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Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Die Griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte (GCS) Neue Folge . Band 11
Neutestamentliche Apokryphen I
Das Petrusevangelium und die Petrusapokalypse Die griechischen Fragmente mit deutscher und englischer Übersetzung
Herausgegeben von
Thomas J. Kraus und Tobias Nicklas
\
Walter de Gruyter . Berlin '-i"New York
I
Herausgegeben durch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften im Einvernehmen mit deI' Patristischen Kommission der Akademien der Wissenschaften in Berlin, Düsseldorf, Göttingen, Heidelberg, Leipzig, München und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz Gutachter dieses Bandes: Jürgen Hammerstaedt und Christoph Riedweg
@ Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfilllt.
ISBN 3-11-017635-1 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISSN 0232-2900 © Copyright 2004 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, MikroverfIlmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin
Vorwort Unser Dank gilt den Herren Prof. Dr. Christoph Markschies, Prof. Dr. Jürgen Hammerstaedt und Prof. Dr. Christoph Riedweg sowie der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften für die Bereitschaft, diese Edition in die Reihe »Die Griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte. Neue Folge« aufzunehmen. Den G.utachtern des Bandes verdanken wir zudem wertvolle Anregungen zum vorliegenden Manuskript. Herrn Dr. Claus-Jürgen Thornton vom Verlag Walter de Gruyter danken wir für die verlegerische Betreuung, Herrn Prof. Dr. Stanley E. Porter für die Durchsicht der englischen Übersetzungen. Die für die in diesem Band zusammengestellten Faksimiles notwendigen Qualitätsfotografien konnten mit Hilfe von Herrn Dr. Revel A. Coles (Ashmolean Museum, Oxford), Frau Tricia Buckingham (Bodleian Library, Oxford), Herrn Univ.-Prof. Dr. Hermann Harrauer (papyrus sammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien) sowie über das Fotoarchiv der Association Internationale de Papyrologues in Kopenhagen, namentlich durch Herrn Prof. Dr. Adam Bülow-Jacobsen, beschafft werden. Herr Prof. Dr. Peter Van Minnen stellte uns ein wichtiges, unveröffentlichtes Manuskript seiner Arbeit zur freien Verfügung. Den Genannten, wie auch der Egypt Exploration Sociery, London, sowie den Vertretern der Bibliotheca AJexandrina, namentlich Herrn Y oussef Ziedan, sind wir zu Dank verpflichtet. Regensburg, Mai 2004 Thomas J. Kraus und Tobias Nicklas
Inhalt Griechische Handschriften des so genannten Petrusevangeliums 1
Zur Konzeption einer kritischen Ausgabe der griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums .................................. 3
1.1 1.2 1.3 1.4
Zur Hinführung: Ein kurzer Problemaufriss ................................................................... 3 Auswahl der Handschriften ............................................................................................... 5 Zur Gliederung der vorliegenden Edition ....................................................................... 7 Beschaffung von Qualitätsfotografien ............................................................................. 8
2
Hinweise auf ein Petrusevangelium in der antiken christlichen Literatur ...................................................................................... 11
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
Justin der Märtyrer, dial. 106,3 .......................................................................................... 11 Serapion von Antiochien bei Eusebius von Caesarea, h. e. VI 12,1-6 ............................ 12 Origenes, con/m. in Mt. X 17 .............................................................................................. 16 Eusebius von Caesarea, h.B. 1113,1-2 ................................................................................ 17 Theodoret von Cyrus, haer. 11 2 ........................................................................................ 18 Didymus der Blinde, Eccl. 1, 1-8 ........................................................................................ 18 Weitere Hinweise ............................................................................................................... 20
3
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums .......................................................................................... 25
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
Anmerkungen zur Darbietung der Handschriften .......................................................... 25 P.Cair. 10759: Der so genannte Akhmim-Codex ............................................................ 25 P.O>ry. XLI 2949: Zwei einseitig beschriebene Papyrus fragmente ................................ 55 P.O>ry. LX 4009: Fragment eines Papyrus-Codex ........................................................... 59 P. Vindob.G 2325: Das so genannte Fayum-Fragment ..................................................... 65
4
Bibliografie ..................................................................................................... 69
VIII
Inhalt
Griechische Handschriften der so genannten Petrusapokalypse 1
Zur Konzeption einer kritischen Ausgabe der griechischen Handschriften der so genannten PetrJlsapokalypse ................................... 81
1.1 1.2 1.3 1.4
Zur Hinführung .................................................................................................................. 81 Auswahl der Handschriften ............................................................................................... 82 Zur Gliederung der vorliegenden Edition ....................................................................... 83 Beschaffung von Qualitätsfotografien ............................................................................. 85
2
Hinweise auf eine Petrusapokalypse in der antiken Literatur ............................................................................................. 87
2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 2.3.1
Das Muratorische Fragment, Z. 63-80 ............................................................................. 87 Clemens von Alexandrien ................................................................................................. 89 Eusebius von Caesarea, h.c. VI 14,1 über Clemens von Alexandrien ........................... 89 Clemens von Alexandrien, ce!. 41,1-3 ............................................................................... 89 Clemens von Alexandrien, ccl. 48,1-49,2 .......................................................................... 91 Anonymer Kritiker des Christentums (porphyrius?) ...................................................... 92 Anonymer Kritiker des Christentums (porphyrius?) bei Macarius von Magnesia, apoer. IV 6 .................................................................................. 92 Anonymer Kritiker des Christentums (Porphyrius?) bei Macarius von Magnesia, apoer. IV 7 .................................................................................. 93 Methodius von Olymp, symp. II 6,45 ................................................................................ 94 Eusebius von Caesarea ...................................................................................................... 95 Eusebius von Caesarea, h.c. 111 3,1-2 ................................................................................ 95 Eusebius von Caesarea, h. c. 111 25,4 ................................................................................. 95 Hieronymus, vir.iI!. I 3-5 .................................................................................................... 95 Anonymus (Nordafrika, 4. Jh.?) ........................................................................................ 96 Homilie über die Parabel von den zehn Jungfrauen (Z. 58-60) ..................................... 96 Homilie über die Parabel von den zehn Jungfrauen (Z. 77-78) ..................................... 96 Sozomenus, h.c. VII 19,9 ................................................................................................... 97 Einige spätere J
(aßyö) {aßyö} [[aßyö]] 'aßyö'
Vgl. TURNER,
unsicher gelesene Buchstaben unlesbare Buchstaben, deren Zahl bekannt/annähernd bekannt ist Lücke durch Beschädigung des Papyrus mit Angabe der vermutlichen Zahl der Buchstaben Lücke im Papyrus, Zahl der Buchstaben unbekannt Lücke im Papyrus am Anfang oder Ende der Zeile Ergänzung einer Lücke durch den Herausgeber Ergänzung oder Änderung des überlieferten Textes durch den Herausgeber Auflösung von Abkürzungen Tilgung durch den Herausgeber Tilgung durch den Schreiber vom Schreiber nachgetragene Buchstaben über der Zeile
RUPPRECHT, Kleine Einführung in die Papyruskunde, 26. Ferner die Anmerkungen von Greek Papyri. An Introduction, 70f., 187f.
