprungs von 1,00 m nicht eingehalten werden können, sind innen Trittstufen erlaubt. Bei den Traufvorsprüngen können kleine Balkone vorgebaut werden, die in der Regel aus Metallleichtbau bestehen. Diese Konstruktionen werden oftmals als Feuerwehrbalkone oder Rettungsbalkone bezeichnet, weil die zu rettenden Menschen dort warten können oder müssen, bis die Feuerwehrhubfahrzeuge angelegt haben. → Allerdings sind hier die Bauordnungsämter sehr streng in der Auslegung. So ist schon mancher Dachausbau daran gescheitert, dass es für den zweiten Fluchtweg aus dem Dachgeschoss keine Möglichkeit gab. Deswegen extra ein Sicherheitstreppenhaus anzulegen, scheiterte oftmals an den zu hohen Kosten. Denn Sicherheitstreppenhäuser sind so zu bau-
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688
18 Rechtliche Grundlagen
en, dass bei einem Brand weder Flammen noch Rauch eindringen können. Die Türen werden dann z. B. als Schleusen ausgebildet. Auch müssen die Auflagen des Denkmalschutzes bei Notwendigkeit beachtet werden. Dies bezieht sich dann erst recht auf die Bauart der Treppenläufe selber: § 34 MBO Treppen (1) 1Jedes nicht zu ebener Erde liegende Geschoss und der benutzbare Dachraum eines Gebäudes müssen über mindestens eine Treppe zugänglich sein (notwendige Treppe). 2Statt notwendiger Treppen sind Rampen mit flacher Neigung zulässig. → Zu beachten ist im Dachausbaubereich, dass vorhandene Einschubtreppen für ein auszubauendes zweites Dachgeschoss im Brandschutz als nicht geeignet anzusehen ist. Beide Fluchtwege eines Studios im Dachspitzbereich müssen auf andere Art geregelt werden. → (2) 1Einschiebbare Treppen und Rolltreppen sind als notwendige Treppen unzulässig. 2In Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 sind einschiebbare Treppen und Leitern als Zugang zu einem Dachraum ohne Aufenthaltsraum zulässig. (3) 1Notwendige Treppen sind in einem Zuge zu allen angeschlossenen Geschossen zu führen; sie müssen mit den Treppen zum Dachraum unmittelbar verbunden sein. 2Dies gilt nicht für Treppen 1. in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3, 2. nach § 35 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2. (4) 1Die tragenden Teile notwendiger Treppen müssen 1. in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 feuerhemmend und aus nicht brennbaren Baustoffen, 2. in Gebäuden der Gebäudeklasse 4 aus nicht brennbaren Baustoffen, 3. in Gebäuden der Gebäudeklasse 3 aus nicht brennbaren Baustoffen oder feuerhemmend sein. 2Tragende Teile von Außentreppen nach § 35 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 für Gebäude der Gebäudeklassen 3 bis 5 müssen aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen.
(5) Die nutzbare Breite der Treppenläufe und Treppenabsätze notwendiger Treppen muss für den größten zu erwartenden Verkehr ausreichen. (6) 1Treppen müssen einen festen und griffsicheren Handlauf haben. 2 Für Treppen sind Handläufe auf beiden Seiten und Zwischenhandläufe vorzusehen, soweit die Verkehrssicherheit dies erfordert. (7) Eine Treppe darf nicht unmittelbar hinter einer Tür beginnen, die in Richtung der Treppe aufschlägt; zwischen Treppe und Tür ist ein ausreichender Treppenabsatz anzuordnen. Gesondert sind die Türen zwischen den notwendigen Treppenräumen und den Nutzungseinheiten (Wohnungen, Büros usw.) zu betrachten:
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18.6 Öffentliches Baurecht
689
§ 35 MBO (Auszug) Notwendige Treppenräume, Ausgänge (1) 1Jede notwendige Treppe muss zur Sicherstellung der Rettungswege aus den Geschossen ins Freie in einem eigenen, durchgehenden Treppenraum liegen (notwendiger Treppenraum). 2Notwendige Treppenräume müssen so angeordnet und ausgebildet sein, dass die Nutzung der notwendigen Treppen im Brandfall ausreichend lang möglich ist. (6) 1In notwendigen Treppenräumen müssen Öffnungen 1. zu Kellergeschossen, zu nicht ausgebauten Dachräumen, Werkstätten, Läden, Lager- und ähnlichen Räumen sowie zu sonstigen Räumen und Nutzungseinheiten mit einer Fläche von mehr als 200 qm, ausgenommen Wohnungen, mindestens feuerhemmende, rauchdichte und selbstschließende Abschlüsse, 2. zu notwendigen Fluren rauchdichte und selbstschließende Abschlüsse, 3. zu sonstigen Räumen und Nutzungseinheiten mindestens dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben. Auch hier wird in der Konsequenz darauf zu achten sein, dass im Brandfall die Menschen in den einzelnen Nutzungseinheiten in nahezu rauchfreie Treppenhäuser gelangen können. Zur Sicherstellung der Begehung im Katastrophenfall sind noch weitere Installationen erforderlich: (7) 3Notwendige Treppenräume müssen zu beleuchten sein. 4 Innenliegende notwendige Treppenräume müssen in Gebäuden mit einer Höhe nach § 2 Abs. 3 Satz 2 von mehr als 13 m eine Sicherheitsbeleuchtung haben. (8) 1Notwendige Treppenräume müssen belüftet werden können. 2 Sie müssen in jedem oberirdischen Geschoss unmittelbar ins Freie führende Fenster mit einem freien Querschnitt von mindestens 0,50 qm haben, die geöffnet werden können. 3 Für innenliegende notwendige Treppenräume und notwendige Treppenräume in Gebäuden mit einer Höhe nach § 2 Abs. 3 Satz 2 von mehr als 13 m ist an der obersten Stelle eine Öffnung zur Rauchableitung mit einem freien Querschnitt von mindestens 1 qm erforderlich; sie muss vom Erdgeschoss sowie vom obersten Treppenabsatz aus geöffnet werden können. Neben den Treppenräumen selber sind auch die hinführenden Flure bei größeren Gebäuden durch besondere Sicherheitsmaßnahmen zu sichern. Soweit notwendig, ist hier § 36 MBO zu beachten. Gleiches gilt für Leitungen der Technischen Gebäudeausrüstung, wie am Text der MBO gezeigt wird: § 40 MBO Leitungsanlagen, Installationsschächte und -kanäle (1) Leitungen dürfen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind; dies gilt nicht für Decken 1. in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2, 2. innerhalb von Wohnungen, 3. innerhalb derselben Nutzungseinheit mit nicht mehr als insgesamt 400 qm in nicht mehr als zwei Geschossen.
