Organisation Theorie, Design und Wandel
Gareth R. Jones Ricarda B. Bouncken
Organisation Theorie, Design und Wandel 5., aktualisierte Auflage
ein Imprint von Pearson Education München • Boston • San Francisco • Harlow, England Don Mills, Ontario • Sydney • Mexico City Madrid • Amsterdam
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Die Informationen in diesem Buch werden ohne Rücksicht auf einen eventuellen Patentschutz veröffentlicht. Warennamen werden ohne Gewährleistung der freien Verwendbarkeit benutzt. Bei der Zusammenstellung von Texten und Abbildungen wurde mit größter Sorgfalt vorgegangen. Trotzdem können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Verlag, Herausgeber und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autor dankbar. Es konnten nicht alle Rechteinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt. Authorized translation from the English language edition, entitled ORGANIZATIONAL THEORY, DESIGN AND CHANGE, 5th Edition by JONES, GARETH R., published by Pearson Education, Inc, publishing as Prentice Hall, Copyright © 2007 by Pearson Education, Inc. All rights reserved. No part of this book may be reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopying, recording or by any information storage retrieval system, without permission from Pearson Education, Inc. GERMAN language edition published by PEARSON EDUCATION DEUTSCHLAND GMBH, Copyright © 2008. Alle Rechte vorbehalten, auch die der fotomechanischen Wiedergabe und der Speicherung in elektronischen Medien. Die gewerbliche Nutzung der in diesem Produkt gezeigten Modelle und Arbeiten ist nicht zulässig. Fast alle Produktbezeichnungen und weitere Stichworte und sonstige Angaben, die in diesem Buch verwendet werden, sind als eingetragene Marken geschützt. Da es nicht möglich ist, in allen Fällen zeitnah zu ermitteln, ob ein Markenschutz besteht, wird das ®-Symbol in diesem Buch nicht verwendet. Umwelthinweis: Dieses Produkt wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschrumpffolie – zum Schutz vor Verschmutzung – ist aus umweltverträglichem und recyclingfähigem PE-Material. 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 11 10 09 08
ISBN 978-3-8273-7301-4 © 2008 Pearson Studium ein Imprint der Pearson Education Deutschland GmbH, Martin-Kollar-Straße 10-12, D-81829 München/Germany Alle Rechte vorbehalten www.pearson-studium.de Lektorat: Mailin Bremer,
[email protected] Korrektorat: Dunja Reulein, München Einbandgestaltung: Thomas Arlt,
[email protected] Herstellung: Elisabeth Prümm,
[email protected] Satz: mediaService, Siegen (www.media-service.tv) Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell (www.KoeselBuch.de) Printed in Germany
Inhaltsübersicht Vorwort
19
Teil I
Organisationen und ihre Umwelt
23
Kapitel 1
Begriff und Effektivität von Organisationen
25
Kapitel 2
Stakeholder, Manager und Ethik
83
Kapitel 3
Management in einer sich wandelnden globalen Umwelt
133
Teil II
Organisationsgestaltung
Kapitel 4
Grundlegende Herausforderungen bei der Organisationsgestaltung
231
Gestaltung der Organisationsstruktur: Autorität und Kontrolle
301
Gestaltung der Organisationsstruktur: Spezialisierung und Koordination
347
Kapitel 7
Aufbau und Lenkung der Unternehmenskultur
407
Kapitel 8
Organisationsgestaltung und -strategie in einem sich verändernden globalen Umfeld
461
Organisationsgestaltung im Kontext von Kompetenzen und Technologien
543
Kapitel 5 Kapitel 6
Kapitel 9
229
INHALTSÜBERSICHT
6
Teil III
Wandel von Organisationen
595
Kapitel 10
Typen und Formen von organisationalem Wandel
597
Kapitel 11
Transformationsprozesse von Organisationen: Gründung, Wachstum, Rückgang und Auflösung
653
Kapitel 12
Entscheidung, Lernen und Wissensmanagement
705
Kapitel 13
Innovation, Intrapreneurship und Kreativität
791
Kapitel 14
Konfliktmanagement, Macht und politische Prozesse
881
Glossar
935
Firmenregister
961
Personenregister
967
Sachregister
969
Inhaltsverzeichnis Vorwort
19
Zum Gebrauch dieses Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
Teil I
Organisationen und ihre Umwelt
Kapitel 1
Begriff und Effektivität von Organisationen
1.1 1.2
1.3
Was ist eine Organisation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Wie erschaffen Organisationen Werte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Wieso existieren Organisationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Organisationskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Organisationsgestaltung und -veränderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 1.1: Aus der Praxis – Apple und Dell . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Gestaltung und Wandel von Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.5 Folgen schlechter Organisationsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 1.2: Aus der Praxis – Chrysler und Daimler . . . . . . . . . . . Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Ansatz externer Ressourcen: Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 1.3: Aus der Praxis – Mattel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Ansatz interner Systeme: Innovation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Technischer Ansatz: Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 1.4: Aus der Praxis – FedEx und UPS . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Messung der Effektivität anhand von Zielen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.5 Aufbau dieses Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kapitel 2 2.1
2.2
Stakeholder, Manager und Ethik
Stakeholder einer Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Interne Stakeholder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 2.1: Aus der Praxis – Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Externe Stakeholder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 2.2: Aus der Praxis – Southwest Airlines . . . . . . . . . . . . . Effektivität von Organisationen: Zufriedenstellung von Stakeholdern . . . . 2.2.1 Konfliktäre Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Verteilung von Erträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 2.3: Aus der Praxis – Columbia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23 25 26 31 34 40 42 43 44 50 52 57 58 59 60 61 63 64 65 66 68 83 85 85 87 90 91 94 95 97 98
INHALTSVERZEICHNIS
2.3 2.4
2.5
2.6
Topmanager und Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Gruppe des Topmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipal-Agenten-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Grundlagen der Prinzipal-Agenten-Theorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Moral-Hazard-Problem zwischen Aktionären, Aufsichtsrat und Vorstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Lösungsmöglichkeiten für das Agenten-Problem zwischen Aufsichtsrat und Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topmanager und Ethik der Organisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Ethische Grundeinstellungen und Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Ethische Werte und Stakeholder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 2.4: Aus der Praxis – Gilette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 Quellen von Ethik in Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 2.5: Aus der Praxis – Kinderarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.4 Warum entwickeln sich ethische Regeln? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5 Wieso tritt unethisches Verhalten auf? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung einer ethischen Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Gestaltung und Kontrolle ethischer Grundregeln . . . . . . . . . . . . .
Kapitel 3 3.1
3.2 3.3 3.4
3.5
8
Management in einer sich wandelnden globalen Umwelt
Was ist die Umwelt einer Organisation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Spezifische Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Generelle Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 3.1: Aus der Praxis – General Electric . . . . . . . . . . . . . . . Theorie der Ressourcenabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 3.2: Aus der Praxis – Avon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interorganisationale Strategien bei Ressourcenabhängigkeiten . . . . . . . . . Strategien bei komplementären Interdependenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Entwicklung einer hohen Reputation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Kooptation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Strategische Allianzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4 Langfristige Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.5 Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.6 Minoritätseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.7 Joint Venture . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.8 Zusammenschlüsse und Übernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strategien bei kompetitiven Interdependenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Kollusion und Kartelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Interessenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3 Strategische Allianzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.4 Merger & Acquisitions und Übernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99 101 103 104 105 106 108 110 111 112 116 116 117 119 122 124 124 133 134 137 140 144 149 151 153 155 155 156 156 158 159 160 162 163 163 164 165 166 167
Inhaltsverzeichnis
3.6
3.7 3.8
Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interdependenzen . . 3.6.1 Quellen von Transaktionskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Transaktionskosten und Beziehungen zwischen Unternehmen . . 3.6.3 Bürokratiekosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.4 Transaktionskostentheorie zur Wahl interorganisationaler Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 3.3: Aus der Praxis – Ekco . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 3.4: Aus der Praxis – Li & Fung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Management der Beziehungen in Kooperationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1 Unterscheidungsmerkmale bei Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.2 Spezialformen von Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kooperationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.1 Beziehungs- und Leistungsebene im Kooperationsmanagement . . 3.8.2 Macht und Abhängigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.3 Evolution von Kooperationsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.4 Kooperationsmanagement unter Beachtung von Lebenszyklus und Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.5 Ergebnisbeurteilung in Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.6 Organisation der Kooperationsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Teil II
Organisationsgestaltung
Kapitel 4
Grundlegende Herausforderungen bei der Organisationsgestaltung
4.1 4.2
4.3
4.4 4.5
Prolog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Differenzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 4.1: Aus der Praxis – Lounge Bar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Aufgabenbezogene Stellen und Rollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Funktionen und Divisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Differenzierung in der Lounge-Bar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Vertikale und horizontale Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Balance zwischen Differenzierung und Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Integration und Integrationsinstrumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 4.2: Aus der Praxis – Amgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Prozesse als Ansatzpunkt zur Integrationsverbesserung . . . . . . . . 4.3.3 Differenzierung versus Integration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Balance zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung. . . . . . . . . . . . . . Beispiel 4.3: Aus der Praxis – United Way und Union-Pacific . . . Balance zwischen Standardisierung und gegenseitiger Abstimmung . . . . . 4.5.1 Formalisierung: Niedergeschriebene Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Sozialisierung: Gemeinsam verstandene Normen. . . . . . . . . . . . . . 4.5.3 Standardisierung versus wechselseitige Anpassung. . . . . . . . . . . .
168 169 174 176 176 178 182 183 184 194 201 201 202 203 205 210 211
229 231 232 234 236 239 241 247 247 253 256 260 263 270 271 273 275 276 276 278
9
INHALTSVERZEICHNIS
4.6 4.7 4.8 4.9
Kurzformeln für die Praxis: Die Gestaltungsherausforderung . . . . . . . . . . Mechanistische Strukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organische Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussagen der Kontingenztheorie für die Organisationsgestaltung. . . . . . . 4.9.1 Lawrences und Lorschs Erkenntnisse zur Differenzierung, Integration und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.9.2 Burns und Stalker: Organische versus mechanistische Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 4.4: Aus der Praxis – McDonald’s . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kapitel 5 5.1
5.2
5.3 5.4
5.5 5.6 5.7
Weisungsbefugnisse und Autorität: Wie und warum entsteht eine vertikale Differenzierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Entstehung der Hierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Größen- und Umfangseinschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Probleme der steilen Hierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 5.1: Aus der Praxis – DuPont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4 Parkinsons Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.5 Ideale Anzahl an Hierarchieebenen und minimale Weisungskette . . Beispiel 5.2: Aus der Praxis – EMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6 Kontroll- und Leitungsspanne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontrolle: Die Hierarchie beeinflussende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Horizontale Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Zentralisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzformeln für die Praxis: Autorität und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipien der Bürokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 5.3: Aus der Praxis – General Mill . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Vorteile der Bürokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 Management by Objectives . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzformeln für die Praxis: Bürokratie wirkt positiv auf Organisationen . . Einfluss der informellen Organisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 5.4: Aus der Praxis – Gipsfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IT, Empowerment und autonome Teams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kapitel 6 6.1
6.2 6.3
10
Gestaltung der Organisationsstruktur: Autorität und Kontrolle
Gestaltung der Organisationsstruktur: Spezialisierung und Koordination
Funktionale Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Vorteile der funktionalen Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Kontrollprobleme bei einer funktionalen Struktur . . . . . . . . . . . . 6.1.3 Lösung von Kontrollproblemen in funktionalen Strukturen . . . . Kurzformeln für die Praxis: Funktionale Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von der funktionalen zur divisionalen Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Übergang zur divisionalen Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
280 280 282 284 284 288 290
301 302 303 304 307 308 311 312 313 313 316 317 319 321 323 323 329 331 332 334 335 336 337
347 348 351 352 355 355 356 357
Inhaltsverzeichnis
6.4 6.5
Divisionale Struktur I: Drei Arten der Produktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenhang zwischen Produktstruktur und Produktmanagement . . . . 6.5.1 Produktdivisionsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.2 Multidivisionale Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 6.1: Aus der Praxis – General Motors . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.3 Produktteamstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 6.2: Aus der Praxis – Chrysler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Divisionale Struktur II: Geografische Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 6.3: Aus der Praxis – Wal-Mart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7 Divisionale Struktur III: Kundenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 6.4: Aus der Praxis – Die Mellonbank . . . . . . . . . . . . . . . 6.8 Kurzformeln für die Praxis: Veränderung der organisationalen Struktur . . 6.9 Matrixstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9.1 Vorteile der Matrixstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9.2 Nachteile der Matrixstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9.3 Multidivisionale Matrixstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9.4 Hybride Strukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.10 Netzwerkstrukturen und grenzenlose Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.10.1 Vorteile der Netzwerkstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.10.2 Nachteile der Netzwerkstrukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.10.3 Grenzenlose Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.10.4 E-Commerce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
359 361 364 367 369 377 379 381 383 384 386 387 387 389 391 392 393 395 396 397 398 398
Kapitel 7
407
7.1 7.2
7.3 7.4
7.5 7.6 7.7
Aufbau und Lenkung der Unternehmenskultur
Was ist Unternehmenskultur? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 7.1: Aus der Praxis – Corning Glass Works und Vitro . . . Beispiel 7.2: Aus der Praxis – BankAmerica und Security Pacific . . Kulturvermittlung an Organisationsmitglieder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Sozialisation und Sozialisationstaktiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Geschichten, Rituale, Unternehmenssprache und Nostalgie . . . . . Beispiel 7.3: Aus der Praxis – SiteROCK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzformeln für die Praxis: Analyse der Unternehmenskultur . . . . . . . . . . Wie entsteht eine Organisationskultur? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Eigenschaften der Menschen innerhalb einer Organisation . . . . . . 7.4.2 Organisationsethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 7.4: Aus der Praxis – Google . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 7.5: Aus der Praxis – Beech-Nut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.3 Verfügungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 7.6: Aus der Praxis – Bimba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4 Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann die Organisationskultur gesteuert werden?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzformeln für die Praxis: Gestaltung der Unternehmenskultur. . . . . . . . Gesellschaftliche Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.1 Ansätze für gesellschaftliche Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.2 Warum gesellschaftliche Verantwortung übernehmen? . . . . . . . . . Beispiel 7.7: Aus der Praxis – betapharm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
408 412 413 418 418 424 428 430 431 431 432 433 436 437 441 442 444 446 447 448 449 451
11
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 8 8.1
8.2 8.3
8.4 8.5
8.6 8.7
8.8 8.9
12
Organisationsgestaltung und -strategie in einem sich verändernden globalen Umfeld
461
Strategie und Strategisches Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.1 Schulen und Klassifikationen innerhalb der Strategielehre . . . . 8.1.2 Marktorientierter Ansatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.3 Ressourcenorientierter Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.4 Kernkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.5 Charakteristika von Kernkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.6 Arten von Kernkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.7 Quellen von Kernkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.8 Globale Expansion und Kernkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vier Strategieebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionale Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Porters Strategien zur Kostensenkung und Differenzierung . . . . . Beispiel 8.1: Aus der Praxis – Google . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.2 Funktionale Strategie und Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . 8.3.3 Funktionale Strategie und Unternehmenskultur . . . . . . . . . . . . . . Kurzformeln für die Praxis: Funktionale Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschäftsfeldstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.1 Strategien zur Kostensenkung und Produktdifferenzierung . . . . . 8.5.2 Strategie zur Konzentration auf Schwerpunkte . . . . . . . . . . . . . . 8.5.3 Geschäftsfeldstrategie und Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . Beispiel 8.2: Aus der Praxis – Kodak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.4 Geschäftsfeldstrategie und Organisationskultur . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 8.3: Aus der Praxis – AHP und Monsanto . . . . . . . . . . . Kurzformeln für die Praxis: Geschäftsfeldstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unternehmensstrategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.1 Vertikale Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.2 Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.3 Unternehmensstrategie und Organisationsstruktur. . . . . . . . . . . . Beispiel 8.4: Aus der Praxis – Hitachi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.4 Unternehmensstrategie und Organisationskultur . . . . . . . . . . . . . Kurzformeln für die Praxis: Unternehmensstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . Länderübergreifende Strategieimplementierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9.1 Implementierung einer multinationalen Strategie. . . . . . . . . . . . . 8.9.2 Implementierung einer internationalen Strategie . . . . . . . . . . . . . 8.9.3 Implementierung einer globalen Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9.4 Implementierung einer transnationalen Strategie . . . . . . . . . . . . .
462 469 470 472 475 476 478 479 482 485 488 489 492 493 496 498 498 499 502 502 507 508 509 510 511 511 514 515 518 519 521 522 524 527 528 529
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 9 9.1 9.2 9.3
9.4 9.5
9.6
9.7 9.8 9.9
Organisationsgestaltung im Kontext von Kompetenzen und Technologien
543
Was ist Technologie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 Beispiel 9.1: Aus der Praxis – Ford . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Technologie und Effektivität von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548 Joan Woodwards Theorie der technischen Komplexität . . . . . . . . . . . . . . . 551 9.3.1 Technologien zur Einzelfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 9.3.2 Technologien zur Herstellung großer Einheiten und Massenproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 Beispiel 9.2: Aus der Praxis – Krispy Kreme . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 9.3.3 Kontinuierliche Prozesstechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 9.3.4 Technologische Komplexität und Organisationsstruktur . . . . . . . . 557 9.3.5 Der technologische Imperativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 Routineaufgaben und komplexe Aufgaben: Theorie von Charles Perrow . . . 561 9.4.1 Aufgabenvariabilität und Aufgabenanalysierbarkeit . . . . . . . . . . . 562 Formen von Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 9.5.1 Routinebasierte Technologien und Organisationsstrukturen . . . . . 566 9.5.2 Nicht routinebasierte Technologien und Organisationsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 Aufgabeninterdependenzen: Die Theorie von James D. Thompson . . . . . . 568 9.6.1 Mediierende Technologien und gepoolte Interdependenzen. . . . . 570 9.6.2 Langfristig verbundene Technologien und sequentielle Interdependenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 9.6.3 Intensive Technologien und reziproke Interdependenzen . . . . . . . 574 Beispiel 9.3: Aus der Praxis – Microsoft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Kurzformeln für die Praxis: Analyse von Technologie. . . . . . . . . . . . . . . . . 577 Von der Massenproduktion zur weiterentwickelten Produktionstechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 Neue Produktionstechnologien: Innovationen in der Fertigungstechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 9.9.1 Computer-basiertes Design. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 9.9.2 Computer-basierte Logistik und Materialmanagement . . . . . . . . . 582 9.9.3 Just-in-Time-Konzept im Lagermanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 9.9.4 Flexible Produktion und computergestützte Fertigung . . . . . . . . . 584 Beispiel 9.4: Aus der Praxis – Motorola . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585
13
INHALTSVERZEICHNIS
Teil III
Wandel von Organisationen
Kapitel 10
Typen und Formen von organisationalem Wandel
595 597
10.1 Was ist organisationaler Wandel?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598 10.1.1 Ziele des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599 10.2 Veränderungskräfte und Widerstand gegen organisatorischen Wandel . . . 603 10.2.1 Triebkräfte des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 Beispiel 10.1: Aus der Praxis – Nike, Reebok und Adidas . . . . . . 606 10.2.2 Widerstand gegen Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 10.2.3 Organisationale Ebene des Widerstands gegen Veränderung . . . . 608 10.2.4 Widerstand auf der Ebene von Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 10.2.5 Widerstand auf individueller Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 10.2.6 Lewins Modell der Veränderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 10.3 Kurzformeln für die Praxis: Kräfte für und gegen Wandel . . . . . . . . . . . . . 612 10.4 Evolutionärer und revolutionärer Wandel in Organisationen . . . . . . . . . . 612 10.4.1 Evolutionäre Veränderung im Sinn der soziotechnischen Systemtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 10.4.2 Total Quality Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614 Beispiel 10.2: Aus der Praxis – United Technologies . . . . . . . . . . 615 10.4.3 Teamstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 Beispiel 10.3: Aus der Praxis – Globe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619 10.4.4 Umsetzung des radikalen Wandels durch Reengineering . . . . . . . 620 Beispiel 10.4: Aus der Praxis – Hallmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 10.4.5 Restrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624 10.4.6 Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 10.5 Management des Wandels durch Aktionsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 10.5.1 Diagnose des Status quo in der Organisation. . . . . . . . . . . . . . . . . 629 10.5.2 Bestimmung des zukünftigen erwünschten Zustands. . . . . . . . . . 630 10.5.3 Implementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 10.5.4 Bewertungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633 10.5.5 Institutionalisierung des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634 10.6 Kurzformeln für die Praxis: Gestaltung des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . 634 10.7 Organisationsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635 10.7.1 Techniken zur Bewältigung von Wandelbarrieren . . . . . . . . . . . . 636 10.7.2 Organisationsentwicklung zur Verbesserung des Wandels. . . . . . 639
14
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 11
Transformationsprozesse von Organisationen: Gründung, Wachstum, Rückgang und Auflösung
11.1 Lebenszyklen von Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Gründung von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.1 Entwicklung eines Businessplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 11.1: Aus der Praxis – Andrew Carnegie . . . . . . . . . . . . . 11.3 Populationsökologisches Modell der Gründung von Organisationen . . . . . 11.3.1 Gründungsrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.2 Überlebensstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.3 Prozess der natürlichen Selektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Institutionalistische Theorie zur Erklärung des Organisationswachstums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.1 Isomorphismen von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Nachteile durch Isomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Greiners Modell des organisationalen Wachstums. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.1 Phase 1: Wachstum durch Kreativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.2 Phase 2: Wachstum durch Lenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.3 Phase 3: Wachstum durch Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.4 Phase 4: Wachstum durch Koordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.5 Phase 5: Wachstum durch Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6 Kurzformeln für die Praxis: Gründung und Wachstum von Unternehmen . . 11.7 Rückgang und Auflösung von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.7.1 Effektivität und Profitabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.7.2 Trägheit von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.7.3 Veränderungen in der Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.7.4 Weitzel und Jonssons Modell zum Rückgang von Organisationen. . Beispiel 11.2: Aus der Praxis – Nissan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.8 Kurzformeln für die Praxis: Rückgang von Organisationen . . . . . . . . . . . . .
Kapitel 12
Entscheidung, Lernen und Wissensmanagement
12.1 Organisationale Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Modelle organisationaler Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1 Das rationale Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.2 Das Carnegie-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 12.1: Aus der Praxis – General Electric . . . . . . . . . . . . . . 12.2.3 Das inkrementalistische Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.4 Das unstrukturierte Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.5 Das Garbage-Can-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 12.2: Aus der Praxis – Microsoft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Wesen organisationalen Lernens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.1 Arten organisationalen Lernens nach March . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.2 Ebenen zur Förderung des organisationalen Lernens . . . . . . . . . . . 12.4 Wissen und Wissensmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 Originär organisationale Wissensgenerierung: ein integriertes Modell . . . . 12.5.1 Mentale Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5.2 Integrierte Arbeitsteiligkeit von mentalen Modellen . . . . . . . . . . . 12.5.3 Diffusion geteilter mentaler Modelle und Handlungsschemata . . 12.5.4 Gemeinsame Konstruktion von mentalen Modellen . . . . . . . . . . .
653 654 656 657 660 663 663 665 667 671 673 674 675 676 677 679 680 681 682 683 684 687 688 689 692 695 705 706 708 708 711 713 715 716 717 718 720 721 722 728 733 736 737 738 739
15
INHALTSVERZEICHNIS
16
12.6 Wissensmanagement und Informationstechnologien . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 12.3: Aus der Praxis – Accenture . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7 Faktoren organisationalen Lernens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7.1 Organisationales Lernen und kognitive Strukturen. . . . . . . . . . . . 12.7.2 Arten kognitiver Verzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7.3 Kognitive Dissonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7.4 Kontrollillusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7.5 Häufigkeit und Repräsentativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 12.4: Aus der Praxis – Webvan & Co. . . . . . . . . . . . . . . . 12.7.6 Projektion und Ego-Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7.7 Übersteigerung des Engagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8 Verbesserung von Entscheidungen und Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8.1 Strategien für organisationales Lernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8.2 Anwendung der Spiel-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8.3 Topmanagement-Teams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8.4 Überzeugende Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8.5 Des Teufels Advokat und die dialektische Frage. . . . . . . . . . . . . . 12.8.6 Parallele organisationale Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.9 Kurzformeln für die Praxis: Entscheidung und Lernen . . . . . . . . . . . . . . .
743 744 752 754 755 756 757 758 760 761 762 763 764 766 769 771 775 776 777
Kapitel 13
Innovation, Intrapreneurship und Kreativität
791
13.1 Innovation und technologischer Wandel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.1 Innovation und Absicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.2 Technologie- und Produktlebenszyklus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 13.1: Aus der Praxis – Die Rolling Stones . . . . . . . . . . . . Beispiel 13.2: Aus der Praxis – The GAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Strategische Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.1 Innovation, Intrapreneurship und Kreativität . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.2 Widerstände und Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.3 Innovationskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 13.3: Aus der Praxis – 3M . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.4 Promotoren und Champions. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Steuerung von Innovationsprozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.1 Projektmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.2 Trichter-Paradigma des Stage-Gate-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.3 Multiprojektmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.4 Funktionsübergreifende Teams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.5 Interkulturelle Innovationsteams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.6 Teamführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.7 Innovationsinseln und New-Venture-Divisionen . . . . . . . . . . . . . Beispiel 13.4: Aus der Praxis – Ford . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.8 Joint Venture . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.9 Innovationskooperationen und Innovation Value Chain . . . . . . .
792 800 802 806 810 816 819 824 825 830 832 834 835 841 844 846 849 851 854 854 856 857
Inhaltsverzeichnis
13.4 Kurzformeln für die Praxis: Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5 Innovation und Informationstechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5.1 Innovation und Informationssynergien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5.2 IT- und Organisationsstruktur sowie -kultur. . . . . . . . . . . . . . . . . .
864 865 866 869
Kapitel 14
881
Konfliktmanagement, Macht und politische Prozesse
14.1 Was sind Konflikte in Organisationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.1 Phase 1: Latente Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 14.1: Aus der Praxis – Kodak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.2 Phase 2: Wahrgenommene Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.3 Phase 3: Erlebter Konflikt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.4 Phase 4: Manifester Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.5 Phase 5: Nachwirkung von Konflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 14.2: Aus der Praxis – Morgan Stanley . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.6 Kurze Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Konfliktmanagement, Konfliktlösung und Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.1 Strukturebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.2 Individuelle Ebene samt ihrer Einstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3 Kurzformeln für die Praxis: Konflikt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4 Macht in Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5 Quellen von Macht in Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.1 Weisungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.2 Kontrolle über Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.3 Kontrolle über Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.4 Nichtsubstituierbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.5 Zentralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.6 Kontrolle von Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.7 Subtile Macht: Kontrolle über Prämissen des Entscheidungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.6 Einsatz von Macht: Politische Prozesse in Organisationen . . . . . . . . . . . . . 14.6.1 Taktiken bei politischen Spielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 14.3: Aus der Praxis – WorldCom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................................................... 14.6.2 Kosten und Nutzen von politischen Prozessen in Organisationen. . Beispiel 14.4: Aus der Praxis – Abfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.7 Kurzformeln für die Praxis: Macht und politische Prozesse . . . . . . . . . . . .
882 888 889 893 895 896 896 898 899 901 902 904 906 906 907 908 911 912 913 913 914
Glossar
935
Firmenregister
961
Personenregister
967
Sachregister
969
914 915 916 918 918 921 923 926
17
Vorwort Viele Fach- und Lehrbücher beschäftigen sich mit der Gestaltung und dem Wandel von Organisationen sowie der Organisationstheorie. Allein der Umfang des Buches deutet bereits darauf hin, dass hier ein breites Feld der Organisation abgedeckt wird. Die Besonderheit des vorliegenden Buches liegt darin, nicht nur einen dieser Komplexe anzugehen, sondern Organisationstheorien, Organisationsgestaltung und Wandelprozesse von Organisationen vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen zu erklären und Gestaltungsempfehlungen zu geben. Immer wieder stellt dieses Buch Verbindungen zwischen Organisationstheorien und Herausforderungen sowie Lösungen in Organisationen her. Der Leser versteht dadurch, dass Theorien nicht grau, sondern sehr lebendig, aktuell und hilfreich für die Lösung von Problemen in der Praxis sind. Das vorliegende Buch versteht sich explizit als Fach- und Lehrbuch für Praktiker und Studierende. Durch das Verständnis der Sachverhalte, Konzepte und Wirkungsbeziehungen soll es dazu beitragen, dass Führungskräfte, Mitarbeiter sowie Berater besser die Herausforderungen in modernen Organisationen lösen können. Eine weitere Besonderheit dieses Werkes ist die Verbindung typischer US-amerikanischer Präsentation von Inhalten und Vorgehensweisen der Organisation mit der deutschsprachig geprägten Organisationslehre. Dieses aus dem Englischen zunächst übersetzte und dann umfangreich adaptierte und weiterentwickelte Buch verbindet die Anforderungen, Konzepte und Lösungen aus beiden Kulturbereichen immer wieder synergetisch. Der Leser erhält einen breiten Blickwinkel auf Fragen und Lösungen der Organisationsgestaltung und den organisatorischen Wandel in einer globaleren Welt. Durch die Verankerung dieses Buches in zwei unterschiedlich geprägten Denkschulen bieten sich zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten für eine bessere Organisationsgestaltung und -transformation in modernen Organisationen, deren Aktivitäten Ländergrenzen überschreiten. Leser können sich insbesondere die Strukturen und Steuerungsmechanismen von realen Organisationen, die von der angelsächsischen und/ oder von der deutschen Organisationslehre geprägt sind, besser vorstellen, verstehen und darin erfolgreich agieren. Gerade deutsche Mitglieder in angelsächsisch geprägten Organisationen erkennen so deren Strukturen schneller und können besser mit ihnen umgehen und sie zudem positiv verändern.
VORWORT
Adaptionen und Erklärungen zu den unterschiedlichen Organisationskonzepten durchziehen das gesamte Buch. Sehr umfangreiche Veränderungen zu der US-amerikanischen Ausgabe liegen insbesondere zur Organisationsgestaltung – hier wird auf die Organisationsgestaltung nach deutscher Tradition eingegangen – sowie zum Management von Unternehmenskooperationen und zum Innovationsmanagement vor. Die Inhalte dieses Buches integrieren zudem durchgängig neue Tendenzen bei Strukturen und Prozessen von Organisationen. Die behandelten Themenfelder der vierzehn Kapitel sind in drei große Bereiche eingeteilt: 1.
Organisationen und ihre Umwelt
2.
Organisationsgestaltung
3.
Wandel von Organisationen
Die Ausführungen beginnen mit der Beschreibung von Organisationen und ihrem Verhalten in einer sie beeinflussenden Umwelt. Dabei soll der Leser auch verstehen, dass die Leistung von Organisationen aus verschiedenen Blickwinkeln und anhand unterschiedlicher Kriterien bewertet werden kann. Der zweite Teil des Buches hat die Organisationsgestaltung zum Inhalt. Drei der sechs Kapitel erklären den Kernbereich der organisatorischen Gestaltung. Der Erklärungsweg weicht dabei teilweise von der typischen deutschen Organisationslehre ab. Deshalb soll schon an dieser Stelle der Aufbau kurz angerissen werden. Begonnen wird mit Grundlagen der Organisationsgestaltung. Da hierbei die Aufgabenteilung von Organisationsmitgliedern einen hohen Stellenwert einnimmt, wird die organisationale Differenzierung inklusive ihre Konsequenzen im Hinblick auf zu viel oder zu wenig Aufgabenteilung besprochen. Hieran schließen sich Überlegungen zum Umfang der Formalisierung in Organisationen an. Mit der organisationalen Pyramide und der Verteilung von Weisungsrechten geht es weiter. Die typischen Fragen der organisationalen Integration und typischen organisationalen Strukturen behandelt das sechste Kapitel. Kulturelle Aspekte und Umsetzungsmöglichkeiten durch internationale Aktivitäten von Organisation führen den zweiten Teil des Buches weiter. Wenig behandelt werden in der deutschen Organisationslehre Aspekte des Einsatzes von Technologie und deren Implikationen auf die Organisation. Dies findet sich jedoch im neunten Kapitel dieses Buches.
20
Vorwort
Mit dem Wandel von Organisationen im weitesten Sinne beschäftigt sich der dritte Teil des Buches. Es werden Aspekte des organisationalen Wandels, die Strukturen und Verhalten betreffen, besprochen. Den weiteren Kontext dazu bildet das Kapitel 11 ab, in dem es um den Lebenszyklus von Organisationen geht. Hierdurch soll deutlich werden, dass Wandel nicht etwas Außergewöhnliches bei Organisationen ist und so jede Organisation Konzepte zur Handhabung und Verbesserung des Wandels verfolgen sollte. Nachdem nicht-deterministische Modelle der Entscheidungsfindung in Organisationen dargestellt werden, geht das zwölfte Kapitel auf die aktuelle Thematik des Wissensmanagements und des organisationalen Lernens ein. Konsequenterweise folgen darauf, im dreizehnten Kapitel, Innovationsprozesse. Hierin werden Grundprobleme und Lösungen im Innovationsmanagement besprochen. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit Problemen, die in der Zusammenarbeit zwischen Menschen unweigerlich auftreten: Konflikte, Macht und Politik. Der Leser versteht, welche Formen von Konflikten und Konfliktlösungen möglicht sind, worauf sich Macht gründet und welche politischen „Spiele“ in Organisationen auftreten. Insgesamt erlebt der Leser einen Rundgang durch Probleme und Lösungen bei der Organisationsgestaltung und dem organisatorischen Wandel, der immer wieder durch Beispiele und Einblicke in die Organisationspraxis "geerdet" und veranschaulicht wird. Darüber hinaus findet sich am Ende jedes Kapitels ein Abschnitt „Organisationstheorie und Praxis“, in welchem der Leser ermuntert wird, Szenarien aus der Praxis (in der Gruppe) entlang vorgegebener Fragen zu diskutieren und Sachverhalte aus der ethischen Perspektive zu betrachten. Diese Perspektive soll dazu anregen, dass Leser und Studierende sich allein oder in Gruppen darüber Gedanken machen, in welchen ethischen Dilemmata sich Organisationsmitglieder befinden können und wie sie diese gegebenenfalls lösen können. Schlussendlich wird der Leser dann in der Lage sein, Schritt für Schritt seine eigene Case-Study zu entwickeln. Dazu wählen die Bearbeiter eine reale Organisation aus, suchen nach Informationen zu der jeweiligen Thematik eines Kapitels und werten diese dann aus. Der Abschnitt „Organisationstheorie und Praxis“ erfordert viel Eigenleistung des Lesers, oft auch Rechercheleistungen. Dadurch eignet sich dieser Teil auch zum Einsatz in Übungen für Studierende.
21
VORWORT
Unterschiedliche Icons verdeutlichen zudem den Abschnitt „Organisationstheorie und Praxis“. Im Einzelnen stehen
die Luftballons für den Teilabschnitt „Diskutieren Sie!“,
das Augenpaar für den Abschnitt „Aus ethischer Sicht“, die Brücke für die Transferleistung im Teilabschnitt „Setzen Sie die Theorie um“,
die Figur für den Hinweis zur Erstellung der eigenen Case-Study im Abschnitt „Maßgeschneidert“ und
das Spielbrett für das „Gedankenspiel“, in welchem konkrete Fragestellungen zum vorangegangenen Kapitel noch einmal in Form von Übungen aufgegriffen werden.
Zum Gebrauch dieses Buches Dieses Buch verfolgt das Ziel, nicht nur Wissen zu präsentieren, sondern auch zum Reflektieren anzuregen sowie Gelerntes zu manifestieren. Aus diesem Grund sind alle Kapitel folgendermaßen aufgebaut:
Sie beginnen mit Lernzielen. Im Verlauf finden sich immer wieder kurze Fallbeispiele (Aus der Praxis) zur Illustration. Wie ein roter Faden zieht sich zudem ein fortlaufendes Fallbeispiel zu Amazon.com durch das gesamte Buch.
Nach wichtigen Abschnitten sind immer wieder „Kurzformeln für die Praxis“ eingebettet. Diese sollen Empfehlungen für die Praxis herausstellen und leichtes Erinnern ermöglichen.
Am Ende jedes Kapitels ist eine kurze Zusammenfassung zu finden an die sich Diskussionsfragen, auch im Sinne von Wiederholungsfragen anschließen.
Dahinter ist die oben bereits erwähnte Lehreinheit „Organisationstheorie und Praxis“ angesiedelt. Diese lässt sich in Übungen und Tutorien mit Studierenden einsetzen.
Den Abschluss eines jeden Kapitels bildet eine Fallstudie, die am Ende Verständnis- und Reflektionsfragen stellt.
Auf der Website zu diesem Buch finden Sie weitere Materialien: Neben zahlreichen ausführlichen Fallbeispielen unter anderem auch Foliensätze zum Einsatz in der Lehre und Multiple-Choice Aufgaben zum überprüfen des Erlernten. Das Companion-Website-Logo (CWS) verweist im Buch auf diese zusätzlichen Online-Materialien.
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TEIL I Organisationen und ihre Umwelt
1 Begriff und Effektivität von Organisationen . . . . . . . . . . . 25 2 Stakeholder, Manager und Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 3 Management in einer sich wandelnden globalen Umwelt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Begriff und Effektivität von Organisationen 1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 1.1: Aus der Praxis – Apple und Dell. . . . . . . . . . . . . . Beispiel 1.2: Aus der Praxis – Chrysler und Daimler. . . . . . . . .
1.3 Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte . . . Beispiel 1.3: Aus der Praxis – Mattel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 1.4: Aus der Praxis – FedEx und UPS . . . . . . . . . . . . .
1
26 40 50 58 59 61 65
ÜBERBLICK
1.1 Was ist eine Organisation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Lernziele Organisationen sind in vielen Bereichen menschlichen Lebens präsent. Sie bieten vielfältige Leistungen und Güter für Menschen. Organisationen existieren dabei in dynamischen Umfeldern und müssen kontinuierlich neue Probleme und Herausforderungen meistern. Manager sind dabei gefordert, immer wieder Lösungen zu finden, um die Herausforderungen zu überwinden und Probleme zu lösen, damit Organisationen überleben, wachsen und effektiv Leistungen erbringen. Nachdem dieses Kapitel durchgearbeitet wurde, sollten Sie: 1.
Erklären können, warum Organisationen existieren und welchen Zielen sie folgen.
2.
Aufzeigen können, in welcher Beziehung die unterschiedlichen Organisationstheorien, die organisationale Gestaltung sowie der organisationale Wandel zueinander stehen und welche Unterschiede zwischen Organisationsstrukturen und -kulturen vorliegen.
3.
Wissen, wie Manager Organisationstheorien und deren Erkenntnisse nutzen können, um Organisationen zu formen, zu verändern und dabei deren Effektivität zu steigern.
4.
Unterscheiden können, welche Möglichkeiten existieren, um die Effektivität von Organisationen zu bewerten und zu messen.
5.
Verstanden haben, welche verschiedenen Umweltfaktoren (Kontingenzfaktoren) die Gestaltung von Organisationen beeinflussen.
1.1
Was ist eine Organisation?
Nur sehr wenige Dinge sind heutzutage so wichtig und werden für so selbstverständlich genommen wie Organisationen. Obwohl Menschen immer wieder Güter und Dienstleistungen nutzen, die von Organisationen produziert wurden, bedenken sie selten, wie diese Produkte und Dienstleistungen überhaupt entstehen. Nachrichten und Werbung zeigen Fließbänder und Produktionsanlagen, die Automobile oder Computer produzieren. Zeitungen berichten darüber, dass Schulen oder Krankenhäuser neue Technologien wie das Internet oder Online-Learning nutzen, um ihre Produktivität zu steigern. Aber bei all dem wird nur sehr selten darüber reflektiert, wie Organisationen ihrem Geschäftszweck nachgehen und wie sie ihre Aufgaben organisieren. Meist denken Menschen nur dann über Organisationen nach, wenn dieselben in irgendeiner Art und Weise negativ auffallen, zum Beispiel wenn man
26
1.1 Was ist eine Organisation?
dazu gezwungen wird, mehrere Stunden im Krankenhaus in der Notaufnahme zu sitzen, bis endlich ein Arzt kommt, wenn der neue Computer zusammenbricht oder aber wenn man am Freitagabend in einer langen Schlange in der Bank warten muss. Immer wenn solche Ärgernisse auftreten, fragen wir uns, warum zum Beispiel das Krankenhaus uns dazu nötigt, mehr als 30 Minuten darauf zu verwenden, den Papierkram auszufüllen, und uns dann weitere anderthalb Stunden warten lässt, oder die Bank nicht antizipiert hat, dass am Freitagabend viele Kunden kommen, um Geld abzuheben. Wir wundern uns auch, warum Hard- und Softwarefirmen sich nicht darauf konzentrieren, höhere Qualität zu erzeugen, damit zum Beispiel Hardware stabiler wird oder Software weniger Fehler enthält, benutzerfreundlicher ist und weniger oft abstürzt. Die meisten Menschen haben vor allem deswegen eine sehr unbekümmerte Einstellung zu Organisationen, weil Organisationen schlecht sichtbar – intangibel – sind. Obwohl die meisten Menschen in eine Welt hineingeboren wurden, in der Organisationen existieren, lassen sich Organisationen nicht wirklich anfassen. Menschen sehen Produkte und Dienstleistungen, die von Organisationen produziert werden, und manchmal auch die Menschen, die für eine Organisation arbeiten, zum Beispiel beim Einkaufen im Einzelhandel die Verkäufer oder im Krankenhaus die Ärzte und Schwestern. Wie allerdings Dienstleistungen erstellt, gemanagt und Organisationsmitglieder beeinflusst werden, so dass sie überhaupt Leistungen produzieren können, ist meist nicht von außen sichtbar. Trotzdem ist die Verbindung von Menschen und materiellen Gütern der Kern des Organisierens und das, was letztlich Organisationen erbringen.1 Diese Ausführungen zeigen, dass Organisationen Systeme und Institutionen darstellen. Ein institutionelles Verständnis von Organisationen war viele Jahre lang in der deutschen Organisationslehre vorherrschend; mit dem Ziel, Strukturen und Prozesse von Organisationen zu verbessern, steht das Ergebnis des Gestaltungsprozesses – die Organisation – im Vordergrund der Überlegungen.2 Eng damit verbunden ist der instrumentelle Organisationsbegriff, der den Blickwinkel des Organisators einnimmt, dem Gestalter der Strukturen und Prozesse von Organisationen. Somit ist die Organisationsgestaltung ein Instrument der Führung. Einem funktionalen Organisationsbegriff folgend ist die Organisation eine Funktion der Unternehmensführung. Diese Funktion steht neben anderen Funktionen der Unternehmensführung (vorrangig der Planung und Kontrolle).3 Ferner existiert in der deutschen Organisationslehre der konfigurative Organisationsbegriff.4 Dieser steht im Gegensatz zum instrumentellen, von Kosiol geprägten Organisationsbegriff.5 Organisation umfasst bei Kosiol die dauerhafte Festlegung und Strukturierung
27
1
BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
von Arbeitsprozessen, die allen anderen Maßnahmen vorgelagert sind. Hierdurch erhält die Institution eine ganz besondere Form. Die Organisation ist damit eine langfristig gültige Strukturierung. Die Weiterführung der Gedanken von Kosiol führt zu dem heute stärker verwendeten institutionellen Organisationsbegriff. Bei diesem ist die Organisation das Ergebnis einer gründlich bedachten Strukturentscheidung zur Erreichung eines Ziels auf der Basis der Arbeitsteilung. Dieses Verständnis passt auch zu der in den USA gängigen Vorstellung von Organisationen als Mittel zur Verfolgung von Zielen, die typischerweise die Zusammenarbeit mehrerer Menschen umfassen. Auch dieses Buch folgt einem institutionellen Organisationsbegriff. Organisation Mittel, das von Menschen genutzt wird, um Aktivitäten zu koordinieren und um etwas zu erzeugen, was gewollt oder wertgeschätzt wird.
Organisationen werden hier als Vehikel und Systeme begriffen, die genutzt werden, um arbeitsteilige Aktivitäten zu koordinieren und um etwas zu erzeugen, das Menschen gerne haben wollen oder wertschätzen. Organisationen werden letztlich eingesetzt, um Ziele zu erfüllen. Sie werden von Menschen genutzt, die zum Beispiel
die Sicherheit einer Organisation schätzen, wie etwa die der Polizei, des Militärs oder einer Bank,
die Entertainment in Anspruch nehmen, wie etwa Filme oder Fernsehen sowie Computerspiele,
die ein Restaurant oder eine Bar besuchen oder die spirituelle oder emotionale Unterstützung suchen, zum Beispiel durch Kirchen oder andere soziale Dienstleistungen. All das führt dazu, dass Organisationen geschaffen werden und fortbestehen. Organisationen sind ein Instrument, damit Bedürfnisse von Menschen erfüllt werden. Allerdings geht mit der Bildung der Organisation auch der Prozess des Organisierens einher. Hierbei geht es darum, Strukturen, Prozesse und Regelungen zu schaffen, wie Aufgaben verteilt werden, wie Aufgaben ineinandergreifen, wer für Ressourcen und Handlungen verantwortlich ist. Organisationen sind nicht starr, sie sind vielfach im Wandel und müssen so neu organisiert werden. Organisationen entstehen kontinuierlich und benötigen dann die Herausbildung von Strukturen, Prozessen und Regelungen. Oft entstehen neue Organisationen, wenn neue Technologien auf den Markt kommen und dabei auch neue Bedürfnisse von Kunden gefunden und initiiert werden. Organisationen sind aber nicht zwingend über lange Zeit stabil. Organisationen lösen sich auf oder unterliegen Wandelprozessen, wenn Bedürfnisse von Kunden sich verändern oder durch andere Bedürfnisse ersetzt werden. Das Bedürfnis nach immer besseren und neuen Medikamenten hat zum Beispiel die Gründung von Biotechnologieunternehmen initiiert – Unternehmen, die vorher so nicht existierten. Die Anforderung, immer
28
1.1 Was ist eine Organisation?
größere Mengen von Informationen, meist digitale Daten, zu verarbeiten, führte zum Entstehen von jetzt sehr großen Unternehmen wie IBM, Microsoft, Apple und weiteren computerbasierten Firmen. Und umgekehrt hatte es zur Folge, dass Hersteller von nicht-digitalen Technologien, zum Beispiel von Schreibmaschinen, wirtschaftliche Probleme bekamen und aus dem Markt ausgeschieden sind. Auch Einzelhandelsund Großunternehmen wie zum Beispiel Wal-Mart, Marktkauf oder Rewe unterliegen kontinuierlichen Transformationsprozessen, die nicht immer erfolgreich sind, aber die darauf beruhen, dass sich die Welt und vor allem Konsumentenbedürfnisse ändern. Nun ist der Frage nachzugehen, wer überhaupt Organisationen gründet, die diese Bedürfnisse von Menschen, insbesondere von Konsumenten, erfüllen. Manchmal ist der Gründer ein einziges Individuum, manchmal sind es mehrere Menschen, die eine neue Idee entwickeln, die erforderlichen Ressourcen und das Wissen haben und dann eine Organisation aufbauen, die Produkte herstellt oder Services beziehungsweise Dienstleistungen anbietet. So konnten sich Dienstleistungsunternehmen wie zum Beispiel Coffeeshops (wie Starbuck’s oder Balzac Coffee), Internetshops (wie Yahoo! oder Google) sowie Designstudios oder Werbeagenturen entwickeln. Oft finden sich allerdings auch verschiedene Menschen als Gründerteam zusammen und schaffen dann gemeinsam ein neues Unternehmen. Dabei kommt es vor, dass vermögende Menschen gemeinsam investieren und zum Beispiel ein Urlaubsressort gründen und gar nicht selbst aktiv körperlich arbeiten, sondern ihr Geld arbeiten lassen, das dann die Aktivität einer Organisation finanziert. Menschen mit ähnlichen Einstellungen oder mit ähnlichem Glauben können auch Kirchen oder neue politische Parteien – letztlich auch Organisationen – gründen. Alles eben Beschriebene stellt schlussendlich Prozesse der Gründung von Organisationen dar. Auf Unternehmen bezogen spricht man von der Unternehmensgründung oder von Entrepreneurship. Entrepreneurship oder der Prozess der Unternehmensgründung beschreibt, wie mehrere Menschen neue Möglichkeiten identifizieren, um Kundenbedürfnisse zu befriedigen, und dann Ressourcen suchen, um diese Bedürfnisse zu erfüllen und dafür eine Organisation gründen.6 In den letzten Jahren wurden zahlreiche neue Unternehmen gegründet, sogar viele, die sehr schnell gewachsen sind. Sehr schnelles Wachstum erfuhren insbesondere Unternehmen, die neue Informationstechnologien nutzten, insbesondere während des großen Hypes der Internetfirmen von 1992 bis 2000. Ein Erfolgsbeispiel dafür ist Amazon.com. Amazon.com zeigt sehr deutlich, wie eine neue Technologie dazu geführt hat, dass Organisationen ihre interne Struktur veränderten und Werte schafften.7
Entrepreneurship Der Prozess, bei dem Menschen neue Möglichkeiten wahrnehmen, um Bedürfnisse zu erfüllen und Ressourcen zur Erreichung dieses Ziels einzusetzen.
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1
BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Fallstudie
Teil 1
Im Jahr 1994 graduierte Jeffrey Bezos als Informatiker und Elektrotechniker von der Princeton-Universität. Er war ziemlich schnell von der Arbeit als Investmentbanker an der Wall Street genervt. Vor dem Hintergrund seiner Informatikkenntnisse sah er eine Möglichkeit für eine Unternehmensgründung. Wenn man sich überlegt, dass zu dieser Zeit die Nutzung des Internets über 2.300 Prozent pro Jahr wuchs und mehr und mehr Menschen mitbekamen, dass das Internet große Vorteile hatte, wird das Potenzial deutlich. Als er darüber nachdachte, wie er seine Fähigkeiten im elektronischen Zeitalter der virtuellen Marktplätze nutzen könnte, kam er zu dem Schluss, dass der Buchmarkt vielleicht eine gute Möglichkeit darstellen würde. Also beschloss er, zunächst einmal eine Auszeit von seiner jetzigen Tätigkeit zu nehmen. Er packte sein Hab und Gut zusammen und fuhr mit dem Wagen an die US-amerikanische Westküste. Er wählte dabei die Route nach Seattle, das als Mekka für High-Tech-Unternehmen galt und das nebenbei auch der Heimatort von Starbuck’s Coffee ist. Er entschied, dass dies der ideale Platz sei, um sein Unternehmen zu gründen. Was war seine Vision für das neue Unternehmen? Er dachte an ein Online-Buchgeschäft, das sehr kundenfreundlich sein sollte, in dem man leicht auf der Internetseite navigieren könnte und das eine große Breite an Büchern anbieten würde.8 Bezos’ Idee war es, das Internet zu nutzen, um Produkte anzubieten, die bilden, informieren und inspirieren. Bezos merkte dabei, dass er im Vergleich zu den typischen „Buchhandlungen aus Stein- und Mörtel“ ein Online-Buchgeschäft entwickeln könnte, das eine sehr viel größere Buchbreite anbieten könnte. Darüber hinaus sollten die Onlinekunden in der Lage sein, ganz einfach mithilfe eines Internetkatalogs nach jedem Buch zu suchen. Und sie sollten verschiedene Interessengebiete durchsehen und sogar Beurteilungen von Büchern einsehen können. Dass seine Onlinekunden auch weitere Empfehlungen via Onlinemedium anbieten könnten, würde schließlich etwas sein, das den meisten Leuten in einem normalen Buchgeschäft verwehrt bliebe. Mit einer kleinen Handvoll Mitarbeiter, die von einer Garage aus Seattle heraus agierten, startete Bezos sein Unternehmen im Juli 1995 mit geliehenen 7 Millionen US-Dollar. Die Nachricht von seinem neuen Unternehmen verbreitete sich wie ein Lauffeuer über das Internet. Sehr schnell stiegen die Verkäufe seiner Bücher, insbesondere weil zufriedene Kunden die Neuigkeit im Internet verbreiteten und kommunizierten. Innerhalb weniger Wochen sah sich Bezos dazu gezwungen, an einen größeren Standort zu wechseln und mehr Mitarbeiter zu beschäftigen. Der Absatz seiner Bücher explodierte und sein neues Geschäft schien wirklich erfolgreich zu funktionieren.
30
1.1 Was ist eine Organisation?
1.1.1 Wie erschaffen Organisationen Werte? Organisationen existieren im Grunde, um Handlungen durchzuführen und um Werte zu erschaffen. Insbesondere bei Unternehmen geht es darum, Werte zu schaffen, die das langfristige Überleben der Organisation sicherstellen und dabei auch mehr Werte als Kosten realisieren. Werte werden in Organisationen auf vielfältige Weise – meist durch komplexe Vorgänge – erschaffen. Dennoch lässt sich dieser Prozess vereinfachend in Form von drei verschiedenen Stadien beschreiben: Input (Akquisition), Veränderung (oder Transformation) und (die Distribution von) Output. Jede dieser Prozessstufen wird von der Umwelt beeinflusst, in der die Organisation agiert. X Abbildung 1.1 zeigt schematisiert, wie Organisationen Werte schaffen. Input Input aus der Umwelt
Konversion Transformation und Werterzeugung
Rohmaterial
Maschinen
Kapital
IT
menschliche Ressourcen
menschliche Fähigkeiten
Informationen und Wissen bei Dienstleitungsunternehmen: Kunden
Umwelt Der Verkauf ermöglicht der Organisation den Kauf neuen Inputs
Output Output an die Umwelt
Kunden
Endprodukte
Aktionäre
Dienstleistungen
Lieferanten
Dividenden
Vertriebspartner
Gehälter
Regierung
Wertbeträge
Wettbewerber Abbildung 1.1: Wie Organisationen Werte erschaffen
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1
BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Inputs in Organisationen umfassen nicht nur humane Ressourcen (also Personal und Mitarbeiter), sondern auch materielle Ressourcen. Ressourcen sind also zum Beispiel Personal, Informationen, Wissen, Rohmaterialien sowie Geld und Kapital. Wie Organisationen aus der Umwelt Inputs erhalten und wie sie Güter und Dienstleistungen organisieren, übt einen nicht unerheblichen Einfluss auf ihren Erfolg aus. Jeffrey Bezos wählte beispielsweise ein sehr einfaches und benutzerfreundliches Design für seine Amazon.com-Website. Ferner entschied Bezos, nur hochqualifizierte Leute einzustellen, und er legte ein besonderes Augenmerk darauf, dass der Service so kundenfreundlich wie nur irgendwie möglich gestaltet war. Wenn er allerdings eine schlechte Wahl getroffen und die Kunden Amazon.com etwa wegen des Designs der Website oder des Kundenservice nicht gemocht hätten, dann wäre der Erfolg sicherlich ausgeblieben. Wie Organisationen Personal und Technologien einsetzen, um Inputs in Outputs zu transferieren, und wie viel Wert dabei geschaffen wird, trägt wesentlich zum Erfolg bei. Damit ist der geschaffene Wert einer Organisation letztlich eine Konsequenz aus der Qualität, den Fähigkeiten der Mitarbeiter, aber auch dem Bestreben, zu Lernen und auf die Umwelt zu reagieren. Zum Beispiel suchte Jeffrey Bezos intensiv nach dem besten Weg, um seine Produkte zu verkaufen und Kunden anzulocken. Dass er ein relativ breites Programm an Büchern zu recht günstigen Preisen anbieten und die Bücher sehr schnell zum Kunden liefern konnte, waren Erfolgstreiber. Bei Organisationen ist auch immer der Wachstums-, Wandel- und Entwicklungsaspekt zu berücksichtigen. Organisationen müssen ihre Erträge, zumindest einen Teil davon, immer wieder reinvestieren, um bestehende Leistungen zu verändern und neue Leistungen zu konzipieren. Damit setzt ein Wachstums-, Wandel- und Entwicklungsaspektprozess ein. Unternehmen, die kontinuierlich fähig sind, Kundenwünsche zu erfüllen und immer wieder Ressourcen und dabei vor allem auch neue Fähigkeiten aufzubauen, werden in der Lage sein, neue Werte und damit Wachstum zu generieren. Diese wiederum können das Portfolio an Fähigkeiten und Fertigkeiten der Organisation ergänzen.9 Amazon.com hat so von einem zum nächsten Schritt an Stärke gewonnen, vor allem weil die Kunden zufrieden waren und so immer wieder Rückflüsse und Erträge generiert werden konnten, mit denen Amazon wiederum seine eigenen Stärken verbessern und auch zusätzliche Leistungen anbieten konnte. Ein Modell der Input-Output-Nutzengenerierung kann ein Bild zeichnen, wie Organisationen Aktivitäten durchführen: Produktionsunternehmen wie z.B. die Daimler AG , General Motors (GM), IBM oder Siemens integrieren aus ihrer Unternehmensumwelt humane (Personal) und nicht humane Ressourcen (zum Beispiel Komponenten ihrer Zulieferer). Sie suchen ausgebildete Mitarbeiter, verwenden technisches Wissen und 32
1.1 Was ist eine Organisation?
materielle Ressourcen. Durch diese Zusammenführung und deren Veränderung generieren sie Werte. Werte entstehen, indem sie Fähigkeiten so organisieren und Inputs zu Outputs so transferieren, dass sie einen Nutzen für die Kunden haben. Dienstleistungsunternehmen, wie zum Beispiel McDonald’s und Amazon.com, aber auch karitative Dienstleistungen oder Gesundheitsdienstleister interagieren sehr direkt mit den Kunden. Letztlich sind ihre Kunden sogar gewissermaßen Inputs für ihre Leistungsprozesse. Wenn Menschen, die hungrig sind, zu McDonald’s gehen, oder Menschen zu einem Arzt oder ins Krankenhaus gehen, um dort behandelt zu werden, dann sind sie letztlich Input-Güter, weil an ihnen selbst eine Veränderung erfolgt. Deswegen sind Dienstleistungsunternehmen teilweise anders als Produktionsunternehmen organisiert. Man spricht bei der Produktion von Dienstleistungen auch von der Integration eines externen Faktors.10 Dieser externe Faktor – der Kunde – übt einen direkten Einfluss auf die Güte des Erstellungsprozesses aus. Die organisationalen Fähigkeiten setzen direkt an dem Kunden an, zum Beispiel um Hunger zu stillen, um sich um Familien zu kümmern oder um Menschen zu heilen. X Abbildung 1.2 zeigt, allerdings leicht simplifiziert, wie McDonald’s Werte schafft. Input bei McDonald’s
Konversion bei McDonald’s
Rohmaterial: Rindfleisch, Brötchen, Kartoffeln, Milch, Verpackungen
Maschinen (Grill, Toaster ...)
menschl. Ressourcen: Service-Mitarbeiter, Griller, Reinigungspersonal
IT: Bestell- und Lagersysteme
Informationen u. Wissen (Training, Wissen über Fast Food)
menschl. Fähigkeiten (angelernte und trainierte Mitarbeiter)
Kapital Kunden
McDonald’s Umwelt
McDonald’s Output
zufriedene Kunden
schnelles und günstiges Essen
potentielle Kunden
zufriedene Kunden
Lieferanten von Fleisch usw.
zufriedene Aktionäre
potentielle Mitarbeiter Hygienebestimmungen Wettbewerber (Burger King, Döner-Buden)
Abbildung 1.2: Generierung von Wertbeiträgen bei McDonald’s 33
1
BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
1.1.2 Wieso existieren Organisationen? Die Produktion von Gütern und Dienstleistungen erfolgt meist in einem organisationalen Umfeld – einem System –, in dem Menschen zusammenarbeiten und Leistungen gemeinsam erstellen. Aufgrund von Arbeitsteilung, Spezialisierungsvorteilen oder der Kapazitätserhöhung werden meist mehr Werte geschaffen, wenn Menschen zusammenarbeiten. X Abbildung 1.3 nennt fünf Gründe, warum Organisationen existieren. höhere Spezialisierung und Arbeitsteilung
Technologie Organisationen ermöglichen die gemeinsame Nutzung von:
Management der externen Umwelt
Wertbeiträge
Verringerung von Transaktionskosten
Macht und Kontrolle Abbildung 1.3: Gründe für die Existenz von Organisationen
Spezialisierung und Arbeitsteilung Ein Vorteil von Organisationen liegt darin, dass Menschen arbeitsteilig arbeiten können. Im Wege der Arbeitsteilung müssen nicht alle Mitarbeiter alles können. Stattdessen macht jeder das, was er gut oder sogar besser kann als andere. Organisationen erlauben so eine stärkere Spezialisierung in Verbindung mit der Aufteilung von Arbeitsaufgaben. Durch die Arbeitsteilung kann man unterschiedliche Begabungen, Qualifikationen und Ausbildungsstadien nutzen und kombinieren. Darüber hinaus können sich Mitarbeiter auch weiter spezialisieren. Menschen, die in Organisationen arbeiten, sind produktiver und effizienter, weil sie gemeinsam und arbeitsteilig arbeiten und nicht allein. Dadurch bieten Organisationen jedem Individuum die Chance des Aufbaus von Spezialisierungen, also Spezialkenntnissen, teilweise sogar relativ schmalen Spezialisierungen. Was sind nun aber Gründe dafür? Zum einen sind viele Tätigkeiten in Organisationen so anspruchsvoll und vielschichtig, dass ein Mensch alleine sie gar nicht bewältigen könnte.11 Denken Sie an die Herstel-
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1.1 Was ist eine Organisation?
lung eines Flugzeugs: Selbst wenn jemand Flugzeugbau studiert hat, würde er Jahrzehnte brauchen, bis er ein kleines Verkehrsflugzeug bauen könnte. Erleichtert wird dies, wenn dieser Flugzeugbauer vorproduzierte Komponenten anderer Organisationen zusammenbaut. Dennoch kann kaum davon ausgegangen werden, dass ein einzelner Mensch all diese Fähigkeiten des Zusammensetzens mitbringt, insbesondere nicht, wenn keine vorproduzierten Komponenten und Baupläne nutzbar sind. Zum anderen haben viele Tätigkeiten und Produkte Anforderungen, die ganz bestimmte Fähigkeiten und Begabungen voraussetzen. Dies gilt zum Beispiel für kognitive, künstlerische und handwerkliche (auch feinmotorische) Begabungen. Menschen sind zum Beispiel nicht gleichermaßen geeignet, Arbeitsgänge zu planen oder körperlich schwer zu arbeiten. Damit Organisationen effektiv arbeiten können, sollten Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Begabungen eingesetzt und weiter ausgebildet werden. Damit dies sehr zielorientiert und effektiv erfolgen kann, werden einzelne Arbeiten zu Aufgabenbündeln zusammengefügt. Auf diesem Wege werden dann auch die Arbeitsanforderungen zusammengefasst. Auf diese Bündel von Arbeitsanforderungen können dann Mitarbeiter entsprechend ihrer Begabungen und ihrer bisherigen Ausbildung weiter qualifiziert werden. Ferner können Organisationen Produkte und Dienstleistungen mit geringeren Kosten herstellen, wenn Mitarbeiter nur spezifische Elemente produzieren und Maschinen rational eingesetzt werden. In diesem Kontext kann Spezialisierung dazu führen, dass bestimmte eng begrenzte Aufgaben immer wiederkehrend mit geringerem Aufwand routinemäßig bewältigt werden. Für so spezialisierte Tätigkeiten benötigen Organisationen für ihre Mitarbeiter weniger Einarbeitungs- und Ausbildungszeiten als für ganzheitlichere Aufgaben. Dadurch entstehen vor allem Zeit- und Kostenvorteile. Diese werden noch weiter verbessert, weil Menschen durch Wiederholungen Lernvorteile generieren. So weiß zum Beispiel ein Mitarbeiter in der Produktion im Lauf der Zeit, wie er möglichst effizient Dinge herstellen kann; er weiß, wie er sich am besten bewegt und am schnellsten Handgriffe oder Überlegungen durchführt. Letztlich kann Spezialisierung auch bedeuten, dass Menschen ganz bestimmte Fähigkeiten sehr weit ausgebildet und spezifische Lerneffekte realisiert haben. Einige Fähigkeiten verlangen relativ lange Ausbildungszeiten und führen dazu, dass die Spezialisten anderen Menschen in bestimmten Bereichen überlegen sind und dass es recht lange braucht, bis andere Menschen diese Qualifikation aufgebaut haben. Die beiden letzten Gründe gehen also beide mit Lerneffekten einher. Organisationen erlauben und erfordern jedoch zunehmend, dass Mitarbeiter weiter spezialisiert und besser ausgebildet werden. Dies kommt der Produktivität des gesamten Unternehmens zugute. Man führe sich
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
beispielsweise Ingenieure vor Augen, die in einer Designabteilung eines großen Automobilherstellers, etwa Daimler oder BMW, tätig sind: Diese Mitarbeiter haben sich stark darauf spezialisiert, Design, Farbe, Form etc. der Automobile so zu verändern, dass diese beim Kunden eine hohe Wertschätzung finden und auch innovativ sind. Dagegen wäre ein Ingenieur, der nur für einen sehr kleinen Anbieter von Automobilen (z.B. Wiessmann) tätig ist, gegebenenfalls für das gesamte Design eines Autos oder den gesamten Motor zuständig. Weil der Ingenieur in der kleinen Firma so viele verschiedene Dinge tun muss, die sehr unterschiedlich sind, ist natürlich sein Spezialisierungsgrad sehr viel geringer als der eines Ingenieurs, der in einem großen Unternehmen arbeitet. Mit der Spezialisierung sind meistens Vorteile in Bezug auf die Qualität der Arbeit, aber auch hinsichtlich der Geschwindigkeit verbunden.
