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(\cxrtdj>lulK, ... ,,0.;", ... 11..1,) Prin«d ... Gnmmy
o.-....k, u.pp " Göbd. N nefas duco, ita constare totam aut certe confertam esse adgressionum et enthymematum stipatione minime velim. 35) F. Sehlmeyer, Beziehungen zwischen Quintilians Institutiones oratoriae und Ciceros rhetorischen Schriften, Diss. Münster 1912, 46, sieht für inst. 5,12 f. keinen Zusammenhang zwischen Cicero und Quintilian, geht aber auf die spezielle Formulierung nicht ein.
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buch, daher liegt es ihm – anders als Cicero in De oratore – fern, die gesamte Schulrhetorik in Frage zu stellen; er richtet sich vielmehr nur gegen einzelne Extreme und Auswüchse, die seiner vermittelnden und ausgleichenden Position nicht behagen wollen. An späterer Stelle beschreibt Quintilian die römischen Attizisten, mit denen Cicero es zu tun hatte, als eine Art esoterischen Verein, der um die Rhetorik einen Mysterienkult betrieben habe (inst. 12,10,14): praecipue vero presserunt eum (sc. Cicero), qui videri Atticorum imitatores concupierant. haec manus quasi quibusdam sacris initiata ut alienigenam et parum superstitiosum devinctumque illis legibus insequebatur. In Analogie zu inst. 5,13,60 zieht Quintilian die (wiederum durch quidam abgemilderte) Mysterienmetapher heran, um eine bestimmte dogmatische Verengung zu beschreiben und zu verurteilen. Der Vergleich der Attiker um Calvus und Brutus mit einer Sekte führt jedoch weg von dem Mysterienvergleich in eine andere Richtung. In inst. 3,1,22 legt Quintilian Wert darauf, daß er bei seiner Darstellung eklektisch vorgeht und sich nicht an eine bestimmte Rhetorenschule (secta) gebunden fühlt, da er nicht von Fanatismus (superstitio) erfüllt sei.36 Diese Abneigung eines einseitigen Dogmatismus kennzeichnet die Art und Weise, mit der Quintilian die aus Cicero stammende Mysterienmetapher verwendet und seinen Zwecken anpaßt. Ganz und gar unironisch verwendet Dionys von Halikarnaß die Mysterienmetaphorik. In der Schrift De compositione verborum stellt der Autor zunächst die drei Wortfügungsarten vor. Im Schlußteil der Schrift wird die Lehre vom Prosarhythmus behandelt, die als eine Art Appendix der Schrift beigefügt ist,37 wobei Dionys vorgibt, daß sich der Adressat der Schrift, ein junger Mann namens Metilius Rufus, auch für dieses Thema noch brennend interessiere. Hauptsächlich behandelt wird in diesem Abschnitt die Frage, worin die Ähnlichkeit der Prosa mit der Poesie besteht. Die Passage wird eingeleitet mit einem Binnenproömium (D. H. comp. 25,5–638): peirat°on dØ ka‹ per‹ toÊtvn l°gein ì fron«. musthr¤oiw 36) Quint. inst. 3,1,22 neque enim me cuiusquam sectae velut quadam superstitione imbutus addixi. 37) Zum Kapitel vgl. K. Pohl, Die Lehre von den drei Wortfügungsarten. Untersuchungen zu Dionysios von Halikarnaß, De compositione verborum, Diss. Tübingen 1968, 119 f. 38) Dionys wird zitiert nach den Paragraphen der Ausgabe von G. Aujac, Paris 1978–92.
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m¢n oÔn ¶oiken ≥dh taËta ka‹ oÈk efiw polloÁw oÂã te §st‹n §kf°resyai, ÀstÉ oÈk ín e‡hn fortikÒw, efi parakalo¤hn ‘oÂw y°miw §st‹n’ ¥kein §p‹ tåw teletåw toË lÒgou, ‘yÊraw dÉ §piy°syai’ l°goimi ta›w ékoa›w toÁw ‘bebÆlouw’. efiw g°lvta går ¶nioi lambãnousi tå spoudaiÒtata diÉ épeir¤an, ka‹ ‡svw oÈd¢n êtopon pãsxousin. Dionys von Halikarnaß greift eine alte Mysterienformel auf. Diese ist auch am Anfang des aus hellenistischer Zeit stammenden sogenannten Testaments des Orpheus zu finden, dessen Be- und Umarbeitungen von Riedweg untersucht worden sind.39 An seinem Beginn steht eine Formel, mit der ungebetene und uneingeweihte Zuhörer, eben die b°bhloi, abgewiesen werden (OF 245,1 und 247,1 Kern): fy°gjomai oÂw y°miw §st¤: yÊraw dÉ §p¤yesye b°bhloi. Diese Anleihe bei der orphischen Dichtung ist keine Erfindung des Dionys,40 sondern zuvor schon in Platons Symposion41 und später u. a. bei dem Arzt Galen (de usu partium XII,6 [IV,20 f. Kühn]) und dem Kirchenvater Euseb von Cäsarea (laud. Const. pr. 4) zu finden. Bei Platon weist Alkibiades ungebetene Zuhörer vor die Tür, welche es nichts angehe, was er als §r≈menow des Sokrates erlebt habe. Galen weist ähnlich wie Dionys vor der Darstellung einer Speziallehre die nicht berufenen Leser ab, und Euseb meint in panegyrischer Schmeichelei, daß das Lob des Konstantin nicht für alle zugänglich sei. Dionys bedient sich daher einer Einleitungsformel, die als topisch bezeichnet werden muß. Dennoch verleiht er der Abweisung ungebetener Zuhörer einen individuellen Zug, der in der Formulierung afl teleta‹ toË lÒgou besteht. Während in dem orphischen Hexameter nach oÂw y°miw §st¤ das Wort ékoÊein sinngemäß zu ergänzen ist,42 lesen wir bei Dionys die Verbindung „zu den geheimen Weihen der Rhetorik kommen“. Dionys paßt also die allgemeine Topik der Spezifik der Rhetorik an. Mit den teleta‹ toË 39) Ch. Riedweg, Jüdisch-hellenistische Imitation eines orphischen Hieros logos, Beobachtungen zu OF 245 und 247 (sog. Testament des Orpheus), Tübingen 1993, 6–24 über die Urfassung (vermutlich 250–150 v. Chr.), die am ausführlichsten bei Ps.-Justin, Cohortatio ad Graecos 15,1 (4. Jh. n. Chr.) vorliegt. Zu dem Vers auch M. L. West, The Orphic Poems, Oxford 1983, 34 f. und 82 f. 40) Ausführlich bei Riedweg (wie Anm. 39) 47 mit Anm. 114–118. 41) Plat. Smp. 218b (Alkibiades) pãntew går kekoinvnÆkate t∞w filosÒfou man¤aw te ka‹ bakxe¤aw. diÚ pãntew ékoÊsesye: suggn≈sesye går to›w te tÒte praxye›si ka‹ to›w nËn legom°noiw. ofl d¢ ofik°tai, ka‹ e‡ tiw êllow §st‹n b°bhlÒw te ka‹ êgroikow, pÊlaw pãnu megãlaw to›w »s‹n §p¤yesye. 42) So Riedweg (wie Anm. 39) 28.
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lÒgou haben wir eine Stelle, an der in positiver Weise von den Mysterien der Rhetorik gesprochen wird. Im Unterschied zu Cicero und Quintilian scheint es Dionys ernst zu meinen, von Ironie ist bei ihm nichts zu spüren. Ein Grund dafür dürfte in der Auffassung zu suchen sein, die Dionys von der Rhetorik hat. Seinem Programm gibt er den anspruchsvollen Titel einer filÒsofow =htorikÆ für diejenigen, welche die politiko‹ lÒgoi praktizieren (Orat. Vett. 1), und stellt sich damit in die Tradition des Isokrates.43 Doch die Weise, wie dieses Programm umgesetzt wird, macht deutlich, daß es Dionys nicht primär darum geht, junge Römer in die Lage zu versetzen, auf dem Forum und im Senat gut zu reden. Die Lehre von den drei Wortfügungsarten, mit der das System der Schulrhetorik weiterentwickelt wird, ist ebenso wie seine Schrift über die attischen Redner darauf ausgelegt, die guten alten Schriftsteller zu verstehen und nachzuahmen. Der an der Zeit vor Alexander dem Großen ausgerichtete Klassizismus ist somit in erster Linie ein Programm für rezeptiv tätige Literaturkritiker. Das ist auch der Passage über den Prosarhythmus anzumerken, die auf die Mysterienformel in De compositione verborum folgt. Sie präsentiert sich fast erwartungsgemäß als nicht besonders geheimnisvoll. Unter ausdrücklicher Berufung auf die Rhetorik des Aristoteles (comp. 25,15) analysiert Dionys die metrische Struktur einiger Stellen aus den Reden des Demosthenes. Die Mysterienmetapher hat bei Dionys unmittelbar zunächst zwei Funktionen. Erstens weckt sie das Interesse der wirklich berufenen und verständigen Leser – zu denen selbstverständlich der Adressat der Schrift gehört. Das Kapitel ‚Prosarhythmus‘ gehört bereits zum Unterricht der Fortgeschrittenen, weshalb diejenigen, die nichts davon verstehen, draußen bleiben sollen. Zweitens nimmt sie möglichen Kritikern vom Fach den Wind aus den Segeln. Ein wenig später greift Dionys nämlich Leute an, die die Vorstellung lächerlich finden, daß der große und erhabene Redner Demosthenes auf die technischen Vorschriften für den Prosarhythmus geachtet haben soll (comp. 25,29–31). Anders als Quintilian stellt Dionys seine Gegner nicht als Sektierer und Mysterienzauberer, sondern als Uneingeweihte dar. 43) Dazu Th. Hidber, Das klassizistische Manifest des Dionys von Halikarnass, die Praefatio zu De oratoribus veteribus. Einleitung, Übersetzung, Kommentar, Stuttgart 1996, 44–56.
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In einem weiteren Sinne dient die Mysterienmetapher dazu, ein Rezeptionserlebnis zu beschreiben, in diesem Falle die Analyse bestimmter metrischer Strukturen in den Reden des Demosthenes, und ist in Zusammenhang zu bringen mit Begriffen wie §nyousiasmÒw oder man¤a, mit denen Kritiker wie der Auctor Per‹ Ïcouw – in Anlehnung an Formulierungen Platons44 – gerne die Entstehung gelungener Literatur und die Reaktion des Kenners darauf beschreiben.45 Dionys selbst sagt in der Schrift über Demosthenes, der unter den attischen Rednern sein persönlicher Favorit ist, daß er bei dessen Lektüre in Entzücken gerate und es ihm nicht anders ergehe als denjenigen, die in die Kulte der Kybele, der Korybanten und dergleichen eingeweiht sind.46 Hier adaptiert der Kritiker das platonische Motiv des Enthusiasmus für seine Zwecke.47 Die philosophische Mysterienmetapher Platons im Symposion steht Dionys dagegen in comp. 25,5 nicht unmittelbar vor Augen. Alkibiades steigert dort den Wortlaut der orphischen Formel mit bewußter Ironie und spricht nicht von Türen (yÊrai), die die Zuhörer schließen sollen, sondern hyperbolisch von sehr großen Toren (pÊlaw pãnu megãlaw). Dionys greift also die Mysterienmetaphorik des Symposions nicht unmittelbar auf, sondern folgt allgemein seiner Praxis, ein Rezeptionserlebnis mit Hilfe platonischer Begriffe zu überhöhen. 44) Enthusiasmus: Ion 536b, Manie und Bakcheia: Smp. 218b. Zu Platons Haltung zum Enthusiasmus vgl. St. Büttner, Die Literaturtheorie bei Platon und ihre anthropologische Begründung, Tübingen / Basel 2000, 315–365. 45) Die Produktion und Rezeption von Literatur wird seit der Kaiserzeit häufig mit den Termini Enthusiasmus und Raserei beschrieben. Stellen aus PseudoLongin: 3,5 par°nyurson (als Fehler); 8,1 §nyousiastikÚn pãyow; 8,4 tÚ genna›on pãyow, . . . Àsper ÍpÚ man¤aw tinÚw ka‹ pneÊmatow §nyousiastik«w §kpn°on ka‹ oflone‹ foibãzon toÁw lÒgouw; 13,2 yeoforoËntai; 15,1 §nyousiasmÒw; 16,4 bãkxeuma. Zu den Termini und ihrer Funktion in der Literaturkritik vgl. D. A. Russell, ‘Longinus’, On the Sublime, Oxford 1964, ad 13,2, S. 114 f. Ein Beispiel aus dem 4. Jh. ist Libanius, or. 1,55 per‹ ∂n (sc. die Rhetorik) oÏtv tØn ¶nyeon §memÆnei man¤an ≤ NikomÆdouw pÒliw, Àste ≥dh me kén ta›w yerma›w kolumbÆyraiw tén t“ didaskale¤ƒ poie›n ka‹ mhd¢ taËta ¶jv toË nÒmou to›w fidi≈taiw e‰nai doke›n. 46) D. H. Dem. 22,2–3 Vergleich von Isokrates mit Demosthenes: ˜tan d¢ Dhmosy°nouw tinå lãbv lÒgon, §nyousi« te ka‹ deËro kéke›se êgomai, pãyow ßteron §j •t°rou metalambãnvn, épist«n, égvni«n, dedi≈w, katafron«n, mis«n, §le«n, eÈno«n, ÙrgizÒmenow, fyon«n, ëpanta tå pãyh metalambãnvn, ˜sa krate›n p°fuken ényrvp¤nhw gn≈mhw: diaf°rein te oÈd¢n §maut“ dok« t«n tå mhtr“a ka‹ tå korubantikå ka‹ ˜sa toÊtoiw paraplÆsiã §sti teloum°nvn . . . Zu den Korybanten vgl. Plat. Smp. 215e. 47) So Aujac (wie Anm. 38) ad D. H. Dem. 22,3 (II,168,4).
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Die affirmativ gebrauchte Mysterienmetapher begegnet später bei Lukian. In der Schrift Rhetorum praeceptor verspricht ein Rhetoriklehrer einem Schüler das Blaue vom Himmel; dieser soll nur ein paar schlichte Regeln beachten, um ganz mühelos ans Ziel seiner Wünsche zu kommen. Die Rhetorik wird ihn, wenn er die Regeln gelernt hat, nicht davonjagen, wie jemanden, der sich nicht in ihre Mysterien hat einweihen lassen (Rh. Pr. 16): ka‹ dÆ soi toÁw nÒmouw d¤eimi, oÂw xr≈menÒn se ≤ ÑRhtorikØ gnvrie› ka‹ prosÆsetai, oÈd¢ épostrafÆsetai ka‹ skorakie› kayãper ét°lestÒn tina ka‹ katãskopon t«n éporrÆtvn.48 Lukian gießt zwar seinen Spott über die Gestalt des Rhetoriklehrers aus, stellt aber die Mysterienmetapher nicht in Frage; denn die skurrile Figur des Redelehrers untermauert nur die Tatsache, daß es in Wirklichkeit sehr umständlich und langwierig ist, die ‚Weihen der Rhetorik‘ zu empfangen. Lukian gebraucht die Mysterienmetapher jedoch nicht exklusiv für die Rhetorik. Im Dialog über den Parasiten beweist der Schmarotzer Simon, daß er der vornehmsten t°xnh nachgeht. In Par. 22 spricht er von den Mysterien seiner Kunst und meint damit allgemein den Prozeß ihres Erlernens.49 Hier werden die Erhöhung der Bildung und Literatur und ihre Beschreibung mit religiösen Begriffen50 parodiert. Somit bewegt sich Lukian nicht eindeutig auf den Spuren des speziellen Mysterienvergleichs, der sich bei Dionys von Halikarnaß findet. In der Spätantike ist die Mysterienmetapher in einigen Texten anzutreffen. Die Demosthenes-Vita des Zosimos aus Askalon (5. Jh. n. Chr.)51 beginnt damit, daß sich der Autor bei dem Redner dafür entschuldigen will, daß man zunächst die Weihen des Iso48) Vgl. Lucianus, Rh. Pr. 14 mçllon d¢ ≥dh prox≈rei mhd¢n ÙknÆsaw mhd¢ ptohye¤w, efi mØ proetel°syhw §ke›na tå prÚ t∞w =htorik∞w . . .; hier ist die gesamte Bildung gemeint. 49) Lucianus, Par. 22 de› prÒteron o‰mai toËton (sc. der Parasit) gen°syai f¤lon (sc. seines Gastgebers), ·na koinvnÆs˙ spond«n ka‹ trap°zhw ka‹ t«n t∞w t°xnhw taÊthw musthr¤vn. 50) Quint. inst. 1,4,6 interiora velut sacri (sc. die Grammatik) huius adeuntibus apparebit multa rerum subtilitas; inst. 10,1,92 nos tamen sacra litterarum (mit Bezug auf die Dichtung) colentes feres, Caesar, si non tacitum hoc (die dichterischen Erzeugnisse Domitians) praeterimus . . . Häufig in der Dichtung, vgl. Ov. trist. 4,10,19 at mihi iam puero caelestia sacra placebant. 51) H. Gärtner, Zosimos (7), RE XA (1972) 790–795. Schüler des Theon in Alexandria, Verfasser von Lexika und Kommentaren zu den attischen Rednern und von Hypotheseis zu Isokrates.
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krates empfangen habe und erst jetzt an seine Mysterien herantrete (Westermann, Demosthenes g’, p. 297): deut°rƒ loipÚn §pib∞nai t“ Paianie› (sc. Demosthenes) kairÒw: ka‹ mÆ moi xalepÆn˙w, Œ ye¤a kefalÆ, deÊterow tattÒmenow, ≤d°vw ín prÚw aÈtÚn §fyegjãmhn. efi går de› télhy¢w l°gein, aÈtÚw sÁ saut“ taÊthn tØn tãjin proÈj°nhsaw, mhdamoË tª neÒthti t“ meg°yei t«n =hmãtvn §pididoÁw seautÒn, mhdÉ émuÆtoiw =htorik«n sugxvr«n §pib∞nai to›w so›w: diÚ protelesy°ntew to›w toË Yeod≈rou (sc. Isokrates) oÏtvw to›w so›w musthr¤oiw §pixeire›n tolm«men. Dieser Text leitet von der Lektüre des Isokrates zu Demosthenes über. Das Werk des Demosthenes wird an zweiter Stelle gelesen, nicht weil es zweitrangig ist, sondern weil es offensichtlich als schwerer und weniger leicht zugänglich gilt. In beide Schriftsteller ist eine Einweihung erforderlich, wobei die Lektüre des Isokrates eher für eine allgemeine Einführung in die Weihen der Rhetorik geeignet ist. Diesem Text, der in das Umfeld der spätantiken Schule zu gehören scheint und die Lektüre eines klassischen Schriftstellers enthusiastisch als Einweihung in ein Mysterium anpreist, eng verwandt ist der Beginn der Thukydides-Vita des Markellinos. Der Zusammenhang zwischen beiden Viten läßt sich nicht überzeugend aufklären.52 Die Thukydides-Vita enthält Material aus den unterschiedlichsten Quellen, wobei ihr Anfang vom letzten Bearbeiter zu stammen scheint, von einem Markellinos, der möglicherweise mit dem Hermogenes-Scholiasten dieses Namens identisch ist (5. Jh. n. Chr.). Der Autor stellt mit Begeisterung fest, daß die Zeit reif sei, sich nach der Einweihung in Demosthenes den Geheimnissen des Thukydides zu nähern (Vit. Thuc. 1): t«n Dhmosy°nouw mÊstaw gegenhm°nouw ye¤vn lÒgvn te ka‹ ég≈nvn, sumbouleutik«n te ka‹ dikanik«n nohmãtvn mestoÁw genom°nouw ka‹ flkan«w §mforhy°ntaw, Àra loipÚn ka‹ t«n Youkud¤dou telet«n §ntÚw katast∞nai. polÁw går ı énØr t°xnaiw ka‹ kãllei lÒgvn ka‹ ékribe¤& pragmãtvn ka‹ strathgika›w sumboula›w ka‹ panhgurika›w Ípoy°sesin. Der letzte Satz zeigt deutlich, daß Thukydides nicht nur als Historiker, sondern in erster Linie wegen seiner stilistischen und rhetorischen Qualitäten gelesen wird. Daher gehört auch das Geschichtswerk zu den Mysterien der Rhetorik. Wie bei Zosimos ist 52) Zur Forschung ausführlich L. Piccirilli, Storie dello storico Tucidide, Edizione critica, traduzione e commento delle Vite tucididee, Genova 1985, 62 f.
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von einer Stufenfolge die Rede. Der Enthusiasmus, der von den Mysterien der Rhetorik und von der Einweihung in die klassischen Schriftsteller schwärmt, soll offensichtlich die Neugier der Schüler entfachen und somit der Protreptik zur Lektüre dienen. Die Metapher wird bei beiden Autoren mit etlichen Begriffen der Mysteriensprache ausgestaltet, bei Zosimos émÊhtow, protele›syai, mustÆria und bei Markellinos mÊstai und teleta¤. Diese metaphorische Bezeichnung der Rhetorik als Mysterium kommt in der Spätantike – als die paganen Mysterienkulte längst erloschen waren53 – zwar auch bei anderen Autoren vor, hier hat sie aber eindeutig einen Höhepunkt erreicht.54 Luschnat hat gegen Schmids Annahme,55 es handele sich beim Proömium der Thukydides-Vita um „neuplatonische(n) Schwulst“, darauf hingewiesen, daß die Mysterienmetapher in der Rhetorik schon früh verbreitet ist.56 Luschnat belegt seine These mit den oben behandelten Stellen Quint. inst. 12,10,14 und Lucianus, Rh. Pr. 16. Die Linie zu den spätantiken Texten kann jedoch nach den hier erzielten Ergebnissen etwas anders gezogen werden. Es ist in erster Linie die Praxis der klassizistischen Literaturkritiker um Dionys und Pseudo-Longin, aus der sich die spätantike Mysterienmetapher erklärt. Von den griechischen Attizisten, deren Arbeiten in die Thukydides-Vita des Markellinos Eingang gefunden haben,57 ist der Grundstein gelegt worden für eine schwärmerische 53) Gallienus (218–268 n. Chr.) ist vermutlich der letzte Kaiser, der in Eleusis eingeweiht worden ist; vgl. O. Kern, Mysterien, RE XVI (1935) 1209–1350, hier 1257. Eleusis wurde nach 395 n. Chr. von Alarich zerstört. 54) O. Luschnat, Die Thukydidesscholien, Zu ihrer handschriftlichen Grundlage, Herkunft und Geschichte, Philologus 98 (1954) 14–58, hier 43, verweist auf den Epitaph des Chorikios von Gaza (1. Hälfte des 6. Jh.) auf seinen Lehrer Prokop (8,3,7, p. 111 Foerster-Richtsteig): dÊo går ˆntvn, oÂw éretØ basan¤zetai sofistoË, toË te kataplÆttein tå y°atra sun°sei lÒgvn ka‹ kãllei toË te toÁw n°ouw mustagvge›n to›w t«n érxa¤vn Ùrg¤oiw . . . Hinzugefügt werden können eine Stelle aus dem Kommentar des Olympiodor (ca. 500–565 n. Chr.) zum Platonischen Gorgias (7.1): ı Gorg¤aw . . . épokalÊptein Ípisxne›tai t“ Svkrãtei pãnta tå mustÆria t∞w =htorik∞w und Gregor von Nazianz, or. 25,14, PG 35,1217, über das Wirken des Philosophen Heron Maximos in der Großen Oase: ırçn moi dok« tÚ §ke› paideutÆrion, tØn per‹ s¢ teletØn ka‹ panÆgurin. Gemeint sind Prunkreden philosophischen Inhalts. 55) W. Schmid, Geschichte der griechischen Literatur, I,5, München 1948, 4. 56) Luschnat (wie Anm. 54) 43 f. Anm. 3. 57) J. Maitland, Marcellinus’ Life of Thucydides: criticism and criteria in the biographical tradition, CQ 46 (1996) 538–558, über Dionys von Halikarnaß 550– 553.
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Verehrung der Rhetorik in platonisierenden Begriffen wie Enthusiasmus und Manie; auf diesem Boden gedeiht die Bezeichnung der Rhetorik als Mysterium. Es scheint zudem sinnvoller zu sein, in der Mysterienmetaphorik des Markellinos und des Zosimos die exzessive Steigerung der Praxis der klassizistischen Literaturkritik zu erblicken als eine angeblich typische Methode spätantiker Schulmeister58 oder einen Hinweis auf die Symposiaka des Didymos Chalkenteros.59 Das Umfeld, aus dem die spätantiken Viten stammen, liegt im dunkeln. Folgt man dem Hinweis Hoses,60 daß sich die institutionelle Rhetorik seit dem 4. Jh. n. Chr. in einer Krise befand und allmählich von der Jurisprudenz verdrängt wurde, kann man jedoch in der protreptisch verwendeten Mysterienmetaphorik des Markellinos und Zosimos einen Versuch der Rhetorik sehen, sich mit einem geheimnisvollen Glanz zu umgeben und auf diese Weise das Interesse und die Zuneigung der Schüler von neuem zu gewinnen. Jena
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58) So Piccirilli (wie Anm. 52) 63. 59) So F. Ritter, Didymi Chalcenteri Opuscula, Köln 1845, 8 ff. 60) M. Hose, Die Krise der Rhetoren. Über den Bedeutungsverlust der institutionellen Rhetorik im 4. Jahrhundert und die Reaktion ihrer Vertreter, in: Ch. Neumeister und W. Raeck (Hrsg.), Rede und Redner, Bewertung und Darstellung in den antiken Kulturen, Möhnesee 2000, 289–299.
SUETONIUS AND AUGUSTUS’ ‘PROGRAMMATIC EDICT’* In his Life of the first princeps, in a chapter dealing with Augustus’ ‘retention of the state’, Suetonius includes a verbatim quotation from an edict of Augustus which we know from no other source.1 De reddenda re p. bis cogitavit: primum post oppressum statim Antonium, memor obiectum sibi ab eo saepius, quasi per ipsum staret ne redderetur; ac rursus taedio diuturnae valitudinis, cum etiam magistratibus ac senatu domum accitis rationarium imperii tradidit. sed reputans et se privatum non sine periculo fore et illam plurium arbitrio temere committi, in retinenda perseveravit, dubium eventu meliore an voluntate. quam voluntatem, cum prae se identidem ferret, quodam etiam edicto his verbis testatus est: i t a m i h i s a l v a m a c s o s p i t e m r e m p. sistere in sua sede liceat atque eius rei fructum percipere, quem peto, ut optimi status auctor dicar et moriens ut feram mecum spem, mansura in vestigio suo f u n d a m e n t a r e i p . q u a e i e c e r o . fecitque ipse se compotem voti nisus omni modo, ne quem novi status paeniteret.
Various aspects of the edict have been discussed, but the form of the edict, the precise language employed, the translation of these words and the overall significance of the pronouncement require further comment, not least because of the importance of any firsthand statement by Augustus on his political position or aspirations, but also to do justice to Suetonius, who later in Augustus comments on the care which Augustus took over the wording of his pronouncements.2 I propose (i) to offer a commentary on the *) The comments of J. E. Atkinson, M. T. Griffin and J. W. Rich have greatly improved this piece; the remaining infelicities are mine. 1) Suet. DA 28.1–2. H. Malcovati, Caesaris Augusti Imperatoris operum fragmenta, Turin 51969, edicta X. 2) DA 86.1: praecipuamque curam duxit sensum animi quam apertissime exprimere. The major dedicated discussion of this edict is by P. Ceausescu, Das programmatische Edikt des Augustus – eine mißverstandene Stelle, RhM 124, 1981, 348–53, accepted by U. Lambrecht, Herrscherbild und Principatsidee in Suetons
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individual words and phrases which comprise the decree, on the basis of this (ii) to propose a translation and finally (iii) to discuss the probable context and significance of the edict. I. Commentary Ita. Ita leading onto an ut clause for the purposes of asseveration – of the contents of the ut clause rather than strict result – is a feature of Roman prayers often with ita me di ament, ut . . . (e. g. Plaut. Bacch. 892, Merc. 762).3 Mihi. The use of the first person is appropriate to an edict, that is a pronouncement based on magisterial authority on a question considered within his competence: the magistrate or emperor spoke in the first person.4 The addressees are unspecified, but can be understood as all those under Augustus’ authority: in the context that may mean all citizens of the empire,5 or more likely a limited group, for example, the inhabitants of Rome. Although edicts in principle had no specific addressee, before the tetrarchic period there is little evidence of imperial edicts as a means of general communication to the empire rather than as responses to specific communities, individuals or requests.6 While mihi and the tense of liceat may indicate that Suetonius is providing us with a quotation in oratio recta consistent with an Kaiserbiographien, Bonn 1984, 135 and O. Wittstock, Sueton. Kaiserbiographien, Berlin 1993, 498. Much basic groundwork was done by W. Weber, Princeps: Studien zur Geschichte des Augustus, Stuttgart/Berlin 1936, 27 nn. 134–7, but now all treatments must deal with K. M. Girardet, Das Edikt des Imperator Caesar in Suetons Augustusvita 28,2. Politisches Programm und Publikationszeit, ZPE 131, 2000, 231–43. 3) See the collection of examples by G. Appel, De Romanorum precationibus, Gießen 1909, 177–8; Girardet (above, n. 2) 234: “einer emphatischen Bekräftigungsformel”. 4) M. Benner, The Emperor Says: Studies in the Rhetorical Style in Edicts of the Early Empire, Gothenburg 1975, 26. Cf. M. Kaser, Zum Ediktsstil, in: H. Niedermeyer and W. Flume (edd.), Festschrift für Fritz Schulz, Weimar 1951, vol. ii, 51–2. 5) Cf. A. von Premerstein, Vom Werden und Wesen des Prinzipats, München 1937, 124: “einem Edikt an die Bürgerschaft”. 6) See F. G. B. Millar, The Emperor in the Roman World, London 1977, 252– 9. However, Jos. AJ 19.291 and P. Fayum 20 preserve provisions for empire wide display, and other Augustan edicts preserved via literary texts (Plin. Ep. 10.83, Macrob. Sat. 1.10.23) relate to subject matter that would have an empire wide relevance.
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imperial edict, the two words are more precisely part of a vow (see on Liceat), of which Suetonius has omitted the condition(s) which Augustus imposed on himself and which would constitute its fulfilment. Salvam ac sospitem. The combination of the cognate adjectives salvus and sospes is found from Plautus onwards: filium /tuom modo in portu Philopolemum vivom, salvom et sospitem /vidi (Capt. 872–4); eamque eventuram exagogam Capuam salvam et sospitem (Rud. 631); Lucilius, sospitat, salut<e> inpertit plurima et plenissima (739 Marx), provides the only other example from Republican literature, but from the imperial period we have Ovid, namque meis sospes multum cruciatibus aufers, /atque sit in nobis pars bona salva facis (Pont. 3.2.3. Cf. the prayer which concludes the Epicedion Drusi, 472–4: parsque tui partus sit tibi salva prior; /est coniunx, tutela hominum, quo sospite vestram, /Livia, funestam dedecet esse domum) and two acclamations of Domitian by Martial (Ep. 2.91.1–2: rerum certa salus, terrarum gloria, Caesar, / sospite quo magnos credimus esse deos; 5.1.8: o rerum felix tutela salusque, /sospite quo gratum credimus esse Iovem). These parallels are sufficient to demonstrate that Augustus carefully chose the pair of adjectives for its archaic and religious associations and thus for the solemnity it imparts to his words. Benner notes the use of alliteration, which is marked, especially in this opening phrase, and attributes it to the elevated style Augustus has espoused for this particular, important edict which served as a manifesto of his political aims.7 This is fine, as far as it goes, but hardly brings out the religious nuance of the words, which is wholly appropriate to the specific context that Suetonius’ compotem voti suggests.8 Although the only other use of the expression compos voti (Cal. 13) by Suetonius himself is clearly hyperbolic and should not be forced, the religious language has parallels in contemporary documents 7) Benner (above, n. 4) 81: “the reference to renown and the survival of his lifework after his own death is a feature of pathos”. F. Hickson, Roman Prayer Language: Livy and the Aeneid of Vergil, Stuttgart 1993, 80 gives examples of the alliterative combination of salvus and servare in vows for the preservation of the state and/or emperor. On alliteration as a feature of Roman prayer language, see Appel (above, n. 3) 160–2 and on the cumulation of virtual synonyms, Appel (above, n. 3) 141–5. 8) R. Hanslik, Die Augustusvita Suetons, WS 67, 1954, 132: “Sueton unterstreicht diese Worte noch durch die abschließende Feststellung: fecit . . . paeniteret”.
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(IGRRP 4.251) and, even if formal public vota are not meant, individual examples are not excluded. At DA 58.2 Suetonius quotes Augustus’ words compos factus votorum meorum, p. c., quid habeo aliud deos immortales precari . . . in his response to Valerius Messalla’s proposal that he be given the title Pater Patriae. This is probably a comparable context to our edict. In all other instances when Suetonius uses votum it bears the technical sense of a vow undertaken, by individual or community, which would be repaid (DJ 85, DA 57.1, 58.1, 59, 97.1, Tib. 38, 54.1, Cal. 6.1, 14.2, 27.2, Cl. 45, N 46.2). Suetonius’ votum should probably be understood as ‘vow’ and not ‘wishes’. Rem p(ublicam). There is “a notoriously elastic range of uses” for this term,9 and in an unembodied quotation such as this it is particularly difficult to pin down Augustus’ usage. Edwin Judge includes this as an example of a kind of personification best translated as ‘the country’, while Edwin Ramage prefers “a general term for government or the Roman state”.10 Augustus’ use of res publica in other public documents, notably his Res Gestae, is also very difficult to pin down, indeed any ambiguity there may well be deliberate.11 Other official documents, such as the Actium inscrip9) M. Schofield, Cicero’s definition of Res Publica, in: J. G. F. Powell (ed.), Cicero the Philosopher, Oxford 1995, 66 (= M. Schofield, Saving the City: Philosopher-Kings and other Classical Paradigms, London 1999, 180). In general, see H. Drexler, Res publica, Maia 9, 1957, 245–81, R. Stark, Res publica, in: H. Oppermann (ed.), Römische Wertbegriffe, Darmstadt 1967, 42–110 and V. Ehrenberg, Some Roman concepts of state and empire, in: Man, State and Deity: Essays in Ancient History, London 1974, esp. 108–12. For the Augustan period, see E. A. Judge, Res Publica Restituta: A Modern Illusion, in: J. A. S. Evans (ed.), Polis and Imperium: Studies in Honour of Edward Togo Salmon, Toronto 1974, esp. 280–5. For the term as a myth subject to various interpretations, N. K. Mackie, Res publica restituta: a Roman Myth, in: C. Deroux (ed.), Studies in Latin Literature and Roman History, vol. iv, Brussels 1986, esp. 328–34. Ceausescu (above, n. 2) 351 stresses a concrete understanding of the word, the property connotations of res populi, following H. P. Kohns, Res Publica - Res Populi, Gymnasium 77, 1970, 392– 404. For a general treatment of Suetonius’ vocabulary for ‘the state’, see G. Alföldy, Römisches Staats- und Gesellschaftsdenken bei Sueton, Ancient Society 11/12, 1980/81, 361–4 and below p. 196. 10) Judge (above, n. 9) 302; E. S. Ramage, The Nature and Purpose of Augustus’ “Res Gestae”, Stuttgart 1987, 60. 11) Ramage (above, n. 10) 38–40 argues that the seven occurrences of res publica in Res Gestae each have a republican connotation, but his insistence (39 n. 69) that “Augustus is talking here about activities in 43 B. C. when the republic
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tion, pro [r]e p[u]blic[a],12 and the dedication by the Senate and people in 29 B. C., re publica conservata, on a triumphal arch can similarly bear more than one interpretation.13 Sistere. While examples of the expression rem publicam (vel sim.) sistere exist and may be relevant (cf. Cic. Verr. 2.3.223: qui rem publicam sistere negat posse nisi ad equestrem ordinem iudicia referantur; Livy 3.20.8: non ita civitatem aegram esse, ut consuetis remediis sisti possit; Virg. Aen. 6.857–8: hic [Marcellus] rem Romanam, magno turbante tumultu /sistet eques),14 the key combination is salvus and sistere. Livy records a prayer of Scipio Africanus before his departure for Africa: salvos incolumesque . . . mecum domos reduces sistatis (29.27.3). Hickson questions whether Livy’s use of salvum sistere for the traditional salvum servare may not “reflect a contemporary development in religious language” (perhaps to be seen in Augustus’ words),15 but in essence we have a time-honoured formula, although not one which is indisputably a prayer formula. In his Rudens Plautus uses the combination twice on the lips of Daemones, ego vos salvos sistam (1049; cf. Trin. 743: still existed, so that res publica can only refer to the republic” ignores amongst other considerations the range of meanings that res publica had during the Late Republic. In the words rem publicam a dominatione factionis oppressam in libertatem vindicavi (RG 1.1) it has been argued (cf. Cic. Phil. 3.1) that res publica stands not for the state but for the city of Rome and its concerns (H. Braunert, Die Gesellschaft des römischen Reiches im Urteil des Augustus, in: E. Lefèvre [ed.], Monumentum Chilionense: Studien zur augusteischen Zeit, Amsterdam 1975, esp. 41: “res publica ist vor allem noch nicht ‚eine abstrakte Idee‘ sondern ‚Objekt staatlicher Tätigkeit‘” and id., Zum Eingangssatz der Res Gestae Divi Augusti, Chiron 4, 1974, 343–58; rejected by Ramage and D. Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch, Darmstadt, 3 1999, 179 n. 37, 417 n. 236). 12) J. H. Oliver, Octavian’s Inscription at Nicopolis, AJP 90, 1960, 180; W. M. Murray and P. M. Petsas, Octavian’s Campsite Memorial for the Actian War, Philadelphia 1989, 76. 13) Ramage (above, n. 10) 58–9 argues that these refer to the Republic proper. On this inscription from the arch of Augustus, see J. W. Rich, Augustus’ Parthian Honours, the temple of Mars Ultor and the arch in the Forum Romanum, PBSR 66, 1998, 100–14. 14) Quoted by Ceausescu (above, n. 2) 349. 15) Hickson (above, n. 7) 80. However, the extant examples from the Acta Fratrum Arvalium, which comprise the vast majority of examples of these formulae and postdate Livy, do not use sistere but servare. Insufficient extracts of the Acta from Augustus’ and Tiberius’ reigns exist to permit conjecture as to a new formula under Augustus or a revision to the traditional formula under Tiberius.
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neque ita ut sit data /columem te sistere illi and Virg. Aen. 2.620: tutum patrio te limine sistam) and omnia ut quidque infuere ita salva sistentur tibi (1359). In the categories of sisto in Lewis & Short our example probably belongs in A5 ‘to cause to be in certain condition’ and in the Oxford Latin Dictionary in (3) ‘to present (a person) or hand over (a thing) at the required time’ respectively. Which nuance we accept can only be decided by the wider context, in particular the following phrase, but there is no need to envisage a specifically legislative context.16 In sua sede. This expression has generally been understood in a metaphorical sense,17 although both detailed commentators on this passage envisage a more concrete sense. Ceausescu argues that sedes rei publicae must be understood in the sense that it is in several of Cicero’s works and in Livy, as the city of Rome, and thus comprises a boast by Augustus of having thwarted the intention of M. Antonius to transfer the capital of the empire to Alexandria.18 If, however, a metaphorical translation is adopted, e. g. ‘on its rightful base’, this could easily refer to constitutional and/or legislative action by Augustus, either with a general reference or even specifically to his claim rem publicam ex mea potestate in senatus populique Romani arbitrium transtuli of the events of 13th January 27 B. C.,19 16) H. Grziwotz, Das Verfassungsverständnis der römischen Republik, Frankfurt 1985, 317–9 demonstrates that the expression rem publicam constituere, and thus the role of Octavian as triumvir rei publicae constituendae, did not mean creating a new constitution, but bringing to order the existing one. 17) P. Burmann, C. Suetonii Tranquilli De Vita Caesarum, Amsterdam 1736: “pro firmo ac stabili rerum statu”; D. Ruhnken, Scholia in Suetonii vitas Caesarum, Leiden 1820: “firmus status rerum”; S. Pitiscus, C. Suetonii Tranquilli Opera, Frankfurt 1690: “sedes est bãsiw, krÆpiw. Translatum a columnis vel colossis, qui magno nisu in suam basim restituuntur”. But Girardet (above, n. 2) 235: “nicht metaphorisch zu verstehen”. 18) Cf. Ehrenberg (above, n. 9) 115: “For Cicero Rome represented the state”. Prov. Cons. 34: Numquam haec urbs summo imperio domicilium ac sedem praebuisset; Leg. Agr. 1.18: sedem urbis atque imperii, 2.89: sedem novae rei publicae; Sull. 33: urbem hanc . . . sedem omnium nostri; Cat. 3.26: imperii domicilium sedesque; Rep. 2.10: hanc urbem sedem aliquando et domum summo esse imperio praebituram; Livy 5.51.2, 27.34.14. On Octavian’s successful propaganda campaign to persuade the Roman people that Antonius intended to move the capital, see e. g. P. Ceausescu, Altera Roma: l’histoire d’une folie politique, Historia 25, 1976, esp. 86–8. 19) RG 34.1. On which see most recently W. Turpin, Res Gestae 34.1 and the Settlement of 27 B. C., CQ 44, 1994, 427–37.
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or to a successful ending of the motus which had thrown the state into chaos.20 An attractive parallel appears in Cicero’s Pro Marcello in which Cicero sets out what he considers remains for the dictator Julius Caesar to do ut rem publicam constituas (27) and which contains much of the vocabulary appearing also in this edict. Notably, nisi haec urbs stabilita tuis consiliis et institutis erit, vagabitur modo tuum nomen longe atque late, sedem stabilem et domicilium certum non habebit (29), which must be understood metaphorically. Liceat. Well attested for prayers, indeed prominent in two other prayers by Augustus (his response to M. Valerius Messalla Corvinus’ speech conferring on him the title Pater Patriae in 2 B. C. [Suet. DA 58.2]: compos factus votorum meorum, p. c., quid habeo aliud deos immortales precari, quam ut hunc consensum vestrum ad ultimum finem vitae meae perferre liceat and in a letter to Gaius Caesar in A. D. 1: deos autem oro, ut mihi quantumcumque superest temporis, id salvis nobis traducere liceat . . . [Aul. Gell. 15.7.3]) and not suggestive of an oath.21 Cicero concludes two of his extant speeches with florid prayers, or invocations, to the Capitoline Triad which reveal that licere was used in solemn vows: imploro et obtestor . . . mihique post hac bonos potius defendere liceat quam improbos accusare necesse sit (Verr. 2.5.189) and meque atque meum caput ea condicione devovi ut . . . mihi re publica aliquando restituta liceret frui (Dom. 145).22 Hickson notes that “his prayer (Suet. DA 28.2) is particularly interesting because Augustus prays that he himself may be the agent of what was traditionally seen as a divine gift”; the conclusion to the section by Suetonius makes almost the same point: fecitque ipse se compotem voti nisus omni modo.23 20) K. M. Girardet, Politische Verantwortung im Ernstfall: Cicero, die Diktatur und der Diktator Caesar, in: LÆnaika: Festschrift für Carl Werner Müller, Stuttgart/Leipzig 1996, 226–8, demonstrates the contrast between status and motus which informs their use. 21) For suggestion concerning an oath, see M. Adams, C. Suetonius Tranquillus: Divi Augusti Vita, London 1939, 122 and W. K. Lacey, Augustus and the Principate, Leeds 1996, 86. 22) The parallels of vocabulary between the De-Domo-sua-passage, the audience of which was the pontifical collegium, and the Augustan vow are increased if one adds in meas sedes restitutus (145), but this, I would argue, demonstrates only the shared context of a vow, not borrowing from Cicero by Augustus. 23) Hickson (above, n. 7) 81.
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Eius rei. The referent of this is taken as sistere in the translation of Lacey ‘of this’. While there are examples of res with a pronoun as an emphatic periphrasis for id, which is what these translations require (e. g. Plaut. Amph. 1068), it may be more appropriate to the elevated tone and self-congratulatory note of this edict to understand res as ‘action’ or ‘achievement’, as one of Augustus’ Res Gestae (cf. Rolfe’s ‘that act’). Fructum percipere. A metaphor taken from agriculture (cf. Plin. NH 15.1), ubiquitous in Cicero (e. g. Verr. 1.1.33, 2.5.77, Sull. 1 and Fam. 10.32.5: quarum rerum fructum satis magnum re publica salva tulisse me putabo; cf. Caes. BG 7.27.2; Livy 45.25.9). The frequency of this metaphor may suggest either that it was ‘dead’ or that it spoke powerfully to the Romans. If the latter, then building metaphors do not stand alone in the edict and sistere in sua sede, which can be taken as an image from building, as Ceausescu argues, may be understood differently. Quem peto. For the first person, see on Mihi. Augustus’ desire for an excellent reputation can be seen as an example of the typical upper class Roman desire for gloria.24 Optimi. While the adjectives bonus, optimus and their cognate Optimates had a distinctive meaning in the ideological struggles of the Late Republic, those who fought for the pre-eminence of the Senate, it is not certain that Augustus is using it here in such a retrospective sense.25 Rather a prospective sense is preferable: “no doubt this recognises that there was a status (civitatis) which was in some respects new: that was patent”.26 For a comparable, non-constitutional use of status and an adjective in Suetonius, cf. Domitian’s foreboding concerning the reigns of Nerva, Trajan and Hadrian beatiorem post se laetioremque portendi rei publicae statum (Dom. 23.2). 24) See e. g. D. C. Earl, The Moral and Political Tradition of Rome, London 1967, 30. 25) E.g. J. Hellegouarc’h, Le vocabulaire latin des relations et des partis politiques sous la république, Paris 1963, 495–505; esp. 498: “ce sense «conservateur» d’optimus se maintient sous l’Empire. Auguste, qui prétend restaurer la légalité républicaine, appelle sa constitution optimus status . . .”. The provisional title for Cicero’s De Republica was de optimo statu civitatis et de optimo cive (Cic. QF 3.5.1–2). 26) P. A. Brunt, Augustus e la respublica, in: La rivoluzione romana, Milan 1982, 239.
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Status. Ceausescu argues for the technical character of status meaning constitution, ‘Verfassung’, comparing Augustus’ letter to Gaius in A. D. 1 (quoted above under Liceat) and his vow in A. D. 9 after the defeat of P. Quinctilius Varus, vovit et magnos ludos Iovi Optimo Maximo, si res p. in meliorem statum vertisset (Suet. DA 23.2).27 Rather, this Suetonian example highlights the key usage for this passage – in prayer or vow formulae without a constitutional sense. Livy has five examples of the formula si res publica in eodem statu . . . in the conditional clause of a vow (21.62.10, 22.9.10, 30.2.8, 30.27.11, 42.28.8) and the acta of the Arval Brethren preserve examples from A. D. 27 to the 2nd c. A. D. of the formula adapted to vows to Jupiter Optimus Maximus for the emperor’s safety.28 It is not clear whether the formula was originally specific to the censors’ vow for the well-being of the state or whether it was used more generally.29 Denarii minted in 16 B. C., I(ovi) O(ptimo) M(aximo) S(enatus) P(opulus)Q(ue) R(omanus) V(ota) S(usceperunt?) Pr(o) S(alute) I(mp) Cae(saris) quod per eu(m) r(es) p(ublica) in amp(liore) at(que) tran(quilliore) s(tatu) e(st) (BMCRE vol. i. nos. 91–4) prove for the Augustan period the use of status in public vows. For consciousness of an etymological link between status and sistere cf. Cic. Rep. 1.49; such wordplays are a feature of Roman prayers. The use of status in the political sphere of the Late Republic is not too different in that it is predominantly general, of a condition or state of affairs, not a specific constitutional form, although in philosophical theoretical discussions it can approach the meaning of ‘state’.30 During the early principate the term enjoyed a greater prominence because its vagueness meant that it could incorporate the changes Augustus instituted.31 If any allusion to the language of public vows is rejected or thought to be tangential, Augustus’ use of such a general term in a delicate political context remains intelligible (cf. Macr. Sat. 2.4.8: quisquis praesen27) Ceausescu (above, n. 2) 348. Cf. Hickson (above, n. 7) 99–100. 28) See J. Scheid, Romulus et ses frères, Paris 1990, 372–4. 29) Ehrenberg (above, n. 9) 107: “status is hardly ever used independently in a political sense; it means something like condition or state of affairs or constitutional structure”; cf. J. Christes, Noch einmal Cicero, De Re Publica 1,33,50: eine Replik, WJA 21, 1996/7, 221 n. 12. 30) Such a use is seen in Cicero’s philosophical works (e. g. Rep. 1.33, Leg. 1.15). 31) See the detailed study by E. Köstermann, Status als politischer Terminus in der Antike, RhM 86, 1937, 225–40, who cites this edict (229) as evidence.
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tem statum civitatis commutari non volet, et civis et vir bonus est).32 Later Seneca can call rule by a just king optimus civitatis status (Ben. 2.20.2), but that owes more to Stoic philosophy than to Augustus’ language. Auctor. Examples principally from Cicero show that auctor was commonly used in Republican political language of a leader who exercised powerful influence through intellectual qualities or military might, frequently in connection with princeps, of one who took the initiative to preserve the state.33 As such it would be appropriate in whatever political context we place this edict, and be unobjectionable to ‘Republicans’.34 It is, however, tempting to see in Augustus’ use an allusion not only to the auctoritas which was to be celebrated in Res Gestae,35 but also to his own defining 32) A. J. Woodman, Velleius Paterculus: the Tiberian Narrative (2.94–131), Cambridge 1977, 280: “status came to be used by Augustus as a happily neutral term which aptly described the constitution which he inaugurated”. Cf. Judge (above, n. 9) 305: “Augustus was prepared to go as far as to speak loosely of ‘the order of the state’ and even of the ‘existing’ order”. K. M. Girardet, Die Entmachtung des Konsulates im Übergang von der Republik zur Monarchie und die Rechtsgrundlagen des augusteischen Prinzipats, in: W. Görler and S. Koster (edd.), Pratum Saraviense: Festgabe für Peter Steinmetz, Stuttgart 1990, 125 n. 165, suggests that status here has a precise constitutional sense, which he sees echoed in the coin of 16 B. C. 33) Hellegouarc’h (above, n. 25) 321–3. For the almost synonymous use of auctor and princeps, see H. Wagenvoort, Studies in Roman Literature, Culture and Religion, Leiden 1956, 56 ff.; for Ciceronian examples of the terms conjoined: Dom. 10, Prov. Cons. 25, Sull. 34, Orat. 3.63, Rep. 2.46. 34) Cf. the suggestion of J. H. W. G. Liebeschuetz, The Settlement of 27 B. C., in: Deroux (above, n. 9) 350, that the decree passed by the Senate on 13th January 27 stated that “the princeps would continue indefinitely as auctor publici consilii, or something of that kind”. See now J.-L. Ferrary, À propos des pouvoirs d’Auguste, CCG 12, 2001, 113–5, arguing against a senatorial decree recognising any primacy or cura. Unofficially, though, and even before January 27 Vitruvius (1 praef. 1) could write of Octavian de vita communi omnium curam publicaeque rei constitutione habere. 35) The literature on auctoritas is vast, but the demonstration by R. Heinze, Auctoritas, Hermes 60, 1925, 354 ff., of a fundamental development in its use under Augustus, from meaning auctorem esse or the activity of the auctor to being a permanent quality attaching to the auctor, is relevant here, though it is not clear how far the development has progressed by the time of this decree. For a link with auctoritas cf. Ramage (above, n. 10) 60. A connection of auctor/auctoritas with the emperor’s role as exemplar is emphasised by J. Hellegouarc’h, Suétone et le principat d’après la vie d’Auguste, in: Filologia e forme letterarie. Studi offerti a Fr. Della Corte, vol. iv, Urbino 1987, 86.
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cognomen.36 In the Senate in January 27 B. C. there was substantive debate over what to call Octavian on his assumption of a newly defined position within the Roman state and the title was an integral part of “the first constitutional settlement”;37 according to Dio and Suetonius, Octavian had wanted to be called Romulus as a recognition of his position as a second founder of Rome, but the regal associations of the term caused him to accept the proposal of Munatius Plancus that he be called Augustus.38 Augustus is linked with augur and auctor, and thus with augeo, certainly in popular contemporary etymology of Augustus’ time, if not by some 36) Cf. P. Grenade, Essai sur les origines du principat, Paris 1961, 68. K. Scott, Tiberius’ Refusal of the Title ‘Augustus’, CP 27, 1932, 49 plausibly suggests that the connection between auctor and Augustus explains the modest Tiberius’ insistence that his role in an individual’s approach to the Senate be described not as auctor to suasor (Suet. Tib. 27), although auctor had solid Republican precedents (e. g. Cic. Pis. 35). 37) See Liebeschuetz (above, n. 34) 352. C. J. Simpson, Reddita omnis provincia. Ratification by the people in January, 27 B. C., in: C. Deroux (ed.), Studies in Latin Literature and Roman History, vol. vii, Brussels 1994, 297–309, argues convincingly that the award was made by Senate on 13th January and subsequently ratified by the people. Against his arguments for 15th January for the ratification may be the dedication of the new temple of Concordia Augusta by Tiberius in A. D. 10 on 16th January, a date which gains significance as the anniversary of Augustus’ cognomen (see P. Gros, Aurea templa. Recherches sur l’architecture religieuse de Rome à l’époque d’Auguste, Rome 1976, 34) and the fact that the 15th was not a comitial day (see J. W. Rich and J. H. C. Williams, Leges et iura p. R. restituit: a new Aureus of Octavian and the Settlement of 28–27 B. C., NC 1999, 204 n. 100). 38) Dio 53.16.7–8; Suet. DA 7. On Augustus’ name, see e. g. M. Reinhold, Augustus’ Conception of himself, Thought 55, 1980, 43: “pregnant with potent polyvalent implication”; Ramage (above, n. 10) 100–104; H. Erkell, Augustus, felicitas, fortuna: lateinische Wortstudien, Gothenburg 1952, 36–8, and of the older literature K. Scott, The identification of Augustus with Romulus-Quirinus, TAPA 56, 1925, 82–105. J. von Ungern-Sternberg, Die Romulusnachfolge des Augustus, in: W. Schuller (ed.), Politische Theorie und Praxis im Altertum, Darmstadt 1998, esp. 172–3, shows that Romulus-parallels are their starkest between 29 and 27. Perhaps also the success of M. Licinius Crassus in deserving spolia opima for his exploits in Macedonia (see J. W. Rich, Augustus and the spolia opima, Chiron 26, 1996, 85–127; H. I. Flower, The Tradition of the Spolia Opima: M. Claudius Marcellus and Augustus, CA 19, 2000, 49–53), which highlighted further Octavian’s military failings, contributed to the rejection of the name Romulus. For Plancus and a plausible reconstruction of his role in the creation of the name Augustus, see T. H. Watkins, L. Munatius Plancus. Serving and Surviving in the Roman Revolution, Atlanta 1997, esp. 124–7.
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modern philologists.39 For Magdelain,40 optimi status auctor was a clumsy formula employed by Octavian to evoke from the Senate “une épithète brève et sonore qui résumât l’idéologie du héros fondateur”, namely Augustus, but to understand the longer phrase as an ‘explanation’ or justification of Augustus seems preferable to me. Moriens. Given the fragility of Augustus’ health throughout his life, this is no certain guide to the possible date of the edict, although Suetonius records the extended and seemingly terminal illness of summer 23 (cf. DA 81.1, Dio 53.30.1–2) immediately before quoting this edict.41 Girardet ([above, n. 2] 237–8) conjectures a severe illness from Octavian’s absence from the consecration of the temple of Divus Julius on 18th August 29 which then becomes the terminus post quem for this edict. The word is probably no more than a deliberately vague future reference ‘whenever I die’. Ut feram mecum spem. The second element of Augustus’ wish should be separated from the first as shown by the temporal moriens. As Augustus could not control what happened after his death, he could only ‘hope’. 39) Two ancient etymologies connect auctor and augere (Schol. Bern. Verg. Georg. 1.27, GL 4 Plac. A. 59); the standard etymological dictionaries concur (A. Walde and J. B. Hofmann, Lateinisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 31938, 80, 82–3; A. Ernout and A. Meillet, Dictionnaire étymologique de la langue latine, Paris 1932, 84–5) and a recent linguistic study argues that auctor is the agent noun to augere (M. T. Watmough, The Suffix -tor; Agent-noun Formation in Latin and other Italic Languages, Glotta 73, 1995–6, 109). For the link of augustus /augur with augeo, see e. g. Ovid, Fasti 1.609–12, Serv. Aen. 7.153. For collected bibliography on these related terms see H. Wagenvoort, Roman Dynamism, Oxford 1947, 12; Erkell (above, n. 38) esp. 27; for the most recent etymological research, G. Neumann, Zur Etymologie von lateinisch augur, WJA 2, 1976, 219–229. Cf. J. Linderski, The Augural Law, ANRW II 16.3, Berlin 1986, 2290 n. 577. Now too G. Zecchini, Il cognomen ‹Augustus›, ACUSD 32, 1996, 129–35, who emphasises the connection with augural terminology in the choice of Augustus and a role for Plancus and even for M. Valerius Messalla Rufus, author of a multi-volume De Auspiciis. 40) A. Magdelain, Auctoritas principis, Paris 1947, 59. I note but do not accept the suggestions of Grenade (above, n. 36) 147, who takes auctor in a narrow sense as legislator, and of Magdelain (57 n. 2), who canvasses the possibility of a precise juridical sense relating to the transfer of the state: a mancipio dans can be referred to as an auctor. 41) Accepted by e. g. von Premerstein (above, n. 5) 124.
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Mansura in vestigio suo. Unlike almost every other phrase in the decree, this appears to lie outside the vocabulary of politics, religion or architecture. Where Livy combines vestigium with a possessive adjective, the context is military (21.35.12, 28.22.15; cf. Tac. Hist. 4.60), Pliny (Paneg. 73.2; cf. Ep. 6.7.2) has something like seat or place; only Servius (Aen. 10.771) glossing Virgil’s description of Mezentius ‘ m o l e s u a s t a t : hoc est in sua mole, ut dicitur, “in vestigio”’ has a usage which with some difficulty may be understood as ‘architectural’. Fundamenta rei p(ublicae). A common metaphor, employed by Cicero in oratorical, philosophical and epistolary works.42 For Ceausescu, however, given his interpretation of sedes, something more concrete would seem to be required, the actual foundations of the buildings built or restored under Augustus.43 In contrast to this ‘fundamentalist’ approach Heinz Bellen prefers an allusion to the legislative programme Augustus was to pass.44 However, neither of these views fits well with Cicero’s use of the expression in a political context, namely his loudly proclaimed boast to have laid the foundations of the state on 20th December 44 B. C. in the delivery of his 3rd Philippic in which he proposed that Antonius’ imperium be held invalid and that Octavian be thanked and honoured.45 As we lack the evidence to say when and how the full expression fundamenta rei publicae iacere may have been used by politicians, Cicero’s use cannot prescribe an interpretation of Augustus’. 42) Cat. 4.13, Phil. 4.1, 5.28,30, 6.2, Off. 2.78, Fam. 12.25.2. Cf. Benner (above, n. 4) 81. 43) Ceausescu (above, n. 2) 352–3: “auf diese Weise lassen sich vielleicht auch die der bautechnischen Fachsprache entnommenen Leittermini des Ediktes . . . genauer erklären, die sich von Metaphern zu politischen Ausdrücken entwickelten, da sie sich ursprünglich auf die öffentlichen, die Republik begründenden Bauten bezogen und in diesem Falle auf die Bautätigkeit des Augustus hinweisen”. 44) H. Bellen, Novus status – novae leges, in: L. F. Schumacher (ed.), Politik – Recht – Gesellschaft: Studien zur Alten Geschichte, Stuttgart 1997, esp. 184. Seneca makes Augustus claim legibus urbem fundavi, operibus ornavi (Apoc. 10.2) which the most recent commentator takes as derived from Virgil’s description of Numa, primam qui legibus urbem fundabit (Aen. 6.810–1), although the wider context suggests that a reference to the claims of Augustus’ Res Gestae is being made (P. T. Eden, Seneca: Apocolocyntosis, Cambridge 1984, 117. Cf. Ceausescu [above, n. 2] 351–2). 45) Phil. 4.1, 5.30, 6.2, Fam. 12.25.2.
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Iecero. According to Lacey ([above, n. 21] 86 n. 41) this future perfect tense looks forward, not back from the moment of the decree’s publication, but that Augustus at the moment of his vow is looking back at some evidence of his saving activity (which would, he hoped, increase) cannot be excluded and is preferable, whatever date we assign to the edict. Before moving on to more speculative issues, it is worth summarising key conclusions from this detailed study of Augustus’ edict: first and foremost, the form and the language indicate that the words Suetonius quotes were (part of?) a prayer, a votum, which the princeps wished to publicise; and secondly, that Ceausescu’s ‘fundamentalist’ reading of the construction metaphor should be rejected. II. Translation On the basis of the phrase by phrase investigation of the language of the decree and its origin in the form of a solemn vow I propose the following translation: May I so set the state safe and sound on its rightful base and reap the benefit of that achievement (which is my aim) that I may be called the author of the finest state of affairs and that I may carry with me, whenever I die, the hope that the foundations I have laid will remain in their place.46
46) Cf. Scott (above, n. 36) 46–7: “I pray that it may be my lot to establish the state safe and sound upon its foundations, and that I may reap of this act the fruit which I seek, namely that I may be called the author of the best state and that when I die I may bear with me the hope that its foundations will remain fast as I shall have laid them”; Judge (above, n. 9) 302: “Augustus speaks of laying foundations for the nation, of settling it safe and sound in its place and of winning a reputation as the founder of the best possible order”; Lacey (above, n. 21) 86: “he may set the res publica safe and sound in its place and see the fruits of this in such a manner that he may be called the author of the best state of affairs and carry with him when he died the hope that the foundations of the res publica which he had laid will remain in their place”; A. Thomson, revised by T. Forester, The Lives of the Twelve Caesars, London 1926: “may it be permitted to me to have the happiness of establishing the commonwealth on a safe and sound basis, and thus enjoy the reward of which I am ambitious, that of being celebrated for moulding it into the form best adapted to present circumstances; so that, on my leaving the world, I may
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III. Date and Context At the outset it should be said that no definite answer to the date, and thus to the context, of Augustus’ edict can be proposed. However, on the basis of the language that Augustus uses perhaps some of the answers proposed by other scholars can be excluded. Any discussion must take into account the immediate literary concarry with me the hope that the foundations which I have laid for its future government will stand firm and stable”; J. C. Rolfe, Suetonius, London, 1913: “may it be my privilege to establish the State in a firm and secure position and reap from that act the fruit that I desire; but only if I may be called the author of the best possible government and bear with me the hope when I die that the foundations which I have laid for the State will remain unshaken”; G. Williams, “Did Maecenas fall from Favor?” Augustan Literary Patronage, in: K. A. Raaflaub and M. Toher (edd.), Between Republic and Empire: Interpretations of Augustus and his Principate, Berkeley 1990, 274: “may I be permitted to establish the state safe and sound on its own foundation and therefrom reap the reward I want – to be named as the author of the best constitution and, dying, to take with me the expectation that the foundations of the state laid down by me will stay fixed firmly in their place”; S. Treggiari, Leges sine moribus, AHB 8, 1994, 91: “So may it be allowed to me to put the state safe and sound on its site and reap the harvest I seek, that I may be called the auctor of the best constitution and dying take with me the hope that the foundations of the state which I have laid will remain in place”; Ceausescu (above, n. 2) 353: “Möge es mir gelingen, die gerettete und unversehrte Republik in ihrem Sitz, nämlich in Rom (meine Ergänzung), zu befestigen und den von mir erwünschten Lohn dieses Verdienstes zu erreichen, nämlich zum Begründer der besten Verfassung erklärt zu werden und im Augenblick meines Todes die Hoffnung ins Grab mitzunehmen, daß die von mir gelegten Fundamente der Republik an der ihnen zukommenden Stelle fortdauern werden”; Wittstock (above, n. 2): “Möge es beschieden sein, den Staat an seinem Ort gesund und sicher zu begründen und die Früchte, die ich erstrebe, davon zu erhalten, nämlich als Urheber des trefflichsten Zustandes bezeichnet zu werden und bei meinem Tode die Hoffnung mitzunehmen, daß die Fundamente des Staates, die ich gelegt habe, unverrückt bleiben werden”; Girardet (above, n. 2) 235: “So möge mir denn erlaubt sein, das Gemeinwesen heil und unversehrt an seinem Platz fest hinzustellen und dafür den Lohn zu erhalten, den ich erstrebe: daß ich Urheber des besten (Verfassungs-)Zustandes genannt werde und daß ich im Sterben die Hoffnung mit mir nehmen kann, daß die von mir gelegten Fundamente des Gemeinwesens an ihrem Ort auf Dauer bleiben werden”; K. Bringmann, Von der res publica amissa zur res publica restituta. Zu zwei Schlagworten aus der Zeit zwischen Republik und Monarchie, in: J. Spielvogel (ed.), Res publica reperta. Zur Verfassung und Gesellschaft der römischen Republik und des frühen Prinzipats, Stuttgart 2002, 121: “so wahr es mir vergönnt sein möge, den Staat heil und unverletzt an seinem Platz zu verankern und daraus den Gewinn, den ich erstrebe, zu ziehen, Urheber des besten Zustandes genannt zu werden und sterbend die Hoffnung mit mir zu nehmen, daß die Fundamente des Staates, die ich gelegt habe, an ihrer Stelle bleiben werden”.
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text of the edict in Suetonius’ Augustus and show an understanding of how the biographer has arranged his material.47 After a key divisio setting out his intention to analyse Augustus’ life by categories (per species) not chronologically Suetonius divides Augustus’ public career into military and civilian spheres.48 The culmination to this latter section deals with Augustus’ tribunician power and the regimen morum legumque. Throughout the Life Suetonius is consistent in holding that Augustus held power until his death; indeed the words with which he ends the chronological introduction to Augustus’ life make this plain and are key to understanding Suetonius’ meaning in chapter 28: primum cum M. Antonio M.que Lepido, deinde tantum cum Antonio per duodecim fere annos, novissime per quattuor et quadraginta solus rem p. tenuit.49 In the description of the tribunician power and the regimen morum Suetonius stresses that they were bestowed without temporal restriction perpetuam . . . aeque perpetuum – rem publicam tenuit. Chapter 28 begins with words, de reddenda re p., which for Suetonius, as the previous paragraph demonstrates, must mean only ‘letting the state out of his power’, i.e., first and foremost ceasing to hold any office or imperium. This is confirmed by, or is at least consistent with, the excuse that Suetonius attributes to Augustus se privatum non sine periculo fore. Although Suetonius is internally consistent when he writes in retinenda [re publica] perseveravit, his editorial tag, which is crucial for contextualising the edict, is at first sight perplexing, dubium eventu meliore an voluntate. quam voluntatem . . . Suetonius’ ostensible doubt is in fact a rhetorical device by which he emphasises the excellence of both the outcome of Augustus’ decision and of his intention.50 This volun-
47) For the text of Suet. DA 28.1–2, see p. 181. 48) The military section covers civil wars (9–18), conspiracies (19), foreign wars (20–23), and military reforms (24–25); the civilian career starts with his consulships (26), appointment as triumvir (27.1–4), tribunician power and his regimen morum (27.5). 49) Suet. DA 8.3. 50) See Girardet (above, n. 2) 233–4. J. Gascou, Suétone historien, Paris 1984, 719, rightly comments that the expression is “proche de l’obscurité dans son excessive densité”. Cf. Suet. Cal. 1.1: incertum pietate an constantia maiore, DJ 58.1: dubium cautior an audentior.
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tas must refer to Augustus’ desire to retain control of the res publica.51 I have stressed the political context in which Suetonius places the edict, i.e. the introductory material of 28.1–2, and above all the fact that for Suetonius the edict is a public manifestation of Augustus’ desire, voluntas rem publicam retinendi, to continue in a political role, but Ceausescu places greater emphasis on the continuation: (28.3) urbem neque pro maiestate imperii ornatam et inundationibus incendiisque obnoxiam excoluit adeo, ut iure sit gloriatus marmoream se relinquere, quam latericiam accepisset. tutam vero, quantum provideri humana ratione potuit, etiam in posterum praestitit. (29.1) publica opera plurima extruxit, e quibus vel praecipua: . . .
He argues that urbem . . . follows logically Augustus’ edict: the urbs was the sedes rei publicae, and a list of Augustus’ building activities demonstrates how he improved it, how he fulfilled his vow.52 To evaluate Ceausescu’s idea it is necessary to discuss Suetonius’ methods of introducing new headings within his material. Scholars have often spoken with some validity of ‘rubrics’, that is of deliberate signalling by the first word(s) of a chapter of a change of subject,53 and Suetonius often does do this. In this context, however, does urbem . . . excoluit or publica opera plurima make best sense as a Suetonian ‘rubric’? Opera are a definite Suetonian category of 51) Girardet (above, n. 2) 234 n. 18 understands voluntas as encompassing Octavian’s /Augustus’ whole political intention which he strove to realise throughout the course of his sole-rule, rejecting the views of scholars who understand voluntas of the intention either to retain control (e. g. Grenade [above, n. 36] 153) or to give it up (e. g. E. Cizek, Structures et idéologie dans «les vies des douze Césars» de Suétone, Paris 1977, 180; Gascou [above, n. 50] 719). 52) Ceausescu (above, n. 2) 350–1. Ceausescu berates Burmann (above, n. 17) for criticising the traditional paragraphing, but could have had greater fun with D. C. W. Baumgarten-Crusius, C. Suetoni Tranquilli opera, Leipzig 1816, who begins chapter 29 with urbem neque, “his verbis novum caput incipiendum esse” and rejects the emendation of neque into namque “exornatio urbis sola efficere non poterat, ne quem novi status paeniteret”. Perhaps the connective namque encouraged the Renaissance paragraphing. Ceausescu’s argument from Suet. Ve. 8.1 is far stronger, as there the first material picking up rem publicam . . . ornare of the divisio relates to Vespasian’s rebuilding activities in Rome (Ve. 8.5). 53) E.g. A. F. Wallace-Hadrill, Suetonius: the Scholar and his Caesars, London 1983, 13.
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assessment and the word itself appears as a clear ‘rubric’,54 whereas the case for urbs is less clear cut at first sight.55 However, the divisio which introduces Divus Augustus 46, ad hunc modum urbe urbanisque rebus administratis, and which sums up the preceding 17 chapters suggests strongly that urbs is the main unifying principle for the preceding material. If so, Burmann and his successors were justified in beginning a new paragraph with urbem . . . excoluit, the link required by Ceausescu is weakened and the whole section on Augustus’ offices ends with powerful ipsissima verba of the princeps – Augustus declared his intention rem publicam retinere – and Suetonius adds his unstinting approval. In trying to pinpoint the date of Augustus’ edict, however, this is not much help and Suetonius’ words quam voluntatem, cum prae se identidem ferret, quodam etiam edicto . . . testatus est, if identidem and the imperfect ferret are stressed, could suggest an extended period. Moreover, quodam (as opposed to, for example, illo) does not suggest any famous edict which we should link to a prominent historical event. Nonetheless, many scholars have proposed definite contexts for the edict, many connected with pivotal moments in Augustus’ reign: in 29 shortly after Octavian’s return from the East,56 in 28,57 13th January 27, when Octavian handed back his provinces to the Senate and people,58 sometime in the summer of 23, after the major medical crisis suffered by Augustus,59 in 18 or 54) E.g. Cal. 21, Cl. 20.1, Dom. 5. 55) Cf. DJ 44: de ornanda instruendaque urbe . . . destinabat, Cl. 18.1: urbis annonaeque curam . . . egit. 56) Girardet (above, n. 2) 231–2; 242: after 18th August but before autumn/ winter 29. 57) F. Martino, Storia della costituzione romana, vol. 4, Naples 1974, 149. John Rich has suggested to me that he would consider also the edict of 28 by which Octavian proclaimed the annulment of his illegal acts. 58) Scott (above, n. 36) 46. For Magdelain (above, n. 40) 56–7, the dating of the edict is not problematic – as it mentions the intention to ‘rétablir la république’ it cannot be after 13th January 27 B. C., when the announcement was made, and as his intention was only made public on that day it cannot be before it. Therefore it must be January 13th: “nous sommes donc en présence de l’Édit par lequel Auguste publia sa décision de restaurer la constitution républicaine”. Cf. Grenade (above, n. 36) 147: “édit qui doit dater du 13 janvier 27” and V. Fadinger, Die Begründung des Prinzipats, Berlin 1969, 326. 59) Von Premerstein (above, n. 5) 124; G. E. F. Chilver, Augustus and the Roman Constitution 1939–50, Historia 1, 1950, 422; E. T. Salmon, The Evolution of Augustus’ principate, Historia 5, 1956, 458: “possibly in 23 B. C. although the year
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17,60 in 17 or 16,61 some time after 17,62 on 5th February 2 when Augustus was offered the title of Pater Patriae,63 on the adoption of Tiberius 26 June A. D. 464 or even when Augustus was really dying in A. D. 14.65 If we downplay the apparent indefiniteness of Suetonius’ chronological indications and engage in the search for an appropriate context, a refinement of one of the above alternatives is worth consideration. Although there is no compelling reason to understand in sua sede concretely of Rome, Girardet’s general contextualising of the edict in the early 20s66 is plausible; the celebrations of the Secular Games in 17 B. C. clearly mark the new age and thus the conclusion of any process rei publicae restituendae, whereas the language of the edict looks forward to a future securing of the state. I would favour a later date than that suggested by Girardet, who rightly emphasises the parallel between the situation in 46, when Cicero gave advice to Caesar culminating in the words reliqua pars est, hic restat actus, in hoc elaborandum est: ut rem publicam constituas and that facing Octavian in 29.67 However, his hypothesis of a ‘pre-enactment’ of the events of January 27, an offer to retire into private life followed by a senatorial request for him to remain with full consular powers and undertake the nonmilitary salvation of the state, the subject of the edict, seems to me implausible. For, although the staging of recusationes was a powerful weapon in the Augustan armoury of negotiating his position within the Roman state, as the instances recorded by Dio show, is uncertain”; Gascou (above, n. 50) 224–5; A. R. Birley, Q. Lucretius Vespillo (Cos. Ord. 19), Chiron 30, 2000, 737. Cf. Dio 53.30.1–3, 31.3; Zecchini (above, n. 39) 131. 60) Girardet (above, n. 20) 165–6: “Augustus selbst dürfte sein Gesetz von 18 v. Chr. als ein wesentliches Element der fundamenta rei publicae angesehen haben, die den von ihm erstrebten optimus status ermöglichen sollten”. 61) J. M. Carter, Suetonius: Divus Augustus, Bristol 1982, 130. Cf. Lacey (above, n. 21) 86 n. 41. 62) Williams (above, n. 46) 274. 63) Judge (above, n. 9) 302: “no occasion is more appropriate”. Judge also canvasses other dates: the renewal of Augustus’ imperium in 18 and 13, the ludi saeculares of 17, vows for his health in 16, his return from Gaul and the voting of the altar of Augustan peace in 13. 64) One of many alternatives canvassed by Weber (above, n. 2) 27 n. 134. 65) Kienast (above, n. 11) 527. 66) Girardet (above, n. 2) esp. 236. 67) Girardet (above, n. 2) 240.
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Girardet’s hypothesis requires us to posit an otherwise unattested recusatio ignored by the source whose narrative account is the basis of discussions of the years 29–27.68 My analysis of chapter 28 has emphasised the idea that Augustus is looking to a continuation of power, hence the edict should not be connected with Octavian’s laying down of powers. I propose that this edict is best understood as one element of Augustus’ public response to the senatorial decree and the subsequent popular vote of the cognomen Augustus, in the aftermath of his being voted a cumulation of provincial commands for ten years.69 Possible support for this may be found in the carefully chosen language of the part of the edict which we possess if we can see an allusion to the new name of Augustus in the use of auctor. Certainly the edict proclaims Augustus’ keenness to stress his role as (re-)founder of Rome and his vision of a continuing role for himself in Roman political life. He is, then, committing himself in a very solemn form to a mission of on-going salvation of the state. All of these factors are particularly relevant to what has often been called the ‘first constitutional settlement’, in fact a process beginning in 28 and concluded in January 27, in which the foundations of principate as an institution were laid.70 This context is, I think, particularly attractive if Augustus was offered and also assumed general oversight of the res publica, but any such cura is not essential to the argument.71 Neither the situation 68) Cf. J. Béranger, ‹Le refus de pouvoir›, in: F. Paschoud and P. Ducrey (edd.), Principatus: Études de notions d’histoire politiques dans l’Antiquité grécoromaine, Geneva 1975, 165–90. Girardet’s subsidiary argument ([above, n. 2] 241) that reflections of the hypothetical recusatio of 29 can be detected in Livy’s account (5.49–55) of the interactions between Camillus and the Senate after the Gallic invasion depends too much on the writing of the first pentad being contemporary with the former events, whereas there is a case to be made for seeing Livy as a writer of the triumviral period (e. g. P. J. Burton, The Last Republican Historian: a New Date for Livy’s First Pentad, Historia 49, 2000, 429–46). 69) Cf. Magdelain, for whom the edict inspired the motion of Munatius Plancus. On the difficulties of Magdelain’s order, see Chilver (above, n. 59) 422. A simple reversal overcomes these and a consequence would be to salvage the belief of Kenneth Scott, so often a most perceptive writer on the early principate, that the words of this edict “surely belong only to a solemn inaugural ceremony” ([above, n. 36] 46). On Augustus’ provinces and powers in the settlement of January 27, see Ferrary (above, n. 34) 108–13. 70) For the importance of including all Augustus’ key actions of 28 B. C. in the transition to the Principate, see Rich and Williams (above, n. 37) esp. 196–9. 71) See above Liebeschuetz quoted in n. 34; followed by Rich and Williams (above, n. 37) 211–2.
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described in chapter 28 nor the edict give any support to those who see Augustus explicitly claiming to have ‘restored the Republic’, to their opponents or to those who think that he openly proclaimed a ‘new order’ (even though that was what in effect happened).72 Although Suetonius’ authorial comment claims that what emerges was a novus status, the chapter is irrelevant to constitutional questions. Rather, Augustus looks forward to the ultimate fulfilment of his former triumviral role to have put the state on a firm footing. Cape Town
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72) Cf. Salmon (above, n. 59) 458: “Surely if these words mean anything, they mean that Augustus, so far from claiming to have restored the old Republic, is insisting that he has devised a completely new (and he hopes) lasting type of government.”
UNBEACHTETE ZITATE UND DOXOGRAPHISCHE NACHRICHTEN IN DER SCHRIFT DE AETERNITATE MUNDI DES JOHANNES PHILOPONOS In der Schrift de aeternitate mundi (aetm.) des Johannes Philoponos aus der Zeit bald nach 529 n. Chr. gibt es über eine Reihe von bereits näher beleuchteten Quellen und doxographischen Nachrichten hinaus eine größere Anzahl von bisher unbeachteten doxographischen Materialien, Paraphrasen und/oder Zitaten aus verlorenen Schriften antiker Autoren. Unter quellenkritischen und doxographischen Gesichtspunkten im engeren Sinn ist aetm. noch nicht eigens untersucht worden. Das wird sicherlich damit zu tun haben, daß die Erforschung der doxographischen Überlieferung vor gut hundert Jahren ihren Schwerpunkt auf die vorplatonische Tradition setzte und unter diesem Gesichtspunkt aetm. offenbar vernachlässigen zu können glaubte, zumal H. Rabe als Herausgeber von aetm. in seinen Fußnoten die Textnachweise aus den großen Dichtern und Philosophen wie Homer, Platon, Aristoteles, Plotin usw., soweit möglich, zuverlässig geführt hat1. Möglicherweise ist daran auch die Einschätzung des letzten Rezensenten der Rabeschen Edition aus dem Jahre 1901 nicht unbeteiligt, der aetm. für unergiebig im Hinblick auf verlorene Quellen hielt und meinte, aetm. habe lediglich bekanntes Material zu bieten2. Aber es gab damals schon andere Stimmen. Bemerkenswerterweise hatte ein Jahr zuvor Wendland in seiner Rezension bereits 1) Ioannes Philoponus de aeternitate mundi contra Proclum, ed. H. Rabe (Leipzig 1899); alle Hinweise auf klassische Autoren von Homer bis Alexander von Aphrodisias sind mittels des Registers aufzufinden. H. Diels, Doxographi Graeci (Berlin 1879), stand die Edition Rabes natürlich noch nicht zur Verfügung, aber auch für alle Auflagen der „Fragmente der Vorsokratiker, griechisch und deutsch von H. Diels (erste Auflage Berlin 1903)“ wurde aetm. nicht hinzugezogen. Dies ist um so erstaunlicher, als laut Register der FVS andere Schriften des Johannes Philoponos ausgewertet wurden. 2) A. Patin, Rez. Rabe, ByZ 10 (1901) 250–255, hier 253.
Unbeachtete Zitate und doxographische Nachrichten bei Philoponos
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anders geurteilt3. Ebenso forderte Gudeman in seinem RE-Artikel „Johannes Philoponos“ aus dem Jahre 1915 die Aufarbeitung der Quellenfrage4. Bei diesem Desiderat ist es allerdings bis heute geblieben. In größerem Umfang sind lediglich die Teile des Quellenmaterials aus aetm. 6, die für die Timaioskommentierung in der Zeit vor Proklos von Belang sind – es handelt sich besonders um Texte aus den Timaioskommentaren des Calvisios Tauros und Porphyrios –, im Rahmen der Sichtung der erhaltenen Stücke aus dem Timaioskommentar des Porphyrios zusammengestellt5 oder bei der Untersuchung der Weltentstehungslehren, wie sie im Rahmen der Exegese des Timaios entwickelt wurden, behandelt worden6. Auf Proklostexte hat Beutler in seinem RE-Artikel hingewiesen, allerdings einiges übersehen7. Bereits verifiziert sind ein Zitat aus dem fünften Buch des Timaioskommentars des Proklos in aetm. 9,11 (364,5–365,3)8, die von Johannes Philoponos häufig erwähnte, paraphrasierte oder zitierte Schrift des Proklos Untersuchung der Einwände des Aristoteles gegen den platonischen Timaios (§p¤skeciw t«n prÚw tÚn Plãtvnow T¤maion ÍpÚ ÉAristot°louw énteirhm°nvn oder ı Íp¢r toË Tima¤ou prÚw ÉAristot°lhn lÒgow)9, 3) P. Wendland, Rez. Rabe: ThLZ 25 (1900) 18–21, hier 19: „Der Wert der Schrift liegt wesentlich in ihrer Abhängigkeit von der philosophischen Tradition, in reichen Citaten aus einer meist verlorenen platonischen Literatur“. Die Bedeutung von aetm. so festzulegen ist sicher nicht richtig, aber Wendland hat die Quellenproblematik zu Recht als wichtiges Thema erkannt. 4) A. Gudeman/W. Kroll, Iohannes Philoponus: RE IX,2 (1915) 1764–1795, hier 1789: „Für die Quellenfrage dieser Schrift ist noch alles zu tun“. 5) Porphyrii in Platonis Timaeum commentariorum fragmenta, collegit et disposuit A. R. Sodano (Neapel 1964). Sodano hat jedoch einen Text aus aetm. 6,17 (172,5–20 Rabe) übersehen; vgl. Porphyrios, Fragmenta, ed. A. Smith, fragmenta arabica interpretante D. Wasserstein (Stuttgart/Leipzig 1993) Fragment 172 F. 6) M. Baltes, Die Weltentstehung des platonischen Timaios nach den antiken Interpreten 1–2 (Leiden 1976–78); vgl. K. Verrycken, Porphyry, in Timaeum fr. XXXVII (Philoponus, de aeternitate mundi contra Proclum 148,9–23), AnCl 57 (1988) 282–289, mit richtigen Korrekturen zur Textabgrenzung. 7) R. Beutler, Proklos: RE XXIII,1 (1957) 186–247. 8) Proklos, TimCom. 3,357,4–358,3 Diehl. Procli Diadochi in Platonis Timaeum commentaria 1–3, ed. E. Diehl (Leipzig 1903–1906). Die erhaltenen Handschriften des proklischen Timaioskommentars brechen vorher in Buch 5 ab, daher hat Diehl das Fragment an das Ende seiner Edition gestellt. 9) Johannes Philoponos, aetm. 2,2 (31,9–32,8 Rabe): aus dem ersten Kapitel der Proklosschrift; 4,11 (82,15–25 R.); 4,14 (95,2–96,18 R.); 4,15 (99,1–4 R.) [Wiederholung von 96,6–9]; 6,7 (138,19–28): Platon habe den Kosmos als einen immerentstandenen gelehrt; 6,15 (167,2–20 R.); 6,27 (224,18–225,10 R.); 6,29 (238,2–
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die Proklos in seinem TimCom. selbst erwähnt und die daher älter als der TimCom. sein dürfte10, sowie die Proklosschrift Zehn Aporien hinsichtlich der Vorsehung, die Beutler als erster kurz vorgestellt hat11 und die Boese, Dornseiff und Feldbusch zu größeren Teilen in Texten späterer Autoren wiedergefunden haben12. Ein längeres Zitat aus Galens Schrift Über den Beweis ist schon zwei Jahre, bevor Rabe aetm. ediert hat, notiert worden13. Eine vollständige Sichtung und Zusammenstellung aller in aetm. benutzten Quellen und doxographischen Nachrichten gibt es bis jetzt nicht. Die unbeachteten Quellenstücke und doxographischen Nachrichten, die bei der Arbeit an der Übersetzung von aetm. auffielen, sollen im folgenden vorgestellt werden14. 240,9 R.); 6,29 (241,27–242,3 R.): aus dem 13. Kapitel der Proklosschrift; 8,1 (297,21–300,2 R.); 9,2 (318,21–319,14 R.): aus dem 14. Kapitel der Proklosschrift: Platon soll im Timaios die Seelenwanderung in Tierkörper lehren; 13,1 (482,21– 483,9 R.); 13,15 (523,1–524,19 R.); 16,4 (581,26–582,5 R.); 18,5 (626,1–627,20 R.): Was genau in 18,5 (628,6 f. R.) mit dem „Vorherzugestehen des Proklos“ gemeint ist, ist nicht ganz klar. Eher unwahrscheinlich ist, dies auf eine Datierung dieser Schrift vor die Proklosargumente zu beziehen; möglicherweise bezieht es sich nur pauschal auf den Text „weiter vorne“. 10) Proklos, TimCom. 2,278,27 ff. Diehl; vielleicht ist sie auch in TimCom. 1,404,20 f. und 1,384,14 gemeint. Eine kurze Inhaltsangabe gibt Beutler, Proklos (wie Anm. 7) 193. Simplikios, CaelCom. 640,24, erwähnt die Schrift ebenfalls und bezieht sie in seine Kommentierung bis ebd. 671,2 ein. Simplikios, PhysCom. 611,11–614,8, geht hingegen eher auf Proklos’ verlorene Schrift per‹ tÒpou (vgl. Beutler, Proklos [wie Anm. 7] 193.201) zurück; „Simplikios“ (Priskian), AnCom. 134,7–20, bezieht sich wahrscheinlich auf das verlorene Werk per‹ fvtÒw des Proklos (vgl. unten S. 219). 11) Beutler, Proklos (wie Anm. 7) 200 (nr. 21). 12) Procli Diadochi Tria opuscula (de providentia, libertate, malo), Latine Guilelmo de Moerbeka vertente et Graece ex Isaacii Sebastocratoris aliorumque scriptis collecta, ed. H. Boese (Berlin 1960); Isaak Sebastokrator, Zehn Aporien über die Vorsehung, ed. J. Dornseiff (Meisenheim/Glan 1966); K. Feldbusch, Proklos Diadochos. Zehn Aporien über die Vorsehung Frage 1–5 (§§ 1–31) übersetzt und erklärt (Diss. Köln 1972). Die Ausgabe von D. Issac, Proclus, Trois études sur la providence 1. Dix problèmes concernant la providence. Texte établi et traduit (Paris 1977), benutzt den Text von Boese und Dornseiff. 13) Per‹ épode¤jevw (Über den Beweis). Über Galens Werk vom wissenschaftlichen Beweis, von I. von Müller = ABAW.PP 20 (München 1895) 405–78. Das Zitat findet sich in aetm. 17,5. Galens „diagnostische Abhandlung“ erwähnt Johannes Philoponos in aetm. 9,2, gemeint ist wohl de locis affectis 6 (8,425 ff. Kühn); vgl. K. Kalbfleisch, Die neuplatonische, fälschlich dem Galen zugeschriebene Schrift PrÚw GaËron per‹ toË p«w §mcuxoËtai tå ¶mbrua = Anhang zu APAW 1895 (Berlin 1895) 12. 14) Die vom Verf. angefertigte erstmalige Übersetzung von aetm. in einer neuzeitlichen Sprache erscheint samt ausführlicher Einleitung und griechischem Text in der Reihe „Fontes Christiani“ (im Druck).
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I. Anonyme Zitate 1. Ein Dichterzitat unbekannter Herkunft liegt in aetm. 16,4 vor. Es handelt sich um drei Hexameter in epischer Sprache. Der Text lautet: Alles ist voll von Gott, auf allen Seiten hat er Ohren (sc. hört er)15, (sein Gehör dringt) durch Felsen, (geht) übers Land hin (sc. über weite Entfernung) und (dringt) selbst durch den Menschen, welchen Gedanken auch immer er in der Brust verborgen hat16.
In aetm. steht das Zitat an dritter Stelle in einer Kombination mit zwei bereits früher identifizierten Zitaten17. Bei dem ersten handelt es sich um einen delphischen Orakelspruch, der zuerst bei Herodot und dann bei heidnischen Philosophen wie Porphyrios, Ammonios (und Elias) und christlichen Schriftstellern wie Origenes und Basilios belegt ist18. An zweiter Stelle wird ein Vers aus Homer zitiert19. Syntaktisch wird der unbekannte Spruch zwar näher mit dem Homervers zusammengebracht, aber alle drei Zitate sollen die Allwissenheit Gottes belegen. Der „Thesaurus Linguae Graecae“ (TLG) verzeichnet den unidentifizierten Text nur noch 15) Weniger wahrscheinlich ist im Kontext die Bedeutung: „. . . Plätze, wo seine übernatürliche Stimme gehört wird, . . .“; zu dieser Bedeutung vgl. H. G. Liddell/R. Scott, A Greek-English lexicon. A new edition, revised and augmented throughout by H. St. Jones/R. McKenzie (Oxford 91940); revised supplement, ed. by P. G. W. Glare/A. A. Thompson (Oxford 1996) 51b. 16) Johannes Philoponos, aetm. 16,4 (582,21–23 Rabe). 17) Ebd. (582,16–23): poË d¢ yÆsomen ka‹ tÚ Ño‰da dÉ §g∆ cãmmou te ériymÚn ka‹ m°tra yalãsshw ka‹ kvfoË jun¤hmi ka‹ oÈ lal°ontow ékoÊvÉ, poË d¢ tÚ Ñyeo‹ d° te pãnta ‡sasinÉ ka‹ tÚ Ñpãnta yeoË plÆrh, pãnt˙ d° o· efisin ékoua‹ ka‹ diå petrãvn ka‹ énå xyÒna ka¤ te diÉ aÈtoË én°row, ˜tti k°keuyen §n‹ stÆyessi nÒhmaÉ; 18) Herodot, hist. 1,47 (allerdings fvneËntow statt lal°ontow); Aelios Aristides, Per‹ toË parafy°gmatow 377,8 f. (2,507 Dindorf); Philostrat, vitae sophistarum 1,481,6 f. (6 Wright) – nur der erste Vers; Plutarch, de garrulitate 512E (454 Helmbold) – nur der zweite Vers; Oracula Sibyllina 8,361.373; Porphyrios, vit. Plot. 22,6 f.; Ammonios, PorphIsagCom. 87,3 – nur der erste Vers; Elias, PorphIsagCom. 72,19 f.; Olympiodor, GorgCom. 49,1,17 – nur der zweite Vers; Eustathios Phil., comm. ad Homeri Iliadem 3,569,1 f. van der Valk; ders., Od. 1,222,43 – beide Male nur der zweite Vers; Scholia in Aristophanis Achar. sch. 3a. (4,14 Wilson) – nur der erste Vers; Anthologia Graecae append., oracula 64,1 (Wortlaut wie bei Herodot); Suda, k 2500.19 (3,197,13 f. Adler); c 22,4 (4,839,24 f. Adler) – nur der erste Vers; Origenes, contra Celsum 2,9 (GCS Orig. 1,135,22 f. Koetschau); Basilios, contra Sabellianos et Arium et Anomaeos (PG 31,613) – nur der erste Vers; Johannes Malalas, Chronik 6 (155,11/3 Dindorf). 19) Homer, Od. 4,379.468.
