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Parker blufft das „Hypno-Auge“ Günter Dönges »Positiv und dynamisch sollte man den Tag beginnen«, sagte Butler Parker in dozierend-höflichem Ton, um dann mit dem blei gefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms im Sinne seiner Feststellung zuzuschlagen. Der untersetzte, muskelbepack te Mann wurde an der Stirn getroffen, doch er zeigte keine Wir kung. Er musterte Josuah Parker nach kurzem Augenschließen und versuchte dann noch mal, den Butler mit einem Fußtritt zu erwischen. Der Massige nahm sich viel Zeit dazu und schien sich dem Zeitlupentempo verschrieben zu haben. »Hatte ich ihnen bereits einen guten Morgen gewünscht?« er kundigte sich der Butler. Er glaubte, daß sein Gegenüber ein we nig angetrunken war. Der Untersetzte ging auf die Frage des But lers nicht ein, denn er hatte eingesehen, daß mit dem Fuß nichts zu machen war. Er versuchte es deshalb mit der rechten Faust und holte zu einem gewaltigen Schlag aus. Josuah Parker hatte keine Mühe, den ihm zugedachten Schlag ins Leere gehen zu las sen. »Sie sollten vielleicht noch ein wenig trainieren«, schlug der Butler vor, nachdem der Mann sein Gleichgewicht wiederherge stellt hatte. »London bietet eine Fülle von hochwertigen Sport zentren, wie ich bemerken darf.« Die Hauptpersonen: Norman Ballert steht unter Hypnose und wird unangenehm. Marty D. Pinner führt ein zu großes Haus und erregt Verdacht. Doctor Finnegan erweist sich als Spezialist in Hypnose. Brian Fulwell leitet eine Peep-Show und weiß von nichts. William Tooting ist ein hochbegabter Hypnotiseur. Kathy Por ter versucht sich als Stripperin. Lady Agatha Simpson trennt sich mißtrauisch von ihrem Schmuck. Butler Parker läßt sich vom „Meister“ hypnotisieren. Der Morgen war noch jung. Josuah Parker, etwas über mittelgroß, fast schlank, hatte das fünfzigste Lebensjahr längst überschritten und befand sich im 2
Green-Park unterhalb von Shepherd’s Market, der um diese Zeit fast immer menschenleer war. Der Mann, der sich mit ihm anle gen wollte, kam plötzlich aus den Sträuchern und verstellte ihm den Weg. Er hatte bisher kein Wort gesagt, ging auf die Anregung des Butlers nicht ein, holte wieder aus wie ein vorprogrammierter Roboter und versuchte es mit einem zweiten Schlag. »Wie wäre es möglicherweise mit der anderen Hand«, erkundig te sich der Butler. »Sie verfügen über zwei Fäuste, wenn ich dar auf aufmerksam machen darf.« Der Muskelbepackte sah den Butler aufmerksam an, lächelte dann hilflos und wandte sich ab. Er ging zögernd weiter, drehte sich noch mal nach dem Butler um und schob sich dann in das Strauchwerk rechts vom Weg. Des Butlers Neugier war geweckt worden. Gemessenen Schrittes folgte er dem Mann, bis er das dichte Strauchwerk erreichte. Josuah Parker war keineswegs leichtsin nig. Das rätselhafte Verhalten des anderen warnte ihn zusätzlich. Parker schob mit der Spitze seines Universal-Regenschirms einige Zweige zur Seite und entdeckte den Mann, der inzwischen beim Außengitter des Parks angekommen war. Offensichtlich mühelos überstieg der Untersetzte dieses Gitter und ging zu dem schwar zen, altmodischen Morris, der am Straßenrand parkte. Josuah Parker interessierte das Kennzeichen dieses Wagens. Er passierte das Strauchwerk und wollte ebenfalls zum Parkgitter. Doch dann fiel ein Schuß, und Parker verbeugte sich leicht. Das Geschoß pfiff dicht an seinem Körper vorüber und klatschte in die Bohlen einer weit entfernt stehenden Parkbank. Fast unmittelbar darauf heulte ein Automotor auf. Als der Butler sich wieder auf richtete, hatte der kleine Morris bereits Fahrt und jagte im Eil tempo in die nächste Querstraße. Das kreischende Radieren der Reifen quälte die Trommelfelle. Der Butler reagierte leidenschaftslos und überlegt. Man hatte auf ihn geschossen, eindeutig verbunden mit der Absicht, ihn nicht nur zu warnen, sondern auch zu treffen. Dieses Geschoß konnte später noch mal als Indiz eine wichtige Rolle spielen. Parker überquerte die Rasenfläche und untersuchte die Bank. Nach wenigen Augenblicken fand er bereits die Einschlagstelle. Holz war aus den Bohlen gerissen worden. Das Geschoß steckte noch in der Lehne. Mit einem Taschenmesser schnitt Parker die ses Indiz aus dem Holz und ließ es in einer seiner vielen Westen 3
taschen verschwinden. Es war nur leicht deformiert worden. Josuah Parker brach damit seinen Morgenspaziergang ab und schritt zurück nach Shepherd’s Market. War diese seltsame Be gegnung absichtlich inszeniert worden? Parker verneinte diese Frage. Das Verhalten des muskelbepackten Untersetzten war wohl doch zu seltsam und zu planlos gewesen. Um einen Profi konnte es sich unmöglich gehandelt haben. War der Mann viel leicht betrunken gewesen? Hatte er unter Drogeneinfluß gestan den? Josuah Parker hatte den Piccadilly überquert und hielt auf die stille Oase inmitten von London zu, als er das Geräusch eines schnell sich nähernden Wagens hörte. Er nahm gemessen und ohne Hast den Kopf herum und gewahrte einen schwarzen Morris. Um jeder Eventualität vorzubeugen, griff Josuah Parker nach ei nem seiner Patent-Kugelschreiber und warf dieses normal ausse hende Schreibutensil auf den Gehweg. Sekunden später wallten dichte Nebelschwaden auf, die sich schnell ausbreiteten. Der Fahrer des Morris wurde prompt irritiert. Das Quietschen von Bremsen war zuhören, dann folgte ein leichtes Scharren von Blech. Der Motor heulte erneut auf, und Parker sah die schemen haften Umrisse des Wagens, der bereits auf dem Gehweg war. Der Morris wurde herumgerissen, brach mit dem Heck aus und rumpelte dann mit einem luftleeren Pneu zurück auf die Straße. Parker konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß er gerade etwas für seine Gesundheit getan hatte. * »Ich möchte und will es einfach nicht glauben«, sagte Lady A gatha Simpson und sah Josuah Parker vorwurfsvoll an, »da wird nun ein hübsches Attentat begangen, Mr. Parker, und Sie lassen dieses Subjekt einfach laufen. Sagen Sie mir, was ich davon hal ten soll?« »Mylady hegen bestimmte Wünsche?« erkundigte sich der But ler, der seiner Herrin das Frühstück servierte. Lady Agatha war eine überaus stattliche Dame, die ihre Geburtstage seit Jahren nicht mehr zur Kenntnis nahm. Ihrer näheren Umgebung war al lerdings nur zu gut bekannt, daß sie ihren sechzigsten lange hin ter sich hatte. Die passionierte Detektivin war groß, ein wenig 4
mehr als vollschlank und was man so ein Energiepaket nennt. Als unabhängige, immens reiche Frau konnte sie ausgiebig ihrem Hobby frönen, Kriminalfälle aufzudecken. Ihre direkte Art, die Dinge anzugehen, war frappierend und brachte die Gegner immer wieder durcheinander. Lady Agatha bekam allerdings kaum mit, daß es ihr Butler war, der seine schützende Hand über sie hielt und die Ermittlungen steuerte. »Konnten Sie sich wenigstens das Kennzeichen dieses Morris merken?« erkundigte sich Lady Simpson und musterte leicht em pört die Silberplatten, die Parker aufdeckte. Der Butler offerierte geröstete Nierchen, Rührei mit Schinken, Rostbratwürstchen, Por ridge, Toast, Butter und diverse Konfitüren. »Die allgemeinen Sichtverhältnisse, Mylady, ließen eine Identifi zierung des Morris leider nicht zu«, antwortete er beim Servieren, »Mylady sind mit der Morgendiät unzufrieden?« »Das ist ja die reinste Nulldiät«, empörte sich die Hausherrin grollend, »wie soll ich mit diesen wenigen Kalorien bestehen, Mr. Parker?« »Mylady könnten möglicherweise ein zweites Frühstück einpla nen«, schlug Parker höflich vor. »Könnten? Ich erwarte, daß Sie dieses zweite Diätfrühstück richten werden«, entschied sie, »aber lenken Sie nicht vom The ma ab. Man hat schließlich auf Sie und damit natürlich auch auf mich geschossen. Das war ein gezielter Mordversuch!« »Eben dies, Mylady, wagt meine bescheidene Wenigkeit zu be zweifeln«, entgegnete Josuah Parker, »ich darf noch mal darauf verweisen, daß der Angreifer einen geradezu somnambulen Ein druck machte.« »Aha«, gab Parkers Gesprächspartnerin verstehend zurück, um sich dann zu räuspern, »und was stellen Sie sich darunter vor?« »Der Mann im Green-Park schien ein Nachtwandler zu sein, My lady«, erläuterte Parker, »hinzu kam, daß seine Bewegungen un gewöhnlich langsam abliefen.« »Ein Trick, um Sie zu täuschen«, entschied Agatha Simpson, die sich inzwischen mit der >Nulldiät< befaßte, »selbstverständlich werde ich morgen in aller Frühe im Green-Park sein. Dann kann dieser Lümmel sich auf einiges gefaßt machen.« »Meiner bescheidenen Ansicht nach war der Somnambule nicht allein, Mylady«, stellte Parker fest, »das Steuer des erwähnten Morris muß die ganze Zeit über besetzt gewesen sein.« 5
»Das paßt doch wunderbar in meine Theorie, Mr. Parker«, freu te sich Lady Agatha, »zwei Gangster, die mich ermorden wollten. Ich werde diesen Subjekten heimleuchten.« Die resolute Dame schien bereits vergessen zu haben, daß Par ker dieses Erlebnis im Green-Park gehabt hatte. Parker dachte natürlich nicht im Traum daran, eine erklärende Korrektur vorzu nehmen. Er kannte das Temperament und die Einbildungskraft der Lady nur zu gut. »Im Grund bin ich natürlich froh, daß sich endlich wieder etwas tut«, redete sie weiter, »seit fast einer halben Woche hat sich kein Gangster gezeigt, Mr. Parker. Offen gesagt, ich wurde be reits unruhig.« »Mylady müssen unsagbar gelitten haben«, erwiderte Parker höflich. »So in etwa.« Sie nickte zustimmend. »Wer könnte denn im Moment versessen darauf sein, mich umzubringen?« »Dieser Frage, Mylady, erlaubte ich mir bereits in Gedanken nachzugehen«, schickte Parker voraus, »im Augenblick vermag ich leider nicht mit einem entsprechenden Hinweis zu dienen.« »Ich werde nicht bis morgen warten«, entschied sie und nickte grimmig, »das wäre reine Zeitverschwendung. Ich werde sofort den Green-Park und Hyde-Park besuchen, Mr. Parker. Ich bin si cher, daß man mir erneut auflauern wird.« »Mylady wollen diese Parkbesuche allein durchführen?« »Aber natürlich«, gab sie zurück, »Sie sind ja bereits zu be kannt, Mr. Parker, und könnten mir das Wild vergrämen. Nein, nein, ich werde die beiden Parks allein kontrollieren. Vielleicht nehme ich sogar noch den St.-James-Park hinzu. Eine Lady Simp son greift man nicht ungestraft an.« * »Ich komme absolut nicht zufällig vorbei«, meinte ChiefSuperintendent McWarden, ein untersetzter, sehr bissig und auch griesgrämig wirkender Mann von etwa fünfzig Jahren. McWarden leitete im Yard ein Sonderdezernat, das sich auf Kapitalverbre chen spezialisiert hatte. »Mylady befindet sich nicht im Haus, Sir«, meldete Parker, der dem Chief-Superintendent die Haustür geöffnet hatte. 6
»Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten, Mr. Parker.« »Gibt es dafür möglicherweise einen besonderen Anlaß?« »Und ob, Mr. Parker! Auf meinem Schreibtisch landete eine recht seltsame Nachricht. Zuerst dachte ich an ein Naturphäno men, doch dann ging mir ein Licht auf.« »Sie erwecken in meiner bescheidenen Wenigkeit eine gewisse Neugier, Sir.« Parkers Gesicht blieb ausdruckslos wie das eines professionellen Pokerspielers. »In den frühen Morgenstunden entdeckten die beiden Insassen eines Streifenwagens eine eng begrenzte Nebelbildung auf dem Piccadilly, Mr. Parker. Es handelte sich nach den Aussagen um eine massive Nebelwand. Erstaunlich, nicht wahr?« »Darf man sich erlauben, Sir, Ihnen eine Erfrischung anzubie ten?« »Sherry«, antwortete McWarden knapp, »was sagen Sie zu die ser Nebelwand?« »Die Natur, Sir, ist und bleibt ein einziges Wunder.« »Gewisse Kugelschreiber sind für mich auch wahre Wunder«, antwortete McWarden und lächelte verbissen, »diese Nebelwolke baute sich ganz in der Nähe von Shepherd’s Market auf. Zufall oder nicht, das ist die Frage!« »Sollte man davon ausgehen, daß Sie einen bestimmten Ver dacht hegen, Sir?« Parker servierte bereits den Sherry. »Sie sind angegriffen worden, nicht wahr? Sie haben sich mit dieser Nebelwolke verteidigt, oder? Nun rücken Sie schon mit der Wahrheit heraus, Parker! Was braut sich da wieder mal hinter meinem Rücken zusammen?« »Gab es in jüngster Zeit Tathergänge, Sir, in deren Mittelpunkt offensichtlich somnambule Personen standen?« antwortete der Butler mit einer Gegenfrage. McWarden senkte etwas zu schnell den Kopf und widmete sich angestrengt dem Sherryglas. Dann hüstelte er leicht. »Aus welchem Grund fragen Sie, Mr. Parker?« McWarden hatte sich wieder unter Kontrolle und sah den Butler mißtrauisch an. »Solche gelagerten Fälle existieren also«, stellte Josuah Parker höflich fest, »könnte man unter Umständen mehr darüber hö ren?« »Sind Sie von einem Kerl angegriffen worden, der somnambul wirkte?« fragte der Chief-Superintendent. »In etwa, Sir«, erwiderte Parker, »eine letzte Sicherheit möchte 7
ich aber allerdings ausschließen.« »Was stelle ich mir denn darunter vor, zum Teufel?« »Könnten Sie sich entschließen, Sir, meiner Wenigkeit erst mal zu antworten?« »Also gut, Mr. Parker, aber das alles bleibt unter uns. Wir be fassen uns seit vier Wochen mit fünf recht eigenartigen Fällen. Mondsüchtige, um’s mal banal auszudrücken, verübten Überfälle auf Juwelenläden und Privatwohnungen. In allen fünf Fällen wur de große Beute an Schmuck und Bargeld gemacht. Ich fürchte, daß die Dunkelziffer wesentlich höher ist.« »Mondsüchtige Perso nen, Sir.« Parker deutete eine zustimmende, allerdings eher knappe Verbeugung an. »Mit solch einer Person hatte es auch meine bescheidene Wenigkeit zu tun. Diese Person verfolgte die Absicht, Fußtritte und Faustschläge zu plazieren, womit man sich selbstverständlich nicht einverstanden erklären konnte.« »Sehr interessant, Mr. Parker.« McWarden leerte das Glas und reichte es an den Butler weiter, »auch darüber liegen uns einige Meldungen vor. Völlig harmlose Passanten wurden in Morgen stunden grundlos angegriffen. In einem Fall wurde sogar ge schossen.« »Demnach in zwei Fällen, Sir.« »Moment mal, auch auf Sie ist geschossen worden, Mr. Par ker?« »Dies, Sir, sollte damit ausgedrückt werden. Wenn Sie erlau ben, möchte ich Ihnen ein Geschoß zur Verfügung stellen.« »Es lebe meine Nase.« McWarden lächelte triumphierend. »Ich wußte doch gleich, was die Glocke geschlagen hatte, als ich diese Meldung las. Sie hätten sich heute natürlich noch gemeldet, o der?« »Ihr Besuch, Sir, enthob meine Wenigkeit diesem Vorhaben«, erklärte der Butler, »könnte man möglicherweise mehr über die Überfälle erfahren? Mylady wird das sicher zu schätzen wissen.« »Gegen eine Zusammenarbeit hätte ich nichts einzuwenden«, erklärte McWarden. »Wir alle haben davon doch bisher immer profitiert.« »In der Tat, Sir. Mylady besucht zur Zeit übrigens einige Park anlagen und hofft, von einem somnambulen Gegner angegriffen zu werden.« »Das ist aber verdammt leichtsinnig«, meinte der ChiefSuperintendent und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf, »sie ist 8