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Griechische Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
1 Zur K.onzeption einer kritischen Ausgabe der griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums 1 1.1 Zur Hinführung: Ein kurzer Problemaufriss In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit so genannten "neutestamentlichen" bzw. ,,(früh)christlichen Apokryphen"2 ist in den letzten Jahren wieder ein deutlich zunehmendes Interesse zu beobachten. 3 Dabei zeigt sich aber häufig die Tendenz, die Apokryphen nicht an sich, sondern allein in ihrem zeitlichen und inhaltlichen Verhältnis zu den kanonisch gewordenen Texten des Neuen Testaments zu interpretieren. Als interessant erachtet wird - vereinfacht gesagt - vielfach nur das, was zunächst als "alt" bzw. sogar "älter" als die entsprechenden neutestamentlichen Texte scheint bzw. was neue Rückschlüsse etwa für die Frage nach dem historischen Jesus erbringen könnte. Damit aber werden die Textzeugnisse selbst verzweckt, nicht als Realien, als eigenständige unersetzliche Fingerabdrücke von Menschen einer vergangenen Zeit wahrgenommen. 4 Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die zumindest auf den ersten Blick erstaunliche Tatsache, dass für viele der angesprochenen Texte noch immer dem heutigen Standard entsprechende Editionen fehlen. Oftmals beruhen Auslegung und Hypothesenbildung auf der Basis der jeweiligen editio princeps, die häufig der Auffindung des/der entsprechende(n) Manuskripte zeitlich nahe steht. Diese ersten Ausgaben jedoch werden nur noch in wenigen Fällen hinterfragt, überprüft oder gar korrigiert. 5 Bedenkt man, dass die heute maßgeblichen Übersetzungen und Sammelausgaben etwa als Evangelien eingestufter apokrypher Texte hierauf beruhen,6 so ergibt sich deutlich die Notwendigkeit 1 Hierbei handelt es sich um die erweiterte Fassung eines im Rahmen des 23. Internationalen Kongresses der Auociation Intematiollale de Pap)'rologlles (22.-28. Juli 2001, Wien) gehaltenen Vortrags, der als Kraus/Nicklas, Entstehungsprozess einer kritischen Edition frühchristlicher Apokryphen, in den entsprechenden Kongressakten PapCol1gr. XXIII erscheinen wird.
2 Zur Diskussion der Begrifflichkeiten vgl. z.B. Junod, Apocryphes du NT ou apocryphes chretiens anciens, 409-421; Id., Apocryphes du Nouveau Testament, 17-46; Kaestli, Les ecrits apocryphes chretiens, 27-42; Markschies, Neutestamentliche Apokryphen, 122-127.
3 Davon zeugen z.B. Veröffentlichungen wie Bovon/Geoltrain, Ecrits apocryphes chretiens I; Ceming/Werlitz, Die verbotenen Evangelien; Berger/Nord, Das Neue Testament und frühchristliche Schriften; Lührmann, Fragmente; Plisch, Verborgene Worte Jesu; Klauck, Apokryphe Evangelien. 4 Vgl. hierzu auch die entsprechenden Gedanken bei Kraus, Ad fontes: Gewinn durch die Konsultation, 1-3; Id., P.Vindob. G 2325, 197-198; Nicklas, Die "Juden" im Petrusevangelium, 206-209. 5 Vgl. Porter, The Greek Apocryphal Gospel Papyri, 795-797. 6 So etwa die Übersetzungen von James, The Apocryphal New Testament; Moraldi, Apocrifi deI Nuovo Testamento 1; Erbetta, Gli Apocrifi del Nuovo Testamento 1.1; Cameron, The Other Gospels;
4
Zur Konzeption einer kritischen Ausgabe der griech. Handschriften des PE
einer Neubearbeitung7 des vorhandenen Materials für eine kritische Edition, gerade auch im Hinblick auf die Neuausgabe der von Edgar Hennecke begründeten und Wilhelm Schneemelcher fortgeführten Sammlung Neutestamentliche Apokryphen. 8 Ein derartiges Vorhaben versteht sich in Konvergenz zu den Anliegen der A.E.L.A.C. (L'Association pour Fitude de la littCrature apocryphe chdtienne), die mit ihrem Editionsprojekt (in der Reihe Corpus Chrisnanorum. 5 eries Apocryphorum) das Ziel verfolgt, dass christliche Apokryphen in ihrer historischen, theologischen und literarischen Bedeutung wahrgenommen werden. 9 Eine kritische Edition, die als Grundlage fundierter Auseinandersetzung dienen SOll,10 muss die entsprechende Leserschaft in die Lage versetzen, die in ihr abgegebenen Bewertungen nachprüfen und eigenständige Urteile fällen zu können. ll Die heutige Publikationstechnik ermöglicht in dieser Hinsicht qualitativ hochwertige Reproduktionen der entsprechenden Manuskripte zur Verfügung zu stellen,12 die dann die meist alten, auf überholtem technischem Stand beruhenden Faksimile-Ausgaben bzw. Einzelseiten ersetzen. 13
:tvliIler, The Complete Gospels; Elliott, The Apocryphal New Testament; Bovon/Geoltrain, Ecrits apocryphes chretiens 1; NTAp0 6 1. Ferner die Sammelausgaben mit griechischem/lateinischem Text: Klostermann, Apocrypha I; Id., Apocrypha II; Bonaccorsi, Vangeli Apocrifi; de Santos Otero, Los Evangelios Ap6crifos; Lührmann, Fragmente. 7
Hierzu auch Bovon, Vers une nouvelle edition de la litterature apocryphe chn!tienne, 373-378.
8
Zur Neubearbeitung Markschies, Neutestamentliche Apokryphen, 120-132.
9 Zu Entstehung und Aufgaben der A.E.L.A.C. Leloir, Utilite ou inutilite de l'etude des apocryphes,
38-70, bes. 39-43. Ferner die Artikel von Junod und Kaestli (s. Anm. 2) sowie Junod, La litterature apocryphe chretienne, 397-414; Marguerat, Pourquoi lire les apocryphes?, 141-145.
10 Vgl. hierzu auch die entsprechenden Bemerkungen bei Hedrick/Mirecki, Gospel of the Savior, 2. 11 Dies kann zudem zur Vermeidung von Fehlurteilen bzw. zur Einschränkung von deren Verbreitung dienen, wie dies z.B. durch die Transkription Lührmanns (Fragmente) herausgefordert wird, wo ohne Klammern etwa die Transkription des PE (P.Coir. 10759) mit EluxYYEALov K/Xnl lIE-rpov abschließt (93). Da Lührmann das Leidener Klammersystem zugrunde legt (18), würde diese Setzung bedeuten: Am Ende des Codex steht dieser Abschluss tatsächlich. In Wirklichkeit fehlt er aber auf dem Manuskript, was durch die Verwendung der Fotos eindeutig nachvollzogen werden kann.
12 Den Effekt für das PE zeigen bereits die Seiten des Akhmim-Codex, P.Coir. 10759, welche bei Cavallo/Maehler, Greek Bookhands, Nr. 41, abgedruckt sind. 13 Vgl. von Gebhardts vollständige Faksimile-Ausgabe mit bisweilen schwer zu lesenden, da stark gedunkelten Rändern. Abbildungen von Einzelseiten bieten außerdem Swete, The Apocryphal Gospel of Peter, und Loos, L'Evangile et l'Apocalypse.