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an zwei weiteren Stellen, ebenfalls ohne Nennung des Autors20. Es dürfte kein Zufall sein, daß es sich um Schriften alexandrinischer Philosophen handelt: Johannes Philoponos gibt ihn schon in dem unter seinem Namen laufenden AnCom.21 wieder, sodann findet sich der Text bei Olympiodor in seinem AlkibCom.22. Auch an diesen beiden Stellen wird der Dichtervers als Beleg für die Allwissenheit bzw. Allgegenwart Gottes angeführt. In Verbindung mit dem Homervers könnte dem unbekannten Zitat so wie dem delphischen Orakelspruch in der neuplatonischen Schule der Rang eines inspirierten Textes zuerkannt worden sein; zumindest dürfte der Spruch für sie eine gültige Autorität dargestellt haben. Johannes Philoponos benutzt somit die Zitate, um auf den Widerspruch zwischen dem Argument des Proklos, das auf ein mangelndes Zukunftswissen Gottes hinausläuft, und der für die Philosophie autoritativ bezeugten Allwissenheit Gottes hinzuweisen. Die Vorstellung, daß Gott sieht, hört und erkennt, findet sich bei Hesiod und Xenophanes: „Alles sieht das Auge des Zeus, alles bemerkend blickt er auch dies an“, sagt Hesiod, und Xenophanes formuliert: „Gott ist ganz Auge, ganz Geist, ganz Ohr“23. Es ist somit nicht auszuschließen, daß die Verse direkt oder indirekt auf Hesiod oder Xenophanes zurückgehen. Daß Gott alles sieht und hört, ist dann ein verbreiteter Gedanke etwa bei Platon und Cornutos, aber auch bei Philo oder Clemens von Alexandrien24. Johannes Philoponos 20) TLG E (CD-ROM). 21) Johannes Philoponos, AnCom. 188,26 f.; dies harmoniert mit den Hinweisen auf eine Benutzung von AnCom. in aetm. 4,4; näheres in der Einleitung zur Übersetzung von aetm. (vgl. oben Anm. 14). 22) Olympiodor, AlkibCom. 43,28–44,2 (30 Westerink). Die beiden Stellen kannte bereits Ch. A. Lobeck, Aglaophamus. Drei Bücher über die Grundfragen der Mysterienreligion der Griechen mit einer Sammlung der Fragmente der orphischen Dichter (Königsberg 1829) 912 f., allerdings nicht die Stelle aus aetm. Lobeck meinte, in dem Spruch „den Geist des Orpheus“ zu erkennen. 23) Hesiod, op. 267 f.; Xenophanes fr. B 24 D.-K. (bei Sextus Emp.); vgl. Diogenes Laertios, vit. 9,19: „Gott ist ein kugelförmiges Wesen, ohne Ähnlichkeit mit dem Menschen. Er ist ganz Gesicht, ganz Gehör, atmet aber nicht“. PsAristoteles, de Melisso, Xenophane, Gorgia 3 (977a36), dürfte wegen der gleichfalls genannten Kugelförmigkeit des göttlichen Wesens ebenso auf Xenophanes zurückgehen. (Ps)Didymos, de trinitate 3 (PG 39,796), berichtet von einem Ausspruch der „hellenistischen Theologen“, der in derselben Weise wie der Spruch aus aetm. beginnt, aber anders fortfährt: pãnta yeoË plÆrh, pãntvn p°raw §st‹ ka‹ érxÆ, pãnta f°rvn lÊvn te ka‹ §j aÈt«n pãlin aÎjvn. 24) Plato, Lg. 901d: Die Götter wissen, sehen und hören alles; Cornutos, nat. deorum 11,20: Alles sieht das Auge des Zeus, und alles hört er; Philo, spec. leg.
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seinerseits kritisiert in anderem Zusammenhang die Annahme des Theodor von Mopsuestia, die Gottebenbildlichkeit des Menschen bestehe in dessen Gesichts- und Hörsinn, denn damit wird für Johannes Philoponos das Bild Gottes anthropomorph verzeichnet25. 2. In aetm. 9,11 (359,14–360,9) wird ein namentlich nicht genannter Autor paraphrasiert oder zitiert26. Letzteres ist aus stilistischen Gründen (im Passus wird mit oÂon f°re ein Beispiel eingeleitet) und wegen des eingeschobenen fhs¤ wahrscheinlicher, auch wenn damit in aetm. nicht überall Zitate angezeigt werden27. Der Passus läßt sich mit Hilfe des TLG keinem Autor zuweisen. Verrycken nimmt an, daß Johannes Philoponos an dieser Stelle seinen Lehrer Ammonios zu Wort kommen läßt28. Einen Beweis dafür gibt es jedoch nicht. Problematisch ist diese Vermutung auch deshalb, weil das Verhältnis des Johannes Philoponos zu Ammonios sich in aetm. anders darstellt, als Verrycken meint29. Es liegt näher, 1,279: Gott besitzt die Macht, gleichzeitig alles zu sehen und zu hören; Clemens Alex., strom. 5,42,2: Ohren und Augen als Weihegeschenke sollen darauf hinweisen, daß Gott alles sieht und hört; vgl. ders., strom. 5,102,1; dort berichtet er von einer Aussage Demokrits, der seinerseits schreibt, daß Menschen ihre Hände in die Luft erheben und dazu sprechen: „Alles denkt sich Zeus aus und alles weiß er und alles gibt und nimmt er und er ist König des Weltalls.“ 25) Johannes Philoponos, opm. 6,14 (550,12/4 Scholten): „ ‚Denn wir sehen und hören, wie auch Gott alles sieht und hört‘ (sagt Theodor); und wieder ebnet er (sc. Theodor) gedankenlos den Unterschied zwischen uns und Gott ein“. 26) Johannes Philoponos, aetm. 9,11 (359,14–360,8): toÊtoiw to›w lÒgoiw ka‹ to›w toioÊtoiw parÉ ≤m«n sunylibÒmenow ka‹ oÈk ékÒmcvw ge tª fid¤& dÒj˙ bohye›n peir≈menow toioËtÒn tina lÒgon di°platten: Ñtå går ¶nula e‡dhÉ, fhs¤n, ÑoÂon f°re tÚ t∞w sarkÚw e‰dow µ tÚ leukÚn µ tÚ sx∞ma ka‹ t«n toioÊtvn ßkaston Àsper ginÒmenon §k toË dunãmei toioÊtou g¤netai §nerge¤& toioËton, oÏtv ka‹ fyeirÒmenon §k toË §nerge¤& pãlin §p‹ tØn ofike¤an énakãmptei dÊnamin: …w går tÚ dunãmei f°re leukÚn metabalÚn g¤netai §nerge¤& leukÒn, oÏtv dØ ka‹ tÚ §nerge¤& leukÒn, §peidån fyarª, g¤netai dunãmei pãlin leukÒn, Àste fyar¢n tÚ leukÚn oÈk efiw tÚ pãnt˙ mØ ¯n éllÉ efiw tÚ dunãmei leukÚn én°kamcen: ka‹ …w ı dunãmei éndriåw efiw tÚn §nerge¤& éndriãnta <metabãllei, oÏtvw ı §nerge¤& éndriåw> xvneuye‹w §p‹ tÚn dunãmei palindrome› éndriãnta pãlin ka‹ §p‹ pãntvn ı aÈtÚw lÒgow, e‡per, §j o ≤ g°nesiw •kãstƒ, efiw toËto ka‹ ≤ fyorã. efi oÔn ≤ g°nesiw metabolÆ §stin §k toË dunãmei efiw tÚ §nerge¤& ka‹ pãlin ≤ fyorå metabolØ §k toË §nerge¤& efiw tÚ dunãmei, oÎte êra §k toË mØ ˆntow ≤ g°nesiw oÎte efiw tÚ mØ ¯n ≤ fyorãÉ. tå m¢n oÔn parÉ §ke¤nou toiaËta. 27) Z. B. aetm. 6,27 (227,22); 6,29 (233,19); 7,14 (273,15); 9,11 (358,2). 28) K. Verrycken, The development of Philoponus’ thought and its chronology, in: R. Sorabji (Hrsg.), Aristotle transformed. The ancient commentators and their influence (London 1990) 233–74, hier 261. 29) Johannes Philoponos hat nach Meinung Verryckens Proklos als Gegner gewählt, um sich die Möglichkeit zu verschaffen, die Kritik am eigenen Lehrer Ammonios bloß indirekt und verhalten anklingen lassen zu können. Eine solche Sicht
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an ein Zitat einer Proklosschrift zu denken; das Demonstrativum §ke›now nach dem Zitat bezieht sich eher auf den Mann, mit dem sich Johannes Philoponos im Kontext dauernd beschäftigt hat. Die das Zitat einleitende Bemerkung des Johannes Philoponos, er habe diesen Mann mit seinen Argumenten in die Enge getrieben und dieser hätte daraufhin zur eigenen Rechtfertigung einen weiteren, nämlich den anschließenden Gedanken vorgebracht, muß, wenn Proklos gemeint ist, auf die Sache bezogen verstanden werden und kann keine zeitliche Abfolge der Argumente beider Seiten anzeigen. In Frage käme ein Abschnitt aus einer der anderen Proklosschriften, die Johannes Philoponos in aetm. hinzuzieht, z. B. die Untersuchung der aristotelischen Einwände gegen den platonischen Timaios oder ein Passus des Timaioskommentars, der wenig später in aetm. explizit zitiert wird. Inhaltlich basiert das Argument auf der Annahme, daß die Formen in der Materie beim Übergang von der Potenz zur Aktualität und umgekehrt nicht in Nichts vergehen. Als Beispiel wird auf den Übergang vom potentiell Weißen zum aktuell Weißen und auf eine Statue aus Erz verwiesen: Wie die potentielle Statue zur aktuellen Statue übergeht, so kehrt die aktuelle Statue beim Schmelzen zum potentiellen Standbild zurück30. Der Text bringt die Bedingung des beschriebenen Sachverhaltes abstrakt auf die Formulierung: „Woraus bei jedem die Entstehung erfolgt, dahinein geschieht auch das Vergehen“. Diese Aussage geht anscheinend auf Aristoteles, Ph. 5,1 (225a12–33), zurück und wird von Simplikios und Johannes Philoponos im Zusammenhang des Entstehens der Elemente bzw. der Gegensätze auseinander angeführt31. In anderen Schriften des Proklos läßt sich explizit ein solcher Gedankengang bis auf weiteres nicht verifizieren.
geht aber am Anliegen von aetm. vorbei; vgl. C. Scholten, Antike Naturphilosophie und christliche Kosmologie in der Schrift »de opificio mundi« des Johannes Philoponos (Berlin/New York 1996) 132 f., und ausführlich die Einleitung zur Übersetzung von aetm. in „Fontes Christiani“ (wie Anm. 14). 30) Das Beispiel geht zurück auf Aristoteles, z. B. Metaph. 7,10 (1034b6–9), und wird in der Kommentartradition häufig benutzt, z. B. Alexander von Aphrodisias, MetaphCom. 545,33–7; 585,1–6, Themistios, PhysParaphr. 71,5–11; 72,19– 24; 91,30–92,4, Simplikios, PhysCom. 399,12–7; 853,7–10, Johannes Philoponos, PhysCom. 356,19–25; 459,19–23; 461,3–6, aetm. 8,2 (305,6–12). 31) Vgl. Simplikios, PhysCom. 24,18 f. (vielleicht aus Theophrast); 905,11 f.; CaelCom. 174,26–175,4; Johannes Philoponos, PhysCom. 121,14–24.
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II. Namentlich genannte Autoren a) Anaxagoras In aetm. 4,11 wird eine Anaxagorasdoxographie mitgeteilt, die sich nicht ohne weiteres an Bekanntes anschließen läßt. Der Text lautet: Prüfe das Argument auch folgendermaßen: Die Sonne ist ein leuchtender Körper und lichtartig. Wenn nun jemand annähme, es gäbe nichts, was an der lichtartigen Potenz der Sonne teilhabe (wenn zum Beispiel die himmlischen Körper und die Luft nicht durchsichtig wären, so daß sie in den Genuß der Aktualität des Lichts kämen), wäre also die Sonne unvollkommen? Ich glaube nicht, daß jemand dies behauptet. Denn die Potenzen, die einen wesentlichen Bestandteil der Substanzen ausmachen, haben ihr Sein nicht im Verhältnis zu außen; so werden wir nämlich unversehens den Gedanken des Anaxagoras einführen, nach dessen Wort es von keinem eine begrenzte Natur gibt, sondern alles in Beziehung zueinander existiert. Diese Meinung aber ist von Platon und Aristoteles beharrlich widerlegt worden32.
FVS hat diese Doxographie zu Anaxagoras nicht verzeichnet. Auch die Monographien von Sider und Schofield geben keine Auskunft33. Die Anklänge der Nachricht an bekannte Anaxagorastexte sind vage. Anführen könnte man etwa FVS 59 A 41 (Simplikios, PhysCom. 27,22 ff. [aus Theophrast]; vgl. 166,15): §ke›now (sc. Anaxagoras) gãr fhsin §n tª diakr¤sei toË épe¤rou tå suggen∞ f°resyai prÚw êllhla . . . und efi d° tiw tØn m¤jin t«n èpãntvn Ípolãboi m¤an e‰nai fÊsin éÒriston ka‹ katÉ e‰dow ka‹ katå m°geyow . . ., ferner Frgm. 59 B 1 (Simplikios, PhysCom. 155,23–30): . . . ımoË pãnta xrÆmata ∑n, êpeira ka‹ pl∞yow ka‹ smikrÒthta . . . (freilich ist das 32) Johannes Philoponos, aetm. 4,11 (83,3–15 Rabe): skÒpei d¢ tÚn lÒgon ka‹ tªde: ı ¥liow lamprÒn ti s«mã §stin ka‹ fvtoeid°w: îrÉ oÔn, e‡ tiw ÍpÒyoito tÚ mhd¢n e‰nai t«n t∞w fvtoeidoËw toË ≤l¤ou dunãmevw metexÒntvn (oÂon efi mØ diafan∞ ∑n tå oÈrãnia s≈mata ka‹ ı éÆr, Àste dÊnasyai t∞w toË fvtÚw épolaÊein §nerge¤aw), ételØw ín ∑n ı ¥liow; oÈk o‰ma¤ g° tina fÆsein: oÈ går §n tª prÚw tå ¶jv sx°sei afl sumplhrvtika‹ t«n oÈsi«n dunãmeiw tÚ e‰nai ¶xousin: lÆsvmen går oÏtv tÚn ÉAnajagÒrou lÒgon efisãgontew, ˘w oÈdenÚw e‰nai fÊsin …rism°nhn ¶legen, éllå pãnta §n sx°sei tª prÚw êllhla tÚ e‰nai ¶xein: §lÆlegktai d¢ katå tÚ karterÚn ÍpÒ te Plãtvnow ka‹ ÉAristot°louw ≤ toiaÊth dÒja. 33) The fragments of Anaxagoras, ed. D. Sider (Meisenheim/Glan 1981); M. Schofield, An essay on Anaxagoras (Cambridge 1980); vgl. G. S. Kirk/J. E. Raven/ M. Schofield (Hrsg.), Die vorsokratischen Philosophen. Einführung, Text und Kommentare, ins Deutsche übers. von K. Hülser (Stuttgart/Weimar 1994).
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an dieser Stelle ein kosmologischer Gedanke; vgl. auch 59 B 2) und Frgm. 59 B 12 (Simplikios, PhysCom. 164,24 f.): tå m¢n êlla pantÚw mo›ran met°xei, noËw d° §stin êpeiron . . .34 Ob allerdings der an diesen Stellen anklingende Sachverhalt, der sich ja auf Homoiomerien bzw. die elementare Mischung der Materie bezieht, der Doxographie bei Johannes Philoponos zugrundeliegt, ist mehr als unsicher; zumindest scheint die Formulierung oÈdenÚw e‰nai fÊsin …rism°nhn (nicht etwa peirasm°nhn), éllå pãnta §n sx°sei tª prÚw êllhla (nicht etwa mo›ra ¶nesti) tÚ e‰nai ¶xein in eine andere Richtung zu weisen, und Johannes Philoponos kennt, wie aus PhysCom. 87,11–88,3, 95,22–8 und opm. 2,13 (222,19–224,2) hervorgeht, die Homoiomerienlehre des Anaxagoras in der üblichen Terminologie. Die angeführten bekannten Stellen helfen also zur Erklärung nicht weiter. Grundsätzlich kann man zwar auch fragen, ob eine Verwechslung mit Anaximander vorliegt35, bei dem es um die êpeirow fÊsiw als Prinzip des Ganzen geht. Aber die von Johannes Philoponos gemeinte Sache ist anderer Art. Ebenso undeutlich bleibt, ob Johannes Philoponos Stellen wie Platon, Phaid. 97b–99d, und Aristoteles, Ph. 3,4 (203a19–203b2), vorschweben, wenn er Platon und Aristoteles als Anaxagoraskritiker nennt. Inhaltlich geht es für Johannes Philoponos um den Unterschied zwischen etwas, das an sich ist, und etwas, das nur relational existiert. Daß er diesen Sachverhalt in einem ansonsten unbekannten Anaxagoraswort formuliert findet, ist überraschend; wohl ist richtig, daß Platon und Aristoteles dafür eingetreten sind, daß es Dinge an sich bzw. Substanzen gibt. b) Platon Zwei Stellen in aetm. enthalten doxographische Notizen zu Platon: 1. So wird Platon die Aussage zugeordnet, daß Licht die Form des Erleuchtenden ist36. Auf welche Platonstelle Bezug genommen 34) Dazu vgl. Sider, Fragments (wie Anm. 33) 42–54; D. Furley, The Greek cosmologists 1. The formation of the atomic theory and its earliest critics (Cambridge 1987) 61–78. 35) Vgl. Kirk/Raven/Schofield, Vorsokratische Philosophen (wie Anm. 33) 116. 36) Johannes Philoponos, aetm. 1,8 (20,24–6): ka‹ går ka‹ t“ Plãtvni doke› e‰dow e‰nai tÚ f«w toË fvt¤zontow.
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werden soll, ist nicht zu ermitteln. Der anschließende Gedanke, daß die Formen vom Zugrundeliegenden nicht zu trennen sind, wirkt unplatonisch oder wenigstens unplatonisch formuliert. Wie eine solche vermeintliche Berufung auf Platon entstanden ist, ist kaum zu klären. Möglicherweise wurde zu einem nicht näher eingrenzbaren Zeitpunkt die Vorstellung mit der Autorität des Namens Platon gedeckt bzw. der Sachverhalt als mit der Lehre Platons übereinstimmend bewertet. Man wird auch nicht gänzlich ausschließen können, daß Johannes Philoponos selbst die Beziehung hergestellt hat, wenngleich er gegenüber philosophischen Autoritäten grundsätzlich kritisch eingestellt ist. Freilich geht es hier nur um eine Identifizierung aus der Sache heraus. 2. Ferner wird Platon mit folgenden Worten die Anschauung zugewiesen, daß über Gott nur in konkreter Vorstellung gedacht werden kann: Denn wie auch bei der Erkenntnis des Göttlichen unser Denken nicht vermag, es ohne konkrete Vorstellung zu betrachten, sondern sich sicherlich, wie auch Platon sagt, die konkrete Vorstellung gleichzeitig mit den Gedanken an Gott einstellt und uns das Verständnis nahelegt, Formen und Massen (Umrisse) bei ihm zu denken (sc. ihn als geformt und körperhaft zu denken), wir aber uns das Überzeitliche ganz und gar nicht zeitlos vorstellen können und sich wegen der Unzulänglichkeit unseres Denkens die Dinge nicht schon auch so verhalten müssen, sondern wir durch die Entscheidungsfähigkeit der Seele das in die Vorstellungen über Gott und das Unkörperliche eindringende Widersinnige abwehren, so darf man sich um so mehr bei der Erklärung der Wirklichkeit nicht an die Unzulänglichkeit der Worte halten, wenn die Worte unsere Gedanken oder die Dinge nicht zur Gänze rein ausdrücken können, und (daher) muß man auch die Widerlegung (sc. des Proklos) mittels des Wortlauts und nicht des Gedankens des Sprechers vornehmen37. 37) Johannes Philoponos, aetm. 5,4 (116,24–117,12 Rabe): Àsper går ka‹ §n tª per‹ toË ye¤ou noÆsei oÈk §jisxÊei m¢n ≤ ≤met°ra diãnoia éfantãstvw aÈtÚ yevre›n, êllÉ, …w ka‹ ı Plãtvn fhs¤, sumparaye› pãntvw ta›w per‹ yeoË §nno¤aiw ≤ fantas¤a tÊpouw ≤m›n ka‹ ˆgkouw per‹ aÈtoË noe›n Ípolambãnousa, oÈ mØn oÈd¢ éxrÒnvw tå Íp¢r xrÒnon §nno∞sai dunãmeya ka‹ oÈ diå tØn t∞w ≤met°raw yevr¤aw ésy°neian ≥dh ka‹ tå prãgmata oÏtvw ¶xein énãgkh, éllå t“ t∞w cux∞w krithr¤ƒ tÚ paremp›pton §n ta›w per‹ yeoË ka‹ t«n ésvmãtvn §nno¤aiw êtopon épokrouÒmeya, oÏtv dØ poll“ mçllon ka‹ §n tª per‹ t«n pragmãtvn •rmhne¤& oÈ tª ésyene¤& t«n l°jevn pros°xein de›, efi mØ diÒlou tåw §nno¤aw ≤m«n ékraifn«w µ tå prãgmata •rmhneÊein afl l°jeiw dÊnantai, ka‹ §k t∞w l°jevw ka‹ mØ t∞w toË l°gontow diano¤aw poie›syai tÚn ¶legxon. Daß Johannes Philoponos, obwohl er ständig darauf dringt, man dürfe sich nicht an der Unzulänglichkeit der Worte orientieren, sondern müsse sich an ihren Sinn halten, Proklos auf den Wortlaut des von diesem
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Ein Zitat bzw. eine einem Zitat nahekommende Paraphrase ist nicht auszuschließen, aber in diesem Fall trotz der Zitationsformel fhs¤ eher unwahrscheinlich. Anfang und Ende des Zitates wären nicht genau abgrenzbar. Weder läßt sich eine Platonstelle angeben, auf die Bezug genommen wird, noch feststellen, auf welchem Wege sich der Name Platons mit dieser Vorstellung verbunden hat. Eine Untersuchung, auf welchen Wegen es im Laufe der Philosophiegeschichte aus sachlichen Gründen zur Berufung auf philosophische Lehrautoritäten gekommen ist, liegt nicht vor. Daher läßt sich momentan das Phänomen der Ableitung bestimmter Lehren von Platon nicht in einen größeren Zusammenhang stellen. Die in aetm. herrschende Distanz des Johannes Philoponos zu Platon und Aristoteles könnte eher dafür sprechen, daß die Zuweisung von Lehraussagen zu einer der großen Schulautoritäten zwecks legitimierender Bestätigung schon in der Zeit vor Johannes Philoponos erfolgt ist und von ihm nur rezipiert worden ist. c) Aristoteles Eine bisher nicht beachtete doxographische Notiz zu Aristoteles macht Johannes Philoponos in aetm. 9,15. In den Sammlungen der Aristotelesfragmente von Rose und Bekker/Gigon ist diese Stelle nicht verzeichnet38. Johannes Philoponos hatte im Text zuvor darüber reflektiert, daß in der Sicht der Neuplatoniker weder die Form noch die Materie eines Gegenstandes im eigentlichen Sinn ‚entstehen‘ können. Anschließend fährt er fort: Wenn nun weder die Materie noch die Form entsteht, was wird das sein, was entsteht? Denn es gibt nichts Mittleres dazwischen. Das Zusammengesetzte besteht nämlich nur aus Materie und Form, und sie bedürfen keines Mittleren, das sie zusammenfügt; das ist auch die Meinung des Aristoteles39. Gesagten festlegen will, hat damit zu tun, daß er Proklos den Vorwurf macht, sich in seinem fünften Argument selbst nur an die wörtliche Bedeutung bestimmter Begriffe gehalten zu haben. 38) Aristotelis qui ferebantur librorum fragmenta, collegit V. Rose (Stuttgart 1886); Aristotelis opera ex recensione I. Bekkeri ed. Academia Regia Borussica 1–3. Editio altera addendis instruxit fragmentorum collectionem retractavit O. Gigon (Berlin/New York 1987). 39) Johannes Philoponos, aetm. 9,15 (372,11–6 Rabe): efi oÔn mÆte ≤ Ïlh g¤netai mÆte tÚ e‰dow, t¤ ¶stai loipÚn tÚ ginÒmenon; oÈd¢n gãr §stin toÊtvn metajÊ: §j
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Rabe konnte diese Bemerkung mit keiner Aristotelesstelle in Verbindung bringen. Eine TLG-Recherche führt ebenfalls zu keinem Erfolg; Stellen wie Aristoteles, GC 1,5 (321b10–35) oder Metaph. 9,10 (1051b19), bieten nicht den Gedanken, der hier dem Aristoteles zugewiesen wird. Es ist nicht auszuschließen, daß Johannes Philoponos selbst die doxographische Kombination hergestellt hat, auch wenn unklar ist, aufgrund welcher Vorgaben er zu diesem Schluß gelangt ist40. Ferner könnte in aetm. 7,13 (272,2 f.) eine nicht beachtete Aristotelesdoxographie vorliegen. Die Aussage, daß nach Aristoteles kein Körper selbstbewegt ist, läßt sich keiner Stelle in den bekannten Aristotelesschriften zuordnen41. Vielleicht referiert Johannes Philoponos nur eine ihm aus der Schultradition überkommene philosophiehistorische Zuordnung. Von Interesse ist, daß bereits Hermeias von Alexandrien in anderem Zusammenhang davon spricht, daß – nach seinem Verständnis des Aristoteles – dem Körper das Fremdbewegtsein und allem Unkörperlichen das Unbewegtsein zuzusprechen ist, zwischen denen in der Mitte das Selbstbewegte, z. B. das Lebewesen, steht. Dieses sei aus Unbewegtem (etwa: dem Prinzip von allem) und Fremdbewegtem (etwa: dem Körper) zusammengesetzt42. Vielleicht hat Johannes Philoponos den GedanÏlhw går ka‹ e‡douw mÒnon tå sÊnyeta sÊgkeitai ka‹ oÈdenÚw m°sou toË èrmÒzontow aÈtå de›tai, …w ka‹ ÉAristot°lei doke›. 40) Aus den von H. Bonitz, Index Aristotelicus (Berlin 1870) 785b32–51, genannten Stellen, die Ïlh und e‰dow einander gegenüberstellen, kommen allenfalls zwei in Frage: Metaph. 7,8 (1033b12 f.): „Denn das Entstehende muß stets einteilbar sein, das eine muß dies, das andere das sein, ich meine, das eine Materie, das andere Form“; Ph. 2,1 (193a29–32): „Auf die eine Weise heißt ‚Natur‘ die erste, jedem Ding zugrundeliegende Materie, das in sich den Anfang von Bewegung und Veränderung hat, auf die andere Weise (heißt ‚Natur‘) die Gestalt und die Form (eines Dings, und zwar die), die seinem Begriff entspricht“; vgl. Ph. 2,8 (199a30 f.): „. . . denn ‚Natur‘ ist doppeldeutig, einerseits als Materie, andererseits als Form“. 41) Johannes Philoponos, aetm. 7,13 (272,2 f.): . . . oÈd¢n d¢ s«ma aÈtok¤nhtÒn §stin, …w ÉAristot°lhw m¢n ¶deijen, Plãtvn d¢ proapefÆnato, éllå pçn ÍfÉ •t°rou kine›tai, . . . Rabe verweist auf Aristoteles, Ph. 7,1 (251b24–243a4) (zweite Fassung). Doch wird in diesem Abschnitt nur die Thematik diskutiert, daß ein regressus ad infinitum unmöglich ist bzw. Selbstbewegtes kein Ende seiner Bewegung haben kann. In Frage kämen vielleicht Aristoteles, de An. 1,3 (405b31–406a5) oder ebd. (406b5–8). Doch das ist unsicher. 42) Hermeias, PhaidrCom. 2 (105 Couvreur). Vgl. ähnlich ebd. (109 Couvreur): „Selbstbewegt also ist die Seele, da sie in sich selbst Prinzip und Quelle ihres Lebens hat; wenn nämlich die Natur wollte, daß auch die Körper selbstbewegt sind, dann hätte sie Prinzip und Quelle der Bewegung in sie eingesetzt; da nun aber
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ken auch selbst aus aristotelischen Vorgaben gefolgert. Dazu kann er auch durch die aristotelische Aussage43, daß es Selbstbewegung nicht gebe, sondern etwas, das sich selbst bewegt, aus einem bewegten und einem unbewegten Teil besteht, angeregt worden sein und hat den unbewegten Teil mit der Seele identifiziert. Möglicherweise hat ihn das veranlaßt anzunehmen, daß für Aristoteles sich der Körper an sich nicht selbst bewegt. Jedenfalls sieht Johannes Philoponos in dieser Frage, anders als etwa bei der Existenz der Ideen, in aetm. Platon und Aristoteles in Übereinstimmung. d) Plotin Ein Zitat einer unbekannten Plotinschrift dürfte in aetm. 1,8 (21,8–10) vorliegen. Im größeren Zusammenhang geht es um die Frage, ob das Verhältnis von Sonne und Licht ein geeignetes Bild für das Verhältnis von Gott und Kosmos ist. Zur Klärung spielt Johannes Philoponos die verschiedenen Möglichkeiten durch, von welcher Art Licht im Bild die Rede sein könnte. An dieser Stelle prüft er die Möglichkeit, ob das Licht in der Luft dafür in Frage kommt; das könnte jedoch nur dann der Fall sein, wenn es mit seiner Quelle, der Sonne, ständig untrennbar in Verbindung sein sollte; denn nur so könnte es in der Sicht der Neuplatoniker die ewige Abhängigkeit des Kosmos vom Demiurgen veranschaulichen. Johannes Philoponos hat jedoch eine dauerhafte Beziehung von Licht und Sonne bereits unter Verweis auf die Wolken, die sich vor die Sonne schieben und ihr Licht unterbrechen, abgelehnt. Selbst wenn aber doch hypothetisch eine permanente Verbindung zuträfe, träten andere unannehmbare Konsequenzen ein. Denn in diesem Fall müßte das Licht Form oder Affiziertsein der Sonne sein. Dann aber könnte die Sonne nicht mehr Urheber ihres eigenen Lichts sein. Darauf fährt Johannes Philoponos fort: Im Anschluß an Plotin könnte jemand dasselbe (sc. die von Johannes Philoponos abgelehnte Annahme, daß das Licht in der Luft untrennbar mit der Sonne verbunden ist) auch so sagen: „Das Licht ist Aktuaauch das Fremdbewegte hervortreten mußte, sind die Körper geworden, indem sie das Prinzip der Bewegung aus anderen empfangen“ (Übersetzung: Hermeias von Alexandrien, Kommentar zu Platons ›Phaidros‹, übers. u. eingel. v. H. Bernard [Tübingen 1997] 215); vgl. Aristoteles, Ph. 8,5 (256a19). 43) Aristoteles, Ph. 8,5 (258a5).
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lität des Erleuchtenden, die zu anderem hingeht“44. Deshalb sagt er auch: „Wenn das, was die Aktualität schafft, anwesend ist, ist auch die Aktualität anwesend, wenn es sich entfernt, geht sie auch gemeinsam mit ihm weg“45.
Daß es sich bei dem zweiten kurzen Zitat um einen Plotintext handelt und nicht um eine allgemeine Sentenz der Art ‚denn es heißt auch‘, ist wegen des engen Anschlusses und der Gewohnheit des Johannes Philoponos, Zitate von Autoren mit fhs¤ zu führen, anzunehmen. Das Stück läßt sich keiner bekannten Plotinschrift zuordnen. Auch weitere Recherchen erbringen keinen Nachweis bei einem anderen Schriftsteller. e) Proklos Proklosschriften sind die in aetm. am häufigsten benutzten Texte46. Johannes Philoponos verwendet sie meist, um innere Widersprüche zu den Argumenten des Proklos zur Weltewigkeit offenzulegen oder seine Gegner zu widerlegen. 1. Unbeachtet geblieben ist, daß Johannes Philoponos ein Zitat aus dem verlorenen Phaidroskommentar des Proklos überliefert. Zwar ist aus Selbstzeugnissen des Proklos die Existenz dieser Schrift bekannt, und es ist deshalb auch möglich, einige Andeutungen zum Inhalt zu gewinnen. Aber Bielmeier und Beutler, die die entsprechenden Nachrichten zusammengetragen haben47, ist das Zitat des Johannes Philoponos, das Rabe in seiner Edition bereits angezeigt hat, vollständig entgangen. Es ist in einen argumentativen Zusammenhang eingebettet, in dem der Blick des Johannes Philoponos den Phaidroskommentar des Proklos wiederholt 44) Vgl. Plotin, enn. 4,5 (29) 7: ¶stin oÔn tÚ épÚ t«n svmãtvn f«w §n°rgeia fvteinoË s≈matow prÚw tÚ ¶jv. 45) Johannes Philoponos, aetm. 1,8 (21,6–10): tÚ aÈtÚ dÉ ín e‡poi tiw ka‹ katå Plvt›non ѧn°rgeiã §stin toË fvt¤zontow tÚ f«w efiw êlla proÛoËsaÉ. diÒ fhsin ka‹ ÑparÒntow m¢n toË §nergoËntow pãrestin ≤ §n°rgeia, épelyÒntow d¢ sunãpeisinÉ. 46) Vgl. oben S. 203 f. 47) A. Bielmeier, Die neuplatonische Phaidrosinterpretation (Paderborn 1930) 40–52; Beutler, Proklos (wie Anm. 7) 196 (nr. 11). Auch bei Bernard, Hermeias (wie Anm. 42), findet sich nichts. Aus den Nachrichten ist zu schließen, daß der Phaidroskommentar des Proklos vor seinen Kommentaren zum Timaios und zur Politeia verfaßt wurde.
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streift. Zunächst stellt Johannes Philoponos in aetm. 7,2 fest, daß er anhand des Phaidroskommentars des Proklos zeigen könne, daß dessen Eintreten für die platonische Auffassung, Selbstbewegung sei das Wesen der Seele48, nicht zu Recht erfolgt; er unterlasse aber die Darstellung, um nicht abzuschweifen. Anschließend weist er in aetm. 7,3 darauf hin, Proklos bestätige im Phaidroskommentar, daß nach Platon auch die unvernünftige Seele (êlogow cuxÆ) selbstbewegt und Anfang der Bewegung ist und nicht ohne Körper sein kann. Schließlich kehrt er in aetm. 7,4 in einem neuerlichen Argumentationsgang auf die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen Sein und Substanz der Seele einerseits und ihrer Eigenschaft, Bewegungsanfang zu sein, andererseits zurück. Zu diesem Gedanken stellt er dann fest: Daß aber Proklos auch selbst weiß, daß die Seele in der einen Hinsicht Sein und Substanz hat, in der anderen aber Anfang der Bewegung ist, und daß, ob sie nun schaut oder den Körper belebt oder ihn in anderer Hinsicht bewegt, dies alles Aktualität und nicht Substanz der Seele ist, kann man aus vielen anderen seiner Schriften entnehmen, es wird aber genügen, einen einzigen Abschnitt aus dem Phaidroskommentar zu vergleichen. Denn als er den vorliegenden Text Platons über die Seele auslegt, sagt er wörtlich: „Es ist nötig zu wissen, daß er (sc. Platon) im Phaidon durch die Wiedererinnerung49 und durch die Ähnlichkeit zum Göttlichen50 und dadurch, daß die Seele anderes mit Leben ausstattet51, beweist, daß sie unsterblich ist. Dies alles aber sind Aktualitäten der Seele; daher führt er im Phaidon aus den Aktualitäten der Seele den Beweis. Hier aber (sc. im Phaidros) nimmt er den Beweis aus der Substanz der Seele. Um wieviel die Substanz der Seele vollkommener und mehr als ihre Aktualität ist, um so mehr ist auch der hiesige Beweis der Unsterblichkeit der Seele besser und genauer als der im Phaidon; denn von der Substanz der Seele her wird bewiesen, daß sie selbstbewegt ist“52. 48) Platon, Phdr. 245c–246a. 49) Platon, Phd. 72e–77b. 50) Ebd. 79e–80b. 51) Ebd. 105b–e. 52) Johannes Philoponos, aetm. 7,4 (253,9–254,3 Rabe): ˜ti d¢ ka‹ aÈtÚw o‰den ı PrÒklow, …w katÉ êllo m°n §stin tª cuxª tÚ e‰nai ka‹ ≤ oÈs¤a, katÉ êllo d¢ tÚ érxª kinÆsevw e‰nai, ka‹ ˜ti, e‡te yevre› e‡te zvopoie› tÚ s«ma e‡te êllhn tinå k¤nhsin aÈtÚ kine›, taËta pãnta §n°rgeia cux∞w §stin ka‹ oÈk oÈs¤a, ∑n m¢n §k poll«n aÈtoË ka‹ êllvn suggrammãtvn pist≈sasyai, érk°sei d¢ ka‹ m¤an §k t«n efiw tÚn Fa¤dron Ípomnhmãtvn perikopØn paray°syai: tÚn går proke¤menon per‹ cux∞w lÒgon tÚn Plãtvnow §jhgoÊmenow taËtã fhsin §p‹ l°jevw Ñefid°nai de›, ˜ti §n m¢n t“ Fa¤dvni diå t∞w énamnÆsevw kateskeÊazen, ˜ti éyãnatow ≤ cuxÆ, ka‹ diå t∞w prÚw tå ye›a ımoi≈sevw ka‹ diå toË •t°roiw zvØn xorhge›n: taËta d¢ pãnta
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Die näheren Zusammenhänge dieses Zitates lassen sich momentan nicht erhellen. Der Versuch, mit Hilfe des Kommentars des Hermeias zur entsprechenden Phaidrosstelle Aufschlüsse zu erhalten, führt nicht viel weiter. Immerhin weist Hermeias ebenfalls auf verschiedene Zugänge zur Seelenunsterblichkeit hin und erinnert an die weiteren Beweismethoden für die Unsterblichkeit der Seele im Phaidon53, während im Phaidros die Unsterblichkeit der Seele aus dem Sein /der Substanz der Seele selbst geführt werde. Daß der Beweisgang des Phaidros dem des Phaidon überlegen sei, sagt Hermeias explizit zwar nicht, aber er scheint den Wert der Phaidrosbeweise hoch anzusetzen und damit die proklische Abstufung vorauszusetzen. Allerdings vertieft Hermeias in seinem Kommentar die Einteilung nicht weiter und macht sie nicht zur Grundlage seiner Kommentierung. Er versteht den Phaidros so, daß Platon mittels zweier Syllogismen zu den Arten, wie Dinge vergehen, sowie einer reductio ad absurdum die Unsterblichkeit der Seele bewiesen habe. Dazu präpariert Hermeias die Prämissen der Syllogismen, die Platon über den Text verstreut habe, in ihrer sachlichen Reihenfolge heraus. Daß Platon seine Ausführungen auf die logikØ cuxÆ und nicht auf die êlogow cuxÆ beziehe, streicht Hermeias eigens heraus und weist auf Schuldiskussionen über die Frage hin, von welcher Seele Platon spricht. Möglicherweise kommt darin sogar eine Distanzierung von Proklos zum Ausdruck, der Johannes Philoponos zufolge, wie oben schon gesagt, in seinem Phaidroskommentar dargelegt habe, daß nach Platon auch die unvernünftige Seele (êlogow cuxÆ) selbstbewegt und Anfang der Bewegung sei. 2. In aetm. 1 führt Johannes Philoponos zwei enger zusammenhängende Stellen aus einer Schrift Über das Licht (per‹ fvtÒw) des Proklos an, die bisher so gut wie unbeachtet geblieben ist54. An §n°rgeia¤ efisin t∞w cux∞w: Àste §n Fa¤dvni §k t«n §nergei«n t∞w cux∞w proÆgeto ≤ épÒdeijiw. §ntaËya d¢ tØn épÒdeijin §k t∞w oÈs¤aw lambãnei t∞w cux∞w: ˜sƒ oÔn ≤ oÈs¤a t∞w cux∞w teleiot°ra ka‹ kre¤ttvn t∞w §nerge¤aw aÈt∞w, tosoÊtƒ ka‹ ≤ §ntaËya per‹ t∞w éyanas¤aw t∞w cux∞w épÒdeijiw kre¤ttvn ka‹ ékribest°ra t∞w §n Fa¤dvni: épÚ går t∞w oÈs¤aw t∞w cux∞w de¤knutai, ˜per §st‹n t∞w aÈtokinhs¤awÉ. Daß das Zitat hiermit beendet ist, beweist im folgenden Satz die Nennung des Proklos in der dritten Person. 53) Vgl. Bernard, Hermeias (wie Anm. 42) 211–213. 54) Beutler, Proklos (wie Anm. 7), kennt sie nicht, hingegen haben Saffrey/Westerink in ihrer Ausgabe der Platonischen Theologie des Proklos kurz auf sie hingewiesen: Proclus, Théologie platonicienne 1. Texte établi et traduit par H. D. Saffrey/L. G. Westerink (Paris 1968) LVIII.
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der Existenz der Schrift kann aufgrund der Zitate in aetm. und eines Verweises bei „Simplikios“ (Priskian), der bisher übersehen wurde, nicht gezweifelt werden. Die Zitate in aetm. sollen belegen, daß auch Proklos, obwohl er die Unvergänglichkeit des Lichtes in den Sphären lehrt, die Vergänglichkeit des Lichtes in der Luft angenommen hat und zugleich auf die Aporie gestoßen ist, weshalb das unkörperliche Licht vergehe, wenn ihm durch eine Wolke der Weg versperrt werde. Proklos ist deswegen zu der Überzeugung gelangt, es gebe mehrere Arten von Licht. Einleitung, Zitate und Abschluß lauten bei Johannes Philoponos: Daß aber das Licht in der Luft vergänglich ist und jedesmal zahlenmäßig ein anderes ist, macht sowohl die Anschauung glaubhaft und hat überdies Proklos deutlich in der Abhandlung über das Licht gelehrt. Er sagt nämlich folgendermaßen: „Wenn Licht einerseits stofflich, andererseits unstofflich ist gemäß dem Unterschied der Erleuchtenden, Feuer und Sonne, wie wird einerseits das Unstoffliche zerstört, wie andererseits geht das Stoffliche durch Stoffliches hindurch? Denn um nichts mehr erscheint uns die ganze Luft erleuchtet sowohl durch die Sonne als auch durch das Licht hier bei uns aus dem Feuer; wenn eine Wolke unter der Sonne vorbeizieht, wird vollends auch das Licht auf der anderen Seite abgeschnitten und ist überhaupt nicht (mehr)“. Soweit Proklos55. Beachte aber, daß er nicht das Zerstörtwerden des Lichts als unsicher angesetzt hat, sondern daß er dies als allgemein anerkannt annahm und vielmehr deswegen keinen Rat wußte, weshalb das Licht der Sonne, wenn es unstofflich ist, zerstört wird, und auf der anderen Seite einer Wolke überhaupt nicht mehr da ist, wenn diese unter der Sonne vorbeizieht. Wenig später sagt er wiederum: „Wie nämlich könnte das (sc. Licht) im Himmel mit dem in der Luft zusammenhängen? Das eine ist ja vergänglich, das andere nicht, das eine ist von dem eigenen Ursprung abhängig, das andere ist möglicherweise abgeschnitten worden und ist irgendwann nicht (mehr). Mit dem Unvergänglichen aber hängt das Vergängliche nicht zusammen. Denn derartiges ist zweierlei und verschieden durch die Form.“ Daß also das Licht in der Luft vergänglich ist, hat auch Proklos deutlich gelehrt56.
55) Vgl. Damian, keph. 13 (16,12–14 Schoene), Johannes Philoponos, opm. 2,6 (200,4–204,22 Scholten). 56) Johannes Philoponos, aetm. 1,7 (18,16–19,12 Rabe): ˜ti d¢ fyartÚn tÚ §n é°ri f«w ka‹ êllote êllo katÉ ériymÒn, ka‹ aÈtØ m¢n ≤ §nãrgeia pistoËtai ka‹ ı PrÒklow d¢ saf«w §n t“ per‹ fvtÚw §d¤dajen lÒgƒ: fhs‹n går oÏtvw Ñefi d¢ tÚ m¢n ¶nulon tÚ d¢ êulon f«w katå tØn t«n fvtizÒntvn purÒw te ka‹ ≤l¤ou diaforãn, tÚ
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Die Existenz dieser Schrift läßt sich mit einer ebenfalls bisher unentdeckten Stelle in dem Simplikios zugeschriebenen, aber wohl von Priskian stammenden AnCom. bestätigen57. Dort führt „Simplikios“ (Priskian) nämlich auf die Frage, wie das vom Feuer herrührende Licht, also die stoffliche Art des Lichts, in der Luft existiert, die Annahme des Proklos an, daß man sich dies so vorstellen könne, daß sich das Licht in kleinen Portionen durch die Poren hindurchbewege58. Es ist plausibel, daß „Simplikios“ (Priskian) diese Hypothese in der Proklosschrift Über das Licht gefunden hat. Die Hypothese muß in enger Verbindung mit der Stelle gestanden haben, die Johannes Philoponos zitiert. Denn auch nach der in aetm. überlieferten Stelle steht für Proklos die Frage an, wie Stoffliches durch Stoffliches hindurchgehen kann. Johannes Philoponos hat die Antwort des Proklos offenbar nicht ausführlicher behandelt, weil die Stelle für ihn nur wegen der Bemerkungen zur Vergänglichkeit des Lichtes wichtig war. 3. Proklos ist wahrscheinlich auch das oben unter I. 2. genannte anonyme Zitat zuzuweisen. Köln
Clemens S c h o l t e n
m¢n êulon p«w fye¤retai, tÚ d¢ ¶nulon p«w diå t«n §nÊlvn d¤eisin; oÈd¢n går mçllon ˜low ı éØr ≤m›n fvtizÒmenow fa¤netai ka‹ éfÉ ≤l¤ou ka‹ §k toË parÉ ≤m›n fvtÚw toË §k toË purÒw: ka‹ mØn ka‹ n°fouw ÍpodramÒntow tÚn ¥lion ÍpÚ yãtera t°tmhtai tÚ f«w ka‹ oÈk ¶stin ˜lvwÉ. taËta m¢n ı PrÒklow. skÒpei d°, ˜ti oÈx …w épor«n tÚ fye¤resyai tÚ f«w t°yeiken, éllÉ …mologhm°non toËto lab∆n §k toÊtou épore›, p«w, e‡per êulÒn §stin tÚ §j ≤l¤ou f«w, fye¤retai ka‹ n°fouw ÍpodramÒntow tÚn ¥lion oÈk ¶stin ˜lvw §p‹ yãtera. pãlin d¢ ı aÈtÚw metÉ Ùl¤ga fhs‹n Ñp«w går ín e‡h sunex¢w tÚ §n oÈran“ t“ é°ri; tÚ m¢n går fyartÒn, tÚ d¢ oÎ, ka‹ tÚ m¢n t∞w ofike¤aw érx∞w §jÆrthtai, tÚ d¢ épot°tmhtai efi tÊxoi ka‹ oÈk ¶stin pot°: t“ d¢ éfyãrtƒ tÚ fyartÚn oÈ sunex°w: dÊo går tå toiaËta ka‹ e‡dei diaf°rontã §stinÉ. ˜ti m¢n oÔn tÚ §n é°ri f«w fyartÒn, saf«w ka‹ ı PrÒklow §d¤dajen: 57) Zum Autor des AnCom. vgl. Priscian, On Theophrastus on Sense-Perception, transl. by P. Huby with „Simplicius“ On Aristotle On the Soul 2.5–12, transl. by C. Steel/J. O. Urmson/P. Lautner (London 1997) 105–40, die Priskian mit guten Gründen für den Verfasser halten. 58) Simplikios, AnCom. 134,5–13: p«w oÔn §n t“ é°ri tÚ pÊreion f«w; oÈd¢ går katakermatizÒmena diå t«n pÒrvn éllÆlvn d¤eisin, …w ı PrÒklow Ípot¤yetai, ka‹ ˜ti ka‹ ˜low pefvtism°now ırçtai ı éØr diÉ ˜lou •autoË, ka‹ ˜ti oÈk ín ≤ toË fvtÚw §s≈zeto prÚw tÚ a‡tion •autoË sun°xeia, ka‹ ˜ti oÈ katå pçn ín •autoË mÒrion tÚ fvt¤zon §nÆrgei parapodizÒmenon ÍpÚ toË éntitupoËtow, oÎtÉ ín ≤ ˜lh aÈtoË ÍfÉ ≤m«n §bl°peto §pifãneia, éyrÒvw ka‹ t«n ≤met°rvn, Àw fasin, ékt¤nvn diå t«n pÒrvn toË diafanoËw fious«n. Simplikios lehnt diese Vorstellung u. a. deshalb ab, weil die erleuchtete Luft vollständig und nicht gestückelt zu sehen ist und die Kontinuität zur Lichtquelle bei dieser Annahme nicht gewahrt bliebe.
MISZELLEN
KRITISCHES ZU PLAT. REP. 359A7–B51 Nach dem Trugschluß (354c3) nimmt Glaukon unverdrossen (357a2 ff.) den Faden wieder auf und sorgt systematisch für dessen weitere Entwicklung. Er hält zunächst fest, welcher der drei von ihm gegebenen Kategorien jeweils die dikaiosÊnh des Sokrates bzw. die der pollo¤, insbesondere des Thrasymachos, zuzuordnen ist, und erneuert dann anhand einer dreigliedrigen Disposition Thrasymachos’ Argumentation, nicht, weil er sich damit identifizierte, sondern, katate¤naw, Sokrates zur Stellungnahme herauszufordern. Der den Absatz abrundende Schluß 359b6 f. und die ausdrücklich damit korrespondierende Einleitung 358e2–4 erinnern an das angegebene Thema (358c1 f.)2. Offenbar liegt Glaukon an der exakten Einhaltung der vorangestellten Gliederung. oÂÒn tÉ §st‹ ka‹ ˜yen g°gone ist in den Zeilen 358e4 – 359a7 abgehandelt: Nach unbefriedigenden Erfahrungen mit édik¤a wird ein gegenseitiger Verzicht auf édik¤a verabredet. Daraus entwickelt sich eine Gesetzgebung. Das Gesetzmäßige ist synonym dem Gerechten. Dessen Qualität ist definiert als die Mitte zwischen den extremen Folgen des Umgangs mit édik¤a, Straflosigkeit des Täters und Ohnmacht des Opfers, Vergeltung zu üben. Erst das deÊteron (358c2–4) der dreiteiligen Ankündigung handelt vom Praktizieren der Gerechtigkeit und in diesem Zusammenhang von ihrer Bewertung: êkontew . . . …w énagka›on, éllÉ oÈx …w égayÒn kehrt hinter der Erzählung des Gygesmythos gering variiert wieder als oÈde‹w •k∆n d¤kaiow, éllÉ énagkazÒmenow, …w oÈk égayoË fid¤& ˆntow (360c6 f.). Damit ist der zweite Punkt der Gliederung ausgeführt. Aber die ausdrückliche Negationsantithese oÈx …w égayÒn, éllÉ (vgl. 358c3 f.) kommt schon im vorliegenden, dem pr«ton gewidmeten Abschnitt (359b1 f.) vor. Dies stellt die Planmäßigkeit des Textes in Frage. Tatsächlich ist schon die Anlage des gewaltigen Satzes, der den Anstoß enthält, merkwürdig. Der Leser hat Grund anzunehmen, der lange, in 359a2 anhebende Satzbogen senke sich, indem mit der dikaiosÊnh und ihrer Definition das gesteckte Ziel erreicht sei. Erinnert doch das letzte Glied dieses der Definition (359a5–7) vorausgehenden polysyndetischen Trikolons wachsender Glieder mit g°nesin . . . dikaiosÊnhw an den Programmsatz g°gone . . . dikaiosÊnh (358e3). Und die Ausführung des Korrespondierenden in der markanten Antithese der Defini1) Platonis Rempublicam recognovit . . . S. R. Slings, Oxford 2003. 2) Die beiden folgenden Punkte werden ebenfalls in deutlich markierten Absätzen ausgeführt. Das deÊteron ist gerahmt durch das Zitat (359b7 ff.) des Themas (358c2 f.) und den Schlußstrich 360d8, das tr¤ton durch Stichwörter aus 358c4 f. im Einleitungs- (360d8–e2) und Schlußsatz (362c7 f.; vgl. noch 358c4 efikÒtvw / 362c5 §k t«n efikÒtvn).
Miszellen
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tion (359a6 f.) hat etwas Erfüllendes, Abrundendes, und der seit 358e4 über das Kontinuum von Stichwörtern Schritt für Schritt prozedierende3, dabei immer wieder mit dem gemütlichen dÆ sich abstützende Stil der Schilderung reicht gerade noch in die Antithese der Definition hinein (ehe er, erst im Schlußsatz, 359b6 f., des pr«ton, fortgesetzt wird). Dennoch wird dieser weitgespannte Satzbogen weiter gedehnt, freilich nicht, ohne zu knicken. Die Verlängerung erweist sich in doppelter Hinsicht als nicht gehörig: Sie wiederholt die unmittelbar vorher mit stilistischem Aufwand (oÈs¤an . . . oÔsan) dargestellte, noch vorschwebende Situation des metajÊ (in der eine Beurteilung der dikaiosÊnh nur implizit ist), um daran, das als deÊteron vorgesehene Thema antizipierend, die Beurteilung des Gerechtigkeit Übens anzufügen. Im einzelnen ist die – vereinfachende – Rückkehr von oÈs¤an dikaiosÊnhw zu d¤kaion in ein und demselben Satz (359a7 f.) fragwürdig. Denn übereinstimmend mit dem Programm (358c1 f.) ist der herrschende Hauptbegriff in 358d1, d7, e3, 359b6 dikaiosÊnh. Und zu diesem ist Glaukon in 359a5 bereits fortgeschritten4. Die inkonzinne Negationsantithese 359b1 f. weist vor allem mit der Kombination der im Grade der Wertschätzung sich unterscheidenden5 Synonyme égapç6 syai . . . …w tim≈menon7 Spuren nicht bewältigter Gedankenarbeit auf. Mit érrvst¤& toË édike›n variiert die Negationsantithese das kaum verklungene, zurückhaltendere to›w mØ dunam°noiw . . . tÚ dÉ (sc. édike›n, 358e3) aflre›n. Der Wert des ëpaj efirhm°non und seines Ausscherens aus der von dunam°noiw (358e7) über édÊnatow (359a7) zu édunam¤& toË édike›n (359b8) und dÊnamin (359d1) den Text durchziehenden Leitlinie ist nicht einzusehen (zumal gleich anschließend, 359b2 f., offenbar wieder auf das Partizip, 358e7, zurückgegriffen werden muß)8. Sonderbar ist, daß bei dem Rückbezug der Aussage 359b2–4 auf 358e7–359a2 statt des Plurals (dunam°noiw und éllÆloiw) der generalisierende Singular (dunãmenon, …w élhy«w êndra, 359b39, und das übertreibende oÈdÉ ín •n¤) bevorzugt wird. In 358e6 hieß es ausdrücklich, daß eine Pluralität ihre Erfahrungen macht, und diese Illusion reicht, programmgemäß (358c2 f.), bis in die Behandlung des deÊteron hinein (359b7 f.)10. 3) ka‹ sunyÆkaw aÈt«n (359a3) stört die straffe Entwicklung des Fadens, der von nÒmouw (über das alliterierende Ùnomãsai) zu nÒmou und weiter zu nÒmimon verläuft. Die vorbereitende Phase des juny°syai (359a1) ist von der des nÒmouw t¤yesyai (359a3) überholt. 4) Übrigens geht aÈtÒ in 359b8 auf aÈtÒ im zweiten Punkt der Disposition zurück (358c2), das sich seinerseits auf oÂon (358c1) bezieht. 5) Vgl. die Klimax in 600c6 f. 6) Vgl. 357c2, 358a2. 7) Vgl. 359c5 f. 8) Sonst gilt der einmal eingeführte passende Begriff (vgl. 358c2 f. aÈtÚ ofl §pithdeÊontew êkontew / 359b7 ff. ofl §pithdeÊontew . . . êkontew aÈtÚ §pithdeÊousi), auf dem auch insistiert wird (vgl. 360c8 édike›n, édike›n). 9) Vgl. 366d1 f. 10) Die §pithdeÊontew üben, auf das für sie Vorteilhafteste bedacht (358e7– 359a2), die Gerechtigkeit nicht spontan aus, unterscheiden sich also wesentlich nicht von denjenigen, denen édike›n als égayÒn gilt. ka¤ (359b7) wirkt ausdehnend, ganz im Sinne von 359c4 tÚn d¤kaion t“ éd¤kƒ efiw taÈtÚn fiÒnta und 360b4 f./c4 f. m¢n ı d¤kaiow . . . d¢ ı êdikow . . . oÈd¢n ín diãforon toË •t°rou poio›, éllÉ §p‹ taÈtÚn
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Miszellen
Auffällig wie der Singular ist in dieser Wiederholung des bereits als geklärt Zurückgelegten auch der die beiden verneinten Infinitive (359a2) zitierende Artikel (359b4). Der Urheber dieses nicht originellen Zusatzes (359a7–b5)11 hat vermutlich nicht beabsichtigt, den Platontext zu verbessern, sondern zu eigenen Studienzwecken notiert, was ihm wichtig erschien. Wer dafür sorgte, daß diese Zeilen mitüberliefert wurden, war bestrebt, nichts, was irgend mit dem Text zusammenhing, verlorengehen zu lassen. Um Einheit, Klarheit und Folgerichtigkeit hat er sich keine Gedanken gemacht. Gießen
Ulrich Hübner
‡oien émfÒteroi. Der affektische Ton (vgl. die Ausdrücke der Totalität in 358c2 pãntew . . . ofl §pithdeÊontew, 360b5 oÈde¤w, 360c6 oÈde¤w, 360c8 ßkastow, 360d1 pçw) stimmt zur provokativen Tendenz der Rede Glaukons. 11) Die oÂon und ˜yen umfassende, den Absatz markierende Feststellung (359b6 f.) ist an der Strukturierung durch zwei ineinandergreifende Ringe beteiligt: oÂÒn te §st‹ ka‹ ˜yen g°gone dikaiosÊnh (358e3). p e f u k ° n a i går dÆ f a s i n tÚ m¢n édike›n égayÒn (358e4) . . . ka‹ e‰nai dØ taÊthn g°nes¤n te ka‹ oÈs¤an dikaiosÊnhw (359a4 f.) . . . ≤ m¢n oÔn dØ f Ê s i w dikaiosÊnhw . . . aÏth te ka‹ toiaÊth ka‹ §j œn p ° f u k e toiaËta, … w ı l Ò g o w (359b6 f.).
TWO GREEK NAMES IN SILIUS ITALICUS’ PUNICA Harpe In Silius’ Punica 2, the Amazon Asbyte, one of Hannibal’s allies, emerges as a prominent figure in the siege of Saguntum. Silius’ exploitation of Greek etymologies becomes clear in this episode, when we consider for instance that Asbyte’s murderer is called Theron, a portentous name, associated with hunting (yhrãv) and beasts (y∞r).1 What has not heretofore been noticed by critics is that Silius emphasizes the Greek name of one of Asbyte’s associates. If we take a closer look at Harpe’s name,2 we recognize that a pun is intended by the poet; her name, with its Greek origin in the verb èrpãzv, prefigures Harpe’s role in seizing death away from Asbyte herself: 1) Cf. F. Spaltenstein, Commentaire des Punica de Silius Italicus (livres 1 à 8), Genève 1986, 122–123. 2) The name Harpe is also given to another woman warrior in Valerius Flaccus’ Argonautica 6,375. The substantive harpe (sickle) is also widely used in Ovid, Lucan, and Valerius Flaccus (cf. OLD s. v. 1).
Miszellen namque ut fatiferos conuerti prospicit arcus, opposito procul insidiis Nasamonias H a r p e corpore praer i p u i t letum calamumque uolantem, dum clamat, patulo excipiens tramisit hiatu, et primae ferrum a tergo uidere sorores.
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(2,116–120)
The Greek verb èrpãzv alludes to its Latin equivalent rapio, which in this case appears in its compound form praeripuit (2,118). As Harpe tries to protect Asbyte, her name as well as her body are suggestive of her efforts (corpore praeripuit). Harpe’s role is of importance for this episode, especially since Silius emphasizes her presence by putting her name at the end of the hexameter (2,117) and by placing almost in the beginning of the following verse the Latin verb, an expression equivalent to Harpe’s Greek name (prae-ripuit) and accompanied by the word that describes her doom (letum).3 Thus, Harpe becomes a substitute victim that is used to delay but not avert the queen’s death.
Lake Trasimene In Punica 5, in a digression exemplary of the poet’s wide interests in geography, topography, and genealogy,4 Silius traces the origins of the name of lake Trasimene. Thrasymennus was once a young boy in Etruria, seduced by a nymph and kidnapped by her into the river (5,7–23). The story of Thrasymennus and of the nymph Agylle, however reminiscent of similar myths about Hylas, Ilia, Salmacis among others, has a peculiarity in Silius: the abduction of the young boy symbolizes implicitly a sort of punishment for his father’s arrogance. Tyrrhenus, Thrasymennus’ father, the inventor of the tuba (5,12–13), is hybristically immoderate: nec modicus uoti natum ad maiora fouebat.
(5,14)
Tyrrhenus’ high aspirations are cut short by the incident at the site of the lake and the abduction of his son. Thrasymennus’ name originates in the Greek yãrrow/yãrsow and its cognate adjective yrasÊw (designating courage, incontinence or rashness) and alludes to Silius’ explanation of Tyrrhenus’ arrogant and immodest character as reflected in his hopes for Thrasymennus.5 Furthermore, it is interesting to see the relation between the ending of Book 4 and the opening of Book 5. At the end of the fourth book (763 ff.), on the eve of the battle at the lake Trasimene, Hannibal urges his fellow-citizens in Carthage not to proceed with the custom of child sacrifice (his own son would be sacrificed to fulfill ancestral traditions). By deferring the custom to a future date, the Carthaginian general promises instead that the upcoming total defeat of the Roman army at 3) J. O’Hara (True Names: Vergil and the Alexandrian Tradition of Etymological Wordplay, Michigan 1996, 88) discusses an interesting parallel in Aen. 3,226– 227 (Harpyiae . . . diripiunt). 4) J. Nicol (The Historical and Geographical Sources Used by Silius Italicus, Oxford 1936) discusses other aetiological episodes but not this one. 5) It is not uncommon for sons to be named after their fathers’ characteristics (e. g. Telemachus).
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Miszellen
Trasimene will compensate for the aborted sacrifice (ast ego te, Thrasymenne, uago cum milite praeceps / lustrabo et superis quaeram libamina belli, 4,825–826), while his son will eventually continue the war against the Romans (at puer armorum et belli seruabitur heres, 4,814). Silius’ aetiological myth on the origin of the name Trasimene, at the opening of Book 5, however, reflects back on the previous scene of the sacrifice deferred. Both Hannibal and Tyrrhenus are immodest in their wishes: Hannibal will be defeated at the end of the war and his son never becomes his successor, contrary to the father’s expectations. Likewise Thrasymennus’ abduction by the nymph results in the permanent separation of father and son and the annihilation of Tyrrhenus’ hopes. Baylor
Antonios Augoustakis
ZUM INHALT DER HEKTOROS LYTRA DES DIONYSIOS I. (TGrF 1,76 F 2A)1 Lange Zeit wusste man über die Hektoros lytra des sizilischen Monarchen Dionysios I. lediglich2, dass – wie der Titel indiziert – die Auslösung Hektors durch Priamos wichtigstes Handlungsmotiv sein musste und dass die Tragödie an den Lenäen des Jahres 367 v. Chr. zur Aufführung gelangte und ihrem Verfasser seinen ersten (und einzigen) Sieg in Athen einbrachte3. Die Situation änderte sich erst, als W. Bühler und M. Papathomopoulos4 auf das folgende Scholion von Johannes Tzetzes zu seinen eigenen Homerica aufmerksam machten. Es sei deshalb zunächst vollständig nach der von P. L. M. Leone 1995 besorgten Editio princeps angeführt: Scholien zu Tzetzes, Homerica 311, p. 200,15–201,2 Leone: ÜOmhrow §p‹ junvr¤dow ·ppvn tÚn Pr¤amÒn fhsin éfik°syai prÚw ÉAxil°a mÒnon metå ÉIda¤ou: DionÊsiow d¢ ı Sikel«n tÊrannow grãfvn ÉAndromãxhn drçma . ÜEktorow lÊtra pezÒn fhsin éfik°syai katå tØn toË bibl¤ou toÊtou ¶kyesin. ka‹ ßteroi d¢ ımo¤vw t“ Dionus¤ƒ fas¤n. ÉAndromãxhn del. Bühler; ≥ suppl. dubitanter Bühler; ßteroi Bühler: ßtera cod. O, Papathomopoulos; fas¤n cod. O (per compendium fa’), Bühler: fam°n Papathomopoulos
Aus dieser Notiz ist sicher zu gewinnen, dass Priamos bei Dionysios zu Fuss (pezÒn) bei Achilleus eintraf und nicht wie bei Homer auf seinem Wagen. Ebenfalls kaum zu bestreiten dürfte aber sein, dass Priamos bei Dionysios im Unterschied zum epischen Vorbild 1) Der folgende Beitrag ist einer Spezialfrage gewidmet, die sich mir während der Arbeit an einem Kommentar zum Heroikos des Flavius Philostrat (Habilitationsschrift Freiburg/Schweiz 2004, in Vorbereitung für den Druck) gestellt hat. Für Fragen, die hier nicht besprochen werden können, wie vor allem für das zeitliche Verhältnis von Diktys, Dares und Philostrat sei daher auf diesen Kommentar verwiesen. Mein herzlicher Dank für die kritische Durchsicht des Manuskripts gilt Prof. J. M. Bremer (Amsterdam) und Prof. St. L. Radt (Groningen). 2) Cf. die pessimistischen Einschätzungen von Olivieri 1950, 97 und LoicqBerger 1966, 13. 3) TGrF 1,76 T 1 (= D. S. 15,73,5–74,4); T 3 (= Tz. Hist. 5,178–181). 4) Bühler 1973; Papathomopoulos 1981.
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Peter Grossardt
(mÒnon metå ÉIda¤ou) nicht mehr alleine auftrat, sondern in Begleitung verschiedener Vertrauenspersonen. Dieser Bittgang in Begleitung gehört aber zu den Motiven, die in den späteren Versionen der Erzählung regelmässig Erwähnung finden, und es kann keinen vernünftigen Zweifel geben, dass der gebrechliche König schon bei Dionysios die Stützung durch seine Kinder und insbesondere durch seine Tochter Polyxene erfuhr5, die die kaiserzeitlichen Prosaiker und byzantinischen Mythographen bzw. Dichter ihm immer wieder zukommen lassen (Dict. 3,20: qui [sc. Priamus] maeroribus senioque decrepitus filiae Polyxenae umeris innitebatur; Philostr. Her. 51,4: ı går Pr¤amow ¥kvn parå tÚn ÉAxill°a xeiragvgÚn •autoË tØn pa›da §poie›to nevtãthn oÔsan œn ≤ ÑEkãbh aÈt“ ¶teken; Tz. Hom. 315 f.: toË d¢ Poluje¤nh pa›w, églaÚn e‰dow ¶xousa / xe›rÉ ¶xe dejit°rhn ka‹ §pvryeÊeske pore¤hn). Da in diesen Versionen regelmässig auch Andromache und ihre Kinder Teilnehmer des Bittgangs sind6, kann es als sicher gelten, dass der von Tzetzes überlieferte Doppeltitel (ÉAndromãxhn drçma ÜEktorow lÊtra) authentisch ist7. Mit anderen Worten, auch Andromache hatte bei Dionysios eine bedeutende Rolle inne, und die leidenschaftliche Rede, mit der sie Achilleus in späteren Texten erweicht (Dict. 3,22; Tz. Hom. 338–359), sollte daher ebenfalls auf das spätklassische Drama des Dionysios zurückgehen. Wir fassen also in den Hektoros lytra des Monarchen von Syrakus den ersten Beleg für einen Sagenzug, der sich nachher vom 1. Jh. n. Chr. bis in die hochbyzantinische Zeit verfolgen lässt. Die Schlüsse, die Bühler und Papathomopoulos aus dem angeführten Scholion gezogen haben, halten mithin einer näheren Überprüfung stand und lassen sich unter anderem auch durch 5) In den Hektoros lytra des Aischylos erreichte Priamos wie bei Homer das Griechenlager wahrscheinlich noch mit seinem Wagen (so wohl zu erschliessen aus dem geschilderten Warenzug in TGrF 3 F 263; cf. die Interpretation des Fragments durch Mette 1963, 119). Im 4. Jh. konnte das dramatische Motiv des Geleits und der Stützung eines Königs oder eines sonstigen älteren Würdenträgers durch seine Tochter dagegen bereits als gut eingeführt gelten; cf. Eur. Ph. 834–840 (Stützung des Teiresias durch seine Tochter) bzw. Eur. Ph. 1672–1766 und Soph. OC 1–22 (Stützung des Ödipus durch seine Tochter Antigone). 6) So zuerst bei Ptol. Chenn. apud Phot. Bibl. 190, 151b37–152a1 (˜ti metå ÉAndromãxhw ka‹ t«n ufl«n aÈtoË [rectius aÈt∞w] Pr¤amow Íp¢r t«n ÜEktorow Ùst«n flk°thw éf¤keto …w ÉAxill°a) und Dict. 3,20, danach beispielsweise auch bei Malalas, Chron. 5,24 und Tz. Hom. 315–319. 7) Cf. die Diskussion bei Papathomopoulos 1981, 202.
Zum Inhalt der Hektoros lytra des Dionysios I. (TGrF 1,76 F 2A)
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die Beobachtung stützen, dass Flavius Philostrat sich in seinem Heroikos zu Anfang seiner Ausführungen über das Schicksal des Achilleus und der Polyxene ausdrücklich auf die Dichtung beruft (Her. 51,2: ka‹ ˜sa per‹ toË ¶rvtow §ke¤nou poiht«n ékoÊeiw), die Geschichte somit nicht nur aus Prosatexten wie der Ephemeris des Diktys von Kreta oder den Acta diurna des Dares Phrygius kannte8. Allerdings machten Bühler und Papathomopoulos auf halbem Wege Halt und unterliessen es, sich die Frage zu stellen nach dem bekannten Motiv vom Tod des Achilleus im Hain des Apollon Thymbraios, das namentlich bei Diktys und Philostrat in engster Verbindung steht mit dem Motiv des Bittgangs des Priamos ins Griechenlager. Die folgenden Ausführungen möchten also den Nachweis erbringen, dass auch dieses Motiv bereits Teil der Tragödie von Dionysios I. war, und wollen zeigen, dass es gute Gründe für die Annahme gibt, dass der ganze Motivkomplex sich überhaupt erst einer Erfindung des Herrschers von Syrakus verdankte. Eine erste Annäherung an das Thema erlaubt die Beobachtung, dass der für das 4. Jh. reichlich ungewöhnliche Doppeltitel ÉAndromãxh µ ÜEktorow lÊtra sein Gegenstück hat in einer der frühesten Tragödien des Aischylos, in den FrÊgew µ ÜEktorow lÊtra (TGrF 3 F 263–272), die wahrscheinlich die Thementrilogie einer dramatischen Achilleis abschlossen und daher ebenfalls den Bittgang des Priamos zum Gegenstand hatten. Dabei sind nicht lediglich der blosse Umstand eines Doppeltitels und die identische zweite Hälfte vergleichbar, sondern auch das erste Element. Denn mit den Phrygern (dem Chor des Stücks) war bei Aischylos das Gefolge des Priamos bezeichnet, das dem König das Geleit zu Achilleus gab und ihm bei der Auslösung Hektors half. So jedenfalls berichtet uns Aristophanes (Frg. 696 K.-A.: toÁw FrÊgaw o‰da 8) Dies ist also auch ein entscheidendes Argument gegen die These von King 1987, 184–201 (bes. 195), die in der Erzählung von der Liebe des Achilleus zur Königstochter eine Erfindung der Schwindelautoren Diktys und Dares sieht, die erst durch die Troades des Seneca angeregt worden sei. Damit wird die Bedeutung der römischen Tragödie für die griechische Gattung der Schwindelliteratur überschätzt, und Philostrat hätte in Her. 51,2 keinesfalls den Ausdruck poihta¤ gebraucht, wenn ihm die Erzählung nur aus Prosaautoren bekannt gewesen wäre (cf. Her. 23,1 und 23,4 [der Angriff der Griechen auf Mysien], Her. 33,4 [die Einberufung des Odysseus], Her. 43,15 [die Tötung des Palamedes] und Her. 56,11 und 57,7 [der Zug der Amazonen nach Troja], wo poihta¤ jeweils für die Verfasser der Kyklischen Epen [die Kyprien, die Aithiopis] bzw. für deren Nachfolger in der klassischen Tragödie steht).
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yevr«n, ˜te t“ Priãmƒ sullusÒmenoi tÚn pa›dÉ ∑lyon teyne«ta, pollå toiaut‹ ka‹ toiaut‹ ka‹ deËro sxhmat¤santaw). Unklarheit besteht einzig über die genaue Identität dieser Gruppe. Junge wehrhafte Männer sind für einen Gang in das Lager der Griechen sicher auszuschliessen. Es kämen also städtische Honoratioren im Alter des Priamos in Frage. Vielleicht sind die beiden männlichen Partizipien sullusÒmenoi und sxhmat¤santaw bei Aristophanes aber einfach nur generisch zu fassen, und es könnte sich daher auch um eine Gruppe von Dienerinnen oder um die Töchter des Königs handeln. Deutlich ist auf jeden Fall, dass Dionysios im Vergleich mit Aischylos, wie eben die unterschiedlichen Titel anzeigen, eine Schwerpunktverlagerung von der Gruppe der Bittgänger auf die eine herausragende Person der Andromache vornahm. Eine solche kreative Bezugnahme auf Aischylos ist nicht verwunderlich bei einem spätklassischen Dichter, der bekannt war für seine Bewunderung für den einstigen Dichterfürsten9. Eines der auffälligsten Motive der Phryger war die Wägung von Hektors Leichnam. In der Ilias hatte Priamos seinem jungen Gegner Achilleus einfach reiche Geschenke überbracht, und das Motiv der Totenwägung war lediglich Inhalt eines sarkastischen Gedankenspiels des Achilleus gewesen (Hom. Il. 22,345–354: . . . …w oÈk ¶syÉ ˘w s∞w ge kÊnaw kefal∞w épalãlkoi . . . oÈdÉ e‡ ken sÉ aÈtÚn xrus“ §rÊsasyai én≈goi / Dardan¤dhw Pr¤amow . . . ). Im Drama des Aischylos wird diese Idee aber tatsächlich ausgeführt, und der Leichnam Hektors wird mit reinem Gold aufgewogen. Wie uns die Scholien versichern, handelte es sich dabei um eine Neuerung des Aischylos (A Scholien zu Hom. Il. 22,351, V p. 333,53–54 Erbse: ˜ti Íperbolik«w l°gei [sc. Homer]. ı d¢ AfisxÊlow §pÉ élhye¤aw ént¤staymon xrusÚn pepo¤hke prÚw tÚ ÜEktorow s«ma §n Fruj¤n; T Scholien zu Hom. Il. 22,351, V p. 333,56– 58 Erbse: toËto d¢ Íperbolik«w e‰pen. ı m°ntoi AfisxÊlow §n ÜEktorow lÊtroiw élhy¢w aÈtÚ §jed°jato)10. Den Eindruck, den dieses Motiv auf die Zeitgenossen machte, können wir aus verschiedenen bildlichen11 und literarischen Zeugnissen ersehen, insbesondere aus einem Fragment des Komödiendichters Diphilos 9) TGrF 1,76 F 11. 10) Cf. Schadewaldt 1936, 63 f., Radt 1986, 3 f. und Moreau 1996, 10–12. 11) LIMC Achilleus Nr. 662 (ein melisches Relief aus der Zeit von 450–440 v. Chr.), Nr. 664 (ein apulischer Volutenkrater aus der Zeit um 350 v. Chr.) und Nr. 667 (eine verlorene Vase).
Zum Inhalt der Hektoros lytra des Dionysios I. (TGrF 1,76 F 2A)
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(Frg. 32 K.-A., V. 7 f.: gÒggron [sc. einen überteuerten Seeaal] m°n, Àsper ı Pr¤amow tÚn ÜEktora, / ˜son e·lkusen tosoËto kataye‹w §priãmhn)12. Ein weiteres Zeugnis für die Wägung Hektors ist die Alexandra des Lykophron aus dem 3. Jh. v. Chr. (V. 269–273: lab∆n d¢ taÊrou toË pefasm°nou dãnow, / skeyr“ talãntƒ trutãnhw ±rthm°non, / aÔyiw tÚn ént¤poinon §gx°aw ‡son / Pakt≈lion staymo›si thlaug∞ mÊdron, / krat∞ra Bãkxou dÊsetai. – „Und ist der Stier [sc. Hektor] getödtet, nimmt er [sc. Achilleus] seinen Preis, und auf der Wage wägt er sein Gewicht genau. Doch sühnend häuft er einstens gleissend Lydergold in gleichen Klumpen auf der Wage Schalen hin; dann taucht er in des Bakchos Mischkrug“ [Übersetzung C. von Holzinger]). Die Geschichte kennt hier also mit dem Motiv der identischen Menge Gold, mit der einst der Leichnam des Achilleus ausgelöst werden wird (V. 271–273), eine Fortsetzung, die wir in den bisher besprochenen Zeugnissen nicht vorfanden. Die Scholien zur Alexandra führen diese Version noch etwas weiter aus (Scholia vetera zu V. 269a, p. 54,10–19 Leone: fas‹n ˜ti ÉAxilleÁw §rasye‹w Poluj°nhw t∞w yugatrÚw Priãmou §dÆlvse t“ Priãmƒ summaxÆsein aÈt“, efi lãboi tØn pa›da: ı d¢ sun°yeto aÈt“ doËnai ka‹ §lyÒntvn §n t“ toË Yumbra¤ou ÉApÒllvnow fler“ ı ÉAl°jandrow lãyra §tÒjeuse tÚn ÉAxill°a ka‹ oÏtv sun°bh époyane›n tÚn ¥rva. labÒntew d¢ tÚ s«ma aÈtoË ofl Tr«ew ±sfal¤santo oÈ prÒteron d≈sein §paggeilãmenoi, pr‹n ín tå d«ra tå Íp¢r ÜEktorow doy°nta §jop¤sv lãbvsin, ˘ ka‹ g°gone. labÒntew oÔn tå d«ra ¶dvkan tÚn nekrÒn. l°gei oÔn ˜ti pãlin tÚn ént¤poinon xrusÚn ‡son t“ staym“ doÁw ı ÉAxilleÁw tafÆsetai parå to›w ÜEllhsin). Es wäre überkritisch, aus der Wendung l°gei oÔn ˜ti einen Gegensatz zwischen der zuerst referierten Geschichte und der Version des Lykophron heraushören zu wollen, denn Lykophron war weit eher dafür bekannt, dass er entlegene Mythenversionen aufgriff, als dass er selber solche Versionen schuf. Es verhält sich sicher so, dass auch in der Quelle, der die Scholien hier folgen, mit den d«ra, die die Troer zurückforderten, eben das Gold gemeint war, das Priamos einst auf die Waage des Achilleus gelegt hatte. Ob sodann Lykophron an eine tatsächliche 12) Auf dasselbe Motiv nimmt wahrscheinlich Bezug ein Fragment des Komödiendichters Phrynichos (Frg. 54 K.-A.: sÁ d¢ timiop≈lhw Àw gÉ ÉAxilleÁw oÈd¢ eÂw).
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zweite Wägung des Goldes denkt oder nur metaphorisch spricht, ist eigentlich belanglos. Von höchster Bedeutung sind dagegen zwei andere Umstände: Zum einen konnte das Motiv der Rückforderung des einst für Hektor abgewogenen und bezahlten Goldes erst aufkommen, nachdem das Motiv der ersten Wägung des Goldes einmal Teil der literarischen Tradition geworden war; es ist also jünger als die Phryger des Aischylos und hängt direkt von diesem Stück ab im Sinne einer bewussten Kontrafaktur. Zum anderen verbinden die Scholien diesen Schlussstein der Geschichte mit den bekannten Motiven der Liebe des Achilleus zu Polyxene und seines unheroischen Todes durch die Hand des Paris im Tempel des Apollon Thymbraios13. Wir verfügen demnach über einen Terminus post quem für diese Sagenversion in den Phrygern des Aischylos (ca. 490 v. Chr.) und über einen Terminus ante quem in der Alexandra des Lykophron (erste Hälfte des 3. Jh.s v. Chr. ). Dass die Version schon im 5. Jh. Verbreitung fand, ist unwahrscheinlich, weil wir in den TrojaDramen des Sophokles und des Euripides keinen Hinweis darauf finden. Der fragliche Zeitraum lässt sich also auf das späte 5. und das 4. Jh. eingrenzen, und die literarischen Gattungen, die in diesem Fall in erster Linie in Frage kommen, sind das Epos, die frühe Elegie und die Tragödie14, also Stücke wie die Polyxene des jüngeren Euripides (TGrF 1,17 T 1; späteres 5. Jh.), die Hektoros lytra des Dionysios I. (TGrF 1,76 F 2a) und die Hektoros lytra des Timesitheos (TGrF 1,214 T 1; Datierung unbekannt)15. Das Epos ist nur eine theoretische Möglichkeit, weil uns für den Zeitraum des späten 5. und des 4. Jh.s keine epischen Behandlungen des Troja-Stoffes bekannt sind16. Der Stossseufzer des Choirilos von Samos über die ausgetretenen epischen Pfade (Frg. 2 Bern.) zeigt sogar, dass die grossen mythologischen Stoffe damals – soweit das Epos betroffen war – als erschöpft galten. Grössere 13) Dict. 4,10–11; Dares Kap. 34; O. Claud. 412 (publiziert von Cockle 1997); Philostr. Her. 51,5–6; Hyg. fab. 110. 14) An einen Vertreter der hellenistischen Tragödie bzw. der alexandrinischen Pleiade hatte daher bereits Patzig 1925, 16–18 und 283 gedacht. 15) Zu spät aufgeführt, um als Vorbild für Lykophron dienen zu können, wurde wohl die Polyxene des Nikomachos von Alexandria Troas (TGrF 1,127 T 1; 3. Jh.). 16) Cf. die graphische Übersicht bei Neumann / Latacz / Courtney 1998, 15– 16, Teil B.
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Wahrscheinlichkeit hat die prähellenistische Elegie für sich, da wir über substantielle Fragmente aus der Lyde des Antimachos von Kolophon mit ihren tragischen Liebesgeschichten verfügen. Doch auch Antimachos behandelte neben dem Argonautenmythos und anderen nicht-troischen Stoffen17, soweit wir aus den Fragmenten ersehen können, nur die homerischen Binnenerzählungen vom Schicksal des Idas und der Marpessa bzw. des Meleagros und der Kleopatra (Frg. 88 bzw. 89 Matthews)18 und die Erzählung von der Heimkehr des Diomedes (Frg. 90 Matthews), nicht aber die Geschichte des Trojanischen Kriegs selbst. Es bleibt somit die Tragödie, und von den oben genannten Stücken des jüngeren Euripides, Dionysios I. und Timesitheos haben sicher die Hektoros lytra des Dionysios den stärksten Eindruck auf das Publikum von Athen gemacht und können daher am ehesten als Auslöser gelten für die später so dominante Erzählung vom Tod des Achilleus im Hain von Apollon Thymbraios19. Die Scholia vetera zu Lyc. Alex. 269a zeigen, wie gesagt, erst mit der Wendung l°gei oÔn ˜ti einen Einschnitt in ihrem Duktus. Es ist also anzunehmen, dass die Motive der Liebe des Achilleus zu Polyxene, seines angebotenen Verrats der eigenen Truppen, seines unwürdigen Todes im Hain des Gottes und seiner Auslösung durch Rückzahlung der zuvor für Hektor aufgewendeten Summe, die im vorangehenden Scholientext zusammen aufgeführt sind, auch auf eine einheitliche Quelle zurückgehen. Da zudem das Motiv des Bittgangs des Priamos, der Andromache und der Polyxene zu Achilleus, ohne das die Geschichte kaum denkbar ist, jetzt durch das Scholion zu Tz. Hom. 311 als Inhalt der Hektoros lytra erwiesen ist, können wir kaum fehlgehen, wenn wir nun eben diese Tragödie als Quelle Lykophrons bzw. der ihm gewidmeten Scholien identifizieren. Die Tragödie konnte demnach folgende Gestalt haben: In einem Prolog oder Botenbericht war erzählt worden, wie Achilleus sich einst zum Tempel des Apollon Thymbraios begab, dort eine religiöse Zeremonie der Frauen von Troja beobachtete, sich lei17) Cf. die Übersicht bei Matthews 1996, 32. 18) Nach dem Vorbild von Hom. Il. 9,529–599. 19) Für die Polyxene des jüngeren Euripides können wir sogar annehmen, dass dort wie im gleichnamigen Drama des Sophokles (TGrF 4 F 523–528) nicht die Verliebtheit des Achilleus in die Königstochter Gegenstand des Dramas war, sondern eher die Forderung nach ihrer Opferung über seinem Grab.
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denschaftlich in Polyxene verliebte und durch Mittelsmänner König Priamos den Friedensschluss anbot, wenn er dafür die Hand der Königstochter erhielte20. Da sich die Verhandlungen aber zerschlugen, wurde der Krieg weitergeführt, und Achilleus tötete schliesslich Hektor in einem Hinterhalt21. Am nächsten Morgen – damit setzt die dramatische Handlung des Stücks ein – gelangte Priamos in Begleitung von Andromache und Polyxene zu Achilleus und liess nach einigen Unterhandlungen das Gold herbeischaffen, mit dem Hektor aufgewogen wurde22. Geraume Zeit später – es ist also nötig, hier einen Unterbruch im dramatischen Zeitkontinuum anzunehmen – wurde die Frage nach der Heirat des thessalischen Helden mit Polyxene wieder aufgegriffen. Achilleus begab sich zu Unterhandlungen in den Tempel des Apollon Thymbraios, wurde dort aber meuchlings von Paris und Deiphobos getötet23. Sein Leichnam wurde erst freigegeben, als die Griechen bereit waren, das für Hektor erhaltene Gold wieder zurückzugeben24. Diese letzten Handlungselemente waren wieder weitgehend Gegenstand von Botenberichten25. Dass das Stück nach der vorgestellten Rekonstruktion also zu einem grossen Teil aus Botenberichten bestand, sollte kein gravierendes Hindernis bieten und entspricht sogar der dramatischen Tendenz des 4. Jh.s zu stark deklamatorischen Stücken. Eine ernsthaftere Schwierigkeit besteht in der Titelgebung mit dem Hinweis 20) Dict. 3,2–3; Scholien zu Lyc. Alex. 269a, p. 54,10–12 Leone. 21) Dict. 3,15. 22) Lyc. Alex. 269 f.; Ptol. Chenn. apud Phot. Bibl. 190, 151b37–152a1; Dict. 3,20–27; Philostr. Her. 51,4; Scholien zu Tz. Hom. 311, p. 200,17–201,2 Leone. 23) Dict. 4,10–11; Dares Kap. 34; Philostr. Her. 51,5–6; Scholien zu Lyc. Alex. 269a, p. 54,12–14 Leone; Hyg. fab. 110 (bemerkenswert ist also, dass Achilleus nach dieser Version ebenso in einem Hinterhalt stirbt wie zuvor Hektor [Dict. 3,15; im Epos und in der Tragödie des Aischylos ist davon noch keine Rede]; diese Symmetrie in der jeweiligen Todesart entspricht der Symmetrie beim jeweiligen Freikauf des Leichnams und ist ein weiteres Argument dafür, dass der durch diesen ersten Meuchelmord ausgelöste Bittgang des Priamos, der Andromache und der Polyxene zu Achilleus und der Tod des Achilleus im Thymbraion von Anfang an zusammengehören und auf dieselbe Quelle zurückgehen). 24) Lyc. Alex. 271–273; Scholien zu Lyc. Alex. 269a, p. 54,14–17 Leone. 25) Schwer zu beantworten ist die Frage nach dem Chor des Stücks. Wenn dieser nicht überhaupt zugunsten einer blossen Zwischenaktunterhaltung aufgegeben war, dürfte er aus den thessalischen Kampfgefährten des Achilleus oder generell aus griechischen Kriegsgefährten bestanden haben, die die dramatische Kontinuität nach Weggang der troischen Delegation sicherten.
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auf Andromache und auf die Auslösung Hektors, nicht aber auf die Liebe des Achilleus zu Polyxene. Doch lässt sich dies eben, wie oben gezeigt, als Hinweis auf die von Aischylos begründete dramatische Tradition verstehen. Zudem mag es ironische Absicht gewesen sein, dass die Handlung bei Dionysios nicht mit dem im Titel angezeigten Motiv ausklang, sondern – über Aischylos hinausgehend – eine Fortsetzung darstellte, die eine eigentliche Umkehrung des traditionellen Plots bedeutete. Es bleibt, eine Reihe von möglichen Einwänden gegen diese Hypothese zu prüfen: Eine Erwähnung des Heiligtums des Apollon Thymbraios26 bei Hellanikos von Lesbos (FGrHist 4 F 151; spätes 5. Jh. v. Chr.) könnte unter Umständen als Indiz für ein höheres Alter der Legende gewertet werden. Doch wäre dieser Schluss vom methodischen Standpunkt her gefährlich27, weil das erhaltene Fragment lediglich die genaue Aussprache der Epiklese diskutiert und die Legende selbst mit keinem Wort erwähnt. Mindestens ebenso wahrscheinlich wie eine Hindeutung auf das tragische Schicksal des Achilleus ist damit ein Hinweis auf die Erzählung vom Tod des Rhesos, in welcher die Stadt Thymbra und das Heiligtum des Apollon Thymbraios regelmässig Erwähnung finden28. Grundsätzlich ist folgendes zu sagen: Die Sagenversion vom Tod des Achilleus durch die Hand des Paris im Tempel des Apollon lässt sich sicher als Rationalisierung der altepischen Variante vom Tod des Helden am Skaischen Tor verstehen, der eben durch diese beiden Feinde verursacht war29. Diese gemeinsame Aktion von Gott und Mensch wurde offenbar schon früh als Rätsel empfunden, weswegen verschiedene Auswege gesucht wurden. Ein möglicher Weg war es, die genaue Form des Zusammenspiels von 26) Zur Lage des Tempels an der Mündung des Thymbros in den Skamandros südlich von Ilion cf. Str. 13,1,35 und Hsch. y 868 Latte; für vergebliche Versuche der archäologischen Identifizierung cf. Cook 1973, 117–123. 27) So richtig betont von Fleischer 1884, 49. 28) Hom. Il. 10,430; Ps.-Eur. Rh. 224 und 508. 29) So zweimal angedeutet von Homer (Il. 19,414 f. und 22,358–360) und ausführlich dargestellt in der Aithiopis (Procl. Chr. p. 69,15–16 Bern.: trecãmenow dÉ ÉAxilleÁw toÁw Tr«aw ka‹ efiw tØn pÒlin suneispes∆n ÍpÚ Pãridow énaire›tai ka‹ ÉApÒllvnow; Apollod. Epit. 5,3 [Rez. S]: di≈jaw d¢ toÁw Tr«aw prÚw ta›w Skaia›w pÊlaiw §tojeÊyh ÍpÚ ÉAlejãndrou ka‹ ÉApÒllvnow efiw tÚ sfurÒn).