doch nicht etwa allein unterwegs, oder?« »Natürlich nicht, Sir«, gab Josuah Parker zurück, »Mylady wird von Miß Porter und Mister Rander diskret begleitet. Unmittelbare Gefahr dürfte demnach nicht bestehen.« »Beschwören Sie nur nichts, Parker.« McWarden pochte dreimal auf das Armholz des Sessels. »Wenn Sie mich fragen, Mr. Parker, so haben wir es mit einem Geisteskranken zu tun, der überhaupt keine Hemmungen kennt!« * Mylady befand sich in leicht gereizter Stimmung. Sie hatte den St.-James-Park und den Green-Park bereits aus giebig abgeschritten, ohne daß sich etwas getan hatte. Nun be fand sich die ältere, doch sehr energische Dame im Hyde-Park, der bereits am Morgen recht gut besucht war. Lady Agatha mus terte Einheimische wie Touristen erwartungsvoll und hoffte, daß sie endlich angegriffen wurde. Angst hatte sie überhaupt nicht. Sie wußte nicht, was das war. Sie konnte sich überhaupt nicht vorstellen, daß ihr etwas passierte… Zur Abwehr etwaiger. Angriffe besaß sie eine harmlos ausse hende, aber ungemein wirkungsvolle Waffe. Es handelte sich da bei um einen sogenannten Pompadour, einen perlenbestickten Handbeutel, wie er von den Damen um die Jahrhundertwende getragen wurde. In diesem Pompadour befand sich ein echtes Pferdehufeisen, das noch recht oberflächlich in dünnem Schaum stoff eingewickelt war. Wenn Lady Agatha mit diesem Handbeutel zuschlug, schien ein ausgewachsenes Pferd auszukeilen. Da die ältere Dame mit Leidenschaft Golf spielte und mit dem Sportbo gen hantierte, verfügte sie über gut entwickelte Muskeln, die solch einen Schlag vernichtend ausfallen ließen. Sie wußte, daß sie nicht allein war. Nicht weit entfernt schlenderte ein attraktiv aussehendes Paar hinter ihr her. Kathy Porter, Myladys Gesellschafterin, und Mike Rander, seines Zeichens Anwalt und Vermögensverwalter der A gatha Simpson, hatten sich aneinandergeschmiegt und ließen die Verfolgte nicht aus den Augen. Butler Parker hatte ihnen deutlich gemacht, wie gefährlich Myladys Alleingang und Suche nach dem Somnambulen ausfallen konnte. 9
Dies erfuhren bald darauf auch zwei noch relativ junge Männer, die auf einer Parkbank saßen und eindeutig zuviel getrunken hat ten. Sie hatten die ältere Dame beobachtet und fanden, daß man sie ein wenig hänseln sollte. Die äußere Erscheinung der Lady verführte zu solchen Aktionen, denn Agatha Simpson trug ein zu weites Tweedkostüm und einen pikanten Hut, der eine aufregen de Kreuzung aus einem Südwester und einem Napfkuchen dar stellte. Man sah es der Dame an, daß sie im Grund ins vergange ne Jahrhundert gehörte. »Was für ein Leichtsinn«, sagte Mike Rander zu seiner Begleite rin, »sehen Sie sich die beiden Knaben an. Sie wollen sich mit Mylady anlegen.« Mike Rander glich, was sein Äußeres betraf, einem britischen Schauspieler namens Roger Moore, der sich auf die Darstellung des sagenumwobenen James Bond spezialisiert hatte. Kathy Por ter hingegen erinnerte mit ihrer geschmeidigen Schlankheit und den ausdrucksvollen, mandelförmig geschnittenen Augen an ein scheues Reh. Die beiden jungen Leute, die ihre Haare grellrot und lila gefärbt hatten, vertraten der älteren Dame den Weg und verglichen sie mit einer alten Fregatte, die man möglichst schnell abtakeln soll te. »Gleich passiert’s, Kathy«, seufzte Mike Rander, »ob wir nicht schon jetzt einen Rettungswagen alarmieren sollten?« Bevor Kathy Porter, Myladys Sekretärin und Gesellschafterin, sich dazu äußern konnte, antwortete die ältere Dame bereits auf ihre Art. Schlicht und ungeniert trat sie mit ihrem großen linken Fuß gegen das Schienbein eines der beiden Männer. Der Getrof fene jaulte auf, verbeugte sich unwillkürlich und kassierte im Anschluß daran eine Ohrfeige, die wie ein Niederschlag wirkte. Der junge Mann rutschte seitlich weg und landete im Gras. Der zweite junge Mann wich zurück, starrte auf seinen Beglei ter, dann auf Lady Agatha und wurde wütend. Er zog blitzschnell eine Art Jagdmesser aus dem Hosengürtel und kündigte an, er würde dem alten Drachen ein paar Streifen aus dem Kostüm schneiden. Mit der Bezeichnung >alter Drachen< meinte er ein deutig Agatha Simpson, die einen recht animierten und erfreuten Eindruck machte. Bevor der junge Mann seine Drohung in die Tat umsetzen konn te, landete der perlenbestickte Pompadour auf seiner rechten Ge 10
sichtshälfte. Der Unterkiefer verrutschte, hakte leicht aus und ließ den Besitzer stöhnen. Von der Gewalt der Berührung wurde der Mann waagerecht auf die Luft gelegt, die ihn natürlich nicht zu tragen vermochte. Krachend landete der >Punker< auf dem mit Kies bedeckten Parkweg. »Wagen Sie es nicht noch mal, eine schutz- und hilflose Frau anzugreifen«, grollte die Lady, »nun los, worauf warten Sie noch?« Die beiden >Punker< krochen über das Gras und beeilten sich, aus der Reichweite der streitbaren Dame zu kommen. Sie mach ten einen ziemlich benommenen Eindruck und brauchten eine gewisse Zeit, bis sie sich wieder fit fühlten. Sie verzichteten aber darauf, Mylady noch mal den Weg zu verstellen, auch darauf, sie mit Worten zu beleidigen. Dann ergriffen sie die Flucht und trab ten auf unsicheren Beinen in einen nahen Seitenweg. »Achtung, Mike«, sagte Kathy Porter, »sehen Sie doch… Ich meine diesen Mann dort! Er scheint sich ebenfalls mit Mylady an legen zu wollen.« »Sieht nach einem Nachtwandler aus, obwohl’s Tag ist«, bestä tigte der Anwalt, »lassen wir uns überraschen.« * Der Mann, auf den Kathy Porter und Mike Rander aufmerksam geworden waren, hielt direkt auf die Lady zu, die stehen geblie ben war und den Entgegenkommenden kritisch musterte. Der etwa Vierzigjährige war ordentlich gekleidet und trug eine Brille. Er schaute allerdings, wie sich jetzt zeigte, an Lady Simpson vor bei und passierte sie. Seine Bewegungen schienen ein wenig e ckig und schlecht koordiniert. »Sie wollen mich sprechen?« erkundigte sich Agatha Simpson hoffnungsvoll. Um den Mann zu stoppen, genierte sie sich nicht, nach seinem rechten Rockärmel zu greifen. Der Mann reagierte nicht, schüttelte die Hand der älteren Dame in einer Art Zeitlu pentempo ab und ging weiter. »Bleiben Sie bei Mylady, Kathy«, bat Mike Rander, »ich werde diesem Burschen da folgen.« Der Mann ging mit staksigen Schritten weiter und hielt auf eine Gruppe von Liegestühlen zu, die ohne Ausnahme von Sonnen 11
hungrigen besetzt waren. Mike Rander beschleunigte seine Schrit te, um möglichst nahe an diesen seltsamen Mann heranzukom men. Der hatte inzwischen die Liegestühle erreicht und ging schnur stracks auf eine junge Frau zu, die eine Handtasche neben sich abgestellt hatte. Der Mann bückte sich, nahm die Tasche und rannte plötzlich los, als würde er von Furien gehetzt. Die Bestohlene schrie überrascht auf, hatte einige Mühe, aus dem flachgestellten Liegestuhl hochzukommen und nahm dann die Verfolgung des Diebes auf, der in Richtung Serpentine Road lief. Mike Rander pfiff auf sein britisches Phlegma, aktivierte die Beine und entpuppte sich bei dieser Gelegenheit als erstklassiger Sportler. Er holte schnell auf und verkürzte den Abstand zu dem Dieb, der kein besonders guter Läufer war. »Geben Sie auf, Mann«, rief Mike Rander, »bleiben Sie stehen, Sie haben keine Chance!« Der Mann reagierte nicht, lief weiter und stolperte dann über das linke Bein, das Mike Rander ihm in den Weg stellte. In hohem Bogen flog der Strauchelnde durch die Luft und schrammte ins Gras. Er blieb regungslos liegen, als der Anwalt neben ihm er schien. »Los Mann, kommen Sie schon hoch«, forderte Mike Rander ihn auf. Der Mann blieb jedoch mit dem Gesicht nach unten im Gras liegen und reagierte nicht. »Machen Sie schon«, setzte Mike Rander hinzu, »‘ne schriftliche Einladung werden Sie mit Sicherheit nicht bekommen.« Der Mann rührte sich nicht. Der Anwalt glaubte natürlich an ei nen Trick, ließ den Liegenden nicht aus den Augen und machte sich bereit, einen blitzschnellen Angriff abzuwehren. Doch der Mann rührte sich einfach nicht. Neugierige hatten sich eingefunden, die verhaltene Kommentare lieferten. Mike Rander bückte sich nach der Tasche, um sie der Besitzerin, die sich eingefunden hatte, zurückzugeben. Als der Anwalt die Tasche berührte, schien der Dieb förmlich zu explodie ren. Er warf sich herum, fletschte die Zähne und knurrte gereizt. Dann schnellte er hoch und attackierte den Anwalt. Mike Rander hatte mit solch einem Angriff gerechnet, wich ge schickt zur Seite aus und bewies, wie durchtrainiert er war. Er zeigte aber auch, wie hart sein Punch war. Mit einem schnell und 12
präzise geschlagenen Haken brachte er den Dieb wieder von den Beinen. »Moment Sir, überlassen Sie das uns«, war in diesem Moment eine befehlsgewohnte Stimme zu vernehmen. Rander wandte sich zur Seite und sah zwei berittene Polizeibeamte, die gerade aus ihren Sätteln stiegen. Sie näherten sich dem Mann, der knockout geschlagen war. Als einer der beiden Beamten den Mann untersu chen wollte, kam es zu einer zweiten Explosion. Der Dieb wehrte sich mit schier unglaublicher Kraft, doch gegen die Griffe der bei den kam er nicht an. Es dauerte dennoch einige Zeit, bis sie ihm Handschellen angelegen konnten. »Der Mann ist ja wie von Sinnen, Mike«, stellte Kathy Porter fest, die inzwischen neben dem Anwalt stand. »Der dürfte unter Drogen stehen«, deutete der Anwalt das selt same Verhalten, »was macht Mylady?« »Sie wundert sich«, war die bantonal gefärbte Stimme der älte ren Dame zu hören, »sie wundert sich sehr, mein Junge!« * »Er stand und steht eindeutig nicht unter Drogen«, sagte ChiefSuperintendent McWarden gegen Mittag. Nach seinem Gespräch mit Butler Parker war er zurück zum Yard gefahren, um jetzt noch mal im altehrwürdigen Fachwerkhaus der Lady Simpson zu er scheinen. Die Detektivin wußte inzwischen, daß Parker aus guten Gründen von seinem Erlebnis am frühen Morgen berichtet hatte. Auch sie hatte sich, wenn auch unter Vorbehalt, für eine Zusam menarbeit mit McWarden entschieden. »Was ist mit dem Knaben denn überhaupt los?« fragte Mike Rander. »Unsere Ärzte zerbrechen sich noch den Kopf«, erwiderte der Yardbeamte, »der Mann aus dem Hyde-Park ist nach wie vor nicht ansprechbar. Wir wissen inzwischen, wer er ist. Er heißt Norman Ballert, wohnt in Stepney und ist Angestellter in einer Reederei.« »Könnte er möglicherweise unter Hypnose stehen, Sir?« schal tete sich der Butler ein. »Unter Hypnose?« Der Chief-Superintendent sah den Butler er staunt an. 13
»Genau das wollte auch ich gerade sagen«, meinte die ältere Dame prompt und räusperte sich. »Sie waren wieder mal etwas zu voreilig, Mr. Parker.« »Hypnose würde manches erklären«, fand Kathy Porter, »ich sehe noch den leeren Blick dieses Mannes. Er schien überhaupt nicht zu wissen, was er tat.« »Wie kommen Sie ausgerechnet auf Hypnose, Mr. Parker?« wollte McWarden wissen. »Mylady konnten in der Vergangenheit schon mal einen ähnlich gelagerten Fall klären«, antwortete der Butler höflich. »Tatsächlich?« fragte Agatha Simpson, um dann bestätigend zu nicken, »natürlich, jetzt erinnere ich mich wieder. Ersparen Sie mir aber Einzelheiten, mein lieber McWarden. Es dürfte doch wohl reichen, daß ich dieses Rätsel jetzt auch in diesem Fall gelöst ha be.« »Von Hypnose sprachen auch die behandelnden Ärzte«, meinte McWarden nachdenklich, »sie sind sich ihrer Sache allerdings nicht sicher. Hypnose würde auch die bisher bekannten fünf Fälle erklären.« »Wie spielten sich die Überfälle denn ab, Sir?« erkundigte sich Kathy Porter. Das sogenannte Quartett, nämlich Butler Parker, Lady Simpson, Kathy Porter und Mike Rander, befand sich im Sa lon des Hauses. Man trank Tee und belebte den Kreislauf, was die Hausherrin betraf. Sie benutzte dazu einen französischen Cognac, der ihre Wangen bereits intensiv gerötet hatte. »Es waren keine gravierenden Überfälle«, meinte McWarden, »die Beute war in allen Fällen mehr oder weniger gering.« »Sie sprachen, Sir, von Juweliergeschäften«, tippte Parker an. »Das schon, Mr. Parker, aber die Geschäfte sind klein, was die Angebote betrifft. Auch die Privatpersonen, die man beraubte, sind nicht gerade begütert. Dennoch – es wurden Uhren, Schmuck, Bargeld und in einem Fall auch Gemälde gestohlen. Der Gesamtwert der Beute beläuft sich auf etwa zehntausend Pfund.« »Und wie gingen die Täter vor?« fragte Mike Rander weiter, »waren es überhaupt mehrere, McWarden?« »Eindeutig, Rander«, bestätigte der Chief-Superintendent und nickte, »das geht aus den Beschreibungen klar hervor. Pro Tat ein anderer Täter, aber in allen Fällen sprechen die Beraubten von einem Mann, der wie in Trance auftrat.« »Hypnose natürlich, wie ich bereits sagte«, warf die ältere Da 14