Zur Konzeption einer kritischen Ausgabe der griech. Handschriften des PE
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1.2 Auswahl der Handschriften Die Entscheidung zur Erstellung einer kritischen (Neu-)Edition des so genannten Petrusevangeliums (= PE) als eines der meistdiskutierten apokryphen Texte14 versteht sich vor dem eben skizzierten Hintergrund. Mit ihr verbunden ist eine Reihe weiterer Überlegungen im Vorfeld der eigentlichen Erstellung der Ausgabe: Gerade im Zusammenhang mit dem angesprochenen Text ergibt sich als vordringlichstes Problem die Frage, welche Manuskripte letztlich in die angezielte Ausgabe aufzunehmen sind. Dass die entsprechenden Seiten des AkhmimCodex, P.Cair. 10759, das zentrale Gerüst des Ganzen zu bilden haben, liegt auf der Hand. 15 Zudem müssen auch seine Fundumstände wie die weiteren in diesem Codex vereinten Texte sowie kodikologische und paläografische Beschreibungen Eingang finden. 16 In den letzten Jahrzehnten wurden aber auch weitere Manuskripte in die Diskussion eingebracht: (1) So hat Dieter Lührmann P.Oxy. XLI 2949 als weiteren Zeugen wahrscheinlich,t7 zudem später auf P.Oxy. LX 4009 aufmerksam gemacht: 18 Beide Fragmente sind in einer Neuausgabe des PE zu berücksichtigen. (2) Problematischer liegt der Fall bei P. Vindob.G 2325, dem in der Literatur . auch Fayum-Fragment oder Fayum-Evangelium genannten Papyrus der Wiener Sammlung, der von Lührmann - mit Vorsicht - als möglicher Zeuge des PE vorgeschlagen wird. 19 Die Neuedition schließt sich dem Urteil Lührmanns hier
14
Vgl. z.B. die Thesen von Crossan, The Cross That Spoke.
Trotzdem sei zumindest in Anmerkung darauf verwiesen, dass dieser Text nicht unbedingt einen Ausschnitt des etwa bei Serapion von Antiochien (laut Eusebius, h.e. VI 12,1-6) erwähnten PE darstellen muss. Die Zuordnung zu diesem Evangelium ist vielmehr aus dem "Ich"-Bericht des Petrus in V. 60 erschlossen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Text des P.Cair. 10759 (a) nur einen Ausschnitt des ursprünglichen Ganzen sowie (b) eventuell eine spätere Rezension des Textes bietet. 15
,
j
16 Im Laufe des 23. Internationalen Papyrologenkongresses in Wien v0Il1; 22. bis 28. Juli 2001 stellte uns Peter van Minnen das Manuskript seiner inzwischen veröffentlichten Studie 'The Greek Apoca/ypse of Peter zur Verfügung. Es erstaunt, dass es zuvor für P.Cair. 10759 an einer detaillierten Beschreibung mangelte. Auszunehmen sind die paläografischen Anmerkungen von von Gebhardt, Das Evangelium und die Apokalypse des Petrus, und v.a. von Cavallo/Maehler, Greek Bookhands, Nr. 41. 17 Schon Coles zog in seiner editio princeps eine Verbindung des nur einseitig beschrifteten Fragments mit dem PE in Betracht. Dann Lührmann, POx 2949, 216-226; Id., Fragmente, 72. 18 Vgl. die editio p!illceps von Lührmann/Parsons, in der schon der Zusammenhang mit dem PE erwähnt wurde. Ausführlicher Lührmann, POx 4009, 390-410; Id., Ein neues Fragment des Petrusevangeliums, 579-581; Id., Fragmente, 73. 19 Vgl. Lührmann, POx 4009, 406-407; Id., Ein neues Fragment, 581; Id., Fragmente, 73-74.80-81. An eine mögliche Verbindung dachte jedoch schon Bickell, in: Führer PERF, Nr. 541: "Ein kürzlich aufgefundenes Fragment des Petrus-Evangeliums [P.Cair. 10759; Anm. d. Verf.l benützt kein kanonisches Evangelium, sondern nur eine, wahrscheinlich mit unserem Papyrus [Po Vindob.G 2325; Anm. d. Verf.] identische, Grundlage für Markus."
6
Zur Konzeption einer kritischen Ausgabe der griech. Handschriften des PE
zwar nicht an,20 das Fragment soll aber trotzdem aufgenommen werden, um wie im Falle von P.Oxy. LX 4009 dem Fachpublikum eine eigenständige Beurteilung der Sachlage zu ermöglichen. Daneben sei auf eine Reihe weiterer Grenzfälle aufmerksam gemacht: (1) Schon der Sprache wegen kommt das sahidische "Unbekannte Berliner Evangelium", P.Berol 22220, für die Edition, die sich auf griechische Manuskripte konzentrieren wird, nicht in Frage. 21 Darüber hinaus liegt das Fragment seit kurzer Zeit in einer eigenen kritischen Ausgabe vor und es sind keine Überschneidungen mit dem Text des Akhmim-Codex vorhanden, die eine Zuordnung erlauben würden. 22 Neuere Erkenntnisse legen zudem nahe, diesen Text im Zusammenhang mit dem Straßburger koptiscl1en Papyrus einerseits und dem nubischen Kreuzestext andererseits zu interpretieren. 23 (2) Bereits vor mehr als eineinhalb Jahrzehnten wurde von David F. Wright vorgeschlagen, P.Lond.Christ. 1, bekannter noch als P.Egerton 2, als Textzeugen des PE zu werten. 24 Der von ihm vorgestellte Zusammenhang zwischen beiden Texten (enge Verbindung zu johanneischen wie synoptischen Traditionen; mangelnde Vertrautheit mit Palästina und palästinischem Judentum; antijüdische Tendenzen; beide Texte als Produkte der christlichen Volksliteratur; Konvergenzen in Vokabular und Stil) ist allerdings zu unspezifisch, um eine Zuordnung des Fragments zum PE rechtfertigen zu können. Auch erfolgte keine weitere Rezeption dieser Identifikation. So wird das angesprochene Manuskript als Zeuge eines eigenständigen apokryphen Textes, als der es in der Diskussion auch behandelt wird, nicht in die Edition aufgenommen. 25
20 Vgl. Kraus, P.Vindob. G 2325, 211. Zu P. VifJdob.G 2325 vgl. auch die Kurzdarstellungen von Förster, Apokryphen, Nr. 13 (15-16); Id., Die neutestamentlichen Apokryphen, Nr. 23 (90). 21 Verbindungslinien zwischen P.BeroL 22220 und PE zieht Schenke, Das sogenannte "Unbekannte Berliner Evangelium", 205-207. Hierzu kritisch Lührmann, Fragmente, 13, u. P. Mirecki (Email vom 8. August 2000). 22 Vgl. Hedrick/Mirecki, Gospel of the Savior, und die veränderte Anordnung der Seiten des Pergament-Codex sowie die Anmerkungen von Emme!, The Recently Published Gospel of the Savior, 45-72 (Antwort darauf: Hedrick, Caveats to a "Righted Order", 229-238). Darüber hinaus geht Emme! auf Schenkes Vorschlag, P.BeroL 22220 als Abschiedsrede des PE in Betracht zu ziehen, nicht ein (48 Anm. 48: "Schenke's suggestion '" has not yet won any supporters."). 23 Hierzu Emme!, The Recently Published Gospel of the Savior, 45-72; Frey, Leidenskampf und Himmelsreise, 71-96; Nagel, Gespräche Jesu, 215-257. 24 Vgl. Wright, Papyrus Egerton 2, 129-150. 25 Zudem ist hierbei die Zuordnung von P.Kijln VI 255 zu P.Egerton 2 im Jahr 1987 durch Gronewald (= Pap.Colon. VII, pt. 6, 136-145) zu beachten. Vgl. ferner Lührmann, Fragmente, 142-153, und die Bibliografie von Willker unter http://ww-w.uni-bremen.de/Egerton_biblio.html.
Zur Konzeption einer kritischen Ausgabe der griech. Handschriften des PE
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(3) Zuletzt sei noch auf das Ostrakon van Haelst 741 verwiesen, welches von D. Lührmann ebenfalls unter den Zeugen des PE angeführt wird. 26 Dieses ist allerdings nicht als Textzeuge im eigentlichen Sinne anzusehen, vielmehr verweist es allenfalls auf eine Verehrung des Petrus als Evangelisten und die Benutzung eines Evangeliums unter seinem Namen. Deshalb empfiehlt es sich, auf diesen Text im Zusammenhang eines Überblicks über die sonstige Bezeugungslage des PE einzugehen.
