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' ~ CHE BUCHHANDLUNG
UNTERSUCHUNGEN ZUM NEUEN TESTAMENT · HERAUSGEGEBE
VON
Hermann Guthe zu seinem 85. Geburtstag
D. DR. HANS WINDISCH
1o. )Lt 1 I !I :H)
PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT KIEL
i n hcrzlichN \' erehrun~
HEFT 24
~t· w idmct
PRINTED IN GERMANY
•
•
VORWORT Das Problem Paulus und Jesus beschäftigt mich seit meiner Privatdozentjmtätigkeit: Beweis u. a. ein Aufsatz über "Jesus und Paulus", der 1909 in der "Christlichen Welt" veröffentlicht wurde. In meiner Leideuer Zeit wuchsen mir neue Erkenntnisse hin?-u, vor allem öffneten sich mir in dieser Zeit ganz neue Aspekte: (l) die Gleichartigkeit der beiden Gestalten selbst, die ApÖstelhaftigkeit Jesu und die Christusähnlichkeit des Paulus, und (2) die Vergleichbarkeit beider Gestalten mit dem "Gottesmann" des A. T.'s und dem theios anthropos der griechisch-römischen Antike. In einem "Doktoralkolleg" versuchte ich i. J. 1928 zum ersten Mal die neue Betrachtung skizzenhaft auszuführen. Die Ausarbeitung, durch anderweitige literarische Arbeiten immer wieder aufgehalten, erfolgte erst in Kiel. Wieweit die Leitgedanken dieses Buches in der theologischen und philologischen Forschung bereits zum Ausdruck und zur Ausführung gekommen sind, ist auf den S. 7 ff. und 23 gesagt. Als das Manuskript schon abgeschlossen und dem Verleger zugesandt war, kam mir R. Otto's schönes Buch ·Reich Gottes und Menschensohn' (1934) in die Hände: hier findet ~eh in dem :Jrapitel •Gottesreich und Charisma' (auf S. 285-327) eine Darlegung über die Zugehörigkeit Christi und Pauli zu dem Typus des Charismatikers, die sich mit den Untersuchungen meines vierten und fünften Kapitels berührt. Ein Unterschied ist der, daß Otto an der richtigen religionsgeschichtlichen Erfassung Je:.""U, ich in diesem Buch mehr an der richtigen Würdigung des Aposte~s Jesu Christi interessiert bin. Das Jesusbild, das sich mir aus den Forschungen über Paulus ergibt, hoffe ich bei einer anderen Gelegenheit gestalten
VI
Vorwort
zu können. Die Grundzüge sind indes schon im vorliegenden Buche herausgearbeitet. Das Buch, das ich hiermit vorlege. will den Gegenstand in der Fülle seiner Beziehungen nicht erschöpfen. Vor allem erheischt die Entwicklung der griechisch-römischen theios-Gestalt (die Otto nicht einbezieht) noch umfassendere Studien. Dasselbe gilt von den Nachwirkungen der apostolischen Christusähnlichkeit in der Geschichte der christlichen Frömmigkeit; in meinem Schlußkapitel konnte ich auf diese Beziehungen nur eben hinweisen. Wie ich die "religionsgeschichtliche Vergleichung", ihre Notwendigkeit und ihre Schranken, verstehe, habe ich in der Einleitung S. 22 f. , in der "religionsgeschichtlichen Grund legung" und in dem Schlußkapitel zum ~usdruck gebracht. Ich verweise des Weiteren auf das kürzlich erschienene schöne Werk des holländischen Religionshistorikers G. van der Leeuw 'Phänomenologie der Religion' (1933) und auf die im Ganzen treffenden Bemerkungen von J. Wach in der Anz~ige dieses Buches in der Deutschen Literaturzeitung 1933, Heft49, palte 2 309 f. Ich widme das Buch dem einzig noch lebenden meiner Leipziger theologischen Lehrer, dem hochverdienten Altte tamentler und Palästinerfm:scher, D. Dr. Herrnarm Guthe. Kiel im {ärz 1934. Hans Windisch
I
INHALT
Seite
V
. ....... . Vorwort ... ····················· .. . ··· ··· ·
Einleitung
. . hiebtliehen Vergleichung Recht und Sinn einer religwnsgesc .. .. ................ . des Paulus mit Jesus .............. .
1
I. Teil
Religionsgeschichtliche Grundlegung.
2-i
. hisch römischen Antike ..... . . 1 D' {felo• liv8~·• der gnec , · . . . . . . 25 1. Kap1te : le . \r 0 m {ftros dv~~ . . · · · · · · · · · · · · · · · · · 59 1 D1e Lehre h' ht . Philosophen · · · · · · · · ~ · {!•los--Gestalten der Gesc IC e · ........ , . . . . . 7 ;: Göttliche Herrscher · · · · .: · · · · · ... ~~e hellenistische . l'tischen- Gottesmanner un 89 . · ................. 89 2. Kapitel: Die lsrae l . InterpretatiOn · ·. :. · ·. · · · · Gottesmann · · · · · · · · · · · · · · · · 1 Der israelitisch·JUdlSche t t'1 n des biblischen Gottes2·. Die hellenistische Interpre a ~ . . . . . • . . . . . . • . . . . • . . . . 101 mannes · · · · · · · · · · ........
d.
2.Teil
d Christus als Gottesmänner biblischer Prägung Paulus un
b . J und Paulus . . . . lla 'a itel: Vorgeschichte ~d Bemfung el ~................. 115 3. K P 1. Die Vorgeschichte ........ ·:::...... .. ....... 134 2 Die Berufung .. .. .. .. .. .. . .
.
Die
. . Funktionen des Paulus und ~le entcharismatisch~n 1 d Würden der Christologie sprechenden Tite un ............... - . ..
. .. A stel und Knecht · · · · · · · 4. Kapitel: 1. Der po . . ........... ·. · · · •· · · . Der Pneumat1ker · · · · · · · · · · .. 5. Kap1tel: 2. d Schrillgelehrte .. · · · · · · · · · · .... 6. Kapitel: 3. Der Lehrer un ..... . 7 Kapitel: 4. Der Mystagoge .. .. .. .. .. .. .. ........... · Christusmensch · · · · · · · · · · ö. Kapitel: 5. Der .. . ............ · · · · · · · · · 9 Kapitel: 6. Der Heilige ... .. . . . w·rrkung des Gottesmannes auf die Menschen 1o. Kapitel: D1e
143 175 200 4 21 229 252 276
Schluß kung n in der
u, Paulus und ihre ;{aehwir . e ••••• 2· ; D ' Christusähnlichkeit es ..... 1le Kirchengeschichte · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ............. · · · · · 3 '~ ..... . .. .... . ~
Register .. · · · · · · · ·
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EINLEITUNG
RECHT UND SINN EINER RELIGIONSGESCHICHTLICHEN VERGLEICHUNG DES P AULUS MIT JESUS l. Unter der Problemstellung 'Jesus undPauluf?' verstehtman . meist die Vergleichung der beiden Evangeliunisverkündigungen, den Nachweis ihrer wesentlichen Gleichheit oder ihrer wesentlichen Verschiedenheit. Daß Jesus, der Christ, für Paulus 9bjekt und Inhalt des Evangeliums ist, das ist für jeden Forscher Ausgangspunkt der Gedankenführung. Die einen Forscher suchen von hier aus zu erweisen, daß Jesus auch in dem von ihm selbst gepredigten Evangelium Mittelpunkt gewesen, die anderen lehnen dies ab oder erkennen es nur mit Vorbehalt an und stellen so die Hm:tptdifferenz zwischen "Jesus und Paulus" fest. Man kann das Problem auch als die Frage nach der "Abhängigkeit" des Paulus von Jesus auffassen 1 • Die meisten Forscher betonen die Abhängigkeit im vollen Sinne: Paulus ist n seiner Verkündigung positiv abh.ängig von der eigenen Veründigung Jesu; er hat sein Evangelium, wie es sich uns arbietet, "von Jesus empfangen"- so wie die Schriftgelehrten von Moses abhängig sind, weil sie nichts anderes lehren als die 2 Thora~ und die Thora "von Moses empfangen" haben • Aus dieser Abhängigkeit resultiert für Paulus die wesentliche Gleichheit seines Evangeliums und des Evangeliums Jesu. Solche Abhän_gigkeit wird von den anderen geleugnet oder nur mit Vorbehalt anerkannt. Das Evangelium des Paulus ist eine Neu!'chöpfung, oder das W:esentliche ist neu, oder wo gleiche Lehre >orliegt, ist sie nicht aus Abhängigkeit Pauli von der Lehre
~
1 Vgl. hierzu speziell die Themastellung bei P. Kölbing: Die geistige Glmchordnung festgestellt .Ins emgestellt sind, in denen ihre sprochen ist, wenn auch , J~ sogar die "Oberordnung ausge.,o!che Auszeichnung gera;eiSt unter der Voraussetzung, daJ ~Ie Untersuchung, die wire durch den Meister vermittelt ist mchts anderes als eine Re lis:vorhaben, bedeutet also eigentia ansgedrü kt d . di w· . c enGedanken aodIerung .hreEerm esen Jüngen,prüchen Ir ~~ISen schon jetzt d;ra~~ x:mplifizierung an PaulUS 1• g~~u~ eine igovala gelte d 'daß )a a~c~ P. den Gemeindta un m die Sphäre des Ren:.' ~acht, die ihn über sie hinau& ~neue V~nschaullchun en~aufh~bt; ja gerade P. brin8* ~"bung, die weit über d g dies~r ihm zu teil gewordeneil was die Syn ausgehen. Si h ChristUs : ängen mit as, seiner Pn opse hier lehrt, hinl_llYstik zusammen Rie . euma.lehre und mit seine! ~die den Ab~nd fa'st r finden wir gelegentlich . on diese AlU!eina.n~anz verschwinden lassen ~er V ~leichung der ·'--:detzungen haben P.l'&eben .daß l So w · ut:1 n religi· :-e ' f:IUg P. "Jünger" im s· ösen Fisuren d.UtcJ:IL&al! if lllne der syno t tJt. . 1
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P ·
uerbeferung gewesen
7
zwei Aspekte nebeneinander Geltung beanspruchen: der Aspekt desAbstandeszwischen dem menschgewesenen, jetzt zu himmlischer Herrscherstellung erhobenen Christus Jesus und seinem Apostel Paulus auf Erden und der ~pekt der weitgehenden Analogi~haftigkeit zwischen de,m Jesus auf Erden, wie er uns vor allem in der älteren vorpaulinischen Tradition entgegentritt, und dem Apostel und Pneumatiker Paulus, wie er in seinen Briefen aber auch in der ApgL seinen Gemeinden gegen- (. über auftritt. Und eine genauere Untersuchung des zweiten Aspekts erscheint als eine legitime Aufgabe der Forschung, wenn nur dabei auf den im erstgenannten Aspekt sich auftuenden J'atbestand gebührend Rücksicht genommen wird. , Wir verstehen also das Thema 'Jesus und Paulus' ähnlich wie die berühmten (und z. T. berüchtigten) . Vergleichungsthemata 'Jesus und Buddha', 'Jesus und Sokrates', 'Jesus und J eremia' usw. in der Wissenschaft behandelt werden 1 . Das 'und' meint in diesen Themastellungen immer eine Zusammengehörigkeit im Rahmen einer bestimmten Denk- und Seins- und Geschichtskategorie: 2 Religionsstifter, 2 Weise und Denker, 2 Profeten. So bedeutet die Zusammenstellung 'Jesus und Paulus': zwei Apostel, zwei messianische Zeugen, die zwei Hauptfiguren des N. T., vielleicht auch die zwei (vornehmsten) Stifter de4 Urchristetitums und der urchristlichen Gemeinden. Vor den anderen Vergleichungen hat unsere Zusammenstellung den Vorzug, daß der zweite ein Mann ist, der zeitlich und sachlichpersönlich Jesus außerordentlich nahe steht - nur ein direkter geschichtlich-persönlicher Einfluß ist und bleibt ausgeschlossen: auf diesem Umstand beruht der besondere Reiz der Untersuchung, beruht die Möglichkeit, trotz der zeitlichen Nähe doch unterscheiden und vergleichen zu können. , Solche Vergleichung ist bisher, soviel ich sehe, nur selten vorgenommen worden. Ich nenne aus neuerer Zeit A. Deissmann, Tragende u . stählende Kräfte des N. T. (Festgabe für J. Kaftan 1920, S. 44 ff.) und vor allem 6: Bertram, Paulus ChristophoiUB in: Stromata. Festgabe d. akad. Theol. Vereins 19JO, S. 26-38, der die Gedanken von Deissmann weiter ausführt und das Thema, wenn auch nur skizzenhaft, doch schon ziemlich umfassend in ~ gezw:r:nmen hat; vgl. bes. S. SOff.; ich bemerke, daß vorliegendes 1_3uch nn Manuskript schon weit gefördert war, als mir B.'s Arbeit freundhebst zugesandt wurde; einige Anregungen im Einzelnen habe ich dankbar "-erwertet. Weiter s. 0. Michel, Prophet und Märtyrer, 1932, S. 33 und 1 Vgl. etwa A. M. Roos, Der Ruf der Zeit. Übersetzung vonP. Klaiber, 1932, 69 ff.; H. W. Sehomerus, Buddha u. Christus, 1931.
8
Einleitung Recht und Sinn einer religionsgeschichtlichen Vergleichung
E. Fu chs in ZKG 1933, S. 6 u.ll; weiters. noch E . G. Gu!in. l>itl FrtJude im ~- T. I 1932, bes. S. 252 ff.: ich habe diese Partien des Buches er:;t kurz vor Abschluß meines Manuskriptes eingesehen und freue mich weitgehenden Zusammenstimmans mit dem Vf. in der Fixierung des apostolischen Selbstbewußtseins. Endlich s. R . 0 t t o, Reich Gottes 11. ~Ienqchensohn 19:H. 286 ff. {vgl. Vorwort). Im Gegensatz zu diesen Forschern hat man den Vergleich meist unter dem beherrschenden Gesichtspunkt der völligen Unterordnung des P. unter Jesus durchgeführt. So betont etwa A. Deissmann in seiner früheren Schrift "Das Urchristentum und die unteren Schichten" {1908): Schon um der Struktur ihres inneren Lebenswillen können die beiden Persönlichkeiten, Jesus und P., nicht nebeneinander gestellt werden: bei Jesus ist alles Urgestein, getragen durch ndern anch mit dem Finden und Lehren der jüdischen Rabbinen vergleichbar ist. Und mit diesem Jesus haben wir es bei unserer Arbeit in erster Linie zu tun. Dieser Jesus ist in vielem ein anderer auch als der Christus, dessen Sklave und .~poste! P. ist: er ist "kleiner" - daher bei diesem Aspekt von emem absoluten Abstand von vornherein nicht geredet werden kann. Im Gegenteil, jetzt stellen sich Jesus und P. als zwei einan?er ~ähnliche Vertreter eines und desselben religions· geschichtlichen TJPOs dar: des profetischen Pneumatikcrs des pn~?schen Lehrers und Schriftgelehrten, des eschatologisch· messt&nlschen Künders, des profetischen Wundertäters kurz «~: des antiken "Gottesmannes". ' ~h~d~ise können wir 'Uns für diese Vergleichb.arkeit und die s1e voraussetzende Anschauung von der historischen Jesasg~t auch. auf einige Anssagen des Paulus selbst berufen. In ge~m Smne wird unsere Voraussetzung, daß de~ ?.Iensch Jesns wt dem Christus des P. keineswegs identisch sei, auch durch P. selbst bestätigt. Auch P. weiß und lehrt mit
Recht und Sinn einer religionsgeschichtlichen Yergleichung
11
Nachdruck, daß kraft einer von d~m ?ttessoh_n geleisteten .. Kenose" Jesus auf Erden ganz wie ern (~cht-göttlicher) M?nsch erschienen sei und daß sich seine göttliche Kraft erst (Wled~:) in der Auferstehung offenbart habe. Daraus folgt auch f~r ulinisches Denken, daß dieser als Mensch auf Erden erscheipa de aÜer Macht entkleidete allem Leiden sich unterziehende nen · hfa lls d em L CI.'den Jesus 'das seihe Bild darbietet' wie sein gle1c preisgegebener Apostel - eine ~kliche Eix:iste~- und S~hick salsgemeinschaft, wie sie ·schon rn den s~optische.~ Jungersprüchen angedeutet ist, bei ~· nur n~ch ~1efer begrundet u~d mystisch gestaltet: die VergleiChung, die wrr vornehmen, er~alt somit auch von zentralen paulinischen Gedanken aus Ihre Sanktion (vgl. u. S. 179). . Hier schließt sich sofort ein dritter Gesichtspunkt an. Wenn als das eine Vergleichsobjekt bisher der vom später entstandenem Dogma und Mythos freigemachte historische ä 7~qcono~ "11JCTOv~ ·Xqt~6~ voransgesetzt war, so liefert doch auch der Tatbestand der in "Mythos" und Dogma vollzogenen ~an,s• figuration des Lehrers, Profeten. un~ Messias schon Maten~~ f.tir unser Thema: ist doch auch P . rn ernen Prozeß der Mythifizi,erung hineiilgetreten. Wie es eine Chris.tusmyth~ gibt, so gibt es auch eine Paulusmythe. Und der ms Mythische erhobene Paulus bietet einen neuen Kreis von Parallelmotiven zu der ins Mythische verklärten Jesusgestalt. Dabei ist dieser Paulnsmythus nicht etwa bloß aus der A:{>g. und aus den in P.' Briefen vorliegenden Zeugnissen seiner Verehrer zu bel~en; P. s~lbst ist stark an der Mythifizierung seiner Person, an erner mythischdogmatischen Interpretation mitbeteiligt,. er ist der Schö.pfer und Urheber seiner eigenen Mythe; und diese Fests.tell~g regt die Frage an, wie weit etwa auch Jesus selbst zu serner eigen~n mythischen Transfiguration den Anstoß gegeben h~be. Hier kann unsere vergleichende Untersuchung uns dazu dienen, von P. her da schwierige durch den Überlieferungsbestand , so komplizierte Problem des " Selbstbewußtseins" Jesu etwas zu klären. Es können vielleicht von P. her Rückschlüsse auf Jesus gemacht werden 1. Der Transfigurationsprozeß ist ja doch auch bei Jesus nicht eine von seiner geschichtlichen Existenz los1 Vgl. jetzt R . Otto a. a. 0. S. 286ff.