me ein, »Sie müssen zugeben, mein lieber McWarden, daß ich des Rätsels Lösung wieder mal auf Anhieb gefunden habe.« »Sie sind einmalig, Mylady«, lobte der Chief-Superintendent si cherheitshalber die Detektivin. Sie schenkte ihm daraufhin einen geradezu wohlwollenden Blick und veranlaßte Parker, ihm einen Schluck Cognac zu servieren. »Es waren keine gravierenden Überfälle«, zitierte Mike Rander den Chief-Superintendent, »warum befaßt Ihr Dezernat sich den noch mit diesen kleinen Fischen, McWarden?« »Wehret den Anfängen, würde ich sagen«, gab McWarden zu rück, »wir hatten in der Vergangenheit mit ähnlichen Dingen zu tun. Ihr Hinweis, Mr. Parker, ist richtig. Wir mußten uns schließ lich schon mal mit einem Täter befassen, der seine menschlichen Werkzeuge unter Hypnose für sich arbeiten ließ. Was wir bisher erlebt haben, dürfte nur so eine Art Fingerübung gewesen sein. Den richtigen Ärger werden wir erst noch bekommen, davon bin ich fest überzeugt.« * »Es war nicht leicht, seine hypnotische Sperre aufzubrechen«, sagte Doc Finnegan, »die Sache ist uns erst knapp vor einer Stunde gelungen. Sie war heikel genug.« »Das sollten Sie uns erklären, Doktor«, bat Mike Rander und lehnte sich zurück. Er war zusammen mit Parker in die Praxis des Psychologen gekommen, den die Polizeiärzte um Mitarbeit gebe ten hatten. »Sie müssen davon ausgehen, daß Norman Ballert von seinem Hypnotiseur abgeschottet wurde, seelisch gesehen, verstehen Sie?« Doc Finnegan, ein schlanker Endfünfziger, lächelte wissend. »Einem Laien ist das nur schwer zu erklären.« »Versuchen Sie’s trotzdem«, schlug Rander vor. »Ballert, den man im Hyde-Park festgenommen hat, war in eine andere Persönlichkeit umgeformt worden. Um dieses andere Ich zu verlassen, brauchte er das Stichwort des Hypnotiseurs, das wir natürlich nicht kannten.« »Was stelle ich mir unter einem Stichwort vor, Doc?« setzte Mi ke Rander nach, während Josuah Parker sich nach wie vor auf das Zuhören beschränkte. 15
»Dabei kann es sich um ein bestimmtes Codewort handeln, um eine Zahl, ein Geräusch oder um eine Berührung«, zählte Finne gan auf. »In Ballerts Fall mußten wir behutsam vorgehen, um den armen Teufel nicht noch hypnotisch einzumauern. Nun, es ist uns gelungen. Ich habe Ballert zusätzlich hypnotisiert und so aus ihm das Codewort herausgelockt.« »Und wie lautet es, Doc?« »Apfelwein. Ich weiß, es klingt albern, aber es lautete nun mal Apfelwein. Als er dieses Wort, das er uns unbewußt nannte, von mir hörte, war der Mann sofort wieder Norman Ballert. Er hat kei ne Ahnung, wer ihn hypnotisiert haben könnte. Er weiß überhaupt nicht, was sich im Hyde-Park abgespielt hat.« »Er befindet sich noch in Ihrer Praxis, Sir?« schaltete sich der Butler ein. »Ich habe dem Mann ein Entspannungsmittel gesetzt«, antwor tet der Psychologe, »er schläft jetzt tief und fest.« »Wird er irgendwelche gesundheitlichen Schäden davontra gen?« wollte Mike Rander wissen. »Wahrscheinlich nicht«, lautete die Antwort des Psychologen, »aber man soll mit diesen Hypnosen nicht spaßen. Ein solches Mittel, wenn ich so sagen darf, gehört in die Hand eines verant wortungsbewußten Arztes.« »Es tauchen immer wieder Leute auf, die sich in der Öffentlich keit als eine Art Magier aufspielen, und massenweise Leute hyp notisieren, Doktor«, antwortete der Anwalt, »sie erscheinen sogar im Fernsehen. Ich muß ehrlich gestehen, daß ich immer wieder beeindruckt bin. Kann man eigentlich jeden x-beliebigen Men schen hypnotisieren?« »Auf keinen Fall, Mr. Rander«, erwiderte Doc Finnegan, »eine gewisse innere Disposition müssen Sie schon mitbringen, eine psychische Labilität, womit nichts über den Charakter des jeweili gen Menschen gesagt sein soll. Diese Bühnenhypnotiseure, von denen Sie ja wohl sprechen, suchen sich ihre Leute geschickt aus. Ihnen wird aufgefallen sein, daß es sich dabei um eine Art Aus sortieren handelt.« »Könnten Sie mich hypnotisieren, Doc?« »Es käme auf einen Versuch an, Mr. Rander. Möchten Sie es darauf ankommen lassen?« »Nicht unbedingt.« Mike Rander hob abwehrend die Hände. »Ein Hypnotiseur kann also einen passenden Menschen umfunkti 16
onieren. Ist das richtig?« »Generell schon, Mr. Rander. Sie können einem Hypnotisierten Kälte und Hitze einsuggerieren, Hunger oder Ekel, Angst oder Löwenmut. Er wird auf all Ihre Wünsche eingehen und sie in die Tat umsetzen.« »Könnte man einen Hypnotisierten dazu bringen, ein Verbre chen zu verüben, Doc?« »Sie denken an Diebstahl, Raub und sogar Mord, nicht wahr?« »Solche Fälle geistern immer wieder durch die Presse, Doktor.« »Ein Hypnotisierter muß schon eine gewisse Prädisposition mit bringen, wenn man ihn zu solchen Sachen anstiften will. Eine normal funktionierende innere Sperre oder Hemmschwelle kön nen Sie auch nicht durch Hypnose beseitigen. Sie brauchen dazu schon einen Probanden, der innerlich bereit ist, auf die Wünsche einzugehen. In vielen Fällen wissen die Hypnotisierten natürlich gar nicht, wie hoch ihre innere Hemmschwelle ist, doch ein ge schickter Hypnotiseur wird solche Sperren schnell ausmachen.« »Eine verdammt scheußliche Geschichte«, fand Mike Rander, »da ist also irgendein Bursche hier in der Stadt, der sich in aller Ruhe genau die Leute aussucht, die er für seine Zwecke braucht. Und die, die er getestet hat, wissen wahrscheinlich gar nicht, daß sie auf dem Prüfstand solch eines Mannes waren.« »Darf man sich eine Bemerkung erlauben, Sir?« hakte Josuah Parker ein. »Natürlich, Parker, legen Sie schon los.« Rander lächelte. »Muß es sich bei dem Hypnotiseur unbedingt um eine Person männlichen Geschlechts handeln, Sir?« fragte der Butler in seiner höflichen Art. * Kathy Porter saß in ihrem Mini-Cooper und wartete auf Norman Ballert, der um diese Zeit den großen Backsteinbau verlassen mußte, in dem Dr. Finnegans Praxis untergebracht war. Myladys Sekretärin und Gesellschafterin hatte bereits zur Kenntnis ge nommen, daß Butler Parker und Mike Rander das Haus verlassen hatten. Selbstverständlich hatte man untereinander noch nicht mal einen Blick ausgetauscht. Man kannte sich nicht, und Kathy Porter hatte sich ein wenig verwandelt, was ihr Äußeres betraf. 17
Sie glich einer jungen Hausfrau, die eben erst zwei große Ein kaufstaschen in den Wagen gestellt hatte. Sie trug einen einfa chen Wollmantel und ein Kopftuch. Kathy Porter hatte den Auftrag, Norman Ballert, den hypnoti sierten Mann aus dem Hyde-Park, diskret zu beschatten. Es be stand ja immerhin die Möglichkeit, daß der geheimnisvolle Hypno tiseur versuchte, sich mit seinem Opfer in Verbindung zu setzen. Norman Ballert erschien in der Haustür. Kathy Porter erkannte ihn sofort. Josuah Parker hatte ihr diesen Mann genau beschrie ben. Eine Verwechslung war ausgeschlossen. Norman Ballert schaute sich irgendwie neugierig um und schien noch immer nicht ganz begriffen zu haben, wie er in dieses Haus und in diese Stra ße gekommen war. Dann aber gab er sich einen Ruck und winkte einem Taxi, das gerade auf der Bildfläche erschien. Das Taxi hielt, Ballert stieg ein. Kurz danach setzte sich der Wagen in Bewegung und nahm Richtung Stepney, wo Ballert tat sächlich wohnt. Kathy Porter nahm mit ihrem kleinen Mini-Cooper die Verfolgung auf. Sie vergaß nicht, immer wieder in den Rück spiegel zu sehen. Parker hatte sie vor einem etwaigen Verfolger eindringlich gewarnt. Solche Typen konnte sie nicht ausmachen. Sie mußte sich auf den Verkehr konzentrieren und aufpassen, nicht ungewollt abge hängt zu werden. Der Fahrer des Taxis, ein älterer Mann in Leder jacke und Kappe, verstand sein Metier. Kathy lächelte ein wenig, als sie an ihn dachte. Es war der Butler, der seinen Privatwagen in ein reguläres Taxi verwandelt hatte. Diese Verwandlung war Sache von wenigen Sekunden, da Parkers Privatwagen ein betagtes ehemaliges Taxi war, das nach sehr eigenwilligen Vorstellungen technisch umges taltet worden war. Auf einen einfachen Knopfdruck hin erschien vorn am Wagendach das bekannte Taxischild. Selbst ein Taxame ter klappte innen im Wagen hoch und vervollständigte die Täu schung. Die Verwandlung Parkers dauerte auf keinen Fall länger. Unter dem Fahrersitz befand sich das Lederzeug, wie es Londoner Taxi fahrer mit Vorliebe trugen. Josuah Parker hatte Norman Ballert genau abgepaßt und war sicher nun damit beschäftigt, den Hyp notisierten in ein Gespräch zu verwickeln. Mike Rander hingegen besaß bereits einen beachtlichen Vor sprung und saß in einem echten Taxi. Er wollte Ballert in Stepney 18
abfangen und zwar knapp vor dessen Haus. Butler Parker hatte sich diese Überwachung ausgedacht, obwohl ihm bekannt war, daß auch Chief-Superintendent McWarden einige Leute auf Ballert angesetzt hatte. Der Mann aus Stepney war schließlich die einzige Spur, die man besaß. Jetzt half nur noch eine große Portion Glück. Der Hypnotiseur versuchte wahrscheinlich zu erfahren, was sein Opfer vor der Polizei ausgesagt hatte. Dieser HypnoGangster konnte sich allerdings auch leicht ausrechnen, daß man sein Opfer überwachen würde. Parker wenigstens unterstellte ihm das. Kathy Porter hatte wieder enger aufschließen können, warf den obligatorischen Blick in den Rückspiegel und war erleichtert. Von einem Verfolger war noch immer nichts zu sehen. Die Fahrt nach Stepney verlief wahrscheinlich ohne Zwischenfall. Kathy wollte sich gerade wieder auf die Fahrbahn konzentrieren, als sie im Außenspiegel ihres Mini-Cooper plötzlich zwei Motorrä der ausmachte, die sich ungemein geschickt und eigentlich viel zu schnell durch den dichten Verkehr schlängelten. Die junge Dame spürte sofort, daß von diesen Motorradfahrern Gefahr drohte. * Sie passierten ihren Mini-Cooper, und Kathy Porter versuchte, die Gesichter unter den Jet-Helmen zu erkennen. Doch das war unmöglich, denn die Visiere wirkten wie Spiegel und verwehrten jeden Einblick. Die beiden etwa fünfundzwanzig Jahre alten Fahrer preschten an ihrem Wagen vorüber und schlossen zum Taxi auf, das von Josuah Parker gesteuert wurde. Kathy Porter machte sich wegen Parker und Norman Ballert kei ne Sorgen. Sie kannte schließlich die einmaligen Qualitäten dieses >Monstrums auf Rädern Meister< aussprach. »Sind Sie allein, Parker?« fragte die helle Stimme des >HypnoGangstersSexyland< war eine große Spielhalle, in deren vorderem Drittel Spiel- und Gewinnautomaten aufgestellt waren. Es gab sogenannte Space- und Killerautornaten, die durchweg von Spie lern umlagert wurden. Mittels ausgetüftelter Elektronik konnten verhinderte Raumfahrerkommandanten feindliche Streitkräfte aus dem All abschießen. Immer dann, wenn ein Treffer erzielt wurde, wurden diese Treffer optisch und akustisch angezeigt. Man konnte Autojagden veranstalten, Crossrennen absolvieren und an ande ren Automaten gegen die Walzen spielen und natürlich verlieren. In diesem Teil des >Sexyland< war es sehr laut und ging es recht ungezwungen zu. Die Kommandobrücke, an der man Klein geld eintauschen konnte, war gut besucht. Die Spieler standen förmlich Schlange, um ihr Papiergeld gegen Münzen zu wechseln. Erstaunlicherweise kümmerte man sich überhaupt nicht um But ler Parker, dessen äußere Erscheinung in der Regel Aufsehen er regte. Diese Spieler hier machten durchweg einen isolierten, in trovertierten Eindruck und interessierten sich ausschließlich für die geldschluckenden Automaten. Josuah Parker durchquerte diesen Teil der Spielhalle und folgte den aufdringlichen Hinweisschildern, die förmlich dazu drängten, sich die Peep-Show anzusehen. Parker hielt diskret Ausschau nach Norman Ballert, der hier auf ihn warten sollte, doch dieser Mann war vorerst nicht zu sehen. Der Butler teilte einen schweren Vorhang und befand sich im zweiten Drittel des >SexylandPloppSexyland< wurde erst nach elf Uhr geöffnet. Bis dahin war noch eine halbe Stunde Zeit. Parker schritt durch die Garderobe, kannte den weiteren Weg und hegte die Absicht, Brian Fulwell einen kleinen Höflichkeitsbesuch abzustatten. Es gab da noch einige Fragen, die er geklärt wissen wollte. Im Haus herrschte Ruhe. Parker durchmaß den Korridor und er reichte dann die Boxen der Peep-Show. Er interessierte sich für die Besucherzelle, aus der man ihn niederschießen wollte. Die Trennscheibe aus Glas war noch nicht ersetzt worden. Er bückte sich nach den Splittern, die auf dem Boden lagen. Lange brauchte er nicht nach Spuren zu suchen. Er fand ein dolchartiges Glas stück, etwa zehn Zentimeter lang. An der Breitseite entdeckte Parker eingetrocknete Blutspuren. Seine Vermutung war damit bestätigt worden. Als er mit dem bleigefütterten Bambusgriff seines Schirmes zugeschlagen hatte, war der Mann verletzt worden, der auf ihn schießen wollte. Leider vermochte Parker nicht zu sagen, um welche Art von Verletzung es sich handelte, doch mußte es wohl die Hand des Schützen sein. Parker stieg über eine schmale Treppe ins Obergeschoß, wo sich die Privaträume Brian Fulwells befanden. Falls der Besitzer des > Sexyland < nicht da war, wollte Parker sich in dessen Privatbüro ein wenig umsehen und nach weiteren Spuren suchen. Brian Fulwell war jedoch anwesend, wie Parker kurz darauf hör te. Nach dem Läuten eines Telefons wurde abgehoben, und Ful well meldete sich. Josuah Parker schob sich näher an die Bürotür heran, die nur halb geöffnet war. Er warf schnell einen Blick in den ihm bereits bekannten Raum. Der so überraschend seriös aussehende Mann saß hinter seinem Schreibtisch. Er war allein in der noch immer leicht verwüsteten Umgebung, was wohl auf Lady Simpson zurückzuführen war. 58