1.3 Zur Gliederung der vorliegenden Edition Als Ausgangspunkt dient eine Übersicht über Hinweise auf einen als "Evangelium nach Petrus" oder Ähnliches bezeichneten Text in der antiken christlichen Literatur. Ihre Stellung an den Anfang begründet sich damit, dass diese Nennungen den notwendigen Hintergrund der späteren Zuordnung von Textfragmenten zu einem Werk dieses Titels bildeten. In den Mittelpunkt des Teilbandes werden die annotierten Transkriptionen der entsprechenden (möglichen) Textzeugen des PE gestellt. Diese und die Beschreibung der jeweiligen Manuskripte lassen sich durch den Abdruck von Qualitätsfotografien überprüfen. Der Transkription der Texte wird zugleich eine deutsche und englische Übersetzung an die Seite gestellt, ergänzt durch rein philologische Anmerkungen zu den in den Übersetzungen vorgenommenen Entscheidungen. Weitestgehend ausgespart werden Bewertungen etwa eines möglichen Abhängigkeitsverhältnisses zu den kanonisch gewordenen Evangelien oder Auseinandersetzungen mit der Theologie des Textes. Diese sollen ja erst durch die Edition ermöglicht bzw. auf eine neue Grundlage gestellt werden. 27 Dabei ist die Reihenfolge der Wiedergabe nicht willkürlich, sondern forschungsgeschichtlich orientiert. Deshalb steht am Anfang der Akhmim-Codex (P.Cair. 10759), dessen erster Bogen als erstes Manuskript unter dem Sigel "Evangelium nach Petrus" eingestuft wurde. Mit dessen Hilfe ordnete Lührmann auch P.O:>ry. XLI 2949 dieser Schrift zu. Für die anderen von ihm als Manuskripte des PE zur Diskussion gestellten Fragmente, P.O:>ry. LX 4009 und P. Vindob.G 2325, erfolgte die Zuordnung analog der Argumentation für die Identifizierung des Akhmim-Codex als PE: Die rekonstruierten Texte lassen sich einerseits als mögliche Reste apokrypher
26 Lührmann, Fragmente, 74-75.95-96. Neuerdings Id., Petrus als Evangelist, 348-367. Zu diesem Ostrakon die editio prillceps von Jouguet/Lefebvre, Deux ostraka de Thebes, 201-209 u. Abb. X; Id., Note sur un ostrakon de Thebes, 104.
27 So auch die Forderung für (Neu-)Editionen von Robinson, Manuscript Discoveries, 292.
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Zur Konzeption einer kritischen Ausgabe der griech. Handschriften des PE
Evangelien auffassen, andererseits wird als Indiz veranschlagt, Petrus fungiere beide Male als Ich-Erzähler. Im Unterschied zum Text des Akhmim-Codex ist Letzteres aber aufgrund fraglicher Textrekonstruktionen sowie Einträgen aus möglichen Paralleltexten gefolgert. Die Ausgabe wird abgeschlossen durch eine zweiteilige Bibliografie, bestehend aus der hier verwendeten Literatur sowie einer Übersicht über die wichtigsten Textausgaben, und durch einen Index griechischer Wörter.
1.4 Beschaffung von Qualitätsfotografien Die eigentliche Umsetzung des Editionsvorhabens erwies sich als problematischer denn angenommen. Zwar konnten mit freundlicher Hilfe von Revel A. Coles (Ashmolean Museum, Oxford) und Hermann Harrauer (papy.:. russammlung der Österreichisehen Nationalbibliothek, Wien) unkompliziert Qualitätsfotografien von P.O:>ry. XLI 2949, LX 4009. und P. Vindob.e 2325 für die Edition beschafft werden, das entscheidende Manuskript, P.Cair. 10759, stellte uns aber zunächst vor erhebliche, so nicht erwartete Schwierigkeiten. Zahlreiche Hinweise von Kollegen führten schließlich über Umwege zum Erfolg: Im Fotoarchiv der Association Internationale de Papyrologues (AlP) in Kopenhagen findet sich unter H 575 das betreffende Manuskript (als ce 10759), die Abkürzung bezieht sich aber in van Haelsts Catalogue auf den Teil des Codex mit Abschnitten des griechischen Henochbuches. 28 Vor Ort überprüfte dankenswerterweise Adam Bülow-Jacobsen die in Kopenhagen vorhandenen Negative. Neben den zu erwartenden Abschnitten des griechischen Henochbuches fand er aber zudem ;:tlle Seiten des PE und sogar noch der Petrusapokalypse, veranlasste sofort die Entwicklung und Zusendung der Fotografien, die uns nun als unentbehrlicher Bestandteil der Edition vorliegen. Mittlerweile - nach zahllosen Kontaktierungsversuchen mit den in Frage kommenden Stellen in Ägypten - liegt nun auch die offizielle Abdruckerlaubnis der Bibliotheca Alexandrina vor, in persona durch den Director of Manuscripts and Donations, Youssef Ziedan, übersandt (Email-Nachricht vom 22. Mai 2003), dem hierfür gedankt sei. Der eigentliche Verbleib des Originalmanuskripts erscheint allerdings schleierhaft. Obgleich der Akhmim-Codex nach Auskunft des Koptischen Museums in Kairo einst im Ägyptischen Museum gewesen und dann in die neue Internationale Bibliothek in Alexandria überstellt worden sei, findet sich dort - nach Auskunft - nur ein Mikrofilm von P.Cair. 10759. 28 Vgl. http://www.igl.ku.dk/-bulow/aiparch.html(letzter Zugriff am 13.05.2003). Van Haelst, Catalogue, bietet unter Nr. 575 aber eine generelle Beschreibung des gesamten Manuskripts, während sich als Nr. 598 dann PE, als Nr. 617 die Petrusapokalypse finden. Vgl. zudem Nr. 707 (Martyrium des Julian von Anazarbus).
1 Zur Konzeption einer kritischen Ausgabe der griech. Handschriften des PE
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Weniger erfolgreich dagegen verlief die Recherche nach dem Ostrakon van Haelst 741, das nunmehr als verschollen gilt. 29 Es ist zwar ohnehin nicht als
Textzeuge für PE einzustufen, sollte aber ursprünglich als Fotografie zur visuellen Verdeutlichung im Rahmen des Überblicks über die sonstige Bezeugungslage abgedruckt werden.
29 Entsprechend einer brieflichen Mitteilung von Vassil Dobrev, Archivar des Institut Franrais d'Archeologie Orielltale (IFAO), Kairo, vom 17.09.2000. Von ähnlich erfolglosen Versuchen, das Ostrakon
ausfindig zu machen, berichtete Georg Schmelz vom Institut für Papyrologie der Universität Heidelberg (Email vom 09.10.2000). So auch Lührmann, Petrus als Evangelist, 348-350, der auch in Paris und Athen nach dem Ostrakon recherchierte (Email vom 15.07.2003).
2 Hinweise auf ein Petrusevangelium in der antiken christlichen Literatur
2.1 Justin der Märtyrer, diaL 106,3 (Goodspeed, Apologeten, 222-223)
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KaL HC au'twv EVEYKWV C'tEcj>avov
&.KcXVSLVOV ESTjKEV E1TL 'tilc KEcj>aAilc 'tOU KUPLOU
1 Ms: pouÄ1l8EV'rw; 3 Ms: IIELÄa"Cllc; 4 lTap[aÄll]Il vgl. Schwyzer, Griechische Grammatik, 1, 707-710. Erfolglose Suche mit TLG und DDBDP (http://\vww.perseus.tufts.edu/Texts/papyri.html). 93 Zu diesem Hap. leg. des PE speziell Karavidopoulos, «Hapax legomena» et autres mots rares, 225228. Mit Recht stellt Karavidopoulos die Frage, warum die besondere Wortwahl des Autors des PE nicht Niederschlag in späterer Literatur gefunden hat, und wendet sich so gegen eine Überschätzung der rhetorischen Leistung des Autors des PE, "der im Stil den volkstümlichen Ton trifft, aber doch auch auf die höheren Ansprüche der Schule nicht verzichtet" (Weissengruber, Grammatische Untersuchungen, 144; ähnlich Id., Zur Datierung des Petrusevangeliums, 119-120). 94 Zur Etymologie vgl. Chantraine, Dictionnaire etymologique IV,l, s.v. onwpo.