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Apollon und Paris möglichst in der Schwebe zu lassen30. Ein anderer war es, sich entweder für den Gott31 oder für den Menschen32 als alleinigen Urheber der Tat zu entscheiden. Ein dritter, zuerst von Pindar benützter, dann aber vor allem von späteren Autoren begangener Weg war die konkrete Ausgestaltung der gemeinsamen Aktion. So erzählt der thebanische Chorlyriker, dass Apollon die Gestalt des Paris angenommen und Achilleus auf diese Weise getötet habe33; die lateinischen Dichter referieren, dass Apollon die Pfeile des Paris gelenkt habe34; die lateinische Mythographie wiederholt die Erzählung Pindars35; und späte griechische Autoren berichten, dass Paris der Geliebte des Apollon gewesen sei, von ihm die Bogenkunst erlernt habe, auch einen Bogen von Apollon erhalten und mit diesem Achilleus um sein Leben gebracht habe36. Die in Rede stehende Version vom Tod im Thymbraion schliesst sich also dieser rationalisierenden Tendenz an. Die Frage ist nur, ob sie zum Geschichtswerk des Hellanikos passt. Es lässt sich nämlich nicht übersehen, dass die Geschichte, so wie wir sie heute in der Ephemeris lesen, von einer sehr komplexen Struktur ist. So handelt es sich um ein richtiggehendes narratives Triptychon mit einem ersten Besuch des Tempels durch Achilleus und Polyxene (Dict. 3,2–3), einem Wiedersehen bei der Auslösung Hektors (3,20–27) und einem zweiten Besuch des Tempels durch Achilleus mit dem Ziel, die Heirat nun konkret in die Wege zu leiten (4,10– 11). Ebenso komplex ist die Gefühlslage der beteiligten Personen: Polyxene scheint die lautersten Absichten zu haben (3,24), wird also von ihrer eigenen Familie getäuscht. Priamos, der allen Grund zur Dankbarkeit gegenüber Achilleus hätte, stellt sich dem Verrat seiner Söhne zumindest nicht entgegen, und Achilleus verhält sich so entgegenkommend gegenüber den Troern, dass er nun seinerseits bei seinen Kampfgefährten den Verdacht des Verrats erweckt (4,10). All dies passt schlecht zur These einer Rationalisierungs30) 31) 32) 33) 34) 35) 36) Stallb.).
So Pind. P. 3,101. So Aisch. TGrF 3 F 350,8–9 und Soph. Ph. 334 f. So Eur. Andr. 655 f., Eur. Hec. 387 f. und Plut. quaest. conv. 9,3,2, 319b. Pind. Pae. 6,78–86 (= Frg. 52 f.,78–86 M.). Verg. Aen. 6,57 f. und Ov. met. 12,600–606. Hyg. fab. 107 und 113. Sostratos FGrHist 23 F 6 (= Eust. zu Hom. Od. 11,538, I p. 430,41–43
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bemühung durch Hellanikos oder seine Quellen. Denn dort, wo Hellanikos den epischen Bericht zu korrigieren versucht, erhöht er die narrative und emotionale Komplexität des Mythos in keiner Weise, sondern bemüht sich im Gegenteil um eine Vereinfachung37. Beispielsweise wird der Kampf des Achilleus mit dem Flussgott Skamandros einfach als Hochwasser interpretiert (FGrHist 4 F 28), die Erzählung vom Kampf des Achilleus mit Kyknos wird durch den etymologischen Hinweis auf die weisse Hautfarbe des Gegners banalisiert (F 148), und der Zug der Penthesileia nach Troja wird nicht auf eine Blutschuld zurückgeführt, sondern dient schlicht dem militärischen Prestige der Amazone (F 149)38. Die Geschichte vom Tod des Achilleus im Hinterhalt passt also viel besser in das 4. Jh., als das dramatische Werk des Euripides den Weg für solche komplexen Handlungen und emotionalen Verstrickungen freigemacht hatte. Ebenfalls einer ausführlichen Diskussion bedarf ein neugefundenes archäologisches Zeugnis, ein Kolonettenkrater aus dem europäischen Teil der Türkei, der aus der Werkstatt des SyleusMalers hervorgegangen sein dürfte und in die Zeit von 500–485 v. Chr. zu datieren ist39. Die Vorderseite der Vase zeigt Priamos bei der Lösung Hektors vor Achilleus; begleitet wird der König von Hermes, der eine junge Frau an der Hand hält und mit sich führt. Die Geste des Gottes kann als xe›ra §p‹ karp“ gedeutet werden; die junge Frau ist somit als Braut bzw. als Pseudo-Braut zu sehen, die Achilleus zugeführt wird. Y. Tuna-Nörling hat daher an Polyxene gedacht und – in einem weiteren Schritt – den ganzen Mythos von der tragischen Liebe des Helden zur troischen Königstochter in archaische Zeit hochdatiert40. Hauptsächliche Stütze für eine solche Hochdatierung ist die frühe Assoziation von Achilleus und Polyxene in Epos, Chorlyrik und klassischer Tragödie41. Allerdings ist dort immer nur erzählt, 37) Zu den Formen der Mythenrationalisierung bei Hellanikos cf. allgemein Alpers 2003, 23. 38) Die kyklische Variante, gegen die hier offenbar polemisiert wird, findet sich noch bei Apollod. Epit. 5,1 und Q. S. 1,18–32. 39) Erstpublikation von Tuna-Nörling 1999. 40) Ausführlich begründet von Tuna-Nörling 2001 (gefolgt von Schwarz 2001, 46 f.). 41) Cf. die Iliupersis bzw. Procl. Chr. p. 89,22–23 Bern. (¶peita §mprÆsantew tØn pÒlin Poluj°nhn sfagiãzousin §p‹ tÚn toË ÉAxill°vw tãfon), Ibyc. PMGF 307,
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wie Polyxene kurz vor der Heimfahrt der Griechen über dem Grab des Achilleus geopfert wird. Beweggrund der Heimkehrer ist dabei der Wunsch nach günstigen Winden; Beweggrund des Totengeistes des Achilleus ist nicht die Liebe zur Königstochter, sondern lediglich das Verlangen nach einem gerechten Anteil an der Kriegsbeute. Das Bild auf dem Syleus-Krater hätte also auch bei Tuna-Nörlings Interpretation eine Sonderstellung inne42, und es ist überhaupt festzuhalten, dass die archäologische Diskussion des Kraters eben erst begonnen hat. So wurden bei der ersten öffentlichen Vorstellung der Vase auf dem Archäologenkongress von Amsterdam 1998 auch alternative Vorschläge vorgebracht wie: eine Sklavin bzw. ein Geschenk von Priamos an Achilleus43 oder eine Darstellung der Briseis44. Grundlegend für die Interpretation des Bildes ist sicher der Umstand, dass hier Achilleus, Priamos und Hermes gemeinsam dargestellt sind. Dies entspricht weder der Ilias noch den Phrygern des Aischylos, da Hermes im Epos nur zwischenzeitlich mit Priamos Kontakt aufnimmt und den König dann allein zu Achilleus ziehen lässt45, und da der Gott auch bei Aischylos nur in der Prologszene auftritt und Achilleus ins Gewissen redet46 und dann die Bühne vor Eintreffen des Priamos wieder verlässt47. Auch sonst gibt es keinen literarischen Beleg für eine solche ‚Plenumsszene‘ von Gott, Held und König. Die Darstellung des Syleus-Malers ist Soph. TGrF 4 F 522–528, Eur. Hec. 223 f. und 518–582 und Eur. Tr. 622–630. Spätere Zeugen sind D.Chr. 6,18, Apollod. Epit. 5,23, Dict. 5,13, Q. S. 14,179–328, Tryph. 686 f., Ov. met. 13,441–448 und Sen. Tro. 168–202. 42) Andere archäologische Zeugnisse aus archaischer Zeit konzentrieren sich wie die literarischen Testimonia auf die Opferung Polyxenes durch Neoptolemos; cf. vor allem die tyrrhenische Amphore aus der Zeit von 570–560 v. Chr. (LIMC Polyxene Nr. 26) und den neugefundenen Sarkophag aus der Umgebung von Biga im Norden der Troas (Erstpublikation in Sevinç 1996; Datierung: etwa 520 bis 500 v. Chr. ). 43) Vorschlag von A. Shapiro (nach Tuna-Nörling 2001, 39 Anm. 60). 44) Vorschlag von A. Kossatz-Deissmann (nach Tuna-Nörling 2001, 39 Anm. 65). 45) Hom. Il. 24,339–469. 46) TGrF 3 F 266; cf. Mette 1963, 118 f. und Döhle 1967, 94 (etwas anders Garzya 1997, 206–208, der den Auftritt des Hermes auf die Parodos folgen lässt und F 266 dem Priamos zuordnet; doch auch nach dieser Rekonstruktion kommt es zu keinem gemeinsamen Auftritt von Priamos und Hermes). 47) Die Darstellungskonventionen im frühklassischen Drama hätten den gemeinsamen Auftritt dreier sprechender Rollen gar nicht zugelassen.
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also ein klassischer Fall von Bildkontamination, wie sie zur damaligen Zeit häufig vorkam48. Es besteht somit kein Grund, nicht auch die mitgeführte junge Frau als Teil einer originären malerischen Leistung zu sehen, mithin als weiteres ‚fremdes‘ Element in einer komponierten Szene. Wenn das so ist, dann handelt es sich weit eher um Briseis als um Polyxene. Denn Briseis ist (in ihrer Eigenschaft als Dienerin des Achilleus) häufig auf archaischen und klassischen Vasenbildern mit der Lösungsszene zu sehen49, und wahrscheinlich war auch ihre Rückführung zu Achilleus durch den Herold Talthybios Gegenstand der klassischen Kunst50. Die eigenständige Leistung des Syleus-Malers war demnach die Zusammenführung von Achilleus, Priamos und Hermes in einem Bild und die Übertragung der Funktion des Brautführers von Talthybios auf Hermes. Sinn dieser Komposition müsste es gewesen sein, alle Handlungselemente, die das aufgewühlte Gemüt des Achilleus beschwichtigten, zu einer Szene zusammenzuziehen, nämlich die Rückgabe der Briseis, die Versöhnungsangebote des Priamos und die göttliche Einwirkung durch Hermes. Eine Hochdatierung des Polyxene-Mythos in archaische Zeit scheint damit unnötig. Ein letzter möglicher Einwand liegt in bestimmten Abweichungen des Texts der Ephemeris von der oben rekonstruierten Dramenform. So erwähnt Diktys das Motiv der Totenwägung nicht und spricht einfach von Geschenken, die Priamos Achilleus übergibt (3,27: dein omnia, quae ad redimendum filium advectaverat, ante conspectum iuvenis exponi imperat. ex quis quicquid auri atque argenti fuit tolli Achilles iubet, vestis etiam quod ei visum est; reliquis in unum collectis Polyxenam donat et cadaver tradidit.). Doch ist die stark rationalisierende Tendenz der Erzählung bekannt51, sodass die Weglassung des reichlich pittoresken Wägemotivs nicht verwundern kann. Etwas ernster ist daher die Abweichung am Schluss der Erzählung. Die Troer behalten hier 48) Cf. Kossatz-Deissmann 1978, 24 und Knittlmayer 1997, 34 f., die eine Reihe von schwarzfigurigen und rotfigurigen Vasenbildern auflisten, die genau diesen kombinierten Auftritt von Priamos und Hermes bei Achilleus zeigen. 49) LIMC Briseis Nr. 24–32. 50) So wohl zu sehen auf einem attischen Glockenkrater aus der Mitte des 5. Jh.s (LIMC Talthybios Nr. 5; wahrscheinlich nach den Nereiden des Aischylos, dem mutmasslichen mittleren Stück der Achilleus-Trilogie); cf. die Diskussion bei Döhle 1967, 131 f. und Kossatz-Deissmann 1978, 20 f. 51) Cf. z. B. Merkle 1989, 302 („Tendenz zu einer realistischen Darstellung der Vorgänge“).
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den Leichnam des Achilleus nicht für sich, sondern flüchten aus dem Apollon-Tempel (4,11: at ubi dissolutum vulneribus animadvertere, e parte alia, quam venerant, proruunt, re ita maxima et super vota omnium perfecta, in civitatem recurrunt.). Die Kampfgefährten des Achilleus schöpfen inzwischen Verdacht und dringen in den heiligen Bezirk ein. Zuletzt trägt Aias den Leichnam seines Cousins zurück ins Griechenlager (4,11: denique Aiax exanimem iam umeris sublatum e luco effert.)52. Es fehlt hier also das Motiv der Rückforderung des Lösegelds. Dazu ist folgendes zu sagen: Die Ephemeris arbeitet extensiv mit der Technik des Aprosdóketons53, also mit logischen Brüchen in der Erzählung. Insbesondere lässt sich eine Vielzahl von Szenen ausmachen, in denen Diktys zunächst vom kanonischen – also homerischen oder kyklischen – Vorbild deutlich abweicht, um zuletzt in überraschender Weise doch wieder zu ihm zurückzukehren54. Bei der Rückschaffung des Leichnams des Achilleus durch Aias handelt es sich eben um ein solches kanonisches Sagenmotiv aus der Aithiopis55. Wenn also die Ephemeris zunächst die Sagenversion des Dionysios I. übernimmt, dann aber anstelle des Rückkaufs der Leiche doch das heroische Motiv der Rückeroberung folgen lässt, so ist das nur ein Beispiel mehr für die beschriebene narrative Technik. Mithin scheint es doch so, dass sich das Scholion zu Lyc. Alex. 269a mit den Hektoros lytra des Dionysios gleichsetzen lässt56. Das 52) Kap. 4,11 gehört zu den Teilen der Ephemeris, die auf einem griechischen Papyrus erhalten sind. Erkennbar sind noch die Worte §]pÉ vÖmƒ f°rein. 53) Einführung des Begriffs in die Diskussion zur Ephemeris durch Timpanaro 1978, 397 Anm. 1 und Timpanaro 1987, 179. 54) Für die Diskussion dieser Szenen cf. Grossardt 1998, 385–390. 55) Cf. die Hypothesis von Procl. Chr. p. 69,16–18 Bern. (. . . A‡aw énelÒmenow [sc. den Leichnam des Achilleus] §p‹ tåw naËw kom¤zei . . . ). Entsprechend dann auch die Ilias Parva, Frg. 2,1–2 Bern. (A‡aw m¢n går êeire ka‹ ¶kfere dhiot∞tow / ¥rv Phle¤dhn), Antisth. Frg. 14,2 Decleva Caizzi, Apollod. Epit. 5,4 (tÚ d¢ s«ma bastãsaw A‡aw ballÒmenow b°lesi m°son t«n polem¤vn diÆnegken) und die Artefakte in LIMC Achilleus Nr. 860–896. 56) Überholt scheint somit die Ansicht von Welcker 1839–1841, 1144–1146, Robert 1920–1926, 1195, Fontinoy 1950, 386–390 und Burgess 1995, 229 Anm. 49, dass dieses Motiv erst in der hellenistischen Dichtung aufgekommen und von dort in die kaiserzeitliche Schwindelliteratur übernommen worden sei (immerhin liegt aber nun ein solches poetisches Fragment vor auf dem genannten Zeugnis von O. Claud. 412; der Stoff kann also auch in der alexandrinischen elegischen Dichtung verschiedentlich behandelt worden sein).
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Motiv der Liebe des Achilleus zu Polyxene und das seines schmachvollen Todes in einem Hinterhalt sind somit Erfindungen des Monarchen von Syrakus57. Der Anstoss zu dieser Erfindung mochte zunächst in der Ausgestaltung der bereits im Epos angelegten besonderen Beziehung zwischen Achilleus und Polyxene liegen, die nun gewissermassen erst ihre wahre Begründung erhielt. Sodann fügte diese Sagenversion sich glanzvoll in die beschriebene Tendenz ein, die altüberlieferte Legende vom Tod des Achilleus durch die Hand des Paris und Apollon am Skaischen Tor zu modernisieren und zu rationalisieren. Nicht zum wenigsten dürfte den Monarchen aber auch der jähe Wechsel des Schicksals interessiert haben und insbesondere der Kontrast zwischen dem einstigen Glück des Achilleus und seinem tragischen Ende – ein Thema, das einen Alleinherrscher immer beschäftigen musste58. Dionysios hatte in der Antike keinen guten Ruf als Dichter und wurde gerne als profilneurotischer und eifersüchtiger Dilettant hingestellt59. Wenn aber unsere Hypothese stimmt, dass er für die Erzählung vom Tod des Achilleus im Tempel des Apollon Thymbraios verantwortlich war, dann spricht die entschiedene Rezeption in der kaiserzeitlichen Prosa und der anhaltende Erfolg, den diese Sagenversion im westlichen wie im östlichen Teil Europas durch das ganze Mittelalter hindurch hatte, doch dafür, dass ihm nicht alle Literaturfreunde so negativ gegenüberstanden, wie es zunächst scheint. Und der Sieg an den athenischen Lenäen des Jahres 367 v. Chr. war dann nicht nur durch eine momentane politische Annäherung von Athen und Syrakus bedingt60, sondern eben auch durch die revolutionäre Erneuerung des epischen Sagenstoffs und – nicht zuletzt – durch die kreative Huldigung an ein Drama des Aischylos, die in diesen neuen Hektoros lytra zum Ausdruck kam.
57) Falls man doch in Hekataios’ Hinweis auf den Tempel des Apollon Thymbraios oder in der Darstellung des Syleus-Malers ein Indiz für eine frühere Erfindung der Motive sehen will, müsste unsere Hypothese lediglich dahingehend modifiziert werden, dass Dionysios die Sagenversion zwar nicht erfunden, aber prominenten Gebrauch von ihr gemacht hat. 58) Cf. die einschlägigen Äusserungen in TGrF 1,76 F 2, 3 und 7. 59) Cf. die Anekdoten in TGrF 1,55 T 2 und 4 bzw. TGrF 1,76 T 7, 13 und 14. Eine objektive Einordnung versucht dagegen in moderner Zeit Suess 1966. 60) So die Annahme von Suess 1966, 317 f.
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München
Peter Grossardt
WER WAR DER VERFASSER DES RHETORISCHEN LEHRBUCHS ÜBER DEN STIL (Per‹ •rmhne¤aw)? 1. Zum Stand der Frage Als Autor des Traktats Über den Stil wird im Titel einiger Manuskripte, insbesondere der ältesten Handschrift Parisinus Gr. 1741 (s. x), der Staatsmann und peripatetische Philosoph Demetrios v. Phaleron (etwa 360–280 v. Chr.) genannt. Seit langem wird jedoch bezweifelt, daß Demetrios v. Phaleron, der als makedonischer Statthalter von Athen in den Jahren 317–307 v. Chr. und später als Berater des Königs Ptolemaios I. Lagu von Ägypten ein recht bewegtes Leben führte, die Abhandlung Über den Stil tatsächlich geschrieben hat1. Die Gründe für die Skepsis sind zum einen, daß in der Subscriptio des Codex Parisinus ebenso wie in den bekannten antiken Verweisen auf das Werk Über den Stil allein der Name ‚Demetrios‘ ohne das individuelle Kennzeichen des Herkunftsorts, also ohne 1) Für den folgenden Überblick über den Stand der kritischen Forschung vgl. vor allem die Textausgaben von L. Radermacher, Demetrii Phalerei qui dicitur de elocutione libellus, Leipzig 1901; W. R. Roberts, Demetrius On Style. The Greek text of Demetrius De elocutione ed. after the Paris manuscript, Cambridge 1902; P. Chiron, Démétrios: Du style, Paris 1993; D. C. Innes, Demetrius: On style, Cambridge/Mass., London 1995 (Loeb Classical Library. Vol. 199); ferner die Handbuch-Artikel von E. Martini, Demetrios (85) = Demetrios von Phaleron, RE IV,2 (1901) 2817–2841, zu per‹ •rmhne¤aw als einem Pseudepigraphon 2839–2841; W. v. Christ, Geschichte der griechischen Literatur. 6. Aufl. Unter Mitwirkung von O. Stählin bearbeitet von W. Schmid, München 1920 (Hdb. d. klass. Altertumswiss. VII 2,1), 78–79; F. Wehrli, Der Peripatos bis zum Beginn der römischen Kaiserzeit. § 26. Demetrios v. Phaleron und Ps.-Demetrios Über den Stil, in: Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von F. Ueberweg. Völlig neu bearb. Ausgabe. Die Philosophie der Antike Bd. 3: Ältere Akademie – Aristoteles – Peripatos. Hrsg. v. H. Flashar, Basel, Stuttgart 1983, 559–566; sowie die Studien aus jüngerer Zeit von G. M. A. Grube, A Greek critic. Demetrius On style, Toronto 1961; D. M. Schenkeveld, Studies in Demetrius On style, Amsterdam 1964; G. Morpurgo-Tagliabue, Demetrio: dello stile, Roma 1980; G. Lombardo, Demetrio: Lo stile, Palermo 1999.
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das Ethnikon, erscheint2, und zum andern, gewichtiger noch, daß der Autor von per‹ •rmhne¤aw, der von sich selbst stets in der 1. Person spricht, neben den vielen anderen griechischen Schriftstellern, die er als Muster für bestimmte Stilarten anführt, an einer Stelle auch Demetrios v. Phaleron in der 3. Person erwähnt3. Weitere beachtliche Argumente sind, daß die Abhandlung Über den Stil in dem überlieferten Verzeichnis der Werke des Demetrios v. Phaleron nicht auftaucht4, daß einige der in per‹ •rmhne¤aw genannten Literaten wie Archedemos und Artemon möglicherweise erst längere Zeit nach Demetrios v. Phaleron gelebt haben5 und daß auch die Sprache des Werks Über den Stil auf eine spätere Abfassungszeit hindeutet6. Aufgrund so vieler auffälliger und gravierender Unstimmigkeiten wird seit langem allseits angenommen, daß der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw wahrscheinlich zwar Demetrios hieß7, in den Überschriften des Codex Parisinus und einiger anderer Manuskripte aber fälschlich mit Demetrios v. Phaleron gleichgesetzt ist. Und eine solche Verwechslung konnte gleich aus mehreren Gründen naheliegen: Die Abhandlung Über den Stil steht in der Tradition der peripatetischen Rhetorik und ist in vieler Hinsicht von Aristoteles und Theophrast beeinflußt. Demetrios v. Phaleron aber war dem Peripatos stets eng verbunden, zeitweilig vielleicht sogar als ein Schüler Theophrasts, und er hat eine Reihe von Büchern grammatischen und rhetorischen Inhalts geschrieben. Hinzu kommt noch, daß der Autor von per‹ •rmhne¤aw gelegentlich auch eine genauere Kenntnis von Verhältnissen in 2) Vgl. dazu bes. Innes (wie Anm. 1) 312–313 mit Anm. 4. 3) per‹ •rmhne¤aw § 289, worüber schon mittelalterliche Leser des Texts sich wunderten; zu ihren Randnotizen in den Handschriften vgl. Roberts (wie Anm. 1) 62; Chiron (wie Anm. 1) xv. 4) Vgl. D. L. 5,80–81; dazu Chiron (wie Anm. 1) xvii. 5) Gegen Grube (wie Anm. 1) 42–43, der Archedemos und Artemon für nicht näher identifizierbar hält, jetzt Chiron (wie Anm. 1) xxxiii–xl. Zu Artemon auch unten S. 245. 6) Vgl. bes. Roberts (wie Anm. 1) 55–59, dessen Sammlung von vermutlich späten Wörtern und Formen (korrigiert und ergänzt bei Schenkeveld [wie Anm. 1] 145 Anm. 1) trotz der vielen Gegenargumente von Grube (wie Anm. 1) 46–50 u. 133–155 ihrer Beweiskraft nicht gänzlich beraubt ist. 7) Gegen die Ansicht von Roberts (wie Anm. 1) 62 und Innes (wie Anm. 1) 313, daß selbst der Name Demetrius nicht gesichert sei, ist an den Hinweis von Radermacher (wie Anm. 1) v zu erinnern: „Phalereus tanto facilius substitui potuit, si nostro nomen fuit Demetrio.“
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Ägypten erkennen läßt, was gut zu der Lebensgeschichte des Demetrios v. Phaleron zu passen scheint8. Doch wenn Demetrios v. Phaleron, wie es die allseits geteilte Ansicht ist, als Autor des Traktats Über den Stil nicht in Betracht kommt, bleibt die Frage im Raum, wer das Werk denn verfaßt hat. Da in der Überlieferung kein anderer Name als Demetrios begegnet, besteht nach dem Ausscheiden des Mannes aus Phaleron eigentlich nur die eine Möglichkeit, sich nach einem anderen Schriftsteller namens Demetrios umzusehen, der sich als Autor von per‹ •rmhne¤aw wahrscheinlich machen läßt. Ganz und gar aussichtslos ist eine solche Suche nicht, da aus der Antike noch einige weitere Griechen mit dem Namen Demetrios bekannt sind, die sich als Grammatiker, Rhetoriker oder auch als Philosophen mit Fragen der Literarästhetik beschäftigt haben. Die Forschung ist jedoch bislang nicht über eine Anzahl unbeweisbarer Vermutungen hinausgelangt, da von den verschiedenen DhmÆtrioi, die als Verfasser von per‹ •rmhne¤aw vorgeschlagen wurden, außer dem Namen nicht mehr überliefert ist als vielleicht noch die Heimatstadt und die ungefähre Lebenszeit und ein paar vage Hinweise auf das allgemeine Interesse an Sprache und Literatur9. Genauere philologische Beweisführungen scheinen unmöglich, so daß es bislang so aussieht, als ließe sich der Autor des Traktats Über den Stil mit keinem anderweitig bekannten Schriftsteller namens Demetrios sicher identifizieren. Kaum weiter gekommen als bei der Frage nach dem Autor ist die Forschung bei dem Versuch, die Entstehungszeit von per‹ •rmhne¤aw zu bestimmen. Einige Forscher siedeln das Werk im 3. Jh. 8) Vgl. bes. Grube (wie Anm. 1) 52. 9) Im Gespräch sind vor allem drei Kandidaten: 1. Der ansonsten unbekannte Demetrius, dem Dionysios v. Halikarnass sein attizistisches Werk Über die Nachahmung (per‹ mimÆsevw) widmete (vgl. D. H. Pomp. 3; dazu W. R. Roberts, The literary circle of Dionysius of Halicarnassus, CR 14 [1900] 439–442, bes. 440– 441; G. P. Goold, A Greek professorial circle at Rome, TAPhA 92 [1961] 168–192, bes. 178–189); 2. Der bei D. L. 5,85 innerhalb der Vita des Demetrios v. Phaleron in einer Liste homonymer Autoren erwähnte Demetrios v. Alexandria, der wegen seiner Herkunft aus Ägypten und seiner rhetorischen Fachschriftstellerei als Verfasser von per‹ •rmhne¤aw denkbar ist; 3. Der Rhetoriklehrer Demetrius Syrus, dessen Vorlesungen Cicero im Jahre 78 v. Chr. in Athen besuchte (Cic. Brut. 315). – Die Kandidaten Nr. 2 und 3 (die ältere Literatur zu ihnen bei Martini und v. Christ [wie Anm. 1]) versucht neuerdings Chiron (wie Anm. 1) xxxix–xl miteinander zu identifizieren, wobei er sich jedoch, wie er selbst bekennen muß, „sur le terrain de l’hypothèse“ bewegt.
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v. Chr. an und begründen dies damit, daß der Autor mit den rhetorischen Schriften des Aristoteles und des Theophrast in einem Maße vertraut ist, wie es vor allem für einen Peripatetiker der ersten oder zweiten Schülergeneration angenommen werden darf. Außerdem würden im Text fast ausschließlich griechische Schriftsteller und andere historische Persönlichkeiten erwähnt, die vor der Mitte des 3. Jhs. v. Chr. gelebt haben10. Mit einer derartigen Frühdatierung ins 3. Jh. v. Chr. sind jedoch einige andere Angaben im Text von per‹ •rmhne¤aw kaum vereinbar. Dazu gehört die Mitteilung, daß ein gewisser Artemon eine Sammlung von Briefen des Aristoteles herausgegeben habe11. Zwar ist es möglich, daß jene Briefe schon kurze Zeit nach dem Tod des Aristoteles zu einem Corpus vereinigt wurden, doch ist mit großer Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, daß sie erst wesentlich später in der griechischen Öffentlichkeit bekannt geworden sind. Denn aus dem Vergleich der verschiedenen überlieferten Verzeichnisse der Werke des Aristoteles kann der Schluß gezogen werden, daß die Briefsammlung Artemons entweder in dem jahrhundertelang verschollenen Büchernachlaß des Aristoteles verborgen war, welcher erst um das Jahr 100 v. Chr. von dem Bibliophilen Apellikon v. Teos in der Troas wiederentdeckt und nach Athen gebracht worden ist, oder daß sie sogar erst nach jenem Bücherfund erstellt und in der zweiten Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. in die große Aristoteles-Ausgabe des Andronikos v. Rhodos aufgenommen worden ist12. Aus diesem Grund aber wird die 10) Grube (wie Anm. 1) 39–56; ähnlich G. A. Kennedy, The art of persuasion in Greece, Princeton 1963, 21976, 286; Morpurgo-Tagliabue (wie Anm. 1) 141–149; vgl. auch von dems., Aristotelismo e anti-Aristotelismo di Demetrio, RSF 34 (1979) 3–25. Einwände gegen diese Datierung, insbesondere gegen die Art der Gründe, auf die sich Grube stützt, bei Innes (wie Anm. 1) 313–315. 11) per‹ •rmhne¤aw § 223. 12) Näher dazu J. M. Rist, Demetrius the Stylist and Artemon the Compiler, Phoenix 18 (1964) 2–8; Chiron (wie Anm. 1) xxxv–xl. Ebenfalls nicht ausgeschlossen, aber noch spekulativer ist die Vermutung, mit der G. M. A. Grube, The date of Demetrius on Style, Phoenix 18 (1964) 294–302, bes. 298–302, seine eigene Ansetzung von per‹ •rmhne¤aw in der ersten Hälfte des 3. Jhs. v. Chr., genauer um das Jahr 270 v. Chr. (vgl. Grube [wie Anm. 1] 38–56), gegen Rist zu verteidigen sucht, nämlich daß der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw Artemons Briefsammlung während ihrer möglichen Entstehungszeit kurz nach dem Tod des Aristoteles kennengelernt habe. – Für eine eingehendere Beschäftigung mit der Geschichte der aristotelischen Bücher ist auf die beiden Standardwerke zu verweisen, auf die sich auch die oben
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Zeit um das Jahr 100 v. Chr., als der in per‹ •rmhne¤aw erwähnte Artemon mit den Briefen des Aristoteles vermutlich bekannt geworden ist, inzwischen von vielen Forschern als der entscheidende Terminus post quem für die Datierung des Lehrbuchs Über den Stil angesetzt. Bei der Frage, ob sich die Abfassungszeit des Traktats nach dem Fixpunkt des Jahres 100 v. Chr. noch genauer festlegen läßt, gehen die Meinungen allerdings weit auseinander. Eine Vermutung der neueren Forschung ist die, daß per‹ •rmhne¤aw bereits kurz nach 100 v. Chr. in Athen entstanden ist, da die Briefsammlung Artemons dort erstmals zugänglich war, ehe sie nach der Eroberung Athens durch Sulla im Jahre 84 v. Chr. mitsamt der Bibliothek des Apellikon v. Teos konfisziert und nach Rom verfrachtet wurde. Für Athen als Ort der Abfassung von per‹ •rmhne¤aw spricht auch der inhaltliche Befund, daß das Werk gleich von mehreren in Athen ansässigen Philosophenschulen beeinflußt erscheint. Denn in per‹ •rmhne¤aw sind nicht nur gewisse Elemente der peripatetischen Rhetorik, sondern etwa auch Lehren der mittleren Stoa zu einer Stiltheorie verbunden, die ihrer Tendenz nach eine frühe Form des Attizismus darstellt13. Weitere Anzeichen, die eine Datierung von per‹ •rmhne¤aw wenn nicht zu Beginn, so doch in die erste Hälfte oder um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. nahelegen, bieten die zahlreichen in den Text eingefügten Zitate, die darauf hindeuten, daß dem Autor von per‹ •rmhne¤aw zwar die gesamte griechische Literatur von Homer bis in die hellenistische Zeit hinein, nicht mehr aber das Standardrepertoire der Rhetorik des 1. Jhs. v. Chr. vertraut war. Denn bei der Einführung seiner Lehre von den vier Stilarten setzt er sich zwar mit der alten, klassischen Unterscheidung zweier Stilarten, des erhabenen und des schlichten Stils, kritisch auseinander14, doch erwähnt er mit keinem Wort das im 1. Jh. v. Chr. vorherrschende Modell dreier Stilarten, das zuerst in den achtziger Jahren in der lateinischen Rhetorik an Herennius begegnet. Und wenn er ferner genannten Beiträge wesentlich stützen: P. Moreaux, Les listes anciennes des ouvrages d’Aristote, Louvain 1951; I. Düring, Aristotle in the ancient biographical tradition, Göteborg 1957. 13) Vgl. Chiron (wie Anm. 1) xxvii–xxx, der teilweise anschließt an die gegen Ende des 19. Jhs. erschienenen Untersuchungen von C. Hammer (bei Martini [wie Anm. 1] 2840–2841); ähnlich teilweise auch Innes (wie Anm. 1) 315–320. 14) per‹ •rmhne¤aw § 36–37; vgl. dazu auch unten S. 257 u. 264.
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behauptet, daß sich keiner seiner Vorgänger zu der Erscheinung der „glatten Fügung“ (glafurå sÊnyesiw) geäußert habe15, läßt das vermuten, daß ihm die einschlägige Abhandlung, die Dionysios v. Halikarnass in Rom nach dem Jahre 30 v. Chr. zu diesem Gegenstand verfaßt hat16, noch nicht bekannt war. Aus derlei Beobachtungen aber kann – wenn auch nur e silentio – geschlossen werden, daß das Buch Über den Stil womöglich noch in der ersten Hälfte oder spätestens um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. geschrieben ist17. Entgegen den bisher referierten Ansichten vertreten die meisten Forscher allerdings die Auffassung, daß per‹ •rmhne¤aw in noch jüngerer Zeit, nämlich erst im 1. oder 2. Jh. n. Chr., entstanden ist. Als Gründe für diesen Spätansatz, der schon in der Forschung des 19. und frühen 20. Jhs. der vorherrschende war, werden neben sprachlichen Auffälligkeiten, zu denen etwa die attizistische Wiederbelebung der Dualformen gehört, vor allem einzelne sachliche Indizien angeführt, die auf eine zeitliche Nähe zur Kultur der frühen römischen Kaiserzeit, insbesondere zu den damals gängigen rhetorischen Theorien, weisen18. Einig ist man sich in der Forschung immerhin darin, daß das Buch per‹ •rmhne¤aw mit seiner Lehre von den vier Stilarten auf 15) per‹ •rmhne¤aw § 179. 16) D. H. Comp. 23. Zur Datierung der rhetorischen Schriften des Dionysios v. Halikarnass, die alle nach dessen Ankunft in Rom, also nach 30 v. Chr., entstanden sind, vgl. kurz v. Christ (wie Anm. 1) 466–472. 17) Zu der hier nur gerafft wiedergegebenen Argumentation vgl. Grube (wie Anm. 1) 50–51, der selbst aber per‹ •rmhne¤aw um 270 v. Chr. datiert; ferner Chiron (wie Anm. 1) xxx–xxxiii; Innes (wie Anm. 1) 315; der Datierung ins 1. Jh. v. Chr. stimmt neuerdings auch G. A. Kennedy, A new history of classical rhetoric, Princeton 1994, 88 zu, der das Buch Über den Stil in früheren Arbeiten ähnlich wie Grube ins 3. Jh. v. Chr. gesetzt hatte (vgl. oben Anm. 10). Zu der gelegentlich geäußerten Vermutung, daß per‹ •rmhne¤aw erst gegen Ende des 1. Jhs. v. Chr. im Umkreis des Dionysios v. Halikarnass in Rom entstanden sei, vgl. Roberts und Goold (wie Anm. 9). 18) Für die ältere Forschungsliteratur vgl. Martini und v. Christ (wie Anm. 1) sowie Roberts (wie Anm. 1) 314–316. Ins 1. Jh. n. Chr. wird der Traktat Über den Stil datiert z. B. von Schenkeveld (wie Anm. 1) 135–148 und neuerdings von K. Pfaffenroth, A note on the dating of Demetrius’ On style, CQ 44 (1994) 280–281 sowie von N. Marini, Demetrio, De eloc. 99–102: L’allegoria come linguaggio di potere, Prometheus 24 (1998) 127–140. Für eine Datierung entweder ins 1. oder ins 2. Jh. n. Chr. plädieren z. B. Radermacher (wie Anm. 1) xiii–xv und Roberts (wie Anm. 1) 49–64. – Zur Entkräftung einzelner Argumente, die zu Gunsten der Spätdatierung vorgebracht wurden, vgl. unten S. 266 u. 271 Anm. 84.
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keinen Fall nach der noch differenzierteren Stiltheorie des Hermogenes verfaßt sein kann, die seit dem Ende des 2. Jhs. n. Chr. die antike Rhetorik zu dominieren begann19. 2. Ein übersehener Kandidat: Demetrios v. Magnesia Wenn im Folgenden der Versuch gemacht wird, einen Mann mit dem Namen Demetrios als den Verfasser des Traktats Über den Stil zu erweisen, so wird dabei der Ansicht zugestimmt, daß das Werk wahrscheinlich in den ersten Jahrzehnten des 1. Jhs. v. Chr. in Athen geschrieben ist. Bei dem vorgeschlagenen Verfasser handelt es sich um einen durchaus bekannten griechischen Schriftsteller, der der Forschung nur deshalb als möglicher Autor von per‹ •rmhne¤aw entgangen ist, weil er ihr bisher nicht so sehr als rhetorisch geschulter Stilkritiker, sondern eher als gelehrter Kompilator und Literaturhistoriker und vor allem als eine der biographischen Hauptquellen für die Philosophenviten des Diogenes Laertios wichtig gewesen ist – die Rede ist von Demetrios v. Magnesia20. Die Vermutung, daß er der so lange erfolglos gesuchte Verfasser von per‹ •rmhne¤aw ist, stützt sich im Vergleich zu den bisherigen Versuchen, den Autor und die Abfassungszeit von per‹ •rmhne¤aw zu bestimmen, auf erheblich konkretere Anhaltspunkte, nämlich auf eine überraschend große und kaum mehr zufällig zu nennende Anzahl von Parallelen, die sich zwischen den fragmentarischen Resten 19) Vgl. Radermacher (wie Anm. 1) xiv; Roberts (wie Anm. 1) 59; v. Christ (wie Anm. 1) 79; Grube (wie Anm. 1) 51; u. v. a. 20) Zu ihm als Vorlage des Diogenes Laertios vgl. F. Nietzsche, De Laertii Diogenis fontibus II, RhM 24 (1869) 181–228 (jetzt in: Nietzsche. Werke. KGA. Hrsg. v. G. Colli u. M. Montinari. II 1. Philologische Schriften 1867–1873, Berlin, New York 1982, 75–167, bes. 104–167); E. Maass, De biographis Graecis quaestiones selectae, Berlin 1880, 23–47; U. v. Wilamowitz-Moellendorff, Antigonos v. Karystos, Berlin 1881, 325–326, 330–336 u. ö. ; F. Leo, Die griechisch-römische Biographie nach ihrer litterarischen Form, Leipzig 1901, 39–45; grundlegende Zusammenfassungen der älteren Forschung bei E. Schwartz, Demetrios (80), RE IV,2 (1901) 2814–2817; W. Crönert, Kolotes und Menedemos (1906). Nachdr. Amsterdam 1965, 133–147, bes. 133–135; kritische Fortsetzungen bei J. Janda, D’Antisthène, auteur des Successions des philosophes, LF 89 (1966) 341–364, bes. 351–355; J. Mejer, Diogenes Laertius and his hellenistic background, Wiesbaden 1978, 38–39; ders., Demetrius of Magnesia: On poets and authors of the same name, Hermes 109 (1981) 447–472; zuletzt F. Aronadio: Due fonti laerziane: Sozione e Demetrio di Magnesia, Elenchos 11 (1990) 203–255.
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seiner Werke und dem rhetorischen Lehrbuch Über den Stil in vielerlei Hinsicht aufweisen lassen – von auffälligen Eigentümlichkeiten in Sprache, Stil und rhetorischer Begrifflichkeit über die Bandbreite des literarischen Interesses bis hin zur Kenntnis entlegener historischer Details. Zunächst zu den biographischen Daten des Demetrios v. Magnesia. Es ist nicht mehr zu eruieren, aus welcher der verschiedenen antiken Städte mit dem Namen Magnesia dieser Mann stammte. Seine ungefähre Lebenszeit jedoch läßt sich noch aus den Briefen Ciceros an Atticus erschließen. Cicero entlieh sich aus dem Bücherschatz des Atticus mindestens zweimal Schriften des Demetrios v. Magnesia, zuerst im Jahre 55 v. Chr. ein Werk, dessen Titel von Cicero nicht genannt wird21, sodann im Jahre 49 v. Chr. ein Buch Über die Eintracht (per‹ ımono¤aw), das Cicero angesichts des drohenden römischen Bürgerkriegs für eine an Caesar und Pompeius gerichtete Mahnschrift zum Frieden verwerten wollte und das Demetrios v. Magnesia offenbar dem Atticus gewidmet hatte22. Aus den Abfassungsdaten der Briefe Ciceros und aus der in ihnen angedeuteten persönlichen Bekanntschaft des Atticus mit Demetrios v. Magnesia ist zu schließen, daß Demetrios in den ersten Jahrzehnten des 1. Jhs. v. Chr. gelebt und vermutlich zu jener Schicht gebildeter Griechen gehört hat, die der interessierten römischen Elite die Errungenschaften der griechischen Kultur vermittelten. Unsicher bleibt, an welchem Ort Demetrios gelebt und gewirkt hat. Eine naheliegende Annahme ist die, daß er den Römer Atticus bei dessen Aufenthalt in Athen in den Jahren nach 86 v. Chr. kennenlernte23. Auf das Lebensende des Demetrios weist erstmals eine Bemerkung in der Schrift des Dionysios v. Halikarnass Über Deinarchos, Demetrios v. Magnesia sei als Polyhistor berühmt gewesen24. An der Wahl des Vergangenheitstempus ist zu erkennen, daß Demetrios in den Jahren nach 30 v. Chr., als Dionysios v. Hali21) Vgl. dazu unten S. 271 Anm. 84. 22) Cic. Att. 4,13,2; 8,11,7; 8,12,6; 9,10,2. 23) Zu Atticus vgl. kurz den Artikel von M. Deißmann-Merten, Pomponius (4) = Titus Pomponius Atticus, KlPauly IV (1972) 1034–1035 (mit weiterer Literatur). 24) D. H. Din. 1: éllå DhmÆtriow ı Mãgnhw, ˘w ¶doje gen°syai polu˝stvr ktl. Die Bemerkung legt die Vermutung nahe, daß Demetrios v. Magnesia nicht identisch gewesen ist mit jenem Demetrios, dem Dionysios v. Halikarnass seine Abhandlung Über die Nachahmung widmete und in dem einige Forscher den Verfasser von per‹ •rmhne¤aw vermutet haben (vgl. oben Anm. 9).
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karnass seine Abhandlung schrieb25, offenbar schon längere Zeit nicht mehr am Leben war. All das sind nur winzige biographische Splitter, und doch reichen sie aus, um eine erste Verbindungslinie zu dem Buch Über den Stil zu ziehen. Denn es scheint möglich, daß die Stadt Athen zu Anfang des 1. Jhs. v. Chr. nicht nur der Ort der Entstehung von per‹ •rmhne¤aw war26, sondern gleichzeitig auch die Wirkungsstätte des Demetrios v. Magnesia. a) per‹ •rmhne¤aw und per‹ ımono¤aw Weitere Berührungen zwischen Demetrios v. Magnesia und dem Traktat Über den Stil ergeben sich aus dem gemeinsamen Interesse an dem Thema ‚Eintracht‘. Das Buch des Demetrios Über die Eintracht ist gänzlich verloren, doch angesichts der bibliothekarischen Gelehrsamkeit, die Demetrios in den noch erhaltenen Resten seiner sonstigen Schriften überall an den Tag legt, ist die Vermutung nicht unbegründet, daß per‹ ımono¤aw trotz des ethischen und politischen Gegenstands keine streng philosophische Abhandlung, sondern eher eine nach gewissen Gesichtspunkten angelegte „Sammlung historischer Beispiele“ war27. Auf eine eben solche mehr historisch-literarische und nicht so sehr philosophisch sachgerichtete Weise scheint sich aber auch der Verfasser des Traktats Über den Stil mit dem Thema ‚Eintracht‘ befaßt zu haben. Denn in einem Anhang zu seinen Darlegungen über den erhabenen Stil geht er kurz auf die Schwierigkeit ein, dichterische Ausdrücke in die Sprache der Prosa zu übernehmen, und bringt das folgende Beispiel aus Thukydides für eine gelungene Adaptation Homers: Während in der Sprache des Epos das Beiwort für Inseln per¤rrutow (‚umflutet‘) dazu diene, das Größenverhältnis zwischen den Inseln und dem weiten Meer zu veranschaulichen, sei der Gebrauch des Wortes an einer Stelle bei Thukydides – gemeint ist offenbar die Rede des Syrakusaners Hermokrates an die Sizilier – von einem ganz andersartigen Gesichtspunkt geleitet: Bei Thukydides weise der Redner mit dem homerischen per¤rrutow auf die räumliche Trennung Siziliens vom Festland und von der übrigen Welt hin, um 25) Vgl. oben Anm. 16. 26) Vgl. oben S. 246 und Chiron (wie Anm. 1) xxxvii–xxxviii. 27) Vgl. Schwartz (wie Anm. 20) 2814.
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die Bewohner der Insel zur Eintracht zu bewegen28. Die Vermutung, daß sich der Autor des Traktats Über den Stil an diese Stelle bei Thukydides möglicherweise infolge einer eigenen Materialsammlung zum Thema ‚Eintracht‘ erinnert, liegt deshalb nicht fern, weil er den Begriff ımÒnoia, mit dem er den tieferen Sinn von per¤rrutow zu klären versucht, allererst interpretierend an die Rede des Hermokrates heranträgt. Im Text des Thukydides geht es zwar um Einheit und Zusammenhalt, das Wort ımÒnoia kommt aber nicht vor. Und überhaupt ist es doch einigermaßen verwunderlich, daß der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw die von ihm angesprochene stilistische Schwierigkeit, für die ihm die griechische Prosaliteratur noch eine Vielzahl anderer geeigneter Beispiele bieten kann, ausgerechnet an Hand einer Belegstelle veranschaulicht, die inhaltlich auf eine so subtile und nicht unmittelbar zu entdeckende Weise mit dem Gesichtspunkt der ımÒnoia verbunden ist. Es ist zuzugeben, daß mit einer derart punktuellen inhaltlichen Berührung zwischen per‹ •rmhne¤aw und per‹ ımono¤aw, mag sie auch noch so merkwürdig anmuten, noch längst nicht erwiesen ist, daß Demetrios v. Magnesia tatsächlich der Verfasser sowohl des einen als auch des anderen der beiden Bücher war. Nur wird der Fall noch häufiger zu beobachten sein, daß der Autor von per‹ •rmhne¤aw zur Illustration von Stilphänomenen Zitate aus der griechischen Literatur auswählt, die sich in auffälliger Weise auf Gegenstände beziehen, welche auch Demetrios v. Magnesia in seinen Schriften behandelt. b) per‹ •rmhne¤aw und per‹ ımvnÊmvn poiht«n te ka‹ suggraf°vn Von der literarischen Produktion des Demetrios v. Magnesia sind außer dem Buch Über die Eintracht ansonsten nur noch zwei größere Nachschlagewerke bekannt, in denen zum einen Städte und zum andern Dichter und Prosaschriftsteller präsentiert wurden, welche den gleichen Namen trugen und daher leicht zu verwechseln waren. Da eine derartige Unterscheidung von Homonymen, wenn 28) Vgl. per‹ •rmhne¤aw § 112–113 zu Hom. Od. 19,172–173 und zu Thuk. 4,64,3 (dazu die Apparate und Kommentare der in Anm. 1 genannten Textausgaben): ı m¢n [sc. ÜOmhrow] dØ §p‹ toË meg°youw §xrÆsato t“ ‚per¤rrutow‘, ı d¢ Youkud¤dhw ımonoe›n toÁw Sikeli≈taw kalÚn o‡etai e‰nai [. . .] oÈx …w prÚw m°geyow, éllå prÚw ımÒnoian [. . .] §xrÆsato (der Text nach der Ausgabe von Innes [wie Anm. 1]).
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sie umfassend und gründlich gearbeitet war, für den mit dem Hellenismus entstandenen Literatur- und Bildungsbetrieb ein wertvolles Handwerkszeug darstellte, wurden die beiden Kompendien des Demetrios bis weit in die Spätantike vielfach benutzt. Für den Vergleich mit dem Traktat Über den Stil ist interessant vor allem das Werk Über Dichter und Prosaschriftsteller gleichen Namens (per‹ ımvnÊmvn poiht«n te ka‹ suggraf°vn, oft verkürzt zitiert als tå ım≈numa o. ä.). Von diesem Werk haben sich – abgesehen von vereinzelten Resten im Corpus der plutarchischen Schriften, bei Athenaios und im attizistischen Lexikon von Harpokration – vor allem in den Philosophenviten des Diogenes Laertios eine größere Zahl von Exzerpten erhalten, zu denen als das eindrucksvollste und aufschlußreichste Fragment noch ein langer wörtlicher Auszug zu Beginn der Abhandlung des Dionysios v. Halikarnass über den attischen Redner Deinarchos hinzukommt29. 29) Die insgesamt 31 Fragmente, die durch die Nennung des Namens zweifelsfrei für Demetrios v. Magnesia gesichert sind, finden sich gesammelt und kommentiert in dem Hermes-Artikel von Mejer (wie Anm. 20; die Fragmente im Folgenden zitiert: F Mejer). Auf eine ganze Reihe weiterer, z. T. recht entlegener Fundstellen von Fragmenten aus dem Homonymenwerk des Demetrios v. Magnesia verweisen Mejer (wie Anm. 20) 449 Anm. 4 sowie Crönert (wie Anm. 20) 134, dessen Angaben jedoch überprüft werden müssen. In den von Crönert nur summarisch genannten Aristophanesscholien z. B. wird des öfteren ein Autor Demetrios erwähnt (Schol. Vesp. 240; Ran. 78, 184, 308, 970, 990, 1196 bei F. Dübner, Scholia Graeca in Aristophanem, Paris 1842), doch wäre jeweils zu klären, ob es sich bei ihm tatsächlich um Demetrios v. Magnesia handelt oder etwa um den andernorts in den Scholien unter seinem Beinamen aufgeführten alexandrinischen Grammatiker DhmÆtriow ı ÉIj¤vn (zu ihm J. Brzoska, Demetrios [101], RE IV,2 [1901] 2845–2847). Auch in den Philosophenviten des Diogenes Laertios dürften von Demetrios v. Magnesia zusätzlich zu den 22 bei Mejer verzeichneten Bruchstücken noch zahlreiche weitere Auszüge aus per‹ ımvnÊmvn poiht«n te ka‹ suggraf°vn enthalten sein. Mit Demetrios als Vorlage ist bei Diogenes Laertios fast immer in bibliothekarisch-pinakographischen Zusammenhängen zu rechnen, also dort, wo Werktitel und homonyme Autoren aufgelistet und mit begleitenden Anmerkungen versehen werden. Zum Problem der Vermengung verschiedener Quellen in den Homonymenlisten und überhaupt zur Frage der Abgrenzung der Demetrios-Fragmente bei Diogenes Laertios vgl. die oben Anm. 20 angegebene Literatur. Die von der quellenanalytischen Forschung des 19. Jhs. aufgeworfene Frage, ob Diogenes Laertios das Originalwerk des Demetrios v. Magnesia oder eine spätere überarbeitete Fassung gelesen hat, ist für die Beweisführungen des vorliegenden Aufsatzes unerheblich und in den Beiträgen von Janda und Mejer (wie Anm. 20) überzeugend dahingehend beantwortet, daß Diogenes Laertios vielleicht auch spätere Fassungen, in jedem Fall aber das Originalwerk zur Hand hatte. Im Folgenden werden aus Diogenes Laertios zur Sicherheit überwiegend solche Stellen herangezogen, an denen Demetrios v. Magnesia ausdrücklich als Quelle genannt ist.
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Wie schon bei der flüchtigen Durchsicht jener Zeugnisse deutlich wird, bestand das Werk des Demetrios keineswegs nur aus dürren pinakographischen Verzeichnissen, in denen Dichter und Schriftsteller gleichen Namens mit den von ihnen geschriebenen Büchern aufgelistet waren. Demetrios machte, wenn möglich, auch biographische Angaben gerade zu den bedeutenderen Autoren, wobei er, wie es für die biographische Literatur der hellenistischen Zeit kennzeichnend ist, besonders im Bereich der anekdotischen Überlieferung eine Vorliebe für entlegene Varianten und bizarre Details verrät – jedenfalls werden seine Angaben bei den Autoren, die ihn zitieren, fast immer dem Hauptstrom der Überlieferung als vereinzelte Abweichungen entgegengehalten30. Was bei der Suche nach dem Verfasser des rhetorischen Traktats Über den Stil nun aber die stärkste Aufmerksamkeit erregen muß, ist die Tatsache, daß Demetrios v. Magnesia zu den von ihm behandelten homonymen Dichtern und Prosaautoren immer wieder auch kritische Stilurteile abgab, sei es in Form einer kurzen begrifflichen Einordnung oder eines länger ausgeführten Vergleichs zwischen zwei Schriftstellern nach Art einer sÊgkrisiw31. Dabei scheinen ihm seine sprachlichen und stilistischen Beobachtungen insbesondere auch dazu gedient zu haben, bei der Auflistung der Werke einzelner Autoren echtheitskritische Entscheidungen zu begründen32. Die richtige Zuordnung der Texte zu ihren Verfassern dürfte geradezu eines der Hauptanliegen des Demetrios bei der unterscheidenden Behandlung gleichnamiger Autoren gewesen sein, und vermutlich galt er auf diesem Feld der Philologie wenn nicht als eine Autorität, so doch immerhin als eine einschlägige Adresse; denn das erklärt am ehesten, weshalb Dionysios v. Halikarnass die Ausführungen des Demetrios über Deinarchos als Ausgangspunkt für eine philologisch-kritische Sichtung der Werke des attischen Redners gewählt hat. In dem aber, was so weit von dem Nachschlagewerk per‹ ımvnÊmvn poiht«n te ka‹ suggraf°vn an Hand der erhaltenen Reste noch auszumachen ist, deuten sich bereits die nächsten Gemeinsamkeiten zwischen Demetrios v. Magnesia und dem Ver30) Vgl. Schwartz (wie Anm. 20) 2816–2817. 31) Letzteres vor allem in dem Auszug bei D. H. Din. 1 (= F 1 Mejer), wo Demetrios den Redner Deinarchos zuerst mit Hypereides und später mit Demosthenes vergleicht. 32) Vgl. D. H. Din. 1; D. L. 1,112; 2,57; 8,84 (= F 1, 10, 14, 25 Mejer).
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fasser von per‹ •rmhne¤aw an: Beide Autoren stehen bei dem gelehrten Umgang mit Sprache und Literatur erkennbar unter dem Einfluß der peripatetischen Schule. Denn während der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw, wie bemerkt, teilweise an die aristotelische und theophrastische Rhetorik anknüpft, verbindet Demetrios v. Magnesia – darin vielen anderen Gelehrten hellenistischer Zeit wie etwa Hermippos, Satyros oder Sotion ähnlich33 – breit angelegte literaturhistorische Forschungen mit einem sensationsgierigen Interesse an der Lebensgeschichte der berühmten Autoren, wie es vor allem für den Geist der peripatetischen Biographie charakteristisch ist34. Die auffälligste Gemeinsamkeit zwischen den beiden Autoren ist zweifellos aber die, daß sie jeweils das gesamte Feld der griechischen Literatur abdecken und dabei Werke und Autoren aller Gattungen, vom archaischen Epos bis zur alexandrinischen Dichtung, einer ästhetischen Beurteilung unterwerfen, die an Gesichtspunkten des sprachlichen Stils orientiert ist. Gewisse Unterschiede ergeben sich nur aus den jeweils anders gerichteten Zielsetzungen von theoretisch-systematischer und historisch-deskriptiver Stilistik: Während der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw aus den konkreten Textbeispielen, die ihm die Dichter und Schriftsteller der griechischen Literatur bieten, die allgemeinen begrifflichen Einteilungen seiner Stillehre gewinnt, nutzt Demetrios v. Magnesia in seinem Homonymenlexikon umgekehrt das Instrument einer bereits vorhandenen stilkundlichen Begrifflichkeit als Raster für die unterscheidende Behandlung der gleichnamigen Dichter und Schriftsteller. Damit zunächst einmal das, was zu der umfassenden Belesenheit der beiden Autoren gesagt wurde, durch Belege untermauert wird, sei ein Überblick über diejenigen griechischen Dichter und Schriftsteller gegeben, mit denen sich sowohl der Verfasser des Traktats Über den Stil als auch Demetrios v. Magnesia vertraut zeigt. Eine besondere Gruppe von Autoren, an deren Behandlung sich nicht nur in per‹ •rmhne¤aw, sondern auch bei Demetrios v. Magnesia so etwas wie eine attizistische Tendenz ablesen läßt, bilden die attischen Redner. Der Verfasser von Über den Stil zitiert
33) Zu ihnen vgl. einführend Wehrli (wie Anm. 1) 583–587. 34) Vgl. Schwartz (wie Anm. 20) 2816.
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vor allem aus Demosthenes, seltener aus Aischines, Isokrates und Lysias, nur einmal jeweils aus Antiphon und – vermutlich – aus Hypereides; einen gesonderten Abschnitt widmet er jedoch dem vergleichsweise unbekannten und wenig beachteten Demades35. Für Demetrios v. Magnesia läßt sich aus den Resten seiner ım≈numa ebenfalls eine eingehende Beschäftigung mit Demosthenes und dessen Biographie, ferner mit Isaios, Deinarchos, Hypereides und Aischines erschließen36. Was Demetrios v. Magnesia demnach mit dem Verfasser des Lehrbuchs Über den Stil teilt, ist die Vorliebe für Demosthenes37 sowie eine gewisse Vertrautheit mit Aischines und Hypereides. Was die griechischen Dichter angeht, sind aus dem Homonymenwerk des Demetrios leider nur geringe Bruchstücke überliefert, die dafür aber um so stärker die Vermutung nahelegen, daß der Mann aus Magnesia der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw gewesen sein könnte. Bei einem derart in der griechischen Literatur bewanderten Gelehrten wie ihm darf es fast schon als selbstverständlich vorausgesetzt werden, daß er sich intensiv mit den Werken Homers befaßt hat. So gehen möglicherweise die noch existierenden Homonymenlisten zu dem Namen Homer auf ihn zurück38. Doch auf die 35) Zu Demades per‹ •rmhne¤aw § 282–286; für die übrigen Zitate vgl. die Indices der in Anm. 1 genannten Textausgaben. 36) Vgl. D. H. Din. 1 (zu Deinarchos, Demosthenes, Hypereides); Plut. Dem. 15, 27, 28 sowie Ps.-Plut. Vitae X or. 847a (zu Demosthenes); Harp. und Suda jeweils s. v. ÉIsa›ow; die genannten Belegstellen = F 1 – F 6b Mejer. Für die Annahme, daß Demetrios v. Magnesia sich außerdem mit dem Redner Aischines befaßt hat, sei verwiesen auf Crönert (wie Anm. 20) 134 und auf die Homonymenliste zu dem Sokratesschüler Aischines v. Sphettos bei D. L. 2,64, die vermutlich auf Demetrios v. Magnesia zurückgeht. – Weitere mögliche Fragmente von Demetrios v. Magnesia, die sich auf die attischen Redner beziehen, finden sich bei F. Wehrli (Hrsg.), Die Schule des Aristoteles. Bd. IV: Demetrios von Phaleron, 2., erg. u. verbess. Aufl. Basel, Stuttgart 1968: Fr. 133 = Plut. Dem. 14 zu Demosthenes; Fr. 154 aus der Vita des Isokrates; Fr. 207 = Photios Lex. s. v. ÉIsa›ow, wie oben Harp. und Suda; ferner als Fr. 134 aufgenommen die oben genannte Stelle Plut. Dem. 28 = F 5 Mejer. Schon Wehrli hat in seinen Kommentaren hinreichend deutlich gemacht, daß diese vier Bruchstücke nicht unbedingt Demetrios v. Phaleron, sondern möglicherweise einem anderen Demetrios gehören. 37) Am deutlichsten offenbart sich jene Vorliebe an der Rede des Demosthenes Gegen Leptines, deren Anfang der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw gleich mehrfach zitiert (§ 10, 11, 20, 245) und für die sich Demetrios v. Magnesia wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Biographie des Demosthenes interessierte (vgl. Plut. Dem. 15 = F 2 Mejer). 38) Vgl. Crönert (wie Anm. 20) 134.
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detaillierte Kenntnis der Epen deutet vor allem der bei Dionysios v. Halikarnass erhaltene Auszug über den Redner Deinarchos39, in dem Demetrios v. Magnesia seine eigene Bemerkung, daß Deinarchos an Anmut dem Hypereides nicht nachstand, durch ein Zitat aus der Ilias Homers noch steigert: „Und er hätte ihn fürwahr überholt“ (ka¤ nÊ ken µ par°lassen40). Ähnlich kennt auch der Verfasser des Lehrbuchs Über den Stil, wie zahlreiche Zitate belegen, seinen Homer fast in- und auswendig, und doch mutet es höchst sonderbar an, daß ihm die gleiche Szene aus dem Wagenrennen bei den Leichenspielen für Patroklos, auf die Demetrios v. Magnesia mit seinem Zitat zu Deinarchos anspielt, ebenfalls bestens in Erinnerung ist, denn gerade an ihr illustriert er, was er innerhalb des schlichten Stils unter Anschaulichkeit (§nãrgeia) versteht41. Wie im Falle der gemeinsamen Berührung des Themas ‚Eintracht‘42 ist auch hier einzuräumen, daß das Zitieren der gleichen Homerstelle, zumal bei ausgewiesenen Kennern der griechischen Literatur, für sich allein noch nicht beweist, daß der eine Zitierende mit dem anderen identisch ist. Doch wird die Identitätshypothese mit der allmählichen Anhäufung derartiger Beispiele nicht eben unwahrscheinlicher. Abgesehen von Homer läßt sich, wenn auch unter gewissen Vorbehalten, noch für zwei weitere griechische Dichter wahrscheinlich machen, daß sie nicht nur in dem Buch Über den Stil, sondern auch in dem Homonymenwerk des Demetrios v. Magnesia behandelt wurden. Der eine ist der frühgriechische Hinkiambendichter Hipponax, der in per‹ •rmhne¤aw zweimal erwähnt43 und in einer Homonymenliste bei Diogenes Laertios, welche möglicherweise von Demetrios v. Magnesia stammt, als Quelle für die Angaben zu einem Bildhauer namens Bion angeführt wird44. Der zweite Dichter ist Aristophanes, mehrfach zitiert in per‹ •rmhne¤aw45, nach Ausweis der Scholien zu den Komödien aber möglicherweise auch eingehend traktiert von Demetrios v. Magne39) 40) 41) 379–380. 42) 43) 44) 45)
D. H. Din. 1 (= F 1 Mejer). Hom. Il. 23,382. Vgl. per‹ •rmhne¤aw § 209–220, bes. 210 mit Zitaten aus Hom. Il. 23, Vgl. oben S. 250f. per‹ •rmhne¤aw § 132, 301. D. L. 4,58. per‹ •rmhne¤aw § 150, 152, 160–161.
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sia46. Wenn nur einige der Scholien für den Verfasser der ım≈numa gesichert werden können, wären sie ein weiteres Beweisstück für die Annahme, daß er möglicherweise auch das Buch Über den Stil geschrieben hat. Denn die Scholien, in denen von einem Aristophanes-Experten namens Demetrios die Rede ist, finden sich unverhältnismäßig gehäuft zu dem Stück Die Frösche. Und der Redewettkampf zwischen den Bühnenfiguren Aischylos und Euripides in diesem Stück ist der locus classicus für die Unterscheidung des erhabenen und des schlichten Stils, mit der sich der Autor des Traktats Über den Stil bei der Einführung seiner eigenen Lehre von den vier Stilarten auseinandersetzt47. Es liegt an den Zufällen der Überlieferung, wenn durch Diogenes Laertios und seinen Sammlerfleiß beim Exzerpieren die bei weitem größte Gruppe von Bruchstücken aus dem Homonymenwerk des Demetrios v. Magnesia von denjenigen Fragmenten gebildet wird, die sich auf griechische Philosophen beziehen, während der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw seinerseits nur auf eine kleine Auswahl von philosophischen Denkern zu sprechen kommt, die ihm aus stilkritischer Sicht bemerkenswert erscheinen48. Doch trotz des Unterschieds in der Verteilung der zu vergleichenden Textstellen werden auch so noch gewisse Präferenzen sichtbar, die beiden Autoren, Demetrios v. Magnesia und dem Autor von per‹ •rmhne¤aw, bei den Philosophen gemeinsam sind: Aus der geistigen Nähe zum Peripatos erklärt es sich, wenn sich beide Autoren mit Aristoteles und einigen seiner Schüler wie etwa Demetrios v. Phaleron befassen49. Auffällig ist aber, daß nicht nur Demetrios v. Magnesia mit seinem Hang zu entlegenen Anek46) Vgl. oben Anm. 29. 47) per‹ •rmhne¤aw § 36–37; dazu kurz Innes (wie Anm. 1) 324. Vgl. auch oben S. 246 und unten S. 264. – Denkbar wäre übrigens auch, daß die AristophanesScholien, wenn denn einige von ihnen wirklich dem Demetrios v. Magnesia gehören, nicht aus den ım≈numa, sondern aus einem verlorenen Komödien-Kommentar stammen. 48) So z. B. auf den ‚dunklen‘ Aphoristiker Heraklit in per‹ •rmhne¤aw § 192; zu demselben Heraklit Demetrios v. Magnesia bei D. L. 9,15 (= F 27 Mejer). 49) Vgl. Demetrios v. Magnesia bei D. L. 5,3 zu Aristoteles, 5,75.83–85 zu Demetrios v. Phaleron (= F 15–17 Mejer); für die Bezugnahmen von per‹ •rmhne¤aw auf Aristoteles und seine Schüler Demetrios v. Phaleron, Dikaiarchos und Theophrast sowie auf spätere Peripatetiker wie Artemon und Praxiphanes und überhaupt auf die peripatetische Schule vgl. die Indices der in Anm. 1 genannten Textausgaben.
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doten, sondern auch der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw, der in seiner stilkundlichen Abhandlung nur selten einen Anlaß für historisch-biographische Mitteilungen hat, mit Geschichten über den Tyrannen Hermeias v. Atarneus aufwartet, an dessen Hof sich Aristoteles zeitweilig aufhielt50. Über das Verhältnis von Aristoteles zu dem Tyrannen Hermeias hat Apellikon v. Teos, der oben bereits erwähnte Entdecker des schriftlichen Nachlasses des Aristoteles51, ein gesondertes Buch verfaßt52, und zwar vermutlich um das Jahr 100 v. Chr., nachdem er die wiedergefundenen Schriften des Aristoteles in seine eigene Bibliothek nach Athen gebracht und für die Biographie des Philosophen ausgewertet hatte. Das aber legt die Vermutung nahe, daß Apellikons Entdeckung von Werken des Aristoteles historisch und sachlich die Voraussetzung sowohl für gewisse Angaben in dem Lehrbuch Über den Stil als auch in dem Homonymenlexikon des Demetrios v. Magnesia gewesen ist. Und das könnte ein weiteres Indiz für die Annahme sein, daß Demetrios v. Magnesia der Verfasser sowohl des einen als auch des anderen der beiden Texte war, zumal wenn man annimmt, daß die Bekanntschaft mit Apellikon und seinem Fund aristotelischer Schriften zunächst beschränkt war auf den engen Kreis derer, die nach dem Jahr 100 v. Chr. zum Umfeld der peripatetischen Schule in Athen gehörten. Neben den Peripatetikern gibt es noch zwei weitere Gruppen von Denkern, denen sowohl der Autor von per‹ •rmhne¤aw als auch Demetrios v. Magnesia nachweislich besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat. Die eine Gruppe sind die Schüler des Sokrates. Von ihnen hat Demetrios v. Magnesia, wenn ihm die entsprechenden Homonymenlisten bei Diogenes Laertios zuzuschreiben sind, wenigstens Aischines v. Sphettos, Antisthenes und Aristipp behandelt, vor allem aber Xenophon53, zu dessen Biographie er aus einer Rede des Deinarchos einige nicht unwichtige Einzelheiten zu erschließen vermochte54. Bei dem Autor von per‹ •rmhne¤aw begegnet nahezu das gleiche Verhältnis: Aischines und 50) Demetrios v. Magnesia bei D. L. 5,3 (= F 15 Mejer); per‹ •rmhne¤aw § 293. 51) Vgl. oben S. 245. 52) Vgl. Chiron (wie Anm. 1) xxxvii–xxxviii im Anschluß an Düring (wie Anm. 12) 272–283, bes. 277–279 (T 16, 18, 19), 375 (T 58 l). 53) Vgl. Demetrios v. Magnesia bei D. L. 2,52.56–57 zu Xenophon (= F 12– 14 Mejer), 2,64 zu Aischines v. Sphettos, 2,83 zu Aristipp, 6,19 zu Antisthenes. 54) Vgl. dazu v. Wilamowitz-Moellendorff (wie Anm. 20) 330–336.
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Aristipp werden bei ihm mehrmals erwähnt, Antisthenes immerhin einmal, und der Gattung des sokratischen Dialogs ist ein eigener Passus gewidmet55. Zu den am häufigsten zitierten Schriftstellern in per‹ •rmhne¤aw zählt aber – vielleicht das deutlichste Zeichen für die attizistische Tendenz dieses Traktats – Xenophon, von dessen Werken fast ausschließlich die Anabasis angeführt wird, also derjenige Text, der für das Leben Xenophons am aufschlußreichsten ist. Damit läßt sich aber auch hier wieder bei dem Verfasser des Traktats Über den Stil eine Interessenlage beobachten, die mit derjenigen des Demetrios v. Magnesia in eigentümlicher Weise kongruiert. Kaum anders ist es bei der zweiten Gruppe von Denkern, den Enkelschülern des Sokrates, den Kynikern: Zu ihnen finden sich Angaben des Demetrios v. Magnesia bei Diogenes Laertios in den Viten des Diogenes v. Sinope, Onesikritos und Krates56. Ganz ähnlich scheint aber auch der Autor von per‹ •rmhne¤aw geradezu ein Faible für die Kyniker zu haben, denn mit ihnen beschäftigt er sich in zwei Exkursen über das Komische und über den kynischen Witz, wobei er mehrfach Diogenes und Krates zitiert57. Nachdem so, was sowohl den Umfang als auch einzelne Besonderheiten betrifft, die auffällige Übereinstimmung in den literarischen Neigungen und Interessen des Demetrios v. Magnesia und des Verfassers von per‹ •rmhne¤aw nachgewiesen ist, kann als nächster Schritt der Vergleich der stilkritischen Begrifflichkeit folgen, derer sich die beiden Autoren in ihren literarästhetischen Urteilen über andere Schriftsteller bedienen. Doch es genügt bereits ein kurzer Blick auf die bei Dionysios v. Halikarnass erhaltenen Anmerkungen des Demetrios v. Magnesia zu dem attischen Redner Deinarchos, um zu erkennen, daß Demetrios v. Magnesia in der von Aristoteles herkommenden und schon über mehrere 55) per‹ •rmhne¤aw § 297–298; für die übrigen Belegstellen vgl. die Indices der in Anm. 1 genannten Textausgaben. 56) D. L. 6,79 zu Diogenes v. Sinope, 6,84 zu Onesikritos, 6,88 zu Krates (= F 19–21 Mejer; vgl. auch die Homonymenliste D. L. 4,23 zu dem Akademiker Krates). 57) per‹ •rmhne¤aw § 163–172, bes. 170–171 zu Krates; 259–262 zu Diogenes und Krates. Bei dem Zitat von Krates in § 259 handelt es sich übrigens um eine Parodie derselben Homerverse, auf die der Autor von per‹ •rmhne¤aw zuvor bereits im Zusammenhang mit dem dichterischen Wort per¤rrutow und dessen Aneignung durch Thukydides angespielt hatte (§ 113; vgl. oben S. 250f.).
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Jahrhunderte sich fortsetzenden Tradition der theoretisch begründeten Rhetorik augenscheinlich genauso zu Hause war wie der Autor des Traktats Über den Stil: Kaum ein Begriff in dem Urteil des Demetrios über Deinarchos, der nicht auch in per‹ •rmhne¤aw seinen systematischen Ort hätte oder sogar den Gegenstand längerer Abhandlungen bildete, sei es nun §nyÊmhma, xãriw oder piyanÒthw, von xaraktÆr und l°jiw ganz zu schweigen58. Besonderes Augenmerk verdient allerdings derjenige stiltheoretische Begriff, der bislang wie kaum ein anderer als ein sprachliches Indiz für die Datierung von per‹ •rmhne¤aw herangezogen wurde59. Als den schlechten Gegensatz zum glatten Stil (xaraktØr glafurÒw) beschreibt der Autor von per‹ •rmhne¤aw ein affektiertes und prätentiöses Streben nach Eleganz, das den jeweils darzustellenden Gegenständen nicht angemessen sei. Für diese fehlgeleitete Richtung des Stils übernimmt der Autor einen Ausdruck, der – seiner eigenen Aussage zufolge – damals noch recht neu, aber doch schon in der Alltagssprache oder sogar in der Fachsprache der Rhetorik als ein gängiges ˆnoma koinÒn verbreitet war, nämlich das Adjektiv kakÒzhlow mit dem zugehörigen Substantiv kakozhl¤a, die beide einen falschen Ehrgeiz und einen übertriebenen Eifer bei der Nachahmung bezeichnen60. Während die beiden Wörter in der Schrift Über den Stil durch die Einordnung in das klassifikatorische Schema der vier Hauptarten des Stils und der diesen jeweils zugeordneten Verfallsformen in ihrem Bedeutungsund Anwendungsspektrum näher eingegrenzt erscheinen, begegnen sie an den sonstigen Belegstellen in der antiken Literatur – und dabei handelt es sich nahezu ausschließlich um grammatische und rhetorische Texte der römischen Kaiserzeit – als attizistische Schlagwörter, mit denen in weiterer Bedeutung alle sprachlichen Extravaganzen, die für den Stil des vom Attizismus bekämpften 58) Zu den ersten drei Begriffen vgl. die einschlägigen Abschnitte in per‹ •rmhne¤aw 30–33, 128–185, 221–222; ansonsten vgl. die im Demetrios-Exzerpt bei D. H. Din. 1 (= F 1 Mejer) vorkommenden rhetorischen Begriffe, also etwa auch ±yikÒw, pãyow, sx∞ma oder kÊriow, mit dem Index verborum bei Chiron (wie Anm. 1). 59) Vgl. bes. Roberts (wie Anm. 1) 55; Grube (wie Anm. 1) 141; Schenkeveld (wie Anm. 1) 86–87; Innes (wie Anm. 1) 321. 60) per‹ •rmhne¤aw § 186–189, bes. 186: t“ glafur“ parãkeita¤ tiw dihmarthm°now [sc. xaraktÆr]. Ùnomãzv d¢ aÈtÚn t“ koin“ ÙnÒmati kakÒzhlon. Vgl. auch § 239: …w nËn Ùnomãzomen kakÒzhlon [. . .] tØn nËn ˆnoma ¶xousan jhrokakozhl¤an (der Text nach der Ausgabe von Innes [wie Anm. 1]).
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Asianismus charakteristisch sind, als schwülstig, übertrieben und gesucht bezeichnet werden können61. Die Angabe des Autors von per‹ •rmhne¤aw, daß kakÒzhlow und kakozhl¤a zu seiner Zeit neu aufgekommene Ausdrücke waren, deutet zusammen mit der engen spezialisierten Bedeutung, die er ihnen gibt, darauf hin, daß die Abhandlung Über den Stil wahrscheinlich noch geschrieben wurde, ehe kakÒzhlow und kakozhl¤a zu zentralen Begriffen in der Auseinandersetzung zwischen Attizisten und Asianern wurden – also noch vor dem Ende des 1. Jhs. v. Chr. Damit aber ist der Traktat Über den Stil wahrscheinlich die früheste Belegstelle für den rhetorisch-technischen Gebrauch der Wörter kakÒzhlow und kakozhl¤a überhaupt. Und das wiederum kann nicht nur als ein weiterer Hinweis auf die vergleichsweise frühe Abfassungszeit von per‹ •rmhne¤aw dienen; es ist beinahe soviel wie der persönliche Fingerabdruck, an dem der Verfasser des Lehrbuchs Über den Stil mit dem höchsten Grad an philologischer Evidenz, der in Anbetracht der Überlieferungslage überhaupt erreichbar ist, identifiziert werden kann. Denn die einzige weitere Stelle, an der das Wort kakÒzhlow in der antiken Literatur ebenfalls in so früher Zeit, also um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. oder noch vorher, als stilkritischer Fachausdruck begegnet, ist eine Homonymenliste zu dem Namen ‚Thales‘, von der Diogenes Laertios in seiner Vita des Thales v. Milet ausdrücklich sagt, daß sie dem Homonymenlexi61) In der griechischen Literatur findet sich das Adjektiv kakÒzhlow nur an wenigen Stellen; zu nennen sind vor allem die kaiserzeitlichen Rhetoren Ps.Longin. per‹ Ïcouw 3,4 und Hermog. Inv. 4,12. Noch seltener ist das Substantiv kakozhl¤a, das einmal im 2. Jh. v. Chr. bei Polybios 10,22,10 als varia lectio für kakozhlvs¤a in der wörtlichen Bedeutung ‚falscher Eifer‘ in einem militärischen (also keinem rhetorischen) Kontext begegnet und danach erst wieder bei Lukian, Salt. 82 vorkommt. Ungleich häufiger anzutreffen sind cacozelus und cacozelia indes als griechische Fremdwörter bei grammatischen und rhetorischen Fachschriftstellern in der lateinischen Literatur; für Belegstellen, die von Seneca maior (ca. 55 v. Chr.–40 n. Chr.) über Quintilian (ca. 35–100 n. Chr.) bis zu Diomedes (4. Jh. n. Chr.) reichen, vgl. außer den besseren lateinischen Wörterbüchern bes. Grube (wie Anm. 1) 141; sowie für den Zusammenhang mit dem literarästhetischen Streit zwischen Asianismus und Attizismus E. Norden, Die antike Kunstprosa. 1. Bd., 7., unveränd. Aufl. Darmstadt 1974, 69–70 mit Anm. 1 (mit weiterer Lit.) u. 251–300; U. v. Wilamowitz-Moellendorff, Asianismus und Atticismus, Hermes 35 (1900) 1– 52, bes. 28–29 mit Anm. 3. – Als zwei indirekte Zeugnisse dafür, daß kakÒzhlow erst in der Ära des Augustus als Modewort stärker benutzt wurde, sind wichtig Suet. Aug. 86 und Donat. Vita Virg. 44 (vgl. Norden 263–264 u. 263 Anm. 1; Innes [wie Anm. 1] 321).
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kon des Demetrios v. Magnesia entnommen sei. Und in dieser Liste erscheint an erster Stelle ein Rhetor namens Thales, der wegen seines Stils als kakÒzhlow bezeichnet wird62. Keine Frage, es ist immer noch denkbar, daß Demetrios v. Magnesia mit dem ebenfalls unter dem Namen Demetrios bekannten Verfasser der Abhandlung Über den Stil nicht identisch ist und daß beide Männer wenn auch etwa zur gleichen Zeit, so doch unabhängig voneinander den Ausdruck kakÒzhlow und andere stilkritische Fachbegriffe dem damaligen Vokabular der Rhetorik entlehnt haben. Angesichts der Seltenheit, mit der das Adjektiv kakÒzhlow in der antiken Literatur vor dem Beginn der römischen Kaiserzeit begegnet, neigt sich die Waage der Wahrscheinlichkeiten aber nun, zumal nachdem bereits so viele andere biographische und schriftstellerische Parallelen zwischen Demetrios v. Magnesia und dem Verfasser des Lehrbuchs Über den Stil aufgewiesen sind, doch mit starkem Gewicht der Annahme zu, daß es sich bei den beiden Autoren historisch um ein und dieselbe Person gehandelt hat. Und es lassen sich noch weitere Indizien anführen, die für die Annahme der Identität sprechen. Der Traktat Über den Stil ist dafür bekannt, daß er – dies eine Neuheit insbesondere gegenüber der peripatetischen Tradition – das erste rhetorische Werk der antiken Literatur ist, welches eine Theorie des Briefstils enthält63. Ein gesteigertes Interesse an der Gattung der Epistolographie ist aber auch bei Demetrios v. Magnesia zu beobachten, der, wie es scheint, die überlieferten Briefe der in seinen ım≈numa behandelten Dichter und Schriftsteller regelmäßig herangezogen und nötigenfalls unter echtheitskritischen Gesichtspunkten begutachtet hat64. Weiterhin ist auch nicht ohne Bedeutung, daß das Nachschlagewerk des Demetrios v. Magnesia mit den in ihm enthaltenen Titellisten und Werkverzeichnissen der Gattung der pinakographischen Literatur zuzurechnen ist, die sich im Hellenismus, seit der Dichtergelehrte Kallimachos seine berühmten P¤nakew für die Bibliothek von Alexandria angelegt hatte, immer stärker auszu62) D. L. 1,38 (= F 8 Mejer). 63) per‹ •rmhne¤aw § 223–235. 64) Vgl. Demetrios v. Magnesia bei Athenaios 13,611 B (= F 7 Mejer) und bei D. L. 1,112 (= F 10 Mejer).
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breiten begann65. Für pinakographische Texte ist es typisch, daß zusammen mit den Titeln etwa auch die Anfangssätze – das sogenannte ‚Incipit‘ – von literarischen Werken verzeichnet wurden. Mit Blick auf die Möglichkeit, daß Demetrios v. Magnesia der Verfasser des Lehrbuchs Über den Stil ist, erscheint nun bemerkenswert, daß sowohl er wie auch der Autor von per‹ •rmhne¤aw durch eine Art pinakographisches Gedächtnis auffallen. Denn in per‹ •rmhne¤aw werden mit einer erstaunlichen Häufigkeit gerade die Anfangszeilen bedeutender Werke der griechischen Literatur als Stilmuster zitiert66. Und durch Demetrios v. Magnesia wiederum sind in den Philosophenviten des Diogenes Laertios immerhin die Einleitungssätze zweier Schriften berühmter frühgriechischer Denker, des Philolaos und des Diogenes v. Apollonia, erhalten67. Das Zitat aus dem Werk des Diogenes v. Apollonia liefert dabei noch ein zusätzliches Indiz für die Vermutung, daß Demetrios v. Magnesia den Traktat Über den Stil geschrieben hat. Denn der Satz des Diogenes v. Apollonia ist in stiltheoretischer Hinsicht höchst interessant, da in ihm für Sachtexte in Prosa eine Verbindung des einfachen und des erhabenen Stils empfohlen wird: lÒgou pantÚw [. . .] doke› moi xre∆n e‰nai [. . .] tØn [. . .] •rmhne¤an èpl∞n
65) Vgl. dazu O. Regenbogen, P¤naj, RE XX,2 (1950) 1409–1482, dort zu Demetrios v. Magnesia 1451–1453; R. Blum, Kallimachos und die Literaturverzeichnung bei den Griechen. Untersuchungen zur Geschichte der Biobibliographie, Frankfurt a. M. 1977, dort zu Demetrios v. Magnesia bes. 273–274; speziell zu Kallimachos auch R. Pfeiffer, Geschichte der Klassischen Philologie. Von den Anfängen bis zum Ende des Hellenismus, 2., durchges. Aufl. München 1978, 159–169 . 66) Es handelt sich dabei um die folgenden Stellen (vgl. auch die Indices der in Anm. 1 genannten Textausgaben): Hekataios FGrHist 1 Fr. 1 (per‹ •rmhne¤aw § 2, 12); Hdt. Prooem. (§ 17, 44); Hippokrates, Aph. 1,1 (§ 4, 238); Thuk. 1,1,1 (§ 44); X. An. 1,1,1 (§ 3, 19); Pl. Resp. 327a (§ 21, 205), Euthyd. 271a (§ 226), vergleichbar auch der Beginn der Rede Menex. 246d (§ 266); Isokrates, Panegyr. 1 (§ 25–26); Demosth. Lept. 1 (§ 10–11, 20, 245). Ferner ist bei einigen Zitaten aus inzwischen verlorenen Werken zu vermuten, daß es sich um Anfangssätze handelt, so etwa bei Aeschin. Socr. Fr. 2 Dittmar (§ 205; dazu Innes [wie Anm. 1] 471). 67) Für den Satz des Philolaos wird bei D. L. 8,85 ausdrücklich Demetrios v. Magnesia als Quelle genannt (= F 26 Mejer; vgl. Philolaos bei DK 44 A 1; B 1). Für den Satz des Diogenes v. Apollonia findet sich dagegen keine Quellenangabe, doch ist der Satz bei Diogenes Laertios gleich zweimal überliefert, einmal verkürzt in dem Homonymenverzeichnis zu Diogenes v. Sinope (D. L. 6,81; vgl. Diogenes v. Apollonia bei DK 64 A 2), das wie viele derartige Listen wahrscheinlich auf Demetrios v. Magnesia zurückgeht, und einmal in voller Länge in der Vita des Diogenes v. Apollonia (D. L. 9,57; vgl. DK 64 A 1; B 1).
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ka‹ semnØn [sc. par°xesyai]. In diesem Satz begegnet nicht nur das Wort •rmhne¤a im Sinne von ‚Ausdrucksweise, Stil‘, er ist zugleich auch einer der frühesten Belege für die Unterscheidung des schlichten und des erhabenen Stils (èpl∞n ka‹ semnÆn), die der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw bei der Exposition seiner eigenen Lehre von den vier Stilarten ausdrücklich als unzureichend ablehnt68. Ein weiteres Beweisstück, das in den Augen mancher vielleicht sogar überzeugender ist als alle bisher mitgeteilten Parallelen zwischen Demetrios v. Magnesia und dem Verfasser der Schrift Über den Stil, ist die ähnliche Schreib- und Darstellungsweise der beiden Autoren, die bereits bei einer kurzen Leseprobe sichtbar wird. Zum Vergleich mit per‹ •rmhne¤aw eignet sich am besten der bei Dionysios v. Halikarnass erhaltene längere Auszug aus per‹ ımvnÊmvn poiht«n te ka‹ suggraf°vn, der die Ausführungen des Demetrios v. Magnesia über den Redner Deinarchos enthält und im Folgenden, damit auch einmal eine Vorstellung von der schriftstellerischen Eigenart des Demetrios v. Magnesia vermittelt wird, wörtlich in voller Länge wiedergegeben sei69: Deinãrxoiw d' §netÊxomen t°ttarsin: œn §stin ı m¢n §k t«n =htÒrvn t«n ÉAttik«n, ı d¢ tåw per‹ KrÆthn sunagÆoxe muyolog¤aw, ı d¢ presbÊterow m¢n émfo›n toÊtoin, DÆliow d¢ tÚ g°now, pepragmateum°now toËto m¢n ¶pow, toËto d¢ prçgma, t°tartow d¢ ı per‹ ÑOmÆrou lÒgon sunteyeik≈w. §y°lv d¢ prÚw m°row per‹ •kãstou dielye›n, ka‹ pr«ton per‹ toË =Ætorow. ¶sti to¤nun otow, katã ge tØn §mØn dÒjan, oÈd¢n épole¤pvn t∞w ÑUpere¤dou xãritow, Àst' efipe›n: Ñka¤ nÊ ken µ par°lassenÉ. §nyÊmhma går f°rei peistikÚn ka‹ sx∞ma pantodapÒn, piyanÒthtÒw ge mØn oÏtvw eÔ ¥kei, Àste paristãnein to›w ékoÊousi mØ êllvw gegon°nai tÚ prçgma µ …w aÈtÚw l°gei. ka‹ nom¤seien ên tiw eÈÆyeiw e‰nai toÁw ÍpolabÒntaw tÚn lÒgon tÚn katå Dhmosy°nouw e‰nai toÊtou: polÁ går ép°xei toË xarakt∞row, éll' ˜mvw tosoËton skÒtouw §pipepÒlaken, Àste toÁw m¢n êllouw aÈtoË lÒgouw, sxedÒn pou Íp¢r •jÆkonta ka‹ •katÚn ˆntaw, <polloÁw> égnoe›n sumb°bhke, tÚn d¢ mØ graf°nta Íp' aÈtoË mÒnon §ke¤nou nom¤zesyai. ≤ d¢ l°jiw §st‹ toË Deinãrxou kur¤vw ±yikÆ, pãyow kinoËsa, sxedÚn tª pikr¤& mÒnon ka‹ t“ tÒnƒ toË DhmosyenikoË xarakt∞row leipom°nh, toË d¢ piyanoË ka‹ kur¤ou mhd¢n §nd°ousa.
68) Vgl. dazu schon oben S. 246 u. 257. 69) D. H. Din. 1 (= F 1 Mejer); der Text hier nach Mejer, der sich wiederum der Ausgabe von G. Marenghi, Dionysio De Dinarcho, Firenze 1970, anschließt.
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Es springt ins Auge, daß es Demetrios v. Magnesia in einer ähnlich ansprechenden Weise wie dem Verfasser von per‹ •rmhne¤aw gelingt, dem Leser einen Gegenstand nahezubringen, bei dem auch leicht der Ton einer trockenen Sachlichkeit angeschlagen werden könnte. Offensichtlich verfügen beide Autoren über einen eingängigen und gefälligen Stil, der durch einfache Variationen seiner stets klaren Syntax kaum je ermüdend wirkt. Unübersehbar bei beiden ist auch die persönliche Note, die nicht nur dadurch entsteht, daß sie in der 1. Person Singular (zuweilen auch Plural) durch ihren Text leiten. Beide Autoren erscheinen insbesondere dadurch sympathisch, daß sie – trotz des deutlich signalisierten Bewußtseins der eigenen Subjektivität – doch den Mut haben, ihr differenziertes ästhetisches Urteil entschieden kundzutun, wobei sie nie apodiktisch oder dogmatisch werden. Auffällig schließlich – bei dem Verfasser des Traktats Über den Stil schon oft notiert – ist auch die feine Prise Humor, mit der sie ihre stilkritischen Bemerkungen in passend angehängte Redensarten oder Dichterzitate auslaufen lassen70. Die bemerkenswerteste Gemeinsamkeit in sprachlich-stilistischer Hinsicht ist aber wohl die, daß sich beide Autoren in attizistischer Manier längst obsolet gewordener Formen des Dual bedienen. Nach den vorhandenen Belegstatistiken begegnet in der griechischen Literatur die späteste Verwendung einer Verbform im Dual bei Aristoteles; in den obliquen Kasus der Nomina hält sich der Dual noch länger, nämlich bis zu Polybios im 2. Jh. v. Chr. Mit Ausnahme der Formen von dÊo und êmfv scheint er danach aber vollkommen unterzugehen, um erst in der zweiten Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. bei Dionysios v. Halikarnass und anderen attizistischen Autoren eine Art künstliche Wiedergeburt zu erleben. Die Tatsache, daß in der Abhandlung Über den Stil neben dÊo und êmfv auch andere Wörter, darunter Verben, stellenweise gehäuft im Dual vorkommen, wurde von der älteren Forschung als eines 70) Zum Humor und überhaupt zu der persönlichen Aura des Verfassers von per‹ •rmhne¤aw vgl. zuletzt Chiron (wie Anm. 1) x–xi. Als Hinweise auf die subjektive Bedingtheit des eigenen Urteils vgl. bei Demetrios v. Magnesia F 1 Mejer: katã ge tØn §mØn dÒjan; im Traktat Über den Stil etwa § 15: dokimãzv går ktl. oder § 87: toËton §g∆ kanÒna t¤yemai (ähnlich § 91). Für die Art, wie bei Demetrios v. Magnesia F 1 Mejer der Vergleich von Deinarchos und Hypereides in das Zitat Hom. Il. 23,382 mündet (zu dem Zitat bereits oben S. 256), finden sich in per‹ •rmhne¤aw zahlreiche Parallelen, z. B. § 229.