»Das ging ja schnell«, sagte Fulwell in die Sprechmuschel, »wie sieht’s denn aus, Marny? Kannst du ein paar Leute abstellen? Wie? Natürlich würde ich mit diesem Butler allein klarkommen, aber sicher ist eben sicher. Du kennst ihn? Ach nee… Vier Leute hast du für mich? Bestens, Marny. Und wann konnte ich sie ha ben? Ab Mittag, sehr gut. Weißt du, ich will diesen Parker abfan gen und mit ihm Druck auf die Lady ausüben.« Marny, mit dem Fulwell sprach, war jetzt an der Reihe, seinem Gesprächspartner einiges zu berichten. Fulwell hörte nur. Dann endlich kam er wieder dran. »Ich lock’ ihn mit diesem Hypnosetyp in eine Falle«, sagte Brian Fulwell und meinte mit Sicherheit den zuhörenden Butler, »natür lich wird er darauf sofort anspringen. Nein, nein, ich werde schon aufpassen, ich weiß ja jetzt, wie gerissen und gefährlich der Mensch ist. Ich lasse mich immer nur einmal reinlegen, darauf kannst du dich verlassen.« Der Mann, der Marny hieß, war wieder an der Reihe. Er schien Fulwell erneut zu warnen, wie Parker empfand. Wer dieser Marny war, erinnerte sich der Butler, der über ein erstklassiges Ge dächtnis verfügte. Mit einem gewissen Marny Rayners hatte er vor etwa sieben Monaten mal zu tun gehabt, als es darum gegan gen war, eine Erpessung aufzuklären. Marny Rayners war ein kleiner Bandenführer, der seinerzeit mit einem blauen Auge da vonkam, nachdem Parker ihm einen Besuch vor Gericht verordnet hatte. Die Anklage war fallen gelassen worden, da der Erpreßte wohl aus Angst geschwiegen hatte. »Ob ich eine Ahnung habe, wer dieser Hypnotiseur ist?« fragte Brian Fulwell zurück, »nein, da muß ich passen, nicht die gerings te Ahnung, wer der Mann auch nur sein könnte. Natürlich muß das ein Amateur sein. Ich hab’ nichts dagegen, daß Parker und die Lady sich mit ihm befassen. Solch ein Typ hat in unserer Branche eigentlich nichts verloren.« Leider konnte Josuah Parker nicht weiterhören, denn ausge rechnet in diesem Augenblick befahl ihm eine etwas heisere Stimme, möglichst schnell die Flossen hochzuheben. »Denken Sie in diesem Zusammenhang möglicherweise an mei ne Hände?« erkundigte sich der Butler, während er sich langsam umwandte. Er sah sich einem der drei Schläger gegenüber, die er in der Gemeinschaftsgarderobe in kurzfristigen Tiefschlaf versetzt hatte. 59
»Die Flossen«, wiederholte der Schläger und korrigierte die Richtung des Revolverlaufs. Die Mündung zeigte auf Parkers Kör per. »Ich werde Ihrem Wunsch selbstverständlich nachkommen«, meinte der Butler, »und ich möchte der Hoffnung Ausdruck ver leihen, daß Sie meiner Wenigkeit nicht sonderlich gram sind, was gewisse Vorfälle betrifft.« »Wie war das?« fragte der Schläger irritiert. Mit Parkers Aus drucksweise kam er nicht zurecht, nahm aber beruhigt zur Kenntnis, daß der Butler die Arme hinter dem Nacken verschränk te, was ihn hätte vorsichtiger stimmen sollen. * »Sie sollten vielleicht tunlichst davon ausgehen, daß meine We nigkeit keineswegs allein gekommen ist«, sagte Josuah Parker einige Minuten später zu Brian Fulwell, in dessen Büro er stand. »Und Sie sollten davon ausgehen, daß wir Sie für einen Einbre cher gehalten haben«, meinte Fulwell ironisch, »als dieser Einbre cher flüchten wollte, gab’s noch mal einen Irrtum, Parker.« »Man schoß auf diesen vermeintlichen Einbrecher, was man im nachhinein ungemein bedauern wird.« »Sie sehen das völlig richtig, Parker«, antwortete Fulwell, »eine Menge Leute werden an Ihrem Begräbnis teilnehmen, wetten?« »Moment mal, Chef«, schaltete sich der Schläger ein, »dieser Typ soll so einfach erschossen werden?« »Was gefällt dir daran nicht?« wollte Fulwell wissen. »Den möchte ich vorher noch auseinandernehmen, Chef. Haben Sie vergessen, was er mit uns gemacht hat?« »Sie sollten die Gefühle Ihres Mitarbeiters respektieren, Mr. Fulwell«, sagte Josuah Parker. »Einen Dreck werde ich tun…« Fulwell schüttelte den Kopf und wandte sich an den Schläger. »Bring’ ihn runter in die Spielhalle und leg’ ihn um!« »Ihre Ausdrucksweise ist nicht gerade seriös, Mr. Fulwell«, ta delte der Butler. »Aber genau«, konterte Fulwell, »Sie machen mir nicht noch mal Ärger, Parker, verlassen Sie sich darauf…« »Bevor ich das segnen soll, was man im Volksmund das Zeitli 60
che zu nennen pflegt, Mr. Fulwell, würde meine Wenigkeit inte ressieren zu erfahren, ob meine Vermutungen den Tatsachen ent sprechen, was den Hypno-Gangster betrifft.« Der Schläger produzierte tiefe Falten auf seiner Stirn und dach te angestrengt über das nach, was Parker gerade gesagt hatte. Selbst Brian Fulwell nagte an der Unterlippe und zerlegte den Satz des Butlers. »Hypno-Gangster?« fragte er zurück. »Wissen Sie was, Parker, nehmen Sie diese Frage mit ins Grab, dann langweilen Sie sich später wenigstens nicht.« »Mr. Rander dürfte mit dieser Antwort nicht gerade zufrieden sein«, erwiderte Parker und bewegte die Augen überdeutlich zur Seite. Die beiden Männer mußten den Eindruck gewinnen, daß ihr Gast einen Mann ansprach, der sich an die Bürotür herange pirscht hatte. Sowohl der Schläger als auch Brian Fulwell nahmen unwillkürlich den Kopf herum und verschafften dem Butler so die Gelegenheit, etwas für seine Befreiung zu tun. Parkers Hände waren im Nacken verschränkt, der UniversalRegenschirm hing in der linken Armbeuge. Normalerweise lieferte das keine Chance, gegen die Schußwaffe etwas zu unternehmen, denn die Entfernung zwischen ihm und dem Schläger war einfach zu groß. Dennoch, Parker wußte auch für solche Situationen eine Lösung. Im Kragenaufschlag seines schwarzen Zweireihers, in Höhe des Nackens, befand sich eine Art Waffendepot. Bei der dort befindli chen Waffe handelte es sich um ein flaches >BonbonBonbons< auseinander und schloß gleichzeitig fest seine Augen. Die Wirkung war verheerend. Ein greller Lichtblitz blendete die Augen der beiden Gangster. Selbst Parker, der diesen Effekt nur zu gut kannte, sah für eine Sekunde nur noch rot. Dann aber normalisierten sich die Augen. Er musterte die beiden Männer, die zu einer Art Salzsäule gewor den waren. Sie standen wie leblos im Büro und befanden sich eindeutig in einem Schockzustand. Die Miniatur-Blitzlichtbombe hatte ihre Wirkung getan. »Schießen, schießen«, keuchte Fulwell endlich. 61
»Ich… Ich kann nicht«, stöhnte der Schläger. »Was den Tatsachen entspricht«, schaltete sich Josuah Parker ein, »ich war so frei, Ihrem Mitarbeiter die Schußwaffe wegzu nehmen, Mr. Fulwell. Ich darf wohl davon ausgehen, daß Sie da für Verständnis aufbringen.« Obwohl sie seinen höflichen Gruß bestimmt noch nicht sehen konnten, lüftete Parker die schwarze Melone und verließ das Bü ro. Er verzichtete auf jede weitere Befragung, zumal er ohnehin einen, wichtigen Hinweis zur Klärung des Falles erhalten hatte. * Es war Mittag. Josuah Parker überquerte mit seinem hochbeinigen Monstrum die Themse und parkte seinen eigenwilligen Wagen in der Nähe des Waterloo-Bahnhofs. Zu Fuß begab er sich in die Stamfort Street und näherte sich einem betagten Backsteingebäude, in dem laut Hinweisschildern am Eingang eine Vielzahl von Firmen untergebracht war. Auf einer dieser Tafeln stand der Name M. Rayners. Mit einer Unterzeile wurde darauf hingewiesen, daß die ser M. Rayners einen Versandhandel betrieb. Womit er handelte, war nicht ersichtlich. Parker betrat die ursprünglich wohl pompöse Eingangshalle, die nun aber etwas verkommen wirkte. Der Versandhandel des Mr. Rayners war im Erdgeschoß untergebracht, und zwar in einem Seitenflügel. Parker erreichte die glatte Tür, auf die man eine zweite Firmentafel geschraubt hatte. Er verzichtete, auf den Klin gelknopf zu drücken. Es war Parkers Absicht, unangemeldet zu erscheinen. Sein Spezialbesteck trat noch mal in Aktion. Und wieder dauerte es nur wenige Augenblicke, bis das auffallend gute Yale-Schloß freudig nachgab und sich aufsperren ließ. Parker betrat den Kor ridor, der zur linken Außenwand hin mit Kartons fast zugestellt war, und hörte dann Stimmen, Schritte und leise Musik. Das alles machte einen normalen und unverdächtigen Eindruck. Parker wußte es jedoch besser. Marny Rayners war ein Gangster, der mit Sicherheit dunklen Geschäften nachging. Nach seinem Freispruch seinerzeit war er natürlich noch viel vorsichtiger geworden und umgab sich mit Wohlanständigkeit. 62
Es war dieser Mr. Rayners, der plötzlich aus einem Zimmer kam, Parker entdeckte und ihn in einer Mischung aus Staunen und Unsicherheit ansah. Parker lüftete höflich die schwarze Melo ne. »Sie erlauben, Mr. Rayners, daß ich Ihnen einen guten Tag wünsche?« fragte er höflich. »Hat Mr. Fulwell Sie nicht darüber verständigt, daß er sich gezwungen sah, seine Pläne ein wenig zu ändern?« »Wie kommen Sie hier rein?« brauste Rayners auf. Er war etwa vierzig Jahre alt, groß und schwer. »Die Tür war erfreulicherweise geöffnet.« »Ausgeschlossen, das kann nicht sein.« »Meine Anwesenheit dürfte das Gegenteil bezeugen, Mr. Ray ners«, erwiderte der Butler, »bestehen Sie darauf, dieses Thema Tür noch weiter zu erörtern, oder sollte man nicht lieber ein aktu elleres Problem abhandeln?« »Aktuelles Problem? Hören Sie, Parker, Sie haben mich damals schon fast ins Gefängnis gebracht. Und jetzt…« »Das aktuelle Thema heißt Mord, Mr. Rayners«, unterbrach Par ker den Chef des Versandhandels kühl. »Mord?« Rayners schluckte nervös und wandte sich erleichtert um, als hinter ihm zwei jüngere Männer auftauchten mit durchaus profihaftem Eindruck. Sie schoben sich links und rechts neben Rayners, spannten ihre Muskeln und warteten wohl nur auf ein Zeichen, um Parker anzugreifen. »Mord, Mr. Rayners«, wiederhol te der Butler, »wer mit Mr. Fulwell zusammenarbeitet, gerät in die unmittelbare Nähe eines Mordfalls. Und Sie wollten doch ein deutig für Mr. Fulwell tätig werden, nicht wahr?« »Wie kommen Sie denn darauf?« »Der Zufall brachte es mit sich, daß ich ein entsprechendes Te lefongespräch zwischen Mr. Fulwell und Ihnen mitverfolgen konn te.« »Da müssen Sie sich geirrt haben, Parker. Aber okay, unterhal ten wir uns über Mord, meinetwegen. Haut ab, Jungens, das hier ist Privatbesuch!« Rayners scheuchte die beiden Männer den Korridor hinunter. Dann deutete er in sein Büro, und Parker folgte dieser Einladung. Rayners drückte die Tür hinter sich zu und sah den Butler nervös an. »Wie war das mit dem Mord, Parker?« fragte er dann ungedul 63
dig, »Sie wissen verdammt genau, daß ich mich damit nicht ab gebe. So was ist mir einfach zu heiß.« »Dennoch erklärten Sie sich bereit, einige Ihrer Mitarbeiter zu Mr. Fulwell zu schicken«, antwortete Josuah Parker, »Sie schei nen eine nachtragende Natur zu besitzen, was meine Wenigkeit betrifft.« »Sie hätten mich damals beinahe geschafft, Parker. Reiner Zu fall, daß ich freigesprochen wurde.« »Nötigung und Erpressung, wenn ich korrigieren darf, Mr. Ray ners«, meinte der Butler, »aber lassen wir die Vergangenheit, widmen wir uns der brennenden Gegenwart. Mr. Fulwell scheint zu beabsichtigen, Sie in einen Mordfall hineinzuziehen.« »Da würde ich nicht mitspielen.« »Mr. Rayners, sagt Ihnen der Name Hypno-Gangster etwas?« »Hypno-Gangster? Nie gehört. Was soll das sein?« »Ein Mann, der mittels Hypnose sich menschliche Werkzeuge schafft, die er für seine Zwecke einzusetzen gedenkt.« »Dazu kann ich wirklich nichts sagen, Parker.« Rayners zuckte die Achseln. »Zieht Fulwell so was auf?« »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit«, antwortete der Butler, »es gab in allerjüngster Vergangenheit bereits einige Mordversuche, die im Endeffekt auf Mr. Fulwells Konto gehen. Wahrscheinlich möchte er jetzt Sie ins Spiel bringen, um die Poli zei zu beschäftigen.« »Da wird er sich aber geschnitten haben, Parker.« Rayners hat te aufmerksam zugehört. »Warum warnen Sie mich eigentlich?« »Um Fulwell zu isolieren«, gab der Butler schlicht zurück, »dar über hinaus gehe ich davon aus, daß Sie nach meinem Weggang Mr. Fulwell anrufen werden.« »Das… Das kann schon möglich sein.« Marny Rayners nickte nachdenklich. »Sie werden ihm den Inhalt unseres Gespräches mitteilen, den ke ich.« »Auch das kann durchaus sein.« Rayners lächelte plötzlich wis send. »Sie wollen Fulwell provozieren und dann in die Enge trei ben, wie?« »Dies ist meine in der Tat erklärte Absicht«, bekannte Josuah Parker. »Sie sind ganz schön raffiniert. Und Sie sind verdammt offen!« »Sie sind das, was man eine Figur auf einem Schachbrett 64
nennt.« »Normalerweise laß ich mich nicht schieben, Parker.« »In diesem Fall wird es Ihnen ein Vergnügen sein, geschoben zu werden, Mr. Rayners.« »Haben Sie eigentlich ‘ne Ahnung, was Fulwell anpeilt?« erkun digte sich der Gangster. »Seine bisherigen Aktivitäten dürften nur Testfälle gewesen sein«, erläuterte Parker, »den großen Coup muß man abwarten, Mr. Fulwell befaßt sich neuerdings mit Erpressungen, nicht wahr?« »Mit Erpressungen?« Rayners wurde hellhörig, denn das war ei gentlich seine Domäne. »Mit Erpressungen im Zusammenhang mit seiner Peep-Show«, redete Parker gemessen weiter. »Der Verdacht liegt natürlich na he, daß ich Ihnen längst Bekanntes erzähle.« »Da sind Sie wieder mal auf dem Holzweg, Parker«, verteidigte sich der Gangster energisch, »okay, ich bin mit Fulwell befreun det. Und hin und wieder helfen wir uns mal gegenseitig aus, aber ‘ne Zusammenarbeit hat’s noch nie gegeben.« »Bis auf die jüngste Absicht, Mr. Fulwell ein paar Hilfstruppen zu schicken«, stellte der Butler klar. »An Ihrer Stelle, Mr. Rayners, würde ich von allen Aktivitäten Abstand nehmen. Denken Sie möglichst stets daran, daß Mr. Fulwell beabsichtigt, Sie an ge planten Morden partizipieren zu lassen.« »Ich glaube, ich versteh’, was Sie meinen, Parker«, vermutete der Gangster, »nee, ich werde ab sofort schwerhörig sein, wenn Fulwell anruft.« »Was Sie nicht hindern sollte, Mr. Fulwell anzurufen«, schlug Parker jetzt überdeutlich vor. »Sie sollten ihn fairerweise über meinen Höflichkeitsbesuch informieren.« * Horace Pickett war ein Gentleman von etwas sechzig Jahren und erinnerte an einen pensionierten Militär im Rang eines Majors. Er hatte weißes Haar, einen grauen Schnurrbart und blitzende, un ternehmungslustige Augen. Seine Haltung war so tadelsfrei, wie seine Manieren. Er war als Erscheinung eine Persönlichkeit, von der am, wie der Amerikaner es ausdrücken würde, ohne weiteres 65