12
. Recht tmd Sinn einer religionsgeschichtlichen Vergleichung
Einleitnng
zulö"ende Erscheinung, vielmehr nimmt er von ihr selbst seinen Aru gang 1 . Im Lichte dieses Aspekts erscheinen nun Jesus urid P. als
~wei Gottesmänner, die beide in ähnlichen religiösen Erscheinungsformen ·a1s geschichtliche Menschen gewirkt und die beide in ihrem Selbstzeugnis die Sphäre geschaffen haben, in der ein Soter-MythoS entstehen und zur Ausbildung gelangen mußte. 2. Die Erörterung der leitenden Gesichtspunkte, auf denen unsere Arlieit aufgebaut werden soll, führt nun aber noch zu einer weiteren Präliminarfeststellung. Wir konzentrieren uns auf Jesus und - Paulus, entsprechend einer reich gestalteten, wissenschaftlichen Tradition, die eine umfassende Literatur hervorgebracht hat, in die sich nun auch diese Studie einreiht. Wir haben indes schon mehrfach ausgesprochen, daß diese Konzentration, wie sie sich klassisch in dem schon zitierten Deissmann-Worte ausspricht: JesusderEine,Paulus der erste nach dem Einen, eine große Einseitigkeit darstellt. Das gilt a~ch für die uns jetzt obliegende Spezialuntersuchung. Gerade d1e oben aufgeführten Gesichtspunkte sind auch auf andere "Jünger" des einen Meisters anwendbar, vor allem auf Petrus. Je~e Jüngersprüche gelten ja ursprünglich dem ältesten JüngerkreiS, dem Petrus angehörte, in den Paulus nie eingetreten ist. Dem "geschichtlichen Jesus" hat Petrus unendlich viel näher gestanden als Paulus, besser Petrus hat ihm nahe gestanden und ferne; Paulus hat über ihn nur ein Wissen durch ÜberUnd endlich gibt es auch eine Wirksamer gewesen ist als die Paulusmythe 2 • J?te \ :rglelchbarkeit zwischen Jesus und :.ea.ulus ist also kein Fall; sie hat zum mindesten ihre Parallele ih der von J esus_ und Petrus. Und es wird gut se1n m di Einl · . · die~r ""'-~~r eltun_g _werugstens die wichtigsten Motive Parallelitat zu nennen. In t-ewußtsein. Das vorliegende Buch rr ag als eine gewisse Rechtfertigung dieses Urteils des norwegischen Philosophen gewertet werden 1 • Es stellt aber auch Jesus nach seiner geschichtlichen und religionsgeschichtlichen Erscheinung in diese Reihe ein und zeigt, wie diese beiden Männer des N. T .'s bei solcher Betrachtung in der Tat ihren geschichtlichen, besser religionsgeschichtlichen Ort erhalten, sowenig sie mit der Totalität ihrer geschichtlichen, geschweige ihrer übergeschichtlichen Existenz an diesem "Orte" festhaften. Die Gefahr, daß mit solcher Eir.gliederu g Jesus und Paulus unter den "Unsterblichen", den "geistigen Heroen der Menschheit" 2 auf- und untergehen sollten, besteht nicht, da I. schon die religionsgeschichtliche Kategorie des 3-eio; lll'-3-(>wn:or; ein "von außen" und "von oben her" Gerufen- und Bestimmtsein dieser Gestalten markiert und da 2. die Vergleichung immer auch die Eigen- und Andersartigkeit der biblisch-neutestamentlichen Gottesmänner herausstellt. Daß immerhin bedeutsame peripherische und aperipherische Beziehungen zur antiken Theiosgruppe vorliegen, wird im folgenden nachge-wiesen werden. 1 Selbstverständlich akzeptiere ich damit nicht die Beschränkung auf die sozialen Aspirationen und Ideale, 'auch würde . ich die Reihe anders gestalten. 2 Vgl. die Buchreihe, in der Bultmann's "Jesus" erschien !
Die theioi andres der griechisch-römischen Antike
1. TEIL
REUGIONSGESCHICHTLICHE GRUNDLEGUNG Die
:Jeioc
-
Eine das Ganz · über di G e umfassende Abh dl Dia eiO:· estalten der !!•lo, ist mir ::h ung . über den &~lo'-Begriff und mensch Jge zusammenhangende Darstell er rucht .zu Gesicht gekommen. Ubersi~tum (llberg's Neue Jahrb. l926 ung, 0. W ei~reich, Antikes Gottschienen. 't;~e Belege, u_nd das dort , ~?O) bietet ~ine grundlegende Igte Buch ISt noch nicht erchon fert· llgens fand Ich jenen Aul:f Der Glaut!dw~ Einzelnes ist nach We::ei~t, a~ ich in den Grundzügen (I 21 u.n 25rD ellenen 1931/32, erwähnt d:n :;anzt: U. v. Wilamowitz. PerikJea bis · Bgegen hat W N es tl e G · ~ cl">j(> nur zweimal kurz kizze sein:~ Aristoteles ~9a3 (Sanucl G~~- Religiosität vom Zeitalter d. schOn mehrfach arstelJung ~Ingelegt. Einz In en 1 06~) S. 33-36 eine kurze ein, sind yst.-relig. •26 236 ff. ' syche,passtm; R. Reltzen, ··vor allemE F · ascher, Prophetes
Hellenist~delt;~hnenneE.Rh~d: ~rschemung~n
1927, wo eine Abart des &~~ c!Vf/(', der .,Prophet" in großer Ausführlichkeit zur Da:Q~tellung gebracht ist; dazu W. Bauer, Exkurs über den "Pro: pbeten" in Joh.-evgl. 3 1933,32 ff.; K. Holl, D. schriftstelL Form des griech. Heiligenlebens {Jahrb. f. klass. Alt. 1912 = Gesamm. Aufs. II 256 ff.). Eine erschöpfende Darstellung zu geben ist auch mir unmöglich. Ich habe nur das mir zugängliche und mich vom N. T. aus interessierende Material gesammelt und dargestellt. Es müßte vor allem noch das Gottmenschentum der nachapostolischen Zeit (bis ins 4. u. 5. Jhdt.) untersucht werden.
l. Die Lehre vom .ß.eioc; &..,~~-
1. KAPITEL
ä.,ö , d · h' .. . ee;" er gnec 18ch-romtschen Antike l. Die gleichmäßige E' tell J Pauius in eine best· te ms. _ung esu und seines Apostels :r;ach einer RichtU:~ religionsgeschichtliche Kategorie ist die Kategorie des mitgü~ gesehehlin: der Sinn unserer Arbeit. Es ist gesandten Wundenna ermenGsc eher Kraftausgerüsteten Gott, nnes ott künd suchung und Vergleichun 'näheres .. era. E~e wir die Unternach ihrer vorchristlich g d d au_sfuhren, Ist die Kategorie r~ligionsgeschichtlichen e;~~falt er mit dem N. T. gleichzeitigen, hchen. Wir be"chrä· ~ n k en uns auf ung· Hgenauer . . zu veranschanh~llenis~ische (bis zur Zeit des zwm auptlim~n, ~ie g~i~chis~hdische, Jene unter dem w .t h' ~- T.) und die ISraelitiSch-Jü{oder liJJ:Jewrcor;\ di . ru ~c Ic tigen Begriff des :felor; &11re . " Interpr ese Im ' t t·ISraelitischen Profetentum und in semenjüdischen beiden Entwicklungen e a Io~~~~ zu fassen. Die Darlegung der uns seh . ' vorneUWllch die d . his . on _reiChe Gesichts unkte .. e~ ~ec chen, wud \ 1erstandDIS der bei'd ,,.P_ für das religionsgeschichtliche .h en vttoc des N T · · und auch für ihre Verg eic lll::g verschaffen 7
25
n~türlich
!. Die griechische Anschauung vom :felof; hat ihre Wurzel in der über die ganze Erde verbreiteten Vorstellung vom "heiligen Menschen", der mit "Kraft" (mana usw.) begabt ist und den Mitmenschen darum als tabu gilt!. Heilige Menschen der Art sind die Zauberer, die Medizinmänner, die Priester, aber auch die Häuptlinge, die Könige und die Männer von Adel. In der griechischen Religionsgeschichte haben entsprechend von jeher als :felot gegolten einmal die Seher-(manteis), Wahrsager, Orakelpriester , Sühnepriester, Zauberer und Wunder2 täter , die " Propheten" der griechischen Religionsgeschichte 3 , auch die Sänger 4, sodann die Herrscher und Könige 5 , die Städteund Staatsgründer (x-rinjj» 379 C. H. Leisegang, Der h. Geist 1919, 166 ff. E. Fascher, Prophetes 1927, 66 ff. Über die Vorstellung von der Inspiration vgl. II Petr 2,21 und dazu meine Bemerkungen in: Die kathol. Briefe 11930, z. St .• Leg. 642 D führt Plato den Epimenidee als drtiJf :l'e"UJ» auf .
.28 Religionsgeschichtliche Grundz....,", . ~~g em Rasender verlacht wird (E ansprucht er selbst ein genaues ~~;;:-· ~ C)•. Charakteristi.~cherweise und unfromm z_u haben (4 E). Sokrat ~ uber das Göttliclle und über fromm ~er steht Ja schon in dem Prozeß ~ ~ehrt darum sein Schüler zu Wl!r· ~ .en zu wollen. Wenn der T m em e~ beschuldigt ist, neue Götter tlos ISt doch ernst gemeint on Ier auch Ironisch wird, die Lehre vom '\ls Ins · · · · . " PlCierte", l"{J- , als {J-
'*
h'
~e~~leYondergöttlichenMuseins . ~ro, 101
li"3(J.•s eckemit Plnto i.m Ion vor L e II6ch29tungen, ihre Worte und PWirierkten ~Ichter an (vgl. 530 C 53;J E eg. · B ed t d er e smd .. ttr b ' :ro.vra {}-.,,; r e ernentsprechend Plato h go Ic e Schöpfungen. In wenn -~a-re an und bemüht sich a~c den Dich tt>r Tyrtaios mit monid: h~ihge Schrift Wäre. Ähnlich s~ eme Exegese seiner Worte, wie ~ixtuov io:m, w~. er seinen Ausspruch a;~t ;r n~ch Polit. I 331 E den SJ· ~ • ' mexegetiSiert und zum AusgangspUßkt a "'''"Oflt"a lxtfo-r", o•xtuoovvr cht · .,.. &..-r:o3,3D,. ~w-rer". '00 : . • und dabei eingan b semes Gesprächs über die a D . h 'F • Yfl(J ..... .?-eros " &". gsD emerkt: 1:1pw"l3r, r• o(J AtJ.4o m lC ter bem k 7J(>. 8S G''ttJ" ' I'· aber ist i1un er en und verehren ist . 0 ICh_e, Was die 1\fenschen V1 "gegeben" - wieder wi~ be. ~me ., WeiBheit "; diese Weisheil {}-,:..... ~ . ~a':ch den Ausspruch Plat , . I aulus I Cor 3 , l o . 12 8 • - - '"'O(>QJv u • lil B un 2 B . f ' , . ob d' T ,an,vpa-ra ~ -rd -r.v • . rle e: lrl(Ji d(>e-rij~ a. E. 379 CD: Die ,.guten Männer" gleichen den .?-.w. ..-.v,.. p<W..-.m., und den ~'lopoMyo•. Beachte den Ausspruch a . E .: Wenn Gott einer Stadt Gutes erweisen will, dann hat er "gute Männer" geschaffen; wenn er ihr Böses erweisen will (der Text scheint hier nicht richtig überliefert), dann hat er die guten Männer aus dieser Stadt heraus· genommen. Vgl. die entsprechenden Überlieferunaen über die Sendungen der Profeten ini A. T. ~
.