Technologie und Skaleneffekte Economies of Scale Kostenvorteile, die sich erzielen lassen, wenn Produkte und Dienstleistungen in großen Zahlen automatisiert produziert werden.
Economies of Scope Kostenvorteile, wenn eine Unternehmung in der Lage ist, ansonsten schlecht genutzte Ressourcen effizienter und im Verbund mit anderen einzusetzen.
Organisationen können Vorteile durch Skaleneffekte nutzen, die in der modernen Welt vor allem aus dem Einsatz automatisierter und IT-gestützter Technologien resultieren. Größenvorteile (Economies of Scale) sind Kostenvorteile, die sich erzielen lassen, wenn Produkte und Dienstleistungen in großen Zahlen automatisiert produziert werden. Skaleneffekte können auch in Form von Verbundsvorteilen (Economies of Scope) vorliegen. Dies kann der Fall sein, wenn Ressourcen über verschiedene Bereiche, Produkte oder Aufgaben hinweg genutzt werden. Skaleneffekte können zum Beispiel erreicht werden, wenn eine automatische Produktionsanlage verschiedene Typen von Produkten zur selben Zeit produzieren kann. Beispiele dafür sind Toyota und Honda (die sehr früh Automobile hergestellt haben), die auf großen Produktionsanlagen drei verschiedene Modelle anstatt nur ein Modell herstellen konnten. Ford und Daimler sind dem sehr schnell gefolgt und haben dadurch auch starke Effizienzvorteile erzielen können. Die Multimodell-Produktion ermöglicht Automobilherstellern niedrigere Produktionskosten, aber auch größere Flexibilität, um schnell von einem Modell zum anderen zu wechseln und dabei letztlich Kundenbedürfnisse zu erfüllen.
Management der externen Umwelt Organisationen und ihre Strukturen werden von der Umwelt und deren Herausforderungen beeinflusst; Organisationen sind offene Systeme. Die Umwelt einer Organisation umfasst ökonomische, politische und soziale Faktoren. Dies sind dann auch Felder, aus denen Organisationen Inputs erhalten (zum Beispiel Rohstoffe und vorproduzierte Komponenten von Lieferanten) oder in die sie Outputs abgeben (etwa Absatzmärkte). Das Management der Umwelt ist schwierig, denn die Umwelt ist, wie man sich vorstellen kann, sehr komplex. Einzelne Indi-
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1.1 Was ist eine Organisation?
viduen können diese komplexe Umwelt häufig gar nicht verstehen. Deswegen beschäftigen Organisationen oft mehrere Spezialisten, die analysieren, welche Umwelteinflüsse vorliegen und wie man auf Anforderungen der Umwelt reagieren kann. Meist arbeiten solche Mitarbeiter auf Assistenzstellen oder in Stabstellen, die im weiteren Verlauf dieses Buches noch erklärt werden. Diese Art der Spezialisierung erlaubt der Organisation wiederum, mehr Wert für sich selbst, ihre Mitglieder und die Kunden zu schaffen. Große Firmen wie zum Beispiel IBM, Siemens, BASF oder Ford haben ganze Abteilungen geschaffen, in denen Mitarbeiter und auch Führungskräfte dafür verantwortlich sind, die Umwelt zu überwachen und Aktivitäten zu entwickeln, um darauf reagieren können. Obwohl kleinere Firmen wie zum Beispiel Einzelhandelsgeschäfte oder Restaurants oft keine Abteilungen zur Umweltüberwachung und zur Strategieplanung institutionalisieren, haben die Eigentümer oder Manager meist selbst ein gutes Gespür dafür, welche Trends aufkommen und welche Veränderungen vorliegen, auf die sie reagieren müssen. Wenn sie das nicht hätten, würden ihre Organisationen nicht überleben.
Transaktionskosten Transaktionen betreffen den Austausch von Gütern und Dienstleistungen zwischen Individuen, Abteilungen und Organisationen – also Transaktionspartnern.12 Transaktionen lassen sich durch fünf Merkmale charakterisieren: 1.
Spezifität der Investitionen, die mit der Transaktion verbunden sind, also im Extrem eine (spezifische) Verwendbarkeit nur für diese Transaktion.
2.
Unsicherheit, die mit der Transaktion verbunden ist und die mit der Unvollständigkeit der Informationen der Beteiligten über die Umwelt einhergeht.
3.
Häufigkeit der Transaktion (Wiederholung der Transaktion zwischen den Partnern).
4.
Messbarkeit der Werte, die durch die Transaktion geschaffen werden (hierbei Messung der jeweiligen Beiträge der Partner und der durch die Transaktion geschaffenen Wertschöpfung).
5.
Interdependenzen mit anderen Transaktionen, weil Transaktionen in andere eingebettet sind und meist nicht autonom erfolgen.
Transaktionskosten Organisationskosten, die bei der Anbahnung, Verhandlung und Kontrolle von Austauschprozessen zwischen Akteuren entstehen.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Wenn Menschen zusammenarbeiten und Produkte beziehungsweise Services herstellen, tauchen naturgemäß viele Probleme auf. Wenn Sie das Ziel verfolgen, eine Transaktion besser erledigen zu können, müssen Sie immer darüber nachdenken, wie Sie eigene Aufgaben besser durchführen und wie Sie Aufgabenteile an andere Menschen sinnvoll verteilen können. Diese Überlegung bezieht sich letztlich auch darauf, wer welche Aufgabe auf welche Weise übernimmt und welche Gegenleistung, zum Beispiel in Form von Preisen oder Gehalt, er erhält.
Häufigkeit: Je öfter eine Transaktion stattfindet, umso eher ist eine feste Struktur zur Senkung der Transaktionskosten gerechtfertigt
Unsicherheit: Wenn Transaktionen bedeutsam und unsicher (ggf. Konditionen neu verhandelt) sind: Spezielle Organisationsform finden, die den Aufwand zukünftiger Verhandlungen reduziert Kriterien
Spezifität: Ausmaß, in dem die in Transaktion gebundenen Ressourcen hier einen höheren Wert besitzen als in einer anderen Verwendung oder für einen anderen Nutzer
Messbarkeit: Monetäre Bewertbarkeit der erbrachten Leistung
Abbildung 1.4: Transaktionskosten-Charakteristika
Die Koordination der Aufgaben verursacht Kosten. Solche Kosten, die im Grunde mit der Organisationsleistung und den Transaktionen verbunden sind, werden als Transaktionskosten bezeichnet. Beispiele hierfür sind Kosten der Informationssuche, Alternativenbewertung, Vertragsverhandlung, Kontrolle und Planung sowie der Anleitung und Koordination von Mitarbeitern. Bereits bevor man Arbeitsgänge durchführt, muss man sich darüber Gedanken machen, wer die Tätigkeiten ausführt. Somit entstehen Such- und Anbahnungskosten als Unterformen der Transaktionskosten. Durch die Auswahl von Menschen (zum Beispiel Mitarbeitern) oder anderen Organisationen (etwa Lieferanten) und das Aushandeln von Verträgen liegen beispielsweise Anbahnungskosten vor. Die Fähigkeit von Organisationen, Tauschprozesse zwischen Menschen zu überwachen, reduziert Fehler, die bei der Transaktion auftreten, und somit Fehlerkosten. Die Überwachung führt allerdings zu einer Unterkategorie von Transaktionskosten, den Kontrollkosten. Einen wesentlichen Einfluss auf die Reduzierung von Kontrollkosten hat die Standardisierung von Prozessen. In diesem Fall muss nicht für jeden einzelnen Vorgang neu bestimmt werden, wie er auszusehen hat. Einzelne Transaktionen finden immer wieder statt, es bilden sich Routinen und durch Wiederholung und Übung sinken die
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1.1 Was ist eine Organisation?
Kosten. Wenn Sie sich vorstellen, dass Sie jeden Tag neue Mitarbeiter beschäftigen würden und diese Tag für Tag nach neuen Verhandlungen bezahlen würden, dann stehen Sie vor dem Problem, immer wieder mit den Mitarbeitern zu diskutieren, wie die Arbeit gemacht werden soll, welche Aufgaben anfallen und mit wem man zusammenarbeitet. Eine gewisse Standardisierung, ein stabiles System, senkt dagegen Kosten. Trotzdem muss dieses System, letztlich auch die Organisationsstruktur, zunächst einmal überhaupt aufgebaut werden. Ferner müssen Mitarbeiter gefunden werden, die tatsächlich langfristig in diesen Strukturen arbeiten und diese oft spezifischen und fixierten Aufgaben erledigen. Indem diese Dinge im Wege des Organisierens festgelegt werden, kann man sehr viel besser auch die Leistung der Mitarbeiter kontrollieren. Die dem System inhärente Stabilität reduziert dann Transaktionskosten und erhöht die Profitabilität der Organisation. Transaktionskosten betreffen so insbesondere die Anbahnung (Kommunikation, Suche, Beratung, Vorbereitung), die Vereinbarung (Verhandlung, Rechtsberatung, Abstimmung), Abwicklung (Steuerung, Managementkosten der Führung und Koordination), Kontrolle (Qualität, Termine, Vorgaben) und Anpassung (Kosten aufgrund von Änderungen im Bereich Qualität, Zeit, Preis, Menge, Termin). Die Transaktionskostentheorie liefert insofern einen Orientierungsrahmen über mögliche Kosten, die gegebenenfalls zu verringern oder vermeiden sind, so dass die Organisation effektiver arbeitet.
Macht und Kontrolle Organisationen können einen gewissen Druck auf ihre Mitarbeiter ausüben, damit diese Aufgaben erledigen und Dinge effizient produzieren.13 Um eine Aufgabe effizient ausführen zu können, ist es wichtig, dass Menschen in einer definierten und so vorhersagbaren Weise arbeiten. Zudem ist es erforderlich, dass die Mitarbeiter sich im Interesse der Organisation verhalten und sie die Autorität der Organisation und der Manager akzeptieren. Letztlich existieren so Macht und Kontrolle in Organisationen. Wenn sie im Wege einer rationalen Organisation erfolgt, ist die Produktion meist günstiger und effizienter als ohne. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch, dass die rationale Organisation auch eine Bürde für die Individuen darstellt, die in diesen konformitätsfordernden Strukturen arbeiten müssen. Wenn Individuen für sich selbst arbeiten, dann müssen sie sich (nur) um ihre eigenen Bedürfnisse kümmern. Wenn sie dagegen in einem Unternehmen beziehungsweise in einer Organisation arbeiten, dann müssen sie immer im Auge behalten, was für Vorgaben in der Organisation existieren und welche neuen Anforderungen die Organisation stellt. Individuelle und organisationale Bedürfnisse müssen dabei zusammengebracht werden. Organisationen
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
können Menschen disziplinieren, wenn sie nicht den Vorgaben entsprechend arbeiten. Sie können auch besonders gute Leistungen belohnen. Weil gute Arbeitsbedingungen nicht selbstverständlich sind und Karrieren nicht automatisch eintreten, können Organisationen Belohnungs- und Karrierewege nutzen, um über diese Anreizmechanismen Macht auf Individuen auszuüben. Alles zusammengenommen können die folgenden fünf Faktoren
Spezialisierung und Arbeitsteilung Technologie und Skalen-Effekte Management der externen Umwelt Transaktionskosten Macht und Kontrolle
sehr gut bestimmen, warum Organisationen einen Nutzen generieren. Organisationen erschaffen darüber einen größeren Nutzen, als wenn Individuen alleine arbeiten. Die Stabilität, die eine Organisation durch ihre Strukturen bietet, erlaubt Organisationsmitgliedern eine Verbesserung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten und verhilft letztlich der Organisation dazu, ihre Werte und Nutzen zu steigern. So hat sich zum Beispiel Microsoft in den letzten 20 Jahren zur größten und mächtigsten Softwarefirma der Welt entwickelt, weil Bill Gates, der Gründer, eine Organisation geschaffen hat, in der Organisationsmitglieder die Freiheit innehaben, ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten einzusetzen und so zu verbessern, dass sie wertvolle neue Produkte generieren. Als Gegenbeispiele können WordPerfect, Lotus oder Novell genannt werden. Hier handelt es sich um Unternehmen, die große Probleme hatten und noch haben, weil sie eben nicht in der Lage waren, kundenorientiert Leistungen zu erbringen. Nun ist es aber wichtig, der Frage nachzugehen, wie eine Organisation gebildet werden kann, die mehr Werte schafft. Deshalb muss man sich damit beschäftigen, was Organisationstheorien, Organisationsgestaltung und organisatorischer Wandel bedeuten.
1.2 Organisationstheorien Beschäftigen sich damit, wie Organisationen funktionieren, wie sie die Umwelt beeinflussen und von ihr beeinflusst werden.
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Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
Organisationstheorien beschäftigen sich letztlich damit, wie Organisationen funktionieren, wie sie die Umwelt beeinflussen und wie sie von ihrer Umwelt beeinflusst werden.14 Dabei existieren sehr viele unterschiedliche, sogar miteinander kaum in Übereinstimmung zu bringende und konkurrierende Organisationstheorien, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen.15 Bereits kurz vorgestellt wurde die Transaktionskostentheorie. Hierbei handelt es sich um eine originär ökonomische Theorie, weil sie Kosten gegenüberstellt und einen relativ ratio-
1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
nalen Entscheider, den Homo oeconomicus, unterstellt. Der Homo oeconomicus hat wohlgeordnete Präferenzen. Das heißt er weiß, in welcher Reihenfolge er Lösungsalternativen bewertet und ist begrenzt rational. Da der Entscheider nicht alle Informationen hat und nicht alle Folgen seines Handels überblicken kann, ist er nicht vollständig rational, sondern begrenzt rational. Dieses Buch untersucht zunächst, welchen Prinzipien die Gestaltung (bzw. das Design), die Durchführung, der Wandel und die Reorganisation (bzw. das Re-Design) von Organisationen unterliegen und wie Organisationen letztlich ihre Effektivität steigern können. Ein erstes Ziel besteht darin zu verstehen, wie Organisation Kontrolle und Veränderung gestalten können, um effektiv Erträge und Ressourcen zu generieren. Das zweite Ziel dieses Buches liegt darin, den Leser mit Instrumenten auszustatten, mit denen er die Situation in Organisationen besser handhaben und gestalten – also managen – kann. Das Verständnis für Organisationsgestaltung und -veränderung ist für verschiedene Bereiche im Unternehmen und Hierarchieebenen bedeutsam; von Vorarbeitern über Abteilungsleiter bis hin zum Geschäftsführer oder zum Vorstandsvorsitzenden. Design und Re-Design sind bedeutsam in kleinen wie auch in großen Organisationen. Dies gilt für Unternehmen, die Gewinn (Profit) erzeugen wollen, und Non-ProfitOrganisationen, die keinen Gewinn erwirtschaften wollen. In diesem Buch wird der Begriff „Organisationen“ als Überbegriff verwendet. Organisationen umfassen dann Profit- und Non-Profit Organisation. Immer wieder wird in diesem Buch dann der Begriff Unternehmen verwendet, wenn es explizit um Profit-Organisationen geht. Allerdings wird oft auch von Organisation gesprochen (und damit der Überbegriff verwendet), selbst wenn es sich um ein Unternehmen handelt. Organisationsmitglieder und Führungskräfte (Manager), die sich mit organisationalem Design und der organisatorischen Veränderung (auch Wandel genannt) auskennen, sind in der Lage, Strukturen und Kulturen der Organisation, für die sie arbeiten, zu beurteilen. Sie können Probleme prognostizieren und Anpassungen vornehmen, die dann der Organisation dabei helfen, die Ziele zu erfüllen. X Abbildung 1.5 unterstreicht noch einmal die Beziehung zwischen Organisationstheorie, Struktur-/Kulturdesign und Wandel.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
1.2.1 Organisationsstruktur Organisationsstruktur Das formelle System von Aufgaben und Weisungsbeziehungen, die bestimmen, wie Organisationsmitglieder ihre Handlungen koordinieren und Ressourcen nutzen, um organisationale Ziele zu erreichen.
Sobald Menschen eine Organisation auf der Basis gemeinsamer Ziele gegründet haben, entsteht eine Organisationsstruktur, welche die Effektivität der Organisation steigern sollte. Die Organisationsstruktur ist das formelle System, das Aufgaben und Weisungsbeziehungen festlegt, das kontrolliert, wie Menschen ihre Aktivitäten koordinieren und wie sie Ressourcen nutzen, um die Ziele der Organisation zu erfüllen.16 Hauptziele der Organisationsstruktur sind Bildung eines Rahmens, einer Architektur, und die Entfaltung direkter wie indirekter Kontrolle. Kontrolle erstreckt sich über die Koordination von Aktivitäten von Menschen zur Erzielung von organisationalen Zielen und über die Mittel, die genutzt werden, um Menschen zu motivieren, die Ziele zu erfüllen.17 Microsoft geht das Kontrollproblem wie folgt an: Um die Wissenschaftler zu motivieren, werden kleine Teams gebildet, die selbstverantwortlich arbeiten und für ihren Erfolg mit Aktien von Microsoft belohnt werden. Die Basis dafür ist die Leistung des Teams und nicht des Individuums. Organisationstheorie Untersuchung wie Organisationen funktionieren und mit der Umwelt interagieren.
Organisationsstruktur Formale Aufgaben- und Wertestrukturen Kontrolle von Koordination und Motivation Reaktionen auf Einflüsse (Kontingenzen) aus Umwelt, Technologie und menschlichen Ressourcen Entwicklung im Laufe des Wachstums Änderung durch die Organisationsgestaltung
Organisationsgestaltung und Wandel Prozess bei dem Führungskräfte unterschiedliche kulturelle Werte, Strukturen und Prozesse festlegen Herstellung der Balance zwischen internen und externen Belastungen und Anforderungen zur Sicherung des langfristigen Wachstums Kontinuierliche Veränderung und Anpassung von Kultur, Struktur und Prozessen des Unternehmens um sich an Umweltveränderungen anzupassen
Organisationskultur Menge an gemeinsamen Werten und Normen, die das Verhalten der Organisationsmitglieder untereinander und der Umwelt gegenüber regeln Einflussnahme auf die Koordination und Motivation der Mitarbeiter Beeinflussung durch Menschen und Ethik Veränderungsmöglichkeit durch Prozesse und Gestaltung (begrenzt)
Abbildung 1.5: Beziehungen zwischen Organisationstheorie, Struktur, Gestaltung / Wandel und Kultur
Für jede Organisation ist die richtige Struktur diejenige, die effektiv Reaktionen auf Probleme der Koordination und Motivation löst.18 Dafür gibt es kein Patentrezept. Selbst wenn es das gäbe, hätte es nicht
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1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
für alle Zeit Gültigkeit. Während sich Organisationen wandeln und wachsen, verändern sich auch immer deren Strukturen und entwickeln sich weiter. Damit bedarf es immer wieder Anpassungsprozessen und der Veränderung der Organisation.
1.2.2 Organisationskultur Aufbau und Veränderung von Organisationsstrukturen können nicht unabhängig von der Organisationskultur gesehen werden. Die Organisationskultur umfasst die gemeinsamen Werte und Normen einer Organisation und ihrer Mitglieder.19 Dabei betrifft sie die Interaktion der Organisationsmitglieder untereinander und auch die mit Kunden, Lieferanten und anderen Personen außerhalb der Organisation. Die Organisationskultur lässt sich durch einige Kernmerkmale beschreiben:20 1.
Sie umfasst implizite Wert und Normen sowie Überzeugungen, die für selbstverständlich und gültig befunden werden.
2.
Sie umfasst gemeinsame und geteilte Orientierungen, Normen, Werte und Verhaltensweisen, die das Handeln der Mitglieder prägen. Insofern kommt es zu einer gewissen Vereinheitlichung von Handlungen und Werten innerhalb der Kultur.
3.
Sie umfasst Sinn und Orientierung, weil sie Muster für das Wahrnehmen, Interpretieren und Verstehen einer komplexen Welt vorgibt.
4.
Sie umfasst nicht nur kognitive, sondern auch emotionale Aspekte, die Menschen leiten und prägen.
5.
Sie entsteht nicht ad hoc, sondern aufgrund von Entwicklungsund Lernprozessen in der Organisation und durch ihre Interaktion mit der Umwelt.
6.
Sie wird mittels eines interaktiven, oft auch persönlichen Sozialisationsprozesses übermittelt. Dieser Prozess läuft gewöhnlich nur teilweise bewusst ab.
Organisationskultur Das Set an gemeinsamen Werten und Normen einer Organisation, die interne Interaktionen, aber auch externe gegenüber Kunden, Lieferanten und weiteren Stakeholdern beeinflussen.
Die Organisationskultur wird stark von den Menschen innerhalb der Organisation im Zuge von ethischen Grundwerthaltungen und letztlich auch von Rechten beeinflusst, die die Mitarbeiter haben. Die Organisationskultur korrespondiert letztlich auch mit der Organisationsstruktur. Organisationsstruktur und -kultur regeln das Verhalten der Organisationsmitglieder. Die Organisationskultur hat einen Einfluss darauf, wie Menschen auf bestimmte Situationen reagieren und wie sie überhaupt die Umwelt um sich herum interpretieren. Bei Microsoft fördert(e) Bill
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Gates ganz gezielt Werte wie Entrepreneurship und Risikofreudigkeit. Es galt, eine Organisationskultur zu schaffen, in der Innovation und Kreativität wertgeschätzt werden, also erstrebenswerte Geisteshaltungen und Tätigkeiten sind. Einen Beitrag dazu leistete die bereits genannte Organisationsstruktur mittels kleiner Teams, die sehr sinnvoll ist, weil sich die Beteiligten (im Beispiel Experten und Wissenschaftler in der Organisation) immer wieder persönlich trafen und so ihre Aktivitäten koordinieren konnten. Der direkte Kontakt ermöglicht es auch, dass Teammitglieder leichter voneinander lernen, was sie auch dazu ermutigt, zu experimentieren und neue Problemlösungen zu finden. Unternehmenskulturen können in Unternehmen, die sehr ähnliche Produkte herstellen, zum Beispiel Coca-Cola und PepsiCo, sehr unterschiedlich angelegt sein. Beide Unternehmen gehören zu den größten Produzenten von Erfrischungsgetränken.21 Man würde zunächst vermuten, dass sie ähnliche Unternehmenskulturen haben, weil sie sehr ähnliche Güter produzieren und in einer ähnlichen Unternehmensumwelt agieren. Das ist aber nicht so. Coca-Cola legt einen Schwerpunkt darauf, eine sehr langfristige Bindung seiner Mitarbeiter zu erzeugen. Loyalität und Langfristigkeit sind Werte, die bei Coca-Cola hochgehalten werden. Viele Mitarbeiter von Coca-Cola sind ihr gesamtes Arbeitsleben in dem Unternehmen beschäftigt. Im Gegensatz dazu hat PepsiCo eine eher wettbewerbsorientierte Kultur bei der immer wieder mikropolitische Prozesse und Machtspiele auftreten. Konflikte treten folglich ebenfalls häufig auf. Immer wieder verlassen Mitarbeiter das Unternehmen, um neuen Mitarbeitern Platz zu machen. Es ist offensichtlich, dass Organisationsstrukturen sowie Organisationskulturen sich im Lauf der Zeit herausbilden, jedoch durch Einflussnahme auch in gewissem Maße verändert werden können. Bei der Organisationskultur ist durch die Werteebene, die naturgemäß langfristig angelegt ist, eine geringfügigere und langwierigere Beeinflussbarkeit zu unterstellen.22
1.2.3 Organisationsgestaltung und -veränderung Organisationsgestaltung Der Prozess, bei dem Manager Strukturmerkmale und Normensysteme auswählen, so dass die Organisation ihre Zielerfüllung gestalten kann.
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Organisationsgestaltung ist der Prozess, bei dem Führungskräfte bestimmte Aspekte der Struktur und Kultur eines Unternehmens auswählen, herausbilden und steuern. Es ergibt sich das Design der Organisation. Ziel der Gestaltung ist, Organisationsprozesse und -strukturen so zu schaffen, dass die Ziele der Organisation (möglichst gut) erfüllt werden. Beides, die Organisationsstruktur und auch die -kultur, betreffen letztlich Wege und Mittel, um Ziele zu verfolgen. Die Organisationsgestaltung ist dann der Weg, wie und warum bestimmte Mittel ausgewählt wurden. Das Verhalten einer Organisation beziehungsweise ihrer Mitglieder ist letztlich das Ergebnis der Organisationsgestaltung und der gewählten Prinzipien.
1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
In der deutschen Organisationslehre wird dabei traditionell eine Unterscheidung zwischen der strukturellen und der prozessualen Organisationsgestaltung vorgenommen. Bei der strukturellen Gestaltung werden Regelungen zur Steuerung der betrieblichen Aufgabenerfüllung geschaffen. Die prozessuale Gestaltung beantwortet die Frage, wie und in welcher Reihenfolge Aufgaben durchgeführt werden. Typischerweise wird in der traditionellen deutschen Organisationslehre zuerst die Frage nach der Struktur und dann die nach dem Prozess – also mit welchen Mitteln auf welche Art und Weise und auf welchen Wegen dies geschehen soll – gestellt.23 Aufbau- und Ablauforganisation bilden zusammen die Organisationsstruktur, die sich in geplanten, formellen und dauerhaft angelegten Regelungen manifestiert. Die Aufteilung der Organisationslehre in Aufbau- und Ablauforganisation – insbesondere im deutschen Sprachraum – hat analytischen Charakter. Während die Aufbauorganisation als Rahmen festlegt, welche Person welche Tätigkeiten, welche Inhalte mit wessen Hilfe zu erledigen hat, erfolgt mit der Festlegung der Ablauforganisation die dynamische Ausgestaltung, also wann, wo und wie oft Handlungen durchgeführt werden. Hierbei ist zu bemerken, dass die prozessuale Gestaltung nicht gleichbedeutend mit der Ablauforganisation ist. Die Gestaltung der Ablauforganisation ist ein strukturelles Problem – genauso wie die Aufbauorganisation. Das Vorgehen bei der Implementierung einer Ablauforganisation fällt jedoch in den Bereich der prozessualen Gestaltung.24 Schon an dieser Stelle sollen einige Grundbegriffe innerhalb der Gestaltung der Organisationsstruktur angeführt werden. Wichtige Elemente der Organisationsstruktur sind die Bildung und Existenz von Einheiten, die Aufgaben erledigen. Sie werden im Wege der organisatorischen Differenzierung gebildet. Die organisatorische Differenzierung betrifft Teilung und Zuweisung von Aufgaben auf Organisationseinheiten. Es wird die Frage beantwortet, welche Teilaufgaben von welchen Organisationsmitgliedern oder besser Organisationseinheiten zu bewältigen sind. Die organisatorische Differenzierung umfasst die stufenweise Aufgliederung von Aufgaben im Wege der Aufgabenanalyse (typischerweise der Gesamtaufgabe einer Organisation) in Teileinheiten und die Aufgabensynthese (die Verbindung von Teilen zu Einheiten (Stellen, Abteilungen etc.). Bei dem meist zuerst durchgeführten Schritt bei der Organisationsgestaltung, der Aufgabenanalyse, werden Gesamtaufgaben in Teilaufgaben zerlegt, aber auch die notwendigen Informationen mit dem Ziel geordnet, den Informationsbedarf zu erkennen. Die Gruppierung kann anhand folgender Kriterien vorgenommen werden: nach der Verrichtung, dem Objekt, der Zweckbeziehung, den Phasen des Führungsprozesses, dem Rang in der Hierarchiestufe oder nach der Zweckbeziehung
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
(Sachmittel und Raum). Bei der Aufgabensynthese werden die in der Aufgabenanalyse ermittelten Teilaufgaben zu sinnvollen Aufgabenkomplexen (Einheiten wie Stellen, Gruppen oder Abteilungen) zusammengefasst und gedachten Aufgabenträgern zugeordnet. Kriterien sind analog zu der Aufgabensynthese gleiche Objekte, gleiche Verrichtungen oder gleiche räumliche und zeitliche Aspekte. Auf die organisatorische Differenzierung folgt die organisatorische Integration. Bei dieser wird das Zusammenspiel der vielen organisatorischen Einheiten angegangen. Sie beschäftigt sich mit dem Problem, die aufgegliederten Aufgabenteile und organisatorischen Einheiten so zu verbinden, dass eine geschlossene Leistungseinheit geschaffen werden kann. Oft wird von Koordination gesprochen, wenn es um die organisatorische Integration geht. Die Koordination beziehungsweise Integration wird umso schwieriger, je komplexer die Einheiten zusammenwirken. Wenn zum Beispiel zwei Abteilungen gebildet wurden, ist zu klären, welche Einheit(en) die beiden Abteilungen leitet und wie dann Mitglieder der Abteilungen sich bei der Aufgabenerledigung abstimmen können. Haben die Abteilungen unterschiedliche Leiter oder sind zwei Leiter für eine Abteilung zuständig? Treffen sich Mitglieder beider Abteilungen zum Beispiel in Arbeitszirkeln regelmäßig, um direkt Probleme diskutieren zu können, oder geht dies nur über den „Dienstweg“ über ihre Vorgesetzen und dann indirekt? Stellen Kleinste organisatorische Einheiten, die auf Dauer angelegt sind und Bündel von Verhaltens- und Leistungserwartungen an einen potenziellen Mitarbeiter richten.
Instanzen Stellen mit Leitungsbefugnis.
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Nun aber zu den Einheiten, die durch die Aufgabenanalyse und -synthese gebildet werden. Ein wichtige organisatorische Einheit ist die Stelle. Die Stelle umfasst eine Aufgabe, ein Aufgabenelement oder einen Aufgabenkomplex. Stellen sind die kleinste eigenständig handelnde organisatorische Einheit. Sie sind auf Dauer angelegt. Die Aufgabeninhalte sind von einem durchschnittlich begabten Menschen (der dafür qualifiziert ist) zu bewältigen. An Stellen (oft im angelsächsischen Bereich als Rolle bezeichnet) sind Verhaltens- und Leistungserwartungen geknüpft, die an einen potenziellen Mitarbeiter – den Stelleninhaber – gerichtet werden. Stellen sind von anderen abgrenzbar, werden jedoch typischerweise mit anderen koordiniert. Bei der Stellenbildung ist die Übereinstimmung von zu erfüllender Aufgabe und damit verbundener Weisungs- und Ausführungskompetenz zu beachten. Instanzen sind übergeordnete Stellen, die Weisungsbefugnisse gegenüber den ihnen untergeordneten Stellen haben, zum Beispiel Teamleiter, Abteilungsleiter, Hauptabteilungsleiter, Bereichsleiter, Geschäftsführer oder Vorstand. Instanzen haben immer Weisungsbefugnisse über Ressourcen und über Menschen. Die Instanz ist also der Vorgesetze eines Mitarbeiters auf einer Stelle. Wie die Stelle, ist auch die Instanz unabhängig von bestimmten Mitarbeitern definiert und stellt einen Teil des Bauplans der Organisation dar.
1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
Abteilungen betreffen die Zusammenfassung und Gliederung verschiedener Stellen unter der Leitung einer Instanz. Beispiele sind die Produktionsabteilung, die Forschungs- und Entwicklungsabteilung und die Marketingabteilung. Auch hier gilt, dass die Abteilung unabhängig von bestimmten Mitarbeitern definiert wird und einen Teil des Bauplans der Organisation darstellt.
Abteilungen
Stabsstellen nehmen unterstützende Funktionen gegenüber anderen (Linien) Stellen wahr. Stabsstellen haben keine Weisungsbefugnisse gegenüber den Linienstellen. Meist werden sie für Nicht-Routineaufgaben und zur Entscheidungsunterstützung gebildet (zum Beispiel Strategische Unternehmensplanung). Stäbe sind unabhängig von bestimmten Mitarbeitern definiert und bilden einen Teil des Bauplans der Organisation.
Stabsstellen
Dienstleistungsstellen beziehungsweise zentrale Dienststellen nehmen, ähnlich wie Stäbe, unterstützende Funktionen gegenüber anderen Linienstellen wahr, aber führen gewöhnlich operative Routineaufgaben durch. Typische Dienstleistungsstellen und -abteilungen sind Rechenzentrum, Rechtsabteilung oder Kantine. Auch die Dienstleistungsstellen bilden einen Teil des Bauplans der Organisation und werden personenunabhängig definiert.
Dienstleistungsstellen
Komitees, Teams, Projekte und Ausschüsse sind Koordinations- und Integrationsstellen, die mehr oder minder zeitlich befristet sind und zur Erfüllung von komplexen und meist nicht routinebasierten Aufgaben gebildet werden.
Komitees, Teams, Projekte, Ausschüsse
Im Rahmen der Organisationsgestaltung geht es weiterhin um die Herstellung der Koordination beziehungsweise um die Integration von Stellen. Eine wesentliche Fragestellung ist dabei, welche Ordnungsund Verbindungsmöglichkeiten sowie Weisungsrechte zwischen den einzelnen Stellen, Abteilungen und anderen Einheiten vorliegen. Leitungssysteme zeigen solche Ordnungs- und Verbindungsmöglichkeiten sowie die Weisungsrechte zwischen den einzelnen Stellen auf. Die einzelnen Stellen werden bei dem Leistungssystem hierarchisch einklassifiziert, so dass ein klar gestaffeltes System von Unter- und Überordnungen – der Instanzenzug – entsteht. Die Unter- und Überordnung in der Hierarchie einer Organisation kann mittels eines Einlinien- oder Mehrliniensystems realisiert werden. Bei dem Einliniensystem ist eine Stelle nur einer Instanz unterstellt, wodurch das Prinzip der Einheit der Auftragserteilung gewahrt wird. Beim Mehrliniensystem hingegen erfolgt eine mehrfache Unterstellung unter verschiedene Instanzen. Die Idee dahinter ist, dass der Vorgesetzte mit der jeweiligen Fachkompetenz entscheidet und damit kürzere Dienstwege sowie schnellere und bessere Entscheidungen herbeigeführt werden können. Im weiteren Verlauf wird das Matrixsystem noch als typisches Mehrliniensystem diskutiert.
Betreffen die Zusammenfassung und Gliederung verschiedener Stellen unter der Leitung einer Instanz.
Werden zur Entscheidungsvorbereitung eingesetzt und arbeiten Linienstellen zu.
Nehmen unterstützende Funktionen gegenüber anderen Linienstellen wahr und führen gewöhnlich operative Routineaufgaben durch.
Stellen Koordinationsstellen dar, die zeitlich befristet sind und zur Erfüllung von komplexen und meist nicht routine-basierten Aufgaben gebildet werden.
Instanzenzug Das System von Unter- und Überordnungen von Stellen mit ihren jeweiligen Weisungsrechten.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Schon jetzt soll ein kurzer Überblick vermittelt werden, welche Konsequenzen die Organisationsgestaltung hat. Typisch sind:
Funktionale Organisation. Die zweitoberste Hierarchieebene ist nach Tätigkeiten, sogenannten Verrichtungen strukturiert und insofern spezialisiert (zum Beispiel Einkauf, Produktion, Marketing). Diese Strukturierung prägt das gesamte Gefüge funktional. Diese Form ist vor allem bei kleineren Unternehmen oder bei Einproduktunternehmen beziehungsweise Unternehmen mit einer homogenen Produktpalette sinnvoll.
Divisionale, Sparten- oder Geschäftsbereichsorganisation. Hier ist die zweitoberste Hierarchieebene nach Objekten strukturiert und insofern spezialisiert. Verrichtungen, die für die Bearbeitung eines Objekts (zum Beispiel Produkt, Kunden(gruppe), Region) benötigt werden, werden zusammengefasst. Die Besonderheit der divisionalen Form liegt in der Autonomie der einzelnen Divisionen, die wie ein Unternehmen im Unternehmen geführt werden.
Matrixorganisation. Hier wird auf derselben Ebene (typisch zweitoberste Hierarchieebene) nach Verrichtungen und nach Objekten strukturiert und insofern in zwei Richtungen spezialisiert. Die Matrixorganisation versucht die jeweiligen Nachteile der beiden anderen Formen auszugleichen, indem sie die Aufgabenverteilung gleichzeitig nach dem Verrichtungsprinzip (vertikal) und Objektprinzip (horizontal) anwendet und zu einer Matrixform kombiniert. Dieses Mehrlinienprinzip führt zu (gewünschten) Kompetenzüberschneidungen, die eine bessere Abstimmung und Entscheidungsqualität erzeugen sollen. Organisationen können ferner in bestimmten Bereichen nach Projekten strukturiert werden. Außerdem lassen sich noch weitere Spielarten dieser Organisationsformen entwickeln. Diese werden wieder aufgegriffen und dann vertieft im dritten und sechsten Kapitel diskutiert. Bei der Organisationsgestaltung müssen Manager oft einen gewissen Spagat zwischen externen Anforderungen der Umwelt und internen Zwängen überwinden, zum Beispiel bei der richtigen Wahl einer Fertigung oder Produkttechnologie. Ein stärkerer Blick nach außen kann dazu führen, dass ihre Mitglieder die Organisation anders wahrnehmen. Eine stark inwärts gerichtete Perspektive führt meistens dazu, dass sehr viel mehr Druck auf Arbeitsgruppen und Individuen ausgeübt wird, damit sie sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten. Eine stark auswärts gerichtete Perspektive führt oft dazu, dass neue Technologien übernommen werden oder Trends schneller verfolgt werden. Die Balance zwischen Außen- und Innenorientierung wirkt sich auf das Überleben der Organisationen aus. Deshalb sollen die Theorien, Konzepte und Instrumente, die dieses Buch liefert, den Leser dabei unterstützen, eigene Arbeitsmodelle zu entwickeln, mit denen er Organisationen
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1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
weiterentwickeln, Situationen interpretieren und die richtigen Lösungen vorschlagen kann, um eine Organisation erfolgreicher zu machen. Organisationen wie Microsoft und Intel, die in der High-Tech-Industrie arbeiten, sind gezwungen, sehr flexibel zu agieren und schnell auf Aktionen ihrer Konkurrenten in dem kompetitiven Umfeld zu reagieren. Sie müssen außerdem der Anforderung, sehr innovativ zu sein, entsprechen. Trotzdem müssen solche Organisationen relativ stabile interne Beziehungen fördern, die erlauben, dass Mitarbeiter zusammenarbeiten, Probleme lösen und eben die Ziele der Organisation verfolgen. Ein Gegensatz zu diesen High-Tech-Unternehmen stellen zum Beispiel Thyssen-Krupp und Alcoa dar, die Stahl und Aluminium herstellen. Beides sind Unternehmen, die in einer sehr stabilen Umwelt agieren, in der die Kundenbedürfnisse sehr viel besser vorhersagbar sind und Technologieveränderungen nur sehr langsam auftreten. Das Design ihrer Organisation ist dadurch stärker intern und darauf ausgerichtet, Produktionskosten zu senken, anstelle Flexibilität zu steigern. In den Kapiteln 4, 5, 6 und 7 werden solche Organisationsstrukturen und Organisationskulturen diskutiert, die dabei helfen können, das Überleben von Organisationen zu unterstützen. Organisationaler Wandel ist der Prozess, bei dem Organisationen ihr Design verändern und vom jetzigen zu einem zukünftigen Stadium wechseln, was dann ihre Effektivität wieder verbessert bzw. verbessern sollte.25 Dabei ist es das Ziel des geplanten Wandels, neue und verbesserte Wege der Ressourcennutzung sowie von Fähigkeiten zu finden. Dabei sind wieder einmal die Organisationsstruktur und die -kultur wichtige Vehikel, um diese erwünschten Effekte zu erzeugen, auch wenn es lange dauern kann, bis die Veränderung eintritt. Daneben findet in Organisationen auch immer wieder ungeplanter Wandel statt, weil Menschen und Strukturen ihr Verhalten selbst anpassen und sich deshalb die Struktur und Kultur einer Organisation verändern.26 Dieser Prozess ist oft kaum sichtbar.
Organisationaler Wandel Ein Prozess, bei dem Organisationen ihre Strukturen und Werte verändern. Geplanter Wandel wird angestoßen, um die Effektivität der Organisation in der Zukunft zu verbessern.
Organisationsgestaltung und -wandel sind sehr eng miteinander verbunden. Meist ist die Veränderung von Organisationen ein Prozess der organisationalen Um- oder Neugestaltung. Dabei ist festzustellen, dass große Organisationen vielfältigere Möglichkeiten als kleinere Organisationen haben, ihre Organisation zu gestalten. Führungskräfte, bzw. Manager müssen dabei beachten, dass die alte Struktur eines Unternehmens nicht ganz wegdiskutiert werden sollte. Sehr frühe Entscheidungen über Strukturen sind meistens Bestimmungsgrößen für Leistungs- und langfristige Erfolgunterschiede von Unternehmen.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Steven Jobs und Michael Dell initiierten unterschiedliche Strukturen und Kulturen in den von ihnen gegründeten Unternehmen. Die Beispiele von Steven Jobs und Michael Dell zeigen, dass Unternehmensgründer nicht immer alle oder bestimmte notwendige Fähigkeiten zur Bildung einer Organisationsstruktur besitzen. Trotzdem haben beide diese Fähigkeiten im Lauf der Zeit entwickelt. Wenn man jedoch verstanden hat, welche Prinzipien bei der Organisationsgestaltung eine Rolle spielen, kann dieser Prozess beschleunigt werden und so der Erfolg von Unternehmen sehr viel schneller herbeigeführt werden.
Beispiel 1.1
AUS DER PRAXIS – APPLE UND DELL Gegensätzliche Ansätze der Organisationsgestaltung
Im Jahr 1976 verkaufte Steven P. Jobs seinen VW Minibus und sein Partner Steven Wozniak seine beiden programmierbaren Taschenrechner. Die daraus erzielten Einnahmen in Höhe von 1.350 US-Dollar investierten sie in den Bau einer Computer-Platine in Jobs Garage. Die Platine, die schließlich für den Apple-IIComputer entwickelt wurde, war so erfolgreich, dass Jobs und Wozniak 1977 ihr neues Geschäft als „Apple Computer“ eintrugen. 1985 hatte das Unternehmen einen Umsatz von nahezu 2 Milliarden US-Dollar erreicht.27 Michael Dell nahm 1984 1.000 US-Dollar von seinen Ersparnissen und gründete damit ein national tätiges Computerversandunternehmen, das unter dem Namen Dell Computer Corp. eingetragen wurde. Zu Beginn arbeitete Dell mit drei Mitarbeitern an einem 1,80 Meter langen Tisch, an dem sie ihre preiswerten PCs zusammenbauten. Die PCs wurden dann landesweit per Telefon an die Kunden verkauft. Sein Unternehmen erreichte 1993 einen Umsatz von über 2 Milliarden US-Dollar.28 1985 wurde Steve Jobs aus dem Unternehmen gedrängt, das er mit gegründet hatte. Michael Dell verlor dagegen nie die Kontrolle über sein Unternehmen, das heute der größte und profitabelste PC-Hersteller weltweit ist. Warum verlor Steven Jobs die Kontrolle über sein Unternehmen, Dell dagegen nicht? Zum größten Teil sind die unterschiedlichen Herangehensweisen der beiden Unternehmer an das Organisieren des Unternehmens dafür verantwortlich. Als Apple gegründet wurde, erklärte Steve Jobs, dass er nur wenig Interesse am operativen Geschäft seines Unternehmens habe. Aus diesem Grund wurden erfahrene Manager aus anderen Unternehmen engagiert, um das operative Geschäft zu führen. Während das Unternehmen wuchs, wünschte sich Jobs jedoch mehr Macht und begann mehr Kontrolle über das Unternehmen zu fordern. 1981 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender und griff seitdem aktiv in das operative Geschäft des Unternehmens ein. Jobs formierte neue Projektteams zur Entwicklung neuer Modelle von Personalcomputern. Als seine Macht und Reputation stiegen, nahm er einen willkürlichen und herrischen Führungsstil gegenüber den Mitgliedern verschiedener Projektteams an. Er hatte seine Favoriten unter den Teammitgliedern, die er gegeneinander ausspielte.
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1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
Fortsetzung Dieser Stil führte zu einem starken Konkurrenzkampf zwischen den verschiedenen Teams, zu Missverständnissen und zu viel Misstrauen unter den Teammitgliedern.29 Sein spaltender Managementstil brachte Jobs in Konflikt mit John Sculley, Apples Geschäftsführer, und somit der Person, die eigentlich für die Führung des Unternehmens verantwortlich war. Die Konkurrenz um Macht zwischen Jobs und Sculley stieg zunehmend und führte zu schwerwiegenden Problemen. Zum einen hatten die Mitarbeiter kein klares Bild davon, wer das Unternehmen führte – Jobs (der Aufsichtsratsvorsitzende) oder Sculley (der Geschäftsführer). Zum anderen waren beide Führungskräfte so stark mit dem Kampf um die Kontrolle von Apple beschäftigt, dass sie weder Zeit noch Kraft hatten, die effiziente Nutzung von Ressourcen des Unternehmens zu gewährleisten. So wurde beispielsweise der Evaluierung von Ergebnissen verschiedener Projektteams nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es wurde auch kein Finanzplan aufgestellt, um die F&E-Ausgaben der Projektteams einzuschränken. Apples Kosten stiegen, die Gewinne fielen und die Organisation begann sich aufzulösen. Der Aufsichtsrat von Apple, der realisierte, dass der Führungsstil von Jobs zu einer Verschlechterung der Unternehmensergebnisse führte, forderte Jobs Rücktritt als Aufsichtsratsvorsitzender. 1985 verließ er das Unternehmen. Bei Dell Computer verfolgte Michael Dell einen sehr viel differenzierteren Führungsstil. Wie Jobs übte Dell die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden aus und führte viele Projektteams ein, um neue PC-Modelle zu entwickeln. Dell entwickelte aber im Gegensatz zu Jobs einen partizipativen Führungsstil, der alle Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess einbezog und den Kameradschafts- und Kooperationsgeist bei den Mitarbeitern zur Steigerung des Unternehmenserfolgs pflegte. Dells Führungsstil erzeugte starke Loyalität bei seinen Angestellten, die seine praktische Einstellung und Aufmerksamkeit bei der Führung des Unternehmens mochten.30 So überwachte Dell beispielsweise den Fortschritt seiner Teams sehr aufmerksam. Führte ein Projekt nicht zum erwarteten Erfolg oder kostete es zu viel, wurde es umgehend beendet und die Ingenieure zu anderen Projekten transferiert. Er sorgte sich sehr um die Kontrolle der Kosten. Als sein Unternehmen wuchs, realisierte Dell, wie auch Jobs, einen hohen Bedarf an Führungsmanagern, die ihn bei der Führung des Unternehmens unterstützen sollten. Er stellte erfahrene Führungskräfte aus Unternehmen wie EDS und IBM ein und dezentralisierte die Kontrolle für die Funktionen, wie zum Beispiel Produktion und Marketing, auf die neuen Manager. Im Gegensatz zu Jobs erkannte Dell, dass er nicht persönlich für die Führung aller Unternehmensaktivitäten verantwortlich sein konnte. Er konkurrierte nie mit seinen Managern, sondern erkannte ihre Erfahrungen und seine eigenen Grenzen an.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Fortsetzung Dells Führungsstil förderte eine differenzierte Art der Unternehmenskultur im Unternehmen, bei der Menschen zusammenarbeiteten, um Erfolg zu haben. Wie bereits erwähnt, wurde das Unternehmen zu einem Marktführer.31 Nachdem der Gewinn von Apple 1997 weiter gesunken war, schlug der Aufsichtsrat Jobs vor, wieder die Position des Geschäftsführers einzunehmen. Wieder im Besitz der Kontrolle über das Unternehmen machte Jobs Gebrauch von seinen organisationalen Fähigkeiten, die er sich als Gründer anderer Unternehmen wie NeXT Computer oder Pixar angeeignet hatte. Mit dem Verständnis, dass ein Unternehmen eine klare Hierarchie von Autorität und Aufgabenverantwortung braucht, motivierte er die Mitarbeiter, die nächste Generation von Apple Computern zu entwickeln, damit das Unternehmen überlebte. Er etablierte klare Strukturen bei den Teams und Teamleitern, was den Programmierern erlaubte zusammenzuarbeiten, um neue Computer zu entwickeln. Er delegierte erhebliche Autorität an die Teamleiter, etablierte aber auch strikte Zeitpläne und anspruchsvolle „Dehnungs-Ziele“, welche die Teams erreichen mussten. Durch seine neue Organisationsmethode belebte Jobs das Unternehmen und kreierte eine neue Kultur, welche die Produktentwicklung beschleunigte. Ein Ergebnis dieser Veränderung war der Einstieg in das digitale Musikgeschäft mit seinem phänomenalen Erfolg der iPod-Produktlinie, die kontinuierlich als Technologievorsprung weiterentwickelt wird.32 Jobs stellt auch weiterhin hohe Ansprüche an seine Mitarbeiter; ihre Ideen werden infrage gestellt und von ihnen werden nahezu „übermenschliche“ Anstrengungen gefordert, um den Vorsprung von Apple gegenüber agilen Konkurrenten wie Dell, Sony und Samsung zu halten.
1.2.4 Gestaltung und Wandel von Organisationen Nicht nur aufgrund des immer schwieriger werdenden Wettbewerbs und einer verstärkten Nutzung von Informationstechnologien (IT) ist die Organisationsgestaltung eine der Hauptaufgaben des Topmanagements. Oft sind neue Technologien Treiber von Veränderungen der Organisationsgestaltung und des Wandels. In der heutigen, immer stärker globalisierten Umwelt sind Manager mehr denn je gefordert, neue Wege zu finden, Aufgaben zu koordinieren sowie Mitarbeiter zu motivieren. Dabei lassen sich verschiedene Gründe anführen, warum Organisationsgestaltung und -veränderung so wichtig sind.
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1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
Umgang mit Kontingenzen Kontingenzen treten kontinuierlich auf. Sie entstammen der Umwelt. Organisationen können jedoch Vorsorge treffen und Planungen durchführen beziehungsweise Reaktionsmuster für diese Veränderungen entwickeln. Die Organisationsgestaltung determiniert, wie effektiv sie auf die Kontingenzen (im Regelfall in Form von Umwelteinflüssen) reagieren kann und wie Organisationen wichtige und rare Ressourcen erhalten können. Zu den Vorkehrungen zum besseren Umgang mit Kontingenzen eines Unternehmens zählen die Fähigkeiten, gut ausgebildete Mitarbeiter anzuziehen (zum Beispiel mittels Personalmarketing), loyale Kunden zu halten (etwa mittels Kundenbindungsprogrammen) oder auch Verträge besonders effektiv (zum Beispiel mittels einer guten Rechtsabteilung) zu gestalten. Darüber hinaus können Organisationen gezielt die Aufgaben für ihre Mitarbeiter so ändern, dass diese eine bessere Informationslage und ein höheres Bewusstsein für Umweltveränderungen haben. Neue Vertragsformen oder das Eingehen von Kooperationen und Joint Ventures (Gründung eines dritten Unternehmens zusammen mit einem Partner) können Möglichkeiten darstellen, besser auf die Umweltveränderungen eingehen zu können. Ein Beispiel ist Microsoft. Probleme, die bei der Einführung von XP auftauchten, wurden reduziert, indem eine interne Serviceabteilung gebildet wurde, die eine bessere Kundenorientierung schaffen sollte. Weltweit ist Windows auf circa 90 Prozent aller PCs installiert.
Kontingenzen Externe Ereignisse, die auftreten können und für die in der Planung vorgesorgt werden muss.
In den letzten Jahren ist die Umwelt immer komplexer geworden. Treiber sind globale Märkte mit einer Vielzahl von Wettbewerbern, unterschiedlichen Konsumentenbedürfnissen, anderen Regierungen und nationalen Regelungen. So suchen Organisationen immer wieder neue Strukturen und verändern ihre Organisationskulturen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. In Kapitel 3 wird diskutiert, wie man auf Umweltveränderungen reagieren kann, und in Kapitel 8 wird darauf eingegangen, wie Organisationen die Kontrolle ihrer Umwelt besser durchführen können. Gerade eben die globale Umwelt ist immer wichtiger geworden, weil Unternehmen wie beispielsweise Nestlé, Unilever, TNT, IBM, Dell, Volkswagen oder Siemens unter dem Druck stehen, ihre globale Präsenz auszuweiten und mehr und mehr Produkte auf globalen Märkten, die anders sind als der heimische oder bisher bekannte, zu verkaufen. In Kapitel 8 werden solche internationalen Anpassungsprozesse und kulturellen Einflüsse stärker diskutiert. Ein weiterer Einflussfaktor ist die technologische Umwelt. Gerade das Internet und neue IT-Möglichkeiten haben hier Veränderungen erzeugt. Viele Organisationen nutzen zunehmend IT-Systeme, um mit ihren Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten zu kommunizieren und darüber hinaus auch Ressourcen auszutauschen. Die Nutzung von Informationstechnologien hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen und die Organisa-
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
tionsstrukturen sind davon beeinflusst worden. Wie Veränderungen aufgrund von Informationstechnologie erfolgen, wird insbesondere in Kapitel 12 diskutiert. Dabei ist zu bedenken, dass neue Technologien dazu geführt haben, dass sich auch die Grenzen der Organisation verschieben. Ein Beispiel ist die Verlagerung von Aufgaben, die von Mitarbeitern in der Organisation erledigt werden, nach außen. So gibt es Home-Offices, virtuelle Teams und virtuelle Unternehmen. Dabei handelt es sich um Veränderungsprozesse, die sehr stark durch die Nutzung von Informationstechnologie vorangetrieben wurden.
Wettbewerbsvorteile Wettbewerbsvorteile Vorteile eines Unternehmens gegenüber anderen. Wettbewerbsvorteile ergeben sich z.B. durch Differenzierungsvorteile oder Kostenvorteile.
Zunehmend wird Entscheidungsträgern in Organisationen bewusst, dass die Gestaltung, Veränderung, und Umgestaltung von Organisationen wesentlich auf einen nachhaltigen Unternehmenserfolg einwirken. Der Wettbewerbsvorteil ist letztlich die Fähigkeit einer Organisation, andere in ihrer Leistung zu überholen. Im Grunde basiert ein Wettbewerbsvorteil darauf, dass Manager mehr Wertschöpfung erzielen. Aus Sicht der traditionellen, durch Porter geprägten Strategielehre, die den Markt fokussiert, liegen Wettbewerbsvorteile entweder in Form von Differenzierungsvorteilen oder Kostenvorteilen vor.33 Differenzierungsvorteile umfassen die Schaffung von Merkmalen, die beim Kunden besonderen Nutzen erschaffen. Solche Differenzierungsvorteile können ganz bestimmte Eigenschaften eines Produkts oder ganz generell eine hohe Qualität der Produkte oder Dienstleistungen einer Organisation darstellen. Kostenvorteile ergeben sich aus bestimmten Strukturen und Prozessen des Unternehmens, die es erlauben, Produkte günstiger produzieren und verkaufen zu können. Sowohl Differenzierungsvorteile als auch Kostenvorteile können sich auf einen Gesamtmarkt (zum Beispiel Fahrräder) oder einen Teilmarkt (etwa Rennräder) beziehen.
Ressourcenvorteile Grundlage für anhaltende Wettbewerbsvorteile aus einer ressourcenorientierten Perspektive bildet die besondere Ressourcenausstattung und -kombination eines Unternehmens.
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Eine etwas anders geartete Perspektive zu Wettbewerbsvorteilen ist stärker von Vorteilen durch interne Ressourcen geprägt.34 Ziel ist es, anhaltende Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Die Grundlage hierfür bieten interne Ressourcen von Unternehmen, die auf bestimmte Art innerhalb der Organisation kombiniert werden.35 Die Grundlage für anhaltende Wettbewerbsvorteile aus einer ressourcenorientierten Perspektive bildet die besondere Ressourcenausstattung und -kombination eines Unternehmens. Nach außen ist kaum sichtbar, worin der Vorteil der Kombination liegt, und aus diesem Grund kann der Wettbewerbsvorteil kaum von Konkurrenten imitiert werden.36 Wettbewerbsvorteile resultieren dann vor allem aus Kernkompetenzen bei Aktivitäten wie Produktion, F&E und Management von neuen Technologien.
1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
Kernkompetenzen erlauben einem Unternehmen eine Strategie zu verfolgen, die andere überholt („outperformt“) und dazu führt, dass bessere Produkte entwickelt werden, die Produkte zu geringeren Kosten produziert werden, die Produkte an attraktiven Märkten produziert werden; insgesamt, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre eigenen Fähigkeiten so auszunutzen, dass sie aufgrund ihrer internen Ressourcenausstattung langfristig erfolgreicher als andere Unternehmen sind.37 Kernkompetenzen überstrahlen dabei auch verschiedene Produkte und erlauben, dass verschiedene Produkte erfolgreich am Markt sind.
Kernkompetenzen
Im Kontext von Wettbewerbsvorteilen werden häufig Strategien angeführt. Eine Strategie ist dabei ein bestimmtes Muster von Entscheidungen und Aktivitäten, die genutzt werden, um bestimmte, meist langfristig angelegte und weiter ausstrahlende Handlungen, durchzuführen.
Strategie
Strategien können sich auf Märkte, Technologien und auch auf Kernkompetenzen beziehen und sind ein Mittel, um einen Wettbewerbsvorteil zu erreichen.
Fähigkeiten und Fertigkeiten von Unternehmen mit hoher Wettbewerbskraft.
Ist ein bestimmtes Muster von Entscheidungen und Aktivitäten, die genutzt werden, um bestimmte, meist langfristig angelegte und weiter ausstrahlende Handlungen, durchzuführen.
Wie Manager und Führungskräfte Organisationen verändern und gestalten, beeinflusst, wie gut Organisationen ihre Wertschöpfung durchführen, Werte realisiert sowie Strategien identifiziert und implementiert werden. Anhaltende Wettbewerbsvorteile resultieren aus den Schwierigkeiten anderer Organisationen, Teile ihrer Strukturen und Ergebnisse zu imitieren. Strukturen und Kulturen eines Unternehmens korrespondieren damit, wie Menschen in einem Unternehmen miteinander umgehen und wie sie ihre Aktivitäten koordinieren. Weil dieses Strukturmuster so schlecht nach außen erkennbar ist, sind Organisationsstruktur und -kultur eine Möglichkeit, sich gegen Imitation von außen zu schützen. Produkte, die für die Konkurrenz sehr viel leichter sichtbar und zerlegbar sind, können dagegen viel einfacher imitiert werden. Allerdings ist die Festlegung von Strategien immer eine Herausforderung. Strategien sind als eine Aktion oder Reaktion auf die doch komplexe und sich ständig verändernde Umwelt zu sehen und die zukünftige Entwicklung ist schwer voraussagbar. Es ist also zu bedenken, dass es meistens nicht die eine optimale Strategie gibt, sondern unterschiedliche Alternativen. Die Alternativen ihrerseits müssen wiederum mit Umweltunsicherheiten umgehen. Dabei müssen Führungskräfte, um langfristig erfolgreich zu sein, immer wieder ihre Organisationsstruktur und Organisationskultur bedenken und verändern. In Kapitel 8 wird genauer untersucht, wie durch Strategien von Organisationen Werte geschaffen werden.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Management von Diversität Organisationen können sehr unterschiedliche Mitglieder haben. Sie lassen sich zum Beispiel nach Rasse, Geschlecht und nationaler Herkunft unterscheiden. Diese Unterschiedlichkeiten wirken sich letztlich auf die Werte einer Organisationskultur aus und wirken zumindest indirekt auf die Effektivität ein. Gerade die Art, wie Entscheidungen durchgeführt werden, wird stark durch die Unterschiedlichkeit der Standpunkte der Organisationsmitglieder beeinflusst. Ungleiche Standpunkte sind sehr oft in der Diversität der Mitarbeiter in Organisationen begründet. Letztlich darf nicht vergessen werden, dass in Unternehmen, vielfach auch oft in Dienstleistungsunternehmen, die eigentliche operative Arbeit von Mitarbeitern aus ethnischen Minoritäten erbracht wird. Dabei ist zu bedenken, welche anderen Bedürfnisse sie möglicherweise haben. Andere Werte und Verhaltensweisen der operativen Mitarbeiter, wie zum Beispiel Einwanderer, bedürfen so einer hohen Aufmerksamkeit und Planung. Mit kulturellen Unterschieden müssen vor allem internationalisierende Unternehmen umgehen, die in verschiedenen Ländern sowie Märkten präsent sind und daher Mitarbeiter anderer kultureller Herkunft beschäftigen. Damit Organisationen die Potenziale ihrer Mitarbeiter, die eventuell eine hohe Diversität aufweisen, nutzen können, muss man ungleiche kulturelle Werte bedenken, die sich auf die Zusammenarbeit der Menschen auswirken. Mittel zur Harmonisierung sind die Organisationsstruktur und auch die -kultur. Sie üben einen gewissen Einfluss darauf aus, wie Aufgaben koordiniert und wie Mitarbeiter motiviert werden. Dabei ist zu bedenken, dass nicht immer ein standardisierter Zugang gefunden werden kann, wie Mitarbeiter, die aus den verschiedensten Ländern der Welt und unterschiedlichen Kulturen stammen, zusammenarbeiten sollen.