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690
18 Rechtliche Grundlagen
(2) In notwendigen Treppenräumen, in Räumen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 und in notwendigen Fluren sind Leitungsanlagen nur zulässig, wenn eine Nutzung als Rettungsweg im Brandfall ausreichend lang möglich ist. (3) Für Installationsschächte und -kanäle gelten Absatz 1 sowie § 41 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 entsprechend. Sollen hinter den Abseitenwänden im Dachgeschoss die heute nur noch kleinen Gasheizungen untergebracht werden, ist zu beachten: § 42 MBO (Auszug) Feuerungsanlagen, sonstige Anlagen zur Wärmeerzeugung, Brennstoffversorgung (1) Feuerstätten und Abgasanlagen (Feuerungsanlagen) müssen betriebssicher und brandsicher sein. (2) Feuerstätten dürfen in Räumen nur aufgestellt werden, wenn nach der Art der Feuerstätte und nach Lage, Größe, baulicher Beschaffenheit und Nutzung der Räume Gefahren nicht entstehen. Die besonderen Bestimmungen für Feuerungsanlagen usw. sind zu beachten. Welche Anforderungen werden nach MBO an die Abmessungen von Wohnräumen gestellt? § 47 MBO Aufenthaltsräume (1) 1Aufenthaltsräume müssen eine lichte Raumhöhe von mindestens 2,40 m haben. 2 Dies gilt nicht für Aufenthaltsräume in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 sowie für Aufenthaltsräume im Dachraum. (2) 1Aufenthaltsräume müssen ausreichend belüftet und mit Tageslicht belichtet werden können. 2Sie müssen Fenster mit einem Rohbaumaß der Fensteröffnungen von mindestens 1/8 der Netto-Grundfläche des Raumes einschließlich der Netto-Grundfläche verglaster Vorbauten und Loggien haben. (3) Aufenthaltsräume, deren Nutzung eine Belichtung mit Tageslicht verbietet, sowie Verkaufsräume, Schank- und Speisegaststätten, ärztliche Behandlungs-, Sport-, Spiel-, Werk- und ähnliche Räume sind ohne Fenster zulässig. Hieraus folgt, dass Wohnräume im Dachgeschoss ausreichend große Fenster haben müssen, um bauordnungsrechtlich als Wohnräume zu gelten. Diese Fenster können jedoch entweder als Dachflächenfenster, als Lichtkuppeln oder als Gauben mit senkrechten Fenstern ausgeführt werden. Die Frage des Blickkontaktes ist nach örtlichen Vorgaben zu prüfen. Nur der Vollständigkeit halber wird der erste Absatz der Barrierefreiheit zitiert. Für Dachsanierungen werden diese Regelungen nur in Ausnahmefällen wirksam werden.
18
18.7 Zusammenfassung
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§ 50 MBO (Auszug) Barrierefreies Bauen (1) 1In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. 2In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad sowie die Küche oder die Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich sein. Sollte daher der Dachausbau bedeuten, dass eine dritte Wohnung in das bestehende Haus eingebaut werden soll, so muss nach den Vorgaben der Bauordnung ein Geschoss barrierefrei ausgestattet werden. Entsprechend dem Gleichstellungsgesetz /18.25/ gilt dies auch für Sehbehinderte usw. Demnach muss vor der Ausführung eines Dachausbaus in diesem Fall geprüft werden, ob die Behörden (Bund und Länder!) auf dieser Vorschrift bestehen. Dann gehört zur Dachsanierung als Konsequenz aus einem Dachausbau auch die Aufrüstung eines Geschosses, das wegen der Ebenerdigkeit in der Regel das Erdgeschoss bedeutet.
18.7 Zusammenfassung Öffentlich rechtlich Obwohl in einer Vielzahl der Fälle bei einer Dachsanierung keine Bauanträge gestellt werden müssen, sind alle Bestimmungen des öffentlichen Baurechts einzuhalten: → Ortssatzung (Farbe und Bauart der Dacheindeckung, Dachform u. a. m.) → Bebauungsplan (wie vor, Gauben u. a. m.) → Bauordnung (wie vor, Brandschutzmaßnahmen u. a. m.) → Energieeinsparverordnung u. a. m. → Bauphysikalische Anforderungen (Wärme-, Schall-, Brandschutz) → Statik des Daches bei Zusatzbelastungen oder Konstruktionsänderungen → Bauantrag bei Nutzungsänderungen (bei Dachausbaus) → Je nach Bauort, Bauwerk, Baumaßnahme spezielle Nachweise und Genehmigungen. Privatrechtlich Schwierig ist immer das Verhalten der am Bau Beteiligten: → Was will der Auftraggeber? → Kann der Auftraggeber seine Vorstellungen deutlich machen? → Kann der Auftraggeber alle notwendigen Anträge und Nachweise selber besorgen? → Kann der Auftraggeber die notwendigen Verträge mit Planern und Handwerkern selber fertigen? → Findet der Auftraggeber einen qualifizierten Planer oder will er ihn überhaupt? → Findet der Auftraggeber qualifizierte Handwerker? → Findet der Auftraggeber qualifizierte Bauleiter oder will er ihn überhaupt? → Ist der Auftraggeber in der Lage, die Bauleistung von der Ausschreibung bis zur Abrechnung selber zu erledigen?
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18 Rechtliche Grundlagen
→ Sind die am Bau Beteiligten zur Kooperation bereit? → Immer eine ordnungsgemäße Abnahme der Bauleistung durchführen und dokumentieren. → Für Sicherheiten über die Zeit der Gewährleistung der Handwerker sorgen. Sobald der Auftraggeber und die beteiligten Handwerker vertrauensvoll zusammenarbeiten, braucht sich niemand vor den Sanierungen zu fürchten. Qualifizierte Planer und Handwerker stehen bereit. Das Vertrauen wird durch schriftliche Vereinbarungen, die den Willen beider Seiten klar zum Ausdruck bringen, gestärkt.
18.8 Literatur 18.1
Georg Christoph Lichtenberg, Prof. für Mathematik und Physik, Literat 1742–1799, Zitatensammlung
18.2
GWB
18.3
VgV
18.4
VOB/A
18.5
VOL/A
18.6
VOF
18.7
Europäische Vergaberichtlinien
18.8
§ 7 Satz 1 VOB/A
18.9
EnEV 2009
18.17 § 3 Nr. 3 VOB/A 18.18 § 3 Nr. 3 VOB/A 18.19 § 648a BGB 18.20 § 640 BGB 18.21 § 12 VOB/B 18.22 § 633 BGB 18.23 § 13 (1) VOB/B 18.24 BGH – 08.11.2007 – VII 183/05 (Gebrauchsfähigkeit)
18.10 BGB
18.25 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG – Bund; zusätzlich: Länder!)