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der entscheidenden Anzeichen dafür angesehen, daß per‹ •rmhne¤aw vergleichsweise spät, nämlich erst ins 1. oder 2. Jh. n. Chr., zu datieren ist. Das Argument ist jedoch inzwischen entkräftet, da sich inschriftliche Belege gefunden haben, die zeigen, daß der Dual zumindest in manchen Gegenden der griechischen Welt in der Sprache des Alltags durchgängig in Gebrauch geblieben ist71. Ergänzend kommt jetzt als eine weitere widerlegende Instanz noch hinzu, daß das durch Dionysios v. Halikarnass bewahrte Bruchstück aus dem Homonymenwerk des Demetrios v. Magnesia einen Beleg dafür liefert, daß in der Zeit nach Polybios, genauer in der ersten Hälfte des 1. Jhs. v. Chr., auch im Bereich der Literatur die Formen des Dual gelegentlich weiter benutzt wurden. Der Beleg ist dabei von der Art, daß er nicht nur die sprachhistorischen Gründe beseitigt, die bisher einen früheren zeitlichen Ansatz für das Buch Über den Stil zu Beginn des 1. Jhs. v. Chr. unmöglich erscheinen ließen. Er unterstützt auch konkret die Vermutung, daß Demetrios v. Magnesia und der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw ein und dieselbe Person sind: Denn sowohl Demetrios v. Magnesia als auch der Autor des Traktats Über den Stil haben die Angewohnheit, den Genitiv des Demonstrativpronomens otow im Dual mit dem Genitiv von dÊo oder êmfv zu verbinden72. c) per‹ •rmhne¤aw und per‹ sunvnÊmvn pÒlevn Zu guter Letzt noch ein Blick auf das zweite Homonymenlexikon des Demetrios v. Magnesia, in welchem Städte gleichen Namens behandelt wurden. Die Fragmente des unter dem Titel 71) Vgl. soweit Roberts (wie Anm. 1) 58; Grube (wie Anm. 1) 154; Schenkeveld (wie Anm. 1) 140; Innes (wie Anm. 1) 320–321 mit Anm. 20; Chiron (wie Anm. 1) xxiii. 72) Demetrios v. Magnesia bei D. H. Din. 1 (= F 1 Mejer): presbÊterow m¢n émfo›n toÊtoin; ähnlich per‹ •rmhne¤aw § 235: §k duo›n xaraktÆroin toÊtoin; § 287: metå duo›n toÊtoin legÒmenon. Beiläufig sei angemerkt, daß der Gebrauch des Duals in per‹ •rmhne¤aw nicht immer als ein sprachlicher Manierismus erscheinen muß (vgl. schon Grube [wie Anm. 1] 154). Das Buch Über den Stil ist bekannt dafür, daß es in der Theorie die Mischung zweier unterschiedlicher Stilarten zuläßt. Für die beiden Bestandteile, aus denen die Mischformen dann bestehen, wird aber – sachlich durchaus angemessen – nahezu regelmäßig der Dual verwendet, vgl. außer den eben genannten Stellen etwa auch § 43: ı d¢ pa¤vn émfo›n m°sow; § 239: §k duo›n kak«n (die Konjektur kako›n liegt nahe) u. ö.
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per‹ sunvnÊmvn pÒlevn überlieferten Werks finden sich, soweit bisher entdeckt und verzeichnet, vor allem in dem attizistischen Lexikon des Harpokration, das, wie erwähnt, auch einen kurzen Auszug aus per‹ ımvnÊmvn poiht«n te ka‹ suggraf°vn enthält, sowie in dem geographischen Lexikon des Stephanos v. Byzanz73. Die geringen Reste lassen erkennen, daß Demetrios v. Magnesia nicht nur die geographische Absicht verfolgte, möglichst viele Städte gleichen Namens zu erfassen. Es ging ihm möglicherweise – ähnlich wie nachher Stephanos v. Byzanz – auch schon in grammatisch-philologischer Hinsicht um die korrekte Schreibweise der Städtenamen und um die aus ihnen ableitbaren sonstigen topo- und ethnographischen Bezeichnungen74. Darüber hinaus scheint er aber vor allem ein historisches Interesse gehabt zu haben, das insbesondere denjenigen Poleis galt, die in der griechischen Geschichte und Literatur eine Rolle gespielt haben. Es mag nun kurios erscheinen, aber auch mit dem Städtelexikon des Demetrios v. Magnesia, das – nach den vorhandenen Resten zu urteilen – eines der weniger attraktiven Produkte der hellenistischen Wissenskultur gewesen ist, weist die Abhandlung Über den Stil einige merkwürdige Übereinstimmungen auf. Ein erster Punkt ist, daß der Autor von per‹ •rmhne¤aw wiederholt Sätze aus der griechischen Literatur zitiert, in denen Flüsse beschrieben werden75. Zumindest an einer Stelle, an der er einen heute nicht mehr bekannten Schriftsteller wegen des allzu hohen Tons bei der Schilderung eines unbedeutenden Bachlaufs tadelt, verrät er, daß er sich neben so vielem anderen auch in die speziellere geographische Literatur eingelesen hat76. Eben dies darf aber auch für Demetrios v. Magnesia vorausgesetzt werden, der in seinem Städtelexikon regelmäßig die mit den Städten gleichnamigen Flüsse verzeichnete77. 73) Die bislang vollständigste Liste der Lemmata, unter denen das Städtebuch des Demetrios v. Magnesia bei den Lexikographen berücksichtigt wird, findet sich im Hermes-Artikel von Mejer (wie Anm. 20) 449 Anm. 5. Zu Harpokration vgl. schon oben S. 252 u. 255 Anm. 36. Für den Titel per‹ sunvnÊmvn pÒlevn schlägt Schwartz (wie Anm. 20) 2814 als Konjektur ımvnÊmvn, Mejer (a. a. O. mit Druckfehler) eÈvnÊmvn vor. 74) Vgl. etwa Demetrios v. Magnesia bei St. Byz. s. v. ÉAlya¤a, ÉArkãdew. 75) X. An. 4,4,3 in § 6 u. 121; Th. 2,102,2 in § 45–47, 202, 206. 76) per‹ •rmhne¤aw § 121. 77) Vgl. Demetrios v. Magnesia bei St. Byz. s. v. ÉAlab≈n, ÉAp¤a.
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Ein zweiter, noch stärkerer Punkt der Berührung wird sichtbar in dem kurzen Eintrag, der sich im Lexikon des Harpokration zu dem Städtenamen Methone findet. Dort heißt es, eine Stadt Methone werde von Demosthenes in den Philippischen Reden erwähnt; es handle sich dabei wahrscheinlich um die thrakische Stadt dieses Namens, bei deren Belagerung Philipp v. Makedonien ein Auge verlor; und laut Demetrios v. Magnesia gebe es vier Städte namens Methone. Nicht nur der Umstand, daß in diesem Lexikonartikel allein Demetrios v. Magnesia als Quelle genannt wird, auch dessen bekannte Vorliebe für den Redner Demosthenes78 legt die Vermutung nahe, daß der gesamte Artikel und nicht bloß die Zahlenangabe am Schluß aus dem Werk über die Städte gleichen Namens exzerpiert ist. Die seltsamen inhaltlichen Übereinstimmungen mit dem Buch Über den Stil bestehen nun jedoch in den folgenden zwei Punkten: Erstens hat der Verfasser von per‹ •rmhne¤aw offenbar die gleichen Stellen bei Demosthenes im Kopf wie Demetrios v. Magnesia, denn er zitiert einmal aus einer Philippischen Rede des Demosthenes eine Aufzählung griechischer Städte, in der auch Methone vorkommt. Und zweitens berichtet er in einem Abschnitt, in dem es um Empfehlungen für den sprachlichen Umgang mit Tyrannen geht, ausgerechnet von der Versehrtheit des makedonischen Königs Philipp und von dessen Empfindlichkeit gegenüber dem Wort ‚Zyklop‘79. Damit zeigt er sich, wie schon im Falle von Aristoteles und Hermeias v. Atarneus80, mit bestimmten anekdotischen Details aus der historischbiographischen Überlieferung mindestens ebenso gut vertraut wie Demetrios v. Magnesia. 3. Schluß Es ist an der Zeit, zu einem Fazit zu kommen. Bei einem Identitätsnachweis, wie er in diesem Aufsatz erstrebt wurde, geht es nicht einfach darum festzustellen, daß etwas mit sich selbst gleich ist. Die Aufgabe ist schwieriger, weil es – ebenso wie etwa bei kriminalistischen Ermittlungen – herauszufinden gilt, ob es sich bei 78) Vgl. oben S. 254f. mit Anm. 37. 79) per‹ •rmhne¤aw § 263 (mit Demosth. Phil. 3,26) und § 293. 80) Vgl. oben S. 258.
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zwei Individuen, die aus unterschiedlichen Zusammenhängen bekannt sind, in Wahrheit um ein und dieselbe Person handelt81. Das Problem dabei ist, daß es nie etwas anderes gibt als eine Anzahl mehr oder weniger beweiskräftiger Indizien, an Hand derer die Annahme der Identität wahrscheinlich gemacht werden kann. Noch der scheinbar gelungenste Versuch einer Identifizierung bleibt stets hypothetisch, denn bekanntlich können Ausweise auch gefälscht und Angaben zur Person erfunden sein. Auf Grund des hypothetischen Status, der jeder Identifizierung zukommt, mag es klug erscheinen, wenn man auf einem so unsicheren Feld wie der historischen Überlieferung aus der Zeit der Antike erst recht grundsätzlich skeptisch bleibt und der Vermutung, daß Demetrios v. Magnesia der Verfasser der Abhandlung Über den Stil gewesen ist, nur sehr bedingt – wenn überhaupt – die Zustimmung erteilt. In der Tat haben die für die Identitätshypothese angeführten Indizien höchst unterschiedliches Gewicht, und auch so verblüffende Gemeinsamkeiten wie die, daß Demetrios v. Magnesia und der Autor von per‹ •rmhne¤aw in ähnlicher Weise den Dual oder das Wort kakÒzhlow gebrauchen, gewähren noch längst keine volle Sicherheit. Daher mag der eine oder andere zu dem Urteil gelangen, daß auch hier wieder – wie schon so oft bei dem Versuch, den Verfasser von per‹ •rmhne¤aw zu bestimmen – an den methodischen Grundsatz zu erinnern ist, daß schwache Argumente nicht dadurch besser werden, daß sie sich häufen82. Andererseits ist jetzt jedoch zum ersten Mal ein Vorschlag zur Identifizierung des Verfassers von per‹ •rmhne¤aw unterbreitet worden, für den sich überhaupt so etwas wie konkrete Belege anführen lassen. Für den Gang der Forschung dürfte es daher zunächst gewinnbringender sein, wenn die Hypothese nicht gleich als unsicher verworfen, sondern positiv aufgegriffen und hinsichtlich der möglichen Folgen, die sich aus ihr ergeben, näher untersucht wird. Denn es ist durchaus denkbar, daß sich durch einen noch eingehenderen Vergleich, als er hier zwischen der Abhandlung Über den Stil und den fragmentarischen Resten der bislang 81) Zur logischen Analyse der Identitätsrelation vgl. die grundlegenden Bemerkungen des Mathematikers und Philosophen G. Frege, Über Sinn und Bedeutung, in: G. Patzig (Hrsg.), Gottlob Frege. Funktion, Begriff, Bedeutung. Fünf logische Studien, 5. Aufl. Göttingen 1980, 40–65, bes. 40–42. 82) Vgl. Grube (wie Anm. 1) 49.
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bekannten Werke des Demetrios v. Magnesia vorgenommen wurde, weitere interessante Ergebnisse erzielen lassen. Nicht nur, daß vielleicht noch zusätzliche Hinweise entdeckt werden, die dafür sprechen, daß Demetrios v. Magnesia das Buch Über den Stil tatsächlich geschrieben hat. Es kann auch gut sein, daß dem Traktat Über den Stil Gesichtspunkte zu entnehmen sind, mit deren Hilfe in der antiken Literatur weitere, bislang übersehene oder lediglich vermutete Auszüge aus Schriften des Demetrios v. Magnesia sicher abgegrenzt werden können. Als aussichtsreiche Felder für derartige Forschungen bieten sich schon jetzt die Scholien zu Aristophanes an sowie alle diejenigen Listen von homonymen Dichtern oder Prosaschriftstellern bei Diogenes Laertios, die nicht mit einer Quellenangabe, dafür aber mit stilkritischen Bemerkungen versehen sind83. Am wichtigsten und folgenreichsten dürfte allerdings sein, daß mit Demetrios v. Magnesia als dem anzunehmenden Verfasser der rhetorischen Abhandlung Über den Stil in die bislang für am dunkelsten gehaltene Epoche der griechischen Sprach- und Literaturgeschichte, die Zeit zwischen Polybios und Dionysios v. Halikarnass, endlich so etwas wie ein kleiner, aber um so hellerer Lichtstrahl fährt: Nicht nur, daß jetzt einer der vielen spät-hellenistischen Polyhistoren aus dem Umfeld des Peripatos, die bisher nur als die von den kaiserzeitlichen Autoren konsultierten Nachrichtengeber bekannt waren, als eine schriftstellerische Persönlichkeit klar konturiert hervortritt. Es ist auch ein Autor gefunden, dessen Werke das Aufkommen attizistischer Bestrebungen in der rhetorischen Theorie und Praxis bereits für den Anfang und nicht – wie die Schriften eines Dionysios v. Halikarnass – erst für das Ende des 1. Jhs. v. Chr. bezeugen. Die gesamte griechische und 83) Zu möglichen Fragmenten von Demetrios v. Magnesia in den Scholien zu Aristophanes vgl. oben S. 252 Anm. 29 und S. 257 mit Anm. 47. Bei Diogenes Laertios finden sich stiltheoretische Begriffe, die auch in per‹ •rmhne¤aw vorkommen, ohne Quellenangabe etwa in den Homonymenverzeichnissen 4,66: poihtØw cuxrÒw; 5,35: dikaniko‹ [. . .] lÒgoi xar¤entew; 5,85: pikrÚw énÆr u. ö. Ein weiteres Beispiel dafür, wie sich eine Passage bei Diogenes Laertios auf Demetrios v. Magnesia zurückführen läßt, bietet die Stelle 5,80, an der für ein vergleichendes Urteil über Schriftsteller das Verb parelaÊnein (‚überholen‘) nicht nur in Form eines Homerzitats wie in dem Demetrios-Exzerpt bei D. H. Din. 1 (= F 1 Mejer; dazu oben S. 256), sondern noch witziger als eine eigenständige Metapher gebraucht ist. Denn es heißt dort, an literarischer Produktivität habe Demetrios v. Phaleron zu seiner Zeit alle anderen Peripatetiker (= Spaziergänger) „überholt“ (parelÆlake).
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lateinische Literatur im Bereich der rhetorischen Stilkunde wird, beginnend mit den Werken und Autoren des 1. Jhs. v. Chr., unter wirkungs- und rezeptionsgeschichtlichen Aspekten daraufhin untersucht werden müssen, ob und wie weit sie möglicherweise von Demetrios v. Magnesia und seinem Buch Über den Stil beeinflußt ist84. Hamburg
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84) Nützliche Vorarbeiten dazu gibt es vor allem seitens derer, die seit je zu einer Frühdatierung von per‹ •rmhne¤aw neigen, so etwa von Morpurgo-Tagliabue (wie Anm. 1; vgl. Anm. 10) 159–173 zum Verhältnis von per‹ •rmhne¤aw zu Cicero und mit einer Skizze zur Nachwirkung des rhetorischen Traktats; wichtig auch M. Gigante, Demetrio di Magnesia e Cicerone, SIFC Ser. 3 Vol. II (1984) 98–106, der auf Grund eines Vergleichs von Cic. De or. 2,92 mit der möglicherweise aus Demetrios v. Magnesia abgeschriebenen Stelle D. L. 4,15 vermutet, daß das unbekannte Werk des Demetrios, das sich Cicero im Jahre 55 v. Chr. während der Arbeiten an De oratore von Atticus auslieh (dazu oben S. 249), das Lexikon homonymer Dichter und Prosaautoren war. – Im übrigen wird es auch noch nötig sein, einzelne Aspekte der bisherigen Forschungsdiskussion, die als mögliche Gegenargumente gegen die Identifizierung des Verfassers von per‹ •rmhne¤aw mit Demetrios v. Magnesia ins Feld geführt werden können, aus dem Weg zu räumen. Wenigstens zu zwei Punkten, die bereits vielfach erörtert sind, sei hier abschließend noch Stellung genommen: 1. In Philodems Rhetorica wird in ein und demselben Sachzusammenhang erst ı FalhreÊw, d. i. Demetrios v. Phaleron, erwähnt und kurz darauf mit den Worten parå [Dh]mh[tr¤]ƒ auf eine Stelle in per‹ •rmhne¤aw angespielt (Philod. Rhet. 1,198 Sudhaus = Demetrios v. Phaleron Fr. 169 Wehrli [wie Anm. 36]). Manche haben dies so interpretiert, daß in beiden Fällen Demetrios v. Phaleron gemeint sei, woraus dann der Schluß gezogen werden konnte, daß schon Philodem im 1. Jh. v. Chr. „den Phalereer“ für den Autor des Traktats Über den Stil gehalten hat (vgl. bes. Grube [wie Anm. 1] 52–54). Die Argumentation ist jedoch nicht stichhaltig, nicht nur weil bei Philodem weder die Konjektur des Namens ‚Demetrios‘ noch der Verweis auf per‹ •rmhne¤aw gänzlich gesichert ist (vgl. auch Goold [wie Anm. 9] 179–180). Nichts hindert anzunehmen, daß bei Philodem kurz nacheinander zwei verschiedene Autoren angeführt werden, erst Demetrios v. Phaleron, der, um einer Verwechslung vorzubeugen, absichtlich „der Phalereer“ genannt wird, und danach Demetrios, der Verfasser des Lehrbuchs Über den Stil. 2. Für die Spätdatierung von per‹ •rmhne¤aw ins 1. oder 2. Jh. n. Chr. wurde immer wieder auf den in § 237 erwähnten „Mann aus Gadara“ verwiesen, in dem viele Theodoros v. Gadara, den Lehrer des römischen Kaisers Tiberius, vermuteten. Von den Konjekturen, die für den überlieferten Wortlaut ı GadhreÊw (sic!) vorgeschlagen wurden (vgl. Roberts [wie Anm. 1] 251), besitzt aber neben ı GadareÊw (Unzialfehler A=H) eine mindestens ebenso hohe Wahrscheinlichkeit ı FalhreÊw (Unzialfehler L=D und Veränderung von F in G, möglicherweise die Folgen einer Irritation durch den ebenfalls in § 237 genannten Namen des Tyrannen Phalaris). Danach würde hier im Text von per‹ •rmhne¤aw ein zweites Mal – neben § 289 (vgl. oben S. 243) – Demetrios v. Phaleron erwähnt.
ZUR ASTROMETEOROLOGIE BEI RÖMISCHEN AUTOREN Im griechisch-römischen Altertum herrschte die Überzeugung, dass die Himmelskörper auf die Wettererscheinungen Einfluss hätten; gewisse Konfigurationen der Planeten, Sternbilder und darüber hinaus bestimmte Astralphänomene könnten, dem Erachten der Alten nach, über Witterungsverhältnisse oder über Naturkatastrophen Auskunft geben. Das Gebiet, das diese Fragen umfasst, wird heute Astrometeorologie genannt. Diese Wissenschaftsrichtung hatte eine große Bedeutung für die Erkundung der Wettererscheinungen1. Die ionischen Naturphilosophen – Anaximander, Anaximenes, Demokrit – haben die wissenschaftlichen Grundlagen für die Meteorologie geschaffen2. Sie erkannten Zusammenhänge zwischen den Himmelskörpern und den auf der Erde vorkommenden meteorologischen Erscheinungen und versuchten, diese Zusammenhänge rational zu erklären. Eine zusammenfassende Darstellung auf diesem Gebiet sind Aristoteles’ Meteorologika. Er bestimmte die Ursachen der einzelnen Wetterphänomene und stellte die Bedeutung dieser Phänomene für das Funktionieren der Welt dar. Viele meteorologische Bemerkungen finden sich auch in der Tetrabiblos des berühmten griechischen Astronomen Ptolemaios – dies bestätigt die enge Verbindung der Astronomie mit der Meteorologie im Altertum. Nicht nur die Griechen interessierten sich für Astral- und Wettererscheinungen, auch die Römer leisteten zu der Wissenschaft von den astrometeorologischen Phänomenen ihren eigenen Beitrag. Wenn sie auch an der theoretischen Seite der Astrometeorologie nur ein geringes Interesse zeigten, zeichneten sie sich 1) Die griechisch-römische Astrometeorologie erwuchs aus dem Aberglauben der primitiven Völker, denen zufolge manche Gewittererscheinungen mit dem Auf- und Untergang eines bestimmten Sternbildes verbunden gewesen sein sollten. Vgl. Kroll (1930) 29. 2) Vor den Griechen hatten schon die Ägypter und Babylonier ein systematisches Interesse für die Meteorologie. Vgl. Fritscher (2000) 89 f.; Beaujeu (1950) 11. Die letzteren haben die später von den Griechen übernommene Windrose erfunden. Vgl. Frisinger (1977) 28.
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doch auch hier, wie auf anderen Gebieten, durch ihren Sinn für das praktische Leben aus. Sie nutzten diese Disziplin für die Landwirtschaft, für einen an den auf- und untergehenden Sternen orientierten Landarbeit-Kalender und in der Schifffahrt, als ein Mittel, die Seeleute vor herannahenden Stürmen zu warnen3. Als Beispiel seien hier die Schriften des Seneca, Plinius des Älteren, Columella oder die dichterisch-astronomischen Werke des Germanicus, Manilius und Ovid genannt. Astrometeorologische Lehren finden sich auch bei Vergil, Cicero und Avienus. Die zwei letztgenannten haben, wie auch Germanicus, in der römischen Literatur das astronomische Lehrgedicht Arats, die Phaenomena, adaptiert4. Außer bei den eben erwähnten Autoren sind in der römischen Literatur die mit der Astrologie und Meteorologie verbundenen Probleme nur marginal behandelt worden5. Im Folgenden sollen anhand der genannten Werke die bei den Römern relevanten astrometeorologischen Vorstellungen in systematischer Ordnung behandelt werden. Die Sternbeobachtungen, die die Römer im meteorologischen Kontext anstellten, fanden in drei Bereichen eine praktische Anwendung: – in den allgemeinen Wettervorhersagen in Anlehnung an die Beobachtung der Himmelskörper, – in den besonders für die Bauern wichtigen Auskünften über die Einwirkung gewisser Sternbilder auf den Pflanzenwuchs, – in den für die Seeleute wichtigen Bemerkungen über den Einfluss mancher Sterne auf das Seewetter. *** 3) Vgl. Frisinger (1977) 29 f. 4) Während der Einfluss Vergils auf Columella und Plinius als sicher anzunehmen ist (vgl. Le Bonniec [1972] 20), ist es schwer zu entscheiden, ob er auf die Verfasser der Aratea Einfluss genommen hat, da Vergil selbst bei der Beschreibung der astrometeorologischen Phänomene den Text von Arat benutzte, vor allem die Diosemeiae. Vgl. Wilkinson (1969) 84. 5) Es gibt noch ein astronomisches Poem aus der augusteischen Epoche – Hygins De astronomia; aber darin befinden sich keine Bemerkungen über die Meteorologie. In der späteren römischen Literatur sind außer den Aratea des Avienus keine anderen literarischen Werke über den Einfluss der Himmelskörper auf das Wetter geschrieben worden, erst Isidor von Sevilla schrieb darüber in seinem kosmographischen Poem De natura rerum und in den Etymologiae.
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Zuerst sollen die meteorologischen Wettervorhersagen behandelt werden, die auf Grund von Gestirnsbeobachtungen gemacht wurden. Den Stellenwert der Meteorologie kann man bei Seneca in den Quaestiones naturales erkennen; sie ist bei ihm ein Teil der Kosmographie: omnis de universo quaestio in caelestia, sublimia, terrena dividitur. Prima pars naturam siderum scrutatur . . . Secunda pars tractat inter caelum terramque versantia . . . Tertia illa pars de aquis, terris, arbustis satis quaerit . . . (2,1,1 f.). Der Verfasser zählt die Meteorologie an zweiter Stelle, nach der Astronomie, auf; sie bildete also zusammen mit der Astronomie und Erdkunde einen Zweig der Kosmographie6. Hier könnte der Anknüpfungspunkt liegen für die Annahme von Wechselwirkungen zwischen Meteorologie und Astronomie7. Dass die Sternenkunde mit der Meteorologie verbunden zu sehen war, ergibt sich aus dem Werk des älteren Plinius. Er behauptet in der zum Teil den kosmographischen Problemen gewidmeten Naturalis historia, dass so, wie die Sonne den Wechsel der Jahreszeiten verursache, die anderen sidera die Kraft hätten, Feuchtigkeit, Reif, Schnee, Hagel, trockenen und feuchten Lufthauch, Tau oder Kälte hervorzurufen (2,39). Diese Kraft besaßen seines Erachtens nicht nur die Planeten, sondern auch die Fixsterne. Die Römer hielten, ähnlich wie wir heute, insbesondere den Einfluss der Sonne auf das Wetter für selbstverständlich. Ihrer Meinung nach ist sie nicht nur die Ursache für den Wechsel der Jahreszeiten gewesen, sondern hat auch auf einzelne meteorologische Erscheinungen eingewirkt. Durch Beobachtung der Sonnenscheibe versuchte man das Wetter für die nächsten Tage vorauszusagen. Bei Plinius lesen wir, dass die klare, aufgehende Sonne den heiteren Tag, die blasse dagegen den Hagel verkünde. Wenn sich dabei die schwarzen Wolken rings um die Sonnenscheibe mit den roten vermischten, so verkünde das Winde mit Regen; wenn in der Aufoder Untergangszeit die Strahlen der Sonne zusammenzukommen schienen, so sei nur mit Regen zu rechnen (nat. 18,343). Derartigen 6) In den späteren kosmographischen Abhandlungen tritt an die Stelle der Erdkunde eine gesonderte Lehre, nämlich die Hemerologie, eine Lehre von der Gliederung der Zeit in Jahre, Monate usw. 7) Seneca und Plinius sind die Autoren, die am meisten zur Entwicklung der Meteorologie beigetragen haben, wenn auch ihre Abhandlungen eine Mischung von eigenständigen und griechischen, babylonischen, ägyptischen Theorien sind. Vgl. Frisinger (1977) 27 ff.; Beaujeu (1950) XI.
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Sonnenerscheinungen hat der Autor der Historia naturalis noch mehr Aufmerksamkeit gewidmet, was hier nicht weiter ausgeführt werden soll. Auch Seneca befasste sich mit Solarerscheinungen dieser Art. Er beschreibt das Parhelion, also das Phänomen der Parallelsonne, das den Regen verkünde. Wenn es doppelt, zu beiden Seiten der Sonne auftrat, verkündete es, was Seneca nach Arat angibt, einen herankommenden Sturm (nat. 1,13). Besonders wichtig waren die Sonnenzeichen für Vergil (georg. 1,438–440): Sol quoque et exoriens et cum se condet in undas signa dabit; solem certissima signa sequentur, et quae mane refert et quae surgentibus astris. Vom Verfasser der Georgica, ebenso wie von Plinius, erfahren wir, dass ein lucidus orbis während des Sonnenauf- und untergangs das schöne Wetter bestimme, obschon Plinius einen etwas anderen Begriff verwendete, und zwar purus oriens, um die klare, aufgehende Sonne zu bezeichnen (nat. 18,342). Sehr wichtig war die Beobachtung der Sonne für Avienus, der dies stärker als sein Vorgänger Arat in der stilistisch gehobenen Vorrede betont: Solis quin etiam, solis tibi cura videndi / sit potior . . . Er beschreibt die Sonnenzeichen ausführlicher als Arat in den Phaenomena: Falls die Sonne imstande sei, durch die Wolken hindurchzuscheinen, so würden ihre riesigen Strahlen das pechschwarze Dunkel des Himmels vertreiben (1548–1552); falls sie von Anfang an hinter der dicken Wolkenwand versteckt bleibe, so würden am Himmel und im Meer merkwürdige meteorologische Erscheinungen zu beobachten sein (1557–1559)8. Bei der Beschreibung der Sonnenerscheinungen haben die Römer allerdings keine eigenen Beobachtungen gemacht; alle oben angeführten Bemerkungen finden sich bereits in Arats Lehrgedicht. Ähnlich wichtig wie die Sonnenerscheinungen waren für einen Himmelsbeobachter die Mondzeichen9, was Vergil hervorgehoben hat (georg. 1,424–426): 8) Bei Arat gibt es keine Verse, die der Darstellung des Plinius entsprechen (vgl. Ar. 1548–1559, 1590–1593). 9) Nach Plinius nehmen die Mondprognostika nach den Sonnenprognostika den zweiten Platz ein: Proxima sint iure lunae praesagia (18,347). Vergil führt sie vor den Sonnenprognostika an (1,427–437 Mond; 1,438–463 Sonne).
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Si vero solem ad rapidum lunasque sequentis ordine respicies, numquam te crastina fallet hora neque insidiis noctis capiere serenae. Denselben Standpunkt nimmt Plinius ein, der eine Reihe von Mondphänomenen aufzählt: Falls an der Mondsichel eine getrübte, dunkle Luft zum Vorschein gekommen sei, sei ein starker Regen zu erwarten (18,349). Plinius schreibt auch über die abgestumpften Mondhörner (cornua obtusa; 18,347), die die Anzeichen für Niederschläge seien, während das scharfe Horn (cornu acuminatum) einen Wind ankündige (18,347). Verkünder des Windes sei auch der rote Mond (rubicunda), was Vergil in der schönen Personifikation dargestellt hat: si virgineum suffuderit ore ruborem (georg. 1,430)10. Noch genauer als Arat hat dieses Phänomen Avienus beschrieben. In den Aratea des Avienus lesen wir ignitus rubor, die Röte des Mondes wird also zur Feuerröte verstärkt, wohingegen die Winde als certantes Cauri (aus dem Nordosten wehend) bezeichnet werden, deren Heftigkeit in der Wendung turbida certantes converrent aequora (1458) hervorgehoben wird11. Am wichtigsten war für den Mondbeobachter die vierte Mondphase. Diese Einschätzung soll, wie Plinius angibt (18,347), aus Ägypten gestammt haben; auch Vergil hält die vierte Mondphase für das sicherste Zeichen: namque is certissimus auctor (georg. 1,432). Plinius spricht in diesem Zusammenhang von cornua obtusa, ein Ausdruck, den auch der Verfasser der Georgica verwendet (georg. 1,432), was ebenso wie die Aussage über die vierte Mondphase auf die unmittelbare Abhängigkeit des Plinius von seinem Vorgänger hinweisen könnte12. Allerdings beruft sich der Autor der Historia naturalis bei den Mondphänomenen oft auf 10) Einer ähnlichen Personifikation hat sich Vergil bei der Beschreibung der Sonne bedient: nam saepe videmus / ipsius in voltu varios errare colores; / ceruleus pluviam denuntiat, igneus euros (georg. 1,451–453). 11) Arat schreibt nur: leptØ d¢ ka‹ eÔ malÉ §reuyØw / pneumat¤h: pax¤vn d¢ ka‹ émble¤˙si kara¤aiw (784 f.). 12) Plinius beruft sich an dieser Stelle nicht namentlich auf Vergil, obwohl er dies mehrmals in anderen Teilen seines Werkes tut. Die Georgica sind für ihn eine bedeutende Quelle, doch kann es auch sein, dass er diese Auskünfte in diesem Fall indirekt von Columella oder Celsus übernommen hat, die auch sehr oft aus Vergil schöpften. Vgl. Le Bonniec (1972) 20 f.
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Varro13, der die Hauptquelle für sein Werk war. Der Abschnitt, in dem der Einfluss des Mondes auf das Wetter behandelt wird, ist wahrscheinlich aus dem astronomischen Buch der Disciplinae dieses Enzyklopädisten übernommen worden14. Plinius wiederholt nach Varro (18,348), worüber er bereits am Anfang des Kapitels (347) schrieb, der rötliche Mond – rutila – (Plinius hat früher das Adjektiv rubicunda verwendet: 18,347) verkünde Winde, der schwarze dagegen – nigrescens – (vorher hatte es nigra geheißen: 18,347) den Regen. In dem nach Varro zitierten Text führt Plinius dieselben Einzelheiten nochmals an. Daraus, dass er jene Mondphänomene erneut erwähnt, dürfte zu schließen sein, dass ihm sehr daran gelegen war, diesen Autor möglichst wörtlich anzuführen. Die römischen Autoren betonen also, was bei Arat fehlt, die Bedeutung der vierten Mondphase. Sie beziehen sich dabei, wie sie selbst behaupten, auf die ägyptischen Astronomen. Die zitierten Autoren richten auch ein viel größeres Augenmerk auf die rote Farbe des Mondes und die Wichtigkeit dieses Phänomens für die Wettervorhersage. An dritter Stelle, wenn es um die Wetterprognostika geht, nennt Plinius d. Ä. die Sternbeobachtungen (Tertio loco stellarum observationem esse oportet; 18,351). Die alten Verfasser der astronomischen oder landwirtschaftlichen Abhandlungen schrieben gewissen Konstellationen oder Sternen eine unmittelbare Einwirkung auf die Erdatmosphäre zu15. Als der Stern, der das Wetter am stärksten beeinflusste, galt im Altertum die Canicula, also der Sirius aus der Konstellation des Großen Hundes, manchmal einfach Hundsstern genannt16. Man hielt ihn für den heißesten
13) Nur im achtzehnten Buch der Historia naturalis zitiert Plinius Varro zwölfmal. Vgl. Le Bonniec (1972) 20. 14) Vgl. Le Bonniec (1972) 20. 15) Seneca definiert die Atmosphäre wie folgt: Haec sunt nubila, imbres, nives et humanas motura tonitrua mentes, quaecumque aer fecit patiturve. Haec sublimia dicimus, quia editiora imis sunt (nat. 2,1,2). 16) Der Name Canicula ist erstmalig in der Zeit Varros und Ciceros als eine sich nicht auf das gesamte Sternbild des Großen Hundes, sondern nur auf den einzelnen Stern beziehende Bezeichnung aufgekommen. Später wird dieses Wort in der Ein- und Mehrzahl zur Bezeichnung sowohl der stella als auch des sidus verwendet. Dieser Begriff wurde bis zum Ende des Altertums gebraucht. Vgl. W. Gundel (1907) 126.
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Himmelsstern, weil im Sommer, wenn die Sonne sich mit seinen Strahlen vereinigte, die Periode der größten Hitze einsetzte. Ebenso starken Einfluss auf die Wetterverhältnisse nahmen zwei nicht sehr helle Sterne aus dem Sternbild des Krebses, die Aselli genannt werden, und das kleine Wölkchen zwischen ihnen – Praesepe17. Wenn dieses Wölkchen aufhört, sichtbar zu sein, so folgt nach Plinius ein heftiger Sturm (atrox hiems sequitur; 18,353); falls eines der Eselchen, das nördliche, vom Nebel verhüllt wird, dann wütet der Auster, falls das südliche verhüllt wird, dann der Aquilo. Für Manilius ist der Krebs im meteorologischen Sinne ein Synonym der sommerlichen Hitze. Wenn die Sonne in sein Zeichen eingeht, herrscht in der Welt sitis et sudor nudusque in collibus orbis (2,420). Der Krebs ist ein ganz andersartiges Zeichen als der an der gegenüberliegenden Seite der Ekliptik befindliche Steinbock, dessen Wahrzeichen rigor et glacies nivibusque albentia rura seien (2,419)18: zwei verschiedene signa, die einander bekämpfen und somit, wie Manilius meint, zwei gegensätzliche Jahreszeiten versinnbildlichen. Manilius erwähnt auch die von einer dunklen Wolke verhüllten Krebssterne im vierten Buch: at niger obscura Cancer cum nube feretur (4,530); dieses Phänomen ist hier jedoch nicht auf die Meteorologie bezogen, sondern auf die für jenen Autor typischen Apotelesmata. Germanicus deutet jene zwei Tierkreissternbilder zurückhaltender – der Steinbock bringe zwar den Frost hervor, doch sei seine Zeichenfunktion bei anderen Plagen sehr viel weniger ausgeprägt (Fr. 3,16). Indem der Autor die Formulierung frigora durat verwendet, bedient er sich einer Onomatopöie, um das Knirschen des vom Capricornus eingefrorenen Schnees nachzuahmen. Der Cancer ist bei Germanicus ein ganz anderes Zeichen als bei Manilius, denn unter ihm wird alles ruhig (152–156). 17) Praesepe befindet sich eigentlich zwischen den vier Sternen des Krebses, die ein Viereck bilden – die zwei auf der östlichen Seite sind die Aselli, die auch als Krebsschere wahrgenommen wurden, die Sterne auf der anderen Seite sind die Beine des Krustentieres. 18) Der Steinbock, der meistens als ein Mischwesen, teils Ziege, teils Fisch dargestellt wurde, könnte eher regnerisches denn frostiges Wetter versinnbildlichen. Ab und zu hatte er den Schwanz eines Drachen statt eines Fisches. In der Literatur ist er auch als ein Mischwesen, halb Mensch, halb Bock, der so genannte Agipan, bezeugt (Hyginus, De astr. 2,28); so wird er nur auf einigen Gemmen gezeigt. Vgl. H. G. Gundel (1992) 73.
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Wenn Seneca über den Krebs und den Steinbock schreibt, so beruft er sich auf den babylonischen Astrologen Berossos19. Nach ihm wird die Erdkugel verbrennen, falls sich die auf verschiedenen Bahnen kreisenden Sterne im Zeichen des Krebses verbinden. Findet diese Konjunktion dagegen im Zeichen des Steinbocks statt, so wird ein gewaltiges Hochwasser eintreten (nat. 3,29,1). Die Charakteristik des Krebses stimmt also mit jener der anderen Autoren überein, die darin ein heißes Sternbild sehen wollten, doch ist der Capricornus Senecas ein ‚nasses‘, und nicht, wie bei den übrigen Autoren, ein ‚frostiges‘ Zeichen. Das Novum bei Manilius und Seneca im Vergleich zu Arat ist, dass der Krebs ähnlich präsentiert wird wie die heißen Sternbilder – Canicula und Löwe –, die die sommerlichen Hitzephasen herbeiführen; wie wir gesehen haben, kann der Krebs sogar wegen seiner Glut eine kosmische Katastrophe verursachen. Ein Regen bringendes Sternbild sind auch die Hyaden. Die Darstellung dieser Konstellation ist bei den Römern viel ausgeprägter als bei den Griechen. Homer (Ilias 18,486), Hesiod (Werke und Tage 615) und Arat (173) erwähnen sie nur allgemein, dagegen betonen die römischen Autoren ihre Bedeutung für die Wetterprognose, besonders für den Regen20. Auf den regenbringenden Charakter dieser Konstellation weist, so Plinius, bereits der Name hin (Quas Graeci ob id pluvio nomine appellant; 2,106). Der Name ‚Hyaden‘ stammt, wie man im Altertum glaubte, vom griechischen Verb Ïein, das ‚regnen lassen‘ bedeutet. Plinius selbst bezeichnet allerdings die Hyaden mit dem lateinischen Wort Siculi (2,106)21. Columella er19) Berossos war der Priester des babylonischen Gottes Belus, der mit Baal gleichgesetzt wurde. Belus wurde für den Begründer und ersten König Babylons gehalten. Berossos, der in der Zeit Alexanders des Großen lebte, hat die dem Antiochos gewidmeten Babyloniaka verfasst. 20) Für Arat und entsprechend für Germanicus gilt der Stier selbst, an dessen Hörnern die Hyaden liegen, als Regen bringendes Sternbild. Wir lesen in den Aratea des Germanicus: Taurus portat aquas et ventos excitat (Fr. 3,3); cum tetigit fera cornua Tauri / dat pluvias sorbetque datas (Fr. 4,8 f.). Über die Hyaden als eine Regen bringende Konstellation äußerte sich von den Griechen nur Hellanikos (FGrHist 24). 21) Der Name des Sternbilds der Hyaden wurde auch von Hyas, dem Bruder der Hyaden abgeleitet, und der Regen, den sie brachten, wurde mit ihren nach dem Tod des Bruders vergossenen Tränen gleichgesetzt (Hyginus, De astr. 2,21,2; Ovid, Fasti 5,159–182). Was den Ausdruck Siculae betrifft, so gibt es darüber keine Übereinstimmung; entweder stellt er, wie Plinius (18,247) schreibt, eine fehler-
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wähnt die Hyaden nicht, er schreibt nur über den untergehenden Kopf des Stiers (die Hyaden befinden sich eben über dessen Kopf), dessen Untergang, so Columella, einen herbstlichen Regen vorhersagt (11,84). Der Autor von De re rustica geht also nicht auf die Nuancen der Himmelskarte ein, er vermittelt nur ein allgemeines Bild davon. Ausführlicher geht Ovid vor, der von den Hyaden sagt, sie brächten, sobald sie Anfang Juli an den Hörnern des Stiers erschienen seien, den Regen: Postera lux Hyadas, Taurinae cornua frontis, / evocat, et multa terra madescit aqua (Fasti 6,197 f.). Ovid identifiziert die Sterne der Hyaden mit den die Hörner des Stiers bildenden Sternen, die am Junihimmel erscheinen – seine Beschreibung ist somit viel farbenreicher und genauer als die Columellas. Ein weiterer für die Regenfälle verantwortlich gemachter Stern war die Capella, die sich im Sternbild des Fuhrmanns befindet. Auch bei diesem Sternbild schreiben die Römer über seine Beziehung zum Regen, wohingegen wir bei den griechischen Autoren darüber nichts finden. Die Capella bringe den Regen mit ihrem Maiaufgang, so stellt sie Ovid vor: nascitur Oleniae signum pluviale Capellae (Fasti 5,113). Diese Meinung bestätigt Plinius, wenn er sie Capella pluvialis nennt (18,248), und auch Columella bemerkt, dass die Capella mit ihrem heliakischen Dezemberuntergang die Regenfälle ankündige (11,2,94). Nicht nur die mit einem Sternbild verbundenen Phänomene, sondern auch manche allgemeinen Astralzeichen konnten als Ankündigung kommender meteorologischer Veränderungen verstanden werden. Nach Plinius kündigten die auseinander gehenden Sterne heraufziehende Winde an. Wenn die Himmelskörper trotz ausbleibender Wolken oder fehlenden Nebels in Dunkel gehüllt waren, so war es ein Zeichen für nahende Regenfälle und heftige Stürme. Wenn dagegen zahlreiche durchfliegende Sterne zu beobachten waren, so durften ständige Winde zu erwarten sein (18,351 f.)22. Auch die Kometen kündigten, so Seneca, Stürme, Wolkenbrüche und heftige Winde an (nat. 7,28,1). Zutreffend ist in hafte Übersetzung des griechischen Wortes Ïadew dar oder er bestand schon in der lateinischen Sprache vor der Berührung mit der griechischen Kultur. Vgl. Le Boeuffle (1973) 521. 22) Bei der Darstellung derartiger Astralphänomene lehnt sich Plinius an Arat, eventuell an die Scholien zu dessen Werk an. Es steht allerdings nicht fest, ob Plinius dabei unmittelbar auf den Autor der Phaenomena oder auf eine lateinische Übersetzung zurückgreift. Vgl. Martin (1998) CVIII ff.
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diesem Zusammenhang ohne Zweifel seine Schlussfolgerung: Quid ergo? Non iudicas sidus esse, quod futura denuntiat, non enim sic hoc tempestatis signum est, quomodo futurae pluviae23. *** Ein weiterer sehr wichtiger Bereich, der bei römischen Autoren in Zusammenhang mit ihren astrometeorologischen Beobachtungen erörtert wurde, sind der Einfluss der Sterne auf die Pflanzenwelt und die Konsequenzen für die Arbeit der Bauern. Zu den wirkungsmächtigsten Sternen dieser Art wird der oben erwähnte Sirius gezählt, der heißeste Stern des Himmels, dessen Einwirkung auf die Vegetation unstrittig war. Der Sirius wurde im Maul des Großen Hunds geortet, deshalb erwähnt Germanicus seinen schrecklichen Rachen (Canis ore timendo). Dieser Stern war, wie er angibt, Segen oder Fluch für die Bauern (336–340): cum tetigit solis radios, accenditur aestas, discernitque ortu longe sata: vivida firmat, et quibus adfectae frondes aut languida radix, exanimat. Nullo gaudit maiusve minusve agricola et sidus primo speculatur ab ortu. Die Bauern beobachteten also aufmerksam den Sirius von dem Moment seiner Erscheinung am Himmel an, denn was gesund war, entwickelte sich unter seinem Einfluss gut, wohingegen schwache Pflanzen dürr wurden. Der Verfasser verwendet das Verb discernit, um den Wandel, den die Canicula in der Natur vollbringt, zu unterstreichen. Die Differenzierung wird mit zwei Verben zum Ausdruck gebracht, die den enormen Einfluss des Hundssterns auf die Pflanzenwelt wiedergeben: Einerseits wird seine Lebenskraft durch den am Satzanfang gesetzten Begriff vivida firmat evoziert, andererseits wird der Sirius durch exanimat, das den ganzen Passus abschließt, als ein todbringender Stern ausgewiesen24. 23) Die Lehrmeinungen über die Kometen hat Seneca, wie er selbst schreibt, von Aristoteles übernommen. Dieser stellt aber fest, die Kometen brächten außer Wind auch Dürre, was mit ihrer feurigen Natur zu tun habe (Meteorologica 344b). 24) Cicero hat in den Aratea die Einwirkung des Sirius weniger negativ dargestellt: Hic ubi se pariter cum sole in lumina caeli / extulit, haud patitur foliorum tegmine frustra / suspensos animos arbusta ornata tenere. / nam quorum stirpis tellus
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Ähnlich schreibt Manilius über das Sternbild des Großen Hundes; der Autor der Astronomica stellt fest, dass der Sirius seit dem Tag seines Aufgangs sorgfältig beobachtet wurde: hanc qui surgentem, primo cum redditur ortu, . . . speculantur (1,401 f.). Manilius verwendet dasselbe Verb wie Germanicus, speculantur, um auf das Interesse, das der Sirius bei den Himmelsbeobachtern erregte, aufmerksam zu machen25. Die Einwirkung des Sirius auf die Erde wird bei Manilius als ebenso heftig angesehen wie im Gedicht des Germanicus, wie aus der Feststellung qua nullum terris violentius advenit astrum hervorgeht (1,397). Die Beobachtung der Canicula war also besonders wichtig für die Bauern; durch sie ließen sich nämlich eventus frugum varios und tempora (Manilius 1,403), d. h. die sich verändernden Jahreszeiten, bestimmen. Auch die astrometeorologischen Betrachtungen des Plinius schließen Bemerkungen über die Canicula ein. Seines Erachtens ist die Einwirkung dieser Konstellation auf die Erde am meisten spürbar (Nam Caniculae exortu accendi solis vapores quis ignorat? Cuius sideris effectus amplissimi in terra sentiuntur; 2,107). Sie beschränke sich nicht nur auf das Pflanzenleben, sondern der Aufgang des Sirius bringe auch Folgendes mit sich: fervent maria, fluctuant in cellis vina, moventur stagna (2,107)26. Die Canicula konnte aber nicht nur für Hitze, sondern auch für Stürme verantwortlich gemacht werden. Bei Columella, der in De re rustica die auf- und untergehenden, den Zustand des Wetters bestimmenden Sternbilder aufzählt, lesen wir: Tertio calendas Ianuarias Canicula vespere occidit: tempestatem significat (11,94)27; nur bei diesem amplexa prehendit, / haec augens anima vitali flamine mulcet; / at quorum nequeunt radices findere terras, / denudat foliis ramos et cortice truncos (113–119). 25) Wempe (1935) weist in seinem Beitrag über die Ähnlichkeiten zwischen Manilius und Germanicus darauf hin, dass es gerade der Verfasser der Astronomica ist, der auf die Entlehnungen aus den Aratea des Germanicus zurückgreift. 26) Da, wo Plinius die Canicula vorstellt, führt er eine interessante Anekdote über ein ägyptisches Tier, Oryx genannt, an: Beim Aufgang des Hundes soll dieses Tier mit seinem Gesicht diesem zugewandt gestanden haben, als ob es ihm seine Verehrung hätte zuteil werden lassen und damit dessen große Macht hätte anerkennen wollen. Oryx ist eine Art Antilope mit scharfen Hörnern. Die Erwähnung eines niesenden, dem Sirius zugewandten Oryx ist nur noch bei Ailianos (Nat. anim. 7,8) zu finden; vgl. Beaujeu (1950) 188. 27) Bei Columella findet sich an dieser Stelle ein Fehler, da Canicula Ende Dezember nicht unter-, sondern aufgeht; vgl. Le Boeuffle (1965) 331. Vielleicht hat der Verfasser unwillkürlich das schlechte Wetter mit dem Untergang des heißen
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Autor wird die Verbindung des Großen Hundes mit dem schlechten Wetter deutlich. Die Canicula wird also bei den Römern als eine Konstellation begriffen, die für die Bauern äußerst wichtig ist. Zwar bemerken auch Hesiod (Werke und Tage 609) oder Arat (332–335) ihre Bedeutung für die Vegetation, doch stellen Germanicus, Manilius und Plinius den Zusammenhang dieses Sternbildes mit den Feldarbeiten viel genauer dar als die Griechen. Auch Plinius empfiehlt im achtzehnten Buch, in dem der landwirtschaftliche Kalender enthalten ist, die Beobachtung der Canicula. Mit dem Wort ‚Canicula‘ bezeichnet er aber hier ein anderes Sternbild – nicht den Großen, sondern den Kleinen Hund, der auch Procyon genannt werde (Procyon matutino aestuosus, quod sidus apud Romanos non habet nomen nisi Caniculam hanc volumus intellegi, hoc est minorem canem; 18,268). Obgleich Plinius behauptet, in Rom werde gleichermaßen für die Bezeichnung des Großen wie auch des Kleinen Hundes allgemein der Begriff ‚Canicula‘ verwendet, beziehen die anderen Autoren diese Bezeichnung vorzugsweise auf das erste dieser beiden Sternbilder28. Plinius empfiehlt die Betrachtung des Procyons – zusammen mit der Konstellation des Adlers – zu prognostischen Zwecken. Die beiden Sternbilder befinden sich an den gegenüberliegenden Enden der Milchstraße, welche, so der Autor, den Erdboden mit der von ihr herabfließenden Milch befruchte: huius defluvio velut ex ubere aliquo sata cuncta latescunt (18,281). Indem Plinius circulus lacteus mit der von der Milch gefüllten Brust vergleicht, spielt er auf den mythischen Katasterismos der Milchstraße an, die aus der von der Brust der Iuno hervorspritzenden Milch entstanden sein soll29. Die Sterns in Verbindung gesetzt. Columella datierte an anderer Stelle den abendlichen Untergang des Hundes zutreffend auf den 30. April und dessen morgendlichen Untergang auf den 25. November (11,2). 28) Hyginus stellt in seinen Ausführungen über die Gemeinsamkeiten zwischen dem Großen und Kleinen Hund nur fest, die Geschichten vom Katasterismos der beiden Konstellationen seien identisch, nennt aber den Kleinen Hund nicht mit dem Namen Canicula. Vgl. Hermann (2001) 32. 29) In der griechischen Dichtung können wir auch die Vorstellung finden, die Milchstraße sei ein Weg, den einst der Sonnenwagen durchfuhr, der an dieser Himmelsstelle für immer die leuchtenden Streifen hinterließ. Vgl. Drössler (1976) 232. Manilius gibt außer der mythischen auch die wissenschaftliche Erklärung der Entstehung der Milchstraße an: an maior densa stellarum turba corona / contexit flammas et crasso lumine candet / et fulgore nitet collato clarior orbis (1,755–757).
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Milchstraße beeinflusst also das Wetter indirekt durch die Sternbilder des Adlers und des Procyon. Wenn der Himmel klar sei, trügen sie zur reichlichen Ernte bei und bescherten der Erde fruchtbaren Saft (succus lacteus). Nicht immer war dieser aber, wie wir lesen, heilbringend für die Pflanzenwelt: Beim roten Mond, der den Tau herabsandte, gerann jener succus lacteus zusammen mit der Ernte wie die Milch (admixta amaritudo ut in lacte puerperium necat; 18,282). Bemerkungen über den Einfluss des Procyon auf die Pflanzenwelt finden wir unter den griechischen und römischen Autoren nur bei Plinius. Es muß aber wegen des Kompilationscharakters der Historia naturalis zweifelhaft bleiben, ob das seine eigenen Beobachtungen sind. Gleichermaßen wie der Sirius wurden im Altertum die Plejaden beobachtet. Dieses Sternbild kündigt mit seinem Aufgang den Sommer, dagegen mit dem Untergang den Winter an. So heißt es bei Germanicus (266–269): Lumine non multis Plias certaverit astris, praecipuo sed honore ostendit tempora bina, cum primum agricolam vernus tepor admonet agri et cum surgit hiems portu fugienda peritis. Die Plejaden sind nicht so hell wie der Sirius, ziehen also nicht mit ihrem Glanz die Blicke der Menschen auf sich, trotzdem nennt Germanicus sie certissima signa (255) wegen der von ihnen für die Bauern ausgehenden Signale zur Aufnahme der intensiven Landarbeiten. Cicero schreibt ausdrücklich, die Plejaden erinnerten die Bauern daran, die Felder zu besäen (admonent ut mandent mortales semina terris; Aratea 41). Auch Vergil stellt fest, dass der herbstliche Untergang der Plejaden für die Bauern ein Zeichen dafür sei, dass sie mit den Feldarbeiten fertig werden sollten (georg. 1,219– 221). Er nennt diese Sternenkonstellation Eoae Atlantides; damit erhalten wir eine zusätzliche Information: dass es nämlich die Vorstellung gab, es handle sich um den heliakischen Untergang der Töchter des Atlas, mit denen auch die Krone der Ariadne den Himmel verlasse (1,222–226)30: 30) Vergil hebt den Glanz der Krone mit dem Partizip ardentis hervor, auf der anderen Seite ist das Epitheton Gnosia eine Anspielung auf den Katasterismos jenes schönen Sternbildes. Die Krone, die Gabe für die geliebte Ariadne, soll, je
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Gnosiaque ardentis decedat stella coronae, debita quam sulcis committas semina quamque invitae properes anni spem credere terrae. multi ante occasum Maiae cepere; sed illos expectata seges vanis elusit arenis. Der Untergang der Plejaden ist ein terminus post quem für die herbstliche Aussaat, was der Autor hervorhebt, indem er von der miserablen Ernte der zu ungeduldigen Bauern spricht, die ihre Felder vor diesem Zeitpunkt besäen. Bei der Darstellung der Plejaden spricht Vergil von occasus Maiae, er gebraucht also die Stilfigur ‚Pars pro toto‘, wenn er zur Bezeichnung des ganzen Sternbildes einen der sieben Sterne, die Töchter des Atlas, anführt31. Der letzte ‚Übersetzer‘ der Phaenomena, Avienus, behauptet, die Plejaden gäben das Zeichen für die Erntezeit. Damit würde allerdings eine für die Ernte zu frühe Zeit bezeichnet (614–617): Tempora dissignant. Nam si se gurgite tollunt Vergiliae, curvas in flava novalia falces Exercere dies, si condunt aequore flammas Tellure presso proscindere tempus aratro. Avienus folgt hier, so scheint es, mehr Hesiod, für den der Aufgang der Plejaden ebenfalls den Hochsommer bezeichnete. Er erwähnt aber bezüglich des Untergangs der Plejaden nicht, wie Germanicus, das Seewetter, sondern nur das herbstliche Pflügen. Avienus widmet also diesen ganzen Passus den Feldarbeiten. Plinius geht auf den Einfluss der Plejaden auf das Wetter ein und stellt dabei fest: Dat aestatem exortus Vergiliarum (2,123). Er bestimmt die Plejaden mit dem Wort Vergiliae, dessen Etymologie nicht ganz klar ist32. Im achtzehnten Buch der Historia nach Verfasser, von Bacchus oder Theseus an den Himmel gesetzt worden sein. Der letztere wurde manchmal mit Engonasin, dem neben der Krone stehenden Sternbild, identifiziert (Hyginus, De astr. 2,6,1–4). 31) Im Sternbild der Plejaden sind tatsächlich am Firmament sechs Sterne sichtbar, da einer, Merope oder Elektre, so Hyginus, unsichtbar sei – Merope, da sie wegen der Ehe mit dem Sterblichen bestraft sei, Elektre wegen der Verzweiflung nach dem Tod des Sohnes Dardanos (2,21,3). 32) Es gibt verschiedene Vermutungen zur Herkunft des Begriffs Vergilia: Sein Etymon sollte ver sein, weil die Plejaden mit dem morgendlichen Aufgang den
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naturalis lesen wir von der besonderen Einwirkung der Plejaden auf das Pflanzenleben. Deren Aufgang und Untergang erstrecke sich über einen Zeitraum von sechs Monaten, vom Frühling bis zum Herbst, d. h. alle wesentlichen Landarbeiten werden von diesem Sternbild begleitet: Namque Vergiliae privatim attinent ad fructus, ut quarum exortu aestas incipiat, occasu hiems, semestri spatio intra se messes vindemiasque et omnium maturitatem complexae (18,280). Die Formulierung privatim attinent ad fructos suggeriert, dass die Plejaden persönlich für die Ernten, somit für die Wetterlage verantwortlich seien. Mit aestas incipiat meint Plinius nicht den Sommer, sondern die warme Zeit, die schon im Frühling anfängt. Auf die Wichtigkeit der Plejaden für die Bauern ging schon Hesiod ein (Werke und Tage 383 ff.572.615). Germanicus und Avienus haben in ihren Aratea bei der Behandlung dieser Konstellation, wie wir gesehen haben, ebenfalls die landwirtschaftliche und meteorologische Bedeutung betont, während Arat seine Aufmerksamkeit überwiegend auf die Ätiologie des Sternbildes richtete. Deswegen wird die Meinung vertreten, dass die römischen Autoren vor allem Hesiod zum Vorbild nahmen33. Diese Folgerung ist nicht überzeugend, wenn man bedenkt, dass die Römer bei der Behandlung anderer Sternbilder (Großer Hund, Hyaden, Ziege) nicht unter dem Einfluss der Griechen standen, sondern eigene meteorologische Beobachtungen anstellten; ähnlich könnte es also auch bei den Plejaden gewesen sein. Der auf den Krebs folgende Löwe ist ein fast so heißes Gestirn wie der Sirius. Germanicus charakterisiert ihn folgendermaßen: Siccus erit Leo, praecipue cui pectora fervent (Fr. 3,9). Die Bemerkung über seine ‚entbrannte Brust‘ bezieht sich auf den hellsten, an dieser Stelle des Löwen befindlichen Stern34. Wir finden hier eine gewisse Analogie zum Sternbild des Großen Hundes, wo auch der hellste Stern, Sirius, als Quelle einer von der Konstellation ausgeFrühling verkünden; alternativ wird als Etymon das alte lateinische Hauptwort verga angegeben (klassisch virga); andere finden die Erklärung im verlorenen Wort vergum, das das Geflecht bezeichnete. Eventuell könnte Vergilia mit dem Verb vergere zusammenhängen, weil die Plejaden vere vergente aufgehen. Vgl. Le Boeuffle (1973) 434–436. 33) Vgl. Soubiran (1981) 216. 34) Der hellste Stern des Löwen, der sich an seiner Brust befindet, wird seit der Zeit des Kopernikus Regulus genannt.
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henden Gluthitze angesehen wird35. Die Tage, an denen die Sonne den Zodiakallöwen berührte, waren für die Bauern die Erntezeit, was Germanicus erwähnt (150–153): Hunc [sc. Leonem] ubi contigerit Phoebi violentior axis, accensa in Cancro iam tum geminabitur aestas. Tunc lymphae tenues, tunc est tristissima tellus, et densas laetus segetes bene condet arator. Während Germanicus bei der Beschreibung des Sirius die Formulierung accenditur aestas verwendet (336), spricht er an der eben zitierten Stelle entsprechend von geminabitur aestas, sieht also eine gleichbedeutende Einwirkung der beiden Sternbilder auf das Wetter. Er bezeichnet darüber hinaus den Löwen mit dem Epitheton fulvus (149), das noch mehr die heiße Natur dieses Tierkreissternbildes hervorhebt, weil dessen Farbe mit der Hitze des Sonnenglanzes übereinstimmt36. Germanicus geht wieder viel ausführlicher als Arat auf die vom Löwen an die Bauern gesandten Zeichen ein. Er zeigt den seine Früchte erntenden Pflüger, während Arat nur allgemein über die leeren Felder schreibt; die Darstellung des Germanicus ist also auf die typisch römische Weise an den konkreten Empfänger gerichtet. *** Der letzte von uns untersuchte Bereich der römischen Astrometeorologie umfaßt die Versuche der antiken Autoren, bezüglich der Seewettervorhersage gewisse allgemeine Regeln aufzustellen37. Die Astrometeorologie war nämlich im Altertum die einzige Möglichkeit, die Seeleute vor den für sie so gefährlichen Stürmen zu 35) Im Sommer, wenn die Sonne im Sternbild des Löwen stand, erfolgte auch der heliakische Aufgang des Großen Hundes; deswegen schrieben die Alten jenen zwei Konstellationen einen Einfluss auf die sommerliche Hitze zu. 36) Ein kraftvolles und die Hitze des Sternbilds des Löwen akzentuierendes Bild bietet uns Lucan: Si saevum radiis Nemaeum, Phoebe, Leonem / nunc premeres, toto fluerent incendia mundo / succensusque tuis flagrasset curribus aether (1,654–656). 37) Obwohl sich in den erhaltenen Werken die meteorologischen Beschreibungen meistens auf die Landarbeiten beziehen, meint Richter (1957) 175, dass die prognostische Literatur mehr an die Seefahrer als an die Bauern gerichtet sei.
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warnen – Vergil schreibt, dies sei eine der wichtigsten Aufgaben der Sternbeobachter (georg. 1,252–258)38: Hinc tempestates dubio praedicare caelo possumus (. . .) et quando infidum remis impellere marmor conveniat, quando armatas deducere classis, (. . .) aut tempestivam silvis evertere pinum: nec frustra signorum obitus speculamur et ortus, temporibusque parem diversis quattuor annum. Die Aufmerksamkeit des Autors der Georgica gilt vorrangig der Bedeutung des Auf- und Untergangs der Sternbilder, weil sie ja für die an der Astrometeorologie Interessierten am aussagekräftigsten sind. Indem Vergil die Litotes nec frustra anwendet, betont er den Wert der praktischen Beobachtungen des Firmaments im Gegensatz zu den rein theoretischen, kosmographischen Spekulationen39. Manche Sterne gingen, so Seneca, in der Sturmzeit auf die Schiffmastbäume herunter und setzten sich auf die Segel (nat. 1,1,13)40. Den Vorstellungen der alten Seefahrer gemäß waren es ihre Schutzgottheiten, Castor und Pollux, die das Sternbild der Zwillinge verließen, um ihnen bei einer Gefahr zu helfen41. Einige Sternbilder nennt Plinius d. Ä. Unheil verheißend, weil sie Stürme, Hagel und Orkane hervorriefen: haec ab horridis sideribus exeunt (18,278). Zu diesen Konstellationen zählt er den Bootes, den Orion und die Böckchen. Ähnlich wie Plinius cha38) Schon Odysseus beobachtete aufmerksam während seiner Irrfahrt auf dem Meer die Plejaden, den Bootes und die nie im Ozean versinkende Bärin (Od. 5,255–263). Wie Lorimer (1951) 97 vermutet, soll man am Himmel vor der Zeit Homers neben der Bärin, deren anderer Name ‚der Wagen‘ ist, auch den ,Pflüger‘ gekannt haben. Er sei aber nicht mehr beachtet worden, weil der Landbau im Gegensatz zu dem damals eine bedeutende Stellung einnehmenden Transportwesen kein wichtiger Zweig der mykenischen Wirtschaft gewesen sei. 39) Eine ähnliche Gegenüberstellung findet sich bei Seneca in den Quaestiones naturales. Vgl. Richter (1957) 154. 40) Heute werden diese Phänomene St.-Elms-Feuer oder Eliasfeuer genannt. Bekanntlich sind diese leuchtenden, manchmal an den Enden der Mastbäume erscheinenden Feuerkugeln keine Sterne. Sie entstehen infolge elektrischer Gasentladung. 41) Kastor und Pollux als Helfer der Seeleute während eines Sturmes finden sich bei vielen anderen Autoren: Homer, Hymn. 33; Euripides, Hel. 1501 ff.1664 f.; Isokrates 10,61; Theokrit 22,8 ff.; Horaz, carm. 1,12,27 ff.
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rakterisiert Germanicus die im Sternbild des Fuhrmanns strahlenden Böckchen als Unheil verheißend (169–174): (. . .) at manus Haedos ostendit, nautis inimicum sidus, ubi illos orbis ab Oceano celsus rapit; haut semel Haedi iactatam videre ratem nautasque paventis sparsaque per saevos morientum corpora fluctus. Es ist dies also eine vor allem für die Seeleute missliche Konstellation, was durch das dramatische Bild der von den wütenden Wellen verstreuten Körper der toten Seeleute betont wird42. Auf all dies blicken von oben die Böckchen herab, die zwar keine direkten Urheber des Unglücks sind – dem Verb rapit entspricht nämlich das Subjekt orbis celsus –, doch spürt man überall deren Unheil verheißende Atmosphäre. Bei Avienus, dem spätesten Verfasser von Aratea, sind die Böckchen persönlich verantwortlich für die heftigen Meereswinde (417–420): Qui postquam Oceano sese expedire sonoro, saeva procellosis immittunt flabra fluentis, ut spumosa truci pulsentur litora fluctu et vaga caeruleas involvent aequora puppes. Ihre Wirkung ist also noch stärker als bei Germanicus, weil sie selbst Winde senden und die See zum Wogen bringen. Es gibt hier einen analogen Befund zum Fall der Sternbilder, die Zeichen zu den Bauern senden. Sowohl Germanicus als auch Avienus konkretisieren und bauen das Bild des Seesturmes aus und zeigen ausführlicher als ihr griechischer Vorgänger den Einfluss der Böckchen auf das Wetter. Vergil spricht nicht, wie der Autor der Aratea, von „wütenden Wellen“, doch rät er, die Böckchen zusammen mit dem Bootes und der Schlange zu beobachten (Arcturi sidera nobis / Haedorumque dies servandi et lucidus anguis; georg. 1,204 f.). Diese Empfehlung findet sich in dem ersten, dem Landkalender gewidmeten Teil der Georgica; allerdings treffen die in dem Gedicht enthaltenen 42) Das Bild des Germanicus ist im Vergleich zu Arat detaillierter: o· tÉ efin èl‹ porfuroÊs˙ / pollãkiw §sk°canto kedaiom°nouw ényr≈pouw (158 f.).
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Ausführungen über die meteorologischen Erscheinungen ebenso wie für Bauern, wie vorhin angedeutet, auch für Seefahrer zu. Entsprechend zählt Plinius die Böckchen zu den stürmischen sidera, wenn er feststellt, sie wirkten sua sponte; er meint also, sie würden in bestimmten Zeiten (statisque temporibus) ein Unwetter hervorrufen (2,106)43. Dass die Plejaden die erfahrenen Seeleute vor dem nahenden Winter warnten, erwähnt Germanicus: Plias (. . .) ostendit tempora bina, cum surgit hiems portu fugienda peritis (266– 269). Eine für die Beobachter der Astralphänomene wichtige Konstellation war der Altar44. Wie Germanicus berichtet, gab er den Seeleuten zahlreiche Zeichen, die eine Wettervorhersage erlaubten. Wenn der Altar am Himmel inmitten der mit Wolken überzogenen Sterne strahlt, so ist nach Germanicus der heftige Auster zu fürchten; die Seefahrer sollten dann die Segel streichen und ruhig besseres Wetter abwarten (401–411). Cicero empfiehlt den Seefahrern, wenn der Altar teils sichtbar, teils von oben mit Nebel überdeckt sei, schnellstens einen ruhigen Zufluchtsort aufzusuchen (tum validis fugito devitans viribus Austrum; Aratea 195). Die einzige Rettung für die vom Unwetter überraschten Segler sei es, wenn die Ara selbst die sie verhüllenden Wolken entfernte. Bei Cicero ist also der Altar dynamischer als bei Germanicus dargestellt worden, weil er allein mit den plötzlichen Windstößen sich des dunklen Nebels entledigen konnte (opacam tollere nubem / coeperit et subitis auris diduxerit Ara; Aratea 1,201 f.). Cicero rät also den Seefahrern, sich auf ihre eigenen Kräfte zu verlassen, was bei Arat fehlt. Germanicus hat diesmal an Arats Text nichts geändert, somit lässt in diesem Fall Cicero den praktischen Sinn der Römer erkennen. Auch dem ‚heißen‘ Löwen wurde Einfluss auf das Seewetter zugesprochen. Wie Avienus angibt, ist er verantwortlich für das heftige Wehen der Aquilones (Tunc et Threicii repetunt animosa aquilones flabra; 401). Außer der günstigen Wirkung für das Ge43) Auch Columella stellt im Landkalender Haedi als Regensternbild vor: Quinto cal. Oct. Haedi exoriuntur; Favonius, nonnumquam Auster cum pluvia (11,2,66). 44) Dieses Sternbild wurde mit dem Namen Ara oder Turibulum bezeichnet. Es dürfte dabei eher an einen Altar zu denken sein, und dies wegen des Zentauren, der daneben am Firmament steht und dem Altar naht, um darauf ein Opfer darzubringen. Vgl. Webb (1952) 77. Der Weihrauch ist möglicherweise ein Teil des Opferaltars, und der Begriff wird wohl als ‚Pars pro toto‘ verwendet worden sein.
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deihen der Pflanzen erleichtert das Sternbild des Löwen auch den Seeleuten das Leben, die, während er aufgeht, die Ruder beiseite legen, wobei ihre Schiffe vom Meer selbst getrieben werden (otia sunt remis, pontus vehit ipse carinas; 404). *** Wie aus der Vielzahl der hier zusammengestellten Texte hervorgeht, waren die Zusammenhänge zwischen Meteorologie und Astronomie in der römischen Antike eine unbestrittene Tatsache. Die römischen Autoren gingen in ihren astronomischen oder landwirtschaftlichen Werken in verschiedenen Kontexten auf die astrometeorologischen Phänomene ein, was ihre Vertrautheit mit den (auch für uns nicht unbedeutenden) in der Atmosphäre vorkommenden Erscheinungen zeigt. Als wichtiger Exponent auf diesem Gebiet mag in der römischen Literatur Vergil gelten, der in den Georgica in dichterischer Weise die Abhängigkeit des Wetters von den Himmelskörpern dargestellt hat. An ihn wie an griechische Vorgänger knüpfen die späteren Autoren – Ovid, Columella, Seneca und Plinius d. Ä. – direkt an. Plinius bringt in seiner Naturalis historia, in der er der Prognostik zwei Bücher widmet, die Zusammenhänge zwischen Sternen und Meteorologie am umfassendsten zum Ausdruck. Viele astrometeorologische Bemerkungen finden sich auch in den astronomischen Lehrgedichten, vor allem in den Aratea des Cicero, Germanicus und Avienus, den Astronomica des Manilius und den Fasti Ovids; in ihren Beschreibungen wird bildhaft und dynamisch die Wirksamkeit der Astralfiguren vorgeführt, wie sie auf die Pflanzenwelt einwirken oder das Seewetter beeinflussen. Eine große Bedeutung für die Entwicklung der römischen Meteorologie kommt auch Senecas Quaestiones naturales zu. Die Sternbeobachtungen standen für die Römer unter dem Aspekt der praktischen Bedeutung. Die römischen Autoren, die sich mit der Astrometeorologie beschäftigten, gaben, wie wir gesehen haben, den Bauern, Seeleuten und anderen an den Wettererscheinungen Interessierten praxisorientierte Ratschläge. Solche Schlussfolgerungen aus den Beobachtungen von Sternauf- und untergang, Konfiguration der Himmelskörper oder Intensität ihres Glanzes waren weitgehend die einzigen Anhaltspunkte, ungünstige Wetterphänomene vorauszusehen. Die Bemerkungen der Autoren beziehen sich auf alle Himmelskörper, d. h. auf die Sonne,
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den Mond und die Fixsterne. Ihren Werken lagen weithin die ihnen überlieferten Erfahrungen der griechischen Vorgänger zugrunde. Allerdings finden sich auch zahlreiche eigene Beobachtungen, nämlich viele Einzelheiten in den verschiedenen Aratea, die in Arats Gedicht fehlen, oder bei Plinius und Seneca. Die Römer befassten sich also nicht nur damit, den Aufbau der Himmelssphäre und der darin strahlenden Sternbilder zu erfassen, sondern erkundeten auch den Zusammenhang zwischen der astralen Welt und den erdnäheren Phänomenen – Stürme, Regen, Winde, die für das Leben der Menschen, vor allem im beruflichen Alltag, von unmittelbarer Bedeutung waren. Literatur Beaujeu, J., Édition, traduction, et commentaire de Pline, Naturalis historia, livre II, Paris 1950. Drößler, R., Als die Sterne Götter waren, Leipzig 1976. Frisinger, H., The History of Meteorology, New York 1977. Fritscher, B., Meteorologie, DNP 8 (2000) 88–93. Gundel, H. G., Zodiakos: Tierkreisbilder im Altertum, Mainz a. Rhein 1992. Gundel, W., De stellarum appellatione et religione Romana, Gissae 1907. Hermann, M., Obraz nieba gwiadz´istego w literaturze rzymskiej epoki augustowskiej, Kraków 2001. Kroll, W., Die Kosmologie des Plinius, Breslau 1930. Le Boeuffle, A., Quelques erreurs et difficultés astronomiques chez Columelle, REL 42, 1965, 324–333. Le Boeuffle, A., Le vocabulaire latin de l’astronomie, Lille 1973. Le Bonniec, H., Edition, traduction et commentaire de Pline, Naturalis historia, livre XVIII, Paris 1972. Lorimer, H. L., Stars and Constellations in Homer and Hesiod, ABSA 46, 1951, 86– 101. Martin, A., Edition, traduction et commentaire d’Aratos, Phénomènes, Paris 1998. Richter, W., Vergilius, Georgica, herausgegeben und erklärt von W. R., München 1957. Soubiran, J., Edition, traduction et commentaire d’Aviénus, Les phénomenès d’Aratos, Paris 1981. Webb, E. J., The names of the Stars, London 1952. Wempe, H., Die literarischen Beziehungen und das chronologische Verhältnis zwischen Germanicus und Manilius, RhM 84, 1935, 89–96. Wilkinson, L. P., The Georgics of Virgil, Cambridge 1969.
Krakau
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MARTIAL ÜBER SEINE KUNST „Was durch Gelehrsamkeit in den alten Dichtern zu erklären stehet, das ist uns, die wir jetzt leben, ziemlich vorweg genommen. Aber auf mein Wort: von dem, was sich in ihnen bloß durch Geschmack und Empfindung erklären läßt, ist uns noch manches übrig gelassen, was wir zuerst bemerken können“. Über zweihundert Jahre ist es her, seit Lessing, seinen Martial vor Augen, diese Sätze niederschrieb1, und er wäre wohl erstaunt, wenn er lesen könnte, was seitdem alles über die alten Dichter, auch über Martial, gesagt wurde. Aber in gewisser Weise ist sein Urteil dennoch wahr, und sein bedeutendster Kritiker, Herder, widersprach ihm darin nicht2. Der Anspruch, mit einer richtigen Erklärung der erste zu sein, braucht nicht einmal stets erfüllt zu sein. Ein bescheideneres Verdienst mag auch schon darin liegen, unter den vielen Erklärungen die eine richtige wieder hervorzuziehen oder auch nur eine bisher unausgesprochene Selbstverständlichkeit gegen eine ausgesprochene Torheit zu schützen. Derlei hatte jener anonyme französische Freund Martials im Sinn, als er in seinem Büchlein Épigrammes contre Martial (Paris 1834) den Dichter von den Vergröberungen und Entstellungen seiner Stücke durch zeitgenössische Übersetzer befreien wollte3. Ich wende mich im folgenden einigen Fällen zu, in denen die Ambivalenz des Adjektivs malus erhöhte Aufmerksamkeit verdient. 1) Lessing (1771) 289. 2) Herders Einwände gegen Lessings berühmte Theorie des Epigramms (Herder 1786, bes. 337–344) hat Citroni (1969) mit Recht wieder zur Geltung gebracht. Aber in seiner Rezension zum Ersten Teil der Vermischten Schriften Lessings hatte Herder gerade die oben mitgeteilten Worte Lessings ausgeschrieben: Herder (1771) 345. 3) Der volle Titel lautet: „Épigrammes contre Martial, ou les mille et une drôleries, sottises et platitudes de ses traducteurs, ainsi que les castrations qu’ils lui ont fait subir, mises en parallèle entre elles et avec le texte; par un amis de Martial“. Vgl. A.-A. Barbier, Dictionnaire des ouvrages anonymes II, Paris 1882, col. 141.
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Der Widmungsbrief an Decianus zu epigr. 2 beginnt mit den Worten: ‚Quid nobis‘ inquis, ‚cum epistola? parum enim tibi praestamus, si legimus epigrammata? quid hic porro dicturus es quod non possis versibus dicere? Video quare tragoedia atque comoedia epistolam accipiant, quibus pro se loqui non licet: epigrammata curione non egent et contenta sunt sua [id est mala] lingua: in quacumque pagina visum est, epistolam faciunt.
Der Zusatz id est mala fehlt in der römischen Ausgabe des Jahres 1473 und wurde von älteren Editoren ausgeschieden, so von Schneidewin, Gilbert und Friedländer, bei dem er nicht einmal im Apparat erscheint4. Lindsay brachte ihn wieder in den Text, wo er seitdem steht (bei Heraeus, Giarratano, Izaac, Shackleton Bailey 1990 und 1993, Williams, nicht aber bei Ker). Kaum zu Recht. Heraeus verweist5 auf 1 epist.: lascivam verborum veritatem, id est epigrammaton linguam, excusarem, si meum esset exemplum und auf 8 epist.: (libelli) quibus tu famam, id est vitam, dedisti. Aber daraus folgt nur, daß erklärende Zusätze vom Typ id est . . . dem Prosastil Martials gemäß sind, nicht jedoch, daß jeder solcher Zusatz echt sein müsse, da natürlich Stileigentümlichkeiten dieser Art leicht nachzumachen sind, ja, wenn sie an so exponierten Stellen auftreten, interpolatorische Nachahmungen geradezu herausfordern können. Der Vergleich der drei Wendungen, insbesondere der zwischen 1 epist. und 2 epist., beleuchtet vielmehr gerade den Anstoß, der sich durch den Einschub in 2 epist. ergibt. In der ersten Epistel steht der Hinweis id est epigrammaton linguam völlig zu Recht, weil es hier sinnvoll ist, zum Zweck der Rechtfertigung lascivam verborum veritatem als Gattungsmerkmal des Epigramms hervorzuheben. Im Gegensatz hierzu ist der Einschub in 2 epist. nicht bloß überflüssig, sondern sogar störend, weil er die Aussage auf ein falsches Gleis lenkt. Hier kommt es allein auf den Gedanken an, daß das Epigramm, anders als die zuvor genannten dramatischen Stücke, für sich selbst zu sprechen vermag, eines Ausrufers
4) Über die Editio Romana von 1473 vgl. Schneidewin (1842) Bd. 1, p. XVI– XXV. Schneidewin war sich seiner Sache sicher, denn er bemerkt abschließend (p. XXV) über den Wert dieses Textzeugen: „Quae cum ita essent, in ursurpanda 0 [= editione Romana] cautione opus esse intellexi. Q u a u s u s s u m “. 5) Heraeus (1925) adn. crit. p. XIX, desgleichen Shackleton Bailey (1990) p. 54, im Apparat zur Stelle.
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nicht bedarf und jederzeit selbst die Aufgabe brieflicher Mitteilung übernehmen kann. Hier auf die der Gattung des Epigramms eigene Boshaftigkeit und seinen skoptischen Charakter aufmerksam zu machen, wäre, wie gesagt, fehl am Platze. Dieser Zusatz führt von der klaren Gegenüberstellung – hier Tragödie und Komödie, dort Epigramm – ab, indem er das tertium comparationis verdunkelt. Denn die Gattungen werden verglichen hinsichtlich der Möglichkeit einer direkten Zuwendung an das Publikum oder den Adressaten, die sie dem Dichter bieten bzw. nicht bieten. Und wenn Decianus verlangt, Martial solle doch lieber gleich in Versen sagen, was er ihm im Brief sagen wolle, so kann er natürlich auch nicht wünschen, daß dies mala lingua geschehe. Ich halte es daher in diesem Punkte mit Schneidewin etc., nicht mit Lindsay etc.6. Nun dürfte es aber, so oder so, kein Zufall sein, daß malus zur Bezeichnung epigrammatischer Bosheit in unmittelbarer Umgebung von 2 epist. begegnet, und zwar sowohl vorher wie nachher. Buch 1 schließt mit dem Zweizeiler (epigr. 1,118): Cui legisse satis non est epigrammata centum, nil illi satis est, Caediciane, m a l i . Citroni in seinem Spezialkommentar zum ersten Buch versteht das Gedichtchen als Äußerung affektierter Bescheidenheit auf der Grundlage des kallimacheischen Prinzips m°ga bibl¤on, m°ga kakÒn und stellt allerlei vermeintliche Belege für diesen „Topos“ aus Martial zusammen7. Ähnlich urteilt der Kommentator Howell: „. . . M., as often, adopts a tone of mock-modesty“8. Beide Erklärer verfehlen die Pointe. Martial spricht nicht von seinen Epigrammen, sondern von Epigrammen schlechthin. Da es aber nicht die Eigenart schlechterdings aller Epigramme ist, qualitativ minderwertig zu sein, hat er etwas anderes im Sinn. Helm trifft das Rechte:
6) Helm (1957) läßt den Einschub in 2 epist. fort, ohne jedoch im Verzeichnis der „Textänderungen gegenüber Heräus“ (33) darauf hinzuweisen. Mißverstanden ist der Einschub bei Hofmann (1997 bzw. 2000) 76: „Epigramme . . . begnügen sich mit ihrer eigenen, das heißt ihrer bescheidenen (!) Sprache.“ 7) Citroni (1975) 359; vgl. auch Citroni (1968) 282. 8) Howell (1980) 353. Desgleichen Barié und Schindler (1999) 1178 in ihrer erklärenden Bemerkung zu 118,2.
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Wem Epigramme selbst hundert noch nicht genug sind zu lesen, Caedician, der bekommt niemals des B ö s e n genug. Gewiß dürfte das Stück nicht ohne Absicht an den Schluß des Buches gerückt sein, wodurch sich ein gewisser Bezug der epigrammata centum zu den (rund!) hundert Gedichten des ersten Buches einstellt. Aber jedes Martialgedicht, jedes Epigramm überhaupt, bildet ein selbständiges Kunstwerk und muß auch unabhängig von seiner Stellung innerhalb der Sammlung einen Sinn ergeben. Dies ist der Fall, wenn man interpretiert wie Helm, nicht aber, wenn man interpretiert wie Citroni und Howell. Dabei braucht gar nicht streng geleugnet zu werden, daß Martial hier vielleicht mit der Ambivalenz von malus (‚schlecht‘ und ‚böse‘, etwa wie das deutsche ‚schlimm‘) spielt, wie er das auch sonst tut. Aber die Bedeutung ‚böse‘ ist jedenfalls unentbehrlich, weil sie eine vom Sinn geforderte allgemeine Eigenschaft des Epigramms bringt9. In 2,1 redet Martial sein Buch an und rechnet ihm die Vorteile der eigenen Kürze vor: Tertia res haec est, quod si cui forte legeris, sis licet u s q u e m a l u s , non odiosus eris. te conviva leget mixto quicunque, sed ante incipiat positus quam tepuisse calix Esse tibi tanta cautus brevitate videris? Ei mihi, quam multis sic quoque longus eris!
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Helm trifft mit der Übersetzung „b o s h a f t “ für malus wieder ins Schwarze, obschon er usque unterschlägt. Ein Epigrammbuch, auch ein kurzes, das von A bis Z „schlecht“ wäre, müßte unbedingt odium erregen, und Martial wäre der letzte, der sich etwas anderes erhoffte. Non odiosus eris kann auch nicht jedweden Verdruß in Abrede stellen, sonst würde ja die Schlußpointe: . . . sic quoque lon9) Es ist eine berechtigte Forderung moderner Martialinterpreten, auch die nicht-skoptischen, ernsten Gedichte des Epigrammatikers in den Kreis der Betrachtung zu rücken (Citroni 1969, passim, bes. 235; Frassinetti 1973, passim). Aber Äußerungen wie die in 1,118 beweisen, daß der Dichter selbst im bissigen Spott ein Wesensmerkmal seiner Kunst erblickte. Die Epigrammsammlung des Domitius Marsus, den Martial immer wieder als seinen Vorgänger nennt, hieß Cicuta!
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gus eris schon hier gebrochen. Nur jenes odium, das die wiederkehrende Bissigkeit der Epigramme auslösen könnte, darf der Dichter vorab ausschließen, ohne der eigenen Prognose in Vers 12 (die durch 2,6 bestätigt wird!) den Boden zu entziehen. Zu odiosus vgl. 8,6,1 ff., wo auch die Situation ähnlich ist: Archetypis vetuli nihil est odiosius Aucti . . . . Wie gesagt: Daß jener ungeschickte Einschub in 2 epist. unabhängig von 1,118 und 2,1 entstanden sei, wird man sich kaum denken können. Der pointierte Buchschluß in 1 sowie der entsprechende Gebrauch von malus im Eröffnungsgedicht zu 2 provozierten vielmehr gemeinsam den schulmeisterlichen Zusatz im dazwischenstehenden Widmungsbrief 2, wobei auch der leicht zu spannende Bogen von Epistel zu Epistel, also von 2 epist. zu der ähnlichen Formulierung in 1 epist., mitgewirkt haben dürfte. Voraussetzung hierfür war freilich, daß die Episteln nicht mehr, wie wohl ursprünglich, auf den Außenseiten der einzelnen Buchrollen standen10 und die Bücher 1 und 2 überhaupt zusammengerückt waren, kurzum, daß sich Verhältnisse gebildet hatten, wie sie mindestens für die spätantiken Martialrezensionen anzunehmen sind11. Daß darüber hinaus noch 3,80,2 linguae . . . malae im Spiele gewesen sei, braucht man kaum zu unterstellen. Wer dieser Herleitung der Verderbnis in 2 epist. zustimmt, muß freilich dem Interpolator wenigstens hinsichtlich des Verständnisses von 1,118 mehr zutrauen als den beiden jüngsten Erklärern. Das pauschale Zugeständnis, er mache schlechte Sachen, wird man bei Martial überhaupt nicht finden. Solche „Bescheidenheitstopik“ liegt ihm gänzlich fern. Was dafür zu sprechen scheint, erweist sich bei näherem Zusehen als andersartig. Das Bekenntnis 6,82,10: . . . quia sum malus poeta beruht gleichfalls auf witzigem Bedeutungsspiel mit malus, wie Ronconi erkannt hat12, und für die versus mali in 9,89 gilt dasselbe, wie nach Ronconi auch Ursula Joepgen bemerkte13. Ich gehe daher auf diese beiden Fälle nicht mehr ein. Auf einem anderen Blatt stehen Äußerungen wie 1,16: 10) Birt (1882) 1423. 11) Mindestens: weil damit zu rechnen ist, daß diese Rezensionen ihrerseits auf eine kritische Gesamtausgabe zurückgehen; vgl. Citroni (1975) p. LXXI– LXXIII. 12) Ronconi (1964) 971. 13) Ronconi (1964) 971; Joepgen (1967) 73.
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Sunt bona, sunt quaedam mediocria, sunt mala plura quae legis hic: aliter non fit, Avite, liber. Hier konstatiert Martial Qualitätsunterschiede innerhalb eines Buchs; ähnlich lautet 7,81. Man mag sich dabei an den Zweizeiler „Distinktionszeichen“ in Goethes Xenien erinnert fühlen: „Unbedeutend sind doch auch manche von euren Gedichtchen!“ Freilich, zu jeglicher Schrift braucht man auch Komma und Punkt. Wer sehr viele Epigramme macht, wird sich vielleicht nicht in jedem Stück auf gleicher Höhe halten können. Das festzustellen brauchte dem Meister des Genos ebensowenig schwer zu fallen wie Goethe oder Schiller, und Lessings Bewunderung für Logau wurde dadurch nicht gemindert, daß man sein Buch unter Umständen „siebenmal aufschlug, und siebenmal etwas sehr mittelmäßiges fand“, enthielt doch die Masse der epigrammatischen Poesie Logaus daneben so viel Vorzügliches14. Wie weit der lateinische Epigrammatiker davon entfernt war, die von ihm selbst empfundene und von den Kritikern notierte Unterschiedlichkeit der in einem Buch vereinigten Gedichte als Beweis eigenen Unvermögens gelten zu lassen, zeigt 7,90: Iactat inaequalem Matho me fecisse libellum: si verum est, laudat carmina nostra Matho. aequales scribit libros Calvinus et Umber: aequalis liber est, Cretice, qui malus est. Die Abkehr vom Stilideal der aequalitas dürfte, wie das an denselben Adressaten gerichtete Stück 10,46 nahelegt, die Bejahung eines gewissen Qualitätsunterschieds durchaus einschließen15. Gleichmäßigkeit, sagt Martial, gibt es nur im Schlechten; gute Epigrammatik, wie er sie bietet, erzeugt unvermeidliche Unterschiede. Martial steckt also keineswegs zurück, hält vielmehr auch auf dieser Ebene der Auseinandersetzung mit den Kritikern seine hohen 14) Lessing (1759) 130. 15) Vgl. Citroni (1968) 271 f.
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Ansprüche voll aufrecht. Kann es einen besseren Beweis für die Richtigkeit der eben vorgetragenen Interpretationen zu 1,118 und 2,1 geben als die Reihe der Epigramme 1,16; 7,81.90? Oder soll man glauben, der Dichter, der in 1,16 jene qualitative Mischung als condicio sine qua non eines guten Epigrammbuchs erachtet, schlage zum Schluß in 1,118 a l l e Stücke des Buchs (centum ist Summenzahl) der negativen Seite zu? Man wende nicht ein, die Wahrheit schillere eben bei Martial in manchen Farben! Gewiß: Zum Systematiker darf man ihn nicht machen. Der Epigrammatiker liebt es, die Dinge von verschiedenen Seiten zu betrachten und die jeweils gewählte Ansicht des Gegenstands scharf zu beleuchten. Aber das bedeutet nicht, daß bei ihm pure Willkür regiere. Gerade die vielgerühmte „Variationskunst“ setzt klares Erfassen und sicheres Festhalten des Gegenstands voraus. Die Serie der Hasen-LöwenEpigramme des ersten Buchs würde empfindlichst gestört, wenn Martial nicht durchweg jenen wunderlichen Dressurakt behandelte, sondern dazwischen einmal einen Löwen zuschnappen ließe. Erst recht bei der Beurteilung der eigenen Kunst steht bare Regellosigkeit nicht zu erwarten. Dies gilt es vor allem zu beherzigen, wenn man den Kreis jener Selbstaussagen ins Auge faßt, die sich unter das Stichwort nugae (pa¤gnia) einordnen lassen. Ille ego sum nulli nugarum laude secundus . . . wollte Martial unter seine Porträtbüste geschrieben sehen (9 epist. v. 5; vgl. 7,99,7 u. ö.). Daß er mit seinen nugae sich ebenso wie Catull und Marsus dauernden Ruhm glaubte erobert zu haben, ist sicher (8,3,5–8; 10,2,5–12; vgl. 6,61), und Otto Seel hätte diesen Anspruch nicht so arg verkennen dürfen16. Auf der anderen Seite nimmt Martial oft die Haltung einer kühlen, überlegenen Distanz gegenüber den eigenen nugae ein. So etwa, wenn er einen Lupercus für vernünftig erklärt, weil er die Epigramme des vom 16) Seel (1961) 62 bzw. 166 f. Die herablassende Art des Urteils bei Plin. epist. 3,21,6 dürfte durch politische Rücksichten mitbestimmt sein. Dafür spricht der kühle Gesamtton, durch den sich dieser Nachruf ebenso wie der auf Silius (Plin. epist. 3,7) von allen anderen plinianischen Trauerbriefen merkwürdig abhebt (dies letztere richtig beobachtet von Bütler 1970, 114 mit Anm. 25). Von Silius heißt es bei Plinius ausdrücklich: laeserat famam suam sub Nerone (3,7,3), und von Martial galt gewiß in vieler Augen dasselbe für die Zeit sub Domitiano – wenn auch mit anderer Begründung und in unterschiedlichem Grade. So jedenfalls erklärte sich die schiefe Prognose über Martials Fortleben bei einem Manne, der doch einen Tacitus und einen Silius treffend einschätzte (vgl. epist. 7,33,1 bzw. 3,7,5) und der auch Martials Vorzüge sehr wohl kannte (3,21,1). Auch dies gegen Seel a. O.