Steigerung von Effizienz und Innovation In den letzten Jahren konnten viele Unternehmen Effektivitätssteigerungen realisieren. Wir haben bereits die Bedeutung der Arbeitsteiligkeit und der modernen IT-Technologien diskutiert, die zu Kostenreduzierungen und zur Beschleunigung von Arbeitsprozessen, letztlich auch zu Effizienzvorteilen führen können. Gerade vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs müssen Unternehmen überlegen, wie sie in Bezug auf Länder mit niedrigeren Arbeitskosten wettbewerbsfähig bleiben können. Höhere Preise für Produkte können insbesondere Unternehmen, die in Ländern mit höheren Arbeitskosten produzieren, oft nur realisieren, wenn sie eine Innovationskraft aufweisen. Darauf wirkt letztlich auch die Organisationsgestaltung ein. Sie kann Innovation und die Durchsetzung von Neuem ausbauen, aber auch verhindern. Gerade eine Organisationskultur, die Risikofreudigkeit, Entrepreneurship, Kreativität und Autonomie fördert, steigert die Innovationskraft von Organisationen. Dagegen motivieren Kulturen, die sehr konservativ sind und
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1.2 Theorie, Gestaltung und Wandel von Organisationen
auf bürokratisch festgelegten Regeln basieren, Menschen kaum dazu, flexibel auf neue Umweltbedingungen einzugehen. Strukturen, die Effizienz und Effektivität fördern, werden in den Kapiteln 4, 5 und 6 diskutiert. Kultureffekte durch Kulturen untersucht das Kapitel 7.
1.2.5 Folgen schlechter Organisationsgestaltung Viele Führungskräfte verwenden wenig Zeit darauf zu überlegen, wie die richtige Organisationsgestaltung aussieht und welche Wandlungsprozesse sie vollziehen müssen, um die Leistung und Effektivität ihrer Organisation zu fördern. Es gibt viele Beispiele für Unternehmen, die in den letzten Jahren viele Probleme hatten, sich an den modernen, globalen Wettbewerb anzupassen. In Folge sind deren Absatzzahlen und Erträge oft dramatisch gesunken. Um die Abwärtsspirale aufzuhalten, wurde stattdessen eine Reduzierung der Arbeitskräfte und der Produktbreite angegangen. Einige der Unternehmen verminderten sogar die Investition in Forschung und Entwicklung erheblich. So stellt man sich die Frage, wieso gerade etablierte und bekannte Unternehmen, sogenannte Blue-Chip-Unternehmen, starke Erfolgseinbußen hinnehmen mussten. Eine zentrale Begründung liegt darin, dass Organisationsstrukturen und -kulturen vor diesem großen, globalen Markt und einer globalen Präsenz schlecht zu kontrollieren waren. Viele Unternehmen waren so groß und bürokratisch geworden, dass sie Veränderungen und Flexibilität kaum mehr realisieren konnten. Die Konsequenzen waren Wachstumseinbußen, Verkleinerungen der Organisation und schließlich auch der Verlust von Mitarbeitern, welche die Unternehmen verlassen mussten. So wurde es für die Unternehmen immer schwieriger, neue Ressourcen, insbesondere talentierte Mitarbeiter, anzuwerben. Um diese Probleme zu reduzieren, institutionalisierten große Unternehmen häufig Verantwortliche für die Organisationsgestaltung. Diese sind, angesiedelt im Top- oder mittleren Management, verantwortlich für Organisationsstrukturen und -kulturen. Sie werden häufig angelehnt an den anglo-amerikanischen Begriff des Chief Officers in Bezug auf Organisationsaufgaben als Chief Operating Officer (COO) bezeichnet. Bekannt ist der Begriff Officer vor allem durch die anglo-amerikanische Bezeichnung Chief Executive Officer (CEO) – der Vorstandsvorsitzende. Durch eine stärkere Konzentration auf die Bildung und Veränderung der Organisation konnte eine Reihe dieser großen Unternehmen wieder auf Erfolgskurs gebracht werden.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Beispiel 1.2
AUS DER PRAXIS – CHRYSLER UND DAIMLER Neugestaltung von Chrysler
Chrysler, im Jahr 2007 von einem Investmentunternehmen gekauft, hat in den letzten Jahrzehnten eine turbulente Entwicklung hinter sich gebracht. Chrysler wurde in den späten 1980er-Jahren von Lee Iacocca vor dem Bankrott gerettet, der sich auf die Entwicklung von Fähigkeiten in der kostengünstigen Automobilproduktion und im Design konzentriert hatte. Die neue Stärke im Wettbewerb machte Chrysler zu einem Übernahmeziel von Daimler-Benz. Daimler-Benz sah dabei viele globale Vorteile durch die Kombination der ingenieurtechnischen Fähigkeiten der Mercedes-Benz Car Group mit Chryslers neuer Kostenkompetenz, um innovative Autos für den US-amerikanischen Markt – dem größten Automarkt der Welt – herzustellen. Der Zusammenschluss erwies sich als ein Desaster. Das neue DaimlerChryslerTopmanagementteam war nicht in der Lage, eine neue Struktur und Kultur im Unternehmen zu etablieren, welche die Ressourcen beider Unternehmen kombinierten. Dadurch entwickelte sich die erhoffte Zusammenarbeit nur langsam. Außerdem waren die amerikanischen Autohersteller durch eine rückläufige USKonjunktur und einen ruinösen Wettbewerb mit den japanischen Autoherstellern gezwungen, hohe Preisnachlässe zu gewähren, um ihre Autos zu verkaufen. In seiner Verzweiflung schickte der deutsche Mutterkonzern eine ihrer Top-Führungskräfte, Dieter Zetsche, um die amerikanischen Geschäfte zu führen. Zetsche, bekannt als starker Kosteneinsparer, ein sogenannter Cost-Cutter, begann mit der Sanierung von Chrysler. Er schloss Produktionsstätten und entließ Tausende Angestellte, um die Milliarden an Verlusten einzudämmen. Außerdem engagierte er Tom LaSorda, einen ehemaligen Topmanager von General Motors, der Erfahrungen bei der Entwicklung flexibler, kostengünstiger Produktionseinheiten mitbrachte. LaSorda wurde zu seinem leitenden Geschäftsführer. Sie arbeiteten zusammen am Aufbau neuer, effizienter Produktionsanlagen und modernisierten den Entwicklungsprozess neuer Produkte. Zetsche beauftragte Designingenieure von Chrysler, um die Vorteile aus der Kompetenz des deutschen Mutterkonzerns zu ziehen, qualitativ hochwertige Autos herzustellen, welche die US-Kunden ansprechen sollten. Weiterhin arbeitete Zetsche hart am Vertrieb der neuen Autos von Chrysler und versuchte US-Kunden davon abzuhalten, japanische Autos zu kaufen. Zetsche machte seine neuen Autos zu den meistverkauften Autos ihrer jeweiligen Klasse, wie zum Beispiel den 300 C. LaSorda gestaltete außerdem den Produktentwicklungsprozess so effektiv, dass heutzutage 50 Prozent mehr Neuwagen entwickelt werden, und das zu einem Budget, das von 8,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2000 auf derzeit 6 Milliarden US-Dollar gesenkt wurde.38 Zur gleichen Zeit steigerte das Unternehmen die Produktivität, so dass es die Verkaufzahlen auf eine Million Autos bis zum Jahr 2010 erhöhen und Milliarden mehr Gewinn erwirtschaften kann.
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1.3 Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte
Fortsetzung Die Erfolge der Anstrengungen wurden 2005 sichtbar, als Chrysler der leistungsfähigste US-Autohersteller wurde. In der Tat war Chrysler der einzige US-Autohersteller, der Gewinne erzielte. General Motors und Ford machten dagegen Milliarden an Verlusten und es ging das Gerücht um, dass General Motors seinen Bankrott erklären würde. Dieter Zetsche wurde zum Geschäftsführer des ganzen DaimlerChrysler-Imperiums berufen. LaSorda, der leitende Geschäftsführer, stieg zum Geschäftsführer der amerikanischen Sparte auf. Seine Aufgabe war es, alle operativen Geschäfte dieser Sparte zu stärken. Als Sohn eines früheren ChryslerGewerkschaftsführers versteht LaSorda die aufkommenden Probleme, weil die japanischen Autohersteller den globalen Kampf um Marktanteile fortsetzen. So verstehen auch die Mitarbeiter von Chrysler, dass sie ihre Jobs nur dann behalten, wenn ihr Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt, was zurzeit bedeutet, wettbewerbsfähig gegenüber den japanischen Autoherstellern zu sein – nicht gegenüber Ford und General Motors. Jüngst (2007) wurde Chrysler von Daimler jedoch an einen Finanzinvestor verkauft. Es bleibt abzuwarten, wie die Geschäfte der beiden Unternehmen sich in der Zukunft entwickeln. Daimler ist jetzt, geführt von Dieter Zetsche, die Daimler AG.
1.3
Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte
Führungskräfte tragen die Verantwortung für die Ressourcen des Unternehmens und dafür, Erfolge zu liefern. In diesem Kontext ist es wichtig zu begreifen, wie man den Erfolg von Organisationen messen kann.39 Drei Kriterien können dabei differenziert werden: Kontrolle, Innovation und Effizienz. Kontrolle bedeutet Einfluss auf die externe Umwelt auszuüben und Ressourcen sowie Kunden anzuziehen. Innovation bezieht sich darauf, die Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Organisation so zu gestalten, dass immer wieder neue Produkte und Prozesse gefunden und vermarktet werden. Damit ist auch die Gestaltung von Organisationsstrukturen und -kulturen verbunden, die Veränderungen fördern.40 Effizienz bemisst, ob Unternehmen Produkte zeitgemäß und kosteneffektiv produzieren, und beruht stark auf modernen Produktionsmöglichkeiten, die IT-Technologien nutzen. Effizienz bedeutet auch, dass Unternehmen neue Techniken und Konzepte wie zum Beispiel Informationssysteme, Total Quality Management und Just-in-time-Konzepte verwenden (siehe Kapitel 9), um ihre Produktivität zu steigern.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Tabelle 1.1 Ansätze zur Messung der Effektivität der Organisation Ansatz
Beschreibung
Zielerreichungskriterien
Ansatz externer Ressourcen
Bewertet die Fähigkeit einer Organisation, den Zugang, das Management und die Kontrolle von wertvollen Ressourcen sowie Mitarbeiterfertigkeiten und -fähigkeiten durchzuführen
Geringere Kosten für Inputs Höhere Qualität der Inputs und Rohmaterialien sowie des Personals Steigerung des Marktanteils Höherer Aktienkurs Größere Unterstützung bei Stakeholdern, z.B. Regierungseinheiten oder Umweltschützern
Ansatz interner Systeme
Bewertet die Fähigkeit einer Organisation, innovativ zu sein und schnell auf Änderungen zu reagieren
Höherer Anteil von Produktinnovationen Bessere Koordination und Motivation von Mitarbeitern Weniger Konflikte Kürzere Time-to-Market-Zyklen
Technischer Ansatz
Bewertet die Fähigkeit der Organisation, Mitarbeiterqualifikationen und Ressourcen effizient in Güter und Dienstleistungen zu transferieren
Höhere Produktqualität Geringere Fehlerrate Reduzierung von Produktionskosten Höhere Kundenzufriedenheit Geringere Lieferzeiten
Um die Effektivität von Organisationen zu messen, können Führungskräfte drei unterschiedliche Wege wählen (siehe X Tabelle 1.1). Eine Organisation ist (1) effektiv, wenn sie rare und wertvolle Ressourcen aus der Umwelt nutzen kann. Ferner kann sie (2) effektiv sein, wenn sie kreativ Ressourcen so einsetzen kann, dass neue Produkte und Leistungen geschaffen werden, oder (3) wenn sie effizient Fähigkeiten und Ressourcen in fertige Güter und Dienstleistungen transformieren kann.
1.3.1 Ansatz externer Ressourcen: Kontrolle Externe Ressourcenkontrolle Eine Möglichkeit, die Manager nutzen, um zu bewerten, wie effektiv eine Organisation auf ihre Umwelt einwirken und diese kontrollieren kann.
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Beim Ansatz, der sich mit externen Ressourcen beschäftigt, steht die externe Ressourcenkontrolle im Zentrum. Bei der externen Ressourcenkontrolle geht es darum zu bewerten, wie effektiv Führungskräfte die Umwelt des Unternehmens beeinflussen können. Zum Beispiel kann eine Organisation in der Lage sein, Wahrnehmungen, Bewertungen und Einstellungen von Stakeholdern so zu beeinflussen, dass diese die Organisation positiver beurteilen. Diese Fähigkeit erlaubt eine leichtere Kapitalbeschaffung oder Interessendurchsetzung.41 Dies ist nur die eine Seite der externen Ressourcenkontrolle. Ein weiterer Aspekt ist die Sicherung des Zugangs zu raren und wertvollen Ressourcen.42
1.3 Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte
Möglichkeiten zur Messung des Grades an Kontrolle über die Umwelt sind zum Beispiel Aktienkurse sowie Profitabilitäten und Rendite, die eine Beurteilung der Leistung gegenüber anderen Organisationen gestatten.43 So überprüfen Manager den Kurs ihrer Aktien, weil dieser Auswirkungen auf die Erwartungen der Aktionäre hat. Manager überwachen zudem die Qualität ihrer Produkte und vergleichen diese mit der ihrer Konkurrenten, um mehr über die Attraktivität ihrer Produkte aus Sicht des Kunden zu erfahren. Dies wiederum gibt Auskunft über die Leistung der Organisation. Weitere Anhaltspunkte zur Bewertung, wie stark eine externe Kontrolle betrieben wird, sind die Fähigkeit und Bereitschaft der Manager, Umweltveränderungen festzustellen und darauf zu reagieren. Als Erster auf Veränderungen zu reagieren und diese meistern zu können ist ein Indikator für höhere Kontrolle über die Umwelt. Bei Walt Disney war man in der Lage, immer wieder den Markennamen für die Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte zu nutzen. Auch Bill Gates hat immer wieder betont, dass er mit seinem Unternehmen an vorderster Front der Softwareentwicklung stehen und so Microsofts Wettbewerbsvorteil durch Neuproduktentwicklungen sichern will. Darin zeigen sich die Wettbewerbsorientierung und die strategische Orientierung eines Unternehmens als Mittel zur Kontrolle von raren und wertvollen Ressourcen sowie Kunden und Märkten. Führungskräfte wissen, dass eine unternehmerische Orientierung und hohe Reputation Kriterien darstellen, mit denen Stakeholder – insbesondere Shareholder (Aktionäre) – beurteilen, wie gut eine Unternehmung ihre Umwelt kontrollieren kann. Ein weiteres Beispiel ist Mattel. Der Hersteller von Kinderspielzeug muss kontinuierlich verfolgen, wie sich Kinderwünsche verändern, und welche neuen technologischen Möglichkeiten bestehen, um sein Geschäft aktuell zu halten.
Beispiel 1.3
AUS DER PRAXIS – MATTEL Ein steiniger Weg
Im letzen Jahrzehnt stellte Mattel Inc., der berühmte Hersteller klassischer Spielzeuge wie der Barbie-Puppe und den Hot Wheels, fest, dass sich die Kundenpräferenzen für Spielzeug in der ganzen Welt rasch veränderten. Die Beliebtheit von elektronischem Spielzeug und Computerspielen nahm zu. Die Verkäufe von Computerspielen stiegen sprunghaft an, als mehr und mehr Eltern die bildungserzieherischen Möglichkeiten erkannten, die ein Spiel ermöglicht, das Kinder auch gern spielen. Darüber hinaus können viele Computerspiele über das Internet mit anderen Nutzern zusammen gespielt werden, so dass es scheint, dass in Zukunft die Magie der Elektronik- und Informationstechnologie die Spielzeug welt auf den Kopf stellen wird.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Fortsetzung Mattels Manager fürchteten, dass Kernprodukte wie die Barbie-Puppe ihren Reiz verlieren und angesichts der Möglichkeiten, die sich durch Chips, Computer und das Internet bieten, altmodisch werden würden. Mattels Manager glaubten, dass sich die Bedürfnisse ihrer Kunden veränderten, und dass sie neue Wege finden müssten, diese Bedürfnisse zu befriedigen, wenn sie der größte Spielzeugverkäufer in den USA bleiben wollten. In der Angst, dass sie ihre Kunden an die neuen Computerspielfirmen verlieren würden, entschieden Mattels Manager, dass der schnellste und einfachste Weg, ihr Geschäft neu zu definieren und einer der Hauptvertreter auf dem Computerspielmarkt zu werden, sei, eine dieser Firmen zu akquirieren. So bezahlte Mattel 1998 3,5 Milliarden US-Dollar für The Learning Company, den Hersteller von so bekannten Spielen wie „Thinking Think“. Das Ziel war es, die Expertise und das Wissen dieser Firma zu nutzen, um eine neue Reihe von Computerspielen zu produzieren und um Mattels Spielzeuge wie die Barbie-Puppe herum neue Spiele zu kreieren. Auf diesem Weg hoffte Mattel, die Bedürfnisse seiner bestehenden Kunden besser erfüllen zu können und auch die Bedürfnisse der neuen Computerspielkunden.44 Auch wenn klassische Spielzeuge wie Barbie das Potenzial haben, Kundenbedürfnisse über Generationen zu erfüllen, ist die Beliebtheit vieler Spielzeuge vergänglich und oft mit der Einführung neuer Filme von Disney, Pixar oder DreamWorks verbunden. Um sicherzustellen, dass sie die veränderten Kundenbedürfnisse für diese Art von Spielzeug erfüllen würden, unterzeichnete Mattel einen Vertrag mit diesen Firmen und wurde Zulieferer für die mit den Filmen verbundenen Spielzeuge. Zum Beispiel erklärte sich Mattel im Jahr 2001 einverstanden, Warner Brothers 15 Prozent der Bruttoeinnahmen und zusätzlich 20 Millionen US-Dollar für die Produktionsrechte der elektronischen Spielzeuge zum HarryPotter-Film, basierend auf dem gleichnamigen Buch, zu zahlen.45 Auch wenn Mattels Manager die veränderten Kundenbedürfnisse richtig wahrgenommen hatten, wählten sie den falschen Weg, diese Bedürfnisse zu erfüllen, indem sie The Learning Company kauften. Es stellte sich heraus, dass The Learning Company gar nicht die Fähigkeiten besaß, um Spiele verbunden mit Mattels Produkten auf die Schnelle zu entwickeln. Wenige bekannte Spiele erschienen. Darüber hinaus unterschätzte Mattel die Notwendigkeit, seine Kernspielzeuge zu bewerben und zu aktualisieren. Die 3,5 Milliarden US-Dollar wären also besser in der Entwicklung der Kernspielzeuge angelegt gewesen. 2001 verkaufte der CEO, Bob Eckert, The Learning Company und entschied, dass ab jetzt nur noch unabhängige spezialisierte Firmen angestellt würden, um neue elektronische Spielzeuge und Computerspiele zu entwickeln, darunter auch jene, die mit Mattels bekannten Produkten verbunden sind.
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1.3 Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte
Fortsetzung Die folgenden Jahre waren wegen der veränderten Kundenbedürfnisse eine Herausforderung für Mattel. Der Markt zersplitterte, als immer mehr neue elektronische Spielzeuge aufkamen. Weiterhin veränderte sich der äußerst wichtige Puppenmarkt, als eine neue Serie temporärer Puppen wie die Bratz-Puppe entstand und mit der Barbie-Puppe in Konkurrenz trat. Um im Wettbewerb zu bleiben, führte Mattel neue elektronische Produkte ein, die mit der Barbie-Puppe verbunden waren. 2005 sanken die Verkäufe von Barbie-Puppen um 30 Prozent im Vergleich zu 2004, wo die Verkäufe um 13 Prozent gefallen waren.46 Als Antwort kündigte Mattel im Herbst 2005 an, die Mattel Brands Division und die FischerPrice Brands Division zu einer Abteilung zu verbinden, um Kosten zu sparen und das Unternehmen zu modernisieren. Offensichtlich hat Mattel heute und in der Zukunft einen schwierigen Kampf zu kämpfen, um der führende US-Spielzeughersteller zu bleiben.
1.3.2 Ansatz interner Systeme: Innovation Beim Ansatz interner Systeme geht es darum festzustellen, wie effektiv die Funktionalitäten und Operationen sowie deren Veränderung einer Organisation sind. Ein wesentliches Ziel ist dabei, Innovation zu erreichen und zu messen. Um effektiv arbeiten zu können, benötigen Organisationen Strukturen und Kulturen, die schnelle Anpassungen und Reaktionen an Veränderungen aus der Umwelt ermöglichen und so Innovationen fördern. Durch schnelle Wahrnehmung von Veränderungen und höhere Flexibilität können Unternehmen auch ihre Entscheidungs- und Reaktionsprozesse beschleunigen und auf dieser Basis schneller Produkte und Dienstleistungen auf den Markt bringen. Indikatoren, die über die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens Auskunft geben, sind zum Beispiel die Zeitspanne bis zur Vermarktung eines Produktes oder der Zeitbedarf zur Koordination von Aktivitäten der verschiedenen Abteilungen. Darüber hinaus werden oft Kriterien herangezogen, die messen, wie hoch der Anteil neuer Produkte an den gesamten Produkten ist oder aber wie intensiv sehr radikale Innovationen von dem Unternehmen hervorgebracht werden.47 Gerade die radikalen Veränderungen, die einen hohen Grad an Neuerungen aufweisen, sind mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Inkrementelle Veränderungen an Produkten, etwa Änderungen des Designs, werden von Unternehmen dagegen sehr viel öfter und mit geringeren Schwierigkeiten realisiert.
Interne Systeme Methoden, die Managern zu messen erlauben, wie effektiv die Funktionen und Operationen eines Unternehmens funktionieren und reagieren können.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Ein Beispiel für die Beschleunigung von Entscheidungsprozessen ist Dell. Durch schnelle Entscheidungsprozesse war Dell in der Lage, selbst nach der Fusion zwischen HP und Compac Produkte immer noch zu geringeren Kosten anzubieten. Veränderungen in den internen Systemen, welche die Koordination oder Motivation von Mitarbeitern beeinflussen, haben meist eine direkte Wirkung auf die Fähigkeit einer Organisation, auf die Umwelt zu reagieren und innovativ zu sein. Ein Beispiel ist die Nutzung von Innovationsteams. Durch ständige Verkürzungen von Produktlebenszyklen und Produktentwicklungsprozessen sind Unternehmen gefordert, Produkte schnell und mit dem Ziel hoher Wertschätzung des Kunden zu entwickeln und zu vermarkten. Innovationsteams, die unterschiedliche Fähigkeiten von Mitarbeitern kombinieren, sind ein internes System zur Steigerung der Innovationskraft und letztlich zur Steigerung des Erfolgs des Unternehmens.
1.3.3 Technischer Ansatz: Effizienz Technischer Ansatz Eine Methode zur Messung, wie effizient eine Organisation eine gegebene Menge an Ressourcen in OutputGüter transformieren kann.
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Mit dem technischen Ansatz wollen Manager beurteilen, wie effizient eine Organisation Fähigkeiten der Mitarbeiter und andere Ressourcen in Produkte und Dienstleistungen quasi transformieren kann. Technische Effektivität lässt sich mittels Kennzahlen wie Produktivitäten und Effizienz (Verhältnis von Inputs zu Outputs) messen.48 Produktivität wird auf der Basis objektiver Indikatoren gemessen und ist ein Indikator für die Effektivität der Vorgänge und Prozesse in einer Organisation. Sehr verbreitet sind diese Messzahlen im Bereich der Produktionsprozesse von Organisationen. Dabei werden zum Beispiel auch Fehlerraten gemessen und Verbesserungen im Bereich der Produktivität von einigen Unternehmen als Bestimmungs- und Vergleichsgrößen (etwa im Sinne von Benchmarks) für Belohnungen genommen. In Dienstleistungsunternehmen ist es auch typisch, dass Absatzzahlen als Kenngröße für die Produktivität von Mitarbeitern agieren. Zwar nicht alle, aber viele Tätigkeiten einer Organisation können auf dieser Basis beurteilt werden. Letztlich wird darüber Leistungsmessung von Personen möglich. Wenn Gehälter oder Belohnungen an Produktivitäten gekoppelt werden, ist es jedoch wichtig, die richtigen Bemessungsgrundlagen zu finden.49 Die Einstellung von Mitarbeitern und ihre Motivation sowie die Bereitschaft zur Kooperation sind außerdem wichtige Faktoren, die sich auf die Produktivität und Effizienz eines Unternehmens auswirken.50 Deutlich wird das auch an dem fortwährenden Kampf zwischen FedEx und UPS.
1.3 Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte
Beispiel 1.4
AUS DER PRAXIS – FEDEX UND UPS Effizienzsteigerungen bei den Paketdiensten
Als Federal Express (FedEx) 1971 den Übernacht-Lieferservice per Luftweg anbot, wurde weltweit der Paketdienst auf den Kopf gestellt. Der Unternehmensgründer, Fred Smith, hatte erkannt, welche Potenziale die Lieferung am folgenden Tag bot, weil beide Konkurrenzunternehmen, U.S. Postal Service und United Parcel Service (UPS), mehrere Tage zur Lieferung der Pakete brauchten. Mehrere Firmen imitierten die neue Strategie von FedEx und führten ihren eigenen Übernacht-Lieferservice ein. Aufgrund modernster Informationssysteme, welche ein kontinuierliches Verfolgen von Paketen auf dem Transportweg ermöglichten, konnte jedoch kein Unternehmen mit der Effizienz von FedEx gleichziehen. Demzufolge gaben mehrere Konkurrenten das Geschäft auf. Danach änderte sich einiges. Einst nur ein Kurierdienst auf dem Landweg, führte UPS 1988 seinen eigenen Übernacht-Lieferservice per Luftweg ein.51 UPS begann, das Informationssystem von FedEx, insbesondere die Tracking-Systeme, aggressiv zu imitieren. Langsam, aber sicher verstärkte UPS seine betriebliche Effizienz, blieb jedoch noch hinter FedEx zurück. Selbst sein gut entwickeltes und hoch effizientes Liefersystem per Landweg, welches jeden Kunden in den Vereinigten Staaten erreichen konnte – seine Hauptquelle für Kosteneinsparungen – reichte nicht aus, um FedEx einzuholen. Im Jahr 1999 führte UPS ein neues Tracking- und Speditionsinformationssystem ein, welches mit der Effizienz des Systems von FedEx gleichzog und sie sogar überstieg, da es mit jedem IT-System der Firmenkunden kompatibel war. Im Gegensatz dazu mussten FedEx-Kunden die IT-Systeme von FedEx installieren, was zusätzliche Arbeit und Kosten nach sich zog. Ab dem Jahr 2000 entwickelte UPS ein neues entscheidendes IT-System, das die Integration seines Übernacht-Lieferservices in den landesweiten Lieferdienst ermöglichte. Dies führte zu einem enormen Wettbewerbsvorteil gegenüber FedEx, weil UPS bei der Lieferung für kurze und mittlere Strecken um die 300 Kilometer effizienter war als FedEx und auch mit Langstreckenlieferungen von FedEx mithalten konnte. Darüber hinaus konnte UPS den Kunden niedrigere Preise anbieten, weil das Unternehmen niedrigere Kosten als FedEx hatte.52 Um die Kundennähe zu erhöhen, erwarb UPS im Jahr 2001 Mail Boxes Etc., welches es „The UPS Store“ taufte. Um damit konkurrieren zu können, erwarb FedEx im Jahr 2003 „Kinko’s“. Die neu benannte Kette FedExKinko’s besitzt 1.200 Standorte in zehn Ländern und betreibt eine weltweite Ladenkette, um mit dem UPS Store zu konkurrieren. Im Jahr 2002 wuchs das Übernachtgeschäft von UPS um 10 Prozent und das von FedEx um 3,6 Prozent.53 2004 stieg die deutsche Firma DHL in den Wettbewerb ein, als sie den U.S. Airborne Express aufkaufte.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Fortsetzung Heute konkurrieren diese Unternehmen Kopf an Kopf im Paketlieferservice und dies nicht nur in den USA, sondern weltweit. Jedoch wirkte sich die Preiskonkurrenz negativ auf ihre Gewinne aus. Dennoch glauben Analytiker, dass UPS durch die Effizienz und Flexibilität seines Liefersystems zum Marktführer und im nächsten Jahrzehnt zum Weltmarktführer werden könnte.
1.3.4 Messung der Effektivität anhand von Zielen Offizielle Ziele Kommunizieren die wesentlichen Ziele einer Organisation nach Außen. Sie sollen grundlegend das Verhalten und die Richtung der Organisation leiten.
Vision Bestimmt, warum die Organisation existiert und welche Aufgaben sie verfolgt.
Manager bestimmen Ziele, um Handlungen zu leiten und um beurteilen zu können, wie gut die Organisationsleistung ist. Diese Ziele können sehr langfristig angelegt sein und werden dann auch oft offiziell bekannt gegeben. Offizielle oder autorisierte Ziele kommunizieren die wesentlichen Ziele einer Organisation nach außen. Sie sollen grundlegend das Verhalten und die Richtung der Organisation leiten und sind insofern langfristig und übergreifend angelegt. Da sie dabei meist mit einem wertenden Charakter verbunden sind, werden sie oft auch als normative Ziele bezeichnet. Zu solchen sehr langfristig und übergreifend ausgerichteten Zielen zählen Leitbilder, Mission sowie Vision einer Organisation. Alle diese Ziele sind zukunftsorientiert und bestimmen, warum die Organisation existiert und welche Aufgaben sie verfolgt. Die Mission legt den Hauptzweck der Organisation fest, der dann in wenigen Worten oder Sätzen in Form des Leitbildes schriftlich festgelegt wird. Indem die Mission und Vision einer Organisation öffentlich bekannt gemacht werden, können Stakeholder sie wahrnehmen und ihre Präferenzen für ihr Engagement an der Organisation bilden und Entscheidungen über das Ausmaß und die Art der Beteiligung an der Organisation auf dieser Informationsgrundlage fällen. So üben Vision und Mission einen Einfluss darauf aus, ob und wie Stakeholder eine Organisation unterstützen.54 Ein Beispiel hierfür ist Amazon.com. In der Zeit zwischen 1995 und 2005 veränderte sich Amazon.com auch infolge modifizierter Ziele. Die Gründe für Manager war eine Umstellung des Geschäfts bzw. der Marktausrichtung, um besser auf die Umwelt reagieren zu können.
Operationale Ziele Spezifizierte Ziele, die konkret die Ziele einer Organisation in konkrete Daten und Anforderungen überführen.
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Operationale Ziele sind spezifizierte Ziele, die konkret die lang- und kurzfristigen Ziele einer Organisation in konkrete Daten und Anforderungen überführen. Operationale Ziele lassen sich gut zur Messung der Effektivität einer Organisation einsetzen. Einige Ziele sind in X Tabelle 1.2 dargestellt. Die operationalen Ziele werden zum Beispiel eingesetzt, um festzustellen, ob Marktanteile steigen oder fallen oder ob die Kosten für Zulieferteile oder Verbrauchsgüter sich verändern.
1.3 Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte
Tabelle 1.2 Mission und Ziele von Amazon.com von 1995 bis 2005 Startpunkt „Amazon öffnete seine virtuellen Tore im Juli 1995 mit der Mission, das Internet als Plattform für den Verkauf von Büchern zu nutzen und dabei das Buchgeschäft in ein Einkaufserlebnis zu transformieren, das durch Schnelligkeit, Einfachheit und Vergnügen gekennzeichnet ist. Obwohl der Kundenstamm kontinuierlich wächst, wollen wir unser Commitment zur Kundenzufriedenheit und dem Anbieten inspirierender Einkaufserlebnisse weiter erhalten.“ Heute „Heutzutage ist Amazon.com der Platz, an dem so ziemlich alles zu finden ist, was man online kaufen möchte. Wir sind stolz, dass Millionen von Menschen in mehr als 220 Ländern uns zum führenden Online-Shop gemacht haben. Wir haben die weltweit größte Produktbreite, inklusive der umsonst erhältlichen Online-Grußkarten sowie Online-Auktionen und Millionen von Büchern, CDs, Videos, Spielzeug, Spiele, Elektronik, Küchenartikel, Computer und mehr.“
Operationale Ziele – beziehungsweise Kenngrößen – verdeutlichen, wie lange Entscheidungsprozesse dauern sollten – beziehungsweise dauern – und zeigen so, wie effizient eine Organisation ist und wo gezielt Handlungsbedarf besteht. Operationale Ziele und Kenngrößen sind eng verbunden mit dem Begriff des Benchmark, der in das bekannte Konzept des Benchmarkings mündet. Benchmarks erlauben einen Vergleich innerhalb des Unternehmens, aber auch mit Wettbewerbern oder Unternehmen aus anderen Branchen anhand bestimmter Messgrößen (Benchmarks55). Das Ziel eines Vergleichs anhand von Benchmarks ist, dass Kosten und Qualitäten verglichen werden können.56 Aus dem Vergleich lassen sich Potenziale zur Reduzierung von Kosten und zur Steigerung der Qualität ablesen. Sogar Innovationsprozesse lassen sich anhand bestimmter Benchmarks vergleichen, um die Qualität zu steigern.57 Zum Beispiel nutzte General Motors die Kosten und Qualitäten von Toyota zur eigenen Qualitätsverbesserung. Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenarbeit der Hypo-Vereinsbank mit dem Versandhandelsunternehmen OTTO zur damaligen Implementierung von Telefonbanking. Ein nahe verwandter Begriff sind operative Ziele. Operative Ziele sind kurzfristig angelegt und meist auch operationalisiert, also leicht überprüfbar. Sie werden strategischen Zielen gegenüber gestellt. Operative Ziele sind sehr viel spezifischer als strategische oder normative Ziele. Strategische Ziele sind weniger langfristig als normative Ziele angelegt und liegen quasi zwischen normativen und operativen Zielen. Operative Ziele sind auch meist weniger umfassend angelegt. Auf der sehr viel spezifischeren Ebene sollen sie gezielt das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter beeinflussen.
Operative Ziele Brechen die langfristigen und übergreifenden Ziele einer Organisation auf kleinere und kurzfristigere herunter.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Organisationen sind nicht überall gleich produktiv und leistungsfähig.58 Ein Beispiel ist General Motors (GM), das Unternehmen, dass 1975 noch sehr erfolgreich mit großen Automobilen war. Nur wenige Unternehmen konnten zu so geringen Preisen solche Fahrzeuge bauen. Allerdings wollten immer mehr Kunden nicht mehr diese großen Fahrzeuge mit extrem hohem Benzinverbrauch kaufen. General Motors konnte aber auch aufgrund seiner jahrelangen Spezialisierung auf diese Fahrzeuge nur langsam auf die veränderten Kundenbedürfnisse reagieren. Die Absatzzahlen stagnierten und gingen bergab und die Unternehmensleistung sank. Ein Grund für die schlechte Anpassung war auch eine kaum ausgeprägte Innovationsorientierung von General Motors. Verwunderlich war aber dennoch, dass General Motors nicht die Erfahrungen der europäischen Tochterunternehmen nutzen konnte, die erfolgreich mit der Produktion von Klein- und Mittelklassefahrzeugen waren. Ein weiterer Grund für die langsame Reaktion war in der schlechten Koordination der internen Ressourcen begründet. Die Firma wurde von wenigen mächtigen Führungskräften geleitet, die keine Erfahrungen mit Klein- und Mittelklassewagen hatten und die nicht wahrnehmen wollten, dass immer mehr US-Amerikaner Klein- und Mittelklassefahrzeuge aus Europa und später Japan kauften. Schließlich dauerte es circa 20 Jahre, bis sich General Motors von den erheblichen Problemen erholen konnte, aus den Fehlern lernte und eine adäquate Organisationsstruktur schaffte. Bis in die späten 1990er-Jahre lag General Motors hinter Ford und Chrysler.59 Zurzeit sind viele japanische und deutsche Hersteller immer noch erfolgreicher. Die Effektivität steigt jedoch kontinuierlich an. Folglich müssen Manager sehr umsichtig sein, wenn sie Ziele und Kenngrößen zur Messung von Effektivität definieren. Dies betrifft auch die verschiedenen Felder: Kontrolle, Innovation und Effizienz. Dabei muss darauf geachtet werden, dass möglichst geringe Spannungen zwischen den oft konfliktären Zielen auf den drei Feldern auftreten.
1.3.5 Aufbau dieses Buches Um zu verstehen, wie die Gestaltung und der Wandel von Organisationen ablaufen sollen, ist es zunächst einmal wichtig zu verstehen, wie Unternehmen ihre Umwelt beeinflussen und wie sie umgekehrt von der Umwelt beeinflusst werden. Ferner ist es wichtig, die Prinzipien der Organisationsgestaltung und der organisationalen Veränderung zu begreifen. Mit diesem Wissen können Manager die Kompatibilität bzw. Vereinbarkeit einer Organisation mit ihrer Umwelt besser verstehen und auch gestalten. Um letztlich diesen Lernprozess zu erleichtern, sind die Kapitel dieses Buches so aufgebaut, dass jedes Kapitel auf dem aufbaut, was in dem Kapitel zuvor besprochen wurde. X Abbildung 1.6 zeigt,
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1.3 Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte
wie die verschiedenen Kapitel zusammenspielen, und außerdem ein Modell, wie verschiedene Komponenten der Organisationsgestaltung und des organisationalen Wandels miteinander zusammenhängen. 1. Teil: Organisationen und ihre Umwelt
1. Kapitel Begriff und Effektivität von Organisationen 2. Kapitel Stakeholder, Manager und Ethik
3. Kapitel Management in einer sich wandelnden globalen Umwelt
2. Teil: Organisationsgestaltung
4. Kapitel Grundlegende Herausforderungen bei der Organisationsgestaltung
5. Kapitel Gestaltung der Organisationsstruktur: Autorität und Kontrolle
6. Kapitel Gestaltung der Organisationsstruktur: Spezialisierung und Koordination
7. Kapitel Aufbau und Lenkung der Unternehmenskultur
8. Kapitel Organisationsgestaltung und -strategie in einem sich verändernden globalen Umfeld
3. Teil: Wandel von Organisationen
11. Kapitel Transformationsprozesse von Organisationen: Gründung, Wachstum, Rückgang und Auflösung
9. Kapitel Organisationsgestaltung im Kontext von Kompetenzen und Technologien
10. Kapitel Typen und Formen von organisationalem Wandel
12. Kapitel Entscheidung, Lernen und Wissensmanagement
13. Kapitel Innovation, Intrapreneurship und Kreativität
14. Kapitel Konfliktmanagement, Macht und politische Prozesse
Abbildung 1.6: Komponenten der Organisationstheorie, -gestaltung und des Wandels
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Im Hinblick auf mittlerweile verschiedene bekannte Fälle, wo sichtbar wurde, dass Unternehmen nicht vollends ethisch gehandelt haben, zum Beispiel Enron, Arthur Andersen oder WorldCom, ist es darüber hinaus wichtig herauszustellen, dass ethische Werte in Organisationen eine hohe Bedeutung haben sollten. Ethische Werte und organisationale Effektivität sollten letztlich auch zusammenspielen, weil Manager dafür verantwortlich sind, das langfristige Überleben ihres Unternehmens sicherzustellen. In Kapitel 2 wird deshalb die Rolle der Topmanager besprochen, die letztlich den verschiedenen Stakeholdern verpflichtet sind. Dabei wird auch auf ethische Aspekte eingegangen, die in Zusammenarbeit mit diesen Gruppen auftreten. Es darf nicht vergessen werden, dass die Umwelt, in der die Organisation agiert, sehr stark von Unsicherheit gekennzeichnet ist. Unsicherheit entsteht, weil Unternehmen sich nicht sicher sein können, dass Endkunden ihre Produkte wertschätzen, dass Lieferanten pünktlich und in guter Qualität liefern und dass die gesamte Wirtschaftslage positiv ist. Da immer wieder Unsicherheitssituationen auftreten, wenn auch nicht immer mit so starken Folgen wie eben geschildert, so müssen Manager doch immer wieder darüber nachdenken, welche Einflüsse von der Umwelt ausgehen und welche Wirkung diese haben. Letztlich ist dies dann auch wieder bei der Organisationsgestaltung zu berücksichtigen. Kapitel 3 zeigt einen Ansatz, wie auf die Umwelt reagiert werden kann, die eben eine Quelle der Unsicherheit ist. Ferner werden Theorien vorgestellt, die erklären, wie Unternehmen mit Unsicherheiten umgehen können, zum Beispiel beschäftigt sich die Theorie der Ressourcenabhängigkeit damit, wie Organisationen stärkere Kontrolle über rare Ressourcen erreichen können. Die Transaktionskostentheorie zeigt hingegen, wie Organisationen unter der Berücksichtigung der Reduzierung von Transaktionskosten ihre Beziehung zu externen Partnern managen können.
Organisationsgestaltung Die Gestaltung von Organisationen wird durch mannigfaltige Einflüsse aus der Umwelt und letztlich auch im Unternehmen erschwert. Verschiedene Kategorien von Einflussfaktoren, zum Beispiel die Umwelt des Unternehmens, die Strategie, die Technologie und interne Prozesse verursachen Unsicherheit. Der Umgang damit verlangt immer wieder Entscheidungen über die richtige Struktur, aber auch eine Lenkung der Kultur. Innerhalb dieses Buches schauen wir uns an, welche Unsicherheiten existieren und wie Organisationen diese managen können.
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1.3 Effektivitätsbeurteilung durch Führungskräfte
Die Kapitel 4 bis 7 untersuchen daher verschiedene Prinzipien, auf deren Basis Organisationen agieren, und mögliche Entscheidungen und Entscheidungssituationen, die bei der Gestaltung und Veränderung von Strukturen und Kulturen durchgeführt werden können. Diese Kapitel zeigen auch, dass oft sehr ähnliche grundlegende Probleme in Organisationen auftreten und zwar in verschiedensten Arbeitszusammenhängen. Dabei sollten immer wieder solche Organisationsstrukturen gebildet werden, die effektiv auf diese Herausforderung reagieren können. Kapitel 8 diskutiert deswegen insbesondere, wie eine bessere Anpassung zwischen Umwelt und den Strukturen und Strategien eines Unternehmens hergestellt werden kann. Dabei geht es darum, wie Unternehmen funktionale, Geschäftsfeld- und Gesamtunternehmensstrategien entwickeln können, um ihre Kontrolle und den Besitz von raren Ressourcen zu gestalten. Letztlich geht es auch um globale Strategien, die gewählt werden können, um die Aktivitäten weltweit zu vergrößern. Unsicherheiten, die mit bestimmten Produktionsmethoden oder Technologien verbunden sind, sind auch Aspekte, welche die Organisationsgestaltung berücksichtigen muss. Kapitel 9 befasst sich mit Theorien, die genau solche Zusammenhänge diskutieren.
Organisationaler Wandel Der dritte Teil dieses Buches beschäftigt sich mit der Veränderung und dem Wandel von Organisationen, die angegangen werden, um die Effektivität zu steigern. Im weiteren Fokus steht die Frage, wie Organisationen ihre internen Systeme und ihre Innovationskraft verbessern können und wie sie neue Informationstechnologien nutzen können. Beides erlaubt eine bessere und schnellere Anpassung an Umweltveränderungen. Kapitel 10 beschäftigt sich mit dem Wesen von organisationalem Wandel. Dabei werden unterschiedliche Wege aufzeigt, wie Wandel erfolgen kann, zum Beispiel durch Restrukturierung, Umgestaltung von Geschäftsprozessen und Innovationsmanagement. Kapitel 11 zeigt zudem ein Modell unterschiedlicher Faktoren auf, die Manager bedenken müssen, wenn sie eine bessere Anpassung an die Umwelt herbeiführen wollen. Organisationen stehen nicht still. Sie sind ständig in Bewegung. Unterschiedlichste interne Prozesse laufen ab. Während ihres Wachstums und ihrer Reife erfahren sie immer wieder Krisen. Im Wandelprozess selbst sind sie ähnlichen Krisen und Problemen ausgesetzt. Kapitel 10 geht darauf ein und zeigt Modelle der Organisationsentwicklung mit typischen Problemen, die während der Entwicklung und Veränderung von Organisationen auftreten.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Sinnvolle Veränderung basiert regelmäßig auf Lernprozessen. Deshalb diskutiert Kapitel 12 Modelle des organisationalen Lernens. Dabei wird auch auf Entscheidungsprozesse und die Nutzung von Informationstechnologien eingegangen. Zunächst erfolgt die Beschreibung von Entscheidungsprozessen. Dann geht das Kapitel der Frage nach, wie und warum Manager Fehler machen. Die Diskussion beschränkt sich dabei nicht nur auf die strategischen, sondern umfasst auch die ethischen Fehlentscheidungen. Das Kapitel geht sodann darauf ein, wie Manager solche Fehler vermeiden können, aus ihren Fehler lernen und ganz generell mehr lernen können. Schließlich wird beleuchtet, wie neue Informationstechnologien Organisationen in ihrer Struktur und Kultur beeinflussen. Das 13. Kapitel nimmt sich genauer den Themen Innovation und Projektmanagement an. Projektmanagement besitzt eine hohe Bedeutung für das Innovationsmanagement, indem es verbesserte Möglichkeiten zur Zusammenarbeit in Prozessen liefert. So lassen sich eine gesteigerte Geschwindigkeit und die Verbesserung der Qualität der Neuproduktentwicklungen realisieren. Innovationen sind dabei ein wichtiges Thema für die meisten Unternehmen, insbesondere solche, die auf internationalen Märkten agieren. Schlussendlich beschäftigt sich das 14. Kapitel mit Problemen aufgrund von politischem Verhalten und Konflikten in Organisationen. Diese treten häufig auf, wenn Organisationen verändert werden sollen. Sie können die Effektivität, aber auch den Wandel von Organisationen stark behindern. So zeigen die unterschiedlichen Kapitel dieses Buches sehr umfassend auf, wie die komplexen sozialen und organisationalen Prozesse gehandhabt werden können, um Wandel zu ermöglichen und um die Effektivität zu steigern.
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Zusammenfassung
Z U S A M M E N F A S S U N G Dieses erste einführende Kapitel zeigte, was Organisationen sind und warum sie existieren. In diesem Kontext wurde darauf hingewiesen, worin die Bedeutung und der Nutzen von Organisationstheorien, Organisationsgestaltung beziehungsweise -design und organisationalem Wandel liegen. Ferner sollte deutlich werden, dass Organisationen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und beurteilt werden können. Organisationen spielen eine zentrale Bedeutung in Gesellschaften. Dabei ist es wichtig zu wissen, wie Organisationen Nutzen und Werte schaffen und ihre eigene Effektivität steigern können. 1.
Organisationen sind Mittel, mit denen Menschen ihre Aktivitäten koordinieren und etwas erreichen, das sie haben wollen oder wertschätzen, und damit letztlich ein Mittel, um ihre Ziele zu erreichen.
2.
Organisationen sind Systeme, die Leistungen auf der Basis der Transformation von Input aus der Umwelt unter Nutzung von internen Fähigkeiten und Wissen erzielen.
3.
Durch die Bildung von und Teilnahme an Organisationen können Menschen Spezialisierungen auf- und ausbauen sowie Vorteile auf der Basis der Arbeitsteilung schaffen. Dabei nutzen sie Technologien, handhaben die externe Umwelt, reduzieren Transaktionskosten und setzen Macht und Kontrolle ein. All dies kann die von einer Organisation geschaffenen Werte verbessern.
4.
Organisationstheorien beschäftigen sich damit, wie Organisationen funktionieren und wie sie von der Umwelt beeinflusst werden beziehungsweise die Umwelt selbst beeinflussen.
5.
Die Organisationsstruktur ist das formelle System, bei dem Aufgaben und Weisungsrechte definiert werden, die bestimmen, wie Organisationsmitglieder ihre Aktivitäten koordinieren und wie sie ihre Ressourcen einsetzen, um die Ziele der Organisation zu erreichen.
6.
Mit der Organisationskultur wird ein System aus gemeinsam geteilten Werten und Normen erfasst, die sich auf die Interaktionen zwischen Organisationsmitgliedern auswirken. Die Organisationskultur strahlt aber auch auf die Beziehungen zu Personen außerhalb des Unternehmens ab, zum Beispiel auf Lieferanten und Kunden.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
7.
Organisationsgestaltung betrifft den Prozess, bei dem Führungskräfte bestimmte Strukturmerkmale und Aspekte der Unternehmenskultur bestimmen, um die Ziele der Organisation zu kontrollieren und letztlich zu erfüllen. Die Organisationsgestaltung hat wichtige Implikationen für das Erreichen von Wettbewerbsvorteilen, den Umgang mit Kontingenzen, Unsicherheit und Diversitäten. Dadurch wirkt sich das Design der Organisation auf die Effektivität und Fähigkeit aus, erfolgreich neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und zu vertreiben.
8.
Organisationaler Wandel kann ein geplanter und ein ungeplanter Prozess sein, bei dem sich Organisationen verändern und dabei ihre Strukturen und Kulturen ändern. Geplanter Wandel wird initiiert, um die Anpassung an eine veränderte Umwelt zu ermöglichen, die Effektivität der Organisation zu erhöhen und damit letztlich die Leistungsfähigkeit zu steigern.
9.
Führungskräfte können drei unterschiedliche Ansatzpunkte verfolgen, um die Effektivität einer Organisation zu beurteilen: Den externen Kontrollansatz, den internen Systemansatz und den technischen Ansatz. Jeder dieser Ansätze ist mit verschiedenen Kriterien verbunden, die eingesetzt werden können, um Ziele und die Effektivität der Zielerreichung zu messen.
Diskussionsfragen
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1.
Wie schaffen Organisationen Werte? Was ist die Rolle von unternehmerischem Verhalten, also Entrepreneurship?
2.
In welcher Beziehung stehen Organisationstheorie, Organisationsgestaltung, organisationaler Wandel sowie Organisationsstrukturen und die Organisationskultur?
3.
Was bedeutet organisationale Effektivität? Diskutieren Sie drei unterschiedliche Ansätze zur Messung von Effektivität und deren jeweilige Probleme!
4.
Erstellen Sie eine Liste mit Effektivitätskriterien, die Sie nutzen würden, um die Leistung a) eines Schnellrestaurants, b) einer Universität, c) eines Krankenhauses und d) eines Automobilproduzenten zu messen!
Organisationstheorie und Praxis
Organisationstheorie und Praxis Diskutieren Sie! Bilden Sie Gruppen von drei bis fünf Personen und diskutieren Sie folgendes Szenario: Stellen Sie sich eine Organisation vor, die Sie alle gut kennen, zum Beispiel ein Restaurant, ein Einzelhandelsgeschäft oder eine Bank. Überlegen Sie sich dann, welche Leistungen in ein solches offenes System eingehen und es wieder verlassen wie etwa Inputs, Transformationsprozesse und Outputs.
Die Dynamik offener Systeme 1.
Identifizieren Sie nun, welchen Wirkungen aus der Umwelt diese Organisation ausgesetzt ist. Welche haben einen stark hinderlichen oder förderlichen Einfluss auf die Akquisition von externen Ressourcen und die Produktion von Ergebnissen?
2.
Diskutieren Sie in Anbetracht der drei unterschiedlichen Perspektiven von Effektivität, welche unterschiedlichen Messinstrumente möglichst sinnvoll bei der Bewertung der Effektivität sind.
Aus ethischer Sicht Eine ethisch orientierte Übung kann Ihnen helfen zu verstehen, wie Organisationen, wenn Sie unethisch handeln, Menschen schaden können. Überlegen Sie sich Beispiele, wie Menschen in einem Krankenhaus unethisch handeln können, zum Beispiel Ärzte oder Krankenschwestern gegenüber Patienten. Stellen Sie sich dann vor, wie gehandelt werden würde, wenn das Krankenhaus ethische Standards hätte. 1.
Fertigen Sie eine Liste der ethischen und nicht ethischen Verhaltensweisen an.
2.
In welcher Beziehung stehen diese Verhaltensweisen zu Versuchen von Ärzten oder Krankenschwestern, die Effektivität ihrer Organisation zu erhöhen oder ihre eigenen Ziele zu verfolgen?
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1
BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Setzen Sie die Theorie um Am Ende jedes Kapitels befindet sich eine Übungsaufgabe, die das Gelernte mit aktuellen Beispielen verknüpfen soll. Hierzu sollen Sie in Zeitungen, Zeitschriften oder dem Internet nach einem realen Beispiel eines Unternehmens suchen, das sich mit den Inhalten, Herausforderungen, Fragen und Problemen des Kapitels beschäftigt. Suchen Sie nun nach einem Unternehmen, das seine Effektivität verbessern möchte. Welche Dimension der angesprochenen Effektivität (Kontrolle, Innovation, Effektivität) versucht dieses Unternehmen zu verbessern? Welche Veränderungen werden angestrebt?
Maßgeschneidert Um Ihnen einen Einblick zu geben, wie reale Organisationen arbeiten, befindet sich am Ende jedes Kapitels an dieser Stelle ein „Modul“, für das Sie Informationen suchen und analysieren müssen. Suchen Sie sich eine Organisation aus, für die Sie die Fragestellungen am Ende eines jeden Kapitels bearbeiten. Die Ergebnisse können Sie Ihren Kommilitonen präsentieren. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, eine Organisation auszuwählen. Eine ist, eine Organisation zu wählen, über die bereits viel geschrieben wurde. Hier können Sie viele Informationen in Tageszeitungen, Fachzeitschriften und dem Internet finden. Meist sind das so viele Informationen, dass Sie diese gründlich ordnen und systematisieren müssen. Die andere Möglichkeit ist, eine Organisation auszuwählen, die ganz deutliche Stärken und Schwächen aufweist. Dazu können Sie auch eine Organisation in Ihrer regionalen Nähe auswählen und sich dann Informationen durch eigene Interviews und Gespräche beschaffen, die nicht in publizierten Quellen enthalten sind. Hierdurch erhalten Sie ein sehr reichhaltiges und spezifisches Bild einer Organisation, das zu einem vertieften Verständnis führt. Das Problem bei dieser Auswahl liegt darin, dass die Organisation groß genug sein muss, um die verschiedenen Probleme, die in diesem Buch angesprochen werden, auch aufzuweisen. Wählen Sie daher eine Organisation aus, die zumindest 20 Mitarbeiter beschäftigt und drei Hierarchieebenen hat. Ferner sollten Sie frühzeitig sicherstellen, dass die Mitarbeiter der Organisation auch Informationen herausgeben und Interviews führen wollen. Egal, wofür Sie sich entscheiden, denken Sie daran, dass Sie ausreichend Informationen über die Organisation bekommen müssen, wie etwa über die Organisationskultur, die Strategie und Innovationsprozesse.
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Organisationstheorie und Praxis
Gedankenspiel Wenn Sie eine Organisation ausgewählt haben, beantworten Sie die folgenden Fragen: 1.
Wie lautet der Name der Organisation? Skizzieren Sie einen kleinen Abriss der historischen Entwicklung! Beschreiben Sie, wie sich die Organisation entwickelt hat!
2.
Was macht die Organisation? Was sind die Geschäftsfelder? Welche Produkte werden produziert oder hergestellt? Was für Werte werden erbracht? Fertigt die Organisation einen jährlichen Bericht an und was enthält dieser?
3.
Fertigen Sie ein Modell an, das zeigt, wie die Organisation Werte schafft! Beschreiben Sie kurz die Inputs, Transformationsprozesse, Outputs und in welcher Umwelt die Organisation agiert!
4.
Erstellen Sie eine erste Analyse der zentralen Probleme der Organisation! Mit welchen Herausforderungen wird die Organisation zurzeit konfrontiert – sind es zum Beispiel Kostenreduzierungen oder Effizienzsteigerungen? In welcher Beziehung steht das Design der Organisation zu diesen Problemen?
5.
Lesen Sie die Jahresberichte und beschreiben Sie, welche Ziele, Standards und Methoden die Organisation einsetzt, um ihre Leistung zu beurteilen? Wie gut ist die Organisation, wenn man sie anhand der Kriterien Kontrolle, Innovation und Effizienz beurteilt?
Übungsaufgaben mit Lösungen sowie weitere Fallstudien finden Sie auf der Companion-Website zum Buch unter http://www.pearson-studium.de.
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Fallstudie
Wandel über Wandel bei AOL-Time Warner Als sich America Online und Time Warner zusammenschlossen und so den globalen, 97 Milliarden US-Dollar schweren Unterhaltungsmedienund Informationstechnologie-Giganten AOL-Time Warner formten, wurde Bob Pittman die Verantwortung für die organisationale Gestaltung und die Lenkung des Wandlungsprozesses übertragen.60 Worin genau bestand Pittmans Aufgabe? Er sollte den besten Weg finden, die Mitarbeiter und Ressourcen beider Unternehmen effizient und effektiv zu kombinieren, um für die Kunden mehr Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können, wie etwa Internet, TV und Video-on-Demand, und so den Profit zu steigern. Pittmans Herausforderung bestand darin, einen Weg zu finden, alle Manager des Unternehmens nicht nur dazu zu bringen, sich auf ihre jeweiligen Aufgaben und Rollen zu konzentrieren, sondern gleichzeitig über Wege nachzudenken, wie die beträchtlichen Ressourcen des Unternehmens über die gesamte Organisationsstruktur hinweg genutzt werden konnten. Zum Beispiel musste Pittman die Manager des Time Magazine dazu bringen, darüber nachzudenken, wie sie die Internet-Präsenz von AOL dazu nutzen konnten, die Auflage und die Werbeeinnahmen ihres Magazins zu erhöhen. Er musste auch AOL-Manager dazu bringen, darüber nachzudenken, wie sie ihre Dienstleistungen am besten in das Kabelnetz von Time Warner transferieren konnten und wie sie die Kabelkunden dazu bringen würden, sich bei den Internet-Services von AOL zu registrieren. Pittman wurde mit dieser entscheidenden Aufgabe betraut, weil er bereits große Erfolge beim Management von organisationsweitem Wandel bei AOL vorzuweisen hatte, als AOL viele kleine dot.com-Unternehmen gekauft hatte, um die eigene Angebotspalette zu erweitern. Pittman ist bekannt für sein diplomatisches Geschick und seine Fähigkeit, das, was er will, eher durch Überzeugung als durch Anordnung zu bekommen. Auch kann er Manager aus verschiedenen Organisationsteilen zu einem Team zusammenschmieden. So machte er Kooperation statt Wettbewerb zu einem Kernwert der Unternehmenskultur von AOL. Pittmans Erfolg gründete auf der Beachtung eines entscheidenden Faktors: dem Kostenmanagement. Sein Aufstieg in der AOL-Hierarchie beruhte teilweise auf seinem großen operationalen Geschick und darauf, dass er Möglichkeiten erkannte, Strukturen so aufzubauen oder zu ändern, dass Kosten gesenkt und neue Produkte schneller auf den Markt gebracht werden konnten. Pittman erreichte dies durch eine Dezentralisierung der Verantwortung auf die Manager und durch das Aufstellen ehrgeiziger Ziele für jeden Manager und jeden Unternehmensteil. Ein Ziel bestand darin, im ersten Jahr die Einnahmen um 12 bis 15 Prozent zu steigern und mehr als 1 Milliarde US-Dollar Kosten einzusparen. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, setzte Pittman seinen Topmanagern Ziele für Einnahmen und Einsparungen; diese wiederum legten Ziele für ihre Mitarbeiter fest, und so wurden die Ziele über die gesamte Organisationsstruktur verteilt.
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Fallstudie
Pittman koordinierte auch Meetings mit unzähligen Managern aus unterschiedlichen Bereichen und aus allen Ebenen des Unternehmens, die wöchentlich zusammenkamen, um zu diskutieren, Entscheidungen zu treffen und sich darüber auszutauschen, wie sie nützliche neue Produkte oder Dienstleistungen kreieren konnten, welche die Kunden kaufen würden.61 Zahllose Meetings fanden statt, um zu entscheiden, welche Vorgehensweisen oder Ziele für das neue Unternehmen gewählt werden sollten.62
Fallstudie
Ein massives Hindernis, dem er sich gegenübersah, waren die äußerst unterschiedlichen Strukturen und Kulturen, welche die zuvor getrennten Unternehmen aufwiesen. Die alte Time-Warner-Kultur war in ihrer Natur sehr hierarchisch; sie war bürokratisch und die Entscheidungsfindung erfolgte langsam. Bei AOL auf der anderen Seite waren die Manager an das sich schnell ändernde Umfeld des Internets und der ITIndustrie gewöhnt. Sie trafen Entscheidungen schnell und in Teamarbeit. Pittman, der von AOL kam, entschied, dass die AOL-Organisation im neuen Unternehmen am erfolgreichsten sein würde. Er stellte Teams aus AOL- und Time-Warner-Managern zusammen, wobei die AOLManager die Führung übernehmen sollten und die Verantwortung für die Entwicklung einer Organisationsstruktur bekamen, die neue Produkte schnell auf den Markt bringen konnte. Wie sich zeigte, waren Pittmans große Anstrengungen für den Wandel des Unternehmens nach der Implosion der Aktienkurse der dot.comUnternehmen und der Rezession der frühen 2000er-Jahre nicht genug. Der Einbruch des AOL-Aktienkurses brachte das Vorstandsgremium dazu, sich auf die Seite alteingesessener Time-Warner-Führungskräfte zu stellen. In der Folge fand ein Machtkampf statt, in dem Pittman und die meisten anderen AOL-Manager ihre Führungsrolle verloren; die alten Time-Warner-Führungskräfte übernahmen die Kontrolle über das Unternehmen.63 Im Jahr 2002 erhielt ein neuer Mann, Jonathan Miller, den Auftrag für die Restrukturierung von AOL. Er sollte ein Internetportal formen, das auf Augenhöhe mit Yahoo! und MSN um die milliardenschweren Werbeeinnahmen konkurrieren konnte, um die es bei Online-Werbung geht. Im Jahr 2005 zeigte sich der Erfolg seiner Anstrengungen, als AOL ein potenzieller Übernahmekandidat für Firmen wie Microsoft und Yahoo! wurde. Allerdings entschied sich Time Warner 2005 dafür, AOL nicht auszugliedern; stattdessen sollte eine Marketing-Allianz mit Google oder Microsoft gebildet werden. Ob es zu einer Spaltung zwischen den beiden Unternehmen kommen sollte, war im Jahr 2005 noch unklar.