30
Religionsgeschichtliche Grundlegung
J egliehe &(!ET~ ist also Inspiration, Geschenk des Himme~, Wirkung eines unmittelbaren Eingriffs des Himmels. Da1Dllwird das Vorrecht einzelner Stände auf alle Besitzer irgendeiner &(!ET~ ausgedehnt, und es liegt derselbe Vorgang vor, den wir bei dem Apostel Paulus beobachten, wenn dieser nicht nur die kirchlichen Funktionäre, die Inhaber bestimmter Charismen, als Pneumatiker aufführt I Cor 12,28, sondern alle Christen zu Pneumatikern macht, insofern er auch die allgemeinen christlichen Tugenden als Früchte des Pneuma wertet Gal 5,22 !., Röm 12,Sff.I. Die Lehre des Menon vom ~-~ wirkt dann weiter nach bei Aristo· teles,'wenn er ain Anfang des 8. Buchs seiner Nikomachischen Ethik der tierischen Wildheit, als entgegengesetztes Extrem, die übermenschliche, h~ ische oder göttliche Tugend entgegenstellt, und sich dafür auf die Lakolllff beruft, die, wenn sie jemand bewundern, von ~~ro, d",ZE' reden. Er selbll zitiert des Priamos Lob des Rektor (Dias 24, 258), der als ein dya~o' keiDIII Sterblichen, sondern eines Gottes Sohn zu sein' schien (vgl. Mc 16,39 !), ~ Beispiel für das (freilich seltene) Vorkommen, daß sie aus Menschen, W1l man sagt, wegen des Übermaßes der Tugend zu Göttern werden. Es llfstätigt sich, daß der Begriff des ~~los d»JE' an alte griechische TraditiCJDII. anknüpft, und wir finden auch schon den leichten "Übergang vom ~ ~"iiE'. zum :Eo~, der auch für die Christologie des N. T. bedeutsam ist~ dil m dieser HinsiCht mehr an den Hellenismus als an das A. T. ansch}iellr·
Dertiefe Gedanke, daß die guten Staatsmänner :J-Eiot seiell. kommt nun auch in den beiden großen, der Staatsverfa~ und Staatsleitung gewidmeten Werken Plato's, der Politelt und denN omoi, zum Ausdruck, freilich in abgewandelter Fo~: vor allem ist die ursprüngliche Idee fallen gelassen, daß dit Staatsmänner 3-tiot ä11Ö(!E~ seien, weil sie Ekstatiker und Kot1· banthen seien nnd weil eine ihrem Bewußtsein fremde sö&iliche ~ si~ zu ihrem Wirken treibe. Es liegt hier offeJJ· bar eme ahnliehe Entwicklung vor, wie im Urcbristen~ wo. schon sehr früh neben der charismatischen Begabung dif ethisc~e Tüc~tigkeit und die Bew~hrung im Amt für die Wabl und ~e ~hatzung ~er Gemeindeleiter maßgeben~ wurd~. Fur die Staatsmanner kommt jetzt nach Plato eme best.i.Jn)Bt& Vorbildung in Frage. Für alle Freigeborenen fordert er deB 1 Es ist natürlich z b h . trtf und des Guten sich ni htu dec~ te.n, daß der platonische Begriff d n ethi• chen Friicht d ~ t lnit dem paulinischen Begriff ~ e fuhru p e~ .. es euma.. Ich bemerke, daß die hier aufgevneSene ~ lato;; uber d.ya/T6~ in dem Axtik e1 d.. m . K"tt 1' Theol Wörterb· 10 f. meht h~ogen ist. 1 ~ s ·
Die theioi andres der griechisch römischen Antike
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Unterricht in drei Fächern: Arithmetik, Geometrie und Astronomie; diese Bestimmung ist in "göttlichen Notwendigkeiten" begründet: welche sind das? "Ich m~ine, ist di~ Antwort, daß, wer diese nicht ausgeübt oder auch uberhaupt rucht erlernt hat niemals für die Menschen ein Gott oder Dämon oder He~os werden könnte, der imstande wäre, ernstliche Fürsorge für die Menschen zu leisten; es fehlte aber viel, daß ein Mensch ,göttlich' werden sollte", der über ZaJ:Uen, ~te~e usw. ni_cht Bescheid weiß, Leg. VII 818. Offenbar Ist bei dieser Göttlichwerdung an eine antizipierte Apotheose gedach~: wer ~ach richtiger Ausbildung im Dienst der Menschen siCh bewahrt, soll unter ihnen wie ein "gi>ttliches" Wesen geehrt werden. Für diese Deutung spricht der zweifellos göttlich-priesterliche Charakter, den Plato (Leg. XII 945) den höchsten Aufsichtsbeamten, den Eil.:fv11ot, zuweist. Es sind Männer, die die sonstigen Beamten in ihrer Amtstätigkeit zu prüfen haben, Vorgesetzte der Vorgesetzten, und die daher besonders hervorragende Eigenschaften besitzen müssen. Leicht ist es keineswegs, einen VorgeEetzten, der die Vorgesetzten an Tugend übertrifft, zu finden 1, dennochmußman versuchen, solchegleichsam göttliche Aufsichtsmänner ausfindig zu machen (eMJ-vv-ra~ n11a~ &11ev(!ÜJX1Jt-r 3-Eiov~) 945 B C. Daß die Verehrung dieser Staatsmänner als -3-üot ernst gemeint ist, geht auch aus der für sie...angeordneten Wahlprozedur hervor, die geradezu kultische Formen annimmt (946), und aus den priesterlichen Würden und Vorrechten, die ihnen gegeben werden. (Hier wird die alte Verbindung von (göttlichem) Herrschertum und Priestertum von Plato in seinen Staat hinübergenommen)2. Nach ihrem Tode erfahren sie ihre Heroisierung, deren Hergang genau vorgeschrieben wird: Der -3-ü~ El!:J.w~ wird nach seinem Tode als Heros der Stadt verehrt 3• Der Satz von der göttlichen Qualität der Staatsmänner bewährt sich in der Wertung der großen Gesetzgeber, denen die griechischen Städte 1 Ganz ähnlich wie Paulus II Cor 2,l&f. x.U 'lrEJO> ..-aii-ra ..-;. ~.. «"lk; sagt Plato: -rtü., 3ij -rourhaw w~vvr~r: -rli; 1xaJf6> •• ; 945 B. 2 Einer von diesen Staatsoberhäuptern soll jedes Jahr führender Hoherpriester sein (vgl. Joh 11,51). . . 3 Vgl. die parallele Ausführung in der Politeia. VII 540. Nach Pohteia V 469 sollen auch die gefallenen Krieger als :Ttlo• bestattet und verehrt werden, überhaupt alle "tüchtigen" (d.ya:Fol).
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Religionsgeschichtliche Grundlegung
ihre Verlassung verdanken. Wie in den "Gesetzen" (III 691 D ff.) der ..\.thener erklärt, hat zunächst ein Gott in Sparta als Erweis seiner Fürsorge und Yoraussicht einem der Könige Zwillinge geboren werden lassen; dann hat eine rpvo·~ 'rlS av~~onrifl'l fLEfUYfLEt17] -8-eilf "'""' 8vtldfLE1 den Rat der H) Geronten eingesetzt und ihm gleiches Stimmrecht mit der Gewalt der König~ verliehen. Der dritte Retter (oc.mi(') hat dann noch die Macht der Ephoren in das Regierungswesen eingeführt. Jene mit göttlicher Dynamis gemischte Menschennatur muß Lykurg sein'; die Cha.rakterisierung ist eine Um· s7 -roii 3a~p.o"iov (sc. ~mt>1]) oder -ro -rov -tteov or;p. gebührt'. Aber dieser &elo> ist dem Plato nicht willkommen:
:~soll mit allen Ehren aus seiner Stadt wi~er hinausbefördert w:rden •. Mehrmals sind uns bereits die Beziehungen der platomschen ~elo~-Gestalten und ~elo~-Gedanken zum paulinischen Pneumatikertum aufgefallen. Vor allem die ~ufzählung der ~ha rismatiker I Cor 12,28 findet bei Plato manmgfache Illustration. Die Charismatiker der hxl1Jala Gottes sind offenbar die ~elot des Urchristentums. Fast alle Typen kehren hier wieder: Die Besitzer einer "Kraft", die Profeten,_die Charismatiker der Führung (xv{Jie'Y1Jatr;), die "Gesandten", die Lehrer - die beiden letztgenannten sind die ohristliehen Entsprechungen der Philosophen - die orgiastischen Sprecher (Zungenredner), die ihre charismatischen ~ermeneuten nebe~ sich haben und ohne diese den anderen den Emdruck der Raserei machen. Es fehlen die Dichter - vielleicht sind sie Col3,16 als die Schöpfer der pneumatischen Lieder vorausgesetzt, wie umgekehrt bei Plato die Charismatiker ~er ·~_Heilkraft" nicht ausdrücklich aufgeführt werden (doch s. die Phadrusstelle S. 34). Sind aber die Charismatiker der paulinischen Gemeinden mit den ~elot Plato's vergleichbar, dann gehört auch der Erzpneumatiker Pa ul u s selbst nach griechisch-platonischem Denk~n in diese Kategorie; er vereinigt sogar mehrere Arten des gnechiEchen ~elo~: er ist Wahrsager, Profet, er ist inspirierter Dichter, er ist Hierophant ur.d Myste, er ist Schauer göttlicher Dirge, er ist Führer und Gemeindegründer und Gesetzgeber, er ist Denker un.d Gestalter geistiger Realitäten. Im Grunde ist mit dieser Charakteristik aber auch der Kyrios des Paulus, J esus, getroffen. Ein Inspirierter, ein E'll~wr;" ist auch er Schauer göttlicher Dinge, Lehrer, Führer, Gesetzgeber in sein:r Weise, Profet und Mystag~g, ~in •Gottgesandter. Das alte Thema der AufklärungsweiSheit, Jesus und Sokrates' wird für diese Betrachtung wieder aktuell 3 • Besonders drei bedeutsame Züge der Jesustradition sind uns auch. bei Plato's ~Eio~-Figur begegnet: das Gottgezeugtsein, das Gottgesandtsein und die Allwissenheit. 1 Nach Proklos Kommentar in rep. I 42 Kroll sind das Zeremoni~, die man primär den Götterbildern erwies. So ist auch J esus von der Sündenn und von .Maria als ein &Elo; d•>i(> gesalbt worden Mc 14,3 ff. par • 2 Vgl. Horst, Proskynein 8.133 u.148. . 3 Vgl. E. Salin, Civitas Dei 118 f.; A. Harnack, S. u. d. alte Kn-ehe
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.Religionsgeschichtliche Grundlegung
Die theioi andres der griechisch-römischen Antike
t:"mso befremdender, daß Jesus eine der .9-.ro~-Qunlitiiten au~drücklich für sich ablehnt, das 4ra.9-o•-sein! Als ob er damit, platonisch hellenisch
gesprochen, sagen wollte: ich bin kein .9-~los d"T,(>, so wie du meinst! Das 'st nelleicht auch der Sinn der Antwort Jesu, doch ist hinzuzufügen, daß jeder erleuchtete Hellene von ihm bekannt haben würde: :i~ro;; d"~t' ohos, denn er ist dya.9'&,, vgl. Lc 23,47; Job 7,12, Vielleicht könnte man auch sagen, die Ablehnung des dya.9-o• durch Jesus sei semiti~och-biblisch gedacht; der .9-•lo> dyaB-os Plato's ist eben doch ein griechisches Phänomen (vgl. noch u. Kap. 9).
So ist schon von Plato und seiner ..9-elog-Lehre her die innere VemaLdtschaft von Paulus und Jesus auf Grund ihrer beiderseitigen Zugehörigkeit zum Typenkreis der ..9-Eiot aufzuzeigen: das 'Ihema dieses Buches. Sie sind beide unbedingt den wenigen SEiot zuzurechnen, von denen Plato redet, und jene Griechen, die nach Joh 12,20 ff. Jesus zu "sehen" begehrten, könnten, wenn argenommen würde, daß sie schon in ihrer Heimat von Je&us gehört hatten, jener Vorschrift Plato's entsprochen haben, daß man über Land und Meer reisen solle, um die pärlichen Süot aufzuspüren, die es gibt. Paulus ist, anders als Jesus, selbst in die "Diaspora" der Hellenen gegangen Joh 7,35, und ma:r:.che "Griechen" haben wirklich in ihm einen ..9-aog erkannt (vgl. Kap. 10); viele freilich haben ihn wie seinen Herrn verworfen, weil sie nicht alle Merkmale der ..9-eto~"lg und des GottgesandtseiLs an ihnen wahrnahmen, die ihnen wichtig waren, weil sie vor allem keine (göttliche) Weisheit in dem von :auh.:s verk&deten Evar;gelium ~:-ntdecken konnten, weil sie uh~ Ctm Urgriechitchen das Plato-verwar:dte nicht herausfucu · ra ift die Tragik d~:-s Apostolats des Paulus "an die Helln:(n". . 3. Plato '\\ar schon zu seiner Zeit nicht der einzige, der dern PhiloEophen das Ansehen eines Selog zusprach und vielleicht war er auch nicht der erste. Am Eingang des' Sophistes läßt er den Theödoros dieseQualüikation aussprechen: n&naf: raq lyw
at~ ~-die ~oderne Abl~hnung
der Vergleichung s. K. L. Schmidt, Obige :\nd. gln. m ~- allg. Lttgesch. (Eucharist. f. Gunkel) 1923 S. 55 f. doch daß unter Vorbehalten die Vergieichung selbst aufdrängt ISt, a.us d~n beiderseitigen Traditionsstoffen sich von ;;elien mit den ~t d.Ie P,~lellaufende Vergleichung der Evan· I 66f. u. ö.) e·' MiSgriffdigkelten des Xenophon (zuerst Justin Apolog. m · Vgl. noch K. L. Schmidt in RGG 1117.
durc~~~.ze~en,
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rovg _ptlou6povg ~owv~övg (sc. Seiovr;;) n~ouayoqww 216 C 1• Doch hat Sokrates dies Bekenntnis aus ihm herausgelockt, indem e:den von Theodoros eingeführten Philosophen aus Elea, einen Gefährten des Parmenides und Zeno, als einen "Gott" begrüßt, der hierher gekommen sei, um die bösen und guten Taten der Menschen zu beobachten (ein ..9-eog ele;vxnx6g). Und das Bekenntnis des Theodoros aufnehmend, charakterisiert Sokrates die echten Philosophen als Männer, die die Städte durchstreüen und von hohem Standort aus das Leben der unten Wohnenden betrachten - also wohl gottgesandte . xanzoxonot, die in der Tat das Prädikat ..9-elot verdienen 2 • Wenn diese Vorstellung kynischen Ursprunga ist, dann mögen es in der Tat die Kyniker gewesen sein, die die Göttlichkeit des wahren Philosophen zuerst hervorgehoben haben 3 • Sie müssen dann die cptl6uopot als Inspirierte und als Gottgesandte .im wahren Sinne des Wortes gefaßt haben, so wie späterEpiktet ihr ideales Wesen beEchreibt (s. u.). Wie realistisch dieee Idee vom "göttlichen" Weisen und gottgesandten xa~auxonor;; (Beobachter, Aufseher, Spion) vorgestellt werden konnte, zeigt etwa die 'Überlieferung von Menedemos (bei Diog. Laert. VI 9, 102), der in auffälligem Gewande auftrat (Priesterrock, Purpurgürtel, arkadischer Hut mit den Zeichen der 12 Tierkreisbilder, tragische Schuhe, gewaltiger Bart, Eschenholzstab) und erklärte, er käme aus dem Hades, und sei dazu bestellt, als ein eniO'X07tog die Menschen zu besuchen und darnach den Göttern im Hades über die Sünden Bericht zu erstatten 6 • Hier hat ein philosophischer Sitten! Ähnlich wird im Protagaras 315 über den Sophisten Prodikos das Urteil gefällt nci..,ootpos yd(J ~o' Jo,.~l tWT;(> ~z.,.., occzl :iero,, Zu Sophist . a, a. 0. vgl. Clemens Al. Strom. IV 155, 2 f. 2 Vgl. den Titel einer Schrift des Antisthenes: Kii(>'Os ~ oca~dooc.on:o• (Diog. Laert. VI, 18) u. dazu Ed. Norden, Beiträge z. Gesch. d. gnech. Ph.los. (Jahrb. f. klass. Pbilol. Suppl. 19, 1893) S. 373 ff. 3 So Ed. NordenS. 380 f; vgl. Rengstorf, Theol. Wbch. S. 398, 411 f. 4 Vgl. W. Crönert, Kolotes u. Menippos (Stud. z. Paläogr. u. Pa~~· kunde 6) u. Artikel Menedemos in P.-Wiss. R. E. XVI 1794 f. 0. '' ernreich, Menekrates-Zeus u. Salmoneus 1933 S. 55. 5 Vgl. m. Aufsatz: Die Notiz über Tracht u. Sreise des 'Iäufers ~eh. u. ihre Ensprechungen in der Jesusüberlief. (ZNT 1933, S. 68 ff.). Ähnhche Kostümiezungen werden von dem sich selbst vergötternden Ant Men~kra~€s und seinem Gefolge berichtet, vgl. Athmaios VII 33 f. p. 289; Wemreu·b a.a.O.