95 Zur Diskussion Vaganay, Evangile, 215-216; Mara, Evangile, 86-87.
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
34
f.2r
9
KaI. EtEPOL ECtWtEC EVElTtUOV alnou tal 'c' Öl/JECL KaI.
lo..AOL tac cLayovac autou Epa.lTLCaV, EtEPOL KaAa.Ilu.> EVUCCOV autOV KaL tLVEC autOV EIla.CtL(OV AEYOVtEC' taUtTj(L) til(L) tLllil(L) tLll~CWIlEV tOV ulov tOU S(EO)U. IV10 KaI. ~VEYKOV 5
OUO KaKOUPYOUC KaI. ECtaUpwcav autoc OE ECL(~lTa WC IlTjöEVa
ava
lTOVOV
IlECOV autWV tOV K(UpLO)V.
EXWV.
11
KaI, ÖtE wpSw-
cav tOV ctaupov, ElTEypal/Jav ÖtL Oll"COC ECtW 6 ßacLAE[u]C
tOU 'Icpa~A.
12
KaI, tESELKOtEC ta EVOUllata ElllTPOCSEV
autou OLEIlEpLCaVtO KaI, AaXllov EßaAOV ElT' autolc. 10
13
ELC OE tLC tWV KaKouPYwV EKELVWV WVELOLCEV
autOUC AEYWV' ~IlElc OLa ta KaKa ä. ElTOL~CaIlEv OÜtW lTElTOvSallEv, OUtOC OE CWt~p YEVOIlEVOC tWV av(SpwlT)wv tL ~OLKTjCEV Ulliic;
14
KaI. ayavaKt~CaVtEC ElT' aUtW(L) EKE-
AEUccx.V '( va Il~ CKEAOKOlTTjSil (L), ÖlTWC ßacaVL( 0IlEVOC 15
alToSa.voL. V15 ~v OE IlECTjIlßpLa KaI, CKOtOC KatECXE lTiicav t~V 'IouöaLav. KaI. ESOPUßOUVtO KaI. ~YWVLWV ll~lTOtE
6 ~ALOC EÖU, ElTELO~ EtL E(Tj' YEypalTtaL autolc
~ALOV Il~ ouvaL ElTl. lTECPOVEUIlEVW(L).
16
KaL tLC autc3v
6 Ms: flllÖEV; 7 Ms: cmupwv; 10 Ms: WVElÖllCEV; 12 Ms: ou.wc; 15 &:lTOMVOl: Konjektur (von Gebhardt) zu cllTo8avlJ unnätig; 18 Ms: lTEVTO
Il~ '(OWCLV aUTaC ol 'Iouoalol KaI. EAEYOV' EL KaI. Il~ EV E-
KaI. KOl/IacSal, KaI. Vl>V ETII. TOl> IlV~llaTOC aUTOl> 1TOl~CWIlEV Tal>Ta. 53 TLC OE &'1TOKUALCEl ~lllV KaI. TOV ALSOV TOV TESEVTa ETII. T~C Supac TOl> IlVllIlELOU, '(va ELCEASOl>CaL TIapaKaSEc10
SWIlEV aUTQ KaI. 1TOl~CWIlEV
Ta
~V
Il~ HC ~Ilac 'LOll(l) KaI. EL Il~ OU-
0 ALSOC. KaI. CPOßOUIlESa
oepElAOIlEva; 541lEyac yap
va.IlESa, Käv ETII. T~C Supac ßa.AWIlEV ä. CPEPOIlEV ELc IlVllllOCUVllV aUTOl>, KAaUCOIlEV KaI. Kol/IollESa EWC EASWIlEV ElC TOV OLKOV ~IlWV. XIII 55 Kat &'TIEASOl>CaL EUPOV
15
TOV Ta.epOV ~VEw(0YIlEVOV KaI. TIPOCEASOl>Cal TIapEKUl/Iav EKEL KaI. OPWCLV EKEL Hva vEavlcKov KaSE(oIlEVOV IlECW(l) TOl> Ta.epOU wpaLov KaI. 1TEPlßEßAllIlEVOV
7 Ms: KOl\!E061U; Ms: lTOlT]CWflE; 10 1. otVlÄOflEVn:; 17 flECW(l): Verdeutlichung durch vorangehendes EV (vg1. von Gebhardt) möglich; Ms: lTEplßEßÄ11flEvo.
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
47
vor Zorn, hatte sie am Grabmal des Herrn nicht getan, was Frauen an den Verstorbenen und den von ihnen Geliebten zu tun pflegten - , 51 (ihre) Freundinnen mit sich und machte sich auf den Weg zu der Grabstätte, wo er hingelegt worden war. 52 Und sie fürchteten, dass die Juden sie sähen, und sagten: "Wenn wir auch nicht an jenem Tag, an dem er gekreuzigt wurde, weinen und uns an die Brust schlagen konnten, so wollen wir dies nun an seinem Grabmal tun. 53 Wer aber wird uns nur den Stein wegrollen, der bei der Tür der Grabstätte liegt, damit wir eintreten, uns neben ihn setzen und das tun, was sich gebührt?" 54 _ Denn der Stein war groß. - "Auch fürchten wir, dass uns einer sieht. Und wenn wir (es) auch nicht können, wollen wir bei der Türe hinwerfen, was wir zu seinem Gedächtnis bringen, werden weinen und uns an die Brust schlagen, bis wir in unser Haus gehen." XIII 55 Und als sie weggingen, fanden sie das Grab offen, und als sie hintraten, beugten sie sich dort vor, und sie sahen dort einen Jüngling in der Mitte des Grabes sitzen, wohlgestaltet und bekleidet
XIII55 in der Mitte: Dativ fl.ECW(l) des Manuskripts als localis; präpositionsloses fl.EOut auch in JG 12 (5) 827.27,31,38 al. (LS], s.V. IIla).
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
48
f. Sv
CtOA~V AallnpOtlhrw, ÖCtlC ECPl1 aUtaLC·
56
t[ ~ASa
tE; t[va (l1tELtE; Il~ taV CtaUpwSEVta EKELVOV; UVECtl1 KaI. UniiASEV. EL OE Il~ nLCtEUEtE, napaKu*atE KaI. '(OEtE 'tav 'tonov EvSa EKEL ''to' Ötl OUK ECtlv. 5
UVEC'tl1 YO:P KaI. uniiASEV EKEL ÖSEV unEc'taAl1. 57
tOtE al yuvaLKEc CPOßl1SELc Ecpuyov. XIV58 ~v OE 'tEAEUtala
TJIlEpa n3v U(UIlWV KaI. nOAAOL 'tLVEC E~~PXOV'tO unOC'tpEcpOVtEC ELc 'tOUC O'LKOUC auni!v 'tiic Eop'tiic naucallEvl1c.
10
59
TJIlElC OE ol owoEKa llaSl1'tal. 'tOU K(UplO)U
EKAalOIlEv KaI. EAunoullESa KaI. EKac'tOC AunoullEVOC OLO: ta CUIlßo:V unl1AAaYl1 ELC 'tav OLKOV aUtou.