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Buchhändler geforderten Preises nicht für wert erachtet (1,117,18), oder einem Quintus versichert, er selbst würde für seine nugae auch nichts bezahlen wollen (4,72). Auf der gleichen Ebene liegt die Reihe der Stücke, die den Gedanken variieren, die Epigramme verdienten einfach ausgewischt zu werden (1,5; 3,100; 4,10; 9,58; 14,196). Aber derlei Äußerungen beziehen sich stets auf den gattungshaften Gesamtcharakter der pa¤gnia, die Erzeugnisse leichter, spielerischer Muße sein wollen, und sie sollen den Gegensatz zur Dichtung hohen Stils einschärfen. Nichts folgt daraus für die Qualität der nugae als nugae. Das zeigt sehr schön 4,10, ein Gedicht, das Citroni zu Unrecht den vermeintlichen Belegen „affektierter Bescheidenheit“ à la Curtius zugeschanzt hat17: Dum novus est nec adhuc rasa mihi fronte libellus, pagina cum tangi non bene sicca timet, i puer et caro perfer leve munus amico qui meruit nugas primus habere meas. curre sed instructus: comitetur Punica librum spongea: muneribus convenit illa meis. n o n possunt nostros m u l t a e, Faustine, liturae emendare iocos: u n a litura potest.
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Das Epigramm ist ein Spiel mit der Sitte, Freunde um Emendation eines Werks zu bitten. Ebensolche Emendation bezeichnet Martial als für sein Buch unmöglich: Non possunt nostros multae, Faustine, liturae / emendare iocos. Darin liegt stolzes Bewußtsein der Tadellosigkeit der eigenen Leistung. Nur ganz tilgen, vernichten könne und dürfe man die Sammlung der Gedichte: una litura potest (sc. emendare). Und deswegen schickt er der frischbeschriebenen Rolle den Schwamm gleich mit. Darin äußert sich die überlegene Distanz gegenüber den nugae, dem leve munus. Aber in diesem Rahmen, auf dieser Ebene beansprucht der Autor Höchstes und Bestes geleistet zu haben: Als vollkommene Gebilde, an denen nichts zu bessern ist, stellt er die Gedichte vor. Das ist der Sinn der Schlußpointe, der Antithese: non . . . multae . . . liturae . . . una litura. Vor diesem Hintergrund ist auch das Epigramm 2,8 zu betrachten, dessen Verständnis wieder von dem einen Wörtchen malus abhängt: 17) Citroni (1975) 359.
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Si qua videbuntur chartis tibi, lector, in istis sive obscura nimis sive Latina parum, non meus est error: nocuit librarius illis, dum properat versus adnumerare tibi. quod si non illum sed me pecasse putabis, 5 tunc ego te credam cordis habere nihil. ‚Ista tamen mala sunt‘. Quasi nos manifesta negemus! haec mala sunt, sed tu non meliora facis. Verkannt wird das Schlußdistichon und damit der Sinn des Ganzen. Zu dem Sätzchen sed tu non meliora facis (V. 8) bemerkt Friedländer: „Der Sinn scheint zu sein: Du verbesserst die Fehler nicht, was du doch durch stillschweigende Berichtigung leicht könntest und solltest“. S c h e i n t zu sein! Kennen wir so Martial? Dürfen wir in einem Gedicht, das die obscuritas verurteilt, gerade diesen Fehler vermuten? Housman hat diese Deutung scharf zurückgewiesen18, und sie hätte nicht wieder aufgegriffen werden dürfen19. Friedländer versteht offenbar non meliora facis im Sinne von non meliora reddis, sc. haec (carmina). Aber solche Ellipse des Objekts wäre wegen des Kasuswechsels hart. Außerdem paßte dann die Erwiderung des Autors nicht zur vorausgehenden Kritik des Lesers: ista t a m e n mala sunt (V. 7). Daß die Schreibfehler des librarius nicht dem Autor anzulasten seien, konzediert ja der lector, aber trotzig erwidert er: „D e n n o c h sind sie (die carmina) schlecht“20. Ähnlich lautet die störrische Widerrede des Kritikers Tucca 6,65,3: sed t a m e n hoc longum est. Aber in 2,8 geht es um ein ästhetisches Gesamturteil, und mit ihm setzt sich Martial abschließend auseinander. Die pauschale Art des Einwands erinnert an Ovid, trist. 5,1,69 ff., der ebenfalls einen Einwurf seines Lesers fingiert: ‚at mala sunt‘. fateor: quis te mala sumere cogit? aut quis deceptum ponere sumpta vetat? ipse nec emendo, sed ut hic deducta legantur, non sunt illa suo barbariora loco.
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18) Housman (1907) 234 [715]. 19) Die Nachweise bei Williams (2004) 52. 20) Die bloßen Pronomina ista . . . haec weisen auf die vorgelegten Epigramme – mit der Unterscheidung der sprechenden Personen. Ohne solche Scheidung epigr. 5,15,5 f.: ‚Quid tamen haec prosunt quamvis venerantia multos?‘ / Non prosint sane, me tamen ista iuvant. Ferner: 1,70,18; 5,6,16 u. ö.
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Auch darin gleichen sich die beiden Stellen: Beide Dichter scheinen ihren Lesern recht zu geben. Aber wenn Ovid einräumt, seine Verse seien schlecht, hat er etwas ganz anderes im Sinn als Martial: Aus ihrer minderen Qualität solle man auf den Ort schließen, wo sie entstanden. Martial dagegen hat ja seine Verse für frei von Fehl und Tadel erklärt, ja er ist so weit gegangen, dem Leser, der die offensichtlichen Fehler des Sekretärs nicht als solche erkenne, Urteilslosigkeit vorzuwerfen. Wenn er nun der weitgehenden Kritik dennoch recht zu geben scheint, ja noch mehr: die ‚Schlechtigkeit‘ der Epigramme für evident erklärt, so muß uns solches Zugeständnis parå prosdok¤an treffen, und unsere Überraschung nimmt noch zu, wenn der Autor den entscheidenden Begriff der Kritik wiederaufnimmt: haec mala sunt. Aber der letzte Satz bringt alles wieder ins Lot: Da Martials Epigramme offenkundig ‚schlecht‘ sind, andererseits diese ‚Schlechtigkeit‘ eine Qualität einschließt, die der Kritiker nicht übertreffen kann (sed tu non meliora facis)21, werden wir darauf geführt, daß mala im Munde des Autors kein Werturteil enthält, sondern wieder jenes bekannte Charakteristikum der Gattung nennt. Der rechthaberische Einwand in Vers 7 ist absichtlich mißverstanden, das Ganze witzig geschlossen. Cicero bemerkt über das éprosdÒkhton: quod si admixtum est etiam ambiguum, fit salsius (de orat. 2,255). Lessing suchte sich mit sicherem Griff gerade diese beiden Mittel des Witzes aus, als er Beispiele für die mannigfachen Arten der acumina vorführen wollte22, und die innere Verwandtschaft dieser beiden entging ihm nicht23. Zweimalige Setzung eines gleichen Worts mit jeweils anderer Bedeutung – wie hier die Wiederholung von mala in Vers 7 und Vers 8 – hätte die antike Theorie der Paronomasie zugeordnet. Um wenigstens eine Parallele zu nennen: Epigr. 3,30,5 f. spielt Martial in ähnlicher Weise mit der doppelten Bedeutung des Ausdrucks cum ratione. Auch in zwei neueren Kommentaren ist der Doppelsinn in 2,8,7 f. verkannt24. 21) Helm (1957) 96: „aber du bringst nichts Gescheiteres hervor“ – schwach, weil so die Antithese mala – meliora verdunkelt wird. 22) Lessing (1771) 243–247. 23) Die verschiedenen Möglichkeiten der Verbindung von Doppeldeutigkeit und Überraschungseffekt hat Gerlach (1911) 15–18 näher zu bestimmen gesucht. Unser Fall gehört darüber hinaus in den weiten Bereich des Wortspiels bei Martial (nicht behandelt bei Joepgen 1967). 24) Watson (2003) 75. Die Kommentatoren begehen den Fehler, mit diesem Gedicht jene andersartigen Selbstaussagen zu verquicken, von denen oben die Rede
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Man meint, der Schlußvers gebe zu erkennen, daß Martial sich gegen einen Dichter-Kollegen wende („a fellow poet“)25. Aber angeredet wird in Vers 1 der Leser schlechthin (lector), und nichts erlaubt uns, das Gedicht umzuwidmen, da doch der Autor den Adressaten eingangs klar benannt hat26. Auch das „Du“ im Schlußvers (sed tu) kann nur auf den Leser im allgemeinen bezogen werden, und das ist wesentlich; denn nur so erhält der Schluß volle Kraft: N i e m a n d macht Besseres. Literatur Barié, P. / Schindler, W., M. Valerius Martialis, Epigramme. Lateinisch-deutsch, herausgegeben und übersetzt, Düsseldorf / Zürich 1999 Birt, Th., Das antike Buchwesen in seinem Verhältnis zur Literatur, Berlin 1882 (Nachdruck: Aalen 1959) Bütler, H.-P., Die geistige Welt des jüngeren Plinius, Heidelberg 1970 Citroni, M., Motivi di polemica letteraria negli epigrammi di Marziale, Dialoghi di Archeologia 2 (1968) 259–301 Citroni, M., La teoria lessinghiana dell’epigramma, Maia 21 (1969) 215–243 Citroni, M. (Ed.), M. Valerii Martialis Epigrammaton liber primus, Firenze 1975 Frassinetti, P., Marziale poeta serio, in: Argentea Aetas. In memoriam Entii V. Marmorale, Genova 1973, 161–180 Friedländer, L. (Ed.), M. Valerii Martialis epigrammaton libri mit erklärenden Anmerkungen, Leipzig 1886 (Nachdruck: Amsterdam 1967) Gerlach, O., De Martialis figurae éprosdÒkhton quae vocatur usu, Diss. Jena 1911 Giarratano, C. (Ed.), M. Valeri Martialis epigrammaton libri XIV, Torino 1950 Gilbert, W. (Ed.), M. Valerii Martialis epigrammaton libri, Leipzig 11886, 21896 Helm, R., Martial. Epigramme, eingeleitet und im antiken Versmaß übertragen, Zürich 1957 Henriksén, Ch., Martial, Book IX, A Commentary, vol. 2, Uppsala 1999 = Acta Universitatis Upsaliensis, Studia Latina Upsaliensia 24,2
war: also solche, in denen Martial die unterschiedliche Qualität seiner im Buch vereinigten Gedichte zugibt (7,81.90) oder seine Distanz zur Gattung betont (11,1; 13,2); ja sogar Auseinandersetzungen mit bestimmten, einzelnen, namentlich genannten Kritikern werden als Parallelen beigezogen (1,91.110; 2,77; 9,50). Dieser letztere Fehler auch bei Williams (2004) 52. 25) Watson (2003) 75 zu V. 8: „M.’s admission of the shortcomings in 7 is amusingly undercut by the revelation that the criticisms which he seeds to defuse are the tendentious ones of a fellow poet“. Solche Offenbarung gibt es nicht. Williams (2004) 52 verweist auf 1,91 und 1,110, wo jeweils ein bestimmter Mann angeredet wird: Laelius bzw. Velox! 26) Die Anreden an den Leser beweisen, wie Henriksén (1999) 106 zu Mart. 9,81,1 mit Recht betont, daß Martial auch über den Hörerkreis seiner Rezitationen hinausblickt.
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LA FOLLE SUBJECTIVITÉ DE PRIAPE (PR. 68)
LXVIII Rusticus indocte si quid dixisse uidebor, Da ueniam: libros non lego, poma lego. Sed rudis hic dominum totiens audire legentem Cogor Homeriacas edidicique notas. Ille uocat quod nos ‘psolen’ colÒenta keraunÒn; Et quod nos ‘culum’, kouleÚn ille uocat. Smerdal°on certe si res non munda uocatur Et pediconum mentula ‘merdalea’ est. Quid? nisi Taenario placuisset Troica cunno Mentula, quod caneret, non habuisset opus. Mentula Tantalidae bene si non nota fuisset, Nil, senior Chryses quod quereretur, erat. Haec eadem socium tenera spoliauit amica, Quaeque erat Aeacidae, maluit esse suam. Ille Pelethroniam cecinit miserabile carmen Ad citharam, cithara tensior ipse sua. Nobilis hinc nata nempe incipit Ilias ira Principiumque sacri carminis illa fuit. Altera materia est error fallentis Vlixei; Si uerum quaeras, hunc quoque mouit amor. Hic legitur radix, de qua flos aureus exit, Quem cum m«lu uocat, mentula m«lu fuit. Hic legimus Circen Atlantiademque Calypson Grandia Dulichii uasa petisse uiri. Huius et Alcinoi mirata est filia membrum Frondenti ramo uix potuisse tegi. Ad uetulam tamen ille suam properabat, et omnis Mens erat in cunno, Penelopea, tuo:
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E m m a n u e l P l a n t a d e / D a n i e l Va l l a t
Quae sic casta manes, ut iam conuiuia uisas Vtque fututorum sit tua plena domus. E quibus ut scires quicumque ualentior esset, Haec es ad arrectos uerba locuta procos: ‘Nemo meo melius neruum tendebat Vlixe, Siue illi laterum, siue erat artis opus. Qui quoniam periit, uos nunc intendite, qualem Esse uirum sciero, uir sit ut ille meus.’ Hac ego, Penelope, potui tibi lege placere, Illo sed nondum tempore factus eram.1
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Si j’ai l’air de parler sottement, en rustre, pardonne-moi: je ne cueille pas des livres, mais des fruits. Mais à force d’écouter ici, malgré mon ignorance, mon maître lire, j’ai appris quelques gloses homériques. Il nomme ‘foudre foudroyant’ ce que nous nommons ‘queue’, et nous ‘cul’, ce qu’il appelle ‘fourreau’. Et si une chose dégueulasse est ‘terrible’, elle est terrible, la queue merdique des pédés. Eh quoi? Si la queue troyenne n’avait pas plu au con Ténarien, il n’aurait rien eu à chanter. Si la queue du Tantalide n’avait pas été fameuse, le père Chrysès n’aurait pas eu à pleurnicher. C’est bien elle qui priva son allié de sa tendre copine, et celle qui appartenait à l’Eacide préféra appartenir à l’autre. Lui, penché sur sa lyre Péléthroine, chante son chant dolent, et bande plus dur que sa lyre. La noble Iliade naquit bien de cette querelle: c’est elle qui suscita le chant sacré. C’est une autre histoire, l’errance du fourbe Ulysse. Si tu veux la vérité, lui aussi, Amour le mut. Là, il est question d’une racine, d’où sort une fleur en or: ce qu’il appelle ‘moly’, c’était sa queue! Là, nous lisons que Circé et Calypso, fille d’Atlante, recherchèrent le gros paquet du mâle Dulichien. La fille d’Alcinoos s’étonna que son membre ne pût être recouvert d’un rameau feuillu. Lui, cependant, il se hâte vers sa petite vieille, et tout son esprit, Pénélope, demeurait dans ton con. Et toi, si tu restes si sage, c’est pour hanter désormais les festins et pour que ta maison soit pleine de baiseurs. Voici ce que tu dis à tes prétendants bandants: ‘Nul mieux que mon Ulysse ne tendait son grand nerf, qu’il s’agît de ses reins ou de son arc. Puisqu’il est mort, à vous de bander, maintenant: je saurai qui est un homme, afin d’en faire mon homme.’2 À ces conditions, Pénélope, j’aurais pu te plaire, mais, en ce temps-là, on ne m’avait pas encore créé.
A. t’Sertevens, qui eut le mérite de traduire en français les Priapées dans les années 1930, émit toutefois un jugement sévère 1) Texte de R. E. Clairmont, Carmina Priapea, Diss. Loyola Univ. Chicago 1983, sauf v. 4 Homeriacas : Homereas Clairmont; v. 7 Smerdal°on : Merdãleon Clairmont; v. 9 Quid? : Quod Clairmont. 2) Ou: «qu’il soit un homme, comme l’était le mien».
La folle subjectivité de Priape
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sur le texte 68: «c’est le seul qui soit obscène, parce qu’il est sans art»3. Seul obscène? Que dire alors, par exemple, de la crudité des pièces 35, 46 ou 78? On ne lit pas les Priapées pour porter ce genre de jugement. Sans art? Nous croyons, au contraire, que cette priapée témoigne d’une grande maîtrise du discours, jusque dans son apparence d’improvisation forcenée. Certes, par sa longueur et sa matière, elle est inhabituelle, mais aussi offre-t-elle un champ d’application particulièrement propice à une étude littéraire et linguistique de la parole priapique, soumise à une subjectivité toutepuissante. Là réside, nous semble-t-il, l’enjeu de ce texte: c’est la subjectivité de Priape qui lui confère son flou énonciatif, sa rigoureuse dynamique dans l’interprétation érotique de l’épopée, son organisation subversive du désordre. Nous souhaitons, à travers cette analyse, réfuter le raisonnement de t’Sertevens, et réhabiliter une véritable composition poétique trop souvent obscurcie, aux yeux des lecteurs, par son étourdissante obscénité. 1. Ambiguïtés énonciatives Au sein de cette priapée s’établit une texture énonciative ambiguë qui brouille, volontairement, les identités et gêne toute stabilisation: qu’il s’agisse du locuteur, de l’interlocuteur, des objets du discours, tout acte de référence s’opère à travers un flou discursif. Les marques énonciatives explicites du locuteur sont ainsi limitées au premier et au dernier distique, c’est-à-dire à l’introduction et à la chute (Séquences 1 et 7; cf. 2.1.), mais s’effacent, dans le reste du poème, derrière le discours priapique lui-même. Le locuteur ne se présente pas, mais s’introduit dans un contexte bucolique (rusticus, poma vv. 1–24) à travers un verbe qui joue sur l’apparence (uidebor v. 1). Nous pénétrons donc dans un domaine d’incertitude, où l’ambiguïté du locuteur implique une ambiguïté sur le locuteur. De fait, il faut répondre à la question suivante: qui s’exprime? Instinctivement, on songe à Priape. Mais le locuteur ne revendique 3) A. t’Sertevens, Les Priapées, Poèmes érotiques latins mis en français, Lausanne 1929, réimpr. 1977, ad loc. 4) Le terme pomum, assez fréquent, est caractéristique du décor de la priapée, cf. Pr. 21,3; 23,2; 38,3; 42,2; 53,6; 58,3; 60,1; 68,2.
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nulle part sa divinité: il ne met en avant que sa rusticitas, ses activités potagères et les lectures de son maître. Il pourrait donc s’agir aussi bien d’un custos ou d’un uilicus, d’autant que le poma lego du v. 2, pris au sens propre, suggère une mobilité que le dieu, prisonnier de sa statue, ne connaît pas ailleurs dans les Priapées5. Inversement, la fixité propre au dieu apparaît certainement dans le cogor conjectural des éditions modernes: si le locuteur est contraint d’écouter des lectures, c’est qu’éventuellement il s’agit de Priape, à qui l’immobilité cause bien des déconvenues6. Le factus eram (v. 38), peu propre à désigner une naissance humaine, renverrait alors à la matérialité de la statue7, d’autant que le terme dominus réfère volontiers au possesseur d’une statue ou d’un numen secondaire8. Enfin, certaines différences topiques entre le premier et le dernier distique font douter de l’unité du locuteur, qui semble se scinder en deux: le second a oublié sa rusticitas au profit d’avances euphémisées adressées à Pénélope. Pour des raisons de cohérence interne au discours phallique, il est finalement probable que Priape est le locuteur, mais son identité demeure floue. Seule s’impose une subjectivité forte, qui occupe l’espace énonciatif du texte, mais ne se sent pas tenue de se définir. Quant à l’interlocuteur, il est inexistant: les deux seules marques verbales da ueniam (v. 2) et quaeras (v. 20) ne suffisent pas à construire une identité. Elles habillent le monologue et servent, certes, à établir une superficialité dialogique, une apparence d’interaction verbale: Priape feint de s’inquiéter de l’avis d’un quidam, mais c’est pour mieux retourner à ses démonstrations phalliques. Il faut également tenir compte de la valeur dépersonnalisante de la deuxième personne du singulier, qui, linguistiquement, virtualise le référent. Il n’existe donc pas de réel interlocuteur: les deux marques en question produisent un effet conversationnel, mais non énonciatif. Au-delà de cet interlocuteur fantôme, le locuteur retrouve sa propre subjectivité, sa solitude énonciative qui le pousse vers le fantasme. 5) Cf. Pr. 63. 6) Cf. Pr. 13; 26; 32; 63. Ces déconvenues sont d’ailleurs fort plaisantes (cf. aussi 10; 56): la distanciation introduite par l’autodérision souligne à son tour la forte subjectivité priapique, qui ne se situe absolument pas dans le religieux, mais dans le burlesque. 7) Pr. 10,5: tu Priapus esto. 8) Cf. Pr. 57, ou Martial 6,47 pour une source (nympha).
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Dans les distiques étymologiques, l’identité du couple ille/nos (v. 5–6 Ille uocat quod nos . . .) n’est pas mieux assurée. Au moins deux possibilités sont envisageables: soit ille réfère au dominus cité deux vers plus haut, et nos au locuteur: mais pourquoi alors le pluriel? Pluriel de modestie? Implication d’autres référents? Soit l’on extrait Homère de l’adjectif Homeriacas (v. 4), pour en faire le référent du pronom ille: nos regrouperait alors le dominus, le locuteur, voire d’autres référents, c’est-à-dire, selon l’usage des énoncés étymologiques, le groupe des lecteurs latins par opposition à l’auteur grec: seraient alors justifiés les commentaires étymologisants et bilingues de Priape (cf. 3.1). Les mêmes incertitudes pèsent sur le legimus du v. 23. De qui s’agit-il? Des lecteurs d’Homère, quels qu’ils soient? D’un groupe de lecteurs composé du dominus et du locuteur, voire de l’interlocuteur fantôme? Le corps du texte offre des difficultés similaires, dues cette fois à l’absence de pronoms sujets pour les verbes caneret et habuisset opus (v. 10). De qui parle-t-on? Grammaticalement, le sujet devrait être celui de uocat plus haut, c’est-à-dire le dominus: l’on verrait fort bien dans caneret une lecture orale du poème, assimilée à un chant. Mais, plus que du lecteur, le chant demeure l’apanage du poète-aède9: aussi les deux verbes en question pourraient-ils s’appliquer à Homère. Par ailleurs, le quatrième distique, au passif (uocatur v. 7), évacue la notion de sujet actant entre les vers 6 et 10, au détriment de la chaîne de référence. On constate donc un effacement du sujet, par opposition à la suite du texte, où quereretur (v. 12) et cecinit (v. 15) possèdent des sujets réels (Chrysès et Achille, personnages épiques): on passe donc, en quelque vers, du chant d e l’Iliade au chant d a n s l’Iliade, selon un principe dynamique propre au texte. Même flou au v. 22 pour le verbe uocat, qui suit le passif legitur, et dont le sujet est plus indéterminable encore qu’au v. 5: outre les possibles dominus et Homère, ajoutons, comme sujets potentiels, Ulysse lui-même, ou le dieu Hermès (absent du texte, mais c’est lui qui le premier, dans l’Odyssée 10,305, évoque l’herbe magique). Dans le reste du texte, qui avance à la hussarde, on assiste à une neutralisation progressive des valeurs de la déixis, qui couron9) Cf. Virgile, Georg. 4,466 (Orphée).
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ne une situation énonciative déjà erratique. Observons le fonctionnement référentiel des déictiques anaphoriques hic et ille au fil du texte: Déictique
Référent
ille v. 5–6 haec v. 13 ille v. 15 illa v. 18 hunc v. 20 huius v. 25 ille v. 27 illi v. 34 hac v. 37
dominum v. 3 (ou Homerus?) mentula v. 11 Aeacidae v. 14 ira v. 17, ou haec v. 13 (= mentula) Vlixei v. 19 uiri v. 24 huius v. 25 Vlixe v. 33 v. 35–3610
La confusion énonciative sort renforcée de ces chaînes de référence: les mêmes emplois caractérisent hic et ille sur le plan linguistique, sans qu’on puisse attribuer réellement à l’un ou l’autre un rôle spécifique, ni référentiel, ni axiologique. Si hic, par exemple, marque, comme il est normal, une reprise immédiate (aux vv. 20 et 25), la chaîne est d’autres fois distendue, sans être rompue, par un ou plusieurs autres référents: dans les vv. 10 à 15, en particulier, on assiste à un glissement subjectif progressif: en quelques vers, au sujet indéterminé de habuisset, succèdent mentula, Chryses, haec (= mentula à nouveau), quae (= amica), ille (= Aeacides): on ne s’y retrouve plus. Sans une lecture détaillée, le passage est obscur, en particulier les vv. 13–14, à cause des termes féminins confusément répartis dans le vers (haec, eadem, tenera, amica, quaeque, suam). Qui plus est, pour le seul ille, on ne dénombre dans le texte pas moins de quatre référents identifiables, sans oublier ceux qui ne le sont pas. La sous-détermination des marques énonciatives dans ce texte répond à une double intention. D’une part, il ne faut pas oublier qu’elle constitue l’une des caractéristiques du style parlé, conversationnel, qui rend inutile toute détermination déjà présente dans l’esprit du locuteur: ce manque de clarté donne au texte une apparence d’improvisation et souligne déjà l’éthos rustique du locuteur priapique. D’autre part, cette sous-détermination masque, en quelque sorte, un magma subjectif sans identité délimitée. Le locuteur a 10) Nous excluons haec v. 32 (cataphorique) et illo v. 38 (déterminant non anaphorique).
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même dépassé le stade du discours égocentrique. La dilution référentielle qu’on observe dans ce texte, sans doute en relation avec sa longueur inhabituelle, lui offre paradoxalement une certaine unité, et souligne, par contraste, sa dynamique interne, toute soumise à une subjectivité dévorante. 2. Une dynamique érotique 2.1. L’organisation et la progression des séquences thématiques La dimension diégétique n’occupe qu’une place minime dans le poème, ce qui conduit à questionner sa caractérisation comme parodie d’Homère («Homerparodie»). Cette idée, défendue, notamment, dans l’étude classique de V. Buchheit11, ne tient pas compte du fait que la priapée 68 ne se pose pas en rivale du texte homérique, mais prétend seulement l’éclairer d’une lumière crue12. L’organisation thématique de la priapée 68 S1 S2 S3 S4 S5 S6 S7
1 – 4 (4 vers): introduction avec double prétexte priapique (rusticus, poma), et justification du sujet (audire), sous forme d’excusatio. 5 – 8 (4 vers): trois notae (étymologies) burlesques. 9 – 18 (10 vers): les causes de l’Iliade, d’après le l o c u t e u r. 19–26 (8 vers): les aventures d’Ulysse. 27–32 (6 vers): introduction de Pénélope et portrait rapide. 33–36 (4 vers): discours de Pénélope aux prétendants. 37–38 (2 vers): conclusion du locuteur.
Le discours de Priape appartient à l’univers du commentaire, de la glose. Comme l’analyse énonciative l’a montré, le texte est encadré par deux séquences (S1 et S7) où les marques de l’énonciation renvoient plus ou moins clairement à la subjectivité priapique. Entre ces deux pôles, les séquences s’enchaînent sur un mode qui n’est pas narratif. On a plutôt affaire à une série d’exempla qui, par 11) V. Buchheit, Studien zum Corpus Priapeorum, Zetemata 28, München 1962, 99–105. 12) La plupart des commentaires récents reprennent cette idée. Cf. Ch. Goldberg, Carmina Priapea, Einleitung, Übersetzung, Interpretation und Kommentar, Heidelberg 1992, 102–103; E. Bianchini, Carmina Priapea, Introduzione, traduzione e note, Milano 2001, 308.
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leur accumulation, tendent à montrer la validité d’une lecture phallocentrique de l’épopée homérique. Néanmoins, le discours n’entretient pas partout le même rapport au diégétique; il convient de distinguer un premier mouvement (S1–3), plus didactique, d’un second (S4–7) qui s’approche du récit épique, tel qu’il a été revu par les Alexandrins. Cette distinction implique une caractérisation rythmique. Les trois premières séquences thématiques ont pour but d’accréditer l’éthos rustique de l’énonciateur Priape. Or, c’est justement à travers leur coniunctio que se manifeste pleinement sa maladresse. Au lieu d’introduire S2 par un glissement discret et efficace, S1 est dotée d’une clausule extrêmement lourde qui clôt la séquence sur elle-même; en effet, son pentamètre final (v. 4) présente un chiasme exact en termes de métrique verbale: Cogor Homeriacas / edidicique notas: -u u-uu- / -uu-u u-13. De plus, l’imprécision référentielle de l’anaphorique Ille (v. 5) réduit sa pertinence en tant qu’attaque de la séquence S2; et l’usage de l’épanadiplose comme trait structurant de S2 a de quoi faire sourire: on se trouve devant une parodie du style des élégiaques14. En effet, Ille uocat, le groupe répété du premier distique, ne mériterait pas une telle emphase dans le code élégiaque. Dans le second distique, la récurrence porte sur un terme grossier, et n’est qu’approximative (Smerdal°on . . . merdalea [e]st). S3 est lourdement encadrée par deux distiques qui explicitent la fonction étiologique de la séquence: Nisi placuisset . . . habuisset opus (vv. 9–10), Nobilis . . . fuit (vv. 17–18). Et la progression interne à la séquence est inhibée par la distribution d’un thème prosopologique différent à chaque distique (Hélène et Pâris, Agamemnon, Chrysès, Briséis, Achille); le locuteur ne semble pas vouloir compenser l’autonomie syn13) Il faut, bien sûr, tenir compte de la dimension conjecturale du terme Homeriacas, inventé par Scaliger. 14) R. Maltby (Tibullus and the Language of Latin Elegy, in: J. N. Adams and R. G. Mayer [eds.], Aspects of the Language of Latin Poetry, Oxford 1999, 382–383) signale l’origine hellénistique de cette configuration verbale. Mais il explique que sa première attestation en poésie latine se rencontre chez Tibulle (1,4,61–62): «It is significant that this occurs in a lecture on the art of homosexual love, delivered by a statue of the god Priapus . . .». L’épanadiplose devient ensuite une des figures privilégiées du style d’Ovide. Voir aussi J. Luque Moreno (El distico elegiaco. Lecciones de metrica latina, Madrid 1994, 108–109) pour son rôle structurant dans le distique, à côté d’autres figures de mots comme l’épanalepse et l’anadiplose.
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taxique que possède traditionnellement le distique élégiaque. Cela contribue à produire un effet de progression laborieuse, d’autant que l’ampleur quantitative de chaque séquence ne semble pas avoir été calibrée par une organisation rhétorique efficace (4vv.–4vv.– 10vv.)15. Mais cette impression se dissipe avec l’insertion du thème odysséen. À partir du v. 19 (Altera materia), les séquences ont une ampleur décroissante (8vv.–6vv.–4vv.–2vv.), et construisent un rythme qui tend vers l’explosion ultime. La parole de Priape atteint alors une efficacité nouvelle. Si la lecture phallocentrique de l’Iliade semble une sorte de lectio facilior tant l’Ïbriw du désir féminin (Hélène), ou masculin (Agamemnon, Achille), en constitue un motif important, il n’en va pas de même pour l’interprétation de l’Odyssée. Ulysse et Pénélope sont bien des personnages que l’on identifie spontanément avec les notions de raison (frÒnhsiw) et de prudence (m∞tiw), les attributs de Pallas Athéna. La lecture phallocentrique de ces deux personnages n’a donc rien de spontané; elle suppose un forçage, voire une inversion de leur éthos homérique. Certes, leur apparition est le fait d’une lecture élémentaire, chronologique, de l’épopée, qui aplatit la richesse de sa temporalité diégétique, évoquant un Priape peu avancé dans l’étude. Mais la torsion herméneutique que subissent les faits devient de plus en plus inventive, et atteint le niveau d’une sorte de folie interprétative, comme si le locuteur prenait peu à peu confiance en ses moyens; d’où la couleur faussée de la m«lu (v. 21; cf. 3.1.), le regard libidineux que la vierge Nausicaa jette au membre d’Ulysse (v. 25), et, finalement, la perversion de Pénélope, la casta uxor devenue impudica (v. 29–30). Malgré sa grossièreté apparente, le discours de Priape s’avère traversé par des contraintes d’organisation éminemment rhétoriques: 1° construire l’éthos rustique du locuteur (S1–S3); 2° emporter le lecteur dans une surenchère jubilatoire (S4–S7). Ainsi ordonné, ce discours obéit également à une logique érotique. En effet, il semble tout entier fabriqué pour ménager l’apparition finale d’une Pénélope perverse. Et les séquences S5 et S6 prennent ainsi 15) On peut remarquer dans ce sens un usage restreint des connecteurs en attaque d’hexamètre ou de pentamètre (v. 3 sed; v. 6 et), phénomène qui produit un effet d’asyndète, même si un examen plus minutieux montre que la transition interet intra-séquentielle peut être effectuée par d’autres moyens, non logiques (vv. 6, 8, 9 anaphore de mentula, S3 anaphore pronominale, vv. 25, 38 anastrophe des connecteurs, etc.).
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une certaine épaisseur diégétique16 afin de conférer de la vie au personnage, ce qui rappelle, à l’évidence, le fonctionnement des fantasmes érotiques. 2.2. Voix hystériques Deux voix se font entendre dans ce poème, celle d’un petit dieu de bois, atteint de logorrhée, et celle d’une grande dame de la mythologie. La rencontre peut surprendre. Pour lui donner de la substance, l’auteur inconnu de la priapée 68 a usé de toutes les potentialités que procure la poétique latine. Il a joué de la prosodie, des figures sonores et de l’accentuation. Insistons sur certains faits qui confèrent une originalité certaine à ce poème. Priape ne maîtrise ni sa sexualité ni sa parole17. Cette dernière est polymorphe, changeante, mais se définit cependant par l’outrance de ses mouvements rythmiques. La séquence S2 est sans doute le moment le plus caricatural du discours priapique, car c’est d’abord là que la rusticité revendiquée au v. 1 trouve à s’illustrer (cf. 3.1.). Plusieurs traits de versification renvoient à la pratique catullienne, désuète au moment où l’auteur écrit18. On note le spondaïsme des attaques de pentamètre. Certains k«la sont saturés de monosyllabes, alors que ces mots devraient être évités, d’après les préceptes de rhétorique19. Le dernier pentamètre de la séquence comporte, enfin, un mot clausulaire (merdalea [e]st) en rupture avec la pratique standardisée des élégiaques que J. Veremans a relevée, et qui consiste à sélectionner les dissyllabes 16) L’alternance fugace de l’imparfait de second plan (v. 27 properabat) et du parfait de premier plan (v. 32 es locuta) constitue un indice de cette tension vers le diégétique; de même, paradoxalement, que l’apostrophe du locuteur au personnage (v. 28 in cunno, Penelopea, tuo), pratique hymnique et homérique, fétichisée par les Alexandrins et les Néotériques (H. P. Syndikus, Catull. Eine Interpretation. Die großen Gedichte [61–68], Darmstadt 1990, 102–103) et que l’insertion du discours rapporté (vv. 33–36). 17) M. Olender, Baubô et Priape, deux formes excessives de la sexualité, Thèse EHESS, Paris 1990. 18) Il est pratiquement assuré que le texte de la priapée 68 est postérieur à Auguste, tant abondent les références à Martial. À l’époque de l’auteur, c’est-à-dire probablement après Martial, la versification de référence est celle des auteurs scolaires contemporains d’Auguste. 19) Quint. Inst. Or. 9,4,42.
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(iambiques ou pyrrhiques)20. Il n’est manifestement pas fortuit de trouver en S2 la seule exception à cette règle de métrique verbale que compte toute la priapée 68. Mais pourquoi tant de monosyllabes longs en si peu d’espace? Cela s’explique si l’on considère les jeux accentuels déjà utilisés par Catulle21, notamment la contiguïté de syllabes accentuées, que l’on désigne, après les poéticiens H. Morier et H. Meschonnic, sous le nom de «contre-accent»22. v. 5 v. 6 v. 7
quód nós / psólen / Ét quód nós cúlum, / / sí rés / nón / múnda
- - / -- / - - - -- / / - - / - / -u
Les séries contraccentuelles que présente S2 sont exceptionnellement longues, même si l’on prend pour critère la pratique catullienne23; de plus, elles sont remarquablement concentrées. Elles entraînent un ralentissement du débit et une emphase croissante qui culmine sur le dernier accent. Le discours de Priape focalise ainsi l’attaque de certains termes clefs, spécialement les équivalents obscènes des termes homériques: psólen («queue»), cúlum («cul»). Le dernier terme focalisé par ce procédé introduit, par contraste, une touche d’humour, puisqu’il n’est autre que múnda («décente», «polie»). Dans les autres séquences, deux moyens rythmiques sont encore employés pour construire une voix rustique de Priape; d’abord, le recours à un tressage sonore qui rappelle une oralité ita20) Cf. J. Veremans, Évolution historique de la structure verbale du deuxième hémistiche du pentamètre latin, in: Hommage à M. Renard, Bruxelles 1969, I 758– 769. W. H. Parker (Priapea, Poems for a phallic God, London 1988, 47) souligne d’ailleurs la prégnance générale de cette règle prosodique dans les distiques élégiaques des CP: «There is strict observance of the rule that the last word of the pentameter should consist of two syllables.» 21) Pour la discussion des problèmes d’accentuation latine liés à cette lecture rythmique, voir E. Plantade, L’oralité chez Catulle, Thèse de doctorat, Lyon 2 2002 et E. Plantade, Connecteurs et mouvements rythmiques (Catulle 64), à paraître dans les actes du XII° Colloque International de Linguistique Latine (Bologne 2003). 22) Voir R. Lucot, Sur l’accent de mot dans l’hexamètre latin, Pallas 16, 1969, 79–106 pour l’étude des figures accentuelles en poésie latine, sans considération de l’ictus vocal. Pour la pertinence du «contre-accent» en littérature de langue germanique, on pourra lire H. Lösener, Der Rhythmus in der Rede. Linguistische und literaturwissenschaftliche Aspekte des Sprachrhythmus, Tübingen 1999. 23) 73,6 Quam modo qui m(e) un(um) atqu(e) / unic(um) amicum habuit et 110,4 Quod nec das et fers / saepe, facis facinus sont des cas limites.
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lique traditionnelle24; ensuite, le renforcement accentuel des attaques de vers, traduisant la relation spéciale que les locuteurs ruraux entretiennent avec l’espace de la communication25. Il est d’ailleurs possible que ce dernier fait soit senti comme une transposition au niveau métrique du renforcement articulatoire qui affecte les mots longs du latin; en ce cas, tout ce qui construit une emphase de l’attaque du mot, du k«lon ou du vers serait à interpréter comme une marque de la tradition italique, au même titre que le tressage phonétique. Il arrive que le locuteur pratique un jeu sur les phonèmes entrelacés à l’intérieur d’un distique: vv. 1–2 Rústicus indócte / sí quid / dixísse uidébor, // Dá uéniam . . . Le motif phonétique dominant est ici le /s/ en syllabe accentuée, mais le phonème /d/ est le motif secondaire; c’est ce dernier qui sert de charnière entre l’hexamètre et le pentamètre (uidébor-Dá). À cet égard, les séquences S2 et S3 méritent une attention particulière, chaque distique montrant des traits spécifiques. Les contre-accents de renforcement, quant à eux, apparaissent surtout en attaque de vers où ils suscitent un effet de parlé. Ils impliquent la présence d’un monosyllabe initial, soit lexical soit prosodique (disyllabe élidé)26. On peut constater que cette configuration permet notamment de coupler rythmiquement l’hexamètre au pentamètre qui le p r é c è d e , de manière à contrebalancer la clôture du distique sur lui-même (voir 2.1.). La tension entre la clôture des distiques et leur conjointure manifeste une incohérence formelle propre à signifier la maladresse du locuteur. De plus, le rapprochement des accents en attaque de vers peut être accompagné d’autres traits rythmiques, comme la répétition lexicale (vv. 21, 23) ou phonétique (vv. 1–2). D’une façon générale, l’auteur de la priapée construit une voix véhémente de Priape qui subvertit la prosodie de son époque, en s’appuyant sur des traits archaïsants, qui sont parfois poussés à l’extrême.
24) J. Marouzeau, Le style oral latin, REL 10, 1932, 147–186. 25) F. Biville, Niveaux de voix et relations spatiales. Énonciation, lexique et syntaxe, in: A. Bammesberger und F. Heberlein (Hrsg.), Akten des VIII. internationalen Kolloquiums zur lateinischen Linguistik, Heidelberg 1996, 125–137. 26) Cf. v. 2 dá uéniam, v. 3 séd rúdis, v. 8 ét pédicónum, v. 9 quí nísi, v. 12 níl sénior, v. 13 haéc éadem, v. 14 quaéqu(e) érat, v. 20 sí uéra, v. 21 híc légitur, v. 23 híc légimus, v. 28 méns érat, v. 32 haéc és, v. 37 hác égo.
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Qu’en est-il de cette Pénélope non plus chaste, mais impudique que le locuteur nous donne à entendre dans une courte séquence (S6), composée de deux distiques (vv. 33–36)? Une Pénélope inversée, telle que nous la présente Priape, est une chose extrêmement rare dans la littérature latine, contrairement à ce que V. Buchheit laisse entendre dans son étude27. Plus généralement, les commentateurs des Carmina Priapea n’insistent pas assez sur le fait que la figure idéale de la chaste Pénélope a été réélaborée par plusieurs auteurs de langue grecque, dans deux soucis complémentaires, de vraisemblance et de misogynie (l’éretÆ féminine leur semblant par trop extraordinaire). Le philosophe Sénèque (Ad Luc. 88,8) a, en revanche, souligné la vanité de toute spéculation «historiographique» concernant l’épouse d’Ulysse. Dans son dictionnaire, la source documentaire la plus riche sur la dame d’Ithaque, Roscher montre bien que ceux qui attaquent la castitas de Pénélope le font dans trois directions distinctes28: 1° Pénélope était une prostituée de luxe, adonnée aux plaisirs (Lycophron, Alex. 769–773), 2° Elle a commis l’adultère avec un des prétendants (Apollodore, Epit. 7,38–39), 3° Elle a couché avec tous les prétendants (Douris de Samos, FGrHist 76 F 42). Comme le note Roscher, la priapée 68 est l’unique texte latin qui se rattache à la dernière option; on pourrait ajouter que c’est aussi le seul texte latin qui mette vraiment en cause la chasteté de Pénélope, Martial se contentant de la montrer un peu trop éprise de son époux29. Par ailleurs, le locuteur ne caractérise ni la voix ni l’affect du personnage, comme le fait souvent le narrateur de l’épyllion (Catulle) ou celui de l’épopée (Virgile). Il décrit, cependant,
27) Buchheit (comme n. 11) 100 n. 4 indique plusieurs références latines dans le même sens (cf. RE 19,483s.): Ovide (Ars 1,477; Amor. 3,4,23–24) et Martial (11,104,15–16). Pénélope y est censément présentée de «manière négative». Toutefois, la citation des Amores indique qu’elle est «demeurée pure» (mansit . . . intemerata)! Même inexactitude pour la citation de l’Art d’aimer où Ovide se contente de dire que le séducteur peut venir à bout «même d’une Pénélope» (Penelopen ipsam . . . uinces), utilisant le nom de la femme d’Ulysse comme l’emblème de la chasteté. 28) W. H. Roscher, Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Leipzig 1902–1909 (réimpr. Olms, 1965), III,2, s.u. Penelope. 29) Martial (11,104,15–16): et quamuis Ithaco stertente pudica solebat / illic Penelope semper habere manum, «et les ronflements du héros d’Ithaque n’empêchaient pas Pénélope d’avoir toujours la main là où vous savez».
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l’allocutaire collectif, c’est-à-dire les prétendants (v. 32 Haec es ad arrectos uerba locuta procos). La parole de Pénélope participe d’une relation érotique, sans qu’on sache exactement si elle est la cause ou la conséquence de l’état réceptif des allocutaires. Il y a là une confusion peut-être intentionnelle. Toujours est-il que la voix de Pénélope (S6) s’en trouve implicitement définie comme lascive, comme l’étude rythmique des vv. 33–36 peut nous le confirmer: Némo méo / mélius / néruum / tendébat Vlíxe, Síu(e) ílli láterum, / síu(e) érat ártis ópus. Quí quóniam / périit, / uós núnc / inténdite, quálem Ésse uírum scíero, / uír sít út ílle méus
-uu- / uu- / -- / --uu-u ---uu- / -uu-uui --- / uu- / -- / --uu-u -uu-uu- / -uu-uuu
Pour recréer cette voix féminine, l’auteur inconnu a recours aux effets phonétiques et aux figures accentuelles. L’étude rapide des attaques de vers montre que les deux distiques ont été travaillés comme un texte homogène, continu et autonome. En effet, les cinq premiers demi-pieds de l’hexamètre introductif (v. 33) sont exactement superposables (métrique verbale, prosodie, accentuation) à ceux du pentamètre conclusif (v. 36). Il y a donc une fonction rhétorique du rythme, consistant à marquer les frontières du discours de Pénélope: Némo méo mélius / Ésse uírum scíero /
-uu-uu- / -uu-uu- /
Les deux vers centraux (vv. 34–35) sont, eux aussi, rythmiquement caractérisés. Ils comportent tous deux des contre-accents simples (deux accents contigus) qui viennent renforcer leurs articulations colométriques; cela s’accompagne d’une anaphore dans le pentamètre: Síu(e) ílli . . . / síu(e) érat; dans l’hexamètre, les deux figures sont autonomes: Quí quóniam . . . / uós núnc / . . . Ce rythme est lié à la construction de l’affect vocal tout autant qu’à la structuration du discours. Jusqu’à la césure hephthémimère, le premier vers de la séquence allie accentuation des syllabes d’attaque et tressage phonétique (/n/, /m/), ce que l’on peut interpréter comme une signifiance, pour employer le terme d’É. Benveniste et H. Meschonnic, de la solennité archaïque,
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dans la mesure où la référence est ici un certain modèle de vers saturnien30. Les deux vers centraux construisent une parole plus animée à travers des contre-accents placés aux nœuds métriques (attaques de k«lon). Le pentamètre final tient sa dimension clausulaire de la configuration inouïe de son second k«lon. En effet, il nous paraît exceptionnel de trouver trois monosyllabes ainsi alignés pour former le premier dactyle du k«lon (v. 36 uir sit ut - u u); le nombre d’«intermots» (terme de J. Perret) ainsi créés ne cadre pas avec les règles de la poétique augustéenne et postaugustéenne. À notre avis, il s’agit d’une série contraccentuelle remarquable qui vient culminer sur l’attaque focalisée de l’anaphorique ílle (i.e. Vlixes): / uír sít út ílle / - u u -u. Il n’y a pas d’équivalent de cette figure dans le poème; cependant, on peut penser qu’elle constitue le degré superlatif du contre-accent simple qui, à l’intérieur du pentamètre, renforce l’attaque du second k«lon (v. 2 nón légo; v. 10 nón hábuísset; v. 12 quód quérerétur; v. 20 húnc quóque; v. 26 uíx pótuísse; v. 30 sít túa; v. 34 síu(e) érat)31. Un premier dépouillement des occurrences de cette figure chez Catulle, Tibulle, Properce et Ovide, laisse penser qu’elle est utilisée comme signifiance de la parole véhémente – avec tout un spectre de nuances qui vont de l’invocation à l’invective32. Dans la mesure où S6 comporte à la fois une occurrence de cette configuration employée plusieurs fois par le locuteur et sa version superlative, il faut voir dans ce passage de discours rapporté une varian30) Cf. S. Boldrini, La prosodia e la metrica dei Romani, Roma, 1992, 103– 104. Un paradigme repéré par cet auteur implique un k«lon clausulaire composé de deux trisyllabes, comme dans deux exemples célèbres, Málum dábunt Metélli / Náeuio poétae et Vírum míhi, Caména, / ínsece uersútum. 31) Ce type de contre-accent est produit par l’occurrence de deux configurations prosodico-verbales en attaque de second k«lon: monosyllabe long + mot pyrrhique pyrrhique (uu) ou monosyllabe long + mot péon troisième (uu-u). La seconde configuration a été étudiée par J. Veremans (De pa¤vn tr¤ton in het 2° hemistichon van de pentameter. Metrisch onderzoek bij Catullus, Tibullus, Propertius en Ovidius, in: Gedenbock Leemans, Brugge 1970, 401–412) dans une perspective de métrique verbale qui, d’après F. Cupaiuolo (Bibliografia della metrica latina, Napoli 1995, 121), dégage une tendance à former la séquence monosyllabeverbe-nom (type dum requiescit amor). 32) On la retrouve, par exemple, dans le proverbe de Cat. 94,2, et dans un énoncé exclamatif comportant une interjection primaire (Tib. 1,1,24). Cf. E. Plantade, Le monosyllabe après la césure du pentamètre catullien, à paraître.
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te vocale qui vient continuer et achever la logorrhée priapique. C’est bien à une version féminine et resserrée du rythme priapique que nous avons affaire: l’auteur marque cela en saturant le pentamètre final, et spécialement la série contraccentuelle du second k«lon, du phonème /i/ bref accentué. Il faut se rappeler, pour apprécier ce fait, que l’aigu est le trait le plus caractéristique de la voix féminine, selon les auteurs romains33. La voix de Pénélope apparaît comme un degré supplémentaire de la surenchère rythmique, engagée par le locuteur dès le début du poème. Elle est construite comme une courbe ascendante, de plus en plus animée, parvenant en de fin de parcours au stade du cri suraigu, hystérique. Ainsi, cette séquence de discours rapporté constitue un microcosme rythmique du poème entier, doté d’une dynamique érotique, comme nous l’avons montré plus haut (2.1.). Pénélope y acquiert le statut d’une sorte de ménade. Toutefois, on peut légitimement se demander si ce personnage de Pénélope inversée a bien, pour un public romain, la valeur érotique que le lecteur moderne aurait tendance à lui attribuer. La question appelle une discussion d’autant plus ouverte (3.2.) que l’ambivalence (énonciative, générique) caractérise le poème. 3. Parodies 3.1. Rusticus an doctus? En commençant son discours par une excusatio (si . . . da ueniam vv. 1–2), le locuteur prévient tout reproche: s’il est rusticus ou indoctus, on ne saurait l’en blâmer. Mais (sed v. 2) aussitôt, il se lance dans un discours savant. Comme souvent dans l’excusatio, il invoque une instance supérieure qui le couvre de son autorité et lui permet de contrer la critique34: cette autorité, c’est la parole du maître (v. 3), reproduite plus ou moins fidèlement. En effet, Priape fait suivre l’excusatio d’une exposition ostentatoire de son nouveau savoir philologique, avec la fierté naïve du 33) Cf. F. Biville, Ce que révèle la voix. Analyse de quelques voix romaines transmises par la littérature latine, BStudLat 26,1, 1996, 59; Rhet. Her. 3,22; Plt. Poen. 32–33; Virg. Aen. 4,667. 34) Cf. par exemple Martial 1, praef. 3–4; 11,15,10.
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néophyte. Est-il donc rusticus ou doctus? Tout le discours oscille entre ces deux pôles, et témoigne d’un désordre subversif, mais raisonné, entre une rusticitas confessée et une scientia non moins revendiquée. La preuve par l’étymologie: avant même de présenter sa compréhension de l’épopée, le locuteur se lance dans des étymologies qui se veulent bilingues (vv. 5–8): Citation homérique
Glose priapique
colÒenta keraunÒn («foudre fumant») kouleÒn («fourreau») Smerdal°on («terrible, effrayante»)36
Psolen (= mentula)35 Culum Merdalea
Elles reprennent les principales caractéristiques du procédé: on y trouve des énoncés à la fois didactiques et métalinguistiques (ille uocat . . . quod nos) qui posent l’équivalence sémantique de deux termes, comme il en existe depuis Cicéron37. Mais deux failles apparaissent dans la méthode usitée, qui prouvent que le locuteur ne maîtrise pas sa matière: si le nos est courant dans ces énoncés pour désigner les locuteurs de même langue, ille, en revanche, ne l’est pas: on trouve plutôt des termes pluriels comme Graeci. La première étymologie, enfin, ne glose pas le grec par du latin, mais du grec par du grec: or la glose est normalement produite en langue maternelle. D’où vient alors que Priape, qui s’exprime en latin, parle le grec? Quant à la valeur des étymologies, elle met à mal sa crédibilité. Pourtant, la méthode employée constitue la base théorique de l’étymologie dans toute l’Antiquité, pour qui ressemblance phonétique vaut parenté sémantique: si les termes grecs kouleÒn ou smerdal°on ressemblent au latin culum ou merdalea, c’est donc qu’ils ont le même sens, rapprochements favorisés par une interprétation sexuelle des premiers. 35) Ce terme pose problème: on ne le relève pas chez Homère, à moins d’en faire le substantif dont dérive l’adjectif colÒeiw. En revanche, on trouve cvlÆ au sens priapique chez Aristophane, Lys. 979; Av. 560. 36) ColÒenta keraunÒn: cf. Homère, Od. 23,330 et 24,539; kouleÒn: cf. Il. 1,194; 220, etc.; smerdal°on: cf. Il. 22,95. 37) Voici quelques exemples extraits de Quintilien: Igitur, quam Graeci frãsin uocant, Latine dicimus elocutionem (8,1,1); Id apud nos inproprium, êkuron apud Graecos uocatur (8,2,3); quod male dispositum est, id énoikonÒmhton, quod male figuratum, id ésxhmãtiston, quod male conlocatum, id kakosÊnyeton uocant (8,3,59). Cf. J. Rey-Debove, Le métalangage, Paris 21997, 281–286.
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Cette sur-interprétation scabreuse et comique des trois étymologies épiques porte un coup sévère à la philologie antique: Priape, en fin de compte, et malgré des imprécisions, a bien retenu la méthode étymologiste, et, cette méthode donnant des résultats catastrophiques, elle se ridiculise et se ruine elle-même. Priape est-il donc doctus, philologue? Antiphilologue, plutôt: à travers sa docta rusticitas, il conduit une charge violente contre la manie étymologique des grammairiens anciens38. Plus loin, dans la pseudo-étymologie du v. 22, qui est plutôt une glose, Priape malmène le texte homérique, et montre un sérieux problème de daltonisme: l’adjectif aureus (v. 21) n’est pas dans le vers grec, qui décrit une plante blanche39. En revanche, plus haut dans le texte homérique, il est bien question de couleur dorée, avec l’apparition d’Hermès «au bâton d’or» (Od. 10,277: xrusÒrrapiw; ou 10,316 «une coupe d’or»): une fois encore, Priape mélange tout, et le b â t o n d’Hermès oriente sans doute sa glose sur le sens de mentula40. Outre les étymologies revendiquées, nous relevons des jeux de mots cryptés dans le texte, et abandonnés à l’esprit critique du lecteur41, en particulier dans le nom propre Penelopea (v. 28). Sous cette forme, il constitue un hapax en latin, langue qui ne connaît que Penelope (comme au v. 37) et Penelopa. Il s’agit d’un emprunt latinisé au grec homérique PhnelÒpeia. Les commentateurs qui se sont interrogés sur cet hapax n’ont guère apporté de réponse satisfaisante42. On peut certes avancer des raisons métriques, mais elles ne suffisent pas à expliquer cette forme unique. Sans doute faut-il aussi, croyons-nous, questionner la latinisation proprement dite de ce nom: le changement de langue entre PhnelÒpeia et Penelopea implique des modifications accentuelles: en effet, en tant que mot long de cinq syllabes, Penelopea subit en latin un renforcement articulatoire sur la première syllabe: Pénelopéa, qui permet de distinguer nettement l’élément pene- qui, succédant au terme cunno au v. 28, est évidemment à rapprocher de penis. Ainsi, pensons-nous, 38) Cf., dans un autre registre, Sénèque, Epist. 88,5. 39) Homère, Od. 10,305: gãlakti d¢ e‡kelon ênyow. 40) Tout le texte, pour le lecteur priapique, présente un symbolisme sexuellement orienté: outre le bâton d’Hermès, on relève la baguette de Circé (10,319 =ãbdƒ) et l’épée d’Ulysse (10,321 ÙjÊ). 41) Outre le jeu évident et facile sur lego (v. 2), nous relevons aussi des recherches lexicales plus élaborées, comme error fallentis (v. 19). 42) Cf. note 27; Goldberg (comme n. 12) 340.
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le locuteur s’amuse-t-il en insérant dans son discours des étymologies cachées, tout aussi obscènes que celles qu’il revendique. Il jongle donc, par le biais de la rusticitas, entre scientia et obscenitas. Le résultat, voyons-nous, est éminemment subversif. Mais Priape ne limite pas son action à la philologie: c’est la texture même de son style qui illustre sa poétique du désordre. De fait, l’écriture du texte est traversée de mouvements profondément contradictoires, qui insistent sur les déséquilibres et les contrastes. Le mélange des niveaux de langue, en particulier, est excessivement brutal et jubilatoire: dès qu’il évoque l’Iliade ou l’Odyssée, Priape met en contact des éléments nobles (clichés ou schémas épiques) et des éléments sexuels: Taenario . . . Troica cunno / mentula (vv. 9–10), mentula Tantalidae (v. 11), Pelethroniam . . . tensior (vv. 15–16), Atlantiademque Calypson . . . uasa (vv. 23–24), membrum . . . frondenti ramo (vv. 25–26). C’est tout le style épique qui est parodié, et d’abord dans ses emplois lexicaux: en utilisant des épithètes homériques comme fallentis Vlixei (v. 19), des adjectifs propriaux tels que Pelethroniam, Atlantiadem ou Dulichii (v. 24), des patronymes: Tantalidae (v. 11), Aeacidae (v. 14) ou encore des descriptions définies (antonomases): Alcinoi . . . filia (v. 25), Priape imite les formules convenues de l’épopée. La syntaxe poétique, en particulier la disjonction des groupes nominaux (vv. 9–10), et les recherches phonétiques, comme les allitérations et assonances de nemo meo melius (v. 33) complètent l’imitation du style épique. En face de ces éléments parodiques, sont volontairement ajoutés des termes obscènes (arrectus, mentula, cunnus, uasa) ou des lourdeurs stylistiques (vv. 13–14: Haec eadem . . . Quaeque; 17–18; 25: Huius et Alcinoi; répétitions ou anaphores: mentula vv. 10–11; hic 21–23– 25), relevant de la rusticitas priapique. Tout donc dans cette écriture, que ce soit la parodie épique ou la vulgarité, jusque dans les étymologies, relève de l’exercice de style: ce n’est plus tant Priape que l’auteur de la Priapée qui s’exprime alors: on atteint le niveau de l’écriture sous celui du discours. Les deux sont liés: la construction savante et volontaire de la rusticitas priapique par l’auteur devient, une fois dans la bouche de Priape, déconstruction de la scientia épique et grammaticale. Ce double mouvement, joint aux tensions stylistiques du texte, fait de Priape un rusticus doctus, ou un doctus rusticus, peu importe: au cœur du texte se trouve un désordre organisé de l’écriture, qui se retrouve dans ses incertitudes génériques.
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3.2. Mauvais genre Bien que la caractérisation des genres antiques soit toujours difficile, il demeure que la priapée 68 peut nous éclairer sur leur implication à l’intérieur d’un même texte43. Les Carmina Priapea appartiennent à l’univers épigrammatique si l’on veut bien définir la forme dominante de l’épigramme littéraire hellénistique à travers deux traits essentiels, la brièveté et la secondarité à l’égard de formes d’écriture utilitaires44. Ces deux traits sont déjà présents dans les 37 priapées grecques que collecte l’Anthologie Palatine. Athénée (11,473) cite par ailleurs un passage de Xénarchos (IV° siècle) qui serait le plus ancien auteur de priapée littéraire que nous connaissions. L’Anthologie Palatine nous livre les noms de trois auteurs du III° siècle, Hédylos, Léonidas de Tarente et Théocrite (Parker 1–2). Est-ce alors la naissance d’un genre littéraire, comme l’affirme Hans Herter45? En tout cas, le fait que des auteurs de langue latine, Catulle en tête (Terentianus Maurus, GLK VI, 406), suivent ce chemin à leur tour suppose de leur part la reconnaissance d’un paradigme transmétrique46. Le texte de Catulle, se terminant par une pointe à double sens, montre bien le glissement d’inspiration qui s’opère entre des priapées grecques, très souvent anodines, et le recueil latin, où l’obscénité domine47. 43) Cf. P. Fedeli, Le intersezioni dei generi e dei modelli, in: Lo spazio letterario di Roma antica I, 375–397. 44) La brièveté, valeur remontant à Callimaque, est toujours assumée par Méléagre de Gadara, lorsqu’il réunit le fonds initial de l’AP, à la charnière du II° et du I° siècle (D. Sider, The Epigrams of Philodemos: Introduction, Text, Commentary, Oxford 1997, 27). La secondarité des formes littéraires par rapport à des écrits «épigraphiques» est une tendance bien attestée de la pratique hellénistique, qui imite et parodie le discours religieux traditionnel, avec, parfois, un intérêt ethnologique pour les croyances populaires. 45) KlPauly 4, 1131, 21–23: «Die Kultstätten regten zu Graffiti an, aus denen sich geradezu ein poetisches Genos entwickelt hat . . .» 46) Les mètres utilisés dans les CP sont le distique élégiaque, l’hendécasyllabe phalécien, le sénaire iambique, le choliambe, et le priapique. 47) Pour la thématique des priapées grecques, voir le tableau synoptique de Parker (comme n. 20) 3. Dans le texte de Catulle, la pointe clausulaire implique une lecture obscène du comparatif ostriosior: Hunc lucum tibi dedico consecroque, Priape / qua domus tua Lampsaci est quaque Priapi: / nam te praecipue in suis urbibus colit ora / Hellespontia ceteris ostriosior oris (Cat. fr. 1). Le texte reste donc très mesuré et lisse du point de vue lexical.
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Deux éléments très importants ancrent la priapée 68 dans l’univers épigrammatique, et lui donnent un air de parenté avec d’autres pièces du recueil: l’obscénité du lexique (v. 6 culum, v. 8 mentula, v. 9 cunno etc.) et le distique final que l’on peut lire comme une pointe, à cause du lusus représenté par l’adresse paillarde à Pénélope (S7). En revanche, par rapport au critère de brièveté, la priapée 68 apparaît comme mal dégrossie. Elle s’étire en longueur, sur 19 distiques, donc 38 vers. Sa taille la met indiscutablement à part. En effet, quoique la brièveté ne caractérise pas toutes les épigrammes, on peut penser qu’à Rome ce critère domine, tant les auteurs canoniques sont influencés par le néotérisme, et, ainsi, par les valeurs esthétiques de Callimaque. Et la forme du distique élégiaque, choisie pour la mise en œuvre métrique du texte, renvoie, autant que cette ampleur, à l’élégie romaine. Enfin, la priapée 68 est toute nourrie d’une intertextualité élégiaque assez envahissante, qui accrédite l’éthos du Priapus doctus (3.1.). Examinons donc les fils stylistiques (énonciation, composition, lexique, rythmique) qui tissent le lien rattachant la priapée 68 à l’élégie augustéenne. D’abord, le dispositif énonciatif est lui-même révélateur. Certes, Horace a fait parler Priape dans une de ses Satires en hexamètres (1,8); mais la mise en œuvre métrique de la priapée réfère plus directement à l’expérience que Tibulle a pratiquée en distiques élégiaques, en donnant longuement la parole à un Priape qui professe l’éros des garçons (Tib. 1,4,9–72). Il y a néanmoins une différence majeure entre les deux textes: la priapée 68 ne convoque pas Priape comme persona loquens, au titre du discours rapporté; elle en fait, au contraire, le locuteur principal. Cette remarque, apparemment banale, nous permet de comparer Priape au locuteur élégiaque qui tire une part de sa persona du poète luimême. Il existe d’ailleurs chez Properce un exemple de cette énonciation divine, où le dieu Vertumne assume le statut du locuteur (4,2), dans un texte qui dépasse l’ampleur de l’épigramme religieuse. De plus, Priape organise les éléments homériques comme le locuteur élégiaque: il les traite sur un mode plus allusif que diégétique (cf. 2.1.): «Rares sont les textes élégiaques, où l’évocation d’un mythe donne lieu à un récit. La pratique de Properce ou d’Ovide (Tibulle recourt très rarement à la mythologie) est l’allu-
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sion à un épisode ou à un détail qui sert de bref exemplum à la situation vécue par le poète ou à sa conception de l’amour.»48 Les références lexicales à Ovide sont nombreuses. Ad citharam (v. 16) renvoie à deux passages ovidiens (Pont. 4,8,75; Met. 5,325). L’anastrophe de la conjonction et (v. 25 Huius et) trouve un précédent dans les Fastes (1,609). Le v. 31 contient deux formules ovidiennes: ut scires (Her. 16,76) et ualentior esset (Met. 9,70). La séquence siue illi (v. 34) réfère à Tibulle (3,1,6) comme à Ovide (Met. 3,46). Enfin, les références à la prosodie des élégiaques sont également fréquentes. Le mot long en attaque de 2° k«lon du pentamètre (v. 4 edidicique; v. 28 Penelopea) est un tic commun à Tibulle (13%) et Ovide (16%)49. De plus, il faut noter que Tibulle (1,4) emploie de manière intensive le contre-accent placé en attaque de second k«lon du pentamètre (cf. 2.2.). Comme dans la priapée 68, cette figure rythmique sert de lien entre le discours du locuteur principal et celui du personnage50. Et son occurrence correspond adéquatement au contexte rustique dans lequel sont censés s’insérer les deux discours. Lorsqu’Ovide fait parler Pénélope dans les Héroïdes, il use de cette figure aux points du discours qui impliquent les modalités interrogative et exclamative51. Le statut de locuteur qu’occupe Priape le constitue en homologue parodique des poètes élégiaques de l’époque augustéenne. Doit-on donc prendre au sérieux le discours érotique de ce dieu ithyphallique? En effet, pour les modernes, l’aspect ostensiblement phallique de la divinité l’associe à l’univers érotique. Le discours sur la sexualité «authentique» et «libre» des anciens se fonde en effet, au moins en partie, sur une vision confuse des artefacts phalliques des religions gréco-latines. Mais, avec la priapée 68, s’agit-il vraiment d’un dispositif pornographique que l’on pourrait comparer aux célèbres tabellae d’Elephantis (Suet. Tib. 43; Mart. 12,43)? 48) J. Fabre-Serris, Mythologie et littérature à Rome. La réécriture des mythes aux Iers siècles avant et après J.-C., Lausanne 1998, 113. 49) Ces données correspondent à la fréquence des mots de type -uu-u qu’indique R. Marina Sáez, La métrica de los epigramas de Marcial. Esquemas rítmicos y esquemas verbales, Zaragoza 1998, 175, tabla 27. 50) Locuteur élégiaque (1,4,4; 1,4,8; 1,4,74); Priape (1,4,14; 1,4,22; 1,4,28; 1,4,54; 1,4,64; 1,4,66). 51) La première Héroïde montre une concentration de cette figure dans une section bien délimitée (vv. 40–80): vv. 44, 48, 52, 66, 68, 78.
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Ainsi, quand Tibulle fait parler Priape de l’amour des garçons, il s’agit déjà d’un jeu intertextuel et humoristique (cf. Théocrite, AP 9,338). Et lorsque le locuteur Priape cherche à émoustiller le lecteur, notamment en lui faisant miroiter une Pénélope ménadique, il ne peut être complètement pris au sérieux. La composition rhétorico-rythmique du texte fonctionne bien comme une psychagogie érotique qui invite le lecteur à réénoncer le discours de Priape en s’identifiant à lui, mais ce locuteur ne peut susciter une adhésion absolue de l’audience, car on rit de son phallus et de sa sexualité sauvage, inassouvie pour cause de fixité. La situation est assez cocasse. Le locuteur Priape, poète élégiaque contrefait, au lieu de courtiser une puella fringante, adresse ses avances à une dame mythique qu’il désigne lui-même comme une uetula, c’est-à-dire comme l’antithèse de la figure précédente (v. 27). Selon cette lecture, la femme d’Ulysse deviendrait alors l’avatar repoussant de toutes les uetulae satiriques qui, chez Horace, poursuivent le poète de leurs assiduités importunes (Epod. 8 et 12) et que l’on retrouve dans l’univers de Martial52. La priapée 68 conserve des traits épigrammatiques comme l’obscénité du lexique ou la pointe clausulaire. Mais elle intègre parodiquement de multiples éléments de l’élégie érotique romaine. Elle se trouve ainsi à la jonction de deux grands genres, et cette ambivalence marque elle-même la subjectivité particulière d’un dieu hors-norme. 4. Conclusion Toute vouée à une mentula envahissante, dévorante, conquérant l’espace énonciatif et littéraire du texte, la subjectivité priapique déforme le discours en le rendant obsessionnel. Aussi, sous le désordre, apparaît l’organisation d’un sermo arrectus, possédant sa logique propre qui, toute hystérique qu’elle soit, n’en manque pas pour autant de rigueur et de virtuosité. «Sans art», 52) Horace, Epod. 8 et 12, cf. A. E. Richlin, The garden of Priapus. Sexuality and Aggression on Roman Humor, London 21992, 109–113. Quant aux uetulae chez Martial, cf. 1,100; 2,26; 2,34; 2,41; 3,32; 3,93; 4,20; 5,45; 7,75; 8,79; 9,29; 9,37; 9,80; 10,8; 10,39; 10,67; 10,75; 10,90; 11,23; 11,29; 12,7. Il est d’ailleurs possible que la figure de Pénélope soit assimilée à une laxa comme on en trouve en Pr. 18,2.
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nous disait-on? L’arbre, en l’occurrence l’obscénité, cache la forêt. C’est oublier les dimensions satirique et parodique de ce texte, qui soulignent les recherches de l’écriture et les attraits vénéneux de la subversion priapique. Il ne faut pas y chercher une quelconque trace de polémique littéraire sur l’épopée néronienne (comme le fait O’Connor53), mais le simple plaisir du bouleversement des tÒpoi. Nous sommes en présence d’une écriture du burlesque, qui s’appuie sur des styles préexistants, et qui s’ingénie à leur faire subir les derniers outrages littéraires. C’est ainsi que la subjectivité priapique, à la fois docta et rustica, imite le lexique, le style, et jusqu’aux rythmes de l’épopée et de l’élégie, selon un désordre qui, comme le veut Boileau, est un effet de l’art, pour transfigurer une histoire rebattue en relecture satyrique. Lyon
Emmanuel Plantade D a n i e l Va l l a t
53) E. M. O’Connor, Dominant themes in Greco-Roman Priapic Poetry, Diss. Univ. of California 1984, 99.
WENN DAS TEMPERAMENT MIT EINEM DURCHGEHT . . . Marcus Aper im Dialogus de oratoribus Von den Personen des Dialogus hat besonders die des Marcus Aper immer wieder für Diskussionen gesorgt. Aper präsentiert sich als überzeugter Verfechter der Ansicht, dass die zeitgenössische Rhetorik nicht bloß aus pragmatischen, sondern auch aus ästhetischen Gründen den Vorzug verdiene vor der klassischen, wie sie insbesondere durch Cicero verkörpert wird. Diese Ansicht trägt er mit an Aggressivität grenzender Leidenschaft vor, ganz der homo novus, der gelernt hat, sich durch alle Widerstände hindurch und nach oben zu boxen. Wie Apers Ausführungen zu bewerten sind, ist bis heute umstritten. Manche sehen in ihm einen advocatus diaboli, der – wie Antonius im ersten Buch von De oratore und Philus im dritten von De re publica1 – Ansichten vorträgt, denen er selbst nicht zu1) Vgl. Cic. de orat. 2,40: Et Crassus ‚nox te‘ inquit ‚nobis, Antoni, expolivit hominemque reddidit; nam hesterno sermone unius cuiusdam operis, ut ait Caecilius, remigem aliquem aut baiulum nobis oratorem descripseras, inopem quendam humanitatis atque inurbanum.‘ Tum Antonius ‚heri enim‘ inquit ‚hoc mihi proposueram, ut, si te refellissem, hos a te discipulos abducerem; nunc, Catulo audiente et Caesare, videor debere non tam pugnare tecum quam quid ipse sentiam dicere‘. Cic. rep. 3,8: Philus: ‚praeclaram vero causam ad me defertis, cum me i m p r o b i t a t i s p a t r o c i n i u m s u s c i p e r e voltis.‘ ‚atqui id tibi‘ inquit Laelius ‚verendum est, si ea dixeris quae contra iustitiam dici solent, ne sic etiam sentire videare! cum et ipse sis quasi unicum exemplum antiquae probitatis et fidei nec sit ignota consuetudo tua contrarias in partis disserendi, quod ita facillume verum inveniri putes.‘ et Philus ‚heia vero‘ inquit, ‚geram morem vobis et me oblinam sciens; quod quoniam qui aurum quaerunt non putant sibi recusandum, nos cum iustitiam quaeramus, rem multo omni auro cariorem, nullam profecto molestiam fugere debemus. atque utinam, quem ad modum oratione sum usurus aliena, sic mihi ore uti liceret alieno! Vgl. auch Augustin. civ. 2,21: suscepit . . . Philus ipse disputationem eorum, qui sentirent sine iniustitia geri non posse rem publicam, purgans praecipue ne hoc ipse sentire crederetur.
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stimmt.2 Andere äußern sich dazu differenzierter bzw. zurückhaltender,3 und manchem ist dieser Gedanke vollkommen fremd. Bo etwa hält es für undenkbar, dass Tacitus seinen verehrten Lehrer Aper wider besseres Wissen reden lassen könne – das passe nicht zu den hochachtungsvollen Worten, die er im Proömium über ihn findet.4 Mayer ist der Ansicht, dass zwar Aper sehr wohl meine, was er sage, dass aber Tacitus durch gegenläufige Hinweise im Text eine Art „Ehrenrettung“ versuche.5 Champion und Goldberg vermuten sogar, dass nicht bloß Aper, sondern auch Tacitus selbst die These vom Verfall der Rhetorik nicht teile.6 2) So z. B. Koestermann 1930, 404; Drexler 1962, 21; Haß-von Reitzenstein 1970, 131–143; Deuse 1975 (sowie diesem zustimmend Heubner in Güngerich 1980, 198). 3) So z. B. Brink 1989, 496; Luce 1993, 18 ff.; Allison 1999, 479 Anm. 2; Calboli 2002, 19 f. (vgl. unten Anm. 35). 4) Vgl. Bo 1993, 224. Ähnlich argumentiert Zwierlein 1997, 87. 5) Mayer 2001, 46: „It is generally agreed among the other interlocutors that Aper does not hold with the case he urges (. . .), and Aper neither assents to the charge (. . .) nor, more tellingly, does he deny it. Why does Tacitus stress this point? It may be that the answer lies outside the dialogue itself. We must not forget Tacitus’ personal attachment to Aper, who was as it were his ‘pupil master’. Loyalty required that he not be put in a bad light. Now since everyone – Tacitus, Fabius Justus, the other characters in the dialogue – are all agreed about the inferiority of modern eloquence, it would suggest a perverted judgement in Aper if he alone stood out against them in finding contemporary oratory the match of antiquity. It was more respectful of his judgement to stress that he was basically in agreement with all the others.“ Diese Argumentation impliziert allerdings die unhaltbare Auffassung, dass der Dialogus kein fiktives Arrangement sei, sondern eine mehr oder weniger getreue Wiedergabe eines Gespräches, das tatsächlich so oder ganz ähnlich stattgefunden habe. 6) Vgl. Champion 1994, v. a. 158 und 161; Goldberg 1999, 225 f. – Einige Worte v. a. zu Goldbergs Argumentation sind hier wohl angebracht. Dass Tacitus auch selbst der Ansicht war, stilistisch sei die moderne Rhetorik der alten unterlegen, ergibt sich m. E. zweifelsfrei schon aus dem ersten Satz des Proömiums: Saepe ex me requiris, Iuste Fabi, cur, cum priora saecula tot eminentium oratorum ingeniis gloriaque floruerint, nostra potissimum aetas deserta et laude eloquentiae orbata vix nomen ipsum oratoris retineat; neque enim ita a p p e l l a m u s nisi antiquos, horum autem temporum diserti causidici et advocati et patroni et quidvis potius quam oratores vocantur. Ausdrücklich rechnet Tacitus hier auch sich selbst zu denen, die nur die antiqui mit dem Begriff oratores zu belegen wagen; zu Recht konstatiert Barnes 1986, 233: „The Dialogus does not discuss the decline of oratory: it assumes it.“ Ebenso Luce 1993, 19 („Decline is taken for granted.“) und Mayer 2001, 46. Goldberg dagegen versucht, ausgehend vom stark konventionellen Charakter der Einleitung (vgl. dazu T. Janson, Latin Prose Prefaces. Studies in Literary Conventions, Stockholm 1964, 62), zu zeigen, dass Tacitus hier nicht seine eigene Ansicht zu er-
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Die Gegner der advocatus-diaboli-These (und auch die Skeptiker) können ein gewichtiges Argument ins Feld führen: Weder während des Dialogs noch nachher macht Aper auch nur die kleinste Andeutung, dass er nicht seine eigene Ansicht vorträgt bzw. vorgetragen hat; es sind Messalla und Maternus, die dies, und zwar wiederholt, behaupten.7 Aper widerspricht dem nicht, stimmt aber auch nicht zu, und dieses fehlende Eingeständnis ist ein entscheidender Unterschied des Dialogus zu De oratore und De re publica:8 Antonius und Philus stellen nämlich unmissverständlich klar, dass ihre wirkliche Überzeugung eine andere ist. Wer nun freilich Aper mit Ciceros Antonius vergleicht, könnte daraus ebenso gut ein Argument f ü r die advocatus-diaboli-These gewinnen: Antonius sieht schließlich erst am folgenden kennen gebe: „Only here, in the preface to the Dialogus, do we find an expository question that itself advances a proposition of substance – the decline of contemporary oratory – and only in the Dialogus is the author reluctant not only to reply (that reluctance is traditional) but to endorse the thesis being advanced: cui percontationi tuae respondere, et tam magnae quaestionis pondus excipere . . . vix hercule auderem si mihi mea sententia proferenda (1.2). T h e d e c l i n e o f o r a t o r y b e c o m e s a q u e s t i o n w h i c h Ta c i t u s n e v e r a n s w e r s i n h i s o w n v o i c e , and his reluctance to do so is not the result of false modesty. He instead is putting distance between what has become Fabius’ statement of the theme and what might be his own opinion of the subject. Indeed, the last we actually hear from Tacitus in propria persona is a reminder to Fabius that an opposing view is also possible: neque enim defuit qui diversam quoque partem susciperet ac multum vexata et inrisa vetustate nostrorum temporum eloquentiam antiquorum ingeniis anteferret (1.4). The proemium thus introduces without endorsing the thesis of oratorical decline.“ (Goldberg 1999, 225 f.; Hervorhebung durch Sperrung von mir) Diese Interpretation geht am Text vorbei; die Frage, die Tacitus nicht „in his own voice“ beantwortet, lautet nicht, o b , sondern w a r u m die Rhetorik Verfallserscheinungen zeigt: not the decline of oratory but the reasons for that decline. Den Verfall selbst hält er für ausgemacht, wie sich im Übrigen auch in der relativierenden Formulierung zeigt, mit der er das Gespräch bezeichnet: Es sei ein disertissimorum, u t n o s t r i s t e m p o r i b u s , hominum sermo gewesen, ein Gespräch von Männern, die – jedenfalls nach gegenwärtigen Maßstäben – rhetorisch äußerst beschlagen gewesen seien. 7) Vgl. dial. 15,2; 16,3; 24,2; 28,1. Luce 1993, 18 kommentiert: „Charging one’s opponent with not believing in his case has a long and honorable pedigree in ancient rhetoric.“ Zugleich räumt er jedoch ein, „that repeating the charge four times seems to be rather overdoing it, and the repetition may be intended to invite the reader to believe in it; note, too, that Aper does not contradict the charges when Maternus claims he does not believe what he says (. . .) or when Messalla declares that what he will say is what they all believe (. . .)“ (Luce 1993, 19 Anm. 26). 8) Vgl. Anm. 1.
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Tage, nach dem Eintreffen von Catulus und Caesar, die Zeit gekommen, die Maske fallen zu lassen.9 Der Dialogus dagegen erfährt keine solche Fortsetzung, während derer Aper – aus welchen Gründen auch immer – nunmehr seine wirklichen Ansichten vortragen könnte. Dies ist jedoch nicht entscheidend. Betrachtet man nämlich den Verlauf dieser Diskussion, dann lässt sich, denke ich, Apers Verhalten gut nachvollziehen, jedenfalls wenn man auch die Psyche der Gesprächsteilnehmer in diese Betrachtung einbezieht. Denn dass Emotionen in diesem Gespräch eine wichtige Rolle spielen, wird schon im Proömium deutlich gemacht, wenn es heißt, dass alle an diesem dialogus beteiligten Personen dabei gleichsam ihr eigenes Psychogramm abgegeben hätten (dum formam sui quisque et animi et ingenii redderent 1,3). Am Tag, bevor Maternus von Secundus und Aper aufgesucht wird, hat er aus einem Drama rezitiert, an dem er zur Zeit arbeitet. In diesem Stück wurden einige politisch brisante Dinge geäußert,10 und aus diesem Grunde ist Secundus, vermutlich aber auch Aper, in großer Sorge um ihn.11 In der Antike war man nun einmal stärker als heute dazu bereit, in den Äußerungen literarischer oder dramatischer Figuren die Ansichten ihres Schöpfers, des Autors also, ausgedrückt zu sehen,12 und obendrein macht Maternus selbst keinen Hehl daraus, dass in der Tat er selbst es ist, der hier durch seine Figuren spricht. Das ist gefährlich, und Secundus rät ihm daher, seine Poesie politisch zu entschärfen, Aper hingegen verlangt von ihm, sie ganz aufzugeben und sich stattdessen wieder der Rhetorik zu widmen. 9) Vgl. Anm. 1. 10) Vgl. dazu aus jüngster Zeit Manuwald 2001, v. a. 15 f. 11) Auch aus diesem Grunde rät Aper Maternus, sich wieder der Rhetorik zu widmen; wer (wie Maternus) persönlich gefährdet ist, finde in ihr den besten Schutz: sin proprium periculum increpuit, non hercule lorica et gladius in acie firmius munimentum quam reo et periclitanti eloquentia, praesidium simul ac telum, quo propugnare pariter et incessere sive in iudicio sive in senatu sive apud principem possis (5,6). Und wenn man „sich schon Gefahren aussetze, so sei die Tätigkeit des Gerichtsredners doch weit sinnvoller, in diesem Beruf lasse sich solches Vorgehen viel leichter entschuldigen“ (Döpp 1992, 214). 12) Dies wurde von den Autoren selbst mitunter beklagt – man denke nur an Catull. 16 (vgl. Clay 1998, 33: „Catullus was the first Roman poet . . . to protest that he could not be read in his book and to disassociate himself from his poetry.“) –, z. T. aber auch befördert, etwa wenn Cicero in seinem Dialog Cato maior de senectute den alten Cato zu seinem Sprachrohr machte (vgl. Cat. 1,3: omnem autem sermonem tribuimus . . . M. Catoni seni, quo maiorem auctoritatem haberet oratio). Ich habe vor, demnächst ausführlicher auf diesen Punkt einzugehen.
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So entspinnt sich ein Streitgespräch zwischen überzeugten Anhängern der Poesie einer- und der Rhetorik andererseits – allerdings nicht zum ersten Mal, denn wie Maternus zu erkennen gibt, ist dieser Streit zwischen ihm und Aper eine Art Dauerbrenner. Aper, der Anwalt der Rhetorik, eröffnet mit großem Enthusiasmus. Sein Tonfall und seine Mimik verraten Leidenschaft und Engagement (acrius, ut solebat, et intento ore 11,1), womit er seine forma animi an den Tag legt, wie es der Berichterstatter Tacitus eingangs angekündigt hatte (1,3). Er verzichtet allerdings auf die Provokationen, die Maternus erwartet (11,1). Deshalb antwortet dieser mit einem entspannten Lächeln (remissus et subridens 11,1), bevor auch er sich allmählich in eine feurige Begeisterung redet (concitatus et velut instinctus 14,1). Als nun Vipstanus Messalla den Raum betritt, spürt er sogleich die erregte Atmosphäre (intentio singulorum 14,1) und erkennt: Hier wird eine ernsthafte Angelegenheit besprochen (altiorem inter eos esse sermonem 14,1). Seine Frage, ob er etwa ungelegen komme (14,1), wird von Secundus jovial verneint (minime, minime 14,2): Er hätte sogar früher erscheinen sollen, denn so sei ihm eine große delectatio entgangen (delectasset enim te et Apri . . . sermo . . . et Materni . . . oratio 14,2). Secundus fühlt sich offenbar gut unterhalten, und Messalla versteht das sehr gut: Me . . . sermo iste infinita voluptate adfecisset (14,3). Doch auch wenn ihm dieses Gespräch entgangen sei, bleibe ihm noch Grund zur Freude, nämlich der Umstand, quod vos . . . non forensibus tantum negotiis et declamatorio studio ingenia vestra exercetis, sed eius modi etiam disputationes adsumitis, quae et ingenium alunt et eruditionis ac litterarum iucundissimum oblectamentum cum vobis, qui illa disputatis, adferunt, tum etiam iis, ad quorum aures pervenerint (14,3).
In Messallas Augen handelt es sich hier um eine disputatio, die nichts mit dem Tagesgeschäft eines Redners (forensia negotia – declamatorium studium) zu tun hat; diese Art geistiger Betätigung (ingenia exercetis) bewirke zweierlei: Zum einen trainiere es den Intellekt (ingenium alunt), zum anderen sorge es durch seinen gebildeten Gegenstand für höchst wohlgefällige Unterhaltung (eruditionis ac litterarum iucundissimum oblectamentum). Dass es den Kontrahenten aber auch darum gehen könnte, den jeweils anderen zu überzeugen, scheint Messalla keinem der beiden zu unterstellen, weder Maternus noch Aper. Ihr Disput ist in seinen Augen ein
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höchst ergötzlicher und anregender Zeitvertreib, mehr jedoch nicht, und das zu Recht. Beide Kontrahenten sind zwar zutiefst von dem überzeugt, was sie vorbringen, doch die Diskussion ist bereits abgedroschen und einigermaßen reflexhaft (nisi frequens et adsidua nobis contentio iam prope in consuetudinem vertisset; . . . cotidianum hoc patrocinium defendendae adversus te poeticae exerceo 4,1); die Argumente sind längst ausgetauscht, und keiner der beiden glaubt noch ernsthaft daran, den anderen überzeugen zu können. Aus eben diesem Grunde richtet ja eingangs Maternus an Secundus die Bitte, er möge als Außenstehender den Streit doch endlich entscheiden (4,2). Bis hierher ging es ausschließlich darum, ob ein rhetorisch begabter Mann gut daran tue, sich statt der Rhetorik dem Drama zu widmen. Apers Credo lautete: „Nein, unter keinen Umständen“. Maternus erwiderte mit einem bestimmten „Ja, unter allen Umständen“. Nun aber bringt Messalla einen neuen Gesichtspunkt in die Diskussion ein. War zuvor pauschal von Rhetorik an sich die Rede, wird jetzt unterschieden zwischen verschiedenen Formen der Rhetorik, und zwar zwischen verschiedenen Formen, die nicht gleichwertig seien: itaque hercule non minus probari video in te, Secunde, quod Iuli Africani vitam componendo spem hominibus fecisti plurium eius modi librorum, quam in Apro,13 quod nondum ab scholasticis controversiis 13) Andresens Konjektur ist fehl am Platze. Sie wird akzeptiert z. B. von Koestermann 1930, 404, von Arici 21970, 719 Anm. 3 („Con improbari, che Koest. accetta, pur con riserva, mi pare che il senso della frase sia più coerente con quanto è stato detto prima.“), von Drexler 1962, 7, von Winterbottom (Cornelii Taciti opera minora. Recognoverunt brevique adnotatione critica instruxerunt M. Winterbottom et R. M. Ogilvie, Oxford 1975 u. ö.) und von Güngerich 1980, 62 („Die Ergänzung eines Ausdrucks der Mißbilligung nach quam, wofür das improbari Andresens natürlich nur ein Beispiel ist, scheint mir unumgänglich zu sein. Worauf sollte sich sonst 15,1 irridere atque contemnere beziehen? Allein die Ausdrücke rhetorum und oratorum scheinen mir dafür eine zu schwache Grundlage.“), abgelehnt hingegen z. B. von Gudeman 1894, von Marsili 1959, 7, der die Stelle ironisch versteht, von Bo 1974, 45 („Sunt qui vel inserant . . ., quod minime urbanum humanumque Messallam decet, qui numquam inofficiosus est.“) und übereinstimmend mit diesem von Heubner in Güngerich 1980, 62 („Die Einfügung von improbari würde Messallas Worte zu einem groben Ausfall auf Aper machen, wogegen die Urbanität des Gespräches aufs entschiedenste spricht. Die Ironie der auf Aper gemünzten Äußerung liegt also in der Feststellung, daß dieser ‚noch immer nicht‘ von den novi rhetores zu den Nacheiferern der veteres oratores übergehen will.“) sowie von Mayer 2001 ad loc. – Zur Ironie im Dialogus vgl. auch Köhnken 1973.
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recessit et otium suum mavult n o v o r u m r h e t o r u m more quam v e t e r u m o r a t o r u m consumere. (14,4)
Auch wenn es für heutige Leser nicht sogleich erkennbar ist – dieser letzte Satz enthält mehrere Spitzen gegen Aper: Wie es im Proömium der Schrift auch Tacitus selbst tut,14 reserviert Messalla den Titel orator als den ehrenvollsten allein für die Redner der Vergangenheit;15 Aper ist keiner von diesen, sondern beschäftigt sich mit scholasticae controversiae, und selbst in seiner Freizeit orientiert er sich nicht an den alten oratores, sondern an den neuen rhetores. Die Begriffe scholasticus und rhetor, die Messalla verwendet, um Aper zu charakterisieren, sind in seinem Sprachgebrauch äußerst negativ besetzt,16 und wie wenig er von den controversiae des Rhetorik14) Vgl. 1,1 Saepe ex me requiris . . ., cur . . . nostra . . . aetas . . . vix nomen ipsum oratoris retineat; neque enim ita appellamus nisi antiquos, horum autem temporum diserti causidici et advocati et patroni et quidvis potius quam oratores vocantur. Vgl. dazu oben Anm. 6. 15) Die Anrede viri optimi et temporum nostrorum oratores (14,3) übertreibt aus reiner Höflichkeit; zudem wird der Begriff oratores durch die Hinzufügung von nostrorum temporum in ähnlicher Weise relativiert wie im Proömium disertissimorum hominum durch die Einschränkung ut nostris temporibus (1,2) (vgl. oben Anm. 6). 16) Vgl. 15,3 si quis alius Ephesum vel Mytilenas concentu scholasticorum et clamoribus quatit ‚oder wer da sonst noch die Einwohner von Ephesus oder Mytilene mit dem lärmenden Singsang der Schulmeister nervt‘; 26,8 quotus enim quisque scholasticorum non hac sua persuasione fruitur, ut se ante Ciceronem numeret ‚wieviel Prozent der Schulmeister sind denn nicht so von sich selbst überzeugt, dass sie sich über Cicero stellen?‘; 31,1 veteres . . . intellegebant opus esse non ut in rhetorum scholis declamarent nec ut fictis nec ullo modo ad veritatem accedentibus controversiis linguam modo et vocem exercerent ‚früher . . . verstand man noch, dass es nicht darauf ankommt, in den Rhetorenschulen zu deklamieren und an fiktiven und vollkommen realitätsfernen Problemstellungen lediglich Zunge und Stimme zu trainieren‘; 35,1 at nunc adulescentuli nostri deducuntur in scholas istorum qui rhetores vocantur, quos paulo ante Ciceronis tempora extitisse nec placuisse maioribus nostris ex eo manifestum est, quod . . . ‚jetzt aber schiebt man unsere Jugend in die Schulen dieser so genannten Rhetoren ab; dass diese Leute kurz vor der Zeit Ciceros aufkamen und von unseren Vorfahren nicht geschätzt wurden, kann man daraus ersehen, dass . . .‘; 35,2 deducuntur in scholas, quibus non facile dixerim utrumne locus ipse an condiscipuli an genus studiorum plus mali ingeniis adferant ‚man schiebt sie in die Schulen ab, von denen ich nicht leicht zu sagen wüsste, ob eher die Örtlichkeit selbst oder die Mitschüler oder die Art des Lehrstoffes dort die Köpfe verderben‘; 35,5 sic fit ut tyrannicidarum praemia aut vitiatarum electiones aut pestilentiae remedia aut incesta matrum aut quidquid in schola cotidie agitur, in foro vel raro vel numquam, ingentibus verbis prosequantur ‚so kommt es, dass sie mit großen Worten die Belohnungen für Tyrannenmord, die Alternativen vergewaltigter Frauen,
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unterrichts hält, verhehlt er ebenfalls nicht.17 Wir dürfen uns diesen letzten Satz also in einem entsprechenden Tonfall vorgetragen denken: vor Ironie geradezu triefend, mit einem Einschlag ins Sarkastische, und die Botschaft, die so vermittelt wird, ist deutlich: Aper und seine Kollegen praktizieren eine minderwertige Form von Rhetorik. Damit aber wird Apers Position unterminiert: Mag es auch Zeiten gegeben haben, da man sich ohne Wenn und Aber der Rhetorik verschreiben durfte – unter den gegenwärtigen Zuständen ist sie alles andere als die Königsdisziplin. Das wird in Messallas Augen an Secundus deutlich: Selbst ein Biograph wie dieser kann – eben weil es keine wirklich herausragende Rhetorik, keine oratores mehr gibt – dasselbe öffentliche Ansehen wie ein Redner erlangen, wenn nicht sogar ein höheres. Der Hieb sitzt, Aper wird ihn nicht vergessen.18 In seiner hitzigen Art beißt er denn auch sofort an19 – er hat sich ja ohnehin gerade warm geredet – und stellt Messalla als unverbesserlichen Traditionalisten hin (15,1), der immer wieder (tuum sermonem saepe excepi 15,1) behaupte, dass es gegenwärtig keinen wirklichen orator gebe, und zwar wider besseres Wissen, da er ja nach Ansicht vieler Leute (und dazu zählt Aper zweifellos auch sich selbst) selbst ein ausgezeichneter Redner sei. Messalla betreibe also bloß fishing for compliments (cum eam gloriam, quam alii tibi concedunt, ipse tibi denegares 15,1).
die Heilmittel gegen die Pest oder Inzestvergehen mit der Mutter durchkauen oder was da in den Schulen sonst noch tagtäglich, in der Praxis hingegen selten oder nie, verhandelt wird‘. Bei Aper dagegen ist der Begriff rhetor nicht unbedingt negativ konnotiert; vgl. 23,2 sed vobis utique versantur ante oculos isti, qui Lucilium pro Horatio et Lucretium pro Vergilio legunt, quibus eloquentia Aufidi Bassi aut Servili Noniani ex comparatione Sisennae aut Varronis sordet, qui rhetorum nostrorum commentarios fastidiunt, Calvi mirantur; Messalla hingegen spricht gerne von den ‚so genannten Rhetoren‘ (30,5 sed expetuntur quos rhetoras vocant; 35,1 scholas istorum, qui rhetores vocantur). 17) Vgl. dial. 35,4–5 controversiae robustioribus adsignantur, quales, per fidem, et quam incredibiliter compositae! . . . sic fit, ut tyrannicidarum praemia . . . (siehe oben). 18) Zum Schluss greift Aper Messallas Sticheleien vom Eingang in scherzhafter Wendung auf: at ego vos rhetoribus et scholasticis (sc. criminabor) (42,2). 19) Champion 1994, 155 spricht dagegen von „the unruffled manner in which he [sc. Aper] receives the taunt upon Messala’s arrival“, kann aber die ungeduldige, wenn nicht sogar ungehaltene Weise nicht erklären, in der Aper in 16,4 das Wort ergreift (vgl. Champion 1994, 154).