18.11 § 631 BGB
18.26 BGH, 05.08.2010, VII ZR 46/09
18.12 VOB/B
18.27 BGH, 27.03.2009, V ZR 30/08
18.13 MBO Musterbauordnung
18.28 BverwG, 01.09.2010, BverG a4 B 21.10
18.14 BGB § 13 18.15 Rechtsgutachten Prof. Niklitsch der Verbraucherverbände
18
18.16 BGB § 126
19 Literatur-, Normen- und Bildquellenverzeichnis Für die Zurverfügungstellung von Zeichnungen, Fotos, Bildvorlagen, technischen Unterlagen sowie fachlichen und textlichen Hinweisen sind wir nachfolgenden Verlagen, Unternehmen und Privatpersonen zu Dank verpflichtet:
19.1 Literatur • Bauphysikkalender mult. • BGB – Bürgerliches Gesetzbuch: Deutscher Taschenbuchverlag München • BRAAS – Dachsysteme, Handbuch Geneigte Dächer, Oberursel 2004 • Buss, H., Geneigte Dächer, WEKA Fachverlage, Augsburg 1990 • DachAtlas, Birkhäuser Verlag für Architektur, Basel 2002 • DACHDECKER Ost, Braunschweig • Dahmlos, H., Bauzeichnen, Verlag Gehlen, Bad Homburg • Drexel, T.; Alte Häuser sanieren, Callwey Verlag, München 1997 • Fachwissen Bau: Handwerk Bau und Technik, Hamburg 1994 • Fingerhut, P.; Schieferdächer,, Verlagsgesellschaft Müller, Köln 2000 • Fischer/Jeni, Das Buch vom Dachausbau Blottner Fachverlag, Taunusstein 2003 • Flachdachtechnologie GmbH, Mannheim 1997 • FOAMGLAS, Haan/Rhl. • Frick/Knöll, Baukonstruktionslehre, Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2009 • Giebeler, M., Dachgeschossausbau, Verlagsgesellschaft R. Müller, Köln 2009 • Halama/Tornow, Handbuch geneigtes Dach, Verlagsgesellschaft Müller, Köln 2009 • Handwerk und Technik, Hamburg • Hermes, Energie Effizientes Bauen, Ausgabe 4/01 und 1/02 • Hinz, D., „Die Verwendung von PE – Folien….“; Forschungsbericht T2973 IRB – Verlag • Hinz, D., Bauwerke zwischen Kulturgut und Wirtschaftsgut, Vortrag an der ETH Zürich, SIA, November 1999 • Hinz, D., Lehrgangsunterlagen • Hinz, D., Restoration, Renovation and Maintenance of Buildings, Symposium RICS London, Oktober 2000 • Hinz, D., Schäden durch energetische Sanierung von Gebäuden, Vortrag beim Symposium „Erhaltung von Bauwerken“ und Seminar an der Technische Akademie Esslingen • Hörmann KG, Steinhagen • Holzapfel, W., Dächer, Fraunhofer IRB Verlag Stuttgart 2009 • Humboldt Bildungsgesellschaft m.b.H., Wien M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
694
19 Literatur-, Normen- und Bildquellenverzeichnis
• Jeni, K.; Dachausbau, Blottner Taunusstein • Kapust, E., Bauklempnerarbeiten, Verlag für Bauwesen Berlin 1980 • Kohl/Bastian/Neizel, Baufachkunde – Grundlagen, B.G. Teubner, Stuttgart 1990 • Kunlein/Wünsche, Dachdeckerarbeiten, Verlag für Bauwesen, Berlin 1989 • Lohmeyer/Post/Bergmann, Praktische Bauphysik, Vieweg+Teubner Verlag • LOROWERK GmbH, Bad Gandersheim • Maier, J., Ausbau von Dachgeschossen, Fraunhofer IRB Verlag 2005 • MBO Musterbauordnung, Deutscher Taschenbuchverlag München • Matthay; C. Der vollkommene Dachdecker, Reprint Verlag, Leipzig 1833 • Neumann/Hinz u. a., Fenster im Bestand, expert-Verlag, Band 652 • OPTIGRÜN AG, Krauchenwies-Gögingen • Punstein, A., Altdeutsche Schieferdeckung, Verlagsgesellschaft Müller, Köln 1996 • Putz – Stuck – Trockenbau, Verlagsgesellschaft Müller, Köln 1991 • Reimers, Denkmalspflege, Reprint Verlag Leipzig • REMMERS GmbH, Bad Düben • REW Energie, Bau-Handbuch, Essen 2000 • Rheinzink, Anwendung in der Architektur, Datteln 2004 • Ricken, H., Der Bauingenieur, Verlag für Bauwesen, Berlin 1994 • RuppKeramik, Das Dach mit gutem Ton, Buchen-Hainstadt 1997 • Siepenkort, Metallarbeiten • Stahr, M., Baustoffkunde, Humboldt Akademie, Wien 2005 • Stahr, M., Bausanierung, 5. Auflage, Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2011 • Stahr, M., Hinz, D., Normengerechte Rohbauausführung von A–Z, WEKA Fachverlage Augsburg 2004 • Stahr/Schönburg, Korrosions und Bautenschutz, Verlag für Bauwesen, Berlin 1986 • Sterly/Böttcher/Walter, Details rund ums Ziegeldach, Verlagsgesellschaft Müller, Köln 2000 • URSA GmbH, Leipzig • Verlag für Bauwesen, (VEB) Berlin • Verlagsanstalt Koch, Leinfelden • VOB – Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen, Beuth Verlag Berlin • Warth, O.; Die Konstruktionen in Holz, Thomas Schäfer Verlag, Hannover • Wilke/Berger, Dachdeckungsarbeiten, Verlag für Bauwesen, Berlin1972
19
695
19.2 Normen und Richtlinien
19.2 Normen und Richtlinien Die Zusammenstellung der Normen und Richtlinien beruht auf dem Stand 2011. Normen und Richtlinien werden aber, besonders im gegenwärtig sich vollziehenden Prozess der EU-Harmonisierung, ständig weiterentwickelt Der Leser sollte deshalb immer den neuesten aktuellen Stand beachten.
19.2.1 Normen DIN 18005-1
Beiblatt1 ; (Schalltechnische Orientierungswerte)
DIN 18005-1
Beiblatt; Schalltechnische Orientierungswerte für die städtebauliche Planung
DIN 18190
Dichtungsbahnen für Bauwerksabdichtungen
DIN 18195:
Bauwerksabdichtungen
DIN 18531
Dachabdichtungen, Begriffe, Anforderungen, Planungsgrundsätze
DIN 18531:
Dachabdichtungen für nicht genutzte Dächer
DIN 18545-1
Abdichten von Verglasungen mit Dichtstoffen
DIN 1986 - 100
Entwässerungsanlage für Gebäude und Grundstücke
DIN 4102-13
Brandschutzgläser
DIN 4108
Wärmeschutz im Hochbau und Beiblatt Wärmebrücken
DIN 4108-1
Wärmeschutz im Hochbau - Größen und Einheiten
DIN 4108-2
Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden - Mindestanforderungen an den Wärmeschutz
DIN 4108-3
Feuchteschutz
DIN 4108-4
Bemessungswerte
DIN 4109: 1989-11
mit Beiblättern und Ergänzungen (Schallschutz)
DIN 52128
Bitumen – Dachbahnen mit Rohfilzeinlage
DIN 52290
Sicherheitsgläser
DIN EN 12056
Flachdachentwässerung
DIN EN 12207 - 12210
Luftdurchlässigkeit, Schlagregendichtheit, Wind
DIN EN 14351
Entwurf; Produktnorm
DIN EN 1873
Vorgefertigte Zubehörteile für Dacheindeckungen – Lichtkuppeln aus Kunststoff
DIN EN 1991 – 1
Einwirkungen auf Tragwerke
DIN EN 356 + DIN 52290
Einbruchhemmung
DIN EN 506
Dachdeckungsprodukte aus Metallblech
DIN EN 673: 2001-01
Thermische Kennwerte Verglasung
19
696
19 Literatur-, Normen- und Bildquellenverzeichnis
DIN EN ISO 10077 DIN EN ISO 10077-1
Thermische Kennwerte allgemein
DIN EN ISO 6946:
Berechnung nicht transparenter Elemente
DIN EN ISO 717-1
Schallschutzverglasung
DIN V 18103 + 18054
Einbruchhemmung
DIN V 18599 DIN V EN V 1992-1-2 EC2
Planung von Stahlbeton- und Spannbetonttragwerken; Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall
DIN V ENV 1627 – 1630
Einbruchhemmung
Weitere wichtige DIN für Bitumen – Dach- und Dichtungsbahnen: EN 13707, 52129, 52130, 52131, 52132, 52133, 52143, DIN 16729
Kunststoff-Dachbahnen und Kunststoff-Dichtungsbahnen aus Methylen-copolymerisat-Bitumen (ECP)
DIN 16730
Kunststoff-Dachbahnen aus weichmacherhaltigem Polyvinylchlorid (PVC-P)
DIN 16731
Kunststoff-Dachbahnen aus Polyisobutylen (PIB)
DIN EN 13984
Abdichtungsbahnen-Kunststoff- und Elastomer-DampfsperrbahnenDefinitionen und Eigenschaften
Weitere wichtige DIN für Kunststoffbahnen: DIN 16734, 16735, 16736, 16737, 16935, 16937, 16938, EN 13956 DIN EN 13172
Wärmedämmstoffe-Konformitätsbewertung Deutsche Fassung EN 13172:2001 + A1:2005 Ersatz für DIN 13172 : 2001-10 Die Norm legt die Verfahren und die Anforderungen für die Bewertung/Konformität von Wärmedämmstoffen fest.