60
EYW OE
CLIlWV IIEtpoc KaI. 'AvopEac 6 UOEACPOC 1l0U AaßOV'tEC TJIlWV 't0: ALva un~ASallEv ELc 't~v Sa{A}-
Aaccav. KaI.
~V
1 Ms:
3 Ms:
tW1"IUOH;
cuv TJIlLV AEUEI.C 6 'tou 'AAcpaLou
1rLCtEUEtal;
4 Ms:
lOa1"E;
ÖV
K(UpLO)C
Konjektur wie Bouriant, von Gebhardt und
Klostermann entsprechend VIIl2H; Ev8a: Geschrieben EV 8a, dabei v leicht verschmiert; EKEl '1:0':
1"0
über der Zeile nachgetragen; 9 Ms: 1TaucallLvTlc.
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
49
mit einem leuchtenden Gewand, welcher zu ihnen sprach: "Wozu seid ihr gekommen? Wen sucht ihr? Nicht (etwa) jenen Gekreuzigten? Er ist auferstanden und fortgegangen. Wenn ihr aber nicht glaubt, so beugt euch vor und seht den Ort, an dem er lag: Er ist nicht (hier). Denn er ist auferstanden und dorthin fortgegangen, woher er gesandt wurde." 57 Da flohen die Frauen aus Furcht. XIV58 Es war aber der letzte Tag der ungesäuerten Brote, viele Leute gingen hinaus und kehrten in ihre Häuser zurück, da das Fest zu Ende war. 59 Wir aber, die zwölf Jünger des Herrn, weinten und trauerten, und voll Trauer über das Geschehene machte sich jeder (von uns) auf in sein Haus. 60 Ich aber, Simon Petrus, und Andreas, mein Bruder, (wir) nahmen unsere Netze und gingen weg zum Meer, und bei uns war Leueis, der (Sohn) des Alphaios, den der Herr ... 56
Er ist nicht hier: wörtlich: Er ist nicht. seht. Auch die Mischform des Aor. I und II Loa:tE des Manuskripts erscheint akzeptabel. 106 XIV60 Meer. Hier wird häufig aufgrund von Eintragungen aus kanonischen Parallelen (Ioh 21) mit "See" übersetzt. den der Herr. Hier bricht der Text auf dem Manuskript ab. 56
106
Vgl. Blass/Debrunner/Rehkopf, § 81,3.
50
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
Englische Übersetzung/English translation:
2
4
11 12
13
14
V 15
16
107
But none of the J ews washed the hands, neither Herod nor any of rus judges. And as they did not want to wash Pilate stood up. And then Herod the king commanded that the Lord should be taken off, and said to them: "Wh at I commanded you to do to hirn, do." But there stood there J oseph, the friend of Pilate and of the Lord, and seeing that they were about to crucify rum, he went to Pilate and asked for the body of the Lord for burial. And Pilate sent to Herod and asked for his body. And Herod said: "Brother Pilate, even if no one had asked for rum, we would have buried hirn since the Sabbath draws on. For it is written in the law that the sun should not set on one that had been put to death." And he delivered hirn to the people before the first day of unleavened bread, their feast. But those who took the Lord, pushed rum as they ran and said: "Let us drag away the Son of God, because we have got power over rum." And they clothed rum in a purple robe, and sat hirn on the seat of judgment, and said: "Judge righteously, King of Israel." And one of them brought a crown of thorns and put it on the head of the Lord. And others stood there and spat into rus face 107 , and others slapped hirn on the cheeks, others pricked rum with a reed, and some scourged rum and said: ''With trus honour let us honour the Son of God." And they brought 1;WO malefactors and crucified the Lord between them. But he was silent as if he feit no pain. And when they set up the cross, they wrote: "Trus is the King of Israel." And they laid down his garments before hirn, divided them und cast lots for them. One of the malefactors, however, reproached them and said: ''We are suffering for the evil wruch we have committed. But trus man, who has become the saviour of men, what wrong has he done to you?" Then they were enraged at rum and commanded that (bis) legs should not be broken, so that he might die in torment. But it was midday, and darkness covered all Judaea. And they became anxious and in fear lest the sun had already set since he was still alive. It is written for them that the sun should not set on one that had been put to death. And one of them said: "Give rum to drink gall with vinegar." And they mixed (it) and gave (rum) to drink. LiteraIly: spat 011 his qes.
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums '17 18
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VI21 22 23
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51
And they fulf.tlled everything and filled the measure of sins upon their head. But many went about with lamps, because they thought it was night, and fell down. And the Lord cried out and said: "My power, power, you have forsaken me." And having said this he was taken up. And at the same hour the veil of the temple in Jerusalem was torn in two. And then they drew out the spikes from the hands of the Lord and laid hirn on the earth, and the whole earth quaked and there was great fear. Then the sun shone and it was found to be the ninth hour. And the J ews rejoiced and gave his body to J oseph that he might bury it since he had seen what good deeds he had done. He, however, took the Lord, washed hirn and wrapped hirn in linen, and brought hirn into his own tomb, called the Garden of Joseph. Then, as the J ews and the elders and the priests perceived what evil they had done to themselves, they began to lament and to say: "Woe on our sins! Judgement has come dose and the end of Jerusalem." But I mourned with my companions, and with disturbed senses we concealed ourselves. For we were being sought after by them as malefactors, and as persons who wanted to set fire to the temple. Because of all these things we fasted and sat mourning and weeping night and day until the Sabbath. But the scribes and Pharisees and elders came together, when they heard that the whole people murmured and beat upon their breasts, and they said: "lf at his death these most mighty signs have come to pass, see how righteous he is." The elders were and came to Pilate, beseeching him and saying: "Give us soldiers, so that we may have his sepulchre guarded for three days, lest his disciples come and steal hirn away, and the people suppose that he is risen from the dead, and they do us evil." But Pilate gave them Petronius the centurion with soldiers to guard the tomb. And with them there came elders and scribes to the sepulchre. And all who were there rolled a large stone together with the centurion and the soldiers, set it at the door of the sepulchre. And they affixed seven seals, pitched a tent there and kept watch. But when the morning of the Sabbath dawned, a crowd from J erusalem and the region round ab out came that they might see the sealed sepulchre. But in the night in which the Lord's day dawned, as the soldiers kept guard two by two at their post, there was a great voice in heaven. And they saw the heavens opened, and two men descend from there in a great brightness and approach the tomb. But that stone which laid (there) at the entrance started of itself to roll and move sidewards, and the tomb was opened and both young men entered.
52
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XI 43 44
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Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
As those soldiers saw this, they awakened the centurion and the elders, because they also were there to keep watch. And while they were telling what they had seen, again they saw three men coming out from the tomb, and two of them supporting one, and a cross following them, and the head of the two reaching to heaven, but that of the one who was led by them overpassing the heavens. And they heard a voice out of the heavens, saying: "Have you preached to those who sleep WB?" And a response was heard from the cross: ''Yes.'' Therefore, those men resolved with one another togo away and announce this to Pilate. And while they were still deliberating, the heavens were again seen open, a man descended and entered the sepulchre. When those who were with the centurion saw this, they hurried by night to Pilate, leaving the tomb which they were guarding, and reported everything that they had seen. They were greatly distressed and said: "In truth he was the Son of God." Pilate answered and said: "I am clean from the blood of the Son of God; but you have concluded this." Then they all came to him, besought him and entreated hirn to command the centurion and the soldiers to say nothing of the things they had seen. "For it is better for us," they said, "to make ourselves guilty of the greatest sin before God than to fall into the hands of the people of the Jews and be stoned." Pilate therefore commanded the centurion and the soldiers to say no thing. At dawn of the Lord's day Mary Magdalene, a woman disciple of the Lord, who, through fear of the Jews who were burning with rage, had not done at the sepulchre of the Lord what women are accustomed to do for their dead loved ones, took her friends with her and went to the sepulchre, where he had been laid. And they feared that the Jews should see them, and said: "Even though we could not weep and lament on the day when he was crucified, yet let us now do these things at his sepulchre. But who will roll away for us the stone that was laid at the door of the sepulchre, so that we may go in and sit beside hirn and do the things that are due?"