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Messallas Antwort ist kurz und bündig. Von seinen Worten brauche er sich nicht zu distanzieren, und im Übrigen glaube Aper doch wohl selber nicht, was er da sage – auch wenn er, jedenfalls m a n c h m a l , die Gegenmeinung vertrete: neque aut Secundum aut Maternum aut te ipsum, Aper, quamquam interdum in contrarium disputes, aliter sentire credo. (15,2)
Weiter geht Messalla auf Apers Einwurf nicht ein. Offenkundig hält er die Auseinandersetzung mit den von Aper vertretenen Positionen nicht für lohnend, er möchte lieber über die Gründe dieser infinita differentia zwischen früher und heute sprechen. Ein aussagekräftiger Vorgang: Der temperamentvolle Aper wird mit einem abwinkend-lakonischen „Das glaubst du ja selbst nicht“ beschieden – und kein Wort des Widerspruchs, geschweige des Protestes kommt über seine Lippen. Offenbar fühlt er sich von Messalla in keiner Weise brüskiert. Ist er also tatsächlich nicht von dem überzeugt, was er sagt? Widerspruch scheint von Maternus zu kommen, denn sein Versprechen, sich an der Diskussion zu beteiligen und Messallas Ausführungen zu ergänzen, verbindet er mit der Vermutung, Aper werde ihm wohl nicht beipflichten: Aprum . . . solere dissentire et tu paulo ante dixisti et ipse satis manifestus est iam dudum in contrarium accingi nec aequo animo perferre hanc nostram pro antiquorum laude concordiam. (16,3)
Es geht um die Frage, ob die Rhetorik der Gegenwart Verfallserscheinungen zeige. Messalla soll dazu kurz zuvor (paulo ante) gesagt haben Aprum solere dissentire. Dies hatte Messalla jedoch keineswegs behauptet, sondern vielmehr ausdrücklich bestritten, und erst recht nicht hatte er von solere gesprochen – stattdessen hieß es interdum (15,2). Was Messalla gesagt hatte, ist dies: Aper opponiert nicht aus Gewohnheit und schon gar nicht aus Überzeugung. Entweder also hat Maternus seinen ‚Verbündeten‘ Messalla gründlich missverstanden – was wohl nicht anzunehmen ist – oder er meint mit seinen Worten solere dissentire etwas anderes, nämlich dass in Aper der Widerspruchsgeist sehr lebendig ist.20 20) So versteht die Stelle auch Michel 1962, 70 in seinem Kommentar zu dial. 24,2. Dort sagt Maternus über Aper: ac ne ipse quidem ita sentit, sed more veteri et a nostris philosophis saepe celebrato sumpsit sibi contra dicendi partes. Michel fragt nun: „Une question se pose toutefois. Quand devons-nous croire Maternus? Ici, ou
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Aper ist nicht anderer Meinung, aber hier und jetzt vertritt er sie, weil er einfach nicht ertragen kann, dass hier alle einer Meinung sind (nec aequo animo perferre hanc nostram . . . concordiam21). Doch nehmen wir einmal an, Aper wäre wirklich von seiner Sache überzeugt; in diesem Fall wäre zu erwarten, dass er alles daran setzt, seine Sache auch möglichst überzeugend zu präsentieren. Er hätte zu diesem Zweck immer und überall das aptum zu berücksichtigen, eine zentrale Forderung der antiken Rhetorik: die Forderung nach Angemessenheit in Konzeption, Formulierung und Vortrag der Rede.22 Dieses aptum wird differenziert in so genanntes inneres und äußeres aptum, womit zum einen (inneres aptum) das Verhältnis der einzelnen Teile der Rede zueinander gemeint ist und zum anderen (äußeres aptum) das Verhältnis dieser Teile zu den äußeren Umständen der Rede. Ein wesentlicher Aspekt dieses äußeren aptum ist nun wiederum das Publikum, vor dem die jeweilige Rede vorgetragen wird: Was zu sagen ist und wie es zu sagen ist, lässt sich nur sinnvoll entscheiden, wenn man immer bedenkt, vor wem man es sagt.23 un peu plus haut (16, 3)? Dans ce passage, il nous est indiqué qu’Aper avait coutume – «solere» – d’être en désaccord avec ses amis. Il est vrai que Messalla se montre moins affirmatif sur ce même point: d’après lui, Aper partage son sentiment, mais aime à soutenir la thèse opposée dans la discussion («neque aut Secundum aut Maternum aut te ipsum, Aper, quamquam interdum in contrarium disputes, aliter sentire credo.») (15, 2). Comment choisir parmi toutes les nuances? Il faut sans doute insister sur les mots «sentire» et «disputare». Maternus et Messalla suivent plus fidèlement le sentiment que leur inspire la nature. Aper ne peut manquer de rencontrer les mêmes évidences mais il peut les «discuter» parce qu’il en voit «le pour et le contre». Il est donc plus sceptique, alors que Messalla et Maternus . . . sont proches du Platonisme et du Stoïcisme. Peut-être aussi l’attitude d’Aper lui est-elle dictée par ses passions qui l’encouragent à plaider contre le sentiment vrai. On voit donc comment opinion et passion peuvent se mélanger.“ – Büchner 21963, 243 dagegen übersetzt: „Denn daß Aper gewöhnlich anderer Meinung ist, hast du eben vorher gesagt . . .“. 21) Zumindest in dieser Hinsicht gibt Aper Maternus sogleich Recht, doch deutet er die concordia zwischen Maternus, Messalla und Secundus zu einer conspiratio um und gibt ihr damit einen negativen Beigeschmack: ‚non enim‘ inquit Aper ‚inauditum et indefensum saeculum nostrum patiar hac vestra conspiratione damnari.‘ (16,4). 22) Vgl. Lausberg 1960, §1055–1062. 23) Vgl. z. B. Cic. orat. 71 in omni parte orationis ut vitae quid deceat est considerandum; quod et in re de qua agitur positum est et in personis et eorum qui dicunt e t e o r u m q u i a u d i u n t ‚an jedem Punkt der Rede, wie des Lebens, muss abgewogen werden, was angemessen ist: Dies ergibt sich sowohl aus der Sache, über die verhandelt wird, wie auch aus den Persönlichkeiten der Redner w i e d e r Z u h ö r e r ‘.
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Misst man Apers Argumentation an diesem Kriterium, muss das Urteil über ihn vernichtend ausfallen, denn vor wem spricht er? Sein Publikum besteht aus Maternus, Secundus und Messalla (sowie dem still daneben sitzenden jungen Tacitus), aus hochgebildeten Männern also, die auf dem Gebiet der Rhetorik langjährige Erfahrung besitzen und der gegenwärtigen Rhetorik recht kritisch gegenüberstehen. Gerade vor solchen Männern käme es darauf an, solche Argumente vorzubringen, die sich nicht oder nur schwer widerlegen lassen, und alles beiseite zu lassen, was sich ohne Mühe entkräften oder sogar gegen einen selbst verwenden lässt. Aper jedoch entscheidet sich für eine Argumentation, die bei diesem Publikum hier – wie er auch selbst wissen muss – nichts ausrichten kann. Sein erstes Argument ist im Grunde keines, denn zunächst reibt er sich an der Verwendung des Wortes antiquus. Es gehe nicht an, Redner wie Demosthenes und Hyperides bzw. Cicero, Caesar oder Brutus als antiqui zu bezeichnen. Apers weitschweifige Ausführungen über die Abgrenzung und Benennung bestimmter Epochen (16,4–18,1) sind im Wesentlichen ein Streit um Worte. Wen er hier damit überzeugen will, weiß er wohl selbst nicht zu sagen. Von solchen sophistischen Haarspaltereien wird dieses Publikum sich nicht beeindrucken lassen.24 Seine folgenden Ausführungen über den Gedanken, dass sich die Formen der Rhetorik in Abhängigkeit von den äußeren Bedingungen gestalten müssen (18,2–19,5), erweisen sich eher als Bumerang, denn das Faktum ist zwar unstrittig, es lässt sich aber – wie Messalla und Maternus in ihren Beiträgen zeigen – genauso gut, ja weit besser g e g e n die moderne Rhetorik wenden: Wenn Eltern und Lehrer ihre Pflichten vernachlässigen (29,1–30,1), wenn sich die rhetorische Ausbildung weitgehend von der Realität abgekoppelt hat (31,1; 35,4 f.), wenn auf Sachkenntnis keinerlei Wert mehr gelegt wird (32,2), wenn der Rhetorik aus verschiedenen Gründen die großen Themen ausgehen (37,4) und sie nicht mehr entscheidet, wer wieviel politischen Einfluss erlangt (36,2–37,3), sondern sich auf zivilrechtliche Angelegenheiten konzentrieren muss (causae 24) Barnes 1986, 237 hat Recht, wenn er Apers Ausführungen über den Begriff antiquus so kommentiert: „This argument is silly and is meant to look silly.“ Tacitus will, dass man die Fragwürdigkeit von Apers Argumentation erkennt, und setzt dazu deutliche Signale. Anders dagegen z. B. Luce 1993, 35 sowie Champion 1994, 154.
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centumvirales . . . nunc primum obtinent locum 38,2) – was kann dabei schon noch herauskommen? Und dass sich der Geschmack des Publikums verändert hat und einem Redner andere Dinge abverlangt als früher, ist zweifellos richtig; die Frage ist nur, ob man diesen Erwartungen Folge leisten will. Aper will es, aus pragmatischen Gründen, Maternus nicht, aus ästhetischen.25 Vollends fragwürdig wird Apers Argumentation jedoch dort, wo er beginnt, konkret gegen die einzelnen republikanischen Redner zu polemisieren: Quis nunc feret oratorem de infirmitate valetudinis suae praefantem, qualia sunt fere principia Corvini? quis quinque in Verrem libros expectabit? quis <de> exceptione et formula perpetietur illa inmensa volumina, quae pro M. Tullio aut Aulo Caecina legimus? (20,1)
Wie man längst gesehen hat,26 hat Tacitus die erste Frage in Anspielung auf eine Stelle bei Quintilian formuliert. Dort heißt es: quaedam in his quoque commendatio tacita, si nos infirmos, inparatos, inpares agentium contra ingeniis dixerimus, qualia sunt pleraque Messallae prooemia. (inst. 4,1,8)
Vergleicht man dies mit der Polemik, die Tacitus Aper in den Mund legt, drängt sich zunächst der Eindruck auf, dass hier ein Missverständnis vorliegt. Aper behauptet, Messalla Corvinus habe ständig über seine Kränklichkeit gesprochen und nicht von Schwäche im Sinne von mangelnden rhetorischen Fähigkeiten oder ungenügender Vorbereitung, wie Quintilians infirmos gemeint ist. Doch weder hat hier Tacitus Quintilian missverstanden27 noch Aper Messalla Corvinus. Aper macht aus Messalla „die Karikatur des Redners, der ständig den ‚Indisponierten‘ spielt“,28 er verdreht 25) Goldberg 1999, 236 trifft das Richtige, wenn er sagt: „Aper willingly accepts any oratory that has lost neither its utility nor its reward.“ Sein anschließendes Urteil über Maternus hingegen („Maternus accepts the new style for a much bleaker reason: the price of the old one was too high.“) geht wohl zu weit. Was Maternus akzeptiert, ist, dass die alte Rhetorik unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr existieren kann – s t i l i s t i s c h aber war sie eindeutig besser (vgl. 27,1 neque enim hoc colligi desideramus disertiores esse antiquos, quod apud me quidem in confesso est). Den neuen Stil akzeptiert er nicht, er nimmt ihn notgedrungen hin. 26) Vgl. Güngerich 1951. 27) So scheint es z. B. Barnes 1986, 229 zu sehen: „Tacitus appears to have misunderstood or misremembered Quintilian’s infirmos (which the latter had used in a metaphorical sense).“ 28) Güngerich 1980, 84.
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Messallas Worte29 ganz bewusst, nicht aus Unkenntnis – denn er ist ja ein zutiefst gebildeter Mann (2,2) –, ohne ernsthaft zu glauben, dass sein Publikum dies nicht durchschauen wird; immerhin ist mit Vipstanus Messalla ein Nachfahr jenes Messalla darunter. Dieser reagiert denn auch entsprechend ungehalten auf die Verhöhnung seines Ahnen, wie Maternus wohl bemerkt (27,1). Es ist eine gezielte Provokation, Aper w e i ß, dass er Messalla Corvinus karikiert, und man wird vermuten dürfen, dass er nur darauf aus ist, Vipstanus Messalla dessen Sticheleien mit gleicher Münze heimzuzahlen. Überzeugen will er hier damit niemand – Überzeugungskraft hätte seine Polemik allenfalls vor einem Publikum, das nur oberflächlich rhetorisch gebildet ist, das über Messalla Corvinus nicht genug weiß, um die Dürftigkeit des Arguments zu erkennen. Nicht anders verhält es sich mit der nächsten Frage quis quinque in Verrem libros expectabit? Natürlich würde niemand so lange ausharren, bis die actio secunda gegen Verres bis zum Ende vorgetragen ist, doch nur wer nicht weiß, dass diese niemals gehalten wurde und auch gar nicht zu diesem Zweck konzipiert ist, kann hierin eine ernst zu nehmende Kritik an der alten Rhetorik sehen. Auch dieses Argument kann vor diesem Publikum nicht bestehen. Was Apers dritte Frage angeht, so wird eine Beurteilung dadurch erschwert, dass die darin angesprochenen Reden Ciceros nur teilweise erhalten sind. Gemeinsam haben sie, dass sie in Zivilprozessen gehalten wurden, in denen es um Grundstücksstreitigkeiten ging. Von den zwei Reden für M. Tullius (72/71 v. Chr.) ist die erste vollständig verloren und die zweite bloß fragmentarisch erhalten; die Rede für Caecina dagegen (69 v. Chr.) ist zwar ebenfalls lückenhaft, doch wesentlich besser überliefert. Sie ist in der Tat verhältnismäßig lang, „so that the epithet ‘inmensa’ is clearly not so great an exaggeration . . ., especially as it is not likely that very many of the numerous speeches still accessible to Aper exceeded the pro Caecina in length“.30 Zudem ist sie – wie Cicero später auch selbst sah31 – 29) Da Zwierlein es für undenkbar hält, dass Aper hier wider besseres Wissen reden könnte (vgl. oben Anm. 4), hält er den Text in seiner überlieferten Form für entstellt; valetudinis sei eine Glosse (vgl. Zwierlein 1997, 88 ff.). 30) Gudeman 1894 zu dial. 20,4. 31) Vgl. Cic. orat. 102 tota mihi causa pro Caecina de verbis interdicti fuit: res involutas definiendo explicavimus, ius civile laudavimus, verba ambigua distinximus.
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von ausführlichen Darlegungen über juristische Details geprägt. Insofern kann man Aper nicht vorwerfen, er habe erneut Tatsachen verdreht. Entscheidend ist aber etwas anderes: Durch die Auswahl gerade dieser Reden wird suggeriert, eine langatmige Behandlung von Verfahrensfragen (exceptio und formula) sei ebenso typisch für Cicero wie die vermeintlich weinerlichen Proömien für Messalla Corvinus. Dabei ist doch selbstverständlich – so selbstverständlich, dass Aper wissen muss, dass auch sein Publikum dies weiß –, dass dies gerade nicht der Fall ist. Derlei Themen sind viel eher für die zeitgenössische als für die republikanische Rhetorik typisch.32 Ohne Zweifel ist sich Aper darüber im Klaren, dass er mit solchen Mitteln keinen der Anwesenden auch nur nachdenklich stimmt, geschweige denn überzeugt. Anderswo mag er damit Erfolg haben – hier gewiss nicht. Messalla fertigt ihn denn auch mit wenigen Worten ab: neque enim diu contra dicendum est Apro qui primum, ut opinor, nominis controversiam movit . . . mihi autem de vocabulo pugna non est. (25,1–2)
Er fühlt sich jedoch dazu berufen, es Aper gleichzutun und nun auch seinerseits nominatim Kritik zu üben (26,8); davon hält ihn Maternus jedoch ab, weil er spürt, dass Messalla die moderne Rhetorik nur deshalb so vehement aufs Korn nehmen möchte, weil er sich als Nachfahr des Messalla Corvinus von Aper brüskiert fühlt.33 Der aber hat ihm seine Provokation nur mit gleicher Münze heimgezahlt, ohne dabei auch wirklich hinter seinen eigenen Worten zu stehen, wie Maternus soeben konstatiert hat: 32) Deshalb kann Maternus Aper entgegenhalten: multum interest utrumne de furto aut f o r m u l a et interdicto dicendum habeas an de ambitu comitiorum, de expilatis sociis et civibus trucidatis (dial. 37,4); hier werden „unbedeutende Prozesse (wie sie in der Gegenwart vorherrschen) mit den politisch gewichtigen (der Vergangenheit) konfrontiert“ (Güngerich 1980, 164). De ambitu hat Cicero öfter gesprochen, „z. B. in der Mureniana aus seinem Konsulatsjahr, wo infolge der gefährdeten Lage das politische Gewicht des Falles erheblich war“ (Güngerich 1980, 164), und bei den Worten de expilatis sociis et civibus trucidatis denkt Maternus ebenfalls an Cicero, vermutlich an die Verrinen. 33) Vgl. 27,1: ‚Parce‘ inquit Maternus ‚et potius exsolve promissum. neque enim hoc colligi desideramus disertiores esse antiquos, quod apud me quidem in confesso est, sed causas exquirimus, quas te solitum tractare paulo ante , plane mitior et eloquentiae temporum nostrum minus iratus antequam te Aper offenderet maiores tuos lacessendo.‘
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ne ipse quidem ita sentit, sed more veteri et a nostris philosophis saepe celebrato sumpsit sibi contra dicendi partes. (24,2)
Wie es schon Messalla getan hat, spricht auch Maternus Aper jede Ernsthaftigkeit ab, und erneut erhebt dieser bezeichnenderweise keinen Widerspruch.34 Bloß Messalla hat offenbar in der Aufregung vergessen, dass er zuvor über Aper dasselbe Urteil abgegeben hatte. Von Maternus zur Ordnung gerufen, reagiert Messalla wie einer, der sich durchschaut und ertappt sieht. Er streitet deshalb rundweg ab, beleidigt zu sein (non sum offensus 27,2); sein Nachsatz lässt allerdings unschwer erkennen, dass es sich anders verhält: nec vos offendi decebit si quid forte aures vestras perstringit (27,2). So wie er sollen auch die anderen nicht beleidigt sein, wenn ihnen etwas unangenehm in den Ohren klingt – ein kaum verhülltes Eingeständnis, dass ihn etwas unangenehm berührt hat, natürlich der polemische Satz über Messalla Corvinus. Weil er als dessen Nachkomme seine Familienehre beschädigt sah, bedachte er nicht mehr hanc esse eius modi sermonum legem, iudicium animi citra damnum adfectus proferre (27,2)‚ „dass es in solchen Diskussionen Konvention ist, seine persönlichen Ansichten vorzubringen, ohne dass einem etwas davon verübelt werden darf“.35 An diese lex er34) Dies halten z. B. auch Bo 1993, 224 und – mit größerem Nachdruck – Luce 1993, 19 fest. 35) „Wie Agr. 32,1 E. bezeichnet adfectus hier das Wohlwollen (Goelzer richtig ‚amitié‘); diese dürfen Meinungsverschiedenheiten nicht beeinträchtigen.“ (Güngerich 1980, 120 f.) Vgl. auch Tac. hist. 1,15: (Galba spricht zu Piso:) fortunam adhuc tantum adversam tulisti: secundae res acrioribus stimulis animos explorant, quia miseriae tolerantur, felicitate corrumpimur. fidem, libertatem, amicitiam, praecipua humani animi bona, tu quidem eadem constantia retinebis, sed alii per obsequium imminuent: inrumpet adulatio, blanditiae <et> pessimum veri adfectus venenum, sua cuique utilitas. Den drei Begriffen fides, libertas und amicitia werden hier adulatio, blanditiae und sua cuique utilitas gegenübergestellt, wobei das Gegenstück zur amicitia, die sua cuique utilitas, als pessimum veri adfectus venenum charakterisiert wird. – Irrig dagegen ist die Deutung Calbolis (2002, 19 f.), der die Stelle mit den Worten „the rule given in the Dialogue is that personal feelings must not be hurt“ paraphrasiert und dann fortsetzt: „Therefore it was possible to discuss the reasons why eloquence might decay but not on the basis that there actually had been such decay because he who was persuaded that no decay had occurred could not be persuaded of the contrary without offending his feelings.“ Und dann: „Only a more intelligent reader as opposed to a superficial reader could understand this.“ Offenbar also ist die Diskussion im Dialogus eine rein hypothetische („why eloquence might decay“), denn den Gegenstand als r e a l anzusehen („on the basis that there actually had been such decay“) hätte ja bedeutet, den, der vom Gegenteil über-
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innert er nun die anderen (cum sciatis . . .), im Grunde aber sich selbst. Solchermaßen zur Raison gebracht, scheint er sich dann wieder bewusst zu werden, dass Aper nicht so unwissend und ahnungslos ist, wie er zu sein vorgibt: non reconditas, Materne, causas requiris nec aut tibi ipsi aut huic Secundo v e l h u i c A p r o ignotas, etiam si mihi partes adsignatis proferendi in medium, q u a e o m n e s s e n t i m u s . (28,1)
Damit wird nun endlich die eigentliche Frage des Dialogus besprochen, die Frage nach den Gründen des Verfalls der Rhetorik. Aper beteiligt sich hieran nicht mehr, er könnte – wie Messallas Worte anzeigen – ohnehin nur wiederholen, was andere schon gesagt haben. Seine Rolle ist ausgespielt. Wie aber steht er nun da? Hat er sich lächerlich gemacht? Oder besser gefragt: Hat Tacitus Aper lächerlich gemacht? Der Vergleich mit Ciceros De re publica und De oratore könnte diesen Gedanken aufkommen lassen; Cicero nämlich legt Wert darauf, Philus und Antonius klarstellen zu lassen, dass sie in den betreffenden Reden nicht ihre eigene Meinung vorbringen bzw. vorgebracht haben, und dies erfolgt wohl auch deshalb, um die Figuren des Dialogs (besser gesagt: die Pate stehenden realen Personen) nicht zu desavouieren. Zugleich aber wird in Ciceros Dialogen deutlich, dass es einen Redner nicht diskreditiert, sondern im Gegenteil auszeichnet, in utramque partem diskutieren zu können, auch gegen die eigenen Überzeugungen.36 Prinzipiell ist es also keineswegs anstößig, wenn Aper hier die contra dicendi partes übernimmt; ohne ihn wäre die Diskussion ein Gespräch unter Gleichgesinnten, und concordia im Gespräch ist zwar schön, aber zumindest für Aper auch langweilig (siehe S. 338). Doch warum lässt Tacitus ihn nicht klarstellen, dass er nicht wirklich von dem überzeugt sei, was er vorgebracht hat? zeugt sei – womit nur Aper gemeint sein kann – zu verletzen . . . Und das soll der Standpunkt eines „more intelligent reader“ sein? 36) Vgl. Cic. de orat. 3,80: sin aliquis exstiterit aliquando, qui Aristotelico more de omnibus rebus in utramque partem possit dicere et in omni causa duas contrarias orationes, praeceptis illius cognitis, explicare aut hoc Arcesilae modo et Carneadi contra omne, quod propositum sit, disserat, quique ad eam rationem adiungat hunc usum exercitationemque dicendi, is sit verus, is perfectus, is solus orator. – Cic. de orat. 3,107: de virtute enim, de officio, de aequo et bono, de dignitate, utilitate, honore, ignominia, praemio, poena similibusque de rebus in utramque partem dicendi etiam nos et vim et artem habere debemus.
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Betrachtet man den Verlauf der Diskussion und bedenkt man dabei, dass im Proömium ausdrücklich auf die Bedeutung der Emotionen hingewiesen wird, dann fällt die Antwort eigentlich nicht schwer: Die Klarstellung unterbleibt, weil ein solch versöhnliches Einlenken unter diesen Umständen nicht zu Aper passen würde. Es hat ganz den Anschein, als habe sich Tacitus an eine zentrale Forderung der Ars poetica erinnert, die sich unschwer auf fiktive Dialoge übertragen lässt: (persona) servetur ad imum, / qualis ab incesso processerit, et sibi constet (Hor. ars 126 f.). Doch muss man nicht Horaz bemühen, um die Konzeption des Dialogus auch in diesem Punkt nachvollziehen zu können; die Forderung nach Konsistenz der dramatischen Personen ist ja nichts weiter als eine poetologische Konsequenz jenes rhetorischen Konzeptes, von dem schon oben die Rede war und das hier nun erneut zum Tragen kommt: des Konzeptes der Angemessenheit, des aptum. Während es aber oben um die Forderung ging, die Zusammensetzung und den Charakter des Publikums zu berücksichtigen, geht es hier um einen anderen Aspekt des (äußeren) aptum: um die Berücksichtigung des Charakters des Sprechers selbst37 sowie der Situation, in der sich dieser Sprecher befindet – mithin um das, was in der theoretischen Rhetorik mit den Begriffen sermocinatio bzw. prosvpopoi˝a bezeichnet wird38 und womit Tacitus aus seiner langjährigen Tätigkeit als Redner selbstredend bestens vertraut war. Es ist also, denke ich, ein zentrales rhetorisches Konzept, das Tacitus dazu bringt, in diesem Punkt von Ciceros Dialogen De oratore und De re publica abzuweichen. Damit die Diskussion einen dramatisch und psychologisch stimmigen Verlauf nehmen kann,39 sieht Tacitus davon ab, Aper die persona ablegen zu lassen, denn Apers Charakter und die Situation lassen es nicht zu: Philus in De re publica übernimmt die Rolle des advocatus diaboli auf Bitten der anderen Gesprächsteilnehmer, Antonius in De oratore aus bewusstem Kalkül – Aper hingegen wächst gleichsam in sie hinein und ist schließlich zu erhitzt, um sie mit einem heiteren me 37) Vgl. Cic. orat. 71–74: quid deceat . . . et in re de qua agitur positum est et in personis: et e o r u m q u i d i c u n t et eorum qui audiunt. (. . .) poeta . . . peccat etiam, cum probi orationem adfingit improbo stultove sapientis (und bezogen auf Marcus Aper könnten wir hinzufügen: acrive lenis). 38) Vgl. Lausberg 1960, §820. 39) Vgl. Syme 1958, 107, wo (bezogen auf Maternus) ebenfalls eine „dramatic harmony between character and discourse“ festgestellt wird.
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oblevi sciens40 gelassen wieder abzulegen. Von den ersten Worten an hat er tatsächlich in einer Gegenposition zu Maternus gestanden. Was er dort vorgebracht hat, war und ist ihm eine Herzensangelegenheit, doch die Standpunkte sind altbekannt, die Fronten verhärtet, nichts fruchtet mehr – verständlich, wenn er nun, da er sich warm geredet hat und zudem von Messalla provoziert wird, den anderen auch dort widerspricht, wo er ihnen vermutlich gar nicht so fern steht. Unter anderen Bedingungen hätte er möglicherweise keinen Anlass gesehen, zu diesem Thema in contrarium zu diskutieren, denn das tut er ja nur interdum (15,2), also nur unter bestimmten Umständen.41 Hier jedoch sind solche Umstände gegeben, hier reizt es ihn dazu, teils aus Trotz, teils in Reaktion auf Messallas Provokation, teils aus dem Bedürfnis nach Widerspruch. Daher übernimmt er nach Messallas Hinzutreten – aber erst dann – in der Tat die Rolle des advocatus diaboli. Als dieser malt er von der Rhetorik der Republik ein Zerrbild, das nicht einmal vor Schülern der Rhetorikschulen Bestand hätte. Keiner der Anwesenden nimmt ihm ab, was er sagt, und Aper nimmt daran wiederum keinen Anstoß – dazu lässt er sich dann doch nicht hinreißen. Die Klarstellung aber, dass er wider die eigenen Überzeugungen geredet hat, kann Tacitus nicht ihm selbst in den Mund legen, sondern muss sie selbst übernehmen: neque enim defuit, qui diversam quoque partem susciperet (1,4).
Die Wortwahl dieser Ankündigung (partem suscipere) ist – nicht anders als in Cic. rep. 3,8 me improbitatis patrocinium suscipere voltis – eine unverkennbare Anlehnung an den juristischen Ausdruck causam suscipere ‚einen Fall übernehmen‘, die deutlich macht, dass Aper den Anwalt des modernen rhetorischen Stils gibt, ohne von dessen unbedingter Überlegenheit selbst überzeugt zu sein. Damit aber ist von vornherein klar, dass nicht Aper karikiert wird, sondern diejenigen, deren Rolle er übernimmt: Sein zentrales Argument, dass die Rhetorik unter den herrschenden Bedingungen eine andere sein müsse als zur Zeit Ciceros, bestreitet nie40) Vgl. Cic. rep. 3,8 me oblinam sciens (vollständig oben in Anm. 1 zitiert). 41) Vgl. Cic. de orat. 2,30: (Antonius spricht) itaque et illi alias aliud eisdem de rebus et sentiunt et iudicant et nos contrarias saepe causas dicimus, non modo ut Crassus contra me dicat aliquando aut ego contra Crassum, cum alterutri necesse sit falsum dicere, s e d e t i a m u t u t e r q u e n o s t r u m e a d e m d e r e a l i a s a l i u d defendat, cum plus uno verum esse non possit.
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mand: Messalla nicht, Maternus nicht, Tacitus selbst nicht. Sie entspricht den Anforderungen ihrer Zeit, und insofern hat Aper sogar Recht. Doch wer sie als die auch ä s t h e t i s c h vermeintlich bessere verteidigen will, muss zum Winkeladvokaten werden, denn er hat keine Argumente, die vor einem sachkundigen Publikum Bestand haben – das führt uns Aper in aller Deutlichkeit vor. Tacitus karikiert also nicht Aper – durch Aper karikiert er Verteidiger, die zu solch schwachen Argumenten greifen müssen, weil sie Angemessenheit und Schönheit nicht auseinander halten können.42 Literatur Allison, J. W. 1999. Tacitus’ Dialogus and Plato’s Symposium, Hermes 127, 479– 492. Arici, A. (Hrsg.) 21970. Storie, Dialogo degli Oratori, Germania, Agricola di Tacito, Torino. Barnes, T. D. 1986. The Significance of Tacitus’ Dialogus de oratoribus, HSPh 90, 225–244. Bo, D. 1974. Cornelii Taciti Dialogus de oratoribus. Edidit, praefatus est, adparatu critico et exegetico et verborum indice instruxit Dominicus Bo, Torino. Bo, D. 1993. Le principali problematiche del Dialogus de oratoribus. Panoramica storico-critica dal 1426 al 1990, Hildesheim (u. a.). Bringmann, K. 1970. Aufbau und Absicht des taciteischen Dialogus de oratoribus, MH 27, 164–178. Brink, C. O. 1989. Quintilian’s De causis corruptae eloquentiae and Tacitus’ Dialogus de oratoribus, CQ 39.2, 472–503. Büchner, K. 21963. Publius Cornelius Tacitus. Die historischen Versuche. Agricola. Germania. Dialogus, Stuttgart. Calboli, G. 2002. Aper’s oratory in the Dialogus de oratoribus, in: L. Calboli Montefusco (Hrsg.), Papers on Rhetoric IV, Roma, 1–23. Champion, C. 1994. Dialogus 5.3–10.8: A Reconsideration of the Character of Marcus Aper, Phoenix 48, 152–163. Clay, D. 1998. The Theory of the Literary Persona in Antiquity, MD 40, 9–40. Deuse, W. 1975. Zur advocatus-diaboli-Funktion Apers im Dialogus und zur Methode ihrer Deutung, GB 3, 51–68. Döpp, S. 1995. „Zeitverhältnisse und Kultur“ im Taciteischen Dialogus, in: B. Kühnert / V. Riedel / R. Gordesiani (Hrsgg.): Prinzipat und Kultur im 1. und 2. Jahrhundert. Wissenschaftliche Tagung der Friedrich-Schiller-Universität
42) Anders Luce 1993, 35 f.: „His [= Tacitus’] intention is not to satirize any of the interlocutors (. . .). But might he not have ‘stacked the deck’‚ so to speak, by giving here and there an interlocutor weak or specious arguments in order to satirize or undermine a certain person or point of view? I am inclined to think not, or at least to think that, if such was his intention, he did so with a light touch.“
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Bochum
Raphael Dammer
HERCULES’ NUTZLOSE KEULE Valerius Flaccus (1,634 f.) kommentiert Apollonios von Rhodos (1,532)* Herrn Prof. Dr. Karl Galinsky
Die seit einiger Zeit intensivierte Forschung zum Argonautenepos des Valerius Flaccus1 hat unter anderem ihr Augenmerk auf die Tatsache gerichtet, daß sich Valerius Flaccus seiner Stellung als dichtender „Wiederverwerter“2 einer bereits vor ihm großen und in manchen Aspekten der von ihm behandelten Mythen auch vielfältigen Tradition epischer Dichtung bewußt ist.3 Außerdem hat man erkannt, daß Valerius Flaccus seine Rezipienten immer wieder gerade auf diese Tatsache metaliterarisch hinweist.4 In diesem Artikel wird versucht nachzuweisen, daß auch die Behandlung *) Die Idee zu dieser Arbeit entstand im Zuge eines gemeinsamen Seminars mit R. F. Glei an der Ruhr-Universität in Bochum im Sommersemester 2004. Ihm sei an dieser Stelle für seine Unterstützung nicht nur bei der Erstellung dieses Artikels herzlich gedankt. Nicht minder herzlich möchte ich mich bei R. Dammer, B. Manuwald und T. Stover für die Durchsicht früherer Fassungen dieser Arbeit und ihre hilfreichen Anmerkungen bedanken. Dem Department of Classics der University of Texas at Austin danke ich für ein Reisestipendium. 1) Vgl. die in den letzten Jahren entstandenen grundlegenden Arbeiten wie Editionen, Übersetzungen und Kommentare. Noch nicht zugänglich war A. J. Kleywegt, Valerius Flaccus, Argonautika, Book I: A Commentary (Leiden 2005). 2) Vgl. den von A. Zissos (Allusion and Narrative Possibility in the Argonautica of Valerius Flaccus, CPh 94 [1999] 289–301, hier: 289) gebrauchten Begriff: „recycler“. 3) Vgl. M. A. Malamud, D. T. McGuire, Flavian Variant: Myth. Valerius’ Argonautica, in: A. J. Boyle (Hrsg.), Roman Epic (London, New York 1993) 192– 217, hier: 192 und 215 sowie A. Barchiesi, Figure dell’intertestualità nell’epica romana, Lexis 13 (1995) 49–67, hier besonders: 60 ff. Vgl. auch für weitere Literatur A. Zissos, Reading Models in Valerius and the Homeric Program in Valerius Flaccus’s Argonautica, Helios 29 (2002) 69–96, hier besonders: 69 ff. 4) Vgl. Zissos (wie Anm. 2) 289 f. und 300 mit weiteren Literaturangaben.
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der Keule des Hercules an der Stelle Val. Fl. 1,634 f. in diesem Zusammenhang zu betrachten ist. Man kann in ihr in jedem Fall eine Reminiszenz an Apollonios von Rhodos 1,532 sehen und vielleicht sogar einen bewußten Kommentar zu dem erkennen, was Apollonios schrieb.5 I Mitten in der Seesturmpassage des ersten Buches6 schildert Valerius Flaccus die Reaktion der Argonauten auf das Wüten der Naturgewalten.7 Die Argonauten sind verzweifelt und bedauern ihren Entschluß, in See gestochen zu sein (Val. Fl. 1,621a–633). Hercules wird als einziger der Argonauten vom Autor individuell in den Blick genommen: magnanimus spectat pharetras et inutile robur / Amphitryoniades (Val. Fl. 1,634 f.).8 Selbst Hercules ist 5) Allerdings läßt sich die im Titel genannte Passage bei Valerius Flaccus auch ohne die Kenntnis der Stelle bei Apollonios, auf die Valerius Bezug nimmt, verstehen. Eine literarische Vorbildung ist nicht unbedingt nötig. Die Passage wird für denjenigen, der die Anspielung erkennt, interessanter. Vgl. T. Fuhrer, Ahnung und Wissen: Zur Technik des Erzählens von Bekanntem, in: U. Eigler, E. Lefèvre (Hrsgg.), Ratis omnia vincet. Neue Untersuchungen zu den Argonautica des Valerius Flaccus (München 1998) 11–26, hier: 11 ff. und Zissos (wie Anm. 2) 300. Zur Stellung des Valerius Flaccus hinsichtlich der eigenständigen Art und Weise seiner Rezeption des Apollonios von Rhodos vgl. etwa U. Schmitzer, Praesaga ars – zur literarischen Technik der Ekphrasis bei Valerius Flaccus, WJA 23 (1999) 143–160, hier: 145 f., wo sich auch weitere Literatur findet. 6) Als solcher stellt dieser Seesturm eine unübersehbare Parallele zum Seesturm des ersten Buches der Aeneis Vergils dar. Vgl. J. Soubiran, Valerius Flaccus. Argonautiques (Louvain u. a. 2002) 216; P. Dräger. Argonautica / Die Sendung der Argonauten. Lateinisch / Deutsch (Frankfurt am Main u. a. 2003) 361. Zu grundsätzlichen Überlegungen zur Vergil-imitatio des Valerius Flaccus vgl. F. Schimann, Valerius Flaccus und Vergil – interpretatio Virgiliana, in: Eigler / Lefèvre (wie Anm. 5) 123–139, hier: 123–126. 7) Zu dieser Sturmszene und ihren Unterschieden zum Seesturm im ersten Buch der Aeneis Vergils vgl. J. E. Shelton, The Storm Scene in Valerius Flaccus, CJ 70,2 (1974) 14–22; E. Burck, Unwetterszenen bei den flavischen Epikern (Mainz 1978) bes. 9–14 (danach zitiert); wieder abgedruckt in: E. Lefèvre (Hrsg.), Vom Menschenbild in der römischen Literatur II (Heidelberg 1981) 488–521; Zissos (wie Anm. 3) 76–79. 8) Vgl. dazu J. Adamietz: Jason und Hercules in den Epen des Apollonios Rhodios und Valerius Flaccus, A&A 16 (1970) 29–38, hier: 31. Allgemein zur Behandlung der Figur des Hercules in literarischen Werken ist nach wie vor maßgebend: G. K. Galinsky, The Herakles Theme. The Adaptations of the Hero in
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gegen die Gewalt der Natur machtlos.9 Andererseits aber wird Hercules mit dem Adjektiv magnanimus10 als jemand beschrieben, der generell und, das liegt jedenfalls nahe, auch in dieser Situation nicht der Angst unterliegt.11 So wird Hercules’ Verhalten von der Angst seiner Kameraden (alii, Val. Fl. 1,636), zu deren BeschreiLiterature from Homer to the Twentieth Century (Oxford 1972). Vgl. hierzu generell aus neuerer Zeit auch: B. Effe, Heroische Größe. Der Funktionswandel des Herakles-Mythos in der griechisch-römischen Literatur, in: R. Kray, S. Oettermann (Hrsgg.), Herakles, Herkules, Band 1: Metamorphosen des Heros in ihrer medialen Vielfalt (Basel, Frankfurt 1994) 15–23. Vgl. speziell zu Hercules bei Valerius Flaccus: M. Piot, Hercule chez les poètes du 1er siècle après Jésus-Christ, in: REL 43 (1965) 342–358, bes. 352–358; T. L. Wright, Valerius Flaccus and the Poetics of Imitation (Diss. University of Virginia, Charlottesville 1998) 8–53; M. J. Edwards, The Role of Hercules in Valerius Flaccus, Latomus 58 (1999) 150–163. 9) Vgl. I. A. Wagner, Commentarius in C. Valerii Flacci Setini Balbi Argonauticon libros VIII (Göttingen 1805) 43 und Burck (wie Anm. 7) 12. Dabei wird Hercules bei Valerius in Vers 1,117 ff. von Juno, die Hercules’ Hilfe eben nichts verdanken möchte, doch als mögliches columen carinae bezeichnet. Vgl. Wright (wie Anm. 8) 12 mit Anm. 10. 10) Vgl. H. Dietzfelbinger, magnanimus, -a, -um, in: ThlL 8 (Leipzig 1936– 1966) c. 102, l. 68 – c. 103, l. 61, hier: c. 103, l. 21. Dietzfelbinger gibt als Bedeutung des Wortes an dieser Stelle an: „i. q. magno, erecto, firmo animo praeditus: 1 generatim i. q. animosus, altiores spiritus gerens, fortis, acer: a de hominibus (. . . saepe tamquam epitheton ornans nominibus virorum fortium additur)“ (c. 103, ll. 1– 4). Dieses Wort begegnet bei Valerius zusätzlich noch an den Stellen Val. Fl. 3,243 (Dietzfelbinger c. 103, l. 6), 3,646.707, 4,328, 6,116 (Dietzfelbinger c. 103, l. 24), 6,125.637 sowie 7,556. Vgl. M. Korn, W. A. Slaby, Concordantia in Valerii Flacci Argonautica, Vol. I, A–M (Hildesheim, Zürich, New York 1988) 770. Außer daß in Vers 4,328 magnanimus mit palaestra, also keinem Menschen, in Verbindung gebracht (vgl. Dietzfelbinger c. 103 l. 39 und 41 ff.) und damit übertragen gebraucht wird, bleibt die Bedeutung dieses Wortes doch an allen angegebenen Stellen gleich. 11) Ist das Patronymikon Amphitryoniades bei Valerius nur üblich (vgl. Val. Fl. 1,375), gar metri causa motiviert (vgl. zu dieser Frage allgemein Edwards [wie Anm. 8] 159), oder betont es die menschliche Abkunft des Hercules (vgl. als Kontrast Val. Fl. 1,107)? Im letzteren Fall wäre von Valerius unterstrichen, daß Hercules als Mensch unter Menschen eben nicht so wie sie von Furcht gelähmt ist. Zur Abstammung der Argonauten allgemein vgl. P. Dräger, Die ‚großen‘ Argonauten in Iasons Mannschaft bei Valerius Flaccus: ein übergeordnetes Auswahlprinzip, in: F. Spaltenstein (Hrsg.), Untersuchungen zu den Argonautica des Valerius Flaccus. Ratis omnia vincet III (München 2004) 25–46, bes. 26–34. So kann er auch reagieren, da eben alle wissen, daß er eigentlich nicht der Sohn des Amphitryo, sondern des Jupiter ist. Hercules ist so das umgekehrte Pendant zum Vergilischen Aeneas, dem im Seesturm vor Angst die Gliedmaßen versagen (Aen. 1,92). Aeneas ist genau wie Hercules der einzige, dessen Reaktion auf den Seesturm inmitten der Seeleute vom Autor des jeweiligen Epos besonders hervorgehoben wird.
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bung der Autor im folgenden dann wieder zurückkehrt (Val. Fl. 1,635b–638), unterschieden und mit ihr kontrastiert.12 Wenn jedoch die Angst als Motiv ausscheidet, bleibt die Frage, weshalb Valerius Wert darauf legt, daß Hercules im Augenblick der Gefahr auf seine Waffen13 sieht, während seine Gefährten klagen, weinen, miteinander sprechen, die Hände ringen und ihre Blicke gar nicht auf einen Punkt konzentrieren können.14 Weshalb wird obendrein die Keule des Hercules als nutzlos bezeichnet?15 Die Stelle erhält ihren Sinn durch ihre intratextuellen und intertextuellen Bezüge. Man darf nämlich zunächst nicht vergessen, daß Jupiter ein paar Verse vor dem Beginn des Seesturms nach seiner prophetischen Rede zur Zukunft der Völker der Erde16 seine Augen auf die 12) Vgl. F. Spaltenstein, Commentaire des Argonautica de Valérius Flaccus (livres 1 et 2) (Bruxelles 2002) 245. 13) Robur kann natürlich auch soviel wie ‚Kraft‘ oder ‚Stärke‘ bedeuten. Vgl. P. G. W. Glare, Oxford Latin Dictionary (Oxford 1976) 1658. Die Ambiguität dieses Begriffes paßt zur Gestalt des Hercules an sich, aber auch zur Betonung der „Kraft des Herakles“ bei Apollonios. Wagner setzt in seinem Kommentar (wie Anm. 9) 43 lacertos paraphrasierend für robur ein („Hoc doluit in primis magnanimus Hercules, spectat pharetras, spectat lacertos, nulli iam usui futuros [Kursive von Wagner].“ Siehe C. Valerii Flacci Setini Balbi Argonauticon libri VIII ad optimorum exemplarium fidem recensiti atque prooemio argumentis et indice rerum instructi a Ioanne Augustino Wagner [Göttingen 1805] ad loc.). Aber die Keule gehört einfach zu Herkules und seinem Bogen. Vgl. hierzu Spaltenstein (wie Anm. 12) 245. Siehe auch unten S. 355 f. 14) Val. Fl. 1,626.633.635b ff. 15) Die ebenfalls im selben Vers erwähnten Köcher bleiben übrigens ohne eine eigene Qualifikation dieser Art. Jedoch muß man annehmen, daß das inutile seine Bedeutung auch auf das Wort pharetras erstreckt. Denn inutile steht unmittelbar neben robur, dem psychologisch wichtigeren Wort. Vgl. J. B. Hofmann, A. Szantyr, Lateinische Syntax und Stilistik (München 1965) 444. 16) Zur Funktion dieser Rede vgl. etwa E. Burck, Die ‘Argonautica’ des Valerius Flaccus, in: Ders. (Hrsg.), Das römische Epos (Darmstadt 1979) 208–253, hier: 230 ff.; M. Wacht, Juppiters Weltenplan im Epos des Valerius Flaccus (Mainz 1991) bes. 32 f.; P. Hardie, The Epic Successors of Virgil. A Study in the Dynamics of a Tradition (Cambridge 1993) 95; A. Zissos, Voyage and Progress: Studies in the Argonautica of Valerius Flaccus (Diss. Princeton University 1997) 193–198; P. Schenk, Studien zur poetischen Kunst des Valerius Flaccus. Beobachtungen zur Ausgestaltung des Kriegsthemas in den Argonautica (München 1999) 32–40; G. Manuwald, Die Argonauten in Kolchis. Der Mythos bei Valerius und Corneille. Argonautica oder Iason und Medea in Iuppiters ‚Weltenplan‘, A&A 48 (2002) 43– 57, hier bes. 44 ff.; E. Lefèvre, Das Götterbild in Valerius Flaccus’ Argonautica im Rahmen der epischen Dichtung der frühen Kaiserzeit, in: Spaltenstein (wie
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Ägäis richtet. Dort blickt er auf seine Söhne Hercules, Kastor und Pollux, um an sie die schicksalhaften Worte zu richten: tendite in astra, viri (Val. Fl. 1,563).17 Allerdings betrachtet Jupiter nach Valerius nicht Hercules direkt, sondern das robur Herculeum (Val. Fl. 1,561b f.). An sich scheint diese Stelle eindeutig die „Kraft des Hercules“ zu bezeichnen.18 Doch in der Retrospektive wird deutlich, daß Valerius auch an der Stelle 1,561b f. das Wort robur durchaus in der Bedeutung ‚Keule‘ gebrauchen kann. Dann ergibt sich zwischen dem Blick des Jupiter auf die Keule des Hercules vor dem Seesturm und dem Blick des Hercules auf seine eigene Waffe im Seesturm eine vorzügliche intratextuelle Bezugnahme, welche die momentane Situation mit den künftigen Heldentaten wie etwa der Befreiung Hesiones19, bei der die Keule eine wichtige Rolle spielt (Val. Fl. 2,534)20, in Verbindung bringt und auf die spätere Vergöttlichung des Hercules hinweist. Hercules’ Zukunft liegt zunächst im Kampf zu Lande.21 Die Nutzlosigkeit der Keule während der Seefahrt und insbesondere im Sturm bekommt eine neue Bedeutung. Wir sehen, wie Hercules daran zweifelt, ob er am richtigen Platz ist, vielleicht sogar an dem, was Jupiter für ihn im Sinn hat. Ob HercuAnm. 11) 133–143, hier: 134 f. Zum Widerstreit der Motivierung der Fahrt der Argonauten durch Jupiters Plan und Pelias’ Bosheit vgl. G. Manuwald, Der Tod der Eltern Iasons. Zu Valerius Flaccus, Arg. 1,693–850, Philologus 144 (2000) 325–338, hier: 335 f. und 338 mit weiterer Literatur. Vgl. zur Frage der Motivierung der Handlung in den Argonautica des Valerius auch M. Wacht, Zur Motivierung der Handlung im Epos des Valerius, in: M. Korn, H. J. Tschiedel (Hrsgg.), Ratis omnia vincet. Untersuchungen zu den Argonautica des Valerius Flaccus (Hildesheim, Zürich, New York 1991) 101–120. 17) Vgl. Soubiran (wie Anm. 6) 215; Dräger (wie Anm. 6) 356–359; Schenk (wie Anm. 16) 35 f. Anm. 25. Auf den Zusammenhang zwischen Jupiters Weltenplan und der Rolle, die seine Söhne darin spielen, hat Dräger (wie Anm. 11) 34 f. hingewiesen. 18) Vgl. oben Anm. 13 und unten Anm. 20. 19) Zur Beziehung der Hesione-Episode auf den Weltenplan Jupiters vgl. G. Manuwald, Hesione und der ‚Weltenplan‘ in Valerius Flaccus’ Argonautica, in: Spaltenstein (wie Anm. 11) 145–162. 20) Auf die sprachlich parallelen Formulierungen bei Ovid (Met. 12,349), Lucan (3,494) und Statius (Theb. 2,619) sowie die inhaltlichen Parallelen bei Ovid und Manilius haben E. Burck, Die Befreiung der Andromeda bei Ovid und der Hesione bei Valerius Flaccus (Metam. 4,663–764; Argon. 2,451–578), WS 89 (1976) 221–238, hier: 233 mit Anm. 50 und H. Stadler, Hercules’ Kampf mit dem Seeungeheuer (VAL. FL. 2,497–549), in: Korn / Tschiedel (wie Anm. 16) 181–196, hier: 188 f. und 191 hingewiesen. Vgl. Stadler 195 auch zur Textkritik dieser Stelle. 21) Vgl. Edwards (wie Anm. 8) 158.
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les seinen Vater gehört hat, bleibt bei Valerius Flaccus offen. Fragt sich Hercules, wieso er nach der Aufforderung, „nach den Sternen zu streben“, einen Seesturm überstehen muß, während dessen ihn seine Keule auf seinem eigentlichen Weg nicht vorwärts bringen kann? Will er mit seinem Blick sagen, daß der Seesturm trotz des Jammerns seiner Gefährten nicht das Ende bedeuten kann? II Eine weitere Bedeutungsdimension der Stelle erschließt sich erst im Rückgriff auf Apollonios von Rhodos. Bei Apollonios setzen sich Ankaios und Herakles in der Mitte des Schiffes auf ihren ausgelosten Platz (A. R. 1,531 f.), als die Argonauten sich zur Abfahrt und damit zum eigentlichen Beginn ihrer Reise rüsten. Während Ankaios dabei ohne weitere Umschweife genannt wird, ist es nach Apollonius nicht Herakles selbst, der Platz nimmt, sondern „die große Kraft des Herakles“ (m°ga . . . sy°now ÑHrakl∞ow).22 Und diese große Kraft des Herakles, die selbstverständlich für den Helden selbst steht23, legt sich ihre Keule nahe bei sich zurecht (A. R. 1,532). Es fragt sich allerdings, welche Funktion die Erwähnung der Keule hat. Bereitet sich Herakles auf irgendwelche eventuell zu erwartenden Kämpfe auf See vor? Will er sie für den Fall einer vielleicht notwendigen Landung und einer unmittelbar folgenden gewalttätigen Auseinandersetzung nicht erst 22) Die Fügung inutile robur und der Ausdruck robur Herculeum weisen eine gewisse Verwandtschaft mit Apollonios’ m°ga . . . sy°now ÑHrakl∞ow auf. Vgl. auch Spaltenstein (wie Anm. 12) 224. Er vergleicht robur Herculeum insbesondere mit Hom. Od. 11,601: b¤h ÑHrakle¤h. Vgl. auch Wagner (wie Anm. 9) 40; R. W. Garson, Homeric Echoes in Valerius Flaccus’ Argonautica, CQ NS 19 (1969) 362–366, hier: 362. Doch inwieweit die Bedeutungsgleichheit von sy°now mit robur dazu beitrug, Valerius auf den Gedanken zu bringen, mit der Bedeutungsverschiedenheit beider Wörter und damit mit der Herakleskeule literarisch zu spielen, möchte ich offenlassen. 23) Solche Umschreibungen sind an sich nicht ungewöhnlich. Vgl. A. R. 1,122 (Herakles, hierzu vgl. R. Glei, S. Natzel-Glei, Apollonios von Rhodos. Das Argonautenepos. Band 1 [Darmstadt 1996] 150), A. R. 3,560 (Ares) und G. W. Mooney, The Argonautica of Apollonius Rhodius (Dublin 1912) 77 und 102. Wenn deshalb auch der auf den ersten Blick etwas umständlich erscheinende Ausdruck auf den zweiten Blick nicht sehr aussagekräftig ist, so bleibt in unserem Zusammenhang dennoch der Konnex zwischen der Kraft des Hercules und dem daraus anzunehmenden Gewicht seiner Keule bestehen. Zu A. R. 3,560 vgl. Zissos (wie Anm. 2) 295.
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suchen müssen? Wir müssen feststellen, daß die Keule bei Apollonius für Herakles, solange dieser sich auf der Argo befindet, in der Tat nutzlos bleibt.24 Anschließend teilt uns Apollonius noch mit, daß die Argo unter den Füßen des Herakles etwas tiefer in das Wasser eintaucht (A. R. 1,532b f.). Dies liegt offensichtlich allein am Körpergewicht des Helden und hat nichts mit dem Gewicht der Keule zu tun.25 Im Einsinken des Schiffes in das Wasser liegt eine Anspielung auf eine alternative Mythenversion vor, nach der Herakles’ Gewicht dazu führte, daß er nicht mehr weiter mitfuhr.26 An dieser Stelle entsprach diese Anspielung wegen ihres burlesken Charakters nicht der Aussageabsicht des Valerius27, und so ließ er sie weg.28 Valerius hat die bei Apollonios bereitgelegte Keule dagegen um den für Hercules typischen Köcher vermehrt.29 Wie Pfeil und 24) In ganz ähnlicher Weise ist die „große Kraft des Herakles“ auch später noch im Zusammenhang mit dessen Rudertätigkeit von Bedeutung bei Apollonios. Man denke nur an die Passage A. R. 1,1167 f., in der das Ruder der Kraft des Herakles nicht mehr standzuhalten vermag. Auch hier ist die Kraft des Herakles in ihrem überschießenden Ausmaß ebenfalls ohne Nutzen. Dieses Motiv findet sich auch so an der Stelle Val. Fl. 3,476–480. 25) Vgl. das Scholion zur Stelle. 26) Vgl. J. J. Clauss, The Best of the Argonauts. The Redefinition of the Epic Hero in Book 1 of Apollonius’ Argonautica (Berkeley u. a. 1993) 92 f. mit weiterer Literatur. Übrigens ist diese Stelle von Vergil in Aen. 6,412b ff. rezipiert worden. Vgl. D. Nelis, Vergil’s Aeneid and the Argonautica of Apollonius Rhodius (Leeds 2001) 483. Insgesamt dürfte das Motiv des unter der großen Last leidenden Fahrzeugs auf Homer, Il. 5,837 ff., zurückgehen. Vgl. G. N. Knauer, Die Aeneis und Homer. Studien zur poetischen Technik Vergils mit Listen der Homerzitate in der Aeneis (Göttingen 21979) 448. Andererseits muß auf einen weiteren Punkt hingewiesen werden: Bevor im sechsten Buch der Aeneis der Unterweltsnachen bestiegen werden kann und wegen Aeneas’ Gewicht beinahe kentert, beruhigt der Anblick des goldenen Zweiges den Fährmann Charon (6,406–410). Ich möchte keine Parallele zu Valerius an dieser Stelle postulieren. Wie E. Norden (P. Vergilius Maro. Aeneis Buch VI [Stuttgart u. a. 91995] 241) feststellt, lassen sich auch Beziehungen zwischen dem goldenen Zweig bei Vergil und Medeas Prometheion bei Apollonios finden. Aber der Leser kann sich an dieser Stelle bei der Lektüre von Valerius’ Werk zumindest an Vergil erinnert fühlen. 27) Zur im Vergleich zu Apollonios veränderten Gestalt des Hercules bei Valerius siehe Adamietz (wie Anm. 8) passim. 28) Man kann hier erkennen, daß Apollonios von Rhodos bereits die Technik verwendet, die Valerius Flaccus beherrscht. Er fügt einen kurzen Hinweis auf eine nicht benutzte Version seines Mythos ein, ohne jedoch die Erzählung seiner eigenen Fassung dadurch zu unterbrechen. Vgl. allgemein S. Jackson, Creative Selectivity in Apollonius’ Argonautica (Amsterdam 1993) 76. Vgl. zur Anwendung dieser Technik durch Valerius Flaccus Zissos (wie Anm. 2) 290–299 und 300 Anm. 43.
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Bogen30 kann auch eine Keule in einem Seesturm nichts gegen die Gefahr des Kenterns ausrichten. Denn die Argo beginnt schon auseinanderzufallen (Val. Fl. 1,637b f.). Jedenfalls läßt Valerius offen, ob der Blick auf die Keule an sich Hoffnung, Mut oder leises Bedauern ausdrücken soll. Hat Hercules Mitleid mit seinen Kameraden, denen seine Kraft und seine Waffen in dieser Situation nicht helfen können? Valerius scheint jedoch von der Keule des Hercules als einer Art Leitmotiv fasziniert zu sein. Er beschreibt diese Waffe ausführlicher als Apollonios. Bei Valerius besteht Hercules’ Keule aus Eichenholz und ist daher von entsprechendem Gewicht. Hylas ist in der Passage Val. Fl. 1,107–111a aus diesem Grund dem Gewicht der Keule noch nicht gewachsen, während er sich bereits als Träger der Pfeile und des Bogens des Hercules betätigt und ebenfalls die Keule übernehmen möchte.31 Bei seinem ersten Auftritt bei Apollonios trägt Hylas wie bei Valerius Bogen und Pfeile des Herakles. Vom Bestreben des Hylas, dies auch mit der Keule des Herakles zu tun, findet sich aber bei Apollonios nichts (A. R. 1,131b f.).32 Diesbezüglich dichtet Valerius also Apollonios weiter.33 Doch liegt in Hercules’ Blick auf seine Keule, der sich bei Apollonios auch nicht findet, ebenfalls ein Hinweis auf dessen große Köperkraft, vor allem wenn man die genannte Szene (1,531 f.) aus dem Werk des Apollonios als Folie für Valerius zugrunde legt. Aber auch diese Kraft richtet im Sturm nichts aus. Es ist nun unschwer zu erkennen, daß Apollonios und Valerius Flaccus in thematisch unterschiedlichen Zusammenhängen den Amphitryoniden sich um seine Keule kümmern lassen. Im Unterschied zu Apollonios war in der Fassung des Valerius Hercules’ Keule beim Besteigen der Argo nicht erwähnt worden (Val. Fl. 1,353 ff.).34 Die Argonauten setzen sich bei Apollonios beim Ein29) Vgl. Spaltenstein (wie Anm. 12) 245. Er geht von einem poetischen Plural bei den pharetrae aus. 30) Der Bogen ist zwar an dieser Stelle nicht explizit genannt, muß sich aber ebenso auf dem Schiff befinden. Hylas hat ihn mitgebracht (siehe unten). 31) Siehe auch Val. Fl. 2,534. Vgl. Dräger (wie Anm. 6) 325. 32) Zur Bedeutung der Figur des Hylas bei Apollonius und Valerius vgl. Zissos (wie Anm. 3) 71–76. 33) Vgl. Zissos (wie Anm. 3) 74. 34) Valerius nutzt die Gelegenheit des Einsteigens in die Argo für seinen Argonautenkatalog, während Apollonios beides voneinander getrennt hatte (Katalog der Argonauten: A. R. 1,20–233, Einschiffen der Mannschaft: A. R. 1,528–533a).
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steigen der Reihe nach auf ihre ausgelosten Plätze (A. R. 1,394 ff. und 1,528–530). Die Argonauten hatten aber Ankaios und Herakles ohne Auslosung die mittlere Ruderbank überlassen (A. R. 1,396b–400a).35 So erklärt sich die besondere Hervorhebung des Ankaios und des Herakles aus einer Wiederholung von bereits Gesagtem. Doch läßt sich der Erwähnung der Keule keine rechte Funktion zuordnen. Sie scheint jedoch im Bemühen um Variation die Balance zur Tatsache zu finden, daß bei der Erzählung der Platzzuweisung Ankaios’ Herkunft aus Tegea erwähnt worden war (1,398), während bei dieser Gelegenheit sonst von keinem der Argonauten etwas besonders berichtet wurde. Eigentlich sollte aber die Erwähnung der Heimat des Ankaios überflüssig sein. Diese Information bekommt der Leser bereits in den Versen 1,161–167. Das Interessante ist nun aber, daß Ankaios mit einem Bärenfell bekleidet und seiner Axt bewaffnet zu den Argonauten stieß (A. R. 1,168– 171), was ihn zu einem zweiten Herakles macht, zumal ihm und Herakles gemeinsam von den Kameraden die mittlere Ruderbank abgetreten wird.36 Nunmehr beim Einsteigen in das Schiff wird ein Detail über Herakles erzählt: Er legt seine Keule neben sich und unter seinem Gewicht taucht die Argo deutlich feststellbar tiefer in das Wasser ein. Die ‚Gewichte‘ sind innerhalb des Duos Ankaios und Herakles eben doch etwas ungleich verteilt. Festzuhalten bleibt aber, daß die Keule des Herakles auf die Axt des Ankaios Bezug zu nehmen scheint. Doch bleibt sie für die Seefahrt selbst unwichtig. Valerius Flaccus stellt in seiner Seesturmszene heraus, welche – positive wie negative – Bedeutung die erste Fahrt eines Schiffes über die Meere besitzt, und welchen Gefahren diese Fahrt speziell und alle weitere Seefahrt generell ausgesetzt ist.37 Angesichts dieser 35) Tiphys, der nun zum Einschiffen drängt (A. R. 1,522 f.), war ebenfalls außerhalb des Losverfahrens zum Steuermann bestimmt worden (A. R. 1,400b f.). 36) Vgl. P. Dräger, Apollonios von Rhodos. Die Fahrt der Argonauten. Griechisch / Deutsch (Stuttgart 2002) 439. Ankaios’ Bewaffnung ist allerdings durch den Umstand erzwungen, daß sein Großvater seine eigentlichen Waffen versteckt hatte, um seinen Enkel so an der Teilnahme an der Argonautenfahrt zu hindern (A. R. 1,171). Vgl. Glei, Natzel-Glei (wie Anm. 23) 151. 37) Vgl. Burck (wie Anm. 7) 9 f., 13 f. und generell zur Bedeutung der Seefahrt im Kontext der Argonautika des Valerius Flaccus G. Manuwald, D’Europe à l’Asie sur l’Argo: signification du voyage en pleine mer dans les Argonautiques de Valérius Flaccus, in: J. Amat (Hrsg.), Actes du XXXIIe Congrès International de l’Association des Professeurs de Langues Anciennes de l’Enseignement Supérieur (Brest 4, 5 et 6 juin 1999) (Brest 2000) 25–32.
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Gefahren ist selbst ein Hercules mit seiner Keule machtlos. Die Funktion der Erwähnung der Keule dieses Helden ist also bei den beiden epischen Dichtern jeweils eine ganz andere. Vor allem ist der Konnex zwischen den Ereignissen beim Einstieg in die Argo bei Apollonios ein sehr loser, wodurch die Sorgfalt, mit der Herakles seine Keule verstaut, einen etwas komischen Beigeschmack erhält. Bei Valerius ist Hercules’ Blick auf seine Keule im Zusammenhang des Sturmes zweifellos ernster Natur. Sie dient der Charakterisierung des Herakles als eines besorgten, aber nicht ängstlichen Mitglieds der Besatzung der Argo. Denn man muß natürlich sagen, daß Herakles und Hercules ihre Keule später zu Lande noch gut gebrauchen können. Man denke bei Valerius Flaccus beispielsweise an die schon erwähnte Befreiung der Hesione oder bei Apollonios an die Beschaffung eines neuen Ruders (A. R. 1,1196 f.).38 Das Motiv der Nutzlosigkeit der gewohnten Waffe des Helden auf dem Schiff wird bei Apollonios anders eingesetzt als bei Valerius Flaccus. Bei Apollonios ist die Keule für das Rudern überflüssig. Bei Valerius dient sie dem Autor als ein Mittel, die neuartigen Gefahren auf See angesichts der Hilflosigkeit gerade dieses Helden in ihrer Größe herauszustreichen.39 38) Daß Herakles auch bei dieser Tätigkeit seine Keule und nicht etwa eine Axt benutzt, scheint ein wenig ungewöhnlich und in der Zusammenschau mit anderen, ähnlich ungewöhnlichen Verhaltensweisen des Herakles für ihn charakteristisch zu sein. 39) Einmal mehr zeigt sich, daß die Umgestaltung des Apollonianischen Herakles bei Valerius Flaccus auch strukturelle Veränderungen in der Handlung der Erzählung zeitigt. Vgl. hierzu auch Adamietz (wie Anm. 8) 29. Hercules und Jason übernehmen und variieren zudem bei Valerius Flaccus in verteilten Rollen die Figur des Vergilischen Aeneas im Seesturm. (Vgl. zu den Bezügen zwischen dem Vergilischen und dem Valerianischen Seesturm Zissos [wie Anm. 16] 97–108.) Die kontrovers diskutierte Frage einer Übertragung der pietas des Aeneas auf Jason bei Valerius Flaccus beantwortet Burck (wie Anm. 7) 14 positiv, negativ dagegen Wacht (in: Korn / Tschiedel [wie Anm. 16]) 106 mit Anm. 13 und 119 f. Eine vermittelnde Position, die pietas im Spannungsfeld einer im Vergleich zu Vergil neuen Beziehung zwischen Göttern und Menschen bestimmt, nimmt W.-W. Ehlers, Einhundert Jahre Prinzipat. Über den Sinn der Argonautica des Valerius Flaccus, in: J. Holzhausen (Hrsg.): cuxÆ – Seele – anima. Festschrift für Karin Alt zum 7. Mai 1998 (Stuttgart, Leipzig 1998) 145–156, hier: 150, 152 und 155 f. ein. Vgl. dazu auch W.-W. Ehlers, Valerius Flaccus, in: O. Schütze (Hrsg.), Metzler Lexikon antiker Autoren (Stuttgart, Weimar 1997) 731–733, hier: 733 und Wright (wie Anm. 8) 45. Zur Frage der Vergleichbarkeit von Vergils Aeneas mit Valerius’ Jason siehe auch Zissos (wie Anm. 16) 179. R. W. Garson (The Hylas Episode in Valerius Flaccus’ Argonautica,
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Zu den beobachteten Bezügen zwischen Valerius und Apollonios tritt ein wichtiger Aspekt hinzu: Die Waffen des Hercules befinden sich bei beiden Autoren an einer ganz ähnlichen Stelle im Schiff: wenn nicht in Reichweite, so doch zumindest in Sichtweite. Valerius läßt hier zum einen seine Kenntnis der Abfahrtsszene bei Apollonios aufblitzen. Gleichzeitig verdeutlicht Valerius andererseits am konkreten Beispiel auch, wie nutzlos in der Tat die seine Bewaffnung betreffende Reisevorbereitung des Herakles bei Apollonios im Hinblick auf ihre Verwendungsmöglichkeit im Schiff ist. Es liegt nahe, in der „nutzlosen Keule“ eine abermalige bewußte inhaltliche Fortsetzung der Apollonianischen Argonautika zu sehen. Dann jedoch kann man dahinter auch eine pointierte, auf der metaliterarischen Ebene wirkende Anspielung durch Valerius auf seinen Vorgänger vermuten. Es ist nämlich so, als ob Valerius darauf hinweisen wollte, daß die Erwähnung des Zurechtlegens der Keule des Herakles im Schiff bei Apollonios über das rein Episodische hinaus keinen Zweck erfüllt. III Valerius läßt den Leser des Apollonios genau wie Jupiter und Hercules auf die Keule im Schiff blicken und sich fragen, wozu sie wohl nütze sein kann. Valerius ‚verbessert‘ Apollonios, indem er in dessen Nachfolge Hercules’ Keule im Schiff eine neue, durchaus nicht ganz eindeutige, ja sogar bewußt auf mehreren Ebenen – im Seesturm selbst, in bezug auf Hercules’ Vater und weitere Szenen der Argonautica des Valerius, sowie hinsichtlich der intertextuellen Bezugnahme auf Apollonios von Rhodos – wirkende Bedeutung gibt. Die an sich für die Seefahrt zwecklose Keule bei Apollonios wird gerade in ihrer Nutzlosigkeit im neuen Zusammenhang des Seesturms, wie gesehen, nutzbar gemacht. Der Blick, den Jupiter und Hercules auf die Keule des Amphitryoniden werfen, macht of-
CQ NS 13 [1963] 260–267) untersucht am Beispiel der Hylas-Episode die Frage, welche Figur in Valerius’ Epos welche Vorbilder bei Apollonios und Vergil hat. Vgl. hierzu auch Wright (wie Anm. 8) 14–21. Auch unsere Stelle beweist, daß Valerius Flaccus’ Hercules für den Leser sympathischer und ernster gezeichnet ist als Apollonios’ Herakles und außerdem mehr Verstand besitzt. Vgl. Galinsky (wie Anm. 8) 163 f., bes. 164: Valerius Flaccus’ Hercules „is superhuman rather than a superman“.
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fenkundig, daß sich Valerius dessen bewußt war, wie er arbeitete. Wir dürften daher wohl nicht fehlgehen, wenn wir diese Blicke auf die im Moment des Seesturms noch nutzlose Keule als einen vom poeta doctus beabsichtigten metaliterarischen Hinweis auf eben diese Bewußtheit des Dichtens an sein Publikum, das nicht minder belesen war und daher die Kunst des Valerius zu schätzen wußte, ansehen. Dieser Hinweis ist jedoch keinesfalls plump zu nennen. Vielmehr bedient sich Valerius zu diesem Zweck einer sehr subtilen, Apollonios weiter ausspinnenden Anspielung, die nicht nur die Tatsache der Anspielung an sich erkennen läßt, sondern auch das Wie seines eigenen Umgangs mit seiner literarischen Vorlage vor Augen führt. So kann die Stelle Val. Fl. 1,634 f. als ein im Sinne eingangs erwähnter Forschung weiterer Schlüssel zum dichterischen Bewußtsein und Selbstverständnis des Valerius Flaccus dienen. Austin
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FRIENDSHIP AND EROTICS IN THE LATE ANTIQUE VERSE-EPISTLE: AUSONIUS TO PAULINUS REVISITED Between 389 and 394, Ausonius, rhetor of Bordeaux, wrote a series of challenging verse-epistles to his former pupil Paulinus, future bishop of Nola and saint, at that time domiciled in Spain with his Spanish wife, Therasia. At a period crucial to the development of Christian discourse, in which Paulinus himself would play an important part, Ausonius mobilised a dazzling array of classical devices and reminiscences seemingly targeting Paulinus for ‘failure’ in friendship. Not surprisingly, therefore, this epistolary exchange, comprising three or possibly four extant verse-epistles from Ausonius1 and two replying verse-epistles from Paulinus,2 has been viewed traditionally as charting the demise of a friendship, a view which appears to persist up to the present.3 Apart from the rhetorical gambits found within these epistles, however, there is no concrete evidence of any such close personal relationship. Indeed, it may be noted that the surviving epistles previously addressed by Ausonius to Paulinus make more play with a teacher/pupil, quasipaternal, relationship than with that of friendship.4 More importantly, it may be argued that it is precisely this type of (auto) biographical approach to the epistles which has tended to lead scholars to play down the strong presence of erotic language and 1) Ausonius, Epistolae 21–4, in: R. P. H. Green (ed.), Decimi Magni Ausonii Opera, Oxford 1999, 249–259. 2) Paulinus, Carmina 10 & 11, in: R. P. H. Green (ed.), The Works of Ausonius, Oxford 1991, Appendix B, 708–719. 3) Dräger, for example, talks in terms of a ‘friendship crisis’ (P. Dräger [ed.], D. Magnus Ausonius, Mosella, Bissula, Briefwechsel mit Paulinus Nolanus, Düsseldorf / Zürich 2002, 292). 4) Ausonius, Epp. 17–20, in: Green (as n. 1) 241–249. For example, si erro, pater sum (Ep. 17.34–35); me consultum et quem filius debeat imitari dicas (ibid. 44– 45); Pauline fili (Ep. 19.2); o patrio stringende complexu (ibid. 15); Pauline fili (Ep. 20.3). Subsequently in Ep. 19 Ausonius styles himself amicus, but the context is that of a grandiose salutation which also encompasses the titles of magister and parens (Ep. 19b.23–27).
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motifs in the Ausonian side of the correspondence. Even Witke, in spite of his appeal to the notion of poetic ‘self-image’, is careful to dissociate himself from any imputation of homosexuality.5 The aim of this article is to offer a more radical reappraisal of these Ausonian verse-epistles, based on their internal dynamics and drawing on the alternative critical approach of epistolarity. Evolved initially as a critical methodology relating to the study of the epistolary novel, the concept of epistolarity has gained ground as an essential tool for the study of ‘literary letters’ in general.6 As both Rosenmeyer7 (in relation to the use of the letter-form in Greek literature) and Kennedy8 (in relation to Ovid’s Heroides) point out, the letter-writing mode carries with it an immediacy which seems to act as a guarantee of authenticity and sincerity. At the same time, the high degree of self-consciousness and selfreflexivity which tends to accompany such letters, both ‘real’ and ‘non-real’, points in the opposite direction, that of a greater or lesser degree of ‘fictionalisation’ which blurs the distinction between ‘fact’ and ‘fiction.’9 In the light of this, it may be argued that friendship, like erotics, is merely one of the prisms through which more complex ideas of identity and allegiance can be viewed. Indeed, it will be suggested subsequently that the underlying charge against 5) “Though the literal reading is ridiculous, the poetic significance of the metaphor of the poet as lover is accessible . . . Alcuin of York was later to use more explicitly erotic language in pleading for the return of his wayward alcoholic monk Dodo” (C. Witke, Numen Litterarum. The Old and the New in Latin Poetry from Constantine to Gregory the Great, Leiden / Cologne 1971, 3–74, p. 35). 6) The classic work remains that of Altman (J. G. Altman, Epistolarity: Approaches to a Form, Columbus 1982). 7) “But the epistolary mode encourages . . . readers and critics towards the misguided assumption that letters necessarily reveal a kind of ‘pure’ emotion, the depths of the writer’s soul” (P. Rosenmeyer, Ancient Epistolary Fictions. The Letter in Greek Literature, Cambridge 2001, 3–4). 8) “Letters thus involve ‘writing to the moment’, and this can serve to associate them with spontaneity, sincerity and authenticity of emotion, an aspect often admired by readers of works in the tradition of epistolary heroinism and often seen also as discursively feminine” (D. F. Kennedy, Epistolarity: the Heroides, in: P. Hardie [ed.], The Cambridge Companion to Ovid, Cambridge 2002, 217–232, pp. 222–3). 9) “Epistolary technique always problematizes the boundaries between fiction and reality” (Rosenmeyer [as n. 7] 5); “every letter is also an artifact purporting to be historically authentic . . .” (ibid. 11). 10) See e. g. C. Conybeare, Paulinus noster, Self and Symbols in the Letters of Paulinus of Nola, Oxford / New York 2000, 62.
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Paulinus is that of deserting a common cultural heritage in favour of what is presented as a more radical brand of Christianity. The discussion which follows starts, accordingly, from the basis that the verse-epistles of both Ausonius and Paulinus are rooted in epistolarity, that is, that they construct a fictionalised relationship between writer and addressee. It will focus on Ausonius’ side of the correspondence, as the self-proclaimed instigator of this phase of communication, and will seek to show that the sporadic erotic parallels noted by earlier commentators form part of a wider pattern which presents the verse-epistle as a site where topoi drawn from male friendship interact with the language of hetero/homoerotics. In so doing, it can be seen as conflating two traditions: that of friendship-writing, encapsulated for late antiquity by the treatises of Cicero10 and practically enshrined in the letter-collections of writers such as Cicero, Seneca and Pliny, and that of the erotic letter, associated with deception and the feminine11 and exemplified by the Heroides of Ovid. Such a conflation finds a precedent in Catullus 50, which, as has long been recognized, mingles the diction of erotic verse (lusimus; delicatos; lepore; incensus; semimortua; iucunde; ocelle) with the reciprocity demanded by friendship (reddens mutua; hoc . . . tibi . . . feci . . . ex quo perspiceres; precesque nostras . . . cave despuas).12 It can be seen as offering access to a double tradition of play: amicitia i o c o s a , the banter associated with friendship-writing,13 and the ludic playfulness characteristic of Latin poetry in general and of first-person poetry in particular.14 Ausonius’ verse-epistles, however, may seem to extend the parameters of eroticised friendship further, offering an altogether more agonistic manipulation. In particular, it can be argued that the wide variety of genres on which he draws, including epic, elegy, lyric, pastoral and satire, produces a generic fluidity which in turn 11) See Rosenmeyer (as n. 7) 43–4; 344–45. 12) For a recent discussion, see E. Gunderson, Catullus, Pliny and Love-Letters, TAPhA 127 (1997) 201–31. 13) The term amicitia iocosa was coined in relation to a twelfth-century relationship (R. E. Pepin, Amicitia iocosa: Peter of Celle and John of Salisbury, Florilegium 5 [1983] 140–56). Its roots, however, may perhaps be traced back to Cicero’s distinction between two types of epistolary style: familiare et iocosum and severum et grave (Cic. Epp. ad Fam. 2.4.1). 14) For further examples, see E. Oliensis, The erotics of amicitia: Readings in Tibullus, Propertius and Horace, in: J. P. Hallett and M. B. Skinner (eds.), Roman Sexualities, Princeton 1997, 151–71.
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is accompanied by gender fluctuation, as writer and addressee are cast fleetingly in a range of roles and relationships through intertextual allusion. In this context, the concept of the “complex allusion”, defined by Hinds as “teasing play . . . between revelation and concealment”, may seem particularly apt.15 Here, the poles can be said to be represented by word for word appropriation on the one hand and the semantic cluster on the other, with a variety of gradations in between. In the face of problematic issues of writerintentionality and reader-receptivity, Nugent’s discussion of Ausonius’ poetic world may offer some reassurance. As she points out, Ausonius’ works in general are characterized by their “much-remarked bookishness”, while his letters in particular evoke the “ongoing play of witty conversation among a circle of litterati.”16 It may be argued that at one level the verse-epistles to Paulinus represent an attempt to draw him back into this world of erudite interchange. More subversively, the exploitation of erotics may be seen as launching an attack on Paulinus’ change of lifestyle through an evocation of the classic triangle familiar from Latin love-elegy, comprising older lover (Ausonius), younger beloved (Paulinus) and rival (Therasia). Before entering into more detailed analysis it is necessary to signal various textual problems posed by these epistles. Green, whose text will be followed here, offers four verse-epistles by Ausonius relating to this stage, namely Epp. 21–4. Both the ordering of these letters and their number are the subject of ongoing scholarly debate. The order of Ep. 21 (quarta tibi) and Ep. 22 (proxima quae) reverses that used by earlier editors.17 The presentation of Epp. 23 and 24 (discutimus, Pauline) as two separate letters also goes against traditional practice.18 Ep. 23/24 is preserved through 15) S. Hinds, Allusion and Intertext. Dynamics of Appropriation in Roman Poetry, Cambridge 1998, 23. 16) S. G. Nugent, Ausonius’ ‘Late-Antique’ Poetics and ‘Post-Modern’ Literary Theory, in: A. J. Boyle (ed.), The Imperial Muse. Ramus Essays on Roman Literature of the Empire: Flavian Epicist to Claudian, Bendigo, Australia 1990, 236– 60, p. 249. 17) K. Schenkl (Berlin 1883); R. Peiper (Leipzig 1886); A. Pastorino (Turin 1971); S. Prete (Leipzig 1978). Against Green’s ordering see e. g. D. E. Trout, Paulinus of Nola, Life, Letters and Poems, Berkeley / Los Angeles / London 1999, 68 n. 84. 18) See e. g. Conybeare (as n. 10) 151. Dräger’s edition gives three epistles and reverts to the traditional order, placing Ep. 22 before Ep. 21.
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two distinct manuscript traditions, one of which (associated with the works of Paulinus of Nola) presents a shorter version but includes a block of seven lines absent from the other tradition. Green, following the hypothesis advanced by Pastorino,19 argues for two successive letters, the second of them a reworking in response to Paulinus’ Carmen 11. He complicates the issue, however, by including in Ep. 23 a block of text imported (without manuscript authority) from Ep. 24. Without this, as he himself admits, the letter appears, uncharacteristically, to lack a coherent structure.20 The question of possible influence of Paulinus’ Carm. 10 and 11 on this group of verse-epistles is a complicated one and will not form part of the present discussion. Rather, in what follows, the epistles will be treated as self-contained poetic constructs. There will be no assumption of priority between Epp. 21 and 22. Ep. 23 will be viewed as forming a poetic whole with Ep. 24, which makes concrete a number of themes glimpsed only embryonically in the shorter version. The interplay between erotics and friendship is evident from the epistolary reproach which provides the opening for Ep. 21 and Ep. 22: Quarta tibi haec notos detexit epistula questus, Pauline, et blando residem sermone lacessit; officium sed nulla pium mihi pagina reddit, fausta salutigeris ascribens orsa libellis. (Ep. 21.1–4) Proxima quae nostrae fuerat querimonia chartae credideram quod te, Pauline, inflectere posset eliceretque tuam blanda obiurgatio vocem. (Ep. 22.1–3) The evocation of officium pium, ‘pious duty’, can be linked with the demand for reciprocity in Cicero’s Laelius.21 Frequency of 19) A. Pastorino, A proposito della Tradizione del Testo di Ausonio, Maia NS 14 (1962) 41–68, 212–43, pp. 223–4. 20) Green (as n. 2) 655. 21) nihil est enim remuneratione benevolentiae, nihil vicissitudine studiorum o f f i c i o r u m q u e iucundius (Cic. Lael. 49).
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epistolary exchange is one of the obligations of friendship. Indeed, it can be argued that failure to respond to a letter is not only a breach of good manners, but an offence against friendship itself. In the context of the erotic letter, as exemplified by the Heroides, complaint (questus; querimonia) is commonly associated with the charge of seduction and abandonment.22 Friendship and erotics, however, do not necessarily work in the same direction. ‘Blandishments’ (blando sermone; blanda obiurgatio) are a powerful weapon in the hands of the lover.23 According to the Laelius, on the other hand, ‘flattery’ between friends is unambigously condemned.24 In the Laelius, ‘objurgation’ of a friend is sanctioned, if it is done in a ‘friendly’ manner;25 iurgia, ‘brawls’, figure as lovers’ quarrels.26 One feature in particular may serve to point towards the Heroides as a possible model. Both of these verse-epistles begin by drawing attention to their status as letters (epistula, chartae). Such an introductory self-labelling technique is not a standard feature of Ausonius’ surviving verse-epistles, and is indeed absent from Ep. 23/24, which launches directly into the image of the ‘yoke’. It is, however, a technique deployed in the Heroides.27 The influence of the Heroides may make itself felt in other areas also. Spentzou in her chapter ‘Landscapes of lost innocence’ points to the import22) E. g. Penelope to Ulysses, non ego deserto iacuissem frigida lecto / non q u e r e r e r tardos ire relictas dies (Ov. Her. 1.7–8); Briseis to Achilles, si mihi pauca q u e r i de te dominoque viroque / fas est, de domino pauca viroque q u e r a r (Her. 3.5–6); Oenone to Paris, Pegasis Oenone, Phrygiis celeberrima silvis / laesa q u e r o r de te, si sinis, ipsa meo (Her. 5.3–4). 23) his ego b l a n d i t i i s , si peccatura fuissem / flecterer (Her. 17.91–2); . . . et tu, me miseram! b l a n d u s et una domus (ibid. 182). Cf. b l a n d i t i i s vult esse locum Venus (Tib. 1.4.71); tu modo b l a n d i t i a s fac legat usque tuas (Ov. Ars Am. 1.480). 24) secerni autem b l a n d u s amicus a vero et internosci tam potest adhibita diligentia, quam omnia fucata et simulata a sinceris et veris (Lael. 95); . . . sic habendum est nullam in amicitiis pestem esse maiorem quam adulationem b l a n d i t i a m assentationem . . . (ibid. 91). 25) nam et monendi amici saepe sunt et o b i u r g a n d i , et haec accipienda amice, cum benevole fiunt (Lael. 88). 26) non tamen ausus eram dominae turbare quietem / expertae metuens i u r g i a saevitiae (Prop. 1.3.17–18); sed tamen interdum tecum quoque i u r g i a nectat / et simulet lacrimas carnificemque vocet (Ov. Amor. 2.2.35–6). 27) h a e c tua Penelope lento tibi mittit, Ulixe / nil mihi rescribas tu tamen: ipse veni! (Her. 1.1–2); quam legis, a rapta Briseide l i t t e r a venit / vix bene barbarica Graeca notata manu (Her. 3.1–2); perlege, quodcumque est – quid e p i s t u l a lecta nocebit? (Her. 4.3); perlegis? an coniunx prohibet nova? perlege! non est / ista Mycenaea l i t t e r a facta manu! (Her. 5.1–2).
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ance there of nostalgia for a vanished “Golden Age”,28 a motif evoked implicitly in Epp. 21 and 22 and more explicitly in Ep. 23/24. Her characterisation of the Heroides as “(agonistic) tools of persuasion” is also highly pertinent to Ausonius, particularly in relation to Ep. 22, as will be seen subsequently.29 At the same time, other poetic models may come into play, particularly in relation to Ep. 23/24. The metaphor of the ‘yoke’ may look towards both Statius and Theocritus, as will be discussed below. In what follows, each verse-epistle will be considered in turn, with a view to exploring its internal dynamics and to pinpointing the areas of fictionalisation with their relationship to erotics and friendship, gender and genre. Ausonius: Ep. 21 Ep. 21 presents a complex and carefully structured composition, which turns essentially on the issue of communication. In concrete terms, this issue is grafted onto the epistolary reproach discussed above. At one level, therefore, it can be said to represent the self-reflexivity characteristic of epistolarity. Its ramifications, however, may stretch further. The epistle as a whole can be said to enshrine a concept of natural harmony in which the activity of poetry puts mankind in tune with the music of nature. Against this explicit concept of ‘naturalness’ is set by implication the ‘unnatural’ behaviour of Paulinus. Familiar from erotic contexts,30 the charge of ‘unnaturalness’ levelled at breaches of good-faith can reach equally into the realm of friendship.31 The epistle interweaves elegiac and epic motifs to contrast past, present and future and to set the ‘reality’ of Paulinus’ sojourn in Spain against a geographically unspecified pastoral idyll on the one hand and an equally unlocated solitary abandonment on the other. It culminates 28) E. Spentzou, Readers and Writers in Ovid’s Heroides. Transgressions of Genre and Gender, Oxford 2003, 43–76. 29) Ibid. 3–4. 30) E. g. Cat. 64.154–7; Virg. Aen. 4.365–9; Ov. Met. 8.119–25. 31) See e. g. comments of Fordyce on Catullus 60, where the unspecified addressee could be either faithless friend or faithless beloved (C. J. Fordyce [ed.], Catullus, Oxford 1961, 234). The Laelius presents friendship as part of the natural order (Lael. 81).
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in a double imprecation, of the land of Spain, and of the unnamed impius responsible for Paulinus’ defection. The closure, however, can be said to reverse the direction, as negative imprecation is converted into positive ‘prayer’, that Paulinus be restored. In so doing, the verse-epistle may be said to exploit the performative powers associated with the notion of carmen in its most primitive sense of ‘magic’, ‘spell-making’, a notion made more explicit in Ep. 23/24. Green postulates a three part division of Ep. 21 (1–31; 32–44; 45–74),32 Dräger a four part division (1–31; 32–35; 36–44; 45–74).33 Any straightforward division is partially undermined by a series of internal echoes which serve to confirm the unity of the epistle as a whole. The unity of the first section, for example, is seemingly confirmed by ring-composition playing on Paulinus’ ‘inactivity’, that is, his failure to maintain epistolary contact (officium, l. 3, officiorum, l. 30; cessatio, l. 6, cessatio, l. 29). At the same time, the demand for a salve, ‘greeting’, in lines 7–8 finds a verbal reprise in lines 32– 33, where it is reinforced by the accompanying demand for a vale, ‘farewell’, while the accompanying question, quis prohibet . . .? (l. 32) finds its echo in the subsequent quis . . . suasit? (l. 62) which leads into the second imprecation. Crucial also to the unity of the epistle is the four-fold apostrophe of Paulinus (ll. 2, 28, 50, 60). At its heart lies an opposition between Paulinus’ silence (taciturnus, l. 26; taces, l. 28; tacuisse, l. 30) and Ausonius’ need to ‘speak’ (non possum reticere, l. 48), the latter cast in terms which recall the rejection of flattery found in the Laelius as signalled earlier: nec possum reticere, iugum quod libera numquam fert pietas nec amat blandis postponere verum. (Ep. 21.48–49) Further interplay between friendship and erotics can be seen in the continuation of the opening reproach which introduces the notions of ‘scorn’ and ‘repulse’: unde istam meruit non felix charta repulsam, spernit tam longo cessatio quam tua fastu? (Ep. 21.5–6) 32) Green (as n. 2) 649. 33) Dräger (as n. 3) 207.