einen Gebrauchtwagen kaufen könnte. Horace Pickett ging dem Beruf eines Eigentumsübereigners nach. Kriminaltechnisch gesehen war er wohl Taschendieb, sogar einer der Spitzenklasse, doch er arbeitete nach ehernen Grundsätzen. Ihn interessierten nur Brieftaschen der betuchten Schicht. Ein Horace Pickett hätte nie einen Normalbürger in Ver legenheit gebracht. Sein Arbeitsfeld war der Flugplatz Heathrow, doch seit einiger Zeit ließ sich Pickett nur zu gern von Butler Par ker >engagierenBeruf< Pickett nachging, doch sie behandelte ihn wie einen Gentleman. Es ergab sich immer wieder, daß sie ihn zum Tee einlud und mit ihm über Stoffe diskutierte, die sie für ihren geplanten Bestseller suchte. Dieser seltsame Horace Pickett traf sich am Nachmittag mit Parker. Die beiden Männer saßen sich in einem Privatclub gegenüber und nippten am gerade servierten Sherry. Pickett paßte wie selbstverständlich in die seriöse Atmosphäre. »Die Firmeneintragung ist noch nicht gelöscht worden«, berich tete der Eigentumsübertrager, »die Bellford-Reederei ist aller dings von den Erben des Gründers an die Interport-Reederei ver kauft worden.« »Wann erfolgte dieser Verkauf, Mr. Pickett?« fragte Josuah Par ker. »Vor etwa einem Vierteljahr«, lautete die Antwort, »die Inter port will sich vergrößern, wie es heißt, Ihr Manager, ein Martin D. Pinner, möchte die alten Geschäftsbeziehungen der BellfordReederei wieder neu beleben.« 66
»Sie wissen sicher, Mr. Pickett, welcher Art diese Geschäftsbe ziehungen waren und sind?« »Massengutfracht«, hieß prompt die Antwort, »die BellfordReederei arbeitete fast ausschließlich für Südafrika.« »Wer steht hinter dem erwähnten Manager namens Martin D. Pinner?« fragte Parker weiter. »Banken, Versicherungen und eine Brauerei, Mr. Parker. Die In terport ist gut im Geschäft. Sie arbeitet fast ausschließlich für eine US-Ölfirma oben in Schottland, die Nordsee-Öl bohrt.« »Ich möchte davon ausgehen, Mr. Pickett, daß Sie natürlich auch den Manager der Interport-Reederei observierten?« »Aber Mr. Parker!« Pickett sah den Butler fast vorwurfsvoll an. »Natürlich habe ich mich vor allen Dingen um Martin D. Pinner gekümmert. Er wird gleich wie ein offenes Buch vor Ihnen liegen, wenn Sie es wünschen.« »Eine gewisse Neugier möchte ich nicht verhehlen, Mr. Pickett.« »Pinner ist verheiratet und hat zwei Töchter. Seine Frau führt ein großes Haus und ist in vielen Komitees tätig. Sie beschäftigt eine Köchin und einen Gärtner. Die Familie Pinner wohnt in Wimbledon in einer sehr teuren Gegend.« »Sie deuten damit diskret an, daß Mr. Pinner sich Ihrer Ansicht nach solch einen Aufwand kaum leisten kann, nicht wahr?« »Darüber bin ich gestolpert«, bestätigte der Eigentumsübereig ner und nickte, »wissen Sie, Mr. Parker, in meinem Beruf braucht man ein geschultes Auge, wie Sie sich ja wohl denken können. Ich habe mir das Ehepaar also angesehen. Das ergab sich heute mittag. Eines steht fest: Sie hat die Hosen an in der Ehe. Das merkte ich auf den ersten Blick. Entschuldigen Sie bitte den Aus druck.« »Ich habe durchaus nichts gegen eine volkstümliche Umschrei bung eines solchen Zustandes, Mr. Pickett«, meinte der Butler, »abgesehen mal davon, setze ich auf Ihre Beobachtungsgabe. Sie lassen Mr. Pinner weiter beobachten?« »Rund um die Uhr«, bestätigte Pickett, »wissen Sie, ich habe so das Gefühl, daß er ein Doppelleben führt. Es ist zwar reine Ver mutung, aber ich glaube, daß ich recht behalten werde.« Die beiden Männer unterhielten sich noch, als ein Angestellter des Clubs an den Tisch trat und sich diskret zu Parker hinunter beugte. Er teilte dem Butler mit, er würde am Telefon verlangt. Während der Butler dem Angestellten in die Halle folgte, studierte 67
Pickett die anwesenden Clubbesucher und kam schnell zu dem Schluß, daß er sich auf einer fetten Weide befand. Die Briefta schen dieser Männer mußten mit Sicherheit gut gefüllt sein, und Pickett bedauerte es, hier nicht arbeiten zu können. Er rief sich zwar zur Ordnung, als gewisse Gelüste in ihm auf stiegen, doch sein Trieb war stärker als seine Vernunft. Er konnte einfach nicht widerstehen. Pickett erhob sich, ging zu dem Tisch, auf dem die Zeitungen ausgelegt waren, und richtet es so ein, daß er mit. einem Clubgast zusammentraf, der ebenfalls diesen Tisch ansteuerte. Es war schon fast ein ästhetischer Genuß, mit welcher Eleganz Pickett die fremde Brieftasche an sich brachte. Er bot dem Herrn seine Zeitung an, sorgte für einen gewissen Körperkontakt und lächelte entschuldigend, doch keineswegs zu, freundlich. Dann ging Pickett wieder zu seinem Tisch und blickte Parker entgegen, der aus der Halle zurückkehrte. »Ich fürchte, die Dinge haben eine dramatische Wende genom men«, sagte Parker, als er den Eigentumsübereigner erreichte, »mir wurde gerade mitgeteilt, daß Mr. Norman Ballert sich von dieser Welt verabschiedet hat, um es mal so auszudrücken.« »Ballert ist tot?« Pickett, der natürlich eingeweiht war, richtete sich steif auf. »So kann man es natürlich auch ausdrücken«, meinte Parker, »der Bedauernswerte wurde vor der Praxis des Dr. Finnegan er schossen. Und sein Mörder trug eine Gesichtsmaske.« »Wirft das Ihre Ermittlungen zurück, Mr. Parker?« erkundigte sich Horace Pickett, der zusammen mit Parker in die Halle ging. »Keineswegs«, meinte der Butler, »ich möchte behaupten, daß ich den sogenannten Hypno-Gangster inzwischen kenne. Übri gens, Mr. Pickett, ließ es sich vielleicht einrichten, eine Briefta sche dort neben dem Sessel zu finden? Der Eigentümer wird Ih nen mit Sicherheit sehr verbunden sein…« * »Wie konnte das passieren?« wunderte sich Lady Simpson nachdrücklich und sah den Chief-Superintendenten vorwurfsvoll an. »Wurde dieser Ballert denn nicht bewacht?« »Natürlich, Mylady«, erwiderte McWarden zerquält, »zwei Be 68
amten brachten ihn in die Klinik von Dr. Finnegan. Als sie ihn dann nach einer Stunde wieder in Untersuchungshaft zurückbrin gen wollten, wurde aus einem Wagen geschossen.« »Der natürlich spurlos verschwand, nicht wahr?« »Leider, Mylady«, sagte der Chief-Superintendent, »Norman Ballert war sofort tot: Herzschuß! Die beiden Polizeidetektive konnten sich noch das Kennzeichen merken. Nach dem Wagen wird jetzt gefahndet.« »Natürlich ist dieser Wagen gestohlen worden«, vermutete die ältere Dame umgehend, »so etwas kennt man doch, McWarden, hier in meinem Haus wäre Ballert besser untergebracht gewesen, das sehen Sie doch hoffentlich ein, wie? Auch ich hätte seine hypnotische Sperre durchbrochen, darauf können Sie Gift neh men.« »Doc Finnegan hat ihn aber noch behandelt, Mr. McWarden?« schaltete sich Kathy Porter ein. »Aber ohne Ergebnis«, antwortete der Chief-Superintendent, »Doc Finnegan kam keinen Schritt weiter. Er vermutet, daß die hypnotische Sperre diesmal besonders fest angelegt worden war.« »Mal eine Frage am Rand«, schickte Mike Rander voraus, »daß Ballert aber unter Hypnose stand, steht eindeutig fest, oder?« »Eindeutig«, entgegnete McWarden, »Finnegan hatte zu dieser Sitzung noch einen Kollegen zugezogen, der sich gerade auf dem Gebiet der Hypnose besonders gut auskennt. Auch dieser Spezia list zweifelt keine Sekunde daran, daß Ballert hypnotisiert worden war.« »Und wie heißt dieser Spezialist, McWarden?« forschte der An walt weiter. »Ein Dr. Marsh«, gab der Yardbeamte Auskunft, »er ist eine Ka pazität. Moment mal, glauben Sie etwa, Ballert hätte die Hypnose nur vorgetäuscht, Rander?« »Mr. Parker hat sich in diese These verrannt«, freute sich Agat ha Simpson. »Er hat von einer Möglichkeit gesprochen, Mylady«, schränkte der Anwalt ein. »Er verfolgt die falsche Spur«, freute sich Lady Agatha weiter, »er wird wieder mal erleben, daß er ohne meine Hilfe keinen Fall lösen kann.« »Sie haben eine völlig andere Theorie?« erkundigte sich McWar 69
den beiläufig. »Selbstverständlich«, triumphierte die Hausherrin, »ich kenne sogar den Täter!« »Ach nee…« McWarden sah die Lady irritiert an. »Spannen Sie uns nicht auf die Folter«, bat Mike Rander und tauschte mit Kathy Porter einen schnellen, leicht amüsierten Blick. Beide wußten schließlich nur zu gut, wie oft die ältere Dame ihre Meinung änderte. »Sie müssen uns aus der Patsche helfen, Mylady«, drängte McWarden. »Nun gut«, sagte sie fast mitleidig, »überlegen Sie doch, McWarden: Wo hat Ballert gearbeitet? Wo ist Kathy Porter fest gehalten worden? Die beiden Reedereien liegen doch so gut wie Tür an Tür. Und wie heißt Ballerts Chef?« »Martin D. Pinner«, antwortete Rander für den ChiefSuperintendent. »Richtig«, lobte die Detektivin, »richtig, mein Junge! Mr. Parker sieht wieder mal den Wald vor lauter Bäumen nicht, obwohl er diesen Pinner doch aufgesucht hat.« »Pinner von der Interport«, sagte Mike Rander. Er tauschte er neut einen Blick mit Kathy Porter, der allerdings nicht mehr amü siert ausfiel, »es ist richtig, beide Gebäude grenzen aneinander.« »Die Bellford-Reederei und die Interport-Reederei«, fügte Kathy hinzu. »Das muß wirklich kein Zufall sein.« »Man muß nur addieren können«, ließ die Detektivin sich trium phierend vernehmen, »ich kann diesem Subjekt von einem Pinner natürlich nichts nachweisen, verstehen Sie, McWarden, aber mit solchen Kleinigkeiten brauche ich mich ja wohl nicht abzugeben… Mich interessiert immer nur die große Linie.« »Ich bedanke mich für den Tip, Mylady«, sagte McWarden, der es plötzlich eilig hatte, »Ballert war ja immerhin Pinners Ange stellter. Es spricht viel für Ihre Theorie, Mylady.« »Viel, McWarden?« Sie sah ihn aus einer Mischung aus Empö rung und Spott an. »Alles spricht für meine Theorie! Geben Sie doch endlich mal zu, daß ich besser bin als Sie!« * Parkers hochbeiniges Monstrum rollte in eine stille Seitenstraße. 70
Der Butler war auf dem Weg, einem gewissen Martin D. Pinner einen Besuch abzustatten. Nach seiner Unterhaltung mit Horace Pickett schien es ihm angebracht, sich mit dem Manager der In terport-Reederei noch mal etwas privat zu unterhalten. Der Eigentumsübereigner hingegen hatte es übernommen, sich mit den Sitten und Gebräuchen des >Sexyland< vertraut zu ma chen. Er sollte für Parker nur still beobachten und auf jeden Fall auch eine der Peep-Shows aufsuchen. Parker fuhr an einer Reihe von behäbigen Landsitzen vorüber, bis er das Haus von Martin D. Pinner erreichte. Parkers Informant Pickett hatte keineswegs übertrieben. Der Landsitz in einem wei ten, gepflegten Garten, der von der Abendsonne angestrahlt wur de, mußte gerade hier in dieser Wohnlage ein Vermögen gekostet haben. Zusätzlich zum eigentlichen Wohnhaus, dessen Außen wände mit Efeu bewachsen waren, gab es eine Doppelgarage mit einer Wohnung im Obergeschoß. Vor dem Eingang stand auf wei ßem Kies ein schwarzer Rover. Die Reklame für einen Whisky hätte nicht wirkungsvoller sein können. Schwungvoll bog Parker mit seinem hochbeinigen Monstrum in die Auffahrt ein, rollte am Rasen entlang und setzte sich vor die Limousine. Der Butler stieg aus, legte sich den Bambusgriff seines Universal-Regenschirms über den angewinkelten linken Unterarm und begab sich zum Eingang. Zu seiner Überraschung war die Haustür spaltbreit geöffnet. Parker drückte sie mit der Spitze sei nes Regenschirms vollends auf und betrat dann die Eingangshal le. Als er sich suchend umschaute, bemerkte er im Hintergrund eine Bewegung. Josuah Parker reagierte spontan, zumal seine innere Alarmanla ge sich ohne jeden Übergang meldete. Er ging sofort in die Knie und nahm hinter der gepolsterten Lehne eines Sessels Deckung. Gleichzeitig damit war ein >Plopp< zu hören. Ein Geschoß klatschte in das dicke Lederpolster. Mit solch einem Empfang hatte Parker nicht gerechnet. Er be zweifelte, daß der Schütze Martin D. Pinner war. Dieses Haus schien von Gangstern heimgesucht worden zu sein. Wer sie ge schickt hatte, war für ihn klar. Da mit weiteren Schüssen zu rechnen war, nebelte Josuah Par ker sich erst mal gründlich ein. Dazu verwendete er einen seiner Patent-Kugelschreiber, den er nach Verdrehen beider Hälften ge geneinander in die Mitte der Eingangshalle warf. Das Schreibgerät 71
hatte kaum den mit Teppichen ausgelegten Boden erreicht, als auch schon eine Nebelsäule zur Decke stieg, die sich schnell zu einer Wand ausbreitete. Da Parker davon ausgehen konnte, daß die Aufmerksamkeit des Schützen kurzfristig abgelenkt wurde, wechselte er seinen Standort und nahm hinter dem vorstehenden Kamin Deckung. Um noch tiefer in die Halle zu kommen, griff er mit schwarz be handschuhter Hand nach einem Holzscheit neben dem offenen Feuer und warf es in Richtung Treppe. Das Holzscheit landete an der Wand und verursachte beträchtlichen Lärm. Wie sehr der Schütze irritiert war, zeigte sich darauf, denn es >ploppte< er neut. Das Geschoß landete diesmal an der Glasfüllung eines Schranks und verursachte so einen für Parker erfreulichen Lärm. Der Butler schob sich tiefer in die Halle, passierte den Kamin, sah sich dann plötzlich einer Gestalt gegenüber, die ihm ihre Kör perseite zudrehte, und verzichtete in Anbetracht der Lage auf unnötige Höflichkeitsfloskeln. Mit dem bleigefütterten Bambusgriff seines Schirms klopfte er auf die Schläfenseite der Gestalt, die daraufhin ihre Schußwaffe fallen ließ. Parker beförderte den schallgedämpften Revolver mit der Spitze seines rechten Schuhs unter einen Schrank und benutzte dann den Schirmgriff als Enterhaken. Er schob ihn unter den Hosengür tel des Schlafenden und zerrte ihn zu einem mächtigen Wand schrank hinüber. Ein paar Minuten später stand der Schütze in leicht geknickter Haltung in diesem Schrank und merkte nicht, wie sorgfältig er von außen verriegelt wurde. Josuah Parker schritt die Räume im Erdgeschoß ab, ohne einen Hausbewohner zu finden. Der künstliche Nebel hatte sich inzwi schen etwas gelichtet. Der Butler begab sich ins Obergeschoß und wurde hier fündig. In einem Korridor entdeckte er einen noch jungen Mann, höchs tens fünfundzwanzig Jahre alt. Er war angeschossen worden und blutete aus einer Hüftwunde, die allerdings nicht lebensgefährlich aussah. »Mr. Parker?« fragte der überraschte Mann, der die Augen ge öffnet hatte. »In der Tat«, gab Parker zurück, »kann man davon ausgehen, daß Sie ein Bekannter Mr. Picketts sind?« »Stimmt, Sir«, erwiderte der Bekannte des Eigentumsübereig ners, »hier im Haus ist übel herumgeschossen worden.« 72