79
1
BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
Fallstudie
Diskussionsfragen 1.
Welchen organisationalen Problemen sah sich Bob Pittman beim Managen des neuen, aus einer Fusion entstandenen Unternehmens gegenüber?
2.
Welche Schritte hat er unternommen, um diese Probleme zu lösen?
3.
Auf welche Weise könnte eine Aufteilung von Time Warner und AOL die Effektivität beider Unternehmen steigern? Warum könnte es besser sein, beide in einer einzigen Organisationsstruktur zusammenzuhalten?
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Fußnoten
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44 45 46 47 48 49 50 51 52 53
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BEGRIFF UND EFFEKTIVITÄT VON ORGANISATIONEN
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Stakeholder, Manager und Ethik Beispiel 2.1: Aus der Praxis – Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 2.2: Aus der Praxis – Southwest Airlines. . . . . . . . . . .
2.2 Effektivität von Organisationen: Zufriedenstellung von Stakeholdern . . . . . . . . . . . . .
2
85 87 91
Beispiel 2.3: Aus der Praxis – Columbia . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94 98
2.3 Topmanager und Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
2.4 Prinzipal-Agenten-Theorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 2.5 Topmanager und Ethik der Organisation . . . . . . . . . 110 Beispiel 2.4: Aus der Praxis – Gilette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Beispiel 2.5: Aus der Praxis – Kinderarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . 117
2.6 Bildung einer ethischen Organisation . . . . . . . . . . . . 124
ÜBERBLICK
2.1 Stakeholder einer Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
Lernziele Organisationen existieren, weil Menschen ihre Güter oder Leistungen schätzen. Insbesondere bei Unternehmen geht es darum, solche Güter und Dienstleistungen zu erzeugen, die die Kunden wertschätzen. Aber wer entscheidet, welche Güter eine Organisation anbieten sollte? Wer entscheidet, wie der Ertrag einer Organisation, generiert zwischen den verschiedenen Individuen, insbesondere den Mitarbeitern, Kunden und Aktionären, aufgeteilt werden soll? Welche Mechanismen bestimmen den Weg, wie eine Organisation am besten ihre Ressourcen nutzt, wenn Menschen eigennützig handeln? Wie kann eine Organisation bestimmte Gruppen davon abhalten, ihren eigenen Anteil des generierten Wertes zu maximieren? Diese Fragen sind seit einigen Jahren hoch brisant: diskutiert werden ethische Fragen im Rahmen von Organisationen, insbesondere von Unternehmen und ihrem Topmanagement. Ethische Fragen sind so grundlegend, dass sie Vorrang gegenüber der Frage, wie Organisationen mit Blick auf eine Effektivitätssteigerung gestaltet werden sollten, haben. Nachdem Sie dieses Kapitel durchgearbeitet haben, sollten Sie:
84
1.
Identifizieren können, wer die verschiedenen Stakeholder eines Unternehmens sind und welche Interessen sie haben.
2.
Verstehen, welche Entscheidungen und Probleme bei der Aufteilung des Wertbeitrags einer Organisation auftreten.
3.
Einschätzen können, wer in Organisationen die Autorität hat und wer an der Spitze des Unternehmens verantwortlich ist. Ferner sollten Sie zwischen verschiedenen Ebenen des Managements unterscheiden können.
4.
Das Auftragnehmerproblem beschreiben können, das in allen Weisungsbeziehungen existiert, und darüber hinaus Mechanismen aufzeigen können, wie zum Beispiel Aufsichtsrat, Vorstand sowie Aktienoptionen genutzt werden können, um ungesetzliches und unethisches Verhalten der Manager zu kontrollieren.
5.
Die bedeutsame Rolle von ethischen Grundhaltungen zur Kanalisierung von Aktivitäten von Managern und Mitarbeitern diskutieren können und überlegen, welche Folgen diese Einstellungen für den langfristigen Erfolg des Unternehmens haben.
2.1 Stakeholder einer Organisation
2.1
Stakeholder einer Organisation
Organisationen existieren, weil sie Erträge und Wertbeiträge mit Rückflüssen für verschiedene Gruppen von Stakeholdern generieren können. Stakeholder sind Menschen, die einen Beitrag leisten, ein Interesse oder einen Anspruch an die Organisation haben und dann beeinflussen, was Organisationen überhaupt und wie gut sie etwas erbringen.1 Der Begriff des Stakeholders betont die direkte oder indirekte Teilhabe an einer Organisation durch ein in Ansprüchen artikuliertes Interesse – das „Stake“ – an der Organisation.
Stakeholder Menschen, die einen Anspruch an oder einen Bezug zu einer Organisation haben und damit beeinflussen können, was die Organisation tut und wie leistungsfähig sie ist.
Das Stakeholder-Konzept geht davon aus, dass durch die Kooperation dieser Interessensgruppen bestimmte Organisations- und insbesondere Unternehmensziele besser erreicht werden können. Diese Gruppen oder Einzelpersonen – die Stakeholder – beeinflussen aktiv Entscheidungen und stellen im Gegenzug Ressourcen zur Erreichung von Zielen der Organisation zur Verfügung. Generell sind Stakeholder motiviert, an einer Organisation teilzunehmen, weil sie Anreize haben und Rückflüsse erhalten, die höher sind als der Wert der Beiträge, die sie an die Organisation leisten müssen.2 Rückflüsse und Anreize umfassen Gegenleistungen wie Geld, Macht und organisationaler Status. Beiträge umfassen auch Geld sowie Fähigkeiten, Wissen und Expertentum. Um die Beiträge und den Nutzen des Konzepts zu messen, wurde ein Messkonzept entwickelt, der Return on Stakeholder (RoSt). Dieser verdeutlicht, wie viel Wert die Organisation ihren Stakeholdern im Marktdurchschnitt generiert hat. Hierdurch lässt sich vergleichen, wie viel Wert ein vergleichbarer Stakeholder bei einem vergleichbaren Unternehmen geschaffen hätte. Wir können zwei zentrale Gruppen von Stakeholdern in einer Organisation unterscheiden: die internen und die externen Stakeholder. Die Beiträge und Leistungen jeder Gruppe sind in X Tabelle 2.1 aufgelistet.3
Rückflüsse und Anreize Belohnung wie Geld, Macht oder organisationaler Status.
Beiträge Fähigkeiten, Wissen und Expertentum, das von Organisationen benötigt wird, damit ihre Mitglieder Aufgaben erledigen können.
2.1.1 Interne Stakeholder Interne Stakeholder sind Menschen, die sehr eng mit der Organisation verbunden sind und eine sehr direkte Beziehung zu den organisationalen Ressourcen haben. Es sind Aktionäre (im Folgenden auch oft als Shareholder bezeichnet), Führungskräfte (Manager) und natürlich Personal beziehungsweise Arbeitskräfte.
Eigentümer, vorrangig Aktionäre Eigentümer von Organisationen bei Kapitalgesellschaften sind für gewöhnlich die Gesellschafter, zum Bespiel Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Komplementäre und Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (KG). Ferner gibt es nach
85
2
STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
deutschem Recht weitere Formen von Gesellschaftern, etwa die einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder die einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR). Immer wieder finden sich auch Anteilseigner von Genossenschaften (Genossenschafter) oder Vereinen (dann Mitglieder) sowie die Eigentümer von Einzelfirmen. Darüber hinaus existieren Mischformen sowie Stiftungen. Die Gesellschafter vieler dieser Organisations- und Unternehmensformen haben im Regelfall direkteren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft als die Aktionäre bei Aktiengesellschaften. Aktionäre sind die Eigentümer von Organisationen, welche die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) gewählt haben. Das weite Feld der Rechtsformen soll aber hier nicht weiter diskutiert werden. Da viele größere Unternehmen die Rechtsform der AG wählen auch wenn hier nur ein indirekter Einfluss der Aktionäre auf die Geschäftsführung existiert, wenden wir uns nun den Aktionären zu.
Tabelle 2.1 Anreize und Beiträge von Stakeholdern STAKEHOLDER
Beitrag zur Organisation
Anreize zum Beitrag
Aktionäre
Geld und Kapital
Dividende
Manager
Fertigkeiten und Expertise
Gehälter, Bonuszahlungen, Status, Macht
Arbeitskräfte
Fertigkeiten und Expertise
Löhne, Bonuszahlungen, stabile Beziehungen und Karrieremöglichkeiten
Kunden
Erträge durch den Kauf von Produkten und Dienstleistungen
Qualität und Wert von Gütern und Dienstleistungen
Lieferanten
Hochqualitative Inputs
Erträge vom Verkauf der Inputs
Regierung
Regeln über Geschäftspraktiken
Fairer und freier Wettbewerb
Gewerkschaften
Freier Handel
Gerechte Aufteilung der Rückflüsse
Kommunen
Soziale und ökonomische Infrastruktur
Erträge, Steuern und Beschäftigung
‚Allgemeine‘ Öffentlichkeit
Kundentreue und Reputation
Nationalstolz
Intern
Extern
Aufgrund ihrer Eigentümerschaft wird der Anspruch von Aktionären an die Organisation als vorrangig gegenüber anderen Stakeholdern beurteilt. Der Beitrag der Aktionäre liegt darin, dass sie Geld investieren, indem sie Aktien der Organisation kaufen. Aktionäre werden teilweise mit dem angloamerikanischen Begriff ‚Shareholder‘ bezeichnet.
86
2.1 Stakeholder einer Organisation
Aus diesem leitet sich auch ein ganzes Konzept ab, das des Shareholder Values. Das Shareholder-Value-Konzept umfasst eine Orientierung des Unternehmens an der Generierung von Rückflüssen für die Aktionäre. Der Anreiz für Shareholder, Aktien zu kaufen, liegt darin, dass sie Rückflüsse in Form von Dividenden oder gestiegenen Aktienpreisen generieren können. Investitionen in Aktien sind riskant, weil es keine Garantie für Rückflüsse gibt. Aktionäre, die nicht daran glauben, dass es kurz- oder langfristig Rückflüsse für ihre Investments gibt, werden ihre Aktien wieder verkaufen und somit ihre Unterstützung für die Organisation zurückziehen. Wie das folgende Beispiel zeigt, sind mehr und mehr große institutionelle Investmenthäuser Aktionäre, die ihre Interessen schützen und gewissermaßen eine kollektive Macht einsetzen, um die Organisation zu beeinflussen.
Beispiel 2.1
AUS DER PRAXIS – INVESTOREN Der zunehmende Einfluss von Investoren
Der Zusammenbruch des Aktienmarktes zu Beginn des Jahrtausends zeigte den großen Fondsgesellschaften wie Fidelity oder auch TIAA/CREF ihre zunehmende Verantwortung für ihre Investoren, die Milliarden in den Pensionsfonds der Gesellschaften verloren hatten.4 Im Besonderen sahen die Kapitalanlagegesellschaften eine steigende Verantwortung darin, unethische und illegale Verhaltensweisen zu unterbinden, die auch den Kollaps von Enron, WorldCom, Tyco, Arthur Andersen und vielen anderen Unternehmen verursacht hatten, weil deren unseriöse Bilanzierungspraktiken zu einem Verfall ihrer Aktienkurse führten. Wie können Kapitalanlagegesellschaften also in den laufenden Betrieb eines Unternehmens eingreifen? Sehen wir uns einmal das California Public Employees Retirement System (CalPERS) an, den größten Pensionsfonds des öffentlichen Sektors in den USA, der eine Einlagesumme von 70 Milliarden US-Dollar für über 1.110.000 Mitglieder verwaltet.5 Da der Fonds so groß ist, ist er ein großer Teilhaber vieler US-Unternehmen und hat deshalb ein grundlegendes Interesse an deren Maß der Zielerreichung (Performance). Während der abgelaufenen Dekade erkannte CalPERS, dass es eine immer stärker steigende Verpflichtung hat, die Interessen seiner Investoren zu schützen, und deshalb mehr Aufmerksamkeit darauf verwenden musste, was die Topmanagements und die Aufsichträte dieser Unternehmen taten. Wenn Kapitalanlagegesellschaften die Interessen ihrer Aktionäre schützen wollen, müssen sie das Verhalten der Unternehmen, in die sie investieren, beobachten und beeinflussen, um sicherzugehen, dass das Topmanagement nicht eigene Interessen verfolgt und damit die Interessen der Aktionäre gefährdet.
87
2
STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
Fortsetzung Als Ergebnis dieser Sorge um ihre Aktionäre haben CalPERS und andere Kapitalanlagegesellschaften ein aktives Interesse daran, die Möglichkeiten des Topmanagements der jeweiligen Unternehmen dabei zu kontrollieren, Provisionen für abgewehrte Übernahmen einzunehmen. Solche Provisionen halten Manager davon ab, Übernahmen durchzuführen, auch dann, wenn die Übernahme den Aktionären viel Geld einbringen würde – denn sie würden ihren Job als Topmanager verlieren. Kapitalanlagegesellschaften nutzen ihre Rechte als Teilhaber auch dazu, bei langfristigen Managemententscheidungen einzugreifen, die dem Aktienwert des aufkaufenden Unternehmens Schaden könnten, wie etwa bei Unternehmensakquisitionen. Die Kapitalanlagegesellschaften zeigen auch ein Interesse an der Kontrolle der Gehälter und Bonuszahlungen, welche die Topmanager sich selbst gewähren. Topmanagement-Gehälter sind insbesondere vor dem Hintergrund ihrer hohen Zunahme in den letzten Jahren – sie haben einen Rekordstand erreicht – zu kontrollieren. Kapitalanlagegesellschaften haben auch auf den Kollaps von Enron und anderen Firmen reagiert, indem sie von den Unternehmen nun eine Klarstellung verlangen, nach welchen Regeln sie bilanzieren, und indem sie Lobbyarbeit für neue Regelungen betreiben, die es Unternehmen stark erschweren sollen, unethische oder illegale Transaktionen zu verheimlichen, von denen nur die Manager profitieren, aber andere Stakeholder geschädigt werden könnten. Ein Ergebnis daraus war die Verabschiedung des Sarbanes-Oxley-Acts. Mit zunehmendem Einfluss der Kapitalanlagegesellschaften und anderer institutioneller Anleger steigt auch der Einfluss der Aktionäre als organisationale Stakeholder. Gewissermaßen sind große Investmentgesellschaften für die Aktionäre das Äquivalent zu einer Gewerkschaft für Arbeiter und Angestellte. Genauso wie Gewerkschaften die Verhandlungsmacht der einzelnen Arbeiter und Angestellten in Relation zum Management erhöhen, erhöhen Investmentgesellschaften den Einfluss des einzelnen Aktionärs gegenüber dem Management.
Führungskräfte/Manager Führungskräfte (= dem weitverbreiteten, aus dem Englischen stammenden, Begriff des Managers) haben Entscheidungsbefugnisse darüber, wie materielle Ressourcen eingesetzt werden und wie Mitarbeiter zur Erledigung von Aufgaben koordiniert werden. Dabei haben nicht alle Führungskräfte gleiche Entscheidungsbefugnisse. Oberste Führungskräfte bzw. Topmanager haben die größten Entscheidungsrechte. Sie tragen die Verantwortung für mittlere Führungskräfte, die unter ihnen arbeiten. Sie tragen dann auch indirekt Verantwortung für untere Führungskräfte und Mitarbeiter. Bei angestellten Führungskräften, also nicht dem Eigentümer, der selbst die Leitung des Unternehmens hat, wird häufig von leitenden Angestellten gesprochen. Dabei ist in der Unternehmenspraxis
88
2.1 Stakeholder einer Organisation
meist nicht klar definiert, ob es sich bei den leitenden Angestellten um oberste oder mittlere Führungskräfte handelt. Es sind die Manager und typischerweise eben nicht die Unternehmer, die Eigentümer, sondern die Angestellten einer Organisation, die dafür verantwortlich sind, dass Ressourcen koordiniert werden und dass die Organisation ihre Ziele erreicht. Oberste Führungskräfte beziehungsweise Topmanager sind direkt dafür verantwortlich, dass das Geld der Eigentümer, meist der GmbH-Gesellschafter und der Aktionäre, so investiert wird, dass zukünftige finanzielle Rückflüsse durch Güter und Dienstleistungen maximiert werden. Letztlich sind Führungskräfte, insbesondere Topmanager, die Agenten beziehungsweise Auftragnehmer der Eigentümer. Sie werden von den Aktionären über den Aufsichtsrat, der die Auswahl und Kontrolle der Manager übernimmt, beauftragt. Manager tragen insbesondere zur Organisation bei, indem sie ihre Fähigkeiten der Organisation zur Verfügung stellen. So kann beispielsweise ein Manager dazu beitragen, dass organisationale Ziele erreicht werden, indem er globale Märkte findet und eröffnet, neue Produktnischen entdeckt oder Transaktionskosten reduziert oder technische Probleme löst. Manager können sehr unterschiedliche Formen von Einkommen, Rückläufen oder Belohnungen erhalten, zum Beispiel monetäre Kompensationen in Form von Gehältern, Bonuszahlungen oder Aktienoptionen. Sie erzielen aber auch nicht monetäre Rückflüsse aufgrund der Zufriedenheit, weil sie die Organisation kontrollieren, Macht haben oder Risiken überwinden. Rationale Manager werden aber ihr Engagement für die Organisation wieder zurückziehen und das Unternehmen verlassen, wenn sie nicht mehr glauben, dass die Rückflüsse ihre Beiträge und Anstrengungen kompensieren.
Operative Mitarbeiter Operative Mitarbeiter, zu englisch „Staff“ einer Organisation setzen sich letztendlich aus allen Mitarbeitern zusammen, die keine Leistungs- und Lenkungsfunktion haben, also keine Managementfunktion erfüllen. Operative Arbeitskräfte haben Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten, die von den Managern definiert, koordiniert und kontrolliert werden. Ihre Aufgaben werden normalerweise in einer Stellenbeschreibung niedergelegt. Eine Stellenbeschreibung enthält die Anforderungen hinsichtlich Arbeitsweisen, zu erzielenden Arbeitsergebnissen und Verhalten an Mitarbeiter. Dabei sind Stellenbeschreibungen, wie bereits angeführt, nicht an einen spezifischen Mitarbeiter gerichtet, sondern betreffen normalerweise das durchschnittliche Leistungsvolumen eines Mitarbeiters. Stelleninhaber sind verantwortlich für die Erfüllung ihrer Aufgaben. Nicht vollständig, aber bis zu einem gewissen Grade kann ein Mitarbeiter selbst beeinflussen, wie er seine Leistungserbringung erledigt. Die Qualität der
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
Leistungserbringung hängt von den Fähigkeiten und der Motivation des Mitarbeiters ab. Die Einflüsse auf die Fähigkeiten und die Motivation von Mitarbeitern sind vielfältig. Die Leistungsmotivation eines Mitarbeiters wiederum wird auch davon bestimmt, wie gut er selbst seine Leistung beeinflussen und damit spezifische Rückflüsse und Belohnungen erzielen kann. Mitarbeiter, die glauben, dass ihre Beiträge nicht ausreichend honoriert werden, sind eher dazu geneigt, ihre Unterstützung und ihre Teilnahme an der Organisation zurückzuziehen, entweder indem sie ihre Arbeitsleistung senken oder indem sie das Unternehmen verlassen.
2.1.2 Externe Stakeholder Als externe Stakeholder werden Menschen bezeichnet, die nicht die Organisation besitzen und auch nicht Angestellte der Organisation sind, aber dennoch gewisse Interessen an der Organisation haben. Dazu zählen Kunden, Lieferanten, staatliche Regierungen, Tarifpartner, lokale Gruppen und generell die Öffentlichkeit.
Kunden Eine der größten Gruppen außerhalb von Organisationen, insbesondere von Unternehmen, sind Kunden. Zu potenziellen Kunden zählen Personen, die darüber nachdenken, ein bestimmtes Produkt einer Organisation unter alternativen Produkten auszuwählen. Kunden sind Personen, die Produkte der Organisation gekauft haben oder regelmäßig kaufen. Grundlage der Kaufentscheidung ist letztlich auch, was der Kunde für den Kauf einsetzen muss und welche Leistung er dafür zurückerhält. Das Geld, das die Kunden für das Produkt bezahlen, spiegelt letztlich den Wert wieder, den sie glauben, von der Organisation zurückzuerhalten. Typischerweise kaufen Kunden Produkte eines Unternehmens, wenn sie das Gefühl haben, dass sie mehr für das Produkt zurückbekommen, als sie ausgeben wollen. So konnte zum Beispiel die Deutsche Lufthansa, die Kundenbedürfnissen und gezielt der Bindung der Kunden über das Vielfliegerprogramm (Miles and More) eine hohe Bedeutung beimisst, eine hohe Kundenloyalität selbst bei höheren Preisen erreichen. Kunden werden wiederum bei zu hohen Preisen ihr Engagement an dem Unternehmen zurückziehen. Dann wird die Organisation einen wichtigen Stakeholder verlieren.
Lieferanten Lieferanten sind weitere wichtige Stakeholder. Sie tragen zu der Organisation bei, indem sie zuverlässig Rohmaterialien oder vorproduzierte Komponenten an das Unternehmen liefern. Damit reduzieren sie die Unsicherheit in technischer Hinsicht und insbesondere bei Produktions-
90
2.1 Stakeholder einer Organisation
vorgängen Kosten und das erforderliche interne Know-how. Lieferanten haben einen direkten Effekt auf die Effizienz einer Organisation und damit indirekt auch auf die Attraktivität einer Organisation bei ihren Kunden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die deutsche Automobilindustrie. Lieferanten steuern wichtige Komponenten für die Fahrzeuge bei. Die Qualität und Innovation der Komponenten weist eine hohe Bedeutung für die Aktualität der Modelle und die Wertschätzung durch die Kunden auf. Eine Organisation, die sehr hochqualitative Zulieferkomponenten integriert, kann meistens auch eine sehr hohe Qualität ihrer Produkte erzielen und dadurch Kunden anziehen. Umgekehrt ist es meist auch so, dass, sobald die Nachfrage nach einem Produkt steigt, die Organisation größere Zahlen von hochqualitativen Zuliefererzahlen oder Rohmaterialien von ihren Zulieferern benötigt. Wichtige und komplexe Zulieferstrukturen finden sich im Bereich der Informationstechnologie. So arbeiten Hersteller von Computern (zum Beispiel HP oder Toshiba) eng mit ihren Zulieferern für Hardware (etwa Intel oder ATI) aber auch Software (z.B. Computerspiele) zusammen.
Beispiel 2.2
AUS DER PRAXIS – SOUTHWEST AIRLINES Kundenorientierung: Ohne Wenn und Aber
Southwest Airlines, mit dem Firmensitz in Phoenix, Arizona, USA, führt ihren Erfolg auf die Art, wie sie ihre Kunden behandelt, zurück. Zu einer Zeit, als viele Fluglinien Verluste machten, wies Southwest Gewinne aus.6 Der frühere Geschäftsführer Herb Kelleher führt die Effektivität seiner Fluglinie auf den Grundsatz des Unternehmens zurück: „Würdige den Kunden.“ 7 Southwest schickt Geburtstagskarten an seine Vielflieger, antwortet persönlich auf Kundenbriefe, die sie zu Tausenden pro Woche erreichen, und bittet ihre Kunden regelmäßig um ein Feedback zur Verbesserung des Services während des Fluges. Diese persönliche Aufmerksamkeit schmeichelt den Kunden und erhöht ihre Bereitschaft, mit Southwest zu fliegen. Außerdem geht Southwest davon aus, dass, wenn das Management die Mitarbeiter falsch behandelt, auch die Mitarbeiter die Kunden schlecht behandeln. So besitzen die Angestellten von Southwest, die mehrheitlich gewerkschaftlich organisiert sind, 20 Prozent der Anteile an Southwest. Der Anteilsbesitz am Unternehmen steigert ihre Motivation, an der Organisation mitzuwirken und den Kundenservice zu verbessern. So hilft eine Gruppe von Stakeholdern, die Angestellten (die Aktien besitzen), indem sie sich stärker für das Wohl der Fluglinie einsetzen und damit stärker kundenorientiert agieren müssen, einer anderen Gruppe von Stakeholdern, den Kunden.8
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
Fortsetzung Der Geschäftsführer von Southwest, Coleen Barrett, verbringt viel Zeit mit dem Management komplexer Beziehungen zwischen Southwest-Piloten, Mechanikern und Flugbegleiterpersonal, die einen Schlüsselfaktor für die Beeinflussung der Kundenzufriedenheit darstellen. In den Jahren nach 2000 machten viele Fluglinien, wie Northwest, Delta und United, Erfahrungen mit imageschädigenden Streiks der Angestellten. Tausende von Passagieren konnten dabei ihre Flüge nicht antreten, diese Fluglinien kämpften um ihr Überleben. Southwest hingegen gehört bis heute zu der effektivsten und profitabelsten US-Fluglinien.
Einer der Gründe für die Popularität japanischer Automobile in den USA ist, dass sie immer noch weniger Reparaturen benötigen als ein typisches Fahrzeug aus den USA. Auch Tests, die vom ADAC in Deutschland durchgeführt werden, zeigen, dass japanische Autos eine geringere Fehlerrate haben. Eine Erklärung für die hohe Zuverlässigkeit der japanischen Automobile ist, dass Komponenten von Zulieferern sehr strenge Kontrollen durchlaufen. Darüber hinaus sind japanische Zulieferer, wie auch vermehrt deutsche Zulieferer, kontinuierlich damit beschäftigt, ihre Effizienz und Innovationskraft zu verbessern.9 Bei deutschen und bei japanischen Unternehmen spielt dabei die enge Beziehung zwischen den Herstellern der Automobile und ihren Zulieferern eine sehr wichtige Rolle. Durch die guten und engen Beziehungen können nicht nur Produktionsprozesse erleichtert werden, sondern auch eine kontinuierliche Qualitäts- sowie auch Innovationsverbesserung durchgeführt werden. Als US-Autohersteller die Bedeutung der engen Beziehung zu Zulieferern verstanden, strebten auch sie an, über die verbesserte Kommunikation und Zusammenarbeit mit Zulieferern die Qualität ihrer Automobile zu erhöhen. Es ist bereits gelungen, die Zuverlässigkeit der US-amerikanischen Automobile zu steigern. Trotzdem sind die Kosten immer noch sehr hoch. So musste zum Beispiel General Motors’ größter Zulieferer von Teilen, Delphi, im Jahr 2005 20.000 Arbeitsplätze abbauen, um einem Konkurs zu entgehen.
Regierung Die Regierungen haben unterschiedliche Ansprüche und Interessen an Organisationen. Zum einen möchte die Regierung einen fairen, aber dennoch relativ freien Wettbewerb sicherstellen. Darüber hinaus hat die Regierung ein Interesse daran, dass Unternehmen sich an Regeln halten, zum Beispiel in Bezug auf Gehaltszahlungen und das Verhalten gegenüber Mitarbeitern. Dazu zählen auch die Gesundheit der Arbeitskräfte sowie die Arbeitssicherheit. Dabei existieren einige standardisierte Regeln, die für alle Unternehmen gelten. Auch wettbewerbs- und kartell-
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2.1 Stakeholder einer Organisation
rechtliche Regelungen spielen hier eine Rolle. In Europa bedeutet Regierung dabei nicht nur die nationale Regierung, sondern auch supra-nationale Steuerung, weil immer mehr Regelungen und Überwachungen von EU-Stellen übernommen werden.
Gewerkschaften Die Gewerkschaften können gute Beziehungen zu Unternehmen haben oder auch sehr konfliktbehaftete. Letztere wurde im Jahr 2007 vielen Deutschen deutlich, als das Zugpersonal der Deutschen Bahn AG höhere Löhne verlangte und es über Wochen und Monate hinweg immer wieder zu Arbeitsniederlegungen kam. Der Streit wurde sehr öffentlich ausgetragen. Immer wieder waren Interessenvertreter im Fernsehen zu hören und zu sehen. Die Beziehung zwischen Gewerkschaften und Unternehmen hat meistens eine recht direkte Wirkung in Bezug auf den Erfolg einer Organisation. Die Zusammenarbeit zwischen Managern und Gewerkschaften kann dazu führen, dass langfristig sehr positive Ergebnisse für beide Parteien erzielt werden. Manager und Gewerkschaften können zum Beispiel übereinkommen, dass sie die Erträge von Kostenreduzierung durch Produktivitätssteigerung mit Mitarbeitern teilen oder aber flexiblere Arbeitszeiten einführen. Dies wurde vor einigen Jahren bei Volkswagen in Wolfsburg durchgeführt. Natürlich ist traditionell die Beziehung zwischen Gewerkschaften und Unternehmen sehr gegensätzlich, weil letztlich unterschiedliche Interessen, die der Aktionäre zur Gewinnmaximierung und die der Mitarbeiter zur Erhöhung ihrer Gehälter oder Reduzierung von Arbeitszeiten, gegeneinander stehen.
Lokale und kommunale Bedürfnisse Lokale, regionale und kommunale Organisationen und Verwaltungen haben ein starkes Interesse an der Leistung und der Leistungsfähigkeit von Organisationen, weil letztlich Beschäftigung, Lebensraum sowie genereller Wohlstand einer Gesellschaft stark davon abhängen, wie Organisationen Erfolg generieren können. So lassen sich die Lebensverhältnisse in bestimmten Regionen auf der Welt klar darauf zurückführen, wie erfolgreich Organisationen beziehungsweise Unternehmen waren. Eins dieser Beispiele ist Seattle, eine Region, die sehr stark davon abhängt, wie erfolgreich Boeing oder Microsoft sind. Solche Beispiele lassen sich auch in Deutschland finden, insbesondere angesichts der großen Automobilhersteller in Wolfsburg, Stuttgart und München, die allerdings im Lauf der Zeit auch ausländische Produktionsstätten initiieren. Auch wenn einzelne Unternehmen einen wesentlichen Einfluss auf die Prosperität von Regionen haben, sind es oft Ansammlungen von Unternehmen, sogenannte Cluster, die Wohlstand bringen. München hat zum Beispiel stark
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
vom Erfolg der Informations- und Medienindustrie profitiert. Hamburg und Bremen etwa sind nicht unabhängig von der Logistik und ihren Häfen, werden aber auch durch das Wachstum vieler mittelständischer Unternehmen in verschiedenen Branchen geprägt.
Öffentlichkeit Gewöhnlich ist die Öffentlichkeit zufrieden, wenn nationale Organisationen sich gegenüber den Mitbewerbern aus dem Ausland behaupten. Dies ist auch nicht überraschend, wenn man sich vor Augen führt, dass der jetzige und zukünftige Wohlstand einer Nation sehr stark davon abhängt, wie erfolgreich Organisationen sind und wie die allgemeine ökonomische Situation ist. In vielen Ländern finden sich daher auch Vorlieben für im Inland hergestellte Produkte. Dazu kommt noch, dass ein höherer Stolz damit verbunden ist, wenn man die Produkte aus dem eigenen Land kauft. Allerdings existieren auch andere Tendenzen. So kann die nationale oder auch die Weltöffentlichkeit bestimmte Handlungen von Unternehmen würdigen oder verurteilen. Gerade im Bereich des ökologischen Umweltschutzes nimmt die Öffentlichkeit zunehmend Einfluss auf das Verhalten von Organisationen.
2.2
Effektivität von Organisationen: Zufriedenstellung von Stakeholdern
Verschiedenste Gruppen von Stakeholdern richten ihre Interessen an Organisationen. Organisationen sind wiederum auf Beiträge von allen Stakeholdern angewiesen, um erfolgreich zu sein. Dabei hat jede Gruppe von Stakeholdern ihre eigenen Motivationen, zu einer Organisation beizutragen, und beurteilt die Effektivität der Organisation auch anhand von eigenen Zielen und Kriterien.10 Aktionäre evaluieren die Organisation in erster Linie anhand des Rückflusses, den diese für ihre Investments generiert. Kunden dagegen beurteilen Organisationen in erster Linie nach dem Verhältnis zwischen Zuverlässigkeit und Wert der Produkte in Bezug zu deren Preis. Manager und Mitarbeiter bewerten Organisationen anhand von Gehältern, der Verfügbarkeit von Aktienoptionen, von Arbeitsbedingungen und von Karrieremöglichkeiten. Da sehr oft die Ziele der Stakeholder konfliktär zueinander stehen, müssen Stakeholder mehr oder weniger direkt über eine angemessene Balance zwischen Beiträgen und Rückflüssen aktiv verhandeln. So kommt es vor, dass bestimmte Gruppen von Stakeholdern Koalitionen bilden und mit anderen Koalitionen verhandeln, um die Balance zu ihren Gunsten zu verschieben.11 Beispiele für Misserfolge sind Enron und WorldCom. Diese kollabierten, als ihre ungesetzlichen Aktivitäten öffentlich wurden und die Stakeholder nicht weiter an dem Unterneh-
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2.2 Effektivität von Organisationen: Zufriedenstellung von Stakeholdern
men beteiligt sein wollten. Aktionäre verkauften ihre Aktien und Banken verlängerten ihre Kredite nicht. Ebenso forderten Gläubiger ihre Darlehen wieder zurück. Es gibt allerdings keinen Grund, davon auszugehen, dass alle Stakeholder gleichermaßen zufrieden mit der Balance zwischen Beiträgen und Rückflüssen sind. Sehr oft ist es so, dass bestimmte Stakeholder anderen überlegen sind. Dabei muss eine Organisation berücksichtigen, welche verschiedenen Interessen an sie gerichtet sind. Wenn nicht die Interessen jeder Gruppe irgendwie erfüllt werden, zumindest zu einem Mindestmaß, besteht das Risiko, dass sie ihre Unterstützung zurückziehen und damit die künftige Leistungsfähigkeit der Organisation sinkt.12 Organisationen müssen bedenken, welche Bedürfnisse von Seiten der Stakeholder existieren, wie sie diese befriedigen können und wie dabei die Balance zwischen den verschiedenen Gruppen der Stakeholder unter der Berücksichtigung von langfristigen und kurzfristigen Zielen erreicht werden kann.
2.2.1 Konfliktäre Ziele Wenn unterschiedliche und gegenläufige, so genannte konfliktäre Ziele existieren, stellt man sich die Frage, wer darüber entscheidet, welche Ziele überhaupt und vorrangig verfolgt werden. Die Wahl hat politische und soziale Implikationen. In kapitalistischen Ländern oder sozialen Marktwirtschaften wird zum Beispiel angenommen, dass Aktionäre als die Besitzer einer Organisation einen vorrangigen Anspruch an die Rückflüsse einer Organisation haben. In einem Interpretationssystem, das stärker kapitalistische Werte forciert, liegt die Aufgabe von Managern insbesondere darin, Wertbeiträge für Aktionäre (Shareholder Value) zu generieren. Es wird unterstellt, dass der beste Weg, dies zu realisieren, eine hohe Effektivität des Unternehmens im Vergleich zu den Wettbewerbern ist. Dabei sollte man sich aber kritisch reflektierend die Frage stellen, ob die Generierung von Shareholder Value wirklich das oberste Ziel des Managements sein sollte. Aktionäre übertragen Managern Rechte zur Koordination und Nutzung von Organisationen und ihren Ressourcen. Damit tritt eine Teilung zwischen Eigentum und Kontrolle ein. Obwohl Manager rein theoretisch und rechtlich die Mitarbeiter (beziehungsweise Auftragnehmer) von Aktionären sind, sieht es in der Praxis anders aus, weil Manager die direkte Kontrolle über die Ressourcen der Organisation haben. Diese Kontrolle gibt ihnen eine reale Macht, obwohl die Aktionäre eigentlich die Eigentümer des Unternehmens sind.13 Das Ergebnis ist, dass Manager auch Zielen folgen können, die ihren eigenen Interessen stärker dienen als denen der Aktionäre. Ein Problem tritt zum Beispiel auf, wenn
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langfristige Investitionen in neue Felder und Geschäftsbereiche, etwa durch stärkere Investition in Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, nötig sind, um Shareholder Value zu maximieren. Diese Investitionen erwirtschaften Rückflüsse nur sehr langfristig, wenn Erfindungen zu neuen Produkten führen, die wiederum Erträge generieren. Manager hingegen tendieren oft dazu, eher kurzfristige Gewinne zu erzielen, weil diese meist die Messlatte sind, an der sie nach jedem Geschäftsjahr bewertet werden.14 Eine weitere Begründung für die nicht zwingende Übereinstimmung zwischen den Interessen von Managern und Aktionären bezieht sich darauf, dass Führungskräfte ein ruhiges Leben mit geringen Risiken bevorzugen könnten und dann kein besonderes Interesse hätten, wirklich unternehmerisch tätig zu sein. Ein Problem kann darin liegen, dass Manager ihre eigenen Gehaltszahlungen sehr stark selbst bemessen und kontrollieren können. Ferner sind die Gehälter von Managern sehr oft an die Größe von Organisationen gekoppelt. Auch bedeutet das Wachstum von Unternehmen eine Zunahme an Macht. Deswegen tendieren Manager dazu, Strategien mit geringem Risiko oder Wachstumsstrategien zu verfolgen, auch wenn sie so keinen großen Rückfluss an das investierte Kapital erbringen. Ein Beispiel hierfür ist die Verschmelzung von Daimler-Benz mit Chrysler, die stark von Machtinteressen des damaligen Vorstandsvorsitzenden von Daimler-Benz getrieben wurde und die nicht erfolgreich war – vielleicht auch nicht erfolgreich sein konnte. Aus diesen Gründen können Ziele von Managern mit jenen von Aktionären inkompatibel sein. Weil Manager die Geschicke der Organisation lenken, folgen sie eben nicht immer den Zielen der Aktionäre. Selbst wenn alle Stakeholder sich auf gemeinsame Ziele einigen können, ist die Auswahl der Ziele, die das langfristige Wachstum und den Erhalt des Unternehmens sicherstellen sollen, keine einfache Aufgabe. Es bieten sich immer unterschiedliche Möglichkeiten, diese Ziele zu konkretisieren. Stellen Sie sich vor, dass Manager sich wirklich dafür entscheiden, den Shareholder Value zu maximieren. Wie sollen sie dieses Ziel erfüllen? Sollen sie versuchen, die Effizienz zu verbessern und die Kosten zu reduzieren, um die Profitabilität zu steigern? Sollen sie vielleicht versuchen, die externe Ressourcenkontrolle zu erhöhen, um hohe Investitionsvolumina zu erhalten? Oder sollten sie in organisationale Ressourcen investieren, die vor allem F&E-Projekte stützen und langfristig Innovationsprozesse verbessern und so ein langfristiges Wachstum steigern? Manager einer Organisation können jede dieser Handlungen und noch viele mehr wählen, um Shareholder Value zu maximieren. Sie sehen, dass es keinen eindeutigen Weg gibt. Effektiv zu sein bedeutet mehr, als richtige oder falsche Entscheidungen zu fällen. Eines gilt aber dennoch: Eine Organisation (letztlich ihre Manager), die ihre Stakehol-
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2.2 Effektivität von Organisationen: Zufriedenstellung von Stakeholdern
der nicht berücksichtigt und nicht versucht, deren Interessen zu erfüllen, zumindest zu einem Mindestmaß, wird Legitimität verlieren und dadurch zu Misserfolg verdammt sein. Eine Möglichkeit, dies über ethische Werte zu erzielen, wird im nächsten Kapitel dieses Buches diskutiert.
2.2.2 Verteilung von Erträgen Ein weiteres zentrales Problem, das Organisationen bewältigen müssen, ist die Frage, wie sie Gewinne aufteilen. Dies bedeutet letztlich auch, die Interessen der unterschiedlichen Stakeholder zu berücksichtigen. Zu bedenken ist hierbei, dass eine Organisation zumindest minimal die Erwartungen jeder Gruppe erfüllen sollte. Es kann sich aber auch die Frage stellen, wie über dieses Minimum hinaus zusätzliche Belohnungen verteilt werden sollen. Wie stark sollten zum Beispiel Arbeitskräfte oder Manager im Vergleich zu Aktionären entlohnt werden? Wie wird eigentlich eine angemessene Entlohnung von Managern bestimmt? Viele Menschen würden antworten, dass Managementgehälter von der Effektivität des Unternehmens abhängig sein sollten. Aber diese Frage zieht eine weitere Frage nach sich: Was sind Messgrößen für Effektivität? Geht es um kurzfristige Gewinne oder um die Maximierung des langfristigen Wohlstandes und der Prosperität einer Organisation? Geht es also auch um das Wachstum von Unternehmen? Die Auswahl von verschiedenen Kriterien führt auch zu unterschiedlichen Antworten. In den 1980erJahren war zum Beispiel das Gehalt eines CEO in den USA, also eines Vorstandsvorsitzenden, ungefähr 40 Mal so hoch wie das eines durchschnittlichen Mitarbeiters. Im Jahr 2000 hingegen war das Gehalt eines CEO in den USA bereits 400 Mal höher und ein Ende der Steigerung ist nicht in Sicht. Da stellt sich die Frage, ob und wie diese hohe Zunahme gerechtfertigt sein kann. Die Negativbeispiele mehren sich. Sogar Analysten an der Börse sagen bereits, dass diese Verhältniszahl zu hoch ist und dass die Gehälter der Topmanager auf irgendeine Weise begrenzt werden sollten. Überlegungen über die richtige Entlohnung betreffen auch andere Organisationsmitglieder. Was ist zum Beispiel ein angemessenes Gehalt für einen mittleren Manager, der einen neuen Fertigungsprozess oder ein neues Produkt entwickelt, was der Organisation mehrere Millionen an Rückflüssen einbringt? Es stellt sich auch die Frage, wie die gesamte Mitarbeiterschaft belohnt werden sollte, wenn ein Unternehmen sehr viel höhere Gewinne erzielt. Sollten ihr zum Beispiel Aktienoptionen gewährt werden oder kurzfristige Bonuszahlungen? Eine andere Alternative ist, dass die Organisation den Mitarbeitern für gute Leistungen langfristige oder sogar lebenslange Beschäftigung bieten könnte. Auch
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
kann man die Frage stellen, ob Aktionäre regelmäßig Dividendenzahlungen erhalten sollen oder ob alle Gewinne wieder in das Unternehmen reinvestiert werden sollten, um letztlich die Fähigkeiten und Ressourcen des Unternehmens kontinuierlich zu stärken. Wie diese unterschiedlichen Ziele in Konflikt geraten können, zeigt X Beispiel 2.3.
Beispiel 2.3
AUS DER PRAXIS – COLUMBIA Sollten Ärzte Anteilseigner von Krankenhäusern werden?
Seit den 1990er-Jahren gibt es den ansteigenden Trend, dass Ärzte Anteilseigner der Krankenhäusern und Kliniken werden, in denen sie arbeiten. Manchmal schließen sich Ärzte eines bestimmten Fachgebietes zu einem Team zusammen und gründen ihre eigene Klinik. Große Klinikketten geben dagegen ihren Ärzten oft Anteile an Krankenhäusern. Dieser Trend kann für die Entstehung von Interessenskonflikten zwischen Ärzten und ihren Patienten verantwortlich sein. Der Fall der Columbia/HCA-Krankenhauskette in den USA ist ein gutes Beispiel für solch eine Entwicklung. Columbia begann 1993, ihren Ärzten finanzielle Anteile an der Krankenhauskette anzubieten. Dies sollte die Ärzte animieren, ihre Patienten in ein Columbia-Krankenhaus zur Behandlung einzuweisen.15 Würden Ärzte jedoch zu Anteilseignern, würden sie zunächst wohl den Anreiz haben, ihren Patienten minimale Standardbehandlungen zukommen zu lassen, um die Kosten zu verringern und den Reingewinn des Krankenhauses zu steigern. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie erwägen, den Patienten für ihre Leistungen zu viel zu berechnen, um auf diesem Weg an Extragewinne zu gelangen. Die finanzielle Verbindung zwischen den Ärzten und dem Krankenhaus führt außerdem dazu, dass andere Krankenhäuser, die zum Beispiel besser bei der Minimierung postoperativer Infektionen sind oder eine bessere Geschichte in der Patientenversorgung aufweisen, nicht mehr von diesen Ärzten in Anspruch genommen werden. Deutlich wird dadurch, dass die potenziell konkurrierenden Ziele der Patienten und der Ärzte als Anteilseigener Kurzformeln für die Praxis von Anteilseignerinteressen haben. In der Tat existiert eine Tendenz, Ärzten den Besitz von Anteilen an ihren Kliniken und Krankenhäusern zu untersagen. Im Jahr 2002 musste sich eine bedeutende HMO (Health Maintenance Organization) in den USA, die im Besitz ihrer Ärzte war, für ihre Taten verantworten. Sie nutzte ihre Macht aus, um geringere Preise von ihren Zulieferern und höhere Gebühren von ihren Patienten zu verlangen. Dennoch behaupten Ärzte, dass sie in der gleichen Situation wie Rechtsanwälte oder Steuerberater sind. Für sie gibt es keinen Anlass anzunehmen, dass sie ihre Patienten ausnutzen, genauso wenig wie Steuerberater ihre Kunden.
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2.3 Topmanager und Macht
Zu betonen ist, dass die Verteilung von Rückflüssen, Gehältern, Gewinnen oder Belohnungen ein sehr wichtiger Einflussfaktor auf die Effektivität von Organisationen ist, weil solche Anreize die Motivation der Stakeholder verbessern. Die Motivation wiederum wirkt sich auf deren Beiträge in der Zukunft aus. Beiträge basieren letztlich gewissermaßen auf den Erwartungen von Stakeholdern über die Rückflüsse, die sie für ihre Investition vermuten. Das bezieht sich sowohl auf Dividenden als auch auf Aktienoptionen, Bonuszahlungen oder Gehälter. Damit sind auch Gruppen wie Topmanager oder Aufsichtsratmitglieder wichtig, denn sie sind solche Stakeholder, die eben die Macht und den Einfluss haben, die Höhe der Rückflüsse jeder Gruppe und damit auch ihrer eigenen zu bestimmen. Als Beispiel kann Enron herangezogen werden. Mitarbeiter und Aktionäre haben letztlich fast alles, was sie investiert haben, verloren, weil Topmanager und Aufsichtratmitglieder nicht ihren Aufgaben entsprechend gut gearbeitet haben.
2.3
Topmanager und Macht
Topmanager werden oft in einem Atemzug mit „Macht“ genannt. Dennoch besteht in der Betriebswirtschaftslehre immer wieder Zurückhaltung, wenn es um den Begriff Macht geht.16 Macht wird sehr unterschiedlich und oft sehr vage definiert. Macht definiert Max Weber mit „jeder Chance innerhalb einer sozialen Beziehung, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht“.17 Dabei wird unterstellt, dass ein machtvoller Akteur eine Handlungsintention und ein Verständnis über Ziele, Alternativen und Wirkungen besitzt, die er gestaltet.18 Macht ist aber nicht immer zielorientiert und durch eine Instanz geleitet.19 Macht aus strukturationstheoretischer Sicht hingegen entzieht sich vollständiger Steuerung und Durchsetzung. Nach Giddens beinhaltet die Steuerung sozialer Systeme die Orientierung und Bindung der sozialen Praktiken der Systeme sowie die Aktivitäten reflexiver Akteure und das Zusammenspiel von Selbst- und Fremdsteuerung auf der Basis von Macht: Diese Aussage ist Bestandteil eines komplexen Modells. Allerdings ist aufgrund der Kürze und des Abstraktionsgrades des Satzes dieses Modell nur höchst oberflächlich erfassbar.20 Aber auch wenn Akteure soziale Systeme beeinflussen können, gelingt es ihnen nicht, sämtliche Begebenheiten reflexiv zu erfassen und zu steuern.21 Immer wieder bleiben Handlungsbedingungen unerkannt, selbst ein Eintreten unintendierter Handlungsfolgen ist kaum zu verhindern.22 Dennoch sind gerade machtvolle Akteure in der Lage, sich Handlungsspielräume zu schaffen (auch gegen die Einflussnahme anderer und gegen die Interessen anderer). Davon unabhängig kann von Machtbetroffenen die Macht wahrgenommen oder nicht wahrgenommen werden.23 Bei Macht auf der Basis von Nicht-Bewusstsein muss keine direkte Machtausübung vorliegen,
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
es reicht die Macht des Bestehenden oder des Institutionalisierten. Diese Art der Macht ist oft integrativ24 oder symbolisch25 und schlägt sich strukturationstheoretisch betrachtet in Strukturen beziehungsweise Erinnerungsspuren nieder. Machtungleichgewichte sind nie ein vollständig einseitiger Prozess26; sie sind wechselseitig und von den Aktivitäten der Akteure und sich verändernden Handlungsbedingungen abhängig. Machtdifferenzen können zu Ungleichgewichten zwischen Erträgen und Aufwendungen führen. Zudem lassen sich von dem machtvolleren Individuum Freiräume ausnutzen, so dass Macht einer im engeren Sinn kooperativen Beziehung entgegenstehen kann.27 Topmanager sind die Gruppe der Stakeholder, die eine ultimative Verantwortung – und dadurch gewisse Macht – für die Ziele der Unternehmung haben. Sie sind für die Verteilung von organisationalen Ressourcen zuständig. Daher ist es sehr wichtig, diese Gruppe etwas eingehender zu studieren. Wer sind Topmanager? Welche Rollen und Funktionen nehmen sie ein? Und wie arbeiten sie zusammen, um die Geschäfte eines Unternehmens zu leiten? Autorität und Weisungsrechte Die Macht, Menschen für ihre Aktivitäten zur Verantwortung zu ziehen und Entscheidungen bezüglich der organisationalen Ressourcen durchzuführen.
Autorität und Weisungsrechte umfassen die Macht, Menschen mit Aktivitäten zu beauftragen und zur Verantwortung zu ziehen. Dies umfasst auch, sie direkt in ihren Handlungen zu beeinflussen. Die Gruppe der Stakeholder mit der letztendlichen Autorität über die Ressourcen des Unternehmens sind die Aktionäre. Rein rechtlich besitzen sie das Unternehmen und üben Kontrolle mittels des Kontrollorgans des Unternehmens, des Aufsichtsrats, aus. Durch den Aufsichtsrat beauftragen die Aktionäre wiederum Manager mit rechtlicher Autorität und Verantwortlichkeit, die Ressourcen eines Unternehmens zur Erschaffung von Werten und zum Erreichen von Zielen einsetzen (siehe X Abbildung 2.1). Indem Topmanager den Auftrag von den Aktionären und dem Aufsichtsrat annehmen, sind sie verantwortlich für die Geschicke der Organisation und damit für die Nutzung von Ressourcen und Erschaffung von Werten. Der Aufsichtsrat kontrolliert die Aktivitäten der Manager und belohnt sie, wenn sie die Ziele der Stakeholder erfüllen. Der Aufsichtsrat hat die rechtliche Weisungsbefugnis, Topmanager oder Leitungspersonen der Organisation anzuwerben, einzustellen, abzulösen und letztlich auch zu disziplinieren. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates ist dabei der vorrangige Repräsentant der Aktionäre und hat damit die höchste rechtliche Autorität in einer Organisation. Dabei muss der Aufsichtsrat immer im Sinne der Anteilseigentümer, also der Aktionäre, handeln.28 Durch ihren direkten Einfluss auf die Geschicke der Organisation haben die Führungskräfte eines Unternehmens (Topmanagement) die letztendliche Verantwortung für das Erreichen der Ziele des Unternehmens. Dies betrifft selbstverständlich auch die Verteilung und Nutzung von organisationalen Ressourcen. Damit sind sie auch verantwortlich für die Gestaltung der Organisationsstruktur. Nun stellt man sich die Frage:
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2.3 Topmanager und Macht
Wer sind diese Topmanager? Was machen sie genau und welche Rollen nehmen sie ein? X Abbildung 2.1 zeigt eine typische Hierarchie und die Bezeichnungen beziehungsweise Titel von Managern in der Weisungskette. Die Weisungskette, die ein System von Unter- und Überordnung darstellt, wird auch als Hierarchie bezeichnet. Hierarchie ist letztlich die vertikale Klassifikation von organisationalen Stellen und Rollen in Bezug auf deren Weisungsrechte. Die Weisungskette wird auch als Leitungstiefe oder Hierarchielänge bezeichnet und gibt Aufschluss über die Anzahl der Hierarchieebenen in einem Unternehmen. Anderes drücken die Begriffe der Leitungsspanne oder der Kontrollspanne aus. Diese synonymen Begriffe benennen die Anzahl der Mitarbeiter, die einem Vorgesetzten direkt unterstellt sind.
Leitungstiefe oder Hierarchielänge Das System von hierarchisch aufgebauten weisungs- und berichtsbezogenen Beziehungen in einem Unternehmen. Anzahl der hierarchischen Ebenen in einer Organisation.
Besitz / Eigentum Shareholder / Aktionäre
Trusteeship Aufsichtsrat
Management des Gesamtunternehmens
Vorstand, Vorstandsvorsitzender
Bereichsleiter Bereichsleitung
Leiter von Funktionen Funktionsleitung
Abbildung 2.1: Hierarchie der Organe, die eine Aktiengesellschaft lenken
2.3.1 Geschäftsführung Die Geschäftsführung ist die oberste Instanz in Organisationen, insbesondere in Unternehmen. Die genaue Bezeichnung der Geschäftsführenden Person(en) leitet sich in Deutschland aus der Rechtsform ab. Der Geschäftsführer ist z.B. die oberste Instanz der GmbH. Der Vorstand hingegen steht der Aktiengesellschaft, dem Verein und der Genossenschaft vor. Der Vorstandsvorsitzende oder Vorstandssprecher bei diesen Rechtsformen ist in Deutschland die Führungskraft, die dem Vorstand vorsteht. Durch das in Deutschland praktizierte Kollegialprinzip hat der Vor-
Hierarchie Die Einordnung von Organisationsmitgliedern in Bezug auf deren Autorität und Rang.
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
standssprecher oder der Vorstandsvorsitzende im Grunde nur die gleichen Rechte wie die anderen Mitglieder des Vorstands. Rein faktisch gibt aber der Vorstandssprecher beziehungsweise der Vorstandsvorsitzende sehr stark die Richtung des Vorstands vor. Die anderen Vorstandsmitglieder folgen den lenkenden Ideen und Vorschlägen des Vorsitzenden. Wenn aber innerhalb des Vorstands Spezialisierungen in Form von Ressorts (letztlich Funktionen) oder aber hinsichtlich bestimmter Objekte wie Produkte und Märkte (Sparten) vorgenommen werden, was sehr oft der Fall ist, dann werden Entscheidungsprozesse oft spezialisiert und Entscheidungen nach gemeinsamer Beratung gefällt. Beispiele sind funktional verantwortliche Vorstandsmitglieder, die für Finanzen, Organisationsgestaltung, Marketing oder für Forschung und Entwicklung zuständig sind. Das US-amerikanische System unterscheidet sich von dem deutschen. Hier gilt das Direktionalprinzip. Das bedeutet, dass der Vorstandsvorsitzende, der CEO, höhere Macht und Weisungsrechte hat als seine Vorstandskollegen. Auch wenn das deutsche System mehr auf gemeinsame Entscheidungen angelegt ist, werden wir im Nachfolgenden ein paar Punkte ansprechen, für die die Geschäftsführung beziehungsweise der Vorstand verantwortlich ist.29
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1.
Verantwortlichkeit bei der Formulierung und Bestimmung der Ziele einer Organisation und der Gestaltung der Organisationsstruktur. Dabei ist zu berücksichtigen, dass verschiedene Organisationsstrukturen unterschiedliche Arten der Koordination und Motivation von humanen und materiellen Ressourcen fördern können.
2.
Auswahl von wichtigen Führungspersönlichkeiten. Die Geschäftsführung, entscheidet darüber, welche Führungskräfte in einem Unternehmen tätig sind.
3.
Die Geschäftsführung bestimmt sehr stark, welche Belohnungen und Anreize in einer Organisation gesetzt werden. Gerade darüber kann der Vorstand die Motivation von Managern, und damit auch die Bereitschaft, sich für organisationale Ziele einzusetzen, beeinflussen.
4.
Zuteilung von raren Ressourcen wie zum Beispiel Geld und Entscheidungsrechten zwischen den unterschiedlichen funktionalen Bereichen eines Unternehmens oder Geschäftsbereichen. Gerade die Bestimmung, wie Ressourcen aufgeteilt werden, gibt der Geschäftsführung sehr deutliche und nachhaltige Machtpositionen, denn letztlich hängt das, was eine Unternehmung leistet und wie gut sie dies tut, auch davon ab, welche Budgets bestimmte Bereiche oder Funktionen besitzen.
5.
Die Handlungen der Geschäftsführung haben eine sehr hohe Bedeutung und Signalkraft innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Von der starken Bedeutungskraft der Handlungen und der
2.3 Topmanager und Macht
Reputation der Geschäftsführung kann eine hohe Beeinflussung der Entscheidung ausgehen, welche Ressourcen eine Organisation aus ihrer Umwelt erhält und in welchem Umfang. Einen wesentlichen Beitrag haben dabei die Persönlichkeit und auch das Charisma der Geschäftsführung. Sie wirken sich ganz maßgeblich darauf aus, welche Gelder Banken der Unternehmung zur Verfügung stellen und welche Einstellung Aktionäre zu dem Unternehmen haben. Übergreifend kann man noch einmal die hohe Bedeutung der Geschäftsführung, auf die Effektivität einer Organisation herausheben. Die Macht der Geschäftsführung ist sowohl direkt als auch indirekt angelegt. Direkt angelegt ist der Einfluss, indem Entscheidungen über Geld und Menschen getätigt werden. Indirekt besitzt die Geschäftsführung einen hohen Einfluss, indem sie Manager und Mitarbeiter in der Organisation für bestimmte Aufgaben auswählt und damit letztlich sowohl Aufgaben verteilt als auch durch ihre Vorbildfunktion kulturelle Werte vermittelt. Eine hohe Bedeutung für den kurzfristigen wie auch den langfristigen Erfolg einer Organisation haben immer wieder die Manager.
2.3.2 Gruppe des Topmanagements Wenn vom Topmanagement gesprochen wird, handelt es sich meistens um Mitglieder des Vorstands oder um den oder die Geschäftsführer der GmbH. Insbesondere bei großen Organisationen ist die Abgrenzung des Topmanagements nicht immer so klar, wie der Begriff andeutet. Personen auf einer Ebene direkt unter dem Vorstand oder dem Geschäftsführer können auch zum erweiterten Kreis des Topmanagements zählen. Typischerweise sind es dann die Leiter von Divisionen oder Ressorts. Unter den Geschäftsbereichen sind gewöhnlich die Funktionen einer Organisation angesiedelt. Die nächste „Stufe“ der Manager sind dann also funktionale Manager. Leiter von Funktionsbereichen werden häufig aber auch als oberes mittleres Management angesehen, wenn sie unter einer Bereichsleitung angesiedelt sind. Dies gilt selbst, wenn diese Geschäftsbereiche relativ groß sind. Wenn eine Unternehmung keine Geschäftsbereiche hat, weil sie nur wenige beziehungsweise nur ein Produkt fertigt und/oder ein kleines bis mittleres Unternehmen darstellt, dann haben die funktionalen Manager aus relativer Sicht natürlich einen höheren Rang innerhalb der Kette des Managements. Anders als bei Managern für die Gesamtunternehmung haben divisionale und funktionale Manager nur Verantwortung für bestimmte Bereiche oder Funktionen. Zum Beispiel kann eine Division eines Unternehmens bestimmte Produktkategorien umfassen. Funktionen eines Unternehmens sind dagegen zum Beispiel Produktion, Forschung und Entwicklung oder Marketing, für die dann die Manager die Verantwortung tragen.
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
2.4 Prinzipal-AgentenTheorie Behandelt die Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Viele Beziehungen in Organisationen lassen sich anhand der Prinzipal-AgentenTheorie modellieren.
Prinzipal-Agenten-Theorie
Mit der Agenturtheorie beziehungsweise der Prinzipal-Agenten-Theorie kann die komplexe Weisungsbeziehung zwischen dem Topmanagement und dem Aufsichtsrat verstanden werden. Die Agenturtheorie oder Prinzipal-Agenten-Theorie bezieht sich immer auf das Zusammenwirken von einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer. Der Auftraggeber, der Prinzipal, delegiert Weisungs- oder Kontrollbefugnisse oder aber Ressourcen an einen Auftragnehmer, den Agenten. Wenn man sich die Weisungskette in einem Unternehmen anschaut, dann sieht man, dass Aktionäre solche Auftraggeber beziehungsweise Prinzipale sind. Das Topmanagement umfasst letztlich deren Auftragnehmer oder Agenten. Sie werden wiederum von den Aktionären beauftragt, die Ressourcen des Unternehmens möglichst effizient zu nutzen. Dabei hat der durchschnittliche Aktionär oft nur wenig tiefgehendes Wissen über eine bestimmte Technologie, Branche oder wie man ein Unternehmen führt. Deshalb suchen Aktionäre Unternehmen, in die sie investieren, und beauftragen Manager, die eigentliche Arbeit für sie durchzuführen. Die Übertragung von Weisungsrechten an Manager ist so eine Auftragnehmer-Beziehung beziehungsweise ein Agenturproblem. Dieses Problem umfasst die Festlegung und Bestimmung von Verantwortlichkeiten. Diese Verantwortlichkeiten sind nicht immer einfach zu bestimmen, denn ein Auftraggeber wird immer nur dann einen Auftragnehmer – Agenten – beauftragen, wenn dieser mehr kann oder mehr weiß als er selbst. Wenn das so ist, dann fragt man sich, wie der Auftraggeber, der viel weniger Experte ist als der Auftragnehmer, beurteilen kann, wie gut der Agent – hier also im Unternehmen der Manager – arbeitet und in welcher Zeitspanne er Tätigkeiten erledigt. Folglich ist es immer wieder sehr schwierig, Manager für das, was sie tun, verantwortlich zu machen. Meistens können die Aktionäre schlecht Fehler beziehungsweise die Manager kontrollieren, bevor es zu spät ist, zum Beispiel wenn das Unternehmen millionen- oder milliardenschwere Verluste einfährt. Mit der Delegation, das heißt mit der Übertragung von Autorität und Weisungsbefugnissen, verlieren die Aktionäre (Shareholder) die Möglichkeit, Entscheidungen des Managements maßgeblich zu beeinflussen. Das Problem der Aktionäre beziehungsweise der Auftraggeber ist also im Grunde ein Informationsnachteil gegenüber Topmanagern. Es ist dabei sehr schwierig für Aktionäre, die Effektivität des Topmanagements zu beurteilen, insbesondere weil die Effektivität der Organisation sich meist nur über verschiedene Jahre hinweg entfaltet. Entscheidungen und Aktivitäten der Topmanager wirken sich oft erst Jahre später aus – im positiven wie im negativen Sinne. Darüber hinaus liegen immer wieder Divergenzen zwischen den Zielen und Interessen der Manager und denen der Aktionäre vor. Manager, insbesondere wenn sie anhand der Erträge eines Jahres oder sogar noch kürzerer Zeitspannen bemessen werden, bevorzu-
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2.4 Prinzipal-Agenten-Theorie
gen daher die Erzielung von kurzfristigen Gewinnen. Dagegen werden die Aktionäre im Regelfall stärker daran interessiert sein, langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität zu erreichen, wie zum Beispiel mittels verbesserter Effizienz und durch langfristigen Innovationserfolg.