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Religionsge~chichtliche
Grundlegung
prediger ganz theatralisch die Rolle eines (.:J.eio:;) bciax()l(o~ aufgenommen, und man hat an .ihm eine schöne Illustration zu dem kynischen Satze, daß der Weise ein .:J.€'ios ist, ein Gottgesandter, der mit den Göttern in geheimnisvoller Verbindung steht. Eine Lehre vom -9-üos ä"-9-~wnos hat dann wohl in der Nachfolge der Kyniker und Plato's vor allem die Stoa entwickelt. Sie_ identifiziert ihn exklusiv mit dem "Weisen". Voraussetzung ISt auch hier das Philosophem der Verwandtschaft des Mens~hen mit den Göttern, die aus der "Natur" des Menschen, serner Erhabenheit über die Tiere seinem aufrechten Gang, seinem alles erkennenden und durchlorschenden Geiste gefolgert wirdl. Die weitestgehende Formel für diesen Tatbestand ~ die in de~ hermetischen Mystik sich findende, aber wohl aus alterer Philosophie übernommene Bezeichnung der ~e~chen als_ S111J'fol Seoi 2 • Die Lehre ist auch stoisch, aber • rn ~en radikalen Aussprüchen reduziert die Stoa die ErsSch~~ung des g_öttlichen Menschen auf die Klasse der Weisen 3• to1m autem tm negant . .. - ' h ei"ßt es b e1· Cicero de d1vinatione II 63, 129 s ~~uenqu~m _lllSI sapientem divinum esse posse. Entend ~d rn de~ "Briefen des Heraklit" die Benennung ~ "{'"OS .:J.eos dem Weisen vorbehalten' In der Aufzählung der p ra- dik a t e des · Weisen . . wie sie Diogenes Laert aus de L hr d ' Abschnitt den li ~ e en e~ ~eno zusammenstellt, ist ein bPUinnt I · h r~ gtösen Qualitaten gewidmet VII 119 f. Er -.,~ g e1c nut dem l0öo o_t . o. , l , .t , 'rE E 'llat (sc 'rOV~" (Jtt()l:• uatovs = aotpot1~;). ., , z, · vEt.OVS • . ,. lichkeit · d ls exu"' ~a~ E'll eawols olo11e"t .:te6'11. Die Göttdie W a ~ hauf ern göttliches Wesen zurückgeführt, das """"n m Sie tragen · · d "hr . h rakter gemeint sein du · es_ Wir I philosophischer C aund Schwac-h .. b' ~eh den sie alle menschlichen Untugenden en u erwxnden un d m · voller Unabhängigkeit un d
_L ,
.,;::U .
1 Vgl darüber jetzt H w . · ~ultusbegrifie, Angelos IV S. enschkewitz, Die Spiritualisierung der 122 eingeht. · ff., der aber auf das Prädikat :l-•'kx nicht . . 2 J. Kroll, Die Lehren des H nays, Die heraklitischen Briefe =es :.nsmegistos 1914, S. 317 ff. J. Bet· 1 3 Material vgl D" , 3 I ff.
t lt(>ia e1vtu Jerv ~l'tru(>o" v&I'OJ" 7:wv n•(>4 &voias "a4 •tlxas ....-l.•.., tr(>OS Je 't"OV't"O&S l 'J'VOEOJfö 't"ij> :l"tla>•. Das Priester-
turn des Weisen und seine Göttlichkeit besteht sonach darin, daß er das yollkommene Wissen um die religiösen Bräuche hat, daß er kultisch rein und gottergeben ist und daß er "innerhalb der göttlichen Natur" steht, also Anteil an ihr hat. Er ist Priester, weil er "göttlich" ist'· Entsprechend heißt es bei Stobaeus ed. II 114,16 W. "all'a"""'""" Je ,.&"ov •lva• ,..;," o novJ afov, auch hier damit begründet, daß er das Wissen besitzt, um die Zeichen zu verstehen, die von Göttern oder Dämonen herkommen und auf das menschliche Leben sich beziehen. 1 Daraus fließt auch die Freundschaft, die nach stoischer Lehre Götter und Weise verbindet, vgl. Diog. L. VI 72, übrigens schon eine platonische Idee, vgl. Leg. IV 716 CD, Sympos. 193 D; Xenophon Symp. IV 46 ff. Das ganze Materials. bei E. P eterson, Der Gottesfreund (ZKG 1923, 161 ff.). 2 Vgl. den Euthyphron des Plato, s. o. 8. 27 f. 3 Das &.vaf'ti.~"J't"o" sein ist auch ein allgemeingültiges Prädikat des Weisen (Diog. 122). 4 Eine schöne Formparallele s. I Tim 3,2 ff., wichtig besonders die gleiche generische Verwendung des Artikels: ae"l oiW TOV hriol, o,, !'trrezow 'Z'7J' ~1.11' -rov :1-Eovt, wobei die Beteiligung an der Herrschaft . Gottes .gep~ geht mit voller Beugung unter den 'Villen aes Zeus - dies alles gibt ihm aber n~f1Jola. allen Menschen gegenüber und volles Recht, an alle Menschen mit seiner Botschaft heranzutreten G5 ff. •
All diese Worte sind eine verhüllte Apotheose Der Diener' des Gott~ ist den Menschen gegenüber ein Ma~n vo~' universalen :S:Zie~ungen ~d Ansprüchen. Er ist ein Völkerapostel, ~utontat fur alle, uber und neben ihnen stehend für die die ihn hören,_ ein Mittler - so werden wir ihn nennen '- ein Mann, dem ~öttliche Q~alitäten gegeben sind, ein UCM~(! für die Men· sehen · Auch bei dem.. Stoiker Epiktet steht der -3-eiog &11~{/ als gottgesandter, gotterfüllter Erzieher der Menschheit im MittelP~.1 d;_;1Le~e - wenn auch der Titel selbst selten erscheint. di E ~k ato rm_ Ion, wie Seneca gelegentlich so haben auch e PI ureer die :1-eiot im Sinne der alten rellgiösen Tradition 1 V~L hi~ Ench. 15, o. s. 4B. . 2 Dxe Bezxehungen zum n t t . Apostelturn springen in die A eu ~ ·• ~e ~uch zum alttest~entlichen h1er nicht emg'"""'n" d ugen' auf dxe txefen Verschiedenhexten kaJlll .".....,en wer en 1 D · Richtige trifft. ' vg · eiSsner a. a. 0., der im ganzen das . . 3 Zum Erlöserbewußtesin vgl das , miCh freigemacht hat bin i h . · \\ ort des Diogenes : seit Antisthenen ' c nicht mehr Sklave gewesen (III 24, 67).
gefaßt und - verachtet. In einem Fra~ment. a:us der Sc~ft neql .:teGYv (I 10,9)1 tadelt Philodemoa em~n tönchten S~oiker, der nicht auf den weisen Rat des aog;6~ hört, sondern swh an das hält, was ihm die -3-eiot xalovf-L€110t anraten. Das sind wohl wieder die vates, die Orakel- und Traumdeuter, Astrologen und andere mit dem Nimbus des Inspirierten und Heiligen umkleideten Männer des Volksglaubens und der Volksreligion. Philademos trennt also den Weisen vom -3-elog th~q: die angeblichen -3-elot sind für ihn Unweise, Charlatane, Betrüger 2 • Dafür bezeichnet er die Weisen mit dem anderen erhabenen Titel: g;ilot .:Joeoii 3 • Dem widerspricht nicht, daß Epikuros selbst im Kreise seiner Schüler tatsächlich wie ein -3-elog th~q verehrt wurde. Kaum ein anderer hat so wie Epikur durch Technik und Brauch seine Schüler .an seine Lehre und an seine Person gefesselt. Seine Schule hat die Formen einer Gemeinde, er selbst ist nicht nur Lehrer, sondern auch Profet und Herr, dem fast kultische Verehrung gewidmet wird 4 • Wenn das Wort -3-eiog auch nicht fällt, tatsächlich gibt es die Autorität, die Epikur im Kreise seiner Schüler bei Lebzeiten wie nach seinem Tode innehatte, richtig wieder 5 ; bezeugt ist der Beiname aw~~t! aus den Kreisen der Anhänger 6 : das ist wesentlich das gleiche. In seinem Testament hat Epikur eine Gedächtnisfeier angeordnet, die regelmäßig an seinem Geburtstag abgehalten werden sollte und die, zusammen mit anderen von ihm angeordneten religiösen Feiern, seiner Schule den Charakter und den Halt einer Kultgenossenschaft gab, vergleichbar der Abendmahlsfeier der Paulusgemeinden, die gleichfalls "zum Gedächtnis" an den Herrn vollzogen wurde 1 •
Die erhabenste Verklärung der geschichtlichen Leistung und Erscheinung Epikurs hat Lucretius in seinem Lehrgedicht de . 1 Vgl. den Text bei Diels in den Abhandl. der preuß. Akad. d. Wiss. 1915, S. 17 u. 57; Reitzenstein, Hellenist. 1\fyst. 3 237 u. 26. 2 Ein ähnlich scharfer Kritiker der Mantik und ihrer Träger war Eu r i pides, s. W. Nestle, Griech. Relig. 2, S.120 f. 3 E. Peterson a. a. 0. Z. Kg. 1923, 165 f. 4 Vgl. H. v. Atnim in Pauly-Wissowa's RE VI 135; 0. Weinreich N. Jb.l926, 643 f. E. ·Lohmeyer, Christuskult u. Kaiserkult, S. 43. 5 Vgl. Plutarch, Adv. Colot. 17 p. 1117 a. b. Besonderen Eindruck hat die Proskynese gemacht, die vor dem Lebenden einmal Kolotes vollzogen hat. 6 Vgl. H. Diels, Abh. d. Berl. Ak. 1916 7, S. 66 . 7 Diog. Laert. X 16 ff., Usener Epicur~ 165 f.; vgl. Lietzmarm, DiP Kor. 3 S 57.
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Religionsgeschichtliche Grundlegung
naturarerum vollzogen (I prooem. 62 ff. und prooem. III 14ff.)1. In mythischer Sprache - J. Kroll hat es wahrscheinlich gemacht, daß der alte Mythos vom Höllenkampf dem Dichter vorschwebt - feiert er die gewaltige Befreiungstat, die der Denker durch seine "göttlichem Geist" entsprungene Forschung und Lehre vollbracht hat. Das Werk ist die Zerstörung der die Menschen knechtenden "Religion", aber der Zerstörer erscheint als ein wahrer homo religiosus, und an di~ Stelle der alten Kulte tritt die Verehrung des -3-ei:o; (rptl6uorpo;), der als ULrn~(! sich den Dank und die Ehrfurcht der Menschen erworben hat (vgl. was Epiktet von Chrysipp bezeugt, o. S. 49). Einige Dezennien später endlich beschließt Lukian seine Schrift über den betrügerischen Profeten Alexander (vgl. u. S. 77 f.) mit einer Huldigung, die er dem Epikur darbringt: d~dq! !b; dlfJ-3-GJ; leqrji xal -3-eamulo/ ( = .:J.elo/) ~~." g;vat'll, dem emZigen, der das Richtige in Wahrheit erkannt und überliefert h~be und so ein Befreier (eJ.ev-3-eqLrn~;) seiner Jünger geworden set (c. 61): dem falschen -3-do;, der indes die Formen des urtümlichen -3-elo; .&."~(> großartig ausgeprägt zeigt in seinem Kultus, stellt Lukian den wahren göttlichen Mann entgegen, der durch Wissenschaft Erlöser der Menschen wird. Eine Kritik an _der Erscheinung des -3-dog &11 -3-t,>wno; liefert au. Die Anschauung ist mit der philosophischen Ausdeutung des Weisen als -3-eio~ nahe verwandt. Das Eigentümliche ist dann hier, daß die Gewinnung der Erkenntnis und damit der Qualität der Göttlichkeit an eine mysterienhafte Weihehandlung, ein Sakrament, geknüpft ist. Das wird indes der ursprüngliche Sachverhalt sein, und Plato hat den Prozeß vom a.kramentalen .Akte losgelöst und vergeistigt. Dabei ist nicht zu übersehen, daß (1) ähnlich wie in der Theologie des Herrscherkultus auch in der Mysterienlehre die "Göttlichkeit" des geweihten Menschen in die Gottwerdung überfließt und (2) die Vergottung mit der Unsterblichwerdung eng verbunden ist und ihre eigentliche Verwirklichung nach Ablegung dieses irdischen Leibes findet.
Wir brechen hier ab und fassen zusammen. An den Erörterungen der Philosophen über die .:J.eiot interessiert uns dreierlei in besonderem Maße: erstens das ständige Zurückgreifen auf die Erscheinungsformen der griechischen Volksreligion, die aus Religion und Kultus hervorgegangenen alten -3-uot llvo~~. die eigentlichen b.-3-eot, die "göttlichen Seher", die Orakelpriester, die inspirierten Dichter, dazu dann die nach ihrem Tode um ihrer Verdienste und um ihres Endes willen heroisierten Männer; zweitens die Zugesellung des philosophischen Denkers zu den -3-eiot /i"d~e~, seine Be~hreib~ und Erfassung als eines von der Gottheit ergriffenen, liD göttlichen Element lebenden, im Wirken und Wandel den Gö~ nahe kommenden Menschentypus, mit der in der Stoa erreichten Zuspitzung, daß unter allen Menschen schließlich nur die Philosophen göttlich von Art sind den Göttern auf Erden g~chkommen und die Ehren eines H~os, wenn nicht gar die emes Gottes, verdienen; endlich drittens die vornehmlich von _Plato bevorzugte und kla&isch beschriebene Figur des 8?ttlichen Staatsmannes, gleichfalls an vorhandene Traditionen und Kulte angelehnt, wenn auch bei Plato das Enteheideode die philosophische Durchbildung des Herrschers 1 A. 1933. Dietericb, u. Leben 21 f. E. Alithrasliturgie
1
1910,92 ff.; H. Preieker, Geiet
und Führers, ja seine Identität mit den ~hil~sop~en ist. . A~ der einen Seite bejaht und verstärkt sonnt die Philosophie die Neigung zu kultischer Verehrung der Staatsmä~er und Herr8 her indirekt auch die Schöpfung ei.I:es um Ihre P erson und ~ ih; Leben sich windenden Mythos; auf der anderen Seite :chafft sie denselben Prozeß für die Philosophen: es festigt sich ein Bild vom wahren Philosophen, der wie ein gottgesandter Profet unter den Menschen erscheint und wirkt, Künder ein~s Heils das Gott den Menschen vorsetzt, und Führer zum Heil; es bildet sich aber auch eine Tradition über die großen Philosophen der Vergangenheit, die durch göttliche, Gnade, durch eine göttliche Kraft, die in ihnen war, vielleicht schon bei der Geburt in sie gelegt war und durch strenge Selbstzucht das Ideal eines .3-elo~ d'JI~e in sich verwirklicht haben und bei den Nachfahren und Jüngern im mythischen Glanze eines .:J.Eio~ &'J!~(> dastehen. Wir haben einige göttliche Gestalten dieser Art schon herausgehoben: Sokrates, Plato, Chrysipp, Epikur, Diogenes. Zu ihnen sind nun aber noch einige Weise zu stellen, die, außerhalb der platonisch-stoischen Schulüberlieferung stehend, selbst mit vollem Bewußtsein als .:J.eiot aufgetreten sind und in der Tradition einen noch reicheren Mythos an sich gezogen haben und die wir noch betrachten müssen, wenn wir einen vollen Begriff vom antiken .:J.eio~ und von seinen engen Beziehungen zu den Heilbringern und Wundermännern des N. T. gewinnen wollen: Männer wie Pythagoras und Empedokles u. a. in alter, Apollonios von Tyana in neutestamentlicher Zeit. 2. Theios-Gestalten cfer Geschichte: Philosophen.
1. In der Geschichte der heiligen Gottesmänner hat Pythagoras einen besonderen Platzl. Er ist Philosoph und zugleich Ordensstifter, Lehrer und Wundertäter, ein Mann, um den schon früh die Legende den Schleier des Mysteriösen gewoben hat, mit dessen Apotheose vielleicht schon die Lebenden begonn~ haben. Das Studium seiner Legende ist für das Verständnis Jesu und der Geschichte seiner Tradition nicht ohne Bedeutung und von theologischer Seite wohl noch zu wenig betrieben. Auch wenn wir die radikale These von Ja. Levy in La legende de Pythagore de Grece en Palestille (1927), wonach jüdische 1 Weinreich S. 637 ff.