»Dies kann und möchte ich unterstreichen«, entgegnete der Butler. »Ich glaube, Pinner hat es erwischt«, sagte der junge Mann, »er ist da drüben in seinem Schlafzimmer.« »Hatten Sie es mit mehreren Eindringlingen zu tun?« fragte der Butler den jungen Mann, der sich vorsichtig aufrichtete. »Nur mit einem, Sir«, lautete die Antwort, »er wurde mit einem Wagen abgesetzt.« »Haben Sie sich möglicherweise das Kennzeichen merken kön nen?« wollte der Butler wissen. »Natürlich, Mr. Parker.« Der junge Mann richtete sich noch ein wenig höher auf, »Mr. Pickett sagte, ich sollte auf alles achten. Und das habe ich auch getan.« »Sie waren allein hier?« »Mein Partner ist hinter dem Wagen her, Sir«, lautete die er freuliche Antwort, »das war doch richtig, oder?« »Perfekt, sollte man sagen«, lobte der Butler gemessen, »kom men Sie für eine Weile allein zurecht?« »Natürlich, Mr. Parker«, erwiderte der junge Mann, »ich hab’ mich nur tot gestellt, nachdem auf mich geschossen wurde. Ich wollte keinen zweiten Schuß riskieren.« »Ihre Geistesgegenwart ist rühmenswert«, stellte Josuah Parker fest, »Mr. Pickett kann stolz auf Sie sein.« Butler Parker lüftete grüßend die schwarze Melone, bevor er hinüber ins Schlafzimmer ging, auf das der junge Mann gedeutet hatte. In der Tür blieb Parker allerdings stehen und nahm erneut die schwarze Melone ab. Im ersten Moment hatte er nämlich durchaus den Eindruck, daß der Manager der Interport-Reederei, Martin D. Pinner, erschossen worden war und nicht mehr unter den Lebenden weilte. * »Meine bescheidene Wenigkeit unterlag einem erfreulichen Irr tum, was Ihr Leben betrifft, Mr. Pinner«, sagte der Butler wenig später, als Pinner wieder ansprechbar war, »wegen Ihrer Verlet zung kann ich Sie durchaus beruhigen. Die stark blutende Wunde am Oberarm dürfte Ihnen das Leben gerettet haben.« »Wieso, Mr. Parker«, stöhnte Pinner. 73
»Der Schütze nahm mit Sicherheit an, Sie tödlich getroffen zu haben. Zudem wurde er durch das Auftauchen meiner Wenigkeit abgelenkt, verließ den Ort des Geschehens und begab sich nach unten in die Halle.« Während Parker diese knappe Feststellung traf, legte er Pinner einen Notverband an und erkundigte sich beiläufig nach der Fami lie des Managers. »Meine Frau ist mit den beiden Töchtern zu ihren Eltern aufs Land«, sagte Pinner, »hören Sie, Mr. Parker, kann man die Polizei aus der Sache heraushalten?« »Sollte es dafür gewisse Gründe geben?« »Ich möchte jeden Skandal vermeiden. Meine Frau, Sie verste hen…« »Warum sollten Sie nicht das Opfer eines Überfalls geworden sein, Mr. Pinner?« fragte Josuah Parker. »Möglicherweise wird Ihre Gattin noch nachträglich um ihr Leben zittern, was wohl ei ner durchaus normalen Reaktion entsprechen würde.« »Haben Sie den Schützen erwischt, Mr. Parker?« »Er befindet sich zur Zeit in einem Ihrer Schränke, Mr. Pinner. Ein hilfsbereiter Passant, der von der Schießerei angelockt wurde, hält eine Art Ehrenwache.« »Ein… Passant?« »Der Sie beobachtete, Mr. Pinner«, erläuterte der Butler höflich, »Lady Simpson und meine Wenigkeit haben einige Mitarbeiter auf Sie angesetzt, um die Terminologie der Polizei zu benutzen.« »Sie haben… Sie haben mich beobachten lassen?« Pinner ver gaß die Schußwunde. »Ist Ihnen inzwischen bekannt, daß Ihr Angestellter Norman Ballert nicht mehr unter uns weilt?« »Nicht mehr weilt? Wie… Wie soll ich das verstehen?« »Er verstarb an einer Schußwunde«, erläuterte der Butler, »er dürfte für einen gewissen Mann, der sich Meister nennen läßt, zu einer Gefahr geworden sein.« »Ballert ist erschossen worden?« »Vor der Praxis des Doktor Finnegan, Mr. Pinner«, sagte der Butler, »der tödliche Schuß wurde aus einem Wagen abgefeuert.« »Ich verstehe das alles nicht.« Pinner dachte angstrengt nach. »Aus einem ähnlichen Grund sollten nun auch sie dazu gebracht werden, das Zeitliche zu segnen«, redete Parker weiter, »der so genannte Meister oder auch Hypno-Gangster scheint zu befürch 74
ten, daß Sie reden könnten.« »Ja, worüber denn, Mr. Parker«, wunderte sich Pinner nicht ge rade überzeugend. »Über Ihre Bereitschaft, diesem Gangster die Räume der Bell fort-Reederei zur Verfügung gestellt zu haben.« »Davon weiß ich überhaupt nichts. Was sind denn das für Be hauptungen, Mr. Parker?« »Seit wann werden Sie von Mr. Fulwell erpreßt?« fragte Josuah Parker jetzt sehr direkt. »Seit wann? Erpreßt? Ich werde nicht…« »Ähnliche oder auch direktere Fragen wird die Polizei stellen, wenn ich höflich daran erinnern darf, Mr. Pinner.« »Wieso sollte ich denn erpreßt werden?« »Weil man Sie niederschießen wollte, Mr. Pinner. Darf man un terstellen, daß Sie ein Besucher dieser Peep-Shows waren, die im Sexyland veranstaltet werden? Drohte man Ihnen, Ihre Frau dar über zu informieren?« »Ich bin nie in einer Peep-Show gewesen«, protestierte Martin D. Pinner, »das ist nicht mein Stil, Mr. Parker!« Der Manager der Reederei machte inzwischen einen nachdenkli chen Eindruck und schien in sich hineinzuhorchen. Er befingerte wie abwesend den von Parker angelegten Notverband. »Sie denken nach, nicht wahr?« tastete der Butler sich weiter vor, »in Ihrer Erinnerung steigen gewisse Bilder auf die mit mehr oder weniger entkleideten Frauen zusammenhängen?« »Doch, das stimmt«, meinte Martin D. Pinner versonnen, »da war was, glaube ich. Ballert hat damit zu tun. Ja, Ballert hängt damit zusammen, aber ich weiß nicht, was es gewesen ist.« »Sie sind zusammen mit Ihrem Angestellten Norman Ballert ausgegangen?« tippte Parker an. »Nein, nicht ausgegangen. Warten Sie doch, mit Ballert hat das alles etwas zu tun und… Jetzt habe ich es!« »Ich möchte Sie beglückwünschen, Mr. Pinner. Mr. Ballert brachte Sie mit einem Mann zusammen, der Sie, um es mal so zu formulieren, sehr beeindruckte.« »Nach meiner Herzattacke«, sagte Martin D. Pinner zögernd, »natürlich, ich hatte es mit dem Herzen, es stolperte, schlug un regelmäßig und mir war schlecht.« »Ihr hilfsbereiter Angestellter rief einen Arzt an?«
»Richtig, einen Arzt. Er kam zu mir ins Büro. Ballert hatte sofort
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reagiert und einen Arzt besorgt. Und danach war alles wieder in Ordnung. Ich fühlte mich prächtig, wirklich.« »Der Name Brian Fulwell weckt in Ihnen keine Erinnerungen, Mr. Pinner?« »Da rührt sich überhaupt nichts, doch an diesen Arzt erinnere ich mich immer deutlicher. Der Mann hatte sehr ausdrucksvolle Augen und eine Stimme, die mich sofort beruhigte. Ein sehr guter Mann!« »Er ließ sich nach der ersten Behandlung häufiger sehen?« »Immer dann, wenn er in der Nähe zu tun hatte. Dann kam er stets auf einen Sprung rauf zu mir ins Büro. Er nahm mir den Puls ab, wir unterhielten uns, und ich fühlte mich sehr gut.« Butler Parker hätte dieses Gespräch gern noch vertieft, doch unten im Haus waren plötzlich harte, fordernde Stimmen zu ver nehmen. Parker fürchtete, die Polizei könne alarmiert worden sein. Er ging aus dem Zimmer hinüber zur Treppe und sah seine Befürchtungen bestätigt. * »Natürlich ist dieser Pinner nur ein willenloses Objekt dieses Hypno-Gangsters gewesen«, konstatierte die Detektivin wie selbstverständlich und ohne Scham, obwohl sie ihn erst vor kur zer Zeit noch für den Gangster gehalten hatte. »Sie müssen zugeben, daß ich das sofort erkannt habe.« Mit strengem Blick musterte sie Kathy Porter und Mike Rander, die bestätigend nickten und es schafften, kein Lächeln zu zeigen. »Myladys Prognosen sind immer wieder verblüffend«, stellte Jo suah Parker höflich fest. »Ich weiß es«, sagte sie schlicht, »aber es ist immer wieder schön, es bestätigt zu bekommen. Wo steckt der Arme jetzt, Mr. Parker?« »Auf Anraten der Polizei wird Mr. Pinner die Nacht in einem Hospital verbringen«, berichtete der Butler, während er Tee ser vierte. Es war inzwischen recht spät geworden, doch Lady Simp son zeigte keine Lust, sich zu Bett zu begeben. »Und was hat dieser Mordschütze erbracht?« forschte Agatha Simpson weiter nach. »Er steht unter hypnotischer Sperre, Mylady«, sagte der Butler, 76
»Doc Finnegan bemüht sich zur Zeit, diese Sperre zu durchbre chen. Eine Identifizierung des Schützen war bisher nicht möglich. Der Mann trug keine Papiere bei sich.« »Und was ist mit Picketts Mann, der den Wagen verfolgt hat?« Mike Rander ließ sich Tee eingießen und Feuer für seine Zigarette geben. »Dieser Mann wurde abgehängt, Sir«, berichtete Parker, »das Kennzeichen des Wagens war leider nicht positiv auszumünzen, da dieser Wagen gestohlen worden war.« »Bringt der Besitzer des gestohlenen Wagens uns weiter, Par ker?« »Dieser Wagen gehört pikanterweise Doktor Finnegan, Sir.« »Ach nee!« Agatha Simpson richtete sich steil auf und deutete zum kleinen Wandtisch, wo Flaschen und Gläser standen. »Ich glaube, Mr. Parker, mein Kreislauf braucht jetzt eine kleine Erfri schung.« »Sehr wohl, Mylady.« Butler Parker füllte einen dreifachen Cog nac in einen Schwenker, den er Lady Simpson auf einem Silber tablett reichte. »Doc Finnegan kam mir eigentlich schon immer verdächtig vor«, sagte sie, nachdem sie ihren Kreislauf nachhaltig gestützt hatte, »ich wundere mich, daß keiner von Ihnen bisher darauf gekommen ist. Was sagen denn Sie zu meinem Verdacht, Mr. Parker?« »Eine Theorie, Mylady, die man nur als bestürzend bezeichnen sollte«, antwortete der Butler, »es darf nicht übersehen werden, daß Dr. Finnegan durchaus der Hypnose mächtig ist.« Kathy Porter und Mike Rander tauschten einen verdutzten Blick, denn mit solch einer Antwort des Butlers hatten sie wirklich nicht gerechnet. »Kombination und Fingerspitzengefühl sind eben alles, wenn man einen Kriminalfall lösen will«, redete Lady Agatha inzwischen aufgekratzt und munter weiter, »ich hätte große Lust, mir Doc Finnegan noch in dieser Nacht zu kaufen.« »Man sollte Dr. Finnegan vielleicht in Sicherheit wiegen, Myla dy«, wiegelte der Butler ab, und Kathy Porter und Mike Rander tauschten jetzt einen beruhigten Blick aus. »In Sicherheit wiegen und dann morgen hart zuschlagen«, sag te die alte Dame wohlwollend, »Sie haben genau das gesagt, was ich dachte, Mr. Parker. So langsam entwickeln Sie ein Gespür für 77
das Richtige. Nur weiter so.« »Meine Wenigkeit wird sich bemühen, Mylady.« Parkers Gesicht blieb ausdruckslos und glatt. »Ich werde mich für das morgige Verhör vorbereiten«, ent schied Lady Agatha und erhob sich, nachdem sie nach dem drei fachen Cognac ausgiebig gegähnt hatte, »schlafen Sie getrost, ich werde wachen und mir die richtigen Fragen bereitlegen.« * Es war weit nach Mitternacht, als Josuah Parker das Fachwerk haus in Shepherd’s Market verließ. Er benutzte natürlich nicht die Haustür, um ins Freie zu gelangen. Seiner Ansicht nach war damit zu rechnen, daß das Haus der Lady Simpson beobachtet wurde. Der Hypno-Gangster oder auch Meister, wie er sich nannte, muß te inzwischen längst wissen, wer sein gefährlichster Gegner war. Der Butler stieg in den regulären Keller des Hauses, öffnete hier eine Geheimtür und betrat den Keller des Nachbarhauses, das zusammen mit ähnlichen Fachwerkhäusern den kleinen Platz säumte. Hier angekommen, ging Parker durch das leerstehende Gebäude und schlüpfte durch eine Hintertür in eine schmale Pa rallelstraße. Dank seiner schwarzen Berufskleidung und der spar samen Beleuchtung in der Straße war er so gut wie nicht auszu machen. Dem Butler ging es darum, ungesehen Shepherd’s Mar ket zu verlassen, um einem bestimmten Hospital einen Besuch abzustatten. Nach wenigen Minuten hielt Parker in der nahen Curzon Street auf einen Ford zu, dessen Fahrer am Steuer saß und sich gerade eine Zigarette anzündete. Parker nahm wie selbstverständlich auf dem Beifahrersitz Platz und lüftete seine schwarze Melone in Richtung Horace Pickett, der ihn auf einen Telefonanruf hin be reits erwartet hatte. »Ich hoffe, Sie in Ihrer verdienten Nachtruhe nicht gestört zu haben«, sagte Parker zu dem Eigentumsübereigner, »aber aus guten Gründen ließ ich meinen Privatwagen vor dem Haus zu rück.« »Sie können doch jederzeit über mich verfügen, Mr. Parker«, antwortete Horace Pickett, »soll man nicht wissen, daß Sie un terwegs sind?« 78
»Sie treffen mit dieser Frage den Kopf des sprichwörtlichen Na gels«, antwortete der Butler, »der Hypno-Gangster scheint inzwi schen das Stadium größter Nervosität erreicht zu haben. Sie oder Ihre Freunde, Mr. Pickett, haben sich mit den Peep-Shows im Se xyland befaßt?« »Ich lasse diesen Spielsaal ununterbrochen beobachten, Mr. Parker. Einige meiner Freunde sind sogar mit viel Freude im Se xyland, was ich allerdings kaum verstehe. Primitiver kann keine Unterhaltung sein, von den Peep-Shows mal ganz zu schweigen.« »Über Fragen des Geschmacks sollte man tunlichst nie strei ten«, erklärte Parker gemessen. »Man konnte bestimmte Fest stellungen treffen, Mr. Pickett?« »Eine ganz bestimmte sogar, Mr. Parker. Eine besondere Art von Gästen oder so besucht die Peep-Shows durch den Hinterein gang. Wohin soll es übrigens gehen?« Parker nannte das Ziel, nämlich das Hospital, in dem Martin D. Pinner lag. Dann erkundigte sich Parker nach den Gästen, von denen Pickett gesprochen hatte. »Wie soll ich’s ausdrücken, Mr. Parker?« schickte Pickett voraus, »meine Bekannten sprechen von seriösen Leuten, die in solche Shows einfach nicht reingehören, verstehen Sie?« »Könnten Sie sich unter Umständen etwas deutlicher fassen?« »Es sind offensichtlich gutbetuchte Männer, die ihre Straßen kreuzer auf einem weiter entfernten Parkplatz abstellen. Sie steh len sich, ja, das ist der richtige Ausdruck, sie stehlen sich klamm heimlich durch die Hintertür in die Show.« »Man möchte wahrscheinlich nicht gesehen werden.« »Meine Freunde haben diese Männer abgefangen, als sie zu ih rem Wagen zurückgingen. Richtig, noch etwas: Diese komischen Besucher blieben meist nur knapp zehn Minuten im Sexyland, länger nicht. Und jetzt frage ich mich, warum sie nicht länger bleiben, wenn sie schon mal dort sind? Finden Sie das Verhalten nicht eigenartig?« »In der Tat«, bestätigte Josuah Parker, »hat es sich einrichten lassen, die Namen dieser Besucher festzustellen?« »Die Namen zwar nicht, aber die, Kennzeichen ihrer Wagen, Mr. Parker. Und in zwei Fällen kennen wir die Taxifahrer, die zwei Männer zum Sexyland brachten.« »Mylady wird die Bemühungen Ihrer Freunde, Mr. Pickett, mit Sicherheit großzügig honorieren«, erklärte Josuah Parker, »ich 79