2.4.1 Grundlagen der Prinzipal-Agenten-Theorie Wie bereits beschrieben, beschäftigt sich die Prinzipal-Agenten-Theorie mit der Beziehung zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und einem Auftragnehmer (Agenten). Die Prinzipal-Agenten-Theorie gehört zu den neue-institutionen-ökonomischen Organisationstheorien. Diese gehen davon aus, dass Akteure begrenzt rational sind und ihren eigenen Nutzen maximieren wollen. Rationalität bedeutet, dass die Akteure eine Rangfolge von Präferenzen bilden können. Da aber die Umwelt komplex ist und Akteure nicht immer alle Informationen, die sie für eine rationale Entscheidung benötigen, haben, sind nur begrenzt rationale Entscheidungen möglich. Der Prinzipal überträgt einem Agenten Aufgaben und Kompetenzen, der dafür eine Vergütung für seine Leistungen erhält. Die Grundlage dafür bildet ein Vertrag (siehe X Abbildung 2.2). Da die Gestaltung und Erfüllung des Vertrags im der Prinzipal-AgentenBeziehung von beiderseitiger Nutzenmaximierung (zum Beispiel Gehalt, Macht, Karriere, finanzielle Rückflüsse und Bequemlichkeit) geprägt ist, müssen beide Parteien mit Opportunismus, also Leistungszurückhaltung, Betrug und Übervorteilung rechnen.
vertragstheoretische Organisation Unvollständigkeit von Verträgen Die gesamte Organisation lässt sich als Verflechtung von Vertragsbeziehungen zw. Individuen auffassen
individuelle Nutzenmaximierung ungleiche Informationsverteilung Interessenunterschiede / Risikoneigung
Verträge verursachen Agentenkosten Steuerungskontrollgarantie Zielkonflikte
- Opportunismus - Informationsnachteil des Prinzipals - Rationalität - Prinzipal: risikoneutral - Agent: risikoavers
Abbildung 2.2: Überblick über wesentliche Charakteristika der Prinzipal-Agenten-Theorie
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
Gefährdung durch Übervorteilung erwächst insbesondere aus Informationsasymmetrie. Durch seinen Informations- und Wissensvorsprung kann der Agent seine Vorteile gegenüber dem Prinzipal nutzen. So wird der Agent nur dann eine optimale Leistung aus Sicht des Prinzipals erbringen, wenn die Anforderungen aus dem Vertrag mit seinen Interessen vereinbar sind. Im Kern treten folgende Probleme auf:
Die Aktionen des Agenten sind durch den Prinzipal gar nicht oder nur unter Aufwendung von Kosten zu beobachten.
Von den Leistungsergebnissen kann nicht direkt auf das Handeln bzw. den Einsatz des Agenten geschlossen werden.
Dem Agenten bleibt ein Handlungsspielraum, den er zu seiner Nutzenmaximierung nutzen kann.
Der Prinzipal trägt das Risiko, dass ihm durch verborgene Handlungen Nachteile entstehen („moral hazard“). Aber der Prinzipal ist nicht machtlos. Der Prinzipal kann sich bestimmte vertragliche Rechte und Einflussmöglichkeiten einräumen. Hierzu gehören Vertragsnormen und sich daran anschließende Sanktionsmöglichkeiten. Dazu zählt auch die Verbesserung der Informationslage. Durch mehr Informationsrechte kann sich der Prinzipal besser über die Leistung und deren Angemessenheit informieren. Ferner eignet sich die Beteiligung des Agenten am Ergebnis, etwa mittels einer erfolgsabhängigen Entlohnung. Agenturprobleme treten insbesondere auf:
Bei der Trennung von Eigentum und Kontrolle des Unternehmens. Bei Kontrolltätigkeit durch Aufsichtsrat. Bei ergebnisorientierten Vergütungssystemen; materielle Anreize verursachen Probleme: – Zurechenbarkeit der Erfolge – Beurteilbarkeit von Agententätigkeit – Trade-off zwischen Risiko und Anreiz – kontraproduktive Wirkung wegen Selbstdarstellung/Verschleierung
2.4.2 Moral-Hazard-Problem zwischen Aktionären, Aufsichtsrat und Vorstand Beim Moral-Hazard-Problem verfolgen die Auftragnehmer beziehungsweise die Agenten ihre eigenen Ziele. Typischerweise entstehen Probleme mit Moral Hazard unter zwei Bedingungen. (1) Der Auftraggeber, der Prinzipal, kann nur sehr schwer beurteilen, wie gut der Agent beziehungsweise Auftragnehmer seine Aufgaben geleistet hat, weil der Auftragnehmer einen Informationsvorteil hat. (2) Der Agent hat einen Anreiz oder ein Interesse daran, Ziele zu verfolgen, die anders sind als die des Prinzipals (siehe X Abbildung 2.3).
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2.4 Prinzipal-Agenten-Theorie
Grundkonzept
Verhaltensannahmen
• Inhalt: Delegation von Verf ügungsrechten im Rahmen von Auftragsbeziehungen
• Prinzipal und Agent maximieren individuell und unabhängig voneinander ihren Nutzen
• Beteiligte: Prinzipal (Auftraggeber) und Agent (Manager/Auftragnehmer)
• Informationsasymmetrien zwischen Prinzipal und Agent • Ausübung von Informations- und Kontrollrechten verursacht Kosten
Hidden Information Informationen sind nicht zugänglich
Hidden Action Verhalten ist nicht kontrollierbar
Abbildung 2.3: Grundkonzept der Prinzipal-Agenten-Theorie
Der Time-Warner-Konzern hatte zum Beispiel Probleme mit Moral Hazard. Im Jahr 2005 bekam der Unterhaltungsriese Time Warner Probleme, weil das Topmanagement mehrere Akquisitionen, zum Beispiel AOL, getätigt hatte, die eben nicht dazu führten, dass das Unternehmen innovativer, effizienter und profitabler wurde. Die Aktionäre hatten das Gefühl, dass Time Warners Topmanagement die falschen Strategien zur Steigerung der Profitabilität des Unternehmens verfolgte. Zum Beispiel wollten die Aktionäre, dass das Unternehmen sein Engagement an AOL und am Kabelfernsehen sehr schnell auflöste beziehungsweise desinvestierte. Die Aktionäre hatten das Gefühl, dass Topmanager diese dringlichen Probleme nicht angingen. Aus dem Grund wurde von Seiten der Aktionäre sehr deutlich kommuniziert, dass sie eine Veränderung in der Richtung und den Zielen der Firma verlangten und außerdem mehr Informationen über die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens erhalten wollten, um ihren Informationsnachteil zu verringern.30 Immer wieder werden Beispiele von Moral Hazard in Zeitungen, Zeitschriften und den Nachrichten publiziert. In den Jahren 2006 und 2007 wurden in Deutschland Beispiele aus großen Unternehmen wie Siemens und Volkswagen bekannt, die letztlich auch Probleme von Moral Hazard betrafen. So wurde zum Beispiel von bezahlten Reisen für Angehörige des Betriebsrats nach Brasilien bei Volkswagen berichtet und bei Siemens von der Zahlung von Bestechungsgeldern.
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
Moral Hazard beschränkt sich aber keineswegs nur auf die Beziehung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, sondern auch gegenüber z.B. Handelsvertretern, Reiseleitern, Lieferanten. Alle Prinzipal-Agenten-Beziehungen sind mit dem Risiko von Moral Hazard durch die asymmetrische Informationsverteilung verbunden.
2.4.3 Lösungsmöglichkeiten für das Agenten-Problem zwischen Aufsichtsrat und Vorstand GovernanceInstrument Lenkung, welche die Interessen von Auftraggeber und Auftragnehmer so harmonisiert, dass beide einen Anreiz haben, den Erfolg des Unternehmens gemeinsam zu maximieren.
Einer der zentralen Inhalte der Agenturtheorie ist die Frage, wie man die Agenten-Probleme mittels bestimmter Führungs- und GovernanceInstrumente überwinden kann. Diese Governance-Instrumente umfassen Möglichkeiten der Lenkung, welche die Interessen der Auftraggeber und der Agenten so zusammenbringen, dass beide Parteien einen Anreiz haben, gemeinsam an der Maximierung eines gemeinsamen Nutzens zu arbeiten. Dabei existieren ganz unterschiedliche Arten von GovernanceInstrumenten. Vor dem Hintergrund von Moral Hazard bei Vorständen wurde zunächst einmal sehr breit die Bedeutung des Einflusses des Aufsichtsrats diskutiert. Der Aufsichtsrat kontrolliert rein rechtlich gesehen das Topmanagement, also den Vorstand bei einer Aktiengesellschaft. Oft ist es aber so, dass die Aktivitäten und Eingriffe des Aufsichtsrats nicht besonders weitgehend sind, also dass das Topmanagement, sprich die Vorstände, ganz gezielt diese Einflussnahme verhindern. Eingedenk dessen wird immer wieder betont, dass eine stärkere Kontrolle und Trennung zwischen der Rolle des Vorstandsvorsitzenden und des Aufsichtsrats, insbesondere des Vorsitzenden des Aufsichtsrats, forciert werden sollte. Beispielsweise ist es in vielen Unternehmen Usus, dass ein ausscheidender Vorstandsvorsitzender im Anschluss Vorsitzender des Aufsichtsrats wird. Dabei ergibt sich natürlich das große Problem, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats die Handlungen und die Ergebnisse des Handelns des Vorstandsvorsitzenden kontrollieren muss und häufig die Resultate seiner eigenen zurückliegenden Entscheidungen. Dabei geht es sehr oft nicht nur darum, die aktuellen Tätigkeiten zu kontrollieren, sondern auch zu reflektieren, welche Ursachen die jetzigen Aktivitäten haben. Insofern kommt es immer wieder vor, dass ein Aufsichtsratsvorsitzender das kontrolliert, was er in seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender in vorherigen Perioden zu verantworten hatte. Dass dies ein großes Problem der Kontrolle darstellt, ist offensichtlich. Um dieses Problem zu überwinden, wird immer wieder eine stärkere Trennung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand gefordert und zudem eine Auflösung des eben genannten Automatismus.
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2.4 Prinzipal-Agenten-Theorie
Eine Reihe von Unternehmen in Deutschland, Europa und anderen Ländern erlegt sich deshalb sogenannte Corporate-Governance-Kodizes auf. Diese umfassen zum einen das eben Geforderte und darüber hinaus die Einhaltung von anderen Regeln und Werten.
Aktienbasierte Kompensationsformen Eine weitere Option, um die verschiedenen Interessen der Stakeholder, insbesondere der Aktionäre und des Managements, in Ausgleich zu bringen, sind aktienbasierte Entlohnungskomponenten. Bei aktienbasierten Entlohnungsalternativen erhalten Manager einen relativ großen Anteil ihres Gehalts in Form von Aktien oder Aktienoptionen, die in Bezug zur Leistung des Unternehmens stehen. Die Grundidee hierbei ist, dass die Aktienkurse immer dann steigen, wenn ein Unternehmen sehr gut funktioniert. Somit wird mittels der geldlichen Kompensation angestrebt, profitables und richtiges Verhalten der Manager zu belohnen. Diese Art der Entlohnungskomponenten findet sich in vielen Unternehmen weltweit; sehr stark haben z.B. General Motors und IBM diese Strategie verfolgt. Sie beschäftigten zuvor Manager, die in der Regel sehr wenig Aktien des Unternehmens besaßen. Natürlich ist die aktienbasierte Form der Kompensation von Managern auch mit Schwierigkeiten behaftet, weil der Aktienkurs an der Börse nicht allein davon abhängt, wie hoch die Gewinne des Unternehmens sind. Erwartungen der Anleger über die Entwicklung des Unternehmens, über die Entwicklung von Branchen und Märkten bestimmen sehr stark die Kurse der Wertpapiere. Weil die Erwartungen der Aktionäre immer auch mit unvollständiger Information verbunden sind, können ihre Erwartungen auch immer nur begrenzt zutreffen. Damit wird der Zusammenhang zwischen Aktivitäten des Managements und Kursen der Wertpapiere eingeschränkt.
Aktienbasierte Entlohnungsalternativen Manager erhalten einen relativ großen Anteil ihres Gehalts in Form von Aktien oder Aktienoptionen, die dann in Bezug zur Leistung des Unternehmens stehen.
Karrierepfade und Beförderungsmöglichkeiten Anreize in Unternehmen können sehr unterschiedliche Formen haben. Eine davon ist, den Erfolg von Managern mit Karrieremöglichkeiten zu belohnen bis zum Aufstieg zur Spitze des Unternehmens. Diese Aufstiegsmöglichkeiten haben natürlich vor allem bei ehrgeizigen Individuen eine sehr hohe Motivationswirkung. Dabei ist aber auch zu bedenken, dass Führungskräfte nicht immer nur innerhalb des Unternehmens gesucht werden. Wenn ein Unternehmen Führungskräfte von außen rekrutiert, kann dieses die Anreizwirkung nach innen einschränken. Allerdings kann aber auch die Rekrutierung von externen Personen für Führungspositionen anzeigen, dass bestimmte Werte für das Unternehmen wichtig sind. So gibt die Beförderungspraxis indirekt Hinweise darauf, wie Mitarbeiter sich verhalten sollen. Wenn dies zum Beispiel die Orien-
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tierung an langfristigen Zielen umfasst, kann man das kurzfristige Erfolgsstreben von unteren und mittleren Managern reduzieren. Geld ist dabei nicht der einzige Anreiz. Mit Beförderung ist immer auch verbunden, dass Führungskräfte und Nachwuchsführungskräfte mehr Macht über Ressourcen erhalten. Neben Geld und Macht sowie Status ist nicht zu vergessen, dass Führungskräfte und Mitarbeiter auch intrinsisch zu motivieren sind. Dies betrifft die Erfüllung und den Spaß an der Arbeitsaufgabe. Intrinsische Motivation und die Freude an selbstbestimmter Arbeit sind für gewöhnlich Anreize, die die Führungskräfte und Nachwuchsführungskräfte bei ihrem Weg durch die Unternehmung stark motivieren.
2.5
Topmanager und Ethik der Organisation
Immer wenn von Organisations- und insbesondere Unternehmensethik gesprochen wird, hört man die These, dass Ethik im harten Wettbewerb des Wirtschaftslebens keinen Platz hätte. Aber Organisationen handeln nicht in einem sozialen Vakuum, sondern sind Teil einer Gesellschaft und eingebunden in ein Geflecht aus Normen, Wertvorstellungen und Erwartungen.31 In der heutigen, durch Wissen und Mitarbeiterpotenziale geprägten westlichen Gesellschaft hängt der Erfolg zunehmend von der Kreativität und dem Know-how der Mitarbeiter ab. Es ist davon auszugehen, dass diese Wissensarbeiter ihr Potenzial nur dann optimal einbringen und entfalten können und wollen, wenn sie mit Fairness und Respekt behandelt werden und sie ihre persönlichen Werte auch in der Organisation wieder finden.32 Ethisches Dilemma Ein Spannungsfeld, in dem sich Menschen befinden, wenn sie darüber entscheiden müssen, ob sie anderen helfen und dabei ihre eigenen Interessen zurückstellen.
Ein ethisches Dilemma existiert, wenn Menschen entscheiden müssen, ob sie in einer bestimmten Situation anderen Menschen oder einer Gruppe von Menschen helfen sollen, selbst wenn das ihren eigenen Interessen entgegenläuft. Ein Dilemma kann auch aufkommen, wenn eine Person zwischen zwei Alternativen auswählen und dabei bedenken muss, dass jede der Alternativen Interessen einer anderen Person oder Gruppe zuwiderlaufen wird, während die Personen einer anderen Gruppe profitieren. Das ethische Dilemma besteht hierbei darin zu entscheiden, welche der beiden Handlungen weniger Schaden anrichtet. Menschen wissen meistens, dass sie einem ethischen Dilemma gegenüberstehen, wenn moralische Skrupel aufkommen und sie deshalb zögern, debattieren oder darüber nachdenken, ob das Handeln richtig oder gut ist. Moralische Skrupel treten auf, wenn die Gefühle und die Einschätzung eines Menschen sagen, dass etwas falsch ist. Moralische Skrupel sind letztlich Teil der ethischen Grundhaltung einer Person. Folgende Fragen helfen bei der Situationsbestimmung:33
Ist es legal? Fühle ich mich dabei unwohl?
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2.5 Topmanager und Ethik der Organisation
Entspricht es den Werten und Zielen des Unternehmens? Was wäre, wenn es alle täten? Kann ich/das Unternehmen das wollen? Was wäre, wenn es morgen in der Zeitung stünde? Ethische Grundhaltungen sind intrapersonelle, moralische Prinzipien, Werte und Einstellungen, die Menschen nutzen, um bestimmte Situationen zu analysieren oder zu interpretieren, um dann zu entscheiden, ob etwas richtig oder falsch ist, oder auch was ein angemessener Weg ist, sich zu verhalten. Gleichzeitig zeigen ethische Werte auch, was nicht-angemessenes Verhalten ist und wie Menschen sich verhalten sollten, um andere Personen nicht zu schädigen. Eines der grundlegenden Probleme ethischer Werte liegt darin, dass moralische Skrupel Dilemmata sind, die nicht einfach zu lösen sind. Es gibt keine absolute Entscheidung darüber, ob etwas ethisch oder unethisch ist. Um es einfach zu sagen: Unterschiedliche Menschen oder Gruppen von Menschen können sehr unterschiedlicher Auffassung darüber sein, welche Verhaltensweisen richtig sind. Das hängt davon ab, welche eigenen Interessen und spezifischen Einstellungen, Annahmen und Werte Personen haben. Trotzdem sollte man darüber nachdenken, welche ethischen Grundhaltungen Unternehmen und Manager haben sollten.
Ethische Grundhaltungen Intrapersonelle, moralische Prinzipien, Werte und Einstellungen, die Menschen nutzen, um bestimmte Situationen zu analysieren oder zu interpretieren, um dann zu entscheiden, ob etwas richtig oder falsch ist, oder auch was ein angemessener Weg ist, sich zu verhalten.
2.5.1 Ethische Grundeinstellungen und Gesetze Natürlich sind ethische Werte nicht unabhängig von der Gesellschaft und von rechtlichen Normen derselben. Politische und rechtliche Prozesse, dabei zum Beispiel auch Lobbyarbeit, können dafür sorgen, dass bestimmte Gesetze formuliert und institutionalisiert werden, die darüber Regelungen treffen, was Menschen und Organisationen tun dürfen und was nicht. So gibt es zum Beispiel Kartellgesetze und auch eine Reihe von Gesetzen zum Schutz für Beschäftigte in Unternehmen. Gesetzliche Regelungen legen natürlich auch fest, welche Sanktionen und Bestrafungen folgen, wenn bestimmte Vorschriften überschritten wurden. Da Gesetze diese Rahmenbedingungen schaffen, wird immer wieder von Interessengruppen Lobbyarbeit betrieben, um die Gesetze zu beeinflussen. Wenn ein Gesetz allerdings erlassen wurde, werden Verhaltensweisen in Bezug auf diese rechtlichen Normen entschieden. Wenn man sich ethische Gesetze und Normen anschaut, muss man sich auch vor Augen führen, dass es wichtig ist, dass weder Gesetze noch ethische Grundhaltungen für alle Zeiten gültige und unveränderliche Prinzipien sind. Sie verändern sich immer wieder im Zeitablauf. Ethische Werte können strenger oder lockerer werden. Meistens verändern sich auch gesetzliche Regelungen, die letztlich ethische Werte einer Gesellschaft repräsentieren und kanalisieren. Sowohl ethische Werte als auch rechtliche Regeln sind relativ und können je nach Nation,
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
sogar oft Region, unterschiedlich sein. Es gibt keine absoluten und unveränderbaren Standards, die bestimmen, wie Menschen sich verhalten sollten, wenn sie in moralischen Dilemmata gefangen sind. Aus diesem Grund müssen Menschen eigene Entscheidungen über ethisches Verhalten treffen. Ein Beispiel für den Bruch von Gesetzen und ethischem Verhalten ist Euron. Der damalige Finanzvorstand von Euron, Andrew Fastow, und seine Frau wurden schuldig gesprochen, weil sie die Bücher der Unternehmung so gefälscht hatten, dass sie mehr als 10 Millionen US-Dollar von Enrons Vermögen für eigene Bedürfnisse nutzten. Es gibt noch mehr Beispiele, bei denen Manager, Mitglieder des Aufsichtsrats oder des Vorstands sich dazu entschlossen haben, unethisch zu handeln und mehrere Millionen Euro oder US-Dollar des Unternehmensvermögens für eigene persönliche Bedürfnisse einzusetzen. Bei WorldCom zum Beispiel nutzte der Vorstandsvorsitzende (CEO), Bernie Ebbers, seine Machtposition aus, um sechs persönliche, langjährige Freunde in den 13-köpfigen Vorstand zu berufen. Obwohl das nicht illegal ist, ist es natürlich offensichtlich, dass diese Menschen in seinem Interesse bei Sitzungen und Entscheidungen gestimmt haben. Als „Vergütung“ für seine „Freundlichkeit“ erhielt Ebbers vom Vorstand einen sehr hohen Anteil an Aktien, Aktienoptionen und ein persönliches Darlehen von über 150 Millionen US-Dollar zugebilligt. Im Gegenzug wurden seine Befürworter sehr gut als Vorstandsmitglieder bezahlt. So erlaubte Ebbers ihnen zum Beispiel, den Unternehmensjet von WorldCom zu sehr geringen Kosten zu nutzen. Dies sparte den Vorstandsmitgliedern letztendlich mehr als 100.000 USDollar pro Jahr ein. Einige meinen, dass solches Verhalten nicht illegal sei, weil es nicht gegen bestehende Gesetze verstieß. Wie andere Menschen müssen auch Manager, wenn sie die Ressourcen von Unternehmen nutzen, damit rechnen, dass sie immer wieder entscheiden müssen, was richtig, falsch oder nicht angemessen ist und nicht aus den Augen verlieren, welche Produkte die Kunden kaufen möchten.
2.5.2 Ethische Werte und Stakeholder Wie bereits angesprochen betreffen ethische Werte moralische Prinzipien oder Annahmen darüber, was richtig und falsch ist. Diese Verhaltensweisen lenken Individuen bei ihren Verhaltensweisen und ihrem Umgang mit anderen Individuen und Gruppen, zum Beispiel Stakeholder eines Unternehmens. Sie bilden eine Basis für Entscheidungsprozesse in spezifischen Situationen.34 Ethische Werte helfen Menschen zu bestimmen, welche moralischen Antworten in bestimmten Situationen die beste Wahl sind, insbesondere dann, wenn Handlungen unklar sind. Unternehmen haben immer wieder mit Stakeholdern innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu tun, deshalb müssen sie immer wieder
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2.5 Topmanager und Ethik der Organisation
Entscheidungen darüber fällen, was richtig oder falsch ist. Wenn zum Beispiel ein Unternehmen (beziehungsweise das Management) über Stilllegungen von Betrieben nachdenkt, muss es sich zunächst einmal überlegen, wann es dies dem mittleren Management mitteilt. Ethisch sehr fraglich ist eine Schließung insbesondere dann, wenn ein Unternehmen Standorte schließt, für die es zuvor Förderungen der Gesellschaft erhalten hat. Dies war bei Nokia in Bochum der Fall. Nokia hat für den Aufbau des Standorts Förderungen seitens des Landes NordrheinWestfalen in Höhe von mehreren Millionen Euro erhalten. Kurz nach dem Auslaufen der Verträge kündigte die Geschäftsleitung von Nokia im Januar 2008 an, den Standort zu schließen und die Produktion in Billiglohnländer zu verlagern. Mittlerweile liegen Anzeigen wegen Subventionsbetrug vor, weil darüber hinaus vermutet wird, dass Nokia auch vor 2007 nicht die vereinbarten Arbeitsplätze geschaffen hatte. Konsumenten boykottieren mittlerweile den Kauf von Nokia-Handys. Unternehmen müssen auch darüber nachdenken, in welchem Fall und unter welchen Bedingungen sie ihre Produkte, zum Beispiel Automobile, zurückrufen, wenn z.B. ein Defekt festgestellt wird, der unter Umständen Passagiere verletzen kann. Wie wir auch gerade bei dem Unternehmen Siemens im Jahr 2007 feststellen konnten, kann sich dieses auch darauf beziehen, in welchen Situationen die offiziellen Vertreter eines Unternehmens Bestechungsgelder zahlen dürfen, selbst wenn es zum Wohle des gesamten Unternehmens ist. Immer wieder müssen Unternehmen also darüber entscheiden, wie das Verhältnis zwischen „Richtig“ und „Falsch“ ist. Situationen sind einfach, wenn klare Standards, Normen oder ethische Werte zur Anwendung kommen. In anderen Fällen haben Manager größere Schwierigkeiten damit, wie zu entscheiden ist und welche Effekte ein bestimmtes ethisches Dilemma hat.35 Philosophen haben seit Jahrhunderten darüber nachgedacht, welche Kriterien eingesetzt werden sollten, um zu entscheiden, ob bestimmte Entscheidungen ethisch oder unethisch sind. Drei Modelle können herangezogen werden, um zu bestimmen, ob eine Entscheidung ethisch oder unethisch ist: der nutzen-, moral- und gerechtigkeitsorientierte Ansatz. Diese Ansätze sind in X Tabelle 2.2 dargestellt.36
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
Tabelle 2.2 Nutzenmaximierung, Moral und Gerechtigkeit Utilitaristische Sicht Eine ethische Entscheidung ist die, die den größten Nutzen für Menschen hat.
Kurzformeln für die Praxis Manager sollten unterschiedliche Kosten für alternative Aktivtäten sowie für die jeweiligen Stakeholder bemessen. Die Alternative, die den größten Nutzen für die Stakeholder bietet, ist vorzuziehen.
Probleme Wie können Manager die relative Bedeutung jeder der Stakeholdergruppen bemessen? Wie misst man den jeweiligen Schaden, den Stakeholder erleiden können?
Moralisches Konzept Eine ethische Entscheidung ist eine Entscheidung, welche die fundamentalen Rechte von Menschen schützt, zum Beispiel Freiheit, Sicherheit, Gesundheit.
Kurzformeln für die Praxis Manager sollen die Folgen ihres Handelns und die schützenswerten Rechte der Betroffenen bedenken.
Probleme Wenn die Rechte der Stakeholder beeinträchtigt werden, welche sind dann am schützenswertesten?
Gerechtigkeitsansatz Ethische Entscheidungen sind solche, die Vorteile und Nachteile gerecht aufteilen.
Kurzformeln für die Praxis Manager sollten alternative Handlungen nach ihrer Wirkung auf die Verteilung von Ergebnissen bewerten, zum Beispiel sollten Mitarbeiter mit gleichen Fähigkeiten und Leistungen gleiche Gehälter bekommen.
Probleme Manager müssen zwischen zu beobachtenden Unterschieden im Verhalten unterscheiden können und auch lernen, wie man Verfahren so einsetzt, dass sie gerechte Verteilungen ermöglichen.
Aus theoretischer Sicht erlaubt jedes Modell unterschiedliche und komplementäre Beziehungen, wann eine bestimmte Entscheidung ethisch ist. So können alle drei Ansätze oder Modelle genutzt werden, um herauszubekommen, wie die ethischen Werte in einer bestimmten Handlung oder Entscheidungssituation angelegt sind. Ethische Werte sind jedoch sehr selten eindeutig. Die Interessen der verschiedenen Stakeholder sind oft sehr gegensätzlich, aber es ist schwierig, in einer bestimmten Situation festzustellen, welches die beste ethische Wahl ist. Zuweilen wird vorgeschlagen, dass drei verschiedene Entscheidungs-
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2.5 Topmanager und Ethik der Organisation
regeln herangezogen werden, um festzulegen, ob ein bestimmtes Verhalten ethisch oder unethisch ist. Ethisch ist es immer, wenn jede der drei folgenden Fragen mit „Ja“ beantwortet werden kann37: 1.
Entspricht die Entscheidung akzeptierten und allgemein anerkannten Werten oder Standards?
2.
Bin ich bereit, meine Entscheidung publik werden zu lassen, so dass alle Stakeholder, die davon betroffen sind, diese sehen und bin ich bereit zu akzeptieren, dass meine Entscheidung in Zeitungen und Nachrichten kommuniziert wird?
3.
Würden meine Freunde oder andere, mit denen ich eine enge persönliche Beziehung pflege, wie zum Beispiel meine Familie, oder auch Manager in anderen Unternehmen, diese Entscheidung gut heißen?
Aus der Perspektive des Managements ist eine ethische Entscheidung eine, bei welcher der typische Stakeholder sagen würde, dass sie akzeptabel ist, weil sie den Stakeholdern, der Organisation oder der Gesellschaft hilft. Im Gegensatz dazu ist eine unethische Entscheidung eine, die ein Manager gern vor anderen Personen verstecken würde, weil sie der Unternehmung oder bestimmten Individuen einen Vorteil auf Kosten anderer in der Gesellschaft erlauben würde. Das nächste Beispiel, X Beispiel 2.4, geht darauf genauer ein. Ethische Regeln entwickeln sich mit der Zeit durch Verhandlungen und Kompromisse zwischen den Stakeholdern. Ethische Regeln entstehen ebenso durch einen wirklichen Konflikt und Wettbewerb zwischen Gruppen verschiedener Stakeholder. Dies erfolgt vor allen Dingen dann, wenn eine Gruppe ihre Lösung oder Entscheidung einer anderen Gruppe auferlegen kann. Zum Beispiel können Mitarbeiter moralischen Druck auf das Management ausüben, um ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Aktionäre können ebenso fordern, dass das Topmanagement nicht in Länder investiert, die z.B. Kinderarbeit zulassen.38 Oft kommt es vor, dass im Lauf der Zeit ethische Werte und Regeln in Gesetze überführt werden, so dass ein unethisches Verhalten im Verlauf der Zeit auch ein illegales Verhalten wird.
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Beispiel 2.4
AUS DER PRAXIS – GILETTE Tierversuche bei Kosmetiktests
Neben anderen großen Kosmetikunternehmen wurde auch Gillette, der bekannte Hersteller von Rasierern und Rasurprodukten, immer stärker attackiert, weil die Produkttests über die Sicherheit und Langzeitwirkungen neuer Rezepturen mittels Tierversuchen erfolgten. Die Manager von Gillette erhielten Hunderte Briefe von aufgebrachten Erwachsenen und Kindern, die gegen Tierversuche in der Kosmetikindustrie protestieren, weil sie solche Tests für grausam und unethisch halten. Das Management einiger anderer Unternehmen hat versucht, diese ethische Streitfrage zu umgehen, aber bei Gillette ging man das Problem frontal an. Gillettes ethischer Standpunkt lautet, dass die Gesundheit von Menschen wichtiger ist als die Gesundheit von Tieren, und dass keine andere zuverlässige Methode existiert, um die Eigenschaften neuer Rezepturen zu testen, als die von Tierversuchen. Daher führt das Unternehmen Tierversuche durch, wenn es die Interessen seiner Aktionäre, Angestellten und Kunden schützen und auch neue sichere Produkte entwickeln will. Die Gillette-Manager beantworten jeden Brief, der gegen diese Politik protestiert, und rufen oftmals sogar Kunden zu Hause an, um ihre ethische Position zu erläutern.39 Sie betonen, dass sie Tierversuche nur durchführen, wenn diese notwendig sind, und sie diskutieren ihre ethische Position mit ihren Kritikern. Andere Kosmetikunternehmen, wie etwa The Body Shop, testen ihre Produkte nicht an Tieren, und deren Manager sind genauso bereit, der Öffentlichkeit ihre ethische Haltung zu erklären: Sie sind der Meinung, dass Tierversuche unethisch sind. Allerdings: Obwohl The Body Shop seine Produkte nicht direkt an Tieren testet, wurden einige der Inhaltsstoffe der Produkte durch Gillette und andere Unternehmen an Tieren getestet, um eine sichere Anwendbarkeit zu gewährleisten. Natürlich ist die Ethik von Tierversuchen, genauso wie die meisten anderen ethischen Fragen, ein schwieriges Thema. Zurzeit scheint die Ansicht eines typischen Stakeholders zu sein, dass Tierversuche akzeptabel sind, solange sie durch einen Nutzen für die Menschen gerechtfertigt sind. Gleichzeitig glauben die meisten Stakeholder auch, dass während solcher Tests den Tieren so wenig Leid wie möglich zugefügt werden sollte, und dass die Tests nur durchgeführt werden sollten, wenn sie notwendig sind.
2.5.3 Quellen von Ethik in Organisationen Um das Wesen von ethischen Werten in Organisationen zu verstehen, ist es nützlich, verschiedene Quellen von Ethik zu diskutieren. Drei zentrale Quellen ethischer Werte beeinflussen die Ethik einer Organisation: (1) soziale Werte, (2) ethische Grundhaltungen einer Gruppe und (3) individuelle ethische Grundregeln.
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2.5 Topmanager und Ethik der Organisation
Ethische Grundhaltung einer Gesellschaft Die Gesellschaft ist ein maßgeblicher Gradmesser für die ethischen Werte von Organisationen. Die ethischen Werte einer Gesellschaft sind meist in gesetzlichen Systemen inhärent, zum Beispiel in Praktiken und in ungeschriebenen Gesetzen und Werten von Menschen in einer Gesellschaft. Viele Werte werden dabei ganz automatisch von Menschen befolgt. Diese Werte sind in Individuen internalisiert und so letztlich ein Teil der Menschen. Diese internalisierten Werte beeinflussen dann Interpretationsprozesse der Individuen und bestimmen so die Handlungen einer Person und die Bewertungen von Handlung von anderen Personen in einer Gesellschaft. Werte werden im Wege der primären (im Kindesalter) und sekundären Sozialisation (alles nach dem Kindesalter) durch das soziale Umfeld aufgenommen, gebildet und angepasst.
Beispiel 2.5
AUS DER PRAXIS – KINDERARBEIT Ist Kinderarbeit zu rechtfertigen?
In den letzten Jahren hat die Anzahl der US-Unternehmen, die ihren Input von preiswerten ausländischen Zulieferern beziehen, zugenommen. Damit einhergehend stieg die Besorgnis um die Moral bezüglich der Kinderbeschäftigung in den Fabriken. In Pakistan arbeiten Kinder, die auch jünger als sechs Jahre sind, viele Stunden unter miserablen Umständen, um Vorleger und Teppiche für den Export in westliche Länder herzustellen. Kinder aus armen Ländern in ganz Afrika, Asien und Südamerika arbeiten unter den gleichen Bedingungen. Ist es ethisch vertretbar, Kinder in Fabriken zu beschäftigen? Dürfen US-Unternehmen Produkte, die durch diese Kinder hergestellt wurden, kaufen beziehungsweise verkaufen? Die Meinungen zur Moral von Kinderarbeit gehen weit auseinander. Robert Reich, Wirtschaftswissenschaftler und Arbeitsminister unter der ersten ClintonRegierung, glaubt, dass solche Praktiken verwerflich sind und auf globaler Ebene geächtet werden sollten. Eine andere Sichtweise, verfochten durch das Magazin The Economist, besagt, dass obwohl niemand Kinder in Fabriken arbeiten sehen will, Bürger aus reichen Ländern akzeptieren müssen, dass Kinder in den armen Ländern oftmals die einzigen Ernährer der Familie sind. Aus diesem Grund würde die Ächtung der Kinderarbeit zum Leid vieler Familien führen. Das Verbot des einen Unrechts (Kinderarbeit) würde somit ein anderes, viel größeres Unrecht (Armut) erzeugen. Stattdessen spricht sich die Zeitschrift für eine Verbesserung der Bedingungen aus, unter denen Kinder beschäftigt werden. Davon erhofft sich das Magazin, dass nach einer gewissen Zeit, wenn arme Länder reicher werden, die Nachfrage nach Kinderarbeit sinkt.
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Fortsetzung Viele US-Händler kaufen typischerweise ihre Kleidung von preisgünstigen ausländischen Lieferanten und die Manager dieser Unternehmen müssen ihre eigenen Wertevorstellungen bezüglich Kinderarbeit entwickeln. Manager von Wal-Mart, Target, JC Penney und Kmart folgen dabei den US-Standards, Regeln und Richtlinien, die es ausländischen Lieferanten verbieten, Kinder zu beschäftigen. Ferner geloben sie Verbindungen zu jedem ausländischen Lieferanten abzubrechen, der diese Standards nicht erfüllt. Offensichtlich unterscheiden sich die Händler dennoch weitgehend bei der Durchsetzung dieser Richtlinien. Wal-Mart und einige andere nehmen eine strenge Haltung ein und brechen unverzüglich die Verbindungen zu Lieferanten ab, die die Regeln brechen. Dennoch wird geschätzt, dass mehr als 300.000 Kinder unter 14 Jahren in Bekleidungsfabriken in Guatemala angestellt sind. Guatemala ist ein beliebter kostengünstiger Standort für Bekleidungsfabriken, die den US-Markt beliefern.40 Diese Kinder arbeiten oft mehr als 60 Stunden wöchentlich und werden meistens mit weniger als 2,80 US-Dollar pro Tag bezahlt. Dies ist der Mindestlohn in Guatemala. Viele US-Händler kontrollieren ihre ausländischen Lieferanten nicht. Wenn US-Händler ihre moralische Stellung bezüglich dieses problematischen Themas beibehalten wollen, dürfen sie die Fakten nicht ignorieren, dass sie Kleidung kaufen, die von Kindern hergestellt wird. Außerdem müssen sie die Bedingungen verbessern, unter denen diese Kinder arbeiten.
Ethische Werte von Berufsgruppen Ethische Werte beeinflussen nicht nur das Verhalten von einzelnen Personen, sondern auch von Gruppen von Personen. Sie wirken sich darauf aus, wie sie Ressourcen nutzen und wie sie bestimmte Aufgaben ausführen. Zum Beispiel bestimmen ethische Werte im medizinischen Bereich, wie Ärzte und Krankenschwestern ihre Aufgaben erfüllen und Patienten helfen sollen. Von Ärzten wird erwartet, dass sie unnötige medizinische Prozeduren an Menschen nicht durchführen und dass sie im Interesse des Patienten und nicht ihrem eigenen handeln. Wissenschaftler hingegen sollen auch ethisch handeln, wenn sie ihre Forschungsergebnisse aufbereiten und präsentieren. In einer Gesellschaft, in der viele verschiedene Berufsgruppen existieren, werden immer wieder ethische Werte der Gruppen aufgebaut und ebenso an diese Berufsgruppen auch bestimmte ethische Anforderungen gestellt. Die Ethik von Gruppen und Berufsgruppen macht auch vor Organisationen und Unternehmen nicht halt. In ihnen agieren verschiedenste Gruppen von Mitarbeitern, deren Verhalten durch berufsgruppenspezifische oder professionsgebundene ethische Werte bestimmt wird, wie zum Beispiel Rechtsanwälte, Wissenschaftler oder Wirtschaftsprüfer. Diese
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2.5 Topmanager und Ethik der Organisation
Menschen haben die Regeln und Werte ihres Berufsstandes zu internalisieren, genauso wie die der Gesellschaft. Während sie ihre Handlungen und Aufgaben durchführen, müssen sie automatisch entscheiden, wie sie sich im Sinne dieser Werte ihrer Berufsgruppe – ihres Standes – zu verhalten haben.
Individuelle ethische Werte Individuelle ethische Werte sind die Wertvorstellungen einer Person, die zum tragen kommen, um Handlungen und Interaktion mit anderen Menschen zu leiten und zu kanalisieren. Menschen können dabei auch entscheiden, bestimmte Handlungen nicht durchzuführen, weil sie unethisch sind. Dabei gibt es Verhaltensweisen, die eine Person als unethisch empfindet, während eine andere Person sie als ethisch gerechtfertigt beurteilt. Wenn diese Verhaltensweisen nicht gerade illegal sind, können die Personen sich über ihre Werte einigen oder aber bei unterschiedlichen Auffassungen bleiben. Menschen, die unterschiedlicher ethischer Auffassung sind, können aber auch versuchen, ihre Wertvorstellungen den anderen auf zu oktroyieren, zum Beispiel auch, indem rechtliche Festlegungen getroffen werden, denn wenn persönliche ethische Wertvorstellungen mit dem Gesetz in Konflikt geraten, dann drohen der Person Sanktionen. Persönliche ethische Werte sind letztlich die Folge der Sozialisation durch die Familie, Freunde oder Mitgliedschaften in Institutionen und sozialen Einrichtungen. Dabei verändern sich ethische Grundhaltungen kontinuierlich auch im Wege der Mitgliedschaft und der Interaktion mit bestimmten Personengruppen. So wird letztlich auch das Verhalten von Managern dadurch bestimmt, wie ihre Werte und ethischen Verhaltensweisen angelegt sind. Damit beeinflussen ihre ethischen Wertvorstellungen auch ihr Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Kollegen. Weil ethische Werte auch kulturell beeinflusst werden, geht dieses Buch darauf innerhalb der interkulturellen Unterschiede und der Internationalisierung von Unternehmen (Kapitel 7) noch genauer ein. Es ist aber nicht zu vergessen, dass viele ethische Regeln über die Grenzen von Unternehmen und auch über die Grenzen von Ländern hinweg existieren.
2.5.4 Warum entwickeln sich ethische Regeln? Ethische Regeln entwickeln sich, um das Eigeninteresse von Individuen zu reduzieren. Ein gutes, wenn auch sehr altes Beispiel für starkes Eigeninteresse ist die „Tragödie des Gemeineigentums“. Wenn zum Beispiel Bodenbesitz von jedem genutzt werden kann, dann ist es natürlich für jede Person rational, den individuellen Nutzen dieses Grund und Bodens zu maximieren, weil es sich um eine freie Ressource handelt. So wird jeder versuchen, beispielsweise seine Rinder auf dem
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Land weiden zu lassen, um seine eigenen individuellen Interessen zu verfolgen. Nur wenn jeder das tut, was passiert dann mit dem Land, dem Gemeineigentum? Die Antwort ist, dass es zu Erosionen käme, weil das Überweiden die Wurzeln angreift und somit Wasser und Regen das Land zerstören würden. So mündet die rationale Verfolgung von Eigeninteressen in einem Desaster. Dieses lässt sich auch in Organisationen feststellen. Wenn Menschen nur allein das tun können, was sie wollen, dann werden sie ihre eigenen Ziele verfolgen und das unter Ausnutzung und Übervorteilung der gemeinsamen Ziele. Gesetze und ethische Regeln wurden daher entwickelt, um Eigeninteressen von Individuen und Organisationen zu reduzieren. Der freie Wettbewerb, insbesondere ein fairer Wettbewerb zwischen Organisationen, kann nur existieren, wenn Regeln und Standards die Handlungen von Individuen begrenzen, die ihr Eigeninteresse verfolgen. Als Geschäftsmann kann man beispielsweise mit einem Konkurrenten sehr hart rivalisieren und dabei versuchen, diese Person oder den Anbieter aus dem Geschäft oder Markt herauszudrängen. Wenn man dieses Ziel mit legalen Mitteln verfolgt, wie zum Beispiel mit einem günstigeren, besseren oder zuverlässigeren Produkt, handelt es sich um ethisches Verhalten. Es ist hingegen unethisch, den Konkurrenten zu erschießen oder sein Geschäft in die Luft zu sprengen. Wettbewerb über Preis und Qualität bringt wiederum Werte und Nutzen für den Kunden. Ein Wettbewerb jedoch, der in einer Monopolstellung des Unternehmens mündet, wird das Kundeninteresse und damit auch das öffentliche Interesse beschädigen. Die Ausnutzung einer Monopolposition führt zu einer Nutzenreduzierung für die Gesellschaft. Ethische Aspekte betreffen komplexe Sachverhalte, weil sie sich mit dem Problem beschäftigen, wie man Nutzen und Schaden zwischen verschiedenen Stakeholdern aufteilen kann. Ethische Regeln schützen letztlich Menschen. Ohne diese Regeln wird ein freier und fairer Wettbewerb in einem starken Konflikt unter Reduzierung des Allgemeininteresses münden. Rein ökonomisch betrachtet reduzieren ethische Regeln Transaktionskosten zwischen Menschen. Sie umfassen vor allem die Kosten für die Kontrolle und das Verhandeln zwischen Menschen. Transaktionskosten können sehr hoch sein, wenn vollkommen Fremde sich im Geschäftsleben treffen und gemeinsam etwas durchführen wollen, denn es stellt sich die Frage, wie man einer Person vertrauen kann, wenn man sie überhaupt nicht kennt. Ethische Werte sind hier von hoher Bedeutung; denn wenn man darauf vertrauen kann, dass eine andere Person die Regeln befolgt, dann benötigt man geringere Investments in die Kontrolle der anderen Personen und ihrer Handlungen. Kontrolle bedeutet immer, dass man Zeit aufwenden muss und zu unproduktiven Aktivitäten gezwungen
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2.5 Topmanager und Ethik der Organisation
ist. So führen gemeinsame und geteilte ethische Grundhaltungen dazu, Transaktionskosten zu reduzieren. Verhalten, das ethischen Regeln entspricht, führt zu einem Reputationseffekt. Dieser Reputationseffekt kann sich auf ein Individuum oder eine Organisation beziehen und darüber letztendlich Transaktionskosten senken. Wenn dagegen eine Organisation wegen illegalem Verhalten oder auch unethischem Verhalten bekannt ist, werden alle, die davon wissen, dieser Organisation mit Zweifeln und Vorbehalten gegenüberstehen. Im Gegensatz dazu kann ein Unternehmen, das sich immer gemäß den Vereinbarungen verhält, im Lauf der Zeit eine hohe Reputation aufbauen. Diese Reputation ist auch werthaltig, weil andere Menschen diese Organisation gerne auswählen, wenn sie Geschäfte oder andere Handlungen ausführen wollen. Die unethischen Organisationen dagegen werden, soweit Menschen deren Verhalten feststellen können, eher gemieden. Einige Unternehmen verfolgen aus diesem Grund explizit soziale Aktivitäten und fertigen dazu dann Berichte, z.B. SocialResponsibility-Berichte, an. Reputation ist auch ein Grund, warum Manager oder Angestellte einer Organisation sich ethisch verhalten. Das ethische Verhalten der gesamten Organisation strahlt auf die Mitarbeiter und Führungskräfte aus und umgekehrt bildet deren Verhalten auch die Organisationsethik. Wenn ein Unternehmen dagegen unethisch erscheint, dann fühlen sich auch die Mitarbeiter durch schlechtes und unethisches Verhalten gebrandmarkt. Auch wenn die unethische Reputation nur auf wenige Personen zurückzuführen ist, die sich selbstsüchtig verhalten haben, hat sie negative Folgen für alle Mitarbeiter. Als zum Beispiel in den 1990er-Jahren in Japan viele Broker Probleme bis hin zum Konkurs hatten, waren die Kunden sehr irritiert und versuchten, Mitarbeiter dieser Unternehmen zu meiden. Die Mitarbeiter der aufgelösten oder sich in einer Notlage befindenden Unternehmen fanden es sehr schwierig, eine Anstellung in anderen Organisationen zu finden. Sie waren quasi gebrandmarkt, in diesem Unternehmen gearbeitet zu haben. So ist es rational für Mitarbeiter eines Unternehmens, sich ethisch zu verhalten, damit unethisches Verhalten nicht auf sie zurückfallen kann. Trotzdem gibt es immer wieder Beispiele wie Arthur Andersen oder Enron, wo viele Mitarbeiter sehr darunter litten, dass einige im Unternehmen sich amoralisch verhalten hatten.41 Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass ethisches Verhalten auch direkt positiv auf einen selbst zurückfallen kann. Sich ethisch richtig zu verhalten kann das Selbstbewusstsein und Wohlgefühl einer Person stärken. In Summe ist zu unterstellen, dass ethisches Verhalten das Gute in einer Gesellschaft und bei ihren Mitgliedern fördert. Darüber hinaus werden höhere Werte von Unternehmen und anderen Organisationen generiert, wenn sie sich nach ethischen Regeln verhalten, und
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STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
zugleich, wenn kriminelles oder unethisches Verhalten durch Gesetze und Exekutive begrenzt wird. Aber trotzdem darf man nicht die Augen davor verschließen, dass Individuen und Organisationen immer wieder unethisches und illegales Verhalten an den Tag legen.
2.5.5 Wieso tritt unethisches Verhalten auf? Obwohl es viele gute Gründe gibt, warum Individuen und Organisationen sich ethisch verhalten, gibt es auch Gründe für unethisches Verhalten.
Persönliche ethische Grundhaltung Menschen erlernen ethische Prinzipien und moralische Verhaltenscodes, während sie erwachsen werden. Ethische Grundhaltungen sind sehr stark geprägt von der Familie, von Freunden, aber auch vom Sozialen Umfeld. Hier lernen Menschen, zwischen richtig und falsch zu trennen. Aber es kann auch dazu kommen, dass die Sozialisierung in einem Kontext stattfindet, der seine eigenen ethischen Grundhaltungen hat. Stellen Sie sich vor, Sie werden in dem Kontext der Mafia aufgezogen. Oder aber ein ganz anderes Beispiel: Sie werden in einem sehr engen Familienkreis groß, der gesellschaftlich und finanziell sehr vorteilhaft dasteht. Hier können ethische Werte sehr stark sein und auf einen Subbereich der Gesellschaft bezogen sein, den andere Bereiche der Gesellschaft als unethisch empfinden.
Eigeninteresse Ethische Fragen stellen wir uns sehr oft, wenn wir unser Eigeninteresse unter der Berücksichtigung der Wirkung, die unsere Handlungen auf andere haben, abwägen. Stellen Sie sich vor, dass Sie eine Beförderung zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden erhalten, wenn Sie Ihrem Unternehmen einen 100-Millionen-Euro-Vertrag verschaffen. Sie wissen aber auch, dass Sie dafür den Lieferanten mit 1 Million Euro bestechen müssen. Was würden Sie tun? Auf der einen Seite hängen Ihre Karriere und Ihre Zukunft an dieser Entscheidung. Andererseits stehen Sie der Frage gegenüber, welchen Schaden Sie anrichten könnten. Dabei denken Sie vielleicht darüber nach, dass Bestechungsgelder in einigen Bereichen dieser Welt und in einigen Geschäftsfeldern üblich sind. So stellen Sie sich unter Umständen auch die Frage, ob nicht irgendjemand die Million bezahlen wird, wenn Sie es nicht tun. Forschungsergebnisse zeigen, dass Menschen, denen bewusst ist, dass ihre Karriere sehr stark von bestimmten Verhaltensweisen abhängt, häufig unethisch handeln, insbesondere in Bezug auf finanzielle Dinge. Darüber hinaus hat sich auch gezeigt, dass Organisationen, die in schwie-
122
2.5 Topmanager und Ethik der Organisation
rigen ökonomischen Situationen sind und darum kämpfen, zu überleben, am ehesten unethisches und illegales Verhalten an den Tag legen (siehe hier auch Festingers Theorie der kognitiven Dissonanz).
Druck von außen Viele Studien zeigen darüber hinaus, dass die Wahrscheinlichkeit von unethischem oder sogar kriminellem Verhalten von Personen sehr viel größer ist, wenn der Kontext der Person einen gewissen Druck auf sie ausübt. So können sich Topmanager etwa einem hohen Druck seitens der Aktionäre gegenübersehen, wenn die Leistung des Unternehmens stark sinkt. Insbesondere wenn sie Angst haben müssen, deshalb ihren Job zu verlieren, tritt unethisches Verhalten auf. Wenn mehrere externe Zwänge oder Spannung in dieselbe Richtung weisen, können wir sehr leicht verstehen, warum unethische Verhaltensweisen und Organisationskulturen wie zum Beispiel Enron, WorldCom und Arthur Andersen auftraten und die Manager dazu brachten, unethisch zu handeln. In solchen Zeiten kann eine Organisation sehr viel stärker in die Defensive gedrängt werden und Organisationsmitglieder können dazu tendieren, ihr unethisches Verhalten zu verstecken oder sich auch gegenseitig zu schützen, um möglicherweise Strafverfolgung zu entgehen. Organisationen können großen Versuchungen, gemeinsam unethisch oder illegal zu handeln, gegenüberstehen. Wettbewerber innerhalb einer Branche können sehr einfach sehen, welche Vorteile sich ergeben, wenn sie zusammen agieren, um zum Beispiel Preise gleichförmig zu erhöhen. Die Nachteile, die daraus entstehen, sind nicht so klar ersichtlich, insbesondere weil ihre Kunden, oft zahlenmäßig viele, nur geringfügig darunter leiden. Wenn sich aber alle Unternehmen in der Industrie so verhalten würden, dann hätten die Kunden sehr viel weniger Geld auszugeben und das würde zu einer schlechten Allokation von Ressourcen in der Gesellschaft führen. Unternehmen würden weniger investieren, um ihre Produkte zu verbessern – warum sollten sie es auch tun? Sie könnten aufgrund der monopolartigen Situation so hohe Erträge erwirtschaften wie zuvor mit Produkten, die sie bereits hergestellt haben. So sind die sozialen Kosten von unethischem Verhalten besonders schwer zu bemessen. Sie werden aber im Langzeitvergleich deutlich. Sie zeigen sich zum Beispiel in schlecht geführten, sehr kopflastigen und überbürokratisierten Organisationen, die wenig innovativ sind und immer weniger Geld in Forschung und Entwicklung und dagegen immer mehr Mittel in Werbung oder die Bezahlung von hohen Managementgehältern investieren. Immer wenn die Umwelt sich ändert oder wenn neue Wettbewerber entstehen, die das Spiel nicht mitspielen, fängt das schlecht geführte Unternehmen an, nicht mehr „rund“ zu laufen, wie zum Beispiel Tyco und WorldCom.
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2
STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
2.6
Bildung einer ethischen Organisation
Wenn ethisches Verhalten positive Wirkungen hat und unethisches Verhalten negative, stellt sich die Frage, wie man es schaffen kann, dass Organisationsmitglieder den Versuchungen von unethischem oder illegalem Verhalten widerstehen können. Letztlich ist eine Organisation ethisch, wenn die Menschen in der Organisation sich ethisch verhalten. Eine Möglichkeit, ethisches Verhalten von Menschen zu verstärken, ist, Anreize für ethisches Verhalten zu setzen und umgekehrt unethisches Verhalten zu bestrafen. Wesentliche Einflüsse darauf haben der Aufsichtsrat und das Topmanagement, weil sie die Verantwortung für die Formulierung von Zielen, Strategien, politischen Richtungen und letztlich der ethischen Kultur einer Organisation haben. Geschäftsführer, Vorstand und Aufsichtsrat können auf verschiedene Weise die ethischen Grundhaltungen einer Organisation beeinflussen.
2.6.1 Gestaltung und Kontrolle ethischer Grundregeln Ethisches Verhalten lässt sich sehr gut durch bewusstes Vorleben fördern. Wenn Topmanagement und mittleres Management ethische Werte vorleben, dann geben sie damit Verhaltensbeispiele für die Mitarbeiter. Moralische Werthaltungen lassen sich in bestimmten Aussagen wie z.B. Leitbildern der Organisation verdeutlichen. Auch Vorträge und Aktivitäten wie Betriebsfeste mit Ansprachen eignen sich zum Aufzeigen der ethischen Werte einer Organisation. Darüber hinaus ist natürlich das Vorleben auf den verschiedenen Ebenen des Managements auch mit den Entscheidungen der Manager verbunden, die sie treffen, wenn sie Ressourcen einsetzen, wenn sie über Lieferanten entscheiden oder auch, wenn sie bestimmte Dinge gerade nicht tun. So gibt es zum Beispiel auch Regeln, in welcher Höhe Geschenke angenommen werden dürfen, um nicht als Bestechung zu gelten.42 Auch über Verschwiegenheit sollten Mitarbeiter ganz klar informiert werden und ihnen gegebenenfalls auch Erklärungen abverlangt werden – zum Beispiel Verschwiegenheitserklärungen bei Wirtschaftsprüfern und bei Unternehmensberatern, die natürlich auf keinen Fall Informationen über ihre Kunden an andere weitergeben dürfen.43 In den USA haben die großen Unternehmen sogar Manager, die sich direkt mit ethischen Fragestellungen beschäftigen. Bei einem großen deutschen Unternehmen wird beispielsweise über neue Methoden und Instrumente nachgedacht bis hin zu einem 24-Stunden-Büro, das Anfragen von Mitarbeitern aus aller Welt aufnimmt und Rat gibt, wie sie sich in bestimmten Situationen, in denen beispielsweise Schmiergelder angefordert oder erwartet werden, verhalten können. Ein Beispiel, wie ethische Normen beeinflusst werden, gibt Amazon.
124
2.6 Bildung einer ethischen Organisation
Tabelle 2.3 Amazons Mitteilung an die Aktionäre44 Ein grundlegendes Erfolgsmaß besteht in dem langfristigen Shareholder Value. Von Anfang an lag unser Fokus auf langfristigen Ergebnissen. So können wir andere Entscheidungen als andere Unternehmen fällen. Für Sie, unsere Aktionäre, ist es wichtig zu wissen, dass wir immer konsistent bei unseren Investitionen sind. Weiterhin werden wir: I. Beharrlich Kundenbedürfnisse fokussierten II: Einen Fokus auf langfristige Entscheidungen und Führung legen. Es liegen noch mehr Innovationen vor als hinter uns. Wir werden weiterhin unsere Führungsrolle im Bereich des eCommerce verfolgen und fühlen uns Kundenbedürfnissen und damit auch den Bedürfnissen der Investoren gegenüber verpflichtet. Keines geht ohne das andere. Viele, aber nicht alle der Investitionen führen zu Erfolgen, aber auch wenn dem nicht so sein sollte, werden wir daraus lernen. III. Fokus auf Cashflow. Wenn wir vor die Wahl gestellt werden, uns zwischen der Maximierung der GAAP-Buchwerte und dem Cashflow zu entscheiden, wählen wir den Cashflow. IV. Wir arbeiten hart daran, unsere schlanke Verwaltung zu erhalten. Wir verstehen die Relevanz einer kostenorientierten Kultur. V. Wir legen einen Fokus darauf, gut ausgebildete und talentierte Mitarbeiter einzustellen und ihnen gerechte Aktienpakete anzubieten. Wir denken, dass dies wichtiger ist als hohe Löhne zu zahlen. Wir wissen, dass unser Erfolg stark davon abhängt, ob wir gut qualifizierte und motivierte Mitarbeiter haben, die wie Eigentümer agieren. Wir glauben, dass die langfristigen Interessen der Stakeholder sehr eng mit denen unserer Kunden zusammenhängen. Wenn wir einen guten Job machen, dann kaufen die Kunden auch noch morgen, und so erzielen wir Cashflow und Mehrwert für die Aktionäre. Wir danken Ihnen, unseren Eigentümern, für Ihre Unterstützung und die Teilnahme an unserem Abenteuer. Wenn Sie Kunde sind, danken wir Ihnen darüber hinaus nochmals!
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Z U S A M M E N F A S S U N G Organisationen sind in einen komplexen sozialen Kontext gebettet, der von Erwartungen und Bedürfnissen ihrer Stakeholder getrieben wird. Die Interessen aller Stakeholder müssen berücksichtigt werden, wenn man die Organisationsstruktur und -kultur gestaltet, welche die Effektivität der Organisation fördern soll. Die Interessen der Stakeholder sind auch zu berücksichtigen, wenn es darum geht, wie und welche Manager sowie Mitarbeiter die Ressourcen der Organisation auch für ihre eigenen Interessen nutzen können oder sogar gegen die Interessen der anderen Stakeholder. Somit ist die Bildung von ethischen Regeln, die in der Unternehmung stark verankert sind, eine wichtige Aufgabe. Im Ganzen lassen sich sechs verschiedene, wichtige Punkte herausstellen:
126
1.
Organisationen existieren, weil sie Werte für ihre Stakeholder generieren können. Die zwei wesentlichen Gruppen von Stakeholdern sind die internen und die externen. Alle Stakeholder müssen zumindest minimal befriedigt werden.
2.
Organisation stehen vor dem Problem, dass unterschiedliche Stakeholder auch ungleiche Interessen haben. Dieses ist insbesondere vor dem Hintergrund von kurz- und langfristigen Zielen sehr schwierig auszubalancieren.
3.
Aktionäre delegieren letztendlich Weisungsrechte an Manager. Manager müssen die Ressourcen der Organisation effektiv nutzen. Aufgrund der direkten Lenkungsfunktion hat der Vorstand beziehungsweise der Vorstandsvorsitzende die schlussendliche Verantwortung für die effektive Nutzung von Ressourcen in der Organisation.
4.
Agenturprobleme und Schwierigkeiten mit Moral Hazard treten auf, wenn Auftraggeber, z.B. Aktionäre, Weisungsrechte an Manager delegieren. Es müssen dann Mechanismen etabliert werden, die die Interessen der Aktionäre und der Manager zusammenbringen, so dass Manager im Interesse der Auftraggeber agieren.
5.
Ethische Grundhaltungen sind moralische Werte, Annahmen und Regeln, die sich entwickelt haben, damit Menschen in und mit Organisationen agieren können. Organisationale ethische Grundhaltungen entstehen aus Werten in der Gesellschaft, durch Verhalten und Werte von Berufsgruppen und Individuen.
6.