108 That means: who sleep the sleep German translation ofX 41 •
of death.
Alternatively: who have passed awoy. See the annotation to the
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums 5 122
Eigene Transkription anhand der zur Verfügung stehenden Fotografien.
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
61
Rekonstruktion des Rekto 123
[WC ol öCPElC'] ECEC8E w~ [&pVlcx. &va \lE]~OV AUKuW[' [ELiTOV iTPOC cx.u]~Ov' Eav ou(v) 10
[CiTcx.pcx.X8W]\lEV;
[0 ÖE &iTOKPl8El.c] AEYEl \lot' l [AUKOl CiTcx.p&]~cx.VtEC 'Co [&pVlOV oU]~En cx.U~~(l) ou[ÖEV öUVcx.V'Ccx.l] iTolfl9~~' Öl15
[0 EYW AEYW U]\lElV' [\l]~ CPO[ßElC8E &iTO t]~v &1![OKtEV-
[vov'Cwv u\lcX] C Kcx. ~ [\lEtO: 'Co [&iTOKtElVcx.l] I-;lTlKHn iTOl-
123 Wiedergabe entsprechend der editio princeps p,0-'9" LX, 3-4, und Lührmann, POx 4009, 394-397; Id., Fragmente, 79. Ferner hierzu die Rekonstruktion der Zeilen 7-12 Id., Ein neues Fragment, 579-580.
62
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
Übersetzung:
Deutsch: " ... die Ernte. Sei aber ohne Falsch wie die Tauben und klug wie die Schlangen. Ihr werdet sein wie Lämmer inmitte.r: von Wölfen." Ich sagte zu ihm: "Wenn wir nun also gerissen werden?" Er aber antwor- : tete und sagte zu mir: "Wenn die Wölfe das Lamm gerissen haben, können sie ihm nichts mehr anhaben. Deshalb sage ich euch: Fürchtet euch nicht vor denen, die euch töten und nach dem Töten nichts mehr tun können ... " English: " ... the harvest. Be without wrongdoing like the pidgeons and as clever as the snakes. You will be like lambs among wolves." I said to hirn: "(But) If we will be killed (then)?" He, however, answered and said to me: "When the wolves have killed the lamb, they cannot do anything against it. That is why I tell you: Do not fe ar those who kill you and cannot do anything against you after the killing ... " Die Rekonstruktion ist sehr wohl sinnvoll (auch die Annahme eines Abstandes nach TIO Lflaa L für die Lücke im Papyrus in 1. 4) und erfolgt mit Hilfe von vier synoptischen Logia (Mt 9,37-38 / / Lc 10,2; Mt 10,16b [und P.Oxy. IV 655 ii b, 19-23 = EvThom 39]; Mt 10,16a / / Lc 10,3; Mt 10,27 / / Lc 12,4-5) sowie vor allem II eIern 5,2_4. 124 Insbesondere letztgenannte Stelle veranlasste die Erstherausgeber dazu, für P.O:>ry. LX 4009 eine Zuordnung zum PE in Betracht zu ziehen, die D. Lührmann in einer gesonderten Studie ausführlicher begründet. 125 Der Zweite Clemensbrief zitiert an mehreren Stellen Jesusworte, die der Verfasser auch aus einem "Evangelium" entnommen haben möchte (Il eIern 8,5), denen z.T. deutliche synoptische Parallelen zugewiesen werden können. Dies fällt für II eIern 5,2-4 schwer, da die Stelle nur Berührungspunkte mit synoptischen Einzelsätzen aufweist. 126 Lührmann sieht insbesondere in der Verwendung der ersten Person Singular (Rekto Z. 11 AEYEL ~OL) eine Verbindung mit dem Akhmim-Codex P.Cair. 10759, der vor allem anhand einer solchen IchErzählung (XIV60 EYW ÖE ~(~wv IIE!poC;) und der Angaben bei einzelnen
124 Hinsichtlich einer Beschreibung der Buchstabenreste sowie der Logia für die Rekonstruktion der Zeilen 4-19 vgl. Lührmann/Parsons, P.O>-J/. LX, 3-4. 125 Vgl. Lührmann, POx 4009, 390-410. Hierauf bezieht er sich dann auch in Id., Fragmente, 73; Id., Petrus als Evangelist, 355-356; Lührmann, Fragmente, 132-137. 126
Hierzu Köster, Synoptische Überlieferung, 94-99; Id., Ancient Christian Gospels, 351-353.
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
63
altkirchlichen Autoren als PE eingeordnet wurde, die er über II Clem 5,2-4 01. 4 E{iTEV 6 'IllooG sowie Stichwortverbindungen) herzustellen sucht. Doch fehlt eben auf P.O:>ry. LX 4009 Rekto die Identifizierung des "Ichs" als IIhpory. XLI 2949 liegt auch kein wirklicher Vergleichstext eines dem PE zugeordneten bzw. als PE eingestuften Manuskripts vor. Abschließend bleibt deshalb eine "Skepsis in bezug auf die Möglichkeit einer Zuordnung des Fragments"129 zu einem bekannten Text bestehen.
127 Vgl. Nicklas, Ein "neutestamentliches Apokryphon"?, 267. Ob P.Berol. 22220 (aufgrund von p. 116,29-32 bei Schenke = p. 104 V. 60 bei Emmel) als Zeuge für einen Ich-Erzähler Petrus fungieren kann, bleibt aufgrund des Fehlens des Namens in diesem Satzfragment ebenso rein hypothetisch wie die vermeintliche Ich-Perspektive. Mit Emmel, The Recently Published Gospel of the Savior, 57.67, kritisch gegenüber der Erwägung von Schenke, Das sogenannte 'Unbekannte Berliner Evangelium', 205. 128 Vgl. die Literatur unter Anm. 126. Lindemann (Die Clemensbriefe, 214) vermutet, dass es sich bei II Clem 5,4 um ein freies Logion gehandelt haben könne, das erst "hinzugewachsen ist". Die Besonderheit des Verses unterstreicht auch, dass dieser früh parallel überliefert wird (vgl. Exe. ex Theod. 14,3; 51,3; Irenäus, haer. III 18,5; ferner Justin, 1 apol. 19,7; Ps.-Clem. homo XVII 5,2). 129 Lührmann, POx 4009, 404 Anm. 40.