darf wohl unterstellen, daß man mir die Kennzeichen der Wagen übergeben wird?« »Hier ist der Zettel.« Pickett griff in die Brusttasche und über reichte Parker die Notiz. Dann wies er noch mal drauf hin, daß es sich in allen Fällen, von den beiden Taxifahrten abgesehen, um teure Wagen gehandelt hatte. »Was Brian Fulwell angeht, Mr. Parker, so habe ich mich umge hört«, redete der Eigentumsübereigner weiter, »bei ihm herrscht totale Stille. Fulwell, der vor ein paar Monaten aktiv war, scheint sich nur noch auf sein Lokal zu konzentrieren. Das macht doch hellhörig, wie?« »Eine treffliche Feststellung, Mr. Pickett. Sie sollen mich übri gens auf der Rückseite des Hospitals aus dem Wagen lassen.« »Werden sie lange bleiben, Mr. Parker? Ich kann auf Sie war ten.« »Zur Dauer meines Verweilens vermag ich leider nichts zu sa gen, Mr. Pickett. Alles hängt davon ab, wie energisch der HypnoGangster vorzugehen gedenkt.« * »Ein sehr hübsches Programm«, urteilte Agatha Simpson er freut und beugte sich etwas vor, um die Szene auf dem Bild schirm des Monitors besser verfolgen zu können. Die ältere Dame war vor wenigen Minuten von Kathy Porter geweckt worden. Die hausinterne Alarmanlage, die Josuah Parker konzipiert hatte, war in Tätigkeit getreten. Verborgen installierte Fernsehkameras hat ten sich automatisch eingeschaltet und lieferten ein gutes Bild. Zwei männliche Gestalten waren gerade dabei, das Absperrgit ter zu übersteigen, das die schmale Gasse hinter dem Haus der Lady zur regulären Straße hin abschloß. Die Männer saßen oben auf dem Tor und stiegen in die Gasse ein. Natürlich ahnten sie nicht, daß sie abgelichtet wurden, dennoch bewegten sie sich mit größter Vorsicht. »Sie werden doch nicht aufgeben wollen, Kindchen?« sorgte sich Lady Agatha, als die beiden Männer eine kleine Pause einleg ten. »Kaum, Mylady«, beruhigte Kathy die Hausherrin, »sie haben nur mit dem Widerhaken zu tun. Nein, nein, sie werden weiter 80
machen. Sehen sie doch!« »Das wollte ich mir aber auch ausgebeten haben«, erwiderte Agatha Simpson, »wo steckt Mr. Parker?« »Er ist außer Haus, Mylady«, wußte Kathy, »Mr. Parker hat eine entsprechende Notiz hinterlassen.« »Mr. Parker ist außer Haus und läßt mich allein und hilflos zu rück… er scheint auf das falsche Pferd gesetzt zu haben. Wohin ist er denn?« »Er besucht das Hospital, in dem Mr. Pinner liegt, Mylady.« »Und verpaßt auf diese Weise das Programm hier.« Agatha Simpson lächelte zufrieden. »Mr. Rander ist in seinem Haus in der Curzon Street, Kindchen?« »Ich habe ihn bereits angerufen und gewarnt. Es könnte ja sein, daß man auch ihm einen Besuch abstatten will.« »Sehr gut, Kathy, Sie werden von Monat zu Monat immer bes ser«, lobte die ältere Dame ihre Gesellschafterin, »demnach wird man mich also nicht stören.« »Sie wollen die beiden Männer abfangen, Mylady?« »Aber natürlich, Kindchen, ich konnte ja ohnehin nicht einschla fen. Sehen sie, jetzt haben sie endlich das Gittertor geschafft. Gütiger Himmel, wie steif und ungelenk die beiden Subjekte doch sind!« Die Einbrecher befanden sich inzwischen in der schmalen Gasse und pirschten sich an die zurückliegende Garage heran. Von hier aus wollten sie wohl ins Haus der Lady einsteigen. »Soll ich die elektronischen Sperren abschalten?« erkundigte sich Kathy. »Natürlich, Kindchen, sonst drehen die beiden Lümmel noch ab«, sorgte sich die ältere Dame frohgelaunt, »es sind wohl Hyp notisierte, die der große Meister auf mich angesetzt hat.« »Sie machen einen sehr zielbewußten Eindruck, Mylady«, stellte Kathy Porter fest, »sie sehen eigentlich mehr wie professionelle Gangster aus.« »Wie auch immer, Kindchen«, meinte Lady Agatha, »ich werde sie im Geräteraum erwarten.« Sie stand auf und sah in ihrer Fülle geradezu majestätisch aus. Agatha Simpson trug einen weiten, wallenden Hausmantel. In ihrer rechten Hand pendelte sanft der Pompadour mit dem darin befindlichen >Glücksbringer< in Gestalt eines echten Hufeisens. »Sehr begabt«, stellte sie fest, als einer der beiden Eindringlin 81
ge endlich das Schloß der Garagentür geöffnet hatte. »Kommen Sie, Kindchen, wir wollen unsere Gäste nicht warten lassen.« »Man sollte daran denken, Mylady, daß sie Schußwaffen tra gen«, warnte Kathy. »Nicht mehr lange«, wußte die Detektivin bereits im vorhinein und brachte ihren Pompadour in Schwingung. Sie marschierte energisch aus der Wohnhalle zu den Küchen- und Wirtschafts räumen und baute sich dann an der Tür des Geräteraums auf. Es dauerte nicht lange, bis ein feines Kratzen und Scharren zu vernehmen war. Auf der anderen Türseite war man dabei, das Schloß mittels eines Nachschlüssels zu öffnen. Agatha Simpson brachte sich in Positur und wartete auf eine Gelegenheit für ihren sogenannten Glücksbringer. Es dauerte nicht lange. Da Kathy Porter die elektronischen Zusatzsicherungen abgeschaltet hatte, brauchten die Eindringlinge nur ein normales Schloß zu öffnen. Langsam schwang die Tür auf. Einer der beiden nächtlichen Be sucher schob sich vorsichtig in die Dunkelheit des Geräteraumes und… ließ eine Sekunde später ein Ächzen vernehmen. Mylady hatte ihm den Pompadour auf die Nase gesetzt, was das Riechor gan übelnahm. Der Mann taumelte zurück und fiel gegen seinen Partner, der knapp hinter ihm stand. Bevor der zweite Bursche reagieren konnte, streichelte der >Glücksbringer< seine Schädel decke. »Diese Subjekte haben überhaupt kein Stehvermögen mehr«, tadelte Lady Agatha, nachdem Kathy Porter das Licht eingeschal tet hatte. Die Detektivin sah geringschätzig auf die beiden Män ner am Boden. Sie waren bewußtlos und bekamen nicht mit, daß Kathy Porter ihnen solide Handschellen anlegte. Die Gesellschaf terin der älteren Dame durchsuchte die beiden Männer, fand je eine Schulterhalfter und je einen kurzläufigen Revolver. Zusätz lich barg sie zwei dolchartige Messer und zwei kurze Kabellenden. »Ist der Wasserschlauch angeschlossen, Kindchen?« erkundigte sich Lady Simpson und rückte die beiden Typen so zurecht, daß das später ablaufende Wasser in einem Gully verschwinden konn te. Kathy Porter rollte den Schlauch ab und reichte der Lady die Wasserdüse. »Wasser marsch, Kindchen«, rief Agatha Simpson munter, »ei ne kalte Dusche hat noch nie geschadet.« Sie hatte die Düse so verstellt, daß der Wasserstrahl schmal und hart ausfiel. Damit spritzte sie die beiden Besucher gründlich 82
ab und sorgte immer wieder für Gesichtsmassage. Es dauerte nicht lange, bis die Männer husteten und Wasser spuckten. Sie schlugen die Augen auf und machten keineswegs einen hypnoti sierten Eindruck. »Ich handle hier aus verzweifelter Notwehr«, verkündete Lady Agatha genußvoll, »am liebsten würde ich vor Angst schreien.« Die Gemaßregelten wollten eindeutig etwas sagen, zumindest aber protestieren, doch immer dann, wenn sie den Mund öffne ten, schoß ein scharfer Wasserstrahl in die entsprechende Höh lung und ertränkte jedes Wort. Die beiden Kerle zappelten wie Fische auf dem Zementboden, drehten die Köpfe weg und wurden doch immer wieder von dem harten Wasserstrahl erwischt. »Einen Stuhl oder Hocker, Kindchen«, bat Lady Simpson, »ich möchte mich setzen, ich habe viel Zeit.« Kathy Porter besorgte eine passende Kiste, auf der ihre Chefin Platz nahm. Sie weichte die beiden Eindringlinge weiter ein und ignorierte ihre Bemühungen, etwas zu sagen. Was eine Lady Simpson tat, tat sie immer voll und ganz. * Butler Parker befand sich bereits im Hospital und hatte sich im Magazin, das sich im Kellergeschoß des riesigen Hauses befand, entsprechend ausstaffiert. Er trug einen weißen Ärztekittel, der seinen Universal-Regenschirm verdeckte. Seine Kopfbedeckung hatte Parker ein wenig getarnt. Er hatte eine Chirurgenkappe ü ber die Wölbung der schwarzen Melone gestreift und bot das Bild eines imponierenden Facharztes, der sich zur mitternächtlichen Visite anschickte. Parker wußte in etwa, wo er Martin D. Pinner fand. Dieser Mann lag mit Sicherheit in der Inneren Abteilung des Hauses, das Zim mer wurde garantiert von einem Polizeidetektiv überwacht. Parker benutzte ungeniert den Fahrstuhl, in dessen Kabine eine Übersicht der Abteilungen ausgehängt war. Er ließ sich in das dritte Stockwerk tragen, stieg aus und schritt hinüber zur Inneren Abteilung. Als er um eine Biegung des Korridors kam, stieß er auf eine energisch aussehende Nachtschwester, die ihn völlig entgeis tert musterte. »Ist Sir Rupert bereits anwesend?« fragte Parker höflich, aber 83
bestimmt. »Sir Rupert?« Die Nachtschwester schüttelte den Kopf. »Erwarten Sie ihn bitte am Fahrstuhl«, redete Parker weiter, »wie geht es Mr. Pinner?« »Ich wollte gerade zu ihm, Sir.« »Löblich, sehr löblich«, antwortete der Butler, »er steht hoffent lich unter strengster Aufsicht?« »Aber ja«, reagierte die Schwester beeindruckt, »ein Kriminal beamter sitzt vor der Tür.« »Ausgezeichnet«, meinte Parker, »denken Sie an Sir Rupert. Wo finde ich den Patienten Pinner?« »Gleich drüben im Quergang, Sir. Wer ist, bitte, Sir Rupert?« »Sie kennen Sir Rupert nicht?« Parker sah die Schwester ta delnd an. »Man scheint Sie über gewisse Veränderungen in der Leitung noch nicht orientiert zu haben. Melden sie sich nachher bei mir.« Er ging weiter und ließ eine leicht ratlose, nachdenkliche Frau zurück, die sich dann aber entschloß, zu den Fahrstühlen zu ge hen, um dort auf den angekündigten Sir Rupert zu warten. Parker hatte eine Pendeltür hinter sich und bog in den Quergang ein. Er bekam gerade noch mit, wie zwei Krankenpfleger in weißen Kit teln sich in ein Krankenzimmer schoben. Rein zufällig entdeckte der Butler einen Mann, der es sich unter einer langen Sitzbank bequem gemacht zu haben schien. Er lag ausgestreckt unter die ser Bank und schlief wohl. Parker erreichte die angelehnte Tür und beobachtete die beiden Krankenpfleger, die am Fußende eines Betts standen und einen unentschlossenen Eindruck machten. Sie schienen mit den Kissen in ihren Händen nichts anfangen zu können. Im Bett lag Martin D. Pinner, der Manager der InterportReederei. Er war wach geworden und starrte die Krankenpfleger an. Er richtete sich etwas auf. »Was soll das?« fragte er, »wer sind Sie?« »Mr. Pinner?« fragte einer der beiden Pfleger durchaus höflich. »Natürlich, Pinner«, bestätigte der Manager und richtete sich ahnungsvoll noch weiter auf, »wo ist der Beamte? Wie kommen sie überhaupt hier rein?« »Wir sollen Sie pflegen«, meinte der zweite Mann und hob sein Kissen. Er stelzte um das Fußende des Bettes herum, eindeutig in der Absicht, das Kissen auf Martin D. Pinners Gesicht zu drücken. 84
»Sind Sie verrückt?« stieß der Manager hervor, »was soll denn das? Wer sind Sie eigentlich?« »Der Meister hat uns geschickt«, erwiderte der erste Kranken pfleger eindringlich, »der Meister, Mr. Pinner. Wir sollen es Ihnen bequem machen.« »Hauen Sie ab«, stöhnte Pinner, »Hilfe… Hiiilfe!« Sein Hilferuf erstickte unter einem Kissen. Der zweite Pfleger hatte es ihm aufs Gesicht gedrückt und stemmte sich mit beiden Händen auf die weiche Fülle. Pinner strampelte mit den Beinen und versuchte sich zu wehren, schaffte es jedoch nicht, gegen das Kissen anzukommen. Sein bandagierter Arm erwies sich als großes Hindernis. »Der Meister läßt grüßen«, sagte Parker und betrat vollends das Krankenzimmer, »der Meister haßt Übertreibungen, meine Her ren.« Die beiden Krankenpfleger drehten sich langsam um und starr ten den Butler irritiert an. Parker sah auf den ersten Blick, daß sie unter Hypnose standen. »Der Meister erwartet mich«, redete Parker höflich und ein dringlich weiter, »bringen Sie mich sofort zu ihm. Der Meister will es.« »Der Meister?« Der erste Krankenpfleger nickte zögernd. »Der Meister!« Parkers Stimme klang beschwörend, »wir alle müssen ihm gehorchen. Gehen wir…« Es war verblüffend. Die Männer schienen plötzlich vergessen zu haben, warum sie in diesem Zimmer waren und warum sie Kissen in Händen hielten, Sie ließen sie einfach zu Boden fallen und verschwanden aus dem Krankenzimmer. »Der Meister hat andere Aufgaben für uns«, erklärte Josuah Parker, der hinter ihnen blieb, »wir müssen uns beeilen, den Meister darf man nie warten lassen.« Die Nachtschwester schluckte vor Aufregung, als die drei Män ner ihr entgegenkamen. »Wer sind die beiden?« fragte sie unruhig. »Ich habe sie hier noch nie gesehen.« »Fragen Sie Sir Rupert«, schlug Parker vor, »und überlegen Sie sich inzwischen, wieso zwei Krankenpfleger hier Dienst tun, die Sie offensichtlich nicht kennen. Man wird eine Erklärung von Ih nen erwarten!« 85
Sie überlegte bereits, als der Fahrstuhl sich absenkte und seine Insassen nach unten beförderte. * Die beiden nächtlichen Besucher waren auch innerlich restlos aufgeweicht. Lady Agatha hatte die Kneippkur vorerst beendet und den Männern gestattet, sich aufzusetzen. Da das Wasser recht kalt gewesen war, schienen die Besucher zudem leicht zu frösteln. »Machen wir es kurz«, schlug, Agatha Simpson leutselig vor, »sagen Sie mir, wer Sie geschickt hat. War es der Meister, wie dieser Lümmel sich nennt? Oder war es Fulwell?« Die beiden Männer zeigten verkniffene Gesichter und antworte ten nicht. »Oder sind Sie nur völlig normale Einbrecher?« tippte die Lady an. Noch zeigte sie kaum Ungeduld. »Nor… Normale Einbrecher«, sagte einer von ihnen fast erleich tert. »Aha, und darum sind Sie also bis an die Zähne bewaffnet. Ich glaube, ich werde Ihnen Manieren beibringen müssen. Wie den ken Sie darüber, Kindchen? Sie sind doch hoffentlich nicht ande rer Meinung.« »Eine Lektion haben die beiden schon verdient, Mylady«, ant wortete Kathy Porter. »Ich überlege gerade, ob sie nun in ihre eigenen Messer fallen, oder sich mit beiden Schußwaffen verletzen, Kathy.« »Hören Sie, Lady, was soll das heißen?« fragte der Gangster, der bereits schon mal geantwortet hatte. Seine Stimme klang heiser, was auf keinen Fall mit der gerade überstandenen Was serkur zusammenhängen konnte. »Warten Sie es ab, junger Mann!« Agatha Simpson hatte be reits einen der beiden kurzläufigen Revolver in der Hand und spielte offenbar ahnungslos an dieser Waffe herum. Es ergab sich fast von allein, daß die Mündung auf den Wortführer gerichtet war. Der Marin bekam es mit der Angst zu tun und rutschte ein wenig zur Seite. »Passen Sie. auf, Lady«, sagte er, »das Ding kann losgehen.« »Wirklich?« Agatha Simpson drückte ab und fuhr entsetzt zu 86