Der Aufsichtsrat und das Topmanagement sind in der Lage, ethische Regeln einer Organisation zu schaffen und diese auch zu kontrollieren. Dabei geht eine langfristige Wirkung insbesondere von der Bildung einer ethisch orientierten Organisationskultur aus, welche die Interessen aller Stakeholder umfasst. Allerdings bilden Verhaltensweisen und Werte der Mitglieder und Stakeholder auch die Organisationsethik.
Organisationstheorie und Praxis
Diskussionsfragen 1.
Führen Sie Beispiele an, wie es zu Konflikten zwischen den Interessen der verschiedenen Stakeholder kommen kann.
2.
Welche Rolle spielt die Gruppe oder das Team des Topmanagements?
3.
Was ist das Agenturproblem? Welche Schritte können unternommen werden, um es zu lösen?
4.
Warum ist es für Manager und Organisationen wichtig, sich moralisch korrekt zu verhalten?
5.
Bitten Sie einen Manager, jeweils ein Beispiel moralischen und unmoralischen Verhaltens, das er beobachtet hat, zu beschreiben. Welche Gründe gibt es für dieses Verhalten? Was waren die Folgen?
6.
Suchen Sie in Wirtschaftszeitschriften wie der Finanical Times, der Wirtschaftswoche oder dem Manager Magazin nach einem Beispiel moralischen und unmoralischen Verhaltens. Nutzen Sie das Material in diesem Kapitel, um das Beispiel zu analysieren.
Organisationstheorie und Praxis Diskutieren Sie! Bilden Sie Gruppen von drei bis fünf Personen und bestimmen Sie einen Sprecher, der Ihre Ergebnisse im Plenum und vor dem Übungsleiter vorstellen wird. Besprechen Sie danach folgendes Szenario.
Aufstellen eines Moralkodexes Sie sind Manager einer großen Supermarktkette und wurden beauftragt, einen Moralkodex zu entwickeln, der ihren Angestellten als Leitfaden für den Umgang mit Stakeholdern dienen soll. Zur Erstellung des Moralkodex gehen Sie nach folgenden Schritten vor: 1.
Diskutieren Sie die verschiedenen Arten von moralischen Dilemmata, denen Supermarktangestellte – Prüfer, Einkäufer, Fleischer – bei ihrem Umgang mit Stakeholdern wie Kunden und Zulieferern begegnen können.
2.
Identifizieren Sie spezifische Verhaltensweisen, welche die oben genannten Mitarbeiter vielleicht zeigen, und charakterisieren Sie diese als moralisch oder unmoralisch.
127
2
STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
3.
Basierend auf dieser Diskussion identifizieren Sie drei Standards oder Werte, die Sie in den Moralkodex des Supermarktes einbetten wollen, um besser unterscheiden zu können, welches Verhalten moralisch oder unmoralisch ist.
Aus ethischer Sicht Denken Sie an das letzte Mal, als eine Person Sie unmoralisch behandelt hat oder Sie beobachtet haben, dass eine andere Person unmoralisch behandelt wurde. Beantworten Sie nun die folgenden Fragen: 1.
Um welche Angelegenheit hat es sich gehandelt? Warum glauben Sie, hat diese Person unmoralisch gehandelt?
2.
Was hat diese Person darin bestärkt, unmoralisch zu handeln?
3.
War sich der Entscheidungsträger bewusst, dass er/sie unmoralisch gehandelt hat?
4.
Was war das Ergebnis?
Setzen Sie die Theorie um Identifizieren Sie eine Organisation, deren Manager in unmoralischen Verhaltensweisen gegenüber einer oder mehreren Stakeholdergruppen involviert waren oder die ihr Selbstinteresse auf Kosten anderer Stakeholder verfolgt haben. Was haben Sie getan? Wer wurde geschädigt? Was war das Ergebnis des Vorfalls?
Maßgeschneidert An dieser Stelle sollen Sie die Haupt-Stakeholder Ihrer Organisation identifizieren, die Topmanagement-Struktur analysieren, den Moralkodex untersuchen und versuchen, die moralischen Einstellungen aufzudecken.
Gedankenspiel
128
1.
Zeichnen Sie einen Stakeholder-Plan, der die Haupt-Stakeholdergruppen Ihrer Organisation veranschaulicht. Welche Art von Konflikten zwischen Ihren Stakeholdergruppen würden Sie am ehesten erwarten?
2.
Fertigen Sie eine Abbildung der Hierarchie der Weisungsbefugnisse an, unter Verwendung der Informationen auf der Internetseite der Organisation. Versuchen Sie die Mitglieder des TopmanagementTeams zu identifizieren.
Fallstudie
3.
Besitzt die Organisation divisionale Manager? Welche funktionalen Manager scheinen zur Erreichung des Wettbewerbsvorteils am wichtigsten zu sein? Welchen funktionalen Hintergrund besitzt das Topmanagement-Team?
4.
Besitzt die Organisation einen veröffentlichten Moralkodex oder moralische Einstellungen? Welche Punkte werden im Moralkodex angesprochen?
5.
Suchen Sie in Ihrer Organisation nach Informationen hinsichtlich moralischen und unmoralischen Verhaltensweisen der Manager. Was sagt Ihnen dies über die moralischen Einstellungen?
6.
Gibt es eine Social Responsibility-Veröffentlichung der Organisation? Welche Inhalte hat diese?
Übungsaufgaben mit Lösungen sowie weitere Fallstudien finden Sie auf der Companion-Website zum Buch unter http://www.pearson-studium.de.
Ethische Positionen bei Johnson & Johnson und Dow Corning
Fallstudie
1982 erlebten die Manager von Johnson & Johnson, dem bekannten Hersteller von pharmazeutischen und medizinischen Produkten, eine Krise. Sieben Menschen in der Region um Chicago starben, nachdem sie Tylenol-Kapseln genommen hatten, die Zyanid enthielten. Die Topmanager von Johnson & Johnson mussten nun entscheiden, was getan werden sollte. Das FBI empfahl ihnen, nichts zu unternehmen, da die Wahrscheinlichkeit, dass die Tylenol-Lieferungen in Gebieten außerhalb der Region um Chicago vergiftet seien, sehr niedrig war. Darüber hinaus würde das Zurücknehmen des Medikaments vom Markt das Unternehmen Millionen US-Dollar kosten. Die Manager von Johnson & Johnson waren jedoch anderer Ansicht. Sie ordneten sofort an, dass sämtliche Lieferungen von Tylenol-Kapseln vom US-Markt zurückgenommen und an das Unternehmen zurückgeschickt werden sollten. Diese Entscheidung kostete letztendlich mehr als 150 Millionen US-Dollar. 1992 erhielten die Manager des großen Pharmaunternehmens Dow Corning, welches Pionierarbeit in der Entwicklung von Silikon-Brustimplantaten leistete, beunruhigende Nachrichten. Eine zunehmende Anzahl von Arztberichten aus den gesamten USA besagte, dass mehrere Frauen, denen Silikon-Brustimplantate von Dow Corning implantiert worden waren, unter Gesundheitsproblemen litten, die von Ermüdung bis zu Krebs und Arthritis aufgrund zerrissener Implantate reichten.45 Die Manager von Dow Corning glaubten, dass die vorliegenden Indizien nicht bewiesen, dass die auslaufende Flüssigkeit der Implantate diese Gesundheitsprobleme verursachte. Nichtsdestotrotz machte der Vorsitzende von Dow Corning, Keith McKennon, ein paar Monate später publik, dass das Unternehmen die Produktion von Brustimplantaten einstellen und die Fabriken, welche sie herstellten, schließen würde.
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2
STAKEHOLDER, MANAGER UND ETHIK
Fallstudie
Auf den ersten Blick scheint es so, als sei es das Ziel der Manager in beiden Firmen gewesen, die Kunden zu schützen. Somit verhielten sie sich scheinbar sehr verantwortungsvoll. Allerdings war dies nicht der Fall. Kurz nach dem Einstellen der Produktion von Dow-Corning- Implantaten wurde bekannt, dass ein Ingenieur von Dow Corning die Sicherheit der Silikon-Brustimplantate schon viel früher, im Jahr 1976, angezweifelt hatte. Im Jahr 1977 schickte der Ingenieur den Topmanagern eine Mitteilung, in der er die Ergebnisse einer Studie von vier Medizinern zusammenfasste. Diese berichteten, dass 52 von 400 Implantierversuchen mit dem Zerreißen des Implantats endeten. Auf Anweisung eines Gerichts veröffentlichte das Unternehmen diese Mitteilung zusammen mit Hunderten von zusätzlichen Seiten unternehmensinterner Dokumente. Hunderte von Frauen erhoben Anklage gegen Dow Corning, da ihnen wissentlich ein möglicherweise defektes Produkt verkauft worden war. Die Anwälte beschuldigten Dow Corning, die Öffentlichkeit vorsätzlich irregeführt und den Frauen, deren Implantate Gesundheitsprobleme verursachten, im Firmeninteresse falsche Informationen gegeben zu haben. Das Verhalten der Manager von Dow Corning schien vielen Leuten untpyisch, denn Dow Corning veröffentlichte viele Auszüge aus seinem ausgereiften Ethiksystem, welches das Verhalten seiner Manager und Wissenschaftler überwachte. Jede der wichtigsten Abteilungen von Dow Corning sollte von sechs Topmanagern alle drei Jahre besichtigt und kontrolliert werden. Die Topmanager hatten die Verantwortung dafür, die Arbeitnehmer über das Fehlverhalten auf jeder Wertschöpfungsstufe zu befragen und bei der Aufdeckung ethischer Fehler, die behoben werden könnten, behilflich zu sein. Die Ergebnisse dieses Ethik-Audits hätten dann an den Aufsichtsrat des Unternehmens berichtet werden sollen. Offensichtlich hinderte dieses Ethiksystem die Manager von Dow Corning jedoch nicht daran, sich den Kunden gegenüber bezüglich des Produkts Brustimplantat skrupellos zu verhalten.46 Johnson & Johnson besaß ebenfalls ein Ethiksystem. Im Zentrum des Systems stand das Kredo, das ausführlich die ethische Haltung von Johnson & Johnson gegenüber seinen Kunden, Arbeitnehmern und anderen Gruppen beschrieb. Warum führte das Kredo von Johnson & Johnson dazu, dass sich seine Manager ethisch verhielten, während das EthikAudit von Dow Corning erfolglos war? Ein Grund scheint zu sein, dass die Manager von Johnson & Johnson die ethische Position der Firma verinnerlicht hatten. Somit repräsentierte das Kredo die Firmenwerte und die Manager befolgten das Kredo routinemäßig, wenn sie eine Entscheidung treffen mussten, welche die Gesundheit der Kunden betraf. Im Gegensatz dazu scheint es bei Dow Corning so, dass die Manager viel Zeit darauf verwendeten, ethische Probleme zu untersuchen, aber keine Schritte unternahmen, um sicherzustellen, dass ihr eigenes Verhalten über jeden Zweifel erhaben war.
130
Fußnoten
Die Ethikexperten sind sich darüber einig, dass eine Befragung großer Gruppen von Arbeitnehmern alle drei Jahre ohne objektive Methode (die Abteilungsleiter befanden sich im selben Raum und hörten, zu als ihre Untergebenen Bedenken oder Einwände äußerten) ein mangelhafter Weg zum Aufdecken ethischer Fehler ist.47
Fallstudie
Diskussionsfragen 1.
Warum besaßen die Manager der beiden Organisationen verschiedene ethische Haltungen gegenüber ihren Kunden?
2.
Zeigen Sie einzelne aufeinander folgende Schritte auf, die das Management von Dow Corning hätte verfolgen können, um dieses Problem zu verhindern!
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Management in einer sich wandelnden globalen Umwelt
3
3.1 Was ist die Umwelt einer Organisation? . . . . . . . . . . 134 Beispiel 3.1: Aus der Praxis – General Electric . . . . . . . . . . . . . . 144
3.2 Theorie der Ressourcenabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . 149 Beispiel 3.2: Aus der Praxis – Avon. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
3.3 Interorganisationale Strategien bei Ressourcenabhängigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 3.4 Strategien bei komplementären Interdependenzen 155 3.6 Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interpendenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Beispiel 3.3: Aus der Praxis – Ekco . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Beispiel 3.4: Aus der Praxis – Li & Fung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
3.7 Management der Beziehungen in Kooperationen . 183 3.8 Kooperationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
ÜBERBLICK
3.5 Strategien bei kompetitiven Interdependenzen . . 163
3
MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Lernziele Organisationen sind Einflüssen aus ihrer Umwelt ausgesetzt. Dabei wirken verschiedene Einflüsse, die auch miteinander in Wechselwirkung stehen. So beeinflusst die Umwelt Organisationen in Form eines komplexen Netzwerkes miteinander verbundener und sich verändernder Kräfte und Faktoren. Organisationen müssen Pläne, Strategien und Taktiken entwickeln, um mit der Umwelt zurechtzukommen. Durch die Vielschichtigkeit und die Wechselwirkungen zwischen den Faktoren und ihrer Dynamik ist die Umwelt eine Quelle von Unsicherheiten, die Organisationen zu kontrollieren versuchen. Dieses Kapitel untersucht die Umweltbedingungen in einer globalen Umwelt mit ihren Unsicherheiten und Komplexitäten, die das Management von Organisationen handhaben muss. Nach diesem Kapitel sollten Sie: 1.
Die verschiedenen Kräfte der spezifischen und allgemeinen Umwelt eines Unternehmens angeben können und sich darüber hinaus im Klaren sein, worin Möglichkeiten und Gefahren dieser Umwelt liegen.
2.
Verstehen können, warum Unsicherheit in der Umwelt existiert.
3.
Beschreiben können, warum Organisationen versuchen, Umweltfaktoren aufzunehmen, zu adaptieren und zu kontrollieren, um Unsicherheit zu reduzieren.
4.
Verstehen, warum die Theorie der Ressourcenabhängigkeit und die Transaktionskostentheorie erklären können, warum Organisationen bestimmte Strategien und Strukturen wählen, um Ressourcen aus der Umwelt zu erhalten und sie so einzusetzen, dass sie Nutzen für die Stakeholder generieren.
5.
Verschiedene Formen von Kooperationen unterscheiden können, deren Management und deren Evolutionsprozess verstanden haben.
3.1 Umwelt Ein Bündel von Kräften, welche die Organisation umgeben und ihren Zugang zu raren Ressourcen beeinflussen.
134
Was ist die Umwelt einer Organisation?
Die Umwelt umfasst ein Set von verschiedenen Kräften, die Organisationen umgeben. Sie beeinflusst Organisationen in ihren Operationen sowie in ihrer Beurteilung und der Erhältlichkeit von raren Ressourcen. Rare Ressourcen schließen Rohmaterialien und qualifizierte Mitarbeiter ein, die eine Organisation benötigt, um Güter und Dienstleistungen herzustellen. Rare Ressourcen umfassen auch Informationen, die eine Organisation braucht, um ihre Technologien oder Wettbewerbsstrategien zu verbessern. Ebenfalls betreffen rare Ressourcen die Unterstützung vonseiten der externen Stakeholder wie zum Beispiel Kunden, die Güter und Dienstleistungen kaufen, oder Banken und anderen Finanzinstitutionen, wel-
3.1 Was ist die Umwelt einer Organisation?
che die Organisation mit Kapital versorgen. Kräfte in der Umwelt umfassen Konkurrenten beziehungsweise Rivalen in der Branche, aber auch sehr schnelle Veränderungen von Technologien, die den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens verringern oder zunichte machen können. Oder zum Beispiel auch eine Erhöhung von Preisen für Input-Güter, die letztlich die Kosten des Unternehmens stark erhöhen. Wenn deutsche Unternehmen in einem globalen Markt agieren, dann sind sie in den internationalen Handel involviert. So werden Güter wie Kaffee, Bananen, Tabak etc. nach Europa verschifft. Die Gelder dafür werden von den exportierenden Ländern für Industriegüter eingesetzt. Große deutsche Unternehmen wie Thyssen-Krupp, Beiersdorf, Siemens, Daimler und Volkswagen haben über Jahre hinweg Tochtergesellschaften im Ausland aufgebaut und ihre inländischen Kompetenzen im Ausland eingesetzt, um Güter und Dienstleistungen herzustellen. Die zentralen Marken von Beiersdorf, wie Nivea, Labello, 8x4, Eucerin, La Prairie, Juvena oder Hansaplast, werden zum Beispiel in verschiedenen Ländern hergestellt und vertrieben. Manchmal ist den Kunden in den ausländischen Märkten gar nicht bewusst, dass sie ein Produkt kaufen, das gar nicht im Inland oder sogar von einer ausländischen Firma hergestellt wurde. Auch für Deutsche gilt das: Viele Deutsche glauben etwa, dass Phillips ein deutsches Unternehmen ist. Organisationen versuchen immer, die Kräfte aus der Umwelt so zu kanalisieren, dass sie die notwendigen Ressourcen erhalten, um Güter und Dienstleistungen herzustellen (siehe X Abbildung 3.1). Dabei konzentrieren sich Organisationen auf ein begrenztes Einsatzfeld beziehungsweise einen Bereich oder eine Domäne. Diese Begriffe betreffen die vom Unternehmen hergestellten Güter und Dienstleistungen, das Produktprogramm, die Zielgruppen und die Stakeholder, denen die Erlöse zufließen.1 Damit beziehen sie sich auch auf einen Umweltausschnitt, da die Beschaffung von Inputs aller Art sowie der Output von Leistungen und Produkten nicht die gesamte Umwelt sondern jeweils einen spezifischen Ausschnitt betrifft. Wenn eine Organisation ihre Domäne definiert hat, dann ist zu entscheiden, welche Kräfte aus der Umwelt wirken und wie sie diese Kräfte handhaben kann, so dass sie ihre Ressourcen besonders gut nutzen kann. Um Input-Güter zu erhalten muss ein Unternehmen beispielsweise entscheiden, von welchen Lieferanten es Güter beschafft. Dabei bietet sich oft eine große Auswahl an unterschiedlichen Lieferanten und Praktiken an, wie die Beziehungen mit den ausgewählten Lieferanten zu handhaben ist. Um Finanzmittel zu erhalten muss z.B. eine Unternehmung entscheiden, mit welcher Bank sie zusammenarbeitet und wie sie die Beziehung zu der Bank gestaltet, so dass die Bank Darlehen vergibt. In Bezug auf die Kunden muss eine Unternehmung entscheiden, welche Kunden zu ihren Zielgruppen gehören und wie das Unternehmen deren Bedürfnisse befriedigen kann. Dieser Bereich – oft auch
Domänen und Einsatzfelder von Organisationen Organisationen konzentrieren sich auf ein begrenztes Einsatzfeld beziehungsweise einen Bereich oder eine Domäne. Diese Domäne betrifft die vom Unternehmen hergestellten Güter und Dienstleistungen, das Produktprogramm, die Zielgruppen und die Stakeholder, denen die Erlöse zufließen.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
als Kernbereich des Unternehmens bezeichnet – setzt immer wieder viele Entscheidungen voraus und wird auch als organisationale Domäne bezeichnet. X Abbildung 3.1 zeigt verschiedene Kräfte innerhalb der Umwelt eines
Unternehmens. Die Abbildung verdeutlicht, wie ein Unternehmen bestimmte Beziehungen zu Stakeholdern organisieren kann und wo insbesondere Quellen für Wertbeiträge für Kunden, Aktionäre, Mitarbeiter und andere Stakeholder liegen. Der Kernbereich oder die Domäne eines Unternehmens ist nicht statisch. Organisationen können ihre Domäne vergrößern, indem neue Produkte entwickelt und angeboten werden, zusätzliche Lieferanten aufgenommen werden und darüber hinaus internationale Expansion vorangetrieben wird. Gerade die internationale und globale Expansion verschafft einer Organisation neue Möglichkeiten, Vorteile ihrer Kernleistung und Kernkompetenzen zu nutzen, um Wertbeiträge für Stakeholder zu generieren.
Demografische und kulturelle Faktoren
Internationale Faktoren
Kunden
Politische Faktoren
Vertriebspartner
Die Organisation
Regierung, Staatliche Stellen
Lieferanten
Gewerkschaften
Wettbewerber
Umweltfaktoren
Ökonomische Faktoren
Generelle Umwelt
Spezifische Umwelt
Technische Faktoren
Abbildung 3.1: Das Umfeld der Organisation
Vor der weiteren Diskussion über spezifische Formen der Umweltnutzung zur Vergrößerung der Domäne muss zunächst ein Verständnis über die Kräfte aus der Umwelt hergestellt werden. Dazu dienen zunächst einmal zwei Konzepte: das der spezifischen Umwelt und das der generellen Umwelt.2
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3.1 Was ist die Umwelt einer Organisation?
3.1.1 Spezifische Umwelt Die spezifische Umwelt setzt sich aus Kräften zusammen, die direkt die Fähigkeit einer Organisation, Ressourcen zu nutzen und zu sichern, beeinflussen.3 Die spezifische Umwelt umfasst Individuen und Organisationen vieler Bereiche. Kunden, Vertriebskanäle, Gewerkschaften, Wettbewerber, Lieferanten und auch die Regierung eines Landes sind wichtige Einflussgruppen über die Stakeholder hinweg (siehe X Abbildung 3.1).
Spezifische Umwelt Kräfte, die direkt die Fähigkeit einer Organisation, Ressourcen zu sichern, beeinflussen.
Zum Beispiel ist in der spezifischen Umwelt für einen Hersteller von Kindernahrung, etwa Gerber oder Nestlé, ein Wettbewerber wie Alete oder auch ein kleines Unternehmen wie Milupa, eine Tochtergesellschaft des holländischen Nahrungsmittelherstellers Numico, ein wesentlicher Faktor für die Ausnutzung von Ressourcen. Wettbewerb führt dazu, dass Ressourcen rar und werthaltig werden. Je größer der Wettbewerb um Ressourcen, desto schwieriger ist es, diese Ressourcen zu erhalten. Wettbewerber können dabei in- oder ausländische Organisationen sein. Je nach Branche ist jedoch der Wettbewerb unterschiedlich stark international geprägt. Zum Beispiel gilt die Babynahrungsindustrie im Vergleich zu vielen anderen Branchen als eine mit niedrigem internationalem Wettbewerb. Sehr international sind Elektronik- und Automobilindustrie angelegt. So konkurrieren in einem der weltgrößten Märkte, den USA, ausländische Unternehmen wie Sony, Toyota, Philips und BMW mit amerikanischen Unternehmen. Im Ausland stehen deutsche wie amerikanische Unternehmen Organisationen aus deren In- und Ausland gegenüber. So konkurrieren zum Beispiel in Deutschland die europäischen Tochtergesellschaften von General Motors oder Ford nicht nur mit europäischen Herstellern wie Fiat, Peugeot, BMW oder Volkswagen, sondern auch mit japanischen Unternehmen wie Toyota oder Honda. In den Jahren ab 2000 haben japanische Autohersteller eine Reihe von Produktionsbetrieben in Europa aufgebaut, die eine Kapazität von 750.000 neuen Automobilen pro Jahr haben. Damit wurde auch das Wachstum der Unternehmen Volkswagen, Ford und Fiat begrenzt. Veränderungen in der Anzahl und den Zielgruppen von Kunden sowie ihrer Vorlieben sind eine weitere Kraft aus der Umwelt. Organisationen müssen bei der Strategie-Formulierung die Beziehungen mit den Kunden bedenken, um letztlich deren Unterstützung zu bekommen. Dies impliziert, dass sie auch mit Veränderungen der Kundenbedürfnisse umgehen können sollten. Ein Beispiel hierfür ist das amerikanische Unternehmen Gerber, das Babynahrung herstellt. Es hat sehr hohe Qualitätsstandards realisieren können, etwa in Bezug auf die Reinheitsqualität. So erreichte Gerber 65 Prozent Marktanteil im Babynahrungsmarkt. Allerdings zeigten
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
sich in den Jahren ab 2000 steigende Anforderungen der Kunden an ökologische Babynahrung. So mussten die Manager von Gerber verschiedene Produkte in diese Richtung verändern, um loyale Kunden zu behalten. In einem globalen Markt bedeutet die Erfüllung von Kundenbedürfnissen in verschiedenen Ländern die Überwindung von vielen Hindernissen, weil Kunden sich von einem Land zum anderen in ihren Konsumgewohnheiten unterscheiden. Zum Beispiel mögen die europäischen Kunden von Herstellern von Frühstücksflocken im Gegensatz zu amerikanischen Kunden ihre Frühstückflocken meist nicht gesüßt. So modifizierte Kellogg’s die amerikanischen Produkte, um den europäischen Geschmäckern zu entsprechen. Organisationen müssen gerade in einem internationalen Markt immer bereit sein, ihre Produkte so zu verändern, dass sie die lokalen Vorlieben der verschiedenen Konsumenten treffen. Dies gilt sogar für Tiernahrung. Im italienischen Hundefutter sind zum Beispiel immer auch Nudeln – im japanischen immer Reis. Über das Erfüllen von Kundenanforderungen hinaus müssen Organisationen auch immer wieder entscheiden, wie sie die Beziehung zu Lieferanten und Vertriebsagenten gestalten. Hierbei ist eine Reihe von Entscheidungen zu treffen, um einen kontinuierlichen Fluss von Gütern beziehungsweise Lieferung oder Logistik zum richtigen Zeitpunkt planmäßig zu erreichen. Dabei sind Entscheidungen zu treffen wie zum Beispiel bei Gerber: Sollten Inputs gekauft oder selbst hergestellt werden? Sollte Gerber zum Beispiel Rinder und Hühner halten sowie Gemüse und Früchte anbauen? Sollte das Unternehmen das Glas für die Gläser selbst herstellen? Oder sollen all diese Inputs von Lieferanten gekauft werden? Für ein Unternehmen, das Babynahrung herstellt, ist die Reinheit der Babynahrung ein ganz zentraler Aspekt. Und so stellt sich die Frage, ob den Lieferanten getraut werden kann, dass sie eine hohe Produktqualität im Sinne des Herstellers von Babynahrung produzieren. Dann stellt sich auch die Frage, was der beste Weg ist, um Güter zu distribuieren, das heißt an die Kunden zu vertreiben, und dabei auch eine hohe Qualität sicherzustellen. Sollte Gerber eine eigene Flotte von LKWs besitzen und direkt an Einzelhandelsunternehmen die Produkte verkaufen oder Gerber-Großhändler für die Distribution der Produkte nutzen? In einer globalen Umwelt ist weiterhin darüber zu entscheiden, ob Inputs nur aus dem Inland beschafft werden sollten oder vielleicht aus anderen Ländern der Welt. Gerade der Kauf von Input-Gütern von ausländischen Märkten, die sich durch günstigere Kostenstrukturen auszeichnen, führt zu Kosteneinsparungen bei den inländischen Unternehmen. Oft würden
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3.1 Was ist die Umwelt einer Organisation?
Unternehmen sogar ihre Wettbewerbsvorteile verlieren, wenn sie nicht aus dem Ausland Inputgüter kaufen würden. Es kann sogar zu einer ausgeweiteten externen Beschaffung bis zu einer Auslagerung – einem Outsourcing – kommen. In dem Fall werden mehr als nur Input-Güter über externe Quellen beschafft. Ganze Dienstleistungen oder komplexere Leistungsbündel werden von außen zugekauft. Sowohl technische Module als auch ganze Servicecenter werden zuweilen von Unternehmen outgesourct und somit von externen Partnern eingekauft. Mit dem Vertrieb und dem Marketing von Produkten in einer globalen Umwelt sind sehr viele Herausforderungen verbunden. Weil die Vorlieben und Geschmäcker von Kunden von Land zu Land variieren, müssen auch viele Werbe- und Marketingkampagnen auf die spezifischen Bedürfnisse eines Landes zugeschnitten werden. Auch bedeutet ein globales Engagement, dass Produkte für bestimmte Konsumenten aus dem Ausland verändert werden müssen. Dabei ist ferner zu bedenken, dass einige Länder, darunter Japan, sehr stark ihre inländischen Hersteller schützen, so dass es für ausländische Unternehmen schwer ist, in diese Märkte vorzudringen. In Anbetracht all dieser Faktoren muss eine Organisation die globale Produktion, Vermarktung und Distribution ihrer Produkte sehr umsichtig gestalten, um Kunden auf ihre Produkte aufmerksam zu machen und im Zeitablauf Loyalität zu erreichen. Dabei stellt sich die Frage, ob eine Organisation den Absatz selbst durchführen soll oder ob dies Vermittler (zum Beispiel Exportunternehmen oder Handelspartner) tun. Andere Stakeholder betreffen die Regierung, Gewerkschaften und Interessengruppen von Konsumenten wie zum Beispiel die Verbraucherschutzvereinigungen. Unterschiedliche Ressorts und Abteilungen von Regierungen sind daran interessiert, dass Unternehmen gerechte Arbeitsbedingungen zur Verfügung stellen und sicherstellen, dass Mitarbeiter gerecht behandelt werden, sowie Hygienebestimmungen bei der Zubereitung der Nahrungsmittel eingehalten werden. Immer wieder finden zum Beispiel Kontrollen der Gesundheitsämter in Restaurants und Lebensmittelgeschäften statt. Darüber hinaus legen Regierungsinstitutionen fest, welche Gesundheitsstandards Unternehmen verfolgen und welche rechtlichen Regeln eingehalten werden müssen. Gewerkschaften üben Einfluss aus, dass Unternehmen gerechte Gehälter und weitere Anreize wie nichtmaterielle Gehaltsbestandteile gemäß rechtlicher Regeln gewähren. Insbesondere die Kunden haben ein Interesse daran, dass ein Unternehmen wie Gerber eine hohe Qualität der Nahrungsmittel sicherstellt.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Organisationen, die globale Operationen durchführen und dazu neue Mitarbeiter einstellen, müssen auch Gewerkschaften und Interessengruppen ihrer neuen Mitarbeiter bedenken. Wenn zum Beispiel ein japanischer Hersteller einen Produktionsbetrieb in Deutschland aufbauen will, dann muss sich das japanische Management mit den Werthaltungen und Sozialgesetzen in Deutschland intensiv auseinandersetzen und diese befolgen. Das betrifft auch Erwartungen der Mitarbeiter bezüglich Teamarbeit, Freiheit, Entlohnung und Senioritätsprinzip. Dies zeigt nur einen kleinen Ausschnitt davon, was eine internationale Unternehmung bedenken muss, wenn sie Direktinvestitionen tätigt. Letztlich hat jedes Land eigene und spezifische Gesetze und Regeln, die sich eben auch und insbesondere auf das Geschäftsleben erstrecken. Diese können sogar nationale Grenzen überschreiten. So müssen sich US-amerikanische Unternehmen bei Investitionen in Deutschland auch mit Gesetzen und Regularien der EU auseinandersetzen. Ein langer Streit betrifft zum Beispiel die Flugzeugbauer Boeing und Airbus. Beide werfen einander vor, dass nationale und supranationale Interessen (EU) zum Schutz der heimischen Industrie aufgebaut wurden. Ähnlich ist es in der Landwirtschaft, wo Subventionen der EU die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirte unterstützen. Unternehmen können daraus Folgendes lernen: die spezifische Umwelt ist wichtig. Sie zu kennen und Ressourcen zu besitzen, um mit den Bedingungen zurechtzukommen, ist essentiell. Da Unternehmen sich immer wieder verändern und auch ihre Geschäftsfelder anpassen und verändern, benötigen sie fortwährend neue Analysen über die spezifische Umwelt und auch Ressourcen, um mit dieser umgehen zu können. Diese Ressourcen wiederum können sie aus der Umwelt erwerben oder selbst entwickeln.
3.1.2 Generelle Umwelt Generelle Umwelt Setzt sich aus Kräften zusammen, die die spezielle Umwelt gestalten und die die Fähigkeit einer Organisation, in einer bestimmten Umwelt Ressourcen zu erlangen, beeinflussen.
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Die generelle Umwelt setzt sich aus Kräften zusammen, die die Fähigkeit einer Organisation beeinflussen, in einer bestimmten Umwelt Ressourcen zu erlangen. Die generelle Umwelt wirkt wiederum auf die spezifische Umwelt ein. Einflüsse aus der generellen Umwelt sind zum Beispiel ökonomische Faktoren wie Zinsraten, der Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft und die Arbeitslosenrate. Sie bestimmen wiederum die Nachfrage nach Produkten und den Preis von Input-Gütern. Nationale Unterschiede wie Zinsraten, Wechselkursraten, Gehaltsniveaus, Bruttosozialprodukt und Pro-Kopf-Einkommen üben dabei einen sehr starken Effekt aus, wie Organisationen international agieren. Generell versuchen Organisationen, Input-Güter für die Produktion in dem Land, in dem die geringsten Kosten für Arbeitskraft oder Rohmaterial anfallen, zu erhalten. Sony, GE und General Motors haben viele ihrer Produktionsstandorte in den USA geschlossen und führen ihre Produktionsprozesse in Mexiko
3.1 Was ist die Umwelt einer Organisation?
durch, um Kosten einsparen zu können und damit mit Wettbewerbern aus dem Ausland, insbesondere aus China, konkurrieren zu können. Offensichtlich haben Wettbewerber aus Übersee Vorteile durch ihre niedrigen Löhne. Dieser Wettbewerbsvorteil ist besonders relevant für Produkte, bei denen die Kunden sehr preisbewusst sind. In Deutschland haben sich daher viele Unternehmen gezwungen gefühlt, ihre Produktion auszulagern. Beispiele hierfür lassen sich sehr zahlreich in der Bekleidungsindustrie finden. Boss fertigt kaum mehr in Deutschland. Das gilt auch für Adidas oder Puma. Diese haben in den 1980er- und 1990er-Jahren zunächst ihre Produktion weitgehend in südeuropäische und insbesondere in südosteuropäische Länder verlagert. In den letzten Jahren hat dort auch wieder ein Abzug der Produktionskapazitäten stattgefunden. Die Produktion findet jetzt vor allem in China statt. Das amerikanische Unternehmen Levi Strauss schloss beispielsweise im Jahr 2000 die letzte Fabrik in den USA und verlagerte die gesamte Produktion von Jeans nach Mexiko oder in die Dominikanische Republik. Kapitel 8 beschäftigt sich sehr viel spezifischer mit der globalen Expansion einer Organisation. Technologische Kräfte wie die Entwicklung von neuen Produktions- oder Informationsverarbeitungstechnologien beeinflussen viele Bereiche einer Organisation. Die Nutzung von IT-basierten Produktionstechnologien steigert dabei stark die Produktivität. Ähnlich kann auch ein Investment in mehr Forschung und Entwicklung dazu führen, dass Organisationen sehr viel stärker untereinander zusammenarbeiten und beeinflussen, wie sie ihre Strukturen und Prozesse gestalten. Die Bedeutung und Rolle von Technologien wird näher in Kapitel 9 beleuchtet. Der Technologietransfer hat sehr wichtige Implikationen für Wettbewerbsvorteile von Organisationen. Technologietransfer ins Ausland kann zum Beispiel zunächst Erträge und Kostenvorteile für eine Organisation erwirtschaften. Durch Imitationsprozesse besteht jedoch die Gefahr, dass ausländische Anbieter zu Konkurrenten werden. Organisationen in westlichen Ländern müssen verstehen, wie sie die technologischen Entwicklungen im Ausland nutzen können, um ihren Kostennachteil, insbesondere gegenüber Süd- und Mittelamerika oder Südostasien, kompensieren zu können. Unternehmen sowohl aus Deutschland als auch aus den USA haben umfangreiche Technologieexporte durchgeführt. Durch den Technologievorsprung konnten die Unternehmen höhere Preise für ihre Produkte durchsetzen. Dieser Automatismus existiert aber nicht mehr wie früher einmal. Oft kommen Technologien sogar aus dem Ausland, das ursprünglich einmal als Billigland galt. Daher kann es für Unternehmen auch ein Wettbewerbsvorteil sein, wenn es ihnen gelingt, mit ausländischen Technologieanbietern zusammenzuarbeiten, wie es zum Beispiel Amazon.com erreichte.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Politische und ökologische Umweltfaktoren beeinflussen direkt über Aktivitäten und indirekt über Reaktionen von Regierungen Organisationen und ihre Stakeholder. Wenn beispielsweise Gesetze zur Bevorzugung der Interessen bestimmter Industrien oder Branchen führen, wie beispielsweise mittels Handelshemmnissen oder Strafzöllen auf importierte Automobile, dann beeinflusst dies die Kaufentscheidung der Kunden: Produkte können durch Strafzölle teurer und damit weniger wettbewerbsfähig werden. Auch Druck von Umweltorganisationen, wie zum Beispiel zur Reduzierung der Luftverschmutzung oder aber zur Reduzierung von Abfall, beeinflussen Produktionskosten von Unternehmen. Durch höhere Umweltauflagen steigen typischerweise die Kosten, aber Umweltauflagen können auch dazu führen, dass Unternehmen erfolgreich sind. Ein gutes Beispiel ist in Deutschland die Branche regenerativer Energien. Der Anstoß für deren Entwicklung liegt darin, dass in Deutschland recht frühzeitig Umweltschutzgesetze erlassen oder auch die Förderung von umweltschonendem Verhalten eingeführt wurde. Diese führten dazu, dass Unternehmen im Bereich von Windkraft, Solar und Photovoltaik entstanden sind, die zurzeit noch weltweit führend sind, zum Beispiel Nordex oder Repower. Ein anderes Beispiel ist das schnelle Wachstum von Toyota mit dem Hybridmotor. Demografische, kulturelle und soziale Faktoren – hierzu zählen auch Aspekte wie Alter, Bildung, Lebensstil, Normen, Werte und Zollbestimmungen einer Nation – betreffen die Kunden einer Organisation, aber auch ihre Führungskräfte und Mitarbeiter. Ein sehr einleuchtender Bezug lässt sich für das Beispiel Babyprodukte herstellen. Die Nachfrage nach diesen Produkten hängt sehr eng damit zusammen, wie hoch die Geburtenrate ist und wie die Alterspyramide in einem Land aussieht. Demografische, kulturelle und soziale Kräfte sind immer wieder starke Quellen von Unsicherheit in der globalen Umwelt eines Unternehmens. Sie beeinflussen sehr direkt die Geschmäcker, Vorlieben und Bedürfnisse der Kunden in einem Land. Kulturelle und soziale Werte beeinflussen ebenfalls Einstellungen der Kunden und zwar nicht nur im Hinblick auf Design oder Funktion, sondern auch, ob man lieber ausländische oder inländische Produkte kauft. Kunden in Frankreich oder Italien haben beispielsweise eine generelle Vorliebe für Automobile, die im Inland hergestellt wurden, ganz unabhängig davon, wie deren Qualität und Preisgefüge aussieht. Etwas Ähnliches zeigt sich auch in den USA. Dort schätzt man zwar ausländische, insbesondere deutsche Fahrzeuge, dennoch favorisiert man Produkte aus der US-Produktion. Aus dieser Not haben Unternehmen wie Mercedes oder BMW eine Tugend gemacht. Fahrzeuge, die sehr stark für den amerikanischen Markt konzipiert wurden,
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3.1 Was ist die Umwelt einer Organisation?
wie der X5 von BMW und die M-Klasse vom Mercedes, werden auch weitgehend in den USA gefertigt. Damit erhalten sie für die Kunden dort einen stärkeren „Anstrich“ amerikanischer Automobile. Aber das ist nicht alles, was Unternehmen zu bedenken haben. Die generelle Umwelt betrifft auch Geschäftsmodelle und Geschäftspraktiken. Dabei unterscheiden sich Regionen, insbesondere aber Länder, wie Geschäfte angebahnt und durchgeführt werden: Wie führt man Verhandlungen? Wie intensiv sollte ein persönlicher Kontakt sein? Beispielweise muss man in Frankreich typischerweise sehr lange Besprechungen und informelle Begegnungen wie Mittag- und Abendessen einplanen. Dies ist ganz anders als in den USA, wo vieles sehr gezielt und knapp erledigt wird. Sehr direkt und unverblümt äußert man sich in Deutschland. Dies wird in fast allen anderen Ländern der Welt, mit wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel den Niederlanden, als rüde und unfreundlich aufgefasst. Unterschiedlich sind die Einstellungen in den verschiedenen Ländern auch zur Verbindung von Gewerkschaften und dem Management – auch zu deren ethischen Standards sowie zu deren Buchhaltung und finanziellen Praktiken. Gerade im Jahr 2007 wurde in Deutschland sehr deutlich, dass Bestechung und Korruption in einigen Ländern akzeptierte beziehungsweise geradezu erforderliche Praktiken und insofern problematisch im internationalen Geschäft zu handhaben sind. In X Beispiel 3.1 findet sich ein solches Spannungsfeld zwischen GE und Tungsram. Es werden Manager gezeigt, die Vorteile daraus ziehen, dass sie politische, rechtliche, soziale und ökonomische Kräfte verändern. Organisationen, welche die Kräfte in der generellen und spezifischen Umwelt besonders gut handhaben können, sind meistens in der Lage, Ressourcen aus der Umwelt zu erhalten, so dass ihr Geschäftsfeld weiter wachsen kann und mehr Produkte und Dienstleistungen hergestellt werden, die neue Kunden anziehen. Umgekehrt sind Stakeholder wenig geneigt, Unternehmen zu unterstützen, welche die generelle und spezifische Umwelt nur sehr schlecht handhaben. Die Folge ist, dass Unternehmen dann schlechter rare Ressourcen erhalten können und sich somit das Geschäftsfeld verkleinert. Das kann sogar so weit führen, dass das Unternehmen den Markt verlässt.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Beispiel 3.1
AUS DER PRAXIS – GENERAL ELECTRIC Managerfehler in Ungarn
Um global zu expandieren, akquirierte General Electric (GE) 51 Prozent von Tungsram, einem Hersteller von Beleuchtungsartikeln und als Ungarns erfolgreichstes Unternehmen in diesem Segment bekannt, für 150 Millionen US-Dollar. GE war an Tungsram wegen des niedrigen Lohntarifs interessiert und wegen der Möglichkeit, das Unternehmen als Basis zu nutzen, um Beleuchtungsartikel nach Westeuropa zu exportieren. Zu diesem Zeitpunkt dachten viele Analysten, dass GE der restlichen westlichen Welt zeigen würde, wie man ein Unternehmen, das einmal von kommunistischen Parteibeamten geführt wurde, in einen kapitalistischen Verkaufsschlager verwandeln kann. GE versetzte einige seiner besten Manager zu Tungsram und wartete auf das Wunder. Aus vielen Gründen ließ das Wunder lange auf sich warten. Ein Problem resultierte aus einem großen Missverständnis zwischen den amerikanischen Managern und den ungarischen Angestellten. Die Amerikaner beschwerten sich, dass die Ungarn faul seien, die Ungarn dachten, die Amerikaner wären aggressiv. GEs Management-System basiert auf umfangreicher Kommunikation zwischen Managern und Angestellten, einer Praktik, die völlig ungewöhnlich für ein ehemaliges kommunistisches Land ist. Der Versuch, Verhaltensweisen bei Tungsram zu verändern, stellte sich als schwierig heraus. Die Amerikaner wollten hohe Verkaufszahlen und ein Marketing, das den Kunden verwöhnt; in Ungarns vorheriger Planwirtschaft war dies nicht nötig. Zusätzlich erwarteten die Ungarn westliche Löhne von GE, aber GE kam gerade deshalb nach Ungarn, um von der schwachen Lohnstruktur zu profitieren.4 Als Tungsrams Verluste stiegen, erfuhr GE, was es bedeutet, wenn große Erwartungen mit der harten Realität von Ineffizienz und Gleichgültigkeit gegenüber dem Kunden und der Qualität kollidieren. Zurückschauend bekennen die GE-Manager, dass sie wegen der Unterschiede in den Grundwerten zwischen den Ländern die Schwierigkeiten, denen sie begegnen würden, wenn sie Tungsram „auf den Kopf stellen“ würden, unterschätzt hatten. Um die Leistung zu verbessern, entließ GE Tungsrams halbe Belegschaft inklusive zwei von drei Managern. GE investierte über 1 Milliarde US-Dollar in eine neue Fabrik, die maschinelle Ausstattung und die verbliebenen Angestellten und Manager, die unterstützt wurden, die Arbeitseinstellung und Verhaltensweisen zu erlernen, die ein Unternehmen braucht, um in einer konkurrenzbetonten globalen Umwelt zu überleben. In den Jahren ab 2000 ist GEs ungarischer Unternehmensbereich zu einem der effizientesten in Europa geworden; das Unternehmen exportiert seine Glühlampen in die ganze Europäische Union.
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3.1 Was ist die Umwelt einer Organisation?
Komplexität der Umwelt Die Komplexität der Umwelt hängt davon ab, wie vielfältig und wie stark spezifische und generelle Kräfte aus der Umwelt miteinander verbunden sind und wie sie auf eine Organisation einwirken.5 Je stärker die Unterschiede zwischen den Kräften aus der Umwelt sind, desto komplexer und unsicherer ist die Umwelt und damit auch schwieriger zu prognostizieren und zu kontrollieren. Auch eine Erschwerung für die Gestaltungsaktivitäten ist die Anzahl der unterschiedlichen Faktoren aus der Umwelt. Ein Beispiel zum Automobilhersteller Ford kann dieses illustrieren:
Komplexität der Umwelt Die Stärke, Vielfältigkeit und Multiplexität von Beziehungen, die eine Organisation bewältigen muss.
Ford hat über 3.000 unterschiedliche Lieferanten, die Inputs für die Produktionsprozesse liefern. Damit geht eine sehr hohe Komplexität und schließlich Unsicherheit einher, weil die verschiedenen Lieferanten Probleme haben können, sogar solche, die miteinander verknüpft sind und sich wechselseitig bedingen. Um diese Komplexität zu reduzieren, versuchte Ford die Anzahl der Lieferanten zu reduzieren. Ziel war es, schlussendlich noch 500 Lieferanten zu beschäftigen, da Informationsprozesse und auch die reine Gestaltung der Beziehungen so sehr viel einfacher sind. Eine ähnliche Entwicklung vollzieht auch Airbus seit 2006. Es gilt die Anzahl der vielen Zulieferer zu reduzieren und vor allem ein Muster der Zusammenarbeit zu entwerfen. So werden Hauptlieferanten bestimmt, mit denen Airbus direkt interagiert. Diese wiederum haben Unterlieferanten, die gegebenenfalls auch selbst wieder Zulieferer haben können. Die Komplexität steigt an, sobald eine Organisation eine größere Bandbreite an Produkten für unterschiedliche Bedürfnisse oder unterschiedliche Konsumentengruppen herstellt. Böte das Unternehmen McDonald’s auf einmal auch Versicherungen und Bankdienstleistungen an, dann benötigte McDonald’s eine sehr umfangreiche Veränderung und einen zusätzlichen Fluss von Informationen, um die Unsicherheit der neuen Transaktionen zu reduzieren. Die Komplexität steigt sehr stark an, wenn spezifische und generelle Faktoren aus der Umwelt zusammenwirken.6 Je stärker die Faktoren miteinander verbunden sind und in Wechselwirkung zueinander stehen, desto stärker wächst die Unsicherheit, die ein Unternehmen bewältigen muss. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Veränderung im Automobilmarkt durch den aktuellen Klimawandel und die daraus resultierenden Auflagen für weniger Verbrauch von Kraftstoffen und vor allem weniger CO2-Emissionen. So wurde im Jahr 2007 von einem kleinen Team ein neues Elektroauto hergestellt, das Spitzengeschwindigkeiten bis 200 km/h
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
erreichen kann. Dieses Auto kann eine nachhaltige Wirkung auf die etablierten Hersteller von Automobilen haben. Dieses Beispiel wird im hinteren Teil des Buches noch einmal aufgegriffen. Generelle Einflüsse, wie zum Beispiel ökologische, und Regelungen vonseiten der Regierungen können also dazu führen, dass sich Geschäftsmodelle und Organisationen stark ändern. Ein etwas älteres Beispiel betrifft General Motors und Ford. Im Jahr 2005 erlitten sie Verluste in Milliardenhöhe, weil sie nicht in der Lage waren, ihre Kosten zu reduzieren oder aber sehr innovative Automobile herzustellen, die gegen die Konkurrenz aus Japan bestehen konnten. Die beiden amerikanischen Unternehmen verhandelten stattdessen mit den Mitarbeitern und konnten hohe Kostenersparnisse im Bereich der Krankenvorsorge und Krankenversicherung erwirken, die dann die Kosten des Unternehmens reduzierten. Nach diesen Kosteneinsparungen hängt zurzeit das Überleben der beiden Unternehmen davon ab, ob sie in der Lage sind, neue und hochqualitative Automobile herzustellen, die innovativ sind und die Kundenbedürfnisse befriedigen. Je komplexer die Umwelt eines Unternehmens ist, desto unsicherer ist sie auch meist für ein Unternehmen. Prognosen und Kontrollen über den Ressourcenfluss und über Input und Output werden für Unternehmen sehr schwierig. Wie die weitere Entwicklung von General Motors und Ford ablaufen wird, ist noch nicht klar.
Komplexität (einfach bis vielfältig)
Dynamik (stabil bis instabil)
Umfang (reichhaltig bis eng) Grad an Unsicherheit Abbildung 3.2: Drei Unsicherheit verursachende Faktoren: Je komplexer, weniger stabil und ärmer die Umwelt wird, desto höher ist die Unsicherheit. Dynamik der Umwelt Ergibt sich daraus, wie schnell sich Faktoren in der spezifischen und generellen Umwelt verändern und zu Unsicherheit führen.
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Die Dynamik der Umwelt ergibt sich daraus, wie schnell sich Faktoren in der spezifischen und generellen Umwelt verändern und zu Unsicherheit führen.7
3.1 Was ist die Umwelt einer Organisation?
Die Umwelt wird als stabil aufgefasst, wenn der Ressourcenfluss recht gut prognostiziert werden kann. Dagegen ist die Unwelt instabil und dynamisch, wenn kaum prognostizierbar ist, wie sich die Kräfte aus der Umwelt verändern. Wenn sich zum Beispiel Technologien schnell ändern, wie in der Computer-Branche, dann handelt es sich um eine dynamische Umwelt. Unternehmen, die unter hoher Unsicherheit agieren, sind bestrebt, diese zu senken. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden wir Strategien zum Umgang mit einer dynamischen Umwelt, wie zum Beispiel langfristige Verträge oder vertikale Integration, diskutieren. Durch die Globalisierung, insbesondere durch die Ausweitung der Geschäfte nach Ostasien, werden Unternehmen mit einer hohen Umweltdynamik konfrontiert. Der Zugang zu neuen Märkten für Ressourcen und Produkte erlaubt vielfältige Möglichkeiten. Aber nicht nur die neuen Märkte steigern die Dynamik. Gerade die Balance zwischen alten und neuen Märkten macht organisationale Vorgänge sehr dynamisch und komplex. Sehr reichhaltige Umwelten sind meist auch weniger mit Unsicherheit behaftet, weil nur wenige Organisationen um die Ressourcen konkurrieren. So ist die Umwelt in Clustern von Unternehmen meist sehr reichhaltig. Cluster beschreiben hierbei Ansiedlungen von Unternehmen einer Branche. Durch staatliche Förderungen oder einen attraktiven großen Kunden bilden sich Cluster von Unternehmen. Viele der Unternehmen im Cluster sind Zulieferer für andere Unternehmen in dem Cluster. Durch das vielschichtige Netzwerk und den direkten Kontakt entstehen viele Vorteile. Unternehmen um Boston herum (Biotechnologie) oder auch in Silicon Valley (IT) haben sehr einfachen Zugang zu vielen Experten, weil viele Universitäten und Spezialisten dort zu finden sind. Umwelten können aus zwei Gründen sehr viel ärmer sein. Erstens, wenn die Organisationen in einem armen Land oder einer armen Region agieren. Zweitens, wenn ein hoher Wettbewerb zwischen Organisationen auftritt.9 Je weniger reichhaltig die Umwelt ist, desto schwieriger ist es, Transaktionen durchzuführen.
Reichhaltigkeit der Umwelt Die Reichhaltigkeit einer Umwelt ergibt sich aus der Anzahl von Ressourcen, die einer Organisation in ihrer Domäne zur Verfügung stehen.8
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Fallstudie
Teil 2
Die Buchvertriebs- und Buchverkaufsbranche wurde im Juli 1995 für immer verändert, als Jeff Bezos den virtuellen Buchhändler Amazon.com online stellte. Die neue Strategie seines Unternehmens revolutionierte die Natur des Umfelds. Bisher verkauften Verlage ihre Bücher entweder indirekt über Buchgroßhändler, welche die Bücher an die kleinen Buchläden lieferten, oder direkt an große BuchhändlerKetten wie Barnes & Noble oder Borders, oder an den Buch-des-Monats-Club. Es gab so viele Verlage und so viele Buchhändler, dass die Branche relativ stabil war. Sowohl große als auch kleine Buchläden konnten eine komfortable Nische im Markt finden. In diesem relativ stabilen, einfachen und reichen Umfeld war die Unsicherheit niedrig und alle Unternehmen genossen gute Verkaufserlöse und Gewinne. Amazon.com’s virtueller Ansatz bei Kauf und Verkauf von Büchern veränderte all dies. Erstens ermöglichte Amazon.com seinen Kunden einen schnellen Zugang zu über 1,5 Millionen gedruckten Büchern und bot seinen Kunden reduzierte Buchpreise an. Dies erhöhte die Konkurrenz innerhalb der Branche und schwächte das Umfeld des Buchverkaufs. Zweitens verhandelte Amazon.com direkt mit großen Buchverlagen über Preise und Lieferung, um die Bücher schneller an seine Kunden liefern zu können. Dies führte zu einer Steigerung der Komplexität des Umfelds: Alle Beteiligten – Verlage, Großhändler, Geschäfte und Kunden – wurden enger verbunden. Drittens: Diese Faktoren, kombiniert mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Informationstechnologie, destabilisierten das Umfeld und erschwerten das Erreichen der Ressourcen (hier: der Kunden). Wie hat diese Unsicherheitssteigerung des Umfelds das Buchhandelsgeschäft verändert? Erstens, diese Veränderungen bedrohten den Erfolg kleiner Buchläden. Nach kurzer Zeit schlossen einige von ihnen ihre Geschäfte, weil es ihnen unmöglich war, mit den Online-Buchhändlern zu konkurrieren. Zweitens, große Buchhändler wie Barnes & Noble und Borders starteten mit ihren eigenen OnlineGeschäften, um mit Amazon.com zu konkurrieren. Drittens, Amazon.com und andere Online-Buchhändler ließen sich auf einen Preiskampf ein, so dass die Preise für Bücher fielen. Dies führte zu einem noch härter umkämpften und noch unsichereren Umfeld. IT ist nicht auf ein Land oder eine Region auf der Welt beschränkt. Der Zugang zu Internet und World Wide Web ermöglicht es jedem Online-Geschäft, seine Produkte an Kunden in der ganzen Welt zu verkaufen – was natürlich auch die Versorgung mit Produkten, angepasst an ausländische Kunden, mit einschließt.
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3.2 Theorie der Ressourcenabhängigkeit
Fortsetzung Jeff Bezos erkannte schnell, dass die US-basierte IT zum Verkauf von Büchern auch profitabel in andere Länder transferiert werden konnte. Dennoch waren seine Möglichkeiten, in neue ausländische Märkte vorzustoßen, durch einen Hauptfaktor begrenzt: Amazon.com bot seinen Kunden die größte Auswahl an gedruckten Büchern in englischer Sprache. Somit musste er ausländische Kunden finden, welche Englisch lesen und verstehen konnten. Wo sollte man diese finden? Die offensichtliche erste Wahl war Großbritannien, weil die Bevölkerung dort Englisch spricht. Außerdem kamen noch andere englischsprachige Länder wie Kanada, Australien, Neuseeland und Deutschland hinzu. Deutschland? Deutschland hat vermutlich aus allen Ländern der Welt den höchsten Anteil an Menschen mit Englisch als Zweitsprache, weil Englisch dort an jeder Schule gelehrt wird. So entschied Bezos, Amazon.com’s Wertschöpfungsprozesse nachzubilden und die IT an die unterschiedlichen Bedürfnisse der anderen Länder anzupassen. Zunächst kaufte Amazon.com das Unternehmen Bookpages in Großbritannien, installierte seine eigene Technologie und benannte das Unternehmen 1996 in Amazon.co.uk um. In Deutschland wurde ein kleiner Online-Buchhändler gekauft und 1998 Amazon.de gegründet. Seitdem hat Amazon.com auch in Japan und China OnlineGeschäfte gegründet. Zusätzlich kann jeder Kunde auf der Welt seine Bücher bei einem dieser Online-Geschäfte kaufen und Amazon verschickt sie dann – wo auch immer sich der Kunde befindet.
3.2
Theorie der Ressourcenabhängigkeit
Damit Unternehmen wachsen können, benötigen sie Ressourcen aus ihrer Umwelt und sind damit auch von derselben abhängig. Inwieweit Unternehmen Ressourcen aus der Umwelt erhalten können, hängt von der Vielfalt und Reichhaltigkeit der Ressourcen sowie der Dynamik der Umwelt ab. Wenn die Umwelt ressourcenärmer wird, ist es für Unternehmen schwieriger, diese Ressourcen zu erhalten. Unternehmen sind vor allem dann von Limitierungen aus der Umwelt betroffen, wenn sie wichtige Kunden verlieren und somit Rückflüsse, oder aber wenn neue Wettbewerber in den Markt eintreten und damit sowohl um Input-Ressourcen als auch um Konsumenten konkurrieren. So besteht das Ziel von Unternehmen darin, ihre Transaktionen so zu gestalten, dass sie sicherstellen können, dass sie die Ressourcen, die sie aus der Umwelt brauchen, auch erhalten. Eine Theorie, die diesen Zusammenhang erklären kann, ist die Theorie der Ressourcenabhängigkeit, die Ressourcen-Abhängigkeits-Theorie. Gemäß der Theorie der Ressourcenabhängigkeit besteht das Ziel von Organisationen darin ihre Abhängigkeiten von externen Ressourcen zu minimieren und den Ressourcenfluss zu ihren Gunsten zu verändern.10
Theorie der Ressourcenabhängigkeit Eine Theorie, die davon ausgeht, dass ein wichtiges Ziel von Organisationen darin liegt, Abhängigkeiten gegenüber anderen Organisationen und der Erhältlichkeit von raren Ressourcen in der Umwelt zu minimieren sowie Umwelt und andere Organisationen so zu beeinflussen, dass Ressourcen leichter erhältlich werden.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Das bedeutet, dass eine Organisation zwei verschiedene Abhängigkeiten von Ressourcen gestalten muss. Sie muss: (1) Andere Organisationen so beeinflussen, dass sie von ihnen Ressourcen erhält, und (2) auf die Bedürfnisse anderer Organisationen in ihrer Umwelt eingehen können.11 Die Theorie der Ressourcenabhängigkeit ist ein Ableger der Machttheorie. Sie erklärt jedoch allgemeiner, wie Organisationen unterschiedlicher Typen entstehen. Dabei werden drei große Fragenkomplexe angegangen: Wodurch ergibt sich die Abhängigkeit von Organisationen von internen und externen Akteuren? Welche Ressourcen sind für die Abhängigkeit von diesen Akteuren ursächlich? Wie bewältigen Organisationen diese Abhängigkeit und welchen Strategien folgen sie? Die Theorie der Ressourcenabhängigkeit lässt sich anhand von acht Kernaussagen konkretisieren 12:
150
1.
Die primären Ziele der Organisationen liegen darin, ihre Überlebensfähigkeit sicherzustellen und die Unsicherheit der Umwelt zu reduzieren.
2.
Ziele lassen sich am besten dann realisieren, wenn der Zufluss an wichtigen, überlebensnotwendigen Ressourcen gewährleistet ist. So stehen die Austauschbeziehungen von Ressourcen im Zentrum dieser Theorie. Ressourcen werden dabei sehr breit gefasst verstanden – alles, was werthaltig ist.
3.
Der Grad der Abhängigkeit einer Organisation hängt von mehreren Faktoren ab. Ein Faktor ist die Frage, wie wichtig eine oder bestimmte Ressourcen für das Überleben der Organisation sind. Besonders wichtige Ressourcen sind rare und werthaltige InputGüter. Hierzu zählen Komponenten, Rohmaterialien, aber auch der Zugang zu Kunden und Handelskanälen.13 Der andere Faktor ist die Frage, wie stark die Ressourcen durch andere Organisationen kontrolliert werden und welche Konzentration der Ressourcenkontrolle vorliegt. Je stärker sie konzentriert ist, desto höher ist die Abhängigkeit. Letztlich wird die Abhängigkeit von der Allokationsstruktur der jeweiligen Ressource bestimmt (Eigentümerstruktur, Zugangskontrolle, Nutzung, Regulierung des Besitzes).
4.
Organisationen können zwei übergeordnete Strategien verfolgen, um den Zufluss an überlebensnotwendigen Ressourcen zu sichern. Sie können sich um Gegenlieferung der Ressourcen bemühen oder eine Kooperation oder Kooptation mit den Ressourcenlieferanten eingehen.
5.
Kooperationsstrategien haben zwei Unterformen: Kooptation mit Konkurrenten und Kooptation auf Inputmärkten.
3.2 Theorie der Ressourcenabhängigkeit
6.
Entscheidungsträger streben eine Organisationsform an, die subjektiv das Verhältnis zwischen erhaltenen und abgegebenen Ressourcen optimiert.
7.
Die Grundgedanken betreffen die Beziehungen von Organisationen untereinander, aber auch die Beziehungen innerhalb von Organisationen. Sparten oder Abteilungen beispielsweise stehen in Ressourcenaustausch-Beziehungen, die sie zu optimieren trachten.
8.
Organisationen operieren nicht nur auf Gütermärkten, sondern auch auf Märkten des Einflusses – streben also danach, Werte und Überzeugungen zu bestimmen. Die Beeinflussung von Werten ist langfristiger als die von Gütermärkten.
Ein gutes Beispiel hierfür ist die PC-Branche. Die Hersteller von PCs und Laptops, beispielsweise HP oder Dell, sind abhängig von Zulieferern (vorgelagerte Wertschöpfungsstufe) wie Intel, die bestimmte Chips und Mikroprozessoren herstellen. Unternehmen wie Apple oder Sony, die nicht online über das Internet ihre PCs vermarkten, sind darüber hinaus auch noch von der Handelskette (nachgelagerte Wertschöpfungsstufe) abhängig, das heißt von Einzelhandels- und Großhandelsgeschäften, wenn sie ihre Produkte vermarkten wollen. Um ihre Abhängigkeiten gegenüber externen Ressourcen zu gestalten, können Organisationen verschiedene Strategien verfolgen.14 Ein Beispiel hierfür ist Avon (siehe X Beispiel 3.2).