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The Laelius warns against ‘spurning’ old friendships for new;34 both spernere and fastus occur in contexts connoting erotic rejection.35 Repulsa can likewise have erotic connotations.36 The claim that even enemies receive and return greetings: hostis ab hoste tamen per barbara verba salutem accipit et ‘salve’ mediis intervenit armis (Ep. 21.7–8) draws directly on the Heroides.37 In itself, the notion of ‘enmity’ ironically inverts the concept of amicitia. At the same time, the Ovidian context, that of Phaedra addressing Hippolytus, may point towards a satiric underlay, that Paulinus fears ‘betrayal’ at the hands of the writer, a theme made overt in Ep. 22. Ausonius’ depiction of his letter as ‘unlucky’, non felix charta, finds an echo in the wish that Paulinus entrust ‘favourable marks’, felices notas, to a letter: quis prohibet ‘salve’ atque ‘vale’ brevitate parata scribere felicesque notas mandare libellis? (Ep. 21.32–33) This may draw on the elegiac conceit that a love-letter sets out with favourable or unfavourable omens, for example, the pair of poems concerning the writing-tablets in Ovid’s Amores. There, the lover laments the return of infelix littera, denying the possibility of a meeting with his mistress.38 As will be seen, the motif may be taken up later in relation to epistolary etiquette. 34) atque hoc quidem videre licet, eos, qui antea commodis fuerint moribus, imperio potestate prosperis rebus immutari, s p e r n i ab eis veteres amicitias, indulgeri novis (Lael. 54). 35) quid prodest quod me ipse animo non s p e r n i s , Amynta / si, dum tu sectaris apros, ego retia servo? (Virg. Ecl. 3.74–5); . . . nec dulcis amores / s p e r n e puer . . . (Hor. Carm. 1.9.15–16); pone, precor, f a s t u s et amanti iungere, nymphe (Met. 14.762); unde tuos primum repetam, mea Cynthia, f a s t u s ? (Prop. 1.18.5). 36) sed tamen haeret amor crescitque dolore r e p u l s a e (Met. 3.395); . . . veneris(que) offensa r e p u l s a . . . (Met. 14.42); . . . longae nulla r e p u l s a morae . . . (Prop. 3.14.26). Cf. saepe fruar domina, saepe r e p u l s u s eam (Amor. 2.9b.46). 37) inspicit acceptas h o s t i s a b h o s t e notas (Her. 4.6). See Green (as n. 2) 649. 38) i n f e l i x hodie littera posse negat. / omina sunt aliquid . . . (Amor. 1.12.2–3).
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The reprise of the reproach which concludes this section foregrounds a paradoxical association between ‘shame’ and ‘pleasure’: agnosco pudorem, quod vitium fovet ipsa suum cessatio iugis, dumque pudet tacuisse diu, placet officiorum non servare vices, et amant longa otia culpam. (Ep. 21.28–31) At first sight the pudor attributed to Paulinus is the embarassment resulting from the abandonment of the officia pertaining to friendship. Its subsequent replacement by culpa, however, may add a deeper layer of meaning and point towards Virgilian associations. Both pudor (modesty, disgrace) and culpa (blame, guilt) play a prominent part in the presentation of Dido, where they take on overtones of (un)chastity and (un)faithfulness. Dido’s initial declaration of her resolution not to betray the dead Sychaeus, reinforced by the wish that she be struck down . . . ante, Pudor, quam te violo,39 is followed shortly by the statement solvitque pudorem.40 Her passion for Aeneas, revealed through the admission that she might have succumbed huic uni . . . culpae,41 paves the way for the notorious statement that she cloaks her culpa with the name of marriage.42 The underlying accusation, of dalliance in ‘Carthage’,43 suggests that Paulinus has abandoned his true and lawful ‘love’ for a spurious marriage, a motif which finds a reprise in Ep. 23/24. At the end of the epistle, however, the direction is seemingly reversed, as Ausonius fleetingly adopts the voice of Dido in the concluding curse, precluding any straightforward one to one correspondence. Rather, it should perhaps be seen as one of several contradictory fictions through which the triangular relationship Ausonius / Paulinus / Therasia is presented in these verse-epistles. According to Green, this section as a whole turns around the theme of ‘noise’.44 In fact, it may rather turn on the issue of ‘re39) Aen. 4.27. 40) Ibid. 55. 41) Ibid. 19. 42) coniugium vocat; hoc praetexit nomine c u l p a m (ibid. 172). 43) The lovers are said by Rumour to ‘cherish’, fovere, the winter in debauchery; Aeneas is accused by Mercury of wasting ‘idleness’, otia, in the Libyan lands. 44) Green (as n. 2) 649.
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sponsiveness’, a point brought out by Dräger, who signals the repetition of the prefix re-.45 The first part incorporates the pastoral idyll referred to earlier, as it moves from the ‘shouting’ of rocks, through the ‘murmuring’ of rivers, the ‘susurration’ of bee-grazed enclosures, via the ‘musical modulation’ of reed-infested banks and the ‘trembling speech’ of pine trees shaken by the wind, to the ‘hiss’ of serpents and the ‘tiny substitute for voice’ of breathing fish. The two lines which preface it, playing on the ‘echoing’ of human speech by caves and groves, can be said to import an element verging on pathetic fallacy and to introduce the notion of nature in tune with man: respondent et saxa homini, et percussus ab antris sermo redit, redit et nemorum vocalis imago. (Ep. 21.9–10) What follows, however, may import a discordant note as it enacts a shift into the man-made sounds of Dindymian songs, the ‘striking’ of cymbals, the ‘stamping’ of feet, the re-echoing of hollow drums, the ‘shaking’ of the rattles of Isis, the ‘ringing’ of the bronze of Dodona and the ‘beating’ of basins. The move from ‘natural’ to ‘unnatural’ is accompanied by a shift from soft seduction (murmura / susurrat / modulatio musica / tremulum) to the infliction of violence (flictu / icta / agitant / ictae / verbere) and the production of harsher sounds (reboant / tumultus / tinnitus). The notion of disruption may be underscored by two contrasting Virgilian echoes, one from the Eclogues, the other from the Aeneid. The first, Hyblaeis apibus saepes depasta susurrat (Ep. 21.12) recalls the first Eclogue,46 where it comes from a context dealing with impending ‘exile’. Like Meliboeus, it may appear, Paulinus 45) Dräger (as n. 3) 207. 46) hinc tibi, quae semper, vicino ab limite s a e p e s / H y b l a e i s a p i b u s florem d e p a s t a salicti / saepe levi somnum suadebit inire s u s u r r o (Ecl. 1.53–5). See Green (as n. 2) 649.
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has been ‘forced’ to leave the pastoral paradise; like Tityrus, fortunatus senex, Ausonius is able to stay.47 The second, cymbala dant flictu sonitum (Ep. 21.20) is associated with the arising of ‘harsh battle’,48 and is followed there by a simile which threatens rain, hail, and storm.49 In poetic terms, the coming of ‘war’ is associated with the ending of the Golden Age.50 It may seem, accordingly, that the existence of this pastoral paradise is threatened by Paulinus’ change of heart, a motif embroidered at length in Ep. 23/24. The intrusion of mortality may find support from elsewhere. Ausonius’ reference to vocalis imago seems to conflate Ovid’s depiction of Echo, who pined away for love of Narcissus, as vocalis nymphe51 with the beating of rocks which causes fear in bees in Georgics 4.52 Echo will subsequently be invoked by name. The motif of the talkative pine: cumque suis loquitur tremulum coma pinea ventis (Ep. 21.14) occurs in Virgil53 and before him in Theocritus.54 In Eclogue 8, it is associated with pastorum amores, ‘pastoral loves’, and with the activity of poetry. In Theocritus, it precedes the death for love of Daphnis, the poet-shepherd. At the other end of the spectrum, the phrase reboant . . . tympana (Ep. 21.21) is to be found in Catullus 63, 47) Roberts, discussing the use of Eclogue 1 in relation to Paulinus’ Carmen 11, argues convincingly for a reverse appropriation of these roles by Paulinus (M. Roberts, Paulinus, Poem 11, Vergil’s First Eclogue and the Limits of Amicitia, TAPhA 115 [1985] 271–82). He makes no mention, however, of its appearance in Ausonius. 48) . . . tum scuta cavaeque / d a n t s o n i t u m f l i c t u galeae, pugna aspera surgit (Aen. 9.666–7). See Green (as n. 2) 650. 49) Aen 9.668–11. 50) Cf. Virg. Georg. 1.505–9; Ecl. 4.31–6. 51) v o c a l i s n y m p h e , quae nec reticere loquenti / nec prior ipsa loqui didicit, resonabilis Echo (Met. 3.357–8). 52) . . . aut ubi concava pulsu / saxa sonent vocisque offensa resultat i m a g o (Georg. 4.49–50). See Green (as n. 2) 649. 53) Maenalus argutumque nemus p i n o s q u e l o q u e n t e s / semper habet (Ecl. 8.22–23). 54) Theocr. Idyll. 1.1–2. See Green (as n. 2) 649.
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where Attis cuts himself off from civilisation in order to follow Cybele.55 Here, perhaps, it can be read as undercutting what has gone before and hinting that the exile of Paulinus is self-imposed rather than enforced. More damagingly, the allusion to Cybele, together with the reference to Isis, may represent the first of several hits against the part played by Therasia in Paulinus’ new way of life. Green characterises the second section (ll. 32–44) as turning on the theme of ‘brevity’.56 While brevity is certainly its dominant motif (brevitate / brevitas / brevius / brevitate), the guise in which it appears may play on contemporary notions of epistolary etiquette which, according to Conybeare, favoured conciseness over prolixity.57 Here, however, the idea that ‘brevity is courteous’, est etenim comis brevitas (Ep. 21.38), seems to take on rather the nature of a jibe. Any reply, Ausonius implies, is politer and more acceptable than none. At the same time, Ausonius may also introduce an erotic overlay which looks towards the acceptance or rejection of amorous ‘advances’. The demand that Paulinus ‘entrust’ marks to ‘a letter’ (mandare libellis) is re-inforced by a disclaimer, that it need not ‘burden the tablets’ (oneret . . . tabellas) with multiplicious speech. The examples which follow play on Laconic speech and Pythagorean discourse. The Spartans are said to have ‘satisfied’ the angry Philip of Macedon with the single word ‘no’,58 Pythagoras to have quelled futile debate with a simple ‘yes’ or ‘no’. The Ovidian lover, sending out his tablets, encourages the girl not to ‘weary her fingers’ with writing, but to mark them with the single word ‘come’.59 Propertius, too, ponders on the content of missing tablets in terms of whether a favourable or unfavourable message had been mandata tabellis.60 Epistolary etiquette forms a prelude to the third section, turning as Green suggests, on a double imprecation. The first of these, directed against Spain: 55) ubi cymbalum sonat vox, ubi t y m p a n a r e b o a n t (Cat. 63.21). See Green (as n. 2) 650. 56) Green (as n. 2) 649. 57) Conybeare (as n. 10) 22–4. 58) As Green drily remarks, “This (refusal of admission to Sparta) may not have pleased him” (Green [as n. 2] 651). 59) quid digitos opus est graphio lassare tenendo? / hoc habeat scriptum tota tabella: ‘veni!’ (Amor. 1.11.23–4). In the course of this poem, as here, tabellas three times ends the line. 60) forsitan haec illis fuerint m a n d a t a t a b e l l i s / ‘ irascor quoniam es, lente, moratus heri . . .’ aut dixit: ‘venies hodie, cessabimus una . . . ’ (Prop. 3.23.11–15).
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imprecer ex merito quid non tibi, Hiberia tellus? (Ep. 21.53) may conflate two epic sources. While its formulation resembles the curse on Egypt found in Lucan’s De bello civili,61 the substitution for precer of imprecer may also recall Dido’s curse on Rome from the Aeneid.62 It is Dido’s words which will be echoed in Ausonius’ concluding prayer: haec precor, hanc vocem, Boeotia numina, Musae, accipite et Latiis vatem revocate Camenis. (Ep. 21.73–74)63 While the Dido allusion points to an equation of Paulinus with Aeneas, any straightforward equation of Spain with Italy is precluded by the context of the Lucan, which wishes drought, sterility and decay onto an enemy of Roman civilisation.64 The latter may help to explain the seeming factual discrepancy in Ausonius’ succeeding depiction of ‘dry Lérida’ with its ‘cast-down ruins’,65 of which Green comments, “A’s picture of its decline . . . is perhaps exaggerated . . . “. 66 Rather than presenting a ‘realistic’ description of the present state of Spain, Ausonius is surely painting a vengeful picture of wished-for destruction. Ausonius’ paradise faces destruction through the removal of the beloved: let Paulinus experience the same. The prayer which precedes this, that Spain become the object of external attack and the breeding-ground of internal sedition, may again conflate Lucan and Virgil.67 Lucan offers a verbal 61) q u i d t i b i , saeva, p r e c e r pro tanto crimine, t e l l u s ? (Luc. 8.827). See Green (as n. 2) 651. 62) litora litoribus contraria, fluctibus undas / i m p r e c o r, arma armis; pugnent ipsique nepotesque (Aen. 4.628–9). 63) h a e c p r e c o r ; h a n c v o c e m extremam cum sanguine fundo (Aen. 4.621); a c c i p i t e haec . . . / et nostras audite preces (ibid. 611–2). See Green (as n. 2) 653. 64) vertat aquas Nilus quo nascitur orbe retentus / et steriles egeant hibernis imbribus agri / totaque in Aethiopum putres solvaris harenas (Luc. 8.828–30). 65) . . . aut quae deiectis iuga per scruposa ruinis / arida torrentem Sicorim despectat Ilerda? (Ep. 21.58–59). 66) Green (as n. 2) 652. 67) te populent Poeni, te perfidus Hannibal urat / te belli sedem repetat S e r t o r i u s e x u l (Ep. 21.54–5).
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precedent,68 but the technique of projecting historical ‘fact’ as prophecy is Virgilian. At the same time, the conflation of sources may be seen as paving the way for a feature which becomes more explicit in Ep. 23/24, that is, the representation of Spain as an anti-Rome. The second curse, against an unnamed impius, is introduced through a rhetorical question: quis tamen iste tibi tam longa silentia suasit? impius ut nullos hic vocem vertat in usus. (Ep. 21.62–3) The identity of the impius is open to debate. Green implies, without ever quite naming her, that it should be identified with Paulinus’ wife, Therasia,69 an interpretation seemingly influenced by the allusion to Tanaquil tua in Ep. 22. As will be seen, however, even the resonance of that attack may be less straightforward than it appears on the surface. Dräger, more cautiously, suggests this as a possible interpretation.70 Witke, on the other hand, offers the solution of what he terms a “straw Paulinus”, that is, a figure standing in for but deflecting criticism from Paulinus himself.71 While the detail, as will be seen, fits in better with an attack on Paulinus, it seems possible that there is an element of deliberate ambiguity here. The introductory question can be seen to parallel the earlier, “Who prevents you from writing ‘greetings’ and ‘farewell’?” Again, the answer anticipated might appear to be either ‘some-one’ or ‘no-one.’ If Paulinus himself is regarded as the target, the apparent deflection may serve to soften the imprecation. Indeed, it can be argued that the deflection stems from and reflects the charge that Paulinus is not the Paulinus of old: vertisti, Pauline, tuos, dulcissime, mores. (Ep. 21.50) 68) quique feros movit S e r t o r i u s e x u l Hiberos (Luc. 2.549). See Green (as n. 2) 651. 69) “quis not quid; A. has his suspicions” (Green [as n. 2] 651); “. . . he gives the answer to his earlier question quis prohibet?” (ibid. 653); “Paulinus took exception to this [sc. Tanaquil tua] . . ., the first mention of an individual after many hints” (ibid. 654). 70) Dräger (as n. 3) 211. 71) Witke (as n. 5) 23.
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At the same time, an attack on the influence of a disguised Therasia might equally be construed as an attack on Paulinus’ ‘manhood’, a feature which characterises Ep. 22. The imprecation echoes but inverts the pastoral evocation of the first section, offering a reprise which is almost chiastic: gaudia non illum vegetent, non dulcia vatum carmina, non blandae modulatio flexa querellae; non fera, non illum pecudes, non mulceat ales, non quae pastorum nemoralibus abdita lucis solatur nostras echo resecuta loquellas. (Ep. 21.64–68) Dulcia carmina replaces Dindyma cantica (l. 16); modulatio flexa echoes modulatio musica (l. 13); ales replicates ales (l.17). The implication, as Dräger suggests, is that Paulinus, through his new way of life, has cut himself off from the pleasures of music and poetry.72 At the same time, Ausonius may also be playing on the notion of the turning of tables by the scorned lover. The replacement of the earlier vocalis imago (l. 10) by the more explicit echo may point again towards Ovid’s recounting of the story of Echo and Narcissus, where the nymph takes pity on the ‘miserable boy’ and gives back his dying ‘alas’.73 Paulinus’ ‘impiety’ will rob him even of this consolation when he suffers the same fate of unrequited love. The notion of ‘reciprocity’ may persist as the imprecation continues with a picture of mindless wandering in pathless places which culminates in the figure of Bellerophon: tristis, egens, deserta colat tacitusque pererret Alpini convexa iugi, ceu dicitur olim mentis inops coetus hominum et vestigia vitans avia perlustrasse vagus loca Bellerophontes. (Ep. 21.69–72)
72) Dräger (as n. 3) 296. On the use of ‘echo’ effects earlier in the epistle, see ibid. 208. 73) . . . quotiensque puer miserabilis ‘eheu’ / dixerat, haec resonis iterabat vocibus ‘eheu’ (Met. 3.495–6).
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It seems likely, as suggested by both Green74 and Trout,75 that this comparison represents an attack upon Paulinus’ present way of life. The image of Bellerophon would subsequently be added to the pagan armoury as a means of satirising the misanthropic tendency of ascetic monks.76 As part of the ‘curse’, however, it may also form part of a reciprocal reversal. As Paulinus has shunned the pastoral paradise, so let him be shunned by nature; as he has shunned Ausonius, so let him shun and be shunned by mankind. The Laelius employs the parallel of Timon of Athens to argue that even the most hardened misanthropist cannot refrain from seeking someone “in whose presence he may vomit forth the venom of his hatred”.77 At the same time, Ausonius may also have in mind the figure of the disappointed lover, who takes to the mountains and the deserted wastes.78 In addition, there may be a final allusion to poetry. The proximate source of the allusion to Bellerophon is the Tusculan Disputations.79 Behind this again lies the Homeric original, where it is prefaced by the statement that he is “hateful to all the gods”.80 Ausonius’ concluding prayer may pit pagan deities against Christian. Paulinus has ‘shunned’ the power of the Muses. Unless they ‘recall’ their bard, he, in turn, may find himself inops mentis, lacking in inspiration and mental resource. Ausonius: Ep. 22 A comparison of Ep. 22 with Ep. 21 reveals a number of differences. Ep. 22 is noticeably shorter (35 lines as opposed to 74). As with Ep. 21, the main issue is that of communication. Here, however, 74) Green (as n. 2) 652–3. 75) Trout (as n. 17) 71. 76) Y.-M. Duval, Recherches sur la Langue et la Littérature latines. Bellérophon et les Ascètes chrétiens: ‘Melancholia’ ou ‘Otium’?, Caesarodunum 3 (1968) 183–190, pp. 184–185. 77) . . . tamen is pati non possit, ut non anquirat aliquem, apud quem evomat virus acerbitatis suae (Lael. 87). 78) Ecl. 10.52–4; Prop. 1.1.11–12; Met. 10,76–7. The prototype may be Acontius. See Rosenmeyer (as n. 7) 111–2. 79) ut ait Homerus de Bellerophonte: ‘qui miser in campis maerens errabat Aleis / ipse suum cor edens, h o m i n u m v e s t i g i a v i t a n s ’ (Cic. Tusc. 3.63). See Dräger (as n. 3) 212. 80) Iliad 6.200.
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it is presented under a slightly different guise. The core of the verseepistle seemingly preaches empowerment through letter-writing by a series of exempla, drawn principally from Ovid, which cast Ausonius in the role of praeceptor amoris. Unlike Ep. 21, which ends with a ‘public’ curse and prayer, Ausonius here exploits the paradox of letters as ‘private’ ciphers, ‘silent’ until given a voice, meaningless until deciphered by the addressee (tacitis telis, l. 15; tacituro pomo, l. 17; notas inaspicuas, l. 22; non respondentes formas, l. 26). This tack facilitates a focus on ‘secrecy’ and the introduction of an overtly satirical note, through allusions which appear to cast Paulinus rather than Ausonius in a female and / or subservient role. The satire, centring on the notion of subjugation, is rooted in a framework which imputes to Paulinus fear of some proditor or quaesitor and which culminates in the recommendation that Therasia, Tanaquil tua, be kept in ignorance. Even the epistle’s closing demand for reciprocity is made in markedly unequal terms, which may seem to violate the Ciceronian demand for ‘parity’ in friendship.81 As with Ep. 21, verbal signposting plays an important part in the structure of this verse-epistle. Lines 1–3 introduce Ausonius’ complaint, lines 4–5 Paulinus’ silence, leading to a double question, non licet? anne pudet? (l. 6), which can be paralleled with the agnosco pudorem / quis prohibet? of Ep. 21.82 The central block is introduced through a form of internal ring-composition which highlights the motifs of fear (timor, l. 8; timetur, l. 11; times, l. 30; vereris, l. 30) and treachery (proditor, l. 10; prodi, l. 30). These motifs are linked into a further linguistic nexus built around the notions of shame (pudet, l. 6; pudibunda, l. 16) and secrecy (occulta, l. 12; teguntur, l. 12; texit, l. 19; celandi, l. 28; clandestinas, l. 29). At the same time, paronomasia highlights an opposition between power / powerlessness, silence / speech: ‘woven threads’ (licia texta, l. 14) bring to light what authority has attempted to conceal (non licet, l. 6; licentia, l. 13; teguntur, l. 12; texit, l. 19). Within this block, the three exempla taken from Ovid are followed by a double injunction (incide, l. 21; imitare, l. 23), delivered under the guise of Ovidian ‘instruction’. 81) sed maximum est in amicitia superiorem parem esse inferiori (Lael. 69); quam ob rem, ut ei, qui superiores sunt, submittere se debent in amicitia, sic quodam modo inferiores extollere (ibid. 72). 82) Ep. 21.28,32.
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The motif of ‘shame’ is introduced initially in a context which on the surface exploits male / male relations of friendship, filial piety and patronage: . . . anne pudet, si quis tibi iure paterno vivat amicus adhuc, maneasque obnoxius heres? (Ep. 22.6–7) The explanation offered here by Green, that Paulinus ‘fears’ to be seen as a ‘legacy-hunter’, a standard topos of satire, fits with the satirical thrust of the epistle as a whole.83 The resonances, however, may be as much metaphorical as literal. At the end of the epistle Ausonius will remind Paulinus of his role as praeceptor and largitor honorum, teacher and patron. Taken in conjunction with the ambiguity inherent in obnoxius, ‘liable to punishment’ or ‘dependent’, ‘servile’, it may seem to hint that Paulinus resents his inferiority, his position as successor to Ausonius’ poetic glory and political prestige. In similar fashion, the claim that Ausonius still ‘lives as a friend’ may both renew the accusation that Paulinus is derogating the duties of friendship and look towards future hopes of immortality. It is Ausonius rather than Paulinus who will win the title of faithful friend through his verse-epistles. At the same time, the satirical implications of ‘inheritance’ may extend further. In Ep. 24, Paulinus’ breach of ‘good faith’ will be contrasted with the yoke imposed upon ‘pious heirs’ by their respective fathers,84 while the expression obnoxius heres might be thought to conceal an attack on Paulinus’ marriage to a wealthy ‘heiress’.85 Friendship becomes entwined with erotics in the development of the motif of ‘fear’ which follows. Its sarcastic introduction, ignavos agitet talis timor . . . (Ep. 22.8), ‘let such fear disturb the cowardly’, may appear to play on the traditional formulation ‘Fortune helps the brave’, proverbially applied to lovers.86 This paves the way for the notion of ‘betrayal’:
83) Green (as n. 2) 653. Cf. Dräger (as n. 3) 205. 84) Ep. 24.8–11. 85) Cf. e. g. Dräger’s “reiche Erbin” (Dräger [as n. 3] 288.) 86) fortis fortuna adiuvat (Terence, Phorm. 203). Cf. ignavis precibus Fortuna repugnat (Met. 8.73); fortes adiuvat ipsa Venus (Tib. 1.2.16).
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. . . vel si tibi proditor instat aut quaesitoris gravior censura timetur, occurre ingenio, quo saepe occulta teguntur. (Ep. 22.10–11) While it is possible, as Green suggests, that the reference here to some ‘traitor’ or ‘inquisitor’ constitutes an allusion to the circumstances under which Paulinus had left southern Gaul,87 at a figurative level the terminology appears to echo the quasi-legal use of non licet. Building on the preceding accusation that Paulinus persists in lege tacendi (Ep. 22.5), it may look rather towards the figure of the index, ‘informer’, which appears in Ovidian contexts relating to sexual infidelity.88 The ‘charge’ which Paulinus will be said to fear is that of nostra amicitia, ‘friendship with me’. In addition, the suggestion that Paulinus have recourse to ingenium to elude discovery points heavily in the direction of Ovid. Ingenium, coupled with sollertia, is the term applied by Ovid to the deceit of Philomela, the first of the exempla to follow.89 Friendship and erotics, however, do not necessarily work in the same direction. Rather, particularly in the context of satire, they can be used against each other to set up an internal tension. The mock-didactic block which follows, ironically offering Paulinus instruction in the art of exchanging secret correspondence, can be seen to look subversively in two directions. In itself, the stress on secrecy would appear to contravene the ethos of ‘openness’ demanded by friendship.90 Secrecy finds its place, however, in the 87) According to Green, Paulinus had faced a murder charge after the death of his brother (Green [as n. 2] 654). The evidence for this depends upon the interpretation of Paulinus’ Carm. 21.416–20. This indicates that the brother in question died violently and that Paulinus’ property came under threat of confiscation and public auction. It is not clear, however, how precisely the two events were related. See e. g. Conybeare (as n. 10) 4. 88) . . . bene si celabitur index / notitiae suberit semper amica tuae (Ars Am. 1.397–8); quod si stulta negas, index ante acta fatebor / et veniam culpae proditor ipse meae (Amor. 2.8.25–6). Cf. the depiction of the raven as non exorabilis index (Met. 2.546). Dräger, rejecting Green’s suggestion, argues that Ausonius has in mind either Therasia herself or, following Pastorino, ‘treacherous slaves’, Dräger (as n. 3) 205. 89) . . . grande doloris / i n g e n i u m est, miserisque venit sollertia rebus (Met. 6.574–5). 90) quid dulcius quam habere quicum omnia audeas sic loqui ut tecum? (Lael. 22); . . . ne quid fictum sit neve simulatum [sc. in amicitia] (ibid. 65).
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elegiac topos of deceiving a jealous spouse or lover.91 It is Ovid who sets himself up in the Ars Amatoria as praeceptor amoris, and Ovid who supplies the reader there with detailed instructions on the use of writing to deceive a ‘crafty husband’, vafer maritus, or ‘vigilant guardian’, vigil custos, in a passage which will subsequently find a direct echo. The three exempla which follow here, of the raped and mutilated Philomela (ll. 13–15), the ‘innocent’ virgin Cydippe (ll. 16–17), and the servant of Midas charged to keep the secret of his ass’ ears (ll. 18–20), all reveal an Ovidian link. The prominent placing of the unnamed Threicii (regis) seems to echo the Metamorphoses, which similarly begins its narrative with the words Threicius Tereus.92 Cydippe is said to have ‘entrusted’ her love to an apple. Commisit parallels the preceding mandavit (of Philomela’s tapestry) and the succeeding credidit (of the barber’s betrayal), suggesting that Ausonius is conflating the motif of her receipt of the message-apple, deriving from Callimachus, with her letter-response as offered by the Heroides. The barber whispers the secret into depressis scrobibus, a ‘sunken trench’, in seeming imitation of the phrase scrobibus . . . opertis as used in Ovid’s recounting of the tale.93 All three Ovidian contexts offer further satiric possibilities through associated notions of ‘shame’, ‘modesty’, and ‘secrecy’. As with Ep. 21, however, there is no straightforward one to one correspondence. In the case of Philomela, shame is associated with the victim of lust. Procne is said there to have unveiled ora . . . pudibunda, the ‘shameful face’ of her sister,94 and to have wished to mutilate the organs which took away her pudor.95 The need for secrecy is enforced upon her, but the desire for secrecy belongs initially to Tereus, who wishes to hide the shameful secret which threatens his previously high reputation.96 The mutilation is said to have resulted in the apparent removal of facti index,97 the web itself presented as indicium sceleris.98 The pair of letters in Heroides 91) 92) 93) 94) 95) 96) 97) 98)
Tib. 1.2.15–24; Amor. 1.4.15–28. Met. 6.424. Met. 11.189. See Green (as n. 2) 654. Met. 6.604. Ibid. 616–7. clarum . . . nomen (Met. 6.425); claro . . . tyranno (ibid. 436). Ibid. 574. Ibid. 578.
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repeatedly evoke Cydippe’s ‘modesty’, proved through the act of blushing.99 While Ausonius dubs her pudibunda virgo, he highlights her failure to blush, nec erubuit tacituro conscia pomo (Ep. 22.17), recalling perhaps Catullus 65, where the girl, ‘betrayed’ by the love-gift which rolls from her lap in the presence of her mother, is suffused with a ‘conscious blush’, conscius rubor.100 This Cydippe, accordingly, may be less ‘innocent’ than she might appear on the surface. In the case of the third story, secrecy is enforced upon the barber, but turpis pudor, the base mark of ‘shame’, attaches to Midas.101 Ausonius imports erotic connotations even into this last, as fidissima tellus plays the role of ‘confidante’ and betrayal comes through an ‘eavesdropper’, the ‘breathed-into reed’, inspirata harundo (Ep. 22.19–20). At the same time, the cause of Midas’ punishment, his rejection of the civilised music of Apollo in favour of the barbarous piping of Pan, may also be linked with the attack on Paulinus’ desertion of the pastoral paradise found in Ep. 21. The strategems which follow can be seen to offer an ironic juxtaposition of female and male, erotics and friendship. The first, that of ‘incising letters with milk’ to be subsequently revealed by the application of ash, is borrowed, as mentioned previously, from an Ovidian context which instructs the female in adultery.102 In relation to the situation of Paulinus, the effect may be to cast him in the light of locked-in wife or mistress. Ausonius will subsequently proclaim his power to ‘unlock’, reserare, the secret words of the ancients (l. 29); the opening reproach lamented the failure of his previous letter to ‘draw forth’, elicere, Paulinus’ voice. At the same time, the use here of prodere for ‘revealing’, picking up the earlier proditor, may make a telling point. In relation at least to the keeping of guilty secrets, as regards Tereus and Midas, the exempla may work rather as counter-exempla. If the analogy with Catullus is accepted, the same is true of Cydippe. In contrast, the second 99) quid p u d o r ante subit? nam, sicut in aede Dianae / suspicor ingenuas e r u b u i s s e genas (Her. 20.5–6); nomine coniugii dicto confusa p u d o r e / sensi me totis e r u b u i s s e genis (Her. 21.111–2); iam p u d e t , et timeo, quamvis mihi conscia non sim / offensos videar ne meruisse deos (ibid. 47–8). Cf. also the transference of the motif to Hymenaeus (ibid. 167–8). 100) Cat. 65.24. 101) Met. 11.180. 102) Ars Am. 3.627–8.
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strategem, the use of Spartan cipher-rods, seemingly offers a more manly and appropriate means. Again, however, there may be a sting in the tail. Ausonius here further exploits the paradox between ‘speech’ and ‘silence’. It is only when the writing-material is solutus, ‘loosed’, from the message-stick that the message is ‘scrambled’. Solvere, however, can signify both ‘opening’ a letter103 and ‘unlocking’ the tongue.104 The emphasis placed here on the compatibility of the ‘cipher-rods’, tereti ligno (l. 24), consimilis ligni (l. 27), points towards friendship. Messages which pass between friends have been encoded at one end and must be decoded at the other. This, however, can be said to depend upon ‘likeness’ of minds, a prerequisite for friendship.105 Only if Paulinus regains his ‘proper’ mind-set will he be able to communicate with his friend in security. The epistle culminates in the figure of Tanaquil, Tanaquil tua nesciat istud (Ep. 22.31). The identification with Therasia finds confirmation in several directions. Like the Etruscan Tanaquil, peregrina mulier,106 Therasia is ‘foreign’; like her, she is aristocratic. Tanaquil’s ambition makes her the cause, as Green points out, of her husband’s departure from his birthplace.107 Moreover, her concern with ‘celestial prodigies’, a factor noted generally by commentators, offers an ideal scapegoat for Paulinus’ change of mores. It is less clear, however, as often implied, that she is the principal target.108 The thrust of the verse-epistle as a whole suggests that the reference offers a further means of effeminising Paulinus, a point implied by Dräger’s comment that Tanaquil is proverbial for ‘a wife ruling her husband’.109 At the same time, the allusion may target Paulinus in another direction. While Tanaquil is a maker of kings, Livy’s account also characterises her husband, Tarquinius Priscus, 103) ecquid ubi e Ponto nova venit epistula, palles / et tibi sollicita s o l v i t u r illa manu? (Ov. Trist. 5.2.1–2). 104) dum linguam ad iurgia s o l v i t . . . (Met. 3.261). 105) disparis enim mores disparia studia sequuntur, quorum d i s s i m i l i t u d o dissociat amicitias (Lael. 74). 106) Liv. 1.47. 6. 107) Green (as n. 2) 654. 108) E. g. “No doubt, following a common human trait, Ausonius blames a nearby person for what had happened” (Witke [as n. 5] 20); “In the poem’s closing lines, however, Ausonius issues a far more serious challenge . . . casting Therasia as the source of his social dereliction” (Trout [as n. 17] 69). 109) Dräger (as n. 3) 206.
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as driven by ambition, cupidine maxime ac spe magni honoris.110 ‘Kingship’ has already been emphasised in the context of shameful secrecy, in relation to both Tereus, Threicii regis, and Midas’ vitium regale (l. 18). One further, more damaging, association may remain. Tanaquil tua occurs also in Juvenal’s sixth Satire,111 where, as Witke points out, it characterizes the evil wife, “bent on her husband’s downfall, and the death of her sister, mother-in-law and other relatives”.112 If, as seems likely, Juvenal is there conflating the ambitious Tanaquil with the murderous Tullia, the overspill onto Paulinus may conflate the ambitious Tarquinius Priscus with the tyrannical and ‘wife’-murdering Tarquinius Superbus.113 Ausonius: Ep. 23/24 Ep. 23/24 presents the most complex and elaborate of this group of verse-epistles. Whereas in Epp. 21 and 22 the issue of communication is represented through the requirements of epistolary etiquette, translated into the demand for a reply, in Ep. 23/24 it is introduced more obliquely and formulated in terms which play on an oscillation between physical and spiritual absence. The epistle turns on the charge that Paulinus is shattering the ‘yoke’, a multi-valent term which, as will be seen, encompasses friendship, erotics and even ‘marriage’. Both the compass of the epistle and its range of manipulative devices is much broader. The latter include the catalogue-form, west versus east, countryside versus city, praises of Italy, the return of the Golden Age and the notion of cosmic upheaval. Paulinus’ ‘private’ defection is set against a wider ‘public’ backdrop, which pinpoints the threat (to cosmic order), the agent (Nemesis) and the consequences (natural and cultural disharmony). The epistle culminates in the envisioned ‘return’ of Paulinus, presented in terms which point towards the traditional ceremony of adventus, ‘(triumphal) arrival’ invested with over110) Liv. 1.34. 1. 111) consulit ictericae lento de funere matris / ante tamen de te Ta n a q u i l t u a , quando sororem / efferat et patruos . . . (Juv. 6.565–7). 112) Witke (as n. 5) 20. 113) This may find confirmation in Paulinus’ riposte, that he has no Tanaquil as wife but Lucretia, that is, he is no ambitious tyrant but an overthrower of tyranny (PN, Carm. 10.191–2, in: Green [as n. 2] 713).
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tones of ‘kingship’ and ‘divinity’, motifs, it will be argued here, trailed earlier in the epistle and perhaps in the sequence as a whole. As suggested earlier, Ep. 23, as it stands in Green, reveals the basic skeleton of this epistle. In particular three main semantic patternings can be seen to emerge. The first, as Green suggests, plays on the image of the ‘yoke’ (iugum, l. 1; iunctis, l. 2; iugalem, l. 9; disiungere, l. 19). In conjunction with this is a subsidiary nexus which highlights the notion of ‘unity’ (concordia, l. 3; consorte, l. 7; compago, l. 15). The second section is dominated by the notion of ‘faith’ (fides, ll. 16, 24; fiducia, l. 32; fidere, l. 38). The third section, by contrast, is unified by syntax, which moves from a double imperative (accurre, l. 39; appropera, l. 41) through a rapid verbal fire of third-person presents (adest, l. 44; linquit, l. 44, subit, l. 46; ingreditur, l. 47; labitur, l. 47; obvertitur, l. 48; praevertit, l. 50; pulsat, l. 51). The shift is underpinned by the anaphora of iam, found in virtually each clause and culminating in the doublet iam iam (l. 51). The same patternings appear in Ep. 24 with the addition of four further key-terms, namely culpa (ll. 7, 19, 95), aevum (ll. 11, 33, 39), cura (ll. 12, 70, 111) and populus (ll. 30, 83, 122). The metaphor of the ‘yoke’ is laid at the opening of the epistle: Discutimus, Pauline, iugum, quod certa fovebat temperies, leve quod positu et tolerabile iunctis tractabat paribus concordia mitis habenis. (Ep. 23.1–3 = Ep. 24.1–3)114 In Ep. 24 it is given increased prominence by the subsequent formulation, tam placidum, tam mite iugum . . . (Ep. 24.8) The resonances of this metaphor can be seen as crucial for any reading of the epistle as a whole. Witke renders it straightforwardly as the ‘yoke of friendship’.115 While this finds some justification in the catalogue which follows, there may be other possibilities. 114) Ep. 24 has two differences: nota for certa; venerabile for tolerabile. Both variants can perhaps be linked with the increased emphasis elsewhere on the ‘public’ ramifications of the act of ‘shattering’. 115) Witke (as n. 5) 36.
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Dräger continues to refer to the ‘friendship yoke’, but links the metaphor primarily with the imagery of fetters and chains as found in love-elegy.116 In fact, the metaphor may seem to blur the distinction between friendship and erotics through the ‘bond’ of friendship familiar from friendship-writing.117 Such a blurring can also be seen in the twelfth Idyll of Theocritus, which offers a number of points of contact with this epistle.118 The speaker there, celebrating the return of a ‘beloved youth’ after a brief absence, envisages the possibility of future immortality, ‘they loved one another under an equal yoke’,119 perhaps represented here by paribus habenis, subsequently glossed as “loved and loving in return”.120 The notion of ‘return’ conjurs up the reciprocity which is integral to friendship. The idyll as a whole, however, is cast in the language of homoeroticism. Significantly, such a reciprocated relationship is envisioned there as a return to the Golden Age.121 More subversive still is another potential model, which brings in the notion of ‘marriage’ and seems again to target the Ausonius / Paulinus / Therasia triangle. In Silvae 3.5, persuading his wife to leave Rome for Naples, Statius recalls how Venus ‘joined’ her to him,122 and employs the image of bridle and reins to profess himself a willing and ‘docile’ recipient of the marriage-yoke: . . . tua frena libens docilisque recepi, et semel insertas non mutaturus habenas usque premo . . .123 116) Dräger (as n. 3) 233, 247. As he suggests there, the image of the ‘yoke’ is particularly visible in Horace, where it often seems to have negative overtones: for example, sic visum Veneri, cui placet impares / formas atque animos sub i u g a aënea / saevo mittere cum ioco (Hor. Carm. 1.33.10–12); nondum subacta ferre i u g u m valet / cervice (ibid. 2.5.1–2). 117) . . . benevolentiae c o n i u n c t i o n e m . . . (Lael. 23); . . . quasi propinquitate c o n i u n c t o s atque natura (ibid. 50); . . . amabilissimum n o d u m amicitiae . . . (ibid. 51). Cf. v i n c l a concordiae (Cic. Fin. 2.117). 118) Green (as n. 2) 656. 119) Theocr. Idyll. 12.15. 120) Ibid. 16. 121) Ibid. 15–16. 122) . . . quam mihi sorte Venus i u n c t a m florentibus annis / servat et in senium . . . (Stat. Silv. 3.5.23–4); cf. iugales (ibid. 69). 123) Silv. 3.5.26–8. Ausonius will similarly employ the notion of ‘docility’ in relation to the chariot team of Mars.
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As with the Idyll of Theocritus, this sermo, ‘metrical address’,124 offers several points of thematic contact with Ausonius’ verse-epistle: an opposition between the ‘leisure’ of the countryside and the unrest of the city,125 praise of (southern) Italy for its temperate climate,126 and an opening profession of belief in the addressee’s ‘good faith’ accompanied by a dismissal of the ‘Rhamnusian’ (Nemesis).127 The violence inherent in the use of discutere to present the ‘shattering’ of the yoke, a claim subsequently repeated and laid unambiguously at the door of Paulinus, is emphasised by the language of ‘nurturing’ and ‘harmony’, fovere, temperies, concordia mitis, against which it is set. This terminology may carry philosophical overtones pointing towards a disruption of cosmic harmony, elevating a ‘private’ drama into a ‘public’ catastrophe. Temperies, glossed by Green as “matching of minds”,128 may rather conform to its more usual sense of ‘temperateness’, that is, some kind of harmonious balance between extremes.129 As such, it is often linked with philosophy and even cosmology, for example in relation to the equation of the human life-cycle with that of nature,130 to the conditions necessary for the creation of life131 and to the five zones of Eratosthenes.132 Ausonius will subsequently 124) See Silv. 3.praef. and comments of Hardie (A. Hardie, Statius and the Silvae. Poets, patrons and epideixis in the Graeco-Roman world, Liverpool 1983, 192). 125) pax secura locis et desidis o t i a vitae / et numquam turbata quies somnique peracti (Silv. 3.5.85–6); cf. . . . o t i a que inter / vitiferi exercent colles (Ep. 24.83). 126) quas [sc. sedes] et mollis hiems et frigida t e m p e r a t aestas (Silv. 3.5.83). 127) non metuo ne laesa f i d e s aut pectore in isto / alter amor; nullis in te datur ire sagittis / – audiat infesto licet hoc R h a m n u s i a vultu (ibid. 3–5); cf. . . . vindex Rhamnusia . . . (Ep. 24.44). 128) Green (as n. 2) 656. 129) Green’s rendition is backed by a reference to Paulinus’ use of the expression temperies mentis. The passage in question, however, may itself point rather to a balance between childish simplicitas and elderly gravitas (PN, Carm. 28.174–9). See also Dräger (as n. 3) 233. 130) excipit autumnus, posito fervore iuventae / maturus mitisque inter iuvenemque senemque / t e m p e r i e medius, sparsus quoque tempora canis (Met. 15.209–11). 131) quippe ubi t e m p e r i e m sumpsere umorque calorque / concipiunt, et ab his oriuntur cuncta duobus / cumque sit ignis aquae pugnax, vapor umidus omnes / res creat, et d i s c o r s c o n c o r d i a fetibus apta est (Met. 1.430–3). 132) quarum [sc. plagarum] quae media est, non est habitabilis aestu; / nix tegit alta duas; totidem inter utramque locavit / t e m p e r i e mque dedit mixta cum frigore flamma (ibid. 49–51).
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set Paulinus’ youth against his own age and the temperateness of Bordeaux against the more extreme climate of Spain. In turn, concordia may recall the philosophical doctrine of ‘harmony of opposites’, as in Ovid’s paradoxical discors concordia.133 Fovere similarly finds philosophical applications in Lucretius which link it with birth and growth.134 The motif of cosmic disruption is made concrete through three mythological exempla found in the extended Ep. 24: hoc tam mite iugum docili cervice subirent Martis equi stabuloque feri Diomedis abacti et qui mutatis ignoti Solis habenis fulmineum Phaethonta Pado mersere iugales. (Ep. 24.15–18) In Homer, the horses of Ares are associated with ‘Terror’ and ‘Fear’,135 while the flesh-eating mares of Diomede are graphically portrayed in the Metamorphoses as “fat with human blood”.136 It is Ovid, too, who offers an extended account of Phaethon’s disastrous chariot-ride, with its threatened return to ‘ancient chaos’.137 The formulation of the complaint of ‘desertion’ furthers the notion of ‘upheaval’. In spite of slight differences between Ep. 23 and Ep. 24, the central point is the same, that one partner cannot do the work of two: discutitur, Pauline, tamen, nec culpa duorum ista, sed unius tantum tua; namque ego semper contenta cervice feram. consorte laborum destituor, nec tam promptum gestata duobus unum deficiente pari perferre sodalem. (Ep. 24.19–23 = Ep. 23.6–9)138
133) Ibid. 433. 134) E. g. Lucr. 1.807–8; ibid. 1032–4. 135) Iliad 15.119–20. 136) Met. 9.194. 137) si freta, si terrae pereunt, si regia caeli, / in chaos antiquum confundimur! (Met. 2.298–9). 138) In Ep. 23, the first two lines are condensed: discutimus, sed tu tamen reus; ast ego semper . . .
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In itself, the phrase contenta cervice is capable of ambiguity, connoting either contentment or straining effort. Its positioning in the line, however, as Dräger notes, points towards the Georgics.139 The context there, highlighting the failure of agriculture and civilisation after the death of livestock from plague, may impart a further irony. Just previously, Virgil has depicted the ploughman unyoking the bullock grieving for its partner’s death, paralleled here by Ausonius’ depiction of himself as deprived consorte laborum, of his ‘partner in work’.140 Paulinus’ ‘death’, however, is metaphorical rather than literal, and seemingly self-imposed. At the same time, Ausonius’ language may again conflate friendship and erotics. The suggestion that one sodalis, ‘friend’, has ‘defaulted’, may recall the claim in the Laelius that ‘defaulting’ from virtue can lead to the failure of friendship.141 Consors, on the other hand, like iugalis which appears for sodalis in Ep. 23,142 can indicate marriage partner as well as work partner. As the protest is developed, ambiguity may persist: non animus viresque labant, sed iniqua ferendo condicio est oneri, cum munus utrumque relicto ingruit acceduntque alienae pondera librae. (Ep. 23.10–12 = Ep. 24.24–26) The reference to munus would seem to indicate, as Green suggests, that Ausonius is complaining of his inability to perform both sets of ‘duties’ pertaining to friendship.143 It is less certain, however, as he also claims, that the metaphor of the yoke remains unchanged.144 His suggestion that libra here should be taken as ‘weight’ rather than ‘balance’ would produce a virtual doublet, “. . . when both duties fall upon the one who is left and the weights o f another’s weight are added”, with Ausonius simply repeating the claim that he has been left to carry the full weight of the obliga139) c o n t e n t a c e r v i c e trahunt stridentia plaustra (Georg. 3.536). See Dräger (as n. 3) 234–5. 140) . . . it tristis arator / maerentem abiungens fraterna morte iuvencum / atque opere in medio defixa relinquit aratra (Georg. 3.517–9). 141) difficile est amicitiam manere, si a virtute d e f e c e r i s (Lael. 37). 142) deficiente alio solum perferre i u g a l e m (Ep. 23.9). 143) Green (as n. 2) 656. 144) Ibid.
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tions. In fact, this may obscure a shift in sense from onus to munus to pondera. The latter can also carry the technical sense of weights used in a scale. At the same time alienus can connote the stronger sense of ‘alien’, ‘stranger’.145 It seems possible that Ausonius is here taking advantage of a double ambiguity, the fact that the Greek term zugÒn as found in Theocritus’ ‘equal yoke’, can also connote ‘balance’, and the grammatical ambivalence of librae as genitive or dative. If the latter reading is adopted the phrase could be read as an accusation that Paulinus is adding his ‘weights’ t o the scale of a ‘stranger’. In other words, marriage with the foreign Therasia has led him to withdraw his support from his former yoke-partner, thus rendering the survival of the relationship impossible. The Laelius claims that friendship arises more naturally with cives and propinqui than with peregrini and alieni.146 Subsequently Ausonius will complain of Paulinus that he is “placing his trust in”, perhaps even pledging his faith to, “foreign friends” (peregrinis fidere amicis, Ep. 23.38 = Ep. 24.110). The catalogue of friendship occurs in both Ep. 23 and Ep. 24, but in a slightly different form. The pairings of Nisus and Euryalus, Pylades and Orestes, Damon and Phintias are common to both, while that of Theseus and Pirithous appears only in Ep. 23, and that of Scipio and Laelius only in Ep. 24. Although the effect in each case is slightly different, the nuances may remain closer than Green suggests,147 foregrounding the issue of immortality and in the case of Ep. 24 linking it with the Golden Age. In Ep. 23, the catalogue follows on from a block which sets Ausonius’ fidelity against Paulinus’ lack of good faith: obruar usque tamen, veteris ne desit amici me durante fides memorique ut fixa sub aevo restituant profugum solacia cassa sodalem. (Ep. 23.16–18)
145) Conybeare suggests that the weights of an “alien scale”, presumably that of Paulinus’ more radical brand of Christianity, are being piled on Ausonius. While this takes account of the stress on alienus, it seems not prepared for by what has gone before (Conybeare [as n. 10] 156). 146) Lael. 19. 147) Green (as n. 2) 655.
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Ausonius’ declaration of his own willingness to endure (obruar usque tamen; me durante) is tied into a further hypothetical endurance (veteris ne desit amici fides). The latter expression is again grammatically ambivalent: it can be rendered as either ‘faith in’ or ‘faith of’ an old friend. Either way, its ‘reality’ is undercut, both by the transmutation of vetus amicus into profugus sodalis, ‘runaway companion’, and by the implicit recognition that any hopes of his return are no more than solacia cassa, ‘vain consolations’. The phrase memori . . . fixa sub aevo, ‘fixed in mindful eternity’, points towards Virgil’s promised immortalisation of Nisus and Euryalus: fortunati ambo! si quid mea carmina possunt, nulla dies umquam memori vos eximet aevo.148 A partnership cannot survive in the absence of one partner, nor a memory of faithful friendship, the consolation offered in death, be transmitted to posterity if one partner ‘deserts’. At the same time, a reminiscence of the Virgilian intervention, seemingly bestowing approval on a private ‘relationship’ which has compromised a public mission, can be seen to further the (homo)erotic overtones of this epistle.149 The catalogue is introduced by an accusation of impiety which recalls the attack on impius found in Ep. 21: impie, Pirithoo disiungere Thesea posses Euryalemque suo socium secernere Niso; te suadente fugam Pylades liquisset Oresten nec custodisset Siculus vadimonia Damon. (Ep. 23.19–22) There, it was argued, the attack was a form of deflected curse, spilling over onto both Paulinus and Therasia. The verbal similarity of these lines with a passage in Martial, attacking a malicious trou148) Aen. 9.446–7. Dräger’s rendition makes this explicit, “impressed deep on the memory of posterity” (Dräger [as n. 3] 125). Green acknowledges the allusion, yet translates “imprinted upon my aged memory” (Green [as n. 2] 656). 149) Cf. “This dying-together is in effect the epic’s most consummated marriage” (E. Oliensis, Sons and Lovers: Sexuality and Gender in Virgil’s Poetry, in: C. Martindale [ed.], Cambridge Companion to Virgil, Cambridge 1997, 294–311, p. 310).
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ble-maker, may suggest that the same ambiguity persists here.150 Such exempla used in a straightforwardly positive fashion are common in friendship-writing. For example, that of Pylades and Orestes occurs in the Laelius,151 while that of Damon and Phintias appears elsewhere in Cicero’s writings.152 As with the pairing of Nisus and Euryalus, however, the introduction here of Theseus and Pirithous may again introduce an erotic overlay, as demonstrated by its homoerotic and deheroicising treatment in the Metamorphoses.153 Moreover, the catalogue form in itself is open to manipulation. Similar catalogues are found in a variety of Ovidian contexts, for example, in the Tristia to illustrate the adage that friendship is only proved in times of difficulty,154 or that loyalty provokes admiration rather than anger even in enemies.155 More overtly subversive is its use in the Ars Amatoria where each pairing is twisted to produce a potential erotic triangle and to illustrate the decadence of present-day ‘friendship’.156 At the same time, the catalogue form is also used to immortalise pairs of ‘lovers’ in love-elegy.157 In Ep. 24 the catalogue is framed by lines which switch the emphasis from ‘private’ to ‘public’. At the same time the notion of immortalisation may take on overtones of deification which herald the adventus to come: quantum oblectamen populi, quae vota bonorum sperato fraudata bono! gratantia cuncti verba loquebantur, iam nomina nostra parabant inserere antiquis aevi melioris amicis. (Ep. 24.30–33) 150) t e f i n g e n t e nefas Pyladen odisset Orestes, / Thesea Pirithoi destituisset amor (Mart. Epig. 7.24.3–4). As Dräger points out, Martial’s third pair is Amphinomus and Anapius rather than Damon and Phintias as Green suggests (Dräger [as n. 3] 235). 151) Lael. 24. 152) Cic. Off. 3.45; Tusc. 5.63. 153) cui [sc. Pirithoo] ‘procul’ Aegides ‘o me mihi carior’ inquit / ‘pars animae consiste meae!’ . . . (Met. 8.405–6). 154) Trist. 1.5.19–24. 155) Trist. 1.9.27–34. 156) Ars Am. 1.743–752. 157) See e. g. catalogue in Propertius (Prop. 2.34B.87–94). Cf. . . . nos, Delia, amoris / exemplum cana simus uterque coma (Tib. 1.6.85–6); sic Nemesis longum, sic Delia nomen habebunt, / altera cura recens, altera primus amor (Amor. 3.9.31–32).
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The verbal play between bonorum and bono, ‘good men’ and ‘blessing’, may point towards a potential for ambivalence in vota, ‘wishes’, ‘prayers’. This is picked up subsequently as Nemesis is presented as the punisher of human presumption, grande . . . verbum and nimiis . . . votis (Ep. 24.43–44). Oblectamen may recall the variae oblectamina vitae of Silvae 3. 5. 158 Just as Naples and its environs are praised there for their mixture of nature and culture, so will Bordeaux be depicted later in this epistle.159 The continuing absence of Paulinus, however, will be presented as the cause of seasonal disruption and infertility.160 As Witke notes,161 the resonances of this are both public and private. They conflate the death of Daphnis,162 subsequently deified and invoked with the prayer sis bonus o felixque tuis!,163 with the absence or presence of ‘personal’ beloveds elsewhere in the Eclogues.164 Within this frame, the frustrated hope of a renewed Golden Age also becomes more explicit through the reference to melius aevum. Subsequently Ausonius will claim pares fuimus . . . dispare in aevo, ‘we were equal in (an) unequal age’ (Ep. 24.39), playing, it would seem, both on the disparity of age (about 40 years) and on the decadence of the present generation. The catalogue itself employs what may be viewed as a syntactical trick: cedebat Pylades, Phrygii quoque gloria Nisi iam minor et promissa obiens vadimonia Damon. (Ep. 24.34–35) As threatened in Ep. 23, Pylades is ‘unyoked’ from Orestes, Nisus from Euryalus and Damon from Phintias, thus leaving bereft the member of the partnership particularly noted for faithfulness. The example which takes pride of place here is that of Scipio and Laelius: 158) Silv. 3.5.95. 159) Ep. 24.82–90. 160) Ep. 24.91–94. 161) Witke (as n. 5) 33–35 passim. 162) Ecl. 5.34–39. 163) Ecl. 5.65. 164) Of the departure of Alexis, omnia nunc rident; at si formosus Alexis / montibus his abeat, videas et flumina sicca (Ecl. 7.55–6); of the return of Phyllis, Phyllidis adventu nostrae nemus omne virebit, / Iuppiter et laeto descendet plurimus imbri (ibid. 59–60). Cf. also the presentation of Alexis in Ecl. 2.
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nos documenta magis felicia, qualia magnus Scipio longaevique dedit sapientia Laeli. (Ep. 24.36–37) As well as replacing the dubious pairing of Theseus and Pirithous, this can be seen to perform a self-reflexive function which draws on both the Laelius and Horace’s Satires. In the Laelius, Laelius himself is made to express the hope that their friendship will be immortalised, thus joining the “scarcely three or four pairs of friends named from all ages”.165 The Horatian echo can in itself be seen as ‘proof’ that this immortalisation has taken place.166 In relation to Ausonius and Paulinus, however, the (re-)establishment of melius aevum, here fleetingly located within the Roman Republic, seems more problematic. Both in the Laelius167 and in the Horace168 Scipio is noted primarily for his virtus. According to the Laelius, virtus is the essential basis of friendship.169 Paulinus, however, can be said to have defaulted from virtue by his rejection of fides. The historical exemplum of Alexander the Great which follows is more overtly negative. Significantly, it is again built around the notion of the yoke: ocius illa iugi fatalis solvere lora Pellaeum potuisse ducem reor, abdita opertis principiis et utroque caput celantia nodo. (Ep. 24.40–42) The play on the notion of hidden ends, abdita opertis principiis, and a double-knot, utroque caput celantia nodo, suggests an underlying metaphorical application on the lines of the cipher-rods in Ep. 22. The Laelius talks of amabilissimus nodus amicitiae, ‘the most lovely / loveable knot of friendship’.170 The Gordian knot, as 165) . . . (quod) ex omnibus saeculis vix tria aut quattuor nominantur paria amicorum, quo in genere sperare videor Scipionis et Laeli amicitiam notam posteritati fore (Lael. 15). 166) . . . virtus Scipiadae et mitis s a p i e n t i a L a e l i (Hor. Sat. 2.1.72). See Green (as n. 2) 660; Dräger (as n. 3) 236. 167) Lael. 11. 168) The Horatian context turns on the concept that Lucilius spared only Virtuti atque eius amicis, ‘Virtue and its friends’ (Hor. Sat. 2.1.70). 169) virtus, inquam . . . et conciliat amicitias et conservat (Lael. 100). 170) Lael. 51.
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Ausonius signals to another addressee in a different context, could not be ‘loosed’, only brutally severed by Alexander,171 who figures in Roman satire as a type of unlimited ambition.172 It may seem, accordingly, that Ausonius is hinting at an alternative equation, this time between Alexander and Paulinus, targeted as responsible for ‘shattering the yoke’. Here again, the Spanish Therasia may offer a secondary target through a potential equation with Nemesis, presented as the enemy of western culture: Paulinum Ausoniumque, viros quos sacra Quirini purpura et auratus trabeae velavit amictus, non decet insidiis peregrinae cedere divae. (Ep. 24.56–58) As with the allusion to Tanaquil tua in Ep. 22, Paulinus himself seems to be caught both ways, charged with effeminate weakness in ‘yielding’ to the ‘deceits’ of a ‘foreign goddess’ and / or with the masculine brutality of a conquering Alexander. The following section, again found only in Ep. 24, foregrounds the issue of communication in language which oscillates between the literal and the figurative, and which may transfer the notion of separation from the physical to the spiritual, with ramifications for the notion of ‘return’ with which the epistle concludes. Central to this is word-play which picks up the motif of the yoke, iuga (of the Pyrenees, l. 61; of Bordeaux, l. 82), iungens (of the ‘care’ which joins distances by communication, l. 70) and iungit (of the links between cities in southern Gaul, l. 71, cf. conserit, l. 74).173 The section plays, too, on what can be termed a kind of metaphorical topography, as a fictionalised Spain is set against a fictionalised Aquitaine. Taken in conjunction with Ep. 21, Spain emerges as a country of climatic and cultural extremes. Aquitaine, on the other hand, seen here through the lens of ‘praises of Italy’, is presented as the centre of temperateness and balance. The implications may reach further, suggesting that Paulinus’ decampment to Spain is being presented as symbolic of a ‘desertion’ of his cul171) . . . Alexandri Macedonis pervicaciam supergressus, qui fatalis iugi lora cum s o l v e r e non posset abscidit . . . (Aus. Biss. Praef. 11–13). 172) E. g. Juv. 4.10.168–72; 5.14.311–14. 173) See Dräger (as n. 3) 233.
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tural identity, and pointing towards a final sense of the yoke as a shared cultural heritage which is being abandoned. The threat from Nemesis, an ‘eastern monstrosity’, is set against damage emanating from the ‘west’: quid queror Eoique insector crimina monstri? occidui me ripa Tagi, me Punica laedit Barcino . . . (Ep. 24.59–61) Whereas Ep. 21 locates Paulinus in the inland and mountainous triangle of Catalayud, Calahorra and Lérida, here Paulinus is placed in the very different triangle of Saragossa, Caesarea Augusta, Tarragona, Tyrrhenica Tarraco, and Barcelona, Punica Barcino. If Ep. 21 looks towards savagery and barbarism, Ep. 24 may rather hint at debauchery and tyranny. The river Tagus is commonly characterised by the adjective aurifer, ‘gold-bearing’.174 Punica Barcino, ‘Punic Barcelona’, seems, as Green suggests, to represent more than just a ‘learned epithet’.175 Punic ‘perfidy’, as noted in another context by Dräger, was proverbial.176 Subsequently Ausonius will insinuate dalliance in ‘Carthage’, recalling the accusation of longa otia in Ep. 21, and hinting that Paulinus has abandoned his true ‘spouse’ in favour of a foreign liaison. In turn, the characterisation of Tarragona as Tyrrhenica may also be more than a learned epithet. ‘Etruscan’ seems to point back towards the Tanaquil tua reference of Ep. 22, forming a double attack on Paulinus and Therasia through associations of ambition and violence. The fact that these locations have ready access to river and sea,177 reinforced by the reference to ostriferus pontus (Ep. 24.81), may also be relevant for the ‘yoking’ play to follow, suggesting that Paulinus’ ‘isolation’ can be attributed to mental rather than physical factors. Within this section, the relocation of Paulinus is presented in terms which emphasise both ‘distance’ and ‘otherness’: 174) Amor. 1.15.34; Mart. Epig. 10.96. 3. Cf. also Met. 2.251; Luc. 7.755. 175) Green (as n. 2) 661. 176) Dräger (as n. 3) 211, who cites Livy, perfidia plus quam Punica (Liv. 21.4.9). Cf. Ausonius, Ep. 4.42, where Poena fides (bad faith) is opposed to Graeca fides (‘cash down’) and Green’s note (as n. 2) 612. 177) The point is made indirectly in one of Paulinus’ replies (PN, Carm. 10.231–238, in: Green [as n. 2] 714).
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quemque suo longe dirimat provincia tractu trans montes solemque alium, trans flumina et urbes et quod terrarum caelique extenditur . . . (Ep. 24.63–65) The reference to ‘another sun’ seems to be modelled on the Georgics.178 The context there opposes the simple and moral life of the country-dweller to those who “rejoice steeped in the blood of brothers”, and who endure voluntary exile “under another sun”.179 Again, accordingly, Ausonius may seem to be presenting Paulinus’ departure under the guise of murderous ambition. At the same time, the seemingly pleonastic coupling of ‘land’ and ‘sky’ may suggest that Ausonius is drawing on the cosmological concept of the division of earth and heaven into five parallel zones, three of them uninhabitable by reason of extreme heat or extreme cold, a doctrine exploited elsewhere in the Georgics.180 Here it would imply that Paulinus has abandoned the temperate and habitable zone for the far ends of the earth.181 In turn, this may help to set up the ‘praises of Italy’ motif, transferred here to Aquitaine. As employed by Virgil182 and Propertius,183 this works essentially by contrast, setting the glories of Italy, characterised by a harmonious mixture of nature and culture, against the marvels and monstrosities of more exotic climes. Aquitaine will be praised both for its natural fertility and for its cultivation. Within this comes a passage which can be read as turning on the issue of communication: quod si intervalli spatium tolerabile limes poneret exiguus, quamvis longa omnia credant qui simul esse volunt, faceret tamen ipsa propinquos cura locos, mediis iungens distantia verbis. (Ep. 24.67–70) 178) See Green (as n. 2) 661. 179) . . . gaudent perfusi sanguine fratrum / exilioque domos et dulcia limina mutant / atque a l i o patriam quaerunt s u b s o l e iacentem (Georg. 2.510–12). 180) Georg. 1.231–9. Cf. Met. 1.45–51. The doctrine derives from Eratosthenes. 181) Ep. 24 refers to iuga ninguida, Ep. 21 to arida Ilerda but torrens Sicoris. 182) Georg. 2.136–175. 183) Prop. 3.22.1–18. This explicitly contrasts Italy with both ‘west’ and ‘east’.
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At first sight, Ausonius seems to be bemoaning the physical distance between them, with the consequence, as Green suggests, that communication is difficult and unreliable.184 There may, however, be a more metaphorical interpretation, turning on the use of cura, ‘care’, and mediis verbis, ‘intermediary words’. Earlier, ‘care’ has been evoked in connection with the yoke, which is said to have remained: . . . dum laeta fides nec cura laborat officii servare vices . . . (Ep. 24.12–13) Officii vices points towards the reciprocity demanded by friendship in general, and to the exchange of correspondence in particular.185 In Ep. 23 it is the yoke itself which is described as tolerabile, ‘bearable’. Here, Ausonius may seem to be suggesting that ‘physical’ absence could be rendered bearable by ‘spiritual’ presence, as mediated by a letter. Paulinus, however, has failed to maintain limes exiguus, a ‘small path’, ‘little channel’, of communication. In other words, as suggested earlier, the barrier may be presented here as spiritual rather than physical, a failure of volition rather than of ability. The ambiguity between literal and figurative may persist in what follows. Ausonius exploits the language of ‘yoking’ to present two further triangular groupings of towns, this time in southern Gaul: Saintes, Bordeaux and Agen in the west; Arles, Vienne and Narbonne in the east. Separated in reality by the barrier of the Massif Central, they are potentially connected here through a projected link with the roughly equidistant town of Toulouse (Ep. 24.71–75). As the issue is brought back to Paulinus, the preceding mediis verbis may find an echo in the notion of vicinis moenibus, ‘neighbouring walls’: hoc mihi si spatium vicinis moenibus esset, tunc ego te ut nostris aptum complecterer ulnis afflaretque tuas aures nostrae aura loquellae. (Ep. 24.76–78) 184) Green (as n. 2) 661. Dräger’s reference to ‘the help of travellers’ seems to point the same way (Dräger [as n. 3] 238). 185) On the letter as an officium, see Conybeare (as n. 10) 24.
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Here, as elsewhere, the language may fuse friendship with erotics. ‘Propinquity’ and ‘neighbourliness’ are invoked in the Laelius as creating a natural bond, but one which is pronounced inferior to that of friendship,186 said elsewhere to be capable of transcending physical absence, even the ultimate absence of death.187 In the case of Ausonius and Paulinus, however, that condition is presented as unfulfilled. The frustrated embrace, complecterer ulnis, may offer an ironic echo of the re-union in death of Orpheus and Eurydice as found in Ovid, invenit Eurydicen cupidisque amplectitur ulnis.188 At the same time, the notion that the ‘breeze’ of Ausonius’ words would be ‘breathing upon’ Paulinus’ ears, heightened by the play on aura / aures, may seem to conflate a reminiscence of the abandoned Ariadne, giving her complaints to the senseless winds,189 with the ears of Aeneas, deaf to Dido’s pleas.190 Viewed in this light, the preceding depiction of Spain may itself take on a further, metaphorical, dimension as a projection of Paulinus’ present mind-set. Against it is set an idealised picture of Bordeaux, built up as a poetic construct around a cluster of classical borrowings.191 Aquitaine replaces Italy as the paradigm of balance and order, characterised by mildness of climate, fertile exuberance and culture in harmony with nature.192 This pastoral paradise, however, is threatened by the ‘absence’, physical and / or spiritual, of Paulinus, te sine sed nullus g r a t a v i c e provenit annus . . . (Ep. 24.91). The Horatian context of carpe diem upon which this draws193 offers a reminder that death comes to ‘pauper’ and ‘king’ alike, and warns that it will put an end to ‘love’.194 The ‘prayer’ which follows is cast in terms which recall the contradictory fictions found in Ep. 21: 186) Lael. 9–20. 187) Quocirca et a b s e n t e s a d s u n t et egentes abundant et imbecilli valent et, quod difficilius dictu est, m o r t u i v i v u n t (ibid. 23). 188) Met. 11.63. 189) sed quid ego ignaris nequiquam conquerar a u r i s . . . (Cat. 64.164). 190) fata obstant, placidasque viri deus obstruit a u r e s (Aen. 4.440). 191) See especially Witke (as n. 5) 30–34. 192) Ep. 24.82–90. 193) Hor. Carm. 1.4.1. See Green (as n. 2) 663. 194) nec tenerum Lycidan mirabere, quo calet iuventus / nunc omnis et mox virgines tepebunt (Hor. Carm. 1.4.19–20).
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... ne sparsam raptamque domum lacerataque centum per dominos veteris Paulini regna fleamus teque vagum toto, quam longa Hispania, tractu immemorem veterum peregrinis fidere amicis. (Ep. 24.107–110 = Ep. 23.35–38) The allusion to ancestral ‘kingdoms’, veteris Paulini regna, points towards the dispossessed Meliboeus of the first Eclogue.195 The fiction of enforced exile is, however, undercut by a second Virgilian echo, this time of the Aeneid. The picture of Paulinus wandering ‘the length of Spain’, quam longa Hispania, ‘unmindful’, immemor, of old friends, seems to look towards Aeneas’ voluntary dalliance with Dido, ‘the length of winter’, ‘unmindful’ of his kingdom.196 Whereas in Ep. 21, Ausonius briefly equates himself with Dido, here the Dido role may seem to be allocated to Therasia. More provocatively, Ausonius may seem to be identifying himself with the legitimate ‘spouse’ waiting in Aquitaine, Paulinus’ legitimate kingdom. The climax of the epistle is provided by the motif of reditus amantis, the presence of which was first noted by Alfonsi.197 As handled by both Tibullus and Ovid, this motif involves an element of ‘deification’, of an erotic and personal kind.198 Ausonius’ treatment invests it with elements which seem to look also to the ‘public’ arena. As noted earlier, this section is marked out by a rapid fire of verbs in the present tense. The structure suggests that Ausonius is imitating the formal ceremony of adventus, the traditional rite of welcome for a ruler, with its associated overtones of divinity.199 Ovid’s Metamorphoses seems to depict such a ceremony in its account of the arrival in Rome of the foreign deity Aesculapius,200 195) en umquam p a t r i o s longo post tempore f i n e s / pauperis et tuguri congestum caespite culmen / post aliquot, m e a r e g n a videns, mirabor aristas? (Ecl. 1.67–9). See Witke (as n. 5) 34; Dräger (as n. 3) 242. 196) nunc hiemem inter se luxu, q u a m l o n g a fovere / r e g n o r u m i m m e m o r e s . . . (Aen. 4.193–4). See Green (as n. 2) 658. 197) L. Alfonsi, Ausoniana, Aevum 37 (1963) 117. 198) In Tibullus, it is applied to the returning lover, as if ‘sent from heaven’, caelo missus (Tib. 1.3.90), in Ovid, to the beloved, nostros . . . deos (Amor. 2.11.44). 199) On its origins and significance in late antiquity, see S. G. MacCormack, Art and Ceremony in Late Antiquity, Berkeley/Los Angeles / London 1981, 17–61. 200) Met. 15.699–731.
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a passage which draws attention both to the motif of adventus201 and to the concept of deus praesens.202 The passage presents a string of third-person verbal forms,203 and, as here, lays emphasis on the waiting crowds.204 In Ausonius, however, the latter is combined with an allusion to the ‘threshold’ which may recall the elegiac motif of the ‘excluded lover’, thus elevating private above public: ingressusque sui celebrata per ostia portus totum occursantis populi praevertitur agmen, et sua praeteriens iam iam tua limina pulsat! (Ep. 24.121–123)205 At the same time, the present tenses produce a mimetic urgency which becomes quasi-performative, as if the very formulation of the anticipated ‘message’ can be seen as bringing about the longedfor result. Closure, however, is undermined by the culminating echo of Virgil’s eighth Eclogue:206 credimus, an qui amant ipsi sibi somnia fingunt? (Ep. 24.124 = Ep. 23.52) Deprived of its Virgilian conclusion, which seemingly confirms the fulfilment of the love-sick pharmaceutria’s desire,207 it stands revealed as an illusion which finds a parallel in the solacia cassa, ‘vain consolations’, of Ep. 23.
201) Ibid. 671. 202) ‘deus en, deus est!’ (ibid. 677). On the concept of deus praesens, see MacCormack (as n. 199) 22–33. 203) tenuit; fertur; linquit; fugit; legit; evincit; petit; sulcat; posuit; venit (Met. 15.699–731 passim). 204) huc omnis populi passim matrumque patrumque / obvia turba ruit . . . (ibid. 729–730). 205) Ep. 23 presents a slightly different reading of the middle line, praevertit cunctos ut te amplectatur amicos (23.50). The effect, however, may be the same, with erotics placed above friendship. 206) Ecl. 8.109. 207) parcite, ab urbe venit, iam parcite, carmina, Daphnis (ibid. 110).
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Conclusion Viewed in the light of epistolarity, this group of verse-epistles may seem to emerge as a subtle tissue of delicately woven and finely nuanced allusion. As such, they can be seen to stand at the opposite end of the spectrum from, although not totally unrelated to, the practice of the cento as demonstrated in Ausonius’ own Cento Nuptialis. In the epistles, context is all important for developing and building up hidden themes and sub-texts. Author intentionality, as mentioned earlier, is intimately linked to reader receptivity. If Ausonius’ profession as rhetor can be assumed to have equipped him with a wide range of classical literature on which to draw, Paulinus’ position as former pupil can equally be assumed to have given him the resources with which to decode the result. The issue of receptivity, however, may go deeper. In a sense, the responsibility for interpretation is thrown back on the ‘reader’, who can choose what to take from it and what to ignore. Indeed, it can be argued that the writer can fall back on the caveat that the ‘reader’ is wholly responsible for what he / she finds, in this case, that if Paulinus finds material which is offensive, he himself has the responsibility for having imported an interpretation which was not there. At the same time, it is possible to envisage widening circles of readers, among them Ausonius’ literate friends, and the judgement of posterity, to take the place of Paulinus if the latter chooses not to ‘understand’ or fails to respond ‘appropriately’. Into this comes the notion of the letter-form as ‘bridge’ or ‘barrier’.208 The addressee can choose to join in the ‘game’ and to respond in kind, or to block or ‘misunderstand’ the overtures. Viewed in this way, Ausonius’ blurring of the boundaries between fact and fiction and between friendship and erotics reads as an invitation to re-establish a particular kind of creative and intellectual relationship which has its roots in a shared cultural and literary tradition. As suggested at the beginning, ‘friendship’ may emerge as only one of the prisms, alongside erotics and quasi-marriage, through which this relationship is put. Behind the dazzling display of classical erudition and rhetorical manipulation may lie a deeper concern, with political and social ramifications, for a common heritage subject to external and internal pressure. Emblematic of this 208) Altman (as n. 6) 186 and passim.
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may be the reference in Ep. 21 to Paulinus’ ‘burial’ of his consular honours, the trabea, ‘robe of state’, and Latia curulis, ‘curule chair’, in Spain,209 echoed in Ep. 24 by a reminder of their shared ‘sacred purple and gold’.210 If Spain in these epistles represents the antiRome, Aquitaine, through the transferred theme of ‘praises of Italy’, can be said to emerge as Rome’s natural inheritor. In conclusion, then, these verse-epistles emerge as complex and highly ‘artificial’ constructs, in the most literal sense of the word. Their dual affiliation, to prose epistolarity on the one hand and to erotic verse on the other, manifests itself through an elaborate notion of ‘play’, which systematically exploits semantic ambiguity and inter-textual allusion. Rather than creating a single consistent narrative they can be seen to offer a multiplicity of contradictory fictions. Through this fictionalisation, with its ramifications which extend into the realms of space (Gaul versus Spain) and time (the renewal of the Golden Age) and which embrace physical and spiritual, private and public, the epistolary relationship itself is put through a range of distorting prisms which encompasses both friendship and erotics, gender and genre. In terms of re-establishing the relationship with Paulinus, they seem to represent a failure. Indeed, they may only have served to harden his attitude. As a literary achievement, however, they mark a high point in late antique writing. Reading
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209) hic t r a b e a m , Pauline, t u a m L a t i a m q u e c u r u l e m / constituis patriosque istic sepelibis honores? (Ep. 21.60–61). 210) . . . viros quos s a c r a Quirini / p u r p u r a et a u r a t u s trabeae velavit a m i c t u s (Ep. 24.56–57).
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A LOST EXAMPLE OF CODE SWITCHING: VNVM SOMNVM (Plautus, Amphitruo 697) Accompanied by his slave Sosia, King Amphitruo returns from the war to find his wife Alcumena pregnant. When he greets her by remarking that he has not seen her in many months, she grows bewildered, suspicious that her fidelity has come into question, and accordingly affords her husband a chilly reception. Confusion ensues, and at length Amphitruo, trying to ascertain the source of the mix-up, turns aside to his slave Sosia, commenting (haec refers to Alcumena): AMPH. haec quidem deliramenta loquitur. SOS. paulisper mane, dum edormiscat unum somnum. AMPH. Quaene vigilans somniat?
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697 unum P, edd. (deest A) : illum Gertz : dudum in apparatu nescioquis apud Havet
So the text of all modern editors; but what exactly is unum somnum “one sleep” supposed to mean? There is anything but agreement on the point: Weise (ed. 1837): “unum redundat interdum,” comparing Aul. 70 decies die uno saepe extrudit aedibus; Ussing (ed. 1875): “unum somnum, eum quo nunc capta est;” Palmer (ed. 1890): “unum is used to justify paulisper,” translating, “till she sleeps just one sleep;” Lodge, Lexicon Plautinum s. v. unus III.B.a,g (p. 895, ll. 24–5) lists this example under the heading “adiectivum numerale, proprie (nonnumquam idem vel aliquid simile significare videtur);” Christenson (ed. 2000): “with the indefinite sense of quidam (cf. OLD II),” translating, “until she sleeps off a certain sleep.” None of these explanations is satisfactory. Of the two earlier conjectures, dudum (which appears in lines 683, 691, 692, 693) may be disposed of without debate; Gertz’s illum is better than the vulgate, but assumes an unlikely corruption. A number of considerations indicate that a word meaning ‘wine’ has been displaced by unum, and vinum is therefore the natural choice. First is the verb edormiscere, which is the vox propria in Latin for ‘sleeping off’ specifically the effects of excessive drinking. Plautus, Rud. 586 abeo . . . ut edormiscam hanc crapulam; Terence, Adel. 786 aliquo abeam atque edormiscam hoc villi; Cicero, Phil. 2,12 edormi, inquam, crapulam; id. Ac. 2,17,52 cumque (sc. vinolenti) edormiverunt; Horace, Serm. 2,3,61 Fufius ebrius olim cum Ilionam edormit; Gellius 7,10,5 donec discipuli vinum edormiant. Second, vinum and somnum are frequent partners in Latin literature; e. g. Ennius’ nunc hostes vino domiti somnoque sepulti
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(Ann. 8), Virgil, Aen. 2,265 invadunt urbem somno vinoque sepultam. Third is context, since elsewhere in Plautus female confusion is attributed to inebriation, as in Men. 351–431, where the courtesan Erotium, like Alcumena, has been duped by a lookalike lover. There Menaechmus alleges (373) certo haec mulier aut insana aut ebria est, where insana corresponds to deliramenta in 696, and ebria to vinum in 697. Finally, there is the probability of scribal error, since the difference between VINVM and VNVM is only one minim. Confusion was perhaps compounded by unfamiliarity with the two-word asyndeton (vinum somnum) demanded here and which Plautus so often favors.1 Nevertheless, since the verb edormire is regularly found with words meaning ‘wine’ or ‘debauchery,’ as is shown in the examples above, the corruption from uinum to unum seems less likely than corruption from unum to vinum. I think it is therefore at least worth examining the possibility that the true reading may be different. By a sociolinguistic phenomenon now known as “code switching,” a Plautine character will occasionally slip a Greek word or phrase into his Latin expression. By definition, the foreign word appears unpredictably. Pseudolus, for example, is especially fond of code switching: cf. Pseud. 443, 483, 484, 488, 710.2 The motivation remains unclear; sometimes the desire for a pun is evident, but at other times it seems to occur merely at whim. Whatever the reason, it may be noticed that code switching into Greek occurs not only with words that have no precise equivalent in Latin, but even with ordinary words or expressions. Thus in Cas. 728, Olimpio says not negotia mihi exhibes (cf. Amph. 895, Men. 1072, Merc. 273) but, unexpectedly, prãgmatã moi par°xeiw. Senex replies (729) dabo tibi m°ga kakÒn, where the Greek expression replaces the ubiquitous magnum malum. As Questa makes quite clear in the apparatus to his new edition (Titus Maccius Plautus, Casina, Urbino 2001), the Ambrosianus writes these Greek words in Greek; the Palatine tradition in the Roman alphabet. Consequently, I am inclined to think that the word lurking behind unum (where the Ambrosianus is unavailable, and we must rely on the Palatine tradition) is o‰non, and I translate, “Wait a little while until she can sleep off ze vino (and) the grogginess.”3 Sosia thus code switches in making an accusation against his mistress’ behavior, perhaps in an effort to lessen the audacity of such a reproach. The word oenopolium in Asin. 200 quom . . . petimus vinum ex oenopolio indicates that the Greek word for wine was apparently familiar in the streets of Rome in Plautus’ time. Hence it seems likely that at some early point in the transmission, our line appeared as dum edormiscat oenum (or oinum) somnum, and a scribe faced with 1) E. g. Aul. 399 congrum murenam; Epid. 530 paupertas pavor; Rud. 23 donis hostiis. Further examples are collected in H. Sjögren, de Particulis Copulatiuis apud Plautum et Terentium, Upsala 1900, 1–34. Since Amphitruo’s response quaene vigilans somniat? remarks only on the more absurd of Sosia’s two accusations (namely, the charge that the woman with whom they are speaking is asleep), and not on the charge of inebriation, the loss of vinum was an easy one. 2) For a full discussion, see H. D. Jocelyn, Code Switching in the Comoedia Palliata, in: Gregor Vogt-Spira und Bettina Rommel (Hrsg.), Rezeption und Identität. Die kulturelle Auseinandersetzung Roms mit Griechenland als europäisches Paradeigma, Stuttgart 1999, 169–195. 3) The trochaic rhythm of the verse imposes a strong ictus on the first syllable of unum. Might this be thought to suggest the circumflex accent of o‰non?
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oenum mistook it for the archaic spelling of unum;4 by hypercorrection he then wrongly reduced the diphthong from oe to u as has happened, for example, in Men. 960 coepio (Nonius; cupio P). The corrected lines will then read: AMPH. haec quidem deliramenta loquitur. SOS. paulisper mane, dum edormiscat o‰non somnum. AMPH. Quaene vigilans somniat? Ithaca
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4) We cannot know how Plautus would have spelled the word himself; OINON, OENON, OINVM, and OENVM (the latter two with Latin termination, as often in Plautus) all seem possible, and in majuscule script, the shift from any of these to VNVM is a very short step. I wish to express thanks to the editor for some helpful suggestions.
ZUM VERSTÄNDNIS VON MARTIAL. 6,24 Eine Interpretation Martials schlichte Direktheit stellt uns Philologen schlichtweg vor Aporien, und ist dieses Unverständnis einmal verschriftlicht, sind Mißverständnisse nicht auszuschließen. Bezüglich folgender zweier Verse gilt diesen entgegenzutreten: Nil lascivius est Charisiano: Saturnalibus ambulat togatus.1 Sullivan hat nicht recht, wenn er für diese Zeilen „adultery“ als „target“2 annimmt, noch ist „dieses Gedicht unter die Ehebruch-Epigramme“3 zu rechnen. Allerdings bringt uns dieser Umweg auf die Spur: Denn abgesehen von Hor. serm. 1,2,62 f., Juv. 2,68 ff. u. a. expliziert Martial sich in 2,39 selbst: Coccina famosae donas et ianthina moechae: Vis dare quae meruit munera, mitte togam.
1) Martial. 6,24. 2) J. P. Sullivan, Martial – The unexpected classic, Cambridge 1991, 105. 3) F. Grewing, Martial, Buch VI – Ein Kommentar, Göttingen 1997, 191.
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oenum mistook it for the archaic spelling of unum;4 by hypercorrection he then wrongly reduced the diphthong from oe to u as has happened, for example, in Men. 960 coepio (Nonius; cupio P). The corrected lines will then read: AMPH. haec quidem deliramenta loquitur. SOS. paulisper mane, dum edormiscat o‰non somnum. AMPH. Quaene vigilans somniat? Ithaca
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4) We cannot know how Plautus would have spelled the word himself; OINON, OENON, OINVM, and OENVM (the latter two with Latin termination, as often in Plautus) all seem possible, and in majuscule script, the shift from any of these to VNVM is a very short step. I wish to express thanks to the editor for some helpful suggestions.
ZUM VERSTÄNDNIS VON MARTIAL. 6,24 Eine Interpretation Martials schlichte Direktheit stellt uns Philologen schlichtweg vor Aporien, und ist dieses Unverständnis einmal verschriftlicht, sind Mißverständnisse nicht auszuschließen. Bezüglich folgender zweier Verse gilt diesen entgegenzutreten: Nil lascivius est Charisiano: Saturnalibus ambulat togatus.1 Sullivan hat nicht recht, wenn er für diese Zeilen „adultery“ als „target“2 annimmt, noch ist „dieses Gedicht unter die Ehebruch-Epigramme“3 zu rechnen. Allerdings bringt uns dieser Umweg auf die Spur: Denn abgesehen von Hor. serm. 1,2,62 f., Juv. 2,68 ff. u. a. expliziert Martial sich in 2,39 selbst: Coccina famosae donas et ianthina moechae: Vis dare quae meruit munera, mitte togam.
1) Martial. 6,24. 2) J. P. Sullivan, Martial – The unexpected classic, Cambridge 1991, 105. 3) F. Grewing, Martial, Buch VI – Ein Kommentar, Göttingen 1997, 191.
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Nicht purpurne, auch nicht violette Kleider gebühren einer moecha, einer Ehebrecherin, sondern – sozusagen als ‚Bußgewand‘ – die toga. Damit hat togatus seine Bedeutung erhalten. Allerdings irrt Grewing, wenn er schlußfolgert, „so ist C[h]arisianus, dessen Name ohnehin ein Phantasiegebilde ist, in Wirklichkeit vielleicht eine Frau, die die Ehe gebrochen hat . . . Gerade weil die Frau so lüstern ist und die Ehe gebrochen hat, muß sie die toga tragen und wird deshalb an den Saturnalien für einen verklemmten Mann gehalten, der nicht aus seiner Haut kann.“4 Hinsichtlich der „lüsternen Frau“ sowie des „verklemmten Mannes“ wird der Irrtum ein doppelter. Charisianus – wenn nicht eine Bildung Martials, so doch, laut Quellenlage, erstmalig und alleinig von ihm verschriftet – besteht aus dem griechischen xãriw bzw. xar¤siow und der lateinischen Namensendung -ianus (vgl. Se i a n u s , Vespas i a n u s , Domit i a n u s , Tra i a n u s . . .): Das Suffix -ianus gibt die Zugehörigkeit, teilweise auch den Besitz5 an: jemand, den xãriw auszeichnet, der mit seiner ‚Gunst nicht geizt‘.6 Diesem verdankt auch der Vierzeiler 11,88 seine Pointe: Multis iam, Lupe, posse se diebus Paedicare negat Charisianus. Causam cum modo quaererent sodales, Ventrem dixit habere se solutum. Eine Diarrhoe, wenn nicht gar eine Entzündung des Dünndarms oder Kolons, gibt Ch. seinen Gefährten als Grund an, ihnen das paedicare zu verwehren: Der ‚mit seiner Gunst nicht Geizende‘ versagt seine Gunst. (Derjenige, dem dieses Faktum mitgeteilt wird, wird zudem – sicherlich nicht grundlos – als ‚gieriges Raubtier‘ angeredet.) Nicht unbedingt als cinaedus7, eher etwa als spado ist Charisianus hier zu bezeichnen, wenn es denn so scharf überhaupt zu trennen ist. Das entsprechende deutsche Wort wäre ‚Tunte‘. Resümierend kann von einem als Frau sich gebenden Mann gesprochen werden, was in 10,52 wörtlich sich manifestiert: Thelyn viderat in toga spadonem. Damnatam Numa dixit esse moecham. Daß dieser y∞luw spado, ein sich weibisch gebender ‚Eunuch‘ bzw. ‚Kastrat‘, nicht in Frauenkleidung, sondern in der toga herumläuft – quasi aussehend wie eine Frau, jedoch in Männerkleidung –, weist ihn in der Perspektive Numas, Roms zweiten Königs, als verurteilte Ehebrecherin aus: Tunten waren ihm in seiner Zeit unbekannt. Hier schließt sich der Kreis: Charisianus, ein spado, läuft in der toga – in der Tracht einer verurteilten moecha – umher. Und das ausgerechnet an den Saturnalien, was ihn in Martials Augen zum laszivsten Bürger Roms werden läßt. Indem Charisianus an besagten Tagen im Dezember, an denen die toga unüblich ist, ihr sich 4) Grewing, ebd. 5) Zur Bildung von Caecilianus vgl. Georges I 895 und das OLD, 249 (mit Belegen); H. P. Obermayer, Martial und der Diskurs über die männliche Homosexualität in der Literatur der frühen Kaiserzeit, Tübingen 1998, 177 schreibt in Anm. 152 Irrtümer weiter fort. 6) Vgl. Liddell-Scott, S. 1978: xãriw = favour of persons, und S. 1979: xar¤sia = free gifts (tautologisch?). 7) Grewing (wie Anm. 3) 192.
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jeder entledigt und einer synthesis, einem leichten Obergewand, als Haus-, Nachtoder Tischkleid getragen, den Vorzug gibt, sich so (ver)kleidet, signalisiert er, sich als ‚Ehebrecherin‘ gebend: „Ich gehöre nicht einem allein, jeder darf bei mir“. Oder etwas direkter: Baisez-moi! Deswegen ist auch ‚rein gar nichts geiler als Ch.‘ Allerdings weiß auch der Leser, der Charisianus kennt, daß diesem jene ‚Aufforderung‘ nichts nützt . . . (vgl. 11,88). Somit wird klar, welche Motive Charisianus – wer auch immer damit bezeichnet worden sein mag – hat, sich so darzustellen, weshalb Martial dies als Anlaß zu einer poetischen Bemerkung nimmt und welche Wirkung er damit beim Publikum hervorzurufen gedenkt. (Der Deutungsversuch von A. Heil8, allein das Tragen der synthesis das gesamte Jahr über mache Ch. zum laszivsten Bürger Roms, ahnt die richtige Richtung, versäumt aber den entscheidenden Gedanken.) Zwei jener Zweizeiler nebst dem Vierzeiler bezeugen durch ihr Metrum, den Hendekasyllabus, wie sehr Martial sich bei dieser Thematik seinem Vorbild Catull verpflichtet fühlt. Daß ein Verständnis erst durch eine sogenannte „serielle Lektüre“ erlangt wird, wie sie E. Merli9 nahelegt, mag den knapp zweitausend Jahren geschuldet sein, die uns von dem Dichter trennen. Für Martials (engeren) Leserkreis und seine Zeitgenossen bedurfte es jener nicht: Die Abstände zwischen dem Erscheinen der einzelnen Bücher10 hätten in d i e s e m Fall eine solche „serielle Lektüre“ über Jahre auseinandergezogen. Berlin
Carsten Schmieder
8) A. Heil, Bemerkungen zu Martial: 6,24. 6,61. 6,75. 9,35 und 12,5, Philologus 146 (2002) 309 f. 9) E. Merli, Epigrammzyklen und „serielle Lektüre“ in den Büchern Martials. Überlegungen und Beispiele, in: F. Grewing (Hrsg.), Toto notus in orbe. Perspektiven der Martial-Interpretation, Stuttgart 1998 (Palingenesia LXV), 139–154. 10) Vgl. Grewing (wie Anm. 3) 21, der Friedländer folgt. Vgl. ebenso jüngst G. Galàn Vioque, Martial book VII – A commentary, Leiden/Boston/Köln 2002, 3 ff.