E DIN EN 14303
Wärmedämmstoffe – Werkmäßig hergestellte Produkte aus Mineralwolle (MW) – Spezifikationen
Weitere wichtige DIN für Wärmedämmstoffe: DIN EN 14304, 14306, 14307 Energieeinsparverordnung (EnEV), Herausgeber: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Berlin VOB/C ATV DIN 18355: Tischlerarbeiten VOB/C ATV DIN 18357: Beschlagarbeiten VOB/C ATV DIN 18360: Metallbauarbeiten VOB/C ATV DIN 18361: Verglasungsarbeiten
19
697
19.2 Normen und Richtlinien
19.2.2 Regelwerke • Bauregelliste mit Europäischer Bauproduktenrichtlinie • Fachregel für Dächer mit Abdichtungen – Flachdachrichtlinien. Herausgeber: Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks e.V., Köln und Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. – Bundesfachabteilung Bauwerksabdichtung • Richtlinien für die Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen. Herausgeber: FLL, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau e.V. • Richtlinien für die Montage von Stahlprofilblechen für Dach- und Deckenkonstruktionen. Herausgeber: Industrieverband zur Förderung des Bauens mit Stahlblech e.V., Düsseldorf • Richtlinien für die Ausführung von Metall-Dächern, Aussenwandbekleidungen und Bauklempnerarbeiten. Herausgeber: Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK), St. Augustin • VDI-Richtlinie 2081 – Lärmminderung bei raumlufttechnischen Anlagen • VDI-Richtlinie 2566 – Lärmminderung an Aufzugsanlagen • VDI-Richtlinie 2715 – Lärmminderung an Warmwasser- und Heißwasser – Heizungsanlagen • VDI-Richtlinie 2718 – Schalltechnische Orientierungswerte • VDI-Richtlinie 2719 – Schalldämmung von Fenstern • VDI-Richtlinie 2728 – Schalldämmung bewegter Raumabschlüsse, Türen, Toren und Mobilwände • VDI-Richtlinie 3726 – Gaststätten • VDI-Richtlinie 3744 – Krankenhäuser • VDI-Richtlinie 3755 – Schalldämmung und Schallabsorption abgehängter Unterdecken • VDI-Richtlinie 3762 – Schallschutz mit Doppel- und Hohlraumböden • VDI-Richtlinie 4100 – Schallschutz von Wohnungen – Kriterien für Planung und Beurteilung • Verband Deutscher Sachversicherer VdS – Betrieblicher Brandschutz VdS 2000 ff
19.2.3 Internet-Links http://www.baufachmedien.de/dach_fassade
Fachbücher: Top-Titel für die Dachbranche
http://www.enev.info
Infoportal zur Energieeinsparverordnung
http://www.dachdecker-regelwerk.de http://www.dachdeckerhandwerk.de http://www.baurecht.baunetz.de http://www.bauregeln.baunetz.de
19
698
19 Literatur-, Normen- und Bildquellenverzeichnis
19.3 Bildquellen
19
Ahnert,R. Leipzig
8.15, 8.18, 8.19
Alwitra, Trier
14.41 bis 14.43
BAUDER Stuttgart
9.117 bis 9.123
Bauwerk Berlin
6.14 bis 6.17
Berger, D. Neustadt
1.6, 1.7, 9.41, 9.43 bis 9.62, 9.67 bis 9.72
BRAAS – Dachsysteme Oberursel
7.7, 7.8, 10.38 bis 10.43, 14.32
BUSO Solardach e.G. Berlin
14.34, 14.36
CENTROSOLAR AG, Paderborn
14.31, 14.41 bis 14.43
CREATON Wertingen
14.19
Dahmlos, H.-J., Troisdorf
13.8, 13.9
Deutsche Energie-Agentur GmbH (DENA)
3.1, 3.4, 3.7, 10.4 bis 10.7
Deutscher Stuckgewerbebund, Bonn
12.16, 12.19 bis 12.25
DÖRKEN, Herdecke
9.117 bis 9.122
Dyckerhoff & Widmann AG München
9.85
ENKE, Düsseldorf
13.39
Fingerhut, P., Hagen
9.42
Fischer, H., Bonn
8.14
Flachdachtechnologie GmbH, Mannheim
13.14 bis 13.17, 13.22 bis 13.35, 13.41 bis 13.43, 15.5
Handbuch Denkmalspflege
2.12
Halama,Gerard, Bremen
9.11, 10.9
Hensen, Leipzig
17.1 bis 17.12
Heidelberger Dämmsysteme
10.15 bis 10.26
Institut für Fernstudien Hamburg
1.1, 1.5, 1.8 bis1.12, 6.6 bis 6.10, 7.2 bis 7.6, 7.41 bis 7.43, 8.2, 8.4 bis 8.13, 8.20, 8.21, 9.1 bis 9.10, 9.12 bis 9.20, 9.25 bis 9.36, 9.39, 9.40, 9.73, 9.111 bis 9.113, 9.115, 9.116, 10.1 bis 10.3, 10.10.bis 10.14, 10.27 bis 10.37, 10.44 bis 10.57, 10.73, 11.3, 11.4, 11.6, 11.7, 11.8, 13.3 bis 13.6, 14.22 bis 14.30
ISOFLOC, Lohfelden
16.1 bis 16.3
ISOVER, Ludwigshafen
10.4 bis 10.7
Keramik Dachprodukte Hannover
9.11
Kapust, E., Potsdam
7.1, 7.9, 7.10, 7.18 bis 7.40
Kiel, S., Sanitz
8.6
699
19.3 Bildquellen
Klein, W.; Delmenhorst
2.26 bis 2.28
KNAUF Neuß
11.2, 12.6, 13.36
Kutzschmar, A. Berlin
2.21
Leithold, Hamburg
12.10, 12.17, 12.18
LINZMEIER, Riedlingen
10.58 bis 10.60, 10.67, 10.73 bis 10.90
Lochner, D.; Hamburg LOROWERK GmbH, Bad Gandersheim
13.41
MACO DACH GmbH Helmbrechts/Oberfr.
10.62
Maier, J., Johannesberg
3.9
Müller-Dachziegelwerke, Eisenberg/Pfalz
2.2 bis 2.5, 2.14 bis 2.17, 8.7, 9.21, 9.22
Nebel, H., Koblenz
2.6 bis 2.11, 2.18 bis 2.20, 2.22 bis 2.25, 6.2 bis 6.4
Neufert, Bauentwurfslehre, Wiesbaden
6.1
OPITZ, Mechernich
8.9, 11.1
OPTIGRÜN International AG Krauchenwies-Göggingen
15.1 bis 15.4, 15.6 bis 15.16
Patzelt, O., Berlin
1.2 bis 1.4
PHOTON Solar, Aachen
14.33
PREFA Dächer und Fassaden GmbH
9.73 bis 9.84, 9.85 bis 9.110
Puren GmbH, Überlingen
10.9
Rau, O.; Sensbachtal
3.11, 3.12
Rathscheck Schiefer, Mayen-Katzenberg
9.65 bis 9.69
RWE Energie Aktiengesellschaft Essen
10.8, 11.9, 11.10, 12.14, 13.40, 14.9 bis 14.14, 14.16 bis 14.18
Rheinzink, Datteln
5.16, 14.40, 7.12, 7.17, 7.44, 13.1, 14.40
ROCKWOOL, Gladbeck
10.44, 10.55, 11.5, 11.11, 14.39
ROTO, Bad Mergentheim
12.27
Schiller, M., Brandenburg
3.6, 8.3
Schlee, J.P., Hamburg
13.44
Schmitt, H., Karlsruhe
7.14
Schramm, S., Köln
12.15
Schüco, Weißenfels
14.7, 14.8
Selber machen, Hamburg
12.5 bis 12.8
SIPS Dachelemente, Bünde
8.17
Spd-Solar, Friedrichsthal
14.19, 14.20, 14.37, 14.44
Vdd Industrieverband Bitumen – Dachund Dichtungsbahnen e.V., Frankfurt.M
13.35, 13.37
19
700
19 Literatur-, Normen- und Bildquellenverzeichnis
VELUX Hamburg
9.114
VTS Koop Schiefer, Unterloquitz
5.18, 5.24, 9.37, 9.38, 9.65, 9.66
Warth, O.; Hannover
19
Wild, U., Brandis
12.9, 13.19
XELLA – Baustoffe GmbH Duisburg
8.16
Der Zimmermann, Köln
6.11, 6.12, 6.19 bis 6.25
ZVDH – Fachverband für Dach-, Wand Abdichtungstechnik e.V.