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Observanten, die mit den Essenern verwandt waren und wie diese unter pythagoreischem Einflusse standen, nach dem Vorbild des Gottmenschen von Samos die Biographie und die Lehre J~u geschaff~n h~ben sollen 1 , ablehnen, auch wenn wir jeden E~uß auch m Em~elheit~n der Lehre und Legende ableugnen, so smd doch 4nalogien zwtschen den Bioi des Pythagoras 2 und den Ev~ngelien reichlich vorhanden. Ja, man kann sogar sagen: die Jes~überlieferung steht nach Form und Gehalt der Pythagoraslegende erheblich näher als der Geschichte oder ~egende eines "jüdischen Messias". Jesus ist, religionsgeschichtlich gesproche.n, eher "Pythagoras" als "Barkochba" 3. Es ka.nn hier nur unsere Aufgabe sein, den Typos des .:feior; zu umreißen, den Pythagoras repräsentiert und · · k krete lliustrationen zu geben. ' ermge on. Di~ Legende des Gottesmannes setzt mit seiner Geburt ein . ' die IDlt dem Gott Apollo in Beziehung gebracht . d . bestimmten Fassung bezeichnet sie den Pyth wtr ; m edmer als eine Ersch · d agoras gera ezu G. h nl emung es Apollo. Nachdem er in alle Mysterien lä~~:h ands ~d .. des Orients eingeweiht ist - von den pab . en ~eiligtüme~ besucht er -freilich nur den Karmel! 4 egmnk 't t erdm Kroton (m Unteritalien) seine Lehr- und Wundert a · g ei un stiftet · Ge · einen "Philosophen" ~i~em~ memde. Er nannt~ sich selbst eingeführt h b (~ g. · S) und soll als erster diesen Namen wir . a e~ ambl. 58). Nächst den Göttern wollen diesen Begrunder und Vater der göttlichen Philosophie zn
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1 Vgl. auch R Eisler J basil W. Erbt Der Anfänger U.W: es':: eus ou basileusas 1929 II 547 f.; Evgln. 1930, 103 ff. ders .:;::m~ub;~: ~· Untersuch. der Überlief. d. 2 Es kommen Bet~ch{d B~ e Jgion 19~2, .s. 34 ff. 1 1 ff., die Vita von Porphyrins ~ ?S d~ ~· bet D1ogenes Laertius VIII vollere des Jamblichos. beid T t ~te rehgtonsgeschichtlich noch gehalt· (Paris 1850); die Parall~en b:i;: e d~ Ausgabe des Diog. L. von Cobet 3. Über das Verhältnis und ?· . 295 ff. . . der BJOgiaphien vgl Js. L~vy Rech~~::tur-geschichthchen Beziehungen Pyth:asore, P. Corrssen im Rh~ Mus sur les Sources de la Lagende de Z eum 67, 8. 20 ff., W. Schmid, Gesch. d. Gnec.h. Literatur I (1929) 729 d~ antiken Philosophie I 1921 . ur Sache vgl. vor allem K. Joel, Gesch. ru~ht der ,,geschichtliche'' Pytb!;Gff. '!-lld RGG•IV 1659f. Für uns kommt Wie er in den ,,Biographi~" sein oras( ~Betracht, sondern der Pythagoras, hoben lebt. er spateren) Verehrer, ins Mythische erYgl. die schöne Epiphanie! . · 29 1• abgedruckt bei Erbt D ~enfängde bet W. Schultz, Altjionieohe Mystik • · er 8.103 f.
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unserem Führer wählen, bekennt Jamblichos (2) - also 'Gott und der göttliche Philosoph Pythagoras', das ist das Symbol der Pythagoreer, das dem christlichen Symbol: Gott und sein Gesandter J esus Christus oder: Chr~stus und sein Apostel (vgl. u.) gegenübersteht. Anderwärts heißt es, daß seine Verehrer ilm geradezu upter die Götter zählten als einen "guten" und den Menschen besonders wohlgesinnten daimon (30). ,.In seiner Erscheinung soll er etwas besonders Ehrfurchtgebietendes gehabt haben (ottwon~tnio";a.-ro') und seine Jünger hatten von ihm die .Meinung, er sei Apollo, der von den Hyperboräem hergekommen sei" (Diog. 11). Er wurde dennaßen bewundert, daß man (nach einem freilich nicht richtig überlieferten Worte) seine Anhänger (Jünger) J)euter göttlicher Stimme nannte (14) 1 • Wenn jemand gewürdigt wurde, ihn zu schauen (vgl. Joh 12,20 ff.), dann schrieben sie an ihre Angehörigen, als ob etwas Großes ihnen begegnet sei (15). Der Name Pyth-agoras soll ihm gegeben worden sein, weil er die Wahrheit verkündete (wo~evt") genau so wie der Pythias (21 ).
Durch die wunderbaren Vorschriften, die er gab, erreichte er es, daß niemand ihn mit seinem Namen nannte, sondern daß alle ihn .:feior; nannten (Jambl. 53). o .:feuha~or; Ilv.:fayoqa~ heißt er daher bei Jamblichos (162); ein ander Malläßt er es unentschieden, ob er ein Gott oder ein Daimon oder ein .:feior; ll-,:J.(!IJJ'Ttor; gewesen sei (56)2. Nach dem Bericht des Hermippos glaubten die Leute von ihm, er sei ein .:fe"ios, seit er nach längerer Abwesenheit in die Volksversammlung g~ommen war und verkündet hatte, er komme aus dem Hades (Diog. 41)3. Als ein göttlicher Mensch und Heiliger befolgte Pythagoras eine heilige Diät und trug er heilige Kleider (Diog. Laert. 19) 4 • Aber auch durch Wunder schuf er sich Ansehen. Er begann (wie Jesus bei Lucas) mit einem Fischwunder; die Fischer, die es erlebt hatten, verbreiteten das Geschehene, und die es hörten, begehrten ihn zu sehen, und sein Aussehen war derart, daß jeder in Staunen und Entsetzen geriet (isettl&rrJ, Jambl. 36) 5• Ja.m1 Für na.vrola., .:Teov tpm""' hat Cobet konjiziert fd.vr•a.;; .:Ttiii 'f'OJ"it>. Sicher ist, daß die Worte des P. als .'J'eoii tpOJ"a.l bezeichnet wurden, vgl. Act 12,22, 2 Weiteres Uvy p. 36. 3 Vgl. zu diesen Überlieferungen Levy S. 129 ff. 4 Vgl. m. Aufsatz: Die Notiz über Tracht unu Speise des Täufers Joh. usw. (ZNT 1933, 65ff.); 0. Weinreich, Menekmtes Zeus u. Salmoneus {s. u.) 8 . 9 ff. , 5 Die Erzählung erinnert hier stark an die evangelischen Geschichte-n. tber die Wunder vgl. Levy p. 40 f.
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Religionsgeschichtliche Grundlegung
blichos beschließt eine Reihe von mit der Bemerkung, die Pythagoreer erzählten dies zum Erweis, daß man solche Dinge nur von einem erhabeneren Wesen annehmen könne, und nicht von einem (bloßen) Menschen (143) - also Wunderbeweis zur Feststellung der Göttlichkeit des Meisters, vgl. Job 20,31. Daß solche "Theologie des Pythagoras" sehr alt ist, bezeugt Aristoteles (bei Jambl. 31), wenn er von folgender als strenger Geheimlehre gehüteter Einteilung des lortxo'JI ~w011 berichtet: (I) (jott, (2) Mensch, (3) Pyth11goras. Wie nach Mc 8,27 ff. par. über Jesu Würde und Person die Meinungen a.useinandergingen, so erklärten auch von Pythagora.s die einen, er sei der Pythier, die anderen: der hyperborä.ische Apollo, oder Paian (der Heilgott), oder einer von den Dämonen, die den Mond bewohnen, oder irgendein anderer der olympischen Götter, und er sei zum Heil und zur Wiederherstellung des sterblichen Lebens in menschlicher Gestalt den damaligen Menschen erschienen, damit er der sterblichen Natur das heilbringende Licht der Glückseligkeit und der Philosophie darreiche, das größte Gut, das je gekommen ist und kommen wird, ~d das vo!l den Göttern her durch diesen Pythagoras geschenkt ,!St (Jambl. 30)2. Auch die Tragik des Propheten fehlt hier ~cht: Pyt.~agoras ist reichlich verspottet und verfolgt wordenmanches Uberlieferte grenzt an das Martyrium. _ ~t diesen Z~ugnissen ist der Typos des Pythagoras hinl~gli~h gekennzru?hnet: ein .:t&~ ~11-:t~CJm:o~, der in alle heiligen Uberlieferungen emgeweiht, mit göttlicher Kraft und Weisheit begabt ist, Seher, "augur" 3 , Priester, Profet und Sittenlehrer, Gesetzge~r•. Philosoph und Gemeindestifter, Thaumaturg und ~ket, ~elle1cht noch mehr als ein gotterfüllter Mensch, vielleichtem der zu den Menschen herabgestiegen ist, durch alles, was er ~t und tut und lehrt, ein "Retter" des Menschengesc~echts •. em Heilbringer, der größte, der den Menschen ~hi~en.IS~. Fast ~e Ers..t c·1eero Da divin IB 35·p.PytJ..n· vellet esse. · ' · ""'6vras . . . qu1 etiam ipse augur vy
Die theioi andres der griecllisch-römischen Antike
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ihm seinen Platz unter den Lebewesen zu geben, sondern auch an physische GottessohiiSchaft oder gar an die Inkarnation eines Gottes dachten, um von dem Göttlichen in ihm eine Erklärung zu geben. So ~t der Pythagoras der Geschichte und Leg~nde, religionsgeschichtlich betrachtet, der hervorragendste Vorlaufer und Nebenläufer der beiden .:teiot geworden, auf deren Verkündigung und Werk das Christentum beruht, Jesus und Paulus. 2. Der zweite Philosoph, den die Überlieferung als einen ~elo~ &"~(> zeichnet, ist Empedokles 1 • Er soll eine Zeit lang
Hörer des Pythagoras gewesen sein, sich dann von ihm getrennt haben aber von ihm die Feierlichkeit der Lebensführung und der Haltung übernommen haben (Diog. L. Vlll 56)2. Dazu gehört wohl u. a., daß auch er in einer besonderen Tracht erEchien: Purpurgewand, goldene Kopfbinde, eherne Sa~dalen und delphiEcher Kranz (Jt. a. 0. 73) 3• Auch sonst ha~ seme an Göttlichkeit gemahnende Erscheinung manches nnt Pyt?agoras gemein: er ist Philosoph, Politiker, Wundertäter. Seme Tha11maturgie verbindet sich indes - wie bei Jesus - aufs engste mit ärztlicher Kunst'. . Einer seiner berühmtesten Heiltaten ist die Rettung einer Frau, dte SO Tage ohne Atem und Pulsschlag- also im Scheintod- gelegen hatte; sein Verehrer Heraklit feiert ihn daher als p.avr•s und la't(l 0' (a. a. 0. 61).
Mit Namen genannt wird die Fantheia :von Ak~ent, die ~on den Ärzte~ aufge~eben war (vgl. Mc 5,25 ~.)und :von ihm g_eheilt ~~rden JSt (a. a. 0: ~~~h In semen Physika hat er seme Heil- und Wunderkünste auch ~chrif niedergelegt und in persönlicher Widmung seinem Schüler Pausamas anv er· traut; da verheißt er Mittel gegen alle Arten .von Krankheiten und gegen 1 Grundlegende Textausgabe: H. Diels, Die Fragmente der Vors_?kratiker, S. A. I 193 ff. Aus der Li.t.s.E. Rbode, Psyche 'll !71 ff.; J. B 1 ~? 21 • La biographie d'Empedocle. Gand 1894 (enthält eine Kritik der Tradit.10 ~ und den synthetischen Versuch einer Biographie), vgl. bes. ~en Absc~tt. Emp~ocleapötre et thaumaturgep.1SSff.;U.v.Wilamowitz-M.oe ;~ dorff, Die Ka:J-Ufpoides Empedokles (Sitz.Ber. der pr. Akad. d. W;s· fl : 626ff.); dazu die Besprechung von Bultmann in. ThLZ 1~31, r. 15 6 ' 0. Weinreich a.a.O. 638-641; W.Nestle, G~1ech. Relig. 1B 1 2 Er hat ihm auch in seinem Gedicht gehuldigt, vgl. Frgm. 1 ' wg L. 54, Porphyr. ins. Vita Pyth. SO, Jambl. 15. . · he 3 Nach Diodor von Ephesus hätte E. den 'tf!ay",.lJs 'tii'f0 ' (die ~~ Schauspielerei) und die (1lpt1FJ la:J-,f' von A.naximander übernommen ( xog. L. 70). 4 Bidez p. 24 ff. I Hölderlin hat in seinem Empedokles beide Personen identifiziert; vgl. die herrliche Erzählung der Pantheia.
1
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d~ -~Iter, a~er auch Macht über Wind und Regen 1 , endlich gar die Kunst,
d~e Kraft emes >erstorben~n l\Iannes aus dem Hades heraufzuholen (59; DI~ls fragm.lll). Er hat diese Künste auch selbst geübt. Dafür zeugt der ~emame KOJJ.voa~ip':~ (W~desbezwinger), den man ihm gab, als es ihm e~l gelang, Widrige Wmde durch allerlei magische Maßnahmen zu be·
sänft~ge~ (60) - den Namen hätte man auch Jesus beilegen können, wenn auch sem Mit~el ein . anderes war: das machtvolle Wort! 2 Diese Künste ~·or ~em erw_rrkten ~ geradezu göttliche Verehrung. Ein schöner Beleg 15 ~. die Geschi~hte von Selinus: Empedokles bekämpfte die schädlichen >on inl emem Fluß • da d urch daß er das ·wasser von zwei· anderen Dünste hin . Fl·· ~s~n e ertete; als die Leute von Selinus das Aufhören der Seuche m1tauf emem Mahle .feierten, erschien Ernpedokles (hmpavijvru) : da standen sie huldigt ' . en _ihm ~d beteten ihn an wie einen Gott" (D. L. 70).
Diese Göttlichkeit - und hierin geht E .. b Pyth •t hin . u er agoras wei h ~us - hat er nun aber auch selbst bezeugt und bean· ~r::C~ ~=;n~grüße~ihmten Eingang seines Lehrgedichtes, wo ung der Freunde von Akraga.s heißt: a
!~~ra;:: ;t;~~~c~o.r e~c~. a~h unsterblicher
Gott, und erhaben
werd~ mit Binden ;~c=ü k~c von _alle~. verehrt, wie gebührlich, komm ich b leitet ~·· und mtt blühenden !U'änzen empfangen; ehrt man ric~ le' h v~n annern und Frauen, m blühende Städte, wo sich der Pfa~ I~e~e: Gott, und Tausende folgen mir, forschend, wünschen d' . a ~ ' er zum Heil hinleitet. Orakel wie sie eme:;l die andern erbitten ~ich heilsamen Ratschlag, ung . angen von mancherlei Krankheit und Schmerzen, di h 1 e sc on ange m•t bohrender -.:wu n. .• ' ihr L eb en verkümm'ern •.
Befr:
Fast schaudernd liest man die W . . bringerselbst ist d . h se ?rte: weil es der Heil· beschreibt. Es als ?ott kun~g1bt und seine Empfänge Wunderarzt di hg antike Zeugrusse von einem göttlichen , d e so Massenzulauf W nad e an die · evangelischen Berichte vom Selhstverherrlic:Og : s eraGorztes '~esus heranrücken, wie diese " ttes Empedokles. Voraussetzung
gibt:::
1 V gl. dazu die Macht des · eli · 17 ff. Diels rechnet dies Fragm 1Sla hschen Gottesmannes Elias Jak 5, doch in die •.Reinigungen" ~!:;dem Buch über die Natur; ob es nicht 2 Vgl. 0. Kern, Griech. Re!' . 3 Der Text nach Dioo L -fu:rn I 1926, 8. 47; Weinreich 639. von Apel; >gl. auch We~tch.a 062 unter Benutzung der Übersetzung · a.. • 4 Wörtli h · h . ~ : n1e t mehr als Sterbli h . · . . d ischen Dasems &llii dem T d . c er· er JSt also während semes tr· 0 e ms Leben '-'- _, "' z D hg . .. U:: eutung >gl. Wilamowitz 6 0 u.wuurc edrungen! Die_Huldigung geht weit über das 3 'd~ aber ~um.richtig interpretiert. ~ner Knaben hinaus; sie gilt de!e:anzen •s1egrecher Athleten und ~~ lt~YJ(>. Vgl. noch frgm. 113, m. 8. 630f.