Beispiel 3.2
AUS DER PRAXIS – AVON Das globale Imperium
Avon erreichte im Jahr 2005 boomende globale Umsatzzahlen durch die bekannten Make-ups, Seifen, Haarpflegemittel, Schmuck und andere Produkte.15 Seit der Gründung vor mehr als 100 Jahren setzt Avon auf personalisierte Hausverkaufsveranstaltungen durch Verkaufsrepräsentanten, die sogenannten Avon Ladies, um Produkte zu verteilen und zu verkaufen. Heute beschäftigt das Unternehmen vier Millionen Verkaufsrepräsentanten auf der ganzen Welt, die den Großteil der 6 Mrd. US-Dollar Umsatz und der Gewinne generieren. Avon hat die Wichtigkeit erkannt, seinen Anteil an den globalen Ressourcen zu schützen und auszubauen, in diesem Fall die Geschäftsgrundlage von Frauen auf der ganzen Welt. Unter der starken Vorstandsvorsitzenden Andrea Jung werden neue Wege beschritten, um die Produkte zu bestehenden und neuen Kunden rund um den Erdball zu bringen. Jung hielt beispielsweise die Avon Ladies dazu an, das Internet zu nutzen, um die Verkaufszahlen zu steigern. In den ausgehenden 1990erJahren erkannte sie die Möglichkeiten des Internets als eine Methode der Direktdistribution zu den Kunden auf der ganzen Welt, die perfekt zum Ansatz des persön lichen Verkaufens passte.
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3
MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Fortsetzung Avon erstellte eine ausgeklügelte globale Online-Ladenstraße, um hier seine Produkte vorzustellen und die Kunden über deren hohe Qualität und den Mehrwert zu informieren. Zu Beginn verursachte dieser Ansatz des Direktvertriebs große Befürchtungen unter den Avon-Repräsentanten, weil sie dachten, dieser Distributionskanal würde sie umgehen und dadurch ihre persönlichen Verkaufszahlen und Provisionen verringern. Jung arbeitete hart, um den Repräsentanten zu zeigen, dass die Internetkunden, sobald sie einmal die Avon-Produkte gekauft und ausprobiert hatten, sehr wahrscheinlich mehr Produkte kaufen und zu loyalen Kunden werden würden. Um sie davon zu überzeugen, rief sie ein Programm ins Leben, über das die Repräsentanten auch eine Provision erhalten, wenn ihre Kunden direkt über den Avon-Online-Store einkaufen, und heute nutzen 60 Prozent der Avon Ladies das World Wide Web, um die Verkaufszahlen der Avon-Produkte zu steigern. Unter Jungs Leitung begann Avon auch, aggressiv neue Möglichkeiten zu suchen, um globale Kunden anzuziehen. Avon greift über den typischen Kunden hinaus, der bisher bedient wurde, die 30- bis 55-jährige Frau. Jung entschied, auf die relevanten 16- bis 24-jährigen Frauen abzuzielen, um junge Kunden anzuziehen und unter diesen Markenloyalität aufzubauen; schließlich werden diese Kunden in der Zukunft Hauptkunden sein. Das Verkaufspotenzial hierbei ist enorm; die 17 Millionen Frauen in diesem Segment geben 20 Prozent ihres Einkommens für Pflegeprodukte aus. Im Jahr 2003 brachte die neue Avon-Abteilung „Mark“, eine neue Kosmetiklinie, auf den Markt, die speziell für die Bedürfnisse jüngerer Frauen entwickelt wurde. Zur gleichen Zeit arbeitete Avon daran, den Umsatz bei älteren Frauen zu erhöhen. Über die kommenden fünf Jahre soll die Anzahl der Verkaufsrepräsentanten von 500.000 auf über eine Million mehr als verdoppelt werden. Um mehr globale Kunden anzuziehen, hat Avon eine Schmuck- und Kosmetiklinie entwickelt, die Kunden in verschiedenen nationalen Märkten ansprechen soll – da vier Millionen der Verkaufsrepräsentanten im Ausland angesiedelt sind. Avon vermarktet seine US-Produkte nicht einfach weltweit, sondern die Produkte werden auch im Ausland entwickelt und hergestellt. Diese Strategie hat sich bereits ausgezahlt, weil viele Produkte, die entwickelt wurden, um Kunden in einzelnen Übersee-Märkten anzusprechen – wie etwa Lippenstiftfarben und Schmucklinien – im Anschluss auch erfolgreich bei US-Kunden vermarktet werden konnten. So ist es auch kein Wunder, dass die innovativen Vermarktungs- und Distributionsmethoden, die genutzt werden, um die Produkte zu verkaufen, zu Rekordeinnahmen und Rekordgewinnen führten.
152
3.3 Interorganisationale Strategien bei Ressourcenabhängigkeiten
3.3
Interorganisationale Strategien bei Ressourcenabhängigkeiten
Wie das Beispiel nahelegt, ist der Zugang zu Ressourcen mit Unsicherheit und Problemen behaftet. Kunden wechseln gern zwischen verschiedenen Anbietern und kaufen unterschiedliche Produkte. Um Unsicherheiten der Ressourcenbeschaffung und der Output-Distribution zu reduzieren, bieten sich interorganisationale Strategien an. Unsicherheit aus Sicht der Theorie der Ressourcenabhängigkeit ist dabei nicht nur auf Unwägbarkeiten der Konkurrenten oder Zulieferer beschränkt, sondern umfasst auch politische Abhängigkeiten sowie die Werteebene. Ein Ziel aus Sicht der Theorie der Ressourcenabhängigkeit ist, Abhängigkeiten zu anderen Organisationen zu verringern und das eigene Geschäftsmodell zu erhalten. So geht es zum Beispiel um den Aufbau von Beziehungen mit Lieferanten oder mit Interessenverbänden von Konsumenten; denn wenn diese den Zugang zu Ressourcen erschweren, steigt die Unsicherheit für die Organisation an. Zwei verschiedene Arten von mit Unsicherheit verbundenen Interdependenzen können unterschieden werden: Das eine ist die symbiotische, das andere ist die kompetitive Interdependenz.16 Symbiotische oder komplementäre Interdependenzen existieren, wenn der Input der einen Organisation zugleich der Output einer anderen Organisation ist. Das heißt, symbiotische Interdependenzen liegen insbesondere zwischen einer Organisation, ihren Lieferanten und Handelsmittlern vor. So haben beispielsweise Intel und die Hersteller von PCs wie HP oder Dell eine symbiotische Beziehung. Auch findet Zusammenarbeit zwischen Siemens, Infineon und Bosch sogar bei Forschungs- und Entwicklungsaufgaben statt. Konkurrierende, auch kompetitive Interdependenzen genannt, existieren vor allem zwischen Organisationen, die um rare Ressourcen und dabei sowohl um Inputs als auch um Outputs konkurrieren.17 HP und Dell sind Beispiele für konkurrierende Beziehungen, weil sie beide um Kunden für ihre Computer werben. Organisationen können verschiedene Mechanismen einsetzen, um diese symbiotischen und kompetitiven Interdependenzen, insbesondere zu ihrer spezifischen Umwelt, zu kontrollieren.18 Um solche Mechanismen nutzen zu können, bedarf es des koordinierten Einsatzes von Handlungen. Wenn Organisationen also interorganisationale Beziehungen aufbauen, wollen sie damit Unsicherheit und teilweise auch die Abhängigkeit ihrer Ressourcen in der Umwelt reduzieren. Der Aufbau einer interorganisationalen Beziehung ihrerseits kann aber auch dazu führen, dass die Organisation wiederum Autonomie- und Entscheidungsfreiheiten verliert.19 So geht es bei dem Aufbau von interorganisationalen Bezie-
Symbiotische/ komplementäre Interdependenzen Interdependenzen, die zwischen einer Organisation, ihren Lieferanten und Handelsmittlern existieren.
Konkurrierende/ kompetitive/ Interdependenzen Interdependenzen, die zwischen Organisationen, die um rare Inputs oder Outputs konkurrieren, existieren.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
hungen darum, die Balance zwischen Abhängigkeit und der Reduzierung von Unsicherheit hinzubekommen.20
Kooperationen Betreffen die freiwillige Zusammenarbeit zwischen Personen innerhalb eines Unternehmens oder zwischen Unternehmen.
In den nächsten Abschnitten werden verschiedene interorganisationale Strategien diskutiert, die man im Unternehmen einsetzen kann, um symbiotische, also komplementäre Interdependenzen sowie kompetitive, sprich konkurrierende Interdependenzen besser handhaben zu können. Die Bewältigung dieser Interdependenzen in Form von interorganisationalen Strategien betrifft letztlich das Thema Kooperationen und Kooperationsmanagement. Kooperationen betreffen die freiwillige Zusammenarbeit zwischen Personen innerhalb eines Unternehmens oder zwischen Unternehmen.21 Bei Letzterem wird gewöhnlich von Unternehmenskooperationen gesprochen. Es wird jedoch nicht immer, wenn es um Unternehmenskooperationen geht, auch dieser Begriff verwendet. Oft wird einfach von überbetrieblichen Kooperationen oder einfach nur Kooperationen gesprochen. Zum Thema Bewältigung dieser Interdependenzen in Form von interorganisationalen Strategien und Kooperationsmanagement lassen sich verschiedene Kategorisierungen einführen. Eine davon ist die Frage des Formalisierungsgrades einer Beziehung. Je stärker eine Beziehung formalisiert ist, desto stärker sind die Beziehung und auch die Koordinationsinstrumente explizit. Sie beruht bei formellen Beziehungen entweder auf stark ausformulierten, schriftlichen Verträgen, die auch gemeinsames Eigentum von Unternehmen betreffen können. Sie liegt vor, wenn zum Beispiel zwei Unternehmen im Sinne eines Joint Ventures ein Drittes gründen oder aber wenn die Unternehmen übereinkommen, dass sie jeweils in das Eigenkapital des anderen Unternehmens investieren. Hierdurch erreichen die Unternehmen eine höhere Kontrolle. Mit zunehmender Formlosigkeit der Beziehung ist die Koordination indirekt lose oder flexibel. Die Koordination selbst beruht dann sehr viel mehr auf mündlichen Abmachungen oder gegenseitigem Einverständnis als auf schriftlichen Verträgen. In den weiteren Abschnitten werden zunächst Strategien bei komplementären und dann bei kompetitiven Beziehungen besprochen. Daran schließt sich die Diskussion von interorganisationalen Strategien aus Sicht der Transaktionskostentheorie sowie die aus einer Perspektive, die das Beziehungskapital betont, an. Der letzte große Abschnitt geht dann das eigentliche Management der Kooperationen an. Da interorganisationale Strategien, insbesondere Unternehmenskooperationen im engeren Sinne, starken Wandelprozessen unterliegen, sind diese Betrachtungen auch von einer evolutionstheoretischen Perspektive der Organisationstheorie geprägt.
154
3.4 Strategien bei komplementären Interdependenzen
3.4
Strategien bei komplementären Interdependenzen
Um die komplementäre beziehungsweise symbiotische Beziehung zu gestalten, bieten sich für Unternehmen vielfältige Strategien an. Einen kleinen Einblick gibt X Abbildung 3.3, die insbesondere auf das Ausmaß der Formalisierung der Strategien eingeht.
3.4.1 Entwicklung einer hohen Reputation Eine informelle und mittelbare Strategie, um symbiotische Interdependenzen mit Lieferanten und Kunden zu beeinflussen, ist die Bildung einer hohen Reputation. Dies bedeutet, dass eine Organisation bekannt ist und wertgeschätzt wird. Damit geht ein hohes Vertrauen anderer Menschen Organisationen einher. Organisationen mit hoher Reputation werden im Regelfall als fair angesehen.
informell
Reputation
Reputation Organisationen mit hoher Reputation sind bekannt und gelten als vertrauenswürdig und fair.
formell
Co-Wettbewerb
Strategische Allianzen
Fusion und Übernahme
Abbildung 3.3: Formen interorganisationaler Strategien bei komplementären Interdependenzen entlang eines Kontinuums zwischen informellen und formellen Arrangements
Ein gutes Beispiel dafür ist das Unternehmen De Beers. De Beers handelt mit Diamanten und ist dafür bekannt, dass Lieferanten und Kunden ihm vollends vertrauen können. De Beers’ Kunden sind die größten Diamantenhändler der Welt. Mit De Beers verhandelt man nicht über den Preis und die Qualität der Diamanten. Kunden können einen Diamanten erwerben oder nicht. Sicher können sie sich sein, dass De Beers sie niemals betrügen würde. Die Reputation von De Beers hängt davon ab, wie sehr Kunden dem Unternehmen vertrauen. Damit wirkt die Reputation dieses Unternehmens auch nachhaltig positiv auf das langfristige Überleben. Reputation und Vertrauen gehören zu den zentralen Mechanismen, um komplementäre und symbiotische Interdependenzen zu managen. Gerade über eine lange Zeit betrachtet sind meistens vertrauenswürdige Unternehmen auch erfolgreich.22
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3
MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
3.4.2 Kooptation Kooptation Eine Strategie, die symbiotische Beziehungen so herstellt, dass problematische negative Kräfte aus der Umwelt neutralisiert werden sollen.
Kooptation betrifft eine Gestaltung von symbiotischen Abhängigkeiten, indem besonders schwierige und problematische Einflüsse in der spezifischen Umwelt neutralisiert werden sollen.23 Im Wege der Neutralisierung werden Opponenten auf die eigene Seite gezogen; Opponenten verdeutlichen, dass sie von der Zusammenarbeit profitieren. Ein Beispiel für Kooptation ist ein typisches Verhalten von Pharmaunternehmen. So finanzieren pharmazeutische Unternehmen medizinische Konferenzen, geben Proben an Ärzte heraus und führen sehr extensiv Werbung in medizinischen Zeitschriften durch. Im Lauf der Zeit wird den Ärzten dann ein bestimmtes pharmazeutisches Unternehmen sympathischer. Das führt zu einer intensivierten Zusammenarbeit zwischen dem Pharmaunternehmen und den Ärzten. Beide, insbesondere der Arzt, stellen fest, dass eine engere Zusammenarbeit Vorteile bringen kann. Die Grenzen von Kooptationen können allerdings problematisch werden, weil auch zu hohe positive Werte an die Ärzte fließen können. Ein ganz typisches Instrument der Kooptation richtet sich an Kunden, Lieferanten oder andere Stakeholder einer Organisation. Kooptation soll letztlich Bindung und Sympathie bei den Stakeholdern hervorrufen.
3.4.3 Strategische Allianzen Strategische Allianzen Umfassen die längerfristige Zusammenarbeit zwischen Unternehmen.
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Strategische Allianzen sind ein Mechanismus – schließlich eine Form von Kooperationen – der immer wichtiger wird, um Interdependenzen zur Umwelt besser handhaben zu können. Strategische Allianzen sind eine Form von Kooperationen. Nach der Definition betrifft eine strategische Allianz eine Verabredung zwischen einem oder mehreren Unternehmen zur gemeinsamen Nutzung von Ressourcen oder aber zur gemeinsamen Verfolgung eines Geschäftsmodells. Sie können unterschiedlich definiert werden (siehe X Abbildung 3.4). Strategische Allianzen können Unternehmen eines oder mehrerer Länder zur gemeinsamen Tätigkeit verpflichten, also über Nationengrenzen hinweg gebildet werden. Strategische Allianzen umfassen die längerfristige Zusammenarbeit zwischen Unternehmen.24 Strategische Kooperationen sind meist nicht nur nicht kurzfristig, sondern meist auch nicht kleinteilig angelegt. Die Bezeichnung strategisch deutet bereits auf langfristige und umfassendere Beziehungen hin. Durch diese langfristigen und umfassenderen Beziehungen kommt es auch zu einer stärkeren Bindung und wechselseitigen Abhängigkeit der Unternehmen untereinander.
3.4 Strategien bei komplementären Interdependenzen
Strategische Allianzen sind freiwillige Kooperationen, in denen Organisationen Ressourcen kombinieren, um besser mit Unsicherheit aus der Umwelt zurechtzukommen. (Gulati / Garginlo, 1999, S. 1441) Strategische Allianzen sind absichtliche strategische Partnerschaften zwischen unabhängigen Unternehmen, die gemeinsame Ziele teilen und wechselseitigen Nutzen erbringen, wobei sie eine gewisse wechselseitige Abhängigkeit akzeptieren. (Mohr / Spekman 1994) Strategische Allianzen sind kooperative Arrangements zwischen Unternehmen, die strategische Ziele der Partner umfassen. (Das / Teng, 1998. S.491) Abbildung 3.4: Begriffswelten zu strategischen Allianzen
Ein Beispiel aus dem Jahr 2005 ist die Zusammenarbeit von Microsoft und MTV. Sie formierten eine strategische Allianz, um das Unterhaltungsangebot von MTV auf eine Windows-Mediaplattform zu bringen und damit gegen Apple’s iPod-Plattform zu konkurrieren. Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenarbeit auf der Basis einer strategischen Allianz zwischen BMW und Intel. Im Jahr 2005 wurde eine Allianz geschaffen, die Intels Chiptechnologie in alle BMW-Fahrzeuge integrierte. Dabei werden Dinge wie Telefone oder MP3-Player im BMW angesteuert. Strategische Allianzen bieten vielfältigste Möglichkeiten zur Umsetzung. Um das Konzept der strategischen Allianz zu systematisieren, bietet sich das Kriterium des Formalisierungsgrades an.25 X Abbildung 3.5 zeigt Beispiele auf, die nach dem Kriterium des Formalisierungsgrades geordnet sind. Formalisierung lässt sich ohnehin als Unterscheidungsmerkmal für verschiedene Formen von Kooperationen anwenden. Es ist aber aufgrund der Breite unterschiedlicher Formen von strategischen Allianzen hier auch sehr relevant. Der Formalisierungsgrad betrifft die Beziehung zwischen den Unternehmen. So gibt es auch bei strategischen Allianzen langfristige Verträge, Netzwerke oder Minoritätseigentum, bei dem mindestens zwei Unternehmen ein gemeinsames weiteres Unternehmen gründen. Strategische Allianzen, die auf der Beteiligung am Eigenkapital beruhen, weisen einen sehr hohen Formalisierungsgrad auf. Allianzen auf Zuruf oder mit nur wenig schriftlich fixierten Vertragsvereinbarungen sind dagegen weniger formalisiert. Bei strategischen Allianzen ist dies allerdings nur selten der Fall. Je stärker die Beziehung formalisiert ist, desto stärker wird die Beziehung vorgeplant und fixiert, und je stärker die Formalisierung ausgeprägt ist, desto höher ist meist auch die Kontrolle. Dabei wählen Unternehmen bei höherer Unsicherheit ihrer Umwelt meist stärker for-
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3
MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
malisierte Arrangements. Bei sehr hohen Unsicherheiten können aber stärker informelle Mechanismen auch ein flexibleres Reagieren auf unterschiedlichste Ressourcenkonstellationen erlauben.
informal
langfristige Verträge
formal
Netzwerke
Minoritätsbeteiligung
Gemeinsames Eigentum/ Joint Venture
Abbildung 3.5: Typen strategischer Allianzen
3.4.4 Langfristige Verträge Langfristige Verträge Umfassen Beziehungen zu anderen Akteuren (Individuen und Organisationen), die kontinuierlich oder wiederkehrend über verschiedene Jahre hinweg gebildet werden.
Weniger formalisiert (siehe auch X Abbildung 3.5) sind langfristige Verträge. Langfristige Verträge umfassen Beziehungen zu anderen Akteuren (Individuen und Organisationen), die kontinuierlich oder wiederkehrend über verschiedene Jahre hinweg gebildet werden. Langfristige Verträge können kooperativen Inhalt haben. Verträge können sowohl mündlich als auch schriftlich abgefasst werden. Damit reichen sie von impliziter bis zu expliziter Prägung. Wenn sie viele Klauseln enthalten, ist ihr Inhalt expliziter. Eine Verabredung kann zum Beispiel beginnen, indem zwei Mitglieder des Topmanagements sich regelmäßig zum Mittagessen treffen und Informationen austauschen. Der Beginn der Kooperation gründet sich ohnehin oft auf persönliche Beziehungen und teilweise auch auf zufällige Kontakte.26 Das Unternehmen Kellogg’s nutzt vorwiegend formalisierte Verträge. Bei Kellogg’s ist man sehr darauf bedacht, dass die Preise für ihre Input-Güter unabhängig von dem jeweiligen Marktkurs fixiert sind. Aus dem Grund werden Qualitäten und Preise genau in Verträgen niedergeschrieben. Mit langfristigen Verträgen kann bestimmt werden, zu welchen Kosten welche Ressourcen zwischen Unternehmen gemeinsam genutzt, geteilt oder transferiert werden. Hierdurch reduziert sich das Risiko der Unternehmen; es wird auf verschiedene Organisationen verteilt. Langfristige Verträge werden trotz ihrer hohen Risiken sogar im Bereich Forschung und Entwicklung formiert. Besonders aber eignen sie sich für Bereiche, bei denen der unerwünschte Abfluss von Wissen weniger gravierend wirkt, wie zum Beispiel im Bereich Marketing, Konstruktion oder Produktion. Lang- oder längerfristige Verträge werden oft bei Bauvorhaben, wie zum Beispiel beim Bau von Autobahnen, zwischen den Bauunternehmungen geschlossen. Langfristige Verträge finden sich darüber hinaus sehr häufig bei der Zusammenarbeit von Zulieferern mit ihren Kunden, den Produzenten, wie etwa im Flugzeugbau, Automobilbau oder im Bereich von IT.
158
3.4 Strategien bei komplementären Interdependenzen
Oft finden solche Beziehungen nicht nur bilateral zwischen zwei Personen und Unternehmen, sondern zwischen einer Vielzahl von Personen und Unternehmen statt. Dann wird im Regelfall von Netzwerken gesprochen. Es bilden sich beispielsweise Netzwerke von Unternehmen einer Branche. Dieser sehr informelle Informationsaustausch kann weitere Überlegungen betreffen, zum Beispiel die Standardisierung eines Computersystems, oder aber zu neuen Möglichkeiten führen, auf die sich wandelnden Kundenbedürfnisse einzugehen. Auch gemeinsamer Einkauf oder koordinierte gemeinsame Personalschulungen und -weiterbildungen stellen Möglichkeiten zur Intensivierung dar. Diese Aktivitäten können mehr oder weniger deutlich schriftlich abgefasst werden.
3.4.5 Netzwerke Netzwerke sind Verbindungen von verschiedenen Organisationen, die miteinander Informationen austauschen oder Aktivitäten durchführen. Die Mitglieder eines Netzwerkes arbeiten sehr eng zusammen und versuchen, komplementäre Ressourcen in das Netzwerk einzubringen. Netzwerke können sehr umspannend sein wie das amerikanische Netzwerk AT&T, das Anrufbeantworter mittels vieler Partner zu sehr niedrigen Kosten produzieren konnte.27 Netzwerke können auch in Form von Strategischen Allianzen existieren.
Netzwerk Verbindung, Zusammenarbeit und ein Cluster von verschiedenen Organisationen, die ihre Aktivitäten koordinieren und nur sehr selten das Instrument der Weisung untereinander einsetzen.
Netzwerke können unterschiedliche Formalisierungsgrade annehmen. Formalisierung kann helfen, Orientierung zu geben, wenn viele Unternehmen miteinander verbunden sind und damit die Koordination der verschiedenen Aktivitäten nicht einfach ist.28 Aber meist zeichnen sie sich durch eine Vielzahl von bilateralen Verträgen aus und sind damit weniger formalisiert. Die Verträge können dann jeweils mündlich oder schriftlich verfasst sein und zudem eine unterschiedlich hohe Anzahl von Klauseln etc. enthalten, die dann mehr Kontrollmöglichkeiten bieten. Netzwerke können sehr vielfältig sein. Beispiele sind zum Beispiel die Deutsche-Brau-Kooperation oder der Brau-Ring im Bereich der Bierbrauereien in Deutschland (siehe X Abbildung 3.6). Ein weiteres Beispiel ist ein italienisches Netzwerk, die Firma Benetton. Sie hat in Intra- und Interorganisationen viele verschiedene Produzenten und Lieferanten in ihrem Netzwerk. Darüber hinaus gibt es in der Realität viele kleine, oft regionale Netzwerke zwischen Unternehmen in bestimmten Branchen, die sich gegenseitig mit dem Austausch und der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen helfen können. Bekannt ist zum Beispiel als eines der ersten im europäischen Raum das Netzwerk Euregio Bodensee. Viele Netzwerkinitiativen wurden in Deutschland in den letzten Jahren gefördert, so gibt es Cluster-Manager, Netzwerkmanager etc., welche
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
die Koordination, insbesondere von regionalen Netzwerken, verbessern sollen. Netzwerke sind also sehr vielfältig.
• Erhöhung des Qualifikationsniveaus der Mitarbeiter, • Sensibilisierung für zukünftige Entwicklungen, Vermittlung und gemeinsame Betätigungsfelder (z.B. Einkauf, Versicherungen, Seminare/Schulungen), • Projekte (z.B. Marktforschung, Konzeptionsentwicklungen, Ringuntersuchungen) und einen sehr intensiven, umfassenden formellen und informellen Erfahrungsaustausch. • Erarbeitung von Fach-und Führungswissen.
Der Nutzen für die Brauereien drückt sich einerseits in den messbaren Größen "Kostensenkung" und "Ertragssteigerung" aus. Andererseits umfasst er nicht messbare Komponenten als Vorsteuergrößen für Kosten und Ertrag wie z. B. Erhöhung des Qualifikationsniveaus der Mitarbeiter, Sensibilisierung für zukünftige Entwicklungen, Vermittlung und gemeinsame Erarbeitung von Fach- und Führungswissen. Dieser Nutzen wird konkret geschaffen durch gemeinsame Betätigungsfelder (z.B. Einkauf, Versicherungen, Seminare/Schulungen), Projekte (z.B. Marktforschung, Konzeptionsentwicklungen, Ringuntersuchungen) und einen sehr intensiven, umfassenden formellen und informellen Erfahrungsaustausch. Die Deutsche Brau-Kooperation selbst versteht sich als der führende Verbund unabhängiger qualifizierter Privatbrauereien. Quelle: http://www.deutsche-brau-kooperation.de/pages/index.asp
Abbildung 3.6: Beispiele von realen Netzwerken mit Informationsfunktionen und koordinierten Aktivitäten
3.4.6 Minoritätseigentum
Keiretsu Eine Gruppe von Organisationen, die gegenseitig Eigenkapital besitzen und die im Interesse der Gruppe zusammenarbeiten.
Bei der gegenseitigen Beteiligung am Eigenkapital besteht eine stärker langfristig und formell angelegte Beziehung zwischen Unternehmen als bei Kooperationen auf Projektbasis oder auf der Basis von kurzfristigen Verträgen. Bei Minoritätseigentum erhalten ein oder mehr Unternehmen jeweils Anteile des Eigenkapitals eines anderen Unternehmens. Durch diese Verbindung von Eigenkapital werden Unternehmen sehr eng miteinander verbunden und können so sehr starke kooperative Beziehungsbündnisse erschaffen. Ein sehr bekanntes Beispiel für Minoritätsbeteiligungen an Netzwerken sind die japanischen Keiretsu. Keiretsu umfassen verschiedene Organisationen, bei welchen jeder einen Teil des anderen Unternehmens in der Gruppe (Keiretsu) besitzt. Alle Unternehmen in einem Keiretsu arbeiten zusammen und streben danach, die Interessen ihrer Gruppe – dem Keiretsu – zu vertreten. In Japan finden sich zwei Grundformen von Keiretsu.29 Ein gutes Beispiel für die Profitabilität und den Erfolg von Keiretsu lässt sich anhand der japanischen Automobilindustrie aufzeigen.30 Toyota gehört zu den profitabelsten Automobilunternehmen der Welt und zählt zu diesen Keiretsu. Ein Grund für die hohe Qualität der Automobile liegt
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3.4 Strategien bei komplementären Interdependenzen
in Toyotas Kontrolle über Inputs. Gerade Input-Güter, wie Komponenten, sind dafür verantwortlich, dass die Produkte nachhaltig erfolgreich sind und Unternehmen im globalen Automobilmarkt bestehen können. Um die Inputs zu kontrollieren, bietet Toyota seinen Lieferanten an, 49 Prozent des Eigenkapitals zu erwerben. Gerade wegen 1 Prozent handelt es sich dann noch um ein Minoritätseigentum. Durch den Anteil am Eigenkapital hat Toyota eine große Kontrolle über die Preise und die Qualität der Lieferanten. Darüber hinaus ist auch der Informationsfluss sehr viel intensiver und zuverlässiger, was die Veränderung und die stetige Innovation im Bereich der Fahrzeugkomponenten positiv beeinflusst. X Abbildung 3.7 zeigt ein typisches Keiretsu: das Fuyo Keiretsu, in des-
sen Kernbereich sich die Fuji Bank befindet. Durch die dominante Stellung eines Finanzinstituts ist der Zugang zu Kapital für die Unternehmen einfacher, hier im Beispiel Nissan, NKK, Hitachi, Canon etc.. Dabei sind die Direktoren der Bank meist im Vorstand oder im Aufsichtsrat ihrer Mitgliedsunternehmen positioniert.
Taisei (Bau)
Hitachi (Elektronik) Sapporo Breweries (Brauerei)
Nissan (Automobile)
NKK (Metalle)
Fuji Bank (Finanzdienstleistungen)
Kubota (Bauausrüstung)
Andere
Canon (Kameras, Optik) Marubeni (Handel)
Nippon Seiko (Industrielle Ausrüstung)
Mit dem Keiretsu verbundene Satellitenfirmen
Abbildung 3.7: Fuyo Keiretsu
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
3.4.7 Joint Venture Joint Venture Eine strategische Allianz zwischen zwei oder mehreren Organisationen, welche die gemeinsame Gründung eines neuen Unternehmens betrifft und womit auch ein gemeinsames Eigentum an dem neuen Unternehmen verbunden ist.
Joint Ventures betreffen langfristige strategische Allianzen zwischen mindestens zwei Unternehmen, die gemeinsam ein neues, drittes Unternehmen gründen, an dem sie beide am Eigenkapital teilhaben.31 Joint Ventures sind besonders stark formalisierte Formen von strategischen Allianzen, weil es sowohl einen formellen Vertrag als auch viele Aufgaben und Rechte gibt, die in dem Vertrag inklusive der Eigenkapitalbeteiligung aufgeführt sind. X Abbildung 3.8 zeigt diese schematisch. Wenn zum Beispiel die Unternehmen A und B eine Organisation, die Organisation C, gründen, dann wählen sie gemeinsam aus, welche Organisationsstruktur dieses Unternehmen haben soll und wer das Topmanagement dieses neuen Unternehmens besetzen soll. Typischerweise senden sowohl Unternehmen A als auch B Führungskräfte, um das Unternehmen C zu führen. Außerdem werden Ressourcen der beiden Unternehmen an das Unternehmen C transferiert, damit dieses wachsen und florieren kann. Typischerweise werden bestimmte wichtige Kompetenzen in einem Joint Venture zusammengeführt. Ein Unternehmen kann beispielsweise Expertenwissen über besonders effiziente Produktionstechniken beitragen, das andere Unternehmen zum Beispiel Kompetenzen im Bereich Forschung und Entwicklung oder auch Wissen über den Markt. Gerade die Verbindung von Fähigkeiten und Kompetenzen in dem neuen Unternehmen ist eine Triebfeder für die zukünftige Entwicklung. Probleme und Konflikte, die in einer komplexen Umwelt auftreten, sind bei den langfristigen Verträgen eines Joint Ventures im Vertrag vielfach geregelt. Jedoch führen Umwelteinflüsse dazu, dass sich im Lauf der Zeit die Struktur des neuen Unternehmens verändert und somit auch besser auf die Bedürfnisse der Kunden und der spezifischen Umwelt eingehen kann. In Summe lassen sich sehr viele verschiedene informelle und formelle Möglichkeiten zum Eingang von Allianzen nutzen, mit denen auch die Interdependenzen zur Umwelt und gerade die Abhängigkeiten von Ressourcen besser gestaltet werden können. Darüber hinaus lassen sich Zusammenschlüsse und Übernahmen einsetzen. Unternehmen A
Unternehmen B
Unternehmen C Abbildung 3.8: Struktur einer Joint-Venture Formation
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3.5 Strategien bei kompetitiven Interdependenzen
3.4.8 Zusammenschlüsse und Übernahmen Wohl die am stärksten formalisierte und auch am stärksten auf Machterreichung ausgerichtete Strategie zur Gestaltung von Ressourcenabhängigkeit ist der Zusammenschluss oder die Übernahme eines Lieferanten beziehungsweise Handelsmittlers. Hierbei handelt es sich nicht mehr um Kooperations-, sondern um Konzentrationsprozesse. Nachdem ein Zusammenschluss (Fusion) oder eine Übernahme stattgefunden hat, ist der Ressourcenaustausch nur noch innerhalb des Unternehmens vorhanden. So hat das übernommene oder verschmolzene Unternehmen nicht mehr die Möglichkeit, mit Konkurrenten zusammenzuarbeiten.32 Ein deutliches Beispiel liegt bei Shell vor, das eigene Ölfelder haben und so stärker die Preise von Öl kontrollieren möchte, insbesondere wenn dies für die chemische Produktion erforderlich ist. Auch McDonald’s hat zur Reduzierung der Umweltabhängigkeit eigene Farmen in Brasilien gekauft, wo zu günstigen Kosten Rinder, für die spätere Nutzung des Fleisches als Hamburger, aufgezogen werden. Wenn eine Unternehmung eine andere übernimmt, ist das meistens mit sehr großen Kosten und mit aufwendigen Prozessen verbunden. So sollte eine Organisation nur dann solche Verschmelzungen oder Übernahmen durchführen, wenn das Erfordernis der Ressourcenkontrolle extrem hoch ist.
3.5
Strategien bei kompetitiven Interdependenzen
Organisationen versuchen Wettbewerb zu vermeiden, weil dieser die Verfügbarkeit von raren Ressourcen beeinträchtigt und die Unsicherheit in der spezifischen Umwelt vergrößert. Wenn intensiver Wettbewerb vorliegt, werden die Preise für Produkte von Unternehmen gesenkt, damit die Kunden noch weiter die Produkte kaufen. Mit dem ständigen Preisverfall wird der Wettbewerb immer intensiver, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen nicht überleben, das heißt Konkurs anmelden müssen, steigt.33 Aus Sicht der Theorie der Ressourcenabhängigkeit hängt das Überleben von Unternehmen davon ab, wie gut sie ihren Zugang zu Ressourcen gestalten; so bleiben nur wenige sehr starke Unternehmen übrig, denen der Wettbewerb um Ressourcen aus der Umwelt gelingt. Um die Abhängigkeit von externen Ressourcen zu reduzieren und darüber auch die Unsicherheit für das Unternehmen zu verringern, können Organisationen unterschiedliche Techniken und Strategien verfolgen.34 Einen Überblick über vier unterschiedliche Typen gibt X Abbildung 3.9.
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3
MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
informal
Kartelle
formal
Verbundenheit über Dritte / andere Firmen
Strategische Allianzen
Zusammenschlüsse und Übernahmen
Abbildung 3.9: Interorganisationale Strategien zum Management von kompetitiven Interdependenzen
Diese Abbildung bezieht sich wieder auf das Kontinuum von formellen und informellen Strategien. Je höher die Formalität ausgeprägt ist, desto sichtbarer sind auch die Aktivitäten. Die sehr wenig sichtbaren Verabredungen in Kartellen und anderen Interessenvereinigungen führen dazu, dass Preise für Konsumenten meist zu deren Nachteil beeinflusst werden. Um dies zu verhindern, sind eine Reihe von Kartellgesetzen von Nationen wie Deutschland, den USA, aber auch von supranationalen Organisationen wie der EU verabschiedet worden. Im Jahr 2005 hat beispielsweise Samsung zusammen mit anderen Herstellern von Flash Memory Chips die Preise künstlich erhöht. Als dies aufgedeckt wurde, mussten die an dem Kartell beteiligten Unternehmen mehrere Millionen US-Dollar Strafe für ihre illegalen Aktivitäten zahlen.
3.5.1 Kollusion und Kartelle Kollusion Geheime Verabredungen zwischen Wettbewerbern, die sich darauf beziehen, dass Informationen für einen bestimmten und illegalen Zweck geteilt werden.
Kartelle Vereinigungen von Firmen, die sich explizit darauf verständigen, ihre Aktivitäten koordiniert durchzuführen.
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Kollusionen sind geheime Verabredungen zwischen Wettbewerbern. Sie beziehen sich darauf, dass Informationen transferiert oder geteilt werden und diese für einen illegalen Zweck im Wettbewerb eingesetzt werden. Dazu gehört beispielsweise, Preise über bestimmte Produkte untereinander auszutauschen, wie das Beispiel in der Branche der Flash Memory Chips zeigte. Kollusionen werden geschlossen, um die Unsicherheit in dem Wettbewerbsumfeld zu reduzieren. Insbesondere durch einen verstärkten Informationstransfer wird die Unsicherheit reduziert. Die Unterscheidung zwischen Kollusion und Kartell ist nicht immer einfach. Kartelle sind jedoch explizite Vereinbarungen zwischen Unternehmungen, in einem bestimmten Wettbewerbsfeld koordiniert zu handeln.35 Meist kommt erst die Kollusion zustande, aus der dann das Kartell entsteht. Zu Kartellen gibt es in Deutschland und Europa eine sehr umfangreiche Rechtslage über genehmigungs- und nicht genehmigungsfähige Kartelle. Kartelle zur Beeinflussung von Preisen sind jedoch in Deutschland meist nicht zulässig. Eine Form von Kartell, die schließlich zulässig sein kann, betrifft die Arbeit auf der Basis von Industriestandards. Hier
3.5 Strategien bei kompetitiven Interdependenzen
werden bestimmte Standards definiert, denen die verschiedenen Unternehmen folgen können.36 Organisationen können auch in Form eines Kartells zusammenarbeiten, ohne dass ein formelles niedergeschriebenes Dokument, zum Beispiel ein Vertrag, vorliegt. Kartelle treten auch auf, wenn die Unternehmen gegenseitig ihre Verhaltensintensionen signalisieren und dann koordiniertes Verhalten zeigen.
3.5.2 Interessenverbände Ein stärker formalisiertes Instrument, um den Wettbewerb zu beeinflussen und Aktivitäten zu koordinieren, sind Interessenverbände. Diese können auch gleichzeitig Netzwerke mit verschiedenen Beteiligten, die sich untereinander kennen, sein. Innerhalb von Interessen- beziehungsweise Branchenverbänden entwickelt sich teilweise ein gemeinsamer Ehrenkodex, so dass das Risiko der Übervorteilung zwischen den Mitgliedern sinkt.37 Interessenverbände sammeln darüber hinaus von ihren Mitarbeitern Ressourcen, meistens in Form von Geld, die sie nutzen, um im Sinne des Verbandes Interessen durchzusetzen. Dazu zählt zum Beispiel Lobbyarbeit bei Landes- oder Bundesregierungen oder auch bei EU-Stellen. Die Lobbyarbeit bezieht sich nicht allein auf Regierungsstellen oder Parteien, sondern dient auch zur Beeinflussung der allgemeinen Öffentlichkeit, indem über Werbung, Unternehmensbranchennachrichten etc. eine Beeinflussung der Meinung in der Bevölkerung und bei Stakeholdern ermöglicht wird. In Deutschland, wie in vielen anderen Ländern dieser Welt, gibt es sehr viele Interessenvereinigungen und Branchenverbände, angefangen beispielsweise beim Hotel- und Gaststättenverband bis zu Industrievereinigungen wie Unternehmen der Stahlindustrie. Durch den intensiveren Informationsaustausch, ein gewisses gemeinsames Identitätsgefühl sowie Aktivitäten zur Beeinflussung der allgemeinen Meinung tragen Interessenverbände und Branchenvereinigungen zur Verstetigung des Wettbewerbs bei. Darüber hinaus reduzieren solche Vereinigungen die Komplexität der Umwelt, indem sie die Interaktionen und Beziehungen zwischen den Unternehmen und Organisationen erleichtern. Durch einen höheren Informationsfluss gelangen die Mitglieder sehr viel schneller zu Einsichten über Veränderungen bei Konsumenten, Lieferanten oder neuen technischen Entwicklungen. So ist, um es einmal kurz zusammenzufassen, die Interessenvereinigung ein probates Mittel, um den Wettbewerb zu reduzieren und Ressourcenabhängigkeiten sowie Unsicherheit zu verringern. Die Vereinigungen können sogar auf nationaler Ebene vorliegen. Ein Beispiel dafür ist das Ministry of International Trade and Industry (MITI),
Interessenverbände Sammeln von ihren Mitarbeitern Ressourcen, meistens in Form von Geld, die sie nutzen, um im Sinne des Verbandes Interessen durchzusetzen.
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welches als japanisches Ministerium seit vielen Jahren die Zusammenarbeit zwischen japanischen Unternehmen forciert hat und das sogar zwischen Konkurrenten. Infolge der Politik des MITI waren viele technische Entwicklungen von japanischen Unternehmen möglich, welche die Basis für globale Führerschaft in einigen Branchen legten.
3.5.3 Strategische Allianzen Strategische Allianzen Umfassen die längerfristige Zusammenarbeit zwischen Unternehmen.
Strategische Allianzen wurden bereits kurz als Mittel zur Handhabung von komplementären Interdependenzen beschrieben. Strategische Allianzen können symbiotische Interdependenzen, aber auch kompetitive Interdependenzen umfassen, und werden daher an dieser Stelle wieder aufgegriffen.38 Kompetitive Interdependenzen können mittels strategischer Allianzen bewältig werden, weil sogar Wettbewerber kooperieren und ein gemeinsames Unternehmen gründen können. Typischerweise gründen Wettbewerber ein Joint Venture, in dem gemeinsam neue Technologie entwickelt wird. Durch die Zusammenlegung von spezialisierten Ressourcen können Synergien entstehen, die nicht nur zu Kosteneinsparungen, sondern auch zu Produktivitäts- und Innovationsvorteilen führen. So können Strategische Allianzen und Joint Ventures genutzt werden, um den Markteintritt in einen neuen Produktmarkt oder Ländermarkt zu verbessern und dann letztlich die existierenden Wettbewerber zu schädigen. In den letzten Jahren lassen sich viele strategische Allianzen zwischen Wettbewerbern identifizieren. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit von IBM und Apple bei der Entwicklung eines gemeinsamen Mikrochips, obwohl sie starke Wettbewerber auf dem PC-Markt sind. Zurzeit wird gemunkelt, dass die BMW AG und die Daimler AG in bestimmten Bereichen kooperieren wollen. Philips kooperierte mit Bang und Olufsen im Bereich der Produktion und des Designs, mit dem Ziel, sich gegen die japanischen Großunternehmen Sony und Panasonic durchzusetzen.39 Auch Ford und Mazda führten Teile ihres Wissens zusammen, indem sie in einer strategischen Allianz arbeiteten (dabei ist noch anzumerken, dass Ford 25 Prozent der Aktien von Mazda hält). Durch die strategische Zusammenarbeit erhielt Ford detailliertes Wissen über die japanischen Produktionstechniken bei Automobilen. In dem Joint Venture arbeiteten Ford und Mazda gemeinsam in Form von zusammengelegter Produktion von Automobilen in einem Werk in den USA. Mazda profitierte letztlich vom Wissen bezüglich des amerikanischen Automobilmarktes und konnte zudem durch die Lokalisation der Produktion in den USA eine Absatzsteigerung erreichen.
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3.5 Strategien bei kompetitiven Interdependenzen
Ein Beispiel für opportunistisches Verhalten innerhalb von Kooperationen und strategischen Allianzen sind sogenannte Learning Races. Hier kooperiert zumindest einer der Partner nur, um wertvolles Wissen von dem anderen Unternehmen zu gewinnen. Sobald genug Wissen über eine bestimmte Fertigungstechnologie oder generell eine bestimmte neue Technologie erhalten wurde, tritt das Unternehmen wieder aus der strategischen Allianz aus. Umgekehrt können Joint Ventures gerade gebildet werden, um eine neue Technologie vor Imitationsprozessen durch Wettbewerber zu schützen. Innerhalb des Joint Ventures legen die Partner ihre spezialisierten Ressourcen zusammen und schützen das neue Wissen, zum Beispiel über F&E-Ergebnisse oder Technologien, durch Geheimhaltung und Patente.
3.5.4 Merger & Acquisitions und Übernahmen Das ultimative Mittel, um den Wettbewerb zu verringern, ist die Übernahme oder Verschmelzung mit einem Wettbewerber.40 Übernahmen und Verschmelzungen stärken die Wettbewerbskraft eines Unternehmens, weil bestimmte Wettbewerbsfelder zusammengelegt werden und sich dabei vergrößern oder vertieftes Wissen schaffen. Durch Übernahmen und Verschmelzungen können Unternehmen oft ein breiteres Programm von Produkten herstellen oder aber Produkte mit höherer Qualität. Ein Ziel vieler Unternehmen ist es, monopolartige Strukturen zu erreichen. Monopole bedeuten, dass nur ein einziges Unternehmen im Markt existiert. Monopole haben daher eine höhere Wahrscheinlichkeit, Produkte zu höheren Preisen am Markt durchzusetzen. Monopole sind jedoch in den meisten Ländern staatlich begrenzt bis verboten. Wettbewerbsgesetze in Deutschland wie in vielen anderen Ländern verhindern oder untersagen daher den Zusammenschluss von starken Unternehmen, die eine marktbeherrschende Stellung über eine Verschmelzung oder Fusion erreichen könnten.41 Ganz unabhängig davon sind Verschmelzungen nicht immer gut für die jeweils betroffenen Unternehmen, insbesondere vor einem globalen Hintergrund. Durch die einfacheren Bedingungen eines monopolartigen Unternehmens besteht wenig Anreiz, sich kontinuierlich zu verbessern, zu erneuern und neue innovative Produkte auf den Markt zu bringen. So werden Unternehmen neu in den Markt einsteigen, sei es aus dem Ausland oder Inland, und effektivere Strukturen besitzen. Die meist überbürokratisierten Monopolunternehmen sind dann oft nicht besonders gut ausgestattet, um die veränderten Wettbewerbsbedingungen meistern zu können. Beispiele hierfür sind General Motors, IBM, Kodak und Xerox, die ihre Umwelt sehr stark kontrollieren konnten, aber dann nach Veränderungen der Umwelt starke Probleme hatten, ihre Wettbewerbskraft zu erhalten beziehungsweise nicht zu stark zu verlieren.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Kurzformeln für die Praxis 1.
Betrachten Sie jede Transaktion, die Ressourcen verbraucht, einzeln, um zu entscheiden, wie diese zu handhaben ist. Dadurch können Sie eine adäquate Versorgung mit knappen Ressourcen aufrechterhalten.
2.
Überprüfen Sie die Kosten und den Nutzen, die mit einer interorganisationalen Strategie einhergehen, bevor Sie sie umsetzen.
3.
Um den Handlungsrahmen Ihrer Organisation zu maximieren, ziehen Sie informelle den formellen Bindungsmechanismen vor. Setzen Sie formelle Mechanismen nur ein, wenn die Unsicherheit der Rahmenbedingungen dies erfordert.
4.
Wenn Sie strategische Allianzen mit anderen Organisationen eingehen, achten Sie darauf, den Zweck der Allianz und auch Probleme, die in der Zukunft zwischen den Organisationen auftreten könnten, zu ermitteln. Dadurch können Sie entscheiden, ob informelle oder formelle Bindungsmechanismen am besten geeignet sind. Ziehen Sie auch hier eine informelle einer formellen Allianz vor, wann immer dies möglich ist.
5.
Nutzen Sie die Transaktionskostentheorie, um die Kosten und den Nutzen, die mit dem Einsatz der verschiedenen Bindungsmechanismen verbunden sind, zu ermitteln.
3.6 Transaktionskostentheorie Die Transaktionskostentheorie verfolgt das Ziel einer Minimierung der Transaktionskosten, die auftreten, wenn Ressourcen aus der Umwelt genutzt oder innerhalb des Unternehmens ausgetauscht werden.
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Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interdependenzen
Die Transaktionskostentheorie wurde bereits in Kapitel 1 definiert. Transaktionskosten stellen Kosten dar, die bei der Verhandlung/Aushandlung, Gestaltung und Kontrolle von Austauschprozessen zwischen Menschen und Organisationen entstehen. Immer wenn Menschen zusammenarbeiten, entstehen Transaktionskosten.42 Transaktionskosten treten auch auf, wenn Organisationen untereinander Ressourcen, und dazu zählen auch Informationen, austauschen. Dieser Prozess muss koordiniert werden. Beim Austausch von Ressourcen können Organisationen symbiotische/komplementäre oder aber kompetitive Beziehungen eingehen. Gemäß der Theorie der Ressourcenabhängigkeit verfolgen Organisationen dabei das Ziel, Kontrolle über Ressourcen zu erlangen und die Abhängigkeit von den Ressourcen aus der Umwelt zu minimieren. Anders ist der Fokus der Transaktionskostentheorie. Hier liegt das Ziel darin, dass Organisationen die Austauschkosten von Ressourcen aus der Umwelt minimieren und dass der Ressourcenaustausch innerhalb des Unternehmens kostenminimierend gestaltet wird.43 Gerade die Kosten, die bei der Ver-
3.6 Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interdependenzen
handlung oder Kontrolle von Aktivitäten entstehen, sind zu vermeiden, weil sie letztlich nicht werthaltig sind. Insgesamt betrachtet verfolgt die Transaktionskostentheorie das Ziel, Mechanismen zu finden, welche die Transaktionen zwischen Organisationen möglichst effizient gestalten.
3.6.1 Quellen von Transaktionskosten Transaktionskosten entstehen für die Beteiligten im Rahmen von organisationalen Transaktionen. Transaktionskosten beschreiben alle Opfer und Nachteile, die den Tauschpartnern bei der Realisierung des Leistungsaustausches entstehen.44 Transaktionskosten sind in der Kombination von menschlichen Faktoren begründet, die innerhalb des Unternehmens vorliegen können, aber auch außerhalb des Unternehmens. Darüber hinaus wirken weitere Faktoren aus der Umwelt auf Transaktionskosten ein.45 X Abbildung 3.10 zeigt dies im Überblick. Umweltunsicherheit
Begrenzte Rationalität (Bounded Rationality)
Opportunismus
Gesetz der kleinen Zahl
Risiko
Spezifische Besitztümer
Transaktionskosten Kosten der Verhandlung, Kontrolle und der Gestaltung des gesamten Ressourcenaustausches zwischen Menschen.
Abbildung 3.10: Quellen von Transaktionskosten
Für die Entdeckung der Bedeutung von Transaktionskosten wurde Ronald Coase 1991 der Nobel-Preis verliehen. In „The Nature of the Firm“46 begründet er das Entstehen von Organisationen auf einem Markt mit dem Ziel, Transaktionskosten zu minimieren. Er beschreibt Transaktionskosten als Kosten, die in einem Markt auftreten, wenn der Marktpreis als Koordinationsmechanismus eingesetzt wird. Coase erfasst damit die Kosten, den relevanten Preis zu finden, und die Kosten, einen Vertrag für die Transaktion auszuhandeln und abzuschließen. Milgrom und Roberts47 teilen Transaktionskosten in Kosten für Koordination und Kosten für Motivation ein: Koordinationskosten entstehen dadurch, das Handlungen aufeinander abgestimmt werden müssen. Wird ein Markt zur Koordination von Aktivitäten verwendet, treten beispielsweise folgende Koordinationskosten auf: a) Kosten, um Anbieter und Konsumenten auf einem Markt zusammenzubringen und dadurch eine Transaktion zu ermöglichen; b) Kosten für Marktforschung, um Preise zu fixieren oder um die Konsumentenwünsche zu erfassen; c) Werbekosten, um ein Gut bei potenziellen Käufern bekannt zu machen; d) Suchkosten der Käufer nach Anbietern
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und dem Angebot mit dem besten Preis. Motivationskosten spiegeln die Anreizstruktur bei Transaktionen wider. Folgende Probleme sind damit verbunden: a) Unvollständige Information und Informationsasymmetrien. Dies betrifft Situationen, in denen Akteure nicht die nötigen Informationen besitzen, um festzustellen, ob die Transaktion unter den spezifischen Bedingungen akzeptabel ist, oder ob der Transaktionspartner die Verpflichtungen der Transaktion auch erfüllen wird; b) Unvollkommene Verpflichtung: Ein Teilnehmer verpflichtet sich nicht, an einer für beide Seiten vorteilhaften Transaktion teilzunehmen. Er möchte die Teilnahme später eventuell rückgängig machen. Ein Grund dafür ist beispielsweise Angst vor opportunistischem Verhalten des Transaktionspartners bei transaktionsspezifischen Investitionen. Deshalb wird der erste Partner aus Angst vor diesem Verhalten auf die Transaktion verzichten, und eine Chance für eine vorteilhafte Transaktion wird vergeben. Transaktionskosten entstehen nicht nur, wenn eine Transaktion durchgeführt wurde, sondern auch bei abgebrochenen oder nicht zustande gekommenen Transaktionen. Es gibt viele Gründe für den Abbruch einer Transaktion, beispielsweise wenn ein Partner seinen Teil der Abmachung nicht einhält. Nicht zustande gekommene Transaktionen entstehen zum Beispiel, wenn kein geeigneter Transaktionspartner gefunden wird, oder ein Partner sich nicht verpflichten kann oder will. Die Höhe der Transaktionskosten hängt von der Art und Organisationsform der Transaktion ab. Folgende bereits angesprochene Attribute von Transaktionen nehmen dabei Einfluss.48 Unsicherheit und Komplexität. Bei Unsicherheit über die Umstände, unter denen eine Transaktion abläuft, oder bei komplexen Transaktionen ist a priori zu planen, wie die Transaktion in allen Einzelheiten ablaufen sollte. Häufigkeit und Dauer. Bei Transaktionen, die zwischen denselben Transaktionspartnern nicht regelmäßig auftreten, oder bei kurzen Transaktionen werden aus Kostengründen oft standardisierte Verträge verwendet. Mögliche Streitigkeiten werden vor Gericht verhandelt. Je öfter Transaktionen zwischen denselben Partnern stattfinden, desto wahrscheinlicher wird es, dass spezielle, kostengünstigere Verfahren zur Abwicklung der Transaktionen entwickelt und angewandt werden. Weiterhin besteht bei wiederholten oder länger dauernden Transaktionen auch die Möglichkeit, den Transaktionspartner für Fehlverhalten mit eigenem unkooperativen Verhalten zu sanktionieren. Dadurch wird die Notwendigkeit für formelle Mechanismen zur Einhaltung der Abmachungen reduziert und es werden Kosten eingespart.
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3.6 Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interdependenzen
Risiko und transaktionsspezifische Investitionen. Transaktionen können bedeutende, irreversible Investitionen (Sunk Costs) verursachen. Ist eine solche Investition nicht oder nur schlecht für Transaktionen mit anderen Partnern einsetzbar, handelt es sich um eine transaktionsspezifische Investition. Ein Beispiel ist das Errichten einer Fertigungsstraße durch einen Zulieferer, die spezielle Zulieferprodukte erzeugt, die nur ein Kunde verlangt. Wird für eine Transaktion eine transaktionsspezifische Investition benötigt, dann sollte sich dieser Partner gegen opportunistisches Verhalten (späteres Verhandeln um bessere Konditionen beziehungsweise die frühzeitige Beendigung der Transaktion) absichern. Schwierigkeit der Leistungsfeststellung. Es ist schwierig, ein Anreizsystem für die optimale Durchführung von Transaktionen zu schaffen, wenn die Leistungsmessung nicht oder nur schwer möglich ist. Oft werden daher Transaktionen so definiert, dass entweder die Leistungsfeststellung einfach ist oder gar keine Messung notwendig ist, weil die schlechte Leistung nur dem schlecht Leistenden schadet. Zusammenhang mit anderen Transaktionen. Sind mehrere Transaktionen voneinander abhängig, dann müssen sie koordiniert werden. Koordination kann durch eine zentrale Planung(sstelle) und durch Standardisierung erfolgen. Ferner lässt sich der Koordinationsaufwand reduzieren, indem man die Anzahl der zu koordinierenden Partner verringert. Im Folgenden werden drei dieser Faktoren näher beschrieben.
Unsicherheit und Komplexität der Umwelt und begrenzte Rationalität Die Umwelt von Unternehmen ist immer mit Unsicherheit und Komplexität verbunden. Menschen haben dabei nur eine begrenzte Fähigkeit, Informationen aus der Umwelt zu verarbeiten und sie zu begreifen.49 Diese begrenzte Fähigkeit, die auch als begrenzte Rationalität oder bounded rationality bezeichnet wird, vergrößert die Unsicherheit für Menschen und Organisationen. Die Unsicherheit ist also letztlich darin begründet, dass die Vielzahl von unterschiedlichen Einflüssen aus der Umwelt weder vollständig erfasst noch vollständig verarbeitet werden kann. Mit zunehmender Unsicherheit steigt ferner auch die Schwierigkeit, Transaktionen möglichst effizient in und zwischen Organisationen zu gestalten.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Ein Beispiel kann das illustrieren: A verfolgt das Ziel, eine Technologie im Wege einer Lizenzübernahme vom Unternehmen B zu erhalten. Hierbei haben die Unternehmen verschiedene Möglichkeiten. Sie können zum Bespiel einen Vertrag unterzeichnen, der jedoch aufgrund der begrenzten Rationalität immer mit Unsicherheit verbunden ist. Das Unternehmen B beispielsweise kann auch noch eigene Interessen mit der Nutzung der Technologie verfolgen, etwa ein eigenes Produkt auf der Basis der selbstentwickelten Technologie zu erfinden, zu entwickeln und zu vermarkten. Da nicht alle Informationen verfügbar und verarbeitet sind (begrenzte Rationalität), ist es extrem schwierig, einen Vertrag zu formulieren, der nicht nur das Unternehmen B, das die Technologie entwickelt hat, schützt, sondern auch andere Unternehmen wie zum Beispiel A in die Lage versetzt, an zukünftigen Werten teilzuhaben, die aufgrund dieser Technologie und ihrer Entwicklung entstehen. Eine Konsequenz kann also sein, dass in diesem Fall das Unternehmen B, das die Technologie entwickelt hat, lieber alleine die Technologie nutzt und keine Ressourcen – also die Technologie – mit dem Unternehmen A austauscht, auch wenn durch den Ressourcenaustausch möglicherweise ein größerer Nutzen für B entstehen könnte. Die Gründe für die Nichtlizenzierung der Technologie können in der begrenzten Rationalität und den hohen Transaktionskosten liegen, die bei dem Ausformulieren des Vertrags auftreten könnten. Die Unsicherheit in der Umwelt führt zu vielfältigen Möglichkeiten, die darin münden, dass die Kosten für Verhandlungen, Kontrolle und Gestaltung des Austauscharrangements derartig steigen, dass Organisationen formelle Mechanismen wie strategische Allianzen oder Minoritätseigentum oder sogar Fusionen und Verschmelzungen nutzen, um Transaktionskosten zu reduzieren.
Opportunismus und das Gesetz der Kleinen Zahl Opportunismus Betrifft die Ausnutzung von Ressourcen zu eigenen Zwecken und dabei die Übervorteilung von anderen.
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Obwohl viele Menschen und Organisationen im Regelfall moralisch agieren, gibt es Situationen und Anreize für opportunistisches Verhalten. Opportunismus betrifft die Ausnutzung von Ressourcen zu eigenen Zwecken und dabei die Übervorteilung von anderen.50 Übervorteilung liegt zum Beispiel vor, wenn eine Organisation auf der Basis eines Vertrags von einer anderen Organisation Komponenten bestimmter Qualität bezieht. Der Lieferant kann, um eigene Kosten zu reduzieren, absichtlich Substitute nutzen, die eine billigere Verarbeitung haben oder schlechtere Materialien als im Vertrag fixiert aufweisen. Dabei ist es für den Abnehmer oft gar nicht möglich, den Qualitätsverlust gleich festzustellen. Damit liegt letztlich opportunistisches Verhalten
3.6 Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interdependenzen
vonseiten des Lieferanten vor. Auch Individuen können opportunistisch handeln. Beispielsweise können Manager Berichte beschönigen oder aber weniger gute Produkte produzieren lassen, bei denen der Kunde den Makel nicht gleich feststellt. Insbesondere dann, wenn ein Unternehmen von einer geringeren bis kleinen Anzahl von anderen Unternehmen, zum Beispiel Lieferanten, abhängig ist, steigt das Opportunismusrisiko. Der Opportunismus ist darin begründet, dass wenig Alternativen für Geschäftspartner existieren und der Lieferant, wohl wissend, die Qualität seiner Produkte senkt. In solchen Fällen steigen Transaktionskosten an, weil zunächst einmal Verträge so geschlossen werden, dass weniger Freiraum existiert; darüber hinaus das institutionelle Arrangement sehr gründlich geprüft werden muss und letztlich nach der Vertragslaufzeit eine intensivere Kontrolle der Qualität und des Transaktionsprozesses stattfinden muss.
Risiko und spezifische Investitionen Spezifische Investitionen betreffen Anlagen in Besitztümern (specific assets) mit einer spezifischen Verwendung, typischerweise in Informationen, Wissen, Fähigkeiten und Maschinen. Das Spezifische an ihnen ist, dass sie in einer bestimmten Austauschbeziehung einen höheren Wert als in anderen Austauschbeziehungen haben. Es kann sogar sein, dass sie für andere Austauschbeziehungen keinen Wert darstellen. Beispielweise kann eine Unternehmung 100 Millionen Euro in eine Maschine investieren, die Mikrochips für Hewlett Packard herstellt, aber eben nur für PCs von Hewlett Packard, die also auf eine spezifische Austauschbeziehung bezogen sind. Auch Mitarbeiter müssen oft geschult werden, um gewisse Qualitätsstandards, die ein Unternehmen gezielt fordert, zu ermöglichen. So fordern viele Automobilhersteller spezifische Qualitätsstandards von ihren Zulieferern. Diese Qualitätsstandards variieren in Höhe und Art zwischen den Automobilherstellern. Aus dem Grund kann die Investition in Mitarbeiterausbildung spezifisch für einen Abnehmer, den Automobilproduzenten, sein. Immer wenn solche Investitionen getätigt wurden, ist die Organisation an die spezifischen Gegebenheiten gebunden. Hieraus erwachsen für das andere Unternehmen Möglichkeiten, opportunistisch zu handeln. Transaktionskosten, um das opportunistische Verhalten leichter erkennbar zu machen oder dessen Folge zu reduzieren, entstehen so für das Unternehmen. Insgesamt kann ein Unternehmen nach genauerer Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass eine spezifische Investition zu risikoreich ist und daher die Transaktionsbeziehung nicht eingegangen wird.51
Spezifische Investitionen Umfassen Investitionen in Fähigkeiten, Maschinen, Wissen und Information. Alle Dinge, die Wert in einer bestimmten Austauschbeziehung generieren, aber in anderen Beziehungen weniger bis gar keinen Wert haben.