3.5, 9.4
Sachwortverzeichnis A Abgasanlage ......................................... 690 Ablaufrinne............................................. 59 Abnahme .............................. 654, 655, 692 – förmliche ....................................... 655 Abnahmeform – fiktive ............................................ 655 Abschlagszahlung ................................. 653 Abseitenwand ............................... 501, 690 Allgemein anerkannte Regeln der Technik ......................................... 55, 60 Alterung ................................................ 176 Aluminium ........................................... 189 Aluminiumlegierung ............................ 191 Anforderung – öffentlich-rechtliche .............. 670, 672 Angebot – regelwidriges ................................. 649 – ungültiges ...................................... 649 Anheben ............................................... 276 Anlagenaufwandszahl ............................ 84 Annahme .............................................. 649 – modifizierte ................................... 649 Anschluss ............................................. 522 – winddichter .................................... 395 Anspruchsdenken ................................... 54 Anwendungsdokument ........................... 67 – nationales ......................................... 67 Anzeigeverfahren ................................. 670 Architekt ....................................... 663, 668 Artenschutz – baulicher ........................................ 633 Asbestbaustoff ...................................... 658 Asphalt ................................................. 164 Assimilationslicht ................................. 115 Aufdoppelung ....................................... 227 Aufenthaltsraum ................................... 690 Auflast .................................................. 521 Aufsparrendämmung .................. 4, 71, 388 Aufstockung ......................................... 278
Auftraggeber......................................... 646 – öffentlicher ............................ 646, 649 – privater .......................................... 649 Auftragnehmer ..................................... 659 Auftragsbestätigung.............................. 650 Augenscheinskontrolle ........................... 54 Ausfachen ............................................. 280 Ausführungsbestimmung...................... 649 Ausführungsfehler ................................ 222 Ausführungsplanung ............................ 648 Ausgang................................................ 689 Ausgleichsschicht ......................... 521, 541 Auslegung ............................................ 645 Ausschreibung ...................................... 646 Außenhülle ............................................. 58 Außenklima ............................................ 60 Außenlärmpegel – maßgeblicher ................................... 93
B Bauakustik .............................................. 86 Bauamt ................................................. 671 Bauantrag ............................................. 691 Bauart ................................................... 660 Bauaufsichtsbehörde .................... 660, 668 Bauausführung ..................................... 670 Baubehörde........................................... 658 Baudurchführung .................................. 647 Bauelement – maßhaltiges...................................... 54 Bauen – barrierefreies.................................. 691 Baufeuchte............................................ 522 BauGB .......................................... 659, 665 Baugenehmigung .................................. 658 Baugenehmigungsbehörde ................... 661 Baugenehmigungsverfahren ......... 661, 669 – vereinfachtes.................................. 668 Baugesetzbuch .............................. 659, 668 Bauherr ......................................... 661, 668
M. Stahr, D. Hinz, Sanierung und Ausbau von Dächern, DOI 10.1007/978-3-8348-8137-3, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
702
Sachwortverzeichnis
Bauleiter ....................... 645, 658, 661, 662 Bauleitung ............................................ 658 Baumaßnahme ...................................... 660 – abgestimmte ................................... 652 Baumwolle............................................ 160 Baunutzungsverordnung ............... 659, 668 Bauordnung .................................... 75, 691 Bauordnungsrecht ................................. 660 Bauphysik ............................................... 62 – thermische........................................ 63 Bauplanungsrecht ................................. 659 Bauprodukt ................................... 660, 671 Bauprodukte-Richtlinie ........................ 103 Bauregelliste ............................... 57, 75, 79 Baustoffklasse............................... 100, 110 Bausystem ............................................ 272 Bauteil – opakes .............................................. 71 – tranparentes...................................... 72 – transluzentes .................................... 78 Bauüberwachung .................................. 658 Bauvertrag ................................ 55, 62, 651 Bauvorlageberechtigter ......................... 668 Bauvorlageberechtigung ....................... 663 Bauvorlagenberechtigung ..................... 661 BauvorlagenV ....................................... 670 Bauwerksdiagnostik................................ 17 Bauzustand ............................................. 14 Bebauung .............................................. 659 Bebauungsplan . 93, 94, 665, 667, 668, 691 Bedenkenanmeldung ............................ 659 Bedürfnis – menschliches.................................... 53 Behinderungsanzeige ............................ 659 Behörde ................................................ 659 Beizen ................................................... 205 Belüftetes Flachdach............................. 519 Belüftung .............................................. 468 Berichterstatter ..................................... 645 Beschaffenheit – vereinbarte ..................................... 657
Beständigkeit – biologische..................................... 176 – chemische ...................................... 176 Bestandsaufnahme ........................ 648, 652 Betondachstein ..................................... 133 Betondachsteindeckung ........................ 306 Bewerber .............................................. 646 Biberschwanzdachstein ........................ 138 Bitumen ................................................ 163 Blähton ................................................. 160 Blei ....................................................... 187 Bleilegierung ........................................ 191 Blower – Door Test .............................. 487 Brandabschnitt ...................................... 677 Brandausbreitung.................................. 680 Brandfall ................................................. 44 Brandlast............................................... 105 Brandschutz ................... 98, 443, 483, 538, 651, 671, 691 Brandschutzanforderung....................... 651 Brandschutzmaßnahme......................... 113 Brandüberschlag ................................... 105 Brandverhalten ..................................... 673 Brandverhaltensklasse .......................... 103 Brandverlauf ........................................... 99 Brandwand............................................ 677 – innere ............................................. 678 Brechpunkt nach Fraas ......................... 163 Brennbarkeit ......................................... 100 Brennstoff – Umweltverträglichkeit ..................... 86 Brettstapelbauweise .............................. 276
C Chemischer Holzschutz ........................ 202 Chrom ................................................... 188 Claim-Management .............................. 653
D Dach und Wohnungstrennwand............ 455 Dachausbau .......................................... 225
703
Sachwortverzeichnis
Dachausstiegsfenster ............................ 366 Dachausstiegsluke ................................ 366 Dachbahn .............................................. 165 Dachbausubstanz .................................... 12 Dachbauweise – historische........................................ 23 Dachbelag mit Gewebeeinlage ............. 167 Dachdämmung........................................ 69 Dachdecker ............................................. 37 Dachdeckung – Funktionalität................................... 53 – Homogenität .................................... 53 Dacheinbauteil .......................................... 8 Dachentwässerung ........................ 234, 354 Dachfläche ................................................ 9 Dachflächenaufteilung .......................... 525 Dachflächenfenster ........................... 53, 61 Dachform ................................................ 11 Dachgerüst .............................................. 33 Dachgeschossausbau ................ 4, 475, 651 Dachgeschossdecke ...................... 457, 460 Dachgestaltung ..................................... 595 Dachhaut......................................... 69, 383 Dachklempnersanierung ....................... 262 Dachlinie ................................................ 10 Dachneigung................................... 11, 269 Dachpunkt .............................................. 10 Dachraum ............................................... 31 Dachrinne ....................................... 59, 234 – Montage ......................................... 245 Dachschiefer ......................................... 145 Dachschräge ......................................... 489 Dachstein .............................................. 120 Dachstelle ............................................... 10 Dachstuhl .............................................. 267 Dachterrasse ......................................... 563 Dachtraufe ............................................ 417 Dachverzierung .................................... 301 Dachziegel ............................................ 120 Dämmkeil ............................................. 422 Dämmkeil-Konstruktion ....................... 406 Dämmplatte