sammen, als der Schuß sich löste. Das Geschoß jagte dicht am Oberkörper des Gangster vorbei und landete klatschend in einer Kiste. Der Mann warf sich mit erheblicher Spätzündung zur Seite und starrte die ältere Dame entsetzt an. »Hoppla«, meinte die Detektivin unbeeindruckt, »das hätte ins Auge gehen können. Aber weiter! Sie sind also normale Einbre cher?« »Lady, legen Sie das Ding weg«, bat der Gangster, als die Frau wieder begeistert mit der Waffe hantierte. »Haben Sie etwa Angst, junger Mann?« Sie lächelte kühl und widmete sich dem Mann, der bisher geschwiegen hatte. »Sind Sie nicht doch geschickt worden?« »Ich möchte lieber gehen, Mylady«, entschuldigte sich Kathy Porter hastig und eilte zur Tür, »Sie wissen, ich kann kein Blut sehen.« »Seien Sie nicht so empfindlich, Kindchen«, antwortete Lady Agatha belustigt, »beim letzten Mal traf ich nur zufällig’ eine Kniescheibe, erinnern Sie sich?« »Und einen Unterkiefer, Mylady«, meinte Kathy Porter und schüttelte sich deutlich, »bitte, ich möchte gehen. Ich könnte ja schon Verbandsmaterial holen.« »Gehen Sie, Kindchen, ich weiß, Sie haben schwache Nerven.« Agatha Simpson sah Kathy gespielt kopfschüttelnd nach. Als die Tür sich geschlossen hatte, widmete sich die resolute Dame wie der den beiden Männern, die nur normale Einbrecher sein wollten. Sie hatten natürlich keine Ahnung, daß dieses Gespräch nichts anderes als eine gekonnte Show darstellte. »Wir sind unter uns«, stellte Lady Agatha fest und spielte wie der munter mit der Waffe, »gehen wir also noch mal durch. Und sollte sich zufällig ein Schuß lösen, müssen Sie das entschuldigen. Eine hilf- und wehrlose Frau wie ich kennt sich eben nicht aus.« Sie hatte den Satz kaum beendet, als sich der zweite Schuß lös te. Der Mann, der sich bisher ausgeschwiegen hatte, stöhnte, als das Geschoß seine Hüfte passierte. »Hören Sie auf, aufhören!« Er lehnte sich entsetzt zurück. »Wir sagen aus, Lady! Wir reden, wirklich, aber legen Sie das Ding weg. Sie bringen uns sonst noch um…« »Hoffentlich können Sie mich überzeugen«, erwiderte Agatha Simpson, »ich bin eine sehr skeptische Frau.«
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*
»Hier wohnt der Meister«, sagte einer der beiden Männer, die im Fond von Parkers hochbeinigem Monstrum saßen. Der Butler vorn am Steuer hielt und wunderte sich ein wenig. Sein Wagen stand vor einem dreistöckigen Haus in Westend, in einer Woh nung, die man als teuer und exklusiv bezeichnete. Er beugte sich etwas vor und entdeckte links vom Eingang eine Bronzetafel. Die Aufschrift besagte, daß hier ein Doktor William Tooting seine Pra xis betrieb. William Tooting war laut Unterzeile auf der Tafel Psy chiater. »Hier wohnt der Meister«, sagte Parker, »warten Sie, ich werde uns melden.« Josuah Parker konnte beruhigt aussteigen und gehen, denn die hinteren Wagentüren waren fest geschlossen. Zudem hatte er die schußsichere Trennscheibe zwischen Fond und Fahrerteil hochfah ren lassen. Die beiden Männer konnten den Wagen also auf kei nen Fall ohne seine Erlaubnis verlassen. Parker stand vor der Haustür und klingelte. Daß die beiden Hypnotisierten ihn hierher dirigiert hatten, wunderte ihn ein we nig. Der Name des Arztes war bisher noch nicht genannt worden. Sollten die beiden Männer ihn genarrt haben? Schritte waren zu hören, Licht wurde eingeschaltet. Parker trat ein wenig zur Seite und hob die Spitze seines UniversalRegenschirms. »Ja, bitte, was kann ich für Sie tun?« fragte ein mittelgroßer, schlanker Mann und rückte seine Brille zurecht. »Doktor Tooting?« fragte Parker erst mal zurück. »Okay. Sie haben Glück, daß ich noch auf bin. Um was geht es denn?« »In meinem Wagen sitzen zwei Herren, die Ihrer sicher wertvol len Hilfe bedürfen«, erklärte Josuah Parker, »ich fand sie in einer Verfassung, die ich als Laie nur als irregulär bezeichnen kann.« »Sie fühlen sich nicht gut?« »Ich meinte eigentlich mehr die beiden Herren, Doktor. Sie wollten unbedingt zu ihrem Meister gebracht werden.« »Dann sind sie richtig«, schaltete sich in diesem Moment eine Stimme ein, die dem Butler nicht ganz unbekannt war. Hinter der halb geöffneten Tür schob sich Brian Fulwell vor. Er hielt einen 88
schallgedämpften Revolver in der Hand, dessen Lauf auf Parker gerichtet war. »Das möchte ich eine Überraschung nennen«, sagte Parker, »Sie erlauben wahrscheinlich nicht, daß ich eine Hand rühre?« »Kommen Sie rein, Parker«, schlug Fulwell vor, »Sie haben die beiden Typen also doch noch abfangen können? Ist Pinner ge schafft worden?« »Mr. Pinner befindet sich in einem Zustand, den man nicht als erfreulich bezeichnen kann«, schwindelte Parker, »ein Notarzt bemüht sich gerade um eine Belebung.« »Kommen Sie, bleiben Sie nicht draußen stehen! Und keine Mätzchen, Parker, diesmal lasse ich mich nicht wieder überra schen…« »Mit Ihrer gütigen Erlaubnis, Sir.« Parker schob sich an Tooting vorbei in die kleine Halle. Der Psychiater machte einen ängstli chen Eindruck, starrte Fulwell an und hatte Schweißperlen auf der Stirn. Er schloß die Tür, als Fulwell ihn mit einer entsprechenden Kopfbewegung dazu aufforderte. »Erstklassige Arbeit, Tooting«, sagte der Gangster, »Ihre beiden Leute haben prächtig gespurt.« »Sie brachten mich also im Rahmen einer Vorprogrammierung hierher?« wunderte sich der Butler und sah den Arzt an. »Sie sollten Sie hierherbringen, Parker, falls Sie versuchen wür den, nach dem Meister zu fragen«, meinte Fulwell amüsiert, »ich hatte mir ja gleich gedacht, daß Sie im Hospital aufkreuzen wür den.« »Dann stehe ich also tatsächlich dem Meister gegenüber?« staunte Parker überdeutlich. »Das ist der Meister, Parker.« Fulwell deutete auf den Arzt, dem man die Verlegenheit deutlich ansah. »Überrascht, wie?« »Eine Überraschung, möchte ich in der Tat einräumen«, ge stand Josuah Parker, »ich möchte nur meiner Verwunderung dar über Ausdruck verleihen, daß ein Mediziner sich dazu hergibt, für Sie, Mr. Fulwell, zu arbeiten.« »Freiwillig habe ich es nicht…« »Halten Sie den Mund, Doktor«, herrschte Fulwell den Arzt rüde an, »los, Parker, rauf in die Praxis des Meisters! Dann sehen wir weiter.« »Ihr Wunsch ist mir in Anbetracht der Waffe natürlich Befehl, Mr. Fulwell«, antwortete Josuah Parker, »leider scheint Ihre 89
Rechnung aufzugehen.« »Jetzt etwa dürften die Lady und ihre Sekretärin außer Gefecht gesetzt worden sein«, meinte Fulwell genußvoll. »Ein Hinweis, der meine Wenigkeit schaudern läßt«, bekannte der Butler. »Sie haben Ihre Leute nach Shepherd’s Market ge schickt?« »Und in die Curzon Street zu Rander«, bestätigte Fulwell, »ich mache jetzt reinen Tisch.« »Um endlich ungestört arbeiten zu können?« »Worauf Sie sich verlassen können, Parker. Um ein Haar hätten Sie mir die ganze Tour vermasselt.« »Darf man erfahren, welche Absichten Sie hegen?« erkundigte sich der Butler höflich. Man hatte die seriös eingerichtete Praxis des Arztes erreicht. »Doc Tooting besorgt mir ‘ne ganze Armee von Lieferanten«, antwortete Fulwell triumphierend, »er hypnotisiert bestimmte Typen, die dann anschließend für mich arbeiten.« »Diese kleine Armee von Hypnotisierten sollen für Sie Beute machen, Mr. Fulwell, wenn ich nicht sehr irre?« »Richtig, Parker. Sie werden stehlen wie die Elstern, aber sie werden sich nicht mit Kleinigkeiten begnügen.« »Sie werden verstehen, daß meine bescheidene Wenigkeit die sen Hinweis nicht zu fassen vermag.« »In meinen Peep-Shows kommen alle Arten von Typen vor«, schickte Fulwell mokant lächelnd voraus, »ich sortiere die Bur schen genau durch. Und die, die in den richtigen Stellungen sind, werden von meinem Meister entsprechend präpariert und schar ren zusammen, was immer an wertvollem Zeug sie finden. Ein völlig risikoloses Geschäft für mich.« »An dem Sie Doktor Tooting beteiligen, Mr. Fulwell?« »Eben nicht. Tooting ist froh, wenn ich den Mund halte.« »Sie erpressen ihn demnach, wenn ich dies recht verstanden habe?« »Warum ließ er sich auch in meinen Peep-Shows blicken?« frag te Fulwell und grinste anzüglich. »Zuerst wollte ich ihn ja ganz normal hochnehmen und zur Kasse bitten, aber dann hörte ich, daß er hypnotisieren kann. Wissen Sie, Parker, in diesem Moment hatte ich die richtige Eingebung.« »Pinner erging es wohl ähnlich, Mr. Fulwell?« »Der mußte ja auch unbedingt in meine Peep-Show«, sagte der 90
Gangster, »wie auch dieser Ballert. Ich hatte plötzlich genau die Räume, die ich brauchte. Im >Sexyland< wird die Polizei nie et was finden. Da ist alles in bester Ordnung.« »Sie haben also nur notgedrungen mitgemacht, Doktor Too ting?« erkundigte sich der Butler. »Ich wollte…« »Halten Sie doch endlich das Maul, Tooting«, herrschte Fulwell ihn an, »der Meister bin immer noch ich!« »Und dieser Meister schickte die bisherigen Opfer auf eine Art Prüfstand, wie ich vermuten darf?« »Richtig, Parker, was da bisher gelaufen ist, war nur ein Test. Aber jetzt werde ich voll einsteigen. Sie ahnen ja nicht, was an Typen sich in meinen Peep-Shows einfindet, ich brauche nur zu wählen.« »Und Doc Tooting findet dann heraus, welche Besucher sich zum Hypnotisieren eignen?« »So läuft das, Parker. Ist Ihre Neugier jetzt befriedigt?« »In sogenannten großen Zügen schon, Mr. Fulwell. Weitere Ein zelheiten könnten Sie dann später der Polizei gegenüber mittei len.« »Polizei?« Fulwell grinste. »Kommen Sie mir nicht mit Tricks! Sie sind reif wie Ballert und Pinner…« »Warum diese beiden Morde?« fragte Parker und verschwieg, daß Pinner nichts geschehen war. Ihm ging es darum, den Arzt zu schocken. »Sie waren schon zu oft hier in der Praxis«, sagte Fulwell ab winkend, »ich wollte kein Risiko eingehen, denn gerade Ballert ist ja immerhin schon mal bei einem anderen Arzt gewesen, der die Sperre durchbrochen hat.« »Zwei Morde, für die Sie sich verantworten werden«, stellte Parker fest und nahm zur Kenntnis, daß eine majestätische Er scheinung hinter dem Gangster auftauchte. Der Arzt nahm ruck artig den Kopf herum und starrte Lady Simpson an, die gezielt nach einer Glasschale langte und eine Spritze hochnahm. »Drei oder noch mehr Morde, was soll’s?« sagte Fulwell, »gleich sind Sie an der Reihe.« »Mylady dürften etwas dagegen haben, Mr. Fulwell.« »Kommen Sie mir bloß nicht mit diesen uralten Tricks, Parker«, antwortet der Gangster und lachte breit. »Sie erwarten doch wohl nicht, daß ich mich jetzt umdrehe, o 91
der?« »Es wäre aber empfehlenswert, Mr. Fulwell.« »Lady Simpson ist aufgetaucht, wie? Und diese Kathy Porter und dieser Anwalt, ja?« »Dies entspricht in der Tat den Gegebenheiten.« »Mit mir machen Sie das nicht«, entrüstete sich Fulwell, »und Sie, Tooting, machen gefälligst nicht mit, klar?« »Hinter Ihnen… «, stotterte der Arzt beeindruckt. Hinter der äl teren Dame waren Kathy Porter und Mike Rander aufgetaucht. Rander hielt eine Schußwaffe in der rechten Hand. »Wir werden runter in den Keller gehen, sobald Sie Ihre Spritze haben, Parker«, meinte der Gangster ärgerlich, »ich will jetzt endlich Schluß machen.« Genau in diesem Moment holte Agatha Simpson weit aus und… rammte die Injektionsnadel tief in den Rücken des Gangsters, der unwillkürlich aufjaulte und seine Waffe verriß. Butler Parker lang te mit dem Schirm kurz und konsequent zu; worauf Fulwell tat sächlich Schluß machte. »Alles eine Frage der Kombination«, äußerte die Detektivin am anderen Morgen zu Chief-Superintendent McWarden, »als Fulwell Mr. Parker im Sexyland niederschießen lassen wollte, Sie wissen, diese drei Killer, McWarden, nicht wahr, also von diesem Moment an war mir klar, daß Fulwell der Täter war. Es stimmt doch, Mr. Parker, nicht wahr?« »So erlaubte ich mir, Mylady, mich auszudrücken«, erklärte der Butler und reichte den unvermeidlichen Tee. »Mr. Parker hatte in der Praxis dieses Tooting natürlich keine Chance, wenn ich nicht rechtzeitig erschienen wäre«, redete die ältere Dame weiter, »nun, die beiden Subjekte, die in Shepherd’s Market in meine Arme liefen, nannten mir die Adresse dieses Psy chiaters.« »Ihr Auftreten, Mylady, wirkte bereinigend«, bedankte sich Par ker. »Ich beeilte mich«, berichtete Agatha Simpson weiter, »es war gut, daß ich das Steuer meines Landrovers übernahm, sonst wä ren wir nicht rechtzeitig bei Tooting erschienen.« »Es war eine sehr schnelle Fahrt, nachdem Sie mich in der Cur zon Street aufgepickt hatten«, erinnerte der Anwalt. »Es war eine Meisterleistung«, pflichtete Kathy Porter dem An walt bei. 92
»Nur vier demolierte Wagen und zwei zu Bruch gekommene Streifenwagen«, faßte McWarden mit süß-saurer Miene zusam men, »ich fand die Berichte heute morgen auf meinem Schreib tisch.« »Kleinigkeiten«, sagte die ältere Dame wegwerfend, »es ging um ein Menschenleben… Die beiden Männer in meinem Haus sag ten mir nämlich, wo man Parker festhalten würde.« »Wenn es erlaubt ist, Mylady, möchte ich mich zutiefst und noch mal bedanken«, schickte Parker voraus, »meine Wenigkeit hatte das Glück, in der Praxis des Doktor Tooting nur warten zu müssen.« »Während wir im Landrover saßen«, sagte Mike Rander iro nisch. »So wollen Sie doch verstanden werden, Parker, oder?« »Man scheint meine Worte falsch zu interpretieren«, antwortete der Butler. Und dann geschah etwas sehr Seltenes: Der Anflug eines feinen Lächelns war um seine Augenwinkel wahrzunehmen. »Lächeln Sie etwa, Mr. Parker?« grollte die Hausherrin. »Es handelt sich nur um den Ausdruck tiefster Rührung und Dankbarkeit, Mylady«, versicherte Parker und wandte sich ab, um nicht noch mehr in Versuchung geführt zu werden.
ENDE Nächste Woche erscheint BUTLER PARKER Auslese Band 224 Günter Dönges
PARKER läßt die »Zulus« tanzen
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