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Die theioi Mdres der griechisch-römischen Antike
Religioru;gll:lchiclltliche Grundlegung
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ist wohl vielfältige Erfahrung des Wundermannes auf Wanderungen: ein Zusammenströmen der Heilung begehrenden Menge, große Begeisterung der Gutberatenen und Geheilten, ihre Verherrlichung des E. als eines vom Himmel gesandten göttlichen Retters und Arztes - die Epiphanie von Selinus wäre dann ein Beispiel von vielen 1. Wahrscheinlich hängt das Gottesbewußtsein des Empedokles mit seinem 3eelenwanderungsglauben zusammen; vgl. Fragm.115. Wenn nach Fragm. 146 (Clemens Alex. Strom. IV 150) auf der letzten Existenzstufe pdvru~, l>fc~ Gadara" bittet selbst darum, in die Nachfolge Jesu eintreten zu durlm! Wir~ aber ~berraschenderweise von Jesus abgewiesen, weil er vielInfhr m ~remer Hennat die an ihm geschehene Tat Gottes verbreiten soll .M~ S,ts-2o; Lc 8,3 f. (vgl. ll Macc 3,84 ff., dazu meine Ausführungen in ~ T 1932, S.6 f.). Der vom Aussatz geheilte Samaritaner kormnt als ein~ ~on Zelmen ~eh der Heilung wenigstem zu Jesus dem Wunderamt :t.UJuek, u~ ihm die Proskynese zu erweisen und zu danken Lc 17,I5 ff. Dagege~ t~tt ~er Blinde Bartimaios nach seiner Heilung in die Gefolgschaft Jesu Wirklichem und begleitet ihn auf dem Wege (nach Jerusalem) Mc 10,52,
1 Vgl Weinrei~ S.1; auf 8. 'Jf1 kommt dies nicht ganz zur Geltung. 2 ~fenelaa:es wurde solche Huldigung angenommen haben. 3 Tois r-.. ~~e-._,.Wow .,.._. cz-ko;; ..-~ u~s •czl.ovpittas tt6oovs
fhJ'YY~':'~tU ~riylr~E"' (Athenaws VI 289 B).
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. er in der Gefolgschaft blieb, wird nicht Gott preisend (Lc 18,48); wie_lange Gef 1gs haft des Menekrates wäre nur · h t1 G e Analogte zur o c B enauer . tr hen Jüngern und dauernden ebenc te . dann vorhanden, wenn unt~.r den ~~e:u~:r von ihm geheilt worden waren. gleitern Jesu sich sol~he befanden~ te d" Frauenaus der UmgebungJesu ~~ (8 2 f ) in der Tat von bösen Hierfür kommen bezeichnenderweiSe. in Betracht, die nach der Sondern?tiZ e~ il~C:ar~ ~d ihn nun begleiteten, Geistern und (sonstigen) Kr~etten ge ~ n _ eine richtige Parallele zur bedienten und mit ihren Mitten ve~o~g e Evangelium die Vergöttlichung Gefolgschaft des Menekrates, nur ..fehl . tm Durch ein Wunder ist (wieder dieser Geheilten und ~~ebenen Jungen:t;)~uch Sirnon Petrus mit den drei nach einer SondertraditiOn desLucas ~· d: J"" erschaft Jesu einzutre~en . anderen Fischern bewogen worden; ~ .Ie t ··~der Wenn die Begleiter nur ist es keine H eiltmg, sonde~ e·~te~J:~e~ten, als~ vielleicht auch d~e t d ausgeübt haben, so haben Ja des Menekrates Namen von ~eilgo Heilkunst vom göttlichen MeiS~er ~e1 :Zeiten Kranke geheilt, in seinem auch die Jünger _Jesu s~hon bet s e : :erliehenen Vollmacht ~ 6.7 ~ar. Auftrag und mtt der ihnen von . d . kt Petrus wie ein heilkundtger S 16ff.). 9,I8. 28 f. par.; nach seinem Entschw~ en Will ganz im Sinne des Meisters Wetter (vg . ·ot .G f. lg t der (im SchlußM kr tes-Zeus nn e o e EinenähereParallelezu ene a . h H- etiker Migetius, inso~ern kapitel) noch eirunal z~ nennende sp~c ~er ~opfoperation, die an ihm von ihm überliefert wrrd, er habe ?ac . ~ r 'Christus ähnlich' gehalten, vollzogen war wegen Geist~krankheit, s~c V urh ißung des Schächerwortes 12 Apostel sich gewählt, emer F_rau _dte Aufer:tehung am 3. Tage vorausLc 23,43 erteilt, auch in _Krankhe_I~;.eme S r Lat 101 1330). Diese Selbstgesagt (Epist. Episcop .. HISpan. be~ ht~I_Ie c. ·klich der 'selbstbezeichnung ~ls identifizierungmit ChriS\us entspnc I~--~ efolge des Menekrates. Hier Zeus, das Gefolge der 1~ Apost el dem d~ ~fe Beispiele aus der modernen ist auch Geisteskr~eit bezeugt, s~t für diesenFall alsP~elen voll Psychiatrie, die Weinreich ges~mn;telt . t 'Migetius der älteste SchiZophrene, zutreffen, vgl. bes. S. 46 f. VIelleicht 18 der sich für Christus gehalten hat. . o. - " &;."tln er wollte hr in als em v-uo", .I._' tik
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IS.
Menekrates wollte me se ' . d h llenischen An · e ein Gott sein, der Gott Zeus. Auchlimh erMe~chen und einem · t die Grenze ZWISC · h en em · em gött ch en . Können über d as lS Gotte fließend. Ein Arzt, der _durc asemistimmer mit göttMaß des gewöhnlich~n Arz~es hinaus[bs~~ein göttliches Wesen, des Gottes selbst. lieber Kraft begabt. Uberste1gert er se t· d . h rur eine Inkarnah 100 · ht ja beides neb enann erklärt er s1c Auch im Mythos und Kultus der Herrs~~r:en Mana. im König einander her: die Verehrung des göod c herabgestiegener und die Verehrung als Gottessohn er · und inkarnierter Gott!
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}iumS •193;3, 50
1 VgJ. ~- Dibelius, Fonngeschlchte des Evange
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Religionsgeschichtliche Grundlegung
4. Als der dem Urchristentum zeitlich am nächsten stehende
~d in_sofern für ~ere Vergleichung wichtigste Gottesmann der gnechisch-hellemstiSchen Antike ist weiter Apollonius von Tyana, der Zeitgenosse und Rivale des Paulus aufzuführen I \\~ährend. es unwahrscheinlich ist, daß Philost~atos in seine; ~10grap?ie des Apollonios eine gegen den Christus der Evangelien genchtete Zeichnung des wahren hellenistischen Weisen Wundertäters und Gottesmannes beabsichtigt haben sollte ist solche Tend~nz bei. Hierokles ausdrücklich ausgesprochen. ~. rec~net ihn zu Jenen hervorragenden Menschen, die wie ermge altere, wie. Aristeas von Prokonnesos 2 und Pythagoras 3 ~un~erbar~s ve~c~tet haben, die die Griechen nun aber nicht Wie die Christen m Ihrer Leichtfertigkeit gleich für einen Gott sondern nur für einen von den Göttern li bt M h ' (.:fw'l~ XEzaqtUflEYO'If ä'Jiöna) erklären Wl·e dennge se. enB. enschen · T " • eme 10grap en ~eme ~ten (nur) als die eines edlen Mannes und Gottesfreundes esc~e1ben (Euseb. u. Hierocl. c. 2)4. Mit Pythagoras hat schon Philostratos den Apollonios zusa:mmengestellt, ebenso mit Empedokles. Er will ihn in seinem Bws ?~gen den auch wider ihn erhobenen Vorwurf der Ma ·e v~rteidi?en und seine Taten und seine Weisheit schild d gih ö ' ern, urc die er m den Ruf . A ll . . - em~s atflO'Jito~ n xal .:fet:o~ kam (I 2)· po oruos em .:fuo~ - ist also der Lei'tged nk d R a e es omans. 1 Literatur s Pauly-Wisso IT wha . 1' 146 H., Hempel in RGG a I 410 f. Ich hebe heraus di~ berühmt e, noc nnmer B aur, Apollonius >on Tyana und Chris lehrreiche Abh an dl ung von F . Ch . ~reismus zum Christentum (Tüb. er tus oder das V:erhältnis des Pythawxeder abgedruckt in: Drei Abhanr:f Z. f. Theolo~le. 1832, 4, S. 1 ff.; sophie u. ihres Verhältnisses 0~en zur GeschiChte der alten Philogion der römischen Gesellsc=· Z _tentum 1876). J.R_eville, DieReliG.Krüger, l9C6 S. 2(1 ff J 6 .. :talter des Synkretismus. Übers. v. M. Wundt Ap' v T i-op.h t~ scd IMng,Ap. v. T. (Diss. phil. Lips. 1889). 3{19 H·) • J · H' empel, · · untersuch · e le un ythenbildung (Z · f · WlSS. · Th • 1906 , Ü . 1920; K. Holl, D. schriftsteiL ~: b~lief~ vonApollonius v. T. Aufs. IT 265 ff.); Er. Faseher Pr h t es gnech. Heiligenlebens (Gesamm. Hellenist. Wundererzählungen l 9~P Se es 1927, S:_199ff. R. Reitzenstein d . .Abendlandes 1910, 67H. ' · 40 ff-H.Gunter,Diechristl.Legende 2 Vgl. über ihn Herodot IV 14 f go~, .Apollonios vgl. die Aufzähl · in u der .1-ao,_Reihe Aristeas, Pythapndius ~-ita Ale..'!:. Sev. c. 29 von d ~ der ~ten Nachricht des LamApolloruos, Christu Abraham ::;: ezo,_statuen lDl Lararium des Kaisers: 3 t'ber Ahnllchlceit des A' ~.ll..,h~ etc. (vgl. u.). ttacJ.;...~ 109 ff po OlllOS mit • Pythagoras s. B aur ... n -"'1:1 • 4 Ap. ist also "~-1. 02 H., .._..I H. em .1-ero; h.l(', aber kein :J'eo>!
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Die theioi andres der griechisch-römischen Antike
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Legen wir die Gesamtüberlieferung des Philostratös zugrunde, so erscheint Apollonios in der Tat als ein .:fet:o~. der wiederum alle Typen, die wir gefunden haben, in sich vereinigt. Er ist einmal fl&'Jin~ im umfassenden Sinne, Orakelprofet, Traumempfänger, Omina- und Traumaeuter, Wahrsager und Weissagert, ein .:fiop6(11J~O~ und 'JIVfJ.<J!OlfJn:~o~ (II 37)2; er ist zweitens Thau·maturgs, insbesondere Exorzist; drittens Weiser und Philosoph4 - dies letztere wird am stärksten betont: Apollonios selbst bittet, seine Weissagung nicht einer ma~ tischen Kunst zuzuschreiben, sondern vielmehr der "WeiSheit", die Gott den "weisen Männern" kundgibt (IV 44), und diese "Weisen" stehen in der Mitte zwischen den Göttern und Menschen: sie erkennen die kommenden Dinge etwas später als die Götter, aber früher als die anderen Menschen (VIII 7,9 p. 340); er ist viertens auch Staatsmann, der vor allem mit Wort und Tat die Tyrannis bekämpft (V 27. 32; VII 14) und mit allen Kaisern seiner Zeit Umgang hat odro: zusammenstößt. Auch die alte Redeweise -fünftens- daß die llra.:fol die .:felot seien (s.o. S. 29f.), wird von Philost:at~s -Apollo~os aufgenommen. Apollonios bekommt von den mdiSchen. WeiSen zu hören, daß sie, die "alles wissen", sich selbst für .:feot halten, mit der Begründung: Ön ara.:fol fUflE'JI ll'llff(IWt"&Ot- (III 1~). Diesen Gedanken bezieht A. auch auf sich, wenn er spater berm Verhör auf die Frage, warum die Menschen ihn "Got:".nenne~, antwortet: Ön n:a~ /l71.:f(IW1"&0~, &ra.:fo~ 'JIOflLSOfJ.E'J/0~, .:fEov Etr:WYV!J.~ -rtf-4-är;at (VIII 5) 6. Zweimal werden uns auch von Philostratos genauere Begründungen für das :J-eio~-Prädikat vorgelegt. E~al ~us de~ Munde des weisen Inders Jarchas (III 42) im Gesp:UCh ube_: die Mantik und über die. Voraussicht (tr:(I6Y"wat~). Ot f.lU'JITtX'fl : · Xai(!Ol''re~ •.• .:feloi ·u {Jn:' a'ÖTij~ rir11onat xa) 1"&(!0~ .UClYHJ(/La'JI lr..,:J.~wnW'I! nQ&7:~ovut ist die entscheidende These. Die K~t der Mantik erhebt die Menschen in die Sphäre der Göttlichkeit und macht sie zu Heilbringern (ac.tJE~(IE~) der Mensch1 Vgl. Faseher 8.199 H.; Hempel S. 44 H.; Göttsching S. 25 ff.; Wundt
z. w. Th. 360 ff.
2 Die Belege bei &ur 1832, S.32ff., Wundt 329ff. 3 Baur S. 37 ff. 4 Baur S. 77 ff. , _ ein en.ann~ . 5 Vgl. auch III 25 wo Tantalos ein :l'tlo> n '""
• • · •w: en Ten1pel ..._.,__ d " un N. T.fürdie fluorde · . . d .A.llsch-pfer Gotte Jllog· 0 lieh 1 ~emzuwaschen, ISt weder mIr noch em öße des 8d"' ~ · Hier offenbart sich uns etwas von der überragenden Gr ., 'lf'oii, x"~6 '"·
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Religionsgeschichtliche Grundlegung
Die theioi andres der gnechisch-ri.imLSchen Antike
ich selbst betr~chtet zu haben: er hat an seine eigene göttliche Ausrüstung und Sendung geglaubt 1• Es mischen sich hier jedenfalls die verschiedenen Gedanken: jeder Mensch ist 9-tro.o, jeder, der ,,gut" und "weise" ist, und: einzelne hervorragende sind es, die als Staatsführer, als Reformatoren sich bewährt haben. Vgl. Hempel 64 ff.; Harnack, Lehrb. d. Dogmengesch. •' I 138 f. So nahe hier die Einbeziehung der Herrscher, der Kaiser, in die Lehre vom :ftlo;; liegt, dem Apollonius, bezw. Philostratus scheint sie nicht in den Sinn gekommen zu sein. Ausdrücklich erklärt Apollonius vor Domitian, daß er unter allen Menschen nur den Weisen Jarchos und den König Phraotes für Götter halte (VII 32), und ostentativ verweigert er dem Domitian jeden Akt der Huldigung, auch nachdem der Vertreter der Anklage ihm gebietet, er solle T, sc. Amon) in den Krieg ziehen (Arrian Anab . VII 8, 3). Das erinnert ganz an die Art, wie Job. Jesus von seinem " Va t er" r eden läßt: Alexander ist der "Sohn", der ~ter dem Schutz des göt tlichen Vaters steht. Von den Soldaten verlassen, hatte auch Alexander ein ' Vort wie Joh 16,32 sprechen können.
. Wie diese geschichtliche Szene und ihre mythische StiliSierung der Taufe Jesu entspricht, so die bekannte Legende von der göttlichen Ge hurt Alexanders den evangelischen Geburtsgeschichten, was hier gleichfalls nicht näher ausgeführt Werden kann. Bedeutsam ist auch, wie Plutarch in seinem Traktat de Alexandri 1\Iagni fortuna aut virtute (wohl mit \:orten des Zenon) die große geschichtliche Leistung des Körugs, die Vereinigung und Versöhnung zwischen Griechen und Barbaren, geradezu mit christologischen Worten feiert (I c. 6 u. 9, 329 C, 330 E). Nach Arrian (Anab. 7, 30) hat es auch beim Toae des Alex:ander allerlei wunderbare Erscheinungen gegeben; sie bestätigen ihm die Überzeugung, daß dieser Mann, der keinem anderen Men s chen ähnlich war (d. h. einzig in seiner Art War), nicht e§w 'I'OV {}eiov entstanden sein könne: Nur daß auch Arrian, der Bewunderer des göttlichen Königs, offen zugibt, daß er auch Fehler gehabt und Schlechtes getan habe. !>as Dogma von der Sündlosigkeit hat sich an diesen Gottessohn mcht anheften können 2.