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SU UN PASSO DI FLEGONTE DI TRALLE Uno degli oracoli inseriti da Flegonte di Tralle nel suo Per‹ yaumas¤vn (2,8: FGrHist 257 F 36 = 188 ss. Giannini) predice in termini catastrofici la rovina che si abbatterà su Etoli e Locresi per volontà degli dèi1. I versi 7–9 suonano: ≥mati går toÊtƒ peritellom°nou §niautoË Àristai pçsin yãnatow, cuxa‹ d¢ b¤ontai Lokr«n Afitvl«n tÉ énam‹j boulªsin ÉAyÆnhw. Che al v. 8 si conservi b¤ontai del codex unicus2 o si accolga b°ontai di Emperius3 (rarità morfologiche l’una e l’altra4), il senso non cambia: le anime «vivranno». Più interessante sarebbe casomai riflettere sulla sintassi, ossia cercare di stabilire se cuxa‹ d¢ b¤ontai / b°ontai sia collegato al verso seguente (così p. es. Keller, Jacoby, Giannini, Brodersen5) o se abbia natura di parentesi (così già Franz, e da ultimo Stramaglia6). Mi chiedo tuttavia se, in un caso o nell’altro, il concetto che ne risultereb1) Per un inquadramento dell’episodio vd. il saggio di L. Brisson, Aspects politiques de la bisexualité. L’histoire de Polycrite (Phlégon, De mirab., chap. 2; Proclus, In remp., II, 115.7–15 Kroll), in: Hommages à M. J. Vermaseren, I, Leiden 1978, 80–122, e l’ampio commento di A. Stramaglia, Res inauditae, incredulae. Storie di fantasmi nel mondo greco-latino, Bari 1999, 360–387. Ringrazio sinceramente l’amico Antonio Stramaglia per aver attirato la mia attenzione su questo passo e per una proficua discussione in proposito; di altri utili suggerimenti sono debitore a Gianfranco Agosti, a Claudio De Stefani e alla redazione di RhM. 2) P, il celebre Palatinus Gr. 398 (Heidelberg, Universitätsbibliothek), contenente i mitografi, i paradossografi e vari altri testi. Sul codice esiste una ricca bibliografia: in questa sede, limitatamente agli opuscoli flegontei, basti rimandare ad A. Stramaglia, Sul Per‹ yaumas¤vn di Flegonte di Tralle: problemi di tradizione, lingua ed esegesi, SCO 45, 1995, 191–200. 3) A. Emperius, recensione ai Paradojogrãfoi di Westermann, Zeitschrift für die Alterthumswissenschaft 6, 1839, 1144 = Opuscula philologica et historica, Gottingae 1847, 231. 4) Per b¤ontai cfr. biÒmesya in hAp. 528 (b≈mesya R. Janko, Homer, Hesiod and the Hymns, Cambridge 1982, 123 s.); per b°ontai cfr. b°omai in Il. 15,194 (vd. Janko ad l.; b¤omai in alcuni recentiores), nonché b°˙ in 16,852, 24,131 (b°eÉ Menrad in entrambi i casi) e be¤omai in 22,431 (v. l. b¤omai, forse già in Aristarco). Su tutte queste forme vd. in generale Chantraine, Gramm. Hom. I 452 s. 5) O. Keller, Rerum naturalium scriptores Graeci minores I, Lipsiae 1877, 66; Jacoby, FGrHist 257 F 36, 1173,26; A. Giannini, Paradoxographorum Graecorum reliquiae, Milano 1966, 184–185 («animae autem vivent Locrorum Aetolorumque simul numine Minervae»); K. Brodersen, Phlegon von Tralleis. Das Buch der Wunder, Darmstadt 2002, 32–33 («doch leben sollen die Seelen der Lokrer und der Aitoler vermischt nach dem Willen Athenes»). 6) I. G. F. Franz, Phlegontis Tralliani opuscula, Halae 21822, 32; Stramaglia (vd. n. 2) 226–227 («è decretata morte per tutti – ma le anime vivranno – fra i Locresi ed Etoli, senza distinzione, per volontà di Atena»); Id. (vd. n. 1) 364–365 e 379. La costruzione di pçw col genitivo (pçsin . . . Lokr«n Afitvl«n tÉ) è infrequente, ma per-
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be sia appropriato al contesto. La calamità annunciata dall’oracolo è irreparabile e totale: mali senza tregua (oÈdÉ énapaÊlhsiw kakoË ¶ssetai, oÈdÉ ±baiÒn, v. 10), tenebra che inghiotte ogni cosa (nÁj dÉ §p‹ pãnta k°keuye, v. 12), lutto ininterrotto per le donne (oÈd¢ gunØ p°nyow pot¢ le¤cetai, v. 15), e infine la prospettiva di un futuro inglorioso per gli eventuali discendenti dei due popoli (n≈numnÒn te yeo‹ g°nesin yÆsousin ëpantew / Lokr«n tÉ Afitvl«n yÉ ˜ t¤ pou ka‹ sp°rma l¤poito, vv. 20–21). In mezzo a tutto questo, la notizia che le anime «continueranno a vivere» si direbbe fuori posto7: ci aspetteremmo che la menzione delle cuxa¤ volesse esprimere non un (vagamente consolatorio?) «qualcosa di voi resterà», bensì il concetto che anch’esse risentiranno in qualche modo della catastrofe generale, contribuendo a delineare un quadro il più cupo possibile. Forse énam¤j può metterci sulla buona strada. Cosa accadrà alle anime dopo il massacro? Scenderanno all’Ade, come è ovvio; ma forse l’oracolo vuole precisare che vi scenderanno in massa, t u t t e a s s i e m e , i n d i s t i n t a m e n t e (énam¤j) come indistinti rischiano di essere i corpi dei caduti in battaglia: non come i grandi eroi omerici, le cui spoglie ricevono un funerale solenne e la cui anima rimane eminente anche nell’Erebo8, bensì come una moltitudine anonima ed ingloriosa (concetto che tornerà anche in seguito, a proposito dei loro discendenti: v. 21 n≈numnon, cit. sopra). Tra l’altro, mi chiedo se un precedente omerico non possa aver in qualche misura influito su questo passo. Epicismi e riprese da Omero abbondano in ogni parte dell’oracolo, ma è opportuno notare come proprio i versi seguenti, 11 ss., ≥dh går cakãdew fÒniai katå krçta k°xuntai, nÁj dÉ §p‹ pãnta k°keuye, m°law dÉ §pid°dromen a‡yrh. aÈt¤ka nËn dÉ ¶rebow pçsan katå ga›an ˆrvren, x∞roi dÉ o‰koi pãntew §pÉ oÎdeÛ gu›a klinoËsin, ktl.9, fettamente ammissibile: cfr. Pi. O. 1,100 pant‹ brot«n (ove brot“ di N è chiaramente una banalizzazione), S. OC 597 pçw . . . ÑEllÆnvn, LSJ s.v. pçw III 1 (in Alc. Mess. [?] AP 7,5,6 = HE XXII 149 ÑEllÆnvn pçsin sembra invece da correggere in ÑE. pais‹n con Lascaris). 7) Stramaglia (vd. n. 1) 379 n. 39 osserva giustamente che «prima facie questa precisazione sa di zeppa», ma preferisce conservare il testo tràdito accettando l’esegesi di Brisson (vd. n. 1) 120, secondo cui si tratterebbe di una ripresa «de la distinction qui est établie entre la mort du corps et la survie de l’âme» che il fantasma di Policrito enunciava poco prima (2,6, 141 s. Giannini: §g≈, êndrew pol›tai, t“ m¢n s≈mati t°ynhka, tª d¢ eÈno¤& ka‹ xãriti tª prÚw Ímçw z«). Tuttavia è la funzione nel contesto che fa la differenza: Policrito contrappone la vita dell’anima alla morte fisica per giustificare la sua soprannaturale apparizione, mentre nell’oracolo il concetto del non omnis moriar non sembrerebbe avere alcuna finalità. 8) Tra gli esempi che offre la Nekyia omerica, basti pensare alla contrapposizione tra l’ombra di Eracle, che si staglia in tutta la sua minacciosa individualità, e la torma indistinta delle anime che lo attorniano intimorite (Od. 11,605 s. émf‹ d° min klaggØ nekÊvn ∑n ofivn«n Àw, / pãntosÉ étuzom°nvn). 9) Per i vari problemi testuali di questo passo (m°law . . . a‡yrh al v. 12, ove Nauck ap. Keller congetturava éxlÊw come in Od. 20,357 cit. infra; nËn di Eberhard per nÊj di P al v. 13; o‰koi e non o‡koi al v. 14) basti rimandare alla convincente analisi di Stramaglia (vd. n. 2) 220–222.
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risentano manifestamente del passo di Od. 20,351–357 in cui Teoclimeno predice la morte dei Proci: î deilo¤, t¤ kakÚn tÒde pãsxete; n u k t ‹ m¢n Ím°vn efilÊatai k e f a l a ¤ te prÒsvpã te n°rye te goËna, ofimvgØ d¢ d°dhe, dedãkruntai d¢ pareia¤, a · m a t i d É § r r ã d a t a i to›xoi kala¤ te mesÒdmai: efid≈lvn d¢ pl°on prÒyuron, ple¤h d¢ ka‹ aÈlÆ, flem°nvn Ö E r e b Ò s d e ÍpÚ z Ò f o n : ±°liow d¢ oÈranoË §japÒlvle, k a k Ø d É § p i d ° d r o m e n é x l Ê w 10.
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La narrazione omerica della strage dei pretendenti, archetipo di tanti altri massacri ingloriosi quanto inevitabili11, sembra aver avuto un influsso particolarmente forte sulla memoria letteraria dell’autore del nostro oracolo. È possibile che anche i vv. 8–9 risentano dello stesso modello? Il locus classicus per la discesa all’Ade di uno sciame confuso di anime morte tragicamente e senza gloria è giustappunto la celebre catabasi delle cuxa¤ dei Proci stessi in Od. 24,1 ss.: ÑErm∞w d¢ cuxåw KullÆniow §jekale›to éndr«n mnhstÆrvn . . . ta‹ d¢ tr¤zousai ßponto. …w dÉ ˜te nukter¤dew mux“ êntrou yespes¤oio tr¤zousai pot°ontai, §pe¤ k° tiw épop°s˙sin ırmayoË §k p°trhw, é n ã t É é l l Æ l ˙ s i n ¶ x o n t a i 12, Õw afl tetrigu›ai ë m É ≥ Û s a n .
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Non mi sentirei di escludere che proprio 24,8–9 sia l’ipotesto del nostro énam¤j. Questo, ad ogni modo, rimane ipotetico: le due situazioni non sono del tutto sovrapponibili (quella dei Proci è solo una turba di defunti tutti più o meno della stessa origine, non la mistione di due etnie distinte). Ciò che hanno in comune, se la mia interpretazione dell’oracolo flegonteo coglie nel segno, è il tema della morte indegna e spersonalizzante, l’esatto opposto del kl°ow êfyitow cui tradizionalmente ambiva chi era destinato a cadere in battaglia. In definitiva, ritengo probabile che i vv. 8–9 dell’oracolo volessero esprimere il concetto non della sopravvivenza, bensì dell’anonimato e della perdita di identità (non troppo diversamente da quello che era stato il destino dei Proci; comunque l’eventuale parallelo omerico non è indispensabile a tale lettura), e che b¤ontai sia 10) Questo ovviamente non esclude la presenza di altri modelli formali e/o concettuali per alcune delle singole immagini dell’oracolo flegonteo: p. es. cakãdew fÒniai al v. 11 dipende primariamente da A. Ag. 1390 cakãdi foin¤aw drÒsou e 1533 s., come ha mostrato Stramaglia (vd. n. 2) 219–220. Ma un’ascendenza omerica sembra indubitabile per l’impianto complessivo della profezia e per la compresenza di svariati concetti analoghi (le stille di sangue, l’omen che si riversa sul capo, il calare delle tenebre, la caligine che §pid°dromen: presi uno per uno sono elementi topici, ma tutti assieme mostrano che l’analogia non è casuale). 11) Cfr. ad esempio l’immagine dei Persiani miseramente uccisi come tonni in A. Pers. 424–426, con ogni probabilità memore (vd. Belloni ad l.) di Il. 20,383 ss. toÁw d¢ ‡den mãla pãntaw §n a·mati ka‹ kon¤˙si / pepte«taw polloÊw, Àw tÉ fixyÊaw, oÏw yÉ èli∞ew ktl. 12) ëma dÉ éllÆl˙sin ßpontai M.
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corrotto. La genesi della corruttela sarebbe peraltro facilmente spiegabile, sia come un cosiddetto errore polare (per spontanea contrapposizione morte/vita, yãnatow/ b¤ow), sia come una fors’anche involontaria ‚interpolatio Christiana‘ (la nozione della sopravvivenza delle anime dopo la morte, fuori luogo nel contesto dell’oracolo, poteva benissimo essere introdotta anche inconsciamente da un devoto copista del Medioevo bizantino). Meno facile è trovare un’emendazione adeguata. Il tipo di errore postulato sopra, ossia un fenomeno derivante almeno in parte da distrazione, sconsiglia di proporre soluzioni troppo distanti dal testo tràdito: b¤ontai si sarà prodotto più facilmente da un altro verbo in -ntai che da qualcosa di totalmente diverso. Con la dovuta prudenza, considererei la possibilità di leggere cuxa‹ d¢ p l a n « n t a i 13 Lokr«n Afitvl«n tÉ énam‹j boulªsin ÉAyÆnhw, «e le anime di Locresi ed Etoli vagano indistinte, per volontà di Atena»; il presente profetico non farà difficoltà in questo testo che, in virtù della sua natura oracolare, alterna con disinvoltura tempi presenti (v. 16), futuri (10, 14–15, 20) e passati (17, 1914). L’immagine dell’errare dell’anima al distacco dal corpo ha vari paralleli, e in particolare per planãomai cfr. Plu. quaest. conv. 9,745e ta›w §nteËyen épioÊsaiw §ke› cuxa›w, …w ¶oike, ka‹ planvm°naiw metå tØn teleutÆn; fr. 200 (126,29–31 Sandbach) Afia¤h d¢ n∞sow ≤ dexom°nh tÚn époynπskonta mo›ra ka‹ x≈ra toË peri°xontow, efiw ∂ n §mpesoËsai pr«ton afl cuxa‹ plan«ntai ka‹ jenopayoËsi ka‹ ÙlofÊrontai; Max. Tyr. 10,2 (Aristeas 19 Bolton = test. 12 Bernabé) Prokonhs¤ƒ éndr‹ tÚ m¢n s«ma ¶keito ¶mpnoun m°n, éllÉ émudr«w ka‹ §ggÊtata yanãtou: ≤ d¢ cuxØ §kdËsa toË s≈matow, §plançto §n t“ afiy°ri, ˆrniyow d¤khn, pãnta Ïpopta yevm°nh; Const. or. s. c. 9,7 tåw t«n ponhr«n cuxåw ÉAx°rontÒw te ka‹ Purifleg°yontow =eÊmasi nauag¤vn trÒpon ferom°naw plançsyai; Chrys. hom. 28,3 in Mt. (PG 57, 353) oÈd¢ går ¶ni cuxØn éporrage›san toË s≈matow §ntaËya plançsyai loipÒn . . . ka‹ oÈx oÂÒn te cuxØn §jelyoËsan toË s≈matow §ntaËya plançsyai; Phlp. in de An., prooem., 19,20–21 Hayduck (CAG 15) éllã fasi tåw ékayãrtouw cuxåw metå tØn ¶jodon toÊtou toË s≈matow plançsyai §p¤ tina xrÒnon metå toË pneÊmatow15; qui 13) Per altri casi in questo oracolo in cui muta+liquida non fanno posizione in sandhi cfr. v. 11 katå krçta, v. 14 gu›a klinoËsin. 14) Su quest’ultimo in particolare vd. Stramaglia (vd. n. 2) 223–224. Come nota lo stesso studioso, ibid. 222, nei vaticini «la coordinazione tra futuri e praesentia pro futuris rappresenta un fatto normale, così in greco come in latino» (esempi e bibliografia in Schwyzer/Debrunner, 273; Blass/Debrunner, § 323; Fraenkel ad A. Ag. 126; per la poesia di età imperiale soprattutto De Stefani a Nonn. Par. Jo. 1,208). 15) E ancora Eust. Il. 1288,29 ss. cuxåw prosfãtvw époluye¤saw s≈matow ta›w loipa›w §pim¤sgesyai Íp¢r potamo›o – l°gei d¢ tÚn ÉVkeanÒn – éllÉ aÏtvw plançsyai per‹ tÚn ÜAidhn. Viceversa, in Plu. exil. 607c (~ Emp. 31 B 115 D.–K.), feÊgei [sc. ≤ cuxÆ] ka‹ plançtai ye¤oiw §launom°nh dÒgmasi ka‹ nÒmoiw, l’anima erra quando, esule dal cielo, scende nel mondo materiale. Si noti che quest’uso di ≤ cuxØ plançtai in riferimento alla morte sembra caratteristico proprio dell’età imperiale; precedentemente era usato invece a designare lo smarrimento, come in S. OT 727 cux∞w plãnhma kénak¤nhsiw fren«n, Pl. Alc. 1, 117b §peidãn t¤w ti mØ efidª, énagka›on per‹ toÊtou plançsyai tØn cuxÆn, D. S. 2,29,6 dixonoe›n poioËsi toÁw manyãnontaw ka‹ tåw cuxåw aÈt«n plançsyai, etc. (cfr. anche LXX Prov. 13,9a cuxa‹ dÒliai plan«ntai §n èmart¤aiw).
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essa creerebbe peraltro un non casuale parallelo con l’errare ancora in vita prospettato agli esuli etoli nei vv. 26–27 (prolipÒntaw •Ún x«ron metÒpisyen / ste¤xein efiw êllon x«ron, ktl.). Quest’ultima, ovviamente, è solo un’ipotesi: altri potranno proporre emendazioni più soddisfacenti16. Quello che tuttavia mi sembra ragionevolmente sicuro è che b¤ontai sia corrotto, e che dietro di esso si nasconda un concetto diverso e funzionale al quadro apocalittico che questo oracolo, anche sulla scorta degli influenti modelli omerici, insiste a delineare in ogni sua parte. Firenze
Enrico Magnelli
16) In un primo tempo avevo pensato anche a p°tontai (Il. 16,856 = 22,362 cuxØ dÉ §k =ey°vn ptam°nh ÖAÛdÒsde bebÆkei, al., vd. anche la similitudine con i pipistrelli nel citato Od. 24,6 ss.; in Flegonte, cfr. Per‹ makrob¤vn 5,2 [FGrHist 257 F 37], v. 11 cuxØ m¢n §w ±°ra pvthye›sa con la palmare emendazione di A. Nauck, Philologus 5, 1850, 706), che tuttavia nel nostro passo risulterebbe meno adatto in quanto un po’ troppo vago: il verbo può ben essere usato assolutamente (cfr. e. g. Il. 15,684, pure in clausola), ma in questo contesto più che un semplice «volano» ci aspetteremmo «volano via» (però d° tÉ ép°ptan sarebbe troppo lontano dalla lezione tràdita) o «volano all’Ade».
CHARITONS KALLIRHOE UND SYBARIS* Im Zuge der für jeden antiken Roman obligatorischen Abenteuer muß Charitons Protagonistin Kallirhoe, die stolze Tochter des syrakusischen Strategen Hermokrates, ihrem Status Unangemessenes erleiden. Von dem Räuber Theron und seiner Bande nach Milet entführt, wird sie dort als Magd verkauft, die angeblich die reichste Frau von Sybaris, eifersüchtig auf ihre außergewöhnliche Schönheit, weggab (1,12,8). Diese Behauptungen Therons werden vom Käufer Leonas an seinen Herrn Dionysios, für den die schöne Sklavin bestimmt ist, weitergegeben (2,1,9) und erweisen sich für letzteren erst bei einem Gespräch mit Kallirhoe als völlig erlogen (2,5,5–6). Daß die von Theron erdichtete Vorgeschichte der Heldin diese konkrete Gestalt annimmt, hat man zu Recht für keinen Zufall gehalten. Es ist so richtig bemerkt worden, daß die vermeintliche Provenienz Kallirhoes aus dem reichsten Haus der sprichwörtlich reichen Stadt Sybaris ihren Kaufpreis erhöhen soll.1 Die *) Für ihre Hinweise danke ich Prof. W. A. Schröder, Dr. K. Lennartz sowie Dr. R. Simons herzlich. 1) Vgl. K. Plepelits, Chariton von Aphrodisias: Kallirhoe, Stuttgart 1976, 167–8 Anm. 49. Zu dem in der Antike legendären Wohlstand von Sybaris vgl. O. H. Bullitt, Die Suche nach Sybaris, dt. Übers. v. W. Kobus, Stuttgart 1971, 65–74.
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essa creerebbe peraltro un non casuale parallelo con l’errare ancora in vita prospettato agli esuli etoli nei vv. 26–27 (prolipÒntaw •Ún x«ron metÒpisyen / ste¤xein efiw êllon x«ron, ktl.). Quest’ultima, ovviamente, è solo un’ipotesi: altri potranno proporre emendazioni più soddisfacenti16. Quello che tuttavia mi sembra ragionevolmente sicuro è che b¤ontai sia corrotto, e che dietro di esso si nasconda un concetto diverso e funzionale al quadro apocalittico che questo oracolo, anche sulla scorta degli influenti modelli omerici, insiste a delineare in ogni sua parte. Firenze
Enrico Magnelli
16) In un primo tempo avevo pensato anche a p°tontai (Il. 16,856 = 22,362 cuxØ dÉ §k =ey°vn ptam°nh ÖAÛdÒsde bebÆkei, al., vd. anche la similitudine con i pipistrelli nel citato Od. 24,6 ss.; in Flegonte, cfr. Per‹ makrob¤vn 5,2 [FGrHist 257 F 37], v. 11 cuxØ m¢n §w ±°ra pvthye›sa con la palmare emendazione di A. Nauck, Philologus 5, 1850, 706), che tuttavia nel nostro passo risulterebbe meno adatto in quanto un po’ troppo vago: il verbo può ben essere usato assolutamente (cfr. e. g. Il. 15,684, pure in clausola), ma in questo contesto più che un semplice «volano» ci aspetteremmo «volano via» (però d° tÉ ép°ptan sarebbe troppo lontano dalla lezione tràdita) o «volano all’Ade».
CHARITONS KALLIRHOE UND SYBARIS* Im Zuge der für jeden antiken Roman obligatorischen Abenteuer muß Charitons Protagonistin Kallirhoe, die stolze Tochter des syrakusischen Strategen Hermokrates, ihrem Status Unangemessenes erleiden. Von dem Räuber Theron und seiner Bande nach Milet entführt, wird sie dort als Magd verkauft, die angeblich die reichste Frau von Sybaris, eifersüchtig auf ihre außergewöhnliche Schönheit, weggab (1,12,8). Diese Behauptungen Therons werden vom Käufer Leonas an seinen Herrn Dionysios, für den die schöne Sklavin bestimmt ist, weitergegeben (2,1,9) und erweisen sich für letzteren erst bei einem Gespräch mit Kallirhoe als völlig erlogen (2,5,5–6). Daß die von Theron erdichtete Vorgeschichte der Heldin diese konkrete Gestalt annimmt, hat man zu Recht für keinen Zufall gehalten. Es ist so richtig bemerkt worden, daß die vermeintliche Provenienz Kallirhoes aus dem reichsten Haus der sprichwörtlich reichen Stadt Sybaris ihren Kaufpreis erhöhen soll.1 Die *) Für ihre Hinweise danke ich Prof. W. A. Schröder, Dr. K. Lennartz sowie Dr. R. Simons herzlich. 1) Vgl. K. Plepelits, Chariton von Aphrodisias: Kallirhoe, Stuttgart 1976, 167–8 Anm. 49. Zu dem in der Antike legendären Wohlstand von Sybaris vgl. O. H. Bullitt, Die Suche nach Sybaris, dt. Übers. v. W. Kobus, Stuttgart 1971, 65–74.
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unlängst aufgestellte These hingegen, Chariton assoziiere die körperliche Zartheit seiner Heldin mit der in Sybaris endemischen Verweichlichung,2 ist schon deshalb problematisch, weil es sich dabei genaugenommen um eine angebliche Eigenschaft der Männer und nicht der Frauen dieser Stadt handelt.3 Der Hinweis auf Kallirhoes zartes Fleisch (truferå d¢ sãrj, Àste dedoik°nai mØ ka‹ ≤ t«n daktÊlvn §pafØ m°ga traËma poiÆs˙ 2,2,2), der in einer Szene ohne jegliche Erwähnung von Sybaris vorkommt, scheint vielmehr auf einen kunstkritischen Topos zurückzugehen (vgl. Herod. 4,59–62) und so den typischen Vergleich einer Romanheldin mit einer Statue zu evozieren.4 Unberücksichtigt in diesem Zusammenhang sind bislang jedoch die erotischen Begleitvorstellungen des Namens Sybaris geblieben. Die längst zur Legende gewordene sybaritische Üppigkeit gab in der augusteischen Zeit den Anstoß zu einem Sybaritika betitelten erotischen Werk, das sich in seiner Obszönität mit den berüchtigten Milesiaka des Aristeides vergleichen ließ (vgl. Ov. Tr. 2,413–8).5 Sybaris und Milet waren ja nicht nur durch freundschaftliche Handelsbeziehungen miteinander verbunden, sondern auch durch denselben vergnügungssüchtig-luxuriösen Lebensstil gekennzeichnet (vgl. Juv. 6,294–7), der in der frivolen Erotik der soeben erwähnten Milesischen Geschichten seinen wirkungsreichsten Ausdruck Daß Therons Erwartungen eines Verkaufserfolges (vgl. 1,11,4.7; 1,12,1) durch den enormen Erlös von einem Silbertalent bestätigt werden (1,14,5; dazu Plepelits 169 Anm. 53), der sogar noch von Dionysios als unangemessen niedrig für eine Frau wie Kallirhoe empfunden wird (2,4,7), unterstreicht die exzeptionelle Schönheit der zur Ware gewordenen Heldin. 2) So W. Hansen, Idealization as a Process in Ancient Greek Story-Formation, SO 72 (1997) 118–23, bes. 118–9. 3) Zu diesem antiken Sybarisbild, das wesentlich geschlechtsspezifischer als die verwandte Vorstellung sybaritischer Genußsucht ist, vgl. M. Goebel, Ethnika, Diss. Vratislava 1915, 127–9; S. Trenkner, The Greek Novella in the Classical Period, Cambridge 1958, 8–9, 175–6. Bezeichnenderweise beziehen sich beide von Hansen (wie Anm. 2) angeführten Belege (Ael. VH 9,24; Sen. Dial. 4,25,2) auf einen namentlich genannten Mann. 4) Vgl. dazu die treffenden Bemerkungen von R. L. Hunter, History and Historicity in the Romance of Chariton, ANRW II. 34. 2, Berlin / New York 1994, 1055–1086, hier 1074–6. Daß die Romanheldinnen mit Statuen verglichen werden, hat bereits E. Rohde (Der griechische Roman und seine Vorläufer, Leipzig 31914, 165–6) hervorgehoben. Zu diesem Vergleich in der antiken Literatur allgemein vgl. K. Jax, TÒpoi, WS 54 (1936) 43–51, hier 47–8. 5) Zur Ovid-Stelle vgl. Q. Cataudella, La novella greca, Napoli 1957, 130–1; L. Pepe, Milesie e Sibaritiche al tempo di Ovidio, GIF 11 (1958) 317–26 = ders., Sermo Milesius, Napoli 1987, 60–76. Wie das hier erwähnte Werk aussah und ob damit die anderwärts bezeugte sybaritische Erotographie gleichgesetzt werden muß (vgl. Mart. 12,95,2; Luc. Ind. 23; Pseudol. 3), ist nicht auszumachen. Die Liebesgeschichte andererseits, die in Plu. Mor. 310F (= FGrHist 3A 292.2) den Sybaritika eines sonst unbekannten Kleitonymos zugeschrieben wird, hält Jacoby mit Recht für unecht. Allgemein zum antiken Mythos Sybaris und seinen Hintergründen vgl. C. Cessi, Leggende Sibaritiche, SIFC 9 (1901) 1–29; D. del Corno, L’immagine di Sibari nella tradizione classica, in: Sibari e la sibaritide. Atti del trentaduesimo convegno di studi sulla Magna Grecia, Taranto 1992, 1. 9–19.
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fand.6 Angesichts dieser Tatsache ist es nicht ohne Bedeutung, daß Kallirhoes Bezeichnung als Sybaritin im Kontext eines Abenteuers der Heldin vorkommt, das oft als Anspielung auf das von Aristeides thematisierte milesische Ethos empfunden worden ist.7 Die Entscheidung der bereits verheirateten Protagonistin nämlich, gerade in Milet eine zweite Ehe mit dem nichts ahnenden Dionysios einzugehen, ist – bei allen äußeren Zwängen – nicht nur ein singulärer Verstoß gegen die typische svfrosÊnh einer Romanheldin (vgl. 2,8,4; 2,9,1; 2,10,7; 2,11,5), sondern wohl auch ein Verweis auf die in den Milesiaka immer wieder betonte weibliche Untreue.8 Das 6) Zur engen Verbindung zwischen Sybaris und Milet vgl. Trenkner (wie Anm. 3) 177 mit Anm. 1; L. Benz, Die Fabula Milesia und die griechisch-römische Literatur, in: dies. (Hrsg.), ScriptOralia Romana. Die römische Literatur zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit, Tübingen 2001, 43–137, hier 47–50, die einen vorzüglichen Überblick über die bisherige Forschung zur Milesischen Novelle bietet. Unter den früheren Untersuchungen zu dieser Gattung vgl. bes. O. Schissel von Fleschenberg, Die griechische Novelle. Rekonstruktion ihrer literarischen Form, Halle a. S. 1913; C. W. Müller, Die Witwe von Ephesus – Petrons Novelle und die ‚Milesiaka‘ des Aristeides, A&A 26 (1980) 103–121; E. Lefèvre, Studien zur Struktur der ‚Milesischen Novelle‘ bei Petron und Apuleius, Abh. Akad. Mainz, Geistesund Sozialwiss. Klasse 5, Stuttgart 1997; S. J. Harrison, The Milesian Tales and the Roman Novel, GCN 9 (1998) 61–73. 7) Vgl. K. Kerenyi, Die griechisch-orientalische Romanliteratur in religionsgeschichtlicher Beleuchtung, Darmstadt 21962, 233; L. Pepe, La narrativa, in: F. della Corte (Hrsg.), Introduzione allo studio della cultura classica, I, Milano 1972, 396– 472, hier 418; C. Ruiz-Montero, The Rise of the Greek Novel, in: G. Schmeling (Hrsg.), The Novel in the Ancient World, Mnemosyne Suppl. 159, Leiden 1996, 29– 85, hier 64; J. Alvares, Love, Loss, and Learning in Chariton’s Chaireas and Callirhoe, CW 95 (2002) 107–115, hier 114. Die wohl um 100 v. Chr. entstandenen Milesiaka (wie auch die etwas späteren Sybaritika) waren Chariton sicher vertraut, der neuerdings überzeugend ins 1. Jh. n. Chr. datiert wird. Für einen Überblick über die einschlägigen Erkenntnisse siehe B. P. Reardon, Chariton, in: Schmeling 309–335, hier 312–325; E. Bowie, The Chronology of the Earlier Greek Novels since B. E. Perry: Revisions and Precisions, AN 2 (2002) 47–63, hier 47–56; vgl. auch die Überlegungen von J. N. O’Sullivan, Xenophon of Ephesus. His Compositional Technique and the Birth of the Novel, Berlin / New York 1995, 168 Anm. 44. Die Thesen des vorliegenden Beitrags ließen sich aber auch mit der früheren, v. a. von A. D. Papanikolaou (Chariton-Studien, Hypomnemata 57, Göttingen 1973) propagierten Datierung Charitons ins 1. Jh. v. Chr. gut vereinbaren. 8) Bezeichnend dafür ist der wiederholte Vergleich Kallirhoes mit der schönsten Frau, aber auch berühmtesten Ehebrecherin Helena (2,6,1; 5,2,8; 5,5,9; 8,1,3). Ausführlich dazu M. Laplace, Les légendes troyennes dans le ‹roman› de Chariton, Chairéas et Callirhoé, REG 93 (1980) 83–125, hier 84–100; N. Martini, Il personaggio di Calliroe come ‹nuova Elena› e la meditazione comica di un passo euripideo, SIFC 11 (1993) 205–15; vgl. auch Anm. 14. Zum völlig untypischen Charakter dieses Romanabenteuers, der sich bereits in der erotisch konnotierten Badesze-ne andeutet (2,2,2–4) und sich abschließend erneut durch den klugen Umgang Kallirhoes mit ihren beiden Gatten bestätigt (8,1,15; 8,4,4–6; 8,5,13–15), vgl. B. Egger, Looking at Chariton’s Callirhoe, in: J. R. Morgan / R. Stoneman (Hrsgg.), Greek Fiction. The Greek Novel in Context, London / New York 1994, 31–48, bes. 37–8, 41–2; S. Goldhill, Foucault’s Virginity. Ancient Erotic Fiction and the History of Sexuality, Cambridge 1995, 127–32.
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vergleichbare Assoziationen erweckende Wort SÊbariw könnte auf diese soeben beginnende „milesische Geschichte“ einstimmen, derentwegen sich Kallirhoe später schämt (vgl. §pe‹ d¢ ∏ken efiw M¤lhton t“ lÒgƒ, KallirrÒh m¢n §si≈phsen afidoum°nh 8,1,15). Eine solche Wirkung hätte die Lügengeschichte Therons auch deswegen nicht verfehlt, weil das hier anklingende Eifersuchtsmotiv dem antiken Leser aus Episoden nicht idealistischer Liebe ohne Zweifel vertraut war. Man denke etwa – um einige Beispiele aus späteren Romanen herauszugreifen – an die wohl erotisch motivierte Eifersucht Demainetes auf die Sklavin Thisbe bei Heliodor (1,11,5) oder an jene Mantos und Rhenaias auf die in ihrer Macht befindliche Antheia bei Xenophon von Ephesos (2,11,1–3; 5,5,1–4). Vor allem aber die leitmotivisch wiederkehrenden Erwähnungen der Eifersucht, die der Mann Kallirhoes Chaireas – nicht ganz ohne Grund – empfindet (vgl. bes. 1,2,5–6; 1,5,4; 5,1,1; 8,1,3.15; 8,7,6), lassen für die von Theron erwähnte sybaritische Eifersuchtsszene einen erotisch-sexuellen Hintergrund vermuten.9 Trifft diese Interpretation zu, so deutet Theron eine pikanterotische sybaritische Geschichte an, die mit seiner Vorstellung ionisch-milesischer Schwelgerei in Einklang steht (vgl. 1,11,7) und die Erwartungen seines milesischen Kunden (wie auch des Lesers) entsprechend steuern soll.10 Ebenso wie Milet ruft daher auch Sybaris bei Chariton die alte Tradition ausgelassen-erotischer Volkserzählungen hervor, die in den verschiedensten literarischen Gattungen verarbeitet und in mehreren Sammlungen nach Art der Milesiaka zusammengestellt wurden.11 Doch der Abstand zu diesem Erzählgut tritt bereits am Anfang des Romans durch einen Scheinehebruch Kallirhoes, den ihre zurückgewiesenen Freier inszenieren (1,2,1–1,5,2), programmatisch zutage. Indem es sich dabei nur um eine Intrige handelt, wird die dort vergegenwärtigte reiche Tradition 9) Zu dieser Entsprechung zwischen der Geschichte Therons und der Haupterzählung vgl. K.-H. Gerschmann, Chariton-Interpretationen, Diss. Münster 1974, 23. 10) In ihrer subtilen Funktionalität läßt sich diese Lügengeschichte mit den Trugreden des Homerischen Odysseus vergleichen, welcher als notorischer Lügner durch die Figur Therons auch sonst deutlich evoziert wird (vgl. bes. die Lügenreden in 3,3,17–18; 3,4,8–9). Dazu näher E. Fuchs, Pseudologia. Formen und Funktionen fiktionaler Trugrede in der griechischen Literatur der Antike, Heidelberg 1993, 172–3; vgl. auch P. Grossardt, Die Trugreden in der Odyssee und ihre Rezeption in der antiken Literatur, Bern 1998, 396 Anm. 644. 11) Zu solchen Sammlungen in Griechenland und Rom vgl. Benz (wie Anm. 6) 44–45, 50–55. Es muß offen bleiben, wie oft es sich bei den verschiedenen Erotika, die für uns kaum mehr als Namen sind, um derartige Sammelwerke handelte (vgl. die einschlägigen Testimonien in: S. A. Stephens / J. J. Winkler [Hrsgg.], Ancient Greek Novels. The Fragments, Princeton 1995, Appendix B, 473–477). Nicht völlig auszuschließen ist z. B. diese Möglichkeit (wie bereits angemerkt von W. Christ / O. Stählin, Geschichte der griechischen Literatur, II 2, München 61924, 818 Anm. 10; vgl. auch Harrison [wie Anm. 6] 63) im Falle der von Suidas (F 351) als „äußerst schmutzig“ bezeichneten Rhodiaka des Philippos von Amphipolis, der ja wegen seiner ékÒlasta énagn≈smata in einem Zug mit Aristeides genannt wird (Paul. Nic. Man. med. 81,17–20 Ieraci Bio; vergleichbar im Tenor Theod. Prisc. Rer. med. 2,11, p. 133. 10–12 Rose). Dazu vgl. Rohde (wie Anm. 4) 372–3; A. M. Ieraci Bio, Per la fortuna degli erotici greci nella letteratura medica tardoantica, Koinonia 8 (1984) 101–105.
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von Ehebruchgeschichten, zu welcher allen voran die Milesiaka gehörten, in einer ostentativ distanzierenden Weise aufgenommen.12 So warnt uns auch der fingierte Charakter der sybaritischen Angehörigkeit Kallirhoes, die von der Heldin ausdrücklich dementiert wird (SÊbarin d¢ oÈk e‰don 2,5,5), davor, in ihrer späteren Bigamie ein bloßes Symptom sybaritisch-milesischer Frauenmoral zu erblicken. Im Spannungsfeld von Ehetreue und Mutterliebe, göttlicher Planung und eigener Verantwortung stehend, weist die Protagonistin dieses Werkes eine charakterliche Komplexität auf, die sie von den konventionellen Romanheldinnen gleichermaßen unterscheidet wie von den eindimensionalen Frauengestalten milesischer Prägung.13 Nicht zuletzt in ihren intertextuellen Assoziationen erweist sich Kallirhoe als facettenreiche Figur, Charitons Helena und Penelope zugleich (vgl. 5,5,9),14 die mit der frivolen Novellistik ebenso wie mit dem idealisierenden Liebesroman im Dialog steht. Die Geste literarischen Selbstbewußtseins, mit welcher diese Figur just nach Charitons Auseinandersetzung mit Sybaris gepriesen wird (pçn §st¤ sou smikrÒteron lamprÚn diÆghma 2,5,10),15 ist sicher nicht unberechtigt. Hamburg
Christos Fakas
12) Zum komplexen literarischen Hintergrund dieser Episode vgl. bes. A. Borgogno, Menandro in Caritone, RFIC 99 (1971) 257–263, hier 257–9, 262; Hunter (wie Anm. 4) 1080–2; K. Kapparis, Has Chariton Read Lysias 1 ‘On the Murder of Eratosthenes’?, Hermes 128 (2000) 380–383; J. R. Porter, Chariton and Lysias 1: Further Considerations, Hermes 131 (2003) 433–440, hier 433–4, 438–40. Die im letzteren Beitrag hervorgehobene Wirkung des mimicum adulterium auf Chariton ist auch deswegen wichtig, weil dieses dramatische Genre als Vermittler ‚milesischen‘ Erzählgutes gilt; vgl. Benz (wie Anm. 6) bes. 60–67. 13) Emblematisch erscheint in dieser Hinsicht ihr Vergleich mit der in sich widersprüchlichen Vorstellung von der ‚Jungfrau Aphrodite‘ (1,1,2), wie Hunter (wie Anm. 4) 1076–7 bemerkt hat. Für die Besonderheiten Kallirhoes vgl. v. a. G. L. Schmeling, Chariton, New York 1974, 102–3; C. W. Müller, Chariton von Aphrodisias und die Theorie des Romans in der Antike, A&A 22 (1976) 115–36, hier 133 mit Anm. 87; S. Wiersma, The Ancient Greek Novel and its Heroines: A Female Paradox, Mnemosyne 43 (1990) 109–123, hier 117–120; J. H. D. Scourfield, Anger and Gender in Chariton’s Chaereas and Callirhoe, in: S. Braund / G. W. Most (Hrsgg.), Ancient Anger. Perspectives from Homer to Galen, YCS 32, Cambridge 2003, 163–184, hier 176–184, wo auch der Gegensatz zum charakterschwachen (und für die zweite Ehe seiner Frau letztlich mitverantwortlichen) Chaireas herausgearbeitet wird. 14) Dazu vgl. M. Fusillo, Il testo nel testo: la citazione nel romanzo greco, MD 25 (1990) 27–48, hier 40–41, 42; ausführlicher neuerdings M. Hirschberger, Epos und Tragödie in Charitons Kallirhoe. Ein Beitrag zur Intertextualität des griechischen Romans, WJA 25 (2001) 157–186, hier 164–9. Speziell zum Penelope-Vergleich vgl. auch Müller (wie Anm. 13) 129–30; zum Helena-Vergleich vgl. auch Anm. 8. 15) Vgl. dazu Hunter (wie Anm. 4) 1066–7, wo auch auf vergleichbare Passagen hingewiesen wird. Die Möglichkeit auktorialer Selbstreflexion gewinnt durch die Tatsache an Wahrscheinlichkeit, daß P. Michael. I (ii) 20–1 sich auf Charitons Roman mit dem Ausdruck t«n per‹ Ka[llirÒhn] d. .ihghm[ã] bezieht; vgl. auch . . tv[n . das Verbum dihgÆsomai im Eingangssatz des Werkes sowie in der Rekapitulation zu Beginn der zweiten Werkhälfte (5,1,2).
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DUE PROBLEMATICHE ALLUSIONI AD ESCHILO E PINDARO IN PROCOPIO DI GAZA E GIOVANNI LIDO I Nella seconda delle sette epistole mutuae di Procopio di Gaza e Megezio retore (due del primo e cinque del secondo), attestata nel cod. Marc. gr. 521 (f. 110,7– 25) della seconda metà del XIII secolo1, ma ancora inedita2, alle ll. 15–19 si legge3: t∞w går sautoË (sc. Megey¤ou) fÊsevw épolaÊvn, sfÒdra g¤n˙ t«n lÒgvn, oÈ dedi∆w mÆ pou t¤w ka‹ Tr«aw §ge¤r˙si yeÚw | êllow. éllÉ ˜ti m¢n lãlon tÚ t«n sofist«n g°now (ka‹ t¤ går ßteron;), éllÉ ˜ti ka‹ nekro‹ fluare›n aÈto›w §xorÆghsan mãthn | ballÒmenoi toÁw §pa¤nouw, oÈdÉ aÈtÚw érnhye¤hn: Àste prÚw s¢ efir∞syai tÚ mØ oÈk §palhyeÊein t“ sk≈mmati. éllÉ ˜ra | mÆ pote prÚw flÊaron lÒgon oÈd¢n diaf°r˙ sofistØn ékoÊein µ =Ætora ka‹ pãy˙w ti t∞w paroim¤aw to›w aÈtoË lÒgoiw ént‹ | pter«n èliskÒmenow. 15 t«n lÒgvn cum codice scripsi coll. Aristid. Or. 3,45 Behr et Phot. Bibl. cod. 248 (424A) : tÚn lÒgon cod.pc | §ge¤rei soi cod. : correxi coll. Hom. Il. 10,511 et Aristid. Or. 3,42 Behr ||18 fluar¤on cod. ut vid. : correxi coll. D. H. Comp. 26,7 an fluar¤aw? | diaf°rei cod. : correxi | aÈtoË cod. : aÍtoË dub. Malosse et Schamp coll. Aristid. Or. 2,55 Behr. Credo che le parole del dotto retore gazeo alludano alle ll. 18–19 senz’altro al fr. 139,4–5 Radt dei Mirmidoni di Eschilo (tãdÉ oÈk ÍpÉ êllvn, éllå to›w aÍt«n ptero›w / èliskÒmesya), a conferma del gusto di Procopio per un lessico misto di for-
1) Per la descrizione del manoscritto, vedi E. Mioni, Bibliothecae Divi Marci Venetiarum codices Graeci manuscripti, Vol. II. Thesaurus antiquus. Codices 300–625, Roma 1985, 390–393. Un utile raffronto per la datazione del codice mi sembra possa essere indicato nel Vat. gr. 64 (a. 1269/1270): cfr. A. Turyn, Codices Graeci Vaticani saeculis XIII et XIV scripti annorumque notis instructi, In Civitate Vaticana 1964, tab. 23–25. 2) Per l’edizione complessiva delle nuove epistole mi permetto di rimandare il lettore ad E. Amato, Sei epistole mutuae inedite di Procopio di Gaza ed il retore Megezio (con tre tavole), BZ 98/2, 2005 (in corso di pubblicazione). Mi limito solo a segnalare che delle 7 lettere contenute nel codice solo la prima (f. 109v,30–110,7) risulta essere edita: vedi infra, n. 11. 3) Le proposte in apparato di Pierre-Louis Malosse (Université de Montpellier) e Jacques Schamo (Université de Fribourg) sono aÈtosxediãsmata, che i due studiosi mi hanno voluto gentilmente comunicare a seguito di una lettura privata dell’epistola di Procopio. Devo, invece, ad Enrico V. Maltese (Università di Torino) la segnalazione di alcuni importanti paralleli.
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me e citazioni poetiche, che risulta evidente da una lettura, anche cursoria, del suo epistolario4. L’allusione eschilea, tuttavia, lungi dal provenire direttamente dall’opera del tragediografo classico5, sembra nel presente contesto derivare piuttosto dall’imitazione che lo scrittore fa del discorso Contro Platone sulla retorica (Or. 2,55 Behr) di Elio Aristide, in cui si legge: t ã d É o È x Í p É ê l l v n , é l l å t o › w a Í t o Ë p t e r o › w , ì yrule›w §n §ke¤noiw to›w lÒgoiw, è l ¤ s k e i 6. A tale conclusione, spinge, oltre la consonanza del motivo pterã / lÒgoi, che troviamo assieme ad Aristide solo in Dionigi di Alicarnasso7, l’osservare che la nuova epistola procopiana è intessuta di significative riprese aristidee. Proviene, ad es., dal sofista smirneo la difficile espressione di l. 15, sfÒdra g¤n˙ t«n lÒgvn – corretta a torto dal copista stesso in sfÒdra g¤n˙ tÚn lÒgon –, che ritroviamo unicamente in Aristid. Or. 3,45 Behr – dove essa è intesa dagli scolî ad locum (III, p. 469,10 Dindorf) nel senso di filoneike›w –, rifluito, a sua volta, in Phot. Bibl. cod. 248,424a (p. 81,10 Henry) con la seguente nota: ÉAnt‹ toË l°sxhw g¤n˙ ka‹ oÈ t∞w t«n pragmãtvn élhye¤aw. Ancora, non sarà un caso fortuito che la citazione omerica (Il. 10,511) delle ll. 15–16 (oÈ dedi∆w mÆ pou t¤w ka‹ Tr«aw §ge¤r˙si yeÚw êllow) ritorni nuovamente in Aristid. Or. 3,42 Behr. Del resto, che il sofista smirneo fosse nel novero delle letture degli esponenti della scuola di Gaza è ampiamente dimostrato non solo dalle citazioni e dagli adattamenti fatti altrove dallo stesso Procopio8, ma anche dal suo allievo Coricio9. 4) Si veda, e. g., l’ep. 125 Garzya/Loenertz (Procopii Gazaei epistolae et declamationes, Ettal 1963), ricca di citazioni da Eschilo (Niobe), Aristofane e Diogene Laerzio. Su tale aspetto dello stile delle epistole di Procopio, vedi G. Matino, Nota all’epistolario di Procopio di Gaza, RAAN 71, 2002, 161–171: 163, 168; ead., Considerazioni linguistiche e testuali sul Panegirico per l’Imperatore Anastasio I di Procopio di Gaza, in: Mnemosynon. Studi di letteratura e di umanità in memoria di Donato Gagliardi, Napoli 2001, 375–386: 380; ead., Immagini teatrali in Procopio di Gaza, in: E. Amato, A. Roduit, M. Steinrück (edd.), Approches de la Troisième Sophistique. Hommages à Jacques Schamp, Bruxelles 2005, in corso di pubblicazione. 5) Procopio parla chiaramente di paroim¤a ed come tale essa doveva probabilmente circolare ai tempi del gazeo, che lo cita nuovamente, benché in una forma simile a Macar. 8,57 (to›w sautoË ptero› ¥lvw), in ep. 62 Garzya/Loenertz: ì går §m°mcv drãsaw, o‡koyen ¶xeiw tÚn ¶legxon ka‹ to›w seautoË (•autoË codd.) ptero›w •ãlvw, tØn paroim¤an pay≈n. Non si dimentichi, infatti, che il verso, citato da Aristofane negli Uccelli (v. 808), ritorna, assieme ad altri, in uno scolio al v. 807a della medesima commedia (p. 126 Holwerda), donde potrebbe essere rifluito nella raccolta paremiografica di Apostolio (15, 88a) ed altri: vedi E. L. a Leutsch, Corpus Paroemiographorum Graecorum, II, Gottingae 1851 (rist. Hildesheim 1965), 222 (nota a Macar. 8,57). 6) Aristide allude nuovamente al frammento eschileo in Or. 3,424 Behr. 7) D. H. Dem. 7,6: TãdÉ oÈx ÍpÉ êllvn, éllå to›w aÍt«n lÒgoiw èliskÒmeya. 8) Sulla presenza di Elio Aristide nei discorsi e nell’epistolario di Procopio, vedi Matino, Immagini teatrali (come nota 4) 4. In generale, per la prassi mimetica degli autori tardi, aperta non solo agli auctores classici, ma anche agli scrittori ellenistici e agli esponenti della Seconda Sofistica, cfr. U. Criscuolo, Aspetti della mimesi in Libanio. I tragici e Platone, in: La mimesi bizantina. Atti della quarta
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Nel nostro caso l’impronta aristidea assume, tuttavia, un colorito particolare, perché rivela i compimenti profondi dell’imitatio procopiana mai fine a se stessa, bensì sapientemente finalizzata al contenuto dei suoi scritti10. Nell’epistola inedita, da cui è tratto il passo pubblicato in apertura, Procopio, rimpiangendo le glorie del passato attico, condivide la critica del giovane interlocutore11 contro i sofisti contemporanei – «. . . ma che ciarliera fosse la generazione dei sofisti (e come altro chiamarli?), ma che persino i cadaveri fornirono loro materia per cianciare con l’addossarsi vani elogi, – scrive il retore – neppure io lo avrei negato» –, ma per metterlo in guardia a non farsi catturare dalle sue stesse parole; soprattutto a non confondere la lezione di un sofista con quella di un retore. A ben vedere, si tratta di tematiche agitate anche da Elio Aristide, che nei suoi discorsi difende la Retorica non solo dagli attacchi della filosofia, ma anche dalle macchie insulse dei sofisti del tempo12. Le improntee aristidee presenti nel testo della nuova epistola del codice marciano fanno assumere, dunque, un colorito ancora più acre alla critica di Procopio, laddove si rifletta sul fatto che esse ricorrono in due discorsi (il Contro Platone sul-
Giornata di studi bizantini. Milano 16–17 maggio 1996, Napoli 1998, 11–39, praes. 15–16. 9) Cfr. Choricii Gazaei Opera, rec. R. Foerster, confecit E. Richtsteig, Stutgardiae 1929 (rist. 1972), 547. 10) Per la mimesi letteraria in età tardo-antica e bizantina, vedi A. Garzya, Topik und Tendenz in der byzantinischen Literatur, Anz. Oesterr. Ak. Wiss. (Phil.hist. Kl.) 113, 301–319 (traduzione it. a cura di R. Maisano, in: Il mandarino e il quotidiano. Saggi sulla letteratura tardoantica e bizantina, Napoli 1983, I 11–34); id., Prolusione, in: La mimesi bizantina (come nota 8) 6–9; H. Hunger, On the Imitation (m¤mhsiw) of Antiquity in Byzantine Literature, DOP 23–24, 1969–70, 17–38 = Byzantinische Grundlagenforschung, London 1973, cp. XV; id., The Classical Tradition, in: Byzantine Literature. The Importance of Rhetoric in Byzantium and the Classical Tradition. University of Birmingham. Thirteenth Spring Symposium of Byzantine Studies 1970, Birmingham 1981, 35–47 = Epidosis. Gesammelte Schriften zur Byzantinischen Geistes- und Kulturgeschichte, München 1989, cp. VI. 11) Il nome Meg°yiow non risulta essere molto attestato. Per il tardo-antico si segnala un solo Megezio, retore ed avvocato ad Antiochia, la cui attività cade, tuttavia, tra il 361 ed il 393, come testimoniano varie lettere di Libanio (ep. 277; 1101; 1203; 1361 Foerster): vedi G. R. Sievers, Das Leben des Libanius, Berlin 1868, 163; O. Seek, Die Briefe des Libanius zeitlich geordnet, Leipzig 1906, 211. Megezio è, però, anche il nome del dedicatario del quinto libro della SunagvgÆ di Pappo e uno degli interlocutori del dialogo De recta in deum fide di Adamanzio. Nulla impedisce, in linea puramente teorica, di intravedere nell’omonimo retore di Antiochia un avo del nostro personaggio, di cui finora si conosceva solo l’ep. 166 Garzya/ Loenertz. 12) Su tale aspetto del pensiero aristideo, vedi A. Boulanger, Aelius Aristide et la Sophistique dans la province d’Asie au IIe siècle de notre ère, Paris 1966 (1923), 210–270; B. P. Reardon, Courants littéraires grecs des IIe et IIIe siècles après J.-C., Paris 1971, 149–154; D. Sohlberg, Aelius Aristides und Diogenes von Babylon. Zur Geschichte des rednerischen Ideals, MH 29, 1972, 177–200 e 256–277.
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la retorica e l’In difesa dei Quattro), dove maggiore è la difesa aristidea dell’antica oratoria e più forte il richiamo all’insegnamento della tradizione attica13.
II A proposito della denominazione della magistratura del prefetto del pretorio e di tutte le altre che da essa dipendono, nel De magistratibus (2,7) di Giovanni Lido si legge: Afit¤aw m¢n oÔn ên tiw toiaÊtaw oÈk ¶jv lÒgou §p‹ t∞w proshgor¤aw t∞w érx∞w épodo¤h, ¥tiw kayãper »keanÒw tiw t«n pragmãtvn t∞w polite¤aw §st¤n, § j ∏ s p e r p ã n t e w p o t a m o ‹ k a ‹ p ç s a y ã l a s s a (Hom. Il. 22,196). spiny∞rew gãr tinew Àsper ÍetoË purÚw afl loipa‹ t∞w polite¤aw érxa‹ §ke¤nhw, t∞w élhy«w érx∞w t«n érx«n, de¤knuntai oÔsai. In realtà, il genitivo ÍetoË è emendamento, affatto condivisibile, introdotto dal Wünsch nel sua edizione teubneriana del 1903, in luogo dell’improbabile lezione éetoË data dal Par. suppl. gr. 257 – codex unicus dell’opera del Lido –, stampata sia dal Fuss, nell’editio princeps apparsa a Parigi nel 1812, che dal Bekker nell’edizione del 1837 predisposta per il Corpus Bonnense, senza per questo dover rinunciare entrambi ad indicare nelle note delle rispettive edizioni le correzioni taÈtoË ed Afitna¤ou. Il perduto codice Atheniensis, copiato a Trebisonda nell’anno 1765 ed appartenuto al giurista G. A. Ralli14, doveva recare, infatti, §k toË, variante meno disprezzabile di quella del Parigino, ma ugualmente insoddisfacente15. Le correzioni dei precedenti editori non sono state ritenute valide dal Bandy, che nella sua recente edizione commentata del trattato bizantino ha proposto éfyãrtou, aggiungendo all’immagine metaforica del fuoco, da cui come «scintille» deriverebbero tutte le 13) Su tale rivalorizzazione, cf. Boulanger (come nota 12) 362; Reardon (come nota 12) 139; C. Moreschini, Elio Aristide tra Retorica e Filosofia, ANRW II, 34/2, 1994, 1247. Per l’atticismo di Procopio, si veda, invece, L. Galante, Studi su l’Atticismo, Firenze 1904, cp. II e A. Garzya, La prosa retorica greca, in: Storia della civiltà greca e latina, III, Torino 1998, 441–442. 14) Cfr. SÊntagma t«n yei«n ka‹ fler«n kanÒnvn t«n te èg¤vn ka‹ paneufem«n épostÒlvn ka‹ t«n fler«n ofikoumenik«n ka‹ topik«n sunÒdvn ka‹ t«n katå m°row ègi«n pat°rvn, §kdoy¢n [. . .] metå t«n érxa¤vn §jeget«n [. . .] ÍpÚ G. A. ÑRãllh ka‹ M. PÒtlh, I, ÉAyÆnhsin 1852, 10. 15) Le lezione del codice di Ralli furono rese note da S. Vassis, che poté collazionare il manoscritto prima che esso andasse distrutto a seguito dell’incendio che interessò la biblioteca del giurista greco, in una serie di contributi apparsi a cominciare dal 1907: vedi S. Vassis, Efiw ÉIvãnnou toË LudoË tÚ per‹ érx«n t∞w ÉRvma¤vn polite¤aw dioryvtikå ka‹ •rmhneutikã, ÉEpethr‹w toË ÉEynikoË Panepisthme¤ou 1907–1908, 110–122; id., KritikÚn §p¤metron efiw tÚ Per‹ érx«n t∞w ÑRvma¤vn polite¤aw sÊntagma ÉIvãnnou Filadelf°vw toË LudoË, Buzant¤w 30, 1909, 31–34; id., Per‹ toË éttikoË µ ÑRalle¤ou k≈dikow toË per‹ érx«n t∞w ÑRvma¤vn polite¤aw suntãgmatow ÉIvãnnou toË LudoË, in: TessarakontaetÆriw t∞w kayhghs¤aw K. S. KÒntou: filologika‹ diatriba‹ ÍpÚ t«n mayht«n ka‹ yaumast«n aÈtouprosferom°nai, §n ÉAyÆnaiw 1909, 35–66.
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altre magistrature dello Stato, un’interpretazione filosofica affatto richiesta dal contesto16. Personalmente, proporrei éenãou, con evidente allusione a Pi. P. 1,5–6 Gentili (ka‹ tÚn afixmatån keraunÚn sbennÊeiw [sc. xrÊsea fÒrmigj] / éenãou purÒw). Come nel testo del Lido la prefettura del pretorio viene indicata, in termini fortemente eulogistici, «la vera magistratura delle magistrature» (≤ élhy«w érxØ t«n érx«n), alla quale tutte le altre a mo’ di faville seguono, così nel proemio pindarico, giustamente definito «forse la più grande celebrazione della musica che sia stata mai scritta»17, la cetra, oggetto dell’invocazione, viene rappresentata come guida assoluta della danza e del canto, ai cui accordi iniziali non solo gli éoido¤ obbediscono (vv. 3–4 Gentili: pe¤yontai dÉ éoido‹ sãmasin / èghsixÒrvn ıpÒtan prooim¤vn / émbolåw teÊx˙w §lelizÒmena), bensì persino l’intero ordine divino, rappresentato dalla ‹folgore di eterno fuoco› di Zeus18. Stante la mia interpretazione, non solo verrebbe definitivamente recuperato il senso del contesto citante, ma soprattutto una citazione pindarica, finora non individuata, che ben corrisponde allo stile ed al lessico dell’erudito bizantino, caratterizzato, talora, dalla ripresa di vocaboli poetici e dalle frequenti allusioni alla poesia antica, spesse volte isolate ovvero non attestate altrove19. Fribourg (Suisse)
Eugenio Amato
16) Cfr. A. C. Bandy, Ioannes Lydus On Powers or The Magistracies of the Roman State, Philadelphia 1983, 97. 17) Così E. Fraenkel, Orazio, ed. it. a cura di S. Lilla con una premessa di S. Mariotti, Roma 1993, 381. 18) Da notare al v. 5 l’uso rafforzativo di ka¤. Per tale interpretazione, ma anche per il senso dell’espressione émbola‹ prooim¤vn di v. 4, vedi il commento di E. Cingano in: Pindaro. Le Pitiche, introduzione, testo critico e traduzione di B. Gentili, commento a cura di P. Angeli Bernardini, E. C., B. G. e P. Giannini, Milano 1995, 329. In generale, sul proemio della prima Pitica, vedi G. F. Gianotti, Per una poetica pindarica, Torino 1975, 123–125. Quanto propriamente al valore di é°naow, cf. W. J. Verdenius, Commentaries on Pindar, I, Leiden 1987, 114. 19) La presente nota nasce dalla revisione della nuova edizione commentata del De magistratibus di Giovanni Lido a cura di J. Schamp e M. Dubuisson à paraître nella Collection des Universités de France. Ringrazio Jacques Schamp per aver discusso tale proposta, da lui stesso condivisa.
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DESURGO BEI HORAZ UND EINHART Im 24. Kapitel seiner Vita Karoli Magni schildert Einhart1 zunächst die Eßund Trinkgewohnheiten des Kaisers, bevor er sich seinem Schlafverhalten zuwendet: Noctibus sic dormiebat, ut somnum quater aut quinquies non solum expergescendo, sed etiam desurgendo interrumperet. Auf den ersten Blick scheint die Sache recht banal zu sein: Der alternde Herrscher hat eben einen leichten Schlaf. Nicht anders war es schon Kaiser Augustus ergangen. Jedenfalls berichtet Sueton, der auch in der Darstellung dieses eher intimen Lebensbereiches Einharts Wahrnehmung bestimmt hat, über den römischen Herrscher: in lectum . . . transgressus non amplius cum plurimum quam septem horas dormiebat, ac ne eas quidem continuas, sed ut in illo temporis spatio ter aut quater expergisceretur. Si interruptum somnum reciperare, ut euenit, non posset, lectoribus aut fabulatoribus arcessitis resumebat producebatque ultra primam saepe lucem2. „Dann begab er sich zu Bett, schlief aber allerhöchstens sieben Stunden. Doch nicht einmal sie ohne Unterbrechung; vielmehr wachte er in dieser Zeit dreibis viermal auf. Wenn er, was vorkam, nach dieser Unterbrechung nicht wieder einschlafen konnte, ließ er Vorleser oder Erzähler kommen, um auf diese Weise den Schlaf wiederzufinden und ihn oft bis in den hellen Morgen fortzusetzen“. Von den Gepflogenheiten des Augustus unterscheidet sich Karl der Große anscheinend dadurch, daß er bei seinen nächtlichen Schlafstörungen auch gleich das Bett verläßt. Das jedenfalls legen die Übersetzungen der Vita Karoli nahe, in denen das von Einhart gewählte Kompositum desurgere mit „aufstehen“, „se lever“, „to get up“, „alzarsi“ usw. wiedergegeben ist3. Einer näheren Beschäftigung erscheint die Stelle also nicht wert. Jedoch verdient das unscheinbare, unbeachtete Kompositum desurgere eine nähere Betrachtung. Zunächst fällt auf, daß es in der Latinität äußerst selten vorkommt. Der Thesaurus Linguae Latinae führt gerade einmal ein gutes Dutzend Belege an, die sich auf nur wenige Autoren verteilen4, und für die mittelalterliche Latinität bezeugt es bislang allein das Mittellateinische Wörterbuch – selbst das nur mit unserer einsamen Einhart-Stelle5! Desurgo fehlt also in allen anderen augenblicklich (2005) verfügbaren mittellateinischen Wörterbüchern. Folglich müssen wir uns fragen, warum Einhart ausgerechnet diese lexikalische Besonderheit gewählt hat, um, wie durchweg behauptet, Karls wiederholtes nächtliches Aufstehen der Nachwelt zu überliefern. Was hat ihn, der sonst nirgends um ausgefallenes Wortgut bemüht ist, bewogen, sich an dieser Stelle nicht des Verbum simplex surgere oder wenigstens eines geläufigeren Kompositums zu bedienen? 1) Zur Schreibung ‚Einhart‘ (statt ‚Einhard‘) vgl. M. M. Tischler, Einharts Vita Karoli. Studien zur Entstehung, Überlieferung und Rezeption, Hannover 2001 (MGH Schriften 48) 1 Anm. 1. 2) Sueton, Aug. 78,1–2. 3) Aus der Vielzahl der Übersetzungen wurden nur einige bequem zugängliche eingesehen. Eine um Vollständigkeit bemühte Aufstellung aller Übersetzungen der Vita Karoli bietet Tischler (wie Anm. 1) 1728–1732. 4) ThLL V,1, 791,64–72. 5) Mittellateinisches Wörterbuch III (1999) 485,58–61.
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Beachtet wurde die fragliche Stelle vor Jahrzehnten vom französischen Historiker und Einhart-Herausgeber Louis Halphen6. Allerdings vergleicht er nur oberflächlich ihren Inhalt mit dem oben zitierten Wortlaut bei Sueton. Halphen referiert Suetons Angaben über Augustus’ Schlafgewohnheiten, um dann gewichtig herauszustellen, daß der römische Kaiser im Gegensatz zu Karl dem Großen liegen blieb, wenn er nachts aufwachte. Naiverweise habe Einhart geglaubt, betonen zu müssen, daß Karl der Große bei jeder Unterbrechung seines Schlafes aufstand: „Éginhard a cru, naïvement, devoir souligner que Charlemagne, lui, se levait à chaque interruption de son sommeil“7. War es wirklich die von Halphen diagnostizierte Unbedarftheit, die Einhart zu seiner Bemerkung veranlaßt hat? Prüft man die vom Thesaurus verzeichneten antiken Belege für desurgo, dann zeigt sich, daß dieses Kompositum schwerlich das einfache Aufstehen meint, sondern (verhüllend) für das Austreten-Müssen zur Entleerung des Darmes gebraucht wird. Die Mehrheit der nur wenigen Belege begegnet ausgerechnet bei medizinischen oder mit Medizin befaßten Fachschriftstellern, bei Scribonius Largus, dem älteren Plinius, Marcellus und in der sog. Medicina Plinii. In allen Fällen werden, teils in Abhängigkeit der Autoren voneinander, Rezepte gegen Ruhr und Bandwürmer sowie bei Stuhlzwang beschrieben. Auch das abgeleitete Substantiv desurrectio kommt bezeichnenderweise nur in Marcellus’ De medicamentis vor8. Über die genannten medizinischen Einträge hinaus führt der Thesaurus jedoch noch zwei Belege aus der römischen Dichtung an, wo desurgere „aufstehen“, „sich erheben“ bedeuten soll. Im ersten Fall handelt es sich um den Lukrez-Vers 5,703, der in einem Abschnitt über die Verteilung von Tag und Nacht bzw. den Sonnenaufgang steht: (ignes) qui facient solem certa desurgere parte. Hier freilich verweist schon der Bearbeiter des Thesaurus-Lemmas darauf, daß de möglicherweise Präposition und somit von surgere zu trennen sei. So sehen es in der Tat auch alle neueren Lukrez-Editoren. In seinem Kommentar führt Cyril Bailey eigens dazu aus, der Vers bedeute „to rise from a certain position“ (gemeint ist der Osten), und weiter unten: „de surgere should be written as two words: certa de surgere parte“9. Der Lukrez-Vers ist folglich aus den Belegen für desurgere auszuscheiden. In Manfred Wachts Lukrez-Konkordanz ist das Kompositum mit Recht nicht aufgenommen10. Den zweiten, nunmehr freilich einzig verbleibenden poetischen desurgereBeleg im Thesaurus bietet Horaz in seiner Satire 2,2. Darin läßt der Dichter den Bauern Ofellus zu Einfachheit und Mäßigung beim Essen mahnen und ihn besonders die Schlemmerei mit ihrer Sucht nach geckenhaft modischen Luxusspeisen anprangern. Die einfachen Speisen seien am bekömmlichsten, während die raffinierten Unwohlsein verursachten (Verse 70–77): 6) Éginhard, Vie de Charlemagne. Éditée et traduite par L. Halphen, Troisième édition, revue et corrigé (Paris 1947) 73 Anm. 4. 7) Halphen (wie Anm. 6) 73 Anm. 4. 8) ThLL V,1, 791,73–75. 9) Titi Lucreti Cari De rerum natura libri sex. Edited with Prolegomena, Critical Apparatus, Translation and Commentary by C. Bailey, vol. III (Oxford 1947) 1436 u. 1437. 10) Concordantia in Lucretium, cur. M. Wacht, Hildesheim 1991 (AlphaOmega, Reihe A: 122).
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accipe nunc, victus tenuis quae quantaque secum adferat. in primis valeas bene; nam variae res ut noceant homini credas, memor illius escae, quae simplex olim tibi sederit. at simul assis miscueris elixa, simul conchylia turdis, dulcia se in bilem vertent stomachoque tumultum lenta feret pitvita. vides, ut pallidus omnis cena desurgat dubia? In der Übersetzung von Wilhelm Schöne: Nun höre, welche Segensfülle dir ein einfach Leben bringt. Vor allem eins: du bleibst gesund! Bedenke, wie das bunte Durcheinander dir geschadet, wie gut dir eine schlichte Mahlzeit stets bekam. Wenn du Gebratnes mit Gesottnem mischst und Austern neben Drosseln ißt, dann wandelt sich der Wohlgeschmack in Gallenbitter, und zäher Schleim bringt deinem Magen Aufruhr. Siehst du, wie bleich sich jeder Gast vom üppigen Mahl erhebt, bei dem die Auswahl schwer?11 Die Übersetzung von desurgat in Vers 77 – „sich erhebt“ – scheint zunächst untadlig. Aber sollte es nicht zu denken geben, daß auch Horaz das Verb bei der Schilderung körperlichen Unwohlseins einsetzt, dessen Ursache „das bunte Durcheinander“ in Magen und Darm ist? Geht es ihm bzw. seinem Bauern Ofellus wirklich nur um das beschwerliche Aufstehen vom Tisch nach einer genossenen üppigen Mahlzeit? Warum hat er dann nicht auch an dieser Stelle das sonst von ihm wiederholt gebrauchte Verbum simplex surgere gewählt (natürlich in anderer Versposition) oder ein anderes, in der römischen Poesie geläufiges Kompositum? Die Antwort kann meines Erachtens nur lauten: weil Horaz etwas anderes sagen will. Die mit, wie sein Ofellus aus Erfahrung weiß, unvereinbaren kulinarischen Raffinessen abgefütterten Gäste drängt es vom Tisch hinweg zum Abort. Desurgere war ein Terminus technicus, der nur in der Bedeutung „zu Stuhle gehen“12 gebraucht und verstanden wurde. Hätte das Verb neben dieser speziellen technischen auch noch die allgemeine, unverdächtige Bedeutung „aufstehen“ gehabt, dann wäre sein völliges Fehlen gegenüber massenhaft belegtem surgere, consurgere, exsurgere usw. in der lateinischen Prosa und Poesie nicht zu erklären. Wir dürfen, wir müssen desurgere zum „sermo cotidianus“ zählen, von dem Horaz bekanntlich gerade in seinen Satiren Gebrauch macht13. Natürlich ist die hier behandelte Frage auch schon früher erkannt worden. Die Antworten darauf sind freilich verschieden ausgefallen. Die Konsultation der 11) Horaz, Sämtliche Werke. Lateinisch und deutsch, Teil II: Sermones et Epistulae. Übersetzt und zusammen mit H. Färber bearbeitet von W. Schöne, München 1967 (Tusculum-Bücherei) 77. 12) Diese Formulierung bei K. E. Georges, Ausführliches lateinischdeutsches Handwörterbuch, I–II (Hannover 81913) hier I 2099. Danach auch A. Önnerfors (Hrsg.), Plinii Secundi Iunioris qui feruntur de medicina libri tres, Berlin 1964 (Corpus Medicorum Latinorum 3) 124. 13) J. Bourciez, Le «sermo cotidianus» dans les Satires d’Horace (Paris 1927) 20, führt desurgere zwar an, aber nicht in semantischer, sondern morphologischer Hinsicht. Ihm geht es u. a. um Verben, die mit dem Präfix de- gebildet sind.
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nicht wenigen Kommentare zu Horazens Satiren führt zu keinem befriedigenden Ergebnis. Einige Horaz-Erklärer schweigen sich über unsere Stelle aus oder begnügen sich mit dem Hinweis, daß die cena dubia des Verses 77 bei Terenz, Phorm. 342 vorgebildet ist, so etwa Adolf Kiessling und Richard Heinze14, Karl Büchner15 sowie vor wenigen Jahren Frances Muecke16. Paul Lejay führt 1911 zwar die technische Bedeutung von desurgere an, die durch Scribonius Largus und Plinius bezeugt sei, entscheidet sich aber doch dafür, cena desurgat als surgat de cena zu deuten, denn: „rien ne prouve que desurgere ait eu plus tôt ce sens limité, et, s’il l’avait, il faudrait admettre une équivoque cherchée“17. Nach den oben zusammengetragenen Indizien ist Lejays Einwand eher zweifelhaft, aber noch kürzlich hat Paolo Fedeli ganz ähnlich argumentiert, ohne seinen französischen Vorgänger zu erwähnen: „L’allitterazione (desurgat dubia) unita al ritmo inizialmente spondaico dà l’idea della pesantezza e della fatica (nonostante Plinio nat. hist. 28,211 e Scribonio Largo 140 e 142 attribuiscano a desurgere il senso tecnico di surgere ad ventrem exonerandum, il contesto fa capire che qui cena desurgat equivale semplicemente a surgat de cena)“18. Ähnlich hatte sich vor einigen Jahrzehnten Fedelis Landsmann Antonio La Penna geäußert, und auch er folgerte: desurgere „qui vuol dire semplicemente ‹alzarsi da tavola›“19. Ältere Kommentatoren sind bei der Erklärung unseres Horaz-Verses weniger zurückhaltend, und es gehört zu den unbegreiflichen Gepflogenheiten, daß die Philologen der jüngeren Zeit es offenbar konsequent verschmähen, deren Erfahrung zu nutzen. Im 19. Jahrhundert diskutierte L. F. Heindorf Horazens desurgat, wobei er das Verb unter Berufung auf die großen Gelehrten Adrianus Turnebus (1512–1565) und Pieter Burman (d.Ä., 1688–1741) als Stuhlgang deutete: „Turnebus in Advers. 17,17 fand die Erklärung von desurgat beachtenswerth, in secessum eat ad exonerandum alvum, éfodeÊei; Burmann zu Petron. Sat. 41 . . . citirt unsere Stelle als Beweis für diese Bedeutung!“20 14) Q. Horatius Flaccus, Satiren, erklärt von A. Kiessling, erneuert von R. Heinze (Dublin u. Zürich 101968) 205–206. 15) Horaz, Die Satiren. Herausgegeben, übersetzt und mit ausführlicher Einleitung und erklärenden Anmerkungen versehen von K. Büchner, Bologna 1970 (Dichter der lateinischen Welt 4) 191. 16) Horace, Satires II, with an Introduction, Translation and Commentary by F. Muecke (Warminster 1993) 125. 17) Œuvres d’Horace. Texte latin avec un commentaire critique et explicatif des introductions et des tables par F. Plessis et P. Lejay. Satires, publiées par P. Lejay (Paris 1911, Nachdruck Hildesheim 1966) 345. 18) Q. Orazio Flacco, Le opere, II, tomo secondo: Le Satire. Commento di P. Fedeli (Roma 1994) 575. 19) Q. Orazio Flacco, Satire ed Epistole. Introduzione e commento a cura di A. La Penna (Firenze 51967) 132. 20) Des Q. Horatius Flaccus Satiren, erklärt von L. F. Heindorf. Dritte Aufl. mit Berichtigungen u. Zusätzen von L. Döderlein (Leipzig 1859) 276. Burman diskutiert desurgere bei Horaz in seinem Petron-Kommentar zusammen mit anderen inhaltlich verwandten Stellen der lateinischen Literatur; vgl. Titi Petronii Arbitri Satyricôn quae supersunt . . ., curante P. Burmanno. Ed. altera, t. I (Amstelaedami 1743) 250–251.
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Daß die beiden bedeutenden Philologen der frühen Neuzeit den Sinn des Verses mit sicherem Gespür erfaßt haben, wird auch durch einen Eintrag zu unserer Horazstelle in einem alten lateinisch-griechischen Glossar bestätigt, auf den der Thesaurus unter desurgo verweist. Im Corpus Glossariorum Latinorum II 46,30 heißt es: desurgit: efodeueivcvratioc. Der Bearbeiter des Thesaurus-Artikels normalisiert die Scriptura continua zu §fodeÊei …w ÑVrãtiow. Freilich ergibt §fodeÊein „herumgehen“, „die Runde machen“ hier keinen Sinn; vielmehr liegt auf der Hand, daß der Schreiber es mit éfodeÊein verwechselt hat, jenem Verb, mit dem auch Turnebus das lateinische desurgere umschreibt: Nach LSJ, s.v. éfodeÊv bedeutet es „go to stool“! Kehren wir noch einmal zu Einhart zurück. Nach unseren Beobachtungen dürfen wir nunmehr mit hoher Gewißheit behaupten, daß er nicht einfach das nächtliche Aufstehen des Kaisers mitteilen wollte. Vielmehr lag ihm daran, festzuhalten, daß Karl des Nachts mehrmals den Abort aufsuchen mußte. Ob die häufigen Stuhlgänge mit den febres zusammenhingen, unter denen der Kaiser in seinen vier letzten Lebensjahren wiederholt litt21, vermag ich nicht zu sagen. Fest steht aber, daß Unbedarftheit oder „naïveté“ nach dieser Deutung keineswegs Einharts Beweggrund war, das nächtliche Aufstehen des Kaisers zu erwähnen. Im Gegenteil, er wußte genau, warum er gerade dieses Verb wählte. Die wichtige Frage, woher Einhart das Kompositum desurgere und seine Bedeutung kannte, führt auf das weite Feld der Überlieferungsgeschichte der antiken Literatur. Sie bedürfte folglich einer gesonderten Untersuchung, die freilich an dieser Stelle nicht geleistet werden kann. Köln
Heinz Erich Stiene
FERDINAND DÜMMLERS BEWERBUNGEN UM DAS REISESTIPENDIUM DES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS Zur Erklärung einer Stelle im Briefwechsel Mommsens mit Wilamowitz Im Brief vom 19. April 1884 teilt Theodor Mommsen, der damals Mitglied der Zentraldirektion des DAI war, die über die Vergabe der Reisestipendien entschied, seinem Schwiegersohn Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff mit, daß die Bewerbung von dessen Greifswalder Schüler Bruno Keil nicht zum Erfolg geführt
21) Vita Karoli, Kap. 22: Valetudine prospera, praeter quod, antequam decederet, per quatuor annos crebro febribus corripiebatur. Eine febris valida führt schließlich im Januar 814 auch zum Tod des Kaisers (Kap. 30).
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Daß die beiden bedeutenden Philologen der frühen Neuzeit den Sinn des Verses mit sicherem Gespür erfaßt haben, wird auch durch einen Eintrag zu unserer Horazstelle in einem alten lateinisch-griechischen Glossar bestätigt, auf den der Thesaurus unter desurgo verweist. Im Corpus Glossariorum Latinorum II 46,30 heißt es: desurgit: efodeueivcvratioc. Der Bearbeiter des Thesaurus-Artikels normalisiert die Scriptura continua zu §fodeÊei …w ÑVrãtiow. Freilich ergibt §fodeÊein „herumgehen“, „die Runde machen“ hier keinen Sinn; vielmehr liegt auf der Hand, daß der Schreiber es mit éfodeÊein verwechselt hat, jenem Verb, mit dem auch Turnebus das lateinische desurgere umschreibt: Nach LSJ, s.v. éfodeÊv bedeutet es „go to stool“! Kehren wir noch einmal zu Einhart zurück. Nach unseren Beobachtungen dürfen wir nunmehr mit hoher Gewißheit behaupten, daß er nicht einfach das nächtliche Aufstehen des Kaisers mitteilen wollte. Vielmehr lag ihm daran, festzuhalten, daß Karl des Nachts mehrmals den Abort aufsuchen mußte. Ob die häufigen Stuhlgänge mit den febres zusammenhingen, unter denen der Kaiser in seinen vier letzten Lebensjahren wiederholt litt21, vermag ich nicht zu sagen. Fest steht aber, daß Unbedarftheit oder „naïveté“ nach dieser Deutung keineswegs Einharts Beweggrund war, das nächtliche Aufstehen des Kaisers zu erwähnen. Im Gegenteil, er wußte genau, warum er gerade dieses Verb wählte. Die wichtige Frage, woher Einhart das Kompositum desurgere und seine Bedeutung kannte, führt auf das weite Feld der Überlieferungsgeschichte der antiken Literatur. Sie bedürfte folglich einer gesonderten Untersuchung, die freilich an dieser Stelle nicht geleistet werden kann. Köln
Heinz Erich Stiene
FERDINAND DÜMMLERS BEWERBUNGEN UM DAS REISESTIPENDIUM DES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS Zur Erklärung einer Stelle im Briefwechsel Mommsens mit Wilamowitz Im Brief vom 19. April 1884 teilt Theodor Mommsen, der damals Mitglied der Zentraldirektion des DAI war, die über die Vergabe der Reisestipendien entschied, seinem Schwiegersohn Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff mit, daß die Bewerbung von dessen Greifswalder Schüler Bruno Keil nicht zum Erfolg geführt
21) Vita Karoli, Kap. 22: Valetudine prospera, praeter quod, antequam decederet, per quatuor annos crebro febribus corripiebatur. Eine febris valida führt schließlich im Januar 814 auch zum Tod des Kaisers (Kap. 30).
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habe1: „Unsere Stipendienverteilung konnte nicht anders ausfallen, da Dümmler (weil der [. . .] von Vater2 [die Auslassung der Verbalinjurie Mommsens stammt von den Erstherausgebern] es ihm zur „Ehrensache“ gemacht hat, sich wieder zu bewerben) abermals kam. Keil war fast am Ziel und soweit sich dergleichen divinieren läßt, ist er das nächstemal des Erfolges sicher. Du kannst ihm das vorsichtig andeuten.“ Ferdinand Dümmler (1859–1896) war bereits von Oktober 1883 bis Mai 1884 in Italien und als ‚ragazzo‘ im Römischen Institut gewesen3. So lag es nahe, sein ‚Abermals-Kommen‘ als eine zweite erfolgreiche Bewerbung zu verstehen4. Auch das offensichtliche Mißfallen Mommsens an der zweiten Bewerbung Dümmlers sprach für diese Deutung. Außerdem geht aus den Briefen Dümmlers an Wolfgang Helbig vom Frühjahr 1885 hervor, daß er sich nach einer voraufgehenden erfolgreichen Bewerbung tatsächlich um ein zweites Reisestipendium beworben hatte5. Nur schwer damit zu vereinbaren war freilich, daß diese von Dümmler erwähnte Bewerbung abgelehnt wurde (Brief an Wolfgang Helbig vom 28. Mai 1885). So kam es zu der Annahme, daß der ursprünglich positive Beschluß wieder umgestoßen worden war6. Alle Schwierigkeiten lösen sich auf, wenn der zweiten Bewerbung Dümmlers um das Reisestipendium, von der Mommsen im Brief an Wilamowitz spricht, im Vorjahr eine erste Bewerbung vorausgegangen war, die zu einer Ablehnung geführt hatte. Daß eine zweite Bewerbung möglich war, wenn die erste keinen Erfolg gehabt hatte, ja sogar ratsam erscheinen mochte, beweist Mommsens günstige Beurteilung der Aussichten Keils7. Aber auch von einer Bezeichnung der zweiten Bewerbung als „Ehrensache“ durch den Vater konnte eigentlich nur die Rede sein, wenn die erste nicht zum Ziel geführt hatte. Was vorher wie die väterliche Marotte eines übersteigerten Ehrgeizes aussah (und insofern zu Mommsens Verärgerung paßte), bekommt jetzt einen unanstößigen und durchaus nachvollziehbaren Sinn. Der Sohn dagegen scheint auf die (erste) Ablehnung wohl eher mit der Trotzreaktion einer Verweigerung reagiert zu haben, welcher der Vater durch seine Erklärung der erneuten Bewerbung zur Ehrensache glaubte aufhelfen zu müssen8. Mommsens abschätzig mokanter Ton im Brief an Wilamowitz ist also noch unfreundlicher als bisher angenommen. Wenn er jedoch die zweite Bewerbung Dümmlers einerseits als ärgerlich, um nicht zu sagen anstößig empfand, anderer1) Erstausgabe des Briefwechsels von Friedrich und Dorothea Hiller von Gaertringen, Berlin 1935, 172 (Nr. 150); W. M. Calder III / R. Kirstein (Hrsg.), «Aus dem Freund ein Sohn». Theodor Mommsen und Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, Briefwechsel 1872–1903, Hildesheim 2003, I 259 f. (Nr. 150). 2) Ernst Dümmler (1830–1902), damals Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Halle. Zu Mommsens Verhältnis zu ihm vgl. Verfasser, Wilamowitz und Ferdinand Dümmler, AbhMainz 2005 (1), 14 ff. 3) Vgl. L. Morani-Helbig, Jugend im Abendrot. Römische Erinnerungen, Stuttgart 1953, 192 f.; Verfasser (wie Anm. 2) 5 f. 4) Verfasser (wie Anm. 2) 15 f. 5) Ebenda 16 Anm. 43. 6) Ebenda 16. 7) Andere Fälle nennt L. Wickert, Beiträge zur Geschichte des Deutschen Archäologischen Instituts von 1879 bis 1929, Mainz 1979, 127. 8) Vgl. die erste Reaktion Ferdinand Dümmlers nach dem Scheitern des Göttinger Habilitationskolloquiums (Verfasser [wie Anm. 2] 22 Anm. 65).
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seits aber eine zweite Ablehnung für unmöglich erklärte (was sich durchaus nicht von selbst verstand), so legt dies die Vermutung nahe, daß schon die erste Ablehnung nicht hätte sein müssen und Gründe den Ausschlag gegeben hatten, die sich nicht wiederholen ließen. Nach einer erfolgreichen ersten Bewerbung dagegen hätte keine Rede davon sein können, daß die zweite Bewerbung – ebenfalls – positiv hätte beschieden werden müssen. Aufschlußreich ist Mommsens Information der „Ehrensache“. Sie kann ja wohl kaum Bestandteil der Bewerbungsunterlagen gewesen sein. Vielmehr spricht sie für persönliche Kontakte (vulgo ‚Klatsch‘ genannt) im Umfeld der ‚C. D. ‘ Oder sollte der arglose Vater selbst Mommsen unterrichtet haben9? Während seines erfolgreich verlaufenden Griechenlandaufenthaltes im Winter 1884/85 hat sich Dümmler dann um ein zweites Stipendium beworben. Dieser (dritten) Bewerbung räumte er freilich selbst nur geringe Chancen ein, obgleich der Antrag die Unterstützung Ulrich Köhlers, des angesehenen Leiters des Athener Instituts, gefunden haben dürfte10. Eine zweite Vergabe des Reisestipendiums pflegte nur in besonders begründeten Fällen zu erfolgen11. Die Ablehnung erreichte Dümmler zwischen dem 8. April und 28. Mai 188512. Mommsen war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Mitglied der Zentraldirektion13. Die letzte Bestätigung für die hier gegebene Erklärung der Briefstelle Mommsens brachte ein Besuch des Archivs des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin am 8. Februar 2005, wo die Protokolle der Zentraldirektion der Jahre 1883– 1885 weitgehend erhalten sind14. Die Vergabe der Reisestipendien erfolgte in einer mehrtägigen Plenarsitzung im April, an der auch die auswärtigen Mitglieder der Zentraldirektion teilnahmen15. Wie noch heute wurden die eingegangenen Bewerbungen an zwei Sitzungstagen behandelt. In einer ersten Sitzung wurde über die eingereichten Gutachten referiert und Beurteilungen der Bewerber von Mitgliedern abgegeben. (Die Protokolleintragungen sind knapp gefaßt.) Eine Entscheidung wurde nicht getroffen16. Diese fiel erst in einer zweiten Sitzung. Die Protokolle die9) Vgl. Verfasser (wie Anm. 2) 14. 10) Vgl. Verfasser (wie Anm. 2) 16 Anm. 43. – Zu Köhlers Protektion vgl. F. Studniczka, in: F. Dümmler, Kleine Schriften I, Leipzig 1901, XIII. Zur Bestätigung dieser Vermutung vgl. unten Anm. 16. 11) Vgl. Wickert (wie Anm. 7) 128. 12) Das ergibt sich aus dem Briefwechsel mit Helbig (Verfasser [wie Anm. 2] 16 Anm. 43). 13) Zu Mommsens Austritt aus der Zentraldirektion im Januar 1885 und den Gründen, die dazu geführt hatten, vgl. Wickert (wie Anm. 7) 28 ff. 14) Mein Dank für freundlich gewährte Hilfe gilt Frau Dr. Antje Krug, zu deren vielfältigen Funktionen auch die Betreuung des Berliner Institutsarchivs gehört. 15) Sitzung 9.–12. 4. 1883 mit Conze (Vorsitzender), Schöne, Curtius, Krüger, Kirchhoff, Mommsen, Overbeck, Brunn, Kekulé, Michaelis, ohne Kiepert. Sitzung 7.–10. 4. 1884 mit denselben und Kiepert, ohne Kirchhoff. Sitzung 15.– 18. 4. 1885 (Mommsen ist ausgeschieden). 16) Sitzung 10. 4. 1883 (die Stellungnahmen zu Dümmler sind alle positiv, aber: „Brunn betont die günstige materielle Lage der Familie“); 7. 4. 1884 (Dümmlers zweiter Versuch; Empfehlung der beiden römischen Sekretare Henzen und Helbig, entschieden positives Urteil des Vorsitzenden Conze, dem sich die Mitglieder Overbeck, Brunn, Michaelis und Kekulé anschließen); 15. 4. 1885 Dümmlers
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ser zweiten Sitzung aber fehlen in allen drei Jahrgängen17. Was Dümmler betrifft, so ergibt sich die Entscheidung der Jahre 1883 und 1884 aus der Formulierung der Tagesordnung des jeweils folgenden Jahres: „wiederholte Bewerbung“ (1884) d. h. nach Ablehnung in 1883, Antrag auf „Wiederverleihung“ (1885), also nach voraufgegangener Verleihung in 188418. Die negative Entscheidung von 1885 kennen wir aus Dümmlers Brief an Helbig vom 28. Mai 1885. Bei den Ablehnungen der ersten und der dritten Bewerbung scheint das ausschlaggebende Argument „die günstige materielle Lage der Familie“ gewesen zu sein19 – bei der Erstbewerbung (1883) ungewöhnlich (daher auch bei der zweiten Bewerbung nicht wiederholbar20), beim Antrag auf Wiederverleihung (1885) ein auch sonst erwogener Ablehnungsgrund21. Ein Jahr später (April 1886) wählte die Zentraldirektion Dümmler zum ordentlichen Mitglied des DAI, eine herausgehobene Anerkennung der wissenschaftlichen Leistung des Siebenundzwanzigjährigen22. Saarbrücken
C a r l We r n e r M ü l l e r
Antrag auf ein zweites Stipendium (der Athener Institutsleiter Köhler spricht sich „über Dümmler sehr anerkennend aus“ [vgl. oben Anm. 10]; aus dem Kreis der ZD-Mitglieder: „Dümmler betreffend wird an seine günstigen Vermögensverhältnisse erinnert“). 17) Da sich die Lücke im Bestand der Sitzungsprotokolle in 1884 und 1885 wiederholt, muß es sich um eine bewußte Separierung oder Entnahme dieses Teils der Protokolle gehandelt haben. Wenn sie noch existieren sollten, waren sie jedenfalls z. Zt. im Archiv nicht auffindbar. In der zweiten Sitzung wurden sicher auch Dinge zur Person gesagt, die nur bedingt protokollfähig waren und in jedem Fall besondere Diskretion verlangten. 18) Über die Erteilung des Stipendiums unterrichtet auch ein Antwortschreiben Dümmlers an die Institutsleitung vom Mai 1884 (Archiv DAIBerlin, Mappe Dümmler, Ferdinand). 19) Vgl. oben Anm. 16. Heinrich Brunn hat nach Wickert (wie Anm. 7, 123) immer wieder auf diesem sozialen Aspekt bei der Stipendienvergabe insistiert. Während er aber sonst bei den anderen Mitgliedern der ZD damit auf wenig Zustimmung stieß, scheint das Argument im Falle von Dümmlers erster Bewerbung einer Mehrheit willkommen gewesen zu sein. 20) Vgl. Mommsen an Wilamowitz oben S. 428. 21) Vgl. Wickert (wie Anm. 7) 128. 22) Mitteilung vom 16. 4. 1886 (Kopie Archiv DAIBerlin, Mappe Dümmler, Ferdinand; Original DAIRom). Dümmlers Freunde Paul Wolters (1858–1935) und Franz Studniczka (1860–1929) waren in derselben Sitzung zu korrespondierenden Mitgliedern gewählt worden.