– aus Styropor................................... 456 Dämmstoff............................................ 150 – künstlicher ..................................... 158 – Ökologie ........................................ 160 Dämmung ............................................. 393 Dämmwirkung ........................................ 69 Dampfbremse ....................................... 376 Dampfbremsfolie .......................... 403, 411 Dampfdiffusion .................................... 483 Dampfdruckausgleichschicht ............... 382 Dampfdruckausgleichsschicht .............. 522 Dampfsperre ................................. 376, 484 Dampfsperrschicht ............................... 542 Deckenkonstruktion ............................. 459 Deckung ................................................... 8 Deckungsart.......................................... 285 Deckunterlage........................................... 8 Denkmalschutz ....................................... 74 Denkmalschutzgesetz ............................. 23 Dichtband ............................................. 404 Dichtungsbahn ...................................... 165 Dienstanweisung .................................. 649 Dienstvertrag ........................................ 651 Diffusionsverhalten ................................ 81 Diffusionswiderstand.............................. 62 Diffusionswiderstandszahl ..................... 81 DIN 1055 ................................................ 69 DIN 1286 ................................................ 76 DIN 4108 ................................................ 60 DIN 4108-4 ............................................ 77 DIN 52619 .............................................. 76 DIN EN ISO 10077-1 ............................. 75 DIN EN ISO 6946 .................................. 72 DIN EN ISO 717-1 ................................. 72 DIN V 4108 ............................................ 75 Dish-Stirling-Anlage ............................ 604 Doppelmuldenfalzziegel ......................... 31 Dränschicht........................................... 615 Drempel ................................................ 276 Dünnschichtphotovoltaikscheibe .......... 606 Durchwurzelungsschutz ....................... 617 Duroplast ...................................... 168, 174
704
Sachwortverzeichnis
E E DIN EN ISO 10077-2.......................... 75 ECB ...................................................... 555 Echter Hausschwamm .......................... 200 Edelstahldach ........................................ 562 Eigenschaft – akustische ...................................... 177 – bautechnische ................................ 175 – elektrische ...................................... 177 – optische .......................................... 177 Einblasdämmstoff ................................. 154 Einblasverfahren ................................... 630 Einbrecher .............................................. 53 Einrichtungsalgorithmus ....................... 600 Eisen ..................................................... 181 Elaste .................................................... 168 Elastomer .............................................. 174 EN 1279 .................................................. 76 EN 410 .................................................... 79 EN 673 .................................................... 76 EN 674 .................................................... 76 Endenergie .............................................. 83 Energieanlagenkette................................ 84 Energieberechnung ................................. 66 Energiedachplatte ................................. 370 Energiedurchlassgrad.............................. 78 Energieeinsparung .................... 63, 81, 114 Energieeinsparverordnung ........ 58, 63, 691 Energieerhaltungssatz ............................. 65 Energiekonzept ....................................... 78 Energiemenge ......................................... 82 Energiepass ............................................. 63 Energieträger .......................................... 83 Engobe .................................................. 125 Entlüftungsrohr ....................................... 53 Entwurfsverfasser ......................... 661, 668 Entzündungszeitpunkt .......................... 110 Erdölbitumen ........................................ 163 Erschütterungsschutz ............................ 671 Erweichungspunkt ................................ 163 Estrich ................................................... 491
Estrichplatte .......................................... 491 Europäische Schiefernorm............ 320, 344 Extensivbegrünung ............................... 623
F Fachplaner ............................................ 658 Fachregeln des Dachdeckerhandwerks ................................................ 389 Fallrohrauslauf...................................... 255 Falzdeckung.......................................... 352 Falzziegel ............................................. 140 Färben ................................................... 205 Farbwirkung ................................. 124, 126 Faserzementdachplatte ......................... 308 Faserzementwellplatte .......................... 310 Fassadenbauer ........................................ 58 Feder ....................................................... 88 Fensterbrett ............................................. 61 Fensteröffnung........................................ 53 Fertigstellungsanzeige .......................... 655 Feuchte ................................................... 59 Feuchtemessung ................................... 418 Feuchteschaden ...................................... 43 Feuchteschutz ......................... 60, 481, 522 Feuchtigkeitsschaden ............................ 416 Feuerschutzplatte .................................. 112 Feuerungsanlage ................................... 690 Feuerwiderstandsfähigkeit .................... 673 Filterschicht .......................................... 615 Filtervlies .............................................. 522 First....................................................... 417 Flachdach ....................................... 59, 505 – nichtbelüftetes ............................... 514 Flachdachform ...................................... 507 Flachdachinspektion ............................. 537 Flachdachsanierung .............................. 527 Flachdachsicherung .............................. 549 Flachdachtyp ........................................ 512 Flachs ................................................... 160 Fledermaus ........................................... 636 Fledermausgaube .................................... 26 Fluchtöffnung ....................................... 104
705
Sachwortverzeichnis
Flüssigkeitskunststoff ........................... 557 Fluxbitumen ......................................... 165 Folgeschaden .......................................... 50 Formfehler ............................................ 645 FPO ...................................................... 555 Frequenz ................................................. 88 Frequenzbewertungskurve...................... 92 Froschmaulluke .................................... 368 Fuge ........................................................ 62 Füller .................................................... 165 Funktionsbereich .................................... 58 Funktionsebene ....................................... 62 Funktionsschicht ..................................... 62
G Gebäudeabschlusswand ........................ 677 Gebäudeklasse .............................. 661, 665 Gebrauchsfähigkeit ............................... 657 Gebrauchstauglichkeit ............................ 57 Gefahrengut .......................................... 658 Gefälle .................................................. 523 Genehmigungsfreistellung ............ 665, 668 Genehmigungsverfahren............... 660, 668 Genutzte Dachfläche ............................ 563 Geräuscheinwirkung ............................... 86 Geräuschpegel ........................................ 86 Gesamtenergiebilanz .............................. 64 Gesamtwiderstand .................................. 71 Geschäftsbesorgungsvertrag ................. 651 Gesimsabdeckung ................................. 256 Gewährleistungszeit ..................... 651, 654 Gewerbetreibender – privater .......................................... 646 Giebelausbildung .................................. 362 Giebelseite ............................................ 280 Gipskartonplatten ................................. 426 Gips-Verbundplatte – mit integrierter Dämmschicht ........ 456 Glasdach ........................................... 54, 55 Glasfaservlies ....................................... 166 Glasprimer ............................................ 559
Glasur ................................................... 125 Glasvlies ............................................... 165 Glasvlies-Dachbelag ............................. 166 Glaswolle.............................................. 160 Gründachaufbau ................................... 612 Grundmaterial....................................... 123 Gussasphalt........................................... 165 Gütebedingung ..................................... 419
H Haftung ................................................. 651 Hahnebalkendach ................................. 271 Handhabung – rechtliche ....................................... 646 Handwerker .......................................... 645 Hartschaum........................................... 466 Hausrotschwanz ................................... 639 Haussperling ......................................... 639 Heißbemessung .................... 107, 110, 113 Heizgradtagszahl .................................... 63 Helmdach ............................................... 28 Herzziegel .............................................. 31 Himmelsorientierung ............................ 585 Hinterlüftung ........................................ 131 Hohlfalzziegel ........................................ 31 Hohlziegel ............................................ 138 Holz ...................................................... 192 Holzart .................................................. 194 Holzfachwerkbau ................................... 62 Holzfaserdämmplatte............................ 160 Holzfehler ............................................. 197 Holzfeuchte .......................................... 194 Holzfeuchtigkeit ................................... 419 Holzkrankheit ............................... 197, 198 Holzschutz ............................................ 200 Holzschutzmaßnahme – bauliche ......................................... 201 – chemische ...................................... 201 Holzunterkonstruktion .......................... 496 Holzwolleleichtbauplatte ...................... 160 Hybridsystem ....................................... 602
706
Sachwortverzeichnis
I Imprägnierung ...................................... 110 Impuls ..................................................... 86 Ingenieur ............................................... 663 Innendämmung ....................................... 71 Insektenbefall ......................................... 44 Inselsystem ........................................... 586 Insolvenz .............................................. 652 Inspektion ............................................... 54 Installationsebene ................................... 91 Installationskanal .................................. 689 Installationsschacht............................... 689 Instandhaltung ........................................ 54 Intensivbegrünung ........................ 618, 623