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1 1Iiennit hängt zusammen die Frage nach der d(>m, die Alexander dem Priester stellt, nachdem er als Sohn eines göttlichen ';aters ;\ ZeJc~et worden ist: el ndvrw11 aV...q; Jii1wo"' d.v/J(lt!Jrraw '"'~;'I' Y'"_~a/Ja~. ~Uch hter ergibt sich der innere Zusammenhang von /J'aos (vlO. :hov) und (>loi. 2 Vgl. Stroux a. a. 0.; Cicero de offic. I 90 ff.
~:· a: O.)
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Religionsgeschichtliche Grundlegung
Die theioi andre::. der griechisch römi::.chen Antike
Noch reicher entfaltet ist die Theologie und Legende des Augustus 1 . Schon der Name Ießacm)r;= Augustua hat numinösen Klang 2 (wie der Name "Christus"). Als .:J.u6-w'COf; Kalaa(/ feiern ihn kleina.siatische Griechen 3 , und das hymnenartige Enkomion, das der Jude Philo in seinem Traktat Legatio ad Gaium eingeflochten hat (145 ff. p. 567 M.), ist die Verherrlichung eines -3-elof; (wenn auch das Wort nicht vorkommt). 4 Au~stus ist nicht der erste Römer, den die Zeitgenossen vergottlicht haben. Er ist auch hierin der Erbe Cäsar's des divwi Julius. Und vor Cäsar ist auch schon sein Rival~ Pompeins Magnus als göttlicher und vom Himmel herabgesandter Mann und Retter gefeiert worden. Cicero'a Schrift de imperio Cn. Pompeü liest sich wie ein Hymnus auf den ~ü~ a"1(> Pompei~. Seine einzigartigen Leistungen werden 1 ~ hymrusch-rhetonscher Sprache aufgezählt als Erweise einer diesem Mann gegebenen incredibilis ac divina virtus (33 p. 36). Aus den unerhörten Taten wird auf die -3-eia öv 11ap,tg des H~ld~n g~sc.hlosse~. Ja, wie Cicero bezeugt, sehen die Aus" artigen m Ihm aliquem non ex hac urbe missum sed de caelo d~lapsum (41}. Auch hier also der Übergang vod der adoptianiS7hen Christologie in die Präexistenz- und Inkarnationschristologte. In der ~ompei~mythe ist die Augustuamythe vollkommen voi?eb1ldet. Cicero'a Schrift läßt uns verstehen, wie nach Pompems auch Augustus als ein -3-elog und divus angesta~t und angebetet werden konnte.
früher Mensch ge~esener Gott, er ist also ein zwischen Memchen und Göttern stehendes \Yesen, etwa dasselbe, was den Griechen der Heros war", was Pythagoras für seine Verehrer wari. .
Während die griechische Herrscherverehrung den
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bal~ auch den Lebenden als :1'•6s, nicht als :tzzos feiert ~rst odr. en~n . unh
KillServerehrung anfangs .. . , 15 Ie romlBc e •ondem von divus D ~~as ~ckhaltend: Sie redet nicht von deus, · " er Ivus 1st rm Gegensatz znrn wirklichen deus ein 1 Liter-4tur s W Deonna La leaend d'O et m81• d · · ' o e ctave-Auguste dieu sauveur röm_ ;:lh.: ~~~(~evu~~~ d~ rel. 1_921). P. Wendland, Hellenist.E. "'alin, Civitas dei.19W 11 fiiBcGag, e. D~tiken Herrscherkult (a. a. 0.). rh~ !es Ern .' ·. ' IVUS Augustus. L'idee dynastique A. Altht'im p:reu.rs ~~o-Claudtens .. (Rev. d'Archeol, 5, 34, p. 11-41). 2 F '.Rom. Rehgionsgeseh. (Goochen) 19:33 Bd. a 41 ff · Iüller, ".:\u., wmlif'S:,n läßt. 2 Vgl. o. S. :'!S ff.
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Der Ert;rag_ dieses Kapitels ist sonach in Folgendem zu sehen: 1. ha?en ~e zentrale Kategorie der antiken Religionsgeschichte m Ihren mannigfaltigen Gestalten und Abwandlungen kennengeie:nt, in die, von dieser Antike aus gesehen, auch: Jes~ und die großen unter seinen Aposteln, vor allem Paulus, emg~rdnet werden können; 2. haben sich viele bedeutsame Emzelmoti di K · · . . . ve eser ategone ergeben, die auch rr~en?Wie ~ der Jesus- und Paulus-'fradition wiederkehren. D:e V~glmchbarkeit der Gedanken erhöht auch hier das Vert~ndnis des N. T.'s. Ein -3-tio~ &,.~() ist der Mensch Jesus. Ie erhabensten Motive d t'k o. • • _ Sehns er an I en vuo~--Traditwn und -3-ew~lich u~t (~eca)_ sammelt der Christus der neutestamentzu e~üllesamtü~liefe:ung in seiner Gestalt und bringt sie ke: Gott ~g. -3-eto~ ä":f()wno~ ist dann wieder Paulus, liehe Kraftm. ~~sch~ngestalt, aber ein Mensch, auf den göttkannt el hslc T -~:medergelassen hat. Und so haben wir er' w c e ~en vorn :J.ez"" d I h k -" un we c e onkreten geschichtlich- • hisch Vertreter des g_öttlich~_n Menschen die hellenische ktike die Se't neutestamentlichen Uberlieferung an 1 :e zu setzen hat Ein · h d Materialien würd hi · ? ~ge en ere Durchführung der Verflochte nh -:d er dreierlei ~rgebnis zeitigen: (I) die antiken -3-ei~-~t;:n:eu;estam~ntJ!:chen Gestalten mit einigen des N T an · kli h n ' (2) die Uberlegenheit der :J.elor. • • Wir c er Gott€Skraft und G ttes · h · ·· b der griechisch-rö . . o WelS e1t u er die -3-tiot artigkeit, auch insofernnu:;hen ~~e ~d (3) ihreAnderschi:;chen -3-Eio~Lehre k . a. z~m Wichtige Ty-pen der griephilosophische Denker C:.~ nchbge ~tsprechung finden: der nach seinem Tod wird der Pral..-tische Staatslenker; erst dem dann aber ni:ht nU:';;;h (~&~ zu~ Weltherrscher erhöht, ,;cha.ft auf Erd d e eilich mcht anschauliche) Herren on ern a h di R · z:u teil Wir · d• ' uc e errscliaft in den Himmeln
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Religionsge~chiohtliche Gnmdlegung
ind uns bereits entgegengetreten: Der herumziehende Wundertäter, der gottgesandte Erzieher und Reilbringer, der Wissende, der Macht_habende, der Eingeweihte und Einweihende. Insbesondere ISt schon das leitende Motiv dieser Untersuchung zur Anschauung gebracht: die Gleichartigkeit der beiden zentralen -3-tiot des N. T.'s.
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"V~ch :nJlei "
freilich nicht im
völligeJ Gleich&rttgkeit der Gestaltu.ng.
inne einer .Abhängigkeit oder
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Die israelith;ch en Gottesrnänner
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Aus allen drei Momenten hat sich aber auch 4. eine scharfe, Euf Kampf gerichtete Gegensätzlich\:eit herausgestellt: der vergöttlichte Christusherrscher muß den vergöttlichten Kaiser zum Kampfe herausfordern mit dem Ziel der Unterwerfung od'er Vernichtung. Ebenso können die Gottmenschen des N. T. als Profeten, Wundertäter, Heilkünder die -3-üot li'IIÖ()Eythagoras oder der " göttliche" Weise der Sto_a, aber ~ur I ,Jfi11118 Christusfistj auch Alexander und Augustus, ISt es _wemg- l~t ltien.s, und nur er, in der Transfiguration geworden. Die Verschi~enartigkeit, die Abgestuftheit der -3-eloc;-Gestalten der Antike, kommt somit auch im N . T. zum Ausdruck.
2. KAPITEL Die israelitischen Gottesmänner und ihre hellenistische Interpretation 1. Der israelitisch - jüdische Gottesrnann. I. Auch Israel hat seine .:J-elot lt11o~ec; gehabt: Abraham und ll~, Könige, Priester und Profeten, mit Gotteskraft gelade:et tnit Gottesauftrag ausgerüstete Männer, die Israel gesehen a. 1 ~ - Vgi. G. P. \Vetter,
3~~e~ ~~~-:der des
Der Sohn Gottes, S. 73 ff. Gerade ~ochs der wie Celsu s und P or p hyri o_s wollen N als ~tTo• anerkennen; vgl. H . S c hlingen s 1epen. die .'f. SOff., 107ff. usw.
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Religionsge,chichtliche Grundlegung
und die .eine Ge:: B. Stadc. ~Bibi er a ttest~. Theologie und Religionsge· d . .\. T. I 1933 . n· . ha·. d. "~· T.l90, 122 ff.; W. Eichrodt, Theol. • · · Ie c nsmatJschen Führer 2 D. Ieses "\.b tand bewußt• · r d · .. · . . land • \'ol 0 . \\' e1nre1c · · h _ ~em m et ..,SICh . ubngens auch in Gnechene · Jb 1"?" . 6 3 3 \\' · Caopan . · Tronbe·teigun ' ~. · · " -v, u ~m1 Emaang des Aufsatzes). -.." 1::>4 ff. (Altorient '1 T • genund Tronfolge der israelit. Könige 1917 4 D a . exte u. Untenuch. 13). t33,I; Jas 14.1l· Esr·J ... P- 90 ~· .. .~ r. Ei hrodt. 1 15o fi • S ~ ~ ,1. ygl. uher seme religiöse. Stellung ' · • e 12,2t. 36: II Cr S,u.
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Die i:;raelitis~hen Gotte:-;männer
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habens (I Sam 2,27; I Kön 13,1; 12.22; Jer 35,4). Ein 'Mann Gottes' ist der Profet, der Weisungen von Gott empfängt, der Wunderkraft in sich trägt, der für die Menschen den heiligen, die Sünde strafenden Gott reprä entiert, ist·der große, heilige Gesetzgeber Israels, ist der geheiligte König der .Anfangszeit. 'Mann Gottes' - dies ist die Interpretation des Begriffs - ist also ein "Mann", der Gotteskraft und Gotteswort empfangen hat, der "von Gott her" zu den Menschen kommt, -mit dem Jahwe, sein Gott, verkehrt. Er ist der Stellvertreter Gottes auf Erden: als solcher tritt er vor das Volk, als solcher tritt er in das Haus des Einzelmenschen, erschreckt die schuldigen Gewissen (I Kön 17,18), bringt Unheil oder Segen 1 . . Neben "Mann Gottes" hat das A. T. trotz seines religiösen Abstandsbewußtseins, ganz vereinzelt allerdings nur, für einige hervorragende Menschen sogar auch die Bezeichnung 'Götter' C'il.,N, so für Mose Ex4,16 (wo es aberwohl bildlich gemeint ist) •, für die Könige und Richter der. Welt Ps 82,_~ 3 , vielleicht auch einmal Ps 45 7 für den israelitischen Körug'; das ware Anpassung an die auß~halb I~r~els verbreitete Menschen-Vergötterung der Herrscher und der Helden und der Ausdruck "Mann Gottes" würde dann d. ' angemessene Umformung dara t ell ~· J 0 h 10• ' 34 Ie dem israelitischen Glauben wird die Benennung &~ol Ps 82,6 auf die 1\Iänner bezogen, "an die d~s \vort Gottes ergangen ist", d. i. die Propheten und Gesandten Gottes; ..die. Inte: Pretation ist eine Begründung für die von Johannes gelehrte Vergotthc~ung des Gottgesandten Jesus' die somit die &•los-Lehre des A. T. zu ihrer Voraussetzung hat ' .
· Fast identis~h mit dem Ausdruck 'Mann Gottes' ist die Bezeichnung 'Mann des Geistes', isch ha-ruach H~ 9,7, LXX 7 rr f.Vf.la7:ocp6~or;. Sie kommt zwar im A. T. nur emmal_ ~or, tnuß aber volkstümlich gewesen sein, und sie charakterlSlert ~ine Reihe von heiligen Männern, von denen deutlich gesa~ wird, daß sie die ruach Jahwe's in sich haben 6 • Das ist;.
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Religion.sge";ehirhtliche GrundlegWlg
Die israelitischen Gottesmänner
waltiges Können, ihr Hellsehen, Wahrsagen, Weissagen, Wuniiertun, Zaubern, ihr wirksames- Reden, ihr Segnen und Fluchen verdanken. Es ist dieser "Geist'' von Gott, der diese nabi's und Ren-scher, Gewaltmenschen und Übermenschen, vom Griechentu~ her gesehen, ~u ffelot li'JIO(!eg macht. Merkwürdigerweise wird von den Vorexilischen Schriftprofeten nur selten bezeugt, daß sie "aus diesem Geiste Gottes" 1 reden . Ihr Profetentum, ihr ffe"iog el'Jiat wird. auf andere Weise zur Anschauung gebracht. Aber in der nachexilische.n und in der späteren schriftgeiehrten Überlieferung gelten auch sie als Männer des Geistes und wird ihr Tun und Reden aus dem Geiste abgeleitet; d. h. das im A. T. einzig dasteh~nde Selbstzeugnis des profetischen Botschafters von Jes 61,1 wird dann auf alle Profeten übertragen. Wie denn nach Jes 11,2 die vielgestaltige ruach auch denMessiasauszeichnen undkennzeichnen wird; er wirdja Profet und Herrscher zugleich sein, und ein Träger der ruach ist nach altisraelitischer Überlieferung auch der von Jahwe eingesetzte König 2. Endlich ist hier noch zu nennen der häufiger vorkommende Ehrenname •ebed Jahve, und 'ebed elohim (LXX n:alg fJ-eoV, Öoi'lo; -3-eoV), Knecht Jahwe's, Knecht des Gottes, gleichfalls Ehrenname für Mose, für David, für die Profeten u. a. 3 • d. i. der Mann, der ini besonderen Dienste Jahwe's, einen Auftrag an das Volk und an die Menschen hat und für diesen Auftrag in besonderer Weise von Gott ausgerüstet und ermächtigt ist. Der bekannteste Repräsentant der 'ebed Jahwe des Deuterojesaja, auch ein Träger der ruach, Jes 42,1. Überraschenderweise hat, wie wir schon sahen, auch die griechische ffe"iog-Lehre G staiten. die ihm ent prechen. Sokrates und die Kyniker 4 cin weiterer Beleg dafür, daß wirklich auch er eine Abwandlung d~ :1-Eiog lirffqttm:og ist_ Wichtiger noch ist, daß er im N. T. seme Erfüllung gleichmäßig in Jesus wie in Paulus findet (vgL u. Kap. 4).
ßo sind die Gottes- und Geistesmänner des A. T.s wirklich die 3-t.iol avdqe;; Israels. Am nächsten stehen den echten ffslot de.r Griechen, den Sehern und Orakelpriestern und Inspirierten. ,
~olz
1 62 ff. i_e. s &ich dar als Empfänger von Aussprüchen .J hwe s und von VJSlonen. Tatsächlich ist das pneumatisch. 2 I Sam lO,a. 10 ff.; 16,u.