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
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3.5 P. Vindob.G 2325: Das so genannte Fayum-Fragment Da der in der Literatur auch Fayum-Fragment bzw. Faylim-Evangelium genannte P. Vindob.G 2325, insbesondere dessen handschriftlicher Befund, in einer Neuedition130 ausführlich besprochen ist, kann hier die Darstellung auf die wichtigsten Daten beschränkt bleiben bzw. erfolgen einige wenige Modifizierungen dieser Neuedition. Das von G. Bickell1885 131 erstedierte Fragment ist nur auf einer Seite entlang den Fasern beschriftet, maximal 3,5 cm hoch und 4,3 cm breit. Im linken oberen wie im rechten unteren Bereich ist der Papyrus leicht verfärbt. Die kräftige schwarze Tinte ist in den beiden ersten Zeilen teilweise abgerieben, was gerade in der ersten zu Textverlust führt. Heraus sticht die in roter Tinte geschriebene Buchstabenfolge TfEt. Die regelmäßigen, durchaus flüssig ausgeführten, nach rechts neigenden Großbuchstaben beanspruchen in etwa gleich großen Raum. Dabei ragen 4>, p und bisweilen auch cx. über bzw. unter die Zeile hinaus, sind 4> und w überdurchschnittlich breit. Der Horizontalstrich des ovalen E ragt deutlich aus dem Korpus heraus. Ligaturen oder Juxtapositionen fehlen, obgleich die Buchstaben einander berühren. Gerade vor und nach TfEt, zudem ebenso nach VUKtL und Kcx.L finden sich Abstände. Diakritische Zeichen fehlen. Beachtenswert erscheinen die beiden auch in roter Tinte ausgeführten Punkte über - dem wohl erst später vom Schreiber in einen während des Abschreibprozesses ausgesparten Freiraum eingefügten - TfEt zur Kürzung des Namens IIEtpoC;. Die Fundumstände - in der Mitte einer ganzen Lage von Papyri der römischen Kaiserzeit vor der Herrschaft Diokletians - und die Ausführung der Buchstaben legen das dritte Jahrhundert unserer Zeitrechnung, womöglich dessen erste Hälfte, und als Herkunftsort denmittelägyptischen Gau Herakleopolites, dabei dann Herakleopolis (Magna) am südöstlichen Ausgang des Fayum, nahe.
130 Vgl. Kraus, P.Vindob.G 2325, 197-212. Hier auch die entsprechende Literatur. Zu ergänzen sind noch Förster, Apokryphen, Nr. 13 (15-16); Id., Die neutestamentlichen Apokryphen, Nr. 23 (90). 131 Vgl. Bickell, Ein Papyrus fragment, 498-504. Ferner Id., MPER 1, 53-61. Bickell revidierte seine anfängliche Lesung gerade der ersten Zeile. Vgl. Id., MPER 2-3, 42; Id., Bemerkungen, 516; Id., MPER 5, 79.
66
Die griechischen Handschriften des so genannten Petrusevangeliums
Transkription:
1
]saYElv wc ±5 .'tL.[ ]~~ VUK~L
CKavoaALC[
]~O ypa~Ev TIa~a~w ~ov[ ]~poßa~a oLaCKOpTILCS~C[
5 ]u TIEt(pOU) KaL El ].
aAEK~puWV
TIaV~EC
o[
ÖLC KOK[
]~~. '! [
1. 1 .n. runder Rest vor n ähnelt
0:, 0
oder eventuell
E
(Kraus, Neuedition: ±6 n.); 1. 3 wv oder
TO v, damit v als erster Buchstabe eines neuen Wortes; 1. 5 Pap. TIEr; 1. 6 leichte rechte Rundung eines
0
(Kraus, Neuedition)
oder rechte Haste eines v
(Wessely;
Förster, in:
Hen-
ner/Förster/Horak)?; 1. 7 v oder TJ
Rekonstruktion: 132
1 EV OE ~Q E]saYElV WC [ElTIEV Ö]'tL· ä[TIaVHC EV ~au~1J] ~iJ VUK~I. CKaVÖaALa[S~CECSE, Ka~a.] ~O ypa~EV' TIaTa~W ~OV [TIOLflE-
va KaI. 5
~a] ~p6ßa~a oLaCKopmaS~C[EtaL, El-
TI6v~oc ~o]u IIh(pou) KaI. El. TIaVTEC, O[UK EYW' AE-
YEl 'I~(couc) lTPl]'! &.AEKTPUWV ÖlC KOK[KUCEl TPI.C cu C~flEp6v flE &.]TIa[p]v[~C1J 1. 3-4 'ITOLjlElvo: bündiger Zeilenschluss in 1. 3 sonst kaum möglich (Förster; Kraus: 'ITOLjlEVO:); 11.45 Berichtigung des Druckfehlers in der Neuedition (dort E'( I 'ITOVTOWTLVW; 11 Ms: tOlTWC; Ms: apXEpw; van Minnen (fhe Greek Apoca/ypse ojPefer, 30 Anm. 26) erwägt hier eine falsche Lesung von urspr. &.PxaLw(v); 12 Ms: ÖLKaLOv; Ms: EtaLpOV; Ms: tolTW; 13 Ms: KavtaVTLKpUC; Konjekturen für aUXIlTwov{'rwv}: aUXIl1lPWV TLVWV Diels; aUXIl1lPOv Harnack; aUXIl1lPoV mtvu James; aUXIl1lPOtatov Blass; von Gebhardt; Klostermann; 14 K des zweiten KaL überschreibt 0; cKoAa(oVtEc: X mit K überschrieben; 15 Ms: CKOTLVOV EV{ÖE}Öull{Ev}a wie von Gebhardt; Harnack (vgl. auch V. 7); 18 Ms: ÖLoKaLOCuv1lC.
Die griechischen Handschriften der so genannten PA
16
17
18 19
20
21
22
23
15
16
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und die Erde selbst blühend von unverwelklichen Blumen und voll von (duftenden) Kräutern und Gewächsen, die schön blühen und unvergänglich sind und gesegnete Früchte tragen. So stark war der Blumenduft, dass er von dorther auch zu uns getragen wurde. Die Bewohner jenes Orts aber waren bekleidet mit dem Kleid lichtglänzender Engel, und ihr Kleid passte zu ihrem Land. Engel aber liefen dort bei ihnen umher. Gleich aber war die Herrlichkeit (aller) Bewohner dort, und einstimmig priesen sie laut Gott, den Herrn, und erfreuten sich an jenem Ort. Der Herr sagt(e) zu uns: "Dies ist der Ort eurer Hohenpriester, der gerechten Menschen." Ich sah aber auch einen anderen Ort direkt gegenüber von jenem, einen ganz frnsteren, und es war der Ort der Züchtigung. Sowohl die dort Gezüchtigten als auch die züchtigenden Engel tragen entsprechend der Luft des Ortes ihr Gewand dunkel. Und es waren einige dort an der Zunge aufgehängt. Dies aber waren die, die den Weg der Gerechtigkeit gelästert hatten, und unter ihnen befand sich Feuer, das loderte und sie strafte. Und ein großer See war angefüllt (dllftende) KräHter. oder alternativ "wohlriechende Düfte". schön blühen: Das Adjektiv EUIX.Ve~C; (schon Horn., Od. 11,320) ist biblisches Hap. leg. gesegnete Hiichte: oder alternativ "gepriesene" bzw. "gerühmte Früchte". BI/lJJJendujt: wörtlich "Blume". Bewohner. otK~nup begegnet an keiner Stelle im NT (Hap. leg.). In der LXX ist es in Prov 2,21 und Sap 12,3 belegt, ansonsten auch im Profangriechischen. die Herrlichkeit. oder alternativ "der Glanz". priesen sie IaHt. Das Verbum a.VEuqJ'TlflEW begegnet in der griech. Bibel nur Ps 62(63),8 Sym. (Hap. leg.). Im Profangriechischen ist es seit Sophokles (fr. 783) und Plato (phd. 60a) belegt, beide Male als Ausdruck der Betrübnis. der Ort eurer Hohenpriester. Meist wird IX.PXEpW(V) als Schreibfehler für apXLEpEW(V) aufgefasst, was kontextuell gut passt. Manche christlichen Gemeinden hatten auch ebenso bezeichnete "Vorsteher" (Lampe). direkt gegenüber: KIX.'tIX.VnKpUc; (seit Homer als KIX.'tIX.VnKpU häufig belegt) ist biblisches Hap. leg. (dagegen Simplex &vnKpuc; Act 20,15; IU Macc 5,16). Es steht auch noch V. 29. ihr Gewand dllnkel: OKO'tELVOV ... IX.U'tWv