J Jahres-Heizwärmebedarf ........................ 84 Jahresprimärenergieverbrauch ................ 84 Joule........................................................ 65
K Kaltbemessung ...................... 107, 111, 113 Kaltdach – hinterlüftetes ................................. 349 Kamin ..................................................... 53 Kantenverbindung ................................ 449 Kaufvertrag ................................... 651, 652 Kegeldach ............................................... 28 Kehlbalken............................................ 213 Kehlbalkendach ............ 207, 228, 270, 271 Kilowattstunde........................................ 65 Klebeband ............................................. 404 Klemmfilz ..................................... 414, 422 Kniestock .............................................. 276 Kniestockbau .......................................... 35 Knochenhauer Amtshaus ........................ 32 Koexistenzperiode ................................ 100 Kohlenstoffgehalt ................................. 182 Kokosfaser ............................................ 160 Kollektor ............................................... 573 Konstruktionsangabe .............................. 97
Kopfband .............................................. 215 Kopplungseffekt ..................................... 95 Korkplatte ............................................. 160 Körperschallanregung............................. 89 Korrosionsart ........................................ 185 Korrosionsschutzverfahren ................... 185 Kühlung ................................................ 569 – solare ............................................. 569 Kündigung ............................................ 652 Kündigungsandrohung ......................... 659 Kunststoff ............................................. 168 Kunststoff-Dachbahn ............................ 550 Kunststoffrahmen ................................... 62 Kunststoff-Tragwerk ............................ 179 Kupfer........................................... 187, 250 Kupfereindeckung ................................ 351 Kupferlegierung.................................... 190 Kupferschindel ..................................... 353 Kuppel .................................................... 28
L Landesbauordnung ................. 98, 104, 660 Lärmkarte ............................................... 94 Lärmminderungsplan .............................. 94 Lärmquelle.............................................. 86 Laubschutz............................................ 262 Lautstärke ............................................... 93 Lebensraum ............................................ 53 Lebenszykluskosten................................ 54 Leckortung............................................ 530 Leckstelle ............................................. 379 Legierung ..................................... 181, 189 Leichtdachplatte ................................... 141 Leistung – fehlerhafte ...................................... 656 Leistungsbeschreibung ................... 55, 651 Leistungsverzeichnis .............................. 77 Leitungsanlage...................................... 689 Luft- und Winddichtigkeit .................... 446 Luftaustausch........................................ 417 Luftdichtheit ................................... 45, 469
707
Sachwortverzeichnis
Luftdichtigkeit ........................................ 60 Luftdichtigkeitsfolie ............................... 91 Luftfeuchtigkeit ...................................... 60 – relative ............................................. 61 Luftschallanregung ................................. 89 Luftschicht ............................................ 382 Lüftung ......................................... 389, 409 – mechanische .................................... 81 Lüftungsquerschnitt .............................. 418 Lüftungswärmestrom.............................. 64 Lüftungsziegel ...................................... 292 Luftwechselzahl...................................... 81
M Magnesium ........................................... 189 Magnesiumlegierung ............................ 191 Mangel............................................ 41, 131 Mängel.................................................. 655 Mangelbeseitigung ............................... 652 Mängelbewertung ................................. 652 Mansarddach ........................................ 272 Mansardendach....................................... 29 MAR-Strahlung .................................... 114 Masse...................................................... 88 Maßnahme ............................................ 202 – bauliche ......................................... 202 Maßtoleranz .......................................... 287 Materialvielfalt ....................................... 54 Materie ................................................... 64 Mauersegler .......................................... 637 Mehlschwalbe....................................... 638 Mehrschicht-Leichtbauplatte ................ 456 Metall ................................................... 180 Metalldeckung ...................................... 344 Metallunterkonstruktion ....................... 496 Minderung ............................................ 656 Mindestdachneigung .............................. 11 Mineralfaser ......................................... 465 Modulgestaltung ................................... 591 Mörtelzusatz – historischer .................................... 305
Montage – von Dachrinnen ............................. 245 Musterbauordnung ......................... 57, 660
N Nachfrist ............................................... 654 Nachrüstverpflichtung .......................... 458 Nachtrag ............................................... 653 Nachtragsforderung .............................. 649 Nachtragsmanagement ......................... 653 Nadelpenetration .................................. 163 Nagelplattenbinder ............................... 273 Naturasphalt ......................................... 163 Naturgesetz ............................... 53, 63, 115 Nichteisenmetall ................................... 186 Nickel ................................................... 187 Niederschlagswasser ............................ 231 Normklima ............................................. 60 Nutzenergie ............................................ 83 Nutzerverhalten ...................................... 82 Nutzungsänderung ........................ 665, 691 Nutzungsfehler ..................................... 222 Nutzungsgenehmigung ................. 660, 672
O Oberfläche – geschlossenporige............................ 61 Oberflächenbehandlung........................ 205 Oberflächenschutz ................................ 383 Ordnungswidrigkeitsstrafe ........... 664, 672 Ortgangausbildung ................................. 24 Ortssatzung ........................... 667, 668, 691
P Parkdach ............................................... 565 Passivhausfenster ................................... 75 Pendelbewegung..................................... 86 Perlite ................................................... 160 Pfannendachziegel ................................ 134 Pfettendach ....... 33, 34, 207, 211, 214, 269 – Verstärkung ................................... 226
708
Sachwortverzeichnis
Photovoltaik.................................. 569, 583 Photovoltaikanlage ............................... 626 Pilz – holzverfärbender ............................ 199 – holzzerstörender ............................ 199 Planer .................................................... 645 Planungsphase ........................................ 77 Planungsvorbereitung ............................. 55 Polystyrol – expandiert ...................................... 161 Polyurethan-Hartschaumplatte ............. 161 Pressdachziegel..................................... 122 Primärenergie ......................................... 83 Privilegierung ....................................... 646 Projektierungsfehler ............................. 222 Prüfzeugnis ....................................... 57, 68 Pultdach .................................................. 28 PYP....................................................... 555 Pyramidendach ....................................... 28
Q Qualitätsnachweis ................................. 660
R Rahmenbau ........................................... 276 Raumakustik ..................................... 86, 90 Raumklima ............................................. 60 Raumnutzung .......................................... 61 Raumtemperatur ..................................... 65 Raumzelle ............................................. 276 Raute ..................................................... 353 Rechtsanspruch ..................................... 667 Rechtssicherheit .................................... 645 Rechtssystematik .................................. 653 Rechtsunsicherheit ................................ 653 Rechtswirksamkeit ............................... 654 Recycling .............................................. 127 Regeldachneigung ................................ 391 Regelwerk – politisches ........................................ 61 – technisches....................................... 61
Regenfallrohr ........................ 234, 247, 251 Regenschutz............................................ 53 Regensicherheit .................................... 129 Reibung .................................................. 88 Resonanzfrequenz .................................. 96 Rettungsweg ......................................... 687 Rinnenkonstruktion – historische........................................ 36 Rohrtasche ............................................ 254
S Sachverständiger .......................... 645, 656 Sanierungsfall ....................................... 113 Satteldach ............................................... 27 Schabloneneindeckung ......................... 315 Schadenseinfluss .................................. 224 Schadensgruppe ...................................... 41 Schadensursache ..................................... 43 Schafwolle ............................................ 161 Schallabsorption ..................................... 91 Schallbrücke ........................................... 53 Schalldämmmaß ..................................... 72 Schalldämmung ...................................... 97 Schallgeschwindigkeit ............................ 88 Schalllenkung ......................................... 86 Schallpegel ............................................. 93 Schallreflexion........................................ 91 Schallschutz .... 86, 441, 481, 537, 671, 691 Schallschutzverglasung .......................... 72 Schallschwingung ................................... 87 Schaumglas ........................................... 161 Scheibeninnenseite ................................. 61 Schichtenmodell ..................................... 57 Schieferdachdeckung ............................ 313 Schimmel .............................................. 469 Schimmelbildung.................................... 55 Schleppgaube........................................ 454 Schlussrechnung ........................... 654, 655 Schmelzprodukt .................................... 110 Schneebelastung ..................................... 69 Schneerechenanlage ............................. 361