3 Gesenins-Buhl, Wörterbuch s. v. 'ebed.
4 S.o. S.
S
93
. ., . W hrsa er die Ekstatiker, die .. Korydie alten Nabi s, die . a . g .. - r die kleinen und großen banthen". der Sa~uelzeit, die N~~~raer~fetischen Dichterl, auf Seher, Bileam emg~schlo_ssen, mit ~hrem Tabu-Wesenkil!ren der anderen Seite die Pri~ster,ht ·t ihrem Orakelwesen2; kultischen Kräften und Vorrec en, ~I Zeichendeuter, eine ~eh die Zauberer und Totenbeschw~r~r, I·nd in Israel vor-. d lt . bischen ..rewt, s wichtige Gruppe er a gnec d d echten Jahweprofeten handen, freilich im Gesetz un ~n .;n "tim (Num 23 23}3 >erpönt, verworfen, verbannt, a ? ~ egt "echischer u~d israeeine nicht unwichtige Düferenz ZWISC en ~ Gottes" deren . · · Manner ' lifucher Religion_~· ~uch d IeJemgenW~derlegenden umrankt Gestalt in der Uberli~fer~g von ttlichen" Wundertätern ist haben ihre Ebenbilder m den "gö h Empedokles, ' ik . h nne Pyt agoras, der griechischen Ant e, lC ne uf J·ener Seite . . di M Elia Eisaa · 1 Apollomoa auf eser, ose? . ' hiedener Fassung hüben und Ein wichtiges Motiv, das sich m versc . d n im Tode die Entdrüben findet, ist das geheimnisvolle Entschwm ~mpedokles, 'Apollonios rückung Himmelfahrt, Apotheose: Pytha~~-~as,k keines gewöhnlichen • . . D ß tJ-aTo> a.,..,;~ ann · dort, Mose und Eha h1er. ~r g.ro ~- . h Werken offenbart hat, nur liD Todes sterben, weil er, der s1ch m got_thc en
Stä.t~e f~det.
und die altisraelitischen diegroßen Wort~Elot li-rd(!Ef; sind, so unvergleichbar _sc ;:;ülle ihrer Visionen, und Schriftprofeten dazustehen: I.~ he in der eingreüenden 'Gottesoffenbarungen und Go~esspruc d, ·t der konkreten Verbundenheit ihres Dienstes, Ihrer Sen ~hrengnnGott der VolksGeschichte, in ihrer rest1osen Hingabeani W It nott ist ' (Jes 6,1 ff_. ) , gottund zugleich über alles erhabener e .. beng Volk und Kömg, .. · k •t genu er ~or allem in· ihrer Unabhangt~ei ge ulären Erwartungen m ihrer Abwehrstellung gegenuber denkpop überhaupt z:weüeln, UndAnsprüchenihrer Umgebung. Man ~~ ffeiof; /i.,fJ-qc.M&o;, ob man sie der volkstümlichen Kategone heseili'gen Mannes zud · wunderhafter " Kraft" begabten Ibst schad a b von es nut rechnen darf s; grenzen sie si~h doch ( 1) se Himmel die ihm gebührende
So wesensverwandt die gnechischenh .
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·tia
· T·: 3 1932 112f. lJ.Meinhold,Einführ.md._A. Rel.1922, 2ff. (Das_ 2 Vgl. G. Hölscher, Gesch. ~- :'ra.~ht. ~~~hi~htsschreibung u .•p~ Orakelwesen); H. Grt>ssma.nn, Dte älteste Eichrodt I154ff., 166 f., · '1r; Phetie Israels (Sehr. A. T. II 1) 1910,29 ff. Theol Blätter Nov. 1933 )·[ AJ 1/t> . chtnö.k·el Die jahwetreuen Orden in Israel ( · fl 3 E lC · hr•odt a. a. 0 . 157 f · L . · 3do• seitens der Philosop 0e·1ue tes· ; "' "- _.", 4 Dochentspricht demdie Verw.eiSungdt~er" des prophetischt>n ( J 15 5 Vgl. J.Hempel, Paulus u. die Vollen UDo •
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Religion:;geschichtliche Grundlegung
den "Profeten" der Zunft, die unbestreitbar als {}elot ä-voqef; anzu'precnen sind - man denke an Am 7,14, an II K~_n 22, wo die Hofprofeten im Gegensatz zu Micha; dem wahren Jahweprofeten stehen, an die falschen Profeten, die Jeremia bekämpft - und sind doch (2) viele von ihnen der Sphäre des Mirakulösen gänzlich entrückt (Amos, Hosea, Jeremia, Micha u. a.). Wir haben indes auch hier wie im Griechentum verschiedene Arten der "Gottesmänner" zu unterscheiden: {}elot ä-voqef; der primitiven Stufe, die vom Nimbus des Mana- und' Mirakelglauben umgeben sind, den Manteis, Priestern, Profeten und Thaumaturgen vergleichbar, und Gottesmänner der höheren Art, wo Glaube, Geist und Erkenntnis, Begnadigung mit dem Wort das Bestimmende sind, den {}Elot uotpoi der griechischen Philoophie nahestehend (so sehr auch sonst der Profet vom Weisen verschieden ist). Im übrigen sind die Grenzen fließend und ein Ezechiel gehört unzweideutig beiden Gruppen an: dieser "Menschensohn" 1ist Ekstatiker und Höriger Jahwe's, Sprecher Jahwe's zugleich • .Als Ganzes genommen, haben freilich die großen Profeten Israels mit dem Radikalismus ihrer Gottrungegebenheit in der griechischen {}elof;- Geschichte keine volle Entsprechung. Etwas anders steht es mit Mose, dem Manne Gottes. Als >on Gott e~ächtigter Gesetzgeber und Volksbegründer kommt er dem Typos des "göttlichen" Gesetzgebers und Staaten- _ gründers der griechisch-römischen Antike sehr .nahe um so mehr, als er ja in der Legende auch Züge des macfitbegabten Wundertäters zur Schau trägt 2 • Freilich überragt er sie alle auch wieder durch die Eigenart seines besonderen Auftrags und kraft der Erhabenheit seines Gottes, dessen treuer Diener er ist. Ein den griechisch-römischen Königen göttlicher Art verwandter {}Elo:; ist weiter König David, mit dem Geiste Jahwe's gesalbt - das ist da königliche mana das die Göttlichkeit" jedes antiken Herrschers ausmacht ll durch diese bnng wie durch wunderbare Erfahrungen als der besondere . u. 1. F tchr. ZUr 700-Jahr-Feier der Kreuzschule zu Dresden 1926
Sa~ l6,2aff.'~
~~:hichtliche
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Grundlegung Die hellenistische Interpretation des biblischen· GatteRmannes
'd.W-ch seine Bekehrung aus einem Himmelsmenschen ein Gottesmensch" wird (nach dem Gottesspruch Gen 17,1) und' nun in der ~gleitun? Gottes den "königlichen Weg" geradeaus ~chrettet (de gtgant 60 ff., p. 2711\1)1. Dieser Abraham ist, wie m dem Tra~at de Abrahamo näher ausgeführt wird, der,, Weise'', dem Gott m ganz spezieller Art "sich offenbart hat" der dadurch ,Gott erkennt und z~ Weisen wird (80 ff. p. 13M). Auch n~ea.fJrru~os und n~mor; Wird er genannt als Weiser· denn in Wa~heit ist der Weise der erste des Menschenge~chlechts, so Wie ?er Steuermann auf dem Schiffe es ist, der Herrscher in der Polis, der Strateg im Kriege und weiter die Seele im Körper der N ft.s in der Seele, und wiederum der Himmel im Kosmos' "Gott aber im Himmel" (272 p. 39M) - ein stoi'3ierende; Hym~us auf den von Abraham urbildlieh repräsentierten Weisen. Zu ~emem Ruhm ko~t noch hinzu, daß er kraftseiner "Natur" ~rliiller des ~geschriebenen göttlichen Gesetzes und der gött· · lichen Vorschriften IS. t und d Ge so as setz und die ungeschriebene Satzung wahrhaft in sich personifiziert (275 f.). Der ,;Weise" und der "~ottesmann" sind für Philo identische Begriffe, und Abraham ISt das "erste" Urbild beider. ?aß alle Pr.ofeten als die von göttlicher Raserei Ergriffenen ,Manner Gottes" t d genann wer en, folgert Philo aus der an ,?~nchteten Anrede ill Reg 17,18. Er setzt &",9-f!wnor; ,9-eov ~- E1l ovr; ~~d ~qw~ (I Reg 9,9) gleich, aber auch mit dem in D Ia spnholisierten e~pr;"F:vr; ~ov ,9-eov loror; xal n~ogn}-r7Jr; ( d eus ~m_mut. 138 f. p. 293M). Schon hier wird klar wie Philo en btblischen Gottesmann mit dem altgriechischen, ,9-elor; &"fjq zusammenschmilzt 2.
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Mit der Phiionischen Int tat. . Vork ommen der W erpre d · Ion des Begriffs /i"fJ-o.' "-:f'•ov ist das ----=~en ung m der hellenistischen Aristeas-epist~ 1 Vg1. H. Leisegang, Der h. Geist I S 93-f 2 Über die lJntersch·ed d. · · · griechischen Ekstatiker b~te~:m Ie z~chen dem ~üdischen Nabi und dem Prophetes .151 f. Imm hin und die_Philo ausWlS~ht, vgl. etwa Fascher, Mantis u .. ..:__ d Pro er unterscheidet auch Philo gelegentlich zwis~hen un phet· Bil · t be. '\"gl. Faseher S l55·Is7 alleam !:'_,_,Ides: Zauberer und echter Prcfet; die Wahrsager ~ ·_p · or em ueJUW!pft er in der Nachfolge ,,Mose's" den tJ-tro• 4""eamo• :u~:::c:e~en, pvgl. spec. leg. I 59 ff.; IV 48 ff. Auf L e v y, Sobria ebrietas U t :: hiloll.l3chen Profeten weist auch H. • 57 f., wo auch in d~ .; e:u~ z. Gesch. der antiken Mystik 1929, 0 Hellenisienmg des Pro h t ~ ge .von. R. Reitzenstein der Prozeß der tril.tlich feststell~. p e en yps bei Philo aufgezeigt wird, wie ich nach· (..,.;.,~ .. J;, )
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zu vergleichen (140). Darnach sind es merkwürdiger":eise die ägyptischen Priester, die den Israeliten als den Verehrern des em~ wahren Gott.es den Namen litJftl(l»no• fteo'ii zuerkannt haben. Voran geht mteressant.erwei_Se eine Verurteilung der Vergöttlichung von Menschen, (135.-137; leider ISt der Text in 136 korrumpiert und nicht sicher zu rekonstnneren, vgl. Wendland in s. Edition z. St.). Dieser hellenistische Jude verurteilt also jegliche &.lo,·Verehrung und läßt nur die Bezeichnung de~ Verehrer des einen wahren Gottes als 'Menschen Gottes' (d. i. Menschen, die zu Gott gehören) zu. Die Bezeichnung ist also eine Auszeichnung der Israeliten, ist also von einzelnen Führern und Weisen auf das ganze Volk frei übertragen. llmen stehen die anderen Menschen als "Menschen der Speise und des Tranks und der Kleidung" gegenüber. Vgl. etwa Mt 6,25 ff.- Über das Vorkommen der Wend.ung Ii. tJ-. in der hellenist. Mystik vgl. noch W. Bauer, Wörterb. 108.
Dann ist vor allem gemäl;l der Bezeichnung Dt 33,1 Mose der ä",'}~~nor; ,9-eov im exemplarischen Sinne. Er ist der -reletor;, der sowohl vom "Herrn" regiert als von "Gott" mit Wohltaten überschüttet wird, nicht wie der gewöhnliche Mensch ein ,9-eov x~fjf.la, sondern ,itls Mensch Gott~ (,9-eov) avx7Jpa xat 6Jcpfl7Jpa (m-qt. nom. 24-26 p. 582 M). Er ist der &(!XL'lr(!Ocp~-r'Tjr;, der wenn er segRet, ä11ft.~W1tor; ,'}Eov heißt; das ist, wie ausgelegt wird, der besondere Mensch, der seine Verwandtschaft mit der Schöpfung nicht sieht, sondern sich ganz an den Allherrscher und Vater angeschlossen hat. Denn das e-reqotr; 'lrE(!l'lrOtei11 ~0 &ra,'}t)." war das emxrreJ..pa einer größeren, vollkommeneren und "gotterfüllten" Seele. Philo verbindet damit gleich die noch höher steigende Benennung ,9-eor;, die Ex 7,1 dem Mose gegeben wird. ,9-eor; ist Mose als "Weiser" und als Behuracher jedes Toren (Ex 7,1 ist das 'elohim, ,9-eor; auf Pharao gedeutet); es ist also · eine auf Menschen bezogene Würde, die sich beEonders erweist in der Fürsprache für die Toren, eine wahrhaft göttliche Funktion, Nachahmung der "gnädigen Dynamis" Gott s (mut. nom. 125-129 p. 597 M)l. Eine si~gl;lläre biblische Wendung ermächti~ den Theologen, das (;",9-(!wnor; ,9-eov noch zu überbieten: Daß der griechische ,9-elor; im Hintergrunde steht, ist deutlich. _Eine Rechtfertigung wird andernorts (qu. det. pot. insid. 162 p. 222) dahin gegeben, daß der "Weise" nur :!'eo' To'ii IU;oo"o', in Wahrheit nicht :Gott' ist, d. h. dem Seienden gegenübergestellt (d. in Wahrheit), erscheint er als Ii"&~':'"'~• &eov, nw: dem Toren gegenüber ist er fteos , und dies nur "~em Scheme nach. Philo akzeptiert also den .,:f'elo>'' oorpo,;, aber mit emem starken Vorbehalt.
i.
1 Vgl. schon mut. nom. 19;
mig~. Abr. 84; leg. all. I 4{) .
lÖ4
Religion.sgeschichtliche Gnmdlegung
Die hellenistische Interpretation des biblischen Gottesmannes
Nicht immer macht Philo indes diese Einschränkung. Das Wort ist für ihn eine Hauptstütze für seine vorbehaltlos vorgetragene Lehre von der Vergottung und Göttlichkeit des Mose. Es kommt hinzu die Auswertung der Geschichte vom Aufstieg des Mose auf den Sinai, die Verbindung des Mose mit dem vergöttlichten Hohenpriester und die Überlieferung vom Tode Mose's. Mose stirbt nicht auf gewöhnliche Weise, sondern ~cheidet ab "durch das Wort" I)t 34,5, d. i. das Wort der Schöpfung; das schon bedeutet, daß der Weise und der Kosmos vor Gott gleichen Wert haben. Dem entsprach seine Stellung in der irdischen Welt: Gott gab ihm keine gewöhnliche Herreher- und Königsgewalt, sondern "erwählte" ihn zu einem "Gott" (Ex 7,1), womit er das gesamte Gebiet des Körperlichen und dazu de~ beherrschenden Geist ihm unterwarf (vgl. wieder Mt 28,18). Diese wahrhaft göttliche Herrschaftsmacht erweist sich in_ se~em Tode: sein ~rab kennt niemand (Dt 34,6); denn wer ware Imstande, den Ubergang einer vollkommenen Seele zu Gott zu beobachten? Der Tod dieses Gottes" ist ja ein ek ta~ischer Vorgang (sacr. Ab. et C. 8-io p. 165 M)l. Hierzu kommt Philo's Deutung der Geschichte vom Auftieg Mose's3 auf den Sinai Ex 24; sie ist, wie Reitzenstein 2 und J. Pascher erkaru:t haben, im Sinne eines richtigen V erg~ttun~sm~stermms gefaßt. Mit dem .:J.elof; aogu)f; verbmdet Sich hier der .:J.elog flVGn[f::. Zunächst das "alleinige Herantreten zu Gott" Ex 24 2 ( C?uaest. ~ Ex. ll 29). Es setzt voraus, daß er in die göttlich;n Dinge "emgeweiht" und deifer (.:J.eogu)nog) Gottesträger" ged z · · " '" word ist· en ' aus er weiheit zur Einheit erhoben von allem Sterblichen befreit, transmntatur in divinum' ita ut fiat ~eo co~atn.s vereque divinus_. Kein Z~eifel, hie; ist an eine d ~~enh~dlung geda11 Dogma~. All&logie - t freilieb erst der Gott-Christus d