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3.6.2 Transaktionskosten und Beziehungen zwischen Unternehmen Organisationen können Entscheidungen über Beziehungen zu anderen Unternehmen oder über Austauschbeziehungen durch Transaktionskostenüberlegungen fällen. Transaktionskosten sind unter folgenden Bedingungen niedrig: 1.
Die Organisationen tauschen wenig spezifische Güter und Dienstleistungen aus.
2.
Die Unsicherheit ist gering.
3.
Es existieren viele unterschiedliche Transaktionspartner.
Unter diesen Umweltbedingungen ist es für Organisationen sehr einfach, interorganisationale Beziehungen zu verhandeln und zu kontrollieren. Informelle Mechanismen wie Reputation oder aber auch mündliche Verträge eignen sich zur Koordination der Beziehungen in einer solchen Umwelt. Die Transaktionskosten steigen jedoch unter folgenden Bedingungen: 1.
Die ausgetauschten Güter und Services sind spezifischer.
2.
Die Unsicherheit steigt an.
3.
Die Anzahl möglicher Transaktionspartner reduziert sich.
In einer solchen Umwelt reicht es oft nicht aus, einem anderen Unternehmen zu vertrauen. Aus Sicht der Transaktionskostentheorie sollten Organisationen also stärkere Kontrollen durchführen und stärker formelle Interaktionsmechanismen wie langfristige Verträge einsetzen. Verträge sind jedoch in ihrer Wirkungsweise begrenzt, wenn hohe Unsicherheit vorliegt. Verträge können nicht alle möglichen Eventualitäten einschließen und mit spezifischen Konditionen belegen. Immer wenn etwas Unerwartetes geschieht, ist nicht eindeutig klar, wie sich die Parteien verhalten sollten. Dabei ist es selbstverständlich rational aus Sicht der Transaktionskostentheorie, dass sich Organisationen unter unvorhergesehenen Bedingungen so verhalten, dass sie selbst den meisten Nutzen erreichen, auch wenn es anderen Organisationen schadet. Stärker formelle Mechanismen sind aus Sicht der Transaktionskostentheorie also vorzuziehen, wenn Opportunismus zu erwarten ist und die Inhalte der Transaktionsbeziehung überhaupt fixierbar sind. Mit stärke-
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3.6 Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interdependenzen
rem Formalisierungsgrad steigt die Kontrollmöglichkeit (zum Beispiel Eigenkapitalbeteiligungen) über das andere Unternehmen. Zu stärker formalisierten Mechanismen zählen strategische Allianzen mit Kapitalbeteiligung oder umfangreichen Verträgen. Ebenso zählen dazu Joint Ventures sowie Übernahmen und Verschmelzungen, die Transaktionen und deren Kosten stärker internalisieren. Wenn Unternehmen beispielsweise zusammen ein drittes Unternehmen gründen – Joint Venture – führt das zu einer Zusammenlegung der Aktivitäten in dem neuen Unternehmen und auch zu Anreizen, Aktivitäten gemeinsam zu verfolgen und damit auch gemeinsamen Nutzen und Erträge zu schaffen. Dies gilt auch bei Übernahmen und Verschmelzungen. Zusammenfassend muss beurteilt werden, ob aus Sicht der Transaktionskostentheorie stärker formelle Mechanismen einzusetzen sind, wenn Transaktionskosten durch Unsicherheit, unspezifische Investitionen oder Unsicherheit gekennzeichnet sind. Unabhängig davon, welches institutionelle Arrangement Transaktionskosten minimiert, ist nicht zu vernachlässigen, dass mit jeglichem Austausch mit der Umwelt und innerhalb von Unternehmen Kosten – Transaktionskosten – verbunden sind. Die Kosten, die mit dem Austausch von Ressourcen aus der Umwelt auftreten, liegen insbesondere durch Unsicherheit, wenige Partner, spezifische Investitionen sowie begrenzte Rationalität vor. Die Kosten innerhalb von Organisationen sind allerdings auch zu bedenken. So entstehen kontinuierlich Kosten der Einweisung, Anleitung, Kommunikation und Integration bei Organisationen. Auch innerhalb von Organisationen verfolgen Personen Eigeninteressen und nutzen Informationen und Ressourcen zu ihren Vorteilen. Opportunismus und begrenzte Rationalität unterliegen insofern auch Kommunikations- und Integrationsprozessen innerhalb von Organisationen. Aus diesem Grund stehen Organisationen immer wieder vor der Entscheidung, die richtige Struktur für ihre Aktivitäten zu finden. Diese Struktur umfasst die Wahl der Aktivitäten, die man selbst in der Organisationen durchführt, und jener, die man über Kooperationspartner oder andere Beziehungen aus der Umwelt erhält.
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3.6.3 Bürokratiekosten Wenn formelle Mechanismen ein effizientes Instrument darstellen, um Transaktionskosten bei (externem) Ressourcenaustausch mit der Umwelt zu reduzieren, stellen sich verschiedene Fragen. Darunter: Warum nutzen Organisationen nicht ausschließlich dieses Instrument? Warum werden immer wieder auch informelle Mechanismen eingesetzt? Welche Vorteile bieten Verträge (die auch mündlich abgefasst werden können) gegenüber Joint Ventures oder Zusammenschlüssen, die doch eine höhere Kontrollmöglichkeit bieten? Wo liegen die Vorteile der internen Erstellung von Leistungen? Eine Antwort auf die Frage der informellen Instrumente ist, dass Führungskräfte auch bei informellen Mechanismen Transaktionen mit Mitarbeitern planen, verhandeln, anleiten und kontrollieren müssen. Eine Antwort auf die interne Erstellung ist, dass Verlagerung von Transaktionskosten in die Organisation zwar Kosten reduzieren, aber nicht eliminieren kann.52 Um besser unterscheiden zu können, werden intern entstehende Transaktionskosten auch als Bürokratiekosten bezeichnet.53 Bereits in Kapitel 2 wurde darauf eingegangen, dass Kommunikations- und Integrationsprozesse zwischen Funktionen oder Bereichen einer Organisation schwierig zu gestalten sind. Nun wird ferner deutlich, dass Integration und Kommunikation nicht nur schwierig zu erreichen sind, sondern auch kostspielig sein können, weil Führungskräfte sehr viel Zeit in Meetings – also zur Abstimmung und Absprache – verbringen, anstatt direkt wertsteigernd an den Aufgaben zu arbeiten.54 Die Gestaltung einer Organisationsaufgabe ist demnach eine komplexe und kostentreibende Aktivität, die noch komplizierter und teurer wird, wenn die Organisation wächst; dies erfuhren bereits General Motors, Kodak oder auch IBM. So wundert es auch nicht, dass gerade große Unternehmen immer wieder Verschlankungsaktivitäten (Lean-Management-Aktivitäten) durchführen.
3.6.4 Transaktionskostentheorie zur Wahl interorganisationaler Strategien Mittels der Transaktionskostentheorie können Manager in Organisationen besser Entscheidungen über ihre interorganisationalen Beziehungen und Strategien fällen. Die Transaktionskostentheorie ermöglicht die Identifizierung und Gewichtung von Transaktionskosten, die bei unterschiedlichen institutionellen Arrangements auftreten.55 Gemäß dieser Aufteilung und Gewichtung ist es dann möglich, eine sinnvolle interorganisationale
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3.6 Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interdependenzen
Strategie zu verfolgen. Während die Theorie der Ressourcenabhängigkeit mögliche Abhängigkeiten von der Umwelt thematisiert, ist die Transaktionskostentheorie in der Lage, unterschiedliche Kosten und letztlich mit ihnen verbundene Risiken beim Ressourcenaustausch mit der Umwelt zu beziffern. Folgende Schritte bieten sich bei der Wahl der interorganisationalen Strategie aus Sicht der Transaktionskostentheorie an: 1.
Identifikation von möglichen Transaktionskostenarten und Abschätzung der Höhe dieser Kosten.
2.
Abschätzung und Prognose von möglichen Transaktionskosteneinsparungen, wenn bestimmte interorganisationale Verbindungen genutzt werden.
3.
Schätzung von internen Transaktionskosten, die mit dem (externen) institutionellen Arrangement verbunden sind.
4.
Auswahl der interorganisationalen Verbindung, welche die höchsten Einsparungen von Transaktionskosten innerhalb des Unternehmens und in der Austauschbeziehung zu einem anderen Unternehmen erlaubt.
Das Beispiel Ekco und seine Lieferanten zeigt eine Möglichkeit, wie Lieferanten interorganisationale Mechanismen nutzen können, um Transaktionskosten zu reduzieren. Die von Ekco verfolgte vertikale Kooperation, die stark durch persönliche Beziehungen getrieben ist, erlaubt die Reduzierung von Transaktionskosten, ohne teure formelle Austauschmechanismen nutzen zu müssen. Hierbei lässt sich wieder eine Implikation unterstreichen: Formelle Verbindungen zwischen Unternehmen sind nur sinnvoll und gerechtfertigt, wenn die Transaktionskosten hoch genug sind, das heißt typischerweise wenn die Güter stärker spezifisch sind, eine hohe Unsicherheit vorliegt und nur wenige Transaktionspartner zur Verfügung stehen.56 Mit steigender Höhe der Transaktionskosten sollten stärker formelle Interaktionsmechanismen genutzt werden. Im Folgenden werden noch drei weitere Möglichkeiten von interorganisationalen Beziehungen vorgestellt.
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Beispiel 3.3
AUS DER PRAXIS – EKCO Seine Zulieferer und die Transaktionskosten
Die Ekco-Gruppe von Nasuhua in New Hampshire stellt eine große Bandbreite an Produkten aus den Bereichen Backwaren, Küchengeräte und -ausstattung, Hauswarenprodukte aus Plastik (wie zum Beispiel Wäschekörbe) sowie Geräte zur Schädlingsbekämpfung her.57 Das Unternehmen produziert Tausende nicht-elektronische Konsumgüter sowie Büroprodukte, die keine Montage benötigen und die bei Verschleiß eher ersetzt als repariert werden. In der großen Bandbreite von Ekcos Produkten spiegeln sich die Bedürfnisse und Ansprüche von Handelspartnern wie Wal-Mart und Kmart wider, die kontinuierlich versuchen, Transaktionskosten zu reduzieren, welche mit dem Erwerb von Produkten im Zusammenhang stehen. Eine große Bandbreite an Produkten von nur einem Zulieferer zu beziehen reduziert hingegen die Transaktionskosten, die entstünden, wenn zu vielen Händlern Beziehungen aufgebaut werden müssten. Durch Ekcos Breite an Produkten, die Kmart, Wal-Mart und andere Unternehmen führen möchten, hilft Ekco diesen Händlern, die Anzahl an Unternehmen zu minimieren, mit denen sie Geschäftsbeziehungen eingehen müssen. Hierdurch lädt Ekco implizit auch Kunden ein, ihre Verbindungen zu dem Unternehmen zu stärken. Um eine langfristige Bindung zu seinen Kunden (und ihr Vertrauen in Ekco) zu fördern, installierte Ekco kürzlich ein modernes, 4 Millionen US-Dollar teures DatenVerarbeitungssystem. Dieses ermöglicht einen Just-in-time-Inventar-Service für diejenigen Händler, die Ekco die benötigten Daten zur Verfügung stellen. Das Verarbeitungssystem vereinfacht die Bestellungen der Händler und verschafft einen Überblick über bestehendes Inventar. Durch das kostenlose Management der Geschäfte seiner Händler reduziert das Ekco-System die Transaktionskosten seiner Kunden noch stärker und fördert den Eindruck, ein guter Geschäftspartner zu sein. Ekcos Anstrengungen, informelle Bindungen zu seinen Kunden aufzubauen, zahlen sich aus: die Umsätze des Unternehmens und seine Anzahl an Kunden steigen jährlich.58
Keiretsu Keiretsu sind, wie bereits kurz angerissen, ein japanisches System von Beziehungen zwischen Organisationen, die sehr stark formell geprägt sind, aber dennoch informell durch Beziehungsnetzwerke und Familienbande verankert sind. Die Grundidee von Keiretsu liegt darin, dass Unternehmen an ihren Partnerunternehmen Minoritätsbeteiligung haben. Diese Minoritätsbeteiligung verringert Gefahren durch Opportunismus und senkt die Unsicherheit zwischen den Unternehmen, insbesondere bei Kunden-Lieferanten-Beziehungen. Ein gutes Beispiel für ein funktionie-
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3.6 Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interdependenzen
rendes Keiretsu ist Toyota. Toyota hält Beteiligungen an verschiedenen Lieferanten. Durch die Entscheidung, die Komponenten nicht selbst herzustellen, sondern von Lieferanten zu kaufen, werden Transaktionskosten, Produktionskosten sowie Organisationskosten im Unternehmen eingespart. Das Beziehen von Komponenten bei Lieferanten ermöglicht zum einen eine Spezialisierung der Lieferanten und zum anderen eine gewisse Kontrolle über die Minoritätsbeteiligung. Ein anderes Beispiel ist General Motors. General Motors besitzt mehrere Lieferanten vollständig, um so eine hohe Kontrolle über gelieferte Komponenten und Teile zu haben. Oft wird General Motors vorgeworfen, dadurch Anreize, besonders wettbewerbsfähige und innovative Zulieferteile nutzen zu können, zu vernachlässigen. Eine zukünftige Strategie von General Motors beinhaltet, effiziente Lieferanten abzustoßen und stattdessen strategische Allianzen oder langfristige Verträge mit deren Lieferanten oder anderen abzuschließen. Dies gäbe einen Anreiz zur Reduzierung der Kosten, Steigerung von Effizienz und der Innovationskraft. Die interorganisationalen Beziehungen könnten aber auch mit stärker formellen Mechanismen wie zum Beispiel Minoritätsbeteiligungen verbunden sein.
Franchising Bei dem Konzept Franchising wird ein Franchisenehmer in die Lage versetzt, bestimmte Ressourcen eines Franchisegebers zu nutzen. Der Franchisegeber verkauft somit das Recht an bestimmten Ressourcen, zum Beispiel Name, Technologiesystem oder Produktionssystem, an einen Franchisenehmer. Der Franchisenehmer verpflichtet sich dafür, einen bestimmten Sockelbetrag und/oder einen Anteil am Gewinn an den Franchisegeber zu zahlen. Typischerweise ist der Franchisenehmer derjenige, der direkt mit dem Kunden agiert. Die Beziehung zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer ist vorwiegend komplementär. Mittels der Transaktionskostentheorie lassen sich Schlüsse ziehen, warum und wann Franchise vorteilhaft ist.59 Eingangs soll das Beispiel McDonald’s und Burger King, die unterschiedliche Produktionskonzepte haben, herangezogen werden. McDonald’sRestaurants werden im Regelfall von den Franchisenehmern besessen und betrieben. Im Gegensatz dazu besitzt bei Burger King das Unternehmen die Restaurants. Dem Anschein nach kann McDonald’s größere interne Transaktionskosten, also Organisationskosten, bei Nutzung dieses Franchisekonzepts realisieren. Bei Franchisekonzepten ist eine der größten Herausforderungen, die Qualität sicherzustellen insbesondere bei so filialisierten Restaurantketten wie McDonald’s und Burger King. Durch
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das Franchisekonzept bei McDonald’s haben die Eigentümer der McDonald’s-Restaurants, also die Franchisenehmer, einen hohen Anreiz, sowohl die Qualität als auch die Effizienz des Restaurants sicherzustellen. Dabei verfolgt McDonald’s eine Mischung unterschiedlicher Eigentumskonzepte in den USA. Die Restaurants in den größeren Städten, die leichter von einem Team von Managern kontrolliert werden können, werden im Regelfall von McDonald’s selbst besessen. Weiter entfernte Restaurants, zum Beispiel an Autobahnen, werden von Franchisenehmern betrieben. Gerade Letztere wären nicht so einfach zu überwachen. Sie lassen sich aber durch das Franchisekonzept sehr gut steuern, da die Franchisenehmer einen eigenen Anreiz zur Sicherstellung der Qualität und Effizienz haben. Die Frage nach der richtigen Wahl des Distributionskonzepts ist für viele Unternehmen bedeutend. Immer wieder stellt sich die Frage, ob das Unternehmen eigene Einzelhandelsgeschäfte betreiben und direkt an den Kunden verkaufen sollte oder ob das Unternehmen an einen Distributor, den Franchisenehmer, verkaufen sollte oder letztlich, ob ein Unternehmen an einen Großhändler verkauft, der dann wiederum die Produkte an Einzelhändler verkauft. Bei Letzterem ist die Kontrolle über den Vertriebsweg gering ausgeprägt. Als Faustregel gilt, dass mit zunehmendem Komplexitätsgrad der Produkte, folglich mit mehr Informations- und Beratungsbedarf seitens der Kunden (wie man das Produkt z.B. nutzt und reparieren kann), eher die direkte Kontrolle über eigene Vertriebseinheiten oder Franchisenehmer durchgeführt werden sollte.60 PKWs werden in Deutschland typischerweise über Franchise Unternehmen verkauft, um eine gute Beratung sowie eine optimale Reparatur sicherzustellen. Mit dem Konzept des Franchising oder der eigenen Verkaufsniederlassung erreichen die Hersteller der PKWs eine höhere Kontrolle und können die Vertriebseinheiten zu höherer Kundenberatungsqualität motivieren. Eine sehr eindeutige Richtung verfolgt die Daimler AG schon seit Jahren für den Verkauf ihrer PKWs: Mercedes werden in Deutschland nahezu ausschließlich über eigene Niederlassungen verkauft. Dies erlaubt eine gute Kontrolle des Verkaufsorgans. Bei einer hohen Rate von Beanstandungen haben die Automobilhersteller auch Möglichkeiten, ihre Händler zu disziplinieren und, noch einfacher, ihre Niederlassungen. Im Gegensatz dazu sind die Transaktionskosten bei dem Vertrieb einfacher Produkte wie Kleidung oder Nahrungsmittel niedrig. Aus diesem Grund setzen nur wenige Unternehmen, die Nahrungsmittel herstellen, formelle Beziehungsinstrumente wie zum Beispiel Franchisekonzepte oder eigene Läden ein. Im Regelfall werden einfache Verkaufsverträge
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3.6 Transaktionskostentheorie und interorganisationale Interdependenzen
abgeschlossen. In den letzten Jahren zeigte sich aber, dass bei hochqualitativen Kleidungsstücken, insbesondere wenn ein bestimmtes Image angestrebt wird, auch Franchisekonzepte wie Shop-in-Shop-Konzepte innerhalb von Warenhäusern eingesetzt werden. Beispielsweise sind in vielen großen Warenhäusern eigene Shops, sogar mit eigenen Verkäuferinnen, (zum Beispiel Boss, Tommy Hilfinger, Rubinstein, Chanel) zu finden. Auch typische Hersteller von Luxusmarken setzen auf eigene Läden, wie zum Beispiel Gucci.
Outsourcing Eine weitere Strategie zur Gestaltung von Abhängigkeiten ist Outsourcing. Mit Outsourcing ist eine Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten aus dem Unternehmen heraus verbunden. Typischerweise übernimmt entweder die ehemalige interne Abteilung das Outsourcing oder der Auftrag wird an externe Partner vergeben. Ein sehr typisches und in den letzten Jahren sehr stark genutztes Feld des Outsourcings ist IT-Outsourcing. Hier übernehmen externe Dienstleister Datenbank- und Rechenzentrumsaktivitäten für Unternehmen. Auch die großen IT-Unternehmen wie HP, Dell und IBM haben sehr hoch dotierte Aufträge für IT-Dienstleistungen in den letzten Jahren von anderen Unternehmen gewinnen können. Die Entscheidungsgrundlage für Outsourcing ist meist eine Kalkulation der Kosten, die für das Unternehmen intern entstehen, und der Kosten, die bei Verlagerung und Auslagerung entstehen.61 Dabei kann nicht generell gesagt werden, welche Funktionen eines Unternehmens sich für ein Outsourcing eignen und welche nicht. Es ist immer eine Frage der Entwicklung und der Zeit. Im Jahr 1996 war es zum Beispiel noch sinnvoll, IT im Unternehmen selbst zu haben. Zurzeit, 2008, ist es dagegen meist sinnvoller, diese Dienstleistung an externe Partner abzugeben. Im Wege des Outsourcing können innerhalb von Unternehmen immer stärker spezialisierte Tätigkeiten aufgebaut werden. Outsourcing bedeutet jedoch, dass man unter Umständen von anderen abhängig wird und im Lauf der Zeit nach dem Outsourcing schlechter beurteilen kann, ob die extern vergebene Leistung noch mit hoher Qualität erstellt wird. So ist die Entscheidung, Outsourcing durchzuführen, immer eine, die davon abhängt, welche Unsicherheiten existieren und welche Abhängigkeiten im Wege des Outsourcing auftreten können. Die Transaktionskostentheorie kann dabei eine Entscheidungshilfe geben, ob Outsourcing betrieben werden soll oder nicht.
Outsourcing Umfasst die Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten aus dem Unternehmen heraus an externe Partner beziehungsweise die Auslagerung von internen Einheiten als selbstständige Einheiten.
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3
MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Beispiel 3.4
AUS DER PRAXIS – LI & FUNG Das globale Wertschöpfungsketten-Management
Das Aufspüren ausländischer Lieferanten mit geringsten Preisen und höchster Qualität gehört zu den Hauptaufgaben von Managern globaler Unternehmen. Dies ist jedoch ein schwieriges Unterfangen, weil die Lieferanten in Tausenden von Städten in Ländern auf der ganzen Welt ansässig sind. Oftmals nutzen globale Unternehmen den Service ausländischer Vermittler oder Makler, die in der Nähe der Lieferanten ansässig sind, um die am besten zu ihren Input-Anforderungen geeigneten Lieferanten zu finden. Li & Fung, nun geführt durch die Brüder Victor und William Fung, ist einer dieser Makler, die Hunderten von globalen Unternehmen geholfen haben, geeignete ausländische Lieferanten zu finden, speziell Lieferanten auf dem Festland Chinas.62 In den Jahren ab 2000 wurde das Management globaler Wertschöpfungsketten allerdings zu einer komplizierten Aufgabe. Zur Kostenreduktion spezialisierte sich eine immer größere Anzahl ausländischer Lieferanten auf nur einen Teil des Produkterstellungsprozesses. Beispielsweise könnte ein Unternehmen wie Target wie früher mit einem ausländischen Lieferanten über die Herstellung von einer Million Einheiten eines bestimmten Hemdes zu einem bestimmten Preis pro Einheit verhandeln. Mit der Spezialisierung könnte Target jedoch die Kosten zur Produktion des Hemdes weiter senken, wenn es die Prozesse bei der Herstellung des Hemdes aufgeteilt hätte. So könnte Target verschiedene ausländische Lieferanten haben, meist auch in unterschiedlichen Ländern, die für die einzelnen Funktionen zuständig sind. Um beispielsweise die niedrigsten Kosten pro Hemdeinheit zu erreichen, könnte Target, anstatt mit nur einem ausländischen Lieferanten über die Herstellung des Hemdes zu verhandeln, zunächst mit dem Garnproduzenten in Vietnam zur Herstellung des Garns verhandeln. Das Garn würde dann zu einem chinesischen Lieferanten geschickt, um daraus Stoff zu weben. Diese Stoffe würden nachfolgend in verschiedenen Fabriken in Malaysia oder auf den Philippinen zurechtgeschnitten und zu Hemden zusammengenäht. Anschließend würde ein anderes ausländisches Unternehmen für die Verpackung der Hemden verantwortlich sein und sie an jeden Ort weltweit verschiffen, an dem die Hemden benötigt werden. Weil ein Unternehmen wie Target Tausende von unterschiedlichen Bekleidungsprodukten in der Produktion hat und diese ständig wechselt, werden die Probleme bei der Handhabung einer solchen Wertschöpfungskette, um Kosten bei der globalen Expansion zu sparen, offensichtlich.
182
3.7 Management der Beziehungen in Kooperationen
Fortsetzung Li & Fung haben aus diesem Umstand Nutzen gezogen. Sie stellten fest, dass viele globale Unternehmen keine Zeit oder Erfahrung darin haben, spezialisierte preisgünstige Lieferanten zu finden. Sie ergriffen schnell diese Chance und boten ihren Service an. Li & Fung beschäftigen 3.600 Agenten, die 37 Länder bereisen, um neue Lieferanten zu finden und bereits existierende zu kontrollieren. Damit helfen sie ihren globalen Kunden, neue Wege zu günstigeren Preisen und qualitativ höherwertigen Produkten zu finden. Die globalen Unternehmen sind froh darüber, ihr Management der Wertschöpfungskette an Li & Fung ausgliedern zu können, weil sie die signifikanten Kostenersparnisse erkennen. Obwohl sie hohe Gebühren an Li & Fung bezahlen, sparen sie die Kosten für eigene Agenten ein. Da die Komplexität des Wertschöpfungsketten-Managements kontinuierlich steigt, tauchen mehr und mehr Unternehmen wie Li & Fung auf.
3.7
Management der Beziehungen in Kooperationen
Kooperationen verbinden Ressourcen von Organisationen. Die Ressourcen-Abhängigkeits-Theorie kann dabei gut erklären, wie durch Kooperationen die Abhängigkeit von anderen Organisationen verändert werden kann. Neben anderen Erklärungsansätzen hilft auch die Transaktionskostentheorie bei der Beschreibung von verschiedenen Formen von Kooperationen und deren Vor- und Nachteilen. Dennoch ist zu berücksichtigen, welche Art der Beziehung zwischen den Akteuren – Unternehmen – innerhalb der Kooperationen vorliegt. Der Fokus der theoretischen Ansätze zu Kooperationen verschiebt sich je nach deren theoretischen Blickwinkeln, die sehr unterschiedlich sein können.63 Allen Ansätzen gemein ist aber, dass durch das bewusste Offenlassen von Aspekten während der Kooperation auftretende Veränderungen der Zusammenarbeit flexibler umgesetzt werden können. In Kooperationen kann somit den sich im Zeitablauf der Kooperation ergebenden ungeplanten Einflüssen, die nicht bedacht wurden oder werden konnten, Rechnung getragen werden. Eher transaktionskostenorientierte Beiträge stellen die Verringerung von Kosten sowie Probleme durch Opportunismus in Folge der Offenheit in den Vordergrund.64 Evolutionstheoretische Ansätze beschäftigen sich hingegen mit der Entwicklung von einzelnen Kooperationen und Netzwerken sowie mit Routinen der Zusammenarbeit im Zeitablauf.65 Auf soziale Beziehungen in ihrer Qualität und auf Wirkungen durch Beziehungsnetze gehen vor allem Ansätze der (sozialen) Netzwerktheorie ein.66
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Aus der Perspektive der sozialen Netzwerktheorie sind Kooperationen geprägt durch soziale Prozesse, sind aber nicht frei von Opportunismusgefahr.67 Einen zentralen Begriff innerhalb der sozialen Netzwerktheorie bildet das soziale Kapital. Soziales Kapital bezeichnet die Nutzbarmachung von Beziehungen in und zwischen Unternehmen.68 Beziehungen können sehr unterschiedliche Qualität haben; ihre Komplexität wird mittels einer Dichotomie reduziert: starke Beziehungen (strong ties) und schwache Beziehungen (weak ties).69 Unterstellt wird, dass Beziehungen auf einer bestimmten Art von sozialem Kapital beruhen, das direkt von den Beziehungen zwischen den Unternehmen und indirekt von den Strukturen der Vergangenheit abhängt.70 Der Begriff weak ties bezeichnet eher lose Beziehungen mit stärker marktlichem Charakter, gegebenenfalls zu einer größeren Anzahl von aktiven und passiven Partnern in Netzwerken. Die Vielzahl der Kontakte mit unterschiedlichen Partnern erlaubt relativ einfach erneute Kooperationen mit bisherigen Partnern oder neue Kontakte aufgrund von Weiterempfehlungen. Strong ties dagegen zeichnen sich durch ein höheres Maß an Selbstverpflichtung gegenüber dem Partner und durch eine Identifizierung mit einer vertrauensorientierten Beziehung aus. Sie sind durch enge und spezifische Beziehungen gekennzeichnet. Außerdem beinhalten sie einen feiner strukturierten Informationsaustausch sowie ein höheres Vertrauen71, das stärker erfahrungsbasierte und emotionale als kalkulierte Elemente umfasst. Starke Beziehungen bilden sich im Zeitablauf durch intensive und meist offene sowie vertrauensgeprägte Interaktionsprozesse.72 Die hohen Investitionen in enge Beziehungen limitieren die Anzahl dieser Beziehungen; es sind tendenziell weniger Partner zu erwarten als bei Vorliegen von weak ties. Die weiteren Abschnitte beschäftigen sich mit Unterscheidungsmerkmalen von Kooperationen, wichtigen Spezialformen von Kooperationen und leiten dann über zum Management von Kooperationen.
3.7.1 Unterscheidungsmerkmale bei Kooperationen Unternehmenskooperationen können sehr vielfältig angelegt sein (siehe auch X Abbildung 3.11). Dies schafft viele Optionen für Unternehmen. Mehrere wurden ja bereits angesprochen, zum Beispiel langfristige Verträge, strategische Allianzen und Joint Ventures. Die Vielfalt der Kooperationsmöglichkeiten ist allerdings auch mit einer hohen Komplexität der Auswahl der jeweils passenden Alternative und deren Umsetzung verbunden. Zu weiteren Arrangements zählen zum Beispiel gemeinsame F&E-Vereinbarungen, gemeinsame Lizenzierungsprogramme, kooperative Marketing- und Vertriebsarrangements oder Exportkooperationen.
184
3.7 Management der Beziehungen in Kooperationen
Auch der Zeithorizont von Unternehmenskooperationen kann sehr unterschiedlich sein. Er reicht von sehr kurzfristigen, einmaligen Kooperationen über wiederkehrende Beziehungen bis hin zu langjährigen Beziehungen zwischen den Partnerunternehmen. Ein wichtiges Entscheidungsfeld beim Eingang von Kooperationen ist, wie bereits angeführt, ob die gegenseitige Bindung durch den Einsatz von Eigenkapital gestärkt werden soll. Wenn ja, herrscht eine gleichmäßige Verteilung oder eine Konstruktion mit einer Mehrheits- und Minderheitsbeteiligung vor? Ebenfalls bedeutend ist die Entscheidung, ob die Unternehmen ihre Kooperation mit den vorhandenen organisatorischen Mitteln gestalten oder eine neue und relativ autonome organisatorische Einheit schaffen sollen, die zwischen den existierenden Strukturen der Partnerunternehmen entsteht, wie etwa bei Joint Ventures. Eine innerbetriebliche oder unternehmensinterne Kooperation liegt vor, wenn mehrere Unternehmensteile beziehungsweise Organisationseinheiten innerhalb einer Gesamtorganisation kooperieren.73 Als Beispiel kann hier die Zusammenarbeit einer F&E-Abteilung mit einer Marketingabteilung des gleichen Unternehmens dienen. In der Regel fehlt bei innerbetrieblichen Kooperationen aber streng genommen das Element der ökonomischen Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Teilnahme an der Kooperation.74 Grund ist, dass auch, wenn zwischen den Organisationseinheiten keine direkten Weisungsbefugnisse bestehen, die Teilnehmer bei internen Kooperationen doch Weisungen von einer dritten Stelle erhalten können, die den Teilnehmern übergeordnet ist. Bei einer solchen dritten Stelle kann es sich etwa um die Unternehmensleitung oder die Konzernleitung handeln, welche die Handlungsfreiheit der ihr unterstehenden Organisationseinheiten auch bei weitgehender Autonomie zumindest durch die Vorgabe der gesamtstrategischen Ziele begrenzt. Die Bindungsintensität innerbetrieblicher Kooperationen ist in der Regel hoch bis sehr hoch.75
Innerbetriebliche oder unternehmensinterne Kooperation Liegt vor, wenn mehrere Unternehmensteile beziehungsweise Organisationseinheiten innerhalb einer Gesamtorganisation kooperieren.
Obwohl die Begriffe Kooperation und Netzwerk teilweise synonym sind, bezeichnet der Begriff Unternehmenskooperation insbesondere bilaterale, zweiseitige Beziehungen. Multilaterale, mehrseitige Beziehungen mit mehr als zwei Partnern werden dagegen als Netzwerke bezeichnet. Vor allem mehrseitige Beziehungen haben den Vorteil, die Wettbewerbssituation durch Bündelung der unterschiedlichen Kompetenzen einzelner Unternehmen zu verbessern.76 In einer bilateralen Bindung sind eine direkte gegenseitige Koordination und eine unmittelbare Reaktion auf das Verhalten des Vertragspartners möglich. Kommen weitere Partner hinzu, entsteht eine multilaterale Bindung, in der sich die Beziehungsqualität stark ändern kann, da entstehende Koalitionen, indirekte Beziehungen und asymmetrische Informations- und Machtbeziehungen möglich werden.77 X Abbildung 3.11 verdeutlicht unterschiedliche Facetten von Koopera-
tionen, die auch gemeinsam auftreten können.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
dauerhafte Kooperation Projektkooperation (langfristig) Projektkooperation (kurzfristig)
Zeithorizont
Kosten
lateral
Umsatz Hauptmotive
Risiko Wissen
Ebenen
horizontal
Kooperationsdimensionen
Reputation
vertikal
Funktionen
Finanzierung
Absatz (oft CrossPromotion)
Technologie und Beschaffung
Entwicklung und Produktion
Vertrieb
Abbildung 3.11: Dimensionen von Kooperationen im Überblick
Unternehmenskooperationen können auf internationaler Ebene initiiert und durchgeführt werden, wenn zwei oder mehr Akteure grenzüberschreitend zusammenarbeiten, oder innerhalb eines nationalen Rahmens auf regionaler oder auch nur lokaler Ebene (siehe X Abbildung 3.12). Gerade kleine und mittelständische Unternehmen arbeiten zunehmend in regionalen Netzwerken zusammen. Durch die geografische Nähe können sich die Partner schneller persönlich abstimmen. L2
L1 Natur
K1x K 21 K 211 Lx
Netz werk NW 2
= Kunden des Netzwerkes NW1 = Kunden des Unternehmens U1 = Kunden des Kunden K 21 = Lieferanten der Netzwerke mit reinmarktlicher Beziehung
Net zwerk NW1
K11
Unternehmen U1
K12 K 21
Kunden
Kunden-Kunden Endabnehmer K 211
Konsum Abbildung 3.12: Netzwerke um den Wirtschaftsglobus, Quelle: Wohlgemuth, 2002
186
3.7 Management der Beziehungen in Kooperationen
Auch die zeitliche Stabilität wirkt sich auf das noch später weiter diskutierte Vertrauensverhältnis zwischen Kooperationspartnern und auf die Herausbildung von Routinen und Standardprozessen in einer Kooperation aus. In einer neuen Kooperation oder in einer neuen Netzwerkbeziehung haben Unternehmen weniger Anhaltspunkte zur Bildung von Erwartungswerten über die Vertrauenswürdigkeit ihres Partners als in langfristigen Beziehungen. Allerdings können sie beispielsweise die Reputation, die Unternehmensrepräsentanten und deren Professionalität, die Finanzgeber etc. zur Bildung von Erwartungswerten nutzen. Im Zuge langfristiger oder wiederkehrender Zusammenarbeit nehmen die eigenen unmittelbaren Erfahrungen mit den Partnern zu. Bei positiven Erfahrungen kann das Ausmaß vertraglicher Regelungen zugunsten von Vertrauen reduziert werden.78 Allerdings werden der Aufbau und der Erhalt von Vertrauen durch ein geringes Maß an direktem Face-to-Face-Kontakt und durch computergestützte Kommunikation negativ beeinflusst.79 Es können ferner Lock-in-Effekte in Kooperationen auftreten. Diese liegen vor, wenn die Kosten für den Wechsel aus einer Kooperation heraus und in eine andere hinein höher sind als der daraus resultierende Nutzen. In diesem Fall findet kein Wechsel statt. Ein Vorteil längerfristiger Kooperation liegt darin, dass sich durch längerfristige Zusammenarbeit Arbeitsroutinen herausbilden, die Kosten und Zeit einsparen können. Meist ist die Kombination von Spezialisierungen von Unternehmen ein Treiber für Kooperationen. Bei der Verbindung von hohen Spezialkenntnissen der jeweiligen Partner kann sich eine hohe Heterogenität der Kooperationspartner ergeben. Insbesondere bei hoher Heterogenität, die schließlich die höchsten Spezialisierungsvorteile der einzelnen Partner gestattet, kann aber wegen einer schlechten Beurteilbarkeit der unähnlichen Leistungen meist nicht auf vertrauensvolles Handeln der Beteiligten verzichtet werden. In Kooperationen mit hohen Statusdifferenzen und mit Unähnlichkeiten verfolgen die Partner unterschiedliche Ziele.80 Unternehmen mit hohem Status finden eher neue Partner als andere.81 Sie gehen Kooperationen und Netzwerke mit Partnern von geringerem Status nur ein, wenn sie deren Spezialistenwissen benötigen. Mit steigender Abhängigkeit von dem Spezialistenwissen oder den Kompetenzen besteht mehr Anreiz zum vertrauensvollen Handeln, weil die Bedeutung des jeweiligen Netzwerkpartners für den anderen höher ist. Allerdings muss ein Verlust des Status durch Vertrauensbruch mit einkalkuliert werden. Im Weiteren sollen einige Kriterien (Hierarchie-Preis-Vertrauen und Richtung) angeführt werden, welche die Bestimmung und zugleich den Charakter von Kooperationen verdeutlichen.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
Unterscheidung nach Hierarchie-Preis-Vertrauen Kooperationen Theoretisch-definitorisch gekennzeichnet von einer unvollständigen Festlegung der jeweiligen Aufgaben in Verträgen vor Beginn der Kooperation.
Typischerweise werden zur Definition von Kooperationen und zur Beschreibung des grundlegenden Mechanismus von Kooperationen drei Formen der Koordination herangezogen (siehe auch X Abbildung 3.13 ), die auf der zweikriteriellen Unterteilung in Markt und Hierarchie vonseiten der Transaktionskostentheorie aufbauen:
Markt mit Preismechanismus, Hierarchie (interne Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehungen) mit Weisungsmechanismus,
Kooperation mit Vertrauensmechanismus. Kooperationen heben sich von der reinen Marktbeziehung dadurch ab, indem sie ein gemeinsames (leistungswirtschaftliches) Sachziel verfolgen. Dennoch besteht zwischen Kooperationspartnern durch die Aufrechterhaltung der rechtlichen (und wirtschaftlichen) Selbstständigkeit auch keine hierarchische Weisungsbeziehung. Kooperationen stellen einen Koordinationsmechanismus dar, der gegenüber der rein marktlichen Koordination einerseits und der hierarchischen Koordination andererseits eigenständig ist.82 Das duale Muster von Markt und Hierarchie wird somit um den dritten Idealtypus der Kooperation ergänzt. Kooperationen zwischen Organisationen betreffen somit Absprachen, Vereinbarungen, gemeinsame Projekte und Zusammenlegungen von Ressourcen. Die Beispiele für Kooperationen sind vielfältig. Sie können die Absprache über einen gemeinsamen Einkauf von Rohstoffen betreffen, Vereinbarungen über die gemeinsame Nutzung von gegebenenfalls gemeinsam entwickelten Patenten, Vereinbarungen über gemeinsames Marketing, gemeinsame F&E-Projekte, Projekte über den gemeinsamen Bau von zum Beispiel Autobahnteilstücken oder die gemeinsame Nutzung von Produktionsanlagen. In den Kooperationsverträgen oder in den Kooperationsabsprachen kann nicht alles genau fixiert werden, was im Laufe der Kooperation eintreten kann. Immer treten während des Ablaufs der Kooperation Fragen auf, die anfänglich nicht festgelegt wurden oder aus mangelnder Prognosefähigkeit nicht fest zu legen waren. Deshalb müssen die Partner sich während der Kooperation immer wieder abstimmen. Kooperationen beruhen dann im Grunde auf der Annahme, dass jeder der Partner kooperativ handeln will. Das wesentliche Element einer Kooperation ist somit das Merkmal Vertrauen. Theoretisch-definitorisch sind Kooperationen insofern von einer unvollständigen Festlegung der jeweiligen Aufgaben in Verträgen vor Beginn der Kooperation gekennzeichnet.83 Nicht alle Details werden also in einer Kooperation festgelegt. Kooperationen sind dadurch immer auch offen für Missbrauch und Opportunismus. Ein höherer Vertrauensgrad innerhalb einer Kooperation erleichtert es Unternehmen, Erfahrungen und Wissen der Partner wechselseitig oder auch nur einsei-
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3.7 Management der Beziehungen in Kooperationen
tig zu nutzen. Dieser erhöhte Wissenstransfer wirkt sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit eines oder (bei Wechselseitigkeit) auch mehrerer Unternehmen aus.84 Die Nutzung einer informellen und vertrauensgeprägten Kooperation impliziert nicht, dass alle Kooperationen einer Organisation so angelegt sind. Andere Teile derselben Organisation können sehr viel stärker schriftliche Verträge aufsetzen, indem sie bestimmte Prozesse definieren, in denen mit Kooperationspartnern Ressourcen oder Informationen gemeinsam genutzt oder ausgetauscht werden. Oft finden sich in diesen Verträgen auch Angaben darüber, wer genau welchen Teil beiträgt und welche Rückflüsse davon zu erwarten sind. Markt/ Preis
Hierarchie/ Netzwerk
Netzwerk/ Vertrauen
Abbildung 3.13: Trichotomes Modell zur Einordnung von Kooperationen und Netzwerken, Quelle Bouncken, 2002b.
Der bewusste Verzicht auf Absicherungsmaßnahmen, wie sonst in Form von vollständigen und komplexen Verträgen, erlaubt es, Transaktionskosten bei Kooperationen zu reduzieren.85 Es sinken vor allem Kosten, die mit dem Abschluss von Verträgen verbunden sind. Daneben wird oft die Kontrolle der Transaktion reduziert. Neben der eingeschränkten Nutzung des Preismechanismus verwenden Unternehmen zur Koordination ihrer Aufgaben in Kooperationen nur begrenzt das Instrument der Weisung wie in der Hierarchie86: nichtfixierte Aufgaben werden einer laufenden Abstimmung während des Ablaufs der Kooperation überlassen und sind so nicht Teil der innerorganisationalen Hierarchie. Kooperationen umfassen damit eine vertrauensorientierte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen.87 Damit basieren Kooperationen auf vertrauensbasierten Abstimmungs- und Aushandlungsprozessen während des Kooperationsprozesses.88 Auch wenn nicht alle Details im Voraus fixiert werden können und sollen, bildet ein mündlicher oder schriftlicher Vertrag die rechtliche Basis der Kooperation.89 Verträge können unterschiedlich vollständig oder komplex ausgestaltet sein.90 Komplexe Verträge legen umfänglich schriftlich fest, wel-
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
che Leistungen von welchem Partner wann und in welcher Qualität zu erbringen sind. Besonders komplexe Verträge fixieren Eventualitäten, die Einfluss auf Zeitpunkt und Qualität der Leistungen nehmen könnten, in einer Fülle von (Wenn-dann-)Klauseln. Eine höhere Vollständigkeit oder Komplexität der Verträge senkt so den während der Zusammenarbeit auftretenden Bedarf an Abstimmung. Vertragskosten lassen sich wiederum durch höheres Vertrauen, das Vertragsklauseln kompensiert, reduzieren. X Abbildung 3.14 gibt einen Überblick über unterschiedliche Formen
von Kooperationen, nach ihrer typischen Kombination von Vertrauen, Markt und Hierarchie eingeordnet. Koordination durch preisbasierten Vertrag: K P (%)
Franchising
Virtuelles Netzwerk
Spartenorganisation
Strategisches Netzwerk Koordination durch autoritätsbasierte Weisung: KW (%)
Vertrauensbasierte Koordination: Kv (%)
Abbildung 3.14: Beispielhafte Einordnung von realtypischen Netzwerken im trichotomen Modell, Quelle: Bouncken, 2002b.
Unterscheidung nach Richtung Kooperationen können nach ihrer Richtung unterschieden werden: horizontal, vertikal oder lateral. Horizontale Kooperationen finden auf derselben Wertschöpfungsstufe zwischen Unternehmen der gleichen Branche statt. Durch solche Kooperationen versuchen Unternehmen, eine größere Marktmacht gegenüber Kunden und Lieferanten oder auch eine Verbesserung der Koordination und Durchführung bestimmter Funktionen zu erreichen.91 Die F&E-Zusammenarbeit von Biotechnologieunternehmen stellt ein Beispiel für horizontale Kooperationen dar. Hier arbeiten unterschiedliche Unternehmen in derselben Branche und auch auf derselben Wertschöpfungsstufe zusammen: es wird Expertenwissen ausgetauscht, gemeinsame Labore werden genutzt und es wird an der Entwicklung von Wirkstoffen gearbeitet. Ein aktuelles Beispiel sind auch Gespräche, die zwischen BMW und Daimler ablaufen und die gerüchteweise die gemein-
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3.7 Management der Beziehungen in Kooperationen
same Entwicklung von Motoren betreffen. Horizontale Kooperationen sind jedoch besonders risikoreich, weil es sich um die Zusammenarbeit von Konkurrenten handeln kann. Vertikale Kooperationen, die eine Ähnlichkeit mit Supply-Chain-Partnerschaften besitzen und oft auch auf symbiotischen Interdependenzen aufbauen, zeichnen sich durch eine unterschiedliche Position der Kooperationspartner in der Wertschöpfungskette aus. Die Zusammenarbeit zwischen Pharma-Unternehmen und Biotechnologieunternehmen ist vertikal geprägt.92 Pharmaunternehmen fungieren teilweise als Financiers für die Forschung, typischerweise betreiben sie insbesondere die Anmeldung der Wirkstoffe sowie das Marketing. Als weiteres Beispiel können Zulieferer in der Automobilindustrie dienen, die Komponenten (Sitze, Bremssysteme etc.) für die Produktion von Automobilen liefern und mit den Automobilherstellern deren kontinuierliche Entwicklung vorantreiben.93 Sehr oft werden vertikale Kooperationen in derselben Branche durchgeführt, die Organisationen agieren allerdings auf unterschiedlicher Stufe der Wertschöpfung. Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit von Unternehmen in der Branche der Neuen Medien (New Media Industrie), die Leistungen rund um Online- und Webdesign anbieten (siehe X Abbildung 3.15). Hier haben die Unternehmen derselben Branche ganz unterschiedliche Spezialisierungen, die sie in ein gemeinsames Projekt einbringen. Kooperationspartner
New Media A New Media A New Media B Kundenakquise/ Marketing
Konzeptentwicklung
New Media B New Media A
Struktur/ Animation
FlashAnimation
New Media C
New Media C
Content
Musik
Zusammenführung zu Website Kunde Leistung
Virtuelle und reale Wertschöpfungskette
Abbildung 3.15: Kooperative Vernetzung in der New Media Industrie, Quelle: Bouncken, 2005b.
Laterale Kooperationsbeziehungen unterscheiden sich von den horizontalen und vertikalen Kooperationsformen dadurch, dass die Zusammenarbeit hier zwischen branchenfremden Organisationen erfolgt. So kann die Zusammenarbeit ohne hohe Risiken durch Opportunismus ablaufen. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit von drei Unternehmen: Einem Computerspielehersteller (oft als Publisher bezeichnet), einem Musiklabel und einer Eventagentur.94 Die Kooperation der drei Unternehmen umfasst
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die Finanzierung des Musikvideo-Clips durch den Publisher, die Integration von digitalen Spielfiguren aus dem Computerspiel in das Video und die Bereitstellung der Musik für das Computerspiel. Die Eventagentur ist für die Durchführung der Kooperation und die Vermarktung der Band verantwortlich, die bei dem Musiklabel unter Vertrag steht. In diesem Beispiel zu einer lateralen Kooperation sind auch vertikale Elemente der Kooperation vorhanden. Dies ist typisch für laterale Kooperationen. Deutlich wird so, dass in Kooperationen oft verschiedene Elemente zusammenkommen. Hierzu kann ein Beispiel aus der Medienindustrie herangezogen werden. Die Zeitschrift „Essen und Trinken“ arbeitet mit Köchen zusammen, die Rezepte für die Zeitschrift liefern.95 In diesem Punkt handelt es sich um eine vertikale Kooperation, die letztlich Inputs in den Produktionsprozess der Zeitschrift bedeutet. Die Köche wiederum werden in der Zeitschrift mit ihren Restaurants vorgestellt und dadurch bekannter. Für sie ist es damit ein Marketinginstrument. Darüber hinaus wird Geschirr für die Zubereitung von anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt. Indem es auf den Fotos sichtbar ist, steigert es die Bekanntheit der Hersteller des Geschirrs. Auch hierbei handelt es sich um eine vertikale Kooperation. Jedoch arbeiten alle Unternehmen auf anderen Wertschöpfungsstufen und dabei meist auch in anderen Branchen. Insofern handelt es sich um eine laterale Kooperation.
Unterscheidung nach Bindungsintensität und Struktur Wenn Kooperationspartner eine geringe Bindungsintensität aufweisen, können sie eine Vielzahl von weniger intensiven und eher kurzfristigen Beziehungen eingehen. Hierdurch bauen sie soziales Kapital in Form des Umgangs mit unterschiedlichen Partnern auf.96 In Kooperationen mit niedriger Beziehungsintensität zeigen sich zwei gegenläufige Wirkungen. Einerseits kommen die Partner mit einer Vielzahl von Unternehmen in Kontakt, die über direkte und indirekte Kontakte für weitere Partnerschaften dienen können. Durch die Vielzahl möglicher Partnerschaften und damit die Möglichkeit zum Ausstieg aus bestimmten Beziehungen und zum Eingehen neuer Partnerschaften steigt die Gefahr opportunistischen Verhaltens. Andererseits entwickelt sich ein, wenn auch oberflächliches, Beziehungsgefüge, das einen Reputationsmechanismus etablieren kann, der Opportunismus begrenzt. Kooperationspartner, die enge und langfristige Bindungen mit anderen eingehen, haben gewöhnlich wenige Beziehungen.97 Durch die hohe Bindungsintensität entwickelt sich ein tieferes Verständnis für den Partner und eine höhere Abhängigkeit der Partner voneinander, so dass letztlich ein hohes Vertrauensniveau entstehen kann, das höher ist als bei geringerer Bindungsintensität.98
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3.7 Management der Beziehungen in Kooperationen
In mehrseitigen Kooperationen, Netzwerken, sind im Normalfall nicht alle Organisationen gleichmäßig miteinander verbunden. Hierdurch ergeben sich Informationsasymmetrien. Je mehr direkte Beziehungen zwischen den Netzwerkpartnern existieren, desto höher ist der unverzerrte Informationstransfer. In diesem Fall wird von unterschiedlicher Dichte eines Netzwerkes gesprochen.99 Mit steigender Dichte des Netzwerkes vergrößert sich der zu verzeichnende Reputationseffekt. Je mehr die Organisation im Zentrum der Netzwerkverbindung steht und je größer der Zentralitätsgrad, desto größer sind die Möglichkeiten zur Beeinflussung der Partner.100 Die folgende X Abbildung 3.16 stellt links ein Netzwerk mit mittlerer Dichte ohne einen zentralen Akteur mit hohen Informationsvorteilen einem Netzwerk mit geringer Dichte und einem zentralen Akteur mit Informationsvorteilen auf der rechten Seite gegenüber.
Partner mit gleichen Informationen
Netzwerk mit zentralisiertem Partner mit Informationsvorteil
Abbildung 3.16: Arten von Netzwerken hinsichtlich ihrer Struktur
Zentralisierungsvorteile liegen vielfach bei strategischen Allianzen und Netzwerken vor. Hier existiert häufig eine Organisation, die Aufgaben an andere Netzwerkpartner verteilt und die Erfüllung der Aufgaben kontrolliert. Diese im Zentrum des Netzwerkes angesiedelte Organisation, fokales Unternehmen genannt, verfügt über direkte Beziehungen zu seinen Kooperationspartnern. Die nicht im Zentrum stehenden Unternehmen sind in einem solchen Netzwerk vom Informationsvorteil des fokalen Unternehmens abhängig. Basis für diesen Vorteil ist der direkte Informationsfluss zwischen dem fokalen Unternehmen und seinen Partnern. Im Gegensatz dazu unterhalten die anderen Partnerunternehmen oft keine oder kaum direkte Beziehungen zueinander und beziehen ihre Informationen über den jeweiligen Partner nur indirekt über das fokale Unternehmen.
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
3.7.2 Spezialformen von Kooperationen Im Verlauf dieses Kapitels wurden bereits unterschiedlichste Formen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen besprochen. Nun sollen im Folgenden zwei in der Unternehmenspraxis sehr typische Formen der Zusammenarbeit detaillierter beschrieben werden.
Virtuelle Unternehmen Virtuelle Unternehmen In virtuellen Unternehmen stimmen Organisationen Funktionen und Aufträge ab, verzichten aber auf die Zusammenlegung in einem Gemeinschaftsunternehmen. Virtuelle Unternehmen weisen komplexreziproke und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbstständigen, aber wirtschaftlich teilweise abhängigen Unternehmen auf.
Virtuelle Unternehmen sind eine Form überbetrieblicher (Unternehmens)Kooperation101, die sich durch mehrseitige Kooperationen auszeichnen. Wie andere Netzwerke stimmen die Partnerunternehmen in einem virtuellen Unternehmen ihre Funktionen und Aufträge ab, aber verzichten auf die Zusammenlegung in einem Gemeinschaftsunternehmen.102 Virtuelle Unternehmen sind eine Sonderform netzwerkartiger Organisationsstrukturen. Sie weisen komplex-reziproke und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbstständigen, aber wirtschaftlich teilweise abhängigen Unternehmen auf.103 Gegenüber anderen Netzwerken unterhalten virtuelle Unternehmen jedoch weniger stabile und mehr auftragsbezogene Beziehungen zwischen den jeweiligen Netzwerkpartnern. Sie unterscheiden sich so durch höhere Temporalität von anderen Kooperationsformen.104 Die relativ stabilen Beziehungen sind darin begründet, dass die Unternehmen innerhalb eines relativ fixen Pools von Partnern agieren.105 Grundsätzlich besteht Einigkeit hinsichtlich der Abgrenzung von „normalen“ Netzwerken darin, dass virtuelle Unternehmen auf dem Prinzip der Selbstabstimmung und der Heterarchie beruhen. Das Ziel virtueller Unternehmen liegt in der Leistungssteigerung durch die Vernetzung standortverteilter, rechtlich selbstständiger Organisationseinheiten, die einen kooperativen, arbeitsteiligen Wertschöpfungsprozess durchführen.106 Dies ermöglicht eine dynamische und flexible Zuordnung von abstrakten Leistungsanforderungen zu Leistungsträgern und dem konkreten Ort der Leistungserbringung.107 Indem es sich um selbstständige Unternehmen mit geringer Bindungsintensität handelt, verfolgen sie unterschiedliche Interessen.108 Es kann sich sogar um temporär zusammenarbeitende Konkurrenten handeln. Die Zusammenarbeit basiert auf vertikalen oder horizontalen Kooperationen. Die Zusammenstellung der jeweiligen Kooperationspartner erfolgt auf der Basis eines Projekts und eines Kundenauftrags. Daher kann bei jedem neuen Kundenauftrag eine neue Konfiguration der Netzwerkpartner aktiv werden, muss aber nicht. Der Begriff Virtualität weist bereits auf die Abwesenheit bestimmter materieller Attribute hin.109 Nicht vorhanden sind typischerweise eine ortsgebundene institutionalisierte Unternehmensführung oder -zentrale, ebenso wie ein starres Vertriebssystem oder ein festgelegter Kundendienst.
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3.7 Management der Beziehungen in Kooperationen
Häufig ersetzt spezifisches Vorgehen generelle Regelungen, die mit der kooperativen Vernetzung und dem Einsatz einer Informations- und Kommunikationstechnologie kompensiert werden.110 Die einzelnen, real zur Verfügung stehenden Ressourcen, Aufgabenträger und Kompetenzen in Form von Komponenten der Gesamtleistung der Modulanbieter werden in ein Gesamtkonzept der Kundenleistung so integriert, dass die Leistung des jeweiligen Modulanbieters verschwimmt. Neben anderen Faktoren ist dies ein Grund dafür, dass virtuelle Unternehmen den Kunden gegenüber regelmäßig als Einheit auftreten und für die Kunden die Vernetzung rechtlich selbstständiger Unternehmen nicht ersichtlich ist.111 Im Folgenden werden die einzelnen selbstständigen Unternehmen in einem virtuellen Unternehmen als Subeinheiten oder Partnerunternehmen verstanden. Virtuelle Unternehmen sind eng verwandt mit Projektnetzwerken, sind aber noch heterarchischer angelegt. In Projektnetzwerken kann es immer wiederkehrend einen starken Partner, eine fokale Organisation, geben, welche die Projektaufträge koordiniert. Dagegen existiert in virtuellen Unternehmen keine zentrale Organisation. Je nach Auftrag übernimmt immer wieder eine andere Organisation die Führung bei einem Auftrag. Darüber hinaus verwendet die virtuelle Unternehmung vielfach Informationstechnologien und Internetplattformen, welche den Gewinn und die Abrechnung der Aufträge unterstützen. Die Organisationen in einem virtuellen Unternehmen stehen durch die räumliche, aber auch persönliche Distanz und die heterarchische Struktur vor einem hohen Koordinationsproblem.112 Instrumente, die in realen Strukturen den Kooperationsbedarf vermindern, liegen in virtuellen Unternehmen nicht vor.113 Die oft als Broker bezeichnete zentrale Informationsstelle, die gewöhnlich aus einem fokalen Unternehmen hervorgeht, könnte das Koordinationsproblem verringern. In diesem Fall koordiniert der Broker alle externalisierten Funktionen des Netzwerkes114:
Kauf von Ideen, Abschluss von Kooperationsverträgen, Delegation der Produktion und Verteilung von Aufträgen, Überwachung der Einhaltung von vertraglichen Vereinbarungen und/oder
Beschaffung, Marketing und Vertrieb der Leistungen. Eine derartige Koordination auf Dauer (gewissermaßen in Form von Zentralisierung oder der Differenzierung von Positionen oder Rollen) entspricht jedoch nicht dem Idealtypus virtueller Unternehmen, weil damit die Selbstabstimmung sowie der fluide und heterarchische Charakter beschränkt werden. Als Ausweg bietet sich eine projekt- oder auftragsbezogene Abstimmung an, bei der jeweils unterschiedliche Einheiten
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MANAGEMENT IN EINER SICH WANDELNDEN GLOBALEN UMWELT
innerhalb des relativ fixen Pools von Partnern des virtuellen Unternehmens die Koordination bestimmter Projekte übernehmen.
Projektnetzwerke und Projektkooperationen Projektkooperationen und (mehrseitige) Projektnetzwerke stellen eine Organisationsform zwischen rechtlich selbstständigen, teilweise wirtschaftlich abhängigen Unternehmen dar. Sie werden zur Durchführung zeitlich befristeter Aufgaben gebildet.115 Durch die Zusammenführung von Spezialwissen für noch nicht vollständig definierte, befristete Aufgaben eignen sich projektbasierte Kooperationen insbesondere für Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie für Innovationsprojekte. Die Koordination der Projektnetzwerke basiert auf einem, das einzelne Projekt übergreifenden, dauerhaften Beziehungszusammenhang. Der Beziehungszusammenhang im Projektnetzwerk ist durch bestimmte institutionalisierte Strukturen und Praktiken gekennzeichnet und ist so mehr als ein temporäres System.116 Projektnetzwerke sind typisch für die Medienindustrie. Die Erstellung und Vermarktung der Computer- und Videospiele erfolgt beispielsweise oft in einem Projektnetzwerk mit einer ganz typischen Rollenkonstellation.117 Hauptakteure sind zunächst Developer, das heißt Entwickler/Entwicklungsstudios, welche die technische (z.B. Software Engines, Programmierung etc.) und gestalterische Entwicklung (z.B. Arts, Musik, Game Design) der Spiele durchführen. Zweitens existieren als Hauptakteure Publisher (Verleger), die das Marketing und die Finanzierung der Spiele übernehmen. Weitere Akteure können aus den verschiedenen Bereichen der Medien kommen. Durch die Bildung des Netzwerkes kommt es dann zu einem Wertschöpfungsprozess über verschiedene Unternehmen hinweg (siehe X Abbildung 3.17). Neben den Hauptakteuren existieren weitere Unternehmen auf der Lieferanten- und Kundenebene. Lieferanten sind vorrangig Hardwarehersteller, Handel, Freelancer und Softwaretechnologielieferanten, aber auch Künstler und Musiker. Lieferanten beeinflussen durch das Anbieten und Verbessern von neuen Technologien, Design, Musik, Finanzierungen, Reputation etc. die Reproduktion der Strukturmomente im Projektnetzwerk, aber auch in der Branche insgesamt. X Abbildung 3.18 zeigt, wie sich über die Aktivierung und Deaktivierung
von Akteuren mit bestimmten Funktionen ein aktuelles Projektnetzwerk aus Publishern, Developern sowie Lieferanten und Kunden ergeben kann. Ähnlich der Fernsehproduktion118 wirken auf die Koordination ein:
die Anschlussfähigkeit des Managements der Projektbeteiligten, die wirtschaftlichen Interdependenzen sowie ein gemeinsames Verständnis von Produktions- und Produktqualität.
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3.7 Management der Beziehungen in Kooperationen
Grafik
Presse
Künstl. Int.
Label
Produzent/ Entwickler
Engines
(Vorprodukte)
Internet
Publisher (Marketing) PR
Musik Qualität
Illegal
Prosument/ Konsument
Handel
Großhandel Sammlungen
Presse
Online
Add-On
Leveldesign
Maps
Abbildung 3.17: Wertschöpfungspartner im Projektnetzwerk der Computerspielindustrie, Quelle: Bouncken und Müller-Lietzkow, 2007.
Special Interest Verlage
Hardware-Anbieter Musiker Developer
Leveldesigner
MerchandisingHersteller
Publisher Filmproduzent
Grafiker
Distributoren
Programmierer
Prosument/ Community
Aktivierung
Deaktivierung Leveldesigner Musiker Programmierer Grafiker
Unternehmensbeziehung
Developer
Publisher
Arbeitsbeziehung
Abbildung 3.18: Aktivierung und Deaktivierung von Partnern in der Computer- und Videospielindustrie, Quelle: Bouncken und Müller-Lietzkow, 2007.
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