709
Sachwortverzeichnis
Schornstein ........................................... 455 Schraubenstatik .................................... 450 Schutzlage ............................................ 617 Schutzschicht – äußere .............................................. 62 Schwellenwert ...................................... 647 Sd-Wert ................................................ 377 Sicherheitserfordernis ........................... 114 Siedepunkt .............................................. 66 Skelettkonstruktion ............................... 274 Sohlbankabdeckung.............................. 256 Solaranlagen ......................................... 625 Solar-Dachpfannen-Kollektor .............. 608 Solarmodul ........................................... 589 Solarthermie ......................................... 568 Solarzelle .............................................. 588 Sonderbau ..................................... 666, 670 Sonderelement ...................................... 276 Sondermüll ........................................... 658 Sonnenschutzglas ................................. 115 Sparrenbalkendach ....................... 207, 228 Sparrendach .................... 33, 211, 212, 269 Sparrenvolldämmung ........................... 395 Spitzgaube ............................................ 454 Sprühverfahren ..................................... 631 Stahl...................................................... 181 Stahleinlage .......................................... 113 Stahlsorte .............................................. 183 Ständerwand ......................................... 498 Steildach ................................................. 29 Steinkohlenteerpech ............................. 164 Steinkohlenteerprodukt......................... 163 Steinwolle ............................................. 161 Stoffdicke ............................................... 68 Stoffnorm ............................................. 114 Störzone.................................................. 53 Strahlung ................................................ 65 Strahlungsdurchlässigkeit ..................... 114 Strahlungswärmestrom ........................... 64 Strangdachziegel .................................. 122 Streitigkeit ............................................ 645 Stromverbraucher ................................... 82
Stundenlohnarbeit................................. 653 Stundenlohnzettel ................................. 653 Synergie................................................ 625 System .................................................. 586 – netzgekoppeltes ............................. 586
T Tafelbau................................................ 276 Tageskondition ..................................... 648 Tageslichtsystem .................................. 372 Tambour ................................................. 29 Taupunkttemperatur ............................... 60 Tauwasserbildung........................... 44, 413 Tauwasserschutz................................... 467 Teilzahlung ........................................... 653 Temperaturbewegung ............................. 54 Temperaturgefälle .................................. 68 Temperaturunterschied ........................... 68 Temperaturveränderung – kurzfristige ...................................... 67 – langfristige....................................... 67 Temperaturverformung .......................... 67 Terminierun .......................................... 655 Thermodach.......................................... 620 Thermographie ....................................... 65 Thermoplast.......................... 168, 171, 173 Tondachziegel ...................................... 133 Tonhöhe.................................................. 88 Tragdecke ............................................. 540 Tragsicherheit ....................................... 110 Tragwerk .......................................... 8, 216 Transmission .......................................... 65 Transmissionswärmestrom ..................... 64 Transmissionswärmeverlust ................... 71 Traufbohle ............................................ 447 Traufbrett.............................................. 447 Trennschicht ................................... 60, 541 Trennwand............................................ 676 Treppe .................................................. 688 Treppenraum – notwendiger ................................... 689
710
Sachwortverzeichnis
Trinkwasserwärmebedarf ....................... 84 Trockenbauplatte .................................. 112 Trockenphase.......................................... 60 Turmdach................................................ 28 Turmfalke ............................................. 640
U Umkehrdach ......................................... 517 Ungerechtigkeit .................................... 657 Unterdach – wasserdichtes ................................. 456 Untergrund............................................ 158 Unterkonstruktion ................................. 286 Unterlüftungsforderung ........................ 413 Unternehmer ......................................... 662 Unterspannbahn .................... 391, 412, 415 Untersparrendämmung ..................... 4, 387 Ursachenforschung ............................... 221 UV-Strahlung ....................................... 114 U-Wert .......................................... 464, 511
V Vegetationsplatte .................................. 622 Vegetationsschicht ................................ 615 Verbraucher .......................................... 646 Vereinbarung – mündliche ...................................... 650 Verformung ............................................ 54 Vergabe ................................................ 647 Vergabeordnung ................................... 647 Vergabeverstoß ..................................... 649 Verkehrssicherheit ................................ 671 Verkleidung .......................................... 489 Vertrag .................................. 648, 649, 650 Vertragserfüllung .................................. 654 Vertragsordnung ................................... 647 Vertragsstrafe ....................................... 655 Verwaltungsgericht............................... 659 Vieraugenprinzip .................................. 658 VOB/A.................................................... 77 Volute ..................................................... 29
Voranstrich ........................................... 559 Vorbehalt .............................................. 655 Vorblendung ........................................... 55 Vordeckung .......................................... 416 Vorplanung ........................................... 648 Vorschrift – öffentlich-rechtliche ...................... 661
W Walmdach............................................... 27 Warmdach ............................................ 394 Wärme .............................................. 64, 65 Wärmebrücke ................................. 53, 385 Wärmedämmschicht ..................... 381, 392 Wärmedämmverbundsystem ................ 102 Wärmedehnzahl ...................................... 67 Wärmedurchgang ................................... 70 Wärmedurchgangskoeffizient ........... 71, 72 Wärmedurchlasskoeffizient .................... 76 Wärmedurchlasswiderstand ........ 61, 70, 76 Wärmeenergie ........................................ 65 Wärmeerzeugung.................................. 690 Wärmeleitfähigkeit ........................... 65, 68 Wärmeleitzahl ........................................ 69 Wärmemenge.................................... 66, 68 Wärmeschutz ................. 63, 389, 441, 479, 537, 671, 691 – sommerlicher ................................... 78 Wärmeschutzglas.................................. 114 Wärmeschutz-VO ................................... 63 Wärmespeicher ....................................... 78 Wärmestrom – interner............................................. 64 Wärmetransport ................................ 65, 70 Wärmeübergangskoeffizien .................... 65 Wasseranfall ........................................... 61 Wasserbelastung ..................................... 59 Wasserdampfdiffusion ............................ 81 Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl ................................................... 176 Wasserdichtigkeit ................................... 62 WDVS-Schienensystem ....................... 159
711
Sachwortverzeichnis
Wellenbewegung .................................... 88 Wellenlänge .............................. 87, 88, 114 Werklohn .............................................. 651 Werkvertrag .................................. 651, 652 Wettbewerbsrecht ................................. 646 Wetterschutz ........................................... 59 Wiesengras ........................................... 629 Winddichtheit ....................................... 483 Winddichtigkeit ...................................... 62 Wintergarten ........................................... 61 Wirtschaftsgut ........................................ 54 Wohlfühlaspekt ...................................... 69 Wohnbau .............................................. 666 Wohngebäude ....................................... 667
X XPS ...................................................... 555 Zahlungsplan ........................................ 653
Zellulose ............................................... 162 Zellulosedämmstoff .............................. 629 Zellulosefaser ....................................... 466 Zeltdach .................................................. 27 Zeuge .................................................... 649 Ziegeldecker ........................................... 39 Ziegeldeckung ...................................... 285 Ziergiebel ............................................... 35 Zink .............................................. 187, 250 Zinklegierung ....................................... 190 Zinn .............................................. 187, 250 Zivilgericht ........................................... 659 Zulässigkeit .......................................... 670 Zusatzarbeite ........................................ 649 Zwangslüftung ........................................ 81 Zwischensparrendämmung ........ 4, 71, 387, 393, 397